Fr ' 1 tan r 1 v ‘ * N) ı 3 Li na L2 - A \ D f FR hy \ . s ie N 5 ü r, Lau HLTE SEIT | WI LIE SE BE LEE IE ' ) he Hr) Ve ae er A N RT N ERLE ai ei bed dh a ERROR SORHNEN 1 ı 2,04 | ..s ' ish r ihn Veniskle ua 4 “as rar et ! EFF wi p ke ( . , Lee u.) MHPRIELEET! MUREuE A u ! £ er ‘ t Au Aa Pi | > hr [ ‚ £ i m | he Fo nr . } a aM BER “. Du rel ‘ ’ ‘ D Perez » te N ii e ‘ U 6 rl * , 4 z y er N ek .. PR pr A vn a 4 is 7 RM : " F Aal EOS DA 4 Krane ii .. “A; Aa: aim Mein 7 17 1, \ Air ie li Erin! s . R f ir ur > } \ \ Yu); i re 1 NIT HE ON £ i2 at ' ‘ Pi BE LE Er 0 ü ‘ ı rt t \ k ) w' i „4 un jeh . te 4 ° 13 s ö z u‘ ur » [FT f Ä ' 1.‘ ‚Er ar Yon 5 ykal Kan al FOREN Ina "7 \ a 1, \ u SIPS TH ES SEE LRG R A 2 a fi erh Veıla NN, ur i hr : RE | Y an halge Iartan, Ber | A ’ 4 P yyak, wa a + ar nenne art, r h pi.) J h IEOTR LEN write) | r x y nr un h Nee ht, Rn ;; ’ \ h ‘ PRRCWETTELTE UP 4 ‘ “ ‘ ER ‘ Sri YL 2 \ Be) .ı ARM ' \ ö j D ‘ 7 24 ' ‘ R ' IN ‘ L Lö ’ ’ Pe ” . 14 ‘ ı ' DZ N \ A “ h \ „Te “ ' m u ' % 5 EN la h n \ un ' . Pos v5‘ ‘ E u N “ . ..* } nn KAZRE, Ben. 1 na et ‘ N " ‘ . . ‘ se i vu: ' £ » ’ 0 « 4 Bohr ’ { » VE N ‘ ‘ ae i ‚ “ u th 2 . \ 4 D E Z.r \ e t v E } n ; f » y " el, r 4 . N a 1 , r . . ma B d ; BR. \ ’ > ' * , " E - ’ die ‘ : Br, 2 . { » r a . y ’ fi ' LER] 1.277 + 3 ME r ' 5 DE : gt x ‘ ’ ’ 4 F ai CR '{n F ' 6; [5 D 4 et a LER 1 ’ NETTE ar LE EN i »s ' r Pr gi re u ar) “ a a r - ‚ N De \* ’ 4 ' ’ h BT weanyehlur i . r . r .d ’ ka ” ? # PETE Eid 2 4 Dun i +r re UT RR 3 Er. mis R “A + ) A u Tan vn ha Dei EN nr IE BREI u re y D Vazaa b v DIR EREL FALE EIG IPER Te ar ‚ » Aare SEE DEE DIT EN an pe) Aueh ” ’ ' ‘ . 4 ET ‚2m sb Men safe Dez) ‘ f In EUR Pe EUEZ Eee FE Er Zen wir A Fi eh a ;uR ana ne “ ee f N N a Kai ee ER < . P Fr Fe er} # Ur : ie 497 un aa Pier * * I IT .* BREIT Der Tu nz iger A ” H ‘# ) CR ECCE Er] yerdıyere ‚ E22 DAnnd - , N P ee anar ki ee I: 2% PARTIEN PU SEE ” Mn er vauBr PPEI ER ZU STE MATTE B i eg ga ee ET art $ ’ n DIRT Are“ ' - aM ala Ka ! ' ; ’ u EL En \ N * Y Re HE 27 5 20 ; es aus ‘ R 5. ur ‘ \ ; PORT h: ie A A MR’ Eur? 3 19a} HE en en EI LAE HUN hi ir er PIIED EN EN m DER} A: I: D at ea RT Hase i ; IERTRTEHL ENTE a N ; ; B ’ An rer Auen h PEIEMET TEE EB: E 4 DERRPTETEI EN en £ = D ‚ e » fer 4 4 ch u 1 I arsch hl, Re ml N Y ' a dr D ER ne Km munankeR BERN Has ) NEEIDEE ar nu u f h Ne Kan HN“ Dh N B Auch; vr $ in j Pi Ba H % 4 " ’ . i FR N rk 7 Wh hart Bi ae: Gab: Biden: ” .' BAU Re TER v - ’ vr ry on en, H ur TEN In EU “ a a 4 urke) yE in} FLsLzE a4 . Nee en he ae NY: ee NMEHE RE LEITER ZU 3 ERHaRINR ’ 2) Aayeı f BARDIeR TESTEN ES D iger n ru rarft pasahte ms ‘ drehe : * RN ; Kr d» en Be 1) . ’ * ak vr hetyt [r PRIUFUR v a ri: } ' jan KL . Kar Fa R s Bel AN IR % Neaan 0 1 FUREUR) Bin ln ı WICH fa HR LH R " 3 w. nn. ; ni EHE HIER) BE h Kun EATZ| upet] RAU rt UFRE Dur a ea) a ni DOREEN aaa well tells Ei 58 Y le Be beit Duarurl) A DR aatırd f {bs Ehe e BETEN EL EIER EHER TIL EN EIT WENN ve ! ? 4 Kg ae) fr KECER il Hr ai n mus 1 ” atü LITEREN EEE) ah A HEN i i sur Male Me! ER B 11 # ED} eh ' Br dln brach den BL ’ 4 REES EU LRECEUEN ai rum FR KR ar % f u. wrlineee “ 4 en an Bu Ne EUER v PAR Ta LE IA A N ort han Fi 64 4 a er Ma j } ana Ne { yr } et Ba, I 47 j r DE ! h J u y j IPB „ ur. N J * N HN \ a a N A N anı IRRE f LER I N h Dal } 1 a a MONATSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Aus dem Jahre 1869. Mit 11 Tafeln. BERLIN 1870. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) UNIVERSITATSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. sh ae iulaug PEN gi. ze 7. 'MONATSBERICHT ER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ai | ZU BERLIN. | Januar 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr du Bois-Reymond. 4. Januar. Sitzung der philosophisch -histo- | schen Klasse. Hr. Haupt las über ein griechisches Excerpt geo- sraphisches Inhalts. 7. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Haupt las über des Diaconus Marcus Leben des Porphyrius Bischofs von Gaza. Hr. Borchardt übergab aus einer vom ten Januar 1869 datirten Abhandlung des Hrn. Christoffel in Zürich, Corres- pondenten unserer Akademie, folgenden Auszug: Über die Transformation ganzer homogener. Differentialausdrücke. ‘ „ Wenn man in einem homogenen Differentialausdruck pter Ordnung we = Eu ja 9, 98a, i OR, ; in welchem die Coefficienten beliebige Functionen der n Varia- beln 21 ,&.,..x, sind, statt dieser Variabeln ein System von [1869.] 1 2 Gesammtsitzung einander unabhängiger Functionen der neuen Variabeln x" ‚x, ..x,, einführt, so erhält man einen neuen Differentialausdruck F' von gleicher Ordnung und Dimension, welcher aus dem ursprünglichen auch durch zwei successive Substitutionen er- halten werden kann, nämlich dadurch, dafs man 1) die Diffe- rentiale dx durch eine in den dx’ lineare Substitution transfor- mirt, und alsdann 2) in den Coefficienten FE, FRE selbst eben falls von den ursprünglichen zu den neuen Variabeln übergeht. Jene lineare Substitution nenne ich im Folgenden die Hauptsub- stitution. Sind nun umgekehrt zwei Differentialausdrücke F und F’ von gleicher Ordnung und Dimension gegeben, so kann man sich ebenso wie in der Invariantentheorie die Frage vorlegen, unter welchen Bedingungen F in F’ transformirt werden kann und falls dies möglich ist, welche Substitution die verlangte Transformation leistet. Unter den verschiedenen Fällen, welche sich hier darbie- ten, verdienen die Differentialausdrücke zweiter Ordnung beson- dere Aufmerksamkeit, sowohl wegen der wichtigen Probleme, in denen sie vorkommen, als auch weil sie den Differential- ausdrücken höherer Ordnungen gegenüber einen Ausnahmefall bilden. Wenn nämlich p > 2 ist, so liefert die Invariantentheorie unter der Voraussetzung, dafs blofs die Hauptsubstitution ausge- führt wird, einerseits eine Anzahl von Bedingungsgleichungen für die Möglichkeit der Transformation, und andererseits mit- telst der, bis auf besondere Fälle stets in der normalmäfsigen Anzahl vorhandenen zugehörigen Formen völlig bestimmte Wer- the für die Coeffieienten in der Hauptsubstitution.e Damit sind aber nicht alle Bedingungen für die Möglichkeit der Transfor- mation von F in F’ gewonnen, sondern es wird nun eine zweite Untersuchung nöthig, die Bedingungen betreffend, damit ‚die aus den zugehörigen Formen hervorgehenden Ausdrücke für dx, 0&z .. 0x, auch, wie erforderlich, die vollständigen Diffe- rentiale der ursprünglichen Variabeln werden. Für diese Un- tersuchung bilden die zugehörigen Formen selbst die Grundlage, und zwar genau wegen der bekannten Eigenschaft derselben, vom 7. Januar 1869. 3 unmittelbar nicht die direkte, sondern die transponirte Substi- tution zu liefern. "Ohne diese Betrachtungen weiter zu verfolgen, sieht man nun ohne Weiteres ein, weshalb die quadratischen Differential- formen sich der allgemeinen Behandlung entziehen; der Grund hiervon liegt darin, dafs die algebraische Invariantentheorie für dieselben nur eine zugehörige Form liefert, also ohne Hin- zuziehung der Integrabilitätsbedingungen nicht die Mittel ge- währt, um die Hauptsubstitution durch das Resultat derselben zu bestimmen. | Ich habe daher den Fall p = 2 für beliebige Werthe von n behandelt, mich dabei jedoch auf die Voraussetzung beschränkt, dafs die Determinante von F nicht identisch = 0 ist. Im Ver- laufe dieser Untersuchung, welche im Journal des Herrn Bor- chardt erscheinen wird, trennen sich zwei verschiedene Fälle von einander, indem sich als Hauptfall derjenige herausstellt, in welchem das Resultat der Transformation die anzuwendende Substitution völlig bestimmt, während demselben Ausnahmefälle zur Seite stehen, in denen es stetige Variationen der Substitu- tion gibt, welche F' ungeändert lassen. Zu diesen gehört z. B. der Fall, wo yZ7 das Linienelement einer in sich selbst ohne Dehnung verschiebbaren Oberfläche ist, und es ist aufserdem zu bemerken, dafs diese Ausnahmefälle nicht blofs für p — 2, sondern auch für alle übrigen Ordnungen zu berücksichtigen sind. | Ze Für die dem Hauptfalle entsprechenden quadratischen Dif- ferentialformen finde ich nun das merkwürdige, und aus der Natur der Sache keineswegs im Voraus zu erwartende Resul- tat, dals alle Bedingungen für die Möglichkeit der Transfor- mation von Fin F', sowohl was die Hauptsubstitution ‚„ als was die zu ihr gehörigen Integrabilitätsbedingungen betrifft, sich ohne Ausnahme als Gleichungen zwischen Invarianten der Formen F und F’ darstellen lassen, wenn dieser Ausdruck zur Bezeichnung der gleichen Formverhältnifse wie in der Al- gebra angewandt wird, und dafs auch hier zugehörige Formen und Covarianten in derselben Bedeutung, wenn auch aus ganz anderer Quelle auftreten, wie bei den analogen algebraischen Transformationsproblemen. 1* 4 | Gesammtsitzung Die erwähnten Invariantengleichungen werden durch die allgemeine Theorie in zwei völlig bestimmte Gruppen zerlegt. Unter den. Gleichungen der ersten Gruppe finden sich deren n, durch welche ‘die ursprünglichen Variabeln als Functionen der neu einzuführenden völlig bestimmt sind, und diese Werthe müssen die übrigen Gleichungen der ersten Gruppe, soweit solche vorhanden sind, und alle in der zweiten enthaltenen zu identischen machen. Unter Voraussetzung dieser Werthe der ursprünglichen Variabeln liefern alsdann die Gleichungen zwi- | schen den zugehörigen Formen völlig bestimmte Werthe für die Coefficienten der Hauptsubstitution, und diese sind, ohne dafs neue Bedingungen erforderlich werden, in verlangter Weise die Derivirten der ursprünglichen nach den neuen Variabeln. Wenn dagegen die Anzahl der von einander unabhängigen Invarianten und zugehörigen Formen von F zur völligen Be- stimmung der ursprünglichen Variabeln und der Coefficienten in der Hauptsubstitution nicht hinreicht, so bietet. F' einen der oben erwähnten Ausnahmefälle dar, und es ist hiernach klar, dafs die sämmtlichen Bedingungen für diese Fälle in identischen Gleichungen zwischen solchen Invarianten und zugehörigen For- men von F bestehen, welche im Hauptfalle voneinander unab- hängige Functionen sämmtlicher Variabeln sind. Unter den besondern Fällen, welche ich behandelt habe, zeichnen sich die ternären Formen durch eine bemerkenswerthe Vereinfachung der Resultate aus. Ich erlaube mir daher die- selben für diesen Fall vollständig mitzutheilen. Man bezeichne durch E die Determinante der ternären Form F= 305,08;08, und durch E;,, in bekannter Weise ihre Unterdeterminanten, Ferner bilde man folgende 18 Ausdrücke [7 T dan ag; GE Owgn 2 — 1 TTIErZ und mittelst dieser. .e vom 7. Januar 1869. 5 u 02 gg O?wgg O2 ws E«ß K-: A, en SIERT, )+3 E (\. ß u ) u, ug O?wg O?wz ) 33 I : — 1 A, =3% 490%, dx] DT, .. EA E,.e f\11\|23 12] [13 en Ze en FE \le 2| « RE nebst den durch cyklische Vertauschungen von 1,2, 3 aus ihnen folgenden; endlich die 18 Ausdrücke — en AudEh, 5 An Ye o%, Eds, E 3 | th Furl 14 so wie alle ihnen entsprechenden für die neue Form Abi 3 oh, O2; dur» “ Mittelst dieser Ausdrücke als Coefflicienten werden die drei algebraischen Formen — 3A, X, , P= 3 EX, ’ = 234,.0,X,X, ; und für F' die entsprechenden T’, ®', ©' mit den Variabeln = und V an Stelle von X und U gebildet. Dann sind die für die Möglichkeit der Transformation von F in F' erforderlichen und ausreichenden Bedingungen genau die nämlichen, wie diejenigen, welche stattfinden müssen, damit durch eine lineare Substitution X, = Zr) Ei T' in I’, ® in ®’ transformirt werde und gleichzeitig unter Vor- aussetzung der transponirten Substitution P; _— Sri, U, i ® und ®’ entsprechende Zwischenformen werden, welche der Gleichung ll ‚mai f 0 — R’e genügen, unter R die Substitutionsdeterminante verstanden. 6 Gesammtsitzung Dieser Satz findet jedoch nur unter der Voraussetzung statt, dafs die sechs absoluten zugehörigen Formen und In- varianten von T, ® voneinander unabhängige Functionen der Variabeln x, 2325 U, U, ZU, sind. Ist diese Bedingung erfüllt, so erhält man aus den Co- variantengleichungen die Coefficienten der inversen Substitution mil; [27 und zwar so, dafs allgemein wird. Dazu bemerke ich noch, dafs die simultanen Invarianten der Functionen T', $, © diejenigen sind, welche ich als ein vollständiges System von Invarianten des Differentialausdruckes F bezeichne. Hr. W. Peters machte eine vorläufige Mittheilung über die Gehörknöchelchen der Schildkröten, Eidechsen und Schlangen, so wie über die Höhlen des Unter- kiefers der Crocodile. 1. Über die Gehörknöchelchen der Schildkröten, Eidechsen und Schlangen. Nachdem ich die Anwesenheit des knorpeligen Hammers der Crocodile dargelegt habe'), bin ich natürlich angeregt wor- den, auch die übrigen Amphibia pholidota in dieser Beziehung zu untersuchen, da sich schon aus den bisherigen Beschreibun- gen der „Columella“ von diesen Thieren annehmen liels, dafs derselbe nicht fehlen würde. In der That ist das, was man bei den Schildkröten bisher als „eine mit dem Trommelfell ver- ‚bundene verbreiterte Endplatte der Columella* angeführt hat, nichts anderes als der Hammer, welcher bei den verschiedenen Familien eine etwas verschiedene Gestalt zeigt, so wie auch darin ein Unterschied zwischen den Land- und Sumpfschildkröten, die 1) Monatsberichte. 1868. p.593. Taf. 1. Fig. 1.2.3. vom 7. Januar 1869. | 7 Einige (Bonaparte, Strauch) zu einer einzigen Familie mit einander vereinigt haben, sich findet, dafs bei den ersteren, wie bei den Trionychides das Os quadratum einen geschlossenen Canal bildet, durch welchen die Columella (Stapes) hindurch- dringt, während bei den letzteren, wie bei den Seeschildkrö- ten, nur ein Halbcanal gebildet wird, so dafs die Columella auf ihrem ganzen Wege, von unten betrachtet, frei liegt. Bei den Eidechsen liegt ebenfalls die Columella ganz frei, so dafs die Crocodile allein eine auch nach hinten und unten geschlossene Trommelhöhle haben, und der Hammer hat mehr die gabelförmige Gestalt wie bei den Vögeln. Wenigstens finde ich diese Form bei Psammosaurus (scincus), obgleich sich auch in dieser Beziehung ohne Zweifel wesentliche und für die Fest- stellung der Verwandtschaften wichtige Unterschiede bei den verschiedenen Abtheilungen der Sauri finden werden. Bei dem Embryo eines Hemidactylus (Gehyra) oceanicus legt sich der von dem Hammer ausgehende Knorpelfaden (Meckelscher Knorpel) dicht an das Quadratbein an und ebenso liegt bekanntlich auch bei den ausgewachsenen Schlangen die Columella, an deren Ende ein kleiner platter Knorpel sich anschliefst, den ich für nichts anderes, als den rudimentären Hammer halten kann. 2. Über die Höhlen des Unterkiefers der Crocodile. Stannius erwähnt an zwei Stellen in seinem ausgezeich- neten „Handbuch der Zootomie*!) der Pneumaticität des Os articulare des Unterkiefers bei den Crocodilen und behauptet, „dals seine grofsen hohlen Zellen durch einen an der Hinter- seite des Os tympanicum absteigenden Canal mit den Luftzel- len der Schädelknochen communiciren.* Ich kann nach eignen Untersuchungen die Pneumatieität des erwähnten Knochens bei den Crocodilen bestätigen und hinzufügen, dafs die lufthaltende Höhle bereits in der letzten Zeit des Embryonallebens vorhan- den, aber zunächst von einer dünnen Knorpelwand umschlossen ist, welche nach vorn sich in den soliden dickeren Meckelschen Knorpel fortsetzt, während sie nach oben mit dem dünneren von % !) Zweite Auflage. 2tes Buch. Berlin 1856. p.58. 164. 8 Gesammtsitzung dem Hammer ausgehenden Knorpelstrange zusammenhängt. In einem früheren Stadium findet sich dagegen keine Höhle in dem Gelenktheil, sondern derselbe ist von der soliden Anschwellung des Meckelschen Knorpels ausgefüllt. Die Höhle des Os arti- culare des Unterkiefers entsteht daher bei den Crocodilen und ohne Zweifel auch bei den Vögeln zuerst innerhalb der An- schwellung des Meckelschen Knorpels und durch die Verdün- nung und allmählige Resorption der Knorpelwände dieser Höhle wird der Meckelsche Knorpel von seinem, dem Hammer ent- springenden, Anfangstheile nach und nach ganz getrennt. Einen Ausführungsgang dieser Höhle nach dem Schädel hin habe ich übrigens bis jetzt noch nicht bei den Crocodilen fin- den können. Im Gegentheile finde ich bei einem Crocodilus biporcatus, dessen Unterkiefer 25 Centimeter lang ist, noch einen soliden Knorpelstrang von dem Foramen pneumaticum des Unterkiefers ausgehend und es ist mir daher wahrschein- lich, dafs dieser bei den Vögeln während der Entwickelung vorkommende, aber vorübergehende Zustand bei den Crocodi- len ein bleibender ist. Aufser dieser geschlossenen findet sich im Unterkiefer jeder- seits eine hinten offene nach vorn trichterförmig sich veren- sende Höhle, welche gröfstentheils im Os dentale gelegen ist. Dieses ist der erweiterte Canalis dentalis, welcher aufser dem Nerven und den Gefäfsen einen Theil des eigenthümlich gestal- teten Musculus temporalis enthält. Man kann an diesem Mus- kel zwei Portionen unterscheiden, welche an ihrem Ursprunge vereinigt sind, so wie sie aber bis zum oberen Rande des Un- terkiefers herabgestiegen sind, sich deutlich von einander unter- scheiden; die hintere platte Portion steigt gerade herab an der inneren Fläche des Unterkiefers und inserirt sich an das Os complementare; die vordere Portion dagegen wird neben dem vorderen mit Knorpel überzogenen verdickten Theile des äulse- ren Randes des Os pterygoideum durch einen intermuscularen Faserknorpel von ihrem Endtheile, welcher in die Höhle des Os dentale hineindringt und in seiner zugespitzten Gestalt einige Ähnlichkeit mit dem Muskel in einer Krebsscheere hat, vollständig getrennt. vom 7. Januar 1869. 9 An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Cesar C. Roma, Essai de comparaison entre l'architecture ancienne et moderne. Athenes 1868. 8. Mit Rescript vom 24. Dechbr. 1868. Delisle, Inventaire des manuscrits de Saint-Germain des-Pres. Paris ish, 8 Jenzsch, Über eine mikroskopische Flora und Fauna kristallinischer Massengesteine. Leipzig 1868. 8. Mit Schreiben des Verf. d. d. Gotha 30. Dechr. 1868. Flora batava. Deel 13. Lugd. Bat. 1868. 4. Beule, Eloge de Mr. Hittorf. Paris 1868. 4. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1871. Berlin 1869. 8. Memorie del Reale Istituto lombardo. XI, 1. Milano 1868. 4. — Rendiconti, Vol. 1. ib. 1868. 8. Comptes rendus de lacademie des sciences. Vol. 67, no. 10—25. Paris 1868. 4. Annales des mines.. XIII, 1. Paris 1868. 8. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 1. Jahrgang. Berlin 0 8; , Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. III, 3 u. Supplement- heft. Leipzig 1868. 8. Journal of the Royal Geographical Society. Vo1.37. London 1868. 8. The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. 24, 4. London 1868. 4. r The American Journal of science and arts, no. 138. New Haven 1868. 8. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. 4. Jahrg. Zürich 1867. 8. Schriften der südslavischen Gesellschaft der Wissenschaften. Band 5. Agram 1868. 38. Schriften der Finnischen Gesellschaft der Wissenschaften. Helsigfors 1868. 4 Hefte. 8. Giornale degli scavi di Pompei. Vol. I. Pantata 3. Napoli 1868. 4. G. Hinrichs, Chemical Report on the fuel, rocks and water of Jowa. Des Moines 1868. 38.. Plinii, Naturalis Historia, recensuit Detlefsen. Vol. U. DI. Berol. 1868. 8. : Proces-verbaux des seances de la commission pour la publication des ancien- nes lois et ordonnances de la Belgique. Vol. V. Cahier 5. Bruxelles 1868. 8. Mit Rescript vom 4. Jan. 1869. 10 Gesammtsitzung 14. Be Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weber las: Ä Über eine Episode im Jaimini-Bhärata (entsprechend einer Sage von Kaiser Heinrich III. und dem „Gang nach dem Eisenhammer*). Vor einiger Zeit erhielt ich die im Jahre 1363 in Bombay erschienene Ausgabe des: agvamedhikam parva Jaiminiyam .d.i. des Rofsopfer-Buches (der Bhärata-Recension) des Jaimini. Ein Vergleich mit der auf der hiesigen Königl. Bi- bliothek (Ms. Or. fol. 319) befindlichen Handschrift des Werkes, über welche ich in meinem Verz. der S. H. derselben ausführ- lich (p. 111—118) gehandelt habe, zeigte, dafs dieser Bombayer Druck eine erheblich verschiedene Textform enthält. Während nämlich die Handschrift (= A) den Text in 81 Capp. aufführt, zeigt die Ausgabe (= E) deren nur 68; und zwar stimmen ihr in dieser Beziehung auch zwei Oxforder Mss. bei, s. Aufrecht Catalogus pag. 4°. Der Textbestand selbst ist indessen, trotz dieser verschiedenen Eintheilung, im Wesentlichen derselbe, ob- schon es auch an wirklichen, sehr erheblichen Text-Abweichun- gen selbst nicht fehlt'). Das Nähere über die Differenz zeigt die nachstehende Gegenüberstellung: E. 4. E. 4. 1 (7s) bis fol 2 1 10 (as) bis fol. 17 11 21 (il er 11(14) - - 21? 12—14 3 (ei) - - 3 12 (14) - - 23° 15.16 A110). 1... 4 13:.(G) 7 TE 5 (so) - - 10 3.6 14 (14) - - 28 19.20 6 (6) - - 122 7 15 (136) - .- 31° ‚21.22 12) = -.13 Ro) 16 (s) - - 33% 23.24 Be la 9 17 (18) -. -.,38%. » 25 —27 9 (e) - - 15 10 18 (123) - - 40° 28 1) Abgesehen von sehr zahlreichen Varianten fehlen u. A. die beiden in E. vorletzten Capp. in A gänzlich (ihr Inhalt entspricht dem M. Bh. 14, 2693 £.). | vom 14. Januar 1869. E. 19 (95) bis fol. 43% 20 (12) - - 45% =>», 478 22 (9). - - 49 23:(19) =. 3-52? 24 (8) - - 5b 25 (8) - - 54% 26 (a), - - 55» 27 (8) - - 57° 23 (a): =5059% 29 (4) - - 60% 30 (4) - - 61P al (5) - - 63% 32 (#7) - - 64 33 (3) - - 656 34 (35) - - .66? 33 (9) - - 68 36 (8) - - 70% 37 (4) - - 72° 38 (242) = 1-0 776 Sale 4, -,,7gb 40 (5) - - 81? 41 (so) - - 822 42 (1) - - 8 43 (1) - - 84 Es ist A} :31. 32 393. 34 36. 36 E. 44 (53) bis fol. 45 (9) - - 46 (9) - - 47 (2) - - 48 (5) - - 49 (8) - - 50 (4) - - Sl (5) - - 52 (1) - - 53 (5) - - 54 (82) - - 55 (0) - - 56 (7) - - 57 (5) - - 58 (15) - - 59 (a) - - 60 (4) - - 61 (3) - - 62 (8) - - 63 (7) - - 64 (ss) - - 65 (1) - - 66 (3) - -- 67 (m) - - 68 (5) - - 856 878 gg ggb 9jb 933 94» 96% 98a ggb 101° 102° 103b 105» 107® 108» 110? 111* 112° 114® 115» 118° 119? BULIE 119» 11 80 fehlt fehlt 81 übrigens ersichtlich, dafs auch der Schreiber von A eine der in E vorliegenden ähnliche Textvertheilung kannte: denn es zeigen die Capitel-Unterschriften darin mehrfach statt der zu der eignen Textvertheilung passenden Zahlen vielmehr solche, die zu derselben in keiner Weise stimmen, dagegen ent- weder mit der in E vorliegenden Vertheilung und Zählung der Capp. direkt übereintreffen, so bei Cap. 34 (dvdvingo ’dhydyah), 47 (Catustringo ’dhyayah), 50 (saptatringo ’dhy.) und die Ziffern bei Cap. 46 (33). 48 (35), oder doch zu ihr in speciellem Bezuge stehen, so bei Cap. 31 (saptavingo ’dhy.; in E. ekavingo), 37 (shadvingo ’dhy.; in E. caturvingo), 53 — 55 (mit Ziffern be- 12 Gesammtsitzung zeichnet als 36-33; in E. 38-40), 59. 60 (bezeichnet als 46. 47; in E. 48.49), 68 — 70 (bezeichnet als 51-53; in E. 53-55), 72 (be- zeichnet als 55; in E. u 74 —-80 (bezeichnet als 56-62; in E. 59-65). | Während Ai in der Mitte des letzten Oap., mit v. 7%, ab- bricht, bringt E. den richtigen Schlufs des Werkes zu unserer Kenntnifs. Derselbe ist insofern von Bedeutung, als seine An- gaben die Prätension erheben, dafs das Jaimini-Bhärata nicht etwa blos eine Nebenredaction des agvamedha-Buches des Mahd- Bhärata sei, wie dies aus dem Umstande, dafs eben nur ein diesem entsprechendes Buch vorliegt, denn doch zunächst zu folgern schien, sondern dals es das ganze Epos umfalse. Es heifst nämlich am Schlusse ganz ausdrücklich'), dafs hiermit: „vierzehn Bücher des Bhärata beendet seien, und nunmehr das deramavdsa genannte Buch beginne.“ Auch in der Calcuttaer Ausgabe des Maha-Bhärata ist das agvamedha-Buch das vier- zehnte, und folgt ihm das agramavasa-Buch, während z. B. die beiden Mss. desselben, welche sich in der hiesigen Königl. Bibliothek befinden (s. mein Verzeichnifs p. 105—106; Indische Studien Il, 138), davon abweichend dem agvamedha-Buch ent- weder die sechszehnte oder die siebzehnte ‚Stelle in der. Reihe der parvan zuweisen’). In wie weit nun diese Ansprüche des Jaimini-Bharata als eine vollständige Nebenredaktion des Maha-Bharata zu gel- ten wirklich begründet ‘sind, läfst sich einstweilen noch nicht ermessen. Aus Wilson’s Angaben über eine kanaresische Über- setzung des Werkes in der Mackenzie Coll. II, 2°) möchte man schliefsen, dafs das Werk sich vielmehr auf ein Buch beschränke. 1) caturdaga ca parvdni kathitani vigam pate N ia ll atag cd ”cramavasdkhyam parva, rdjan, grinushva tat N ısll 2) s. auch Aufrecht Catalogus fol. 2a. 3) Es heifst daselbst: „Jaimini-Bhärata. Palm leave. 5 copies. A translation of the seventeenth (sic! s. oben) book of the Mahd-Bhö- rata, ascribed to the Muni Jaimini, giving an account of the Apvamedha sacrifice celebrated by Yudhishthira. It is considered as one of the best works in the ancient Kanara language. Translated ... in the beginning of the thirteenth century.“ vom 14. Januar 1869. 13 Dagegen Missionar Möglings Worte (in der Zeitschrift der Deutschen Morgenl. Ges. 4, 395): „eine-Ausgabe einer alten kanaresischen Übersetzung des Bhärata des Jaimini ist voll- endet“ ‘führen allerdings wohl auf die Existenz einer Ge- sammtbearbeitung hin, sind indessen freilich nicht specifieirt genug, um dies mit Sicherheit zu erhärten. Von Bedeutung ‚jedenfalls ist Wilson’s Angabe (a. a. O.), dafs das Datum der Kanaresischen Übersetzung in den Beginn des dreizehnten Jahrh.’s falle. ' Das vorliegende agvamedha-Buch, von dem wir zunächst allein direkte Kunde haben, ergiebt sich nun als eine ganz selbständige, resp. sekundäre, und zwar speciell von dem Standpunkt der Verherrlichung Krishna’s ausgehende Bearbei- tung des in dem betreffenden Abschnitt des M. Bhärata behan- delten Stoffes, die weit mehr den Character eines Purdna trägt, mit dem Original nur in der Reihenfolge der Erzählung theil- weise übereinstimmt, aber im Übrigen ganz eigenthümliche Wege einschlägt (s. bereits Aufrecht 1. c. p. 4). Der Inhalt des Buches ist indessen höchst werthvoll, weil ‚allerlei Sagenstoffe darin’ Aufnahme gefunden haben, die ander- weitig bis jetzt in Indien unbekannt sind. Ohne es zu wissen, ‚hat uns kürzlich Talboys Wheeler in seiner sogenannten „History of India“ eine Analyse desselben geliefert. Denn das, was er auf p. 377—437 als den Inhalt des vom „Horse- Sacrifice* handelnden Abschnittes des Mahd- Bhärata angiebt, ist vielmehr‘) eben nur eine allerdings (wie bei ihm ja durch- weg der Fall ist) mit zahlreichen fremden Zusätzen verbrämte Analyse des agvamedha-Buches des Jaimini-Bhärata. Da nach Rajendra-Läla-Mitra’s Untersuchungen’) jene englische angeb- liche Übersetzung des Maha-Bhärata, die der Wheelerschen Arbeit zu Grunde liegt, nicht nach dem Original, sondern nach der persischen Übersetzung dieses Epos gemacht ist, so ergiebt sich hieraus, dafs man bei Herstellung dieser letz- teren sich eben nicht streng an das Mahd-Bhärata gehalten, 1) vgl. Lit. C. Bl, 1868 n0.'28 p. 757. ?) Proceedings of the As. Soc. of Bengal.: Jan. 1868. 14 ‚Gesammtsitzung sondern auch andere Stoffe eingewoben hat. Oder sollten die vielfachen speciellen Divergenzen, die Wheeler’s Buch durchweg zu dem Texte des M. Bharata zeigt, etwa gar so zu erklären sein, dafs jene persische Übersetzung sich überhaupt gar nicht auf das Mahäd-Bhärata, sondern, unbeschadet noch anderweitiger secundärer Zuthaten, nur auf eine vollständige Recension des Jaimini-Bhaärata stützt, wie dies zum wenigsten bei diesem einen Theile, dem agvamedha-Buche, unbedingt der Fall ist? Unter den in diesem Buche enthaltenen Erzählungen nimmt die Episode von Candrahäsa und Vishayd, die Wheeler in einem besonderen Abschnitte seines Werkes (p. 522—534) als Mahd- Bhärata-Sage mitgetheilt hat, durch Inhalt wie Umfang (9 Capp. mit 634 vv.) eine hervorragende Stelle ein. Die nachstehende Analyse derselben mag zugleich als ein Specimen einerseits dafür dienen, wie viele fremde, erklärende Zuthaten in die Wheelersche Darstellung Aufnahme gefunden haben (die freilich dadurch an Eleganz und Anmuth erheblich gewonnen hat, was ihr an Original-Treue abgeht), so wie andererseits dafür, wie in ihr doch auch wieder allerlei, was zur Beurtheilung des Ganzen von Bedeutung ist, völlig fehlt, so insbesondere z. B. die so ganz specielle Vishnu-, resp. Krishno-itische Färbung, die das Original charakterisirt. Jaimini-Bharata, Agvamedhakanda, in E. Capp. 50 —58, fol. 33a — 107b in A. Capp. 65 — 73, fol. 159b — 182b. Dem Sudhärmika, König von Kerala, ward unter dem Ge- stirn Müla‘) ein glückverheifsender Sohn geboren (50, 22 fol. 93®). : Einige Tage danach ward die Stadt von Feinden erstürmt, wobei der Fürst seinen Tod fand. Seine Gemahlin folgte. ihm nach. Die Amme brachte das Kind, welches am linken Fufs eine kleine sechste. Zehe hatte, nach der Kuntala- 1) Dies ist sonst ein böses Gestirn, s. meine Abhandlung über die Nakshatra II, 315 (schol. zu (änkh. 14, 51, 1 anaharjätatä mülanaksha- tre [sükshma pr. m.) janma). vom 14. Januar 1869. 15 Stadt (Kauntalakam puram), wo sie es drei Jahre lang pflegte indem sie sich zum Mahlen, Stampfen und dgl. Arbeit ver- dingte und so ihren Broterwerb fand (90, 26 kandanapeshadi- bhih karmabhih). Da starb auch sie; andre Frauen nahmen sich des Kindes freundlich an, welches fröhlich gedieh. Fünf Jahre alt kam es einst in das Haus des Ministers Dhrishtabuddhi, der gerade eine Versammlung weiser Männer bei sich bewirthete. Beim Anblick des Knaben waren diese über sein Aussehen und Benehmen hoch erstaunt, und als der Minister auf ihre Fragen nach ihm erklärte, dafs er nichts von ihm wisse, riethen sie ihm, des Knaben sorglich zu achten, da er den Zeichen nach, die er an sich trage, bestimmt sei, einst König zu werden. Dhrishtiabuddhi aber, von dieser Prophezeihung unangenehm be- rührt, beschlofs vielmehr das Kind tödten zu lassen, und beauftragte damit einige Candala, ihnen reichen Lohn dafür verheilsend. Als der Knabe aber, von ihnen dazu in den Wald geführt, die Gefahr erkannte, wandte er sich mit seinem Gebet an Krishna, wie er denn schon früher beim Spiel mit seinen Genossen sich durch seine Vorliebe für den runden (dlagrama- Stein, welcher Hari’s Abbild ist (30, 47. 48.), und den er im Munde zu tragen pflegte, Anspruch auf dessen Gunst erworben hatte. Und Ärishna wandte nun auch die Herzen der Candala zum Mitleid: sie schnitten dem Kinde nur die sechste Zehe des linken Fufses ab, um den Minister, wie er ihnen geheifsen, ein Wahrzeichen der Erfüllung ihres Auftrages zu bringen, und liefsen es im Walde zurück. Das Blut der Wunde stillten durch sein Weinen herbeigerufene Rehe, sie beleckend. Die Vögel beschatteten es mit ihren Flügeln und die wilden Tau- ben, traurig girrend, füllten von Schmerz verwirrt ihren Bauch mit Steinen (51, 9 statt mit Beeren?). Da kam der Kulinda-Fürst, der über das Land gesetzt war, durch den Wald streifend, dazu, hörte das an Govinda gerichtete Gebet des weinenden Knaben, stieg vom Rofs und frug ihn, wer er sei und wer seine Eltern. „Krishna ist mein Vater und Mutter, von ihm bin ich gehegt. Ihn nicht sehend, weine ich, grofser König*, diese Anwort des Kindes rührte den Fürsten durch ihre Krishna- Gläubigkeit, und da er selbst ohne Kinder war, nahm er ihn mit sich auf sein Rofs, und brachte ihn nach seiner Stadt Can- 16 Gesammtsitzung dandvati, zur freudigen Überraschung seiner Gemahlinn. Bei einem grofsen Feste, das er nun anstellte, gaben die Astrologen dem Knaben den Namen Candrahäsa, weil der Mond aus seinem reinen lächelnden Munde fallen werde!). Fortab gedieh im Lande des Kulinda Alles aufs Schönste: der ee Vishnu’s war mit dem Kinde eingekehrt. ‚Sieben Jahre alt ward es einem Lehrer zum Unterricht im Lesen etc. übergeben (51, 27), aber statt des Alphabets ka kd etc. (51, 31) recitirte es beständig nur die beiden Silben Ha-ri und wies den zornigen Schulmeister damit ab, dafs in diesem Namen Vishnu’s, resp. Krishna’s alle eästra enthalten seien. ‚Und der Kulinda-Fürst, über diese Vishnu-Treue erfreut, stimmte ihm bei. Mit 8 Jahren (51, 46) ward der Knabe mit der hei- ligen Schnur gegürtet, und wandte sich nun dem Veda-Studium zu, beständig: Hari's gedenkend. Auch bei Erlernung der Bo- genkunst (51, 49) war sein Sinn fortwährend auf Hari gerich- tet. — Funfzehn Jahre alt zog er dann mit Erlaubnifs des Va- ters zur solennen Ersiegung der Weltgegenden (digvijaya) aus, nur von fünf Wagenkämpfern begleitet; und es gelang ihm, alle die Feinde des Vaters wie des Kuntala-Fürsten, von dessen Minister Dhrishtabuddhi der Kulinda eben die Herrschaft über hundert grdma in Lehn hatte (52, 11), sämmtlich zu: besiegen. Bei seiner Heimkehr festlich empfangen und von seinem Vater (52,25) als Nachfolger geweiht, setzte er auf den Elften des Monates ein ständiges grofses Fest zu Ehren Vishnu’s ein und liefs eine grolse Zahl gemeinnütziger Bauten, darunter Vishnu- Tempel und Qiva-Tempel, errichten (92, 49. 43). Von allen Seiten strömte nun das Volk nach der Stadt Candandvati, de- ren Gedeihen, in Proportion zu ihrer Hari-Gläubigkeit, bestän- dig wuchs (9%, 46). 1) 51, 23; diese Auffassung des Namens als: „einen Mond lä- “ chelnd“ ist natürlich verkehrt; derselbe bedeutet vielmehr entweder „wie .der Mond lächelnd“, oder, ohne Bezug zum Monde, nur: „lieblich lächelnd“, s. Böhtlingk-Roth unter candra 2c. So findet sich in 1001 Nacht (bei Lane III, 265 London 1841) bedr basim „smiling full- moon“ als Name des Sohnes der Jullanär (skr. jalanäri, mermaid; nicht aus pers. gulnar entstellt, wie Lane p. 306 will). vom 14. Januar 1869. 17 Da nun auch der von dem digvijaya fällige Tribut (52, 48) an den Kuntala-Fürsten, so wie an dessen Minister und Ge- mahlin abzuliefern war (10,000' nishka an den Fürsten, die Hälfte an den Minister ete.), sandte Candrahäsa denselben auf des Vaters Antrieb mit einem feinen Begleitschreiben nach der nur 6Yyojana entfernten (52,50) Kuntala-Stadt') ab. Die Boten trafen gerade am Beginn des Elften des Abends in deren Nähe ein, und da sie daselbst einen Flufs vorfanden, nahmen sie darin die zu dem neu eingesetzten Feste gehörigen Wa- schungen und Gebete an Vishnu vor, legten sich die Tulasi- Pflanze, Hari’s geliebtes Symbol (52,59), aufs Haupt, und traten so, in ihren nassen Gewändern, vor Dährishtabuddhi hin. Dieser vermuthet nun zuerst aus diesem ihrem Aussehen, dafs sie gekommen seien, den Tod des Kulinda zu melden, ist da- her hoch erfreut, als sie ihm sagen, aus welchem Grunde und mit wie reichen Schätzen sie genaht sind. Er läfst ihnen eine gute Mahlzeit zurichten, die sie aber, durch das Fasten gebunden, ausschlagen. Hocherzürnt falst er dies als eine Beleidigung auf, beruhigt sich aber bei ihrer Erklärung, und: beschliefst nun am andern Tage, mit ihnen nach Candandvati zu ziehen, um sich von dem Gedeihen dieser Stadt, an deren Stelle früher nur ein grofser Wald gelegen, selbst zu überzeugen. Er über- giebt mittlerweile seinem Sohn Madana die Geschäfte. Als er eben abreisen will, tritt noch sein in frischer Jugend er- blühtes Töchterlein Vishay« an ihn heran (52, 73) und bittet ihn ?), des Festes ihres heute gerade zum Aufbrechen der Frucht 1) Die Stadt des Kulinda-Fürsten lag somit. in deren unmittelbarer Nähe. „Nach dem Epos wohnten die Äulinda im höchsten Himälaya“, Lassen Ind. Alt. I, 547. Hier dagegen handelt es sich offenbar um den Dekhan. Kerala ist ja n. pr. des Volkes von Malabar, und Kun- tala ein andrer Name für Karnäta (Lassen I, 170 n. 4). Zu dieser Örtlichkeit vgl. noch den Umstand, dafs von diesem Buch des Jaimini- Bhär. eine altkanaresische Übersetzung existirt (s. oben p. 12. 13). 2) Wheeler p. 526 stellt dies so dar, als ob Fishayd dem Vater zu verstehen geben wolle, sie selbst sei jetzt auch reif und möchte gern hei- rathen. Der Dichter hat diesen Doppelsinn auch gewifs im Auge, in den Mund des Mädchens indefs hat er nichts der Art gelegt. [1869.] 92 18 Gesammtsitzung gediehenen Mango-Baumes (rasdla), den sie tagtäglich begossen, zu gedenken: er habe ja — klagt sie — vor lauter Geschäften beständig gar keine Zeit für sie. Er tröstet sie freudig bewegt, und macht sich auf die Reise. In zwei Tagen ans Ziel ge- langt, wird er von dem Kulinda und dessen Sohn ehrerbietig empfangen. Er erhält dann von Ersterem auf seine Frage wann und wie er zu diesem trefflichen Sohne gelangt sei, die nöthige Auskunft, und erkennt daran sofort, dafs dies der einst von ihm verfolgte Knabe ist. Erschreckt dadurch und für das künftige Geschick seiner eigenen beiden Söhne Madana und Amala') besorgt (92, 85), verbirgt er seinen Zorn unter dem Anschein freundlicher Theilnahme. Nach langem Überlegen — aus dessen Schilderung erhellt, dafs der Minister dem (iva-Kult huldigte (53,4. 10) — schreibt er dann an seinen Sohn Ma- dana einen Brief, angeblich in wichtigen Regierungsgeschäften, in der That aber die Weisung enthaltend, dem Überbringer Candrahäsa Gift (visham) zu geben (33, 10) und beauftragt eben den jungen Prinzen mit dessen schleuniger Besorgung, unter nachdrücklicher Einschärfung der Unverletzbarkeit des Siegels, woraus für ihn nur Gutes hervorgehen werde. Von seinen Eltern beurlaubt macht sich C. auch sofort zu Rosse auf, nachdem ihm seine Mutter Medhävati (93, 16) noch unter andern Segenswünschen auch den mit auf den Weg gegeben, dafs er mit einer passenden Gattinn heimkehren möge (53, 21 lies: samdydhi). In der Nähe der Kuntala-Stadt angelangt machte er an einem schönen Teiche Halt, badete sich darin dem Hari zu Ehren, brachte demselben ein Blumenopfer dar (53, 34. 35), als seine Reisekost, und legte sich für einige Zeit?) unter einem Mango-Baum zur Ruhe. Da kamen 1) dvau putrau mama vidyete yuvanau Madandmalau; von dem zweiten Sohn Amala ist hier aber sonst nicht weiter die Rede. In 57, 2 (putro ’yam madvage naiva [madvaco nawa A.) vartate Madano 'malah) wird Ma- dana selbst als amala bezeichnet! im folgenden Verse (97, 3) indefs ist dann wieder der beiden Söhne gedacht: abhyam madiyam hi kulam putrabhydm nägitam dhruvam. 2) praharadv ayam 93, 36; prahara „ein Zeitabschnitt von etwa 3 Stunden“ Böhtlingk-Roth. Das gäbe sechs Stunden Rast, ein Bischen viel für diesen Zweck! vom 14. Januar 1869. 19 gerade Campakamalini, die Tochter des Kuntala-Fürsten und Vishaya, die Tochter des Dhrishtabuddhi, von einer Schaar ihrer ebenfalls 134 Jahr alten Freundinnen begleitet, blumen- suchend herbei (53, 39). Unter lieblichen Scherzen beschliefsen sie, vom Suchen ermüdet, sich im Teiche zu baden (53, 57). Nachdem sie dies Vergnügen unter gegenseitigen Neckereien, wobei die Prinzessin der Vishayd aus gewissen Anzeichen pro- phezeit, dafs ihr Liebster nahe sei (53, 55), reichlich genossen, steigen sie aus dem Bade und gehen heim. Vishayd aber hat beim Verlassen des Teiches den Candrahäsa am Ufer schlum- mernd erblickt und bleibt, von Liebe zu ihm erfafst, zurück (54, 1). Ihre Fufsspangen ablegend, schleicht sie sich näher, ihn zu betrachten. Da sieht sie aus seinem Wamms einen Brief herausgucken, bemächtigt sich desselben, löst das Siegel und liest, erschreckend, die Botschaft ihres Vaters an ihren Bruder. Schnell entschlossen ändert sie nun die Worte visham asmai pradätavyam „Gift ist ihm zu geben“ in: viskayd ’smai praddtavyd „die Vishayd ist ihm zu geben“, schliefst den Brief wieder zu, steckt ihn in die Tasche zurück und macht sich auf den Heimweg, sehnsüchtig zurückblickend. Ihre Freundinnen aber necken sie wegen ihres Zurückbleibens und ihres vor Freude leuchtenden Antlitzes'). Am Abend erst erwachte Can- drahäsa (54, 24) und begab sich nun schleunigst zu Madana. Der empfing ihn in grofser Versammlung, las des Vaters Brief trotz der ihm von Candrahasa werdenden Mahnung, ihn als ein Geheimnifs allein zu lesen, laut darin vor (34, 52) und nahm den nunmehr darin sich findenden Befehl, demselben die Vishayd zu übergeben, mit lebhafter Freude auf. Vishayd richtete mittler- weile ihre Gebete an Pärvati um Erfüllung ihrer Wünsche, ihr für den kommenden Nabhas, am dritten der schwarzen Hälfte, ein reiches Fest gelobend (54, 56). Madana aber befrug zunächst die Astrologen nach den Nativitätsverhältnissen (lagnam) der Schwester und des Candrahasa, und als diese ihm freudig er- widerten, dafs Venus’) und Jupiter darüber präsidirten (55,4), 1) Die ganze Scene ist wirklich sehr duftig und lieblich geschildert. ?) Diese erotische Bedeutung der Venus beruht auf der griechi- schen Mythologie, resp. Astrologie, vgl. Ind. Stud. 8, 413. 10, 319. 2% 20 ..G@esammtsitzung dafs auch sonst alles passe, und dafs heute gerade die Constel lationen vortrefflich zur Hochzeit sich eigneten, liefs er dieselbe sofort vor sich gehen und feierte sie mit grofsem Pomp und Festlichkeiten aller Art, reiche Gaben und Geschenke allseitig vertheilend. Bei der Frage nach: seinem Stammbaum nannte Candrahasa Hari als seinen Vater, Grofsvater und Urgrofs- vater (95, 16); auch habe er keinen Freund weiter aufser dem Kulinda und dessen Gattin Ädhdragakti‘). Trotz dieser aus- weichenden Antwort aber läfst Madana doch die heiligen Riten vollziehen, in dem Bewulstsein, damit nur seines Vaters Befehl zu erfüllen. Tänzer, Akrobaten (die auf einer Rohrspitze tan- zen), Jongleure (die Feuer aus dem Munde zu speien verstanden 39,39), und Musiker aller Art trugen zur Verherrlichung des Festes bei, an welchem die ganze Stadt freudig theilnahm. — Während dessen schlug Dhrishtabuddhi in Candandvati den Ku- linda in Fesseln (96, 1) und presste durch schwere Torturen den Einwohnern das Geld ab (: er tauchte sie ins Wasser, mit einem am Halse hangenden Steine beschwert, liels sie über flammendem Feuer halten, schlitzte ihnen das Fleisch auf, liefs sie Mehlwasser durch die Nase einziehen etc... Er machte es dem Kulinda zum Vorwurf, dafs er, stolz auf seinen durch Candrahäsa erlangten Reichthrm, den Tribut nicht selbst gebracht, sondern durch Boten geschickt habe, die sich noch dazu geweigert hätten, die ihnen von ihm vorgesetzten Speisen zu essen. Früher sei weder (iva-Tempel noch Vishnu-Tempel in der Stadt gewesen (56,8). Jetzt aber durch seinen Reichthum stolz geworden, schwelgten sie in Genüssen; u. dgl. mehr. Er beauftragte seinen Diener Lobha’) nebst dessen Gemahlin Trishnd?’) die Stadt Candandvati fortab zu behüten, und zog froh, mit reichen Schätzen heim, die seine Sänfte tragenden Fischer unterwegs tüchtig mit Schlägen regalirend (56, 18.19), weil sie ihm nicht rasch genug vorwärts eilten, so sehr sie sich auch an- 1) Dies ist hier ein mystischer Name, der an den Visknu-Kult erin- nert (s. Rämatäp. Up. p. 278. 321. 323): ihr wirklicher Name ist nach 95, 16 Medhävatı. 2) Beides sind symbolische Namen: lobha Begier, trishnd Durst. vom 14. Januar 1869. 21 strengten. Unter allerlei üblen Vorbedeutungen !) gelangte er end- lich an, in der frohen Erwartung, dals Madana nun den C. um’s Leben gebracht haben werde. Statt dessen kam er noch gerade zu dem Jubel und Trouble der Hochzeitsfeier zurecht, so dafs ihm Alle mit Glückwünschen über seinen edlen Schwiegersohn entgegen kamen. Die Ersten, die ihn so begrülsen, schlägt er zornig mit seinem Stocke: aber je weiter er kommt, je sicherer wird ihm die Kunde von dem, was vorgegangen. In das Innere seines Hauses eintretend, findet er seine Tochter mit C. auf einem geweihten Platze (vedikäyam 56, 43) sitzen, mit wechsel- seitig zusammengebundenen Kleidzipfeln. Schweifs dringt aus seinen Poren, Zittern erfafst seine Glieder, sein Mund dorrt ihm ein vor Zorn und Schreck (56, 44). Das junge Paar be- - grüfst ihn freudig. Er aber fragt seinen Sohn Madana zornig nach der Ausführung seines Befehls. Im guten Bewulstsein seiner pünktlichen Erfüllung desselben rühmt sich dieser noch, dafs er das ganze Schatzhaus durch Spenden an die zahlreich herbeigekommenen Gäste ausgeleert habe und steigert dadurch des Vaters Ingrimm so weit, dals er ihn in den Wald verstöfst. _ Auch dies noch fafst er ganz falsch dahin auf, als ob der Vater ihm Vorwürfe deshalb mache, weil er nicht die Eltern des (. habe einladen lassen (56, 51): er entschuldigt sich dieserhalb mit der Kürze der Zeit. Endlich weist er ihm den Brief selbst vor, und der Minister sieht sich nun genöthigt, zunächst zum bösen Spiel gute Miene zu machen, den Sohn zu begütigen und den Candrahäsa mit freundlichen Worten zu begrüssen. Er beschlie‘st indels Letzteren doch noch zu vernichten. Und da er sich dazu, wie er nun wohl sieht, seines Sohnes Madana "nicht bedienen kann (5%, 2), befiehlt er heimlich jenen Cdndaäla, _ die er früher schon mit der Ermordung des Knaben C. beauf- tragt hatte, bei einem Candikd-Tempel, der aufserhalb der Stadt in einem Haine lag, sich versteckt zu halten, und Jeden, 1) Krähen flogen über der Sänfte hin, nach ihm hackend: eine Schlange pflanzte sich vor ihm auf, und gab sich ihm als die bisherige Hü- terinn seiner Schätze an Gold zu erkennen, die sich jetzt davon mache, weil sein Sohn die Krüge geleert und so ihren Platz leer gemacht habe (96, 25). 22 Gesammtsitzung der des Abends ') dahin kommen werde, unverzüglich niederzu- machen: er warnt sie, ihn wieder zu betrügen, wie sie es da- mals gethan, und verheilst ihnen reichen Lohn. Darauf sprach er den Candrahdäsa mit freundlichen Worten an, sagte ihm, dafs in seiner Familie die Candikä verehrt werde, und dafs er daher, nunmehr ein Glied derselben geworden, heute Abend der Göttin ein Blumenopfer darzubringen, es derselben resp. allein in ihren Tempel hinauszutragen habe. Candrahäsa sagt auch bereit- willig zu, und macht sich am Abend auf den Weg dahin auf. Zu der Zeit gerade hatte aber der Kuntala-König seinen Haus- priester Galava rufen lassen und ihm mitgetheilt, dafs er sein Lebensende nahe fühle, da er seinen Körper ohne Schatten sehe. Durch die ausführliche Darstellung Gdlava’s über die Vorzeichen des nahenden Todes?) fühlte er sich in diesem Glauben bestärkt 1) pitriprasükäle 57, 7, zur Zeit des Zwielichtes, in welchem die Schatten und Gespenster der Manen ihr Wesen treibend gedacht sind. 2) Gälava mufs ihm zu besserer Klarheit hierüber den arishtädhyäya, d.i. die Lehre von den Vorzeichen des Todes, vortragen. Dattätreya hat sie einst dem Alarka mitgetheilt. Wer den Polarstern, die Venus, den Mondschatten, die Arundhati, nicht sieht, lebt nicht länger mehr als ein Jahr. Strahlenlose Sonnenscheibe oder strahlenumkränztes Feuer se- hend, lebt man nur noch elf Monate. Nur noch zehn dgl., wer da im Traum oder in Wirklichkeit Urin und Koth, oder Gold und Silber sät (?? vayan [vapen?] mütrapurisha[m] yah suvarnarajatam tatha | pratyaksham athavä svapne...; soin A.; inE. ist hier eine Lücke). Nur noch neun Monate lebt, wer da preta, pigäca u. dgl. (gespenstische Wesen), oder Erscheinungen der Fata Morgana (alles dies fehlt noch in E.), oder Bäume von goldner Farbe sieht. Acht Monate Frist hat noch, wer ohne Ur- sache plötzlich mager oder fett wird, und dessen ganze Natur sich ändert. Sieben dgl., wessen Fufstapfen im Staub oder Koth die Ferse vorn zeigt. Sechs dgl., auf wessen Haupt sich eine Taube, ein Geier, eine Eule, ‚eine Krähe setzt. Fünf dgl., wer von Krähen mit Staub beworfen wird, wessen Haut, von der Brust aufwärts, zuckt. Vier dgl., wer sei- nen Schatten anders sieht. Zwei oder drei dgl., wer im Süden einen Blitz in wolkenleerer Gegend sieht, oder des Nachts einen Regenbogen. Einen halben Monat, wer sich in ghrita, Öl, Spiegel oder Wasser ohne Kopf sieht, wer einen knochenäbnlichen oder leichenähnlichen Geruch an sich hat. Zehn Tage, wem gleich nach dem Bade das Herz erstarrt vom 14. Januar 1869. 23 und beschlofs die Regierung niederzulegen, liefs resp. den Ma- dana rufen und beauftragte ihn seinen Schwager Candrahdsa herbeizuholen (um diesem die Regierung zu übertragen). Ma- dana eilte fort und traf den (., wie er gerade im Begriff war, mit seiner Blumenspende nach dem Candika-Tempel zu gehen. Er hielt ihn aber an, nahm ihm die Blumen ab, und sandte ihn auf seinem eignen Rofs, von seinen Dienern umgeben, dem König zu, während er selbst an seiner Stelle mit den Blumen allein nach dem Tempel ging. Candrahäsa ward von dem König freudig empfangen. Derselbe übergab ihm seine Tochter Cam- pakamalini und das Königreich, legte seine Kleider ab und zog sich nackt in den Wald zurück, in yoga versenkt. Gälava aber weihte den Candrahäsa nun zum König (97, 63), der sodann die Campakamalini sogleich bei Sonnenuntergang nach dem Gan- dharva-Ritus ehelichte.. Dem Madana aber begegneten unterwegs auf seinem Gange nach dem Tempel allerlei böse Vorzeichen '), die er indefs nicht beachtete, resp. nur mit Segenswünschen (avapushyati 97, 29), wer Wasser trinkend doch ausdörrt. Wer im Traume auf einem Gespann von Bären oder Affen stehend (rikshavanara- yugmasthah) singend nach Süden geht, wen im Traume eine singende und lachende in rothschwarze Kleider gehüllte Frau nach Süden führt, wer im Traume einen nackten Bettelmönch (kshapanaka) lachen sieht, wer sich im Traume von Kopf bis zu Fufs in Koth versunken sieht, wer im Traume an sein eignes Haupt eine Schatzkammer oder einen Wagenschuppe nhinanreichen sieht (??97, 34 kordgaram rathägäram dha- kshayantam (Vdagh?) svakam girah, so in E.; auch A. hat ganz verderblen Text: kerägärais tathägara lakshayanta svakagiram 1 drishlva svapne), wer im Traume von schrecklichen schwarzen Männern, mit erhobenen Waffen, mit Steinen geschlagen wird, wer sich nicht mehr in des An- dern Auge (Augapfel) sieht, wer die Ohren zuhaltend kein inneres Brausen hört, wer seine ganze Natur ändert, wer die Götter nicht (mehr) ehrt, Brahmanen, Lehrer, Greise schmäht, den Eltern, den Schwiegersöhnen, den Yogin, den Einsichtsvollen und sonstigen Ehrwürdigen (wörtlich: Grofsgeistigen) nicht (mehr) gastliche Bewirthung spendet — dessen letzte Stunde ist gleich oder doch in 10 Tagen (97, 35) bevorstehend. !) Er sah vor sich zwei Katzen kämpfen (97, 65); das Gefäfs mit den Sandel-Blumen fiel ihm aus der Hand; Blut flofs ihm aus Auge und Mund; eine Eule setzte sich auf sein Haupt und schrie’ kläglich. 24 Gesammtsitzung für seinen geliebten Schwager beantwortete. Auch als ihn nun im Tempel die Mörder erschlugen, hauchte er seinen Geist unter gleichen Wünschen für ihn aus. Candrahäsa aber bestieg bei Einbruch der Nacht mit seiner neuen Gemahlinn einen schönen Elephanten und machte sich unter Paukenschall auf, dem Dhrishtabuddhi seine Verehrung darzubringen. Als nun diesem seine Diener meldeten, dafs der neue König C. ihn zu besuchen gekommen sei, gerieth er, der von dem ganzen Vor- gange des T'hronwechsels noch nicht wulste, in die gröfste Auf- regung: er meinte indefs, sein Sohn Madana sei gekommen und redete den ©. demgemäls an. C. aber stieg vom Elephanten und umfafste seine Füfse. Da fafste er ihn am Kinn und frug ihn, ob er denn nicht zum Candikd-Tempel gegangen sei. Als nun C. berichtete, wie Alles zugegangen, gerieth Dh. in das grölste Entsetzen; mit erhobenen Armen, gelöstem Haar, schrei- | end machte er sich auf. „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein* (98, 13 parärtham yo 'vatam kartd, tasmin sa pa- tati dhruvam). Er eilte hinaus zu dem Todtenverbrennungs- Platz (58, 15), wo die Leichengespenster (bhüta-vetäla-kankalah v. 16), ihn als ihren Meister höhnisch begrülsend, vor ihm flohen. Er rifs sich von einem Scheiterhaufen ein brennendes Scheit, eilte damit zum Candika-Tempel, und fand da die Leiche seines geliebten Sohnes. Voll Verzweiflung, und in diesem schreck- lichen Ende die Strafe für seine Feindschaft gegen die Vaish- nava (98,31) erkennend, zerschmetterte er sich selbst das Haupt an einem mit Metall verzierten Pfeiler des Tempels. Am Mor- gen kam ein Büfser mit Blumen und Wasser daher, um die Göttin zu ehren, und fand die beiden Leichen im Tempel. Er brachte die Nachricht davon sofort dem Könige, der voll Trauer herbeikommend in innigem Gebet an die Candika sich ihr selbst zum Sühnopfer darbot. Er grub vor ihrem Bilde eine viereckige Grube, richtete darin ein geweihtes Feuer an, ‚schnitt sich unter Reeitirung heiliger Sprüche alles Fleisch von seinem Körper, opferte es darin und legte eben das Messer an die Kehle, um auch sein Haupt ihr, als Vishnu’s gakti (98, 47) zu opfern, — da erschien ihm die Göttinn selbst, wehrte ihm ab, sprach ihm ihre Befriedigung über seinen festen Glauben an Hari aus und stellte ihm zwei Wahlgaben frei. Als erste vom 14. Januar 1869. 25 derselben wählte er sich denn festen Glauben an Hari in allen künftigen Geburten, und als zweite die Wiederbelebung der beiden Todten. Devi gewährte ihm huldvoll Beides und dazu noch einen Sohn, der ebenfalls Hari-gläubig sein werde; sie ge- bot ihm, vor sie hin zutreten, und einen Augenblick mit ge- schlossenen Augen fest zu stehen. Als er gehorchte, trat sie als Wishnu-cgakti mit allen Emblemen (Schwert, Lanze, Keule, Lotusblume etc. 58, 57) hervor, legte ihre Weisheit lehrende Hand auf sein Haupt und als er seine Augen öffnete, sah er Vater und Sohn wiederbelebt, sich selbst ohne Wunde’ wie zu- vor. Die Göttin aber war verschwunden. Vor Dhrishtabuddhi sich neigend, den Madana zärtlich umschlingend, gelobte er nochmals Treue dem Adhokshaja (58, 63) und ging dann freu- dig mit den Beiden zur Stadt. Bald holte er dahin auch seine beiden Eltern aus Candandvati (v.79) und regierte dann noch 300 Jahre lang in Kuntala; Vishayd gebar ihm den Makaradhvaja, und Campakamdlini den Helden Padmäksha. — Daran schliefst sich dann noch eine Verherrlichung der dem Vishnu geheiligten gäligrdmagilä'), durch deren Tragen als Kind schon Oandrahäsa gegen alle Gefahren gefeit ward (58, 81-98) ?) und zum Schlufs eine Lobpreisung der ebenfalls dem Vishnu geheiligten Tulasi- Pflanze (98, 100-101). In dieser Erzählung erscheinen zwei Momente vereinigt, die bei uns im Oceident einzeln stehen und selbständige Kno- tenpunkte für daran angeknüpfte Erzählungsgruppen geworden sind, einmal nämlich die Änderung eines Urias-Briefes ohne Wissen des Überbringers in sein Gegentheil, und zwar so, dafs ihm statt des Todes die Tochter des Absenders zu Theil wird, und. zweitens 'eine besondere Bewährung des Sprichwortes: 1) so hier durchweg in E.; während oben 50, 48 gälagrama, wie sonst gebräuchtich, und in A. auch hier durchweg steht. 2) Das Bhärata, Harivanca und das grimad-Bhägavatam soll man in der Nähe eines galigrama recitiren heilst es v. 96. Der ganz sekun- däre Charakter dieses Verses, der in A. fehlt (fol. o liegt wohl deutlich vor. 26 Gesammtsitzung „wer Andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“ (s. 58, 13), bei. welcher an Stelle eines dem Tode Zugesandten der Ver- folger selbst, oder doch ein demselben Nahestehender, ums Leben kommt. Was den ersten Punkt betrifft, so findet sich eine schla- gende Parallele zur obigen Darstellung in der mittelalterlichen Sage von der Geburt Kaiser Heinrich’s IIL.'), welche in den „Deutschen Sagen“ der Brüder Grimm (Berlin 1818 IL, 177 £f.) wie folgt lautet. „Kaiser Conrad der Franke?) liefs ein Gebot ausgehn: wer den Frieden bräche, dem sollte man das Haupt abschlagen. Das Gebot brach Graf Leopold von Calw, und da der König zu Land kam, entwich Graf Leopold in den Schwarzwald in eine öde Mühle, meinte da sich zu enthalten mit seiner Hausfrau, bis dafs ihm des Königs Huld wieder würde. Eines Mals ritt der König ungefähr in den Wald und vor dieselbe Mühle hin. Und da ihn Leopold hörte, furchte er, der König wolle ihn suchen, und floh in das Dickicht. Seine Hausfrau liefs er in der Mühle, die konnte nirgends hin; denn es war um die Zeit, dafs sie ein Kind gebären sollte. Als nun der König nah bei der Mühle war, und die Frau in ihren Nöthen hörte schreien, hiefs er nachsehen, was der Frauen gebräche. In den Dingen hörte der König eine Stimme, die sprach: „auf diese Stunde ist ein Kind hier geboren, das wird dein Tochtermann.*“ Conrad erschrak, denn er wulste anders nicht, denn dafs die Frau eine Bäuerin wäre; und dachte, wie er dem zuvorkommen möchte, dafs seine Tochter keinem Bauern zu Theil würde. Und schickte zwei seiner Diener in die Mühle, dafs sie das neugeborne Kind tödteten und zu dessen Sicher- heit ihm des Kindes Herz brächten; denn er müsse es haben zu einer Bufse. Die Diener mufsten dem Kaiser genug thun, fürchteten doch Gott, und wollten das Kind nicht tödten; denn es war gar ein hübsches Knäbelein, und legten’s auf einen Baum, darum, dafs etwer des Kindes inne würde. Dem Kaiser brachten sie eines Hasen Herz, das warf er den Hunden vor, und meinte damit zuvorgekommen zu seyn der Stimme der Weissagung. 1) 1059 — 1056. ?) 1024 — 1039. vom 14. Januar 1869. 27 "In den Weilen jagte Herzog Heinrich von Schwaben auf dem Wald, und fand das Kind mutterallein da liegen. Und sah, dafs es neugeboren war, und brachte es heimlich seiner Frauen, die war unfruchtbar, und bat sie, dafs sie sich des Kindes annähme, sich in ein Kindbett legte, und. das Kind wie ein ‘natürliches hätte; denn es sey ihnen von Gott geschickt worden. Die Herzogin that es gern und also ward das Kind getauft und ward Heinrich geheifsen; niemand aber hielt es anders als für einen Herzogen zu Schwaben. Und da das Kind also erwuchs, ward es König Conrad gesandt zu Hof. Der hiefs diesen Knaben öfter vor sich stehen, denn die andern Junker am Hofe, von seiner klugen Weisheit und Höflichkeit wegen. Nun geschah es, dafs dem Kaiser eine Verläumdung zu Ohren kam: der junge Herzog wäre nicht ein rechter Her- zog von Schwaben, sondern ein geraubt Kind. Da der Kaiser das vernahm, rechnete er seinem Alter nach, und kam ihm Furcht, es wäre derjenige, wovon die Stimme bei der Wald- mühle geredet hätte. Und wollte wiederum zuvorkommen, dafs es nicht seiner Tochter zu einem Mann würde. Da schrieb er einen Brief der Kaiserinn, in dem befahl er ihr, als lieb ihr Leib und Leben wäre, dafs sie den Zeiger dieses Briefes töd- ten hiefse. Den Brief befahl er beschlossen dem jungen Herrn an, dafs er ihn der Kaiserin einhändigte und niemand anderm. Der junge Heinrich verstand sich darunter nichts als Gutes, wollte die Botschaft vollenden, und kam unterwegens in eines gelehrten Wirthes Haus; dem vertraute er seine Tasche von Sicherheit wegen, worin der Brief und anders Ding lagen. Der Wirth kam über den Brief aus Fürwitz, und da wo er geschrie- ben fand, dafs die Kaiserinn ihn tödten sollte, schrieb er: „dafs die Kaiserinn dem jungen Herrn, Zeiger des Briefes, ihre Toch- ter gebe und zulegte unverzogentlich“; den Brief beschlofs er wieder mit dem Insiegel gar säuberlich ohne Fehl. Da nun der junge Herr der Kaiserinn den Brief zeigte, gab sie ihm die Tochter und legte sie ihm zu. Die Mären kamen aber bald vor den Kaiser. Da befand der Kaiser mit dem Herzogen von Schwaben und andern Rittern und Knechten, dafs der Jüngling war von Leopold’s Weib in der Mühle geboren, von dem die Stimme geweissagt hatte, und sprach: „nun merk ich wohl, 28 Gesammtsitzung dafs Gottes Ordnung niemand hintertreiben mag“, und förderte seinen Tochtermann zu dem Reich. Dieser König Heinrich baute und stiftete hernachmals Hirschau, das erste Kloster, an die Statt der Mühle, darin er geboren worden war.“ Dieses „wunderliche Märchen“ über Heinrichs III. Abkunft (s. Wattenbach deutsche Geschichtsquellen Berlin 1866 p. 428) stammt aus der Pantheon genannten allgemeinen Chronik des bis Ende des zwölften Jahrhunderts lebenden Gottfried von Viterbo, s. den Text bei Pistorius script. rer. Germ. II, 333-336 (Regensburg 1726) und bei Muratori script. rer. Ital. VII, 441-4. Auch in den um c. zwei Jahrhundert späteren Gesta Roma- norum') sowie in zahlreichen Chroniken findet es sich wieder ?), ist resp. in äufserst mannichfachen Variationen?) ein Gemein- gut der deutschen Märchen- und Sagen-Welt geworden *) und zwar dabei mehrfach in Verbindung getreten mit dem Märchen von den drei Haaren des Teufels (oder sonstigen Ungeheuers) und den an diesen zu richtenden Fragen’). In Bezug auf den zweiten Punkt, der für uns die dra- stische Gestaltung in Schiller’ s „Gang nach dem Eisenhammer* 1) „abgefafst um das Jahr 1340“, s. J. Dunlop history of fietion in Felix Liebrecht’s Übersetzung p. 199 (1851). 2) Die Gebrüder Grimm führen weiter noch an: Thomas Lirer Thl. 2, Crusius ann. suev. dodecas I, 198 — 9 (Frankfurt 1595), Et- terlin eydgen. Chronik p. 66—68, Becherer thüring. Chronik p. 199 (Mühlhausen 1601), Gerstenberger (f 1522) apuıd Schminke ana- lecta Hassiaca I, 90—94 (Cassel 1747). Zahlreiche weitere Angaben s. bei Massmann Kaiserchronik III, 1094 — 97. 3) Die Geburt des Kindes in der Mühle tritt dabei stets besonders hervor. Im Jaimini- Bhärata verdingt sich wenigstens die Amme zur Arbeit des Mahlens (s. oben p. 15). #4) s. Grimm K.M. I, 152 ff. III, 56, Pröhle Märchen für die Jugend Nr. 8, Asbjörnsen u. Moe Norske Folke Eventyr 3. Ausg. no. 5 (Deutsche Übers. von Bresemann Berlin 1847 I, 29 „der reiche Peter Krämer“), Meier Deutsche Volksmärchen aus Schwaben no. u Alfred Waldau böhmische Märchen p. 587, Grundtwig Gamle danske minder I, no. 214. 215. (Diese Parallelen wie überhaupt den Hinweis auf die Sage von Heinrich III. verdanke ich Hın. Ernst Kuhn.) 5) vgl. Benfey Pancatantra L, 395. vom 14. Januar 1869. 29 gefunden hat, ist: auf die zahlreichen Darstellungen der Art in den englischen Gesta' Romanorum, in altfranzösischen Fabliaux, in mittelhochdeutschen Texten'), in italienischen Novellen, in portugiesischen Erzählungen, sowie in deutschen Sagen etc. hin- zuweisen, welche auf Veranlassung der Schiller’schen Ballade in den betreffenden Werken verzeichnet sind?). Es ist resp. hier auch noch jene eigenthümliche Relation hinzuzufügen, die sich bei Weinhold Altnordisches Leben p. 95 aus den Forn- mannasögur 11, 430 mitgetheilt findet?). In fast allen diesen 1) z.B. in dem Gedicht „vom Nutzen der Messe“ von Heinrich dem Teichner (Handschrift des XIV. Jahrh.), s. Pfeiffer und v. d. Ha- gen in Germania (Jahrb. der Berl. Ges. für Deutsche Sprache) IX, 206 —12 (1850), wohl aus französischer Quelle („daz er liden solt den mort‘*). 2) s. Valentin Schmidt Taschenbuch Deutscher Romanzen (auch u. d. Titel: Balladen und Romanzen der Deutschen Dichter Bürger, Stoll- berg u. Schiller) p. 191—7 (Berlin 1827), Götzinger Deutsche Dichter erläutert I, 233 ff. (Zürich 1831), Hoffmeister Schiller’s Leben III, 322 (Stuttg. 1839), Stoeber oberrheinisch. Sagenbuch p. 561—4 (Strassburg . 1842), Saupe Göthe’s u. Schiller's Balladen und Romanzen p. 170 ff. (Leipzig 1853), Viehoff Schiller's Gedichte erläutert etc. III, 121 ff. (Stuttgart 1856), Kaufmann Quellenangaben zu Simrock’s Rheinsagen p- 152 (Köln 1862), so wie die Vorrede von E. v. Bülow’s Novellen- buch (Leipzig 1834), wo sich III, 242 ff. eine ital. Version der Geschichte aus den Hecatommithi des Cinthio aufgenommen findet. 3) „König Svein Ulfsson von Dänemark (1047—96) hatte vier ver- schiedene Werkstätten: Eisen-, Silber-, Gold- und Stein-Schmieden, in denen ausgezeichnete Meister safsen; begabte Lehrlinge gingen stufen- weise durch alle vier hindurch. So that Hakon Harekson, der unter dem Namen Vigfüs der nordische Fridolin ist. Er wurde, nachdem er in Dä- nemark ausgelernt hatte, vom König nach England geschickt. Der Kö- nig gab ihm unter anderm guten Rath auch den mit, keinem Rothen zu trauen und keine Messe vor dem Ende zu verlassen.“ (Ein neidischer College verläumdet ihn wegen Zauberkunst, fällt aber dann in seine eigne Falle.) — Da die Geschichte hier nach England verlegt wird, liegt die Annahme nicht fern, dafs sie von da, resp. etwa von den englischen Gesta Romanorum aus (s. Cap. 98 bei Graesse in seiner Übers. II, 243 Dresden 1842, sowie Swan’s Ausgabe I. p. cıv London 1824 und Douce Illustra- tions of Shakespeare II, 412 ff, London 1807), ihren Weg in die Forn- mannasögur gefunden hat. 30 Gesammtsitzung Erzählungen kehrt der kindlich-naive Zug wieder, dafs es die Frömmigkeit des dem Tode Geweihten ist, die ihn rettet, in- dem sie ihn zu einer Zögerung auf dem Wege behufs an- dächtigen Betens in einer Kirche veranlafst'). Auch im Jai- mini-Bharata spielt dieser Zug wie wir sahen, eine hervor- ragende Rolle, und wenn auch darin allerdings die Verzögerung der Ankunft des Candrahäsa nicht bei seiner zweiten hier zu- nächst in Betracht kommenden Sendung, vielmehr bei seiner ersten behufs Abgabe des Urias-Briefes durch diesen Grund speciell motivirt wird (s. oben p. 18), so wird ein Zusammen- hang hierbei doch schwerlich in Abrede zu stellen sein. Es erhebt sich nun die Frage, wo haben wir das Vaterland der beiden Erzählungen zu suchen, in Indien oder im Abend- land? Natürlich müssen wir sie in dieser Beziehung getrennt behandeln, da ihre Vereinigung im Jaimini- Bhäarata eine ganz zufällige sein kann. Denn wenn sie auch etwa möglicher Weise ganz ursprünglich auf ein und dasselbe Saamenkorn als ge- meinschaftliche Quelle zurückzuführen sein sollten, so sind sie eben doch in ihrer vorliegenden Form entschieden zwei ganz selbständige Gewächse, die je ihre eigene Geschichte haben, und die Frage nach jenem etwaigen gemeinsamen Ursprunge ist eine sozusagen sie noch nicht selbst betrefiende.. Man könnte nämlich wohl vermuthen, dafs beide Erzählungen nur verschiedene Variationen jener einen Grundidee sind, die uns schon aus alter Zeit in dem Urias-Briefe König Davids und in dem entsprechenden Schreiben, das Bellerophon dem lykischen König Jobates zu überbringen hatte, bekannt ist. Am besten wäre es wohl an Letzteres zu denken. Während näm- lich Urias bekanntlich wirklich das Leben verliert, kommt Bellerophon nicht nur mit dem Leben davon, sondern erhält auch, nach glücklich bestandenen Gefahren, des Jobates Tochter zur Gemahlinn, und damit liesse sich denn die erste unsrer Erzählungen ungezwungen vereinigen. Schwieriger freilich die 1) Dieser an den „Vitulus Flüggianus“ neuster Zeit erinnernde Zug war es gerade, der die Geschichte den Clerikern des Mittelalters, die ja hauptsächlich die Vermittler derartiger. Erzählungen waren, so werth machte und die weite Popularität derselben bewirkt hat, vom 14. Januar 1869. 51 zweite, bei welcher zudem jedenfalls die Bestrafung des Schul- digen als ein wesentlich neues Moment hinzutritt, und nur das Motiv der durch unbefangene Unschuld verdachtlos über- nommenen eigenen Todesbotschaft noch auf den Bellerophon-. Brief zurückzuführen sein würde. Wie dem also auch sein mag, die Fassung auch der ersten Erzählung in ihren beiden Formen, der indischen wie der deutschen, zeigt in dem Umstande, dafs durch Änderung des Briefes dessen Sinn in sein Gegentheil verkehrt, und dem Über- bringer statt des Todes direkt die Tochter des Ab- senders zu Theil wird, beide Male eine so specielle Färbung, dafs, mag sie auch ursprünglich etwa, was ja in beiden Fällen ganz denkbar wäre, mit der Bellerophon-Sage zusammen- hängen, dennoch nicht anzunehmen ist, dafs diese Entwick- lung. derselben an beiden Orten, in Indien, wie im Abendland, selbständig vor sich gegangen sei. Es mufs hierbei viel- mehr, aller sonstigen Analogie nach, eine Wandernng resp. Entlehnung von dem einen oder dem andern Punkte aus an- genommen werden; und es gilt nun ein Abwägen der beider- seitigen Ansprüche auf Originalität. In Europa ist die Sage verhältnifsmäfsig früh bezeugt, jedoch freilich erst aus einer Zeit, wo u. A. der Einflufs der Kreuzzüge schon manches orientalische Gut nach dem Abend- lande gebracht hatte. Auffällig bleibt jedenfalls, dafs darin der tapfere Kaiser Heinrich III schon wenig mehr als 100 Jahre nach seinem Tode als Gegenstand der Sage erscheint, und dafs die- selbe ihn nur als Tochtermann Kaiser Konrads feiert, während die Geschichte ihn doch als dessen leiblichen Sohn kennt'), Die um 1137 verfalste, dann bis 1146 fortgesetzte sogenannte Kaiserchronik in deutschen Reimzeilen, die an Sagen sonst so reich ist, weils von dieser Geschichte noch nichts (s. Mass- mann’s Ausgabe). Daraus möchte man fast schliefsen, sie sei eben erst zwischen 1137 und 1180 bis 1190, dem Todesjahr Gottfried’s von Viterbo, in Umlauf gekommen. Und zwar ver- muthet mein geehrter Freund R. Köpke, dessen freundlichen !) so z. B. auch Vincentius Bellovacensis (f 1264) im speculum historiale lib. XXV p. 1008 (Duaeci 1624). 32 Gesammtsitzung Rath ich in Anspruch nahm, darin geradezu einen Einflufs' des zweiten Kreuzzuges (1147-1149). Dafs Gottfriedvon Viterbo seinen vielfachen diplomatischen Reisen!) in Spanien, Südfrank- reich, Sieilien, Italien den legendarischen Stoff für seine Welt- chronik verdanke, ist wohl ohne Weiteres anzunehmen, so wie nicht minder, dafs darunter auch orientalische Stoffe gewesen sein mögen, und hat hierauf gerade neuerdings R. Ulmann in seiner Promotionsschrift über G. v. V. (Göttingen 1863) speciell hingewiesen, s. Wattenbach 1. c. p. 428°). — Von Bedeutung ist hierbei wohl auch noch der Umstand, dafs die in den Gesta Romanorum enthaltene Relation der Sage zwar im lateinischen Texte derselben (Cap. 20, ed. Keller p. 42, bei Graesse I, 44) auch von Kaiser Konrad, dagegen im mittelhochdeutschen Texte (Cap. 16, ed. Keller p. 59, Graesse II, 198) von einem König Hanibal oder Hanibubal erzählt wird, eine Spur, die denn doch direkt nach dem Orient zu leiten scheint. Nach Graesse (Gestall, 358) soll übrigens „dieselbe Geschichte“ sich nach Wharton hist. of engl. poetry I p. cL?) 1) Er war, s. Wattenbach 1. c. p. 426, Kaplan und Notar der Kai- ser Friedrich I. u. Heinrich VI. Von Geburt wahrscheinlich ein Sachse, in Bamberg gebildet, war er zuletzt Canonicus in Pisa, lebte resp. in seinem Alter in Viterbo, wo er anch, vermuthlich 1190, starb. — Sollte etwa das Kloster Hirschau, das er am Ende der Sage als durch deren Helden gestiftet erwähnt, mit der Entstehung derselben in Bezug zu brin- gen sein? auch da wäre ja ein gelehrter, vom Orient aus vermittelter Einflufs leicht denkbar. Gegen eine solche Vermuthung spricht indefs, dafs der gelehrte Tritheim (f 1516) Abt von Hirschau in seinem Chronie. Hirsaugiense I, 175 — 178 (St. Gallen 1690) sehr energisch gegen die ganze Erzählung als „huic nostrae compilationi de fundatione Hirsaugiensis monasterii (die er eben viel älter ansetzt) adversa“ polemisirt. Pistorius am a. O. bezeichnet sie ebenfalls als fabula, Becherer führt sie auf die „wel- schen Historici oder Fabulisten“ zurück, Gerstenberger dagegen auf „Meister Diderich “, die „Cronikavon Swoben“ und die „Croniken Hermann“, 2) „vgl. die Schrift von Ulmann, der auch den Einflufs der im 12. Jahrh. bekannt werdenden arabischen Erzählungen hervorhebt und bei Gotfried vermuthet.* (Die Ulmannsche Schrift selbst war mir nicht zu- gänglich.) 3) vol. HI p. xvır in der zweiten Ausgabe (London 1775, 3 voll). vor Fansar> 1869. 33 auch „als das Leben des H. Pabstes Pelagius') erzählt ‘finden in Caxton’s Golden Legend f. CCCLXXXXvI, Ss. a. Ja- cob de Voragine Legenda Aurea f. cccxv.“ Dies letztere Werk, dessen Abfassung wie die der Gesta Rom. dem dreizehn- ten Jahrhundert angehört (Jacobus T 1298), verdankt den Gesta Lombardorum des Paulus Diaconus (+ ce. 797) einen Theil seines Inhaltes, s. Dunlop in Liebrechts Übers. 'p. 305; und gerade in dem Cap. 181 „de S. Pelagio papa“ wird in der That auch (s. Liebrecht p.503) gleich im Eingange auf die- selben als Quelle hingewiesen). Wir würden somit hierdurch in eine weit frühere Zeit für unsere Erzählung zurück- geführt werden. Die Sache steht indefs denn doch wesentlich anders, als Graesse angiebt. Nur der $ 1 jenes Cap. nämlich handelt wirklich vom Pabst Pelagius und seiner Zeit, beruht resp. in letzterer Beziehung eben u. A. auch auf den Angaben Paul Warnefrieds.. Dagegen die folgenden $$ beziehen sich auf spätere Zeiten, $ 3. auf Pipin, Desiderius ete., $ 4. auf Carolus Magnus und seine Nachfolger, und in diesem $ 4 wird denn auch unsere Geschichte hier (p. 840. 841 bei Graesse) ganz in der Weise des Gottfried von Viterbo für das Jahr MXXV, resp. eben auch von Kaiser Heinrich III, nicht von Pabst Pelagius, erzählt. Es hat im Übrigen auch Paul Warne- fried im entsprechenden Abschnitt seines Werkes (I, 25-II, 3 ed. Lugd. Bat. 1595, Übers. von Otto Abel Berlin 1849) nichts der Art, erwähnt resp. den Pabst Pelagius überhaupt gar nicht. Bei näherem Hinblick reducirt sich denn auch die Angabe Graesse’s einfach nur auf ein Milsverständnifs seiner Quelle. Es heifst nämlich bei Wharton am a. O. ganz simpel: this story is told by Caxton in the Golden Legende, under the life (also nicht: als das Leben) of Pelagian the pope entitled: „here followeth the lyf of Saynt Pelagyen the pope with many other hystoryes and gestys of the Lombardes and of Macho- mete, with other cronycles“* (offenbar hat sich Caxton hier ganz genau an Jacobus de Voragine angeschlossen). 1) Pabst Pelagius T 560. ?) „in hystoria Longobardorum, quam Paulus Longobardorum hy- storiographus compilavit“, Leg. Aurea ed. Graesse p. 824 Leipzig 1843, [1869.] 3 34 Gesammtsitzung Auch die zweite Erzählung ist in oceidentalischen Quellen ziemlich früh, wenn auch erst vom dreizehnten Jahrhundert abwärts, bezeugt. Die eigenthümlich asketische Wendung, welche sie am Schlusse der altfranzösischen Redaktion ') nimmt, dafs nämlich nicht nur der Edelknabe selbst, durch die sicht- baren Zeichen der Gnade gerührt, der Welt entsagt und Ein- siedler wird, sondern ihm auch sein Freund der Königssohn und zuletzt der König selbst darin nachfolgt, ist zwar allerdings auch „jener Zeit gemäfs“ (Valentin Schmidt am a. O. p. 192), trägt indessen in dieser ihrer Übertreibung denn doch einen Zug, der lebhaft an Indien erinnert. Auch die sonderbare Prüfung des Athems des Königs?) durch „eing puceles, gen- tilz femmes, joenes et beles“, mit denen er „volt dognoier, por s’alaine fere essoier* °), weist auf die Haremsgewohnheiten des Orients, wie ja denn auch die Erzählung selbst dem ent- sprechend in der That nach „Egypte“ *) verlegt ist. Dafs resp. der unschuldige Knabe der Sohn eines Seneschalls des Königs, der ihm Nachstellende der Hofmeister des königlichen Prinzen ist, stimmt treflich zu der im Jaimini- Bhärata vorliegenden Stellung des Candrahäsa zu dem Kulinda-Fürsten als Vasallen und zu Dhrishtabuddhi als Minister des Kuntala-Königs°). Fragen wir nunmehr nach dem Alter dieser indischen Quelle, des Jaimini- Bhärata, so haben wir zunächst darauf, wie ja leider bei der indischen Literatur gewöhnlich, keine feste Antwort. Nach den Angaben Wilson’s (Mackenzie Coll. II, 2) stammt jene alte kanaresische Übersetzung, von der wir schon oben (p. 13), als jüngst in Indien selbst zum Abdruck gelangt, gesprochen haben, bereits aus dem Beginn des drei- 1) im Auszug bei Le Grand fabliaux ou contes du XII. et XIII. siecle V, 74 (Paris 1781); vollständig bei Me&on nouv. recueil des fa- bliaux II, 331 (Paris 1823) und danach bei C. v. Orell altfranzös. Gram- matik p. 361 (Zürich 1830). 2) Die vom üblen Athem desselben entnommene falsche ung findet sich auch im Dyalogus creatur. Cap. 120 wieder. 3) Meon p. 337. *) Meon p. 334. 5) Die Stellung des Letztern selbst freilich differirt, da er an dem Gange der Erzählung wesentlich unbetheiligt bleibt. vom 14. Januar 1869. 35 zehnten Jahrhunderts!). Die Richtigkeit dieser Angabe, die ich nicht zu kontrolliren im Stande bin, vorausgesetzt, würde das Original selbst somit natürlich als aus noch älterer Zeit stammend anzusehen sein, obschon ungewils bleibt, um ‚wie viel älter es anzusetzen wäre. Als eine etwaige Gesammt- recension des Mahd-Bhar. (was ja freilich aber eben auch noch zweifelhaft ist) würde das Werk ja ohnehin in der That wohl entschiedene Ansprüche auf Alterthümlichkeit machen können. Desgleichen spricht wohl auch der Umstand, dafs der Text des Werkes in zwei wo nicht mehr Recensionen vorliegt, in dieser Richtung. Endlich ist auch der ächt ritterliche Sinn, der durch die Erzählungeu von den Abenteuern des Opfer- rosses, resp. seiner Begleiter hindurchleuchtet, sowie der Mangel ‚an Anspielungen auf fremde Eroberer”) in gleichem Sinne zu verwerthen °). Andrerseits indessen ist zu bemerken theils, dafs das Werk in der sonstigen indischen Literatur bis jetzt 1) Translated by Lakshmiga Kavi, who was patronised by Vira Veläla Deva who reigned in the beginning of the 13th century at Dvära Samudra, then the capital of the Kanara country. — Es wäre dies also wohl Vira Ballala I, der nach Walter Elliot (s. Lassen Ind. Alt. IV, 133. 973) von 1189—1211 regierte? Es giebt aber aufser die- sem Vira-Balläla eben noch einen zweiten Fürsten dieses Namens, „den letzten Vertreter“ der Velläla-Dynastie, welche 1310' durch die Ein- nahme von Dvärasamudra durch die Moslims ihr Ende fand (Lassen ib. u. p. 134), der somit erst Anfang des vierzehnten Jahrh. regierte. - 2) Ich finde nur zwei specielle Beziehungen auf die Yavana resp. Mlecha. Die eine klingt eher anerkennend, somit alterthümlich, bezeichnet dieselben jedenfalls nicht als Eroberer des Landes, sondern tadelt nur ihre Nicht- achtung des Veda; in 27, 30 nämlich heifst es, dafs „die gruti zwar von den halbgeschornen Yavana, welche unter den Mlecha eine ehrenwerthe Stellung einnehmen, getadelt werde“ (Mlechapüjyair ar- dhamundair Yavanair düshyate grutih), deshalb aber doch nicht auch von den Brähmana im Stich zu lassen sei. — An der andern Stelle (17, 129. 131. 132) erscheinen Yavandk als eine Art Leibgarde des Oampako- Königs Hansadhvaja, nach Art der Yavani in den Dramen des Kdhdäsa. A. liest resp. das eine Mal hierbei: Javandh. 3) Charakteristisch für die Abfassungszeit ist u. A. wohl auch die Aufführung der beiden Juristen (ankha und Likhita als purohita eines Campaka-Königs 17, 147 ff.; so wie etwa die Verwendung des Wortes a“ 36 Gesammtsitzung nicht weiter ‘als erwähnt nachzuweisen ist!), theils dafs es, nach dem bereits im Eingang Bemerkten, eine ganz specifisch Krishnao-itische Färbung trägt, resp. speciell gerade auch jene verhältnifsmäfsig moderne Gestalt Krishna’s, in welcher er als dem Liebesspiel mit den Hirtinnen etc. ergeben erscheint, zum Gegenstande hat. Die Erwähnung des (Harivanga und des) grimad- Bhägavatam an der oben p. 25 angeführten Stelle (98, 96) würde die Abfassung des Werkes sogar sehr erheblich herab- drücker, da dieses Purdna ja gegenwärtig, in seiner vorliegenden Form wenigstens, als erst gegen Ende des dreizehnten Jahrh. von Vopadeva ‚abgefalst gilt: da indessen der betreffende Vers vermuthlich nur eine sekundäre Zuthat ist, so beweist er somit überhaupt nichts für die Abfassungszeit des Werkes’). Im mäsopaväsini in gutem Sinne (Il, 32. 22, 42). — Das Werk selbst prätendirt übrigens für seinen angeblichen Vf. Jaimini ein gar hohes Al- ter, Gleichzeitigkeit nämlich mit Janamejaya. 1) Sollte es etwa im Dekhan (wo ja z. B. die Geschichte des Candrahäsa offenbar auch spielt, s. oben p. 17 n.) entstanden sein und jene Existenz einer alten kanaresischen Übersetzung hiermit in Bezug stehen ? 2) Von Bedeutung hierfür wäre ferner auch die Angabe Wheeler's p. 405. 422, dafs darin für Manipura, die Stadt des Babhruvähana, „fireworks and especially fire-weapons placed in waggons, which were bound together by chains“ erwähnt seien, was er auf den Gebrauch von „artillery“ bezieht. Aber der Text (22, 95) des betreffenden Abschnit- tes hat hiervon nicht eine Silbe, ebensowenig wie von den Chandels (p. 404. 425), wie denn überhaupt die ganze Darstellung desselben bei Wheeler, resp. also in dessen Quelle, voll der willkürlichsten Zusätze ist, für die der Text gar keinen Anhalt bietet. — Seine kuriose Berechnung, dafs die betreffende Legende „appears to have originated at a period not later than the eleventh century“ (p. 422) beruht darauf, dafs dieselbe im Vishnu-Pur. (Wilson p. 460) erwähnt werde, welches im 10Oten, 11ten Jahrh. abgefafst sei (p. 149. 425). Da indessen das M. Bhär. selbst die- ‚selbe kennt (I, 7821 fi. XIV, 2302 ff.), so ist das Zeugnifs des Vishnu- Pur. ganz überflüssig. Es handelt sich übrigens dabei keineswegs etwa um das heutige ganz moderne Munnipur im oberen Birma, auf welches Wheeler wiederholt mit einiger Emphase hinweist (p. 149. 425), son- dern um ein in Kalinga gelegenes altes Manipura, von welchem jenes vielleicht den Namen, und möglicher Weise damit zugleich auch alte Legenden, die sich an dessen Geschichte knüpften, erhalten hat. vom 14. Januar 1869. 37 Übrigen ist neben der eigenthümlichen theils grotesk-erhabenen, theils sozusagen seelenbräutigamlichen Stellung Krishna’s‘) in sonderbarem Gemisch (vgl. Wheeler p. 392. 393) doch auch noch seine ältere Stellung .als rüstiger Krieger und Freund der Pändava genugsam betont”), um denn doch zu zeigen, dafs jene noch nicht ganz ausschliefslich zur Herrschaft gelangt war, wir somit noch nicht ganz an den Pforten des modernen Krishna-Dienstes angelangt sind. Auch die sehr häufige Er- wähnung seiner Mutter Devaki ist wohl ebenfalls noch als auf ‚ eine ältere Phase desselben hinweisend anzusehen. Wenn somit ein eigentliches Datum für die Abfassung des Werkes nicht recht zu gewinnen ist, so komplicirt sich die _ Entscheidung der vorliegenden Frage zunächst anscheinend ferner noch dadurch, dafs dasselbe in der That allerlei Mo- . mente enthält, welche ganz speciell auf occidentalische Ein- flüsse hinweisen und somit auch eine Entlehnung der in Rede stehenden Stoffe als im Bereich der Möglichkeit liegend hinzu- stellen scheinen. Einmal nämlich sind gerade auch unter den über Krishna berichteten Zügen mehrere, welche eine auffällige Ähnlichkeit zu christlichen Legendenstoffen zeigen, so°) die Angaben von seiner Wiederbelebung des todten Sohnes der Duhrala *) 61, 17., !) vgl. z.B. 11, 4 tväm eva khalu jänanti, svapatim na tathä hridi (Wheeler p. 387), und s. auch 44, 47, wo ein junges Weib liebkosend zu ihrem Gatten, der soeben Ärishna’s Anblick ihren Reizen noch vor- zuziehen erklärt hat, erwiedert: sa-Krishnä 'smi dhruvam nätha, ratikale hi pagyasi mallocanastham Krishnam, te moksham manye samägatam | ?) es hängt dies freilich mit dem Gegenstand der Darstellung selbst direkt zusammen, war durch ihn bedingt. Krishna erscheint resp. hier durchweg als bereits im vorgerückten Alter befindlich (vgl. 11, 132: shodara strisahasrani yena bhuktani bhütale 1 yüna purd, 'dya vrid- dhena bahuputrena kim phalam 11). 3) Das M. Bhär. hat von alledem nichts. Es erwähnt zwar die Episode mit der Duhralä (14, 2281) hat aber nichts von der Wieder- belebung ihres Sohnes. %) uttishtha bho vatsa bhayam mä krithä mama samnidhau | ty uktva pänind balam pasparga Madhusüdanah N ı7 Il utthitas tatkshanad eva pranandma harim mud&. 38 Gesammtsitzung — von seiner Speisuug ganzer muni-Schaaren durch ein einziges im Winkel des Topfes zurückgebliebenes Gemüseblatt ') 2, 66. 67, — von dem blutflüssigen Weibe, welches, Heilung suchend, seinen Füfsen naht?) 11, 86-90, — von seinem Liebesverhält- nifs zur buckligen Kubja 11, 136. 14, 27°)., womit offenbar die Bhägavata-Legende von seiner vorhergehenden Heilung der- selben und von seiner Salbung durch sie mit Saffran und Sandel-Öl*) (Wheeler p. 470. 471.475) gemeint ist, — von der Berührung seines Fufses als den Tod verscheuchend’°) 49, 45., — von seinem sofortigen zu Hülfe Kommen, sobald man nur irgend seiner flehend gedenkt®) 2,65. 66. 19, 35., — von dem Wunsche eines Frommen, nicht eher zu sterben bis er ihn gesehen habe?) 49, 8. 9., — von der sündetilgenden Kraft des Anblickes von Krishna’s Antlitz oder des Gedenkens an ihn oder blos des Nennens seines Namens, s. z. B. 2,33. 3,39. 6,46. 12,6. 8. 15, 94.100. 18,3. 40,38-43. 46, 60. Sodann aber sind unter den Abenteuern, welche das Opferrofs und seine Begleiter bestehen, resp. unter den Geschichten, die (wie die des Candrahdäsa) bei Gelegenheit derselben erzählt 1) sthälyäh kone 'varıshtam tu gäkapattram narädhipa 11 66 N bhuktva muniganäh sarve nitäs triptim kripalund \ 2) Die ganze Erzählung von dem Zuge Krishna’s von Dvärakä nach Haästinäpura (Wheeler p. 386 ff.) könnte wohl etwa als ein groteskes Schattenspiel von Christi Einzug in Jerusalem anzusehen sein. 3) Auch die spitzige Frage der Satyabhamä (62, 33) kacit präpta tvayd no va näri kubja 'tha vämand? spielt wohl hierauf an. *) s. meine Abh. über das Geburtsfest des Krishna p. 315n.1. 339, 10 (das an letzterer Stelle Gesagte ist nach Obigem zu berichtigen). Bemerkens- werth ist übrigens, dafs auch unter Buddha’s Anhängern ein buckliges Blumenmädchen Namens Khujjuttard eine erhebliche Rolle spielt, s. die Angaben im Comm. zum Dhammapada bei Fausböll p. 213. 168 ff. 177. 5) Krishnänghrispargato. nünam mrityur me 'dya paläyitah I 6) tadä me manasä dhydto dayäsindhur janärdanah II 65 II priydm ankagatdm tyaktv& väyuvegah samägatah | T) Gleiches gilt übrigens auch von Rama, s. meine Abh. über die Rama Tap. Up. p. 276, wo ich ferner auch an buddhistische Legenden der Art erinnert habe. vom 14. Januar 1869. 39 werden, einige an sonstige occidentalische Stoffe aus dem klassi- schen, biblischen Alterthum etc. erinnernd, so z. B. die Angabe, dafs Hari durch Berührung mit dem Fufs einen Stein in ein Weib verwandelt habe 16,6, resp. in umgekehrter Richtung die Erlösung der zur Strafe für ihre Widerspänstigkeit in Stein verwandelten Gattin des Uddälaka') 16, 89, — sodann die Ge- sehichte von dem in einen grofsen, mit kochendem Öl gefüllten Kessel (katdha) geworfenen Königssohn, der darin unverletzt blieb ?), weil er Krishna lobpries und um Hülfe anrief 17, 175 ff. — der Fluch der bei einem Waldteiche überraschten Umad, dafs Jeder, der fortab demselben nahe, zum Weib werde?) 21,58, — die Angaben über die eigenthümlichen Sitten im „Reiche der Frauen“ *) 21,83 ff., — die an Hiob’s Heimsuchung erinnern- den schweren Prüfungen des frommen Harigcandra’) 17, 155-6, 1) Es ist freilich sehr fraglich, ob man in diesen beiden Relationen noch einen schwachen Reflex der alten Pygmalion-Sage (Ovid Met. X, 243 ff.) erkennen darf! Eine ziemlich reine Form derselben liegt uns wohl in der Vasavadatts vor, s. Ind. Stud. 3, 345. Für das Weib des Uddälaka liefse sich übrigens auch an Loth’s Weib denken. 2) nach Art der drei Männer im feurigen Ofen und des heil. Lau- rentius auf dem Roste. Die Iuder haben übrigens aus dem Schmoren in Töpfen, resp. in mit siedendem Öl gefüllten dgl., eine besondere Hölle gemacht, und zwar finden sich die betreffenden Angaben bereits in Manu, Yajnavalkya, Mahä-Bhär., Pancatantra vor, s. Böhtlingk-Roth unter kum- bhipäka und taptakumbha. Bei den Buddhisten ist vipäaka, paccana „ge- schmort werden“ geradezu terminus technicus zur Bezeichnung der Höl- lenqualen, vgl. z. B. Fausböll schol. zum Dhammapadam 150, 8. 301, 4. 394, 24 und s. Köppen die Religion des Buddha I, 240. 241. 3) zu dieser Verwandlung s. Lane 1001 nights III, 163—4 (Lon- don 1840). | 4) Wheeler (p. 400) übersetzt geradezu: „country of the Amazons“, bezieht die Angaben seinerseits übrigens (p. 419. 420) auf die Nayrs in Malabar. Nach Lassen (Ind. Alt. I, 851) ist das strirdjya vielmehr in Tibet zu suchen; zu den angegebenen Beweisstellen dafür ist auch noch Varähamih. Brih. Samk. 14, 22 hinzufügen. 5) Kaupikäya dadau räjyam Harigcandro mahämatıh I kritau bharydsutau tena svasatyam pratipälitam U 155 II hantum priyam sthito raj& ramye Bhägirathitate I Varänasyädm putragäträn mritäd vastram jahära sah I 156 II 40 @esammtsitzung — das „Gelübde von der Schwertklinge“ asipattravratam 1,45, 53. 13,145. 29,48. 37,34 d.i. nach Wheeler p. 383. 390 „slee- ping every night for an entire year at the side of his wife with a naked sword between them !).“ | "Wenn hienach die Anwesenheit oceidentalischer Stoffe im Jaimini-Bhärata in der That wohl als verbürgt erscheint, so ist denn doch die Frage, um die es sich hier speciell handelt, ob nämlich auch die in Rede stehenden beiden Erzählungen vgl. Rückert in der Z. d. Deutschen Morg. Ges. XIII, 103 aus Mär- kand-Pur. 7.8. !) Die Erklärung, welche eine Randglosse zu 1, 45 giebt: darcanam sparfanam kridä gringäro guhyabhäshanam | mrishtännam priyam ekatra gayanam bhäryayäa saha | nirvikäram manah kuryäd, asipatravratam tv idam | hat von dem nackten Schwert nichts, betont vielmehr nur in mucker- artiger Weise, dafs der Geist des Betreffenden trotz alles Sinnenreizes sich unbewegt halten solle. Aber der Name der Pönitenz spricht aller- dings für die von Wheeler gegebene Auslegung. — Die heikele Situation selbst ist übrigens, jedoch eben mit Ausnahme der Verwendung des „naked sword“, resp. des Namens asipatrarrata, bereits aus dem Rofsopfer-Ritual des Yajurveda bekannt. — Über das occidentalische Vorkommen des blanken Schwertes in dieser Verwendung als ein Symbol der casti- tas und abstinentia s. die eddischen etc. Stellen bei J. Grimm Deutsche Rechtsalterthümer (Göttingen 1854) p. 168—170. Daselbst ist auch eine Stelle aus 1001 Nacht dafür angeführt, nämlich aus der Erzählung von Aladdin’s Wunderlampe bei Galland (6, 23. Paris 1806.; so auch in der deutschen Übersetzung von Habicht 7, 176 [Säbel zwischen sich Beide, zum Zeichen, dafs er damit bestraft zu werden verdiene, wofern er sich gegen ihre Ehre vergehen sollte] Breslau 1840, und bei Weil 8, 179 ff. Pforzheim 1842), und eine zweite Stelle der Art findet sich noch ebendaselbst in der Geschichte von Saif el Molük bei Lane III, 346. 382 (Aladdin’s Wunderlampe fehlt bei Lane, dessen Übersetzung ja überhaupt eine ganz eklektische ist, resp. nur etwa 500 Nächte umfafst). Hierauf allein indefs ist ein orientalischer Ursprung der Sitte schwerlich zu basiren. Nach Lane’s Ansicht, s. die preface zu seiner Übersetzung p. xıım und seine weitere Bemerkungen I, 307. 308. 423. II, 548. III, 740, ist ja nämlich die vorliegende Form der 1001 Nacht erst aus dem Anfang des 16ten Jahrh. (soon after the conquest of Egypt by the Osmanli Turks, 1517) stammend! vom 14. Januar 1869. 41 oceidentalischen Ursprunges seien, damit noch keineswegs er- ledigt. In so weit zwar, als dieselben etwa ursprünglich auf den Urias- resp. den Bellerophon-Brief zurückgehen, würden allerdings auch sie mit den soeben angeführten Einzelheiten gleichmäfsig rangiren. Anders stellt sich aber die Frage, wenn wir ihre vorliegende Form ins Auge fassen. Für alle die obigen Stoffe nämlich läfst sich ja ihre Aneignung resp. Ein- wanderung nach Indien als bereits in ziemlich früher, wenig- stens weit über Gottfried v. Viterbo und die Gesta Romanorum hinausgehender Zeit erfolgt ansetzen. Was resp. zunächst die christlichen Stoffe betrifft, so ist ja auf Grund der neuerdings bei Gelegenheit meiner Untersuchung über Krishna’s Geburtsfest gefundenen Resultate die Möglichkeit einer bereits in die er- sten Jahrhunderte u. Z. reichenden Aneignung nicht in Ab- rede zu stellen. In Bezug auf die nicht-christlichen Stoffe aber ist ja noch ein weit früherer Terminus a quo anzusetzen, da wir z.B. aus den Untersuchungen über den Zusammenhang indischer Fabelu mit griechischen!) wissen, dafs, hauptsächlich wohl durch die in Folge von Alexanders des Grossen Zug er- öffneten lebhaften Beziehungen Indiens zum Abendland, aller- hand äsopische Stoffe vielfach ihren Weg nach Indien, beson- ders in buddhistische Kreise, gefunden haben, von wo sie dann umgekehrt, in neue Form gegossen, in späterer Zeit wieder nach dem Occident zurück gewandert sind. Und hiermit ist uns denn wohl auch der Weg zur Entscheidung der in Rede stehenden Frage direkt gewiesen. Ganz in gleicher Weise nämlich, wie bei den Fabeln, läflst sich auch für unsern Fall hier die Möglichkeit wohl denken, dafs sei es der Uriasbrief, sei es die noch besser passende Sage von dem Bellerophon- Briefe schon in alter Zeit ihren Weg nach Indien fand, hier in die vorliegende Form, zunächst der ersten unsrer beiden obigen Erzählungen, umgemodelt ward und dann zurück wanderte. Denn wenn auch der Umstand, dafs sich im Jaimini-Bhärata auch sonstige occidentalische Stoffe verwerthet finden, auch für sie a priori wohl die Vermuthung eines gleichen Ursprungs an 1) s. Ind. Stud. 8, 327 £. 42 Gesammtsitzung die Hand geben könn te, so stellt sich dem doch theils die Un- gewifsheit darüber entgegen, ob jene älteste oceidentalische Quelle, in der uns dieselbe entgegentritt, Gottfried von Viterbo also, wirklich älter ist als das Jaimini-Bharata, was im Hin- blick auf das Bisherige, insbesondere auf die Angaben über das Alter der kanaresischen Übersetzung dieses Werkes denn doch zum Mindesten als äufserst fraglich erscheint, theils aber, und nicht minder, auch der Umstand, dafs ja auch umgekehrt (s. oben p- 32) jene älteste occidentalische Quelle ihrerseits wieder in ganz analoger Weise mit orientalischen Stoffen in Bezug zu stehen scheint, wie wir dies nur irgend für das Jaimini- Bhärata in Bezug auf oceidentalische Stoffe anzunehmen im Stande sind. Wenn sich nun nach dem Bisherigen allein eine feste Ent- scheidung in dieser Beziehung noch nicht recht gewinnen läfst, so ist doch nunmehr noch eines andern Umstandes zu gedenken, der in der That wohl allen Zweifel benimmt. Es giebt näm- lich in Indien noch einen zweiten Bericht von der unter- wegs ohne Wissen des Trägers erfolgten Änderung eines Uriasbriefes'), mit welchem sich Gottfried von Viterbo an Alter in keiner Weise messen kann. Und zwar ist es, wie bei den aesopischen Fabeln, auch hier eine buddhistische Legende, welche hierfür eintritt”). James d’Alwis nämlich, der gelehrte Singhalese, führt (s. Zeitsch. der D. M. Ges. 19, 663) in seiner Introduction to Kaccayana’s grammar (Colombo 1863) p. 101 aus der Atthakathä, d. i. doch wohl aus dem zu Anfang des fünften Jahrh. verfafsten Commentar Buddhaghosa’s, zum 8) Der Uriasbrief allein findet sich auch im Kathäsaritsägara 5,65 ff.; daselbst ist es aber die Klugheit des Überbringers, welche die Ausführung des Befehls vereitelt, indem er dem Empfänger desselben Angst macht wegen der Folgen, die sein Tod haben würde. 9) Eine unterwegs durch ein Weib, aber in böser Absicht vorge- nommene Briefverwechselung findet sich auch bei den Tataren (Kat- schinzen und Kirgisen), s. W. Radloff Proben der Volksliteratur der türkischen Stämme Südsibiriens 2, 563 ff. (Petersb. 1868) und Schiefner im Vorwort p.X. Hier könnte allenfalls auch buddhistischer Einflufs mitwirkend gewesen sein. vom 14. Januar 1869. 45 Dhammapadam') eine Legende von einem Kaufmann aus Kau- gdmbi an, welcher, unter verschiedenen Versuchen, seinen natür- _ lichen Sohn @hosika, auf den er einen Hals geworfen, aus dem Wege zu räumen, auch zu dem Mittel schreitet, ihn an seinen Aufseher über 100 grama mit einem Briefe zu senden des In- halts, dafs derselbe ihn tödten und in eine Grube werfen solle. Der junge Mensch übernachtet unterwegs und die Tochter seiner Wirthsleute zerstört den Brief, den sie aus Neugier geöffnet hat, und schreibt einen andern, über dessen Inhalt leider nichts angegeben wird’). Wenn nun auch aus der Dürftigkeit dieser Notiz nicht erhellt, ob die Änderung des Briefes etwa gar auch bereits in der Weise stattfindet, dafs der unschuldige Träger seiner eignen Todesbotschaft statt des Todes ein Mädchen zur Frau gewinnt, wenn ferner auch die Verhältnisse im Übrigen erheblich differiren, so ist es doch wenigstens theils auch ‘ 2) in Fausböll’s Auszügen daraus in seiner Ausgabe des Dhamma- padam findet sich nichts Entsprechendes vor. 2) Die Stelle lautet in wörtlicher Übersetzung bei d’ Alwis, wie folgt: „Such: being the case, the Setthi could not see him full (in the face). Pondering how he might cause his death and divising a means, viz. „that he would kill him by sending him to the superintendent of his Hundred estates“, he wrote to him a leaf as follows: „Ihis is my unfortunate son. Kill him and put him into the cess-pool. When that shall have been af- fected, I shall know how to recompense my Unele“ [a term of respect even to an underling], and said „Son @hosika, there is a Superintendant in our Hundred estates; take this letter and give it to him.“ So saying he tied_the letter to the end of his (son’s) garments. He was illiterate..... [The story then proceeds to narrate, that Ghosika, on his way to the Estates, took lodgings at the house of another Setthi; and that his daughter, who heard that the stranger had something tied to his garments], thinking what it could be, came down whilst Ghosika was asleep, and unperceived by her parents, who were elsewhere engaged. Having un- tied (the knot) and secured the leaf, she entered her own room; where, after closing the door, and opening the window, she, who was clever in letters, read the epistle. [That done]she exclaimed „Alas! this blind idiot goes about with his own death warrant tied to his garments. If it had not been seen by me, he would (surely) forfeit his life.“ So saying, she destroyed that letter, and substituted (wrote) another, as if it had come from the Setthi [lit. in the language of the Setthi].* 44 Gesammtsitzung hier wie im Jaimini-Bhärata eben ein Mädchen, die den Brief ändert, theils ist die Form, welche die alte Urias-, resp. Belle- rophon-Sage hier bereits gewonnen hat, sich so entschieden als eine Mittelstufe zu der in Rede stehenden indischen wie occidentalischen Form der Erzählung dokumentirend, dafs eine Verkennung dieser Stellung in der That nicht gut als möglich erscheint. u. Was nun ferner die zweite unsrer beiden obigen Erzäh- lungen anbelangt, so steht in Bezug auf sie die Frage nach dem orientalischen oder occidentalischen Ursprung ihrer vorliegenden Form schon von vorn herein in so fern entschieden zu Gunsten des ersteren, als ja doch das Jaimini-Bhärata in der That wohl ziemlich sichere Ansprüche darauf hat in eine ältere Zeit hinaufzureichen, als die ältesten occidentalischen Quellen, die wir für dieselbe kennen, die altfranzösischen Fabliaux nämlich und die Gesta Romanorum. Wenn dies nicht der Fall wäre, so würde allerdings die im Jaimini- Bhärata hierbei (s. oben p- 24) sich direkt findende Verwerthung des alten biblischen Sprüchworts!) „wer Andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, welche unmittelbar auf occidentalische Beziehungen, nach Art der früher besprochenen, hinweist, auch für die Erzählung selbst eine dgl. Herkunft in der That zunächst als wahrschein- lich erscheinen lassen. Ferner ist allerdings zu bemerken, dafs bei fast allen occidentalischen Formen der Erzählung denn doch einige sehr erhebliche Differenzen von der Darstellung des Jaimini-Bhärata vorliegen. Zunächst nämlich darin, dafs sie durchweg auf Verläumdung eines Unschuldigen, meist wegen sträflicher Absichten auf die Gattinn des Auftraggebers, basiren; 1) s. Psalm 7, 16. 9, 16. 35, 8. Sprüche Sal. 26, 27. Pred. Sal. 10, 8. Sir. 27, 28. Auch die Araber kennen dies Sprüchwort und ha- ben dafür eine Legende, wonach Mohammed’s Onkel Abu.Leheb in einer demselben direkt entsprechenden Weise anstatt Mohammeds, dem er nach- stellt, sein Leben verlor, s. Kaufmann am a. OÖ. p. 153. — Curios ist übrigens, dafs noch ein anderes biblisches Sprüchwort: „was der Mensch säet, das wird er erndten“ (Gal. 6, 7. Hiob 4, 8. Sprüche 22, 8) sich im Jaim.-Bhär. verwendet findet; s. 89, 25 yena yad vapitam vijam tat phalam tena bhujyate. Ein „Gemeinplatz“ freilich! vom 14. Januar 1869. 45 — sodann darinn, dals sie den Verläumder selbst, nicht eine dritte, dem Auftraggeber nahe stehende Person um’s Leben kommen lassen; — endlich darin, dafs der Schuldige fast stets durch Feuer, sei es das Waldfeuer eines Försters (Fabliau bei Viehoff p. 122. 123), oder das eines Kalkofens, einer Ziegel- brennerei, einer Schmiede resp. eines Eisenhammers sein Leben verliert). In diesen drei Punkten würde somit wohl eine selbständige Wendung der Erzählung auf oceidentalischem Boden anzunehmen sein, selbst wenn man dieselbe im Übrigen als auf der Darstellung des Jaimini-Bharata als ihrer Grundform beruhend ansetzt. Man hüte sich indefs auch in dieser Beziehung zu rasch vorzugehen. Es frägt sich ja nämlich zunächst doch erst noch, ob nicht etwa auch hier, ebenso wie wir dies so- eben für die erste unsrer beiden Erzählungen gefunden haben, noch eine andre orientalische: Quelle nachweisbar ist, die resp. dann ja auch eben an jenen Differenzen ihren direkten Antheil haben könnte. Und in der That eine solche andere Quelle liegt 'für.'sie wirklich auch bereits vor. Schon Val. Schmidt (am a. O. p. 197) nämlich hat mit dem Gange nach dem Eisen- hammer die Geschichte von Ahmed dem Waisenknaben ver- glichen?),; die sich im Eingang des arabischen Romans „von den sieben Vezieren“ findet, welchen F. Scott aus einem ben- 1) s..noch Gödeke in Benfey’s Orient & Occident III, 190. Nur in dem dyalogus creaturarum Cap. 120 (Ausgabe von 1480), wo die Er- zählung- übrigens etwas anders gewendet ist (s. Val. Schmidt am a. O. p- 195), geschieht dies durch Ertränken im Meere, und in den Hecatom- ınithi des Cinthio (VIII, 6) durch Hineinwerfen in einen Löwenzwinger. 2) Es hatte resp. schon Douce am a. O. vermuthet, „that this story (die entsprechende Relation nämlich in den Gesta Romanorum) may have come‘ from the East.“ — Ahmed, ein vom Sultan aufgenommener Waisen- knabe, wird von dessen Favoritinn, die er mit einem. Sklaven. buhlend überrascht hat, aus Furcht er werde dies anzeigen, angeklagt, er habe ihr Gewalt anthun wollen. Der Sultan befiehlt einem Diener, an einem. bestimmten Orte zu warten, bis Jemand mit den Worten komme: „erfülle die. Befehle des Sultans“: dem solle er das Haupt abschlagen: und dieses in einem Korbe dem zweiten Boten übergeben, der ihn nach der Erfül- lung dieser Befehle fragen werde. Ahmed, vom Sultan mit der ersten Botschaft abgesandt, trifft unterwegs den Liebhaber der Favoritinn, der 46 Gesammtsitzung galischen Bruchstück der 1001 Nacht in seinen „Tales, anec- dotes and letters translated from the Arabic and Persian“ (Shrewsbury 1800 p. 53ff.) übersetzt hat'); s. hierüber noch Loiseleur Deslongehamps essai sur les fables indiennes (Paris 1838) p. 132ff., Keller li Romans des sept sages (Tübingen 1838) Einl. p. v1. cxxxıff. und seine Einl. zu Hans von Bühel’s Kaiser Dyocletian (Quedl. 1841) p. 9. 10. 44. 45., Gö- deke in Benfey’s Orient u. Occ. IH, 191. Dieser arabische Roman nun, der sich als „une imitation ou comme une redaction du Livre de Sendabad“*, unsrer „sieben weisen Meister“ resp., ergiebt, somit direkt auf Indien als seine Quelle?) zurück weist, kennt denn zum Wenigsten auch bereits jenes in den occiden- talischen Formen der Erzählung durchweg wiederkehrende Motiv der Verläumdung; und wenn ferner auch darin zunächst nicht der Verläumder selbst an Stelle des zum Tode Gesandten um’s Leben kommt, sondern eine dem Verläumder nahestehende Per- son, so ist doch theils auch dies bereits eine Annäherung an die oceidentalische Form der Geschichte, theils erhält ja faktisch schliefslich doch auch Jener (dieFavoritinn resp.) seinen Lohn. Es liegt aber endlich auch noch eine dritte orientalische, resp. indische Recension vor, in der denn auch der Tod durch Feuer, der dritte Differenzpunkt also der occidentalischen Darstellungen von der des Jaimini-Bhärata, bereits mit der Er- zählung verflochten ist. Auch auf sie ist schon mehrfach hin- gewiesen worden, so von Fel. Liebrecht in seiner Über- setzung (Berlin 1851) von Dunlop’s history of fietion p. 486-7 (213), v. d. Hagen in der Germania 9, 206 (1850), und von Benfey Pancatantra I, 321. Es ist dies nämlich jene in Somadeva’s Ka- ihn aufhält, um ihn bei dem Sultan wegen Saumseligkeit in Ungnade zu bringen, und ihn auffordert, mit ihm und seinen Kameraden zu trinken. Ahmed lehnt ab, weil er erst einen Auftrag des Sultans zu erfüllen habe. "Da erbietet sich Jener, denselben auszuführen und findet se seinen Tod dnrch’s Schwert. (So nach Loiseleur Deslongehamps.) !) ich habe dies Werk, ebenso wie das von Douce, leider nicht einsehen können, da sie sich auf der hies. Kön. Bibl. nicht zu befinden scheinen. 2) durch das Medium des Pehlevi, Deri, Neupersischen, s. Morley bei Lane 1001 nights III, 741, und Gödeke 1. c. III, 385 ft. vom 14. Januar 1869. 47 thäsaritsägara 20, 194 ff. (auf p. 107 der dem Texte beigefügten Brockhausschen Übersetzung, Leipzig 1839) sich findende Er- zählung von der Königinn Kuvalaydvali, welche, wenn auch etwas anders gewendet‘), doch im Verein mit dem unmittelbar vor- hergehenden Abschnitt 20, 118ff. (p. 104 der Übersetzung), der das hier sonst fehlende Motiv der Verläumdung hinzufügt?), als die Grundlage der von Scott übersetzten Form der Erzählung erscheint und zwar eben so, dafs hiebei der an die Stelle des zum Tode Ersehenen Tretende durch Feuer sein Ende findet. Die wesentlichen Differenzen, die sich nun hierbei zu der obigen Darstellung des Jaimini-Bhärata ergeben, weisen darauf hin, dafs der Gegenstand der Erzählung, als deren Kernpunkt unstreitig die Rettung eines Unschuldigen, unbewufst seine eigne Todesbotschaft Tragenden ?®), resp. seine Stellvertretung entweder durch eine dem Absender nahe stehende Person oder durch den verläumderischen Ankläger selbst sich ergiebt, auch in Indien ein sehr populärer war, der mannichfache Dar- 1) Die Königinn Kuvalaydvali überredet ihren Gemahl Adityaprabha behufs eines zur Erlangung hoher Macht erforderlichen Menschenopfers den an seinem Hofe weilenden Brähmanen Phalabhüti preiszugeben. Er sendet ihn daher dem vorher darüber instruirten Koch zu, damit der- selbe ihn tödte und aus seinem Fleisch ein süfses Gericht bereite. Statt des Phalabhüti fällt aber des königlichen Paares eigner Sohn dem Mes- ser des Koches zum Opfer, da er den dem Phalabhüti gewordenen Auf- trag ausrichtet, während dieser auf seine Bitte für ihn eine anderweitige Besorgung absolvirt. — In der Zusendung an den Koch liegt implicite der Hinweis darauf, dafs der Knabe im Feuer des Ofens umkommt, 2) Die Königinn Äuvalayavali ist hier nicht selbst handelnd; sie erzählt nur die betreffende Geschichte, wie nämlich ihre eigne Lehrerin in der Zauberkunst, die Brähmaninn Äälarätri, dereinst fälschlich einen Schüler ihres Gemahls, den schönen Sundaraka, der ihre Anträge abge- wiesen, angeklagt habe, dafs er sie habe entehren wollen. Der Verlauf dieser Erzählung gehört nicht weiter her. — Nach Benfey Orient & Oe- eident III, 177 und Goedeke ibid. 390 — 2 wäre für alle die Erzählun- gen, wo eine buhlerische Stiefmutter ihrem keuschen Stiefsohn nachstellt, das Vorbild in der buddhistischen Legende von der Tishyarakshitä, der Gemahlin König Agoka's, und ihrem Stiefsohn Kundla zu suchen. ?) soweit stimmt sie zur ersten unsrer beiden hiesigen Erzählungen, 48 Gesammtsitzung stellungen gefunden hat. Und zwar aller Vermuthung nach auch noch andere und ältere, als diejenigen, welche wir nunmehr bereits nachzuweisen im Stande sind!). Der Kathäsarit- sägara beruht ja nämlich seinem wesentlichen Inhalte nach auf der in einem Volksdialekt abgefalsten Vrihatkathä des Gunddhya, der seinerseits bereits von Dandin, Subandhu und Bäna im Gten, Tten Jahrhundert erwähnt, resp. verherrlicht wird ?). Zwar läfst sich nun leider nicht nachweisen, ob ein von Somadeva behandelter Gegenstand bereits auch von Gunädhya behandelt war. Indessen im Allgemeinen besteht hierfür denn doch eine gewisse Praesumtion, und haben wir somit jedenfalls wenig- stens einigen Grund zu der Vermuthung, dafs irgend welche Form unsrer Erzählung bereits im '6ten, 7ten Jahrh. in Indien gäng und gäbe war. Leicht möglich, dafs auch hier ein bud- dhistischer Stoff vorliegt, und dafs in Kurzem mal aus den reichen, unerforschten Schätzen legendarischer Art, welche die buddhistische Literatur bietet, ähnlich wie oben für die Ände- rung des Urias-Briefes, so auch für „den Gang nach dem Eisen- hammer“ ein von dem milden Glanze buddhistischer Ethik und Humanität bestrahltes Original uns kund wird ?). Um Mifsverständnissen zuvorzukommen, bemerke ich hier noch, dafs sich meine Bem, oben p. 16 n. nicht etwa gegen die Zusammengehörig- keit des arab. jullanär flos mali punicae mit dem pers. gulnar richtet, - sondern sich nur auf das an der betreffenden Stelle vorliegende n. propr. der „Jullanar of the sea“ bezieht, das ich aus einem nach Hemac. 1355 vorauszusetzenden skr. jalanarı, mermaid, (vgl. jalanara, jalamänusha, jalapürusha, jalaräkshasi) herleite, und das seine Gleichlautigkeit mit je- nem Worte wohl eben einfach nur dem Streben der „Volksetymolögie“ nach : Anlehnung an bekannte Wörter verdankt. 1) Hierfür spricht auch wohl, dafs die occidentalischen Formen der Erzählung zu keiner der drei indischen Formen genau stimmen, dagegen zu jeder einen besonderen Bezug zeigen. So findet sich die Frömmig- keit des zum Tode Bestimmten speciell nur im Jaimini-Bhär., seine Ver- läumdung wegen Buhlschaft nur in den sieben Vezieren, der Tod des an seine Stelle Tretenden durch Feuer endlich nur im Äathäsaritsägara vor. 2) s. meine Indischen Streifen p. 314. 357. 381. ®) vgl. Benfey’s Vermuthung oben p. 47 n.3. vom 14. Januar 1869. 49 Hr. Borchardt legte aus einer vom 4ten Januar datirten und ihm zur Veröffentlichung im Journal für die reine und an- gewandte Mathematik von Hrn. Lipschitz in Bonn zugesand- ten Abhandlung Untersuchungen in Betreff der ganzen homogenen Functionen von r Differentialen folgenden Auszug vor'): Eine Function von den n independenten Variabeln x,, &2,_ ...%, und deren ersten Differentialen da, , daz,,... da, welche die independenten Variabeln in beliebiger Weise enthält, in Bezug auf die Differentiale aber rational, ganz, homogen und vom pten Grade ist, kann aufgefalst werden als eine al- gebraische Form des pten Grades von den n Differentialen dtı, dtz,... dx,, deren Üoefficienten von den Variabeln x,, %g,...%, abhängen. Eine solche Form /(dx) geht durch die Einführung eines beliebigen Systems von independenten neuen Variabeln y,,%Y3, ...Y, in eine Form g(dy) von entsprechen- den Eigenschaften über. Demgemäfs darf man zwei gegebene Formen f(dx) und g(dy) als zu derselben Classe oder zu ver- schiedenen Classen gehörig betrachten, je nachdem die eine in die andere in der angegebenen Weise transformirt werden kann oder nicht, und in dem entsprechenden Sinne auch die übrigen Grundbegriffe ausdehnen, die in der Theorie der Transforma- tion der homogenen ganzen Functionen ausgebildet sind. Un- ter den Formen /(dx) nehmen diejenigen Formen eine ausge- zeichnete Stellung ein, deren Coefficienten von den Variabeln %4, wo der Zeiger a von 1 bis n läuft, unabhängig oder, kür- zer, constant sind. Jede Form von dieser besonderen Beschaf- fenheit hat nämlich die Eigenschaft, durch eine Substitution, bei welcher die neuen Variabeln lineare Functionen der ur- sprünglichen Variabeln sind, in eine Form von derselben Be- schaffenheit verwandelt zu werden, und dadurch kommt die bis- her entwickelte Theorie der Transformation der homogenen !) Die von mir in der vorigen Sitzung vorgelegten Untersuchungen des Hrn. Christoffel und die hier folgenden des Hrn. Lipschitz, welche sich beide mit derselben Gattung von Problemen, wenn auch in verschiedenem Grade der Allgemeinheit, beschäftigen, sind gleichzeitig und unabhängig von einander angestellt worden. [1869.] 4 se Gesammtsitzung ganzen Functionen durch lineare Substitutionen unmittelbar zur Anwendung. Ich habe nun gesucht, die Bedingungen zu er- mitteln, welche darüber entscheiden, ob eine gegebene Form von n Differentialen, deren Coefficienten von den Variabeln ab- hängen, in eine Form mit constanten Coefficienten transformirt werden könne, oder nicht, und theile die hauptsächlichsten Re- sultate dieser Arbeit gegenwärtig mit. Wenn der Grad der gegebenen Form ‚f(dx) der erste ist, so bemerkt man, dafs eine Form mit constanten Coefficienten gleich dem Differential einer linearen Function der Variabeln ist. Die aufgestellte Frage wird daher durch die Bedingungen der Integrabilität beantwortet, welche man wie folgt zusammen- fassen kann. Es sei die Form des ersten Grades (da) =a,de, +a,da, +... + 0a,de, und durch Verwandlung des Zeichens d in ö bei den Differen- tialen gehe /(dx) in f(x) über. Dann hat die in Bezug auf die Grössensysteme dx, und ö«x, bilineare Form f) Ag 0a In dm wo die Zeiger a und b beide von 1 bis n gehen, die Eigen- schaft, bei einer Substitution neuer Variabeln sich mit f(d.) so zu ändern, dafs die Beziehung zu dieser Form ungeändert bleibt, und wird dadurch das Analogon einer Covariante. Diese bilineare Form verschwindet ferner dann und nur dann, wenn die Form (ds) in eine Form mit constanten :. CnalBeiepupn Sfldx) — df(öx) = ) dzuöar ; transformirt werden kann. Wenn der Grad p der gegebenen Form /(dx) die Einheit übertrifft, so mache ich die Einschränkung, dafs die Determi- nante A, deren Elemente die zweiten partiellen Differentialquo- Ay tienten Ar m n sind, nicht identisch verschwinde, und lafse die Voraussetzung, dafs die Coefficienten der Form f(dx) nach den Variabeln x, partiell differentiirt werden können, die auch in dem Falle p=1 stillschweigend galt, bestehn. In dem Falle »Z2 hängt das Wesen der Form f(dx) sehr genau mit einem Problem der Variationsrechnung zusammen. Dieses Problem vom 14. Januar 1869. 51 verlangt, diejenige Abhängigkeit der n Variabeln x, von einer independenten Variable t anzugeben, bei welcher die erste Varia- tion des zwischen festen Grenzen genommenen Integrals Ire)dt | verschwindet. Hier ist die Differentiation nach der Variable t in der Weise von Lagrange notirt, und die Substitution der Grössen x, statt der Grössen dx, in die Form f(dx) mit dem Zeichen f(x’) angedeutet, wie es auch später in ähnlichen Fäl- len geschehen soll. Es ist bekannt, dafs das in Rede stehende Problem der Variationsrechnung, wenn man die Bezeichnung ‘ 2 er 9x fa) aa. Od anwendet, auf die Integration des Systems von Differential- gleichungen Fa ==. 0 führt, und man kann sich dasselbe in der Weise vollständig integrirt denken, dafs für einen bestimmten Werth ? = t, die Grössen x, und x, beziehungsweise den Integrationsconstanten x,(0) und x,(0) gleich werden. Wofern nun eine solche Inte gration dieses Systems von isoperimetrischen Gleichungen vor- liegt, so kann die in Bezug auf die Form (dx) aufgeworfene Frage durch die That entschieden werden. Es haben nämlich die durch die bezeichnete Integration erhaltenen Ausdrücke x, die Eigenschaft, reine Functionen der » Grössen &,(0) und der n Grössen (t — t,)x,(0) zu werden. Wenn man jetzt die Grös- sen 2,(0) als constant, die Grössen (t—t,)x,(0) aber als va- riabel betrachtet, und dieselben als neue Variabele in die Func- tion f(dx) einführt, so dafs die Gleichung /6s) = 9($(t—1,)e’(0)) entsteht, dann wird die rechte Seite derselben immer eine Form mit constanten Coefficienten, wofern f($x) in eine Form mit constanten Coefficienten transformirt werden kann. Die Form 984 — t0) %(0)) geht aber aus der Form f(öx) dadurch her- 4* 52 Gesammtsitzung vor, dafs man die Differentiale dx, = d(t—t,)x;(0), und in den Coefficienten der Form f(82) 2. = 2, (0) setzt. Sobald der Grad p der gegebenen Form f(dx) gleich zwei ist, habe ich aufser dem so eben entwickelten indirecten Cri- terium ein directes Criterium gefunden, welches sich in seiner Gestalt an das für p==1 aufgestellte Criterium genau an- schlielst. Es sei die quadratische Form Slda)a Iagdr die a,b und es werde die mit 7, bezeichnete Function, welche zu die- ser Form /(d.x) gehört, wie folgt dargestellt Hi = Anna + /.(«) 9 dann ist das entsprechende /, (dx) eine quadratische Form der n Differentiale dx, , dz,,... da,. Man bezeichne ferner die zu den a,, adjungirten Elemente so: oA 6b — da ’ ferner mit du, und öu, zwei independente Systeme von Diffe- rentialen der Variabeln x, und «5. Alsdann hat die nach den vier Gröfsensystemen dü,, Sug, da,, dx, quadrilineare Form eg a RETACHTEBBEIC.) A n.\ aA—= 20,109... An» oda an +32 A oa or oda Hau wo die Zeiger a, b, c, d, g, b sämmtlich sich von 1 bis n er- strecken, die Eigenschaft, sich bei einer Substitution neuer Variabeln mit der quadratischen Form /(dx) so mitzuändern, - dals die Beziehung zu dieser Form ungeändert bleibt, ferner dann und nur dann identisch zu verschwinden, wenn die Form /(d&) in eine Form mit constanten Coefficienten transformirt werden kann. Dafs die quadrilineare Form Y unter der in Rede stehenden Voraussetzung identisch verschwinden muls, geht unmittelbar aus ihrer Darstellung hervor. Dafs auch das vom 14. Januar 1869. 53 Umgekehrte gilt, habe ich durch eine Zurückführung auf das angegebene indirecte Criterium bewiesen. } Für eine quadratische Form von n Differentialen stimmt die beantwortete Frage in ihrem Wesen mit einer Frage über- ein, die in der aus Riemann’s Nachlasse publicirten Abhand- lung über die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegen, erörtert ist. Daselbst wird untersucht, wann eine wesentlich positive Form von n Differentialen in das Ag- gregat der Quadrate von den Differentialen der neuen Variabeln transformirt werden könne. Es ist aber klar, dafs, sobald eine gegebene Form f(dx) in eine Form mit constanten Coefficien- ten transformirt ist, die fernere Transformation in ein. Aggre- gat von den Quadraten der Differentiale neuer Variabeln im- mer durch eine lineare Substitution bewirkt werden kann, und zwar bei wesentlich positiven Formen auf reelle Weise. Die Riemann’schen Criterien, wenn ich dieselben richtig aufgefalst habe, setzen die Integration des oben bezeichneten Systems von isoperimetrischen Differentialgleichungen voraus, sobald die Zahl n die zwei übertrifft, sind aber auch von dem angeführten in- directen Criterium wesentlich verschieden. Redueirt sich die Zahl der Variabeln x, auf zwei, so ist die betreffende ‚Frage in den disquisitiones generales circa superficies curvas durch Gauss beantwortet. Das Quadrat des Linearelements einer beliebigen Fläche, in den in- dependenten Variabeln x, und x, ausgedrückt, ist eine wesent lich positive Form von den Differentialen dx, und dr, (de) = a,,daı? + 2a,95da, dag + 0,9422. Die Bedingung dafür, dafs dieselbe in die Form dyi + dy} transformirt werden könne, ist das Verschwinden des Gaussi- schen Krümmungsmafses k. Nun besteht aber zwischen dem der Form f(dx) zugehörigen Ausdrucke von %k und der qua- drilinearen Form Y für n = 2 die einfache Beziehung Y== —2kA(du, du — du,du;) (de, 923 — dx, da;). Also geht das Criterium der quadrilinearen Form in diesem Falle in das Criterium des Krümmungsmalses über. 54 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Denkschriften der Kais. Akademie d. Wissenschaften in Wien. Mathem.- naturw. Klasse. 28. Band. Wien 1868. 4. Denkschriften der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Philos.- historische Klasse. 17. Band. Wien 1868. 4. | Almanach der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. 18. Jahrg. Wien 1868. 8. | Archiv für österreichische Geschichte. 39. Band 2. Hälfte. Wien 1868. 8. Sützungsberichte der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Philos.- historische Klasse. 57. Band. Heft II. III. 58. Band. Heft I. II. III. Wien 1868. 8. Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathe- matisch-naturw. Klasse. Jahrg. 1868. LXII. Band. Wien 1868. 8. Tabulae codieum in Bibliotheca palatina asservatorum. WVol.II. Vindob. 1868. 8. Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen Vereins der Natur- wissenschaften zu Hermannstad. XVIII. Jahrgang. Hermannstadt 1867. 8. | Journal für die reine und angewandte Mathematik. 69. Band. Berlin 1868. 4. v. Salviati, Berichte über den landwirthschaftlichen Theil der Pariser Welt- Ausstellung von 1867. Theil I. Berlin 1868. 4. Nouvelles Archives du Museum d’kistoire naturelle. Tome HI, 3. 4. IV, 1.2. Paris 1867—1868. 8. Memoires de la societe archeologique de Moscou. Tome I, 2. Moscou 1867. 4. Oppert, La chronologie biblique. Extrait. Paris 1868. 8. Anales de la universidad de Chile. Santiago de Chile 1857 — 1866. 20 voll. 8. Eine Sammlung von 94 Druckschriften und Broschüren, die Geschichte, Statistik und Verwaltung von Chile betreffend. Mit Rescript vom 2. Januar 1869. 18. Januar. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Roth las: Beiträge zur Kenntnis der tertiä- ren und posttertiären Eruptivgesteine. vom 18. Januar 1869. 55 Hr. Auwers zeigte einige von der norddeutschen Expedi- tion aufgenommene Photographien der Sonnenfinsternifs vom 18. August 1368 vor. Hr. Poggendorff las: Vorläufige Notiz über ein Paar anomale elektrische Erscheinungen. Wenn man den Strom einer Influenzmaschine auf eine zweite, noch unerregte Maschine derselben Art leitet, und nun die letztere auf gehörige Weise in Rotation versetzt, so kommt auch sie zur Thätigkeit, und zwar unter Umständen, die man ganz in seiner Gewalt hat, entweder in gleichem, oder in ent- gegensetztem Sinn wie die erste Maschine. Wirkt sie in gleichem Sinn, so zeigen die Verbindungs- drähte beider Maschinen nichts Ungewöhnliches. Sie strahlen an ihren Enden oder den mit ihnen verbundenen Kämmen ent- gegengesetzte Elektricitäten aus. Der Strom geht gleichsam zwischen beiden Maschinen im Kreise herum. Anders ist es, wenn die Maschinen im entgegengesetzten Sinne wirken. Dann hat man die seltsame, im Dunklen schon durch den blofsen Anblick erkennbare Erscheinung, dafs die Verbindungsdrähte an ihren Enden einerlei Electricität aus- senden und in ihrer Mitte die entgegengesetzte. Der eine Draht strahlt an beiden Enden positive und in der Mitte ne- gative Elektricität aus; der andere an den Enden negative und in der Mitte positive. Dabei ist kein Strom in den Drähten vorhanden. Denn wenn man sie an einer Stelle unterbricht und daselbst eine Geifsler’sche Röhre einschaltet, bleibt dieselbe dunkel, sobald nur beide Maschinen gleich stark wirken. Von dieser, meines Wissens noch nie beobachteten, ano- malen Anordnung der Electrieität auf einem Leiter kann man eine Nutzanwendung machen, darin bestehend, dafs man zwi- schen den beiden Verbindungsdrähten eine Brücke schlägt, wozu die verschiebbaren Elektroden der einen oder anderen Maschine die Hand bieten. Man erhält dann in dieser Brücke einen Strom, welcher gleich ist der Summe der Ströme beider 56 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Maschinen. Es wäre leicht, eine Maschine von vornherein so zu bauen, dafs sie unmittelbar diesen Doppelstrom lieferte. Eine ähnliche anomale Erscheinung läfst sich mittelst der Leydener Flasche hervorrufen. In der Klassensitzung vom 18. Februar 1867 habe ich ge- zeigt, dals die Influenzmaschine durch eine geladene Leydener Flasche auf mehr als eine Weise in Thätigkeit gesetzt werden kann. Die eben genannten Beobachtungen haben diese Erfah- rung nun dahin erweitert, dafs sich bei einer und derselben Anwendungsweise der Flasche die Maschine ganz nach Belie- ben entweder in dem einen oder in dem entgegengesetzten Sinne erregen lälst. Und damit verknüpft ist dann die sonderbare Erscheinung, dafs z. B. der positive Knopf der geladenen Flasche in dem einen Fall positive, und in dem anderen ne- gative Elektricität auf die Scheibe der Maschine ausströmt, oder, wenn man will, in dem einen Fall positive Elektricität ausströmt und in dem anderen einsaugt, was denn zur Folge hat, dafs die Flasche in dem einen Fall erst ruhig ent- laden uud darauf umgekehrt geladen wird, während in dem zweiten Fall ihre ursprüngliche Ladung nur eine Verstärkung erleidet. Auf eine Erklärung dieser Anomalien will ich für jetzt nicht eingehen, sondern nur bemerken, dafs sie wesentlich Wir- kungen des schrägen Hülfsconductors sind, welcher in der ge- nannten Klassensitzung ebenfalls von mir beschrieben, später von Hrn. Holtz adoptirt und in gewisser Beziehung verbes- sert, schon mehrfach bei neuerdings in das Publikum überge- gangenen Maschinen angebracht worden ist. Mit den erwähnten Erscheinungen sind übrigens noch an- dere, nicht minder interessante und zum Theil sehr räthselhafte Vorgänge verknüpft, deren Beschreibung ich aber einer künfti- gen ausführlicheren Mittheilung vorbehalte. vom 18. Januar 1869. 57 Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über neue Gat- tungen und Arten von Eidechsen. 1. CoLopus noy. gen. Palmae plantaeque pentadactylae; digiti breviores inungues, an- tici apice vix dilatati, subtus granulati, apice subtus squamis transversis, supra squama lamnaeformi munito. Beliqua ut in Pachydactylo. In allen übrigen Merkmalen mit Pachydactylus übereinstim- mend weicht diese Gattung von demselben ab durch die Be- kleidung der Finger und Zehen und bildet, da die Hinterzehen gar nicht verbreitert, sondern an der Spitze verschmälert sind, einen Übergang zu den Stenodactylus. Colopus Wahlbergii n.sp. (Fig.1.) Pachydactylo ocellato similis; supra olivaceoviridis, flavi- . domaculosus, subtus flavidus. Habitatio: Africa australis. Rostrale um die Hälfte breiter als das Mentale; Suprala- bialia 8 bis 9, das letzte unter der Mitte des Auges liegend, indem von da an der Lippenrand nur von kleinen den übrigen gleichen Schüppchen bedeckt ist; Infralabialia 7, von denen das erste bei weitem das gröfste ist; Submentalgegend fein be- schuppt. Die Nasenöffnung liegt zwischen drei Schildchen, von denen das gröfste dieselbe vorn und oben umgibt, das kleinste hinten und oben liegt. Pupille senkrecht; Ohröffnung klein und quer. Convexe Schüppchen der Schnauze kaum grös- ser als die des Rückens, welche letztere denen der Submental- gegend gleich kommen, während die der Kehlgegend die klein- - sten sind und die gröfseren glatten Schuppen der Brust und des Bauchs ziemlich gleich grofs sind; die Schuppen der Vor- derseite der Schenkel sind merklich gröfser, während die der Präanalgegend kaum gröfser sind. Femoralporen sind an dem einzigen Exemplar nicht bemerkbar. Schwanz drehrund, zuge- spitzt, an der Basis kaum abgeplattet, an jeder Seite der letz- teren 4 bis 5 dornförmige Schuppen; er ist ringsum dachziegel- förmig mit glatten Schuppen bekleidet, welche ungefähr doppelt so grofs wie die des Bauches sind. Die Unterseite der Basis zeigt zwei flache Anschwellungen, welche von den Copulations- organen herrühren. 98 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die Vorderextremität reicht bis zur Mitte des Auges; die Finger sind kurz und sämmtlich von gleicher Gestalt, an der Spitze ein wenig breiter, unter derselben mit zwei flachen Quer- schuppen bekleidet, während ihre ganze übrige Unterseite meh- rere Längsreihen von Körnchen zeigt; der 1. und 5. sind die kürzesten und fast gleich lang, eben so haben der 2. und 4. Finger eine fast gleiche Länge, während der Mittelfinger der längste ist. Die Hinterextremität reicht kaum über das dritte Viertel ihrer Entfernung von der vorderen hinaus; die Spitzen der Zehen erscheinen verschmälert, während ihre Bekleidung mit der der Finger übereinstimmt; von der 1. bis 4. nehmen die Zehen an Länge zu, und die 5. ist der 3. ziemlich gleich. Die Oberseite ist olivengrün, mit grofsen gelben, dunkler geränderten Flecken, welche auf dem Rücken zum Theil zu unregelmälsigen Querbinden zusammenflielsen; eine gelbe unre- gelmäfsige Binde geht von dem Rostrale bis zur Scheitelgegend, während diese und die Hinterhauptsgegend drei Längsreihen unregelmälsiger gelber Flecken zeigt. Die Extremitäten, na- mentlich die hinteren zeigen aufsen ebenfalls gelbe Flecke auf dem dunkleren grünlichen, netzförmigen Grunde. Die ganze Unterseite ist hellgelb. Totallänge 090845; Kopf bis Ohröffnung 070095; Schnau- _ zenspitze bis Analöffnung 0%044; Vorderextr. 0%014; Mittel- finger 0%0025; hint. Extr. 09019; vierte Zehe 0'004. Ein einziges Exemplar dieser Art wurde von J. Wahl- berg im Damaralande gesammelt und gehört dem Museum zu Stockholm, von wo es mir durch unser correspondirendes Mit- glied, Hr. Sundevall, zur Untersuchung mitgetheilt ist. 2. RHOPTROPUS noy. gen. Habitus Ptyodactyli; palmae plantaeque pentadactylae, digiti longiores unguiculati, apice dilatati depressi, subtus squamis transversis muniti; digitus posticus secundus tertio a basi ultra medium coadunatus; ungues minimi; nares lubuliformes, inter scutella 3 vel 4 erecta apertae; (notaeum granulatum). | Diese Gattung bildet ein merkwürdiges Bindeglied agb Gecko, Pachydactylus und Ptyodactylus. vom 18. Januar 1869. 59 Rhoptropus afer n. sp. (Fig. 2.) Supra olivaceoflavidus vel olivaceoviridis fuscomaculatus, subtus viridialbus. | Habitatio: Africa australis. i | Schnauze abgeplattet breit und abgerundet. Die Nasen- löcher öffnen sich jederseits hinter einem Ausschnitte des brei- ten Rostrale und sind von drei oder vier Schüppchen umgeben, welche in ihrer Gestalt und Gröfse bei demselben Individuum variiren und nach aufsen an das 1. Supralabiale stofsen; 10bis 11 Supralabialia. Das Mentale und das daranstofsende Infralabiale jeder Seite sehr lang, aber, wie bei Piyodactylus Hasselquistiüi bei verschiedenen Individuen von verschiedener Ausdehnung; 8 bis 9 Infralabialia. Submentalgegend mit kleinen polygona- len Schüppchen bekleidet, welche allmählig nach der Kehle hin an Gröfse abnehmen und etwas grölser sind als die glatten Schüppchen der Brust, des Bauches und der untern Seite der Schenkel. Die convexen Schüppchen der Schnauze erscheinen ebenfalls gröfser als die gleichförmigen des Rückens, welche, obgleich sehr klein, diejenigen der Körperseiten noch an Gröfse übertreffen. Die Pupille ist senkrecht, das ringförmige rudi- mentäre Augenlid am oberen Rande breiter. Die ziemlich weite Ohröffnung ist länglich und wird oben durch eine schmale Hautfalte verdeckt. Der Schwanz ist etwas abgeplattet und an den Seiten ab- gerundet. Er ist glatt, mit gleichförmigen Schuppen bekleidet, welche kaum gröfser als die der Submentalgegend sind. Bei einem männlichen Exemplar sind die Schuppen der untern Seite zu unregelmäfsigen breiten Querschildern verschmolzen. Die vordere Extremität ragt fast mit der ganzen Hand über die Schnauze hinaus; alle fünf Finger sind von gleicher Form, an der Basis verschmälert, während ihre Endhälfte länglich oval verbreitert ist; die ganze Unterseite ist mit Querlamellen ver- sehen, während auch die Rückseite derselben eıne mittlere Reihe von Querschuppen zeigt, von denen die letzte grofse die Form eines Plattnagels hat; alle Finger haben eine äufserst kleine, nur durch eine starke Loupe sichtbare Kralle; der 1. und 5. Finger sind gleich lang, nur wenig kürzer als der zweite, welcher um eben so viel kürzer ist als der vierte, im Ver- 60 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gleich zu dem längsten Mittelfinger. Die hintere Extremität reicht bis an die Schulter. Die Zehen haben denselben Bau wie die Finger; sie nehmen von der ersten bis zur dritten, welche am weitesten vorspringt, an Länge zu, während die vierte Zehe kaum länger als die fünfte ist. Schenkel- und Analporen fehlen. Die Oberseite ist olivengelb oder olivengrün, einfarbig oder mit kleinen zerstreuten dunkeln Flecken, welche vom Nacken bis zur Schwanzbasis etwa 12 Querreihen bilden. Auf der Aus- senseite der Extremitäten finden sich ähnliche kleine Flecke, während die ganze Unterseite grünlichweils ist. Totallänge 0%135; Kopf bis Ohröffnung 0%014; Schnau- zenspitze bis Analöffnung 0%052; Vorderextr. 0%025; Mittelfin- ger 0%0055; Hinterextr. 07030; vierte Zehe 090065. Mehrere Exemplare dieser Art wurden von J. Wahlberg im Damaralande gesammelt und befinden sich im Museum zu Stockholm. 3. SAURITES nov. subgen. Verschieden von Eremias durch die gekielten grofsen Schuppen der Extremitäten und der untern Schwanzseite, so wie durch die sehr viel kleinern Schuppen am hintern Theile der Brust und am Anfange der Ventralgegend. Sehr oft bildet die Kehlhaut vor dem Halsband eine zweite vordere Querfalte, die Körperhaut eine längsgehende Seitenfalte und die Schuppen am hintern Rande der Hinterzehen sind sägezahnförmig ver- längert. Saurites (Eremias) cuneirostris. Podarcis (Scapteira) cuneirostris Strauch, Melang. biolog. Bullet. Ac. St. Petersb. IV. p. 411. Exemplare aus der Wahlberg’schen Sammlung im Da- maralande stimmen, obgleich die Schuppen der unteren Seite der Finger und Zehen zusammengedrückt und daher schwach gekielt erscheinen, in jeder anderu Beziehung so genau mit der Beschreibung des Hrn. Strauch überein, dafs ich an deren Zusammengehörigkeit nicht zweifeln kann. Hr. Strauch hat Scapteira und Eremias als Untergattungen unter dem Wagler- schen Namen vereinigt und beruft sich darauf, dafs die Angabe vom 18. Januar 1869. 61 von Wagler in seiner Characteristik der Gattung Podarcis von der Lage der Nasenlöcher am Ende des Canthus rostralis _ zwischen drei Schildchen sich nur auf Eremias und Scapteira beziehen könne. Dieses ist allerdings richtig; auf der andern Seite liegen aber nur bei Lacerta (muralis) unter den von ihm hervorgehobenen drei Arten die Nasenlöcher „supra primum scutum labiale“*, während sie bei Eremias velox und Scapteira grammica über den zwei oder drei ersten Supralabialschildern liegen. Auch liegen bei oberflächlicher Betrachtung bei Z. muralis die Nasenlöcher zwischen drei Schildchen und da ich aus andern Gründen glaube annehmen zu dürfen, dafs Wagler von allen von ihm zu Podarcis gezogenen Arten grade nur Lacerta muralis selbst untersucht hat, so dürfte die Beschränkung des Namens Podarcis auf die Lacerta muralis doch nicht ganz un- berechtigt sein, obgleich es nach meiner Ansicht besser sein dürfte, diesen Namen ganz fallen zu lassen. Es ist auch an- zunehmen, dafs Wiegmann, der mit Wagler in lebhaftem Verkehr stand, über diese Sache mit letzterem im Einverständ- nisse handelte und schliefslich ist zu bemerken, dafs es früher ziemlich allgemein Gebrauch war, die typische Art einer Gat- tung voranzustellen. Ich vermuthe, dals Acanthodactylus capensis Smith, bei dem, wenigstens der Abbildung zufolge, die Nasen- löcher von drei Schildchen umgeben sind, in dieselbe Gruppe mit der vorstehenden Art gehört. Scapteira grammica kommt übrigens weder in Ägypten, noch in Nubien vor, indem diese leider von dem hiesigen Mu- seum ausgegangenen Angaben auf einer Verwechselung mit Acanthodactylus scutellatus beruhen. 4. Eremias argus n. sp. (Fig. 3.) Unteres Augenlid mit einer vertieften, aber beschuppten undurchsichtigen Scheibe. Nasalia convex, aber nicht wulstig aufgetrieben; zwei Internasalia, zwischen ihnen und den Präfrontalia ein kleines rhomboidales Zwischenschild; die beiden Supraorbitalia vorn, aufsen und hinten mit Körnchen umgeben oder hinten und innen eine kleine Schuppe. Interparietale fast so grofs, wie eins der Internasalia; Suborbitale über den Su- pralabialia, deren Zahl 9 ist; Rand der Kehlfalte grade oder — 62 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse schwach convex mit 9 gröfseren Schuppen. Ventralschilder in schiefen Reihen, 12 Schuppen in jeder Querreihe. | Grundfarbe der Oberseite olivenbraun, wo die Epidermis fehlt, graublau oder bläulichviolet, mit vielen schwarzen Ocel- len mit gelber Pupille; meist zwei gelbliche Seitenlinien, von denen die obere von dem äufseren Winkel des Parietale, die un- tere von dem unteren Augenlide ausgeht; eine dritte helle Linie geht von der Oberlippe durch die Ohröffnung; Unterseite rost- gelb. Vier Exemplare (Nr. 4532 Mus. Berol.) aus Chefoo (China) durch Schottmüller. 5. Acanthodactylus dorsalis n. Sp. In Bezug auf die Kopfschilder mit Ac. vulgaris D. B. über- einstimmend und ebenfalls mit zehn Längsreihen von Ventral. schildern versehen. Die glatten Schuppen der (4 bis 8) mittle ren Längsreihen des Rückens sind aber auffallend gröfser als die der Rückenseiten und eben so sind die Submentalschuppen, so wie die Gularschuppen, welche letztere von dem Rande der Halsfalte bis zu der Subauricularfalte ganz allmählig an Gröfse abnehmen, merklich gröfser als bei jener Art. Die oberen Schwanzschuppen sind an zwei Exemplaren (Nr. 1056 u. 1057 Mus. Berol.) gekielt, an einem dritten Exemplar (Nr. 1058), dessen Schwanzbasis spindelförmig verdickt ist, dagegen glatt. Oben gelbbräunlich, jederseits mit zwei Reihen grolfser, unregelmäfsiger schwarz und weilser Flecke; an zwei Exem- plaren eine von der oberen Temporalschuppe ausgehende helle Linie, wodurch die obere Fleckenreihe getheilt wird. An einem Exemplar stehen die zahlreicheren ocellenförmigen Flecken in ähnlicher Weise wie bei Eremias arguta Pall. Die erwähnten drei Exemplare standen in unserer Samm- lung ohne Angabe des Fundorts zusammen mit Acanthodactylus vulgaris D. B. (Acanth. pardalis Mus. Berol. 1823. e. p.) 6. Onemidophorus mexicanus n. sp. Sehr nahe verwandt mit Un. sexlineatus und verschieden von ihm dadurch, 1) dafs die Submentalschuppen viel grölser, die mitt- leren eben so grols wie die der hinteren Reihen der Kehlfalte sind; 2) zwischen den Postorbitalschildchen und der Ohröffnung vom 18. Januar 1869. 63 nur vier bis fünf Reihen platter polygonaler Schuppen, anstatt zahlreicher convexer Schüppchen liegen; 3) zwischen den hin- tersten Infralabialia und der innern Reihe grofser Submental- schilder nur eine und nicht zwei bis drei Reihen kleiner Schuppen liegen und 4) der untere Rand des Supralabiale primum wie bei On. Deppei fein gezähnelt ist. In der Zeich- nung stimmen beide Arten durch die in derselben Weise ver- laufenden sechs weilslichen Linien überein, während aber bei Cn. sexlineatus der schwarze Grund ungefleckt ist, zeigt die vorstehende dieselben hellgefleckt oder quergestreift. Unsere Sammlung enthält von dieser Art 3 Exemplare ver- schiedenen Alters (Nr. 6209 Mus. Berol.), welche aus der mexi- canischen Sammlung von Uhde herstammen. Ich erlaube mir, bei dieser Gelegenheit zu bemerken, dafs der zu Unemidophorus und nicht zu Ameiva gchörende On. Deppei Wiegmann auch in Guayaquil vorkommt und vielleicht mit Cn. gracilis Baird u. Girard (Mex. Bound. Rept. Taf. 34. Fig.1.) übereinstimmt, dafs On. tigris Baird u. Girard (Mex. Bound. Rept. Taf.35.) ganz ohne Zweifel identisch ist mit Cn. Sackiü Wiegmann!) und Cnemidophorus guttatus Wiegmann eine an der Basis verbreiterte zweilappige Zunge hat und daher nicht zu Ameiva (cf. Cope Acad. Nat. Sc. Philad. 1862. Febr.) zu zie- hen ist. T. Centropyz Renggerii n. Sp. Vierzehn Längsreihen gekielter Rückenschuppen, vierzehn Reihen kleiner Schuppen an den Körperseiten und sechszehn Längsreihen Ventralschuppen. Auf dem Rücken grün mit zer- streuten schwarzen Flecken in zwei Reihen. Eine schwarze von dem oberen Augenlide verlaufende und sich an den Seiten ver- lierende schwarze Längsbinde, unter derselben eine grüne Längs- binde und unter dieser die Seiten schwarz mit grünen runden Flecken. Die Unterseite gelblich grün. | Paraguay; aus der Renggerschen Sammlung (No. 896, "Cat. Mus. Berol.) !) Nicht Onemidophorus Sackii aus Montevideo des leidigen No- menclator Reptil. et Amphib. Mus. Berol. 1856. p.13, der nichts weiter als Acrantus viridis (mit vier Hinterzehen) ist. 64 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Färbung und Beschuppung unterscheiden diese Art von den bekannten, unter denen ihr ©. decodon Cope (Proc. Acad. Philad. 1861. p. 495.) am nächsten zu stehen scheint. ©. Borckiana Merrem (Ann. d. Wetterauisch. Gesellsch. 1809. I. p.2. Taf.I) hat 25 Reihen gekielter Rückenschuppen, 25 Rei- hen kleiner Seitenschuppen und 13 (bis 16) Reihen Bauch- schuppen und jederseits auf dem Rücken zwei Reihen dreiecki- ger schwarzer Flecken. Leider ist das Originalexemplar der Borcke’schen Sammlung verloren gegangen, aber unsere Samm- lung besitzt ein Exemplar aus Guiana (Nr. 897), welches ganz mit der Merremschen Beschreibung und Abbildung übereinstimmt, abgesehen davon, dafs 16, statt 13, Bauchschuppenreihen vor- handen sind. C. vittatus Wiegmann, von dem unser Museum’ noch das Originalexemplar besitzt, welches von C. calcaratus Spix nur durch die gekielten Präanalschuppen abweicht, kann daher nicht mit C. intermedius (Gray) Cope (l.c.p. 496) identisch sein. Wiegmann sagt ausdrücklich, dafs seine Art die Rücken- schuppen ein wenig kleiner als C©. calcaratus hat, während die von Cope beschriebene Art sie merklich grölser hat. Nach der Färbung sollte man eher glauben, dafs Dau- din’s Lacerta striata näher mit ©. decodon Cope verwandt sei und möchte ich dahin zwei Exemplare rechnen, welche wir kürzlich aus Venezuela erhalten haben. Jedenfalls scheinen mir die Arten der Gattung Centropyx noch nicht gehörig un- terschieden zu sein. 2 8. Dicrodon ce«lestis. Ameiva celestis, d’Orbigny, Voy. Amer. mer. Rept. p.9. Taf. V.Fig.1—5. ?Cnemidophorus lacertoides, Dumeril etBibron, Erp. gen. V.p.135. Unser Museum hat ganz neuerdings ein Exemplar dieser - Art aus Montevideo erhalten, welches entschieden zu der Gat- tung Dicrodon mit querstehenden zweispitzigen Zähnen gehört. Es stimmt ganz vortrefflich zu der d’Orbignyschen Abbildung und da On. lacertoides D. B. aus seiner Sammlung und zwar auch aus Montevideo stammt, so würde ich beide Arten der Beschreibung nach für identisch halten, wenn es nicht in der vom 18. Januar 1869. 65 Erpet. gen. p.134 hielse: „la rangee des plaques sousmaxillaires est separee de celles des labiales inferieures par une serie plus ou moins etendue de granules squameux“ anstatt einer Reihe grofser polygonaler Schilder, wie es die Abbildung und auch unser Exemplar zeigt. 9. Varanus (Odatria) semiremez n. Sp. Sehr ähnlich in der Körperform und Stellung der Nasen- löcher der O. punctata Gray, aber Schuppen der Oberseite der Schnauze und der Interorbitalgegend platt und gröfser, wie bei V. timoriensis, Schuppen an der Unterseite der Schwanzbasis breiter als lang. Schwanz in der Basalhälfte rund, in der End- hälfte zusammengedrückt, mit einen doppelten Dorsalkiel.. Ober- seite dunkel olivenfarbig mit vielen kleinen schwarzen Punkten, Gliedmafsen schwarz und gelb punktirt, Endhälfte des Schwanzes überall schwarzbraun. Die Unterseite schmutzig gelb, mit schwa- chen dunklen Querbinden an dem Unterkiefer, unter dem Halse, an der Brust und am Bauche. Unsere Sammlung hat ein einziges Exemplar dieser Art von Cap York (Nordaustralien) durch Hrn. Dämel erhalten, wel- ches, obgleich die Schwanzspitze fehlt, nahe an 60 Cent. lang ist. Durch die viel mehr als bei V. timoriensis zusammen- gedrückte Endhälfte des Schwanzes ist diese Art sehr leicht auf den ersten Blick von den nächstverwandten zu unterscheiden. 10. Agama Hartmanni n. sp. Ein Exemplar dieser Art, welche unsere Sammlung aus Dongola erhalten hat, hatte ich früher (Monatsber. 1862. p. 271) als zu A. Savignyi gehörig betrachtet, mit dem es durch die gleichförmigen, regelmäfsigen gekielten Schuppen des Rückens und durch den Mangel dornförmiger Schuppenhäufchen am Halse übereinstimmt. Es unterscheidet sich aber von ihm durch die ganz glatten Kehl- und Bauchschuppen, durch das gröfsere, ganz frei liegende Trommelfell und durch die einander an Länge ziemlich gleiche dritte und vierte Hinterzehe. In diesen beiden letzten Punkten stimmt es daher mehr mit A. sinaita überein, von der es sich aber durch die gröfseren Schuppen, die auffallend kürzeren Vorderarme und Unterschenkel, dagegen viel längeren Zehen unterscheidet. [1869.] 5 66 Gesammtsitzung vom 21. Januar 1869. Olivenbraun, eine mittlere gelbe Rückenlinie von dem Hin- terhaupt bis auf die Basis des Schwanzes, unregelmäfsige kleine dunkelbraune Flecken auf dem Rücken und jederseits zwei nicht sehr deutliche Reihen grofser gelber, schwarzgerandeter Flecken an den Seiten; Unterseite ockergelb. Agama Savignyi Audouin (Savigny, Deser. Egypt. Rept. Taf. I. Fig. 6) ist identisch mit A. flavimaculatus Rüppell und un- terscheidet sich von der nahe verwandten A. agilis Olivier nicht allein durch die mehr oder weniger deutlich gekielten Kehl- und Bauchschuppen, sondern auch dadurch, dafs die Schuppen hinter und unter der Ohröffnung grölser und weniger zahlreich sind. Erklärung der Abbildungen. Fig.1. Colopus WahlbergiüPtrs.; 1a. Kopf im Profil, 1b. von unten; Ic. Vor- derfuls von oben, 1d. von unten; le. Hinterfufs von oben, 1f. von unten. 2. Rhoptropus afer Ptrs.; 2a. Kopf im Profil, 2b. von unten; 2c. Hinter- fufs von oben, 2d. von unten. 3. Eremias argus Ptrs.; Oberseite des Kopfes. n ” 31. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Beyrich las über Eugeniacrinus und Rhizo- erinus. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Sitzungsberichte der naturforschenden F’reunde. Berlin 1868. 4. Bericht der Kgl. Sternwarte zu Berlin für 1867. Berlin 1868. 8. Mit Begleitschreiben der Direktion vom 17. Januar 1869. Vierter und fünfter Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Dresden. Dresden 1868. 8. | J.E. Purkin& Diem semisecularem summorum in medicina honorum celebranti gratulatu societas medicorum Bohemorum. Pragae 1868. 8. Longperier, Exrtraits de la Revue numismatiqua. Paris 1868. 8. ve; E, Me ke > tn ® \inatsber Berl Akad.d.Wissensch1869. past { I. Colopus Wahlbersüi.2. Rhoptropus afer. 3.Eremias arsus. "JB L Franz Wagner öezulith Druckv. Gebr.Delius. az at BR } h EUR Er er 2% - EEE v Öfentliche Sitzung vom 28. Januar 1869. 67 28. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Jahrestages Friedrich’s II. Seine Majestät der König und Ihre Majestät die Königin, sowie Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruhten der Sitzung beizuwohnen. v | Der an diesem Tage vorsitzende Sekretar, Hr. Kummer, eröffnete die Sitzung mit folgender Festrede: Als ich jetzt vor vier Jahren das erste mal die Ehre hatte zum Andenken Friedrichs des Grofsen vor dieser hochansehn- lichen Versammlung zu sprechen, habe ich aus der unendlich reichhaltigen Fülle interessanter Gesichtspunkte, welche die Thaten sowie die Schriften des grofsen Königs darbieten, mir nur eine sehr untergeordnete Seite ausgewählt, welche meinen eigenen Studien und geistigen Interessen am nächsten lag, näm- lich sein Verhältnifs zu den mathematischen Wissenschaften und zu den grofsen Mathematikern seiner Zeit. Ich habe damals zu zeigen versucht, wie Friedrich der Grofse, welcher selbst keine Neigung für die Mathematik hatte, und die Mathematiker gern mit Witz und Satire verfolgte, durch sein Interesse für Philosophie dahin geführt wurde, gerade die ausgezeichnetsten Mathematiker seiner Zeit, wie Maupertuis, Euler, La- grange, Lambert und Bernoulli an die von ihm wieder- hergestellte Akademie der Wissenschaften zu ziehen und wie er mit D’Alembert, den er nicht bewegen konnte die Stelle des Präsidenten der Akademie anzunehmen, fast dreifsig Jahre lang, bis zu dessen Tode, in den freundschaftlichsten Beziehun- gen und in stetem Briefwechsel blieb. Hieran anschliefsend will ich heut versuchen auf die philosophische Richtung des grofsen Königs einzugehen und einige in seinen Schriften und Briefen enthaltene Gedanken zu entwickeln. Um überhaupt philosophische Gedanken und Anschauun- gen richtig zu würdigen, ist es nothwendig die Zeit, welcher sie angehören, und die diese Zeit bewegenden allgemeinen Ideen in’s Auge zu fassen; denn die Resultate philosophischer For- schung, namentlich in dem metaphysischen Gebiete, können kaum auf eine absolute Geltung Anspruch machen, wohl aber können 5* 68 Öffentliche Sitzung sie einen relativ bedeutenden Werth haben, in so fern sie ent- weder in positiver Weise die philosophische Forschung in neue Bahnen lenken, oder auch negativ, indem sie gewisse, in einer Zeit geltende Voraussetzungen und Grundsätze als einseitig oder nichtig erkennen lassen. Zur Zeit Friedrichs des Grofsen war die sogenannte Leib- nitz -Wolfische Philosophie besonders in Deutschland die allge- mein herrschende. Sie enthielt die fruchtbaren Ideen von Leibnitz durch Christian Wolf’s umfassende Gelehrsam- keit zu einem grofsartigen Systeme verarbeitet, welches sich über die verschiedenen positiven Wissenschaften erstreckte und dieselben in sich aufnahm. Die Reichhaltigkeit des diesem Systeme eingefügten Materials machte es für die Zwecke des Unterrichts besonders empfehlenswerth, aber die Begründung in seinen tiefsten Fundamenten war nur eine sehr schwache, na- mentlich in dem metaphysischen Theile, der Ontologie. Es wurden hier von Gott, der Welt und was sich darin bewegt Definitionen von grolser Kraft gegeben, auf Grund deren diese höchsten metaphysischen Ideen nach denselben Regeln behan- delt wurden, wie die Begriffsbestimmungen endlicher Dinge. Der mehr speculativen Richtung, welche die Philosophie seit Descartes genommen hatte, entsprach dieses System nicht; die Methode, nach welcher Wolf seine vernünftigen Gedanken von Gott, der Welt, der Seele u. s. w. als Lehrsätze aufstellte und sodann mit sogenannten Beweisen versah, gab demselben einen mehr dogmatischen Charakter. Dagegen hatte in England und Frankreich die Philosophie eine ganz andere Entwickelung durchgemacht. Es wurde hier das Verhältnifs des philosophirenden Subjects zur Aufsenwelt zum hauptsächlichsten Gegenstande metaphysischer Betrachtungen gemacht und man war dadurch, dafs man die einzelnen Sinnes- organe nicht nur als Vermittler, sondern sogar als Quelle aller Erkenntnifs annahm, dahin gekommen, dafs man die Möglich- keit der Erkenntnifs alles Übersinnlichen, oder auch gar die Existenz desselben leugnete. Diese als Skepticismus zu be- zeichnende Richtung hatte in Frankreich das Gebiet der eigent- lichen Philosophie vielfach verlassen und sich mehr auf die all- gemeine Litteratur geworfen, in welcher sie eine sehr glänzende vom 28. Januar 1869. "69 Rolle spielte. Das grofsartigste wissenschaftliche Produkt dieser Richtung war nicht ein den inneren Zusammenhang des In- halts der Philosophie darstellen sollendes System, sondern die alphabetisch geordnete grofse Real-Encyclopädie, welche in eini- gen dreifsig Quartbänden von D’Alembert und Diderot heraus- gegeben wurde. Die Herausgeber und Mitarbeiter dieses Wer- kes waren Männer von Geist und umfassender Gelehrsamkeit, aber ihre blofs negirende Richtung in dem eigentlichen Gebiete, der Philosophie machte es auch untergeordneteren Litteraten leicht in diesem Sinne weitergehend sich den Ruf und das An- sehen als grofse Philosophen zu erwerben. Ein vollständiger Unglaube, welcher als Freiheit von Vorurtheilen und Aber- glauben angesehen wurde, und eine gewisse Geschicklichkeit und Kunst in der Verspottung dessen, was den Menschen von jeher als heilig gegolten hat, verbunden mit der damals in Frank- reich besonders blühenden Eleganz des Stiles, reichte hierfür vollständig aus. Diese beiden einander entgegengesetzten philosophischen Richtungen des deutschen Dogmatismus und des französischen Skepticismus sind es, mit welchen Friedrich der Grofse in nähere Beziehungen getreten ist. Er war als Jüngling nach den Principien der Leibnitz-Wolfischen Philosophie unterrichtet worden und dieselbe hatte auf seine Bildung einen grofsen Einflufs gehabt, der auch in seinen späteren Lebens-Perioden noch deutlich erkennbar hervortritt, wo er sich mehr von den geistvollsten Vertretern der französischen Philosophie und Litte- ratur angezogen fühlte. So wie es den philosophischen Lehr- gebäuden gewöhnlich geschieht, dafs grade die begabtesten und talentvollsten Schüler, welche ihnen einen guten Theil ihrer Bildung verdanken, zuerst abtrünnig werden, da sie am besten befähigt sind die schwachen Seiten des Systems zu erkennen und den lebhaftesten Trieb in sich fühlen zu höherer Erkennt- nifs fortzuschreiten, so mufste auch Friedrich über die Wolfi- sche Philosophie hinausgehen. Er war nicht der Mann, der sich der Auctorität eines Philosophen oder Theologen unter- ordnen mochte; was er als Wahrheit anerkennen sollte, mulste sich vor seinem eigenen freien Geiste als solche rechtfertigen können; die freiere französische Philosophie, besonders der dia- 70 Öffentliche Sitzung lektische Scharfsinn Bayles und der diese Richtung weiter verfolgenden Encyelopädisten sagte ihm daher mehr zu, als das pedantische Wolfische Lehrgebäude, namentlich da er so wie jene das Streben hatte von Vorurtheilen und von überliefertem Aberglauben sich frei zu machen. Es war natürlich, dafs er schon als Kronprinz und ebenso später als König für seinen intimeren persönlichen Verkehr und seine litterarische Unter- haltung besonders Männer dieser Richtung sich auswählte, und dafs er auch die von ihm erneuerte Akademie der Wissen- schaften in diesem Sinne einrichtete und besetzte. Aber allen seinen philosophischen und litterarischen Freunden gegenüber behauptete er stets die vollste Selbständigkeit seines eigenen Denkens. Überhaupt ist Friedrich der Grofse nicht als An- hänger irgend eines zu seiner Zeit herrschenden philosophischen Systems anzusehen, noch auch als Philosoph, der sein eignes System hat. Obgleich er unter dem Namen des Philosophen von Sanssouci bekannt ist, und obgleich die Philosophen seiner Zeit ihn besonders gern als einen der ihrigen betrachten, so lehnt er selbst diese Ehre entschieden ab, und will sich nur als Dilettanten auf diesem Gebiete der Wissenschaft betrachtet wissen. In der That erscheint die Bezeichnung als Philosoph im strengeren Sinne des Wortes für Friedrich den Grolsen minder passend als die eines Dilettanten der Philosophie; denn es war mehr das erreichbare Gute, als die unerreichbar er- scheinende Wahrheit, welche er in dieser Wissenschaft er- strebte. Die Philosophie hatte in den Augen des grofsen Königs hauptsächlich darin ihren höchsten Werth, dafs sie durch die Ausbildung der Ethik zur sittlichen Hebung des Volkes bei- tragen sollte, die rein theoretischen Disciplinen derselben, na- mentlich die metaphysischen Speculationen achtete er im Ver- gleich hiermit nur gering und sah sie mehr nur als eine Unter- haltung des Geistes an, in der er selbst sich aber gern erging. Am klarsten und unumwundensten sind die philosophischen Gedanken Friedrichs in seinem Briefwechsel mit D’Alembert ausgesprochen, welcher als der Verfasser des im edelsten und freiesten Stile gehaltenen Vorworts zur grofsen Real-Encyelo- pädie sich die Hochachtung des grofsen Königs erworben hatte. Friedrich schätzte ihn als den geistvollsten und grölsten Philo- vom 28. Januar 1869. 71 sophen seiner Zeit und redete ihn gern als seinen lieben Ana- xagoras an. Er holte in allen wissenschaftlichen und litterari- schen Fragen, namentlich auch in allen unsere Akademie der Wissenschaften betreffenden wichtigen Angelegenheiten seine Meinung und seinen Rath ein, und schickte ihm regelmäfsig die Schriften zu, die er verfalste. An einige dieser Zusendun- gen knüpfte sich sodann ein interessanter Briefwechsel philoso- phischen und besonders metaphysischen Inhalts, auf welchen ich mir erlauben will hier etwas näher einzugehen. Es waren im Jahre 1769 zwei Schriften erschienen; die eine unter dem Titel Essai sur les prejuges, die andere als Systeme de la nature, welche vielfach das angriffen, was im Staate und in der menschlichen Gesellschaft seine volle sittliche Berechtigung hat, und so die französische Revolution auf geisti- gem Gebiete vorbereiten halfen. Als die Vorurtheile, die sie bekämpften, galten den Verfafsern aufser den bestehenden staat- lichen Ordnungen hauptsächlich die Lehren der Religion, als Wahrheit dagegen die blofse Befreiung von diesen Vorurtheilen, oder der Unglaube ohne irgend welchen positiven Gehalt. Der König würdigte diese Schriften einer ausführlichen Besprechung und sehr scharfen Widerlegung, welche er in Form von zwei Kritiken an D’Alembert mittheilte. Die metaphysischen Fragen, welche in diesen beiden Gegenschriften des Königs und in dem über dieselben mit D’Alembert geführten Briefwechsel be- sprochen werden, betreffen die Erkenntnifs der Wahrheit über- haupt, ferner die Natur in ihrem Verhältnisse zu Gott und die Begriffe der Freiheit und Nothwendigkeit, welche zugleich der Ethik angehören. Über die Erkenntnifs der Wahrheit äufsert sich der König in seiner Kritik der Schrift über die Vorurtheile folgender- maalsen: „Der Verfasser versichert im Lehrtone, dafs die Wahr- „heit für die Menschen da ist, und dafs man sie denselben bei „allen Gelegenheiten sagen mufs. Diefs verdient eine Prüfung. „Ich stütze mich auf die Erfahrung und die Analogie, um ihm „zu zeigen, dafs die Wahrheiten der Speculation, weit entfernt „für den Menschen gemacht zu sein, sich unaufhörlich seinen „sorgfältigsten Forschungen entziehen. Es ist diels ein für die „Eigenliebe demüthigendes Geständnils, welches die Macht der 72 Öffentliche Sitzung „Wahrheit mir entreilst. Die Wahrheit ist wie auf dem Grunde „eines Schachtes, von welchem sie an’s Licht zu: ziehen die „Philosophen bemüht sind. Alle Weisen beklagen sich über „die Arbeit die es ihnen kostet sie zu entdecken. Wäre die „Wahrheit für den Menschen gemacht, so würde sie sich von „selbst seinen Augen darstellen, er würde sie ohne Anstrengung „erhalten, ohne langes Nachdenken, ohne sich über sie zu „täuschen und ihre den Irrthum besiegende Klarheit würde „untrüglich die Überzeugung nach sich ziehen, man würde sie „durch sichere Kennzeichen vom Irrthum unterscheiden können, „der uns oft täuscht, indem er unter der angenommenen Ge- „stalt der Wahrheit erscheint, es würde keine Meinungen mehr „geben, sondern nur Gewissheit. Aber die Erfahrung zeigt mir „gerade das Gegentheil, sie zeigt mir, dafs kein Mensch ohne „Irrthum ist, dafs die gröfsten Thorheiten, welche eine kranke „Einbildungskraft ersonnen hat, zu allen Zeiten aus dem Ge- „hirn der Philosophen entsprungen sind, dafs wenig philoso- „phische Systeme von Vorurtheilen und falschen Schlüssen frei „Sind, sie erinnert mich an die Wirbel, welche Descartes „ersonnen hat, an die Apokalypse, welche Newton, der grofse „Newton commentirt hat, an die prästabilirte Harmonie, „welche Leibnitz, der an Geist jenen grofsen Männern gleich „war, gefunden hat. Überzeugt von der Schwäche des mensch- „lichen Erkenntnifs-Vermögens und erstaunt über die Irrthümer „dieser berühmten Philosophen rufe ich aus: O Eitelkeit der „Eitelkeit, Eitelkeit des philosophischen Denkens.“ D’Alembert erklärt sich mit diesen Gedanken des Königs über die Nichtigkeit aller metaphysischen Speculationen voll- kommen einverstanden. Wenn nun dessenungeachtet der grolse König Friedrich und der grofse Philosoph D’Alembert es nicht lassen können über die wichtigsten Punkte der Meta- physik weiter zu philosophiren, so mufs man annehmen, dafs ‚sie doch von dem einen Vorurtheile, welches überhaupt allem Philosophiren zu Grunde liegt, dafs der Mensch durch ver- nunftgemäfses Nachdenken und Forschen, wenn auch nicht die volle Wahrheit ergründen, so doch in der Erkenntnils der Wahrheit fortschreiten könne, sich nicht hatten frei machen wollen. In einem solchen Sinne spricht sich auch Friedrich vom 28. Januar 1869. 73 der Grofse, bei einer anderen Gelegenheit, in der von ihm ver- fafsten Vorrede zu einem Auszuge aus Bayles Dictionär aus: „Aber wozu, wird man fragen, soll man seine Zeit in der Er- „forschung der Wahrheit verlieren, wenn diese Wahrheit sich „aufserhalb der menschlichen Denksphäre befindet. Ich antworte „auf diesen Einwand, dafs es eines denkenden Wesens würdig „ist Anstrengungen zu machen, um sich wenigstens der Wahrheit „zu nähern und dafs, wenn man sich diesem Studium ehrlich '„hingiebt, man sicher wenigstens den Gewinn hat, sich von einer „Schaar von Irrthümern zu befreien. Wenn euer Feld auch nicht „viel Früchte hervorbringt, so wird es wenigstens keine Dornen „erzeugen und wird zu einer guten Cultur geeigneter werden.“ Die metaphysischen Gedanken des Königs über Gott und die Welt und deren Verhältnifs zu einander sind der Natur der Sache nach etwas dürftig, weil der Begriff Gottes, nach der Ansicht des Königs überhaupt nicht zugänglich ist, sodafs der Philosoph wohl bis zu der Idee eines höchsten Wesens gelangen könne, aber nicht im Stande sei über dasselbe etwas Bestimmtes auszusagen. In einem Briefe an D’Alembert .vom 18. October 1770 schreibt Friedrich hierüber: „Da ich in „dieses Labyrinth eingehen mufs, so habe ich nur den Faden „der Vernunft der mich darin führen kann. Diese Vernunft, „indem sie mir erstaunenswerthe Beziehungen in der Natur „zeigt, und mich so schlagende und deutliche Endzwecke beob- „achten lälst, zwingt mich zuzugeben, dafs eine Intelligenz dem „Universum vorsteht und den Gang der Maschine leitet. Diese „Intelligenz stelle ich mir als das Prinzip des Lebens und der „Bewegung vor. Das System eines entwickelten Chaos scheint „mir unhaltbar, weil es mehr Geschicklichkeit erfordert haben „würde das Chaos zu formen und zu handhaben, als die Dinge „gleich so zu ordnen wie sie sind. Das System einer aus „Nichts geschaffenen Welt ist widersprechend und darum ab- „surd; es bleibt also nichts übrig, als die Ewigkeit der Welt, „eine Idee, welche keinen Widerspruch enthält und darum als „die annehmbarste erscheint, da das was heute ist, auch gestern „gewesen sein kann und so fort. Da nun der Mensch Materie „ist und dabei denkt und sich bewegt, so sehe ich keinen Grund, „warum nicht ein ähnliches denkendes und handelndes Princip 74 Öffentliche Sitzung „mit der gesammten Materie verbunden sein könnte. Ich nenne „dasselbe nicht Geist, weil ich keine Idee von einem Wesen „habe, das keinen Raum einnimmt und darum nirgends existirt; „aber weil unser Denken eine Folge der Organisation unseres „Körpers ist, warum sollte nicht das Universum, welches un- „endlich mehr organisirt ist, als der Mensch, eine unendlich „höhere Intelligenz haben, als ein so gebrechliches Geschöpf.“ Der König schliefst diese Betrachtungen mit den Worten: „Aber, mein lieber Anaxagoras, wenn ihr verlangt, dafs ich „genauer angeben soll, was diese Intelligenz ist, die ich mit. „der Materie verbinde, so muls ich bitten mir diefs zu erlassen. „Ich erblicke diese Intelligenz wie etwas, das man nur unbe- „Stimmt durch einen Nebel sieht, es ist schon viel dieselbe zu „ahnen, es ist dem Menschen nicht gegeben sie zu erkennen „und zu definiren.* D’Alembert als Philosoph von Fach drückt sich über diese Gegenstände mit gröfserer Zurückhaltung aus, als der König; über die Existenz einer höchsten Intelligenz sagt er nur, dafs die, welche sie läugnen mehr behaupten, als sie be- weisen können, und dafs die Zweckmälsigkeit in der Natur eine Intelligenz zu enthüllen scheine, wegen der näheren Bestim- mung dieser Intelligenz aber bescheidet er sich nur die Fragen aufzustellen: „Was ist diese Intelligenz, hat sie die Materie ge- „schaffen oder hat sie dieselbe nur geordnet? Ist eine Schöpfung „möglich? und wenn sie es nicht ist, ist die Materie darum „ewig? und wenn die Materie ewig ist und einer Intelligenz nur „bedurft hat, um geordnet zu werden, ist denn diese Intelligenz „mit der Materie vereint oder von ihr verschieden? Wenn sie „damit vereint ist, so ist die Materie eigentlich Gott, und Gott „ist die Materie, und wenn sie davon verschieden ist, wie be- „greift man dafs ein Wesen, welches nicht Materie ist, auf die „Materie wirkt. Wenn man sich alle diese Fragen aufwirft, so '„kann man nur hundertmal wiederholen: „Was weils ich“, aber „man muls sich zugleich über seine Unwissenheit trösten, indem „man denkt, eben dafs wir nicht mehr davon wissen, ist ein Be- „weis dafür, dafs es uns nicht frommt mehr davon zu wissen.“ In der philosophischen Betrachtung des unvermittelten Gegensatzes von Freiheit und Nothwendigkeit, neigte sich die vom 28. Januar 1869. 15 Philosophie der damaligen Zeit überwiegend auf die Seite der Nothwendigkeit, sowohl die deutsche Leibnitz-Wolfische, als auch die französische der Encyklopädisten. Friedrich der Grofse aber tritt hier auf die Seite der Freiheit. Er hatte als Mann der That das volle Bewulstsein, dafs er in den wichtigsten Mo- menten seines Lebens nicht einem äufseren Zwange gefolgt war, sondern frei sich entschieden habe. Das System des Fa- talismus widersprach also seiner eigenen inneren Erfahrung. Aufserdem betrachtete er dasselbe auch als verderblich für die menschliche Gesellschaft, weil es die Fundamente auf wel- chen dieselbe beruht, die Moral und die guten Sitten unter- grabe. Ä In der Kritik des Systems der Natur spricht sich der König über den darin entwickelten Fatalismus folgendermaafsen aus: „Ist der Mensch nicht frei, wenn man ihm verchiedene „Wege vorlegt, dafs er sie prüfe dals er sich zu dem einen „oder dem andern hinneige und dafs er endlich seine Wahl .„bestimme. Der Verfasser wird mir ohne Zweifel antworten, „dals nur die Nothwendigkeit seine Wahl bestimmt. Ich glaube „in dieser Antwort einen Mifsbrauch des Begriffs der Noth- „wendigkeit zu erblicken, welcher mit dem der Ursache oder „des Grundes verwechselt wird. Ohne Zweifel geschieht nichts „ohne Ursache, aber nicht jede Ursache ist eine nothwendige. „Es ist mit der Freiheit eben so wie mit der Weisheit, der „Vernunft, der Tugend und der Gesundheit, kein Sterblicher „besitzt sie vollkommen, aber doch zu Zeiten. Wir sind in „manchen Punkten leidend unter der Herrschaft der Nothwen- „digkeit, in manchen anderen handeln wir unabhängig und frei. „Halten wir uns hierbei an Locke, dieser Philosoph ist ganz „überzeugt, dafs, wenn .seine Thür verschlossen ist, er nicht „Herr ist durch dieselbe hinauszugehen, aber wenn sie offen „ist, dafs er die Freiheit hat diefs zu thun wenn es ihm be- „liebt. Ferner sucht der König dem Verfasser des Systems der Natur darin Widersprüche nachzuweisen, dafs er als Fatalist gegen die Geistlichkeit die Regierung und die schlechte Er- ziehung sich ereifern könne, als ob die Menschen, welche diese Geschäfte treiben frei wären,- da doch, wenn alles mit Noth- 76 Öffentliche Sitzung wendigkeit bestimmt würde, jeder Rath, jede Belehrung, die Ge- setze, die Strafen und Belohnungen durchaus überflüssig und nutzlos sein würden. | Friedrich hielt seine Widerlegung des Fatalismus selbst nicht für ganz genügend, denn er fügt derselben hinzu: „Je mehr „man diesen Gegenstand auf den Grund verfolgt desto mehr „verwickelt er sich und man macht ihn durch weiteres Grübeln „nur so dunkel, dafs man endlich sich selbst nicht mehr versteht.* Ferner in dem mit dem Manuscript seiner Kritik zugleich an D’Alembert übersendeten Briefe sagt er: „was „den Fatalismus betrifft, so bleiben dem Verfasser noch Ant- „worten übrig, denn diefs ist nach meiner Meinung die am „schwierigsten zu lösende Frage der ganzen Metaphysik. Ich „nehme eine Vermittelung zwischen Freiheit und Nothwendig- „keit an, ich begränze die menschliche Freiheit bedeutend, aber „ich lasse ihr doch den Theil den ich ihr nach der gemeinen „Erfahrung über menschliche Handluugen nicht versagen kann. D’Alembert erklärt sich mit diesen Ansichten des Königs, namentlich mit dem mittleren Standpunkt zwischen Freiheit und Nothwendigkeit im Ganzen einverstanden, aber er widerlegt die Ansicht desselben, dafs in dem Systeme, nach welchem die Menschen nur Maschinen und äulseren Gesetzen des Schicksals allein unterworfen sind, die Strafen einerseits und die Moral andererseits für das Wohl der Gesellschaft unnütz sein würden, denn in dem Menschen auch wenn er als Maschine aufgefafst werde, würden die Furcht einerseits und das Interesse anderer- seits immer die beiden Haupttriebräder sein, welche die Maschine in Gang erhalten und diese würden einerseits durch die Straf- gesetze, andererseits durch ein richtiges Studium der Moral in Bewegung gesetzt, welche zeigt, dafs tugendhaft und gerecht zu sein unser eigenes höchstes Interesse ist. Wenn der König selbst eingestehen muls, dafs ihm die ‚versuchte Widerlegung des Fatalismus nicht gelungen ist und dals durch weiter fortgesetztes Grübeln ihm diese Materie immer dunkler werde, so liegt der Grund biervon wohl darin, dafs in der That der Fatalismus aus dem Principe des Materialismus mit grofser Consequenz abzuleiten is. D’Alembert, der grolse Mathematiker, der Entdecker des allgemeinsten Prineips vom 28. Januar 1869. 77 der Mechanik, welches heut seinen Namen trägt, wufste wohl sehr gut, dafs für irgend ein System materieller kleinster Theile oder Atome, welche unter der Wirkung bestimmter Kräfte stehen, aber an sich unvergänglich und unveränderlich sind, durch den Zustand, welchen dieses System zu irgend einer Zeit hat, die Zustände desselben für jede andere Zeit nothwendig und vollständig bestimmt sind. Aber es war nicht die Sache des grofsen Königs solche Fragen der Mechanik zu studiren, auch fühlte er durchaus nicht die Verpflichtung als Philosoph ein einseitiges Prineip in consequenter Weise bis an seine äufsersten Gränzen zu verfolgen, wodurch es unter Umständen gezwungen werden kann sich als Unsinn zu er- kennen zu geben. Seine eigenen philosophischen Gedanken und Anschauungen, so wie auch die Anforderungen, welche er an die Philosophie stellte, waren überall mehr die eines grolsen Königs, als die eines Philosophen. In diesem Sinne schreibt er in einem Briefe an D’Alembert vom Jahre 1768: „Ich verzeihe den Stoikern alle Verirrungen ihrer metaphysi- „schen Schlufsfolgerungen zu Gunsten der grofsen Männer, „welche ihre Moral gebildet hat. Die erste philosophische Sekte „wird mir immer die sein, welche den besten Einfluls auf die „Sitten ausübt, welche die menschliche Gesellschaft sicherer, „gesitteter und tugendhafter macht. Das ist meine Denkweise, „sie hat einzig das Glück der Menschen und den Vortheil der „menschlichen Gesellschaft im Auge. Ist es nicht wahr, dafs „die Elektrieität und alle Wunder, welche sie entdeckt, bisher „nur dazu gedient haben unsere Wilsbegierde zu erregen? ist „es nicht wahr, dafs die Anziehungskraft und die Schwere nur „unsere Einbildungskraft in Staunen gesetzt haben? ist es nicht „wahr, dafs alle chemischen Operationen in demselben Falle „sich befinden? Aber raubt man darum weniger auf den „Landstrafsen? sind eure Generalpächter darum weniger hab- „süchtig geworden? giebt man seine Abgaben etwa gewissen- „hafter? verläumdet man weniger? ist die böse Lust etwa er- „stickt, oder die Herzenshärte erweicht? Was nützen also diese „Entdeckungen der Modernen der menschlichen Gesellschaft, „wenn die Philosophie das Gebiet der Sitten und der Moral „vernachläfsigt, in welches die Alten ihr ganzes Gewicht legten, A Öffentliche Sitzung „Ich kann diese Gedanken, welche ich seit langer Zeit auf dem „Herzen habe an keinen anderen besser richten, als an den Mann, „welcher in unseren Tagen der Atlas der modernen Philoso- „phie ist, welcher durch sein Beispiel wie durch seine Schriften „die strenge Zucht der Griechen und Römer wieder in’s Leben „rufen und der Philosophie ihren alten Glanz wiedergeben „Könnte. * | Jetzt, wo hundert Jahre verflossen sind, seit Friedrich diefs an D’Alembert geschrieben hat, können wir wohl über eini- ges anders urtheilen, als der grofse König. Wir haben seitdem erlebt, wie grade die Naturwissenschaften, welchen er damals nur einen theoretischen Werth beilegte, einen mächtigen Ein- fluls auf die Gestaltung des socialen Lebens geübt haben. Wir möchten auch wohl der Ansicht sein, dafs der König die Wir- kung, welche die Philosophie zur Zeit der Stoiker auf das Volk ausgeübt habe, etwas überschätzt hat, da wir in Wahr- heit doch nur einzelne hervorragende Charaktere kennen, die sie gebildet hat. Auch möchten wir glauben, dafs die Philoso- phie, als Wissenschaft, überhaupt nicht im Stande sei, einen solchen unmittelbaren Einfluls auf die Masse des Volkes aus- zuüben und dafs der König mehr die Diener der Religion, als die Philosophen für den unbefriedigenden sittlichen Zustand des Volkes hätte verantwortlich machen sollen. Aber zu allen Zeiten wird die wahrhaft königliche Denkweise Friedrichs des Grolsen, welcher von der Philosophie, so wie von den besonderen Wissen- schaften verlangte, dafs sie für seinen höchsten königlichen Zweck, für die sittliche Hebung seines Volkes, mitwirken sollten, die Anerkennung und Bewunderung der Nachwelt haben. Das Curatorium der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen erstattet statutenmälsig Bericht über die Wirksam- keit der Stiftung in dem verflossenen Jahre. Die vierjährige Wahlperiode der drei von der Königl. Akademie der Wissenschaften zu wählenden Mitglieder des Curatoriums war mit dem 1. Jan. d. J. abgelaufen. Die Aka- vom 28. Januar 1869. 79 demie wählte dieselben Mitglieder wieder, und die Vertheilung der Ämter im Curatorium blieb vorläufig auch dieselbe, da die statutenmälsige Constituirung des neuen Curatoriums wegen dauernder Abwesenheit eines Mitgliedes von Berlin nicht ge- schehen konnte. In dem Capital der Stiftung hat keine Veränderung statt- gefunden. Hrn. Dr. Reinhold Hensel sind für das Jahr 1868 585 Thlr. zum Zweck der weiteren Bearbeitung des von seiner Reise mitgebrachten, die Wirbelthiere betreffenden Materiales ausgezahlt worden. Die laut vorigem Bericht im Jahre 1868 zu Stiftungs- zwecken verwendbare Summe von 4300 Thlrn. ist auf Beschluss der Akademie Hrn. Dr. Georg Schweinfurth aus Riga, zur botanischen Erforschung der südwestlichen Nilländer, über- wiesen worden. | Hr. Dr. Schweinfurth war schon einer der ersten Kenner der Flora der Nilländer, als er, zu Ende des Jahres 1863, auf eigene Kosten .eine zwei und ein halbes Jahr dauernde Reise nach Ägypten, dem Abyssinischen Grenzlande Galabat und dem Sudan antrat. Auf dieser Reise erweiterte er nicht allein sein Wissen und übte seine Beobachtung, sondern er erwarb auch einen für das Gelingen einer zweiten Reise nicht hoch genug zu veranschlagenden Schatz persönlicher Erfahrun- gen, und knüpfte in Chartum, der natürlichen ÖOperations- basis für Unternehmungen in jenen Gegenden, wichtige Be- ziehungen an. Hier an Ort und Stelle entwarf Hr. Dr. Schweinfurth schon damals den Plan, der seitdem durch die Hrn. Braun und Reichert der Akademie vorgelegt, deren Billigung erhielt, und in dessen Ausführung, mit den Mitteln der Humboldt-Stiftung, Hr. Dr. Schweinfurth gegenwärtig begriffen ist. Nach den Erweiterungen, welche der Geographie der oberen Nilländer in den letzten Jahren durch kühne Entdecker zu Theil wurden, mufste der dringende Wunsch entstehen, über die Natur in jenen Ländern etwas Näheres zu erfahren, als beim flüchtigen Durchwandern oder bei gezwungenem Ver- weilen im Bann barbarischer Häuptlinge beobachtet werden 80 Öffentliche Sitzung konnte. Dazu mufste sich ein mit den nöthigen Specialkennt- nissen und Beobachtungsmitteln versehener Gelehrter in jenen Gegenden an einem möglichst grofse Ausbeute versprechenden Orte, der möglichst leicht erreichbar und in Bezug auf Klima und Bevölkerung möglichst gefahrlos wäre, längere Zeit nieder- lassen, und sowohl von diesem Mittelpunkt Ausflüge machen, als auch durch Verkehr mit den Eingebornen Naturproducte dort an sich ziehen. Dies ist das Ziel, welches Hr. Dr. Schweinfurth, mit besonderer Berücksichtigung der Flora, sich gesteckt hat, und zu dessen Erreichung er in ungewöhnlichem Maafse befähigt erscheint. Als eine für einen solchen Aufenthalt geeignete Ge- gend hat er das südwestlich von Port-Rek am Bahr-el-Ghazal, etwa zwischen dem 6. und 38. Grade N. B. gelegene Bergland in Aussicht genommen, von dem wir schon durch Hrn. von ‚ Heuglin einige Nachricht erhielten. Fast die einzige mögliche Art, in diese Gegend einzudringen, besteht bekanntlich darin, sich den Expeditionen der Chartumer Handlungshäuser anzu- schliefsen. Hr. Dr. Schweinfurth hat sich also zunächst auf dem jetzt kürzesten Wege, über das rothe Meer, nach Chartum begeben. Der bisherige Verlauf der Reise war sehr glücklich. Die Direction des Österreichischen Lloyd gewährte, mit gewohnter Liberalität, dem Reisenden für die Fahrt von Triest nach Alexandrien, welches er am 17. Juli erreichte, bedeutende Er- leichterungen. Die Empfehlungen der Akademie und des Cura- toriums der Humboldt-Stiftung, des General-Consuls des Norddeutschen Bundes Hrn. Theremin und des Kaiserlich Russischen Vice-Consuls Hrn. Nicolaieff in Alexandrien hatten bei der Viceköniglichen Regierung so günstigen Erfolg, dafs unter anderem dem Reisenden zur Fahrt nach Suez ein Extrawagen für sein umfangreiches Gepäck unentgeltlich zur . Verfügung gestellt wurde. Die Fahrt von Suez nach Suakin machte Hr. Dr. Schweinfurth zum Theil auf einem -Dampfer der Schwefeleompagnie des Marquis Bassano, und erhielt so Gelegenheit, die noch wenig bekannten Schwefel- und Petro- leum-Minen der Gypsberge von Gimsah an der ägyptischen Küste des rothen Meeres zu besuchen. Von Suakin zog er mit vom 28. Januar 1869. 8 zehn Kameelen nach Berber, aber nicht auf dem gewöhnlichen Wege, den er vor zwei Jahren gekommen, sondern einer Ein- ladung des ihm von seiner ersten Reise. her befreundeten Gouverneurs von Suakin folgend, über Singat, eine Sommer- frische der Suakiner. Hier verweilte er mehrere Tage in einer den Bergländern Abyssiniens sehr ähnlichen Gegend, und beobachtete unter anderem den neuen, von Hrn. von Heuglin erwähnten, noch nicht näher untersuchten Drachen- baum, Dracaena Ombet. Mit reichen Sammlungen und im Be- sitze einer neuen Karte sowie des barometrischen Nivellements der Strecke von Suakin nach Berber, schiffte er sich endlich am 10. October nach Chartum ein, wo er in dem Hause des Norddeutschen Vice-Consuls, Hrn. Duisberg, gastliche Auf- nahme fand. Die letzten Nachrichten vom Reisenden, aus Chartum vom 10. December, eröffnen für den Fortgang des Unternehmens die erfreulichsten Aussichten. Hr. Dr, Schweinfurth ge- denkt in seinem Schreiben mit grofser Anerkennung der wohl- wollenden und energischen Unterstützung, die ihm Seine Ex- cellenz der Vicekönigliche General- Gouverneur des Sudans, Dschiaffer Pascha, zu Theil werden läfst. Derselbe hatte zwischen Hrn. Dr. Schweinfurth und einem in Chartum an- sässigen Koptischen Grofshändler, Ghattas, einen sehr vor- theilhaften Vertrag vermittelt. Danach sollte sich der Reisende einer von Ghattas ausgerüsteten, Chartum etwa am 7. Januar verlassenden Expedition anschlielsen, welche nach drei Mona- ten Port-Rek zu erreichen gedachte, von wo Hr. Dr. Schwein- furth noch 30 deutsche Meilen südlich bis zu einer für seine Zwecke, wie er glaubt, geeignet gelegenen Seriba (Factorei) vor- dringen würde. Übrigens beabsichtigte er schon vierzehn Tage früher als die Expedition, also um Weihnachten, mit einer eigenen Barke stromaufwärts aufzubrechen und die Expedition in ' Faschoda (Denab), nördlich von der Sobat-Mündung, zu erwarten, um die Ufer des weilsen Niles auf dieser Strecke mit Mulse zu untersuchen. So wird, wenn nicht das Schicksal es noch anders will, das Jahr der Säcularfeier von Alexander von Humboldt’s Ge- burt sich der Lieblingswissenschaft seiner Jugend, der Pflanzen- [1869.] 6 82 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1869. kunde, ein neues, unstreitig an Wundern reiches Gebiet in seinem Namen erschliefsen sehen. Die Dauer der Reise des Hrn. Dr. Schweinfurth ist vorläufig auf zwei Jahre festgesetzt. Die in dem laufenden Jahre zu Stiftungszwecken verwend- bare Summe beläuft sich, abgesehen von 875 Thlrn., welche für Hrn: Dr. Hensel reservirt werden, ordnungsmälsig abge- rundet auf 2500 Thlr. Hierauf sprach Hr. Lepsius über Aegyptische Kunst. * ERDEHTSBERICHT A | _ KÖNIGLICH PREUSSISCHEN. "AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN | ZU BERLIN. Februar: 1869. | Vorsitzender Sekretar: Herr du Bois-Reymon d. 1 Februsr! ERREeN der philosophisch- histo- sinssgad rischen Klasse. een der 1a: Mittheilungen über Conservation und Re- stauration von Kunstdenkmälern. 4. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Ewald las über Faserkalkbildungen. Hr. G. Rose legte eine zweite Mittheilung des Hrn. E. Reusch in Tübingen vor: Über die Körnerprobe am zweiachsigen Glimmer!). „Seit meiner ersten ‚Mittheilung über die Körnerprobe am Glimmer:bin ich durch die Güte des Herrn: Geheimeraths G. Rose in den Besitz einer grölseren Anzahl von Glimmern gelangt, an welchen fast durchweg irgendwelche krystallogra- ”) Vergl. die erste Mittheilung in den Monatsberichten der Akade- mie vom Juli 1868, S. 428. [1869.] ® 84 Gesammtsitzung phische Anhaltspunkte zu finden waren. Andrerseits erhielt ich von Herrn Prof. F. v. Hochstetter in Wien etliche sehr schöne Glimmer; und so hatte ich reiches Material, das mich nun erst in Stand setzte, die Glimmer näher kennen zu lernen. Die Thatsache, dafs einer der Radien der Schlagfigur bei einer gewissen Gattung von Glimmern senkrecht steht zur Ebene der optischen Achsen, bei-einer andern‘ Gattung aber parallel damit geht, habe ich auch .bei Glimmern von kleinem Achsen- winkel bestätigt gefunden. | Was aber meine Annahme über die krystallographische Bedeutung der Schlaglinien anbelangt, so sehe ich mich durch die Gesammtheit der neu gewonnenen Anschauungen veranlalst, dieselbe zu modifieiren, beziehungsweise zu vereinfachen. An den zuerst von mir untersuchten Glimmertafeln waren mir viel- fach prägnante Falten und Spalten entgegengetreten, die ich als zur Hauptsäule gehörig annahm; und zu diesen Falten waren zwei der Schlaglinien immer, senkrecht. Mehrere wohlbegrenzte Tafeln belehrten mich aber, dafs jene Falten zur zweiten Säule gehören. | | R Meine jetzige Auffassung ist daher folgende: Bus... Fig. IM. 1.: In allen Glimmern geht der characteristische Radius y der Schlagfigur: parallel der Fläche g, (010), welche den schar- fen Winkel der Hauptsäule abstumpft, und die zwei: ‘andern Radien w, «# sind ‚parallel den’ Flächen m (110) der Haupsäule (Fig. I u. I). 2. Bei einer ersten, am häufigsten vorkommenden Gattung von Glimmern, steht die Ebene der optischen Achsen ‚senkrecht vom 4 Februar 1869. 85 auf y und fällt daher in die grofse Diagonale der Hauptsäule (Fig. D; bei der zweiten Gattung ist jene Ebene parallel mit y und fällt daher in die kleine Diagonale (Fig. I). | Leider habe ich von den Glimmern zweiter Art, wie sie Senarmont in seiner Liste von Nr. 34 bis 57 aufführt, nur we- nige in dem mir zu Gebot gestandenen Material vorgefunden. In Betreff der sächsischen Glimmer (Nr. 40) stimme. ich mit Senarmont überein; dagegen mufs ich den Glimmer vom .Bai- kalsee (Nr. 34) und den von Utö (Nr. 57), also den ersten und letzten der Liste nach meinen Bestimmungen zu der ersten Abtheilung zählen. Es wäre von Wichtigkeit für dle Würdi- gung der bekannten Hypothese Senarmont’s über die Constitu- tion der Glimmer, zu untersuchen, ob nicht bei der Bestimmung _ mehrerer Glimmer der zweiten Abtheilung die so leicht mög- liche Verwechslung der Säulenflächen m und g, statt gefunden hat. Sollte sich nemlich herausstellen, dafs bei den Glimmern zweiter Art die grofsen Achsenwinkel von 50° bis 70° gar nicht vorkommen, so würde dadurch die so sinnreiche Dr ar eine Stütze verlieren. Ich erlaube mir daher die Bitte an die Herren Mineralo- gen, sie mögen die ihnen zu Gebot stehenden Glimmer der zweiten Abtheilung einer sorgfältigen Prüfung unterziehen, und verbinde damit die Erklärung, dafs ich gerne bereit bin, das mir etwa anvertraute Material nach bestem Wissen zu unter- suchen und vollständig bestimmte Glimmerpräparate an die Zu- sender wieder zurückgehen zu: lassen.* An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Jahrbuch der, K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1868.. XVIM. Band. Wien 1868. 8. men der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrgang 1868. (Schlufs.) Wien 1868. 8. s ‚Correspondenz-Blatt des zool. „mineralogischen Vereins in Regensburg. 22. Jahrg. Regensburg 1868. 8. | Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft in Ber lin. 'XX. Band 3. Heft. Berlin 1868. 8. u ie 86 .. Gesammtsitzung‘ Mittheilungen der. K. K.‚Central-Commission zur Erforschung der Baal male. XIV. Jahrg. Januar-Februar: Wien.1869. 4 BR, Bulletin des naturalistes de. Moscow; no. 2. .Moscou 1868.18. | Bulletin de la societe vaudoise. X,.no. 60. Lausanne 1860. 8. Archivio giuridico. Bologna 1869. 8. A a | Memoires de la societe de Bordeaux. Tome VI, 2. a 1868. 8. Almanague nautico pera 1870. Cädiz 1868. 8. N ERED U RER, Giornale di scienze naturali. Vol. IV, 1.2.3. Palermo —_ ARE Annales academici. Lugd Bat. 1868: 4. Ä ij A Mi ide Gongora y Martinez, a icas de Andabueia. ;, , Madrid 1868. 8. | 1,49 Giuliari, ‚Scipione, Maffei 'e ‚la. ehe bibliöteca, ‚Genova .1868..: 8. Hirsch et Plan tamour, Nivellement de precision ‚de ld Suisse. Liyre II.. Genevre 1868. 4. ' | Belltrami, Teoria fondamentale degli spazi ‚di curvatara constante. Milano 1868. 4. 11. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rammelsberg sprach über die Construction einiger natürlicher Tantal- und. Niobverbindungen. Darauf legte Hr. Magnus den folgenden Auszug einer in dem hiesigen physicalischen Laboratorium ausgeführten Ar- beit des Hrn. Dr. E. Warburg vor. Über die Erwärmung fester Körper durch das | Tönen. Im 24ten Bande von Poggendorf’s Annalen erwähnt Wilh. Weber, dafs die Verschiedenheit in der Schnelligkeit des Ver- klingens beim Tönen, welches die verschiedenen Substanzen | zeigen, bei akustischen Untersuchungen seine Aufmerksamkeit “ erregt habe; er weis’t darauf hin, dafs der Luftwiderstand, der eine um so schnellere Abnahme der Amplituden bewirken | muls, je kleiner die Masse des Körpers ist, auf welchen er wirkt, zur Erklärung dieser Erscheinung nicht hinreiche und kommt vom ‘11. Februar 1869. 87 zu dem Schlufse, ‘dafs dieselbe’ in der innern Natur der Kör- ‘per begründet sein müsse. > | In der That verklingt Blei viel schneller, als Stahl, wäh- rend die Dichtigkeit des a bedeutend gröfser ist, als die des. Stahls. ‚Nach .diesen engen muls ein Theil - a Kraft der Schwingungen : im Innern der. tönenden Körper ver- braucht werden, und liegt die Vermuthung: nahe, dafs. derselbe hier. in Wärme‘ umgesetzt wird; dieser Theil wird bei: den Ma- terien ‚besonders grofs ausfallen, ‘welche, wie z. B.: Blei, rasch verklingen,: /d. h.'nur einen geringen Antheil: der mitgetheilten Bewegung an! die umgebenden Medien abgeben. .., Zuiähnlichen. Betrachtungen geben: die Erscheinunkeh der Diümpfung! Anlafs, welche: Körper hervorbringen, die man: mit andern. tönenden ‘Körpern: verbindet. . Setzt: man.:ein Bleirohr, selbst ein recht dünnes, an ein Glasrohr so an, dafs es. die Verlängerung desselben .bildet,. so findet man, dafs ‘der longi- tudinale Ton.;.des Glasrohres aufserordentlich stark gedämpft wird; dies findet selbst dann statt, wenn man dem Bleirohr die Länge einer .Halbwelle des Tones giebt, in: welchem Falle: die Dämpfung‘: am geringsten ist. Ein. Stahl oder 'Melsingstab bringt ‘unter. diesen Umständen keine merkliche Dämpfung her- vor. Auch diese Erscheinungen führen auf die Annahme, dafs ein. Theil der. lebendigen Kraft; der. Schwingungen im Innern der Körper verbraucht wird, in Folge dessen auf die. Annahme einer Wärmeerzeugung. durch. das Bone, und. zwar einer Sun seren in ‚Blei, als in Stahl. | ‚Der. Verfasser stellte: sich die ‚Aufgabe, die keiner gung'durch das Tönen von. diesem ‚Gesichtspunkte aus zu un- tersuchen.') ‚Er bediente: sich dabei der Methode, dafs er..die eine Löthstelle eines Thermoelementes,; in dessen Schliefsungs- kreis: sich ein Galvanometer mit‘ astatischer Nadel befand; nach dem Tönen an die zu untersuchende Stelle anlegte; vor dem Beginn eines jeden ‚Versuches; üherzengie man sich, ' dafs das 1) 'Dafs Wärme Äüreh ‘das Tönen in Fr Körpern erzeugt werde ist bisher experimentell nicht nachgewiesen; denn die Versuche von Sul- livan (Phil. Mag. Vol. XXVIL S. 261) und Le -Roux (C. R. L. = können als ein solcher Nachweis nicht betrachtet werden. 88 .. @esammtsitzung Anlegen der Löthstelle keinen Ausschlag am Galvanometer ‚her- | vorbrachte. E Longitudinaltöne. Es gelang zuerst an einem Stabe aus Wachs (einem sehr rasch verklingenden Material), Erwärmung durch das Tönen nachzuweisen. Ein Wachsstab ward an ein diekwandiges Glas- rohr so angesetzt, dafs er die Verlängerung desselben bildete; seine-Länge betrug eine Halbwelle des Tones (berechnet nach der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in Wachs, die der Vrf. ermittelt hat und worüber das Nähere in Pogg. Ann. erschei- nen wird). Legte man die Löthstelle des Thermoelementes nach dem Tönen an eine Stelle, wo ein Knoten war, so erhielt man einen Ausschlag von 300 Skalentheilen im Sinne der Erwär- mung; in den Bäuchen ergab sich nur ein “Anschlag” von = Skalentheilen in demselben Sinne. | Ein Bleirohr von 9=@®.äufs.. Durchm., statt des Wachses an, das erwähnte Glasrohr befestigt und auch von der Länge einer: halben Welle, zeigte im Knoten eine Erwärmung = 300 bis 400 Skalentheilen, im Bauch — 40 Skalentheilen. Ein dün- neres Bleirohr (4”” äufs. Durchm.) von derselben Länge, mit demselben Glasrohr verbunden, erwärmte sich viel stärker; man erhielt einen Ausschlag von 600 Skalentheilen als das Thermoelement nach dem Tönen an den Knoten angelegt wurde. Es wurden sodann die beiden Bleiröhren parallel neben einan- der an demselben Ende des Glasrohres befestigt; in diesem Fall erhielt man in beiden merklich gleiche Erwärmung. Es ist daraus zu schliefsen, ‘dafs ein dünneres und dickeres Rohr bei gleicher Gröfse der Schwingunsamplituden in der Einheit des Querschnittes gleich viel Wärme entwickeln, und dafs das dün- nere Rohr sich in dem oben erwähnten Versuche nur deshalb stärker erwärmte, weil die Gröfse der Schwingungsamplituden . in demselben eine grölsere war; das letztere zeigte sich darin, dafs der Ton des Systems eine merklich gröfsere Intensität er- hielt, wenn man das dickere Rohr durch das dünnere ersetzte. Zu ähnlichen Resultaten führte die Untersuchung selbst- tönender Bleiröhren. Von drei Röhren gab bei gleicher Wand- dicke und Länge vom 11. Februar 1869. 89 ein Rohr. von lie äufs. Durchm. ‘nach anhaltendem kräftigen Anreiben ‘im Knoten gar keinen Ausschlag. IRRE EBENE eds. 19b.,21200rSKkalthı alien »Aymırn „ 5 us Umrgg HER . Die Stärke des Ausschlages nahm ab, je weiter man sich vom Knoten ‚entfernte und in den Bäuchen ward so gut wie gar keine Erwärmung beobachtet. Es unterliegt wohl nach dem Obigen ‘keinem Zweifel, dafs auch hier die stärkere Erwär- mung ‘dünnerer Röhren sich einfach dadurch erklärt, dafs die Schwingungsamplituden bei gleicher 'Kraftäufserung der ton- erzeugenden Ursache in engeren Röhren 'eine 'gröfsere sein mufs, als‘ in weiteren, weil bei weiteren eine gröfsere Masse in Bewegung gesetzt werden mufs, als bei engeren. Nachdem in dieser Weise festgestellt war, durch welche Einrichtung des Versuchs man eine möglichst starke Tempe- raturerhöhung ‚durch das Tönen erhalten könne, gelang es mit Leichtigkeit, auch bei andern Metallen eine solche nachzu- weisen, hier indefs nur dann, wenn die Metalle in Form dünner Dräthe mit’ einem tönenden ' Glasrohr verbunden, in kräftige Schwingungen versetzt wurden. : Ein: 14—2"”" dünner Messing- drath, dessen Länge gleich der Halbwelle des: Glasrohrtones, gab im Knoten: eine 100: Skalentheilen entsprechende :Erwär- mung; 'vergröfserte man durch Verkürzung des Drathes die Stärke der Resonanz, :so wurden 300 Skalentheile erhalten. Demnächst folgen nach der Stärke der beobachteten 'Tempe- raturerhöhung: Kupfer, Eisen, Stahl, Holz. | Ein durch. seine dämpfenden Eigenschaften sehr ausge- zeichneter Körper ist bekanntlich das Kautschuk. Dem ent- sprechend erhielt man von einem kurzen, an; das tonerzeugende Glasrohr angefügten Kautschukröhrehen dicht an der Ansätz- stelle desselben eine Erwärmung von über 1000 Skalentheilen. Ein Thermometer, das, vor dem Tönen angelegt, 19° ‚zeigte, stieg, nach dem Tönen angelegt, auf 21°; die wirkliche Tempe- raturerhöhung mufste danach viel über 2° betragen. ; Während bei Röhren aus anderem Material, wenn sich mehrere Knoten bilden, die Temperaturerhöhung in ‘den ver- schiedenen Knoten ziemlich gleich ausfällt, ist die Erwärmung 90 .@esammtsitzung beim Kautschuk nur auf,eine geringe Entfernung von der An- satzstelle an das Glasrohr wahrnehmbar. Dieses auffallende Resultat rührt ‚offenbar davon her, dafs auf dem Wege durch das Kautschuk. der Schall so sehr geschwächt wird, dals er bald eine zu geringe Intensität besitzt, um 'eine melde Er- wärmung zu verursachen. | Der einzige untersuchte Körper, bei ln es: mir nicht gelang, eine Temperaturerhöhung durch das’ Tönen zu erhalten, war. das Glas. Dünne Glasröhren, .durch Resonanz: in : starke Schwingungen versetzt, sprangen jedesmal 'entzwei; und mit dickeren. Stäben ist es mir. nicht ‚gelungen, Wärmeentwicklung zu beobachten, wahrscheinlich weil dieselben nicht in :hin- ‚reichend kräftige Hahwingängen versetzt werden-konnten. Transversaltöne. . Nach ER Vorigen sind abwechselnde Verdicigiehhe und Verdünnungen, "welche bei Longitudinaltönen auftreten, :eine wesentliche Bedingung der Erwärmung durch das ‚Tönen. Da auch’ mit ‘den Biegungen, welche bei: den Transversalschwin- gungen eintreten, Verdichtungen und Verdünnungen''verbunden sind,-so war auch bei den Transversalschwingungen eine Tem- peraturerhöhung zu erwarten! ‘Es gelang auch, eine solche zu erhalten, indefs' zeigte sich 'eine viel eomplieirtere Vertheilung der erzeugten: Wärme, als ‘bei’ den Longitudinaltönen. : Man bedient sich zur Erzeugung des Tones am besten einer Stimm- gabel, indem man mit der einen Zinke die zu untersuchenden Körper in Form dünner Röhren oder Dräthe‘'so verbindet, dafs diese die Verlängerung der betreff. Zinke bilden. :' Durch dieses Verfahren gelang es, beim Kautschuk; ' Blei,‘ Messing, Kupfer, Eisen, Stahl’ Temperaturerhöhungen nach dem Tönen nachzu- weisen, und entsprach die Stärke derselben bei den verschie- denen Materien den durch Longitudinalschwingungen erhaltenen Werthen. Man findet indefs:in den Schwingungsbäuchen bei _ den Transversalschwingungen:nach dem Tönen im Allgemeinen eine ebenso starke Temperaturerhöhung, als in: den Knoten, ja beim Kautschuk wurde in den ;Bäuchen mit Sicherheit eine noch 'grölsere erhaltenz;''nur am freien Ende war die: Erwär- mung überall: Null. Der letzte Umstand führt zur Erklärung vom 11. Februar 1869. 91 der Erscheinungen. Es sind nämlich bei den Transversal- schwingungen die Stellen stärkster Biegung, welche an frei tönenden Stäben nahe mit den Bäuchen zusammenfallen, auch Stellen stärkster Wärmeerzeugung, gleichwie bei den Longitudinalschwingungen die Stellen stärkster Dichtigkeits- änderung, welehe mit den Knoten zusammenfallen, sich als Stellen stärkster Wärmeerzeugung erwiesen haben. In _ entsprechender Weise nimmt nach Kundt’s Versuchen!) die Wirkung tönender Stäbe auf das hindurchgehende polarisirte Licht bei den Longitudinalsehwingungen nach den Bäuchen bei den Transversalschwingungen nach den Knoten und den freien Enden zu ab. Wir können danach schliefslich das experimentelle Resultat dieser Untersuchung dahin zusammen fafsen, dafs jeder feste Körper sich beim Tönen wahrnehmbar erwärmt, sofern dabei hinlänglich starke Verdichtungen und Verdünnungen auftreten, und dafs die Stärke der Erwärmung mit der Intensität dieser Verdichtungen und Verdünnungen sehr schnell anwächst. Es hat sich ferner herausgestellt, dafs die verschiedenen Körper eine um so gröfsere Temperaturerhöhung nach dem Tönen zeigen, je rascher sie verklingen, resp. je stärker sie den Ton anderer Körper dämpfen; dabei berechtigt die Gröfse der Verschiedenheit in den erhaltenen Temperaturerhöhungen zu der Behanptung, dafs die grölseren Temperaturerhöhungen nicht auf einer geringeren specifischen Wärme der betreffenden Körper beruhen, sondern darauf, dafs eine grölsere Wärme- menge beim Tönen in denselben erzeugt wird. Bei der Vergleichung der verschiedenen Körper rücksicht- lich der durch das Tönen erzeugten Wärmemenge drängt sich ferner die Bemerkung auf, dafs die Wärmeerzeugung in den Körpern um so gröfser ist, je kleiner deren Schallgeschwin- digkeit; sie ist am grösten im Kautschuk, in welchem Material der Schall kaum 40 Meter in der Sekunde zurücklegt. Es hängt dies jedenfalls damit zusammen, dafs mit der Schallge- schwindigkeit die Wellenlänge abnimmt und bei gleicher Stärke 1) Pogg. Ann. 123. 92 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der Erregung in den kürzeren Wellen die Verdichtungen und Verdünnungen gröfser ausfallen müssen, als in den längeren. Dabei bleibt nicht ausgeschlossen, dafs auch specifische Unterschiede der Materie zu der Verschiedenheit der Wärme- erzeugung in den verschiedenen Körpern beitragen. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Astronomische Nachrichten. Band 72. Altona 1868. 4. Luerssen, Zur Controverse über die Einzelligkeit oder Mehrzelligkeit des Pollens der Onagrarien, Cucurbitaceen und Üorylaceen. Jena 1868. 8. Mit Schreiben des Verfassers d. d. Bremen 29. Januar 1869. Recht, Die. Entwicklung der Weltgesetzee.e München 1869. 8. Mit Schreiben des Verfassers d. d. München 9. Februar 1869. K. v. Estorff, Brief an Hrn. Prof. E. Desor. (Abdruck aus der Allg. Zeitung.) Zürich 1869. 8. G. Appun, Über die Helmholtz’sche Lehre von den Tonempfindungen. (Separatabdruck.) Hanau 1863—1867. 8. 15. Februar. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Pringsheim las: Über die Bildungsvorgänge am Vegetätionskegel von Utricularia vulgaris. | In den folgenden Blättern gebe ich die Resultate einiger Untersuchungen über Bildungsvorgänge am Vegetationskegel von Utricularia, die bereits vor Jahren meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Sie betreffen den Entstehungsort und die Entwicklungsfolge der Seitenorgane dieser Pflanzen und stehen daher im Zusammenhange mit den Versuchen, den morphologischen Werth der Pflanzen- organe aus ihrer Entwickelungsgeschichte zu bestimmen, ferner beziehen sie sich auf den anatomischen Bau des Vegetations- vom 15. Februar 1869. 93 kegels und berühren die aufgewörfene Frage nach dem einheit- lichen oder gesonderten Ursprunge der anatomischen Gewebe des Stammes. Für die Utrieularien im Besonderen versuchen sie die verwickelten Verhältnisse ihrer Verzweigung aufzuklä- ren und' den morphologisch differenten Werth ihrer Sprosse nachzuweisen. — | Unter den Vegetationsspitzen der Phanerogamen, die meist flach sind oder sich nur wenig über ihre Blattanlagen erheben, zeichnen sich, 'wie bekannt, vorzugsweise die der vegetativen Sprofse einiger Wasserpflanzen durch ihre Ausbildung zu schlan- ken, die jüngsten Blattanlagen weit überragenden Vegetations- kegeln aus. Derartige hohe Vegetationskegel sind bekannt von Ceratophyllum, Myriophyllum, Hippuris, Elodea, Hydrilla und Aldrovandia. Zu: ihnen treten nach meinen Beobachtungen auch die Vegetationsspitzen unserer einheimischen Utrieularien und wahrscheinlich die. aller schwimmenden Arten dieser Gattung hinzu; Utricularia ‚dichotoma dagegen hat z. B. nach einer Beob- achtung an einem einzigen Keimlinge, mehr stand mir nicht zu Gebote, wie es scheint, nur eine flache Vegetationsspitze. Utriculuria vulgaris, auf welche Species sich zunächst die nachfolgenden ‘Beobachtungen beziehen, besitzt einen Vegeta- tionskegel von einer Höhe, die das Doppelte des Durchmessers seiner Basis an den jüngsten Blattanlagen erreichen kann; er wird bei kräftig entwickelten. Exemplaren etwa 4 Milime- ter. hoch. — | Von allen mir bekannten, schlanken Vegetationskegeln von Cormophyten — von diesen allein ist hier die Rede — unter- scheidet sich aufserdem der Vegetationskegel von Utricularia noch in auffallender Weise durch seine bedeutende hackenför- mige Krümmung (Fig. 1), die sich noch eine Strecke weit in die Axe unterhalb der jüngsten Blattanlagen. fortsetzt, etwa so- weit als diese in der bald überhängenden, bald seitlich ab- oder aufgerichteten Endknospe der schwimmenden Pflanze verbor- gen ist. Jeder Sprofs' der Utrieularia ist nämlich an seiner Spitze nicht nur nach Art der jungen Farrnwedel spiralig ein- gerollt (Fig. 2), wie dies schon unmittelbar sichtbar ist und von Irmisch und Buchenan bemerkt worden ist, sondern die letzte Windung der Axenspirale wird noch von dem über die 94 Sitzung der .physikalisch-mathematischen Klasse jüngsten Blattanlagen: sich erhebenden, ee es kegel selbst gebildet (Fig. 1). 19 | Anatomisch ' beruht seine Krümmung auf der voreilenden Entwiekelung der Segmente seiner Rückenfläche. Über die be- wirkende Ursache, die hier nicht blofs die gröfsere Dehnung, sondern auch die raschere Vermehrung der Zellen der convexen Hälfte hervorruft, ‘denke ich meine Beobachtungen’ später mit- zutheilen. ‘Für die gegenwärtige, rein morphologische Aufgabe genügt es zur ersten Orientirung über die am Kegel auftreten- den Bildungsvorgänge auf die Krümmung aufmerksam gemacht zu haben. ° In Bezug auf diese ‘will ich jedoch hier’ noch hinzufügen, dafs meines Wissens’ an anderen schlanken 'Vegeta- tionskegeln von 'Cormophyten sich 'nur hin \und: wieder ganz leichte Andeutungen derartiger Krümmungen finden!) und auch diese 'sind,'wo sie auftreten, nicht überall constant. — So z.B. erscheinen in gewissen selteneren Fällen die Vegetationskegel von Ceratophyjlium, die gewöhnlich eine gerade Axe besitzen, 'leicht gekrümmt 'und'ebenso scheint sich ‘der Vegetationskegel von Aldrovandia?) zu’ verhalten. Eine beständige Krümmüng dage- gen, die'jedoch nur sehr schwach 'angedeutet ist, tritt noch beim Vegetätionskegel von Salvinia?) auf und hier’ ist es leicht 2) Eine sehr häufige Erscheinung bei niedrigen Vegetationsspitzen mit sehr nahe unter der Spitze hervortretenden Zweigsprossungen ist bekannt- lich die Richtungsänderung der Axe der Vegetationsspitze, in Folge deren diese. zu einer gebrochenen Linie wird. Von diesen nicht seltenen Fällen unterscheiden sich jedoch die wahren Krümmungen leicht dadurch, dafs bei ihnen die Axe der eigentlichen Vegetationsspitze —: d. h. der über die jüngsten Seitensprossungen hervorragende Theil — stets eine krumme Linie bildet, und so liegt auch die Ursache der erst erwähnten Richtungsän- derung der Axe in einer Ablenkung der Wachsthumsrichtung der Haupt- axe durch die überwiegende Ausbildung seitlicher Sprosse, die Ursache der Krümmung dagegen in ungleichzeitiger Entwickelung der convexen und concaven Hälfte des Vegetationskegels. = 2) Ich schliefse dies aus einer Zeichnung von upan in Bot. Zeit. 1862. Taf. VII. Fig. ‘23. 3) Siehe meinen Aufsatz über Salvinia. Jahrbücher f. wiss. Bot. III. Taf. XXIV. Fig. 2.4. XXV‘ Fig. 6. | “vom 15. Februar 1869. 95 zu::constatiren; dals' dieselbe eine Aufwärtskrümmung der Spitze der überhängenden Endknöspe ist und: dafs 'dierunmittel- bar unter: der Scheitelzelle befindliche Region — etwa ‘die 4 jüngsten Stengelsegmente umfassend — hier ae, PIERRE Stelle. bildet. »-Nächst seiner areitg zeigt der Veetatiahskeiel von Utricularia vulgaris nun’ zugleich noch ein auffallendes Verhal- ten in ‚Bezug auf die Ursprungsstellen der an ihm. hervortre- tenden Seitensprossungen. — Die Blätter allerdings zeigen keine Abweichung von den gewöhnlichen Vorgängen. Sie ent- springen (Fig. 1) in zwei Reihen auf den 'beiden Seiten des Vegetationskegels, die ich im Gegensatze zu. der ‚convexen Rückenfläche (r) und der concaven Bauchfläche (ec), in welcher der Krümmungswinkel (bei v) liegt,als seine Seitenfläehen bezeich- nen will. Von ihrer Entwickelungsgeschichte nur so viel, als zum ''Verständnils des Spätern unumgänglich nöthig ist. Sie entstehen, wie gewöhnlich, ‘als stumpfe, zellige Hervorragungen, deren jüngste (bY)'etwa in der Höhe des Krümmungswinkels sicht- bar wird. ' Kurz nach ihrer Anlage erscheint ihr vorderer Rand “ausgebuchtet (5/77 b2P Fig. 1) und hierdurch ist die erste Andeu- tung der Spaltung des Blattes in die beiden mittleren, stärksten Hauptzipfel desselben gegeben. An diesen ersten ‚Zipfeln ent- stehen dann aus dem rechten auf seiner rechten Seite, aus dem linken auf dessen linker Seite je ein seitlicher Zipfel und hier- mit ist’ die Grundgestalt des Blattes von Utricularia angelegt, das seiner typischen Form nach als vierspaltig-handförmig mit zwei gröfseren mittleren und zwei kleineren seitlichen Zipfeln bezeichnet werden kann. — Die weiteren Theilungen dieser _ vier'ersten Hauptzipfel des Blattes, aus: welchen später die “ seitlichen Sprossungen jedes ‘Hauptzipfels: in acropetaler Folge hervorgehen, sind ‘unbestimmt, indem: bei ‘den : verschiedenen Exemplaren, namentlich aber bei den Sprossen verschie- dener Dignität, welche bei Diricularia auftreten, die Anzahl der Sprossungen der vier ersten oder Haupt-Blattzipfel eine sehr verschiedene sein kann; wodurch die Blattform bald :mehr ‚oder weniger zahlreich fiedrig getheilt erscheinen kann, wobei jedoch immer 'die vier Hauptblattzipfel, als deren Seitensprossungen die andern Abschnitte erscheinen, deutlich hervortreten;, bald auf. 96 Sitzung der :physikalisch-mathematischen Klasse die ersten vier Hauptblattzipfel allein, die keine weiteren Bar sungen gebildet haben, reducirt ist. 1 | Die Haare, zweizellige, von einem einkeiligeh 8 Stiel getra- gene Köpfchen, werden bei Utrieularia schon vom: Vegetations kegel angelegt. Sie treten allseitig auf dem Kegel auf, vor- wiegend jedoch und namentlich zuerst erscheinen sie auf dessen Rückenfläche und hier reichen sie (k' h?’h,... Fig. 1) bis weit oberhalb der jüngsten Blattanlagen hinauf. Ihr Hervortreten am Vegetationskegel eilt also der Zeit nach dem Hervortreten der Blätter: voraus und es ist daher der Vegetationskegel von Utricularia oberhalb der jüngsten Blattanlagen nicht, wie man gewöhnlich annimmt, nackt; sondern deutlich, oft mit zahl- reichen Haaren bis ganz nahe an seiner Spitze bekleidet. ' Getrennt von den Blättern auf der Bauchseite der Vegetations- kegel (vFig. 1u.v v1»? v*v* Fig.2) entstehen neue Vegetations- kegel. Die jüngsten, die als eben beginnende Hervortreibungen kenntlich werden unmittelbar am Krümmungswinkel, also:.in einer Region, die dem Scheitel des Vegetationskegels‘ näher ‚liegt, als die jüngste Blattanlage und ihre Bildung erfolgt, ohne jede Beziehung zu einem Blatte des Vegetationskegels. Denkt man sich dessen Krümmungen aufgehoben, so liegen daher ur- sprünglich die bisher besprochenen Organe — abgesehen von den allseitig auftretenden Haaren — in drei Reihen, von denen zwei Blattreihen sind, die dritte peripherisch von. beiden: etwa 90° 'abstehende die über einander stehende Reihe der neuen Vegetationskegel bildet (vo! v’ w* ... Fig. 2). Diese aber wachsen nicht unmittelbar zu seitlichen Laub- zweigen aus, sondern bilden sich in höchst eigenthümliche Or- gane um, die zwar früher bereits gesehen, aber mit den nor- malen Laubzweigen der Pflanze vermengt worden sind. ‚Ich will diese Organe als Ranken oder vielleicht besser als ranken- artige Knospen mit ruhender Vegetation bezeichnen. — Die erwähnten Vegetationskegel, aus denen sie entstehen, | nehmen nämlich zwar kurz nach: ihrer ' Anlage die characteristische Krümmung der normalen Vegetationskegel von Utricularia an, bilden jedoch oberhalb ihres einzigen zu bedeutenderer Länge entwickelten, basalen Internodiums nur noch wenige, kurze In- ternodien und ganz kümmerliche und völlig 'ungetheilte Blätter vom 15. Februar 1869. | 97- (v! v? v® vt Fig. 2 u.. Fig. 10. 11. 12). Auf diesem unfertigen Entwickelungszustande sind sie noch an: den erwachsenen Thei._ len der Pflanze zu finden ‘in. Form von kleinen, unter ihrer Spitze arm und abweichend beblätterten Haken. Eine bedeut- same Erscheinung, die für, die morphologische Erklärung der Organe, und Stellungsverhältnisse später wichtig wird, und auf welche ich ‚gleich hier aufmerksam ‚machen muls, ist die Thatsache, dafs ohne Ausnahme sämmtliche rankenartige Zweige gegen die Spitze ihrer Tragaxe zu gekrümmt sind (v?iv? v* Fig. 2). | | Wie.es scheint ‚spärlicher als die Vegetationskegel, aus denen die eben beschriebenen rankenartigen Zweige oder Knos- pen werden, treten am Vegetationskegel der Mutterpflanze die- jenigen neuen, Vegetationskegel auf, aus denen die normalen Seitenzweige der Mutterpflanze hervorgehen. Sie unterschei- den sich bald nach ihrer Anlage von den Vegetationskegeln jener rankenartigen Zweige durch ihre in allen Theilen stärkere Aus- bildung ‚und ihr den Vegetationskegeln der Mutterpflanze gleich- artiges Verhalten in: Bezug auf die Anlage und die Form ihrer eigenen: Seitensprossungen. Ihr Entstehungsort fällt in oder neben die Achsel ihres Tragblattes, jedenfalls ganz in die Nähe desselben. Bei ihrer geringen Anzahl, da nur sehr wenige Blätter diese normalen Seitenzweige besitzen, ist es mir bisher nicht möglich gewesen ihre Ursprungsstelle am Vegetationske- gel noch genauer festzustellen. Die Blüthen endlich treten schon in sehr frühen userg; zuständen der Pflanze aus deren Axe hervor. Auch die Anlage zum Blüthenstande entsteht aber hier nicht in einer Blattachsel, sondern sie erhebt sich am Grunde der Anlage eines Seiten- zweiges und ebenso auch am Grunde der Anlage zu einem rankenartigen Zweige (B Fig. 2), also hier ganz entfernt von jedem Blatte, und zwar steht dieselbe dicht neben der Basis des normalen oder rankenartigen Zweiges meist nicht seitlich neben, sondern etwas vor demselben fast in dem Winkel, den der Zweig mit der Achse der Mutterpflanze bildet, so dals man in ınanchen Fällen mit gutem Rechte sagen kann, der Blü- thenstand trete bei Utricularia aus der Achsel eines Zweiges hervor. 98 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ' Die ‘eben geschilderten Bildungs-Vorgänge am Vegetations) kegel von Utrieularia lassen 'einige für die allgemeinere mor- phologische Betrachtungsweise der Organe nicht 'uninteressante Thatsachen 'hervortreten, deren einfache eo ich hier mit einigen Worten berühren will: - an Hofmeister hat in seiner allgemeinen Morpholögie der Ge: wächse'), den an'sich wohl ansprechenden Gedanken entwickelt, dafs der .morphologische Rang der Seitensprossungen gleichen Schritt hält mit der Höhe ihrer Ursprungsstellen am Vegetations- kegel. Gewils ist zuzugeben, dafs diese Ansicht dem thatsächliehen Befunde der überwiegend gröfsten Mehrzahl’ der Fälle entspricht. Dafs sie jedoch 'nicht die'allgemeine Geltung besitzt, "die ihr Hofmeister zuspricht, beweist schon dieser eine von’ mir gefun! dene und leicht zu constatirende Fall der Entstehung der'Häare am Vegetationskegel von''Utricularia”) ‘oberhalb aller andern seitlichen Anlagen. : Übrigens dürften genauere’auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen jetzt wohl mehr derartige Fälle ans Licht ziehen.?) ''Begründeter als die Vorstellung, dafs der mor- phologische Werth der Haare ihre Ursprungsstelle bestimmt, scheint mir die‘ Ansicht, dafs die Zeit der ersten Entstehung 1) Handbuch : der physiologishhen Baia h, Bqd..I .p. 408 — 416 in . dem Abschnitte „Sprossungen verschiedener Dignität“ namentlich a u ge | nr 2) Ich mufs hier bemerken, dafs Hofmeister an dem an eitirten Orte p. 212 auch Utricularia vulgaris — vermuthlich gegenüber einer ihm schon vor Jahren von mir gemachten mündlichen Mittheilung über die Entstehung der Haare am Vegetationskegel von Utricularia' — als eine Pflanze aufführt, die von dem 'von ihm aufgestellten Gesetze der Ent- wickelungsfolge der Organe ‚nicht: abweicht... Auch ' nach. wiederholter Prüfung der Thatsachen weils ich mir, den. Widerspruch in ‘unsern An- gaben über den Bau des Vegetationskegels dieser Pflanze und über die Stellung der Organe, die er trägt, nicht zu erklären. | 3) Vielleicht bietet Cunonia ‚capensis schon einen zweiten ähnlichen Fall. Die Darstellung bei Hanstein.(Bot. Zeit. 1868 p. 705) läfst mich dies vermuthen, obgleich freilich aus der dortigen Beschreibung, da Han- stein diesen Punkt nicht besonders im Auge hatte, nicht recht ersichtlich ist, ob die Haare dort blofs über die jüngsten Blätter hinausragen, oder ° wirklich oberhalb deren Ursprungsstelle entstehen. ‚vom 15. Februar 1869. 2%. 0898 der Haare mit der Zeit der Differenzirung der Epidermis im Zusammenhange steht. Wie Utricularia zeigt, kann diese aber schon sehr früh am Vegetationskegel selbst fast unmittelbar unter seinem Scheitel eintreten. . Nicht minder interessant, als die Entstehungsart der Haare, scheint mir der Nachweis der Ursprungsstelle jener neuen Ve- getationskegel, aus denen die bisher nicht unterschiedenen, ran- kenartigen Sprosse oder Knospen von Dtricularia vulgaris her- vorgehen. — Über deren volle Bedeutung bleibt allerdigs noch so lange ein Zweifel, als ich noch nicht mit Sicherhelt anzu- geben vermag, ob sie später noch in Verbindung mit der Pflanze oder getrennt von derselben einer Weiterentwickelung zu fort- pflanzungs- oder vermehrungsfähigen Sprossen fähig sind. Ich glaube dies zwar nicht, allein die von mir bisher aus Winterknos- pen erzogenen Pflanzen sind noch nicht alt genug, um hierüber mit absoluter Gewilsheit zu entscheiden. Soviel steht aber fest, dafs es Sprosse sind von einer von der der normalen Seitens- prosse abweichenden, gleichsam niedrigeren Dignität. Wir ha- ben daher bei Utriculariu zunächst schon zweierlei Arten von Laubsprossen zu unterscheiden. Erstens die in geringer An- zahl auftretenden ersten Seitenzweige der Pflanze, die ich die normalen Seitenzweige oder dienormalen Laubsprosse nennen will und die, wie oben angegeben war, unmittelbar neben dem Tragblatte aber auch nicht, wenigstens nicht immer, genau in dessen Achsel entstehen, und zweitens die rankenartigen Sprosse oder Knospen, welche an ganz bestimmter Stelle am Vegetationskegel ganz unabhängig von jedem Blatte der Pflanze ihren Ursprung nehmen. — Was die ersteren betrifft, so mag hier noch ausdrücklich erwähnt sein, dafs sie niemals — eben so wenig wie die Axillarknospen der übrigen Wasserpflanzen mit schlanken Vegetationskegeln — etwa aus einer wahren Dichotomie des Vegetationskegels hervorgehen, sondern sie sind unbedingt, wie jene, Seitenorgane des Vegetationskegels. Was nun die rankenartigen Sprosse betrifft, so zeigen diese in ihren Characteren zwar bedeutende Unterschiede von den normalen Laubsprossen, verhalten sich aber in ihren Jugend- zuständen und ihren wesentlichsten Entwickelungssphänomenen dagegen wieder bald ihnen völlig gleich oder doch ähnlich. [1869.] 8 100 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Sie unterscheiden sich von ihnen, wie bereits hervorgeho- ben, durch den Ort ihrer Entstehung am Vegetationskegel und durch ihre völlige Unabhängigkeit von den Blättern, die sie auch im späteren Alter beibehalten. Sie stehen nämlich auch an den älteren Theilen der erwachsenen Pflanze stets entfernt von den Blättern an solchen Stellen der Axe, die der Bauchseite des Vegetationskegels, aus welchem die Axe hervorging, entspre- chen. Sonst halten sie in ihrer Stellung gar keine bestimmte Be- ziehung zu irgend welchen Organen der Pflanze ein. Treten sie am Knoten auf, so stehen sie bald in gleicher Höhe mit der Ansatzstelle des Blattes, welches dieser Knoten trägt, bald tie- fer, bald höher, und am Bezeichnendsten für ihre Unabhängig- keit ist, dafs man sie an beliebigen Stellen zwischen den Kno- ten oft mitten auf einem Internodium antreffen kann (Fig. 12), doch jedesmal nur auf der der Bauchseite des Vegetationskegels entsprechenden Region der Axe. Dem widerspricht natürlich nicht, dafs sie auch hin und wieder neben einem’ Blüthenstande oder einem normalen Seiten- zweige gestellt sind und es ist sogar ein häufiger Fall, dafs, wenn diese rankenartigen Sprosse am Knoten stehen, zwischen ihnen und dem Blatte des Knotens, wenn auch nicht in glei- cher Höhe, zunächst ein Blüthenstand, und dann dem Blatte am Nächsten oder schon theilweise vor demselben ein norma- ler Seitenzweig befindlich ist. Fernere Unterschiede dieser rankenartigen Sprosse von den normalen Seitensprossen gehen dann aus der frühen Unter- brechung der Neubildung von Organen unter ihrer Spitze, aus der abweichenden Gestalt der Blätter und aus der eigenthüm- lichen Krümmung, ihres einzigen stark entwickelten basalen In- ternodiums (J-J Fig. 12), welches ihre äufsere Gestalt vorherr- schend bestimmt, hervor. Dagegen gleichen sie wieder den normalen Sprossen, so- wohl in der Krümmung ihres Vegetationskegels (v Fig. 12), als auch in der Anlage der Seiten- namentlich der Blattorgane, die gleichfalls in zwei Reihen an den beiden Seitenflächen des Ve- getationskegels hervortreten und endlich noch in der Behaarung der Vegetationsspitze. | vom 15. Februar 1869. 101 ‘Der von mir gewählten Bezeichnung dieser Organe als rankenartige Sprosse oder Knospen — das Letztere, weil ich noch nicht unbedingt ihre spätere Weiterentwickelung zu ne- giren vermag — liegt zunächst ihre eigenthümliche Erscheinung im ausgebildeten Zustande an den Knoten und Internodien der er- wachsenen Pflanze zu Grunde, ferner ihr Entstehungsort, da auch in andern Fällen rankenartige Sprossformen einen von den Blät- tern unabhängigen Ursprung nehmen möchten, worauf mir die Untersuchungen von Naegeli und Schwendener') über den Ur- sprung der rankenartigen Sprosse von Vitis und Ampelopsis hinzu- deuten scheinen; wenn nicht etwa deren Zeichnungen der Stengel- spitzen eine andere, als die dort gegebene, Deutung verlangen. ‚Wie es aber auch bei Vitis und Ampelopsis sich verhalten mag, für Diricularia kann die von den Blättern unabhängige Entstehung dieser Ranken keinem Zweifel unterliegen. Sie tritt zu der grossen Anzahl bekannter analoger Fälle bei höheren Cryptogamen als ein leicht zu constatirender und keine andere Deutung zulassender Fall unter den Phanerogamen hinzu und ich kann mich in dieser Beziehung nur der Ansicht von Hof- meister), die er in seiner allgemeinen Morphologie ausführ- licher entwickelt, anschliefsen, wonach die beiden Wachsthums- richtungen, welche den Zweig und das Blatt bilden, trotz ihrer häufigen Zusammengehörigkeit bei Phanerogamen, doch nicht nothwendig verbunden gedacht werden müssen, auch in jenen Fällen, wo sie offenbar getrennt auftreten; eine Vorstellung, die zu vielfachen unnatürlichen und unwahren, morphologischen Deutungen geführt hat. | Dagegen ist es naheliegend anzunehmen, dafs der verschie- dene Ursprung vegetativer Sprosse derselben Pflanze nicht ohne Einflufs auf die morphologische und anatomische Beschaffenheit derselben bleiben wird und es eröffnet sich vielleicht hierin die Aussicht, wenigstens gewisse Reihen differenter vegetativer Sprossformen auf verschiedene Ursprünge zurückzuführen. Oft, wie zum Beispiel bei den Charen’), scheinen hieraus nur sehr 1) Das Microscop. II. p. 605. ?) Handbuch d. phys. Bot. I. p. 431, 3) Jahrb. für wiss. Bot. III. p. 294 u. f. über die nacktfüfsigen Zweige der Charen. 8* 102 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse geringfügige Differenzen hervorzugehen. Nichts desto weniger sind sie vorhanden und verdienen schon ihrer Unterscheidung wegen und der unbekannten Beziehung, die sie zum Entwicke- lungsgang der Pflanze haben, auch wenn sie nicht unmittelbar in die Reihe der innerhalb der Sprossfolge wesentlichen Sprosse fallen, eine genauere Berücksichtigung. — Ohne auf analoge Fälle hinzuweisen, die doch wieder erst einer neuen Untersuchung unter dem bezeichneten Gesichts- punkte bedürfen würden, will ich hier vielmehr die hierauf be- züglichen Erscheinungen bei den Utricularien, soweit ich die- selben bisher habe verfolgen können, noch ausführlicher be- sprechen; da diese, vor Allen aber Utricularia vulgaris, ein ‚geeignetes und lehrreiches Beispiel von Pflanzen mit mehrfachen, ihrer morphologischen Erscheinung und ihrem anatomischen Bau nach sehr verschiedenen, vegetativen Sprossformen liefern, die sich je nach ihren Ursprungsstellen verschiedenartig ent- wickeln. Eine überzeugende und beweisende Darstellung mei- ner Auffassungen und Deutungen der Organe und. Stellungs- verhältnisse der Utricularien würde zahlreiche Abbildungen ver- langen, die ich mir hier versagen mufs. Ich werde mich daher durch die Beschreibung und einige wenige Zeichnungen deut- lich zu machen suchen und verweise auf die Nachuntersuchung an der lebenden Pflanze, die meine Behauptungen bestätigen wird. — Wir haben im Vorhergehenden bereits zweierlei Spross- formen von Dtricularis vulgaris kennen gelernt. Erstens die normalen Seitensprosse, welche in jeder Beziehung der Mutter- pflanze gleichen und der Zeit nach die ersten Seitenverzwei- gungen derselben bilden. Sie werden unmittelbar neben oder in der Achsel ihres Tragblattes angelegt. Zweitens die ranken- artigen Sprosse, die unabhängig von den Blättern an der Bauch- seite des Vegetationskegels alle an seinem Krümmungswinkel gebildet werden. — Diese beiden Sprossformen sind jedoch nicht die einzigen der Pflanze. | Ä Eine dritte Reihe von Sprossen entsteht auf den Blättern der alten Pflanze; sie erscheinen auf diesen sowohl nach ihrer Trennung von der Mutterpflanze als auch noch in Verbindung mit derselben. Die Vegetationskegel, aus welchen sie hervor- vom 15. Februar 1869. 103 gehen, entstehen exogen vorzugsweise in der Nähe der Winkel der obern Blattabschnitte. Ich habe 3—4 Sprosse auf einem Blatte angetroffen; sowohl an solchen Blättern, die noch mit der Mut- terpflanze in Verbindung waren, als auch an abgeschnittenen. Der Vegetationskegel dieser Sprosse zeigt, abgesehen von einer durchwegs geringeren Kräftigkeit aller Theile keine wesentlichen Unterschiede vou dem der normalen Sprosse. In ihrer späte- ren Ausbildung zeigen diese Blattsprosse aber grofse und auffalende Abweichungen von den normalen Sprossen der Pflanze, die in ihrer in allen Theilen schwächeren und kümmerlicheren Ausbildung hervortreten. Anatomisch macht sich diese gel tend durch die geringere Anzahl der Elemente, die den Stamm auf dem Querschnitte zusammensetzen; also durch eine gerin- gere Anzahl von äufseren Rindenzelllagen, durch eine geringere Zahl der zum Kreise zusammentretenden Luftlücken und durch geringere Dicke des axilen Fibrovasalstranges. Eine ähnliche schwächere Ausbildung erleiden auch ihre Blätter, die sich äufserlich sogleich in der bedeutend geringeren Anzahl der Fiederungen der 4 Blatthauptzipfel ausspricht. — Diese Sprosse machen auf den ersten Blick einen von dem normalen Aus- sehen der Utricularia vulgaris so verschiedenen Eindruck, dafs man sie unbedingt ohne Kenntnifs ihres Ursprunges nicht als zu dieser, sondern vielmehr zu Utricularia minor gehörig be- trachten würde. Ich will sie als kümmerliche Sprosse be- zeichnen. — Allein auch mit diesen Blattsprossen ist die Anzahl der Sprossformen der Utricularia vulgaris noch nicht abgeschlos- sen, vielmehr entstehen an dieser Pflanze ferner noch vegetative Sprossformen: 1. Am Grunde des gemeinschaftlichen Stieles der Blüthenstände und zwar gewöhnlich mehrere weit unterhalb des untersten Blattes dieses Stieles und gleichfalls exogen und sichtbar ohne Beziehung zu ir- gend einem Blatte, welches hier gar nicht vorhanden ist. Ich kenne bisher nur die Jugendzustände dieser Sprosse und muls es noch unentschieden sein las- sen, in .wie weit sie im fertigen Zustande den küm- merlichen Blattsprossen oder den Ranken gleichen möchten; ich habe aber Grund zur Vermuthung, 104 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse dafs auch am Blüthenstand noch mindestens zweierlei den kümmerlichen Blattsprossen oder den Ranken sich anschliefsende Sprossformen gebildet werden. 2. Aus den Stielen der Schläuche; und zwar ent- stehen die Vegetationskegel dieser Sprosse hier an den noch jugendlichen Schläuchen ganz nahe an deren Basis auf der concaven Seitenfläche des Stieles, die, wie wir bald sehen werden, in ihrem morphologischen Werthe der Bauchseite einer Sprossaxe entspricht. Auch diese Vegetationskegel entstehen exogen und ohne sichtbare Beziehung zu irgend einem Blatte (Fig. 6C). Die aus diesen Vegetationskegeln hervorgehenden Sprosse, von denen ich gleichfalls nur die Jugend- zustände kenne, haben in diesen eine grofse Ähn- lichkeit mit den Jugendzuständen der an den Blät- tern und den Stielen der Blüthenstände entsprin- genden Sprosse. Einen Abschlufs gewinnt endlich der Reichthum an Spross- formen bei Utricularia durch die Erkenntniss des morphologi- schen Werthes ihrer Schläuche, der ebensowenig als ihr ana- tomischer Bau bisher genügend aufgeklärt ist. Die Entwickelungsgeschichte der Schläuche und der Ver- gleich der Entwickelungserscheinungen ihrer Jugendzustände mit den Vorgängen an den Vegetationskegeln der normalen ° und rankenartigen Sprosse läfst darüber. kaum einen Zweifel, dals die Schläuche eigenthümlich modifieirte Sprosse sind, die den rankenartigen Sprossen am nächsten verwandt noch eine gröfsere Metamophose als diese erlitten haben. — Wie die Seitenansicht junger Schläuche (Fig. 7u. 8) zeigt, krümmt sich der Vegetationskegel der Schläuche (p Fig. 7u.8) bald nach seiner Entstehung und legt schon sehr früh unter seine . Spitze 1 od. 2 später zu Einem verschmelzende Blätter (bFig.7u.$) an, die den jugendlichen Blättern der rankenartigen Sprossen glei- chend eine noch geringere Entwickelung als diese erlangen und ka- pottenartig den Vegetationskegel überwachsen. Aufser diesen Blät- tern entspringt an ihm auf seiner Bauchseite nur noch ein ganz kleiner nackter Vegetationskegel (s Fig. 7u.8), der sich sehr bald vom 15. Februar 1869. 105 nach seiner Anlage, wie dies ja Regel ist, der Spitze seiner Trag- axe zukrümmt. Diese zu einander geneigten Organe, der pri- märe Vegetationskegel p, dessen Blattorgane d und der aus ihm _ enstandene secundäre Vegetationskegel s, schliefsen zusammen den Hohlraum des künftigen Schlauches ein, der sich dann nur noch durch das Wachsthum der ihn begrenzenden Organe ver- gröfsert. Eine Complication tritt aber hier im Laufe der spä- teren Entwickelung durch das eigenthümliche zur Bildung des sogenannten Ventils führende Verwachsen der beiden ursprüng- lich freien Vegetationskegel, des primären p und secundären s ein. Es verwachsen diese in den Hohlraum des Schlauches ‚bis dahin nur einfach hineinragenden Vegetationsenden (Fig. 9) nämlich noch einseitig mit einander längs eines Stückes der einander berührenden Seite und das aus dieser Verwachsung entstehende Verbindungsgewebe entwickelt sich fortwuchernd zu einer die beiden ursprünglichen Vegetationsspitzen verbin- denden Gewebeplatte') mit diesen gemeinschaftlich eine Art an einer Seite offenen Trichters bildend (g in Fig.6 Au.B), der sich nach Innen erweitert und von der Mündung in die Höhlung des Schlauches hineinragend, einen canalartigen Zugang in das Schlauch-Innere darstellt. Ein fernerer Umstand, der über die . Spross-Natur der Schläuche ebensowenig Zweifel läfst, wenn man die Bildungsvorgänge am Vegetationskegel von Utricularia kennt, liegt in der bereits erwähnten Entstehung von wirklichen vegetativen Sprossen oder von secundären Schläuchen aus ihrem Stiele (Fig. 6). In gewissen Fällen nämlich, von denen gleich die Rede sein wird, entsteht an dem Stiele des Schlauches !) Dieser Trichter wird später zu dem bald als Klappe bald als Ventil oder Falte bezeichneten Organ der Utrieularien-Schläuche. Den anatomi- schen Bau der ihn bildenden Gewebeplatte mit den auf ihr befindlichen ab- weichenden Epidermoidalbildungen u. s. w. übergehe ich hier als zu weit von der Aufgabe abführend, obgleich die ganze Bildung dieses Trichters wohl eine eingehendere -Schilderung verdient, zumal sie nirgends richtig beschrieben ist. Über die Epidermoidalbildungen dieser den Trichter bildenden Platte an ihrer nach Aufsen gekehrten Seite findet man einige richtige Notizen in den beiden sonst in jeder Beziehung unbrauchbaren Arbeiten von Benjamin (Bot. Zeit. 1848) und Reinsch (Jubelschrift der K. Bayr. Bot. Ges. zu Regensburg 1859). 106 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse unterhalb des secundären Vegetationskegels noch ein zweiter secundärer Vegetationskegel (s? Fig. 8) und aus diesem wird entweder wieder ein Schlauch (so entstand in Fig. 6 der Schlauch B an A) oder ein beblätterter Spross (so entstand in Fig. 6 der Spross Ü am Schlauch 3). Wir sehen daher, dafs aus der primären Schlauchaxe an ihrer Bauchseite mehrere neue Vege- tationskegel hervortreten können, ganz so wie die Vegetations- kegel der Ranken an der Bauchseite der Axe der normalen Sprosse und dafs sich diese auch hier, wie dort, verhalten, in- dem sie gleich nach ihrer Enstehung sich der Spitze ihrer Trag- axe zukrümmen. Dafs der oberste dieser secundären Vege- tationskegel in Gemeinschaft mit dem primären jene sonderbare Metamorphose in den Schlauch und dessen Trichter erleidet, setzt seiner Fortentwiekelung eine Schranke. Diese aus der Entwickelungsgeschichte entlehnten Beweise für die morphologische Natur der Schläuche werden nun endlich noch durch die gegenseitige Vertretung von Schläuchen und Sprossen und durch ihr Auftreten in den Blattachseln be- stätigt.!) — ' In vielen Blattachseln findet man nämlich und zwar genau . in der Blattachsel je nach dem Alter des Knotens 1, 2, 3 und mehr Schläuche, und es läfst sich von diesen mit der gröfsten Entschiedenheit nachweisen, dafs sie genetisch aus einander her- vorgegangen ein kurzes Sympodium bilden. Sie sind immer von verschiedenem Alter, der eine geht aus dem andern an 1) Schacht (Beiträge zur Anatomie und Physiologie p. 29 u. f.) hat bereits die Schläuche der Utricularien als Knospen bezeichnet wegen ihrer Stellung in der Blattachsel. Allein dieser Schlufs ist aus einer irrthümlichen Auffassung hervorgegangen; er kennt nicht die Schläuche, die in der wahren Blattachsel stehen; sondern nach seiner Ansicht ist vielmehr das Blatt der Utricularia ein beblätterter Zweig, die Blattab- schnitte hält er für die eigentlichen Blätter und schliefst von der Stellung der Blattschläuche in den Winkeln der Blattabschnitte auf die Knospen- natur des Schlauches. Diese ganze Auffassung der Blätter als Zweige ist aber schon an sich nicht berechtigt, ganz abgesehen davon, dafs die Blattschläuche nicht einmal gesetzmäfsig in den Winkeln der Blattab- schnitte, sondern etwas von ihnen entfernt, stehen. ‘vom 15. Februar 1869. 107 s dessen Stielbasis in der kurz vorher beschriebenen Weise her- vor (wie Fig. 6, wo aber statt des jüngsten der Spross C' vor- handen ist). Der zweitälteste B ist deshalb mit seinem Krüm- mungswinkel dem ältesten A zugekehrt. Der dritte und jüngste ist immer der mittelste von den dreien, aus dem zweiten ent- standen, sieht er wieder nach diesem hin. In anderen Blattachseln findet man anstatt der Schläuche eine gleiche Anzahl Jugendzustände beblätterter Sprosse, die ganz dieselben Verhältnisse, Stellungen und genetischen Bezie- hungen zu einander, wie dort die Schläuche einhalten. In noch anderen stehen endlich Schläuche und Sprosse gemischt neben einander (Fig. 6) und halten gegenseitig wie- derum genau dieselben Beziehungen und Stellungsverhältnisse zu einander, Schlauch zu Spross oder Schlauch; Spross zu Schlauch oder Spross, wie in den Fällen, wo nur Sprossun- gen einerlei Art auftreten, ein. — Es ist demnach ersichtlich, dafs das einfache Gesetz, welches hier herrscht, folgendes ist: In den meisten Blattachseln der Utricularien wird ein Spross erzeugt, aus welchem ein kurzes wickelartiges Sympodium ohne jede Tragblätter hervorgeht mit Ausnahme des ersten, in dessen Achsel das ganze Sympodium steht. — Die Anzahl . der Sprosse hat in den mir vorliegenden Fällen von allerdings noch nicht alten Pflanzen die Zahl 4 nicht überschritten. Die Ausbildung der einzelnen Sprosse dieses Sympodiums kann eine verschiedene sein; sie können sowohl zu Schläuchen als zu beblätterten Sprossen werden; diese letzteren sind jedoch nicht identisch mit den normalen am frühesten zur Entwickelung ge- langenden Seitenzweigen der Mutterpflanze. — Eine Regel in der Ausbildung dieser Sprosse zu Schläuchen oder beblätter- ten Sprossen habe ich nicht auffinden können. Dies sind die Thatsachen, welche uns gestatten, ein über- sichtliches Bild von der Verzweigunsnorm und den Sprossverhält- nifsen der Utricularien zu entwerfen, deren Sonderbarkeiten und Abweichungen vom Gewöhnlichen schon in einigen Puncten we- nigstens Irmisch') und Buchenan?) aufgefallen sind. Dafs es ihnen nicht gelang, eine übereinstimmende Lösung zu finden, ') Flora 1858. 2) Bot. Zeit. 65. 108 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse lag unbedingt daran, dafs sie sich auf die Untersuchung der fertigen Zustände beschränkt und die Erklärung innerhalb des alten morphologischen Schemas von Zweig- und Tragblatt ge- sucht haben; Irmisch behauptet, dafs der Blüthenstand und die vegetativen Zweige auf demselben Knoten ein Sympodium bilden; Buchenan gelangt nach vielerlei Zweifeln und Beden- ken zu der Ansicht, sie möchten doch wohl eher Beiknospen sein. Das eigentliche Sympodium der Blattachsel ist von Bei- den unberücksichtigt geblieben. Dafs wirkliche Verhältnifs ist nun aber Folgendes. Man mufs unterscheiden zwischen den in der Blattachsel und den neben der Blattachsel am Knoten stehenden Sprossen. Die in der Blattachsel stehenden, auf welchen sich aber eigentlich die Behauptung von Irmisch nicht bezog, stehen zn einander in einer wirklichen genetischen Beziehung. Von den neben der Blattachsel stehenden kann Verschie- denes gelten. Man findet hier häufig den normalen Seiten- zweig daneben einen Blüthenstand und endlich eine Ranke. Der beblätterte Seitenzweig und die Ranke haben gar keine Beziehung zu einander. Der Blüthenstand kann zu dem einen oder anderen eine Beziehung als Bei- oder vielleicht so- gar Achselknospe dieses Zweiges haben. Wenn endlich aufser diesen drei Organen aufserhalb der Blattachseln noch meh- rere andere, rankenartige und 'beblätterte Sprosse auftreten, so stehen diese sicher zum Blüthenstande, vielleicht auch zum be- blätterten Sprosse in genetischer Beziehung. In Bezug auf die Anzahl verschiedener Sprossformen der Utricularia und deren Ursprungstelle muls man nun — abge- sehene von dem Blüthenstande — mindestens fünf vegetative Sprosse verschiedener Dignität unterscheiden. l. Die normalen Seitensprosse, welche die wichtig sten und frühesten Verzweigungen darstellen und der Mutterpflanze gleichen. Sie entstehen unmittelbar neben auch wohl in der Achsel ihres Tragblattes. 2. Die kümmerlichen Blattsprosse, sie entstehen exogen vorwiegend an den vorderen Blattabschnitten, meist in der Nähe des Winkels der Blattabschnitte — ähnlich wie die Schläuche. vom 15. Februar 1869. 109 3, Die rankenartige Sprosse, sie entstehen unabhängig von jedem Blatte auf der Bauchseite der Tragaxe und kommen deshalb später nicht nur auf dem Knoten, sondern auch mitten auf dem Internodium vor; nur immer auf der der ursprünglichen Bauchseite der Axe entsprechenden Region. 4. Die sympodialen Sprosse der Blattachseln, die ich nur in ihren Jugendzuständen kenne,. von denen ich jedoch vermuthe, dafs sie den kümmerlichen Blattsprossen ähneln möchten; jedenfalls schwächerer Ausbildung sind als die normalen Seitensprosse. — Abgesehen von dem ersten in der Blattachsel entstandenen Spross, der in seiner Ausbildung vielleicht mehr den normalen Sprossen gleichen dürfte, entstehen die andern Sprosse dieses Sympodiums ohne Blätter aus einander oder aus den sie hier vertretenden Schläuchen. 5. Die Schläuche endlich, gleichsam Ranken noch nie- drigerer Dignität,') d. h. noch mehr metamophosirte Sprosse als diese; haben in ihrem Ursprunge den wei- testen. Spielraum. _Mit den kümmerlichen Sprossen haben sie ihren bekannten Ursprung auf den Blättern gemein, mit den sympodialen Sprossen den Ursprung in der Blattachsel oder am Grunde eines anderen sym- podialen Sprosses ohne jegliches Tragblatt. Ich mufs hier am Ende meiner Darstellung der Spross- verhältnifse bei Utricularia noch erwähnen, dafs zu den Unter- schieden, welche die beblätterten Sprosse verschiedener Dignität zeigen und die ich bereits bei der Beschreibung der kümmer- lichen Sprosse, und ihrer Unterschiede von den normalen Sprossen angeführt habe, auch noch eine analoge Verschiedenheit der von ihnen gebildeten Winterknospen hinzukommt, zu welchen, wie bekannt, im Spätherbst die Endknospen der Sprosse sich um- 1) Diese Betrachtung hat um so weniger Auffallendes, als ja auch in anderen Fällen Ranken zu Hohlformen werden und die Existenz von Ranken an Wasserpflanzen gerade in der Form hohler Organe vom Dar- winistischen Standpunkte aus z. B. durch die Auffassung der hohlen Ran- ken (resp. Schläuche) gleichsam als Wasserkletterer erklärlich wird. 110 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse wandeln. Von der Winterknospe eines sympodialen Sprosses stammt z. B. das Blatt ab, welches Reichenbach als typisches Blatt der Winterknospen von Utricularia zeichnet (Deutschlands Flora XXter Band Taf. 1822 Fig 8); es rührt nicht von den Winterknospen der normalen Laubsprosse her, deren Blätter die normale Form des Utriculariablattes besitzen. Ich schliefse hier diese morphologischen Betrachtungen mit der nochmaligen Zusammenstellung des wirklichen Befundes an der erwachsenen Pflanze. Es ist bekannt, dafs nicht alle Blattachseln oder Knoten der Utricularia Sprosse erzeugan. Viele sind ganz unproductiv. Die meisten jedoch erzeugen Sprosse. Einige wenige von diesen in ihrer Blattachsel einen normalen Laubzweig. Die meisten ein Sympodium von Schläuchen oder beblätterten Sprossen oder von beiden Sprossformen gebildet. An einigen Knoten treten nun zu diesen Achselerzeugnissen des Knotenblattes andere, aulser- halb der Blattachsel gebildete Sprosse hinzu. Diese zu den Achsel- sprossen in keiner Beziehung stehenden Sprosse sind gewöhn- lich ein normaler Laubzweig; ein Blüthenstand; eine Ranke; und auf dem Blüthenstand können nun wiederum secundäre Sprosse dieses Blüthenstaudes auftreten. Die Ranken treten sowohl am Knoten als auf dem Internodium auf. Die Blätter der Utricularien endlich sind durch ihre reiche Sprossbildung sehr ausgezeichnet, die normal in Form von Schläuchen und weniger häufig in Form von kümmerlichen Sprossen in die Erscheinung tritt. Eine vergleichende Untersuchung der anderen namentlich der bewurzelten Utricularien in Bezug auf die hier hervorgetre- tenen morphologischen Betrachtungen dürfte gewils von Inter- esse sein. Ich denke dieselbe, sobald mir das lebende Material zu Gebote stehen wird, noch auszuführen. — An die vorhergehenden Untersuchungen schliefse ich noch einige Bemerkungen über den anatomischen Bau des Vegeta- tionskegels von Utricularia an. Dieser zeigt, wie ja vorauszusetzen, auch hierin eine er Ähnlichkeit mit den Vegetationskegeln jener Wasserpflanzen, die gleich der Utricularia schlanke Vegetationskegel und einen durch den axilen Fibrovasalstrang ausgezeichneten Stammbau besitzen. vom 15. Februar 1869. 111 .* Caspary hat bei Aldrovandia') und Hydrilla?); Sanio vor- zugsweise bei Hippuris”) auf den Bau dieser Vegetationskegel die Aufmerksamkeit gelenkt, und der Letztere hat es nament- lich scharf betont, dafs die Scheitelzelle für das innere Gewebe hier von einer mehrschichtigen Mantelzelllage, von welcher Epidermis, Rinde und Blätter gebildet werden, überdeckt sei. Diese Vorstellung hat Hanstem‘) neuerdings auf sämmtliche Phanerogamen auszudehnen gesucht, indem er die bei jenen Wasserpflanzen beschriebenen Verhältnisse bei den niedrigen Vegetationsspitzen der Landpflanzen wiederfindet und daraus schliefst, dafs die Phanerogamen überhaupt einen von dem der höheren Cryptogamen durchaus verschiedenen Bildungsgang der Gewebe in der Vegetationsspitze befolgen. Mir scheint diese Ansicht, namentlich aber ihre Beweisführung, nicht wohl be- gründet. Sie beruht ganz allein auf der sehr vieldeutigen Be- urtheilung eines fertigen Zellnetzes. Die Thatsachen, auf welche sie sich stützt, liegen in der Erscheinung von Mantellagen, die sich scheinbar ununterbrochen über den Scheitel der Vegeta- tionsspitzen hinwegziehen und in die peripherischen Gewebe des Stammes und der Blätter übergehen; ferner in dem Man- gel tangentialer Theilungen in den äufsersten Mantellagen des ‚Scheitels, dann noch in der Schwierigkeit, eine oberflächliche Zelle als Scheitelzelle der gesammten Vegetationsspitze nach- zuweisen und endlich in dem Auffinden sogenannter innerer Scheitelzellen, d. h. Scheitelzellen für die inneren Gewebe, die von jenen Mantellagen bedeckt sein sollen. Bei den Vegetationskegeln von Uiricularia fallen ähnliche Erscheinungen sofort in die Augen. Wenn man jedoch eine grofse Anzahl von Vegetations- kegeln verschiedener Entwickelung und Kräftigkeit untersucht 1) Bot. Zeit. 1859. 2) Verhandlungen der 35. Versammlung deutscher Naturforscher nnd Ärzte. 1860. 3) Bot. Zeit. 1864 u. 1865. 4) Die Scheitelzellgruppe im Vegetationspunct der Phanerogamen (Festschrift der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde, Bonn 1868.). 112 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse und das Gewebe aufhellenden Reagentien unterwirft, die hier noch immer Sichereres leisten als Schnitte, wird man sehr bald zweifelhaft, mit wie viel Mantellagen z. B. man es hier zu thun hat, und welche der inneren Zellen man ferner als die eigentliche Scheitelzelle für die inneren Gewebe ansprechen soll. Bald erhält man den Eindruck zweier, bald den einer einzigen Mantellage. Bei genauerer Untersuchung wird man bald ge- wahr, dafs die Mantellage gerade an der Stelle, wo man die Scheitelzelle des Vegetationskegels zu suchen hat, weniger be- stimmt ist; dafs hier jedesmal 1-— 2 Zellen sich wesentlich, wenn auch nicht auffallend, von den benachbarten Zellen der Mantellage unterscheiden und, wenn auch unbedeutend, doch sicht- lich tiefer als diese nach Innen greifen (Fig. 3.4.5). Daneben erhält man, wenn man das Gewebe des Vegetationskegels im Ganzen betrachtet (Fig. 1), den Eindruck als ob der Kegel von immer kleineren in einander steckenden Schalen aufgebaut sei oder vielmehr von radiär gestellten, in einander eingeschobenen keil- förmigen Zellmassen, die auf einen Punct am Scheitel als ihrem Gipfel hinweisen; ein Aussehen, welches ganz und gar der Vorstellung eines Aufbaues des Kegels aus Segmenten einer Scheitelzelle conform ist. Auf irgendwie gelungenen Durch- schnitten (Fig.3-5) zeigt das Zellennetz der Spitze eine dieser Auffassung entsprechende Zeichnung. Sie wird unterstützt durch die Betrachtung des Kegels von oben und läfst offenbar die Erklärung zu, dafs die eine der beiden gröfseren Zellen in der Mantellage des Scheitels die eigentliche Scheitelzelle sei (v Fig. 5), die nur in ihrer Form von der der grofsen und tief nach unten einschneidenden Scheitelzellen der höheren Crypto- gamen etwas abweicht und dafs die von dieser Scheitelzelle durch radiale Wände abgeschnittenen Stengelsegmente sich schon bei der ersten Theilung in eine Epidermiszelle und eine innere Ge- webzelle (s! und s! Fig.5) differenziren. Es würden hiernach, wie ja an andern Pflanzen auch, hier schon die ersten periphe- rischen Tochterzellen der Segmente die Epidermislage, d. h. die Mutterzellen der Epidermis bilden und auch das innere Ge- webe wird in der gewöhnlichen Weise durch die weiteren Thei- lungen der nach einander gebildeten inneren Segment-Tochter- zellen angelegt. — vom 15. Februar 1869. 113 Hieran schliefsen sich folgende Betrachtungen an. ' Die Erscheinung der Mantellage an sich genügt offenbar nicht zum Beweise, dafs die Scheitelzelle fehlt, denn sie wird schon hervorgerufen in den Fällen, in welchen die Scheitelzelle in ihrer Erscheinung sehr wenig von ihren Tochterzellen ab- weicht, namentlich wenn sie nach unten nicht deutlich spitz endet, wie dies bei Utricularia der Fall ist, sondern von einer Fläche be- grenzt wird und das auffallend frühe Hervortreten der Epidermis- lage weist nur auf ein sehr frühzeitiges Eintreten eines Wachs- thumsunterschiedes zwischen den ersten Tochterzellen der Seg- mente hin. x Dafs ferner die Theilungswände der Scheitelzelle nothwen- dig mehr oder weniger gleichlaufen den radialen Theilungswän- den der Zellen, welche die Mantellage bilden, kann ja gar nicht auffallen, denn jeder Blick auf die Vegetationskegel der höheren Cryptogamen, die unzweifelhaft aus einer Scheitelzelle ihr Ge- webe anlegen, zeigt ja dasselbe; man vergleiche z. B. nur die Vegetationskegel-Durchschnitte von Salvinia, Equisetum, Sela- ginella‘), und sie alle würden überdies ebenso auch den Eindruck einer Mantellage machen, wenn wir, wie z. B. bei Selaginella, die Scheitelzelle uns etwas kleiner denken und wenn z.B. bei Salvinia die tangentialen Theilungen der Segmente den horizon- talen vorausgingen und unmittelbar nach der Anlage der Seg- mente erfolgen würden. — Mit einem Worte, das Vorhanden- sein einer Mantellage und die radialen Theilungen sind unbe- dingt kein Beweis gegen die Existenz einer oberflächlichen Scheitelzelle.e Dafs diese nun schwierig nachweisbar ist oder in bestimmten Fällen nicht gefunden werden konnte, ist — was die Landpflanzen betrifft — gewils ohne Belang; ganz ab- gesehen davon, dafs ja ihr. Nachweis hier und da schon gelun- gen ist; und in dem Wirrwarr, welchen die Längsschnitte von Vegetationskegeln der Phanerogamen oft zeigen, sie zu läugnen, halte ich wenigstens für noch gewagter als sie zu finden. Was endlich die inneren Scheitelzellen betrifft, welche die einzige wesentliche Grundlage der Beweisführung sein könnten, !) Bequem neben einander im Lehrbuch von Sachs p. 129.132.141, 114 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse so finde ich in den vorliegenden Angaben keinen Beweis für ihren vorausgesetzten Werth, denn die Annahme einer Scheitel- zelle hat offenbar nur einen Sinn durch den Nachweis der be- sonderen gesetzmälsigen Zellfolge, in welcher das Gewebe un- ter ihr aus ihren Theilungen hervorgeht. Dieser Nachweis ist bei Hanstein gar nicht geführt, bei Sanio findet sich zwar eine beiläufige Andeutung, allein weder mit der für diesen Punct wünschenswerthen Ausführlichkeit, noch von den nöthigen und für die Beweiskraft einzig entscheidenden Zeichnungen unter- stützt. Was ich sehe ist Folgendes. Es finden sich im inneren Gewebe Zellen, welche die Spitze von mehreren Zellreihen ein- nehmen, so also, dafs diese Zellreihen in jene einzelnen Zellen auslaufen (aaa Fig. 3). | Die Deutung dieser Zellen nach der Vorstellung, dafs das Gewebe sich aus Segmenten einer Scheitelzelle aufbaut, scheint mir eine einfache. | Jede aus irgend einer Segmentzelle hervorgegangene Toch- terzelle irgend welcher Generation, die selbst später durch tan- gentiale Theilungen in zwei Tochterzellen zerfällt, muf[s natür- lich auf 2 Zellenreihen stehen, wenn die unter ihr befindlichen, ihr gleichwerthigen Zellen diese tangentialen Theilungen bereits erlitten haben und sie erscheint daher, so lange sie selbst noch nicht getheilt ist, als Gipfelzelle von 2 oder — wenn unter ihr noch eine ähnliche Spaltung eingetreien ist — von mehr Zellreihen. In jedem aus Segmenten einer Scheitelzelle und deren fortgesetzten gleichartigen Theilungen hervorgegangenen Zellkörper müssen sich offenbar solche Gipfelzellen finden, wie z.B. die Zellen a, a, a in Fig.3. Ihr deutlicheres oder undeutliche- res Hervortreten hängt von vielerlei Umständen ab, niemals aber sind solche Gipfelzellen die Mutterzellen des unter ihnen befindlichen Gewebes; sie sind nicht die ältesten, sondern im - Gegentheil die jüngsten Zellen der ganzen Zellpyramide, deren Spitze sie einnehmen. | So lange daher von den inneren Scheitelzellen nicht das Gesetz nachgewiesen ist, durch welches das Gewebe unter ihnen aus ihren Theilungen entsteht, scheint mir ihre Deutung eine willkührliche zu sein, und trotz der grolsen Schwierigkeiten, ' vom 15. Februar 1869. 115 welche die Vegetationsspitzen der Phanerogamen, namentlich ihrer Blüthensprosse, der Untersuchung und Deutung entgegen- stellen, scheint es mir so lange immer noch geboten, sich in der Beurtheilung ihrer Zellnetze von der Analogie der höheren Cryptogamen leiten zu lassen. | Erklärung der Abbildungen Taf. Il. (Es versteht sich von selbst, dafs die Zellnetze nur dort, wo es darauf ankam, im Einzelnen genau ausgeführt sind.) Fig. 1. Gekrümmter Vegetationskegel von Utricularia vulgaris bis weit oberhalb der jüngsten Blattanlagen mit Haaren besetzt. rr Rücken; c Bauchfläche; A! AT a Haare; v Rankenursprung; 5? b!! p!!T p!V Blätter. 2 Pradls eingerolltes Ende eines Sprosses; v v! v!! vi!!! Y” Ranken in ihren jungen Entwickelungsstadien; B jugendlicher Blüthenstand; A’ A’ AT Haare des Rückens; Ah h Haare der Bauchfläche;; bbb stehen- gebliebene Zipfel abgeschnittener Blätter. „ 3, 4 u. 5. Zellnetze der Scheitelzellgruppe. v Scheitelzelle; s! s! das jüngste Segment in eine peripherische (Oberhaut-) und eine Innen- Zelle getheilt; s? s’ s? das nächstältere Segment, des- sen peripherische Tochterzelle bereits getheilt; s? s? s? s’ ein noch älteres Segment, dessen pe- ripherische und Innen-Zelle bereits jede eine Theilung erfahren haben. 6. Sympodium aus einer Blattachsel, bestehend aus zwei Schläuchen A u. B und einem Sprosse C’ in jugend- lichem Zustande. A ist älter als B; Bälter als ©. — Die Vegetationskegel der Schläuche sind schon verwachsen und bilden mit der Verwachsungsplatte g den Trichter, der den Zugang ins Innere darstellt. „ 7. Sehr früher Entwickelungszustand eines Schlauches. p der primäre; s der secundäre Vegetationske- gel; b das Blatt. 8. Etwas weiter vorgeschrittener Entwickelungszustand eines Schlauches, aus dessen Stiel noch ein neuer Vegetationskegel s” hervorwächst, der ein secundä- rer Schlauch oder auch ein Spross werden kann; p, s u. b wie in Fig. 7. [1869.] ® SF 116 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fig. 9. Ein jugendlicher Schlauch durchschnitten; die beiden Vegetationsspitzen p u. s noch nicht verwaehsen. „ 10 u. 11. Stücke der Bauchseite von Vegetationskegeln der Gegend nach der Region unterhalb v in Fig. 1 entsprechend. rrr verschiedene jugendliche Ent- wickelungszustände der Ranken, hier noch nackte Vegetationskegel darstellend. a 12. Eine schon völlig entwickelte Ranke, bei welcher nur das unterste Internodium JJ JJ noch länger wird; v Vegetationskegel, bb bb Blätter. Hr. Poggendorff sprach über das galvanische Ver- halten des Palladiums. In seiner merkwürdigen Arbeit über das Hydrogenium hat Hr. Graham unter Anderem gezeigt, dafs das Palladium, wenn es Wasserstoff aufnimmt, sich ausdehnt, und wenn es denselben entläfst, sich zusammenzieht, anscheinend stärker als es sich zuvor ausgedehnt hatte. Ein Palladiumdraht, der an- fangs 609"M144 maals, und sich durch Einsaugung von Was- serstoff um 9%%77 verlängert hatte, kam nach Vertreibung des Gases auf 599WM444 zurück, verkürzte sich also gegen seine ursprüngliche Länge um I". Beide Erscheinungen lassen sich, wenn man gerade keine numerischen Bestimmungen verlangt, in sehr demonstrativer Weise darthun, wenn man das Palladium auf elektrolytischem Wege mit Wasserstoff beladet, und sich dabei einer sehr dünnen Platte bedient. Ich benutzte eine Platte, die bei 1180 Länge und 280 Breite, nur 0W”] dick war, und 8%®0 entfernt von einer Platinplatte in verdünnter Schwefelsäure stand. Wenn man dieses Plattenpaar mit einer kleinen Grove’- schen Batterie von zwei Elementen verbindet, in solcher Weise, dafs sich das Palladium mit Wasserstoff beladen mufs, so be- obachtet man folgendes. | Schon nach wenigen Minuten beginnt die Palladiumplaite sich vom Platin abzubiegen und allmählich ganz bedeutend zu LE rs ws aan i 1 i } 1 Unatsberöhbd BAEW Hibruo: (660 Te RE N. Ben NR at SI AR VD E: BER e BE Er = vom 15. Februar 1869. 117 krümmen. Nach ungefähr einer Viertelstunde hat diese Krüm- mung ihr Maximum erreicht. Nun tritt eine Biegung im ent- gegengesetzten Sinne ein, dergemäfs die Platte sich erstlich ge- rade richtet und dann dem Platin zuwärts krümmt, was in kurzer Zeit so weit geht, dafs sie mit demselben in Berührung kommt, wodurch denn natürlich der elektrolytische Prozefs seine Endschaft erreicht. Offenbar haben diese beiden Krümmungen ihren Grund darin, dafs sich die dem Platin zu- und abgewandte Seite der Palladiumplatte succefsive mit Wasserstoff sättigen und in Folge dessen ausdehnen, in ähnlicher Weise wie es bei einer Bre- guet’schen Feder durch Temperaturveränderungen geschieht. So wie durch’ diesen Versuch die Ausdehnung des Palla- diums bei Aufnahme von Wasserstoff augenfällig nach gewie- sen wird, so läfst sich auch die Zusammenziehung des Metalls bei Entlassung des Gases deutlich darthun, fast noch auffallen- der als die Ausdehnung. Dazu ist nur erforderlich, die Palladiumplatte, nachdem sie das Maximum ihrer ersten Krümmung erreicht hat, aus der Flüssigkeit zu nehmen, sie abzuspülen, abzutrocknen und in eine Weingeistlamme zu bringen. So wie sie hinreichend heifs geworden ist, krümmt sie sich in entgegengesetztem Sinn, 'aufserordentlich rasch und so stark, dafs sie förmlich wie auf- gerollt erscheint. Bei diesen Verlängerungen uud Verkürzungen der Platte erleiden auch die Querdimensionen derselben eine Änderung. Namentlich wenn man den Prozefs der Beladung mit Was- serstoff und der Austreibung desselben durch Hitze mehrmals an einer nämlichen Platte wiederholt hat, kann man deutlich wahrnehmen, dafs sie dadurch nicht allein kürzer, sondern auch schmäler und dicker geworden ist. Nach sechsmaliger Wiederholung jenes Prozefses hatte meine Platte 8"=0 an Länge und 1%®5 an Breite verloren, dagegen reichlich 0”®] an Dicke gewonnen. Diejenige Dimension der Platte also, welche beim Auswalzen eomprimirt wird, dehnt sich aus, und die bei- den andern, nach welchen das Metall gestreckt wird, schrum- pfen bei Austreibung des Wasserstofis zusammen. Dafs ein Palladiumdraht bei seiner Verkürzung dicker wird, hat bereits 9* 118 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Graham durch die Abnahme des specifischen Gewichts er- wiesen. | | Schliefslich mag noch bemerkt sein, dafs wiewohl es Gra- ham und Würtz nicht geglückt ist, auf rein chemischem Wege ein Palladiumhydrür darzustellen, dennoch eine solche Verbin- dung durch den elektrolytischen Prozefs gebildet zu. werden scheint, denn die verdünnte Schwefelsäure in welcher dieser Proze[s vorgenommen wird, färbt sich braun, ohne sich zu trüben oder etwas abzusetzen. Eine Lösung von ätzendem Kali oder Ammoniak, in welcher letzteren, nach einer älteren Beobachtung von mir (Monatsberichte 1848 S. 259) das Telluer, als negativer Pol angewandt, eine so schön und tief weinrothe Färbung hervorbringt, bleibt dagegen mit Palladium wasserhell. Hr. Dove las: Über das barometrische Maximum im Januar 1869. Durch seine niedrige Temperatur, seinen hohen barome- trischen Druck, die geringe Spannkraft der in ihm enthaltenen Dämpfe und seine relative Trockenheit bildet der Polarstrom den entschiedensten Gegensatz zu dem feuchten, durch hohe Temperatur stark aufgelockerten Äquatorialstrom. Das gegen- seitige Verdrängen beider Ströme bestimmt in Verbindung mit dem Drehungsgesetz die Regeln für die mittleren Verände- rungen des T'hermometers, Barometers und Hygrometers so wie die grölste Zahl der wälsrigen Niederschläge, ihr einsei- tiges Vorwalten die vorkommenden Extreme des Standes dieser Instrumente. Wenn der Äquatorialstrom mit grofser Beständigkeit und erheblicher Intensität lange Zeit geherrscht hat, so versperrt er der polaren Luft, welche aus der kalten Zone in die gemäflsigte abfliefsen will, den Weg. Ein Gebiet intensiver Kälte ist dann südlich begrenzt durch ein Gebiet von ungewöhnlich hoher Temperatur. Bei der verhältnilsmälsig geringen Ausdehnung unsrer Beobachtungsnetze in der Richtung von Süd nach Nord vom 15. Februar 1869. 119 läfst sich aber,- wenn die Grenze beider Gebiete schon ziem- lich nördlich fällt, nur das südliche Gebiet hoher Temperatur übersehen, während umgekehrt bei einer südlichern Lage der Grenze nur das nördliche Gebiet der Kälte sich scharf bestim- men läfst, das der erhöhten Temperatur hingegen nach Afrika fällt, sich also der Ermittelung entzieht. Die Aufstauung ver- mehrt die Dichtigkeit der in den untern Schichten durch die niedrige Temperatur bereits verdichteten Luft und dadurch steigert sich der Seitendruck derselben so, dafs die Luft des Polarstromes in den Äquatorialstrom unten eindringt. Da das Bett, in welchem jene kalte Luft flielst, sich allmählig erwei- tert, so erniedrigt der Polarstrom seine Höhe und in diesen frei werdenden Raum dringt der Äquatorialstrom in den obern Schichten des Luftkreises ein. Während daher ein mehr oder minder östlich gewordener Polarstrom abkühlend unten in süd- lichere Gegenden vordringt, fliefst oben ein anderer Strom nach entgegengesetzter Richtung, der, je weiter er nach Norden ge- langt, seinen: Wasserdampf immer mehr in mächtigen Schnee- fällen verliert. Die im Niederschlag freiwerdende Wärme bricht die Intensität der Kälte des Polarstromes, während in den süd- lichern Gegenden jenen Schneefällen eine relativ bedeutende Kälte folgt, wenn nämlich der Polarstrom so weit hin nach Süden vorgedrungen ist, dafs der obere Äquatorialstrom bereits, ehe er zum Beobachtungsort gelangt, seinen überschüfsigen Wasserdampf in noch weiter südlich gelegenen Gegenden ver- loren hat. Das barometrische Maximum vermindert auf dem ganzen Beobachtungsgebiete nun seine Höhe, in den nördlichen Gegenden durch Abfluls, in den südlichen durch seitliches Aus- breiten des Stromes. Streng genommen ist die Gesammter- scheinung die Zusammenwirkung eines nach Süden in den untern Schichten des Luftkreises fortschreitenden Maximums, und eines in den höhern Regionen nach Norden sich bewegen- den Minimums, wie ich bereits im Jahr 1823 an dem Mini- mum vom 2. und 3. Februar 1823 (Pogg. Ann. 13. p. 606) nachgewiesen habe. Den Zusammenhang barometrischer Maxima mit local her- vortretenden Kältegebieten habe ich in der Darstellung der Wärmeerscheinungen durch fünftägige Mittel (Berlin 1856 fol. 120 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse pag. vım) und im Gesetz der Stürme (3. Auflage pag. 195) be- sonders an dem auffallenden Beispiele im Januar 1850 erörtert. Das seit jener Zeit erheblich vergröfserte Beobachtungmaterial erlaubt den im Januar 1869 eingetretenen Fall eines barome- trischen Maximums von einer Grölse, wie sie, so viel wie mir bekannt ist, noch nie beobachtet worden ist, näher zu erörtern. Dies ist im Folgenden versucht worden, so weit es die bisher mir zugegangenen Beobachtungen gestatten. Eine Ergänzung der jetzt noch bleibenden Lücken hoffe ich später geben zu können. Es fehlen nämlich noch die Beobachtungen aus Eng- land, Schottland, Niederland, Österreich, Schweiz, Italien, Schweden und Rufsland. Die Untersuchung zerfällt in folgende Abschnitte: 1. Nachweis der hohen Wärme des dem Maximum vor- hergehenden Äquatorialstromes, die ihn bezeiehnen- den Niederschläge und die elektrischen Erscheinun- gen, wie sie als Wintergewitter in der Regel einen rasch nach Norden vordringenden Südstrom be- gleiten. 2. Das barometrische Maximum Erhebung des Barometers von dem December- Minimum bis zum Januar-Maximum, Gröfse der Erhebung über den vieljährigen mitt- leren Barometerstand der einzelnen Stationen, Fortschreiten des Maximums nach Süden. 3. Die Temperaturerniedrigung durch den nach Süden vordringenden Äquatorialstrom dargestellt durch fünf- tägige Mittel. ; Die intensiven aber local begrenzten Kälteextreme, die er hervorruft. 4. Der wieder eintretende Äquatorialstrom. vom 15. Februar 1869. 121 I. Die Wärme des vorhergehenden Äquatorial- stromes. Der December 1868 war zu warm um folgende Grös- sen (R.): Christiansund 0.15, Aalesund 0.26, Skudesnes 0.04, Mandal 0.74, Sandösund 0.73, Christiania 2.02, Dovre —0.11. Memel 1.56, Tilsit 1.50, Claussen 2.36, Königsberg 1.48, Hela 1.08, Danzig 1.57, Lauenburg 2.68, Conitz 2.21, Oöslin 2.42, Regenwalde 2.94, Stettin 2.34, Putbus 1.92, Wustrow 1.95, Rostock 2.27, Poel 2.20, Schwerin 2.23, Schönberg 2.60, Kiel 3.26, Hamburg 3.64, Neumünster 3.30, Altona 3.04, Neustadt a. d. Ostsee 2.75, Lübeck 2.78, Husum 2.58, Eutin 3.05, Ot- terndorf 2.77, Lüneburg 3.46, Hinrichshagen 2.72, Berlin 3.04, Frankfurt a. d. O. 3.08, Posen 3.25, Bromberg 2.79, Cracau 3.07, Ratibor 4.19, Zechen 3.35, Breslau 3.67, Landeck 3.83, Eich- berg 3.60, Kirche Wang 3.80, Görlitz 3.22, Landskrone 2.93, Gohrisch 3.91, Riesa 4.37, Leipzig 4.02, Dresden 5.07, Zwenkau 4.25, Wermsdorf 4.05, Bautzen 3.37, Zittau 3.17, Zwickau 4.67, Chemnitz 5.14, Königstein 3.29, Plauen 4.16, Hinter-Hermsdorf 3.23, Grüllenburg 4.29, Freiberg 4.14, Elster 4.02, Annaberg (untere Stadt) 4.26, (obere Stadt) 4.41, Rehefeld 3.79, Georgen- grün 3.81, Reitzenhain 3.74, Oberwiesenthal 3.65, Bernburg 4.05, Torgau 3.51, Halle 4.36, Erfurt 4.54, Mühlhausen 4.20, Son- dershausen 4.07, Wernigerode 3.34, Heiligenstadt 4.15, Göttin- gen 3.90, Kassel 3.80, Clausthal 3.58, Braunschweig 3.76, Han- nover 3.59, Oldenburg 3.24, Jever 3.38, Norderney 2.05, Em- den 2.66, Lingen 3.62, Löningen 3.21, Münster 3.61, Gütersloh 3.80, Olsberg 3.94, Cleve 3.48, Crefeld 3.99, Aachen 4,33, Brüs- sel 3.80. Guernsey 1.59, Helston 2.31, London 2.62, Oxford 2.21, York 2.30, Boston 3.02, Manchester 2.22, Liverpool 1.34, Car- lisle 2.99. Cöln 4.23, Boppard 4.41, Trier 4.79, Birkenfeld 4.59, Kreuz- nach 4.59, Dürkheim 4.36, Frankfurt a. M. 4.09, Hanau 4.04, Darmstadt 3.72, Hechingen 5.90, Hohenzollern 4.82, Stuttgart 4.87, Canstadt 4.86, Heilbronn 3.85, Freudenstadt 4.50, Calw 4.05, Ulm 3.86, Schopfloch 4.38, Heidenheim 3.84, Issny 4.40, 122 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Friedrichshafen 3.61, Mergentheim 3.91, Mänchesg 2.06, Wien 2.96, Pesth 3.33. Metz 4.08, Ichtratzheim 5.02, Paris 3.93, Tours 3.61, Nan- tes 4.02, Bourg 6.07, le Puy 4.67, Beyrie 5.16, Fecamps 3.18, Marseille 3.65, Montpellier 3.38, Madrid 2.41, Lissabon 0.97, Mailand 2.43, Florenz 3.62, Rom 1.30, Palermo 1.53. Eine. so bedeutende Temperaturerhöhung gehört zu den grölsten Seltenheiten. In Berlin ist sie seit 1723 nur 1748, 1755, 1765, 1775, 1806, 1824, 1853, 1841, 1845, 1852 also in 138 Jahren nur 10 Mal, in London in 97 Jahren nur 2 Mal, 1806 und 1850 übertroffen worden. Niemand erinnert sich, heifst es in den Berichten mancher Station, eines Decembers, in welchem das Thermometer nicht ein einziges Mal unter den Frostpunkt sank. Die bedeutendste Wirkung des Äquatorial- stromes tritt grade im mittleren Europa hervor. Sie schwächt sich ab, sowohl nach Norden hin, als nach Bude, auch nimmt sie nach den Westküsten hin ab. Ein erheblicher Theil jener ungewöhnlichen Temperaturerhö- hung im December ist entschieden in dem Freiwerden der Wärme in der Condensation der Wasserdämpfe des Ädquatorialstromes zu suchen. Der regenlose Sommer 1868 hatte das Niveau der Ströme so erniedrigt, dafs die Flufsschifffahrt, in Deutschland wenigstens, überall gehemmt war. Der einzige December er- setzte diesen Mangel in so ungewöhnlicher Weise, dafs nach der excessiven Trockenheit des Sommers doch die Niederschlag- summe des ganzen Jahres nahe dem vieljährigen Mittel ent- spricht. In Lissabon fielen im December 1868 202.5 Mm. Regen statt 77.2, in Fecamp 139.2 statt 63.4, in Greenwich 54 Zoll statt 2, die gröfste Menge seit 1815, in Guernsey 8%7, in Osborne 7.8, in Aldershot 8.'2, in Lampeter 11.2, in Allen- heads 10.3, in Stonyhurst 9.5, in Santiago, welches seiner Re- genmenge wegen in Spanien einen so bekannten Beinamen er- halten hat, 509.0 Mm. Am 24. traten der Cher, Indre und die Vienne über ihre Ufer, die Loire stieg auf 3.4 Meter, in Verdun fielen am 29. 15 Mm. in einer Stunde, in Beyrie gaben 13 Tage 77.5 Mm. Ähnliche Erscheinungen zeigte Deutsch- land. Es fielen in Schwerin 67 par. Linien, in Kiel 66, in Al- tona 72, in Segeberg 68, in Flensburg 87, in Eutin 67, in vom 15. Februar 1869. 123 Gram 72, bei der Kirche Wang an der Schneekoppe 74, in Grofsbreitenbach 103, in Clausthal 96, auf Norderney 80, in Arnsberg; 65, in Freudenstadt 171, in Issny 92. Wintergewitter wurden bei dem stets sich erneuernden An- drängen des Äquatorialstromes beobachtet: "am am am am am am am am am am am ‚am am am am am am am 3. December in Jever; 5. Dee. in Eutin, Görlitz, Mühlhausen, Göttingen, Wer- nigerode, Clausthal, Braunschweig, Hannover, Alt- morchen, Löningen, Münster, Gütersloh, Olsberg, Arnsberg, Cleve, Crefeld, Cöln, Kreuznach, Darm- stadt; 6. Dec. in Berlin, Zechen, Breslau, Eichberg, Halle, Tor- gau, Erfurt, Mühlhausen, Sondershausen, Heiligen- stadt, Kassel, Hanau, Regenwalde; 7. Dec. in Eichberg, Münster, Regenwalde, Posen; 8. Dec. in Arnsberg, Crefeld, Hanau, Hohenzollern, Mün- chen, Ischl, Wien, Lemberg, Lorient, Cosne sur Loire, Blois, Tours (Trombe in Mettray und Notre Dame d’Oe), Beauficel; 9. Dec. in Smeaton; 11. Dec. in Schönberg in Mecklenburg; 14. Dec. in Bath; 15. Dec. in Lorient, Santiago, Eastbourne; 16. Dec. in Brignolles, Bezieres, Cal&ves, Marseille, La- vallade, Lorient, Foix, Beauficel, Guernsey und Os- born; 17. Dee. in Sieie; 18. Dec. in Santiago; 22. Dec. in Caleves, Beauficel, Santiago, Truro und Bournemouth; 23. Dec. in Guernsey, Truro und Wilten; 24. Dec. in Stuttgart, Heilbronn, Freudenstadt, Verdun, Auxerre, Guernsey, Helston, Osborne, Worthing, Tunbridge Wells, Bath; 25. Dec. in Beauficel, Helston; 26. Dec. in Llandudno, Liverpool; 27. Dec. in Caleves, Guernsey, Sidmouth, Taunton, Bath, Stonyhurst; 124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse am 28. Dec. in Schwerin, Ratibor, Krakau, Truro, Osborne, Worthing, Aldershot, London, Halifax, Stonyharst; am 29. Dec. in Beauficel; am 30. Dec. in Lorient und Douai (auch in Fecamp und Beyrie). . Aulserdem wurde der Donner gehört, am 14. in Hawar- den, am 16. in Streatly Vicarage, am 24. in Royston, am 29. in Strathfield Turgiss und Allenheads, hingegen Blitze gesehen ohne gehörten Donner am 5. in Oardington, am 7. in Bath, am 10. in Bournemouth, am 13. in Helston und Oxford, am 14. in Helston, Truro, Bournemouth, Taunton, Oxford und Eccles, am 15. in Bournemouth, am 16. in Halifax, am 18. in Bournemouth und Welton, am 22. in London, am 24. in East- bourne, am 26. in Wisbech und Hawarden, am 27. in Strath- field Turgiss, am 28. in Helston und Eccles, am 29. in Halifax. II. Das barometrische Maximum. Von dem niedrigsten Stande im December 1868 bis zu dem höchsten im Januar 1869 erhob sich das Barometer um folgende in pariser Linien ausgedrückte Gröfsen: Cristiansund 21.32, Aalesund 20.34, Skudesnes 21.90, Man- dal 24.75, Sandösund 24.91, Christiania 23.94, Dovre 21.54, Memel 26.75, Tilsit 25.05, Claussen 23.19, Königsberg 25,05 Conitz 21.61, Cöslin 23.28, BRegenwalde 23.31, Stettin 23.07, Putbus 19.64, Wustrow 23.11, Rostock 22.50, Poel 22.31, Schwe- rin 22.78, Schönberg 23.10, Kiel 23.56, Hamburg 22.41, Neu- münster 23.10, Altona 22.25, Glückstadt 22.00, Meldorf 22.81, Segeberg 22.69, Neustadt a. d. Ostsee 22.90, Lübeck 22.89, Flens- burg 24.00, Cappeln 23.91, Wolteremühle 24.03, Gram 23.50, Cuxhaven 22.72,. Otterndorf 21.73, Lüneburg 21.38, Hinrichs- hagen 22.28, Berlin 22.96, Frankfurt a. d. ©. 20.99, Posen 22.59, Bromberg 22.47, Ratibor 17.21, Zechen 20.12, Breslau 18.80, ‚Reichenbach 18.38, Landeck 16.38, Eichberg bei Hirschberg 17.38, Kirche Wang 14.23, Görlitz 18.24, Torgau 19.72, Halle 19.14, Leipzig 19.05, Dresden 18.19, Bautzen 18.62, Tharandt 13.54, Zittau 17.39, Zwickau 17.44, Chemitz 17.09, Königstein 17.70, Freiberg 17.24, Elster 15.49, Annaberg 15.47, Rehefeld 15.46, Reitzenhain 14.99, Oberwiesenthal 14.24, Erfurt 15.14, Mühl- or Äh 190: 125 hausen 17.90, Grofsbreitenbach 15.14, Göttingen 13.54, Claus- thal 17.50, Hannover 20.38, Kassel 18.44, Altmorschen 18.16, Marburg 17.52, Fulda 17.04, Oldenburg 21.62, Jever 23.02, Norderney 22.77, Emden 22.45, Lingen 20.99, Löningen 21.14, Münster 19.69, Gütersloh 19.21, Olsberg 18.01, Arnsberg 18.45, Cleve 20.08, Crefeld 18.88, Cöln 19.19, Boppard 17.77, Trier 17.22, Birkenfeld 16.25, Dürkheim 17.18, Kreuznach 17.34, Frankfurt a. M. 19.55, Hanau 17.82, Darmstadt 16.96, He- chingen 13.51, Hohenzollern 13.26, Stuttgart 15.20, Canstadt 15.30, Heilbronn 14.80, Freudenstadt 13.00, Calw 13.20, Ulm 13.30, Schopfloch 13.00, Heidenheim 13.10, Issny 10.40, Friedrichshafen 11.20, Mergentheim 15.90, Meersburg 12.41. Ho- henschwand 11.68, Villingen 12.45, Freiburg 13.81, Petersthal 13.60, Baden-Baden 10.69, München 12.99, Wien 14.97, Pesth 15.20. Daraus folgt, dafs auf dem Beobachtungsgebiet die Schwan- kung am gröfsten in Ostpreulsen war und nach der Schweiz hin ununterbrochen abnimmt. Vergleicht man diese Schwankung mit den gröfsten Schwankungen, welche überhaupt in dem Zeitraum vom Januar 1848 bis Januar 1869 auf dem nord- deutschen Beobachtungsgebiete vorgekommen sind, so findet man folgende Grössen. Der Unterschied zwischen dem wahr- genommenen höchsten und niedrigsten Stande des Barometers war nämlich in pariser Linien: Maximum. Minimum. Unterschied. Barometer Jahr Barometer | Jahr BetesbiB..—.),... : 353.20 | 1869 818.81 | 1863 34.39 Memeh, Zu da. % 350.55 | 1869 318.80 | 1863 31.75 E12. 2 Fe PA une 350.20 | 1869 319.60 | 1855 30.60 Königsberg ..... 350.04 | 1869 320.55 | 1855 29.49 Glanssen . - .ia ;..» 344.18 1869 316.02 1855 28.16 Vomtz.: .. .. kraghsäi 342.19 | 1964 315.58 | 1863 26.61 STE 347.56 | 1864 319.18 | 1863 28.38 Regenwalde..... 348.35 | 1864 321.18 | 1863 27.17 Bee, L., 348.18 1858 319.24 | 1863 28.96 1.1 A 345.58 | 1864 318.08 | 1868 27.90 126 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Maximum. Minimum. |Unterschied. Barometer Jahr Barometer | Jahr Kill Biansdsnief 347.82 1858 321.03 | 1863 26.79 Neumünster ..... 347.20 | 1869 | 321.30 | 1863 | 25.90 Altona rs.» n%s 346.71 1864 320.51 1865 26.20 Lübeck „0:42, 346.32 | 1864 319.82 | 1865 26.50 Bauche n Z een 345.80 | 1858 »18.95 | 1868 26.85 Ötterndorf. ... . 3 347.14 | 1858 319.66 | 1865 27.48 Enneburg' 24 2% 1 346.55 | 1858 | 322.23 | 1863 29.32 Wustrow 2.22. . | 347.48 | 1858 | 320.05 | 1863 27.43 Rostock 4.2 Lew 1 346.50 | 1858 320.30 | 1863 26.50 Sehwerin-. 2.1... 345.70 | 1858 319.11 | 1863 25.59 Schönberz. . . 2 ;% 347.23 1858 310.93 1863 26.30 Hinrichshagen. .. . 343.41 | 1858 318.12 | 1863 24.29 Bern Man I IT 346.91 1869 320.72 | 1863 26.19 Frankfurt a.d.0O. .. 346.21 1850 320.99 1869 25.23 Pos 2) 22% 347.21 1869 320.88 1863 26.33 Brömbers naar 346.96 | 1869 321.20 | 1863 25.86 Kaliber. 2.0 0.32% 339.81 | 1864 317.235 371869 22.60 Zechen2i3a, cha 343.60 | 1869 320.12 | 1869 23.48 Breslau... . oyu. 2% 342.11 1850 318.80 1869 23.31 Hiekbere. .. ... u. 332.36 1864 812.49 1863 19.87 Gotz.n 2er... 339.10 1864 316.91 1863 22.19 Torgau. ....... 343.36 | 1859 | 320.86 | 1863 22.50 Halter er ae 343.27 1859 320.91 1863 22.36 Fra > 338.89 1859 12.29 1863 21.60 Mühlhausen ..... 338.79 1859 317.39 1865 21.40 Göttingen ...... 340.86 | 1859 | 318.92 | 1865 20.94 Clausthal: .!..... » 3283.08 1859 302.92 1865 21.61 Hannoyer . .i. .... 345.39 1864 319.64 | 1969 25.71 Oldenburg. „I... . 346.44 | 1859 320.89 | 1865 25.55 EVER one 346.66 1864 313.08 1865 28.58 Norderney au. ,... 347.15 | 1864 | 320.11 | 1865 27.04 Emden; s 2% „3% 387.82 1864 320.67 1865 27.15 Lingen: web. Ziu% 345.37 1864 321.06 1865 24.37 Löningen. „.?. ....% 346.17 1859 320.67 1865 25.90 Miiinster na. 2 hr saneın 544.87 | 1859 320.45 | 1865 24.42 a a ee vom 15. Februar 1869. rn 127 Maximum. Minimum. |Unterschied. Barometer | “ Jahr Barometer Jahr Gütersloh -...... | 344.16 | 1859 320.67 | 1865 23.49 Olsberg . -...... | 331.93. |.1864 311.33 | 1865 20.60 Ceresa as pulse 344.62 | 1859 320.56 | 1865 24.06 Exetelle „-- zn. 2. 345.77 | 1859 | 321.85 | 1865 23.92 Bean. 344.66 7 1359- | 323.51 | 1865 21.15 Boppard... 2... 343.20 | 1859 | 322.50 | 1865 20.70 Dürkheim ...... 340.52 | 1866 | 321.45 | 1865 19.07 rien naeh | 18er 21.62 Birkenfeld... ... 328.29 | 1869 | 310.80 | 1865 17.49 Kreuznach... ... 342.80 | 1859 | 321.48 | 1865 21.32 Frankfurt a.M.... | 343.72 | 1859 | 321.65 | 1869 22.09 Hanau... - or....1.343.24 |.1859.| 322.05 | 1865 21.19 Darmstadt. ..... | 339.24 | 1869 | 321.38 | 1865 17.86 Hechingen ... .... | 324.87 | 1863 | 309.12 | 1865 15.75 Hohenzollern . ... | 310.29 | 1863 295.04 | 1865 15.15 Man sieht, dafs die ungewöhnliche Anhäufung der Luft sich auf die rulsischen Ostseeprovinzen, Preufsen, Posen und Schlesien beschränkt, denn im mittleren und westlichen Deutsch- land ist der jetzige hohe Stand von denen andrer Jahre über- troffen worden. Die Erniedrigung unter das Mittel war aber mit Ausnahme einiger Stationen in den andern Jahren bedeuten- der als im Winter 1888. Da die Stelle des Zusammentreffens einander aufstauender Ströme zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene ist, das Fallen des Barometers aber von der Rich- tung der Äquatorialströme, möglicher Weise aber auch von der wirbelnden Bewegung eines Oyclon abhängt, so sieht man, dals der Spielraum der Oscillationen ein äufserst complieirtes Phä- nomen ist. Die Abnahme der Gröfse der Schwankung nach der Höhe tritt auch hier deutlich hervor, ein Beweis, dafs die Ursache derselben vorzugsweise in den untern Schichten der At- mosphäre zu suchen sei, nicht in den obern, ebenso wie die Zunahme nach Norden, welche in viel höhern Breiten wahr- scheinlich wiederum in eine Abnahme übergeht. 128 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse II. Fortrücken des barometrischen Maximums. Die Beobachtungssstunden des preufssischen meteorolo- gischen Instituts sind 6, 2, 10. Aus diesen gleichweit abste- henden Stunden läfst sich das Fortrücken des barometrischen Maximums ziemlich genau ermitteln. Es trat ein (BRSE Stunden sind besonders angegeben): anı"t7, am 17. amı17. am 18. am 18. am 19. Morgens 6 Uhr in Memel 350.55, Tilsit 350. 20, Kö- nigsberg (7) 350.04, Conitz 342.02, Cöslin 347.42, Regenwalde 347.82, Bromberg 346.96, Sandösund (8) 346.30, Christiania (8) 346.17; Nachmittags 2 Uhr in Claussen 344.13, Reichenbach in Schlesien 335.88; Abends 10 Uhr in Breslau 341.09, Posen 344. 96, Ratibor 338.21, Zechen 343.60, Pesth 340.56, Frank- ' furt a. d. O. 345.73, Wien 338.19, Zittau 335.72; Nachm. 2 U. in Christiansund (8) 341.73; Ab. 10 U. in Lüneburg 355.56, Hinrichshagen 342. 30, Berlin 344.91, Landeck i. Schl. 328.64, Hechingen 323.84, Hohenzollern 309.49, Putbus 344,53, Tor- gau 344.22, Aalesund (8) 342.13, Skudesnes (8) 343.33, Mandal (8) 344.80, Dovre in Norwegen 317.84, Leipzig 341.28, Dresden 341.01, Bautzen 337.385 Morg. 6 U. in Eutin 345.20, Hamburg 345.38, Cux- haven 345.69, Otterndorf 345.56, Eichberg 332.01, Erfurt 338.15, Braunschweig 342.64, Hannover 343.78, Cassel 338.08, Emden 346.13, Gütersloh 342.22, Cre- feld 343.39, Cöln 342.87, Kreuznach 340.17, Dürk- heim 340.06, Darmstadt 339.24, Frankfurt a. M. 341.18, Lingen 344.53, Halle 342.69, Norderney 345.54, Löningen 344.54, Jever 845.49, Oldenburg 345.17, Brüssel (9) 342.32, Zwickau 334.59, Tharand 336.975 am 19. Nachm. 2 U. in Mühlhausen 337.46, Göttingen 339.10, Clausthal 331.58, Münster 342.69, Cleve 343.21, Aachen 337.15, Boppard 340.22, Salzwedel 345.70; am 19. Ab. 10U. in Grolsbreitenbach 319.40, Arnsberg 337.12, Altmorschen 337.80, Fulda 334.91, Marburg 323.29, vom 15. Februar 1869. 129 Hanau 340.79, Laach 332.87, Birkenfeld 328.28, Trier 337.47, München (6) 322.86, Rom (9) 541.56 (nach stürmischem N.); am 20. Morg. 7 U. Civitavecchia 341.24. Zu demselben Ergebnifs des Fortrückens führen die Sta- tionen, von welchen nur angegeben ist, an welchem Tage das Maximum eintrat. Dies war: am 17. in Stettin 347.11; am 18. in Cappeln 349.40, Chemnitz 332.95, Freiberg 328.97, Annaberg 320.69; am 19. in Kiel 346.49, Neumünster 347.20, Altona 345.33, Glückstadt 345.00, Meldorf 345.68, Segeberg 344.04, Neustadt 345.53, Lübeck 345.78, Flensburg 345.81, Eutin 345.20, Woltersmühle 345.02, Wustrow 346.89, Rostock 345.5, Schwerin 344.55, Schönberg 346.03, Poel 347.96, Oldesloe 344.86, Heidenheim 324.5, Mergentheim 336.4, Carlsruhe 339.7, Mannheim 340.1, Buchen 331.7, Wentheim 338.9, Königstein 331.32, Elster 324.80, Rehefeld 317.17, Reitzenhain 313.62, Oberwiesenthal 332.47. Nach den in den Nouvelles meteorologiques der meteorologi- schen Gesellschaft in Frankreich mitgetheilten Abweichungen scheint das Maximum in Italien, Griechenland und der Türkei erst am 20. eingetreten zu sein, auf der iberischen Halbinsel hingegen früher, zwischen dem 17. und 19. Bei der verschiedenen Erhebung der einzelnen Stationen über das Meeresniveau lassen sich die angegebenen Zahlen nicht unmittelbar mit einander vergleichen, Die Bestimmung, wie viel das barometrische Maximum das Monatsmittel des Januar von 1869 übertrifft, würde eben so wenig eine richtige Vergleichung geben, da dieses Mittel unge- wöhnlich hoch war, und zwar in Ostpreufsen sich viel mehr von seinem aus vielen Jahren bestimmten Werthe unterschied, als im südwestlichen Deutschland. Ich habe daher das Maxi- mum auf den aus vielen Jahren bestimmten Werth des Jahres- mittels bezogen und die Stationen nach der Gröfse ihrer Ab- weichung geordnet. Zahlen ohne Zeichen bedeuten den Über- schuls des Druckes über das barometrische Mittel der Station, Nur bei den mit einem * bezeichneten Stationen habe ich mich 130 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse begnügen müssen, bei der in den Nouvelles meteorologiques gegebenen Abweichungen vom Monatsmittel stehen zu bleiben. Petersburg 15.97. Helsingfors 14.44. Memel 13.88, Tilsit 13.86, Stotkhake 13.75. Claussen 12.42. Cöslin 11.53, Bromberg 11.34, Conitz 11.07. Christiania 10.99, Regenwalde 10.99, Leipzig 10.98, Neu- münster 10.77, Poel 10.67, Posen 10.62, Stettin 10.38, Lemberg 10.33, Torgau 10.30, Zechen 10.24, Wustrow 10.24, Frankfurt a. d. Oder 10.01. Lübeck 9.95, Putbus 9.82, Dürkheim 9.76, E 9.70, Sandösund 9.66, Woltersmühle 9.60, Kiel 9.52, Schönberg 9.42, Meldorf 9.38, Berlin 9.26, Salzwedel 9.20, Rostock 9.16, Schwerin 9.14, Emden 9.09, Neustadt a. d. Ostsee 9.08, Ottern- dorf 9.05, Breslau 9.04, Krakau 9.00. Lüneburg 8.96, Altona 8.93, Jever 8.77. Norderney 8.68, Erfurt 8.67, Ratibor 8.64, Halle 8.64, Hannover 8.45, Oldenburg 8.22, Dovre 8.22, Eichberg 8.20, Löningen 8.15. Mühlhausen 7.93, Gütersloh 7.89, Mandal 7.89, Cleve 7. 85, Cöln 7.84, Görlitz 7.83, Kassel 7.76, Münster 7.75, Crefeld 7.69, Göttingen 7.43, Prag 7.36, Ofen 7.32, Brüssel 7.31, Skudesnes 7.18, Frankfurt a. M. 7.06. | Olsberg 6.98, Darmstadt 6.97, Wien 6.37, Kreuznach 6.82, Aalesund 6.78, Ischl 6.69, Christiansund 6.60, Aachen 6.53, Ha- nau 6.41, Heidenheim 6.14, Szegedin 6.12, Boppard 6.09, De- breczin 6.03. Agram 5.98, Klagenfurt 5.95, Mailand* 5.85, Ferrara* 5.85, Birkenfeld 5.79, Triest 5.50, Ancona 5.50, Hermanstadt 5.45, Florenz* 5.41, Trier 5.40, München 5.35, Ile d’Aix* 5.32, Athen* 5.23, Hechingen 5.09, Bludenz 5.05, Aosta* 5.01. Pola4.83, Hohenzollern 4.66, Lesina 4.48, St. Matthieu* 4.43, Smeaton” 4.26. Santiago* 3.86, Lissabon* 3.72, Rom 3-59, Ellabus* 3.50, Sieie* 3.46, Madrid* 3.26, Durazzo 3.24, Murcia* 3.06. Constantinopel* 2.35. Palermo” 1.86. Ponta Delgada* —2.08. vom 15. Februar 1869. 151 IV. Der abkühlende Einflufs des vordringenden Polarstromes. Eine den mittleren atmosphärischen Druck sechszehn Li- nien übersteigende Barometerhöhe, wie am 17. in Petersburg, ist, so viel mir bekannt, noch nie beobachtet worden. Der Druckunterschied zwischen dem 17. Jan. 1869 u. 20. Jan. 1863 entspricht dem Drucke einer Wassersäule von 39 Zoll Höhe. Lälst eine solche Erscheinung sich allein durch anomale Wärme- verbreitung erklären, oder müssen wir noch andere Ursachen als mitwirkend annehmen? Die folgende Tafel enthält zur Beantwortung dieser Frage die Abweichungen der fünftägigen Wärmemittel vom 27. De- cember 1868 bis zum 30. Januar 1869 von vieljährigen Mitteln dieser Pentaden in Reaumurschen Graden. Decb. Januar 27—31I] 1—5 | 6—10 | 1-15 16-20) 21—25126—30 Christiania ... — 1.29 3.31 2.03 2.58 | —1.06 2.97 Memei. o.... 5.94 1.39 5.77 5.00 | —2.97 | —1.91| —0.24 bay 1 HE 4.15 1.81 5.92 5.16 | —3.83 | —4.55 | —0.49 Claussen ....1 6.36 227 5.67 4.00 | —5.02 | —7.00 | —0.19 Königsberg...| 5.31 2.18 5.58 3.94 | —3.93 | —3.93 | —0.32 a A a a cl 3.96 2.60 | —2.48 | —4.24 | —1.27 Gahilz 42»... 4.05 | 3.52 | 6.57 | 4.86 |—2.88| —4.93| 1.56 Colin )...:. 2.66 | 2.94 | 5.20 | 3.35 |—3.63| —4.18| - 1.35 Regenwalde ..| 3.49 | 3.43 | 4.59 | 2.89 | —3.40 | —3.57 | —0.57 Stein... ..:. 4.40 | 3:56 | 5.95] 2.82 | — 8.32 —4.08| : 2.18 Putbus...... — | 3.12 | 5.04 | 2.79 |—2.17 | —2.52| 0.84 Wustrow ....| 2.28 | 2.83 | 4.20 | 1.35 | —2.94 | —2.03| 1.06 Rostock... 3.08 | 3.68 | 5.29 | 1.81.|—2.60| —3.65| 1.22 i a: DE Be Ba 3.84 | 48T || 1.87 | -2207 1--365 ai Schwerin....| 2.91 | 3.32 4.70 1.71 | —9.34 | —4.79 1.69 Schönberg ...| 3.12 | 3.86 9.58 1.96 | —2.64 | —4.34 1.95 Kiel ....... 2.64 | 3.63 4.79 1.63 | —2.68 | —3.35 1.59 Altona...»..: 2.69 | 3.75 4.40 0.36 | —2.99 | —4.54 1.57 Enbeck |. 3.65 | 4.01 9.99 1.84 | —2.76 | — 3.34 1.854 Batın- . 8:47 2.89 | 3.38 4.82 0.88 | —3.25 | —3.76 1.45 [1869.) 10 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 132 Decb. Fan aa 27—31] 1—5 | 6—10 | 11-15] 1620) 21-23|26—30 Cuxhaven.... — 3.47) 3.94 | —0.21 | — 3.93 | — 4.62 | — 0.18 Ötterndorf ...| 2.73 3.23 4.05 0.53 | —1.92 | —4.98 T8 Lüneburg... 3.02 3.94 5.11 2.06 | —2.12 | —5.25 1.88 Hinrichshagen . | 3.78 4.17 6.06 2.83 | —2.86 | —4.89 2.42 Berlin: Ir. Hl 5.62 4.64 5.95 2.48 | —3.47 | —4.13 1.85 Frankfurt a. 0.| 5.41 | 461| 6.14| 3.14 | —3.55 | —6.47| 1.32 Posen, nr 0% 5.97 3.73 6.45 4.53 | — 3.26 | — 7.26 1.78 Bromberg....| 4.98 4.66 6.67 5.11 | —3.29 | — 6.46 1.42 Ratıbor,...-. 7.83 5.90 5.29 2.50 | —2.88 | — 9.40 1.34 Krakau .....-1 6.58 5.81 5.01 1.44 | —5.92 | —8.42 0.93 Zeehen. „3.3 5.92 4.53 6.00 2.67 | —4.16 | — 8.85 2.00 Breslau... 5.817 35) 6.37 2.42 | —4.90 | — 8.60 1.98 Eichberg ....| 6.24 5.17 4.38 1.49 | —4.83 | -10.01 0.25 Görlitz... 6.01 4.98 5.24 1.35 | — 3.86 | — 8.72 0.84 BrastL. 0er it = 5.46 4.85 | —0.03 | — 4.35 | — 7.82 | —0.99 Wienrzrr7r 7.00 5.22 3.65 | —0.87 | — 3.97 | — 7.73 0.23 Debreezin.... — 6.85 4.18 0.13 | —5.92 | —6.30 | —1.39 Lemberg .... — 4.26 3.78 0.13 | -10.06 | — 8.88 | — 1.36 Szegedin ee Fa — 4.62 1.22 | —0.77 | —6.82 | —9.04 | —2.59 Hermanstadt. . — 5.88 3.15 | —1.86 | — 7.71 | — 7.70 | —5.74 Agram...... — _ 4.16 0.00 | — 3.96 | —8.80 | —1.62 isst Sr — 3.09 2:10 0.14 | —2.18 | —4.74 | —1.04 Pola . J32.2.. — 3.68 1.66 0.14 | —0.94 | —6.03 0.16 Ancona 2.4. — — 1.84 0.10 —4.02 | —2.05 Rom ..! 304 2.94 | —1.79 | —1.62 | —1.83 | —2.51 | —7.31| —2.72 Torgau]: !..: 5.47 4.61 4.77 1.61 | —3.60 | —6.56 1.18 Felle. er... 5.17 3.94 3.81 0.43 | —2.37 | — 7.03 0.94 Birfnrt :.%_. 2:52. 9.35 5.13 0.50 | —2.99 | —6.74 2.24 Mühlhausen ..| 4.92 4.48 4.27 0.06 | — 3.57 | —6.95 2.27 . Heiligenstadt. .| 5.03 4.76 4.01 1.18 | —2.77 | — 7.10 2.74 Göttingen. ....| 4.10 4.53 3.62 | —0.27 | —2.67 | —6.39| 0.40 Clausthal ....| 3.14 3.03 3.40 2.47 0.88 | — 7.07 1.59 Hannover... .| 3.82 4.46 4.97 1.46 | —1.59 | — 6.33 1.58 Oldenburg ...| 3.25 4.18 4.05 | —0.07 | —2.29 | — 6.27 1.08 IENET. hab 2.88 3.14 3.99 | —0.02 | —2.17 | — 9.48 1.24 vom 15. Februar 1869. 133 Deck. Januar gi 1—5 | 6— 10] 11— 15 16-20 2125 26—30 Emden ».... 1.80 2.47) 4.20 0.02 | —0.96 | 1.24 Einzen.....:; 2.43 |; 3.64| 4.33 0.58| 0.33|—6.64| 1.61 Löningen ....| 3.43 3.58| 2.66 | —0.59 | —1.90 | —6.97 | 0.46 Münster .....| 3.46 3.68 | 3.66 0.29| 0.071 —6.19| 1.43 Gütersloh ....| 4.58 7 er 0.97 | —0.34 | —5.83 1.25 Cleve ......| 3.41 3.67 | 3.85 047]1..0.231—6.11}. 41.72 Crefeld ..... 4.63 4.62 | 3.56 9.251 -O.111 6.14) 1% DE WARE 4.80 2.99 3.11 0.14 | —0.64 | — 7.20 1.76 Boppard..... 5.28 21 3.68 1.004 8.0.59) 7.62 | 153 A NE 5.31 A354 AS 1021 7.0341 684 0.40 Kreuznach ...| 5.97 5.44 | 4.23 0.05 | —0.59 | —6.49 | 0.32 Frankfurt a.M.| 5.06 | 3.90 | 3.00 047| 0.21) —7.42 0.05 Mannheim ...| — 458 1.2.88 1:20.93 1E 2.001 7.461.084 Darmstadt ...| 5.22 4419 || 312 108581 „2.17 17.16 |:..0.75 Hechingen ...| 6.00 6.27 | 3.87 0.05 0.01 | —9.63 | —0.48 Hohenzollern. .| 4.94 | 5.23| 2.16 | 0.78 | —0.35 | —9.09| 0.21 Stuttgart ....| 5.10 3.99| 3.40 | —0.85 | —0.71 | —8.43 | —0.32 Carlsruhe....| 6.48 5.09) 5.14 | —0.38 | —0.96 | —6.37 | 0.66 Heilbronn. ...| 3.96 3.83 | 2.39 | —1.70 | —2.12 | —8.69 | —1.71 Freudenstadt. ..| 3.86 4.74| 3.90 0.05 | —0.81 | — 8.28 0.43 a 4.96 3.63| 4.27 0.35 | —0.25 | —8.48 | —0.54 Bin. 0.: 1 31487 4.11| 3.64 | —0.87 | —1.47 | —9.00 | —0.45 Schopfloch...| 4.15 3.28| 1.87 | —0.07 | —1.59)—9.49| 1.12 Canstadt..... 5.04 5.06 | 4.71 141 || -0,971 — 25 1.50 Heidenheim ..| 5.10 3.97 | 3.96 | —0.64 | —1.03 | —9.42 | —0.65 A E 5.21 4.05 | 4.49 0.89 | —0.38 | —9.25 | —0.10 Friedrichshafen | 4.62 2.93 | 3.57 0.66 | —1.55 | — 8.10 | — 2.02 Mergentheim. .| 4.18 4.31| 3.35 | —0.43 | —0.50 | —6.52 0.60 re ee 4.96| 4.53 |—0.03 | —2.38 | —9.25 | —0.98 Klagenfurt ... —_ 3.06 | 4.74 1.94 | —0.24 | —6.53 | —1.82 Bludenzi.a s-.-| =: > das 1.13 | —0.30 | —5.30 | —0.35 Brüssel .....| 4.02 3.83 | 527 | —-057|| 0.421 4.88, ..,.0.19 Paris.......| 4.42 2.99| 5.35 0.24| 0.81 | —-5.79 | —0.80 Lissabon . -..| 0.64 |—0.54 | 0.60 1.66) 1.52| 0.20| 3.07 10* 134 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Wo wegen einer zu wenige Jahre umfassenden Beobach- tungsreihe ich die mittleren Werthe nicht für die fünftägigen Mittel bestimmen konnte, füge ich die direct abgelesenen Temperaturen in der folgenden Tafel hinzu (Grade Reaumur). Deck. Jannar 16-20 222512630 27—s1l| 1—5 | 6-10 11-15 Lauenburg. ...| 3.39 0.551 3.22| + 1.05 | —5.67| —5.49| 0.25 Hamburg ...| 4.46 3.87|/ 4.06 |: O5L|F 27a -DRa 20 Neumünster ..| 3.85 3.26 1° 3.751090 | abs 2. DE Glückstadt. . .| 3.95 3.601: 406|. 0.42 |--2,37| —2839) 7 2.00 Meldorf ....| 4.27 3.761.393 || 012 | 244 1 1786 7205 Segeberg. ...| 3.72 3.10 3.85 | —0.07 | —3.62 | —3.64| 1.99 Neustadt... .]| 3.58 3.34 4.08 0.26 | —3.36 | — 3.12 1.84 Flensburg ...| 3.43 ».59 4.59 1.28) —2.40 | —0.81| 2.85 Woltersmühle .| 3.18 350| 415| 045|-3.024 —3.00) 1.42 Cappeln .....| 3.60 3.61) 415| 1.091—2.26| —141| 2.39 Oldesloe ....| — 3.85| 4.22] 0.25) —3.22| —3.10| 2.68 Gram...... 2.94 3.17 3.37) 0.99) —2.26 | —0.60| 1.92 Marmitz.....| 3.62 3.01 3951-027 | A411 - Asree Reichenbach. .| 4.75 2.791 2.35| —1.33 | —8.56 |—-11.55]| 0.81 Landeck ....| 4.48 2.151 1.07| —2.49 | —9.00 [—11.38] —0.89 Kirche Wang .| 0.71 0.32 | —0.66 | —1.46 | —5.54 |— 11.48] —0.42 Grofs Breiten- bach..... 3.20 0.57 | —0.23 | —2.87 | —4.94 | —9.56| —0.51 Kassel ..... 5.26 3.95| 2.69 | —0.52 |—1.99 | — 5.32] 1.89 Altmorschen. .| 5.17 3.56 || 2.20 | —1.34|- 3:7 I — 7.020090 Marburg ... .| 4.79 2801: 1.47 | 9.02 | -D.87 1 — 20801 Arnsberg ...| 5.09 4.08 2.55 | —0.39 | —0.40 | —5.36| 3.39 Aachen. ....| 5.60 4.881 427| 0.68| 0.97| —4.19| 4.26 Taach ..%%V, 7 5.01 3.531 2.45 | —0.97 | —6.67 | —6.23| 2.09 Dürkheim ... .| 6.97 5.04| 4.25 | —0.43 | —0.69| —5.74| 1.54 Fulaa: 1290 4.82 2 1.35 | —2.11 3.41 | 8.02 Hanau .....| 6.04 4221| 2.26 | --0:22) E-.1.45 11 = Ssa a Biberach. ...| — 1.67| 1.80 | —2.35 | —4.10 —10.65|) —1.70 Meersburg... | 4.85 379||. 310 | 0.80 | 2.71 820 "OR Höchenschwand| 2.01 1—0.12 0.67 | —1.52 | —4.44 | — 9.52) —0.20 Villingen... .| 3.56 0,24 1.57 | —2.77 | —4,32 |—11.39| —1.29 vom 15. Februar 1869. 435 Decb. Januar | | | | 6-10 | 11-15 1620) 21—25|26—30 | Freiburg... .| 7.06 | 5.06 | 3.70 | —1.23 | —0.95 | —6.65 | 3.89 Petersthal ...| 4.79 | 4.27 | 2.75 | —1.48 | —0.63 | —6.84| 1.72 Baden-Baden .| 6.69 | 5.09 | 3.08 |—1.89 | —0.61| —6.18| 2.07 Buchen. ..... 4.55 | 1.92 | 1.36 |—2.12 | —2.98 | —8.29| 0.12 Wertheim ...| 6.10 | 4.13 | 1.48 | —1.50 | —3.38 | —8.03 | 0.81 Beauficel....| 5.12 | 4.22 | 6.37 3.761 3.71[|-1.28| 3.58 Fecamp ....| 6.16 | 5.54 | 6.54 2.46| 4.08|—1.12| 3.82 Dowi ..... 5.66 | 4.38 | 6.02 0.701 2.481 —2.88| 2.54 Soissons . » ..| 6.77 | 4.22 5.79 1.84 1.82 | — 3.66 | 3.25 Rouen, , WET, 6.27 | 6.06 | 6.75 2.64| 3.47) —1.98| 4.64 Tours ..... 6.43 | 5.58 | 7.06 3.39| 3.49) —0.69| 4.18 Blois...... 6.22 | 4.64 | 6.67 2.06| 3.41|—1.98 | 2.18 Montargis .....| 5.82 | 5.34 | 6.54 2.061 3.54|1—2.32| 2.51 Chatillon s. L.| 5.42 | 4.32 | 5.51 | 1.34| 142|—443| 1.71 la Charite ...] 4.96 | 4.42 | 5.18 240| 1.52\)—3.55| 1.28 Cosne. ..... 5.92 | 4.64 | 6.74 3.20| 2.42) —1.94| 2.10 Auxerre ....| 6.74 | 5.47 | 6.83 2.081 2.241 —3.76| 2.64 Doulevant ...| 5.76 | 4.85 | 5.87 BASNNDLEE | 5.7.1 1587 Metz ...... 5.57 | 4.42 | 4.74 0.351 0.75|—5.09| 1.28 Ichtrazheim ..| 5.70 | 3.90 | 3.90 | —1.17 | —0.37 | —7.14 | 0.42 Verdun. ...- » 5.60 | 4.42 4.86 0.56| 0.50) —4.69 | 0.58 Borient. .... 6.93 | 7.92 | 7.66 5.871 5.33| 0.91| 6.66 Nantes® .... 7.04 6.90 8.16 4.24 4.64 8.64! 4.88 Lavallade ...| 4.56 | 4.56 | 5.76 3.94| 5.15| 3.44| 7.50 Beyrie ..... 8.96 | 6.93 | 6.58 6.271 5.651 3.95| 8.88 loyBüy:i --.issir 4.82 | 2.26 | 5.17 3.281 1.18|—2.64| 3.89 Bodez 1... 4 3:66 | 510 4.29) 2.74| 0.83| 4.64 Caleves’ ....| 4.08 | 2.22- |. 4.50 123 1..049 2.785.043 Bow. .... 6.45 | 4.32 | 3.95 0.40| 0.661 —3.78| 2.86 Perpignan ...| 8.29 | 6.37 9.63 7.20 7.38 5.23 | 7.58 Foix ...... 6.19 | 7.50 4.59 3.41 4.42 2.10} 5.86 Montpellier ..| 7.24 | 4.69 5.95 5.981 3.98 0.34 | 4.26 Marseille. ..*| 7.73 | 5.28 7.31 6.14 9.60 2.10 | 6.82 Brignolles ...| 6.96 | 4.00 9.60 3.68 3.68 1.28 | 4.80 Cames...:.« — 7.04 71.86 7.70 6.90 3.62 | 5.34 136 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Decb. Jann®ar es | 6-10 11-15 16-20 21—25/26—30 Pointe St. Mat- | thieu ....| 768 | 2.79 | 732 | 670| 2312| 2.641. 608 Cap Gris-Nez .| 7.09 | 5.15 | 6.37 | 146| 429|—1.79| 2.77 Iste dAix...| 830 | 7.65| 776) 544!I 616| 131|. 5.34 Biarritz. ....| 9.39| 7.9| 6829| 858] zı8| 5.951 7.95 Madrid..... 3.76 | 1.71 | 4.02| 5.09] 4.72| 3.79| 3.33 St. Jago ....| 7.36 | 6.37 | 7.09 | 832] 731! 654| 8.22 Murcia ..... 8.94 | 6.58 | 8.21 | 8.61] 8.67) 8.64| 11.79 Ponta Delgada| 9.14 | 12.82 | 13.74 | 11.81) 12.85! 13.07| 12.42 2.77 | 0.99 | 3.10 | —0.98 | —1.28 |—3.76 | —3.18 Mailand ....| 3.60 | 2.34 | 1.20 | 0.22| 0.40 | —3.07 | —1.22 Ferrara ....| 5.33 3.97 3.17 1.50 1.58 | —2.13 0.37 Florenz ....| 9.09 | 640 | 451 | 448! 3.34|—-1.49| 2.29 Palermo ....] 11.98 9.62 5.02 3.32 = 4.86 8.08 Constantinopel — 7.46 4.24 3.95 —0.30 | —1.78 | —0.91 PO 10.56 | 9.25 | 547 | 4538| 2338| 2.29| 3.34 Bagdad..... e 4.22 | 640 | 7.09 | 6.61| 8.24| 7.62 Ein Blick auf die vorhergehenden Tafeln zeigt, dafs die ungewöhnliche Wärme, mit welcher das Jahr 1868 schlofs, bis in die Mitte des Januars 1869 anhält, und dann plötzlich einer sehr starken Abkühlung Platz macht. Dafs diese Abkühlung durch den stürmisch einbrechenden Polarstrom hervorgerufen wird, zeigt besonders schön das Journal von Rom. Hier herrschte 48 Stunden lang vom 24. Abends 6 Uhr bis zum 26. eine tramontana furiosa von 35 Meilen Geschwindigkeit in der Stunde. Mit dem Gange des fünftägigen Mittels stimmt sehr gut der Eintritt der höchsten Kälte überein. In Schleswig und Holstein fällt diese unmittelbar vor das barometrische Maximum auf den 18. Januar, in Östpreufsen und Pommern auf den 22., in Schlesien, Westphalen, Rhein- land, Württemberg und Baden auf den 23., in Frankreich auf den 24. und 25., in Italien auf den 26., wie folgende Zusam- menstellung zeigt. Die grölste Kälte war: ' am 16. am 17. am 18. am 19. am 21. . Jan. in Königsberg —12.9, Hela —9.5, Conitz — 16.5, am 22 vom 15. Februar 1869. 137 Januar in Neustadt an der Ostsee —7.8; Jan. in Neumünster —9.5, Tilsit —12.0, Flensburg —7.2, Cappeln —6.0, Poel —8.0, Rostock —8.0; Jan. in Kiel —7.5, Hamburg —7.7, Altona —3.6, Glückstadt —7.1, Meldorf —5.8, Segeberg —3.1, Lü- beck —8.1, Wustrow —8.1, Schönberg —7.7, Eutin — 7.8, Woltersmühle —3.0, Oldesloe —7.5; Jan. in Cuxhaven —6.0, Otterndorf —6.4, Gram — 7.3; Jan. in Perpignan 0.6; Lauenburg in Pommern —11.0, Cöslin —10.7, Re- genwalde —11.8, Stettin —10.7, Putbus —7.6, Lü- neburg — 10.0, Schwerin —9.6, Marnitz —12.9, Hin- richshagen —11.5, Berlin —10.6, Frankfurt a. d. O. — 12.2, Kirche Wang a. d. Schneekoppe — 20.0, Halle — 11.0, Erfurt — 14.9, Grofsbreitenbach — 16.2, Mühl- hausen —14.2, Göttingen —10.5, Clausthal —12.3, Braunschweig —8.6, Hannover —9.0, Fulda —12.8, Jever —7.0, Norderney —6.7, Cannstadt —12.2; am 23. Jan. in Claussen —18.8, Posen —14.7, Bromberg —15.9, Zechen —19.3, Breslau —18.6, Landeck —18.8, Reichenbach — 22.5, Eichberg — 25.2, Gör- litz —17.0, Torgau —11.4, Kassel —10.8, Altmor- chen — 14.5, Marburg —13.0, Oldenburg —9.2, Em- den —9.0, Lingen —9.8, Löningen —10.3, Münster —10.0, Olsberg —13.0, Arensberg —11.8, Cleve —9.0, Crefeld —9.1, Aachen —9.4, Cöln —10.4, Boppard —10.6, Laach —11.8, Trier —10.2, Bir- kenfeld —14.4, Kreuznach — 11.4, Frankfurt a. M. — 12.0, Darmstadt —13.0, Hechingen —15.7, Ho- henzollern —14.2, Heilbronn —13.5, Freudenstadt — 16.0, Calw — 14.7, Ulm — 15.0, Schopfloch — 17.5, Heidenheim —18.0, Issny —15.2, Friedrichshafen — 14.0, Mergentheim — 13.0, Biberach — 19.5, Meers- burg— 12.6, Höchenschwand — 14.1, Villingen — 17.3, Freiburg —11.4, Petersthal —11.3, Baden-Baden — 11.0, Carlsruhe — 11.5, Mannheim —11.2, Buchen — 13.7, Wertheim —13.1, Verdun —10.1, Brüssel 138 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse — 7.0, Beyrie —0.4, le Puy —9.2, Rodez —4.6, Mar- seille —2.4, Pointe St. Matthieu —0.4, Rom —4.8, (Maestro furioso, starke Nachtfröste vom 21. bis 28. auch in Civitavecchia); am 24. Jan. in Landeck —18.8, Krakau —18.2, Ratibor — 20.0, München —18.5, Salzburg —22.0, Stuttgard — 14.0, Rouen —7.2, Metz —9.2, Lorient —2.7, Cap Gris-Nez —4.8, Brignoles —1.6, Palermo 1.9; am 25. Jan. in Beauficel —6.6, Fecamp —4.5, Douai —6.5, Soissons —10.1, Paris —7.2, Tours —6.4, Blois —8.7, Montargis —9.0, Chatillon sur Loire —9.2, la Charite —9.0, Cosne —9.9, Auxerre —9.9, Dou- levant —12.0, Hanau — 12.5, Ichtratzheim —12.6, Nantes —4.8, Poitiers —6.8, Lavallade —2.4, Ca- leves —10.7, Bourg —11.3, Biarritz —1.6, Mailand — 7.6, Szegedin —15.5, Valona —4.9. Hier war der Schaden an Citronen und Orangen, welche von der Last des Schnees, welcher bei südlichem und süd- westlichem Wolkenzuge fiel, während in den untern Schichten N und NO herrschte, so niedergedrückt waren, dafs sie wie abgebrochen aussahen, sehr grofs. Der Schnee fiel schon in der Nacht vom 18.—19., dann stärker in der Nacht vom 22.—23. (Nieder- schlag 5.54 Lin.) und vom 23.—24. (8.76). Das Laub war erfroren und fiel ab, fünfjährige Bäum- chen gingen ganz zu Grunde. “Auch die Oliven- bäume litten sehr, indem der Schnee an denselben festfror und viele deshalb bis zur Wurzel abbrachen. Die indischen Feigenbäume, sowohl einzeln stehend als in Hecken, gingen bis zur Wurzel zu Grunde. Alle Pflanzen mit dieckem Laub litten bedeutend, während Aloen und japanische Mispeln der Kälte gut widerstanden. am 26. Jan. in Montpellier —8.8, Cannes —1.0, Isle d’Aix —3.4, Eullabus —2.1, Aosta —8.6, Florenz —6.8, Constantinopel —6.6, Durazzo —4.3. Die Kälte und der in diesen Gegenden ganz ungewöhnliche Schnee- vom 15. Februar 1869. 139 fall verursachte grofse Verluste an den Viehheerden, welche dort im Freien übernachten. am 27. Jan. in Athen —1.8. Das Fortschreiten der Kälte von höhern nach niedern Brei- ten zeigt sich auf dem ganzen Beobachtungsgebiete in überzeu- gender Weise. Diesem Gebiete gehört aber Norwegen, Schott- land, England und Spanien nicht an. Während in Memel schon am 3. Januar das Thermometer sich über den Frostpunkt er- hebt, fällt in Christiania die grölste Kälte des Monats —11.2 grade auf diesen Tag, in Dovre auf den 2. —17.3, ebenso in Sandösund — 7.1, auf den 1. in Mandal —3.7, und in Skudes- nes —0.5. In Schottland war es am kältesten am 1, —2.9 in Smeaton, in Stonyhurst in England —4.7. In Spanien ist das Minimum am 3. in Madrid —3.4, in Murcia —3.0, in Lissa- bon 3.5 am 2., in Ponta Delgada auf den Azoren 7,1 am 10. Damit ist aber die Herrschaft des Polarstromes beendigt, er wird von Neuem vom Äquatorialstrom zurückgeworfen. Das am 29. in ganz Deutschland hervortretende barometrische Mini- mum beweist es. Es ist von Wintergewittern begleitet, die am heftigsten in Santiago hervortreten. Der Kampf beider Ströme ist noch nicht beendigt und als Folge desselben verdecken auf einander folgende Gegensätze der Wärme und Kälte den regel- mälsigen periodischen Verlauf der Jahreszeiten in der, an be- stimmten Stellen durch stets wiederkehrende heftige Stürme aufgeregten Atmosphäre. Wenn die Vertheilung des atmosphärischen Druckes in dem hier vorliegenden Falle allein durch thermische Verdichtung hervorgerufen wäre, so mülste die Temperaturerniedrigung an der Stelle des höchsten barometrischen Maximums am bedeu- tendsten gewesen sein. Dies ist nicht der Fall, denn bei dem Vordringen nach Süden steigert sich der abkühlende Effect des Polarstromes. Es bleibt also nur die Annahme einer Mitwir- kung der Aufstauung, welche den Erscheinungen genügt. 140 Gesammtsitzung 18. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Roth legte Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine, gestützt auf die von 1861—1863 veröffentlichten Ana- lysen, vor. Herr G. Rose legte eine Mittheilung des Herrn Dr. P. Groth vor: Ueber Krystallform und Circularpolarisation und über den Zusammenhang beider beim Quarz und überjodsauren Natrium. Es ist bekannt, dafs man bisher unter den einaxigen eir- eularpolarisirenden Krystallen am Quarz allein mit Sicherheit solche Krystallflächen kennt, welche den Sinn der Drehung der Polarisationsebene des Lichtes vorher zu bestimmen erlau- ben. Es sind dies die Trigonoäder (trigonalen Pyramiden), welche bei rechtsdrehenden Krystallen die Kante des Haupt- rhomboöders, wenn der Beobachter eine obere Fläche desselben vor sich hat, mit der zur rechten Seite liegenden Prismen- fläche abstumpfen; ferner die Trapezoäöder, von welchen zweierlei Arten unterschieden werden müssen, welche Herr G. Rose in seiner Arbeit „über das Krystallisationssystem des Quarzes, Berl. 1846 (Abh. d. Akad. d. Wiss.) als Trapezoöder erster und zweiter Ordnung trennt. Die dihexagonale Pyramide zerfällt durch Hemiödrie in zwei Skalenoöder, von denen eines (1. Ordnung) seine flacheren Polkanten über dem Hauptrhomboöder liegen hat, das andere (2. Ordnung) dem Gegenrhomboäder entspricht. Aus jedem dieser beiden entsteht durch nochmalige Hemiädrie (Tetartoödrie) ein rechtes und ein linkes!) Trapezoäder, deren Flächen also an oder unter dem 1) Hierbei ist immer dasjenige Trapezo@der ein rechtes genannt, welches aus einem Skalenoöder, dessen flachere Polkante der obern Hälfte dem Beobachter zugekehrt ist, durch Bleiben der rechten obern Fläche und der entsprechenden, durch Verschwinden der linken und ihrer Zu- gehörigen, entsteht (vergl. G. Rose ]. c. p. 46, Anm. 2.). vom 18. Februar 1869. 141 Hauptrhombo&der liegen, wenn sie erster Ordnung sind, unter dem Nebenrhomboäder, wenn sie einem der weit selteneren Trapezo&der zweiter Ordnung angehören. Zwischen dem Auf- treten dieser Formen und der Drehung besteht nun folgende gesetzmälsige Beziehung: Rechtsdrehende Krystalle zeigen rechte Trapezo&der 1. Ordnung und linke der zweiten (entgegengesetzten) Ordnung; Linksdrehende Krystalle linke Trapezo&der erster und - rechte zweiter Ordnung. (Würde man das Haupt- und das Nebenrhombo&der mit einander vertauschen, so würde sich das ganze Gesetz um- kehren.) Rechte und linke Trapezoäder gleicher Ordnung und gleichnamige verschiedener Ordnung schlie[lsen sich aus. Wo sich dieselben an Quarzkrystallen zusammen- finden, hat man es stets mit Zwillingsverwachsungen zweier Individuen zu thun, wie dies zuerst Herr G. Rose l. c. nach- gewiesen hat. Gewöhnlich ist diese Zusammensetzung aus zwei Krystallen auch äufserlich zu erkennen und die Trapezoeder- flächen sind unregelmäflsig, theils rechts, theils links, vorhan- den; zu diesen gehören die von Hrn. Dove (Farbenlehre p. 253. Pogg. Ann. 40, 607) optisch untersuchten Krystalle mit rech- ten und linken Trapezflächen, von welchen Derselbe zeigte, dafs sie aus rechts- und linksdrehenden Parthieen zusammen- gesetzt seien. Doch beschreibt Hr. G. Rose, 1. c. p. 40, Fig. 50, kleine Krystalle eines schwach violblau gefärbten Quarzes aus Brasilien, welche anscheinend völlig einfach sind und ein voll- ständiges Skalenoeder, d. h. die Combination desselben rech- ten und linken Trapezoöders ersfer Ordnung tragen. Herr G. Rose war so gütig, mir einige derselben zur Untersuchung zu übergeben, da gerade dieses Vorkommen wegen der grolsen Regelmäflsigkeit der genannten Form zuweilen als Beweis an- geführt wird (z. B. Naumann’s Elem. d. theoret. Krystallo- graphie p. 223, Anm.) dafür, dafs rechte und linke Trapezo- der zusammen vorkommen könnten. Ich habe von einem ziemlich klaren Krystall eine Platte derart geschliffen, dafs auf drei der sechs Seitenflächen jedesmal beide Trapezo&@derflächen erhalten blieben, so dafs man genau denjenigen Theil des 142 | Gesammtsitzung Quarzkrystalls auf seine Drehung untersuchen konnte, welcher die besprochenen Flächen enthielt. Es zeigte sich nun im po- larisirten Licht, dafs auch dieser Quarz ein Zwilling eines rechts- und eines linksdrehenden Krystalls sei, von derselben Art der Verwachsung, wie die grolsen Amethyste von Brasilien ohne Trapezflächen sie zeigen. Fig. 1 giebt in 5—6/f. Ver- grölserung eine Skizze Seiner Zusammensetzung, wobei die sechs prismatischen Seitenflächen gleichsam aufgeschlagen da- neben gezeichnet sind, um das Auftreten der Trapezoöderflächen an denselben zu zeigen. Die Platte besteht in der Mitte aus linksdrehendem Quarz (durch Schraffirung bezeichnet); drei Sectoren gleicher Substanz ziehen sich von da nach denjenigen Theilen des Randes, welche linke Trapezoöderflächen tragen. Die punktirt bezeichnete scharf begrenzte Parthie besteht in der ganzen Dicke der Platte aus rechtsdrehendem Quarz, und hier nimmt auch die gleichnamige Trapezoöderfläche fast die ganze Dicke ein. Alle andern, weils gelassenen, Theile der Platte bestehen in der oberen Schicht, wo die rechten Trapezo- &derflächen sich befinden, aus rechts drehender, in der unteren Schicht der Platte aus linksdrehender Substanz, so dafs sie sehr schön die Airy’schen Spiralen zeigen. Die Grenze beider Individuen ist dort, wo der Krystall Trübungen enthält (die auch in der Zeichnung angedeutet sind) verwaschen, sonst scharf. Demnach ist dieser Krystall ein Zwilling aus einem rechten und einem linken, mit theils vertikalen, theils horizon- talen Begränzungsflächen, wie dies bereits Hr. G. Rose ver- muthet hatte, und es ist also auch dieses Vorkommen auf jene oben ausgesprochenen, wohl allgemein für den Quarz gültigen Gesetze zurückgeführt. * Beim normalen überjodsauren Natrium, Na JO, + 3.ag, welches Herr Rammelsberg (krystall. Chemie, p. 148) beschrieben, hat vor einiger Zeit Herr Ulrich in Oker Cir- cularpolarisation entdeckt. Nach einer brieflichen Mitthei- lung an den Verfasser, hat er unter den von Herrn Rammels- berg ihm übergebenen Krystallen sowohl rechte als linke ge- funden, und durch Uebereinanderlegen zweier die Airy’schen Spiralen beobachtet. vom 18. Februar 1869. 143 Die Krystalle dieses Salzes sind (vergl. Rammelsberg 1. c.) durch ihre Hemimorphie ausgezeichnet, indem sie einerseits vorherrschend von der Basis begrenzt werden, während das andere Ende von derselben Nichts zeigt. An diesem Pol herrscht gewöhnlich (s. Fig. 2—4) ein Rhomboeder r= R von dem Axenverhältnifs a:c=1:1,094, mit Polkantenwinkeln von 94° 28' und 38° 22’ Neigung der Flächen gegen die Hauptaxe (Rammelsberg), vor. Geht man von diesem als Grund- rhomboöder aus, so findet sich ferner das nächste schärfere 2r'=—2R und sehr schmal die gerade Abstumpfung der Polkanten von R, d.i. 7 = — 5 R. Aufserdem giebt Herr Rammelsberg noch undeutliche Flächen eines Dreikantners (Skaleno@eders) aus der Endkantenzone des Hauptrhomboäders an. — Ich verdanke der Güte Desselben die Mittheilung einer Anzahl schöner neu von ihm dargestellter Krystalle, welche er mir übergab, um jene interessante Entdeckung des Hrn. Ulrich an denselben weiter zu verfolgen und genaue Bestimmungen des Drehvermögens anzustellen. An diesen fand ich nun, dafs jene von Herrn Rammelsberg an weniger deutlichen Krystallen für Skalenoöder genommenen Formen nicht solche, sondern theils trigonale Trapezoöder, theils Trigono£der, seien, da besonders an den schön ausgebildeten gröfsten Krystallen in der That schiefe Abstumpfungen der Polkanten des Grund- rhomboöders sich finden, diese aber stets nur nach einer bestimmten Seite. geneigt sind. Es ist also das überjod- saure Natrium die zweite derartige Substanz, da man sowohl Trigonoe@der, als Trapezoöder bisher nur am Quarz kannte. Die als trigonale Pyramide (Trigonoöder) erkannte Form, s Fig. 2, gehört zu den schiefen Abstumpfungen der Polkanten r:r und hat das Zeichen: Pr s = °— = (da:$a:3a:c), ist also flacher, als die Rhombenflächen des Quarzes. Der Messungen bedurfte es nur eine, da die Flächen in der End- kantenzone von r liegen; diese ergab: berechnet: beobachtet: S1y):Fa) 154° 22’ 154° ungef. s : c (Basis) 145 54 144 Gesammltsitzung Dieses Trigonoe&der liegt, wie man aus der Figur sieht, zur Linken des Hauptrhombo&ders, ist also ein linkes. Es konnte nur an einem Krystall mefsbar beobachtet werden. Dagegen finden sich sehr häufig Flächen, z Fig. 3, welche flacher gegen die von —IR geneigt sind, und in derselben Zone liegen, also die Kanten von s und —4R abstumpfen würden. Dies sind Trapezoöder zweiter Ordnung, da sie die Hälften von denjenigen Skale- no&ödern sind, welche dem (hier nicht auftretenden) Gegenrhom- bo&der entsprechen. Ihre Flächen sind immer nur einseitig vorhanden, also entweder nur linke oder nur rechte (beide etwa gleich häufig). Diese sind stets nach —4 R und nach R zu so stark gerundet (s. die Andeutung dieses Verhältnisses in der Fig. 3), dafs sich keine genauen Messungen anstellen liefsen; der am meisten spiegelnde Theil dieser ziemlich matten Flächen war etwä 174° gegen die von — 4 R geneigt, entsprach also nahezu dem krystallographischen Zeichen 2 I (Ba:!$a:lda:e). Dagegen liels sich ein anderes Trapezoäder, ebenfalls eines der zweiten Ordnung, aber nicht in der Polkantenzone von R ge- legen, genauer bestimmen. Es ist die Form ti in Fig. 4 und hat das Zeichen I I - ($a:a:3a:}c) oder: (!a:4a:4a:c). - Die Neigungen dieser kleinen Flächen gegen die beiden be- nachbarten Rhomboöderflächen (r.ı, und r.,, in der Fig.), so- wie gegen die Basis wurden gemessen; da aber auch die letztern Flächen nicht ganz eben waren, sondern mehrere Bilder reflec- tirten, so ist jede Einstellung auf 4 — 2°, also die Messung jedes Winkels zwischen zwei Flächen nur auf 1—14° genau, was aber für die Bestimmung des Zeichens des Trapezoöders genügt. Es wurde gefunden: berechnet: beobachtet: t,»c (Basis) 39° 53 41° 18 bir) 124 50 126 9 ir 148 54 147 38 ERTEEETEESTDEREENDE VBRERWEENEER vom 18. Februar 1869. 145 t! liegt in der Zone der darüberliegenden Fläche von —4R und der Fläche von R, auf welche r.,, grade aufgesetzt ist. Endlich findet sich über den Flächen des Hauptrhombo- @äders oft noch durch eine matte sehr gerundete Fläche ein flacheres Rhombo&der erster Ordnung x angedeutet, deren eine Seite in die gerundete z Fläche übergeht (s. Fig. 3). Es wurde nun eine Anzahl Krystalle, welche die Flächen der Trapezo&@der z, theils rechte, theils linke, enthielten, ange- schliffen und auf den Sinn der Drehung untersucht. Es fand sich, dafs zwischen beiden Erscheinungen dieselbe Beziehung stattfinde, wie beim Quarz; demnach ist, da hier nur Trapezoöder zweiter Ordnung, die bei letzterem Mineral sehr seltenen, vorhanden sind, die Beziehung die folgende: 1) Rechtsdrehende Krystalle des überjodsauren Natrium’s tragen linke Trapezo&der 2. Ordnung; 2) Linksdrehende tragen rechte Trapezo@der zweiter Ordnung. Zwillinge: Die Krystalle sind fast sämmtlich einfache; nur an einigen Individuen fand ich Zwillinge mit der Fläche des Hauptrhombo&ders verbunden, so dafs die vier übrig blei- benden Hauptrhomboäderflächen des obern Pols zu je zwei fast in eine Ebene fallen, da das Rhomboäöder dem Würfel sehr nahe steht. Da diese Krystalle aber keine Trapezoöderflächen zeigten und, von einer frühern Darstellung herrührend, durch Verwitterung trübe geworden waren, konnte nicht ausgemacht werden, ob die beiden den Zwilling bildenden Individuen gleicher oder entgegengesetzter Drehung waren. Was die Circularpolarisation betrifft, so zeigten die Messungen derselben, dafs, wie in allen analogen Fällen, die der rechtsdrehenden Krystalle eben so grofs war, als die der links drehenden, und dafs die Grölse der Drehung die des Quarzes noch um ein Weniges übertrifft, diese Substanz also nach dem Zinnober, dessen aufserordentlich grofse Cireularpolarisation Hr. Descloiseaux kennen gelehrt hat, das stärkste Drehvermögen zeigt. 146 Gesammtsitzung Die Messungen desselben wurden nach der Brocch’schen Methode mittelst des Speetralapparats ausgeführt, um die Dre- hung für die einzelnen Farben zu bestimmen, und zwar wurde mittelst der Skala die Stelle gewisser Fraunhofer’scher Linien bestimmt und die Mitte des dunkeln Absorptionsstreifens auf diese Stelle eingestellt. Die beiden besten Platten, deren Dicke mit dem Sphärometer bestimmt wurde, gaben folgende Resultate: 1. Platte, rechts drehend, Dicke 3,25 Mm. C = 764%, d.ı f.1 Mm. Dicke = 719% D 76 Drehung T A 93,8 28,9 a 343 Br ass 47,8 2. Platte, links drehend, Dicke 2,90 Mm. C= 56,d if 1 Mm. Dicke - ie D 67,3 23,2 er BER 2, | B 98,6 34,0 @ 134,6 46,4 Beide Reihen stimmen in Betreff der mittleren Linien ge- nauer überein, als für C und G, weil in jenem Theile des Spectrums der Absorptionsstreifen schärfer erscheint. Das Mittel dieser beiden Zahlenreihen und zum Vergleich die. denselben Linien entsprechenden Drehungen des Quarzes nach den neueren Messungen von Hrn. Stefan (Sitzungsberichte d. Wiener Akad. math. naturw. Kl., Bd. 50, Abth. H, p. 583) sind die folgenden: Drehung des überjods. Natr., d. Quarzes fur C —='19%1 17» D 23,3 21,7 E 28,5 27,5 F 34,2 32,7 G 47,1 42,4 Die Lösung dieses Salzes zeigt keine Einwirkung auf das po- larisirte Licht; es wurde eine kalt gesättigte Auflösung solcher Krystalle, welche keine Trapezoöder zeigten, sowie eine nicht ganz gesättigte von nur linken Krystallen, im Saccharimeter untersucht. , vom 18. Februar 1869. Mr Bei dieser Substanz sind, ganz ebenso, wie beim Quarz, niemals entgegengesetzte Trapezoäder gleicher Ordnung an demselben einfachen Krystall beobachtet worden, also sind bis jetzt nie die beiden Theilformen, welche durch Hemiedrie aus demselben Körper entstehen, zusammen gefunden worden, wenn es solche Theilformen waren, welche einander nicht con- gruent, sondern von denen das eine das Spiegelbild des andern ist (enantiomorphe Gestalten nach .der Naumann’schen Bezeich- nung). Dies scheint einen durchgreifenden Unterschied anzu- deuten dieser Hemiödrien von solchen, welche zwei einander congruente, nur durch Drehung verschiedene Hälftgestalten lie- fern, und welche letztere sehr oft an demselben Individuum zusammen vorkommen. Dann müfste man alle Arten von Hemiödrien und Tetar- to@drien einaxiger Krystalle in zwei Klassen theilen: 1) Congruente H. und T. (hem. superposable), welche die Krystallformen in je zwei Hälftgestalten zerfallen lassen, welche nur durch ihre Stellung sich unterscheiden und an demselben Krystall zusammen vorkommen können (keine Circular- polarisation). 2) Enantiomorphe Hem. u. Tet. (hem. non superpo- sable), welche Theilgestalten liefern, die durch Drehung nicht zur Deckung zu bringen sind (rechte und linke) und welche an demselben Krystall einander ausschliessen, und zwar ist dies der Fall mit entgegengesetzten Hälftgestalten der- selben Ordnung und gleichnamigen verschiedener Ordnung. Obgleich für diese letztere Klasse bisher nur der Quarz . und das überjodsaure Natrium bekannt sind, so ist doch wohl anzunehmen, dafs mit diesen Eigenschaften stets auch Circular- | polarisation verbunden sein wird, und zwar in der Art, wie es bei diesen beiden Substanzen der Fall ist, dafs verschieden- namige Trapezo&der verschiedener Ordnung, sowie gleichnamige gleicher Ordnung denselben Sinn der Drehung besitzen. Dafür, dafs der angedeutete Unterschied dieser letzten Art von Hemiödrien von allen übrigen, begründet ist, spricht ferner die Betrachtung, dafs ein solcher Krystall, der die beiden entgegen- gesetzten Theilgestalten gleichzeitig enthielte, gar keine Drehung besitzen dürfte, wenn man den Zusammenhang zwischen Kry- [1869.] il 143 Gesammtsitzung stallform und Drehung als allgemein gelten läfst, wie er bis jetzt allerdings erst an zwei Substanzen, aber hier ohne Aus- nahme, gefunden worden ist. Solche nicht drehende Krystalle haben sich aber weder von Quarz, noch von überjodsauren Natrium, bis jetzt gezeigt. Damit stimmen ferner auch die Be- obachtungen von den HH. Rammelsberg und Marbach (Pogg. Ann. 90. u. 91. Bd.) über das chlorsaure Natrium überein, welches Salz enantiomorphe (tetarto@drische) Combinationen des- Pentagondodeka&ders mit einem Tetraäder, entweder nur dem linken oder nur dem rechten, zeigt. In wieweit die obigen Gesetze die enantiomorphe Hemiedrie des rhombischen System’s berühren, bei welcher bekanntlich die Circularpolarisation nicht nachzuweisen ist, mufs vorläufig dahin gestellt bleiben. Die im Vorstehenden mitgetheilten Messungen sind in dem unter Leitung des Hrn. G. Magnus stehenden physikalischen Laboratorium der hiesigen Universität ausgeführt. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Bremisches Jahrbuch. Herausgegeben von der Abtheilung des Kunstver- eins für bremische Geschichte und Alterthümer. Band 1—4. Bre- men 1863 — 1869. Mit Begleitschreiben des Geschäftsausschufses d. d. Bremen 12. Febr. 1869. J. Orsier, Pie et travaux de Karl Salomon Zachariae. Paris 1869. 8. Mit Begleitschreiben des Verfassers d. d. Toulouse 12. Februar 1869. Sella, Relazione salla Memoria di G. Struever, inlitolata: Studü sulla mineralogia italiana. Torino 1869. 8. Adamo, Drei mathematische Broschüren. Cosenza 1864—1867. 8. 'Giornale degli scavi di Pompei. no. 4. Napoli 1868. 4. Journal of the Asiatic Society of Bengal. Fasc. 1—5. Calcutta 1868 8. - -Hedwigia. Band 7. Dresden 1868. 8. 14. Jahresbericht des Germanischen Museums. Nürnberg 1868. 4. C. F. Gauss, Werke. Band 1. 2. 3. 5. Göttingen 1863—1867. 4. | | | | ‘ ( Monatsbericht d.BA.d.W. Febr. 1809. Fig. 4 DR Gioth H- Sl. Schar ze Auch ; vom 25. Februar 1869. 149 25. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Mommsen las über die Erzählung vom Gnaeus Mar- cius Coriolanus. Hr. Ehrenberg las über viele in Berlin lebend beobachtete mikroskopische Land- und Süfswalser-Organismen der Insel Spitzbergen. Ne“ v Hr. Kirchhoff legte im Namen des Hrn. Köhler in Athen der Akademie einen vorläufigen Bericht über eine neue Bearbeitung der Attischen Tributlisten vor. Die gewöhnlich unter dem Namen der attischen Tribut- listen zusammengefafsten Inschriften, welche theils Verzeich- nisse von Tributansätzen, theils gewisser von den gezahlten Tributsummen jährlich der Athene geweihter Quoten enthalten, sind von Rangabe und nach ihm von Böckh ausführlich behan- delt worden. Eine später von Pittakis im 32. Heft der Athener Ebymepis dpymoAoyızy gegebene Zusammenstellung ist, trotz der gegentheiligen Versicherungen des Herausgebers, mit Ausnahme einiger weniger Nummern zu Anfang, für welche die Steine neu verglichen sind, lediglich ein Abdruck der früheren Publi- kationen und nur geeignet, Verwirrung anzustiften. Die Ori- ginale der diesen Publikationen zu Grunde liegenden Stücke befinden sich, einige neuere Verstümmelungen abgerechnet, bis auf wenige kleine Fragmente, die sich nicht auffinden liefsen, im Übrigen wie es scheint wesentlich in demselben Zustande, in welchem sie die früheren Abschreiber gesehen haben, theils in der Pinakothek und unter den Propyläen eingemauert, theils an anderen Stellen der Akropolis aufbewahrt. Der Zuwachs, den der Bestand seitdem durch neue Funde erfahren, ist dem Umfang nach nicht erheblich, doch befindet sich darunter die Überschrift der 34. Jahresliste, welche vor einiger Zeit hier zuerst mitgetheilt worden ist und aus welcher sich das Anfangs- jahr dieser Listen und das Verhältnils der in einem Theile KL 150 Gesammtsitzung derselben verrechneten Quoten zu den vollen Tributsummen definitiv hat feststellen lassen. Auch diese Stücke sind mit ‚Ausnahme des eben erwähnten und eines bisher übersehenen, zur 10. Liste gehörigen zu verschiedenen Zeiten in der &pyus- eis und den ebenfalls in Athen erschienenen Zrıypadaı avszdoroı bereits veröffentlicht worden. Die Originale befinden sich, zwei kleine Fragmente abgerechnet, welche die hiesige archäologische Gesellschaft besitzt, ebenfalls auf der Burg, wo diese Urkun- den ursprünglich aufgestellt waren. Der Gesammtbetrag aller bis jetzt zum Vorschein gekommenen Stücke beläuft sich auf 122 Nummern, von denen indefs mehrere bereits aus verschie- denen Bruchstücken zusammengesetzt sind. So Vorzügliches Rangabe und Böckh für die Gesammt- auffassung der Tributlisten und für die Herstellung und Er- klärung im Einzelnen geleistet haben, so. wenig hält die von ihnen beliebte Zusammensetzung der einzelnen Bruchstücke und die Anordnung derselben nach Jahren eine ernstliche Prüfung aus. Nach zuverlässiger Überlieferung fand in 'der Regel von 4 zu 4 Jahren eine neue Schätzung der tributpflichtigen Bundesge- nossen statt; dafs nach Rangabes und Böckh’s Anordnung sich in den Listen von diesen vierjährigen Schätzungsperioden keine Spur zeigt, spricht allein entscheidend gegen die Richtigkeit derselben. Wären die Tribute in der That so unregelmäfsig bald gesteigert, bald herabgesetzt worden, wie es nach dieser Anordnung den Anschein hat, so mülste man an der politischen Klugheit der Athener zweifeln. Vergebens bemüht man sich den Einflufs der Wandlungen zu erkennen, welche die attische Politik von Kimon bis Alkibiades durchgemacht hat. Um solche Erwartungen nicht übertrieben zu finden, möge man sich ver- gegenwärtigen, dafs die Tribute den Hauptbestandtheil der Ein- künfte des attischen Staates bildeten, auf welchen, wie Thuky-. dides nicht müde wird hervorzuheben, die Macht und Gröfse ‘ desselben beruhte; wenn irgend wo mulste auf diesem Felde die verschiedene Politik der leitenden Staatsmänner zum Aus- druck kommen, worüber sich auch in der litterarischen Über- lieferung ausdrückliche Andeutungen erhalten haben. Aber auch im Einzelnen vermifst man die vorauszusetzende Übereinstim- mung mit den gleichzeitigen Begebenheiten. Die historische For- vom 25. Februar 1869. 151 schung in engerem Sinne hat daher diese Urkunden, denen sich doch an Bedeutung und Umfang auf diesem Gebiete schwerlich et- was Anderes möchte an die Seite stellen lassen, bisher ignorirt. ‚Fragt man nach den Prinzipien, nach welchen die bisheri- gen Anordnungen gemacht sind, so ist es schwer, hierauf Aus- kunft zu geben. Rangabe führt ausdrücklich nur den Wechsel der älteren und jüngeren Form des Sigma an, welchen er in das elfte Jahr setzt; sowie dafs in der Liste desselben Jahres ein und dieselbe Stadt nicht zwei Mal vorkommen dürfe; wollte man aber hieraus schliefsen, er habe sich im Übrigen durch die Beschaffenheit der Originale leiten lassen, so ist, wie die Autopsie der letzteren lehrt, dıefs nur in sehr beschränktem Mafse zuzugeben. Böckh, der sich auf vielfach ungenaue Kopien und Beschreibungen der Steine angewiesen sah, hat die Anord- nung Rangabe’s in den Grundlinien angenommen, ohne indels, wie aus einzelnen Äufserungen zu schliefsen ist, recht daran zu glauben, und kommt dem gegenüber, so ungern man diels auch ausspricht, für die Sache wenig darauf an, wie oft er bei den im Einzelnen vorgenommenen Veränderungen das Richtige getroffen habe. Die einzig mögliche Art und Weise Ordnung in diese zahl- reichen Bruchstücke zu bringen, war unzweifelhaft die, sie zu- "nächst nach dem Schriftcharakter und der sonstigen Beschaffen- heit der Originale nach Jahren zu scheiden und dann die Reihenfolge der letzteren nach Mafsgabe der Überschriften oder, wo solche fehlen, der in den Listen selbst enthaltenen Daten herzustellen. Diese Arbeit konnte selbstverständlich nur in Athen Angesichts der Originale gemacht werden. Sie wird er- schwert durch die Vertheilung der Steine an verschiedenen Orten sowie durch die Einmauerung derselben. Die Unter scheidung nach Jahren ist verhältnifsmäfsig leicht und in paläo- graphischer Beziehung instruktiv für die Bruchstücke aus den ersten 15 Jahren, weil innerhalb dieses Zeitraums der Über- gang aus dem alten in das jüngere attische Alphabet stattge- funden hat, später seit der Ausbildung eines festen Schrifttypus sind die verschiedenen Hände schwerer zu scheiden. Die jün- gere Form des Sigma ist, nachdem sie viermal vereinzelt in der Überschrift des zweiten Jahres gebraucht worden ist, zuerst 152 Gesammtsilzung in der Liste des sechsten Jahres durchgängig angewandt, hat im siebenten und achten Jahre der älteren Form wieder Platz gemacht und ist seit dem neunten Jahr konstant. Auch die Annahme, dafs in derselben Liste dieselbe Stadt nicht mehr- mals vorkomme, hat sich nicht bestätigt. Nachdem die vor- handenen Bruchstücke nach Jahren geschieden waren, hat sich herausgestellt, dafs bei Weitem mehr, als man bisher angenom- men hat, entweder unmittelbar an einander anstofsen, oder sich durch sichere Ergänzungen in Verbindung bringen lassen. Durch diese Zusammensetzungen sowie durch Rektifizirung der bisheri- gen Abschriften hat der Text eine durchgreifende Umgestaltung erfahren; ging doch die Ungenauigkeit der ersteren in einzelnen Fällen so weit, dafs verschiedene Abschriften desselben Steines als verschiedene Inschriften aufgeführt und kommentirt wurden und Abschriften von Abschriften als Originalabschriften gelten. Eine Anzahl Namen, welche durch Ergänzung in den Text ge- kommen waren, wie Ilegrasaioı, ’Alwra, Mwwäreı, MiAycıaı Ev "Anogyw, IrAvcıo Yo en ’Iön, Zıyatoı, Nerwıcı, sind daraus ver- schwunden, andere wie Koscatoı, Ilzoyanos, oder wie die Ein- wohner einmal genannt werden, Ilieges &v Tlegyapı, Bouzovvrior, verschieden von Barzwöngıo, jene auf Karpathos, diese anf Rho- dus; Awovpns, Muyeroys, IAayagns, Tpvßavıs, YWoscns, Xlor (am Triopion), Hezrvn, Angıronor, Eupuuayireı, "Agdırsos, Zat- Baxris neu hergestellt worden. Von andern Namen haben sich doppelte Formen gefunden, wie MAzwgro: und MiArwpor, Touy- sıns Bouyxeejs und Ähnliches. Endlich ist die Form der Lis- ten und ihrer Überschriften in den verschiedenen Zeiträumen eine gleichmäfsigere geworden als diels bisher der Fall war. Die Ergebnisse dieses Rekonstruktionsverfahrens, von dessen Mühseligkeit man sich schwerlich wird einen Begriff machen können, sind in Kurzem folgende: Die Listen der ersten 15 Jahre waren, wie im Wesentlichen bereits Rangabe und Böckh erkannt hatten, auf einem massiven rechteckigen Steinwürfel eingegraben, dessen Breitseiten je 5, die Schmalseiten in der Regel je 2 Spalten enthielten. Auf der Vorderseite standen die Listen der ersten 6 Jahre; auf der rechten Schmalseite die siebente und achte, auf der Rückseite die neunte bis dreizehnte, auf der linken Schmalseite die vier- vom 25. Februar 1869. 133 zehnte und funfzehnte Liste. Aus jeder dieser Jahreslisten sind Bruchstücke, mehrere sind annähernd vollständig erhalten. Von den 122 Bruchstücken der Tributlisten gehören allein 89 Nummern diesem ersten Steindenkmal an. Von einem zweiten Denkmale sind bis jetzt nur 15 oder 16 Stücke bekannt geworden. Dasselbe war aus zwei Stein- würfeln zusammengesetzt und enthielt auf den Breitseiten je 6 Spalten. Erhalten sind der untere Theil der Vorderseite, die rechte Schmalseite ziemlich vollständig und der obere Theil der linken Schmalseite. Hiervon gehören die Reste der Vorder- seite dem 20sten, 21lsten und 22sten Jahre, diejenigen der rechten Schmalseite den beiden folgenden Jahren an. Auf der Rückseite ist die Schrift bis wenigstens in die Mitte bereits im Alterthum sorgfältig‘ getilgt worden, wodurch die Herstellung der Reihenfolge für die folgenden Stücke sehr erschwert wird. Die Zeitereignisse oder Nachlässigkeiten in der Redaktion schei- nen Veränderungen nöthig gemacht zu haben und daher dieselbe oder dieselben Listen nochmals eingetragen worden zu sein. Vielleicht darf man den Grund suchen in dem um Ol. 87,1. 432 erfolgten Abfall der Städte der Chalkidike und Bottiäa. Die Reste der Überschrift zu Anfang der linken Schmalseite schei- nen nur auf das 26ste oder 28ste Jahr ergänzt werden zu "können. Ein drittes Steingefüge muf[s sich an das vorhergehende unmittelbar angeschlossen haben. Dasselbe war ebenfalls aus zwei Steinblöcken zusammengesetzt, von dem rechtsstehenden ist, selbst wieder in 3 Stücke gebrochen, das Mittelstück er- halten. Auf der Vorderseite ist die Schrift getilgt, die Rück- seite rauh gelassen, woraus zu schliefsen, dafs auch die linke Schmalseite nicht benutzt worden ist. Von der auf der rechten Schmalseite eingegrabenen Liste ist ein Theil des ionisch- karischen und der Anfang des Inseltributes, das Ende des hellespontischen und der vollständige thrakische Tribut erhal- ten. In dem letzteren fehlen die chalkidischen und bottiäischen Städte, welche um Ol. 87, 1. 432 vom Bunde abfielen, dagegen sind die Städte am strymonischen Meerbusen und auf der Akte, die Ol. 89, 1. 424 von Brasidas eingenommen wurden, noch darin aufgeführt. In der Anordnung und den Beträgen stimmt 154 Gesammtsitzung die Liste überein mit der 24sten und den zunächst vorherge- henden. | Dieselbe Übereinstimmung in der Hauptsache zeigt eine andere Liste, welche auf der Vorderseite einer jetzt in zwei Stücke zerbrochenen Steinplatte eingegraben, aber wegen der Verwitterung nur theilweise zu entziffern ist. Auch der Bestand der thrakischen Provinz ist derselbe. Die Methonäer werden darin unter denjenigen Städten aufgeführt, at auryv ryv dmap- Xyv amyyayov, denn so ist der mehrfach besprochene Passus zu Schreiben; nach neueren Untersuchungen scheinen sie diese Vergünstigung um Ol. 87, 4. 429 erhalten zu haben. Auch auf der linken Schmalseite stehen Reste einer Liste, welche in- defs, wie die Schriftzüge und die Orthographie zeigen, jünger als diejenige der Vorderseite und nach dem Inhalt in eines der letzten Jahre vor der Auflösung des Bundes zu setzen ist. Die demnächst zu besprechende Urkunde beweist, dafs Ol. 88, 4. 425 eine neue Schätzung der Bundesstädte stattge- funden hat, durch welche die Tribute um ein Bedeutendes er- höht wurden; in Kraft getreten ist diese Schätzung möglichen- falls erst im folgenden Jahre. Die beiden an letzter Stelle besprochenen Listen sind daher vor diese Jahre zu setzen, wo- für auch der Bestand der thrakischen Provinz spricht. Es mufs einer neuen Bearbeitung der Tributlisten - vorbe- halten bleiben, den Beweis für die Richtigkeit dieser Aufstel- lungen aus innern Gründen, vornehmlich aus dem Nachweis der Schätzungsperioden zu führen; nur an einem Beispiel möge mir hier gestattet sein zu zeigen, wie die gewonnenen Resul- tate sich in Übereinstimmung befinden mit der litterarischen Überlieferung und geeignet sind, dieselbe zu ergänzen. Nach Ausweis der Liste des sechsten Jahres waren Ol. 82, 4. 449/48 eine Anzahl Städte mit ihren Zahlungen entweder theilweise oder ganz im Rückstande geblieben und hatten diese Rückstände am Ende der betreffenden Schätzungsperiode im achten Jahre in einmaliger Zahlung oder ratenweise, verzinst oder unverzinst abgetragen. Offenbar aus diesem Grunde war diese letztere Liste in derselben Ordnung abgefalst wie die sechste, wodurch die Herstellung sehr erleichtert wird. Da die im Rückstand gebliebenen Städte in derselben‘ geographischen vom 25. Februar 1869. 155 Sphäre, nämlich in und um den Hellespont liegen, so ist ein gemeinsamer Grund für deren Zahlungsunfähigkeit anzunehmen, und, da die politischen Verhältnisse einen solchen nicht ge- währen, mit Wahrscheinlichkeit ein verheerendes Naturereignils vorauszusetzen. In der That führt Thukydides in seiner Skizze der Unternehmung gegen Kypros, welche Ol. 82, 4 stattfand, als Grund, wefshalb die letztere aufgegeben wurde, aufser dem Tode des Bundesfeldherrn Kimon eine Hungersnoth (Aıuos) an, und es ist um so interessanter die Angabe des Historikers durch eine gleichzeitige Urkunde bestätigt zu finden, als die späteren Berichterstatter jener Kalamität, welche auf den plötzlichen Ab- bruch der bis dahin erfolgreichen Expedition aller Wahrschein- lichkeit nach mindestens ebenso viel Einfluls gehabt haben wird als der Tod des Feldherrn, gar keine Erwähnung thun und im Zusammenhang hiermit den Feldzug mit einem für Athen vor- theilhaften Vertrag, dem vielberufenen Frieden des Kallias, schliefsen lassen. Es bedarf kaum des Hinweises, wie fühlbar sich ein. Mifswachs am Hellespont im übrigen Griechenland und namentlich in Athen, welches einen grofsen Theil seines Getreides aus jenen Gegenden bezog, machen mulfste. Der nächste chronologische Anhaltspunkt liest vor aus Ol. 88, 4. 425. In diesem Jahre hat, wie bereits bemerkt, eine neue Schätzung stattgefunden. Von der darüber ausgestellten Urkunde, welche die Überschrift r«£:s $ogov trug, sind mir 26 Bruchstücke bekannt geworden, andere mögen sich noch unter den unedirten Inschriften der Sammlungen auf der Burg befin- den. Die Urkunde bestand aus Volksbeschlüssen und der auf Grund derselben festgestellten Schätzungsliste, der letzteren ge- hören die bereits von Böckh als Reste einer solchen von den Quotenlisten ausgeschiedenen Inschriftenfragmente an. Obgleich der zertrümmerte Zustand eine Herstellung des Dokumentes im Einzelnen nicht gestattet, gewährt dasselbe doch auch so, in Verbindung gebracht mit einzelnen bisher unerklärten Andeu- tungen in den Quotenlisten, wichtige Aufschlüsse und wird dazu dienen, eine weniger äufserliche, des attischen Volkes würdigere und zugleich, wenn ich mich nicht täusche, den Gesetzen histo- rischer Entwickelung konformere Auffassung des Bundesverhält- nisses seit der Verlegung des Mittelpunktes nach Athen anzu- 156 Gesammtsitzung bahnen, als bisher gang und gebe war. — Nicht viel später als diese Schätzungsliste scheint eine andere Urkunde zu fallen, von welcher bis jetzt 6, oder, wenn meine Vermuthung mich nicht trügt, 7 Bruchstücke edirt worden sind und welche zum Zwecke hatte, eine gröfsere Regelmäfsigkeit in der Zahlung der Tribute herbeizuführen und das im Weigerungsfalle nöthige ge- richtliche Verfahren zu regulieren. Des Anfangs der 34sten Liste ist bereits oben gedacht worden, dieselbe steht auf einer einfachen Marmorplatte. Aus einem der nächsten Jahre wird die Liste n. LXXXI nach Böckh’s Zählung herrühren. Der Stein ist leider jetzt eingemauert, nach den Angaben der früheren Abschreiber ist es eine einfache Stein- platte. Unter dem thrakischen Tribut fehlen aufser den Städten der Chalkidike und Bottiäa diejenigen im Norden des strymo- nischen Meerbusens, dagegen sind die Städte der Akte und Pallene, welche nach den Friedensstipulationen von Ol. 89, 4 an Athen zurückgegeben wurden, bereits wieder aufgeführt. Unter den letzteren befindet sich auch Dion am Athos, welches gegen Brasidas den Athenern treu geblieben war, aber in der Folge Ol. 90, 3. 418 abfiel. Die Quotenbeträge sind sehr hoch, was mit den Ergebnissen der Untersuchung über die Schätzung von Ol. 88, 4 stimmt, im Einzelnen läfst sich ein Vergleich nicht anstellen, weil die betreffenden Partien der Schätzungs- liste des genannten Jahres fehlen oder verstümmelt sind. Es verbleiben hiernach noch zwanzig zusammenhangslose Fragmente, deren gröfserer Theil indessen nur einzelne Buch- staben und Ziffern enthält; die übrigen rühren sämmtlich von einfachen Steinplatten her und erweisen sich auch durch die hohen Quotenbeträge als jünger als Ol. 88, 4. Aus der Zeit nach der Wiederherstellung der Verfassung Ol. 92, 2 läfst sich nur das: bereits erwähnte Stück nachweisen, welches von mir in eines der letzten Jahre vor der Schlacht bei Ägospotamoi gesetzt worden ist. Athen den 6. Februar 1869. vom 25. Februar 1869. 157 An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Kopp, Beiträge zur Geschichte der Chemie. 1. Stück. Braunschweig 1869. 8. Mit Schreiben des Verfassers d. d. Heidelberg 16. Fe- bruar 1869. Archives neerlandaises, par Baumhauer. III, 4—6. La Haye 1868. 8. Videnskabernes Selskabs Skrifter. Kjobnhavn 1867—68. 4. u. 8. Bulletin de la societe de geographie. Nov.-Dez. Paris 1868. 8. Annales des mines. XIV, 4. Paris 1868. 8. er en, KR Eur I f% Br h AR a TIERE Sy (A = ei Bu . war N Gr 2 u hr 2 Nur so, et Ku N Ge a8 ae Fig Shen ar ‚le 2% ar Nr a A y en IR en Me a Ri er MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. März 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr du Bois-Reymond. 1. März. Sitzung der philosophisch -histo- rischen Klasse. Hr. Buschmann las Zusätze zu seinem Verzeichnifs der aztekischen Wörter in den sonorischen Sprachen. 4. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kronecker las eine Abhandlung „über Systeme von Functionen mehrer Variabeln.* Von den darin ent- haltenen Resultaten sollen die hauptsächlichsten hier in kurzem Auszuge mitgetheilt und auch über die dabei benutzten Metho- den einige Andeutungen gegeben werden. Es seien, Ze, Zu, Fasi.r »». 7, eindeutige reelle Functio- nen der n reellen unbeschränkt veränderlichen Grölsen 2,, 2, ehr 2,, und zwar solche, die sowohl eine nfach unendliche Anzahl positiver als negativer Werthe annehmen. Überdies werden die Functionen 7 als im Allgemeinen stetig und nach den einzelnen Variabeln differentiirbar vorausgesetzt und es soll endlich angenommen werden, dafs keine der (n-+-1) Functional- determinanten gleichzeitig mit den betreffenden Functionen für [1869.] 12 160 Gesammtsitzung unendlich viele Werthsysteme z verschwindet. Um diese (n-+1) Funetionaldeterminanten auch ihrem Vorzeichen nach zu fixiren, stelle ich den aus den n partiellen Ableitungen gebildeten n Verticalreihen eine voran, deren (n+1) Elemente resp. mit Foo» Fin » + no bezeichnet werden mögen, und bilde aus den auf diese Weise resultirenden und nach der Folge der Indices zu ordnenden (n-+ 1)? Elementen die Determinante. Alsdann ist der nach F,, genommene partielle Differentialquo tient dieser Determinante die auch dem Vorzeichen nach be- stimmte Functionaldeterminante der n Functionen: F,, Fı,... .. Fr-ı, Frrız --- F), welche mit A, bezeichnet werden soll. Wenn man irgend welche (n— 1) der Functionen F' gleich Null setzt, so wird hierdurch die Veränderlichkeit der Varia- beln z auf eine einfache Unendlichkeit oder Mannigfaltigkeit eingeschränkt. Die derselben angehörigen Werthsysteme der n Gröfsen z bilden eine stetige Folge und man kann jene Werth- systeme füglich als „Punkte“ und deren stetige Folge als „Linie“ bezeichnen. Um an einem beliebigen Punkte der Linie: F,=0, für i alle Indices mit Ausnahme zweier (h und k) gesetzt, den Sinn des Fortgangs in derselben zu fixiren, setze ich ent- weder an die Stelle von 7, oder an die von 7‘, irgend eine eindeutige Function $® und bestimme den Fortgang so, dafs an der betrachteten Stelle d® dasselbe Vorzeichen erhält, welches die aus den (n— 1) Funktionen F, unter Hinzunahme von ® gebildete Funktionaldeterminante in dem bezeichneten Punkte hat. Nach dieser Bestimmung ist der Sinn des Fortgangs ver- schieden, je nachdem ® an die Stelle von F', oder an die von F, getreten ist, und es soll demgemäfs die Linie selbst mit [" k] oder mit [k }] bezeichnet werden; aber der Sinn des Fort- gangs ist in allen Punkten der Linie, welche nicht Doppel- punkte sind, genau fixirt und übrigens von der Wahl der Func- ‘ tion ® unabhängig. Da bis zu beliebiger Nähe der Doppel- punkte der Sinn des Fortgangs noch festzustellen ist, so schliefst auch das Vorkommen von Doppelpunkten die Anwendbarkeit jener Bestimmung nicht aus. Das hier auseinandergesetzte „Fortgangsprineip* bildet die eigentliche Grundlage meiner Un- tersuchungen über Systeme von Functionen mehrer Variabeln. vom 4. März 1869. 161 II. Es .soll jetzt noch vorausgesetzt werden, dafs sämmtliche 4n(n-+-1) Linien, welche aus dem Functionen-Systeme F auf die angegebene Weise entstehen, geschlossene Linien seien und dafs die Anzahl der durch je rn Gleichungen = 0 bestimmten Punkte endlich sei. Betrachtet man nun die Linie [%k] in dem durch dieses Zeichen fixirten Sinne des Fortgangs an denjeni- gen Stellen, wo sie die (a—1) fache Mannigfaltigkeit F}, = 0 schneidet, so tritt dieselbe dort — wenn nicht zugleich 7, = 0 ist — aus einem Bereiche wo F,-F, negativ ist in einen sol- chen wo F,-F, positiv ist, oder umgekehrt. Insofern man den ersteren Bereich als einen inneren, den letzteren als einen äus- seren bezeichnen kann, wird darnach eine Schnittstelle von [%k] mit F, = 0 als ein Austritt oder als ein Eintritt der Linie [hk] aufzufafsen sein; und diese auf das Fortgangsprincip ge- gründete Auffassung ist, wie sich zeigen wird, von der wesent- lichsten Bedeutung für die naturgemäfse Interpretation analyti- scher Beziehungen. — Die Gesammtzahl der Ein- und Aus- tritte ist eine grade Zahl; wenn man also von der Anzahl der Eintritte die der Austritte subtrahirt, so ist die Hälfte der so gebildeten Differenz eine ganze Zahl, die positiv oder negativ oder auch Null sein kann. Von dieser Zahl gilt das Funda- mentaltheorem, dafs dieselbe constant ist, wie man auch die Indices A} und %& auswählen mag; die Zahl ist demnach für das ganze Functionen-System charakteristisch und soll darum die „Charakteristik“ desselben genannt werden. Die hier betrachteten Ein- und Austrittsstellen der verschie- denen In(n-+-1) Linien des Functionen-Systems können auch als die gemeinsamen Punkte von je n Functionen F angesehen werden. Jeder dieser Punkte gehört also einem Systeme von nur n nach Weglassung irgend eines 7’, übrig bleibenden Func- tionen an. Nimmt man nun zu diesen n Functionen an Stelle von F', eine andere Function %, hinzu, welche die Eigenschaft hat, dafs sie nur für einen einzigen der durch: a A .o.0» a IHN bestimmten Punkte negativ für alle andern aber positiv ist, so ist die Charakteristik dieses neuen Systems von (n-+1) Func- 12% 162 Gesammtsitzung tionen ihrem absoluten Werthe nach gleich Eins und ihrem Vorzeichen nach mit dem der Functionaldeterminante A, in jenem Punkte übereinstimmend, A,<0 vorausgesetzt. Diese Charakteristik soll „der Charakter des Punktes“ genannt und mit x, bezeichnet werden'). Es ist hiernach für jeden einfachen durch die Gleichungen: PS Br oraeeee m), —=0,(e=0,1,...k—1,k+1,..n) deRninten Punkt SU MER, EM SIE Ash LS RR ET 03) DT Als a en ®) >o und also vermöge des Fortgangsprincips längs der Linie [A k] in jedem Punkte £®; lg») . dF,, >0. Hieraus folgt unmittelbar, dafs die algebraische Summe der Charaktere sämmtlicher Punkte £® gleich Null ist und ferner dafs die algebraische Summe der Charaktere aller der- jenigen Punkte £®, für welche: F(E® , 2W , ...... e®) o, und der Charakter eines Punktes £M; —2.x9,(5®), wenn == =1 und e.F,(&®) > 0; und deshalb: Zex (ls) — Ze (li) = 2. Überdiefs ist: SEN) =0, 3xl@®)= 0, wenn die Summation resp. auf alle Punkte g® und g® er- streckt wird, und hieraus folgt schliefslich, dafs 34) = Ex) “ ist, wenn die erstere Summe nur auf alle diejenigen Punkte g® ausgedehnt wird für welche 7, < 0 und die letztere nur auf diejenigen Punkte $% für welche 77, < 0 ist. 164 Gesammtsitzung Die vorstehenden Auseinandersetzungen behalten unter ge- wissen Modificationen ihre Gültigkeit auch für besondere Fälle, welche als Grenzfälle der allgemeinen angesehen werden können; z. B. wenn in Punkten, die durch n Gleichungen F = 0 definirt sind, zugleich die Functionaldeterminante derselben verschwindet, - wodurch der Charakter der bezüglichen Punkte von Eins ver- schieden werden kann. Ferner aber lassen sich die angeführten Sätze im Wesentlichen auch für den Fall aufrecht halten, dafs die Variabeln z auf rfach unendlich viele discrete Punkte be- schränkt werden. Doch sollen die hierfür nöthigen, etwas um- ständlichen Erörterungen übergangen, und nur einige für die folgenden Anwendungen der aufgestellten Sätze ganz wesent- liche Bemerkungen beigefügt werden, um die Functionen F' von gewissen Beschränkungen zu befreien. Es ist nämlich keines- wegs erforderlich, dafs die Functionen F' durchgehends an ein und dasselbe analytisch gegebene Gesetz gebunden sind, und es kann überdiefs jede der Functionen F' durch irgend eine an- dere ersetzt werden, wenn dieselbe nur so beschaffen ist, dafs sie längs der zu betrachtenden Linien stets gleiches Zeichen mit jener Funktion F hat. In Folge dessen lassen sich z. B. Systeme von Functionen, welche nicht geschlossene Linien er- geben, durch solche mit geschlossenen Linien ersetzen. III. Die Charakteristik des Systems 7 selbst gewinnt eine be- sondere Bedeutung, wenn man die Functionaldeterminante von n Functionen F mit in Betracht zieht. Wird nämlich die Functionaldeterminante von F} , F,,..... F, wie oben mit A, bezeichnet, so ist jene Charakteristik gleich der Differenz, welche man erhält, wenn man von der Anzahl der Punkte wofür: dee Fe Fe a erert .ist, die Anzahl der Punkte subtrahirt, wofür: Pe er re re ee ze ist. Bezeichnet man also mit: ne .o00. is Cora soo... En yarase die a vom 4. März 1869. 165 die sämmtlichen gemeinsamen Werthsysteme der Gleichungen: RE A REN RR so giebt die Charakteristik des ee Areal kl. - F'.) den Überschufs der im Innern von F,—=0 liegenden Punkte (£) über die aufserhalb F, = 0 belegenen Punkte an. Wenn end- lich der Bereich: F\, < 0 einen anderen Bereich: Fy < 0 voll- ständig einschliefst, so wird die Anzahl der zwischen den bei- den Umgrenzungen F, = 0 und Fy' = 0 belegenen Punkte (5) durch die halbe Differenz der beiden Charakteristiken von: (Ao-Fo, Fı, P:; ah Kyaund A 0 Fi, Es ausgedrückt. Aufser diesem Zusammenhang zwischen der Anzahl von Systemen (£) und der Charakteristik existiren noch besondere Beziehungen für den Fall, dafs — wenn n=2m ist — die n Bunctionen F,,F,;.-... F, die n Theile von m Functionen ebensovieler complexer Variabeln sind. Wird namentlich für F, alsdann eine Function gewählt, welche nur für endliche 'Werthe der Variabeln z verschwindet und überdiefs so be- schaffen ist, dafs für sämmtliche Punkte (2) zugleich F, < 0 ist, so giebt es in diesem Bereiche (7, < 0) nur Eintritte und gar keine Austritte; dasselbe findet auch auf der Umgrenzung F, = statt, und zwar liegen auf derselben doppelt so viel Schnittpunkte jeder durch Ausschluls einer der übrigen Func- tionen F' gebildeten Linie als im Innern. Ist F, <0 ein von F, < 0 eingeschlossener Bereich, so giebt endlich die Charakte- ristik des Systems: AR ag id 7.) gradezu die Anzahl der in dem Bereich F, < 0 liegenden Punkte (2) an. Hierbei ist aber vorausgesetzt, dafs dem Be- griffe der Charakteristik entsprechend die in dem betrachteten Falle sich ins Unendliche verzweigenden Linien in dem Be- reiche F, > 0 durch geschlossene Linien ersetzt werden. 166 Gesammtsitzung IV. Wenn ont F, ganze rationale Functionen der n - Variabeln 2 sind, so läfst sich auf dieselben mit Hilfe der von mir im Monatsberichte vom December 1865 aufgestellten Inter- polationsformel ein der Kettenbruchs-Entwickelung analoges Verfahren anwenden. Die durch dasselbe gelieferte Reihe von Functionen bildet die Verallgemeinerung der Sturmschen Reihe und kann zur Ermittelung der Charakteristik des Systems F dienen. Um dies an dem einfachsten Falle zu zeigen, sei 2) =&2,2, = y und zuvörderst: F,=y ’ F,=/@)—y ’ F,=f,@)—Y; wo fund f, ganze Functionen resp. vom Grade 2v und (2v— 1) bedeuten, in denen die Coefficienten der höchsten Potenzen von x positiv sind. DBildet man nun in bekannter Weise durch die Kettenbruchs-Entwickelung des Quotienten der beiden Functionen f und f, eine Sturmsche Reihe: Id, fe) 5 Frl) 5m ’ so kann der Verlust an Zeichenwechseln, den diese Reihe beim Übergange von <= — » bis @—= + erleidet, auf Grund der obigen Auseinandersetzungen in einfacher und anschaulicher Weise gedeutet werden; dieser Verlust ist nämlich genau — auch dem Zeichen nach — mit der Charakteristik des Systems (F, „Fı, F,) übereinstimmend. Wenn ferner f mit f, von einem und demselben, /—/ı aber von niedrigerem Grade ist, und man bildet die Sturmsche Reihe: FR) II TIL): Sal) essen und setzt darin für x zuerst irgend einen Werth « und nachher einen grölseren Werth 5, so ist die Differenz der Anzahl der Zeichenwechsel — vorausgesetzt dals alle Zeichenwechsel mit Ausnahme eines zwischen den ersten beiden Gliedern doppelt gezählt werden — gleich der Differenz der Charakteristiken der beiden Systeme: (y.@— 0), f) —y Fl) —Y) , (y-@—d), Fo) Fa) —Y):- vom 4. März 1869. 167 Wenn man sich also auf der Abscissenaxe von 5b nach a be- wegt und die Stellen wo 7’, passirt wird als Ein- und Aus- trittsstellen bezeichnet, je nachdem man dort in ein von f\, und 7, umschlossenes Gebiet hinein oder aus einem solchen herauskommt, so wird die Differenz der Anzahl dieser Ein- und Austritte durch den Verlust an Zeichenwechseln bestimmt, den die Sturmsche Reihe von @= a bis «= b erleidet. Der hier erwähnte einfachste Fall ist meines Wissens zuerst von Herrn Sylvester behandelt und in einer ähnlichen wenn auch weniger anschaulichen Weise interpretirt worden. Herr Syl- vester hat dabei (Philosophical Transactions, Part. III. 1853. pag. 495) einige Bemerkungen hinzugefügt, aus denen hervor- geht, dafs derselbe eine Ausdehnung gewisser Sätze auf Func- tionen mehrer Variabeln vermuthet hat. Es scheint mir, dafs dieser Vermuthung durch den oben unter Nr. II gegebenen Satz über die Constanz der Charakteristik entsprochen ist. Die ' Schwierigkeiten der Verallgemeinerung, deren Herr Sylvester Erwähnung thut, dürften wohl zumeist in der Beschränkung auf algebraische Gebilde liegen, die er festgehalten hat. So- bald ich die Einsicht gewann, dafs alle bezüglichen Betrach- tungen ausschliefslich jenem allgemeinen Gebiete angehören, welches für den Fall wo n = 2 oder 3 ist als „Geometrie der Lage“ bezeichnet wird, ergaben sich mir die einfachsten Mittel zur Bewältigung der entgegenstehenden Schwierigkeiten. V. Wird eine durch die n reellen Variabeln x, , #2, ..... 2, gebildete Mannigfaltigkeit auf die der Variabeln 2 durch die Gleichungen: a a BE ZUENETU RBEN a \ a DZ 2) bezogen, so entspricht jedem Punkte z ein Punkt x, jedoch im Allgemeinen so, dafs auch zu verschiedenen Punkten 2 ein und derselbe Punkt x gehören kann, und es entspricht daher der (n—1)fachen Mannigfaltigkeit: IP, (2? 2% ie: re N a) 168 Gesammtsitzung eine (n—1)fache Mannigfaltigkeit: Von der Function F, wird stets vorausgesetzt, dafs sie nur für endliche Werthe der Variabeln 2 negativ sei. Setzt man nun sämmtliche Variabeln x — nur x, und «, ausgenommen — .gleich Null, so bekommt man eine in der (n—1)fachen Man- nigfaltigkeit ®= 0 enthaltene einfach unendliche Folge von Werthsystemen x d. h. also eine Linie. Diese Linie windet sich genau so vielmal um den Nullpunkt, als die Charakteristik des Functionen-Systems F' angiebt, und dabei bezeichnet auch das Vorzeichen der Charakteristik den Sinn der Windung. Denn jedem Eintritte der Linie [hk] bei: F, = 0 entspricht ein Durchgang durch: &,= 0 in dem einen Sinne der Drehung, jedem Austritte ein Durchgang durch: x, = 0 im entgegen- gesetzten Sinne; und von einem Eintritte bis zum folgenden wird eine halbe Windung vollendet. Wenn man also das „Vor- wärts-Kommen“ im ersteren Sinne der Drehung auffafst, so kommt man ebenso oft vorwärts als es Eintritte giebt und ebenso oft rückwärts als Austritte vorhanden sind, so dafs das wirkliche Vorwärts-Kommen um halbe Windungen durch das Doppelte eben jener Zahl angegeben wird, welche als „Charak- teristik * definirt worden ist. Da die Indices %k und k ganz be- liebig gewählt und überdiefs auch nach der am Schlusse von No. II gemachten Bemerkung für die Functionen F gewisse andere — z.B. FH — 2, VYR + Hfr fr, „B-uVEH ER mn... substituirt werden können, so bleibt die Bedeutung der Charak- teristik als Windungszahl nicht auf gewisse zu $P = 0 gehörige Linien beschränkt, sondern die Charakteristik erhält auch eine Bedeutung für die gesammte durch: ® = 0 repräsentirte Mannig- faltigkeit. Ebenso hat dieselbe Mannigfaltigkeit (® = 0) je eine bestimmte Windungszahl wie in Beziehung auf den Null- punkt so auch in Beziehung auf irgend einen beliebigen Punkt EEE £,), und die betreffende We ist En der Charakteristik des Systems: (Fo, FE, y— Er; Du a £ vom 4. März 1869. 169 Nach dem Werthe dieser Charakteristik kann nun die Mannig- faltigkeit x in verschiedene Bereiche eingetheilt werden, so dafs ein und derselbe Bereich von allen denjenigen Punkten £ ge- bildet wird, für welchen jene Charakteristik denselben Werth hat. Der Übergang aus einem Bereiche in den andern erfolgt alsdann in der Mannigfaltigkeit ®=0. Doch will ich die weitere Ausführung bei Seite lassend sogleich zu der wichtig- sten Anwendung der vorstehenden Betrachtungen übergehen, nämlich zu einem Ausdrucke der Charakteristik durch ein (n—1) faches Integral, wozu man unmittelbar durch dieselben geführt wird. Es sei nämlich dw überhaupt das positiv genommene Ele- ment der durch irgend eine Gleichung: F(2,, 23,...-.» N! repräsentirten (na— 1)fachen Mannigfaltigkeit und es möge zur Abkürzung das seinem Werthe nach bekannte durch Potenzen von z ausdrückbare Integral: Saw 3 uber na Zi .n... = 2 = 1 erstreckt, mit , ferner die positiven Werthe von: resp. mit S und © bezeichnet und endlich: : 0, For» Foa> » - Fon F,Fı» Fi» 2 are FF, Fyı; Fa ES Fon Ve N u 2 gesetzt werden. Alsdann ist die Charakteristik des Systems F durch: ausgedrückt, wo die Integration über die (n— 1)fache Mannig- faltigkeit: F, = 0 zu erstrecken ist. 170 Gesammtsitzung Nach den in No. III enthaltenen Erörterungen kann die Begrenzungsfunction F, so gewählt werden, dals durch den hier angegebenen Integralausdruck die Anzahl der in einem bestimmten Gebiete enthaltenen Punkte $ dargestellt wird, also im Falle n = 2 für zwei Ourven: F, = 0, F, = 0 die Anzahl der reellen Durchschnittspunkte, welche ir eines gege- benen Bereiches liegen. Ich bemerke in Bezug auf das Element dw, dafs dafür die Gleichung: Bi er ne. 3 a. stattfindet. Wenn man nämlich für n dem Punkte (2? , 23 ,..2}) unendlich benachbarte der Mannigfaltigkeit: F, = 0 angehö- rige Punkte und einen (n-+-1)sten aulserhalb liegenden Punkt (21, 235 . . 2,) die bekannte Inhalts-Determinante bildet und durch: Ka are zz)... a dividirt, so nähert sich dieser Quotient dem für das Element dw gegebenen Ausdrucke, wenn der Punkt (2,, 22,:..... E ins Unendliche rückt. Wenn man sämmtliche der Mannigfaltigkeit: F, = 0 an- gehörenden Punkte z mit 2° bezeichnet, so dafs also 21, 23, ee 2° mit einander durch die Gleichung: FRE TR N verbunden sind, und wenn man alsdann irgend einen Punkt 2 mittels der Gleichungen: F 2 = HtP: 7ei so zu sagen auf die Mannigfaltigkeit F, — 0 bezieht (ef. Gaufs „Allgemeine Lehrsätze etc.* Art. 23), so repräsentirt die Va- riable p eine Grölse, welche der Entfernung des Punktes 2 vom Punkte 2° in der Normal-Richtung für n = 3 entspricht und deren Vorzeichen mit dem von F, übereinstimmt. Als- Fox dann erhält der Quotient die Bedeutung, dafs derselbe vom 4. März 1869. 171 gleich dem partiellen Differentialquotienten: = Fir 2, 2, wird und es kann dieser Bedeutung entsprechend: gesetzt werden. Die Determinante R erhält hiernach die Ge- stalt: N EEE FF» Fi» Far» » Fin Fa, Pay Fan - « Pan F, En; u: " nn n? IF, und © stimmt mit dem partiellen Differentialguotienten überein. Wenn man das die Charakteristik ausdrückende Integral aus der Mannigfaltigkeit z in die Mannigfaltigkeit « transfor- mirt, so bekommt dasselbe eine anschauliche Form; denn das Element desselben ist alsdann die Verallgemeinerung desjenigen, welches für n = 3 das Element des am Nullpunkte liegenden und einem Elemente der Fläche P = 0 entsprechenden räum- lichen Winkels bildet. Das Integral der Charakteristik stellt also in doppelter Hinsicht eine Verallgemeinerung des von Gaufs in der Theoria attractionis corporum sphaeroidicorum ellipticorum Art. 6 gegebenen Integrals dar; denn es ist die Be- schränkung auf drei Integrations-Variabeln und selbst für n — 3, die Beschränkung auf Begrenzungen einfacher Körper aufge- hoben, also der Fall einer gegenseitigen Durchdringung von Körpern nicht ausgeschlossen. v1. Das eben erwähnte Integral von Gauss ist ein speecielleres als dasjenige, welches er bei Herleitung der Potential-Gleichung benutzt. Dieses allgemeinere Integral geht in jenes über, wenn :172 | Gesammtsitzung die Dichtigkeit constant ist. Dieser Umstand führte mich auf die durch den Erfolg vollkommen bestätigte Vermuthung, dafs die Potential- Theorie Anhaltspunkte bieten dürfte, um zu einer allgemeinen Darstellung beliebiger Functionen der durch ein Gleichungs -System: F = 0 definirten Punkte $ und damit auch zu einer Verallgemeinerung des sogenannten Cauchy’schen Inte- grals zu gelangen. Bedeutet 5 eine eindeutige Function der Variabeln z und setzt man zur Abkürzung dv für das Element einer nfachen Mannigfaltigkeit d. h. also für: A121: WW. ie d2.5 ferner: S(E) für den positiven Werth der Quadratwurzel aus: N N so ist das über den Bereich: F, < 0 ausgedehnte Integral: Z a er so" eine dem Potential analoge Function der n Variabeln £ und soll mit: IL(£) bezeichnet werden. Für den Fall n= 2 aber ist statt des Divisors unter dem Integralzeichen; — log. S(Z) als Factor zunehmen. Das Integral II, welches ich auch kurz- weg Potential nennen will, erhält die gewöhnliche Form, wenn man es aus der Mannigfaltigkeit 2 in die Mannigfaltigkeit x transformirt, da A, die Functionaldeterminante der n Functionen F ist. Aber in der Mannigfaltigkeit x ist % im Allgemeinen nicht mehr eindeutig sondern eine mehrdeutige Function der Punkte x, so dafs das Potential Il auch für den Falln=3 ein Potential bei mehrdeutiger Dichtigkeit oder mehrfacher Raum- Bedeckung darstellt. Für die Functionen F werden die früheren Voraussetzun- gen festgehalten, dafs sie — wenigstens innerhalb des betrach- teten Gebietes F,<0 — im Allgemeinen stetig und differentiir- bar und endlich seien, obgleich sich diese Voraussetzungen noch modifieiren lassen. Das Gebiet: F, » Ju» Fi > I» Sa: Sa B eo . [7 vr I RR Im2 » 0 ’ Ja > Joa» Fi ’ Jr» Jı2 > in. Sb ir 3. Ja ? Ja» Faa » r a ara Yo: S Jıı ’ Jıa = Ja» Ja» : D, = ; . In Ya = Alsdann wird: = Tr = m = dam 2. und N, conjugirt zu N, 7 ha x Has 3 Sas ® Bank und Rz, conjugirt zu R, ‘ und D, conjugirt zu D;. oe Por NR—=EeN,D,+ER,D, A MM, Din R,D, d.h. die Determinanten R und R lassen sich beide als Deter- minanten zweiter Ordnung darstellen, deren Elemente Determi- vom 4. März 1869. 179 nanten (m-+-1)ster und mter Ordnung sind. Ferner läfst sich das nfache Integral V für Gebiete, die keine Punkte 2 ent- halten, in ein (na—t)faches transformiren, und zwar wird: j : d v=[eirD.+eR,D,).® während £ dw vw [ei+.M (R,D,+R,D,)' Sm ist, beide Integrationen über die ganze Begrenzung ausgedehnt. Hieraus folgt also, da (—V-+W) gleich Null ist, dafs: BD g „f ' 1 2 2 gr aure [fi ‚gr wird. Da nun in dieser Gleichung einerseits: e=!—=-+1 andrerseits: e= — 2’ =i zu setzen ist, so folgt endlich dafs ‚jedes der beiden einander conjugirten Integrale für sich ver- schwinden muls. Das hier auftretende Integral: Bs:D, fi Sn dw ist es nun, welches als eine Verallgemeinerung des Cauchy’schen Integrales betrachtet werden kann. Denn während dasselbe verschwindet, sobald die Begrenzung F, = 0 keinen Punkt $ umschliefst, reducirt sich dasselbe, wenn F, < 0 die unmittel- bare Umgebung eines einzigen Punktes £ bildet, auf: Br, 9). Es läfst sich aber zeigen, dafs bei derartiger Begrenzung: d un any@L. rs fd, R,D, gr W — ( zE: de also: 180 Gesammtsilzung wird. Da nun die rechte Seite dieser Gleichung nach dem in No. V. Gesagten den Charakter des eingeschlossenen Punktes, mit: — 3” multiplicirt, darstellt, so erhält man bei der ange- nommenen Begrenzung: NP a0 = 48.29.10, und demnach bei einer beliebigen Begrenzung F, endlich: (B) . ee wo die Integration über die (n—1) fache Mannigfaltigkeit: F, = 0 und die Summation auf alle Punkte £ auszudehnen ist, für welche F, einen negativen Werth annimmt. , Die Charaktere sämmtlicher Punkte £ die den r Gleichungen F, = 0 genügen sind positiv und für einfache Punkte der Ein- heit gleich. Die rechte Seite der Gleichung (B) wird also, wenn man: 1, = $,+if,+:, Setzt: Ta 30: In); vorausgesetzt dals man bei der Summation jeden Werth f(r) so viel mal nimmt als der Charakter des betreffenden Punktes angiebt. Ferner wird: en 17? = (I f,.fi) und (cf. No. V): 2for = Korte oin > pt nap 3 also wenn man: Er zur und demgemäls: 0 0) 0 Yrp TE ?kp air VEn-tk,p En 3 = vom 4. Marz 1869. 181 setzt, wo x), den — so zu sagen — nach der Normale p ge- nommenen partiellen Differentialquotienten von y, in dem der Mannigfaltigkeit: F, = 0 angehörenden Punkte y, bedeutet; Endlich sei: [0] 0° [0] 0 3 Yip 9 Ya» Ze 1 0 Yaıp ) ’ ’ ’ ) er) Jıı ‘) Jia end 3. - } Ay‘ er: ’ Ma ’ Yen LT und f.D, = #, wo D, wie bisher die Functionaldeterminante der Functionen f bedeutet. Nach Einführung dieser Bezeich- nungen geht die Gleichung (B) über in: ® Pr) e Schr“ a EN wo die Integration über die Mannigfaltigkeit: F, = 0 auszu- dehnen ist, und ‚zwar stets in dem Sinne dals fdw positiv bleibt, während die Summation rechts sich auf sämmtliche Punkte + bezieht, welche den Bedingungen: RER EN re er; un % ale N genügen, aber jeder Punkt so vielmal gerechnet als sein Cha- rakter angiebt. Für m=1 geht die Gleichung (C) in die Cauchy’ She Formel über, denn es wird alsdann: sen, Sf =fifi, = yy fi; und wenn statt 27; 23 die Buchstaben #9, yo für die Coordi- ‚naten der Punkte auf der Curve: F, = 0 eingeführt werden: 182 GFesammtsitzung y® _ 9@tYN | Nimmt man nun dw d.h. das Element wachsenden Boe- gens auf der Curve: F, = 0 so, dals man in diesem Sinne _ fortgehend die negativen Werthe von p also auch die Een Werthe von F, zur Linken behält, so ist: A _ 0% ®Yo A 080 02 N dw. sap, gw also: Oi ;.9@o +y9%) Me is und die Gleichung (C) erhält demnach — wenn überdiefs für Jı, /ıı resp. f, f und E-+ri für 4 gesetzt wird — die be- kannte Form: P(E+n) INS" u) KR tYd d(2,+Y,0 — di welche sich somit in der That als specieller Fall der Gleichung (C) darstellt. XI. Diejenigen Werthsysteme oder Punkte ($,, %3,..... 2 für welche mit den Functionen: F,,F3,....- F',, zugleich deren Functionaldeterminante verschwindet, haben — wie schon oben bemerkt — einen Charakter, dessen absoluter Werth von Eins verschieden und auch gleich Null sein kann. Der Cha- rakter derartiger Punkte kann als durch das Integral der Cha- rakteristik also (cf. No. V) durch: ı {R _ — dw ‚gr definirt angesehen werden, wobei die Integration auf ein be- liebiges Gebiet F', = 0 zu erstrecken ist, welches aber aufser dem betrachteten Punkte £ keinen andern umschliefsen darf. vom 4. März 1869. 183 In gleicher Weise kann also für den speciellen in den Ab- schnitten IX und X behandelten Fall von Functionen ecomplexer Variabeln der Ausdruck: 1 8D, m m) em” als Definition des Charakters eines Punktes gelten; d. h. das Inte- gral (D) giebt an, wie vielfach ein Werthsystem (71, 12, - 7.) zu rechnen ist, welches den Gleichungen: fı Na m) =I, F: (H1>%a ee) =, fm 159129. m) —\ genügt, sobald die Integration über eine (n—1)fache Mannig- faltigkeit: F, = 0 erstreckt wird, für welche der Bereich F, 021 BES TINEN Sa | Fa u ausgedrückt, während das Element einer an sich betrachteten (n—)fachen Mannigfaltigkeit (2), 22, ----- 2.77" QAurch! das Product: | 2 I RS, gegeben sein würde. Die hierbei auftretende Verschiedenheit der Natur von vfachen Mannigfaltigkeiten, je nachdem man die- selben an sich betrachtet oder aus einer Mannigfaltigkeit höherer Ordnung aussondert, kann nicht genug hervorgehoben werden; in den wenigen der geometrischen Interpretation zugänglichen Fäl- len sind derartige Unterscheidungen auch vollkommen geläufig. u oa vom 4. März 1869. 185 Eine an sich betrachtete oder (nach Riemann) ebene vfache Man- nigfaltigkeit hat als Element das Product der Elemente der vVa- riabeln d.h. also das Product der Elemente der v einfachen Mannigfaltigkeiten aus denen die vfache hergeleitet ist. Man kann nun kurzweg die für die Auswerthung jener Begrenzungs- Integrale erforderliche Transformation dahin charakterisiren, dafs durch dieselbe die ausgesonderte (n—1)fache Mannigfaltigkeit: Fo, =0 auf eine an sich betrachtete oder ebene (n — 1)fache Manmnigfaltigkeit eindeutig bezogen und in dieselbe transformirt werden mufs. Die Möglichkeit einer solchen Transformation geht unter Anderm aus folgenden Betrachtungen hervor. Wenn man den Polarcoordinaten entsprechend für die Va- riabeln 2 die durch die Gleichungen: ru, = ı — Zı 6) TU) =22—Z yo». y TUR — Lei utur..+Wml definirten neuen Variabeln: r, u, , Ug, .».... %, einführt, wo r positiv zu nehmen und unter (Z,, Za3, .....Z,) irgend ein fixirter Punkt (z) zu verstehen ist, so kann bei dieser Trans- formation die Gleichung: F, = 0 den Radius Vector r als ein- deutige Function der Veränderlichen u bestimmen. In diesem Falle soll der Bereich: F, <0 ein „Bezirk“ des Punktes Z (oder in Beziehung auf den Punkt Z) heifsen. Da die nVa- riabeln % eindeutig durch (n—1)Variabeln ausdrückbar sind, überdiefs auch jede einfache Folge von. Werthen einer Variabeln x zwischen beliebigen Grenzen: a b see durch eine Substitution — z. B. indem: aeıt-+ber! Ye - ae Ur ber gesetzt wird — eindeutig in die gesammte unendliche Werth- folge der Variabeln y zu transformiren ist, so leuchtet ein, dafs sobald nur F, < 0 für irgend einen Punkt Z einen „Bezirk“ bildet jedes über die (n—1)fache Mannigfaltigkeit F, = 0. zu 186 Gesammtsitzung erstreckende Begrenzungs-Integral in ein solches verwandelt werden kann, in welchem die- Integration über eine gesammte ebene (n—1)fache Mannigfaltigkeit auszudehnen ist. Wenn aber F, < 0 keinen Bezirk bildet, so kann man denselben in Bezirke theilen, vorausgesetzt dals der im vorliegenden Falle mehrwerthige Radius Vector r doch überall nur eine Anzahl von Werthen hat, welche eine bestimmte Zahl nicht über- schreitet. Geht man nämlich von irgend einem Punkte Z des Bereiches: F, < 0 aus, so erfüllen die Linien r, wenn man die- selben nur bis zu den kleinsten der Begrenzung: F, <0 an- gehörenden Werthen r, fortsetzt, einen bestimmten Theil des Bereiches: F, <0, welcher alsdann einen Bezirk des Punktes Z bildet, jedoch mit einer leicht zu behebenden Modification. Diese Modification wird im Falle der Ebene (n==2) anschaulich, wenn man sich eine das Stück einer Graden enthaltende Be- grenzung vorstellt und dabei den Ausgangspunkt der radi vectores so annimmt, dafs einer derselben mit jener graden Linie zusammenfällt. Die nach erfolgter Ausscheidung des einen Bezirks von dem Bereiche F, < 0 übrig bleibenden Theile hat man alsdann in gleicher Weise zu behandeln, bis der ganze Bereich: F, = 0 erschöpft ist. Die hier angedeutete Theilung eines Bereiches in Bezirke bietet für den vorliegenden Zweck gewisse Vortheile dar; aber man könnte unter den gemachten Voraussetzungen auch ohne dieselbe zu einer eindeutigen Be- stimmung der verschiedenen Werthe von r, gelangen, indem man dieselben als erste, zweite, dritte etc. der Grölse nach unterscheidet. Hierbei will ich schliefslich auf die Erörterungen über Transformation vielfacher Integrale verweisen, welche Herr Lipschitz in Borchardts Journal Bd. 66. pag. 281 sqq. ge- geben hat. XII. Bei den Untersuchungen, deren Entwickelungsgang ich hier in Umrissen dargelegt habe, bin ich vom Sturm’schen Satze ausgegangen. Eine Ausdehnung desselben auf Systeme von Gleichungen ist schon vor längerer Zeit von Hrn. Hermite angegeben worden, aber es kam mir überdiefs darauf an, das vom 4. März 1869. 187 den Sturm’schen Entwickelungen zu Grunde liegende Ketten- bruchs-Verfahren selbst zu verallgemeinern und nachdem diefs geschehen war die dadurch erhaltenen allgemeineren Resultate naturgemäfs zu interpretiren. Ich wurde hierbei auf jene Be- trachtungen geführt, welche den Inhalt der ersten vier Ab- schnitte vorliegender Notiz bilden, und welche ich damals in mündlichen Unterhaltungen meinem Freunde Weierstrass mit- theilte. Dabei wurde ich von ihm angeregt unter den erlangten neuen Gesichtspunkten den Gegenstand meiner Untersuchung weiter und namentlich in derjenigen Richtung zu verfolgen, in welcher nicht blofs eine Ausdehnung des Sturm’schen sondern auch des Cauchy’schen Satzes erhalten würde. Die Arbeiten welche ich darauf hin unternommen und die Resultate welche ich dabei erlangt habe finden sich in den Abschnitten V bis X auseinandergesetzt und zwar im Wesentlichen in derselben Rei- henfolge, wie sie sich mir bei der Untersuchung ergeben haben. Ich habe diese genetische Darstellung sowohl in der vorliegen- den auszugsweisen Mittheilung als auch in der den Denk- schriften vorbehaltenen ausführlichen Abhandlung gewählt, weil dadurch die Einsicht in den Zusammenhang der verschiedenen Resultate erleichtert wird; aber ich darf nicht unerwähnt lassen, dals man auf kürzerem und einfacherem Wege zur nachträg- lichen Verification einiger der gefundenen Resultate gelangen kann. Die hierbei anzuwendenden Methoden stützen sich zu- meist auf die pärtielle Integration vielfacher Integrale und deren Variation nach den Grenzen. Ich will die bezüglichen Formeln defshalb hier am Schlusse noch aufstellen, zumal die- selben auch bei denjenigen Methoden benutzt werden müssen, welche ich in der vorliegenden Notiz angedeutet habe. mem BP Q,QaD, Q), ..... Q”) reelle eindeutige und im Allgemeinen stetige Functionen der n Variabeln z bedeuten und deren Ableitungen nach den einzelnen Variabeln durch Anfügung entsprechender unterer Indices bezeichnet werden, so hat man folgende Formel für die partielle Integration: (1) [ZP,Q®.do+JP.2QPdv—=[P.2Q®. z,dw . Die Summationen sind hier überall von k=1 bis k=n zu er- strecken. Für die beiden auf der linken Seite stehenden nfachen 188 Gesammtsitzung Integrale wird der gemeinsame Integrations-Bereich als gegeben betrachtet; die Integration auf der rechten Seite ist alsdann über die gesammte (n—1)fache Mannigfaltigkeit: F, —=0 auszudehnen, welche „die natürliche Begrenzung “ jenes Bereiches bildet. Unter diesem Ausdrucke „natürliche Begrenzung“ soll nämlich die ge- sammte (n—1)fache Mannigfaltigkeit verstanden werden, welche die Unstetigkeitsstellen der zu integrirenden Functionen (d.h. sowohl einzelne Punkte als einfach oder mehrfach ausgedehnte Punktfolgen) unendlich nahe umschliefst oder abschliefst. In dem allgemeinsten Sinne des Ausdrucks „natürliche Begren- zung * ist also auch die gegebene Begrenzung des Integrations- Bereiches der nfachen Integrale mit inbegriffen, insofern bei Erweiterung dieses Bereiches anzunehmen ist, dafs die Werthe der zu integrirenden Functionen an der gegebenen Begrenzung plötzlich zu Null übergehen. Übrigens ist zu bemerken, dafs für gewisse Theile der natürlichen Begrenzung das Integral auf der rechten Seite der Gleichung (1) verschwinden kann und dafs man also dergleichen Theile überhaupt wegzulassen be- fugt ist. | - Die in der Formel (1) rechts vorkommende Gröfse z£, ist wie im Abschnitt V durch die Gleichungen: Ertl eni lee 01 09a T +: On ” bestimmt,” wo_in Fi, Fa; ----- für 2, ; 2,5%.» , die autder Begrenzung liegenden Werthe 29, 2),.... einzusetzen sind. Wenn mit J ein nfaches Integral: [P dv (über Fo (213 295°. 2%,; 0) CE das Integral rechts über die Begrenzung: J, = 0 ausge- dehnt. vom 4. März 1869. 189 Setzt man in der Gleichung (1) einer Borchardt’schen Formel entsprechend (ef. Liowville's Journal Bd. XIX Pag. 383): ©. Aw — Fy;, so geht die rechte Seite über in: 7 Paw ö und die Gleichung kann alsdann dazu benutzt werden, Begren- zungs-Integrale durch nfache Integrale auszudrücken. Setzt man ferner in der Gleichung (1): QP — Q,, so.wird (ef, No. V): 02, k dp ? wo die rechte Seite nichts Anderes ist, als der nach p genom- mene partielle Differentialquotient von Q in irgend einem Punkte (2°). Die Gleichung (1) geht also bei der gemachten Annahme in folgende über: (3) ie PiQdo + | P.2 :Qudo = | PIR.au Endlich resultiren aus der Gleichung (1) die folgenden beiden Formeln für Funetionen complexer Variabeln, wenn die im Abschnitt IX eingeführten Bezeichnungen: an n—=>Q Yin tin > gi; JE In beibehalten und überdiefs noch m Functionen g® eingeführt werden, welche sowohl von den Variabeln y als von deren con- jugirten y' abhängen können: (4) ni (PM +F.g)dv = y [ FE (Fon —iFoumy). gm. U © .() fr. Sgdv ST JE En eng”. * Die Summationen sind hierbei von h=1 bis A=m zu er- strecken, unter f’ ist die zu f conjugirte Function und endlich unter g, die partielle Ableitung von g nach y, zu verstehen, 190 Gesammtsitzung während für die Integrationsbereiche dieselben Bestimmungen gelten wie bei der Formel (1). Mit Hilfe der angegebenen Formeln lassen sich auch die von Gaufs und Green herrührenden Potential-Sätze auf das Potential TI übertragen, aber es soll hierauf nicht näher ein- gegangen sondern nur noch eine Anwendung von den obigen Formeln gemacht werden, welche dem hier behandelten Gegen- stande näher liegt. | Setzt man in der Formel (3) statt der nIntegrations - Va- riabeln 2 die nVariabeln Z und zur Unterscheidung dv’ für dv so dafs: wird und ferner: so erhält man: (6) Eier: A - dw, wo die Integration links über ein Gebiet: Uo($: ENT FEDLEON rechts über dessen Begrenzung: U, = 0 zu erstrecken ist. Da nun, wenn man der früheren Bezeichnung analog: — YOAL+U, + ee TU, Setzt, oU Dr ne wird, so verwandelt sich mit Rücksicht auf den im Abschnitt VI "für II(E) gegebenen Ausdruck das Integral auf der rechten Seite der Gleichung (6) in: BB dw!' iR aan [SU En ; \ f vom 4. März 1869. 191 Das innerste dieser beiden Integrale stellt nach Abschnitt V die Charakteristik des Systems von Functionen der Variabeln £: (U, ; &—HFı 9 &—F, ..... En ) multiplieirt mit: —w dar, und diese Charakteristik ist offenbar Eins oder Null je nachdem Uo(Fı, Fr; :-.. FA) einen negativen oder einen positiven Werth hat. Das in Rede stehende Integral mit dem Element dw’ übernimmt also bei der weiteren Integration nach dv die Rolle eines discontinuir- lichen Factors und schliefst alle diejenigen Werthsysteme z aus, für welche U, (F)>0 ist, so dafs endlich aus der Glei- chung (6) die bemerkenswerthe Formel: (7) [AIKE dv = — w[$.&0-dv resultirt. Die Integration ist hierbei links auf das Gebiet Un(E1, Er, --- &,)<0 und rechts auf alle diesen Punkten £ entsprechenden Punkte 2 zu erstrecken, während die Beziehung der Mannigfaltigkeiten E und z zu einander durch die Glei- chungen: > F,(@;; dar) (k =, 2; on.00 n) definirt wird. Die im Abschnitte VI aufgestellte fundamentale Gleichung (0) kann als Grenzfall der Formel (7) betrachtet werden, wenn nämlich das durch U, < 0 definirte Gebiet auf die unmittelbare Umgebung des Punktes (£,= 0) eingeschränkt wird. Da die Formel (7) nicht blofs auf einfacherem Wege zu erlangen ist sondern auch ohne die Voraussetzung, dafs Ableitungen der Function & existiren, so würde es durchaus vortheilhaft er- scheinen die Formel (7) zur Begründung der Gleichung (X) _ zu benutzen. Aber es ist dabei nöthig entweder — wie es bei der obigen Herleitung der Formel (7) geschehen ist — die Exi- stenz der zweiten Differentialquotienten von II(£) von vorn [1869.) 14 192 Gesammtsitzung herein zu supponiren, oder aber nachzuweisen dafs die Aufein- anderfolge der beiden Grenzoperationen verändert werden kann, von denen die eine in dem Übergange von einem endlichen Gebiete: UT<0 zu einem einzigen darin enthaltenen Punkte besteht, die andere in dem Übergange von einem Differenzen- quotienten: 1 zit. =) Et SS 3 BIT... & 2. den ich mit D, bezeichnen will, zu dem entsprechenden Diffe- rentialquotienten TI;,. Ohne die Voraussetzung der Existenz von II,, ergiebt sich nach obiger Methode nur dafs: lim.[2 D,.dv' — Be wird, wenn sich die in D, enthaltenen Grölsen 6, sämmtlich der Null nähern, und es ist immerhin bemerkenswerth, dafs eine solche für den Fall der gewöhnlichen Massen - Potentiale anschaulich zu deutende und der partiellen Differentialgleichung des Potentials durchaus entsprechende Relation stattfindet, bei deren Herleitung keinerlei Voraussetzung über die Dichtigkeits- Function erforderlich ist, als die dafs der Potential - Ausdruck selbst einen bestimmten Sinn haben mufs. Sollte durch die in Rede stehende Relation die Potential-Gleichung bei Anwen- dungen auf die Physik ersetzt werden können, so würde man damit von der Nothwendigkeit einer Voraussetzung befreit, die man im Falle der Natur nicht füglich machen kann, nämlich von der Voraussetzung dafs die Dichtigkeits- Function differen- tiirbar sei. Man braucht freilich selbst bei der Herleitung der Potential- Gleichung diese Voraussetzung nicht so unbedingt, wie es nach der Gaufs’schen Darstellung auf den ersten Blick scheint; dieselbe läfst sich vielmehr noch wesentlich einschrän- kend modificiren, und bei der Clausius’schen Herleitung wird — im Grunde genommen — nur von dem Differentialquotienten der mittleren Dichtigkeit eines vom angezogenen Punkte aus- gehenden Radius Vector Gebrauch gemacht; aber es mufs doch erst weiterer Untersuchung vorbehalten bleiben über die Frage vom 4. März 1869. 195 zu entscheiden, ob man ohne irgend eine Voraussetzung über die Dichtigkeits-Function zu machen die partielle Differential- gleichung des Potentials begründen kann, und ob überhaupt diese Differentialgleichung in eben solchem Umfange ihre Gültig- keit behält wie die obige derselben entsprechende Relation. Hr. W. Peters legte eine Abhandlung des Hrn. Dr. Adolf Bernhard Meyer vor: Über den Giftapparat der Schlangen, insbesondere über den der Gattung Callophis Gray. _ Trotz der Untersuchungen einer Reihe der namhaftesten Forscher gehen die Ansichten über die Giftigkeit oder Nicht- giftigkeit gewisser Schlangen heut zu Tage noch auseinander. Unterschieden sich die giftigen von den giftlosen nur durch die Besonderheit dafs ihr Mundsecret auf andere Organismen, wenn auch nicht auf alle, einen vernichtenden Einfluls ausübte, während das der andern unschädlich wäre, so böte diese Erschei- nung kein tieferes naturhistorisches Interesse, da es sich nur um die Reaction eines Organismus auf den andern handelte; allein die Eigenschaft der Giftigkeit einer Schlange ist verbun- den mit einer mehr oder minder complicirten anderweitigen Verschiedenheit im Bau der Schädelknochen, der Zähne und der drüsigen Organe, so dafs diese Kriterien für die Systematik, und das will sagen für die ordnende Erkenntnils des Natur- Ganzen überhaupt, von nicht zu umgehender Wichtigkeit sind. Zwar ist man sich darüber vollständig einig, dafs die Schlangen mit durchbohrten Zähnen im Oberkiefer giftig seien und es ist jetzt wohl schwer noch möglich wie es früher viel- fach geschah, dafs diese Durchbohrung') übersehen würde; !) Troschel in seinem Handbuch der Zoologie, 6. Aufl. 1864 S.179, sagt von den Proteroglyphen: „Der Oberkiefer ist von mittlerer Länge und trägt vorn Giftzähne, die an der convexen Seite der ganzen 14* 194 Gesammtsitzung aber es existirt eine ganze -Reihe von Schlangen mit nur ge- furchten, nicht durchbohrten Zähnen und über die Giftigkeit dieser sind die Meinungen der Forscher noch nicht ganz einig, wenn auch die Mehrzahl der competenten Urtheiler sich jetzt für ihre Unschädlichkeit entschieden hat. Diese gefurchten im hinteren Theile des Oberkiefers sitzenden Zähne wurden von Reinwardt zuerst aufgefunden, von Boie und Schlegel!) näher untersucht und constatirt, dafs bei manchen Schlangen der gefurchte Zahn eine grölsere Drüse mit gesondertem Aus- führungsgang zu ihm hin besitzt. „Es ist also wohl gewils,“ sagt Johannes Müller’), „dafs einige der Coluber-artigen Länge nach gefurcht aber nicht eigentlich durchbohrt sind.“ Dieser Aus- druck „nicht eigentlich durchbohrt“ könnte zu Mifsdeutungen Anlafs ge- ben. Ich finde bei Owen (Article „Teeth“ in Cyclopaedia of Anatomy aud Physiology, Sep.-Abdr. S. 25) folgende Betrachtung, der ich nach eigener Anschauung beizustimmen Grund habe: „The duct which conveys the poison, although it runs through the centre of a great part of the tooth, is really on the outside of the tooth, the canal in which it is lodged and protected being formed by a longitudinal inflection of the dentinal parietes of the pulp-cavity. This inflection commences a little beyond the base of the tooth, where its nature is readily appreciated, as the poison-duct there rests in a slight groove or longitudinal indentation on the convex side of the fang; as it proceeds it sinks deeper into the substance of the tooth, and the sides of the groove meet and seem to coalesce, so that the trace of the inflected fold ceases, in some species, to be perceptible to the naked eye; and the fang appears, asitis commonly described, to be perforated by the duct of the poison-gland. In the Aydrophis the groove remains permanently open, as in fig. 567 c.“ Was diese letztere Bemerkung anbetrifft, so hat schon J. @. Fischer (Die Familie der Seeschlangen S. 19) nachgewiesen, „dafs alle Meerschlangen ohne Ausnahme wirkliche Giftzähne besitzen“, und Owen selbst sagte früher in seiner Odontography S. 228: „The poison- fang in this genus (marine serpents) is relatively smaller than in the ve- nomous serpents of the land, but presents the same peculiar structure.“ 1) Unters. der Speicheldrüsen bei den Schlangen mit gefurchten Zähnen, in Vergleich mit denen der giftlosen und giftigen. Act. Acad. Caes. L. C. Nat. Cur. XIV. I. 143. 2) Beitr. zur Anat. u. Naturgesch. der Amfibien, Tiedemann und Treviranus’ Zeitschrift 4. Bd. S. 269. vom 4. März 1869. 195 Schlangen mit gefurchten Hinterzähnen giftig sind, aber zweifel- haft ob auch diejenigen welche keine besondere Drüse für die gefurchten Hinterzähne besitzen.“ Ebenso nennt Milne Ed- _ wards') diese Schlangen giftig: „Chez les opisthoglyphes, serpens venimeux & dents posterieures cannelees, il existe une glande analogue, mais moins developpee.* Von Duvernoy’) wurde besonders hervorgehoben, dafs diese gröfsere Drüse am gefurchten Hinterzahne in ihrem hinteren Abschnitte wenigstens den Habitus einer Giftdrüse besitze und er stand daher nicht an die Schlangen mit gefurchten Zähnen für giftig zu erklären. Auch fand Bächtold’°) bei Dipsas annulata eine aus Kanälen zusammengesetzte Drüse, „welche gegen die Oberfläche hin blind geschlossen sind und in einen gemeinschaftlichen Gang zusammenkommen, der hinten an der äufseren Zahnreihe, wo die gefurchten Zähne sich befinden, in die Mundhöhle übergeht.“ Diese Angabe kann ich durchaus nicht bestätigen. Die grö fsere Drüse bei Dipsas annulata unterscheidet sich in ihrem ganzen Verhalten nicht im geringsten von den andern Speichel- drüsen dieser Schlange, so dafs kein Grund vorliegt, sie für etwas Anderes als für eine Speicheldrüse zu halten. Ebenso eonstatirte Schlegel*) bei Homalopsis monilis Kuhl aus Java (Coluber monilis et buccatus Linn.), dafs diese Drüse „ganz von derselben Beschaffenheit sei wie die gewöhnlichen Speicheldrü- sen der nicht giftigen Schlangen“ und bildete eine solche Drüse auch in Fig. 8 Tafel XVI ab. A. Smith’), gestützt auf eigene Beobachtungen in den Tropen, sagt: „We have tried but in vain to discover grounds for entertaining a like opinion“. Owen‘) schreibt von den hintern gefurchten Zähnen: „They are not in connection with the duct of an express poison-gland.“”) !) Lecons s. 1. Phys. et l’Anat. comp. VI. 225. 2) Ann. dd. Sc. Nat. T. 26, 149. 3) Unters. über die Giftwerkzeuge der Schlangen. Diss. Tübingen 1843. S. 12. *) 1..0..8.- 153. 5) Illustr. of the Zool. of South Africa. Reptilia. Text zu Tafel X. 6) Article „Teeth“ in Cyclopedia of Anatomy and Physiology, Sep.- Abdr. S. 24. 7) Derselbe Autor bemerkt in s. Odontography S. 225 über diesen Punkt noch Folgendes: „Having been favoured by Dr. A. Smith with 196 Gesammtsitzung Bei einer Reihe von Schlangen mit gefurchten Zähnen end- lich, die ich untersuchte um diese Frage zu erledigen, fand ich keine Drüse vor welche in ihrem Bau dem einer Giftdrüse ähnlich wäre, und das Resultat aus der anatomischen Betrach- tung zusammengehalten mit den Beobachtungen der Reisen- den!) ist wohl geeignet keinen Zweifel mehr an der Unschäd- lichkeit der Schlangen mit gefurchten Zähnen aufkommen zu lassen, es sei denn dafs exactere physiologische Experimente mit dem Drüsensecrete derselben, die bis jetzt noch nicht an- gestellt worden sind, einen entgegenstehenden Erfolg zeigten, Experimente die ich selbst in den Tropen zu machen Gelegen- heit nehmen werde. Der Entwickelung nach sind wohl gefurchte Zähne, durch- bohrte und gefurchte Zähne, endlich durchbohrte Zähne ohne Furche nur verschiedene Stadien desselben Prozesses, derselben Intention oder Tendenz, wenn man so zu denken und zu spre- chen berechtigt ist, und a priori hätte man wenig Grund zu der Behauptung dafs nur die durchbohrten Zähne mit Giftdrüsen, d. h. Organen von einer Bauart sui generis, in Zusammenhang ständen; allein die Thatsachen zwingen zu dieser Annahme, wenn sie auch einer Erklärung spotten. Die Bildungsgeschichte der Giftzähne ist wenig bekannt. Ich finde dafs an den Papillen, welche die Ersatz -Giftzähne tragen, — diese sieht man oft zu sechs und mehr im Keime und in der Anlage verschieden weit vorgeschritten — die lanzettförmige Spitze des Zahnes zuerst gebildet ist mit einer längeren, breiteren und tieferen Öffnung als man sie am funktionirenden Zahne beobachtet und dafs zu specimens of the Bucephalus Capensis the results of my dissections are confirmatory of his own as regards the absence of a poison-apparatus in that snake: the ordinary salivary gland is large, especially at its poste- rior part which transmits its secretion by many pores into the sheath of the grooved fangs. The presence of a distinet poison-gland and duct eommunicating with the grooved posterior teeth requires to be established before the serpents with these teeth can be ranked with the poisonous genera.“ !) s. auch Schlegel, Essai sur la physiognomie des serpens I. 27 ü. U. 263. rn: 197 N einer Zeit, wo die Basis der Papille bis herab zu ihrer Hälfte noch ohne wenigstens feste Zahnsubstanz in der für den Zahn bestimmten Hautfalte verborgen liegt, der untere Theil des Zahnes mit der Spitze schon fertig vorhanden ist. Über den Modus der Ersetzung bin ich nicht im Stande etwas auszu- sagen; diese Frage liegt noch ebenso wie sie von Owen') in folgenden Worten geschildert worden ist: „But how the cylin- drical cavity of the dilated fold is occupied in the loose gro- wing poison-fang, and by what contrivance it is brought into the same relation with the severed duct of the poison gland as the displaced fang which it succeeds is not yet clearly understood.* (Exacte Abbildungen der Giftzähne sind s. Z. auch von Thomas Smith gegeben worden’). Mit dem Bau der Giftdrüsen hat sich eingehender nur Johannes Müller?) beschäftigt und Abbildungen ihrer Struc- tur geliefert. Die Resultate seiner Untersuchungen sind die folgenden: *) „Glandulae serpentium venenatae constant 1) aut ex folliculis sarmentosis, in folia conjunctis, quae folia truneis duetui communi excretorio affiguntur, uti in Trigonocephalo; 2) aut tubulis, pariete interno celluloso instructis, e ductu com- muni inferiori recte fere et parallele versus superficiem ascen- dentibus, ubi neque ramosi, neque extenuati coecis finibus de sinunt; 3) aut ex lobulis, a parte anteriori glandulae exeuntibus, posterius loculis propriis divisis, qui in minores denique fasci- culos discedunt.* Johannes Müller unterscheidet also drei immerhin distinete Formen von Giftdrüsen. R. Owen’) dagegen sagt ganz allgemein über ihren Bau: „Each gland consists of a number of elongated narrow lobes, extending from the main 1) Odontography S. 233. 2) On the structure of the poisonous fangs of serpents. Phil. Trans. of the R. Soc. of London 1818. P. II. S. 471. 3) De Glandularum secernentium structura penitiori. 1830. Taf. VI. are 8.157. 5) Article „Teeth“ in Cyclopedia of Anat. and Phys., Sep.-Abdr. S. 25. 198 Gesammtsitzung ' duct, which runs along the lower border of the gland upwards and slightly backwards: each lobe gives off lobules throughout its extent, thus presenting a pinnatifid structure; and each lo- bule is subdivided into smaller secerning caeca which constitute the ultimate structure of the gland.* ‚ Aufserdem hat sich nur gelegentlich und nicht eingehender der eine oder der andere Schriftsteller über den Bau der Gift- drüsen geäufsert, indem er von einem zelligen, von einem röhrenförmigen, von einem sackartigen Bau spricht. Ich kann mich der Ansicht jener beiden genannten Forscher nur theil- weise anschliefsen. Die Giftdrüsen der Schlangen sind wie mir scheint alle nach demselben Principe gestaltet das im Wesent- lichen, einzelne Modificationen abgerechnet, in folgendem be- stehen dürfte: das Organ ist durch Bindegewebszüge in röhren- förmige Abschnitte getheilt von gröfserem oder geringerem Kaliber, deren Lumen durch Vorsprünge der Wandungen ins Innere wieder in einzelne Fächer senkrecht zur Axe der Röhre abgegrenzt ist; in diesen Fächern liegt die Drüsensubstanz, je- doch so dafs sie innerhalb einer Röhre ein continuirliches Ganzes bildet. Am besten kommt diese Beschreibung mit der zweiten von Johannes Müller gegebenen Kategorie von Gift- drüsen überein, die auf Tafel VI Fig. 24 und 25 durch die Drüse von Naja haje illustrirt ist; allein in den Einzelheiten differirt sie von derselben. Zu der Annahme eines andern, diffe- renten Baues anderer Giftdrüsen kann man dadurch veranlafst werden, dafs die Längsaxen der die Drüse durchsetzenden Röhren nicht immer parallel der Längsaxe der Drüse selbst lau- fen, sondern in einem spitzen ‘oder stumpfen Winkel oder sogar senkrecht zu ihr; und ferner dadurch, dafs bei einigen Drüsen aufser dieser Abtheilung in Röhren noch eine in gröfsere Lappen besteht die sich mehr oder weniger von einander sondern lassen. In Fig. 5 Tafel II ist ein Querschnitt einer Drüse von Elaps corallinus L. 4 Mal vergröfsert dargestellt. Das Kaliber der Röhren in der Mittel-Längsaxe der Drüse ist häufig etwas grölser als das derjenigen an der Periferie. Aus den mittleren Röhren ist die Drüsensubstanz zum Theil herausgefallen und man kann in dieselben hineinsehen; es kommen dadurch die Vorsprünge der Wandungen zu Gesicht, durch die manchmal vom 4. März 1869. 199 die Röhren ganz abgeschlossen zu sein scheinen, ein Schein der dadurch noch verstärkt wird dafs sie nicht immer gerade ge- streckt sondern oft gekrümmt verlaufen. Aus den Röhren der Mitte entsteht allmählig der gröfsere Hauptausführungsgang. Über den mikroskopischen Bau der Drüsensubstanz selbst kann ich defshalb nichts Sicheres mittheilen, weil dieselbe in den hier allein zu Gebote stehenden Spiritus-Präparaten dem Verfalle un- terworfen ist, in höherem Mafse als z. B. das Parenchym der ge- wöhnlichen Speicheldrüsen. Das Verhalten des die Drüse bedie- nenden Muskels ist genügend bekannt; ich erwähne nur dafs auf dem Querschnitt, der ungefähr an die Mitte der Drüse gelegt wird, der Durchmesser des Muskels sich mehr als doppelt so grols als die Drüse erweist. An dieses Verhalten schliefst sich der Bau der Drüsen von Elaps lemniscatus L., Naja haje L. und Naja tripudians Merr., Bungarus semifasciatus Kuhl und Dungarus fasciatus Schnei- der, Hoplocephalus curtus Schleg. und Pelamis bicolor Schnei- der genau an, auch was die Gröfse und Zahl der Röhren betrifft. Über die. Drüsen der Wasserschlangen sagt Johannes Müller‘): „Glandulam venenatum Hydrorum quae denti pos- tremo sulcato’) venenum largitur, investigare non potui. Monuit Schlegel textura cum glaudulis salivalibus vulgaribus serpen- tium insontium illam convenire.“’) J. G. Fischer?) lälst sich über den Bau der Giftdrüsen bei den Seeschlangen nicht aus. Die von Cantor’) gelieferte Abbildung eines Längs- durchschnittes bei Aydrophis schistosa lälst von der Structur der Drüse Nichts erkennen. Bächtold°) sagt: „Wir unter- suchten bei Hydrophis pelamis Schl. (Pelamis bicolor Daud.) den Bau der Giftdrüse und fanden sie wie bei den übrigen Gift: Le; 57. 2) s. oben Anm. S. 194. 3) Diese von Johannes Müller angezogene Angabe Schlegel’s habe ich nicht finden können. 4) Die Familie der Seeschlangen. 5) On Pelagie serpents. Trans. of the Zool. Soc. of London. Vol. II. 1841. 8.303. Taf..57 Fig.. 6. BL 0.'S. 8. 200 Gesammtsitzung schlangen aus gestreekten kurzen Röhren zusammengesetzt, die in den gemeinschaftlichen Ausführungsgang sich münden.“ In Fig. 4 TafelI seiner Abhandlung ist die Drüse abgebildet von ihrer fibrösen Hülle befreit und zeigt nun eine Längsstreifung die wohl der selbst von aufsen zur Geltung kommende Aus- druck sein soll der gestreckten Röhren im Innern. Ich kann nicht finden dafs die Röhren in dieser Weise angeordnet sind, auch sind sie an Zahl zu gering und an Kaliber zu grofs ange- geben. Ohne Läsion des Organes läfst sich die eigentliche und innerste fibröse Hülle der Drüse überhaupt nicht abpräpariren, so dals von aulsen keine Längsstreifung zu erkennen ist. Bei manchen Drüsen dagegen, z. B. bei Elaps corallinus und lemnis- catus ist die Membran so durchscheinend dafs der optische Aus- druck der Röhren-Querschnitte von aufsen zur Geltung kommt der Art, dafs dieses Verhalten für einen grobzelligen Bau der Drüse imponiren konnte. Modifieirt in der Anordnung der röhrigen Elemente ist der Bau der Giftdrüsen bei Bothrops atrox Dum. Bibr. und Lachesis muta L.. Hier sind die Drüsen durch starke bindegewebige Scheidewände in Lappen getheilt die sich anatomisch selbst von einander bis zu einem gewissen Grade scheiden lassen. In diesen Lappen liegen aber die das Drüsenparenchym enthal- tenden Röhren oft abgeplattet oder mehr weniger eckig und sammeln sich am unteren Rande des Organes allmählig den gemein- samen runden Ausführungsgang bildend. Auch hier handelt es sich nicht um einfache gerade Röhren, sendern dieselben ge- wissermafsen perlschnurartigen Ein- und Ausbuchtungen finden _ sich vor wie sie oben beschrieben wurden. Johannes Müller hat!) das Äufsere einer Giftdrüse von Trigonocephalus mutus (wohl identisch mit Lachesis muta) abgebildet und einen folli- culären Bau constatirt, während ich die Structur dieser Drüse in ihrem Wesen dem oben geschilderten Typus anreihen möchte, wenn auch als eine in ihrem gröberen Gefüge modificirte. Fig. 8 Tafel II giebt eine dieses Verhalten erläuternde Abbil- dung eines Querdurchschnittes der Drüse von Bothrops atrox 4 Mal vergröfsert. DE Ne Ti VRR: ne 901 Diesen letzteren schliefst sich wiederum der Bau der Drüse von Pelias Berus L. an. Brandt und Ratzeburg!) sagen: „die Viperndrüse stellt sich demnach als aus zahlreichen Säck- chen zusammengesetzt dar wie die Zirbeldrüse und ähnliche Drüsen.“ Ich finde dafs sie vielmehr einen röhrigen Bau zeigt, wenn auch nicht in so ausgesprochener Weise wie die weiter unten zu beschreibenden Drüsen von Causus und Callophis. Lest man bei einem Spiritus-Präparat einen Querschnitt an wie ihn Fig. 6 Tafel II 6 Mal vergröfsert aufweist, so kommt deutlich zur Anschauung wie die in gröfsere Abtheilungen ge- schiedene Drüsensubstanz innerhalb dieser Abtheilungen röhren- förmig angeordnet liegt, der Art dafs man oft in der Tiefe einer Röhre die vorspringende Wandung einer andern mit ihr communieirenden erblickt. Über die Structur des eigentlichen, das Gift absondernden Parenchyms vermochte ich an einer frisch der lebenden Schlange excidirten Drüse durch die mikroskopische Untersuchung festzustellen, dafs es aus glashellen nebeneinander liegenden und hier und da gegeneinander abgeplatteten zelligen Elementen besteht, welche in acinösen von Bindegewebe umge- benen und von Capillaren reichlich umspülten Complexen ange- ordnet sind; diese Zellen finden sich bedeckt oder umgeben von kleinen scharfeontourirten Körnern, welche Molekular -Bewegung ‚zeigen, Körner die in grofser Anzahl auch in dem ausgeprefsten Secrete vorhanden sind. Fig. 7 Taf. II giebt die Abbildung eines solchen Parenchym-Theilchens, gezeichnet bei der Vergröfserung durch das Objektiv Nr. 8 und das Ocular Nr. 2 eines Hartnack’- schen Mikroskopes. Doppelt-contourirte Nerven waren an meh- ren Orten sichtbar, allein über den Verbleib derselben bin ich nicht in der Lage etwas aussagen zu können. Durch einen exquisit röhrenförmigen Bau zeichnet sich die Giftdrüse von Causus rhombeatus Wagl. aus, die ich ihrer Besonderheit wegen erst hier aufführe. Die Giftdrüse dieser Schlange ist durch ihre Gröfse und ihre Lage bemerkenswerth; sie reicht über den Nacken bis auf den Rücken hinab und 1) Medic. Zool. oder getreue Darstellung und Beschreibung der Thiere die in der Arzneimittellehre in Betracht kommen. Berlin 1829. 08.176, 202 Gesammtsitzung kommt an Länge selbst dem sechsten Theil des ganzen Thieres gleich; sie liegt direct unter der Haut, der Rückenmuskulatur aufgelagert. Diese besondere und bis dahin einzig dastehende Giftdrüse wurde 1839 von Reinhardt entdeckt, wie in den Förhandlinger vit det af skandinaviska Naturforskare och Lä- kare, Hällna Möte I Götheborg Är 1839. S. 141—45 mitge- theilt ist. Eine kurze Notiz darüber kam später, 1843, in die Isis'). Bei der Unzugänglichkeit der Originalbeschreibung dieses bemerkenswerthen Organes sei es gestattet aus derselben (in der Übertragung) folgendes anzuziehen: „Aus der oben gege- benen Beschreibung der Form wird es ersichtlich dafs die Drüse in ihrer gröfsten Ausdehnung dem Einflufse der Backen- muskeln entzogen ist und dafs daher hier ein anderes Mittel zur Ausspritzung des Giftes angewendet werden mufste. Dieses ‚glauben wir in einer dichten Lage von Muskelsubstanz zu fin- den, die gleichsam wie eine Muskelhaut die der Drüse eigen- thümliche, weilse, glänzende Haut bekleidet und die sich schon durch die bräunliche Farbe kennzeichnet welche die Drüse hat. Durch die Zusammenziehung dieser Muskelbündel mufs sich die Drüse beträchtlich verkürzen. Aber aufserdem giebt der mit- telste Schläfenmuskel wie gewöhnlich zwei Bündel ab, die hier sehr dünn sind und die sich an den entgegengesetzten Seiten des Ausführungskanales inseriren von wo aus sie sich nach hinten fortsetzen, ein jedes auf seiner Seite längs der scharfen Kante der Drüse, zu deren Bildung sie am meisten beitragen und wo sie sich in den vorhin genannten übrigen Muskeln ver- lieren. Diese Muskelbündel können unstreitig die Drüse nach vorn ziehen; bei einem zwar der untersuchten Individuen fand ich sogar die Drüse auf der einen Seite nach vorn gezogen und in zwei grofse Querfalten gelegt, so dafs sie nur ein Drittel der Länge der Höhlung”) einnahm. Eine andere Folge der langgestreckten Form der Drüse ist die Gestalt der das Gift absondernden blinden Röhren, welche in der Richtung der Drü- sen-Längsaxe liegen, mit welcher sie sehr spitze Winkel bilden. Sie erhalten dadurch selbst eine grofse Länge und bleiben mehr von 1) 8. 219. ?2) in welcher die Drüse liegt. vom 4. März 1869. 203 einander gesondert als es der Fall ist bei den gewöhnlichen Giftdrüsen, wo diese sehr kurzen Röhren auf einen kleineren Raum zusammengezogen sind. Mehre dieser blinden Röhren vereinigen sich wie dies ein durch den Ausführungsgang inji- eirtes Präparat deutlich zeigt, zu Ästen und diese sammeln sich seitwärts in zwei Hauptbündel, deren Stämme allmählich zu- sammentreten und den gemeinschaftlichen Giftausführungsgang bilden.* Abgebildet und nochmals beschrieben (aber ohne Be- zugnahme auf diesen Originaltext) wurde die Drüse später von Bächtold'). Ich finde aber sowohl diese letztere Beschreibung als auch die Abbildung nicht ganz genau. Die parallelen Röhren aus denen die Drüse besteht laufen nicht so in einer Flucht und geradlinig nebeneinander wie die Figur es giebt; sie sind überhaupt von aufsen, wenn die Muskelschicht abpräparirt ist, nicht zu sehen oder wohl nur dann zu sehen, wenn sie künst- lich injieirt sind, so dafs die Zeichnung zu einer Täuschung Anlafs geben kann. Da der die Drüse umgebende Muskel ferner ein Muskel ist der sich nirgend sonst inserirt sondern nur die Drüse umgiebt, so ist durchaus nicht, ohne dafs das Ex- periment es feststellt, zu sagen dafs die Drüse durch denselben „vorwärts gegen den Kopf gezogen werden kann.“ Nach Bächtold besteht das eigentliche Drüsenparenchym nur aus einer glatten Schleimhaut die mit einem Plattenepithel versehen ist; allein dieser Angabe kann ich nicht beistimmen. Die Röh- ren sind vielmehr erfüllt von dem eigentlichen Drüsengewebe in derselben Weise wie ich es weiter unten bei der Giftdrüse von Callophis (von einer Abbildung begleitet) beschreiben werde. Bei dem Zerfall des feineren Gewebes, wie es in Spiritus-Prä- paraten vor sich geht, sind mikroskopisch nur mehr oder minder erhaltene Zellencomplexe zu constatiren. In der Zeich- nung ferner bei Bächtold ist einer hinter dem Auge lie- genden Speicheldrüse nicht gedacht welche schon defshalb nicht unerwähnt gelassen zu werden verdient, weil sie eigen- thümlicherweise ihren Ausführungsgang nach hinten sendet und zwar in den Ausführungsgang der Giftdrüse hinein, in gleicher Weise wie es auf Tafel II Fig. 3 für Callophis in- Dil7eriS:n9 w.10 Taf. IE: 204 Gesammtsitzung testinalis abgebildet ist. Diese Speicheldrüse ist von einem Mus- kel in ihrem hinteren Abschnitt bedeckt, über den sich je-- doch der Ausführungsgang der Giftdrüse legt, so dafs man ihn erst wegpräpariren mufs will man die Einmündung des Speicheldrüsenausführungsganges in den Giftdrüsenausführungs- gang zu Gesicht bekommen. Die Natur dieser Drüse hinter dem Auge als Speicheldrüse erschliefst sich lediglich aus ihrer Structur — mit derselben Sicherheit oder Unsicherheit wie es stets ohne das physiologische Experiment für diese Frage nur geschehen kann. In der Zeichnung bei Bächtold ist endlich die kugelförmige Anschwellung des Ausführungsganges dicht vor seiner Mündung über dem Giftzahne nicht angegeben auf deren Natur ich weiter unten zu sprechen kommen werde. Endlich habe ich besonderer Erwähnung zu thun der Gift- drüsen von ÜCallophis intestinalis Laur. und Callophis bivirgatus Schlegel-Boie (Elaps int. und biv. Wagler), Giftdrüsen welche bis dahin sich unserer Kenntnifs entzogen haben. Bei Gelegen- heit einer Untersuchung die ich anstellte über die Lage des Herzens bei den Schlangen'), fand ich innerhalb der Vis- 1) Fr. Schlemm (Anatomische Beschreibung des Blutgefälssystems der Schlangen in Tiedemann u. Treviranus’ Zeitschrift 1827, I. S.101) meint dafs je nach der Länge des Schwanzes das Herz vom Kopfe wei- ter entfernt sei. Ist der Schwanz kurz (wie bei den meisten giftigen Schlangen) so entferne sich das Herz weiter vom Kopfe und umgekehrt. Wenn auch a priori nicht einzusehen ist welcher Zusammenhang zwi- schen der Länge des Schwanzes und der Lage des Herzens obwalten sollte und es sogar wahrscheinlicher scheinen könnte, falls man sich eine aprioristische Ansicht erlaubt, dafs je länger der Schwanz sei, desto wei- ter das Herz vom Kopfe fortrücken müsse und nicht umgekehrt, da die Wirkung der Contraction des Herzens doch weiter zu reichen hat bei langem als bei kurzem Schwanze, so zeigt doch die Erfahrung dafs im Allgemeinen bei längerem Schwanze das Herz näher dem Kopfe liegt, ‘wenn man die relative Schwanzlänge in Rechnung zieht (das will sa- gen das Verhältnifs der Totallänge der Schlange zur Schwanzlänge). Schlemm hatte jenen Satz aufgestellt nach seiner Erfahrung an nur 4 Schlangen, aber ich finde ihn bewahrheitet nach zahlreicheren Messungen die ich bei den verschiedensten Schlangenarten anstellte. Der ursächliche Zusammenhang dieses Verhaltens entzieht sich noch unserer Einsicht. vom 4. März 1869. 205 ceralhöhle zwei grofse, nebeneinanderliegende. langgestreckte Organe von tief gelber Färbung, welche sich bei näherer Ana- lyse als Giftdrüsen auswiesen'). Sie sind auf Tafel Iaa abge- bildet. Ihrem Bau nach reihen sich diese Giftdrüsen durchaus an den der Drüsen von Causus rhombeatus an, nicht ihrer Lage nach; denn während jene oberflächlich direet unter der Hautbedeckung, über der Muskulatur der Rippen liegen und sich von den ge- wöhnlichen Giftdrüsen nur dadurch unterscheiden dafs sie sehr grols und lang gestreckt weit nach hinten reichen, liegen die von (. intestinalis und bivirgatus unterhalb der Rippen und deren Muskulatur, in der Bauchhöhle des Thie- res vor dem Herzen; es gränzen die Drüsen jeder Seite dicht an einander und erst die Ausführungsgänge trennen sich unweit des Kopfes von einander um ein jeder zum Giftzahn seiner Seite zu ziehen, Die Länge der Drüse übertrifft noch bei Weitem die von Causus rhomb.; sie varlirt selbstverständlich mit der Länge — dem Alter — des Thieres. Bei einem Exem- Dagegen kann ich eine weitere Behauptung desselben Forschers (l. c. S.118), dafs bei Schlangen mit langem Schwanze das Herz über (vor) der Lunge liege, bei Schlangen mit kurzem Schwanze unter (hinter) derselben nicht bewahrheitet finden. Bei vielen Schlangen mit kurzem Schwanze_ liegt das Herz vor der Lunge näher dem Kopfe. Es kommt auch vor, dafs das Herz in der Mitte der Lunge liegt, so dafs vor und hinter demsel- ben ein gleich langer Theil Lunge sich befindet. Das Herz ist übrigens nicht immer verhältnifsmälsig weiter vom Kopfe entfernt wenn es auch hinter der Lunge liegt, wie Messungen mir ergaben. Meckel (System der vergl. Anal. V. S. 218) hat gezeigt dafs bei den Ophidiern das Herz im Allgemeinen weniger weit nach vorn liegt als bei den übrigen Am- phibien, doch hat er zwischen den Extremen eine Reihe von Übergängen nachgewiesen. Er meint dafs die Verschiedenheiten wohl zum Theil mit der Gestalt, Zahl und Länge der Lungen zusammenhängen, doch berück- sichtigt er nicht weiter die Lage des Herzens vor und hinter der Lunge, Es haben bekanntlich manche Schlangen nur eine, manche zwei und noch andere nur Rudimente einer zweiten Lunge und die Abhängigkeit der Lage des Herzens von diesen Umständen oder von andern bleibt noeh zu ermitteln. - 1) Ich habe die erste Mittheilung über diese Drüsen auf der Natur- forscher-Versammlung zu Dresden 1868 gemacht. Siehe Tageblatt S. 138, 206 Gesammtsitzung plar von Call. bivirg. von 99 Centimeter Länge fand ich die Drüse mit dem Ausführungsgang 25 Centim. lang, also 4 des ganzen Thieres; bei einem ganz kleinen Exemplar von Call. intest. nahm sie fast die halbe Länge der Schlange ein. In Folge dessen ist das Herz sehr weit nach hinten, dem After des Thieres zu gerückt und alle Organe erleiden demgemäls eine entsprechende Modification in ihrer Lage. Die Drüsen beginnen gleich vor dem Herzen, seinen grofsen Gefäfsen und den daran liegenden drüsigen Organen, allein es reichen wie es scheint nicht beide gleich weit an das Herz hinan, sondern die eine beginnt erst etwas höher als die andere. Die Drüse ist ebenso wie die von C’ausus rhomb. von quergestreiften Muskel- bündeln umgeben, die in Folge des Aufbewahrens der Schlange in Spiritus eine tiefgelbe Färbung angenommen haben. Die Längsaxe der Muskelfasern geht parallel der Längsaxe der Drüse so dafs. wenn sie sich alle gleichmäfsig zusammenziehen die Drüse sehr stark verkürzt werden mülfste. Allein es ist von vornherein nicht zu sagen und mir auch nicht wahrschein- lich dafs die Zusammenziehung zum Zweck der Giftausspritzung der Artvorsich geht, oder ob sie nicht in Form einer peristaltischen, über die Drüse hinlaufenden Welle statt hat, etwa wie wenn man über eine elastische mit Flüssigkeit gefüllte Röhre einen engeren Ring zöge der dann die Flüssigkeit vor sich her treiben mülste. Die Querstreifung des Muskels zeigt oder macht es wenigstens in hohem Mafse wahrscheinlich dafs der Akt der Entleerung des Giftes der Willkür unterworfen ist und bei diesen Drüsen braucht daher nicht wie bei jenen Giftdrüsen, die der Wirkung der Kaumuskeln mit unterworfen sind, beim jedesmaligen Schlufs des Maules eine Giftausspritzung zu erfolgen; dieser Muskel funetionirt nur ad hoc, wie bei den meisten Giftdrüsen der diesen anliegende Muskel.') Die Mächtigkeit der -Muskelschicht ist ziemlich gleich stark um den ganzen Körper der Drüse und 1) Keinenfalls gilt für alle Schlangen, was Owen (Article „Teeth“ S. 25) sagt: „as the action of the compressing muscles is contempo- raneous with the blow by which the serpent infliets the wound, the ‘poison is at the same moment injected with force into the wound from the apical outlet of the perforated fang.“ vom: 4. Marz 1869. 207 bietet auf der Oberfläche ein ganz glattes Aussehen; die Un- gleichheiten die in der Dicke des Querschnittes der Muskel- schicht hier und da zu beobachten sind können ebenso gut herrühren von einem Zustand der Contraction in welchem die Muskelsubstanz starr wurde in. der Aufbewahrungsflüssigkeit als normal. gegeben sein. Die Muskelschicht wird dünner und dünner je mehr die’ Drüse sich verschmälert und hört endlich mit derselben, wenn nur. noch der Ausführungsgang vorhanden ist, auf bis auf einen. schmalen Strang, wie ihn die Zeichnung des Querschnittes in Fig. 4 Tafel II 8 mal vergrölsert aufweist. Es inserirt sich also der Muskel der Drüse nirgend als an der Umhüllungshaut der Drüse selbst; diese steckt demnach vollstän- dig in einem Cylinder von quergestreiften Muskelfasern und erst nachdem sie von allen Seiten abpräparirt sind kommt die weifse glänzende Umhüllungshaut, mit der'sie nicht allzufest. verwachsen scheinen!) zu Tage, eine Umhüllungshaut die derjenigen 'aller Giftdrüsen ‚gleicht. Die Structur der Drüse läfst sich am Quer- und Längsschnitt wie.sie in Fig. 1u.2 Tafel II (Fig. 1 3 mal, Fig..2' 6mal vergröfsert) gegeben gut erkennen. Ent- weder die Umhüllungshaut oder aber: eine noch innerhalb dieser liegende bindegewebige Membran (abpräpariren läfst sich die Umhüllungshaut nicht ohne Läsion) sendet ins In- nere der Drüse eine gröfsere Reihe von Ausläufern, so dafs sie durch dieselben vollständig in Röhren verschieden an Zahl abgetheilt wird. In diesen Röhren nun liegt die Drüsen- substanz selbst, sie ganz ausfüllend wie es scheint; ihre feinere Struetur aber zu eruiren verbietet der Zustand des Zerfalles in dem sich das Spiritus-Präparat befindet. Je mehr’ man den Querschnitt dem Ausführungsgang der Drüse zu anlegt, desto weniger Abtheilungen bilden die Ausläufer der Umhüllungshaut. In der' Mitte der Drüse bis zu 15 und mehr, zuletzt 3, 2, endlich bleibt nur der einröhrige Ausführungsgang in den alle einzelnen 1) Das zeigte ein Präparat von Call. biv. ziemlich deutlich. Die Drüse war wohl beim Tödten der Schlange an mehren Stellen durchtheilt worden; es hatte sich in Folge dessen der die Drüse umgebende Muskel contrahirt und zurückgezogen, so dafs an der 'Durchtrennungsstelle die weils aussehende Drüse selbst in gröfserer Ausdehnung vorlag. [1869.] 15 208 Gesammtsitzung an ihrem andern Ende blind schliefsenden Röhren der Drüse münden. Auf dem Längsschnitt sieht man wie die Seitenwände der Röhren ausgekleidet sind von der durch Vorsprünge der Röhrenwandungen noch in einzelne mit einander zusammen- hängende Abtheilungen geschiedenen Drüsensubstanz. An einer Stelle (ce) ist die Drüsensubstanz entfernt und man sieht dort diese Vorsprünge der Röhrenwandungen in Form von 'Riffen deutlicher. Die Ausführungsgänge nun der beiden dicht an ein- ander liegenden Organe laufen ebenfalls weiter neben einander bis sich: unweit des Kopfes ein jeder nach seiner Seite hin- wendet, indem er sich über das Quadratbein legt von einem eigenen Ligament und darüber liegender Muskulatur in einer Furche desselben festgehalten, am Abgleiten gehindert. Die Ausführungsgänge haben an diesen Stellen eine beträchtliche Breite. “Weiterhin auf dem Oberkiefer entlang ziehend mündet in diesen Ausführungsgang der Ausführungsgang einer hinter dem Auge sich befindenden grofsen Drüse von der Structur der Speicheldrüsen indem sie denselben nach hinten sendet. Fig. 3abc Tafel II giebt dieses Verhältnifs wieder. Ehe der Ausführungsgang der Giftdrüse sich in weiten Falten wie be- kannt über den Giftzahn ausbreitet, schwillt er bei seiner Krüm- mung nach oben, die fast alle Giftdrüsenausführungsgänge zeigen, noch erst kugelig an (d Fig. 3 Taf. II). Während in verschie- denen Zeichnungen dieser Krümmung nach oben wohl Rechnung getragen ist, ist es nicht der Fall mit dieser Anschwellung. Sie findet sich allerdings nicht bei allen Schlangen; bei denen mit gröfseren Giftdrüsen z. B. Zachesis muta wohl, aber sie ist da nicht verhältnifsmälsig so grols wie bei Call. int. u. biv.. Die Vermuthung dafs sie Muskelelemente zum Verschlufs des Ausführungsganges enthalte läge nahe, allein die mikroskopische Untersuchung ergiebt dafs es wiederum Drüsensubstanz ist und ein Längsschnitt zeigt dafs dieselbe in Längsfalten angeordnet liegt. Diese Beschreibung gilt sowohl für Call. int. als auch für Call. bivirg.'). Die Präparation läfst darüber keinen 1) Welcher Nerv die Drüse selbst und die sie umgebende Muskel- schicht versorgt habe ich nicht eruiren können; breite markhaltige Ner- venfasern sah ich wohl, allein ihre Endigungen nicht. Pflüger hat in | vom 4. März 1869. 209 ‚Zweifel obwalten dafs diese Drüse in anatomischer Continuität mit dem Giftzahn stehe, dafs man es also mit einer Giftdrüse zu thun habe. Der ununterbrochene Zusammenhang aber wurde von mir auch durch eine Injeetion in den Ausführungsgang nach der Richtung des Giftzahnes hin erwiesen, indem bei ‚jedem leisen Stempeldruck der Spritze ein Tropfen Flüssigkeit ‚aus der feinen Spalte des Giftzahnes hervorquoll. Die Struc- ‚tur ferner der Drüse erlaubt den Analogieschlufs dafs man es ‚mit einer Gift absondernden Drüse zu thun habe, ebenso stützt ihn der Umstand dafs die Structur der hinter dem Auge lie- ‚genden grolsen Drüse der Structur der gewöhnlichen Speichel- ‚drüsen gleich ist, sie entbehrt auch die weilse glänzende 'Umhüllungshaut, die alle-Giftdrüsen besitzen; endlich die That- sache dafs diese Schlangen als giftig bekannt sind trotz ihres von nicht giftigen Schlangen nicht abweichenden Äufsern. Russel!) sagt: „I have hardly met with a venemous serpent ‚of less suspieious external appearance than the present subject.“ ‚Der Gröfse der Giftdrüsen nach im Vergleich zu der anderer Giftschlangen (und die Gleichheit der Wirkung des Secretes ‚ vorausgesetzt) müssen diese Schlangen trotz ihrer Unscheinbar- keit sehr gefährlich sein und Lenz’’) Ausspruch,‘ dafs „die ‚gröfsten Schlangen die gefährlichsten sind“ darf daher nicht ohne Weiteres allgemein gelten. Auch wird man nicht dem fol- genden Ausspruch von Günther über diese Schlangen (the Reptiles of British India London 1864 S. 347) beitreten können: | seinen Untersuchungen über „die Endigungen der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen, Bonn 1866,“ den Weg vorgezeichnet zum Studium | der Nervenendigungen in Speicheldrüsen, allein die von ihm ermittelten ' Resultate ermangeln bis jetzt durchaus einer zuverläfslichen und sachlichen ‚ Bestätigung. Ich selbst habe mich vor längerer Zeit schon durch an- dauernde und mühsame Untersuchungen (im Laboratorium des Hrn. Kühne ‚im pathologisch-anatomischen Institut der berliner Charite) bestrebt die \ Pflügerschen Nervenendigungen genau nach seiner Vorschrift aufzufinden, ‚allein mit durchaus negativem Erfolg, wenigstens mit positivem nur in | Betreff der gröberen Verhältnisse. !) Indian Serpents II. p. 22. ?) Schlangenkunde S. 88. 15* 210 Gesammtsitzung „Ihe shortness of their fangs' and the small quantity of their poisonous fluid will always ‚give a. very fair chance: of recovery if an accident should occur and the proper remedies be applied.“ Sehr auffallend bleibt, es mir aber, dafs diese interessanten und auf den ersten Blick sehr in die, Augen springenden Organe bis jetzt sich unserer 'Kenntnils entzogen haben, da von ver- schiedenen Forschern die Schlange zerlegt und präparirt worden ist. So sagt Schlegel!): „Wir können versichern .dafs' alle Elaps-Arten von. Boie denselben Giftapparat' „besitzen * . wie Elaps :lemniscatus; diese. Schlange aber besitzt den Giftapparat der Call. int. und. biv. nicht, ‚sondern , nur den: gewöhnlichen und bekannten. ‚Ferner ?):; J’ai:trouve des Calamars dans l’esto-. mac de 2’Elaps furcatus de Java“ und?): „Le eanal intestinal, beaucoup plus court que dans les autres especes, se trouve resserre dans la partie inferieure de'la-cavite abdominale;..le canal alimentaire est: par. consequent extremement alonge.“ Diese Verhältnisse resultiren eben aus der Lage der Giftdrüsen welche die Eingeweide weit nach hinten schieben: und: bei der Section die diese Resultate zu Tage förderte hätten sich leicht die. Giftdrüsen dem’ Auge des. Untersuchers darbieten können. Meckel*) spricht u. A. viel von den Eingeweiden der Gattung Elaps,; aber er erwähnt diese Drüsen nicht; er hat also wohl keine der betreffenden Schlangen untersucht, steht 'äber trotz- _ dem nicht an, seine Angaben auf alle Zlaps- Arten zu beziehen. Günther”) sagt: „Specimens dissected by me exhibited only a small number of eggs.“ Er giebt allerdings nicht an welche Arten er secirt hat und es könnten Call.-int. und div. nicht darunter gewesen sein. Von diesen beiden allein ‚aber bin ich in der Lage mit Bestimmtheit das Vorhandensein dieser besonderen Giftapparate aussagen zu können. Meine Vermuthung geht dahin dafs sie noch einer Reihe von andern Schlangen zu- 1) Unters. der Speicheldrüsen etc. S. 143. 2) Essai II. 439. 3) Essai II. 451. 4) System der vergl. Anatomie. 5) On the Genus Elaps of Wagler. Proc. of the Zool. Soc. of Lon- don. XXVI. 1859. 8. 79. } “ kommen, die mir aber leider nicht zur Untersuchung vorlagen. Meine Vermuthung stützt sich auf folgende Gesichtspunkte: vom 4. März 1869. 211 ‘ Es wurde im Jahre 1859 von Günther!) eine neue Ein- | theilung der Gattung Elaps vorgeschlagen die sich in erster - Linie auf die Zahl der Schuppenreihen und auf die geogra- phische Verbreitung stützte. Sie ist die folgende: Mit 13 Schuppenreihen: Callopkis, Ostindien. Mit 15 Schuppenreihen und einem doppelten Nasalschild: Elaps, tropisches Amerika. Mit 15 Schuppenreihen,; einem einfachen Nasulsohild und zwei Postocularschildern: Vermicella, Australien. Mit 15 Schuppenreihen, einem einfachen Nasal- und einem - Postocularschild: Poecilophis,”) Afrika. 1862 'hat denn Peters°) nachgewiesen dafs dieser Einthei- lung auch kraniologische Unterschiede entsprechen die von be- deutenderem Gewichte scheinen als die Zahl der Schuppenreihen. Die asiatischen Elaps-Arten besitzen alle einen Processus post- orbitalis, der den amerikanischen und afrikanischen fehlt. Auf die kraniologischen Unterschiede, die zwischen den amerikani- schen und afrikanischen Elaps- Arten (Elaps und FPoecilophis) nach Peters obwalten will ich hier nicht näher eingehen, da beide den oben bei Callophis int. und bivirg. beschriebenen Gift- apparat nicht besitzen, ebensowenig wie die australischen Elaps-Arten (Vermicella). Peters weist aber ferner nach dafs bei den asiatischen noch zwei Typen zu unterscheiden seien. Er sagt: „Den einen bilden die Callophis (Elaps) in- iestinalis (bifure.), CO. bivirgatus, und aller Wahrscheinlichkeit nach auch (©. gracilis (Gray), ©. M’Clellandü (Reinh.), ©. uni- virgatus (Gthr.), C. trimaculatus, C. maculiceps, welche letzte- ren ich leider nicht habe untersuchen können. Diese haben in ihrer Schädelform viel gröfsere Ähnlichkeit mit Naja (spu- tatrix) durch die grofse Ausdehnung des Planum superius cranü und die Art der Verbindung der ossa ord. mit den front. media, sie unterscheiden sich aber sehr auffallend dadurch dafs 1» E92: ' 2) Später wurde diesen von Jan der Name Homoroselaps beigelegt. 3) Über Elaps. Monatsber. d. k. preufs. Akad. d. Wiss. S. 635. 212 Gesammtsitzung ihr Gaumenbein sich fast in 'gleicher Querlinie mit dem os pterygoideum ext. (transv.) an ‚das os pter. int. anlegt, so dafs das letztere kaum so lang ‘wie das Gaumenbein ist und es ent- weder gar keine ((. bivirg.) oder nur 2—3 (Ü. intest.) Zähne trägt.* | Dieser Abhandlung ist auf Tafel II Fig. 9—11 die Ab- bildung eines Schädels von (©. bivirg. beigegeben, (2mal ver- grölsert) da bis jetzt nirgend eine Abbildung eines Schädels der Gattung Elaps geliefert wurde. Diese Zeichnung!) bestätigt genau das hier dargelegte Verhalten. Zu dem zweiten Typus der asiatischen Elaps-Arten gehört allein Elaps calligaster von: der Peters folgendes sagt: „Am meisten hat mich jedoch das ganz verschiedene Verhalten des Schädels von Zlaps. ealligaster über- rascht. Derselbe stimmt abgesehen von seiner Kleinheit in jeder Beziehung so vollkommen mit dem von Bungarus (semifasciatus) überein, dafs man zweifelhaft sein könnte, ob man diese Art (sowie Elaps collaris Schlegel)?’) von den Bungarus trennen darf. Auch die hinteren ungefurchten Oberkieferzähne fehlen nicht und stehen in derselben Weise wie bei den Bungarus. Die geringelte Zeichnung haben sie ebenfalls mit den .B. ge- mein, auch unterscheiden sie sich von den asiatischen Elaps durch dieselbe Zahl (15) der Schuppenreihen, wie die ameri- kanischen Elaps, stimmen aber mit beiden überein durch die in keiner Weise ausgezeichnete Beschaffenheit der: mittleren Rückenschuppen. Durch dieses letztere sowie durch die dop- pelte Reihe unterer Schwanzschilder unterscheiden sie sich äufserlich von Dungarus und schlage ich vor sie mit dem gene- rischen Namen Hemibungarus zu bezeichnen.“ | Diese Aussonderung von Elaps calligaster aus den asiati- schen von Günther ausschliefslich Callopkis genannten Elaps- 1) Das Präparat zu derselben rührt her von der Hand des Hrn. Pro- fessor Peters, der es mir gütigst zu diesem Zwecke zur Verfügung ge- stellt hat. 2) Nach Mittheilung des Hrn. Prof. Peters ist diese eine amerika- nische Art und stimmt genau mit den anderen ächten Elaps s. s. im Schädelbau überein, wie derselbe neuerdings an den Schlegelschen Ori- ginalexemplaren gefunden hat. a nn vom 4. März 1869. ; D13 Arten erhält eine weitere Berechtigung — wenn sie noch einer solchen bedürfte — dadurch, dafs diese Schlange den \Giftap- parat von Call. int. und biv. nicht besitzt, sondern nur den gewöhnlichen: eine kleine Giftdrüse hinter und unterhalb dem Auge. Bei der Übereinstimmung der andern Arten der Gattung Callophis Gray aber glaube ich diesen Apparat auch bei Call. gracilis Gray, M’Cellandi Reinh., trimaculatus Daud., ma- euliceps Gthr., annularis Gthr. und nigrescens Gthr. vermuthen zu dürfen. Diese Schlangen kommen auf dem britisch-indi- schen Festlande vor und sind wohl (mit wenigen Ausnahmen) nur in den dortigen Museen und in denen Grofsbrittaniens: ver- treten. Meine Bemühungen sie von dorther zu erhalten sind nicht von Erfolg gewesen und mufs ich die Entscheidung ob diese Schlangen jene grofsen Giftdrüsen innerhalb der Visceral- höhle besitzen oder nicht andern Forschern überlassen. Nach der folgenden (in der Übersetzung mitgetheilten) Angabe von Reinhardt'), scheinen sie allerdings bei Elaps M’Clellandii nicht vorzukommen: „Ich habe nämlich alle beide im könig- lichen naturhistorischen Museum aufbewahrte Exemplare ana- tomisch untersucht und gefunden dafs beide die geringelte sowohl als auch die ohne Ringe trächtige Weibchen sind, welche Eier von etwa 1 Zoll Länge in sich haben.“ Ich meine bei der Section hätten die Drüsen nicht übersehen werden können, allein dennoch getraue ich mich nicht mit Sicherheit darüber zu urtheilen in Anbetracht der oben mitge- theilten Erfahrungen bei Call. int.. | Besonders untersucht auf das Vorkommen dieser Giftdrüsen innerbalb der Visceralhöhle habe ich folgende zu den Elapidae zu zählenden Schlangen und kann mit Bestimmtheit behaupten, dafs sie bei ihnen nicht vorhanden sind: Elaps corallinus L. (bei einer dieser Schlangen lag auffallender Weise das Herz mit seiner Spitze dem Kopfe zugekehrt), Elaps lemniscatus L., Elaps Maregravü Wied., Homoroselaps (Elaps) Hygiaeae Shaw, Vermicella (Elaps) occipitalis Dum. Bibr., Hemibungarus (Elaps) calligaster Wiegmann, Bungarus semifasciatus Kuhl und fasci- I) Om Elaps Macclellandü Rhdt. Videnskabelige Meddelser fra den aturhist. Forening i Kjobenhavn for Aaret 1860 S. 249. 214 Gesammtsitzung atus Schneider, Naja tripudians Merr. u. hajeL., Sepedon hae- machates Merr., Causus rhombeatus Wagl., Hoplocephalus curtus Schl., Ogmodon vitianus Pet.. Die von’ mir aus den: Familien der Orotalidae, Viperidae und Hydrophidae daraufhin untersuchten Schlangen hier 'namhaft aufzuzählen halte ich nicht für gebo- ten. Mit Sicherheit von mir nachgewiesen sind also diese Drüsen nur bei Callophis intestinalis und bi- virgatus. .ı Sie bieten ein besonderes Interesse. dar nicht nur ihrer Gröfse wegen sondern mehr noch wegen ihrer Lage für die eine Analogie fehlt; es bleibt auffallend und entwicklungs- geschichtlich nachzuweisen wie ein Organ, das sonst allgemein direct unter der Hautbedeckung am Kopfe sich bildet, seine Lage innerhalb der Visceralhöhle finden kann. — Ich kann schliefslich nicht umhin dankbar der seltenen Liberalität zu gedenken, mit welcher mir die Schätze des zoo- logischen Museums der berliner Universität zu Gebote gestellt waren. | | | Berlin, Januar 1869. Nachschrift. Durch die Güte des Hrn. Prof. Wil- helm Peters erhielt ich noch nachträglich ein Exemplar von Callophis maculiceps Gthr. zur Untersuchung, bei dem sich jedoch die in Frage stehenden Giftdrüsen nicht vorfanden. Mai 1869. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Giftdrüsen von Callophis intestinalis in situ, von ihrem Muskel bekleidet und in natürlicher Gröfse. Die Schlange .liegt am Kopf und Hals auf der Seite, dann bis jenseit des Herzens auf dem Rücken und in ihrem untern Theile auf dem Bauche. Es ist, um die Drüsen zu zeigen, das entsprechende Stück der Haut herausgeschnitten. aa Giftdrüsen; bb deren Ausführungsgänge; c Speichel- drüse; d Giftzahn; e Herz; f Leber; 9 Ruthe. Kae are 27 200 EZ ©: org Wr r 1 8 ai. B! R Re; ee PS = * DL.Franz Wasner dezu lich Callophis intestinalis. Taf Druck r Gebr Dehus Y N; DEE LEBTEN N Monatsber dBerl Akad dWiss 1869 März IDi.Frauz Wagner der.ulich 0 Iruckr. Gebr Delius Fig. 1. 10. 11. vor Mir Be 215 Tafel 1. Längsschnitt eines Stückes der Drüse von Callophis intestinalis, 3mal vergrölsert. «@ Muskelschicht; 5 Drü- senparenchym; ..c Stellen wo das Drüsenparenchym entfernt: ist. Querschnitt derselben Drüse, 6mal vergröfsert. — @ Muskel; 5 Drüsensubstanz; ce natürliche Lücke. Kopf von Call. int., 2 mal vergröfsert. a Ausführungs- gang der Giftdrüse; d Speicheldrüse; c Ausführungs- gang derselben; d Anschwellung des Giftdrüsen-Aus- führungsganges; e Giftzahn. Querschnitt des Ausführungsganges der uf lerse von Call. intest., 8mal vergrölsert. a Wandung des- selben; 5 D c anliegender Muskelstreif. Querschnitt der Giftdrüse von Elaps corallinus, Amal vergrölsert. a Röhren; db Muskel. Querschnitt der Giftdrüse von Pelias Berus, 6mal vergrölsert. «a Röhren. | Parenchym der Giftdrüse von Pelias Berus. Ver- gröfserung mit dem Hartnack’schen Objectiv Nr. 8, Ocular Nr. 2 (400mal). «& Drüsenzellen; db Bindege- webe; c Blutgefäfs mit Blutkörperchen. Querschnitt der Giftdrüse von Dothrops atrox, 4mal vergrölsert. . Schädel von Callophis bivirgatus von oben, 2mal ver- grölsert. Ebenso von unten. Unterkiefer desselben, 2mal vergrölsert. Hr. Dove machte eine Mittheilung über die meteorologi- schen Verhältnisse des Sommers 1868. 216 Gesammtsitzung _ An eingegangenen Schriften nebst ee wurden vorgelegt: | F. Palacky, Über die Beriähiongen und das Verhälmifs der Waldenser zu den ehemaligen Secten in Böhmen. Prag 1868. 8. F. Unferdinger, Das Pendel als RE Instrument. _Greifs- wald 1868. 8. Sitzungsberichte der k. bayr. Akademie der Wissenschaften zu München. 1868. II. Heft 4. 1869. I. Heft 1. München 1869. 8. Matthiessen, Kleine Schriften über 'specielle Theile der Mathematik und analytischen Mechanik. Mit Schreiben des Verf. d. d. Husum 25. Febr. 1869. Perrot, Exploration archeologique de la Galatie. _ Livre 20. 21. Pa- ris 1869. fol. Memoires de l’academie de Petersbonrg. Vol. xı, 1—3. Petersbourg 1868. 4. | | | Bulletin de l’academie de Petersbourg. Vol. XII, no. 1—3. Peters- bourg 1868. 4. | H; Journal of the chemical Society. Vol. 6. London 1868. 8. Journal .of the Royal Asiatic Society. WVol..III, 2. London 1868. 8. 11. März? Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kiepert las: Über älteste Landes- und Volksgeschichte von Armenien. Unter den- kleineren Völkern Vorderasiens, welche in alter -Zeit das Gebiet zwischen den grolsen Culturnationen der Me- der und Assyrer einerseits, der Griechen anderseits bewohn- ten, haben in Vergleich zu denjenigen der kleinasiatischen Halbinsel, die frühzeitig grölstentheils hellenisirt, mit ihren letzten Resten in der türkischen Einwanderung spurlos ver- schwunden sind und so kaum die dürftigsten Spuren ihrer Sprachen hinterlassen haben, nur die Armenier ein günstigeres Schicksal erfahren, indem sie ihre beim Verfalle des Seleuki- denreiches wiedergewonnene staatliche Selbständigkeit über ein ee vom 11. März 1869. 217 halbes Jahrtausend, ihre Sprache aber und mit der frühzeitig begründeten nationalen Kirche, das Bewulstsein ihrer Zusammen- gehörigkeit selbst in weitester Zerstreuung, bis auf den ‚heutigen Tag behaupteten. Einen ähnlichen Vorzug, selbst manchen ge- bildeteren und historisch bedeutenderen Nachbarvölkern gegen- über, begründet ihre bald nach der Annahme des Christenthums und dem Bekanntwerden mit griechischer Wissenschaft um den Anfang des 5. Jahrhunderts beginnende Litteratur, die sich von theologischen Anfängen schon sehr früh auch der eignen Lan- des- und Volksgeschichte zuwandte. ‘Ja die historische Bedeu- tung der Armenier würde eine fast alle ihre Nachbarn über- wiegende sein, wenn eines jener Werke, das besonders durch die Übersetzung der Brüder Whiston schon seit länger als einem Jahrhundert auch weiteren Kreisen der europäischen Gelehrten- welt bekannte Geschichtsbuch des Moses von Chorni mit Recht den Anspruch machte, die vaterländische Geschichte von ihren Anfängen an in Zusammenhang, zu überliefern, wenn nicht des sen Glaubwürdigkeit nur den Volksgenossen selbst und deren blinden Nachbetern'!) als Dogma gälte, von der Kritik aber vielfach und mit guten Gründen angefochten worden wäre. Doch so wenig Gewicht gegenüber den Zeugnissen griechischer und römischer Autoren auf Moses angebliche Geschichte der Arsa- kiden-Könige Armeniens zu legen ist, so enthält doch gerade das erste, die älteste Geschichte bis auf Alexander herabfüh- rende Buch neben werthlosen aus späten griechischen Büchern geschöpften synchronistischen Zuthaten des Compilators und euhemeristischen Verdrehungen epischer und lyrischer 'Volks- diehtung, eine Reihe von Auszügen aus einem älteren syrischen Logographen, Mar Abas, welche uns zwar keine eigentlich historischen Daten liefern, aber in Ermangelung einer ächt ar- menischen Überlieferung wenigstens die gelehrte Ansicht des gebildeteren Nachbarvolkes über die Ursprünge des armenischen Volkes und deren locale Begrenzung kennen lehren. Der 1) E. Bore, l’Armenie, Paris 1842; @. Cappelletti, !’ Armenia, Fi- renze 1841, bis jetzt seit St. Martin’s M&moires sur I’Armenie, die einzigen neueren das armenische Alterthum in Zusammenhang behandeln- ‚ den Werke. 218 Gesammtsitzung fast ausschliefslich geographische ‘und ethnographische Inhalt jener Tradition ‘möge ‘es rechtfertigen, :wenn ich die Fol- gerungen, die sich mir 'aus wiederholter Prüfnng des’ armeni- schen Textes in Verbindung mit dem Studium der Natur des Landes 'ergeben haben, auch öffentlich mittheile, nachdem ich die Ausführung dieser Untersuchung durch einen Berufeneren seit Jahrzehnten vergeblich erwartet habe.') Von der langen Reihe von 52 armenischen Königen, welche Moses aus Mar Abas aufführt, kommen hier nur die zehn er- sten Generationen in Betracht; die folgenden sind durchaus leere Namen, mit einziger Ausnahme Tigran’s, Zeitgenossen des Kyros,: dessen kriegerische Thaten und angebliche 'grofse Eroberungen die einzige epische Unterbrechung in jener 'trock- nen Aufzählung bilden, Sagen, deren hohes Alter wenigstens 1) Während ‘die deutschen Armenisten, die Herren Petermann, Gosche, de Lagarde, Fr. Müller sich bisher fast ausschliefslich der sprach- lichen Seite zugewendet haben, verdanken wir der jüngeren französischen Schule literarhistorische Untersuchungen, die sich aber ‘im vorliegenden Falle, ohne auf den Inhalt. der Tradition einzugehn nur mit dem Zeital- ter des Mar Abas beschäftigen. Ob wir diesen in der That mit 'E. Du laurier (Etudes sur les chants historiques et les traditions populaires de l’ancienne Armenie, Journal Asiat. 1852, XIX. 1 ff. und Considera- tions sur les plus anciennes origines de l’histoire Armenienne, Revue de l’Orient 1860 p. 92 ff.) dem Zeugnisse des Moses zufolge als einen Zeit- genossen des ersten Arsakiden (um 130) anerkennen, oder mit V. Lan- glois (Etude sur les sources de l’histoire d’Armenie de Moise de Kho ren, Bull. de I’ Acad. imp. d. sc. de St. Petersb. 1861 p. 531ff.) in das erste vorchristliche oder mit E. Renan. (Hist. des langues 'semitiques 1. HI. ch. 2) als Zögling der Schule von Edessa ins erste oder zweite nachchristliche Jahrhundert hinabrücken, wird ‚für die hier vorliegende Untersuchung von keinem Gewicht sein, da auch im letzten Falle dem syrischen Autor noch Quellen zu Gebote stehen und verständlich ‚sein konnten, deren erste Aufzeichnung in die assyrische Vorzeit („die Archive von Nineve“ wie sich Moses I, 9 naiv ausdrückt) hinaufreichte. — Das neueste Werkchen, dessen Titel zu dieser Frage in Beziehung; zu stehen scheinen könnte: Pichard, Essai sur Moise de Khoren, Paris 1866, enthält in der That gar. nichts zu deren Lösung und behandelt seinen Autor einfach als epischen Dichter. vom 11. März 1869. 219 dadurch gesichert ist, dafs -Xenophon sie auf dem langen Win- termarsche durch Armenien kennen lernte ‚und für seinen poli- tischen. Roman verwerthete. Dies aber ist der einzige Licht- punkt der von auswärts auf jene armenische Überlieferung fällt; wie bedenklich es: selbst um die Namen und. die Existenz der übrigen: Könige‘ nach und. vor jeneni Tigran: steht, zeigt die Vergleichung wenn auch. spärlicher, aber gleichzeitiger Zeug- nisse der. Griechen, Perser, Assyrer ‚über jene älteren Zeiten Armeniens. o 4 1) Auf Tigran läfst Moses I, 31: dessen Sohn Vahagn (den nur seine Unkritik mit dem eleichnamigen auch aus andern Zeugnissen be- kannten Gotte, dem. phryg gischen ”Vayvıg, verwechselt) und dann noch sie- ben Namen folgen, welche die Zeit bis auf den Untergang des Reiches durch die makedonische Eroberuug ausfüllen. Werden diese letzten auch nicht ausdrücklich Könige genannt, so schweigt der Autor doch auch völlig über ihr Verhältnifs zu den persischen Königen und ihren Satra- pen, die für ihn so gut wie nicht vorhanden sind. An Vasallenfürsten unter‘ achämenidischer Oberhoheit zu ‚denken, ähnlich den kilikischen paphlagonischen, karischen, ‘wie St. Martin und andere neuere wollen, verbietet zwar nicht der Umstand, dafs der einzige berichterstattende Augenzeuge des Landes unter den Griechen dieser Zeit, Xenophon, in dem von ihm durchzogenen westlichen Armenien nur persische Satrapen kennt: eine Beschränkung einheimischer Fürsten auf einen einzelnen Lan- destheil wäre immerhin denkbar, aber gewichtiger ist die negative Auto- rität eines Denkmals wie die historische Inschrift des ersten Dareios zu Bagistan, welche den mehrjährigen Aufstand der. Armina erzählt, ohne auch nur den Namen ihres Anführers zu nennen; ja auch den Namen eines Fürsten, für dessen. legitime Nachfolge die Empörer kämpften, würde man, wie in den,Berichten über die Aufstände der andern Provinzen hier erwarten, wenn es noch Fürsten im Lande gegeben hätte; jedenfalls würde mit der Unterdrückung der Empörung selbst wohl auch das natio- nale Fürstengeschlecht ein Ende gefunden haben. — Ein ähnliches Va- sallenverhältnifs zu den assyrischen Grofskönigen räumt der armenische Autor selbst ein für seine älteren Landesfürsten, vom 9ten bis zum 35sten, so dafs eigentlich nur die folgenden neun bis auf Tigran als selbständige Herscher zu gelten hätten; dals aber als Name des mit dem Sturze des assyrischen Reiches zusammenfallenden ersten derselben Paroir, d. i. Umdrehung, und als der seines Vorgängers Skajorti, d. i. Riesensohn, als ob ein Geschlecht von Giganten mit ihm zu Ende gehe, angegeben 220 Gesammtsitzung "Die ersten zehn Namen dagegen :und die sich im Gegen- satz zu‘ der folgenden 'einförmigen Namenreihe als Seitenglie- der daranschliefsenden, durch welche jene Zahl verdoppelt wird, erweisen sich als völlig der aetiologischen Mythenbildung ange- hörig durch die vom Autor selbst daran geknüpften etymologi- schen Ableitungen armenischer Localnamen. ‘ Die bei den Se- miten so‘ beliebte genealogische Form ihrer Coordinirung und Subordinirung könnte leicht veranlassen, die Autorschaft_ dieser Anordnung dem syrischen Logographen, dem Moses sie ent- lehnt hat, zuzuschreiben, wenn nicht aus der Stellung einzelner Namen selbst sich ergäbe, dafs derselbe sie bereits so vorge- funden, und einer ältern, vielleicht einheimischen, wenn auch nicht schriftlich verzeichneten Quelle entlehnt hat. Mit Übergehung der Anknüpfung an die bekannte hebräische Noachiden-Stamm- tafel durch Japhet, Gamer und Tiras') ergiebt sich aus Moses I, 9—15 folgendes genealogische Schema?):: wird, hat doch mehr mythischen: als historischen Anstrich. Und vollends bedenklich gegen jede Autorität dieser ganzen Namehnreihe macht der Umstand, dafs sich darunter weder an der chronologisch entsprechenden Stelle (8.— 7. Jahrh.) noch überhaupt irgendwo gleiche oder auch nur ähnliche Namen finden, wie Argisti, Ursu, Iranzu, Aza, Ulusuna, welche für Herrscher des südlichen und östlichen Armeniens, am See von Van und am Araxes aus den Inschriften des assyrischen Königs Sargon zu Nineve und Van entziffert worden sind. (Oppert et Menant, les fastes de Sargon, Paris 1863, P. 36, 39, 42, 44, 50, 72, 77.) 1) Wegen der Abweichung von der genealogischen Folge der Ge- nesis durch Einschiebung des Namens Tiras und zur Rechtfertigung der Transscription Gamer statt der masorethischen Gomer vgl. Monatsber. 1859, S. 202—205. | 2) In der Transscription der armenischen Namen bezeichne ich die sogenannten Aspiraten durch p‘, X, f, die zusammengesetzten Sibilanten &, &, g nach St. Martins Vorgang, da sich nicht wohl einfache Zeichen dafür substituiren lassen, durch dz, ds, ts und die entsprechenden Pala- talen %, 9, 5 analog durch ds, ds, t8, 2 durch $, u durch X, x, g als Gutturallaut durch {, das aspirirte n. durch »”. vom 11. März 1869. 291 Torgom | Haik | : Armenak Xor Manavaz m — ———— | 'Kadmos Armajis Baz GER TORTEN E73 Amasiaj Sar : Arast 'G@elam Parok Tsolak j —eeeT Harmaj Sisak ———— Aram Garnik | i Araj Vu nn Anusavan Kardos Die drei ersten Namen personificiren offenbar die dem Auf- zeichner bekannten drei Benennungen des Volkes, die einheimi- sche Hai und die bei den südlichen Nachbarn, Syrern und Medopersern gebräuchlichen. Aber schon der erste selbst er- scheint, so alterthümlich sein Ursprung ist, in dieser Combi- nation als eine spätere, der semitischen Gelehrsamkeit des Mar Abas zu verdankende Hinzufügung, also auf gleicher Linie mit seinen Vorfahren Gamer und Japhet stehend. Die armenische Litteratur zeigt den Namen Torgom und die davon gebildeten Ableitungen erst bei späteren Autoren als gelehrten Redeschmuck benutzt, nie in allgemeinen Gebrauch zur Bezeichnung des eig- nen Volkes übergegangen, die Wortform selbst wie ihr Vorbild, das Ocopyanz der LXX. hatP. deLagarde') als dem ältern ma=ıın nicht streng organisch entsprechend und wohl erst der seleuki- dischen Periode angehörig erwiesen, aber seine neue Deutung des Namens selbst auf ein von Armenien weit abliegendes Ge- biet im westlichen Kleinasien ‘scheint mir weder sprachlich (TeıSgavie = Tograma) noch sachlich haltbar: in der Tafel der Genesis liefse sich Mysien noch neben andern kleinasiatischen Ge- bieten (Gamer und Askenaz) begreifen, wenn nur die anderen, namentlich die südlicheren, dem Standpunkt des Autors der !) Gesammelte Abhandlungen, 1866, S. 255, 222 Gesammtsitzung Tafel näher gelegenen Gebiete derselben Halbinsel und vor al- lem, wenn das noch näher liegende und mit den südlichen Euphratländern in uraltem Verkehr stehende Armenien selbst, das doch neben Madai und Arpaksad nicht fehlen kann, darin durch andere Namen vertreten wären. Besonders aber wider- sprechen ebenso der neuen Erklärung, wie sie zu der alten gut passen, die Erwähnungen Togarma’s bei Ezechiel: die Pferde und Maulthiere, die es nach 27.14 nach Tyrus ausführt, — Thiere, deren Zucht in Armenien altberühmt ist, während von einer solchen in Mysien kein altes Zeugnils redet, ein Export von da nach Tyrus aber vollends unwahrscheinlich ist, — nicht weniger die Bezeichnung der Lage mit Gamer (Kappa- dokien) zusammen durch die nördliche Himmelsgegend (38. 6 per n>2>), was allenfalls auf Kleinasien bezogen werden könnte, wenn ein Bewohner Kanaans sich so ausdrückte, ‚nicht so bei dem: in Mesopotamien unter Syrern schreibenden Prophe- ten, der offenbar auch in der eigenthümlich syrischen Compo- sition des Namens (mann ma in beiden Stellen) an den Sprach- gebrauch jenes Landes sich anschliefst. Diefs sowohl, wie die Erwägung, dafs Phönikier und Hebräer nur durch Vermittelung des zwischenliegenden Syriens Kunde von Armenien haben konnten, führt zu der Annahme, dafs Togarma oder vielleicht schon eine dem Oopyayı der LXX. oder dem Ouyoarıung des Josephus ähnlichere Form die gewöhnliche Benennung Armeniens oder wenigstens des südwestlichen am Tauros gelegenen Ar- meniens bei den Syrern war. Denn wenn Moses als Benen- nung. seines Volkes bei Persern und Syrern die Form Ar- min!) angiebt, so folgt er nur dem Sprachgebrauch seiner Zeit, wo längst griechische Wörter und Namen in Syrien eingebür- gert waren: vorgefunden haben die Griechen diesen Sprachge- brauch in Syrien sicher nicht, denn dafs er bereits der Zeit der persischen Herrschaft angehören sollte, wird durch die Bei- ‚behaltung eines ganz andern Namens für Armenien im Assyri- 1) Diese Form oder Armun folgt aus der im Text I, 12 Ende allein vorkommenden Pluralform Armnik, das i der zweiten Silbe wird aber durch die altpersische Form Armina in den Dareios-Inschriften gesichert. vom 11. März 1869. 223 schen (in den babylonischen Texten der Dareios-Inschriften) höchst unwahrscheinlich. Den Namen ’Agnuevi«, welcher schon vor Herodot aus Hekatäos angeführt wird, können die Griechen mithin nur auf dem anderen nördlichen Seewege, durch den Pontos, von den seit dem Falle Assyriens bis zum Halys herr- schenden Medern überkommen haben, deren Sprache das einzige denkbare Mittelglied zwischen Griechen und Persern, soweit sie derselben Benennungen sich bedienen, bildet; es wird hierdurch von vorn herein wahrscheinlich, dafs jener Volks- name auf der medischen, d. h. südöstlichen Grenze Armeniens vielleicht in der überaus häufigen Weise der Übertragung eines einzelnen Landschaft- oder Stamm-Namens im Munde der Nachbarn auf das ganze hinterliegende Land und Volk ent- standen sei. Gerade an dieser Stelle aber localisirt ihn auch die einheimische Tradition bei Mar Abas, indem sie dem Stamm- vater der ganzen Nation Haik, als ältesten Sohn Armenak giebt und diesen im Gegensatze zu Haik’s Niederlassung im westlichen Landestheile, als ersten König der Araxeslandschaft Airarat, welche sich bis zur Nordgrenze Mediens ausdehnt, be- zeichnet.) Denn der Name Armenak ist so offenbar eine f) Mos. Chor. I. 10: Haik zieht mit seinem Sohne Armenak und zahlreichem Gefolge aus Babylon nördlich nach der Ebene Airarat, dann weiter nach Westen nach Hark, wo er Haikasen gründet (vgl. das Kärtchen). — cp. 12: daselbst hinterläfst er als Nachfolger jüngere Söhne, während Armenak nach Osten zurückgeht in die grofse Ebene am Fufse des Aragadz, wo sein Sohn Armajis die Stadt Armavir erbaut. — Dafs schon vor der persischen Herrschaft, unter der Herodot Medien bis zum Araxes reichen läfst (wiewohl in diesem nordwest- lichen Theile, dem späteren Atropatenischen Medien, auch noch manche unarische Stämme wohnten) wirkliche Meder Wohnsitze selbst nörd- lich über den Araxes hinaus, bis ins Herz der araratischen Landschaft innehatten, erkennt die armenische Tradition bei Moses I. 30 selbst an, für eine Reihe namentlich angeführter, gröfstentheils verscholle- ner Orte am Araxes (von denen jedoch Naxdzavan und Dzula (Däulfa) noch jetzt ihre alten Namen bewahren), deren Gründung sie ihrem gros- sen Nationalhelden Tigran zuschreibt, welcher als Sieger über den medi-. schen König Aödahak (Astyages) dessen Familie und andere medische Gefangene hier angesiedelt habe: eine in orientalischer Geschichtschrei- [1869.] 16 224 Gesammtsitzung Weiterbildung aus dem Volksnamen Armina durch ein allen arischen Sprachen angehöriges Suffix'), dafs er als individua- lisirter Vertreter desselben füglich nur in einer älteren, als der uns zufällig überlieferten Form der Tradition seine Stelle erhalten haben kann, während Mar Abas und der ihm nach- sprechendeMoses, diese klare Beziehung übersehend, zwei ferner- liegende an deren Stelle setzen: von Armenak wird, in Ermange- lung jeder anderen lautlichen Analogie, sehr gezwungen der Name des Gebirges Aragadz abgeleitet und dafür der armenische Volks- und Landesname auch nicht etwa mit Armajis und Ar- mavir, welche lautlich noch näher ständen, sondern erst mit dem siebenten Könige, namens Aram in Verbindung gebracht. Diesem werden dann (cp. 12—14) weite Heereszüge nach dem Süden und Westen, namentlich die Unterwerfung Syriens’) und Kappadokiens und die Gründung der Hauptstadt Mazaka in letzterem Lande zugeschrieben, — offenbar nur um damit die Angabe der Entstehung eines aus dem Königsnamen gebildeten Volksnamens bei den Fremden zu motiviren. Sicher nicht zufällig werden hier als Eroberungen König Arams gerade das Land, welches ursprünglich und in einheimischem Sprachge- brauche den Namen Ardm trug und ein anderes genannt in welchem wenigstens spätere aramäische Colonisation durch die bung nicht eben befremdende Umkehrung des wahrscheinlicheren Sach- verhalts medischer Ansiedelung in Folge der Eroberung Armeniens und des ganzen Nordens des früheren assyrischen Reiches durch Kyaxares. 1) Welches aber in solchen Namen — denn auch Haik ist analog ge- bildet — wohl nicht, wie Dulaurier (Revue de I Orient 1860, p..105) meint, Deminutivbedeutung zu haben braucht, so wenig wie die römische En- dung in Romulus, Rutulus, Siculus u. a. 2) ghınıludp.p wunpbumwbf Anf. des 14. cp. Die Armenier haben nur die eine Form Asorik, Asorestan für die beiden griechischen . Zupta und ’Aroupia; dafs aber hier nicht, wie alle Übersetzer es ver- stehen, das von den Griechen speciell sogenannte Assyrien am Tigris gemeint ist, beweist neben der Anerkennung der dauernden Herrschaft der -Grofskönige von Nineve in Moses Erzählung, die ausdrückliche Er- ‚wähnung der Besiegung des Bar$am, von dessen Sitz am westlichen Euphrat unten die Rede sein wird. vom 11. März 1869. 225 griechischen Angaben über die Leukosyrer, wie durch den Ge- brauch aramäischer Sprache in den Satrapenmünzen der Perser- zeit bezeugt ist. So viel auch vom Standpunkte heutiger Phi- lologie gegen die Ableitung des armeniscehen Namens vom aramäischen (wie sie auch Strabon I, 2, 23, p. 42 C. annimmt) einzuwenden ist, so kann man eine solche Etymologie einem 'Syrer des 1. Jahrh. wie Mar Abas oder vielmehr, da dieser nach Moses (I, 14 Ende) die Sage von Aram’s Kriegszügen alten Liedern entlehnt haben soll, einer noch älteren semitischen Quelle zutrauen: national-armenisch kann sie in keinem Falle gewesen sein. Einer ähnlichen Quelle mufs auch der offenbar semitische, iin Armenischen durchaus bedeutungslose Name Kadmos ange- hören, an welchen Moses ausnahmsweise keine etymologische Deutung anknüpft. In einer wörtlich aus Mar Abas angeführ- ten Erzählung (I, 10) ist Kadmos der Sohn Armenaks als lHerscher von Airarat, welches ihm Haik überläfst, indem er mit Armenak weiter nach Westen zieht; sodann (cp. 11) erfolgt der Angriff des babylonischen Heeres gegen Airarat nur auf Kadmos, dem Haik zu Hülfe zieht, ferner nach dem Siege der Armenier (cp. 12) vertheilt Haik die Beute zwischen sich und Kadmos, ohne dafs von Armenak die Rede ist, in einer vierten Stelle endlich, wo Kadmos erwähnt wird (II, 8 Anfang) heifst sein Stamm mit dem des Sisak geradezu „herschend in den östlichen Gegenden an den Grenzen der haikanischen Sprache“ (yupkıky [19 Inydlubk gbgkpp Susyluhulı froufg) — er erscheint mithin als Repräsentant des ganzen Ostens des Landes, ohne Zweifel nur weil sein semitischer Name wie in a=p und &4p ">= keine ethnische, sondern nur die geo- graphische Bedeutung Osten zulälst. Derselbe Sinn scheint wieder in der Angabe cp. 14 zu liegen, dafs das Geschlecht des Kadmos in Assyrien hersche: kaum kann hier der alte Erzähler denselben Heros meinen, dem er früher Airarat als Erbtheil zugewiesen hat, vielmehr bezeichnet er damit Assyrien als das von seiner Heimath (Syrien und Mesopotamien) östlich gelegene Land. Dafs jene poötischen Stücke des Mar Abas zu den jüngeren Bestandtheilen seines Werkes gehören, zeigt übrigens die erst durch griechische Vermittelung überkommene 16° 226 Gesammtsitzung Form des Namens Kadmos, so dafs für die angebliche alt- assyrische Quelle schwerlich etwas anderes als die einfache Namenreihe übrig bleiben wird. Diese nun verzweigt sich von Armajis, dem Sohne Ar menaks, auf Amasiaj den etwas gezwungenen Eponymen des Berges Masis, und Sa r, den Archegeten einer Nebenlinie, als deren Erbtheil „die fruchtbare reich bewässerte Ebene an der Nordseite des Gebirges Aragadz, das Länd von Sirak“ genannt wird (cp. 12 Mitte). Dieser Name hat sich an der- selben Stelle in der Form Soregel bis heute erhalten und wird von Ptolemaeos als Zıoazyvy an die gleiche Stelle gesetzt, er findet sich aber auch an verschiedenen Stellen des Orients in alter und neuer Zeit bezeugt, welche es zweifelhaft lassen, ob man für ihn, ohne seine Bedeutung nachweisen zu können, arischen oder anarischen (turanischen, skythischen) Ursprung beanspruchen dürfe.') Unter den’ Enkeln des Armajis, ist Arast merkwürdig, weil von ihm der Name des Hauptstromes Ost-Armeniens ab- geleitet wird, den die Armenier selbst Erasy, die Georgier (Iberer) Raysi, die Griechen "Ag«&ys schreiben. Abgesehen von der Trübung des vokalischen Anlauts, dessen «a sowohl in dem Namen des Eponymos als in der griechischen Schreib- 1) Beide Annahmen lassen zu Zıpaxnm in Hyrkanien (Ptol.) Fırwa in Parthien (Isidor Char., jetzt Seraxs), Siricae in Kappadokien (Itin. Ant.), ja selbst das Volk der Zipaxeg oder Zipaxot (Zıpayoı der tanaiti- schen Inschrift C. I. Gr. I. 2132e, Zıpaxnvot bei Ptol.) am Ostufer der Maeotis, in einem Gebiete wo arische und anarische Stämme von Alters- her durcheinander wohnten, und selbst letztere leicht mit arischen Namen bezeichnet werden konnten. Der nur aus den römischen Itinerarien be- kannte Ortsname Siracellae in Thrakien, wofern er nur demselben Wort- stamme angehört, würde allerdings für arischen Ursprung entscheiden. Aber selbst eine turanische Niederlassung, wenn sie von dem grofsen Skythenzuge des 7. Jahrh. zurückgeblieben wäre, könnte leicht lange vor ‘ der Zeit der Aufzeichnung jener Bruchstücke altarmenischer Tradition ‚n überwiegend arischer Bevölkerung verschwunden sein, unter blofser Zu- rücklassung eines Namens, der dann, wenn er nur geographisch dem Um- fange des ältesten Armeniens angehörte, unbedenklich von Mar Abas oder schon von einem früheren Autor jenen nationalen Genealogien eingefügt werden mochte. vom 11. März 1869. 227 art bewahrt ist,') wird die armenische Form des Flufsnamens für ursprünglicher gelten müssen, als die wohl nur euphonische Umstellung der Gutturale vor die Sibilans im Georgischen und Griechischen.”) Alle drei aber stimmen wenigstens überein im festhalten des Gutturallautes,?) statt dessen der Name des Heros auffallender Weise dentalen Auslaut zeigt. Will man nicht in dieser, leider der einzigen Stelle, wo er genannt wird (Mos TI, 12), einen Schreibfehler annehmen,*‘) so verlangt jene Differenz eine Erklärung, die sie wohl nur in der Annahme einer Modification 1) Dasselbe Herabsinken eines offenen «a im Anlaute zu e zeigen die älteren griechischen Transsceriptionen ’AxıAtoyvy, "Apvavdyg (Herod.IV, 166, und noch im Pahlavi Aruvandu, Oppert Journ. Asiat. XVIII, 564) verglichen mit der im 5. Jahrhund. auftretenden armenischen Schreibart Erovand, Ekeleats, eine Aussprache die Procop (Pers. I, 17) und die Coneilien-Unterschriften consequent durch ’ExeAsonvy ausdrücken. 2) Die griechische Form kann leicht, wie in vielen ähnlichen Fällen, bedingt sein durch die Bekanntschaft der Berichterstatter (schon Hekatäos und Herodot) mit fast gleichklingenden Namen ihrer Heimath, wie "Aro£a in Lykien, "Arukos Vorgebirg der Peloponnesos, "Apa&oı Volk in Illyrien, ja ’Araeng selbst als Flufsname, angeblich des thessalischen Peneios (woran Strabon XI, p. 531 verwegene Hypothesen über thessa- lische Abstammung der Armenier knüpft), deswegen auch das Vorkom- men desselben Flufsnamens in Persis (Strab. Curt.) und Mesopotamien (Xenoph. Anab. aber hier gleichbedeutend mit dem bekannten semitischen Namen Chabor) keinen Schlufs auf die Sprache gestattet, welcher der Name ursprünglich angehörte; auch ist eine befriedigende Erklärung des- $elben aus arischer Etymologie meines Wissens noch nirgend gegeben wor- den; der von Spiegel (Ausland, 1864, S. 367) zur Vergleichung ange- führte, aus dem Avesta bekannte Flufsname Rarha scheint mir doch lautlich zu weit ab zu führen. 3) Der nur in der erweichten, zuerst durch die arabischen Geographen des Mittelalters bezeugten, bei Persern, Türken, Armeniern jetzt gewöhn- lichen Aussprache Aras ganz geschwunden ist. *) Die Ausgaben, auch die neue der Mechitaristen (deren kritischer Apparat allerdings noch viel zu wünschen läfst) bemerken keine Variante; die Annahme einer Verwechsclung der Zeichen für x und £ aber ist selbst in der jüngeren Minuskelschrift (du in) nicht unbedenklich, in der Majuskel der älteren Hss. (Ju Ss) kaum denkbar. 228 Gesammtsitzung des einheimischen Namens durch fremde Aussprache oder die Anlehnung an einen ähnlich klingenden, aber ursprünglich ver- schiedenen Namen findet. Und hier glaube ich in der That die einzige sprachliche Spur aufgefunden zu haben, welche auf die wirkliche Benutzung einer altsemitischen Quelle durch Mar Abas hinweist: ich kann es nicht blofsen Zufall zuschreiben, dals Arast fast unverändert derselbe Name ist, mit welchem in den assyrisch-babylonischen Texten der Dareios-Inschriften das Armina des persischen Textes wiedergegeben wird: Urastu. In den dem 8.—7. Jahrhunderte angehörigen Inschriften von Nineve und Umgegend, also im nordassyrischen Dialekte, lautet derselbe Name bekanntlich mit geringer lautlicher Abweichung ‘Urartu; ın beiden Formen ist, nach übereinstimmender Auto- rität französischer und englischer Assyriologen, der Anfangs- vokal vollkommen sicher gelesen, mufs also altsemitischer Aus- sprache angehören; ') wie ihn in derselben alten Zeit, als sie ihn zuerst kennen lernten, die Hebräer aussprachen, wissen wir nicht, aber die masoretische Vocalisation mit & wird wenigstens für mehrere Jahrhunderte früher schon durch die griechische Übersetzung bestätigt.?) Noch früherer Zeit gehörte Herodot’s Transscription ’AArgodıoı an?) welche er aber, wenn auch zu !) Dafs der Anfangsvokal von Arast erst der Lesung des Moses angehört und in seiner syrischen Quelle nicht ausgedrückt war, braucht kaum erinnert zu werden, vielleicht aber ist es nicht überflüssig zu be merken, dafs das Armenische überhaupt den helleren Laut an der Stelle ‘dunklerer Vocale entlehnter Wörter liebt, wie in dem wohl erst unter den Arsakiden eingeführten Aramazd, aus Auramazda, welches damals, nach dem griechischen ’Rpoudöng zu schliefsen, sicher schon mit ö ge- sprochen wurde, in Zradaöät gegenüber Zarathustra u. a. 2) Da die bekannte Stelle der Genesis (wo die LXX "Apapar schreiben) chronologisch unbestimmbar ist, zuerst sicher in der Erzählung von der Flucht der Söhne des assyrischen Königs Sanxerib nach dem Lande Ararat bei Jes. 37, 38 (LXX. eig ’Appeviav) und II. Reg. 19, 37 (LXX. eis yav "Apa- par) dann als Feind der Könige von Babel Jerem. 51, 27 (LXX. Baei- Asıa "Apapi9). 3) Dafs die Alarodier, ein Namen, welchen alle Interpreten He- rodots und Bearbeiter der herodotischen Geographie bis jetzt unerklärt gelassen haben, im östlichen Armenien zu suchen sind, ergiebt sich aus y i vom 11. Marz 1869. 229 Babylon, doch trotz des uniranischen und blofs euphonischen ? eher aus persischem, als aus semitisehem Munde überkommen haben mag. Den Armeniern selbst endlich ist vom Beginn ihrer Litteratur dieser Name in der alterthümlichen volleren Orthographie Airarat (der Diphthong nach heutiger Aussprache = a) bekannt, welche nach aller Analogie die älteste und ursprünglichste Aussprache wiedergeben mufs, so dafs die übrigen als durch Verschiebung des Accents bewirkte Verkür- zungen erscheinen. An der sachlichen Identität ist ebenso- wenig ein Zweifel: der einheimische Gebrauch hat die ursprüng- lichste Bedeutung festgehalten, wie sie die mythische Erklärung bei Moses I, 15 = Araji-dast (Ebene des Araj) andeutet') als Bezeichnung der grofsen vom Araxes in seinem Mittellaufe durchströmten, bergumschlossenen hohen Ebene,”) des "AgaErvov zsöicvn der griechischen Autoren, deren Fruchtbarkeit und Men- schenfülle diese und die einheimischen wetteifernd erheben; es ist in der That, wie ein Blick auf die Karte lehrt, die einzige gröfsere Ebene des ganzen im Verlaufe der alten Geschichte von Armeniern bewohnten Landes, ?) die einzige, in welcher ihrer Stellung in der XVIII. Satrapie des persischen Reiches neben den Saspeiren, den Bewohnern des Grenzlandes von Kolchis, d. i. des nord- armenischen Gebirgslandes Sper, und den Matienern, deren Landschaft vom Araxes längs des Tigris bis an die Grenze Kissiens reichte (wie ich Monatsb. 1857, S. 138 nachgewiesen habe): zwischen beiden bilden sie so das einzige mögliche Verbindungsglied und dafs neben ihnen "Apuevie die XIII. Satrapie bildet (während in den Inschriften des Dareios der Name Armina geographisch das Ganze begreift) ist kein Widerspruch, da die Reichseintheilung, wie sie Herodot überliefert, offenbar die schon mehrfach veränderte seiner Zeit, nicht die ursprüngliche des Dareios ist. !) Sachlich ganz richtig, aber nicht sprachlich, da der durch Ebene erklärte zweite Theil des Namens im Armenischen keine Bedeutung hat, während art, welches „Feld, Ackerfeld“ bedeutet, doch nur einen unvollkommenen Anklang bietet. ?2) Die ihr an Ausdehnung nahekommende Thalebene des oberen -Tigris, wiewohl lange Zeit politisch zu Armenien gehörig, blieb doch, wie üınten gezeigt werden soll, eine Eroberung auf fremdem Boden. 3) S. die von Indäidzi, Alt-Armenien, S. 376 ff. gesammelten Stel- len der älteren Historiker, welche‘ von einem königlichen Gau Airarat 230 Gesammtsitzung eine das ganze Volksgebiet zusammenfassende und noch da- rüber hinaus ihre Eroberungen tragende königliche Macht sich bilden konnte. Daher denn schon bei Jesaias die Bezeichnung als Land (y8) bei Jerem. als Reich (n>>==) während daneben noch Minni (Miwv«s des Nikol. Dam.) und fast gleichzeitig bei Ezechiel Togarma als andere Theile Armeniens, offenbar im Süden und Westen, erwähnt werden; ebenso das Urartu der assyrischen Inschriften aus Sargons Zeit für ein Land und Reich verschieden von dem in Südarmenien näher der assy- rischen Grenze gelegenen Reiche von Van;') dagegen unter den Persern Urastu schon ganz Armenien umfassend. Wenn auch diese letzte Form zufällig nur aus Monumenten bekannt ist, deren Aufzeichnung mehrere Jahrhunderte später fällt, als die der assyrischen, worin Urartu erscheint, so würde sie doch nach allgemeiner sprachlicher Analogie des Lautwechsels (armenisch gavar‘, das Wort mit welchem kleinere Landesabtheilungen, otearnylaı oder praefecturae bei Plinius, deren es an 200 gab, bezeichnet werden) gleichbedeutend der Araxes-Ebene reden, verschieden von der nahang Airarat der Geographie des Moses, d.i. einer und zwar der gröfsten der 15 Provinzen, in welche erst gegen Ende der Arsakiden-Her- schaft das Reich eingetheilt worden zu sein scheint; in diesem Sinne ge- hören dazu auch Sirak und Basean am oberen Araxes und eine Menge kleiner umliegender Gebirgsgaue. Die aus Misverständnis der allbekann- ten Genesis-Stelle entstandene Übertragung des Namens auf die höchste Gebirgsgruppe des Landes, die von den Armeniern zu jeder Zeit nur mit dem Namen Masis bezeichnet worden ist und von den griechischen Autoren andere, vielleicht persische Benennungen, erhält (Bapıs = vE- rezat, hoch?), ist bekanntlich den Einheimischen stets ebenso fremd ge- blieben, wie den älteren Commentatoren, da noch St. Hieronymus ganz richtig Ararat eine „regio campestris per quam Araxes Auit ineredibilis ubertatis“ nennt, ist aber von europäischen Philologen, wenn auch fast un- ausrottbar verbreitet, doch nicht zuerst erfunden, da schon die LXX. . den status constr. vn »"m ungeschickt durch Ta opn ra ’Apapadr über- setzen und ein pseudosibyllinisches Orakel, wenn auch mit localer Über- tragung nach Phrygien, von einem „Alßarov ravuunxeg opog "Apapar redet. Aber dafs auch P. de Lagarde (ges. Abh. S. 170) vom Berge Ararat spricht, mufs billig befremden. 1) Oppert et Menant, fastes de Sargon, S. 36 ff. vom 11. März 1869. 231 von s und r als die ältere gelten müssen, sie hat daher völlig den Anschein, aus dem Flufsnamen (Arast als euphonische . Veränderung des einheimischen Arasy, in semitischem Munde angenommen) erst ebenso gebildet zu sein, wie die Griechen dasselbe Land nach dem Flufse als ’ApaEyvöv mediov bezeichnen. Der Übergang des s in r im Dialekte Nordassyriens, welches mit Armenien natürlich in engerem Verkehr stand, als das ent- fernte Babylon, erklärt sich dann als Assimilation an den aus ganz anderer Wurzel entstandenen, nur zufällig ähnlich klingen- den Landesnamen Airarat, daher denn für diesen der syrische Autor einen anderen Eponymen als für den Flufs in seinen Stammbaum einfügen mufste. Von den weiter abwärts in der Genealogie folgenden Na- men haben nur zwei eine historische Bedeutung als Vertreter des östlich an Airarat grenzenden Gebirgslandes: Amasiaj’s Sohn Gelam und dessen jüngerer Sohn Sisak'). Ihre Wohn- sitze bezeichnet Moses a. a. O. bestimmt genug: Gelam zieht gegen Nordost jenseit der Berge um die Ufer des grofsen Sees, der mit seinem Gestadeland fortan den Namen Gelak'uni führt,” ) Sisak erhält das Land östlich (genauer würde es heifsen: süd- ‚ östlich) vom See bis zum Durchbruch des Erasy, durch Eng- schluchten des Gebirges zur Ebene des Küstenlandes. Befrem- !) Der ältere heifst Harmaj, ein Name, dessen Bedeutung früh verschollen sein muls, da Moses keine Etymologie daran anknüpft (s. Langlois, Collection des hist. de l!’Arm. I, P. 16 Note 6, sieht darin dieselbe Wurzel des Volksnamens, wie in Armenak, Armajis, Aram, was doch des gutturalen Anlauts A wegen bedenklich scheint). Nur ganz be- schränkte Örtlichkeiten bezeichnen Harmaj’s Sohn Gar'nik (Gar’ni, Schatz- feste der arsakidischen Könige) und Amasiaj’s jüngere Söhne Pfar’'ox und 7’solak, deren völlig durchsichtige Namendeutung (glänzend, leuch- tend) schon auf jüngere Entstehung hinweist, so dafs sie ihre Stellung im Stammbaum wohl nur der Lage der angeblich nach ihnen benannten Ortschaften Pfaraxot und Tsolakert am Fufse des Masis (des nach Amasiaj benannten Berges) verdanken. ?) Der zufällige Anklang dieses N amens (mit Ausschlufs der ersten Sylbe) scheint die griechischen Eroberer zur Übertragung des aus dem makedonisch-illyrischen Grenzlande bekannten Seenamens Avxvinıg auf diesen See (so bei Ptolemäos) veranlafst zu haben. 252 Gesammtsitzung dend ist nur der Zusatz, dafs nach Sisak das Land Siunik benannt sei, welches die Perser genauer Sisakan nennen, und dals in diesem Lande noch zu Moses Zeit die von Valar- sak, dem parthischen Eroberer, als Fürsten eingesetzten Nach- kommen Sisak’s herschen. Specieller noch wird dann in Va- (arsak’s Geschichte (I, 8) Aran, ein Nachkomme Sisak’s als Fürst des „nordöstlichen Theiles, an den Grenzen der hai- kanischen Sprache sowohl des Berglandes am Erasy, als der von den Aluank' (Albaniern) bewohnten Ebenen am Flusse Kur“ genannt und. unter den kleineren Landschaften, deren Fürsten von ihm ihre Abstammung ableiteten, neben einigen nicht genauer bekannten, namentlich Uti oder Oti (Dry) und Gardman, deren Lage am Kyros auch aus anderen Quellen bekannt ist. Es ist nicht klar, ob Moses jene Angaben schon in seiner syrischen Quelle vorfand, oder, wie von den letzten ‘wahrscheinlich, aus anderen Nachrichten und aus der leben- digen Kenntnis der Zustände seiner eigenen Zeit hinzufügte, und ob unter dem persischen Namen sSisakan ein schon seit der Perserherschaft der alten Zeit, vielleicht gar den Medern vorhan- dener oder vielmehr ein erst unter den Parthern und Neupersern eingeführter Sprachgebrauch zu verstehen sei: in letzterem Falle müfste man allerdings mit P. de Lagarde') die ganze von Moses aufgezeichnete Tradition für „jung und werthlos* er- klären. Aber die schon von Saint Martin versuchte, ?) von Langlois’) wiederholte, von Lagarde neuerdings durch scharf- sinnige Combinationen vertheidigte Vergleichung dieses Sisakan mit Strabon’s Saz«ryvy mus ich aus geographischen und sprach- lichen Gründen zurückweisen. Nicht allein durch die hand- schriftlichen Lesarten an vier Stellen und durch die wenig ab- weichenden Formen bei Plinius*) und Ptolemäos (in Nazerzrır, 1) Gesammelte Abhandlungen, S. 155. 2) Memoires sur I’Armenie, vol. I, p. 143. 209. 3) Collection des Historiens de l!’Armenie, vol. I, 1867, p. 21, not. 2, p- 48. 4) Sacassani soll Plin. nach Lagarde aus einem bereits (kaum -ein paar Decennien nach der Abfassung) willkürlich corrigirten Exem- plar des Strabon geschöpft haben, während er doch diesen Griechen un- vom 11. März 1869. 238 verschrieben) wird jener Name gegen die vorgeschlagene Emen- dation in Sısazavy geschützt, sondern, was von jenen Kritikern übersehen worden ist, auch durch die genau entsprechende armenische Form Sakasen'!) in der dem Moses zugeschrie- benen Geographie: so heifst daselbst ein Distrikt der längs der Kur gegen die albanische Grenze gelegenen armenischen Provinz Uti oder Öti, deren Name von dem gleichnamigen kleineren Distrikte (der ’Qryry am Kyros bei Ptol. u. Steph. Byz., Odızie bei Strab. XI, 14. 14 p. 531) eine weitere Aus- (dehnung erhalten hatte. In völliger Übereinstimmung damit giebt auch Strabon (Il. c. $. 4 p. 525) Sakasene als neben Al- banien und dem Kyros, bis gegen Gogarene hin gelegen an; die aufserordentliche Fruchtbarkeit, welche er an andern Stellen rühmt (II, 1, 4 p. 73, XI, 7, 2 p. 503) findet sich auch heute noch in dem schmalen ebenen Striche am Flufse des Gebirges, während die daneben längs des ganzen Laufes des Kur sich ausbreitende Steppenebene für die Niederlassung eines No- madenvolkes, wie die Saken, vorzüglich geeignet war;°) daher ter den zahlreichen von ihm benutzten Werken nirgend anführt, also offenbar gar nicht gekannt hat. 1) Wörtlich „Saken-Anbau“, von &inel „bauen“, so dafs nur das letzte n, nicht wie in zahlreichen andern Landschaftnamen des Orients m griechische Endung ist. St. Martin hatte im Pariser Ms. dieses Werkchens die falsche Lesart Sikasen gefunden und edirt (Mem. sur Arm. I. 326, II. 366), die richtige giebt aber schon seit 1822 Indzi- dzis geographisches Werk (S. 340) und seit 1843 die Ausgabe der Mechitaristen; auch in P. Leon Alisan’s neuerer Beschreibung Grofs- armeniens (Venedig 1855) steht so richtig S. 85 $. 167, so dafs die alte Lesart im Verzeichnifs der Distrikte S. 24, no. 151 wohl nur Druck- fehler ist. 7 2) St. Martin, Mem. I. 142. °) Die Epoche dieser Niederlassung setzt Lagarde seiner Hypothese zu Liebe gleichzeitig der parthischen Eroberung Armeniens, nach der strabonischen Stelle XI, 8. 4 (p. 511) über die Eroberungen der Saken, worin allerdings auch Baktrien erwähnt wird, aber sicher keine chrono- logische Bestimmung gegeben werden soll, da die noch der vorpersischen Zeit angehörigen Kimmerier und Treren Kleinasiens gleichfalls darin auf- 234 Gesammtsitzung auch heutiges Tages wieder dieselbe Ebene ihrer ganzen Aus- dehnung nach von tatarischen neu eingedrungenen Stämmen eingenommen ist, während im Berglande die armenische Be- völkerung sich erhalten hat. Gerade diesem Berglande gehört dagegen Sisakan, oder das damit ziemlich gleich bedeutende!) Siunik an, dessen Name nur im weiteren Sinne, weil die ar- menische Eroberung der östlichen Landschaften bis zum Kur von hier ausgegangen war, zuweilen auf dieselben mit ausge- dehnt wird, wie diefs auch indirekt in der angeführten Stelle des Moses über die Abstammung der dortigen Fürstenge- schlechter von Sisak geschieht. Das eigentliche ursprüngliche Sisakan ist nicht an der nordöstlichen, sondern an der süd- östlichen Grenze Armeniens gegen Medien hin, am Araxes zu suchen, wo auch ein Gau der späteren, zwischen Siunien und der Ebene der Kaspier gelegenen Provinz Artsay, in Moses Geographie unter dem Namen Sisakan erwähnt wird.) Da- treten; .auch ist es übel, dafs jene Hypothese nur durch die gewaltsame Änderung von Ilepowv in Zvpwv in der darauf folgenden Erzählung von dem Vordringen der Saken bis nach Kappadokien gerettet werden kann und dafs von einem so weiten westlichen Vordringen jener innerasiatischen Nomaden in einer historisch doch ziemlich bekannten Zeit keine andere Geschichtsquelle das mindeste weils. So scheint es denn räthlich, auch für die Ansiedelung in Armenien die Epoche der einzigen älteren be- kannten grofsen Skythenwanderung im 7. Jahrhundert v. Chr. als spä- testen Termin beizubehalten. : I 1) Nämlich Gelak’uni, der auch ebenere Striche enthaltende nörd- liche Gau am grofsen See, den Moses Geographie mit zu Siunien rechnet, darf man sich, da es einen eigenen Stammheros hat, von Sisakan aus- geschlossen denken; unterschiedslos brauchen beide Namen die armeni- schen Historiker des Mittelalters, Stephanos Orpelean und Johannes Ka- tholikos (s. die Stellen bei /ndäidz, A. A. p. 229— 231) für das bis ins 13. Jahrhundert bestehende nationale Fürstenthum, damals noch das ein- zige in Ostarmenien (die Apxovtes ns Zuvns bei Constant. Porphyr.), des- sen Bestehen selbst noch in der Periode türkischer Einwanderungen be- weist, wie schwer zugänglich dieses Land fremden Eroberern stets blieb. ?) Indädzi A. A. p. 309; demselben benachbart ein anderer Gau P'ar'nes, dessen Fürsten bei dem mittelalterlichen Historiker Asolik auch Fürsten von Sisakan genannt werden; dieser Name P’ar'nes scheint er { vom 11. März 1869. 235 raus folgt, dafs Sisakan jedenfalls auch eine einheimische Be- nennung war die nur, wie in so vielen ähnlichen Fällen, im Munde der Grenznachbarn, also hier der Meder und später der Perser, eine geographisch erweiterte Bedeutung erhielt, die offenbar erst im Mittelalter auch in den einheimischen Sprach- gebrauch überging: ein fremder, nicht armenischer Ursprung des Namens selbst ist daraus aber mit nichten zu folgern.') So zeigt sich das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des ächt armenischen, d. h. des von Medern und Persern zunächst mit dem Namen Armina bezeichneten, in der einheimischen Tradition durch Armenak von Haik abgeleiteten Stammes be- schränkt auf das mittlere Stromgebiet des Araxes oder die Ebene Airarat mit den sie unmittelbar in Ost, Nord und West umgebenden Berglandschaften.”) Daneben kennt die Sage weiter westlich eine zweite Gruppe der armenischen Urzeit angehö- riger Localnamen, welche sie unmittelbar auf Haik, nicht erst auf Armenak zurückführt, also chronologisch höher hinauf zu rücken scheint, obne doch in ihrer Fassung die Erinnerung an eine spätere Niederlassung auf fremdem Boden zu verleugnen. Denn ausdrücklich heifst bei Moses (I. 12) Armenak ältester Sohn Haik’s im Gegensatz zu den jüngeren Xor und Manavaz, in der strabonischen Lesart Pavvirıs (XI, 14. 5) zu stecken, womit eine armenische Landschaft neben Kaozıavy (in O.) und Basoporneda (Vaspu- rakan in W.) an der Grenze Medien’s bezeichnet wird; wenigstens fin- det sich unter den 180 Gaunamen bei Moses kein anderer ähnlich klin- gender, denn Haband, ein Doppelgau von Siun.ik und Artsax liegt doch lautlich noch weiter ab. 1) Lagarde’s Vermuthung, dafs die Sylbe si, von der Siunik‘ durch das im Armenischen gewöhnliche Suffix -un? gebildet sei, den eigent- lichen Landesnamen enthalte, sakän aber als persische Pluralform des Sakennamens zu erklären sei, setzt doch allzukühn die neupersische (eigent- lieh semitische) Art der Zusammensetzung voraus, in einer Zeit aus der uns eine ächtarische Composition mit demselben Volksnamen in dem Zaxacravn des Isidoros (Segistän, Seistän) in Ost-Erän bezeugt wird. 2) Die obere Araxes-Thalebene gehört offenbar nicht mehr dazu, denn ihr einheimischer Name Basean ist der Tradition fremd und Xeno- phon als Augenzeuge kennt die Phasianer als ein fremdsprachiges nicht zur armenischen Satrapie gehöriges Volk. 256 Gesammtsitzung denen Haik die erst von Airarat aus eroberten westlichen Ge- biete anweist'): von jenem stammt das dem Gau an der Nord- ostseite des Sees von Van gleichnamige Fürstengeschlecht der Xoryorunik‘, von diesem das der Manavazeank‘, dessen Sitz in oder neben dem Gaue Hark’ durch die Stadt Manavazakert (noch jetzt Melazgerd) bestimmt wird, von seinem Sohne Baz das der Beznunik am Nordwestufer des Sees. In Hark aber am östlichen Euphrat weils die Tradition überdiefs von einem direkten Denkmale des Urpatriarchen Haik in dem von ihm erbauten, auch sein angebliches Grabmal bewahrenden Orte Haikasen („Haik’s Bau“), welches man ohne allen Grund als Ausgangspunkt des ganzen haikanischen Stammes hat deuten wollen. Was in der That im Sinne der Überlieferung vorliegt, ist eine doppelte Anknüpfung localer Namen mittelst irriger Ety- mologie: der Name Hark‘, wörtlich „Väter,“ den Moses I, 10 als Wohnsitz der von den Urvätern T’orgom und Haik abstam- menden deutet, ist offenbar mit der Form Haik selbst, als ob dieselbe aus dem sing. hair, Vater, durch das Deminutivsuffix gebildet sei, in Zusammenhang gebracht;?) der Ortsname Hai- kasen, ebenso wie ein anderer analog gebildeter aus der öst- lichen Nachbarschaft, Haikaberd (Haik’s Burg) sollen nach einheimischer Ansicht den Namen des Archegeten bewahren, während sie in der That nur den damit identischen Namen des Volkes selbst enthalten’) und ebendadurch, wie zahllose 1) Es ist ganz gegen diesen Wortlaut des Autors und nur eigne Combination, wenn Dulaurier (Rev. de l’Or. l. e. p. 98) die Tradition von einem Zuge Haik’s (der von Babylon kommt) aus dem Tigristhale unmittelbar nach Har!: am Euphrat und von dort erst nach der Araxes- Ebene gelangen läfst, was allerdings natürlicher scheint. 2) Diese auch neuerdings wieder aufgebrachte etymologische Spie- lerei, sollte doch durch Fr. Müllers einzig richtige Erklärung (hair: hai — patr: patı, also hai —= Herr) definitiv beseitigt sein. 3) Denn dafs haik in der That nur eine gleichbedeutende Neben- form des einfachen haj ist, ergiebt sich aus den abgeleiteten und zusam- mengesetzten Wörtern, harka-kan, haika-zean „armenisch“, haika-zarm, haik-azn, haik-azean „armenischen Stammes“, neben haja-zin, haja-tsi, haj-eren „armenisch“, hajastän „Armenien“ u. a. vom 11. März 1869. 23T ‚analog gebildete Ortsnamen anderer Sprachen, beweisen, dafs sie zur Zeit ihrer Entstehung, wenn nicht aufserhalb des arıne- nischen Volksgebietes, doch auf der Grenze desselben lagen. Am deutlichsten ist dieses von der „Armenierburg* Haika- berd, deren Umgebung geradezu Hajots-dsor. „der Armenjer Thal“, (so schon in mythischer Beziehung auf den Sieg des Haik über das Heer des babylonischen Belos, Mos. I, 11) oder zusammen gezogen Hajudsor') genannt wird; diese Örtlichkeit gehört dem Hochlande im Osten des Sees von Van an, der Landschaft, welche als Provinz des späteren armenischen Rei- ches und im Mittelalter als eigenes Fürstenthum Vaspurakan hiels; dafs dieser Name, wiewohl er unter den Einzelnamen der Gauen nicht erscheint, schon älteren Ursprungs ist, be- weist die offenbar durch gräcisirende Umdeutung daraus ent- stellte Form Baroscreö« bei Strabon.”) Diese Landschaft aber nennt der griechische Autor neben den östlich benachbarten am Araxes, Phaunitis und Kaspiane, ‘von denen schon oben die Rede gewesen ist, als eine Eroberung des Artaxias auf medischem Gebiete und übereinstimmend damit setzt Ktesias Xavwr, d. i. Van, die durch ihre assyrischen Monumente be- rühmte Hauptstadt des Reiches, welches uns die Inschriften Sargon’s im 8.—7. Jahrh. in dieser Grenzlandschaft am See als selbständig neben Urartu bestehend zeigen, nach Medien’). In der That also bezeichnet, wie ein Blick auf die Karte zeigt, die Lage der „Armenierburg* Haikaberd für die ältere Zeit schon die äufserste südliche Grenze des ächt arme- 1) Indzidzi A. A. p. 199. Alisan, Beschr. von Armenien (Vene- nedig 1858) p. 94. Nerses Sarkisean (des ersten europäischen Reisenden, der die Örtlichkeit verificirt hat) Reise nach Klein- und Grofs-Armenien, Venedig 1864, p. 250 u. Karte. 2) Was St. Martin entgangen, von Indzidzi aber (A. A. p. 136) schon richtig bemerkt worden ist. | 3) Vgl. was ich darüber Monatsb. 1859, S. 139 gesagt habe. Dals Herodot den grofsen Zab aus den Gebirgen Armeniens entspringen läfst, steht damit nicht in Widerspruch. 238 Gesammtsitzung nischen Gebietes oder selbst einen Aufsenposten in fremdem Volksgebiete, nämlich medischem oder karduchischem.!) Ebenso aber darf für dieselbe Zeit Haikasen am östlichen | Euphrat als westliche Grenzmark Armeniens angesehen wer- den. Denn die den Gau Hark‘ zunächst westlich oder strom- abwärts begrenzende Thallandschaft Tarön, bezeichnet Strabon in der mehrerwähnten Angabe der Eroberungen des Artaxias als ein syrisches Land’) und auf syrische Bewohner in | 1) Das aus Xen. Arnab. so wohlbekannte Volk der Karduchen selbst nennt Steph. Byz., darin vielleicht auch dem Ktesias folgend, geradezu ein medisches, und mit Recht, sofern die kurdische Sprache noch jetzt ein näheres Verhältnifs zum eranischen Hauptstamme bezeugt, als die ar- menische. Daher ist es auffallend, dafs in der armenischen Tradition (Mos. I. 15) zu Ende der ersten Periode von zehn Patriarchen, als Sohn des Königs Araj, ein Kardos erscheint, dessen Name ihn doch unzwei- felhaft als Archegeten dieses Volksstammes kennzeichnet: dafs er in die- ser Form einer griechischen Quelle entlehnt ist, beweist die Endung, während der helle Vocal der Stammsylbe auf eine ältere syrische deu- tet, da die Syrer Xardu, die Armenier Xordu sprechen, — daher bei Strabon und den späteren, deren Nachrichten über dieses Volk über Ar- menien her eingezogen sein müssen, regelmäfsig der dunklere Vokal, in den Formen Kopdovnvot, T’opdunvoi, T’opdvaloı und dem daraus abstrahirten Archegeten T'op&vg, während das ältere KapdoVxo: aus der auf syrischem Sprachgebiete zuerst vernommenen Singularform und der armenischen Pluralendung X’ zusammengesetzt scheint. Aber die freien Karduchen der älteren Berichte werden so bestimmt von den Armeniern unterschieden, selbst die Gordyäer erscheinen noch in römischer Kaiserzeit, wenn auch abhängig von Armenien, doch unter ihren eigenen Stammfürsten, dafs man überhaupt nicht begreift, was sie in der armenischen Urgeschichte zu thun haben. Sollte vielleicht die genealogische Anknüpfung an den Namen Araj ein Mifsverständnifs des syrischen Autors sein, der sie in einer älteren Quelle (wie bei Herodot die Meder) als einen Stamm der Arier bezeichnet gefunden haben konnte? 2) Die Erwähnung der Chalyben, Mosynöken, Kataonen als früherer Besitzer der westarmenischen Landschaften zeigt, dafs der Autor Volks- gebiete, nicht politische Grenzen meint; auch kann das syrische Reich der Seleukiden umsoweniger verstanden werden, als demselben ja ganz Armenien unmittelbar vor Artaxias Erhebung angehört hatte. Tapwvtrız vom 11. März 1869. 2339 älterer Zeit deutet ebenso die Sage, welche den Namen auf die Niederlassung eines Patriarchen Tarban, Sohnes des Sem zurückführt.') Den Namen dieses Noachiden glaubten die Ar- menier ebenso in dem des Hochgebirges zu finden, welches sich südlich der Thalebene von Tarön, das Euphratgebiet von den Tigriszuflüssen trennend, erhebt; es wird von Moses (I. 23) unter dem Namen Sim als südwestliche Grenze des ältesten Armeniens gegen Asorestan (Assyrien und Syrien) und als Wohnsitz assyrischer Geschlechter bezeichnet, die ihre Ab- stammung auf Sanasar, den nach Assyrien flüchtigen Sohn San- herib’s zurückführten.°) Dafs aber die ganze südliche Ab- dachung des Gebirges nach dem oberen Tigris zu und die von diesem durchströmte Thalebene altsyrisches Land war, würden schon die überlieferten Localnamen beweisen,?) wenn auch nicht ein ausdrückliches Zeugnils aus dem vierten Jahrhundert von den Raubzügen der Hunnen in das von Syrern bewohnte Land oder Tapavyirıg bleibt aber die einzig mögliche, einen bekannten Namen herstellende und darum mit Recht von den Herausgebern aufgenommene Änderung der verderbten Lesart Tapuwvirız, trotz Lagarde’s Widerspruch (ges. Abh. S. 188 Note 1), dessen Grund, dafs Tarön keine Grenzland- schaft Armeniens sei, durch das oben beigebrachte wohl einige Einschrän- kung erleidet und dessen gewaltsame Emendation Tlavfavirızg die Sache nicht bessert, da die Landschaft Gozan am Chabur im mittleren Meso- potamien zu keiner andern Zeit, als während der kurzen Vereinigung ganz Syriens mit Armenien unter Tigranes II. zu diesem Reiche gehört haben kann. 1) Mos. ],6. II, 74, angeblich nach Olympiodoros. Tarban schliefst sich lautlich eng genug an die ältere noch bei Prokop vorkommende Form Taraun, für deren Diphthong erst im 12. Jahrhundert die arme- . nische Schrift ö setzt. 2) Aus dem Namen Sanasar (im A.T. Sar-eger) soll nach Ansicht der Armenier der des Gaues Sasun am südlichen Abhange des Gebirges entstanden sein, der sich in dem von Hrn. v. Moltke besuchten Zasu bis _ jetzt erhalten hat; zwischen Sasun und Tarön liegt das Gebirge Sim auch nach Aristakes von Lastiverd und Thomas Ardzruni bei Ind AulA.ıp- 70. 3) z. B. OeAßaAavn bei Ptol., Thalbasaris, Nararra in der Tab. Peut. Maipherakta u. a. bei den syrischen Kirchenschriftstellern. [1869.] | 17 240 Gesammtsitzung von Arzun, Maipherakta, Amid und Hanazet (arm. Handzit‘) spräche.') Unter dem, unzweifelhaft von dem wichtigsten und centralen Gau Arzn ("Aggavyvy der byzantinischen Autoren) ab- geleiteten, nur dialektisch verschiedenen Namen Aldsn, plur. Aldsnik'‘, erscheint dieses ganze Tigris-Gebiet in der dem Moses zugeschriebenen Geographie als eine der 15 grofsen armenischen Provinzen, während dasselbe, worauf schon Indäidzi (A. A. 65 ff.) mit Recht aufmerksam macht, schon bei älteren Autoren — Faustus Byz., der die häufigen Empörungen der Aldsnik‘ gegen die armenische Herrschaft erzählt, und Elisaeus — geradezu neben Korduk‘, Albanien, Iberien als ein gewissermalsen selbst- ständiges, Armenien coordinirtes Land (asyarh) bezeichnet wird: ohne Zweifel wegen des nicht armenischen Charakters der Bevölkerung.?) | Vielleicht ist eine Spur solcher im Westen den Armeniern vorangegangener semitischer Bevölkerung, wie wir sie eben am östlichen Euphrat in Tarön nachgewiesen haben, auch am westlichen Arme dieses Stromes noch weiter gegen Norden zu verfolgen: wenn nicht in der Sprache, so wenigstens im Cultus. In dem schon dem eigentlichen „Hocharmenien“ (Bardsr-Haik in Mos. Geogr.) angehörigen Gebirgsgaue Daranali im Orte T’ordan wurde, wie Agathangelos in der Geschichte der Be- kehrung Armeniens durch den H. Gregor berichtet, der „weils- glänzende (spitakapar) Gott Barsamin?) verehrt; sein Bild war hier nach Moses (II. 14, wo der Name Barsam lautet) von König Tigran II. im 1. Jahrh. aufgestellt worden, 1) Dionys. Patr. ad a. 706 (375 p. Chr.) bei Assem. I, 249. 2) Dafs dieser Landestheil schon bei Herodot und Xenophon, wie ich früher nachgewiesen habe (Monatsb. 1857, S. 131 ff.), mit unter dem Namen "Apuevia begriffen wird, also wohl auch schon im Beginn der persischen, vielleicht schon unter der medischen Herschaft dazu ge- rechnet wurde, ist natürlich nur für die damalige administrative Begren- zung, nicht für die ethnographische beweisend. | 3) So die unzweifelhaft bessere, auch durch das Basaununs der grie- chischen Übersetzung gestützte Lesart, welche die Mechitaristen in ihrer Ausgabe von 1843 nachträglich S. 669 anführen, statt des S. 585 im Texte stehenden Barsimnia. vom 11. März 1869. 241 ‘der es aus Mesopotamien entführt hatte. In der Mythenge- schichte dagegen (I. 14) heifst derselbe Barsam ein ge- waltiger Riese, den König Aram in den Ebenen von Aso- restan (Assyrien oder Syrien) geschlagen, und den die Syrer unter die Götter versetzt haben. Den semitischen Charakter des Namens haben zu dieser Stelle schon die Whistons be- merkt; namentlich in der volleren Form bei Agathangelos läfst sich der allgemein semitische Himmelsgott Baal-samin nicht verkennen. Die scheinbar historische Notiz über die Errich- tung des Bildes berechtigt nicht an eine ebenso späte Einfüh- rung des Oultus zu denken; da wir im übrigen Armenien überall nur den nationalen arischen Göttern‘) begegnen, so scheint der syrische Cultus vielmehr einen Rest semitischer Bevölkerung zu bezeugen. Auch sonst fehlt es in dieser Westhälfte des späteren ar- menischen Reiches nicht an Zeugnissen für die Mischung mit fremden ethnischen Elementen: wie schon Xenophon als Augen- zeuge die Bewohner des Nordwestens, Phasianer, Chalyber, Taocher, deren Sprache der des Armenischen kundige Dolmetsch nicht mehr versteht, von Armenien ausschliefst, so bezeichnet Strabon einen ferneren Aufsenring von Grenzlandschaften als erst durch Artaxias mit Armenien verbunden: Akilisene als ursprünglich kataonisch, Derxene und Karenitis als chaly- bisch (chaldäisch), die Paryadres-Landschaft (die er andrer- wärts Syspiritis nennt, das Gebiet der Saspeiren bei Herodot) und die nördlichsten Grenzgaue gegen Kolchis Gogarene und Chorzene?) als früher zu Iberien gehörig und seine Angabe 1) Vahagn und Astlik in Tarön, Vahagn neben den von den Per- sern entlehnten Aramazd und Anahit in Airarat, Mikr (Mithra) unter den Parthern eingeführt in Derdian und der Haupttempel der Anahit in Erez im Gau KEkeleats (’"Axıdıcyvn oder ’Avairıg) unmittelbar nördlich an Daranali angrenzend, so dafs wir im KEuphratthale die Grenze zyrischen arischer und semitischer Götterverehrung ziemlich genau be- stimmen können. ?2) Diese ausdrückliche zweimal wiederholte Bestimmung der Lage erlaubt nicht mit früheren Erklärern an Xordsean (Procop’s KopLıavnun) in der Nähe der Vereinigung der beiden Euphratarme zu denken; der ie. 3 242 Gesammtsizung wird in Beziehung auf die letztgenannten nördlichen Land- schaften noch durch die Erfahrung des heutigen Tages bestä- tigt, denn die oberen Thäler des Kur und des D£oroy, (Akamp- sis der Alten) bewahren bis jetzt theils ausschliefslich, theils mit armenischer Mischbevölkerung, die georgische oder iberische Sprache. Gegen Westen dagegen, über den Euphrat hinaus, ging schon der vorhistorische Zug armenischer Volksbewegung, der diese Nation unter dem phrygischen Namen bis an die europäischen Gestade trieb, der sich dann nach der Unterwer- fung Ostarmeniens unter das intolerante neupersische Reich im 5. Jahrh. und noch intensiver seit dem Eindringen türkischer Stämme im 10. Jahrh. wiederholte und massenhafte armenische Ansiedelung in Kleinasien, besonders im östlichen Theile des- selben, zur Folge hatte. Diese westliche Richtung war der Wan- derung des Volkes schon durch die natürliche Gestaltung des Bodens vorgezeichnet, indem die Hochebene und die in west- östlicher Richtung streichenden Flufsthäler des Innern der Halb- insel ebenso bequeme Wege darbieten, wie die in derselben Hauptrichtung streichenden mächtigen Randketten, des Tauros im Süden, des Paryadres im Norden, schwer übersteigbare Hin- dernisse der Erreichung der Küstenländer entgegenstellen, daher wir die türkische Einwanderung im Mittelalter derselben Rich- tung folgen sehen: schnell wurden über die innere Hochebene die Westküsten der Halbinsel erreicht, viel später erst die Gebirge und Küstenländer in Süd und Nord den griechischen und arme- nischen Besitzern entrissen. Armenische Bevölkerung wird sich bezeichneten Lage dagegen entspricht der zur Provinz Gugark gehörige Gau Klardik, georgisch Älardieti, in vollerer und wie es scheint älterer Form bei Agathangelos KalardzK (p. 624 des Textes der Mechit. Kadapeoi der griech. Übersetz. ed. Stilting, Act. Sanct. Sept. Vol. VII. p. 390); nach dieser Form wird es wohl gerathen sein, die an derselben geogra- “ phischen Stelle in der ptolemäischen Karte stehende Landschaft Karap- Cnvy oder Korap&yvy (deren Namen A. v. Gutschmidt, Rhein. Mus. 1864 S. 384, auf den Partherkönig Gotarzes zurückführen wollte) in Kadap- Cnvn zu verbessern und Strabons XopCyvn als weitere Entstellung davon durch Verwechselung mit dem angeführten ähnlichen Gaunamen zu nehmen. SEE) abıngabysoyy Pun7sbung9g "wopıypsup 10p sayD1aT UmjoSTUOULLDNeU Sp 2zwug 77 N "U2g01.0pS0b JALYS 1opyngs1aa mu pıns £ uaumyr uobrıoyabun oyyoryosaßba) up ap any "NaSINSMRV . ur uagunjapaIsuy UALISIIP UsISaE 91 4a9denp HA ygy nz "222 6987 'SsIMn pP PENy'ssnorpy p aqstwuon - . R u ' u vom 11. März 1869. | 243 I N also auch schon in vorhistorischer Zeit im Euphratthale und weiter westlich an geeigneten Stellen erobernd und herrschend niedergelassen haben, aber nicht zahlreich genug, um alle die oben hervorgehobenen Reste früherer Bevölkerung sich zu assi- miliren. Folgerichtig wird auch uns die Westhälfte des späteren Armeniens als ein später erobertes Land, die Osthälfte und namentlich der Kern des Landes um die Araxesebene als der _ ältere Sitz dieses Volkes gelten, und die bei Moses aufbewahrte Tradition, indem sie diese Thatsache anerkennt und die Grenzen der ältesten Niederlassung durch die in der Mythe aneinander- gereihten Namen genauer umschreibt, als ein nicht verächt- liches Dokument historischer Anschauung syrischer Gelehrten aus einer Zeit, über welche nur wenige uns zugängliche geschicht- liche Überlieferungen über den Orient hinaufreichen. Darauf machte Hr. Pinder unter Vorlegung einer Photo- - graphie Mittheilung über die Trümmer von Sanchi Tope in Bhopal in Central-Indien. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. 24. Band. 3. Heft. 1868. 25. Band. 1. Heft. 1869. Stuttgart 1869. 8. Neues Lausitzisches Magazin. 25. Bd. 2. Heft. Görlitz 1869. 8. "Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen. XVI.Bd. 5. Lf. Berlin 1868. 4. Mit Beilage. Max Schultze, Die Stäbchen in der Retina der Üephalopoden und Heteropoden. (Bonn 1869.) 8. Bavaria: Landes- u. Volkskunde des Königreichs Bayern. V. Band. 3. Abth. 3. Theil. München 1868. 8. Mit Ministerialschreiben vom 5. März 1869. Annuaire de l'academie royale de Belgique. Bruxelles 1869. 8. American Ephemeris and Nautical Almanac for 1870. Washington 1868. 8. 244 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse” Archives du Musee Teyler. Vol. 1. Harlem 1868. 8. Mancini, Osservazioni e scoverte sopra l'imperatore Pupieno. Napoli 1869. 8. 15. März. Sitzung der physikalisch - mathe- matischen Klasse. v Hr. Ehrenberg machte folgende schriftliche Mittheilungen: I; Über die formenreichen von Hrn. Dr. Jenzsch aufgefundenen mikroskopisch-organischen Ein- schlüsse im Melaphyr. Die von dem Bergrath Dr. Jenzsch in Gotha seit einiger Zeit im Melaphyr oder Basaltit von Zwickau und in ähnlichen, selbst porphyrartigen, Gebirgsmassen in Thüringen bei Friedrichs- rode und bei Halle aufgefundenen organischen Einschlüsse mikros- kopischer Gestaltung sind mir seit wenig Tagen erst zur eigenen Anschauung und Beurtheilung gekommen. Die mannigfache gro[se Schwierigkeit, gleichartige Urtheile von Beschauern eines und desselben Naturverhältnisses zu erlangen, die ja auch. in anderen Gebieten oft recht auffällig und störend hervortritt, steigert sich, wie ich schon seit vielen Jahren lebhaft hervor- gehoben habe, bei dem Urtheil über mikroskopische Verhältnisse. Das sogenannte Eozoon, die sogenannte Cholerapflanze, Beurthei- lung der Hefe, der Zellen und vieler anderer Dinge sind jetzt - nicht weiter auszuführende Beläge für derartige Schwierigkeiten, welche mich veranlafst haben eine Rundschau dieser Erscheinun- gen ohne Arbeitstheilung unter mehrere Hülfskräfte zu versuchen. Es schien vielmehr immer nothwendig, ein einziges aber scharf begründetes Urtheil für den Einzelnen in Geltung zu erhalten. So sind auch im gegenwärtigen Falle die Urtheile weit ausein- ander gehend und es tritt die Nothwendigkeit hervor, die zur Kenntnils gekommenen neuen Thatsachen einer übereinstimmen- den Beurtheilung zugänglich zu machen. vom 15. März 1869. 245 Aus den neuen Thatsachen ist jedenfalls unzweifelhaft hervorzuheben, dafs dieselben ein ansehnliches Interesse ein- schliefsen und eine glückliche Bereicherung unserer wissen- schaftlichen Kenntnisse sind. Herr Bergrath Jenzsch hat in krystallhellen, doppelt lichtbrechenden Einschlüssen des Mela- phyrs sehr zahlreiche Formen nachgewiesen, welche sowohl unzweifelhafte fragmentarische Pflanzenelemente, als ganz be- sonders schön erhaltene selbstständige kleine Thierorganismen darstellen. In einer besonderen kleinen Schrift vom vorigen Jahre hat derselbe diese Beobachtungen mit vielerlei Details vorläufig angekündigt und im neuesten Hefte der Dresdener Zeitschrift Isis findet sich ein Auszug seiner Mittheilungen vor der Gesellschaft der Naturforscher in Dresden im gleichen Jahre. Das Wichtige dieser Mittheilungen besteht in einer scharfen Auffassung sehr eigenthümlicher mikroskopischer Lebensformen aus einer der jedenfalls früheren Bildungs- perioden der Erdrinde. Zwar sind dergleichen Erkenntnisse schon in verschiedenen älteren Gebirgsverhältnissen, in Halb- opalen der Tertiärzeit, in Feuersteinen, sehr wahrscheinlich der Kreide, in Hornsteinen des Coralrags und auch in dem schwarzen lydischen Stein der Steinkohle von Potschappel, im Bergkalk und in den Grünsanden der silurischen Gebirge fest- gestellt worden; ja sogar die bisher erkannten Genera der Tbier- gestaltung waren bis zur Steinkohle den. neu hinzutretenden keineswegs fremdartig. Dennoch sind meinen Prüfungen ge- mäls die neu gewonnenen Formen durch ihre grofse Klarheit, ihre Menge und ihren Einschlufs in krystallhelle quarzartige Verhältnisse, welche Hr. Jenzsch auch Fettquarz genannt hat, einer wie sehr auch problematischen und gemischten, doch mäch- tigen Felsart besonders merkwürdig. Die mir zur Ansicht vorgelegten Exemplare schlies- sen sich sämmtlich, so weit sie Thierorganismen angehö- ren, an die Polygastern- Gattung Peridinium an, deren einige mit hörnchenartigen Fortsätzen versehen sind, andere fast kugelrund dergleichen entbehren. Dieselben Verschiedenhei- ten der Gestaltung finden sich bei den noch jetzt lebenden Peridinien. Bei den gehörnten fehlen "oft einzelne Hörner und deren Länge ist sehr verschieden. Ganz ebenso zeigten 246 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse sich im Jahre 1836 schon die Peridinien der Feuersteine und des Coralrags mit und ohne Hörnchen, wie es 1836 in den Abhandlungen der Akademie und 1854 in der Mikrogeologie erläutert und abgebildet ist. Die schön krystallhellen Quarz- theile im Melaphyr sind trüber in den C'halcedonen und Feuer- steinen, obschon auch deren Formen, sowohl massenhaft zahl- reich, als auch hier und da schön erhalten, erkennbar waren. Sehr richtig wird von dem Beobachter der neuen Verhältnisse wieder hervorgehoben, dafs sowohl in den Feuersteinen als in den Hornsteinen des Coralrags Meeresformen beigemischt oder über- wiegend sind, während die Quarztheile des Melaphyrs nur Süls- wasserformen einschliefsen. Diese letztere Erscheinung ist auch am lydischen Stein von Potschappel hervorgetreten und be- zeichnet die Halbopale von Bilin in gleicher Art. Überraschend waren mir die vom Entdecker vorgelegten, dicht beisammen lie- genden Gröfsenverschiedenheiten gleichartiger Formen, welche unzweifelhaft zu erkennen gaben, dafs bei denselben Jugend- und Alterszustände nicht differiren. Sehr schön erhalten er- kannte ich das an seiner Mittelfurche jederseits mit einem wa- gerechten Spitzchen versehene, nach hinten etwas stielartig aus- laufende, vorn abgerundete Körperchen, vom Entdecker Tricolos Melaphyri genannt, welches mich sofort als ein ganz unbe- kanntes Glied der Peridinien-Gattung ansprach. Ebenso deut- lich und schön erhalten war das von Herrn Jenzsch mir in vielen Exemplaren vorgezeigte, von ihm ARynchopristes Mela- phyri genannte kugelartige Thierchen, welches meist mehrere dunkelschwarze kleine Kugeln sehr regelmäfsig enthielt. Das- selbe war in einem Exemplar mit in Zerstörung begriffenen anscheinenden Zellgewebstheilen irgend eines feinzelligen, orga- nischen, doch wohl pflanzlichen, Verhältnisses begleitet. Eine dritte mir vorgelegte Form aus diesen Verhältnissen ist die von dem Entdecker Tricolos Thuringiae genannte Gestalt, welche derselbe, wie das erstere, als ein fossiles Räderthier be- - zeichnet hat. Diese Form soll ein aus einem Futteral hervor- tretendes grofses Räderwerk mit zwei Respirationsröhren, wie sie bei Melicerta vorhanden sind, darstellen. Auch diese Form ist in einigen ihrer Theile sehr deutlich, allein das sogenannte Futteral erschien mir als ein am Vorderende zweihörniges ge- vom 15. März 1869. 247 täfeltes Peridinium, welches seiner Natur nach mit dem soge- nannten danebenliegenden Räderwerke nicht in Verbindung ge- dacht werden kann und. welches am Hinterende ebenfalls in einen kurzen Stiel ausläuft. Ich kann nur wiederholen, dafs diese drei, von mir aufmerksam betrachteten, Gestalten des Me- laphyrs zu den deutlichsten und best erhaltenen mikroskopischen, in feste Massen eingeschlossenen, Lebensformen gehören, die ein um so grölseres Interesse haben, als sie Einschlüsse in ein grolses massiges Gebirgsverhältnils sind, welches Erdbildungen -durchbricht und überlagert, die man gewohnt ist in die erste Bildungsperiode des organischen Lebens einzureihen. Dafs diese drei Hauptformen, deren Analoga bereits in den Kreidefeuersteinen von Delitzsch bekannt worden sind, bisher unter den lebenden und fossilen ganz unbekannte Gestalten sind, welche, wenn man nicht unmotivirte, mafslose generische Zerspaltungen eintreten lassen will, nicht anders, als getäfelte oder ungetäfelte, gehörnte oder ungehörnte Peridinien bezeichnet werden sollten, erhöht das Interesse, welches sie gewähren. Dafs diese fossilen Formen sich nach Herrn Jenzsch generisch von der Gattung Peridinium durch einen convexen mittleren Wulst, anstatt einer concaven mittleren Rinne, unterscheiden sollen, erscheint mir nicht als ein wesentlicher Charakter, da diese Furche bei den lebenden Formen deutlich vertieft und offen ist, bei den fossilen aber durch inneren und äufseren Druck der Erfüllungsmasse leicht undeutlich wird. Ebenso mag nun das fragliche Peridi- nium Monas sammt dem Peridinium Lithanthracis und den Chae- thotyphlis der Steinkohle, welche 1845 und 1849 verzeichnet worden sind, eigenthümliche Formen der frühesten Erdbil- dung wirklich darstellen. Fast mehr noch als die Eigenthüm- lichkeit der Formen hat mich der zweite Charakter dieser Be- obachtungen zu einem hohen Interesse bewegt, der Charakter nämlich, dafs diese deutlichen organischen Einschlüsse durch ihre auffallende Durchsichtigkeit, sowohl ihrer Linien, als der Substanz in welcher sie vorkommen, an der Grenze fast alles des mit der Sehkraft Wahrnehmbaren liegen. Dieser Umstand gebietet allen Forschern daran zu denken, dafs selbst ganz durchsichtig erscheinende Verhältnisse fester Stein- und Gebirgs- arten möglicherweise eine Quelle unerwarteter Aufklärungen 248 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse über feinste Lebensverhältnisse werden können. Über die mir weniger deutlich anschaulich gewordenen, angeblich reichen Pflan- zenverhältnisse, deren geringe Klarheit Veranlassung geworden, dafs man die ganzen Ergebnisse dieser Forschung als unbrauch- bar ansah (s. Dresdner Tagesblatt. 1869 13. Februar) glaube ich mit Hinsicht auf das so eben ausgesprochene weggehen zu können. Ich kann diese kurze Mittheilung über die neuen Erkennt- nisse der Verbindung des unsichtbaren Lebens mit grofsen Ge- birgsmassen und ihren, wie wandelbar man alle Gebirgsmassen auch ansehen möge, wichtigen Einflufs auf herrschende Vor- stellungen nicht abschliefsen, ohne nochmals auf jene Hinder- nisse hinzuweisen, welche durch verschiedenartige Beurtheilung eines und desselben Gegenstandes von verschiedenen Beobach- tern die ruhigen wissenschaftlichen Betrachtungen der Natur beeinflussen. Wenn manche Melaphyr-Einschlüsse nach Dr. Jenzsch kleiner Schrift: „Über eine mikroskopische Flora und Fauna krystallinischer Massengesteine 1868* die Vorstellung in ihm erwecken, dafs nach pag. 19 das pflanzliche und thierische Leben gleichzeitig, anstatt des Wassers, in einem flüssigen Ver- steinerungsmittel (colloidale Kieselsäure) bis zum Momente der Krystallisation sich fortentwickelt habe, dafs Räderthiere mit ausgespannten Räderorganen in Quarz gebettet klar vorliegen, dafs man aus halb zerstörten Pflanzen auf unsichtbare sägende Rüssel und von verschiedenen Gröfsenverhältnissen auf einen sichtbaren Generationsakt und ein bisher unbekanntes doppeltes Geschlecht bei Peridinium-artigen Thieren schliefsen dürfe, so fühle ich mich doch gezwungen, ein Widerstreben meiner Auf- fassung derselben Gegenstände hierbei auszusprechen. Sobald man der Phantasie in diesen feinen Einzelheiten der Natur einen Spielraum gestattet, welcher über die unmittelbarsten An- schauungen und Ermittelungen auch nur wenig hinausgeht, so treten alsbald jene Wunderbarkeiten in die Wissenschaft, gegen welche eben das Mikroskop zu Hülfe gezogen wird. Alle mir sehr wohlbekannten lebenden Räderthiere haben die Eigenthüm- lichkeit, dafs sie überaus empfindlich sind gegen die leisesten Veränderungen ihrer Umgebung, auch der Flüssigkeit, in welcher sie leben. Dafs bei so tiefen Eingriffen in die natürlichen Ver- vom 15. März 1869. 249 hältnisse so zarter Formen, wie sie das Versteinern bedingt, nicht Contraktion sondern Expansion erfolgt sei, ist meinen Vorstellungen unzugänglich und ich mufs mithin dem Beobach- ter dieser Verhältnisse, so wenig ich auch vielerlei glatte und punktirte Linien und feine neben den Peridinien liegende, mir unerklärliche, Zeichnungen läugne, es überlassen, dieselben immer klarer zu entwickeln. Ebenso berühre ich nicht weiter die durch eine lebhafte Einbildungskraft des Verfassers verzeichnete Conjugation und Struktur jener algenartigen Gebilde, welche in der Schrift pag. 12 erwähnt werden, denen etwas Positives und Beachtens- werthes auch meinen theilweisen Anschauungen nach zum Grunde liegt, die aber zu klarer Beurtheilung keine Berechtigung geben. Unerläfslich scheint es mir noch hinzuzufügen, dafs diese neu gewonnenen Anschauungen nicht besondere mikroskopische Vorrichtungen dringend verlangen, wie es nach der kleinen Schrift als Bedingung der Erkenntnils erscheinen könnte. Zwar sind die von Hrn. Jenzsch angezeigten besonderen Vorrich- tungen gewils mannigfach förderlich, allein die Formen lassen sich mit dem gewöhnlichen Schiek’schen Mikroskop, welches ich meist benutze und somit offenbar mit allen guten Mikro- skopen scharf auffassen, indem nur die gewöhnlichen Verände- rungen der Blende und Spiegelbeleuchtung für diese überaus durchsichtigen Gegenstände verlangt werden. Als ich das far- big polarisirte Licht auf die krystallhelle Grundmasse, welche die Körperchen enthält, anwendete, zeigte die Grundmasse sich mehrfach einfach lichtbrechend, nur am Rande hier und da bei unregelmäfsigen Bruchflächen sehr lebhaft farbig. Man darf vielleicht daraus schliefsen, dafs diese Grundmasse nicht ur- sprünglich krystallinischer Quarz, sondern dem gemeinen Opal ähnlich war und sich allmälich, wie es 1858 p. 118 in den Monatsberichten erläutert wurde, in ein krystallinisches, doppelt liehtbrechendes Verhältnifs umgewandelt hat, wie ja schon längst bekannt ist, dafs Chalcedone oft nur theilweis eine doppelt liehtbrechende, krystallinische Eigenschaft besitzen. Da schon von der Moya von Quito an in sehr verschiedenen trachytartigen neuen und neuesten vulkanischen Auswürflingen, ja selbst im eingeschlossenen Schaumstein einer Bombe des Kammerbühl 250 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse bei Eger, mikroskopische Formen in ganz und gar verschie- dener Anhäufung, nachgewiesen worden sind, auch die leicht vergleichbaren Süfswasser-Infusorien-Schichten, welche am Ha- bichtswalde bei Kassel mit vulkanischen Tuffen abwechseln, sowie auch die am Fallriver in Oregon Porzellanerde genannten mächtigsten Schichten von Süfswasserformen, welche, nach Fremont, mit 100 Fufs hohem Basalt überlagert sind, so ist weniger die Existenz auffallend-heterogener Verbindungen im Melaphyr überraschend, als vielmehr der Nachweis von organi- schen Formen in so schöner Erhaltung und deren so eigen- thümliche von den jetzt lebenden Formen abweichende Gestal- tung, welche allerdings auf das höhere Alter des Melaphyrs einen vorsichtigen Schlufs zu machen erlaubt. Es können wohl diese Formen aus älteren, vom Melaphyr durchbrochenen und überlagerten Schichten einer früheren Zeit, dem Rothliegenden oder der Steinkohle, aber nicht aus jüngeren Verhältnissen stammen. Da schon hier und da die Vorstellung erweckt worden ist, als existire sogar noch ein mikroskopisches aktives Leben in Massengesteinen der Gebirge und da die so klar erhaltenen neuesten mikroskopischen Organismen des Melaphyrs eine solche Vorstellung begünstigen könnten, so halte ich für nicht unan- gemessen hervorzuheben, dafs bei keiner der von mir zahlreich nun selbst beobachteten Formenarten des Melaphyrs irgend ein mit Speise erfülltes Individuum vorgekommen. Alle von mir ge- prüften Formen aus dem Melaphyr zeigten sich als leere Schaalen und nur in dem mit dem unhaltbaren Namen Ryncho- pristes genannten Körperchen waren schwarze Kugeln sichtbar, welche zwar von Dr. Jenzsch für Eikeime gehalten worden sind, die sich aber an die fälschlich für Eier gehaltenen Kugeln von schwarzem Schwefeleisen und buntem Eisen-Silikat in leeren Polythalamien-Schalen anreihen,. die ich bei Gelegenheit des Grünsandes mit Abbildungen erläutert habe, Abh. d. Akad. 1855. p.128 Taf. VII, wenn es nicht vielleicht bei Peridinien mehr- ‘ kammerige Luftblasen sind. Was die angeblichen Räderthiere an- langt, so fehlt nicht nur Speise im Innern, als Charakter lebender Formen, sondern auch das der grofsen Mehrzahl dieser Gestal- ten zugehörige grellrothe Auge sammt den übrigen Organisa- tionstheilen. . vom 15. März 1869. 251 Sieht man ab von diesen und ähnlichen Anlässen zu ver- schiedenartigen unsicheren Deutungen der Lebensverhältnisse dieser mikroskopischen Formen und vergleicht man damit die mancherlei Nebel- und Wolkenumhüllungen, welche die Insekten des Bernsteins nicht selten “begleiten, und die durch Anfangs vorhandene, allmälig immer kleiner werdende Luftblasen ein concentrisches Gefüge erlangen können, so ist meinerseits nur auszusprechen, dafs in der neueren Zeit keine so klare Bestä- tigung der Existenz mikroskopischer Lebensformen in wichtigen Gebirgsschichten vorgekommen ist, als die, welche Hr. Jenzsch so glücklich gewesen im Melaphyr zu finden, zumal seiner Mit- theilung nach diese Auffindung nicht in Geschieben, sondern in kleinen, oft aber auch zollgrofsen Einschlüssen des massigen schwarzen Melaphyrs bei Zwickau, aber auch in Gängen des Porphyrs in Thüringen und im Porphyr selbst bei Halle, wie er mündlich mir gesagt hat, stattgefunden hat. Da sich schon längst der nasse Auswurfsschlamm der Moya in Quito nicht, wie es dem ersten Beobachter Anfangs geschienen, als ein Urgraphit aus dem Innern der Erde er- wiesen hatte, vielmehr als wirkliche, zum Brennen sich eignende Pflanzenkohle von Gras- und Holztheilen erkannt worden war und wie ja selbst Pimelodus Cyclopum, als lebender Fisch, im direkten Auswurfstoffe von Alex. von Humboldt aufgezeichnet war, so scheint es auch nicht die geringste Schwierigkeit zu haben, sich den Melaphyr als zähflüssigen Eruptivstoff einer weit früheren Periode zu denken, welcher mit fremden Ein- schlüssen sich verbreitet hat. So können ja, unbeschadet alles Vulkanismus und Plutonismus, in sekundär-quarzigen Einschlüssen organische Spuren der verschiedensten Art enthalten sein. Solche organische fremde Einschlüsse sind auch nicht vergleichbar den öfter vorkommenden metallischen Einschlüssen im krystallinischen Quarz, etwa wie Gold und Silber. Vielmehr ist auch der kleinste organische Einschlufs einer geprägten Gold- oder Silbermünze vergleichbar, zuweilen wohleiner mit Jahres- zahl versehenen. So sind eben in diesem Falle die erkannten organischen Formen, weil sie bisher ganz unbekannte Gestal- tungen, aber doch mit den jetzt lebenden noch übereinstimmende 252 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Gattungs-Charaktere zeigen, von einem besonders erläutern- den Einfluls. | Der Name Tricolos für neue Räderthierchen läfst sich deshalb nicht rechtfertigen, weil die für Futterale gehaltenen Theile schön erhaltene neue Peridinien-Arten sind, welche zwar ihrer Täfelung und conischen Gestalt halber einige Ähn- lichkeit mit Anuraea stipitata der gepanzerten Räderthiere haben, aber sonst ohne alle Übereinstimmung der wesentlichen Charak- tere solcher Räderthier-Panzer sind. Auch die sogenannten Weich- theile der Räderwerke dieser Räderthiere haben zwar einige ‘ Formenähnlichkeit mit solchen hervorstehenden ausgebreiteten ° Räderorganen, allein es fehlt diesen theils glatten, theils punk- tirten feinen Lineamenten jede Andeutung der starken Musku- latur solchen Körpers und seines anderweitigen reichen Or- ganismus. Die Formen mögen als Peridinium Melaphyri Jenzsch und Peridinium Thuringiae Jenzsch ihre weitere Ver- wendung und Anerkennung finden, während die feinen Linea- mente weiterer Entwickelung ihrer andersartigen Bedeutung entgegensehen, zumal auch die für Zahnplatten im Räderwerk gehaltenen Theilchen nicht, wie bei den Räderthieren, die deut- lichsten, sondern die undeutlichsten und unsichersten Gegen- stände sind. Was die zierliche Form der zahlreichen Rynchopristes an- langt, so fehlt den krystallhellen getäfelten Kugeln, welche den Mittelkranz der Peridinien ebenfalls zeigen, jede Spur frisch aufgenommener, wie es heilst ausgesägter, Nahrung sammt der Säge, welches die sichtbarsten Theile des Organismus sein sollten. Die überaus feinen Befruchtungsorgane, sammt dem Sperma, habe ich ebenfalls nicht bestätigen können, allein die dunkelschwarzen Kugeln, welche für Brutkeime gehalten werden, sind sehr deutlich. Im Jahre 1778 sah Freiherr von Gleichen solche Kugeln der Vorticellen auch für Eibildungen an, die er Sekundeneier nannte und deren Auskriechen er zu beobachten _ versuchte (Infusionsthierchen pag. 270). Es war aber umsonst, da die Eier die mit Speise erfüllten polygastrischen Magen- zellen und deren Excremente waren. Ganz ähnliche Kugeln wurden 1854 für die durch Säure und kaustisches Kali unzer- störbaren Eier der Polythalamien gehalten (Abhandl. d. Akad. vom 15. März 1869. 253 1854). Es waren aber dies die Anfänge der Steinkernbildung die als Eisensilikat nachgewiesen wurden. So erscheinen auch die Kugeln der Rynchopristes (Peridinium Jenzschü). Da bisher nie dergleichen wahre Keimgebilde in verwandten Formen nach- gewiesen sind und diese Kugeln nur Silicat-Anhäufungen oder - Luft zu sein scheinen, so wird es auch stets eine unfruchtbare Bemühung bleiben, das Ausschlüpfen der Jungen beobachten zu wollen. So ist denn die Vorstellung, dafs die neu gewon- nenen Thatsachen von denen des schon Bekannten wesentlich abweichen, nicht annehmbar. Indem ich der Akademie diese Mittheilungen über so merk- würdige fossile Lebensformen in massigen Gesteinen, von Hrn. Dr. Jenzsch erkannt, vorlege, bin ich mir wohl bewulfst, dafs die Mittheilungen des Beobachters, weil sie noch nicht in voller Umständlichkeit und Klarheit vorliegen, in geognostischer und mineralogischer Hinsicht noch mancherlei Erläuterungen ver- langen und gewisse Schwierigkeiten auszugleichen haben. Da aber kein Zweifel in mir obwaltet, dafs die zur Beurtheilung gekommenen zahlreichen Formeneinschlüsse völlig klar vorliegen und von überraschend unbekannter Gestaltung sind, so empfehle ich diese Thatsachen als einen guten wissenschaftlichen Fort- schritt, ohne mich den gedruckten Folgerungen und anderwei tigen Deutungen des eifrigen und verdienstlichen Beobachters an- zuschliefsen. 1. Weitere Entwickelungen aus den vom Schiffe „Germania“ bei seiner Nordfahrt unter Kapitain ' Koldewey’s Führung gehobenen Grundproben. Nachdem ich im December vorigen Jahres von den 39 Grundproben, welche Kapitain Koldewey eingesammelt hat, die Nachricht mitgetheilt habe, dafs 17 davon nur gröbere steinige Elemente ohne Schlammanhang enthielten, so ist seitdem auch die andere Reihe von 21 Proben mit Ausfall der 22sten in eine Übersicht gebracht worden, In einer beigefügten Tabelle werden die Lokalitäten und die Tiefen des Grundes, aus denen die Proben gehoben worden, anschaulich gemacht; in einer an- 254 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse deren Tabelle verfehle ich nicht die Bestandtheile der Grund- verhältnisse nach mikroskopischen Analysen aller einzelnen übersichtlich vorzulegen. Diese Analysen erschöpfen keines- wegs den Mischungsgehalt jener örtlichen: Bodenverhältnisse, sondern sind nur geringfügige Vorläufer weiter nöthig werden- der Forschungen, wenn das Lebensbild jener Gegenden und Tiefenverhältnisse weiter entwickelt werden soll. Es möge nur dazu dienen, zu erkennen zu geben, dafs ein vielgestaltiges massiges Lebensverhältnifs in den Tiefgründen vorhanden ist, welches sich dem natürlichen menschlichen Auge ganz entzieht. Da in der genannten zweiten Tabelle alle einzelnen Ört- lichkeiten in ihrem in kurzer Zeit erreichbar gewesenen Lebens- gehalt gesondert neben einander gestellt sind, so wird ein ein- ziger Blick schon hinreichen, die vorherrschenden oder verein- zelten, daher für das Ganze mehr oder weniger wichtigen klein- sten Lebenselemente erkennen zu lassen. Im Ganzen haben die 21 Grundproben, von denen meist nur 5, zuweilen aber 10 Ana- lysen stecknadelkopfgrofser 42" Theilchen, nach der von mir ge- übten Weise bis in alle Einzelheiten ihrer Elemente geprüft worden ‘sind, 21 Polygastern, 14 namhafte und mehrere jugendliche, nicht nennbare Polythalamien, 3 Polycystinen, 19 Phytolitharien, sämmtlich Spongolithen, 2 Geolithien, 5 Zoolitharien und einen weichen Pflanzentheil ergeben, mithin im Ganzen 24 Formen. Die schwierige und saubere Reinigung des Tiefgrundschlammes vom Talg verdanke ich der freundlichen Hülfe Hrn. Rammels- bergs durch einen seiner Assistenten im. chemischen Labora- torium der Gewerbe- Akademie. Aus dem Verzeichnifs ergiebt sich, dafs die vorherrschen- den organischen Formen jener Tiefgründe Spongolithen und Polythalamien sind. Eine der Spongolithen-Formen ist mit Ausnahme von 3 Nummern in allen Proben erkannt worden und diese Spongolithis acicularis ist die verbreitetste Kieselnadel- form in allen, ein Kieselskelet führenden, Spongiaceen. Wenn man nun auch aus dem Vorherrschen und allseitigen Vorkom- men der Spongolithen zu schliefsen berechtigt ist, dafs im Po- larmeer jener Gegenden die kieselskelethaltigen Spongien eine egrofse Entwickelung haben, so ist doch andererseits die Über- einstimmung der meisten erkannten Formen mit den überall vom 15. März 1869. 255 sehr verbreiteten aller Meere auffällig. Dennoch giebt es aber unter diesen Formen einige, welche auf das Vorhandensein bis- her unbekannter Gestaltungen schliefsen lassen. Zu diesen ge- hören ganz besonders Spongolithis bifrons n. sp., vielleicht auch eine Varietät der Spongolithis Pulsabulum und der Sp. clavus var. b. Da auch der ausgezeichnete Naturforscher Professor Loven in Stockholm bereits generisch eigenthümliche Schwamm- formen 1868 aufgezeichnet hat, so bestätigt sich damit dieser Formengehalt des Porlarmeeres, welcher durch wenige bei Linne- Gmelin u. A. verzeichnete Formen bekannt war. Die Litho- ‚sphaeren gehören offenbar Schwämmen aus der Gattung Geodia oder ähnlichen von dort noch nicht bekannten Formen an. Nächst den Spongolithen befanden sich in 12 der genann- ten Lokalitäten kalkschalige zuweilen sehr zahlreiche Polytha- lamien, in 15 Lokalitäten haben sich Polygastern aus der Klasse der Bacillarien zu erkennen gegeben; ferner fanden sich in 2 - Lokalitäten Polyeystinen und Geolithien in 2 Lokalitäten, be- sonders ansprechend sind noch kalkerdige Zoolitharien aus 4 Örtlichkeiten, welche Strahlthieren der Klasse der Korallen oder Holuthurien angehören mögen, vielleicht auch sogenannten Kalkschwämmen. [I Das allgemeine Resultat ist, dafs sämmtliche Formen schon bekannten Thierklassen' angehören und dafs auch im Verhält- nils nur wenige dieser Formen bis jetzt unbekannt gebliebene Arten sind. Die Zahl dieser neuen Arten beträgt 8 Polytha- lamien, 1 Polygaster, 3-—4 Spongolithen, 3 Zoolitharien, zu- sammen 15—-16 Arten. Besonders interessant ist noch der Gesichtspunkt, ob in den in Übersicht genommenen Grundver- hältnissen wirklich lebende Formen vom Grunde gehoben sind. Es ist kein Zweifel geblieben, dafs in verschiedenen kalkscha- ligen Polythalamien und auch in kieselschaligen Polygastern eine gelbbraune weiche Erfüllung bei der Revision derselben anschaulich geworden ist, so wie sie aus den Tiefgründen der Davis - Strafse am Eingange der Baffins Bay, ebenfalls und auch anderwärts reichlich erkannt worden ist. Vergleicht man die im Jahre 1861 (Monatsbericht pag. 280) von mir der Akademie vorgelegten Verzeichnisse des Tiefgrundlebens der Davis-Strafse und ihrer Umgebung nahe dem 60. Breitengrade, so finden sich [1869.] ar 256 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse in denselben von den dort verzeichneten 189 Formen 18 mit den jetzigen übereinstimmende Arten. Alle übrigen gehören aber. nördlicheren, bis dahin nicht gekannten Breitenverhält- nissen an, haben aber zum Theil eine weitere Verbreitung in allen Oceanen. Da ich schon im Jahre 1854 in der Mikro- geologie von Island und auch von Spitzbergen bis ungefähr zum 79. Breitengrade und später von Assistance Bay und an- deren Punkten Mittheilungen gemacht habe, so liegt ein beson- deres Interesse an den noch höher im Norden gelegenen Tief- gründen, welche die Reise des Kapitain Koldewey berührt hat. Solche Formen, welche vom 80. bis 81. nördl. Breiten- grade bis jenseits Spitzbergen aus den Tiefgründen gehoben sind, betragen nach dem hier mitgetheilten Verzeichnifs im Ganzen 27 Arten; 13 Polygastern, 9 Spongolithen, 2 Geolithien, 1 Polyeystine und 2 Polythalamien. Alle diese Formen sind nicht aus sehr grofsen Tiefen, alle unter 100 Faden = 600 Fufs, Recht sehr wünschenswerth wäre es, dafs die von den schwedischen so verdienstvollen Naturforschern und Seefahrern neuerlich gehobenen Grundproben aus 2100 Faden Tiefe — 12,600 Fufs mit aller Sorgfalt ebenfalls mikroskopisch geprüft würden. Gegen jene alte Vorstellung, dafs das Po- larmeer ohne Tiefe sei, was durch die unterseeische Hoch- ebene von Island bis Spitzbergen, welche daselbst eine ge- ringere Tiefe bedingt, hervorgegangen sein mag, sind nun- mehr zwei unvergleichbar tiefere Einsenkungen des Grundes, sowohl in der Davis-Straflse, wo von 12,540 Fufs Tiefe Grund gehoben und analysirt worden, als von jener Hebungsstelle der schwedischen Nordpolfahrer, zur Kenntnils gekommen. Der Mangel an Grundhebungen in früherer Zeit erlaubt an grofse Irrthümer bei allen Tiefmessungen zu denken und es tritt jetzt die Vorstellung nahe, als könnte wohl, vom nördlichen Meeres- grunde: aus gedacht, Spitzbergen ein dem Montblane ähnliches, - mit manchen anderen gleichartigen Inselerhebungen schroff enıporsteigendes Alpenland sein. In den Monatsberichten vom Jahre 1861 ist zu meinem Vortrage über die Grundhebungen in der Davis-Stralse eine kleine Situations-Karte beigegeben, in. welcher die damaligen, die unterseeische Telegraphenlinie betreffenden, örtlichen Untersuchungen vergleichbar sind. vom 15. März 1869. 257 + Als allgemeineres Resultat der mikroskopischen Analyse _ der ‘von der „Germania“. gehobenen Grundproben, läfst sich in Vergleichung mit den früheren aus dem atlantischen Ocean und dem mexikanischen Golfe bei Florida und der Davis- Strafse von 1853 bis 1861 mitgetheilten Ergebnissen besonders hervor- heben, dafs die damals gewonnene Ansicht über das in der Tiefe zunehmende Vorkommen der Polyeystinen dadurch be- stätigt wird, dafs diese neuesten, im Verhältnifs geringen Tief- gründe des isländisch - spitzbergenschen, unterseeischen Hoch- plateaus fast gar keine Polycystinen, welche in den grofsen Tiefen der Davis-Strafse 44 Arten betrugen, vorgekommen sind und es ist darauf aufmerksam zu machen, dafs in der grofsen über 12,000 Fufs reichenden Tiefe, jenseits Spitzber- gen, welche von der schwedischen Expedition gemessen ist, wahrscheinlich wieder reichlichere Formen dieser Thierklasse zu erkennen sein werden. Dafs auch hier, wie bei den Unter- “suchungen der Davis-Strafse, Polytbalamien und Spongolithen in den weniger tiefen Verhältnissen überwiegend sind, stimmt wieder mit den 1861 mitgetheilten Beobachtungen sehr gleich- artig überein. Ich gehe nun über zu einer hiermit eng zusammenhängen- den Beobachtungsreihe, betreffend: | Ben: | Die mikroskopischen Lebensverhältnisse auf der Oberfläche der Insel Spitzbergen. Am 25. Februar d. J. habe ich bereits in der Gesammt- sitzung der Akademie eine vorläufige mündliche Mittheilung „über viele in Berlin lebend beobachtete Land- Organismen der Insel Spitzbergen“ gemacht und halte für zweckmäfsig, diese Beobachtungen hier unmittelbar anzureihen. Da diese Beobach-: tungen sich auf jene vielfach besprochenen Erscheinungen des Wiedererwachens scheintodter Formen zu einem kräftigen Leben beziehen und es überflüssig erscheinen könnte, den Gegenstand von Neuem zu behandeln, so ist doch nicht zu übersehen, dafs in der neuesten Zeit selbst in den Lehrbüchern der Physiologie und in systematisirenden Schriften sich die Vorstellung wieder 18 * 258 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse verbreitet, als gäbe es unbegrenzte Formenveränderungs- Ver- hältnisse, welehe der Formenkenntnils und Formbestimmung ihre frühere Wichtigkeit entziehen. Schon im Jahre 1701 hatte Leuwenhoek die iishreinni an wieder erwachenden scheintodten Räderthieren umsichtig be- obachtet. Needham übertrug sie 1743 auf die Waizen - Alchen der Fadenwürmer. Man hat sie dann auf die polygastrischen Thiere, die sogenannten Infusorien, vielfach anzuwenden gesucht (Guanzati 1796) und auch schon 1776 hat Spallanzani sie auf die milbenartigen Bärenthierchen (Tardi gradi) ausgedehnt. Diese sämmtlichen zahlreichen Beobachtungen sind von mir im Jahre 1838 in dem Buche „die Infusionsthiere als vollendete Organismen * pag. 492 zusammengestellt worden. Die Beobach- tungen einiger Formen gingen bis auf 6 Jahre eines sogenann- ten Scheintodes solcher Thiere. Dieser Zustand wurde aber von mir weder mit dem Scheintode, noch mit latentem Leben vergleichbar angesehen, vielmehr als ein fortbestehendes durch grofse Beschränkung sehr kärgliches volles Leben anerkannt. Nachdem schon im Jahre 1848 aus süd-amerikanischen Baummoosen eine durch atmosphärischen Staub vermittelte grölsere Reihe (gegen 40 Formen) mikroskopischer Thierarten im todten Zustande beobachtet worden war, (s. Monatsbericht 1848 pag. 213; besond. pag. 273; ausführlicher Mikrogeologie 1854 pag. 337) wurde die Aufmerksamkeit auf die in Moosen auf Bäumen lebenden mikroskopischen Thiere gelenkt und mit geschärften Methoden ihre Lebensfähigkeit festzustellen gesucht. So sind in den Monatsberichten von 1849 pag. 97 13 mikros- kopische Formenarten festgestellt, die aus Laubmoosen, durch destillirtes, nochmals gekocht und wieder abgekühltes, Wasser aufgeweicht, zu schneller lebendiger Thätigkeit gelangten, wie sie dieselbe in den Blattachseln der Moose selbst nicht gehabt haben konnten (vgl. Monatsber. 1855 p. 191). Ein besonderer . Abschnitt ist diesen, als atmosphärisches Leben und: mikrosko- pische Baumfauna bezeichneten, Betrachtungen in der Mikrogeo- logie 1854 pag. 43 gewidmet. Im Jahre 1853 und 1855 ist in den durch die Gebrüder Schlagintweit auf den Alpen des Monte rosa gesammelten Ma- terialien, welche mir erst nach zweijährigem Trockenliegen zu- vom 15. März 1869. ve 259 gekommen, eine sehr reiche Wiedererweckung solchen kümmer- lichen Lebens in frei bewegte Zustände an Räderthieren ‘von mir beobachtet und festgestellt worden. In den Monatsberich- ten von 1853 pag. 336, besonders 1855 pag. 275 ist hiervon ausführlich Nachricht gegeben. Im Jahre 1862 wurden in den auf der Reise des Baron Barnim von Dr. Hartmann 1860 im centralen Afrika bei Roserres im l1ten Breitengrade gesammelten Schlammproben, also nach zwei Jahren, eine grofse Menge lebender Rä- derthiere, auch im eiertragenden und keineswegs abgemagerten Zustande und sich schlängelnde Anguillulae beobachtet, welche ‚nach langer völliger Trockenheit mit destillirtem Wasser in Berlin wieder zu freier Bewegung und voller Lebensthätigkeit gelangten (siehe Beschreibung der Reise des Baron Barnim von Dr. Hartmann 1865 Anhang p. 77. So glaube ich denn, dafs eine ähnliche Erscheinung be- sonders deshalb Interesse haben werde, weil sie den tiefen Nor- den der Polargegend mit den Alpen der Schweiz und den fast 'aequatorialen afrikanischen Lebenszuständen in Verbindung bringt. Zu den jetzt mitgetheilten Tiefgrundverhältnissen des mikroskopischen Lebens hat sich neuerlich noch ein anderes Element gesellt, welches dem nordischen Lebensbilde eine mehr abgerundete Gestaltung zu geben geeignet ist. Während die Meeresniederschläge und Grundverhältnisse in überwiegender reichster Fülle Meeresorganismen enthalten, doch aber die Flüsse aller Küstengegenden auch die Süfswasserformen des Luftkreises in die Meere abspülen, so liegt zugleich ein Bedürfnifs vor, diese Sülswasser- und Luftkreisformen aller Gegenden als zu- fällige Beimischungen zu den Meeresformen kennen zu lernen. In dieser Beziehung ist denn eine Einsicht in das Oberflächen- leben der Insel Spitzbergen von entschiedenem Interesse. Aus diesen Gründen wurde von mir das Verlangen ausgesprochen, auch Moosrasen und Erdverhältnisse Spitzbergens, wo die „Ger- mania“ gelandet war, zur Prüfung zu erhalten. Durch Herrn von Freeden, Direktor der norddeutschen Seewarte in Hamburg, wurde mir mitgetheilt, dafs Moose und Pflanzen der Insel an Herrn Hofrath Bartling in Göttingen schon im Oktober v. J. gesendet worden und von demselben erhielt ich alsbald ein 260 Sitzung der physikalisch-matkematischen Klasse Kästchen mit trocknen Moosen und Erdproben, wie sie bei der Landung im Belsund in eine Kiste eingeschlossen worden waren. Da meinen von Herrn Hofrath Bartling speciell darüber einge- zogenen Nachrichten zufolge, nach Herausnahme der botanisch nützlichen, zum Theil noch lebenden Pflanzen, die übrigen Moos- und Erdreste unvermischt und, wenn auch leicht bedeckt, seit Oktober von: ihm bei Seite gesetzt worden waren, so sind die mir übersandten Gegenstände wohl als ursprüngliche unver- änderte Oberflächenverhältnisse der Insel zu betrachten. Ich habe nun durch Übergiefsung einiger Moosrasenstücke und Erdproben mit destillirtem Wasser jene von mir schon oft und in einigen Fällen mit sehr auffällig gutem Erfolge ange- wendete Methode wieder benutzt, um etwa zu rascher Ent- wickelung noch taugliche kleine Thiere lebend zur Anschauung zu erhalten. In drei kleinen Porzellangefälsen aufgeweichte Moosrasenstücke trübten das Wasser bei ihrem Druck und diese Trübung wurde in Uhrgläser aufgefangen und nachdem ein Bo- densatz das Wasser abgeklärt hatte, wurde mit einem feinen Federpinsel von dem Bodensatz' etwas auf den ÖObjektträger gebracht. Am anderen Morgen zeigten sich in diesen Boden- verhältnissen und oft auch an der Oberfläche des Wassers viele sich lebhaft schlängelnde Anguillulae, verschiedene Oxytrichen und Arcellen. Bei weiterem Durchmustern fanden sich bis jetzt folgende nennbare Formen, von'denen zwischen mehr oder weniger aufgelösten zelligen Pflanzentheilen und gröberen und feineren Sandkörnchen, sich die zuerst in. der folgenden Reihe verzeichneten 7 Polygastern mit den beiden Anguillulis munter bewegten. | Verzeichnifs der sämmtlichen beobachteten Arten: POLYGASTERN: Kolpoda cucullulus. Oxytricha pellionella? Stylonichia pustulata ? Trichodina tentaculata? Arcella n. sp.? Monas. Vorticella microstoma? Diffiugia areolata vom 15. Marz 1869. 261 Difflugia microstoma Eunotia amphyoxis. Fragillaria striata. Pinnularia affinis. — borealis Stauroneis. lebende NEMATOIDEN: Anguillula longicaudis — . brevieanudis. ROTATORIA: Callidina alpium. Ei eines Räderthieres? ‚1 Acaroid. Um die volle Sicherheit zu erlangen, dafs auch in dem aus einer Apotheke bezogenen destillirten Wasser lebende Or- ganismen sich nicht befanden, wurde ein Theil des Wassers von Neuem bis zum Kochen erhitzt und nach dem Abkühlen auf dergleichen ‚Spitzbergensche: trockene Moostheile in einem reinen Glase gegofsen und die Mündung des Glases mit Pa- pier überbunden. Auch in diesen Versuchen zeigten sich nach 15 Stunden über Nacht entwickelte gröfse voll ausgebildete Anguillulae, Oxytrichen u. s. w. Die sorgfältig in ähnlicher Weise gemachte Beobachtung an inländischen Moosarten von Berlin‘. ist früher von mir mitgetheilt, wörden und in den Mo- natsberichten beschrieben. Es darf hierbei nicht unbemerkt bleiben, dafs in der grofsen Zahl der von mir bereits in der Mikrogeologie publicirten Analy- sen von Oberflächenerden aller Erdtheile nur so selten lebende Formen angezeigt worden sind. und dafs besonders auch eine sehr grofse Sorgfalt auf die Analsyen der von den Hrn. Schla- gintweit gesammelten himalayischen Alpenerden von 21,000 Fufs Höhe gewandt worden, die zwar viele Formen erkennen liefsen, von denen aber keine wieder zum Leben erweckt werden konnte. Ebenso waren die Baumformen von Venezuela so we- nig als die der Cedern des Libanon zu wirklicher Lebensthätig- keit zurückzuführen. Es geht hieraus hervor, dafs auch dieses ok Leben, dessen sehr im Wachsen begriffene Massenerkenntnilse 262 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse immermehr Theilnahme erlangen dürften, keineswegs maschie- nenmälsig durch Wasser in Thätigkeit versetzt wird und dafs das Aufquellen mit Scheinbewegung auch bei ihnen scharf un- terschieden werden mufs von wahrer Lebensthätigkeit, die bald kärglich, bald reich und in aller Freiheit hervortreten kann. Die auf den Dächern unserer Häuser in Moosrasen und Dach- rinnen bei glühender Sonne sich erhaltenden Lebensformen sterben, wie man jetzt genugsam weils, dann ab, wenn sie schutzlos solcher Hitze ausgesetzt werden. So ist denn das Wiederaufleben bei zugeführtem Wasser keineswegs eine physikalische Erscheinung, welche unter glei- chen Bedingungen stets eintritt, sondern überall, wo es von mir beobachtet worden, das Anfachen eines noch nicht erlosche- nen Lebensfunkens oft unter vielen des Todes Verblichenen. Dafs i. J. 1844 von der Reise des Kapitain I. Rofs lebende Formen des Südpols durch Hooker gesammelt, in Berlin lebend be- obachtet werden konnten (Monatsb. 1844 p.182) und dafs lebende Formen von New-York in Berlin beobachtet worden, findet sich in den Abhandlungen der Akademie 1841 p. 333. Zu dem hier vorgelegten Verzeichnifs der mikroskopischen selbstständigen Lebensformen von Spitzbergen, von denen 9 wieder vollständig als ausgewachsene Thierformen zu einem kräftigen Leben zu- rückgekehrt sind und sich weiter vermehrt haben, möge ‘noch bemerkt werden, dafs Eunotia amphyowis, Pinnularia borealis und Callidina alpium als zu den den letzten Polarformen bei- der Pole und den höchsten Alpenformen verschiedener Erd- theile gehörend, hervorgetreten sind. Mit der Gesammtzahl dieser Inselformen beträgt die Summe der aus dem Material der Ger- mania hervorgegangenen Arten des hiermit bekannt werdenden kleinen Polarlebens 82 Formen. x u ni j fe » ag een x | 0% wm 3 ee a ET Bern Bun ’ u. 5 " .. e PN? F v 1" 1.) , i . Io - ® ; Be =. BE 808%] GET RE a ee OR E EIERN: 5 nn EURER TÄRTR TERN NEE: - N ee N a 2 Q N \ a & \ | 3 ' M A i i m hi J ren 2 FRI ES EN N a BEE eg ee u Er ne a So - 1 e Be TERFANN u r ' > & ES j A a ki Y 3 , FR . \ une ir je d- ee x Br ea den R 1} so 4 y ; er , Kt = k > 2 er. 12 ENDEN RE SE ET a nie ee le PPRRBER. % : EB an an ak > Fr re ng 0 0 EEE TEEN BEN ee ne Be e ; - y —. Br re ee er a E £ r* 5 > ee en 2 = F- ide; R Br j ; 3 % : F : u DE 5: BEI RE 5 Pr r ’ r N E Be 3 N ? B ” { h . 4 ; 5 \ K k 4 f ve - I W h D PR en — m 2 u Ei: s 1: SRH! RE oz ; rR i = z KERN: SIE J KLERFALITIREN ST. L { a De ’ - i en Porz pe - s 1 ; BEN re an ere Aen nengainn PEESBEER > y . > ) X, er = REN EERZESE en ap en a Be rk ee Kai er F 78 Re. ei Br ER 2 i f ud N ER Et Due: y „ r E? ee ER un ri BT EB NE A IT o > en nen en ah ren ze ee chen ee ce m een Eee ee he u er ee ee = Bag ae R 5“ ee EEE ger * ;* N j\ > hr . " E ” d a = y sy BE he Bags a a? "ale we. a FF: rn ehren BB: Ten nen a rn en ee 4 1 Übersicht der durch die Germania gewonnenen ten, Ss. |. Sir Sl Season en SE Satreäle sleixe/ialia]|eo 2i2el2)2|2l8l2|8|i#=|=|=|=|1S|5|= [sl Se ee Bee ee Die Ausrufungszeichen deuten zalreiche & & S = 5 & a a = = = = eI|2ı12 8 a = E3 Formen und die Sternchen vor den ll ie = 83 sı|8s|Ie|ia et S iu yo SER ESS [en] Namen Anwesenheit der gleichen z2|\2 2 z2|2 Z > Z > > = = So S = = R & Form im Verzeichnifs der Davis- = 3 « “ “ al “ a 5 3 - z| 2| 2 2 z z zız2ı z ® Strafse 1862 un. 3/8/8/2|28/2]8|2 313 3/e818]8j8]8|ele|.|. S|=|5)8/RıR aj=jsjejejale). sw) ee = 3 3 2 iSloloa|® a)=)5| 2] oloje|ıs|alsiceisisicekhie sis: 1 2 6) 1 2 = S = = 3 6| 17 | 20 2ı |28 2225| 29 | 30 | 31 | 32 8a] 35 | 8 | 97 | 58 ® POLYGASTERN: 21 Coceoneis lineata 5 ö 5 & ® 5 . R © a > a ö = B ci x 3 _ striata © a . » - I + n Coscinodisceus u er & & 3 S 5 ö S 5 ° 5 B S c 5 5 . EEE, * _ subtilis . . . e - H . . “ . & 5 . | + I + Salate : , SE Discoplea laevis n. sp. Zee nee in : P e ö “ ö n E : e ö . ala, — paradoxa n. sp. - ö . E © B . - ö . R B o = . . +? — punctata E B 5 Salate Dicetyocha borealis n. sp. +?)| | * Diploneis Apis (didyma) ö ö . . . e . . . . “ . B [+ Es DiNzE * —_ glacialis Bear ||... ‚Eunotia amphioxys > & 5 © . R . Ö ö . 6 6 | + Fragillaria ? 5 5 0 . “ Ban || a. || de Pinnularia asperula R ö ö ln n . 5 . B 0 . . . - en. ealbaleee _ viridula B ö 5 [tl = — ? = . 3 = “ a . . . . Ö . . 5 + ta Navicula ? ee len: +?| +? Surirella Jastuosa : : & 9 R 6 R Ir | _ 2 R Ö 5 . > ° . 5 5 5 " 2 ..I+% | = ? 5 “ . 5 5 . 5 “ . B ° B . 6 .|+? *Synedra Ulna ? ler 6 B B ö - n E “ 5 . 0. (ar = 9 ® . « ei . 6 . “ « 5 = 5 . © B B a meh? POLYTHALANIEN: on Aristerospira adspersa n. sp. 5 5 . . “ - 9 . . ar _ borealis n. sp. | Ö ar = corticosa n. SP. SER: c > “ S « . D a Calcarına ? 'paradoxa n. Sp. . . . . . > . . o H k . Dr & R . 5 ä n | + Dexiopora horealis n. sp. N ae ee Dexiospira borealis n. Sp. R © 5 ö 5 5 5 +|-+ { Megathyra dilatata - SURER ar | Nodosaria balaenarum n. sp. - . . 5 - . « |: ar Nonionina ? - - |: . Sr Polythalamia ? ehe e Rotalia juv. ? s a o R 5 b . 6 6 B 6 & eh — groenlandica n. sp. az = * — senaria A a ! —_ ? A te ES el er cell |. Blase ‚Strophoconus ? Ar [et Textillaria ? ar | Planulina Koldeweyi n. sp. | . PoLxoxstnEn: 2 . . B . e R . ? Dictyocephala ö 5 3 ö D | 2 “ ü 5 0 an * Haliomma radiatum ü Sr | ZOOLITHARIEN: 5 Coniodendrum amphidiscus n. sp. © B E ol Sr | j Coniodichtum tubulosum n. sp. - . . . - Ws: « . san == microporum 2 5 x 2 5 . sb 3 lassen Se Coniasterias triceros . . - a a | Conioraphis calcarata n. sp. 5 Ö . . . Ger 3 n ü R 5 3 Be + PHYTOLITHARIEN: 19 “7. A +! * Amphidiscus Anceps D D . - . * Spongolithis aciculanıs Sl let elite Sy ar Dr Be ll ar en SE Ele EB Er _ ac. var. inflexa o ö . ® ö S 2 2 £ 5 r ? . EN aspera au sel ar au . o . 2 + + +? — amblyongongyla 2 a 9 o o _ bifrons n. sp. . - Sl lin le —_ calcarata . 5 1 + 0 canalieularis . a 2 D Bi 5 3 Be“ a TE 0 Caput serpentis D ar . ar cenocephala sellmc ah ernli.06 a. Clavus ® | + . + a D I +| + >> — var, b . R . B ul 6 le Fustis Seele. | Ser le — cfr. Monile “ . . b B 3. Nais Be —_ Pulsabulum 5 5 5 ö 3 = = 5 .|+? _ Triceros > = D » | + pen uncinata “ . « I +| Lithosphaera globosa . 5 a . GEOLITHIEN: 2 * Dietyolithis megapora — _ ‚miergpora ur I x ; 5 \ >= gen ck +. een iger A Pe. RT OR Ps I a a . a EN hr Sa > RER. : : =: i ee a Be! 340 de 1az an ne a ER REINE EEE _— EEE in 7 ERRUEER. PRESS ao au ininz , EEE I EEE NASE a E an en an u Pu) 3 v Er » | Arsosse A, I5,H Tate Er a ee an nn ann Be N BEER BRD SEINE FERN I u » 9 v . . 5 ne u se ne nn eg u ® 99.6. Pet 1822.90 N NE RE BEER n ER EEE BEREIT EEE un Au er F \ ne er nen en et Tamne Sneden wne SEEN on t j ; 1 = en EEE ET ION & ee ee. >; ne ER Er hr . - rer pe, Er g 5 m un —— N vom 15. März 1869. 263 "Übersicht der von der ersten Deutschen Nordfahrt mitgebrachten Proben Seebodens nach wachsender Breite geordnet. Die Örtlichkeiten, welche gröberes Geröll ohne Tiefgruudschlamm ergaben, mithin eine tiefe Meeresströmung anzeigen, sind durch Sternchen bemerkt. Laufende Datum Aurashea En Boilımp Schiffsbreite | Schiffslänge Tiefe 24 August 5. 73° 23° N. | 17° 22’W. | 140 Faden 3 3, IP IN.) To AORWe 0200 0, 25 jurnlh 73T wet Te 54 Juni 27. 250.15 Nr). 30, War 2405 5 *19 Juli 6. 75° 20" N. 21,13 ©: 2.05 18 a 79 "32 N. 200 9070: 2 Eupen 21 any: 75 Su 1 o: A 17 RR 159.38 N. .4.239. 94° 0, 30: 20 Be. 7a 39 N. | f3.,48- 0. 4 „ +14 Jans, TI AROT NINO HG! 309°, *13 Se; 7542 N«lm2230294 O: DON, *12 nn 252 43 N: ‚212590, 9.0 2 Juni 27. Se a a ae Pe id ser a *15 Juli 5. 75945/,N3172257750 DER 16 AIR 75° 45 N. | 23° 24’ 0. dan *11 BR 5.6. N. | 90312 0, rege *10 ne TI NSINEO U IS RIGARGN ar *9 4 5; 759 5415:N; or 209,25, Da 3 Juni 27. TA Ho N, +1 2100 1 WW... 150, 5 *g Juli 4. 75° 98.N.., 20° 14 O: BI ’7 IW4 15°:59 N.) 289 55% 0: 304.0, 5 nt 769%:,3,.N»415 199. 47°: O. 8 6 nn 76° 3 N. |. 19,47 © Bor 4 Be 10° SOHN AD GE. 300. 6, *22 Mn ZEN 19; 35, *26 August 17 79° A’ N. .| 10° .&,0. iE, . 34 ) 73° 19 ‘N. | 20° 52 0, 3 Ep EYES 79 ıy9 N. | 21° 0 0. ana, 36 53:80 TEL 21954670; DS 20 SEREN| zZ dUN. .. 10, 22 ©. Sn +28 Eu TI Da N® | 11080, 2, 29 enlıtst7 79° 58’ N. | 11° 46’ O. She, 30 BES 5 N 79°. 59.N. | .11° 52°,0. 38 5; A 307 0 °N7 13° 582 0. 80 +33 FRAGE 8° ON. | 14° 8 0. 4, 31 on VE 80 Net, ©: 80, 39 September 14. 80° 16’.N. 13° 37 O0. N , 37 a 1%.1 30°.28. W. 1. 19° 88.0, DON, 38 , LAN SHMITEN. 16957 0. aaa‘ 264 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ‚Hr. Rammelsberg machte eine fernere Mittheilung über die natürlichen Tantal- und Niob-Verbindungen. Hr. Dove theilte eine von Dr. Rühlmann in Carlsruhe ausgeführte Untersuchung über das Höhenmessen mit dem Barometer mit. Aus Beobachtungen, welche derselbe mit Dr. Albrecht im Jahre 1864 am Valtenberg in Sachsen (Höhendifferenz beider Stationen 869 par. Fufs) angestellt hatte und aus‘ 6 jährigen Mitteln der meteorologischen Beobachtungen, welche in Genf und auf dem grofsen St. Bernhardt unter Plan- tamour’s Leitung angestellt werden (Höhendifferenz 2070 Met.) haben sich folgende Erfahrungsresultate ergeben: 1, Die aus Barometer- und Thermometerbeobachtungen gerechneten Höhen sind im Allgemeinen am Tage wesentlich gröfser als bei Nacht, sie zeigen eine be- deutende tägliche Periode. Die barometrisch bestimmten Höhen erreichen ihr Maximum kurz vor der Zeit der höchsten Tages- temperatur (also meist gegen 1”), sinken dann rasch während des Nachmittags, langsamer während der Nacht und erreichen. ihren kleinsten Werth nahe zur selben Zeit, wo auch die Temperatur am niedrigsten ist. Vom Minimum aus steigt die Curve dann rasch und steil bis zum Maximum ‚gegen Mittag. Ein kleines relatives Maximum, ungefähr 2 bis 3 Stunden vor dem Minimum scheint mehrfach angedeutet, tritt aber nicht immer unzweifelhaft hervor. Die tägliche Periode zeigt sich ferner nur deutlich bei Tagen, an denen bei nahe wolkenlosem Himmel eine regelmäfsige Bestrahlung durch die Sonne bei Tage und eine ungestörte Ausstrahlung der Wärme des Erdbodens gegen den kalten Himmelsraum statt- findet. | An trüben oder windigen Tagen vermindert sich die Amplitude der Periode sehr, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Die Grölse der täglichen ! vom 15. März 1869. 265 Periode ist auch von den lokalen Verhältnissen sehr abhängig, sie scheint besonders da wesentlich her- vorzutreten, wo die Aus- und Einstrahlungsfähigkeit des Bodens für die Wärme grofs, die Wärmecapa- cität desselben aber gering ist. Nur für kurze Zeit kann dieselbe durch zu- fällige Störungen der normalen Verhältnifse Baur zum Verschwinden gebracht werden. Der Character der täglichen Periode ist in den einzelnen Monaten, den sehr verschiedenen Um- ständen der Jahreszeiten entsprechend, sehr ver- schieden. Die Sommermonate zeigen sehr grofse Ausdehnung der täglichen Periode (mit einer mitt- leren Amplitude von 40Met. bei einer Höhe von 2070 Met.) wärend dieselbe in den Herbst und Win- termonaten sehr klein wird, im December aber fast ganz verschwindet (die mittlere Amplitude beträgt für die gleiche Höhe dann nur noch 15 Met.). 4. ‘Die aus Tages- und Monatsmitteln gerechneten Hö- hen zeigen eine jährliche Periode. Dieselben sind im Winter zu klein und im Sommer zu grols. Die Amplitude der jährlichen Periode ist jedoch geringer als die der täglichen. 9. Die Jahresmittel meteorologischer Berbacktuiieh geben Höhen, welche von den wahren Werthen sich immer nur sehr wenig entfernen. 6. Die Perioden der barometrisch gefundenen Höhen, die tägliche sowohl als die jährliche, zerfallen in zwei Theile, von denen der eine, und zwar der bei weitem grölsern von den Variationen der Tempe- “ratur und der ‘andere von den Variationen der Ba- rometerstände herkommt. Die tägliche und die jährliche Periode der barometrischen .Höhenmessungen rühren davon her, dafs dem Luftgewichte, welches zur Basis der Rechnung dient, falche Temperaturen zugeschrieben werden, wenn das arithmetische Mittel der Ther- mometerablesungen an der obern und untern Station oder sonst eine einfache Funktion derselben als Lufttemperatur eingeführt wird. 266 Öffentliche Sitzung Die Methode,‘ nach welcher diese Temperatur zu be- stimmen ist, wird der‘ Verfasser in einem besondern Werke veröffentlichen. . 18. März. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstages So er des Königs. Der an diesem Tage vorsitzende Secretar, Hr. du Bois- Reymond, eröffnete die Sitzung mit folgender Rede: Die Akademie feiert nach ihren Statuten schon heute das nahe Geburtsfest Seiner Majestät des Königs, ihres erhabenen und huldvollen Beschützers. Gern sieht unsere Körperschaft alljährlich diese Gelegen- heit wiederkehren, es öffentlich auszusprechen, dafs sie in der Zurückgezogenheit ihres Berufes, und in Arbeiten vertieft, für die es keine Schranke des Staates und Volksthums giebt, sich doch als ein Glied des Gemeinwesens 'empfindet. Als eine deutsche Akademie vermag sie, gemäfs einem der edelsten Züge deutscher Eigenart, das Feld ihrer Thätig- keit, die reine Wissenschaft, sich nur vorzustellen als das gemeinsame Arbeitsgebiet der Forscher aller Nationen, offen wie die hohe See jeder Flagge, nur nicht der Piratenflagge der Unwahrheit. Sie begreift nicht den Zustand jener Ge- lehrten des Auslandes, für die nicht da ist, ‘was jenseit ihrer Sprachgrenze geschieht, geschweige den Chauvinismus in der Wissenschaft, für den es keine Entdeckungen giebt, als nationale, und keine Form der Anerkennung fremdländischer Entdeckungen, als, wo sie nicht länger zu ignoriren sind, deren . irgendwie bewirkte Nationalisirung. Wie Goethe von einer Weltliteratur sprach, so lebt die Akademie in einer Weltwissen- schaft. Im Innersten weltbürgerlich gesinnt, fühlt sie sich als eine der Mutterlogen jener modernen Freimaurerei, deren Brüder, über den Erdball verbreitet, am lichten Tage das Werk der Erhebung und Befreiung der Menschheit treiben, und um sich vom 18. März 1869. | 267 zu erkennen keines Geheimzeichens bedürfen, nur des Grusses im Namen der Wissenschaft. Der heutige Tag aber lenkt von solcher Höhe der An- schauung, in der sie sonst Luft und Licht sucht, den Blick der Akademie auf den Boden, in dem sie wurzelt, und erinnert sie daran, dafs sie die Akademie der Preufsischen Könige ist. Nur fünfundzwanzig Jahre nach der Schlacht bei Fehrbellin, die seine äufsere Macht begründete, und nur funfzehn Jahre nach der. Aufnahme der Refugies, die ihm die ersten bürgerlichen Culturelemente zuführte, schuf der kleine Brandenburgische Staat nach umfassendem Plane diese Societät der Wissen- schaften, wie er, gleichsam im Vorgefühl seiner grofsen Ge- schicke, weit über seine damaligen Verhältnisse hinaus Neh- ring’s Zeughaus und Schlüter’s Königsbau erstehen liefs. Nur ein Menschenalter früher hatte das mächtige Frankreich seine Academie des Sciences erhalten, das altberühmte Eng- land seine Royal Society sich bilden sehen. Es ist kein Zu- fall, vielmehr bezeichnend für den Geist, der die Preulsische Monarchie in’s Leben rief, dafs die so spät nachgeborne unter den Europäischen Grofsmächten so des drittältesten unter den grofsen Gelehrtenvereinen sich rühmen darf. Keine Aka- demie hat so lange fortgesetzte innige und glorreiche Be- ziehungen zu dem Fürstenhause ihres Landes gehabt,‘ wie diese. Während Buffon im. Boudoir einer Pompadour Schutz für Daubenton gegen Reaumur’s Bedrückungen suchte, warb der Sieger von Rossbach, der Neubegründer der Akademie in: dem von ihm neubegründeten Staate, mit seinen eigenen literarischen Arbeiten um den Beifall unserer Vorgänger auf diesen Sesseln.. Dann hebt sich vor uns das Bild Alexander von: Humboldt’s, der während der letzten zwanzig Jahre seines ruhmgekrönten Lebens zwischen dem musenfreundlichen Könige Friedrich Wilhelm IV. und der Akademie eine Verbindung unterhielt, wie nur der seltenste Zusammenflufs von Umständen und persönlichen Eigenschaften sie ermöglichte. Warten auch jenseit des Rheines glänzendere Ehren eines hochgestiegenen Gelehrten, als bei uns; wurden in unserem bürgerlichen Preufsen Boeckh und Jakob Grimm, Johannes Müller und Mitscherlich nicht zu Baronen und Pairs er- 268 Öffentliche Sitzung nannt; was gleicht dem Gefühl tiefen, nie getäuschten Ver- trauens, mit dem die Berliner Akademie sich — ‘dem Könige von Preufsen nahen darf! | Heute, wo nach kurzem, gewaltigem Sturme die‘ See des Völkerlebens noch immer hohl geht, theilt die Akademie vor Allem die Empfindungen des Dankes, mit denen die unbe- fangen urtheilenden Deutschen zu König Wilhelm’s sieghafter Gestalt emporblicken. Ist es in höherem Sinne tragisch, wenn herrliche Gaben, edle Gesinnung, mühevolles Streben einem schleichenden Verhängnifs erliegen, das auf dem Boden gege- bener, unseliger Verhältnisse durch Schwächen und Irrungen, aber auch durch Tugenden und löbliche Handlungen des Hel- den heraufgeführt wird: so war tragisch das Loos des deut- schen Volkes in der Neuzeit bis vor noch’ nicht drei Jahren. Mit wie bitteren Gefühlen, 'aus Ingrimm und Verzagtheit ge- mischt, waren die Deutschen gewohnt, gegenüber dem von Natur: und Geschichte begünstigten, übermüthigen Auslande ihre Zer- rissenheit, ihre Ohnmacht einzugestehen! Wie karg erschien selbst uns, denen doch die Wissenschaft zumeist am Herzen liegt, der Trost einer angeblichen Ueberlegenheit auf geisti- gem Gebiete! Aus dieser das deutsche Leben vergiftenden Qual, in welcher die nach den Freiheitskriegen Gebornen aufwuchsen, "hat König Wilhelm’s kühner Entschlufs uns erlöst. Sie liegt hinter uns wie ein böser Traum, in dessen Pein wir. am Morgen uns nicht mehr hineindenken können. Zum ersten Male seit langer Zeit schreitet das deutsche Volk erhobenen Hauptes einher, gleich Einem, der von schimpflicher Anklage in ritterlichem Kampfe sich gereinigt hat. Die Geringschätzung, mit der man sonst Deutschland begegnete, ist einer Furcht vor ihm gewichen, die keinen anderen Grund hat, als dafs man sich im Stillen bewufst ist, wie frevlen Gebrauch von so’ plötz- lich erlangter Uebermacht man selber wahrscheinlich gemacht . hätte. Ja, die schnellen, starken, sicheren Schläge von 1866 haben bewirkt, was nicht unsere Eisenbahnen und Telegraphen, nicht unser Handel und Gewerbefleifs, nicht unsere Labora- torien und naturwissenschaftlichen‘ Lehranstalten vermochten: die Deutschen haben über Nacht aufgehört, dem Auslande ein vom 18. Mürz 1869. 269 Volk unpraktischer Grübler, in nebelhafte Speculation versun- kener Schwärmer zu sein. Für solche Wohlthat also, an der widerwillig auch die 'ehe-- maligen Gegner Theil haben, zollen wir an diesem Tage wieder unseren Dank dem Manne auf dem Throne, den. das Schicksal Preufsen zur guten Stunde beschied. Wir zollen den Dank, ohne an der Gabe zu mäkeln, und überlassen es Anderen, die Wirklichkeit zu „hassen, weil nicht alle Blüthenträume reiften.* Denn wir wissen, dafs Nichts in der Welt rein geschieht, dafs alles Geschehen tausendfältig bedingt wird; dafs, wie unser Wissen Stückwerk ist, wie es die Kunst nur zu einem mehr oder minder trüben Abbild des Schönen bringt, so auch im wirk- lichen Leben der Erfolg stets in. seiner Art beschränkt bleibt. Darum, nicht aus Urtheilslosigkeit oder Liebedienerei, beruhigen wir uns, wenn gleich das: deutsche Vaterland, wie König Wilhelm es uns gab, noch nicht das einst besungene ist; wenn es durch seinen Staatsbau an ein in der Metamorphose begriffenes Geschöpf erinnert, welches neben dem Organen für den kommenden Lebensabschnitt die für den verflossenen noch ansich trägt; wenn die alte Verwaltungsmaschine sich den neuen Aufgaben: vielleicht nicht sogleich in allen Stücken gewachsen zeigt. Viel tiefer jedenfalls schmerzt es uns, dafs im jenseitigen Lager, zu erneuter Schmach des deutschen Namens, nichts- würdiger Landesverrath mit. den schlechtesten Leidenschaften Gallischer Volksart liebäugelt. Es könnte uns auch betrüben, wenn wir glauben müfsten, die Neugestaltung Deutschlands werde, wie man nicht selten versichern hört, einen ungünstigen Einflufs auf das deutsche Geistesleben im Ganzen und: Grofsen üben.‘ Es wäre traurig, wenn Deutschland seine Stelle unter den Völkern nur erringen sollte auf Kosten der Güter, die ihm sonst die theuersten sind; die in Zeiten der Erniedrigung ihm Trost gewährten und als Feuersäule den Weg durch die Wüste wiesen; wenn es die Kleinstaaterei nicht los werden könnte, ohne von der geistigen Höhe herabzusteigen, die es zum Theil allerdings ihr verdankt; wenn es nicht aufhören könnte zerrissen zu sein wie Hellas, ohne barbarisch zu werden wie Rom. 270 | Öffentliche Sitzung Gewifs ist zu,bedauern, dafs bei jener Neugestaltung schon drei Universitäten, darunter eine hochberühmte, die Selbständigkeit ver- loren, vermöge deren sie früher zum Vortheil der Wissenschaft mit den preufsischen Hochschulen wetteiferten; und es wäre sicher be- denklich, wenn noch mehr deutsche Universitäten so in Eine Hand geriethen, ohne dafs ihnen eine Autonomie in der Berufung von Lehrern bliebe, die sie in Stand setzte, jene nützliche Concurrenz fortzuführen. Auf alle Fälle beweist die Blüthe der Englischen, Schottischen, Irischen Hochschulen und Gelehrtenvereine, dafs po- litische Einheit sich sehr gut mit der Selbständigkeit im Lande zerstreuter literarischer und wissenschaftlicher Mittelpunkte ver- trägt. An geistiger Unabhängigkeit übertreffen die Deutschen alle Völker, auch die Britten, und so ist offenbar dies das richtige Bei- spiel, nicht, worauf sich die Gegenansicht beruft, die geistige Verödung der französischen Provinz durch eine Alles aufsaugende Centralisation. Nie wäre dieser ihr verderbliches Werk ge- lungen, kennte ‘nicht, wie in politischen Dingen, so auch in Dingen des Geistes der französische Volkscharakter nur die beiden Extreme: unbändiges Niederwerfen jeder Schranke oder knechtisches Beugen unter Despotie. Würde je das deutsche Volk einer deutschen Akademie der schönen Literatur die un- bedingte Macht zu binden und zu lösen in der Sprache, zu ca- nonisiren in der Literatur einräumen, welche die Academie fran- caise trotz allen Wandlungen um sie her stets besals, und die ihr auch Hrn. Lanfrey’s scharfe Kritik ihres Wesens in seiner Geschichte Napoleon’s I. nicht schmälern wird? Hat man in Deutschland auch nur einen Begriff von der Allgemeingültig- keit ihrer Entscheidungen, von der Heiligkeit, mit der die offi- cielle Weihe den Namen eines französischen Gelehrten oder Schriftstellers umgiebt? Gerade so wenig würde, auch bei noch so grofsem Übergewicht einer gewaltigen Hauptstadt, Deutschland je des Vortheiles ganz verlustig gehen, der für die Entwickelung seines Geisteslebens ihm daraus erwuchs, dafs die gegenseitige Überwachung zahlreicher, in Aller Augen ebenbürtiger Pflegestätten der Wissenschaft lange keine Irrlehre unaufgedeckt, keine Wahrheit verkannt, keine Einseitigkeit ohne Gegenwirkung, keinen Übergriff ohne Zurechtweisung liels. vom 18. März 1869, 971 Wenn es erlaubt ist, in der Geschichte aus der öfteren Wiederkehr derselben Folge von Erscheinungen zu schliefsen auf ein sie verknüpfendes, stets gleich wirkendes Gesetz, so dürfte im Gegentheil während der kommenden Jahrzehnde ein erneuter geistiger Aufschwung unserem Lande bevorstehen. Auf die Machtentfaltung des Brandenburgischen Staates zu.Ende des 17. Jahrhunderts folgte die Stiftung dieser Akademie mit Leibnitz zum Präsidenten. Auf die Machtentfaltung Preufsens unter Friedrich dem Grolsen folgte, unmittelbar durch ihn heraufgeführt, eine Glanzepoche der Akademie, und wenigstens mittelbar durch ihn erregt, eine gewaltige Bewegung der Geister in Norddeutschland. Auf die dritte grofse Machtentfaltung Preu- fsens in den Freiheitskriegen endlich folgte unter Friedrich Wilhelm’s III. erleuchteter Regierung die Entwickelung der Berliner Universität, und ihr entspriefsend eine Blüthezeit der Wissenschaft in Preufsen, bei deren Andenken uns, die wir damals zu den Fülsen der Meister safsen, das Gefühl nie verläfst, ein Geschlecht von Epigonen zu sein. Wäre die Hoffnung zu gewagt, so werde auch die jüngste Entwickelungsphase Preufsens, welche mehr als alle früheren für seinen weltgeschichtlichen Beruf entscheidend ward, noch geistige Frucht tragen? Wie bisher in jeder aufsteigenden Pe- riode unserer Geschichte werde auch diesmal in dem Maalfse, wie dieser Beruf in den Vorgrund tritt, der wahre preufsische Geist einen Sieg feiern? Das ist der Geist, der neben dem preulsischen Heldenthum in Friedrich selber den höchsten persönlichen Ausdruck fand; der, in anderen Zeiten in anderen Formen wirkend, für Gewissensfreiheit den grofsen Churfürsten wider den Dragonnadenkönig in die Schranken rief, und durch Wilhelm von Humboldt und Altenstein Preu- fsen zum Staate der Intelligenz erhob. Das ist der kühne freie klare hochschwebende Geist voraussetzungsloser Kritik, der in Preufsen nicht blofs in Akademieen sich verschlielst; der Geist, dessen ungehemmtes Walten auf jeder Stufe der Volksbildung, in ihr angemessener Erscheinungsweise, so wesentlich zu Preu- fsens Gröfse beitrug. Gleich dem Blinkfeuer eines Leucht- thurmes kann dieser Geist zeitweise an Glanz abnehmen, ja verschwunden scheinen, doch er verlischt nicht; und nach dem [1869.] 19 272 Öffentliche Sitzung vom 18. März 1869. früheren Verlaufe der Geschichte zu urtheilen, mufs er jetzt einem neuen Gipfel der Helligkeit entgegengehen. So blicken wir für beide, für den Staat wie für die Wis- senschaft, getrost in die Zukunft, und vertrauen der König- lichen Weisheit und Stärke, denen schon so Grofses gelang, und denen wir heute abermals für ein Jahr friedlichen Gedei- hens zu danken haben. Sei es uns schliefslich vergönnt, sie über die Schwelle des neuen für sie anbrechenden Jahres mit unseren heifsen ehrfurchtsvollen Wünschen zu geleiten. Was immer dies Jahr bringe, Alles was die Herzen in Norddeutsch- land schlagen macht, findet auch in diesen, der Wissenschaft geweihten Räumen einen Wiederhall. Nachdem sodann der Vorsitzende den statutenmälsigen Be- richt über die Thätigkeit der Akademie während des ver- flossenen Jahres erstattet hatte, las Hr. Haupt in Abwesenheit des Hrn. Mommsen eine Abhandlung über die Erzäh- lung vom Gnaeus Marcius Coriolanus. MONATSBERICHT | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Aprıl 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr du Bois-Reymond. 5. April. Sitzung der philosophisch -histo- rischen Klasse. Hr. Riedel las über die Verbesserung der Brandenburgi- schen Gerichtsverfassung durch den Kurfürsten Friedrich II. Hr Bekker sprach über misbrauch des apostrophs, Der apostroph wird im Grichischen gesezt zwischen zwei wörter, deren erstes seinen endvocal aufgibt um nicht hiatus zu machen mit dem anfangsvocal des zweiten: r«ür’ 2do£&’ dta0eg- zevsıv. wie weit die scheu vor dem hiatus reiche, dürfte für die prosa schwer sein fest zu stellen: handschriften wenigstens geben darüber keine sicherheit, stimmen vielmehr in den mei- sten fällen weder mit sich selbst überein noch unter einander: in versen dagegen, zumal in Attischen, scheint apostrophirt zu werden so oft irgend vocale. sich begegnen, bisweilen sogar auf kosten der verständlichkeit. so lesen wir bei schauspildichtern _pronominalformen in unzal elidirt: | us 0 dmarraku boßw US ©’ OAcmevov arevw cbeü\zys E) ); J NE J ’ 27 3.2.3 ’ [7] ) Avams' ws ©’ Emoreipw marcı ws a’ amazısy Ws oüx ag’ Zus? Av m Faras Asia Ws Fam iAmdwv ouX%, DV mep BEimeıumov siredsbaunv wg 0 Eyyı yis ariewsı > ‚ ‚ Yy Li % Kadnsins u6 0’ Armada Mario nes yap 6 venvisaag [1869.] 20 274 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse J 9 € ’ n N > \ = ’ ws 0’ Eis Eormegmv TWS 0’ av aDA0s yeyws Aıyev Iery- S „4.3 ’ 58 3% ä 5 e area MW © MMOTTATW TOUO : MIOA0U HWuOovrog eis „9 \ ER \ Y 5 A ” y 6) ’ = EAmıS ray zaradbuyas EXEIı ZaAwv os Eis 0’ averAYwv m „ U u > , 072 ögds YA @zridos zig ©’ amo/2AEmov oMWG 5” I; im Ü » 7 de y 6) EZ} ANIıTTW meodarov Roayovi ozvWw TOoL T90s OT KTOTHOTELT e m - e) J ” „ m e m _> , er BASED) CrTolLat ov Tor NTEDWTWV ROTTRFJCAS o ERÖWTOMEU „7 2 7 , „ ’ 0) P avee m007 0°’ w Avzeı ava& moos 0’ 6 rı or durov \ e ’ 3 > J R ur7 £ ’ „ > Zeus 0 yYerumrwo E140G 05 med 2EeSosıbe Aozıas © avas 9.8 7 vw} \ \ U TOoUMoV puragsı 5’ ovont TOTHE de moso Bus Tuv- ’ ’ „» 3 ’ 0] ,% ES ’ N Öraeus © E00UTRTO 05 ©’ woE moı mooumsuVe TIS 32.20: 2 j ’ I £ aaa) \ ’ o’ w TAYMOV meoseßy pavın meoız © EYE TYATOS Mo- 7 ’ Außdos WMooRANS ©’ aryırv tasgos ?Eorguvsı: begreifen wir aber wie das schon in seiner volständigkeit win- zige c&, nun gar noch beschnitten und eingeschnürt, seines vo- cales verlustig und seinen consonanten von dem voraufgehen- den selben consonanten kaum im stande abzulösen und zu un- terscheiden, also zugleich entseelt und halb entkörpert, wie solch ein dem or so gut wie ganz entzogenes wörtchen den- noch habe gehört und verstanden werden können, und zwar auf beträchtliche entfernung hin, von der büne bis in die äus- sersten zuschauerreihen, oft noch überdis mit dem gewicht der betonung das ein gegensaz darauf legt: 9 3 \ e)] e) J ’ ’ N \ r) 2 OUT. EMARUTOV DUTE © aAyUrw ToAW TE ARME Am © nz € nu U E) $) 3 9 ’ \ 7 \ , omoU oreve 00 © AA Eumuryv ve maps y © $) ke , © m \ Y N) „ ’ AVaTTrevazu YOoLS DUTOS HTAVEID JAEV OLTE © OUTE OUY- > 6) 55, ’ Q Se) ’ I SYovov EIG Vo w yepmıa zarDTavew Ayırdkws dbavrasıı > ’ 3) \ ‚ 37, Aymovs aa Tivö’ yrycaro oder Ü c N} n 79 b) \ SEEN e) 3 \ m. MOTEor vonigeis UISTUYEW EM ES TE TEN T ES TE DAUsCU. - REN N \ $) 3 7 3 \ 8’ =) ’ Mar Aov TEAK 2 TR T MITIAMATE Ey oU MN MOTE Y og e a E] \ \ 3 ’ J > m ’ Tau ws av EImTWw My Ta © Erdbyvw ara ooyn Aerey,Ioı | \ Aa 25, 5 A 3 \ > S / \ Rn zer Ta 7 ODiörmov Ooxeı Olluı MEV RgREIV To YE za Ta © % ,’ e) 4 \ En „> ’ ’ 3 N m Ö W.TRARV AAYYMARTE TE Yovv 7’ EyW) Tor Marris Ei Tor e)] = 4908. dazu kömt dafs der apostroph sich schlecht verträgt mit der interpunetion: wärend dise stilstand gebitet, langt er über die grenzscheide hinüber: vom 5. April 1869. 275 ’ ’ % U J x ’ zeure: 0’ © Aubrawv yap ov mebure mu ey 0° Eriuys” P dir \ m ’ J F EEeAusayv Boorous | Moos TaÜre Bovrsv’, Ws 00° OU e- [4 ’ > 6) =) Ce} 1 Se I b) TÄRTWEVOS KOMTTOS AAN 0UR EaTE ToVTO y % den ©, \ \ ’ ’ a m , ene eyw dag a yv yag EÜgEIH Acıyıv za vw 2 m9, 2 \ N N E) J ’ F 1E JE I AanET" Eyu yap Ei0ov aprıns %Xoovos muraksı ©’ oudev $ e FI Sg, e7] >) E59 0 zarIavwv our cv vıw EEemeumov sig Mayyv Öooos ’ m „ / m 5 Savarov mooraploüs’; aAr? Emony’ ein veüs Em’ "Ag- , „ 7 m \ \ ’ ’ yeınv EOyv zung Emismasdeis Ems 0° adızommv fan Rey > x „ „3, 9% ’ \ m 9, € 8 \ [2 L OU yao EoT Ent Tı ROTE TO Yoraz ws Oswov % Piragyır (| \ ß EN x Ss 9 Q“ \ 5 X \ KEN ev usv Dadıde za zaIyT’" ovdsv yap'cı 4 CU Tov Euuov 5 a \ & DL) y YJ En x 0120V OIANTEIS MoAuv OELp 5 0UX, as For TWV ARTE Zmaoryv 2 ’ „ [N zo@rew vumbev’" ırwsu’ yap. das fält am meisten auf wo im gespräch die interlocutoren wechseln: denn da wird one divination auf beiden seiten der apostroph unmöglich: E) / 7 \ m Y 3% A. Errewa 0’ azous’. B. 2& emoÜ 7’ ouy, ori’ EOvyTaec re ‚ ,’ BD) h ’ A. anodsıs amısrWv mavr. B. amısrrrousı ya f b) e} E) ’ \ , b) PENS) \ 3 2 Ar oür adyaw na Alc 0’. B. oUds nv Eyu . ’ 7, b) PEN „ ) Emonevos ein. B. @rR” oudev error vor mAcoV >>> Ä \ ’ J ’ ’ modanu) ro yavos Ö; B. oIev ai romgeıs ai zadaı J ° / b) ’ (7) [) Ie j} Ä 7) 0: ME TOV Yalımv RTERRAOUV YTovV. BR. 12.22.7127 de 21, e:E 3 = ’ y. ’ 5° E u = ETOGES FEUNN Pepovras TOVTO; B. ovaıo zur bazvuv j) „ [2 3 \ J un Tem m’ osrow zarasyms’; B. ara undsusw 0’ du) m ns =) a} b) \ U mol mapD>evuvers &rdımouc,; B. avo TIRTOV \ >p>> or orIa; Padısr Öeüp’; B. aberw vov 1 aüry Ösugt nev oWv 19° ws zw. B. dv ydı m abe Sonach erheben sich mancherlei bedenken gegen derartige an- wendung des apostrophes, und drängen zu der anname, es sei der damit als ungesprochen bezeichnete vocal denn doch wol gesprochen worden. dafs dis habe geschehn können one me- trischen verstols, zeigt der Lateinische und der Romanische vers. auch Shakspeare, und vermutlich mit ihm alle übrigen Englischen dichter, schreiben mehr sylben als sie dem verse anrechnen: there where my fortune lives, there my life dies. solte nicht ratsam sein so bewärtem vorgang in unsern ausgaben der Grichischen autoren zu folgen und nirgend zu apostrophiren auf gefar der deutlichkeit? 20* 276 Gesammtsitzung 8. April. Gesammtsitzung der Akademie. | wi: Be vr Hr. Haupt las folgende Abhandlung des Hrn. Parthey, ‘Die koptischen Handschriften in Rom. Die Aufschliefsung der ägyptischen Hieroglyphen gelang durch das Studium der koptischen Sprache, und verlieh diesem Studium eine neue, nicht geahnete Wichtigkeit. Seitdem man die Überzeugung gewonnen, dafs die Sprache der Denkmäler aus den Zeiten der Cheops und Mykerinus zu der Sprache der koptischen Bibelübersetzung ungefähr in demselben Verhältnisse stehe, wie das Lateinische zum Italiänischen oder der Ulfilas zum Neuhochdeutschen, seitdem betrat die Hieroglyphenforschung den einzig richtigen Weg, aus dem Bekannten das Unbekannte, aus den überlieferten koptischen Formen den Klang und die Deutung der krausen hieroglyphischen Zeichen zu enträthseln. Bis jetzt beschränkt sich der Sprachschatz des Koptischen auf die theilweisen Übersetzungen des Alten und Neuen Testa- mentes, sowie auf einige Heiligengeschichten und liturgische Werke. Die umfangreiche Probe aus der Profanlitteratur der ägyptischen Gnostiker, die Pistis Sophia, hat zur Bereicherung der Sprache wenig beigetragen, und uns in Betreff des Inhaltes nach ähnlichen Werken nicht eben lüstern gemacht. Von der koptischen Übersetzung des A. T. fehlen immer noch mehrere historische Bücher und die meisten Apokryphen. ‘ Es entstand die Frage, ob diese kirchlichen Schriften irgend- wo in den Bibliotheken verborgen liegen, oder ob man an- nehmen könne, dafs sie vielleicht von den Kopten der ersten christlichen Jahrhunderte gar nicht übersetzt seien, ob man da- her auf eine vollständige koptische Übersetzung des A. T. ver- zichten müsse. Zur Beantwortung dieser Frage schien mir in Rom, der Stadt der Kirchen und Bibliotheken, eine günstige Gelegenheit _ gegeben; ich benutzte einen längeren Aufenthalt daselbst, um die verschiedenen Sammlungen durchzugehn, und die darin ent- haltenen koptischen Handschriften theils nach den vorhandenen Katalogen, theils nach eigner Ansicht zu verzeichnen. Die nachfolgenden Blätter geben das Resultat dieser Bemühungen. vom: 8. April 1869. 277 In vier römischen Bibliotheken finden sich koptische Hand- schriften, 1. in der Propaganda, 2. in der Vaticana, 3. in der Angelica, 4. in der Barberina. Die folgenden Sammlungen besitzen nach den Versicherungen der vorgeordneten Biblio- thekare keine koptischen Handschriften: 1. Aracoeli, 2. Collegid Romano, wo A. Kircher die ersten Fundamente des Koptischen legte, 3. Chisiana, 4. Corsiniana, 5. S. Isidoro, 6. Madonna sopea Mineeva, 7, Bernie, 8. Vallicelliana. I. Propaganda. An Umfang nimmt die Sammlung des Collegio urbano di propaganda fide unstreitig den ersten Platz ein. Sie stammt gröfstentheils aus dem Nachlasse des Kardinales Stefano Borgia (1731 —1804). Wir dürfen hier einen Augenblick bei den Lebensereignissen dieses ausgezeichneten Mannes verweilen, da sie mit den Schicksalen seiner Sammlungen verknüpft sind. Borgia widmete sich früh dem geistlichen Stande, und erstieg nach und nach alle Stufen der römischen hierarchischen Aristo- kratie. Seinen Pallast in Velletri machte er zu einem Museum für Kunst und Wissenschaft. Ihm verdankt man die Bekannt- machung des ersten griechischen Papyrus durch N. Schow (1788). Von befreundeten Missionaren erhielt Borgia fortwäh- rend aus Aegypten Zusendungen von koptischen Handschriften; G. Zoega lieferte ein Verzeichnifs davon, das allen ähnlichen Publikationen zum Muster dienen kann (1810). Im Jahre 1770 zum Vorsteher der Propaganda ernannt, leitete Borgia 20 Jahre lang mit unverdrossenem Eifer dieses Institut, bis es mit ihm von den Stürmen der französischen Revolution ver- schlungen ward. Den Kardinalshut erhielt er im Jahre 1789. Als im Jahre 1797 der französische General Duphot in Rom ermordet ward, ernannte der rathlose Pius VI den Kardinal Borgia zum Statthalter von Rom. Dies machte ihn zum näch- sten Zielpunkte für die Brutalitäten der französischen Macht haber, deren rücksichtslose Willkür nirgend gehässiger hervor- tritt, als in dem Verfahren gegen den wehrlosen Kirchenstaat. Unter einem nichtigen Vorwande ward Borgia von den Fran-- zosen verhaftet, in den Gefängnissen von Civitavechia, Livorno, 278 Gesammtsitzung Florenz, Rovigo herumgeschleppt und endlich freigegeben. Auf dem Conelave in Venedig (1799) vereinigte. Borgia 17 Stimmen der Kardinäle für sich; die Majorität erhielt sein Freund Chia- ramonti, der als Pius VII den wankenden päpstlichen Stuhl bestieg. Borgia kehrte mit Pius VII nach Rom zurück, konnte aber nicht hindern, dafs im Jahre 1800 das Gebäude der Pro- paganda von dem aufgewiegelten römischen Pöbel geplündert, und die berühmte Druckerei von den Franzosen nach Paris entführt ward. Im Spätjahre 1804 begleitete Borgia den Papst auf der Krönungsreise nach Paris, erkrankte unterweges und starb in Lyon den 23. Nov. 1804 im 73. Jahre. Seine reichen wissenschaftlichen Sammlungen fielen nach seinem Tode gröfstentheils an die Propaganda, ein Theil ging nach Neapel (Peyron gramm. copt. p. XIV). In der Propa- ganda nimmt Borgia’s Nachlals ein besonderes Zimmer ein, das die Aufschrift trägt: Museo Borgiano. Die von Zoega verzeichneten 397 koptischen Handschriften sind nicht mehr beisammen. Es fehlen über 200 davon, welche muthmafslich nach Neapel wanderten. Im Museo Borgiano fand ich zwei handschriftliche Ver- zeichnisse der Sammlung, das eine angeblich um das Jahr 1830 gemacht, das andere aus dem Jahre 1856. Das erste ist in zwei gleichlautenden Exemplaren vorhanden: Inventario del Museo della Ch. M. Cardinale Stefano Borgia. Es enthält in 396 fortlaufenden Nummern alle vom Kardinale hinterlassenen Gegenstände nebst einer Taxe der einzelnen Objecte in Seudi und Bajocchi. Das eine Exemplar dieses Inventariums zeigt die Summe von 6895 Scudi 10 Bajocchi, das andere Exemplar giebt 6905 Scudi 10 Bajocchi. Dafs dieses alte Inventarium von einem noch älteren herstamme, sieht man bei No. 366: Venti Iscrizioni antiche, Cristiane, de’ Gentili, Greche e latine di diverse grandezze con tre bassirilievi e sette bolli di figurine. Hierunter steht von der Hand desselben Schreibers: Non ritrovate. Die “Codici Cofti des Verzeichnisses von 1830 gehn von No. 335— 349, und wurden zu 500 Seudi taxirt. Zusammen sind es 24 nicht näher specifieirte Handschriften und 29 Papp- kästen (Cassette) mit einzelnen Blättern. Diese Kästen ent- halten die bei Zoega (pag. 139 — 168) abgedruckten Basmyrica, vom 8. April 1869. 279 und von den sahidischen oder thebanischen Handschriften die Nummern 1—168 (Zoega pag. 172— 2837) mit Ausnahme von No. 11. 19. 24. 25. 46; die Nummern 99 und 141 sind beson- ders eingebunden. Diese Pappkästen wurden später von einem französischen Benutzer durchgesehn, der in manchem Kasten die 4.oder 5 Umschlagbogen mit koptischen Fragmenten noch einmal zusammen in einen Umschlag legte, und darauf schrieb: Quatre Chemises, Cing Chemises u.s.w. Auch finden sich andre französische Bemerkungen von derselben Hand auf den Um- schlägen. : Bei der Anfertigung des Verzeichnisses von 1830 fehlten mithin nicht nur 58 memphitische Handschriften, sondern auch die bei Zoega genannten sahidischen Abtheilungen: Patristica _ et Monastica Aegypti, Scripta variorum auctorum, De re medica, Miscellanea; 143 sahidische Handschriften, zusammen 201 Hss., die man nach Peyrons Bemerkung jetzt in Neapel zu suchen hat. Gewils würden die Lebensbeschreibungen und Legenden der ägyptischen Äbte, Mönche, Einsiedler und Märtyrer auch nach den von Zoega gelieferten Auszügen noch manchen werth- vollen Beitrag zur Geographie und Geschichte des christlichen Aegyptens, so wie manche Bereicherung des koptischen Wort- schatzes gewähren. Da es jedoch immerhin nicht unmöglich schien, dafs ein Theil jener fehlenden Hss. in Rom verblieben sei, so zeigte sich eine Hoffnung zur Auffindung derselben, als mir gesprächs- weise mitgetheilt ward, dafs im Jahre 1839 mehrere ägyptische Gegenstände aus der Propaganda nach der Vaticana abgeliefert worden seien; auf wessen Veranlassung blieb unerörtert. Allein diese Hoffnung erwies sich bald als eine trügliche. Das über die Ablieferung aufgenommene Schlufsprotokoll von der Hand des Rektors Tiguri, welches sich auf frühere Verhandlungen zu beziehen scheint, verdient wohl, hier ganz. eingerückt zu werden. “Il Sig. Cav. Fabris si presento un giorno al museo Bor- giano, facendo ricerca degli oggetti Egiziani, per trasportarli al Museo Pontificio: fu risposto, come era dovere, che nulla _ poteva darsi senza ordine di 8. E. il Cardinale Prefetto: frattanto il Sig. Drak fece la nota qui acclusa, e per qualche 280 Gesammtsitzung tempo non si parlö piu di nulla. Domenica 27 Gen. 1839 Monsignor Segretario fu conforme al solito all’ udienza del Santo Padre e fu richiesto degli oggetti Egiziani: Lunedi mattina 28 Gen. il Sig. Radiei portö l’acchiusa nota seritta di mano del Sig. Drak con ordine di fare la eonsegna ri- chiesta al Sig. Cav. Fabris; per maggior sicurezza fui da ::8. E. il Card. Prefetto, dove trovai il P. N. Generale e 'Mons. Segretario: mostrai la nota: mi fü risposto, che vi voleva pazienza, che eonsegnassi il tutto: in segnito a cio chiamai i PP. Ryllo e Tessieri che disposero la roba richi- esta in ordine: il giorno 29 alla mattina venne il Sig. Cav. " Fabris con due faechini, ne fece la ricognizione, pose il tatto in una canestra, e se la portö via, lasciando la ricevuta. 29 Gen. 1839. L. X. Tiguri S. J. Rettore del Coll. Urbano.” Die beigeschlossene Note von der Hand des Herrn Drak lautet; “Oggetti egiziani esistenti nel Museo. 1. 4 figurine di bronzo, lunghe eirca un palme, di eui due frammentate. 9. 9 id. terzo di palmo. 3. 1 frammento. 4. 1 sistro. 5. 1 campanello. 6... 7 mummiette di terra cotta. 7. 33 id. di smalto. 8. Anubis ben conservato. 9. 62 figurine e animalucci di collana, in smalto. 10. 1 sistro piecolissimo d’osso. 11. 21 frammenti varj di smalto. 12. 2 id. di terra cotta. 13. 3 frammenti di pietra. 14. 1 id. di lapislazzul. 15. 1 frammento di gufo in basalte. 16. 1 canopo di marmo nero. 17. 1 mummia d’animale aperta.” vom 8. April 1869. 281 Darunter steht: “Jo sotto seritto ho ricevuto dal Rmo Padre Rettore di Propaganda i sopra indicati oggetti, questo di 29 Gennaro 1839. Cav. Fabris Direttore Generale dei Musei e Gallerie al Vaticano.” L In dem Verzeichnisse vom Jahre 1830 ist bei den betref- fenden Nummern bemerkt “al Vaticano.” Man ersieht hieraus, dafs im Jahre 1839 keine koptischen Handschriften in den Vatican gekommen sind. An das ausführliche Inventar vom Jahre 1830 schliefsen sich einige kleinere Verzeichnisse der koptischen Handschriften, von denen es unentschieden bleibt, ob sie von Schülern der Propaganda als selbständige Arbeiten nach den vorhandenen Codices oder als Auszüge aus Zoega angefertigt sind. 1. "Codiei Cofti del Museo Borgiano, vide Cat. Cod. Copticorum auctore Zoega. an. 1810.” — Hat nur 29 Nummern. 2. Ohne Überschrift; von derselben Hand, 20 Nummern. 3. Ohne Überschrift; von derselben Hand, 21 Nummern. 4. Ohne Überschrift; von andrer Hand, 172 Nummern. Zuletzt wurde in den Jahren 1855 und 1856 ein neues selbständiges Verzeichnils der im Museo Borgiano vorhandenen Gegenstände angefertigt: “Inventario generale del Museo Borgiano, preso in consegna dal Rettore J. Tancioni il 24 Maggio 1356. Prineipiato li 21 Marzo 1855.” Die Handschriften sind hier nach den Sprachen gesondert, aber nur obenhin und ohne systematische Ordnung. Die von dem Pater Tuki nach vatikanischen Codices genommenen kopti- schen Abschriften bilden eine besondere Reihe, deren Nummern hin und wieder angegeben und noch durch eine laufende Num- mer vermehrt sind. Zoega bearbeitete seine Memphitica nach diesen Abschriften, da die Originale aus der Vaticana sich da- mals in Paris befanden. Merkwürdig genug geschieht in aa Verzeichnisse von 1856 der 29 Pappkästen gar keine Erwähnung, die fast ein Drittheil des Zoegaschen Materiales umfassen und die in dem 282 Gesammtsitzung Verzeichnisse von 1830 aufgeführt sind; dagegen hat dieses letztere nur 24 einzelne koptische Handschriften, während das Inventar von 1856 deren 141 enthält. Ob in dieser Zahl die bei Zoega verzeichneten Memphitica vollständig enthalten seien, bleibt ungewils. Eine Verification im einzelnen liefs sich nicht ausführen, da der anfangs im Museo Borgiano gestattete kurze Aufenthalt dazu nicht ausreichte, später aber nur im Bibliothek- saale der Propaganda gearbeitet werden durfte. Weder in den Notizen über Borgia’s Wirksamkeit von Millin und Paulinus a S. Bartholomeo, noch in Borgia’s Leben von Baraldi (Modena, 1830) findet sich eine genauere Nach- richt über die Schicksale und die Vertheilung seines wissen- schaftlichen Nachlasses. Diese Vorerinnerungen schienen nothwendig, um das Ver- hältnifs des Zoega’schen Kataloges zu dem jetzigen Bestande der koptischen Handschriften klar zu machen. Das folgende Verzeichnifs ist ein Auszug aus dem Inventar von 1859. Die laufenden Nummern sind der Übersicht wegen von mir hinzu- gefügt, an der halblateinischen, halb italiänischen Orthographie ist nichts geändert. Inventario Generale del Museo Borgiano preso ın consegna dal Rettore J. Tancioni il 24. Maggio 1856. Principiato li 21 Marzo 1859. (Querfolio. MS. 212 Seiten.) p- 62. Manoscritti Copti. Scanzia 10. Fila 2. 1) Codice Bambacino. Consecratio novae Ecelesiae et altarum (desunt 1. et 2. vol.) 4. 1 ia 2 Lectionaria et Responsoria maioris hebd. 1784. 2 3) Cod. cart. Rituale Copticum. pars a Tukio descripta una. cum versione Arabica. (58 di Monsignor Tuki). 8. 3 4) Mss. copti di Mgr. Tuki No. 57. 59. rituale. 3. 4.5 5) Cod. cart. SEE E **p:'63: 2) God. cart. 8) 2) A )ın » 10)» » 11) „ » 12) » p- 64. 13) Cod. cart. 14) 5 n 1 ee a > 1E) snicılon 18) » N 19) N b>) p- 69. vom 8. April 1869. 283 Diurnum copt.-arabicum di Tuki 55. 8. 6 copt.-arab. Liturgiarum SS. Basilii, Gregorii et Cyrilli. 8. 7 Rituale copt. 8. 5 Ms. copt. di Tuki 52. 8. 9 Continet homilias 53 officium diaconi et Litur- ' giam S. Basilii partim copt. partim arab. 53 di Tuki. 10 Psalmodia copt. etc. copt. et arab. 48 di Tuki 11 Diurnum copt. 22 di Tuki. 12 Continet ordinem precum recitandarum die Pa- rasceva magna arabice: serie lectionum ececlesia- sticarum diei in quo incidit celebratio baptis- matis Christi coptice: Lectiones Parascevae magnae copt. et arabice: Hymnus in eamdem diem copt.-arab.: Lectiones in feriam SS. A. Petri et Pauli copt.-arab.: Orationes a pueris recitan- das. etc. etc. 8. di Tuki 54. 13 Continet Doxologiae partieulam: Grammatic. copt.-arab. et ritualis coptici varia commenta (31. Tuki). „8... 14 Dietionarium copt.-arab. 8. 15 Brevis institutio una cum Vocabulario copt.- arabico. 16 Grammatica et Vocab. linguae copt.-arab. apo- graphum eiusdem Tuki. (di Tuki 87.) 4. 17 Vocab. copt. arab. voces phrasesque continens Deuteronomii (di Tuki 95). 8. 18 Vocab. copt. arab. continet dietiones praecipuas libri Numerorum et Exodi (di Tuki 90). 8. 19.20 Vocab. copt.-arab. continet voces dictionesque libri Geneseos (di Tuki 89). 8. 21 20) Cod. bamb. Hymni coptiei qui in ecelesia Alexandrina cantantur. 4. E32 284 21) Cod. 7) Dre 23) Cod. 24) Cod. NN 26) Cod. 27) BB). 4 5 29) Cod. p. 66. 30) Cod. ee 32) Cod. 33) Cod. 34) 9 35) Cod. 36) Cod. a7) 5 38) SIR m 40) p- 67. 41) Cod. 42) 43) 44), 5) BR Gesammtsitzung‘ ' Elementa linguae Egyptiacae. 8. 2.3. 74. 75 Grammaticae copt. partieula. 8. 4. 76 Ritualis copt. particula. 8. 9. 38 Breviarii Alexandrini pars copt.-arab. 8.6. 20 Diurnum copt.-arab. 4. 2, KK Fgmenta varia ad officium Missae pertinentia copt.-arab. 12. 86 Officium temporis ieiunii pro Alexandrina Ec- clesia copt. 12. 9. 21 Officium hebdomadae sanctae. 12. 10. 50 Euchologii Alexandrini particula copt. 8. 11. 62 Miscellanea sacra copt.-arab. continet officium clerici, canones in adoratione crueis adorandos et alios canones cum hymnis et cantieis. 8. 12. 56 Lectionarium copt.-arab. 4. 13. 60 Miscellanea copt.-arab. 4. 14. 2 ” Sgunr > 4. 15. 86 Lectionarium copt. Tuki manu exaratum. 4. 16.18 Officii hebdomadae sanctae particulae. 4. 17. 62 Frgmta grammatica et lexicographica. 4. 18.85 Brevis manuductio linguae copt. 4. 19.71 Lectionarii copt. particula. 4. 20. 19 Dictionar. copt.-arab.-lat. 4. 21.85 Ecclesiastes; maxima pars libri Job et alia frg. veteris test. dialecto Tebadea. 4. 22. 64 Frg. patristica et monastica copt. tebaica. 4. 23. 65 Anaphora minor S. Basilii M. copt. 4. 24. 36 Capita XV Geneseos prima. Graece. copt.-arab.- lat. adiecta aliquando versione tebaica. 4. 25.31 Adnotationes grammaticales in psalmos. copt.- arab.-lat. 4. 26. 84 Miscellanea copt.-arab. et primo Officium B. V. Mariae: hymni in omnes Apostolos, Martyres, 46) Cod. cart. 7): 5 ” #8) nn D. 71, 49) Cod. cart. 50) N N” Se 52) 2». 53) nn.» Ben... Sn p.il2. 56) Cod. cart. ei. a 9) nn p- 73. 60) Cod. cart. My 2) mn vom 8. April 1869. "a8 Monachos ete.: initium prophetiae Isaiae: for- mulam Missae ad normam S$. Basilii et alia. 4. 27. 63 Dietion. copt.-arab. 4. 23. 40 ” ä wei, 29. 70 Grammatiea copto-lat. 4. 30. 29 Scanzia 10. Filz 4°. Epistolae S. Pauli, Petri, Joannis et Judae et Actus Apost. copt.-arab. 4. 1. 4 Lectionarium et Evangeliarium copt.-arab. 4. 2. 13 Euchologia. copt. persiana. 4. 3.28 4. 26 N N N” Frg. martyrii S. Coluthi sahidiei: frg. Evangelii S. Joannis: frg. homiliae S. Joannis Krysosto- mi, de iudicio futuro: vita S. Georgii. 4. 5. 66 Leviticus, Numeri et Deuteronomium copt. arab. 4. | 6.1 Canones Eusebii in novum testam.: vita SS. Matthaei, Marci, Lucae et Joannis cum bre- viario epistolarum Evangeliorum et Acta Apost. 4. 7.3 Offieium Missae in festis SS. Gregoriüi, Basilii, Cyrillus. | 8. 12 Psalmi Davidis cum canticis Moysis, Habacuc aliorumque copt.-arab. 4. 11. 2 Saggio di Dizion. copt.-arab. 8. 12.92; id. 13.14; id. 15. 49; id. 16. 45; id. 17. 46; id. 18. 44. Prologus in Apocalypsin et alia. 12. 19 Fila .5%. Thesaurus linguae egyptiacae, arab. et graece. 4. 1—4. 79—82 Dietion. copt. arab. 3. 5—6 Psalmodia saera, aliaque ad liturgia Alexandrinae ‚ecelesige spectantia. 4. 1.29 286 63) Cod. 64) Cod. 65) Cod. 6) » 67) p. 74. 68) Cod. 69) Cod. 70) 72) 72) Cod. 73) Cod. 74) Cod. 75) Cod. 76): 4% 7) p- 75. 78) Cod. baımb. Gesammtsitzung Frg. orationis: oratio in laudem Salvatoris, officia, doxologia, hymni etc. (cod. XVII se- euli.) 4. 8. 28. Observ. grammaticales in linguam copticam cum adnotationibus ling. graecae. 4. 9. 78 Pontificale Aegypt. 4. 10 Encomium SS. Juni, Juli, Augusti. 4. 11—13 Eneomia mesum seu Augusti et quinque dies inter Callares. 4. | 14 Martyrologium Coptorum. 4. 15—16 Euchologium egyptium. 4. 17 Rituale et liturgia Coptorum. 4. 18 Interpretatio linguae copticae, continens bre- ves institutiones gramm. et vocab. secundum ordinem librorum Novi Test. dispositum. fol. 19. 94. Fila 6%. Diurnum copticum, continens officium divinum quotidie recitandum diebns jejuniis. copt. fol. 1. 10 Lectionarium copt. mensis Septembris. copt. fol. 29 Psalmodia, hymni, doxolog. et officium clerici. fol. 3. 23 Epistolae et Apocalypsis.- copt. arab. 4. 4. 5 Altera pars diurni Copt. 4. 5418 Diurni copt. pars. 4. 6. 16 Canones gramm. copt. utriusque dialecti, in quibus edendis utitur ling. lat. (imperfeetum). 8. 7 Miscellanea sacra copt. arab. continet hymnos, precationes in sanctos martyres: Rituale pro ordinandis monacis: Pro foeminis religiosis: De consecrando oleo sancto: Officium B. M. | 8. 30 9. 34 Virginis etc. 4. Ritualis copt. pars. copt. arab. 4. 81) Cod. cart. 2) nn Buy Bin, (ei 5) » 6) » » p- 76. 87) Cod. cart. 88) N ” 89) BBpIRy un’, 91) N ” 92) Cod. Perg. 3) nn» p-"%7,; 94) Cod. cart, 95) n N 96) Cod. perg. 97) Cod. cart, BB nn vom 8. April 1869. 287 Ritualis copt. varia. 4. 10. 39 Genesis et Exod. copt. arab. 4. 11 Preces et lectiones eceles. Alexandrinae Tukii ' manu exarata. 4. | 12 Psalmodia pro eccles. Alexandr. 4. 13. 24 Elementa linguae copt. 4. 14. 68 Liber Jobi ab initio usque ad cap. xxxvıur v.16 et a cap. XL v.8 usque ad finem. 4. 15.72 Horarium sive lectiones et hymni in omnes horas diei noctisque. 4. 16. 31 Elementorum ling. Egyptiacae pars 1?. 4. 17.69 Rituale copt. pro ordinatione archiepiscopo- rum, episcop. copt. arab. 4. 18. 41 Officium hebdomadae sanctae iuxta ritum eccl. Alexandr. 4. 19. 14 Officium S. Missae iuxta ritum eccl. Alexandr. copt.-arab. Item cauita aliquot ex Psalmis 20. 35 Proverbia a cap. xx v.3 ad finem. Ecelesia- stes integer. Job ab initio usque ad cap. xvım selecta. copt. v. 16. 21 Frg. copt. ex actis S. Coluthii MS. seculi quinti. 22 Fila: 7a Martyrologium per i due mesi coftici chiamati Phamenoth e Pharmuthi: Inni e preci per le feste e domeniche della quaresima. copt.-arab, fol. 1 Commentaria in 8. Scriptura. 4. 208 Frg. Evangelii S. Joannis, seculi quarti graec, copt.-teban, 4. 4 Prophetia Jsaiae et Jeremiae, copt.-memph.- arab. 4. #) Excerpta ex sermon. S. Joannis Chrysostomi: homilia S. Basilii de jejunio: homilia Zacca- riae episcop. Ihhou: et aliae homiliae et vitae Sanctorum. 4. 6 288 Gesammtsitzung 99) Cod. cart. Liturgia ecel. Alex. copt.-memph. 4. 7 10) » 9» „Vitae Sanct. et acta martyrum. copt. 4. 8—13 p. 78. 301) m » Excerpta ex serm. S. Joannis Chrysost. 4. 14 102) „9. Psalmi Davidis cum cantieis Moysis, Annae, Ezechiae etc. 4. 15 103) % »„ Apocalypsis, copt.-memph. 4. 16 KA): y „.. Vitae SS. et acta martyr. 4. 17 105). 5 » Prophetia Danielis et XII prophetae minores. 4. | 18 (ef. no. 279) 106) „ „ Liturgia copt. memph. 8. 19—20 Oro, »„ Vocabular. copt.-arab. 8. 21 Fila 8. .108) Cod. perg. Continet aliqua capitula proverbiorum dialetto saidico. 1 109, ru „ .. Frg. varia apocrypha de vita Jesu Christi et B. Virginis: acta XH apostol.: frg. actus $. Stephani et Josephi. 2 PB 140); cm „ . Martyr. SS. Simonis, Petri, Pauli, Andreae, Barthol.: Vita S. Joannis. 3 111) 9%» Sermo de tentatione diaboli: de Theodosio Alexandr. episc., aliisque qui restiterunt conc. Chale.: frg. libri II Regum a cap. x v. 16 us- que ad ec. xıv. 11: acta conc. Ephesini: frg, historiae persecutionis sub Athanasio: acta conc. Niceni etc. 4 112) » „De abbate Claudio: martyrium S. Leonti, Vietoris, Theodori, Publii sauyeiuj: frg. acto- rum $. abbatis Victoris: frg. act. 8. Jsidori et XIX martyres: de $S. Cosma et Damiano: de Gesio et Isidoro fratribus: de capite S. Jo- annis collocato Emisiae: de septem dormien- tibus: hist. S. Georgii martyris et aliorum. 5 113)aN, „. Frgmtum Ezechielis. 6 p. 8. re a Diversa frg. prim. epist. Pauli ad Corinthios: vom 8. April 1869. 289 epist. ad Galastas: ad Ephes. ad Thessal. et ‚ad Timoth.: item frg. Apocalypseos, 7 115) Cod. perg. Epist. ad Romanos frg.: prim. et sec. ad Co- rinth. ad Hebr. ad Gal. ad Ephes. ad Philipp. Ä ad Coloss. 8 EU TEE » . Liturgica graec.-copt.: frg. codieis diaconiüi: frg. liturgica tebaice. I 11m 5 ” Frg. evang. S. Joannis: Psalmi cxxxı: evang: S. Matthaei graec.: Marei graec. epist. Jacobi: acta apost.: Psalmi xıv: evang. Math.: frg. leetionarii: lectiones ecclesiast.: S. Lucae: Psalmi Lxxxvnı: epist. I. ad Timoth.:; Psal- mi xx: frg. Lucae: epist. ad Hebr.: frg. bom- bycinum lectionis evang. secundum Lucam. 10 129), 1, 2 Acta SS. Theelae et Paisii: frg. aetor. S. Dia- coni abbatis et Panionia: de S. Petro archiep. Alexandr.: frg. actor. S. Jacobi et 8. Theo- noie. 1 »“ n . Fig. evang. $. Joannis. | 12 5; „ . Fıg. ev. S. Joannis: act. apost. 13 r „ Jerem. frgmtum dialetto Basmurico: frg. pro- phetiae Jsaiae: prim. epist. ad Corinth. 14 ® 5 Frg. Geneseos, Exodi et Levit. 15 h „ Fıg. Levit. Num. et Deut. 16 a „ Frg. Lucae graec.-Thebaice.: Joannis. 17 a „ Fıg. Levit. Num. et Deut. 18 > „ Fre. lib. 1. II. Regum: Judieum: Danielis Jo- sue. 19 u „ Frg. Jerem. Isaiae et Ezech. 20 nn. Frg. evang. S. Matthaei. 21 » » . Fre. prophet. Aggai, Zacch., Amos et Micheae: frg. lectionum ecclesiast.: ex Genesi, Levit. Exod. Ezech. Zacc. Jerem. Osea, Isaia. Da- nielis. RE 22 p- 82. Mr „ Frg. evang. Matthaei. | 123 a & „ Marei. 24 [1869.] 21 290 Gesammtsitzung 132) Cod. perg. Frg. evang. Matth. et Marci. 2 33) 8% e 5 » Iucae et prim. epist. Joannis. 26 134)U2', b N op ZTucae. 27 as), 5 „ „ Mareci, Lucae et Joannis. 28 136) Cod. cart. Pericope utriusque testamenti dial. Said. 4. 29 137) 2% „ Gramm. ling. copt. conscripta a P. Guillelmo Boniour. fol. 30 18, »„ (sine nomine), 31.7 * Scanzia XIV. Fila 5. p. 137. | 139) Cod. cart. Frg. evang. S. Joannis. Graec.-copt.-tebaic. 4. | 34 * * & p. 159. Credenza VI. Fila 3. Copia di un Papiro trovato a Tebe. Fand sich nicht vor, eben so wenig wie der von Schow 1788 herausgegebene, in Gizeh gefundene Papyrus. p. 169. 140) Ms. di Msgr. Tuki sulla Pasqua dei Copti. (copt.) 1 p. 171. | | Ä Credenza X. Fila 5. 141) Miscellanea copt. arab. di Msgr. Tuki. 2 Die nun folgenden 29 Pappkästen sind bei Zoega p. 139 —287 ausführlich verzeichnet, wir geben daher nur seine $y- nopsis p. 196—203 mit Hinzufügung der Anzahl der Fragmente jedes Buchs. vom 8. April 1869. 142) Geneseos. 15 Fragmente. 143) Exodi. 7 Fre. 144) Levitici. 18 Frg. 145) Numerorum. 15 Fre. 146) Deuteronomii. 8 Fre. 147) Josue. 5 Frg. 148) Judicum. 2 Fre. 149) Ruth. 1 Fre. 150) Regum I. 4 Fre. 151) Regum II. 5 Frg. 152) Regum Ill. 1 Fre. 153) Tobiae. 2 Frg. 154) Jobi. 12 Fre. 155) Psalmorum. 86 Fre. 156) Proverbiorum. 12 Fre. 157) Ecclesiastes integer. 158) Cantici. 1 Fre. 159) Sapientiae. 1 Fre. 160) Ecclesiastiei. 1 Fre. 161) Jsaiae. 28 Fre. 162) Jeremiae. 5 Frg. 163) Ezechielis. 10 Frg. 164) Danielis. 7 Frg. 165) Osee. 6 Frg. 166) Joel. 1 Frg. 167) Amos. 5 Fre. 168) Abdiae. 1 Fre. 169) Jonae. 1 Fre. 170) Michaeae. 4 Fre. 291 171) Nahum. 1 Fre. 172) Habbacuc. 1 Fre. 173) Sophoniae. 1 Fre. 174) Aggaei. 3 Fre. 175) Zacchariae. 10 Frg. 176) Matthaei. 53 Fre. 177) Marci. 20 Fre. 178) Lucae. 62 Fre. 179) Johannis. 71 Frg. 180) Actorum. 4 Fre. 181) Ad Romanos. 3 Fre. 182) Ad Corinthios I. 12 Fg. 183) Ad Corinthios I. 1 Fg. 184) Ad Galatas. 6 Fre. 185) Ad Ephesios. 11 Fre. 186) Ad Philippenses. 4 Frg. 187) Ad Colossenses. 5 Fre. 183) Ad Thessalonicenses I. 1 Frg. 189) Ad Thessalonicenses II. 2 Fre. 190) Ad Timotheum I. 3 Fg. ı91) Ad Timotheum U. 1Fg. 192) Ad Hebraeos. 6 Fre. 193) Jacobi. 2 Frg. 194) Johannis I. 1 Fre. 195) Johannis IH. 1 Fre. 196) Johannis III. integra. 197) Apocalypseos. 5 Frg. IE. Watieania: Die Anschaffung koptischer Handschriften für die vati- kanische Bibliothek, datirt aus dem 16. und 17. Jahrh. In mehreren codices lielst man die folgenden gleichlautenden Be- merkungen auf dem ersten Blatte: 21° 292 Gesammtsitzung Portato da Egitto da me Girolamo Vecchioni (?) l’Anno 1594; darunter von anderer Hand: Jo. Baptista Raimundus bibliothecae Vaticanae dono dedit ex testamento anno 1614. Es mögen darüber in den Katalogen der Bibliothek nähere Angaben vorhanden sein. J. 5. Assemanni verzeichnete einige wenige koptische Handschriften in seiner Bibliotheca ’orient. vaticana. Romae 1719. fol. t. 1. p. 617. t.3 pars 1. p. 640644. Ein ausführlicher Katalog von 80 koptischen Handschriften ist abgedruckt in: Mai scriptt. vett. coll. vatic. 4to t. 5 pars 2. p. 114—170. Von diesen 80 HSS. sind 22 aus der Propa- ganda im Jahre 1723 nach dem Vatikan gekommen; es sind dies die Nummern bei Mai 25. 27. 29 — 34. 36—41. 45. 46. 48. 50. 52. 53. 70. 73. In einigen dieser codices findet sich auf dem ersten Blatte eine Notiz über den Preis des Buches: | Valuta del libro un zecchino (tr& zecchini e un riale, quattro zecchini) fuor della ligatura; | darunter von andrer Hand: Die 26. Nov. 1723. S. Congregationis Propagandae Fidei decreto in Rom. Apostolicam Bibliothecam illatus, ut non solum ad Bibliothecae, sed ad eiusdem etiam S. Congregationis usus asservetur. Für unsern Zweck wird es genügen, einen kurzen Auszug aus Mai’s Verzeichnifs hier einzurücken. Mai, scriptorum veterum collectio vaticana. 4. Tom V. Pars 2. Catalogus codieum copticorum LXXX. p. 114—170. 198) 1. (Assem. bibli. or. t. In. 1). in folio, membran. folio- rum 279. saeculi ut videtur decimi. coptice-arabice scriptus a Salomone Babylon. Pentateuchus. vom 8. April 1869. 293 199—201) 2. 3. 4. (olim 7. 8. 9. J. B. Raymundi) in folio, bom- 207) 10. 208) 11. 209) 12. 210) 13. 211) 14. byeinus, foliorum 159, 123, 60. coptico-arab. scripti ante a. Chr. 1399. Pentateuchus, in tres tomos divisus. . (olim 2 Assem.) in fol. membran. foliorum 209. saec.: ut videtur decimi. 1—18. Psalterium, cum canticis et oratio- 'nibus, ex eo expressum fuit Psalterium copticum cura R. Tuki. 1744. 8. . (olim 5 Petri de Valle) in fol. bombyeinus. paginarum 430. exaratus a. Chr. 13386. coptico-arab. 1—17. Psalterium cum cantiecis. . (olim 10 Raym.) in fol. bombyc. foliorum 337. saeculi ut videtur XIV. coptico-arab. Psalterium et cantica veteris testamenti. . (olim 1 Raym.) in fol. bombyc. foliorum 351 saec. ut videtur XIV. coptico-arab. Evangalia quatuor. . (olim 4 Raym.) in fol. bombyc. foliorum 504. exara- tus a. Chr. 1270 a Michaele Abu-Gelica. coptico-arab. Evangelia quatuor. (olim 6 Raym.) in 4to. bombyc. foliorum 563. saeculi ut videtur XIV. coptico-arab. Evangelia quatuor. (olim 6 Valle) in fol. bombyc. foliorum 108 exaratus a. Chr. 1346. coptico-arab. Evangelium secundum Johannem. (olim 2 Raym.) in fol. bombyc. foliorum 423. saeculi ut videtur XIV. eoptico-arab. Epistolae D. Pauli XIV, cum septem catho- licis et Actis apostolorum. (olim 3 Raym.) in fol. bombyc. foliorum 261. saec. ut videtur XIII. coptico-arab. Epistolae D. Pauli XIV. (olim 5 Raym.) in 4to. bombyc. foliorum 350. scrip- tus a. Chr. 1358 a Michaele, filio Abrahami. copt.-arab. Epistolae D. Pauli XIV, cum septem catho- licis et Actis apostolorum. 294 212) 15. 213) 16. 214) 17. 215) 18. 216) 19. 217) 20. 218) 21. 219) 22. 220) 23. Gesammisitzung (Assem. t. 3. p. 643) in fol. bombyeinus, foliorum 59. saeculi ut videtur XIV. coptico-arab. | l. Apocalypsis. 2. Ordo dominicae palma- rum. (olim 11 Raym.) in 4. bombyc. foliorum 103. exara- tus a. Chr. 1345. coptico-arab. Apocalypsis. (olim 12 Raym.) in 4. bombyec. foliorum 129. exara- tus a. Chr. 1288. coptico- arab. Euchologium, sive missale, ad usum eccle- siae Alexandrinae, et alia. Tres anaphorae prodierunt Romae 1736. (olim 4 Assem.) in 16. bombye. foliorum 259. exara- tus aute annum Chr. 1318. coptico-arab. 1. Orde eorum, quae sacerdoti peragenda sunt.. 2. Ordo ministerii missae S$. Basilii. (olim 20 Assem.) in 4. chart. foliorum 144. exaratus anno Chr. 1715. coptico-arab. 1. Anaphora seu liturgia S. Basilii. 2. Or- do thurificationis ad vesperas et matuti- num. (olim 14 Raym.) in 8. bombyc. foliorum 156. scriptus anno Chr. 1315. coptico-arab. 1. Euchologium. 2. Anaphora 8. Cyrilli. 3. Oratio pro patriarcha defuncto. 4. Ora- tio fractionis hostiae. { (olim 14 Raym.) in 8. bombyc. foliorum 67. scriptus a. Chr. 1333. coptico-arab. Anaphora seu liturgia S. Cyrilli. (olim 20 Raym.) in 8 bombyc. foliorum 74. exaratus ante a. Chr. 1580. coptico-arab. Anaphora S. Cyrilli, fine mutila. (olim 24 Raym.) in 8. bombyc. foliorum 33. saec. ut videtur XIV. coptico-arab. 1. Oratio veli. 2. Fragmentum depreca- tionis. ..... 8 Commemoratio vivorum et defunctorum in missa. 281) 24. 222) 25. 223) 26. 224) 27. 225) 28. 226) 29. 227) 30. 228) 31. 229) 32. 230) 33. 231) 34, vom 8. April 1869. 295 (olim 31 Raym.) in fol. bombye. foliorum 271. saec. ut videtur XIV. coptico-arab. 1. Anaphora S. Basilii. 2. Anaphora S. Gre- gorii. 3. Anaphora S. Cyrilli, et alia litur- gica. (olim 52 Propag.) in 16. bombyc. foliorum 229. ex- aratus a. Chr. 1491. coptico-arab. Anaphora S. Basilii et alia liturgica. in 4to bombyc., foliorum 232, exaratus a. Chr. 1616. coptico-arab. Euchologium cum liturgia S. Basilii, S. Gre-- gorii, 8. Cyrilli. (olim 37 Propag.) in folio, bombycinus, foliorum 130, saeculi ut videtur XIII. coptico-arab. 1. Diaconale. 2. Canones XXXIV. 3. Psa- liae. (olim 5 Assem.) in 8vo, foliorum 100, scriptus a. Chr. 1307. 1. Diaconale. 2. Hymnus angelicus. (olim 20 Propag.) in folio, chartaceus, foliorum 447. scriptus a. Chr. 1712. coptice eum rubricis arabicis. Katameros. (olim 21 Propag.) in fol. chartaceus, foliorum 408. ex- aratus a. Chr. 1714. Katameros. (olim 22 Propag.) in fol. chartaceus. foliorum 414. exaratus a. Chr. 1711. coptico-arab. Katameros. (olim 28 Propag.) in fol. chartac. foliorum 271. de- scriptus a. Chr. 1723. Katameros. (olim 29 Propag.) in fol. chartac. foliorum 326. de- seriptus a. Chr. 1719. Katameros. (olim 30 Propag.) in fol. chartac. foliorum 298. ex- aratus circa instium saeculi XVII. Katameros. 296 232) 35. 233) 36. 234) 37. 235) 38. 236) 39. 337) 40. 238) 41. 239) 42. 240) 43. 241) 44. 242) 45. - G@esammtsitzung ' (olim 3 Assem.) in fol. membranaceus, foliorum 57. saeculi ut videtur XII. Antiphonae et responsoria. (olim 23 Propag.) in 4to. ehartac. foliorum 396. serip- tus a. Chr. 1709. coptico-arab. 1. Psalmodia. 2. Doxologia. (olim 40 Propag.) in 4to chartac. foliorum 264. de- scriptus a. Chr. 1623. coptice cum arabicis rubricis. Psaliae sive psalmodia. (olim 48 Propag.) in 4to. partim membran. partim chartac. foliorum 295. saeculi ut videtur XIV. coptico- arabicus. Psalm.odia. (olim 49 Propag.) in 8vo bombyc. foliorum 302. sae- culi ut videtur XIV. coptice, cum rubricis arabicis. Psaliae. (olim 51 Propag.) in 8vo bombyec. foliorum 254. ex- aratus a. Chr. 1334. coptico-arab. Horologion, seu septem horae canonicae per heb- domadam. (olim 50 Propag.) in 8vo bombyc. foliorum 153; sae- culi ut videtur XIV. coptico-arab. Paraphrasis theotociorum. (olim 19 Vatie.) in 8vo bombye. foliorum 132. scrip- tus a. Chr. 1316. coptico-arab. Canon, sive officium adorationis in festo penike: costes. (olim 23 Vatic.) in 8vo bombye. foliorum 46. saeculi ut videtur XV. coptice cum titulis arabieis. Antiphonae et responsoria. (olim 13 Caponi) in fol. bombye. foliorum 125. saeculi ut videtnr XIII. coptico-arab. 1. Euchologium. 2. Ordo missae et alia litur- gica. (olim 33 Propag.) in fol. chartaceus, Per 128. saeculi ut videtur XVII. coptico-arab. Euchologium seu Pontificale. 243) 46, 244) 47. 245) 48. 246) 49. 247) 50, 248) 51. 249) 52. 250) 53. 251) 94. 252) 95. vom 8. April 1869. | 297 (olim 26 Propag.) in fol. chartaceus, foliorum 220. 'exaratus a. Chr. 1719. coptico-arab. Euchologium seu Pontificale et Rituale. accedunt alia liturgica. (olim 72 Carafa) in fol. bombycinus, foliorum 90. sae- culi ut videtur XV. coptico-arab. Ordo consecrationis chrismatis et alia litur- gica. (olim 35 Propag.) in fol. chartac. foliorum 69. exara- tus a. Chr. 1638. coptico-arab. 1. Benedictio puerperae quae masculum pe- perit. 2. Benedictio puerperae quae femi- nam peperit. 3. Ordo baptismi. (olim 25 Vatic.) in fol. bombyec. foliorum 100. exara- tus inter a. Chr. 1526 et 1569. coptico-arab. Euchologium et alia liturgica. (olim 39 Propag.) in fol. bombyc. foliorum 85. sae- euli ut videtur XVI. coptico-arab. Absolutio seu benedictio puerperae etc. (olim 71 Carafa) in 4to bombyc. coptice-arab. Consecratio ecclesiae et alia liturgica. [Hunc codicem desiderari ipse Assemanus monet in catalogo ms.] (olim 24 Propag.) in 4to, chartaceus, foliorum 223. exaratus a. Chr. 1707. coptico-arab. Ordo sponsalium et alia liturgica. (olim 25 Propag.) in 4to, chartaceus, foliorum 158. exaratus a. Chr. 1707. coptico-arab. Liber exequiarum et alia liturgica. (olim 18 Vatic.) in 8vo bombyeinus, foliorum 134. saeculi ut videtur XV. coptico-arab. Ordo benediectionis monachorum et alia li- turgica. (olim 21 Assem.) in 8vo, chartac. foliorum 56. serip- tus a. Chr. 1709. coptico-arab. 1. Ordo lampadis seu extremae unctionis. 2. Ordo solutionis cinguli nuper baptiza- torum, 298 253) 96. 254) 97. 255) 98. 256) 59. 257) 60. 258) 61. 259) 62. 260) 63. 261) 64. 262) 65. 263) 66. 264) 67. Gesammtsitzung (olim 22 Assem.) in 8vo bombye. foliorum‘ 58. sae- culi ut videtur XIV. coptico-arab. 1. Pedum lotio. 2. Lectiones evangelicae. (olim 6 Assem.) in fol. membran, foliorum. 279. sae- culi ut videtur noni. S. Johannis Chrysostomi sermones 37. (olim 7 Assem.) in fol. membran. foliorum 194. sae- culi ut videtur decimi. Zachariae, Johannis Chrysostomi, Mennae sermones et homiliae. (olim 8 Assim.) in fol. membran. foliorum 167. serip- tus a. Chr. 918. Martyria et vitae Sanctorum. (olim 9 Assem.) in fol. membran. foliorum 125. sae culi ut videtur decimi. Martyria Sanctorum aliquot Aegyptiorum. (olim 10 Assem.) in fol. membran. foliorum 223. ex aratus a. Chr. 962. Vitae et martyria Aegyptiorum nonnullo rum. (olim 11 Assem.) in fol. membran. foliorum 298. sae: culi ut viderur deeimi. Vitae Sanctorum. Epistolae. Laudationes. (olim 12 Assem.) in fol. membran. foliorum. 188. sae- culi ut videtur decimi. Laudationes. Acta et martyria Sanctorum. (olim 13 Assem.) in fol. membran. foliorum 182. sae- culi ut videtnr decimi. Vitae et gesta Sanctorum. (olim 14 Assem.) in fol. membran. foliorum 120. scrip- tus a. Chr. 979. Homiliae et laudationes. (olim 15 Assem.) in fol. membran. foliorum 313 scrip- tus a. Chr. 918 et 1025. Martyria Sanctorum et sermones. (olim 16 Assem.) in fol. membran. foliorum 139. sae- culi ut videtur. decimi. Vitae Sanctorum et homiliae. 265) 68. 266) 69. 267) 70. 268) 71. 269) 72. 270) 73. 271) 74. 272) 75. 273) 76. vom 8. April 1869. 299 (olim 17 Assem.) in fol. membran. foliorum 198. ex- aratus a. Chr. 957 et 1014. Martyria, homiliae, laudationes. (olim 18 Assem.) in fol. membran. foliorum 232. scrip- tus a. Chr. 1153. Vitae et martyria Sanctorum. (olim 36 Propag.) in fol. chartaceus, foliorum 125. scriptus a. Chr. 1684. coptico-arab. 1—5. Inst. ling. copt. 6. Abulbarkati ben- Cabari, scala magna, seu lexicon coptico-ara- bicum (edidit A. Kircherus). (olim 7 Petri a Valle) in fol. bombyc. foliorum 170. scriptus a. Chr. 1321. coptico-arab. 1—5. Institutiones linguae copticae. 6.7, Lexica coptico-arabica. (olim 8 Petri a Valle) in 8vo bombye. foliorum 131. saeculi ut videtur XIV. coptico-arab. 1. Semannudi institutiones linguae copti- cae. 2. Abulsaac fil. Abilmophdal Bennas- sali, scala electa, sive lexicon sacrum cop- tico-arabicum. (olim 53 Propag.) in 8vo, chartaceus, foliorum 175. saeculi ut videtur XVII. coptico-arab. Abulbarkati ben-Cabari, scala magna, seu lexicon coptico-arabicum, fine mutilum. (olim 17 Raym.) in 8vo, bombyeinus, foliorum 150. saeculi ut videtur XV. coptico-arab. 1. Semannudi instit. linguae copticae. 2. Abu-Isaac Bennassali, scala electa. (olim 16 Raym.) in 8vo, bombyc. foliorum 113. sae- culi ut videtur XV. coptico-arab. 1. Abu-Isaac Bennassali, scala electa. 2. Se- mannudi, instit. linguae copticae. (olim 22 Raym.) in 12mo, bombyc. foliorum 324. sae- euli ut videtur XV. coptico-arab. 1. Semannudi, instit. linguae copticae. 2. Abu-Isaac Bennassali, scala electa. 300 Gesammtsitzung 3—6. Opuscula grammatica. 7. Ordo mini- sterii sacerdotis; arab. 274) 77. Codex in 4to bombyc. foliorum 75. eneshtt ut videtur XIII. copto-arab. Lectiones et evangelia recitanda in die festo S. Johannis baptistae. 275) 78. Codex assemanianus in 4. m. chartaceus, foliorum 143. - scriptus a. Chr. 1722. coptico-arab. Missale cum liturgia 8. Basilii magni. Ac- cedit ordo elevationis incensi. 276) 79. Codex assemanianus in 4. chartaceus, foliorum 33. scriptus a. Chr. 1722. coptico-arab. Ordo lampadis sive extremae unctionis. 277) 80. Ecclesiastica quaedam dissoluta fragmenta perexigua et vetustate variisque casibus consumpta. Am Schlusse (p. 170) sagt Mai: En quot subsidiis studiosos copticae linguae vaticana biblio- theca iuvat! Sed et alia ferme copiosiora Romae sunt, mihi- que percognita; quae sane non negligam; quandoquidem in huiusmodi studiis mentem meam conquiescere iam exopto et volo (Editor). Alle Nachforschungen nach diesen noch reichlicheren kop- tischen Hülfsmitteln, mit denen wohl kaum das Museo Borgiano gemeint sein kann, sind vergeblich gewesen. Il. Angelica. Von den Codices der Bibliotheca Angelica, welche dem grolsen Augustinerkloster angehört, ist ein vollständiger hand- schriftlicher Katalog vorhanden: Fr. Guilelmus Bartolomei, Bibliothecae Angelicae Theo- logus hunc codicum indicem eiusdem Bibliothecae confeeit et scripsit anno a Natwitate Dominica 1847. folio. Er ist nicht nach den Sprachen, sondern alphabetisch nach den Namen der Autoren geordnet. Die koptischen HSS. rühren grölstentheils von dem französischen Augustinermönche Bon- jour her. vom 8. April 1869. 301 278) 1.a. Pentateuchus secundum LXXII Aegyptio- Ara- bicus, iussu E®i DD. Hieronymi Casanatae ... .. descriptus e MSS. Vaticanis et conversus in latinum una cum pentateucho arabico .... descriptore ac interprete F. G. Bonjour..... „sed est tantum liber Genesis“ pag. 1— 130. Die lateinische Übersetzung hört pag. 9 auf, die arabische pag. 16. b. Psalmi XXI scripti in lingua coptica. pag. 1— 22. c. Evangelii secundum Matthaeum VIII capita coptico- arab. pag. 1— 30. d. Chronologia a Diluvio usque ad ingressum in terram Chanaam.... cum hebraica veritate concordata. p. 1—15. e. Varia loca et capita libri Genesis coptico-arab. p. 1—26. Codex chartaceus in folio.... Q. 1. 8. 279) 2. Daniel et XII Prophetae minores, translati in lin- guam Copticam sive Aegyptiacam et descripti in hoc codice anno martyrum 1415, aerae christianae 1699, pontificatus D. N. Innocentii Papae XII octavo, Prologus. Cum anno proxime elapso .... cf. Zoega Catal. codd. copt. p. 3. Am Schlusse steht: Finem faciebam huie codiei anno aerae christianae 1699 .... cum natus essem annos vi- ginti novem, dies viginti tres. F. Guillelmus Bonjour, Tolo- sanus. Ord. Er. S. P. Augustini. 245 Seiten, grols 4to. Es folgen noch 5 Seiten koptischer Gebete von Bonjours Hand, mit derselben Ausführlichkeit unterschrieben . . B.3. 13. 280) 3.a. Psalterium copto-arabicum, ex praestantissimo codice MS. eximii abbatis Nicolai Francisci de Valle, Romani, olim monasterii Aegyptiaci S. Antonii abbatis, diligentissime collatus cum duobus MSS Bibliothecae Barberinae, anno Do- mini 1707, opera F. Guillelmi Bonjour, Tolosani, ordinis Ere- mitarum 8. Augustini. b. Observationes aliquot in Psalterium Aegyptiacum. Observationes in Psalmos iuxta versionem Aegyptiacam. Observationes in versionem Aegyptiacam ÖOseae, Evangelium copt.-arab. secundum Matthaeum. Versio latina prophetiae Oseae. mm 8 302 Gesammtsitzung g. Item Amos. h. Versio quorundam Psalmorum. Codex chart. fol. | A,6A8. 281) 4. Apocalypsis S. Johannis, coptico-arab. Schöne Handschrift. Die Anfangs- und andre Buchstaben sind hin und wieder mit Roth betupft. 114 Blätter in schmal -folio oder hochquart. Davor stehn 6 Blätter mit arabischer Schrift: Fragment einer Übersetzung der Apostelgeschichte. - Codex bombye. saee. XV. fol... . Me &. 49: 282) 5.a. Pontificale Alexandrinum lingua Aegyptiaca. pag. 1— 204. Am Schlusse: Seriptum e codice Vaticano anno Domini 1707 per me Guillelmum Bonjour, Augustinianum. | b. Liturgia S. Marci lingua Aegyptiaca e codice Vaticano descripta. | Nicht von Bonjours Hand. 30 Seiten. Zum Schlusse der lateinische Brief eines ungenannten Freundes an Bonjour mit grammatischen Bemerkungen über einige griechische Stellen, wie es scheint, aus der Liturgie. 6 Folioblätter. Gadexschart. Folio ... s:. .-andsis. sulzaas Da Au. 17, 288) 6. Bonjour, Elementa linguae copticae seu aegyptiacae, iussu SS"i D. N. Clementis XI Pont. max. exantiquata studio et opera F. G. Bonjour, Tolosani. Nach 6 Blättern folgt ein neuer Titel: Elementa ling. eopt. iussu E”i ae Revri D. D. Hieronimi Casanatae, S. R. E. Cardinalis et Bibliothecarii Apostolici exantigata studio et opera Fratris Guillelmi Bonjour, Ord. Eremit. S. Augustini. Auf dem folgenden Blatte steht die mit dem päpstlichen Insiegel versehene Druckerlaubnils vom 25. Sept. 1698. Die Grammatik von 346 Seiten ist ganz vollständig, mit Beispielen aus der koptischen Bibelübersetzung versehn. Am . Schlusse stehn vier Seiten griechisch, der Anfang von Xeno- phons Cyropädie, vielleicht als Übungsstück zum Übersetzen in das Koptische. Dann folgt ein Brief von Eusebius Renaudot, worin die Grammatik gelobt und der Druck derselben empfohlen wird. God. chart. 410. u ml) I a Rh RE Du. Weil. vom 8. April 1869. 305 ''284) 7. Grammaticalia linguae Coptae. p. 1—788. Der ungenannte Verfasser hat mit grolsem Fleifse eine Menge Stellen aus der koptischen Bibel im thebanischen und memphitischon Dialekte gesammelt, und einzelne grammatische Bemerkungen daran geknüpft. Dem Papier nach ist die HS. vielleicht aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. DER. . este, ars ann den. B. 6. 13. 285) 8. Bonjour, lexicon copticum-aegyptium in tres tomos distributum. Umfafst nach der Vorbemerkung des Verfassers nur die acht ersten kleinen Propheten und die 36 letzten Psalmen. Eoarehantsefolonin. 502 na asiorned A. 6.2.3.4. 286) 9. Bonjour, Mercurius Aegyptiorum Iosephus patri- archa, genealogice, chronologice, historice, geographice et hie- roglyphice demonstratus ex, sacris paginis et exoticis veterum monumentis. Auctore F. Guillelmo Bonjour, Tolosano, Ord. Eremit. S. Augustini, aetatis suae vigesimo quarto. — Item dissert. VI de dynastiis Aegyptiorum et Appendix de eorum monarchia, Cod, ehavt, mutilus in, fine. fol. .,.. v2... 14 IV. Barberina Von den Handschriften der Barberinischen Bibliothek ist ‘ ein vollständiger Blätterkatalog, nach den Sprachen geordnet, vorhanden. Unter den orientalischen Handschriften befinden _ sich zwei koptische. | 287) 31. Psalterium‘ Pentaglotton, armenicum, arabicum, coptum, chaldaicum, aethiopicum. Papiercodex in folio von 236 Blättern, auf denen die Psal- men in 5 Kolumnen neben einander stehn, in so schöner cha- raktervoller Schrift, dafs man annehmen kann, sie sei von 5 verschiedenen Schreibern, je in ihrer Eigenthümlichkeit ange- fertigt. Die armenische Kolumne wird zuletzt immer flüchtiger, und hört fol. 945 ganz auf. fol. 2235 tritt eine schlechtere kop- 304 Gesammtsitzung - tische Hand auf, die aber nur bis 2245 reicht, dann folgen 10 Blätter nur mit arabischer Schrift. | Rother Maroquinband mit dem Wappen der Barberini (drei Bienen) in Golddruck; auf dem vorderen inneren Deckel „104* und „1695.* 288) 46. Breviarium Copto-arabicum, scriptum anno Mar- tyrum 1112, feria tertia terminante mensem Barmude sive Phar muthi: hoc est anno aerae Christianae 1396, cyelo solis 5, litt. Dom. B. A, die 25 mensis Aprilis, in ultimam Pharmuthi et feriam tertiam incidente. | Sauberer Papiereodex in 12”° von 270 Blättern. Rothe Überschriften; hin und wieder rothe arabische Marginalien. Die arabische Übersetzung nimmt nur einen schmalen Streifen am äufseren Rande ein. Auf dem vorderen inneren Deckel: Horae Canonicae Cophtitarum. Arabice et Cophtice. Auf dem hinteren inneren Deckel: Officium ‚parvum, arabice et coptice. scriptus hic codex anno martyrum sub Diocletiano 1133. Übersicht. Psalterium pentaglotton. 287. — 202—204. 280. Pentateuchus. 199— 201. Psalmi Davidis. 57. 102. Genesis. 82. 278. — fragm. 91. 117. 159. — fragm. 43. I22. 129. 142. as annotationes. 44. Exodus. 82. Proverbiorum frgm. 92. 108. 156. — _ fragm. 122. 129. 143. Ecclesiastes. 40. 92. 157. Leviticus. 54. Cantici fragm. 58. — fragm. 122. 123. 125. Sapientiae fragm. 159. Altes Testament. 129. 144. Eeclesiastici fragm. 160. Numeri. 54. Baruch. 97. — fragm. 123..125. 145. Jesaias. 97. Deuteronomium. 54. — frgm. 45. 121. 127. 129. — fragm. 123. 125. 146. urn 61. "Josuae fragm. 126. 147. Jeremias. 97. Judiceum fragm. 126. 148. — threni. 97. Ruth fragm. 149. Je Regum frgm. 111. 126. 150—152. Tobiae fragm. 153. Job fragm. 40. 86. 92. 154. epistolae. 97. — frgm. 121. 127. 129. 162. Ezechiel fragm. 113. 127. 129. 1623. — vom 8. April 1869. - Daniel. 105. 279. — _ frgm. 826. 129. 164. Prophetae XII minores. 105. 279. Oseae fragm. 129. 165. Joel fragm. 166. j Amos fragm. 129. 167. Abdiae fragm. 168. Jonae fragm. 169. Micheae fragm. 129. 170. Nahum fragm. 171. Habacue cantica. 57. — fragm. 173. Sophoniae fragm. 172. Aggai fragm. 129. 175. Zacchariae fragm. 129. 175. Neues Testament. Evangelia quatuor. 2095— 207. Matthaeus. 280. — fragm. 130. 132. 176. Marcus frgm. 131. 132. 135. 177. Lucas fragm. 117. 124. 113—135. 178. 128. Joannes. 208. — 'frgm. 53. 96. 117. 119. 120. 124. 135. 139. 178. Acta Apostol. 49. 55. 209. 211. — fragm. 109. 120. 180. Epistolae N. T. 75. — Pauli, Petri, Joannis et Judae. 49. Epistolae VI catholicae. 209. 211. Pauli epistolae XIV. 209—211. frgm. 114. 115. 121. — ad Romanos fragm. 181. — III. ad Corinthios frgm. 182 183. — ad Galatas fragm. 184. — ad Ephes. fragm. 185. — ad Philipp. fragm. 186. — ad Coloss. fragm. 187. [1869.] —— 305 — II. ad. Thessalon. frgm. 188. 189. — ILH.ad Timotheum frgm. Epistola ad Hebraeos. frgm. 192. Jacobi epist. fragm. 193. Joannis epist. I. II. III. frag. 133. 194—196. Apocalypsis 75. 103. 212. 213. 281. — fragm. 114. 197. — prologus. 59. Biblisches. Moysis cantica. 57. 102. Annae cant. 102. Ezechiae cant. 102. Cantica. 222—202. Pericope utriusque testam. 136. Commentaria in S. Script. 95. Eusebii canones in N. T. 55. Evangeliarium. 50. Lectionarium. 31. 34.. 50. — mensis Sept. 73. — fragm. 33. Lectionaria et Responsoria 2. Lectiones Parascevae magnae, 12. — in feriam Petri et Pauli. } 12. — evangelicae. 253. 274. Kirchengeschichte. Acta eoncilii Ephesini. 111. Nicaeni. 111. Historia persecut. sub Athanasio. 111. De septem dormientibus. 112. Heilige. Märtyrer. Vitae et gesta Sanctorum. 67. 98. .100.104.112.118. 259. 261. 264. 266. Encomium Sanctorum Junii, Julii, Augusti. 66, 22 306 Eusebii vitae SS. Matthaei, Marei, Lucae et Joannis. 55. Vita Jesu Christi fragm. 109. — _B. V. Marie fragm. 109. Acta S. Josephi fragm.: 109. De abbate Claudio. 112. Vita S. Georgii. 53. — 8. Joannis. 110. De capite S. Joannis. 112. Acta martyrum. 100. 104. 110. 112. 260. Martyria et vitae SS. 256 — 258. 263. 265. Martyrologium Coptorum. 68. _— mensium Phamenoth et Pharmuthi. 94. Coluthi -martyrii frgm. 53. 93. Acta S. Stephani. frgm. 109. Homilien. Gebete. Basilii homilia de iciunio. 98. Joannis Chrysostomi sermones. 254. 255. fragm. 53. 98. 101. Mennae sermones. 255. Zacchariae homiliae. 98. 2595. Homiliae. 9. 262. 264. Laudationes. 259. 260. 262. Orationes. 202. Oratio in laudem Salvatoris. 695. — pro patriarcha defuncto. 217. — fraetionis hostiae. 217. — veli. 220. Orationes a pueris recitandae. 12. Sermones. 263. Sermo de tentatione diaboli. 111. — de Theodosio Alex. 111. Precationes in S. Martyres. 79. Preces et lectiones. 12. 83. Deprecatio. fragm. 220. Gesammtsitzung Liturgisches. Anaphora seu liturgia S. Basilii. 6. 9. 42. 216. 221. 222. — ‚Cyılli. 69217207218. fragm. 219. 221. 223. — 8. Gregorii. 6. 221. 223. Liturgia S. Marei. 282. — coptica. 106. 116. — eccl. Alexandrinae. 99. Euchologium. 69. 217. 223. 241. 246. — sive missale Alexandr. 214. fragm. 29. | Euchologium seu Pontificale. 242. 243. Euchologia copt. persiana. 51. 52. Rituale. 3. 4. 7. 70. 243. frg. 13. 23. 80. 81. — pro ordin. archiep. 89. — pro ordinandis monacis. 79. — pro foeminis religiosis. 79. Diaconale. 224. 225. Pontificale. 65. 282. Ordo sacerdotis. 215. — benedict. monach. 251. — sponsalium, 249. — _ solutionis einguli. 252. 245. — _dominicae palmarum. 212. — _ baptismi. — _ consecrat. chrismatis. 244. — elevationis incensi. 275. — missae. 241. S. Basilii. 215. — thurificationis. 216. — lampadis. 252. 276. Katameros. 226— 231. Diurnum. 5. 11. 72. frgm. 76. 77. Doxologia. 63. 74. 233. frgm. 13. Antiphonae etresponsoria. 232. 240. Psaliae sive psalmodia. 10. 62. 74. 84. 224. 233— 236. vom 8. April 1869. Hymni. 20. 45. 63. 74. 79. 87. 94. | 225. Horarium. 87. Horologion. 237. Missale S. Basilii. 45. 275. Epistolae. 259. Canones XXXIV. 224. Canon in festo pentecostes. 239. Canones in adorat. erucis. 30. Offiium B. V. Mariae. 45. 79. — missae, fragm. 26. SS. Gregorii, Basilii, Cyrilli. 56. — _cleriei. 30. 74. _ diaconi. 9. — hebdomadae sanctae. 28. — _ fragm. 395. — hebd. sanctae Alexandr. 90. 91. — temporis ieiunii. 27. — Consecratio novae ecelesiae. 1. — olei saneti. 79. Pedum lotio. 253. Benedicetio puerperae quae mascu- lum (vel foeminam) peperit. 245. 247. Liber exequiarum. 250. Commemoratio vivorum et defun- etorum. 220. Paraphrasis theotociorum. 238. Breviarium copt. arab. 288. Breviarii Alexandr. pars. 24. Fragmenta ecclesiastica. 277. — _ patristica et monastica. 41. Tuki, sulla pasqua dei Copti. 140. Grammatiken. Bonjour, gramm. coptica. 137. — elementa ling. copt. 283. Semannudi instit. l. copt. 269. 271. — 273. 307 Canones gramm. copt. frgm. 78. Elementa ling. copt. 21. 85. frgm. 88. Grammatica ling. copt. 13. 16. 48. 284. frgm. 22. Institutiones ling. copt. 15. 71. 267. 268. Manuductio brevis ling. copt. 37. Observationes grammat. 64. Opuscula grammat. 273. Fragmenta grammat. et lexicogra- phica. 36. Lexika. Abu-Isaac Bennasali Scala clecta. 269. 271—273. Abulbarkati Scala magna. 267. 270. Bonjour, lexicon copt. 285. Dietionarium copt. arab. lat. 14. 89. 46. 47. 61. Lexica copt. arab. 268. Saggio di dizion. copt. arab. 58. a—f. Thesaurus linguae aegypt. 60. Vocabularium copt. arab. 15. 16. 107. — N.T. 71. — Geneseos. 19. = Exodi. 18. — Numerorum. 18. — _Deuteronomii. 17. Tuki, miscell. copt. arab. 141. Miscellanca copt. arab. 32. 33. Bonjour, Mercurius Ägyptiorum Jo- sephus patriarcha. 286. 208 308 } Gesammtsitzung Hr. EN las: Über den am 24. März dieses Jahres mit Nord-Ost- Sturm gefallenen rothen Passatstaub in den Dardanellen und dessen Verbreitung über Griechenland bis Krain. Der Direktor der Sternwarte in Athen, Professor Julius Schmidt, hat mir am 26. März d. J. folgende schriftliche Nach- richt zugehen lassen, welche Anfangs April hier angelangt ist: :„Ein Schreiben des Hrn. F. Calvert zu Tschanak-Ka- „lessi am Hellespont bringt mir heute Kunde von einem „Staubfalle, der sich dort am 24. März ereignete. Die bei- „gelegte Probe sende ich Ihnen sogleich mit dem morgen „abgehenden Loyd zu, da die mikroskopische Untersuchung „vielleicht einiges Interesse darbietet. März 22. und 24. gab „es hier und im östlichen Mittelmeere gewaltige Stürme aus „SO., S., SW., und W. Am 24. März war in den Darda- „nellen der Wind lebhaft NO. Morgens 10 Uhr der Himmel „finster und gelblich (very overcast and of a gellow hue; „the mud falling).. Um 114 Uhr Morgens drehte der Wind „zu 8. und SSW. Barometer 29. 30. Über die enorme seit „März 1. andauernde Barometer-Depression werde ich später „das Nöthige veröffentlichen. Seit vier Wochen wird zu „Athen der mittlere Stand niemals erreicht.“ „— 1860 März 10, bei Scirocco, fiel über ganz Grie; „chenland ein gelber und z. Th. zimmetfarbiger sehr feiner „Staub, der bestimmt nicht Blüthenstaub war. Was 1868 „April 13. den Schwefelregen zu Athen veranlafste, war „nichts als Blüthenstaub von Pinus Halepensis. Genehmigen „Sie u. Ss. w.* J. F. Julius Schmidt, Direktor der Sternwarte zu Athen. Wenige Tage darauf erhielt ich vom Direktor des K. K. meteorologischen Institutes in Wien, Professor Jelinek, fol- gende Anzeige vom 5. April d. J. datirt: „— Dagegen hat sich in letzter Zeit ein Staubfall in „Krain (bei Weixelstein unweit Steinbrück) und in Dal. „matien (in Lesina) ereignet, in der Nacht vom 24.—25. März „und am Morgen des 24. März und ich habe von diesen vom 8. April 1869. 309 „Fällen Staubproben erhalten, die ich nicht besser verwerthen „kann, als indem ich dieselben E. H. übersende. Eine kurze „Notiz über die Umstände des Falles wird in der Zeitschrift „der österr. Gesellschaft für Meteorologie erscheinen. u. s. w.* | Dr. C. Jelinek. Diese mir so frisch und aus so wissenschaftlich sicheren Händen zugekommenen Staubproben eines und desselben gleich- zeitig über ganz Griechenland und das adriatische Meer bis Krain fortschreitenden Naturereignisses, haben mich veranlafst mit Beihülfe frischer Kräfte dieselben sofort einer mikroskopi- schen Analyse zu unterwerfen, zumal die Farbe des Staubes überall den lebhaft rothen Charakter des Passatstaubes über- einstimmend trägt und mithin vom gewöhnlichen Ackerstaube gänzlich abweicht. Wenn auch bis jetzt noch kein volles Re- sultat über Östliche und westliche Verbreitung u. s. w. abzu- schliefsen ist, so mag doch die vorgelegte Analyse dazu beitragen, weitere Nachricht zu erlangen, so fern dieselben besonderes In- teresse in Anspruch nehmen. Mit meinem Danke für die gefällige Mittheilung des Hrn. Prof. Julius Schmidt in Athen verband ich das Ansuchen, um möglichst fortgesetzte Nachforschung über das Auftreten der Erscheinung in östlicher Richtung und über die etwa zu beobach- tenden Massenverhältnisse der gefallenen Substanz. So sind mir noch folgende Mittheilungen aus Athen zugegangen: „Indem ich Ihnen für Ihre beiden inhaltreichen Briefe „meinen verbindlichsten Dank sage, will ich Ihnen heute „nachträglich noch über den Staubsturm Mittheilungen machen, „wie ich sie bis jetzt erhalten habe. Es thut sehr noth, alle „Nebenumstände genau zu kennen. Von Hrn. F. Calvert „zu Tschanäk-Kalessi habe ich neue Nachrichten erhalten. „Calvert, den ich zur Zeit meines Aufenthalts in Bunärbaschi „(Troja) kennen lernte, ist ein trefflicher kenntniflsreicher „Beobachter. Für die etwaigen asiatischen Beobachtungen „will ich noch an Koumborg in Constantinopel schreiben, „und ihn um Angaben für Sie ersuchen. „Hinsichtlich der folgenden Angaben sei bemerkt, dals „überall durch das Minuszeichen (—) eine Vormittagsstunde „bezeichnet wird. Am Hellespont stand Calverts (englischer) 310 Gesammtsitzung „Barometer schwerlich höher als 30 Fufs über See. Der | „dortige Therm. ist Fahrenheit; Calverts Briefe übersetze | „ich aus dem Englischen. „Zu Athen wurden die Beob. von mir selbst gemacht. „Seehöhe —= 54 Toisen. Barom. —= pariser Linien. Therm. „= Celsius. Regenhöhe nach Pariser Linien. — Il. Tschanak-Kalessi (Dardanellen). März 21. Tags mäfsiger S.Wind.. Nachts Regen, Wind wächst zum Sturme an. „ 22. früh Regen, Sturm wachsend, geht von $. zu SSW. B. = 29')50. Max. des Sturms Mittags. Hagel und Regen. 2“ Blitzen. „ 23. Leichter S.Wind, dreht Nachts zu NO. » 24. Früh lebhafter NO.Wind. —10% Himmel sehr dun- kel, gelblich, es fällt Schlamm (mud. falling.). Zu- nahme des Staubfalles bis —11%1, da der Wind plötzlich zu S. und SSW. dreht. Mittags Max. der gelben Farbe des Himmels, Wind noch wär- mer als zuvor. 045 Regen von gelber Farbe, die Fenster wie von Schlamm überzogen. 345 Regen stärker, Luft kälter. Regen noch gefärbt. 5" Wind mälsig SO. B. — 29,31 trüb; wenig gelb am Himmel. 1135 Wind Süd. schwacher Regen; noch Staubfall, doch schwach. B. = 29/20 T. = 17°. Calvert taxirt den Staubfall zu 15 Tons auf die englische Quadratmeile nach genäherter Rechnung. „25. —8" Wind leicht. :SSW.. B..—.23315, T..=56°, bedeckt. —10425 SSW. leicht, klarer Regen noch mit Spur des Staubes.. 3% noch Staubspur. 9u Wind West, bedeckt, kleiner Regen. B.—=29')25 T. = 175. Noch Spur des Staubes. „ 26. Früh, Wind = NO., kleiner Regen, kein Staub mehr. Calvert setzt die Dauer des Staubfalles auf 32 bis 33 Stunden. II. Rhodos. „ 24. Ausserordentlicher Sturm und schrecklicher Seegang. vom &. April 1869. en! III. Athen. auf 0° red. Cels. März2l. —8“ B.=330))'36 Luftemp. = 1150 gebrochen, still. 2" 3807.22 K- 15.9 bedeckt. Süd stark. Parnes u. Hymettosi.Wolk. kl. Reg. = 0')’02. gu 3293.96 Si 12.6 klar. SW. sehr stark. „ 22. —4U5 bis —54 gewaltiger SW.Sturm. —8 B.—=328')'13 Luftemp. 1597 klar und dunst. SW. lebhaft. y 2 329, 97 n 14.7 meistklar. SW. | stark. 9 331,'48 % 10.8 sehr klar, still. „23. —8 331,73 = 10.8 klar mit Dunst, still. 2 330/99 2 18.0 dichter Scirocco- Dunst, Wind SW. Abd. 6% Parnes u. Hymettos Penteli- kon mit Hauben. 9 330,03 S 15.1 klar. Wind O. u. wieder W. 11 329','36 Dunst. Wind NO., dann wieder sehr klar. Abends 7 Uhr der erste grofse Windstols aus O. oder NO., dann klar mit dickem Dunste rings am Horizont. Seit 8 Uhr Wolken aus Osten, doch um ll Uhr wieder klar nach oben. . —2" 41’ brach ein gewaltiger Sturm los, vor wel- chem vielleicht ein Erdstofs erfolgte. Sturm meist aus SO., doch zuweilen auch aus NO. Gegen —5" fand ich, dafs. die Maxima der Sturmstöfse im Mit- tel in 4,5 Minuten aufeinander folgten. Um —3,3\ fand ich aus 8 Sätzen dies Intervall = 2,64 Minu- ten. Von —4 Uhr hatte der Wind ab, die Verfin- sterung der Luft sehr zugenommen. Bald vor —7 Uhr ward der Sturm wieder sehr gewaltig. Es wa- ren 3 Intervalle von je 10 Minuten. Wind = SO. u. ©. Zug der Wolken aber aus SW. 312 | Gesammtsitzung —313 B.=327)"31 t—=1499 sehr dunstig, SO.- Sturm. —7,2 326,28 Ai —8,0 326 ,85 14,8 meist bedeckt, SO. in | Stöfsen. Regen. —10,0 827,020 © 8. sehr stark. 2,0 226,24 14,1 bedeckt. Parnes und Hymettos verhüllt. S. sehr grols, klein. Reg. 2,9 326 ,07 | bedeckt. Regen. 8. sehr stark. 340..20=825,91 13,6 id. Regen 0'095. 9,9 326 , 04 bedeckt. Wind schwä- cher. 7,8 Erdbeben. 9,0 326,25 17,4 bedeckt. Regen. Auch zu Athen fiel Staub, der aber erst später we- gen seiner Farbe auf der Terrasse entdeckt ward. März25. —8" B.=527')'03 t= 13,9 gebrochen. NW. stark. Parnes und Hymettos in Wolken. 2 328,03 14,9 gebrochen. NW. höchst mächtig. 6) 329,16 12,1 klar. NW. sehr stark. „26. —8 . 329,84 12,9 klar, radiale Dunst Cir- x ri von NW—SO. Ber- ge klar. 2 329,93 17,3 klar: W. sehr stark. 3 330 , 24 13,2 bedeckt, still. IV. Malta nach Times April 6. „ 23. Orkanartiger Sturm aus O., der Nachts zu S. u.W. sich wendet. Calvert bemerkt zu dieser Note, aber auf frühere Jahre sich beziehend: „Ich bemerkte zu Malta, wo ich lange lebte, dafs mit dem heifsen drückenden Scirocco oft die Tische und Möbel in den Häusern mit rothem Staube bedeckt waren, welcher mit dem SW. u. S. von Afrika kommen mulste. Der Staub von Malta ist weils.“ vom 8. April 1869. 313 Anm. 1860 März 10 hatten wir über ganz Griechenland den Fall von zimmetbraunem Stau- be; auch zu Athen fiel er sehr reichlich, und stärker habe ich weder ihn, noch furchtbarer das Aussehen des Himmels gefunden. V. Neapel. März23. Staubsturm bei sehr niedrigem Bar.; wie die Zei- tungen melden. „April 15 früh begann hier zu Athen ein noch stärke- „rer S.-Sceirocco-Sturm, doch ohne Staub. Mittags 119 Erd- „beben (ein stärkeres Erdbeben war April 16 —2%). April „19 u. 20 sehr finster bei Landregen. „(März 28 waren lebhafte Erdbeben zu Smyrna.) „Von dem März 24 zu Athen gefallenen Staub habe ich „erst April 22 einige zusammengeschwemmte Spuren gesam- „melt, indem ich sie mit dem Messer von der braunen Öl- „farbe der Terrasse losschälte.. Wenn ich auch glaube, dafs „ich ganz Unnützes sende, lege ich doch die kleine Probe „bei.“ „Mit erneutem Danke u. s. w. J. F. Jul. Schmidt.“ Ich schliefse hieran noch einige mir später über denselben Gegenstand durch gefällige Mittheilung des Hrn. Direktor Je- linek zugekommene Nachrichten, welche sich ausführlicher in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteoro- logie Band IV. verzeichnet vorfinden. Auch halte ich es im Interesse der weiteren Aufklärung wichtiger Naturerscheinungen nicht für unangemessen, die bis zum Druck des Monatsberichtes, welcher erst jetzt Mitte Juni erfolgt hinzugetretenen Sachkennt- nisse anzureihen. Im Bullettino meteorologico dell’ Osservatorio del Collegio Romano Vol. VIII. sind neuerlich wieder rothe Pas- satstaubfälle vom 10. März d. J. in Subiaco und vom 23.—24. März in Neapel umständlich verzeichnet worden, die Zeit der letzteren Erscheinung ist genau dieselbe mit der von den Dar- danellen her kundgegebenen, und wenn dabei gesagt wird, dafs nach meinen Beobachtungen der rothe Staub aus Afrika käme, so ist das, wie so häufig in Publikationen, das gerade Gegen- 314 Gesammtsitzung theil meiner Mittheilungen seit 25 Jahren. In den österr. me- teorologischen Nachrichten (Bd. IV. p. 205) wird von diesen italiänischen Staubfällen Nachricht gegeben, besonders aber auch von der nämlichen Erscheinung in Lesina, über welche Hr. Bucchich, der Beobachter derselben, sich pag. 305 folgender- malsen äulsert: „Am Abend des 23. März wich der mälsig starke SO- Wind der Bora, jedoch war das Thermometer, welches um 2 Uhr Nachmittags 10.5° R. gezeigt hatte, nur um 0.4° herab gegangen. Der ganze Himmel war von einem Cirro-Stratus bedeckt und das Barometer sank rasch.“ „Um 6 Uhr Morgens am 24. März zeigte das Barometer, welches zu dem dritten Minimum des Monates herabgesunken war, 828.24 Par. Linien, die Bora wehte noch, jedoch mit verminderter. Heftigkeit, die Temperatur war 11.10°R.; die Feuchtigkeit der Luft 48 Percent. Bei einem Himmel, der mit Cirro-Cumulo-Stratus bedeckt war, fing es langsam zu regnen an und der Regen währte bis gegen 8 Uhr Morgens, die Quan- tität des gefallenen Regens war 0.98'".* „Etwas später bemerkte ich dunkelgelbe Flecken, welche auf den Scheiben der gegen Norden gerichteten Fenster, aus welcher Weltgegend der Regen herkam, deutlich die Begrenzung der auf dieselben gefallenen Regentropfen zeigten. Da man nicht annehmen konnte, dafs diese Flecken vom Staube her- rührten, welchen der Wind von der Erde aufgehoben und mit dem Regen gemischt hatte, indem der Boden fest („sodo“) und feucht war, so wurde ich aufmerksamer auf die Erscheinung. Ich untersuchte das Laub der Planzen, die Dächer, die Fenster- scheiben anderer Häuser und fand, dafs in der That gleich- zeitig mit dem Regen eine staubartige Masse herabgefallen war, welche die äufseren Kennzeichen des bekannten „Passatstaubes* darbot.* „Diese ‚Erscheinung, verbunden mit dem Umstande einer _ Temperatur, welche für den Charakter des dieselbe begleitenden Windes zu hoch war, einer starken barometrischen Depression, einer merklichen Trockenheit der Luft (denn es mufs bemerkt ‘werden, dafs die um 6 Uhr am 24. März beobachtete Luft- Feuchtigkeit von 48 Percent gewils noch geringer gewesen vom 8. April 1869. 315 wäre, wenn ‘es nicht geregnet hätte) scheinen mit der die: trockenen Nebel („callina“) erzeugenden Ursache, über welche sowohl Secchi als v. Vivenot geschrieben haben, im Zusammen- hang zu stehen.* „Wenn man mit Ehrenberg annimmt, dafs dieser Staub aus den oberen Schichten der Atmosphäre herrührt, aus welchen derselbe durch einen Wirbelsturm herabgetrieben wird, so würde das rasche Sinken des Barometers ein Anzeichen eben dieser Wirbelbewegung und ein Vorläufer des Staubfalles sein.* „Bemerkenswerth ist es, dals sowohl der trockene Nebel des Jahres 1861 als der Blutregen vom 24. März 1869 von warmen Nordwinden herbeigeführt wurden.“ „Am Morgen desselben Tages (24. März) hatte man zu Sign, einem Städtchen auf dem Festlande von Dalmatien, nörd- lich von Lesina gelegen, Schneefall, und die Bora wehte da- selbst sehr heftig.“ „Man kann vermuthen, dafs die erwähnten Erscheinungen sich schon öfter ereignet haben; einer venetianischen Chronik entnehme ich die folgende Anmerkung: „1508, Luglio. Non voglio restar di scriver do cosse notade seguite questi Zorni, una a Zara par piovesse aqua come sangue. Lesina, 29. März 1969. G. Buechich.* Ebenda wird weiter über den Staubfall in Krain pag. 200 folgendes bemerkt: „Hr. Oustos Deschmann in Laibach be- richtet über denselben: In der Umgebung von Weixelstein (Krain) bei Steinbrück fiel in der Nacht vom 24. zum 25. März ‚strichweise ein ganz kothiger Regen, der auf den Sträuchern und Kleefeldern, besonders aber auf den Fensterscheiben ge- deckter Gartenbeete sehr auffallende Spuren hinterliefs. Die Substanz war eine röthliche Staubmasse, in der Färbung dem hiesigen Gebirgsschiefer (Werfener Schiefer) sehr nahe kom- mend. Da aber schon 14 Tage hindurch fortwährend nasse Witterung herrschte, ist an eine Staubaufwirbelung und den Niederschlag derselben durch den Regen nicht zu denken.“ Durch Hrn. Direktor Jelinek ist mir nun noch neuerlich eine Probe des bei Cilly in Krain, zwischen Grätz und Lai- bach gefallenen rothen Staubes vom 24. bis 25. März zugäng- lich geworden, wobei am angeführten Orte noch bemerkt ist, 316 Gesammisitzung dafs auch in Kärnthen, im Loibl-Thale gleichzeitig ein streifen- weise braun gefärbter Schneefall sich ereignet hat, wovon mir jedoch keine Probe zugekommen ist. Ebenso wenig sind mir Materialien aus Sieilien und Calabrien zugänglich gemacht wor- den, wo ein ähnlicher mit Sturm und Gewitter begleiteter, sehr intensiv gelbrother Staubregen mit blitzenden Wolken und srofsem Sturm beobachtet worden ist, den man aus der Rich- tung von Afrika heranziehend meinte, wie in der Vossischen Berlin. Zeitung am 16. April d. J. mitgetheilt wird. Dafs er aber nicht aus Afrika stammen kann, vielmehr aus dem atlantischen Dunkelmeer abzuleiten sein wird, möge nur ange- deutet sein. | Ich habe von den vier Hauptsubstanzen, welche mir zu- gesendet worden sind, nämlich von den Dardanellen, von Le- sina, Weixelstein und Cilly, eine Reihe von mikroskopischen Analysen ausgeführt, deren Resultat ist, dals sie sämmtlich mit dem vom mir schon so vielfach analysirten Passatstaubarten, welche den sogenanten Blutregen bedingen, in der auffallendsten Weise übereinstimmen. In diesen 4 Proben sind von mir nicht weniger als 38 organische Lebensformen vorgefunden worden, wie sie die vorliegende Tabelle in Übersicht bringt und die vorgelegten Zeichnungen vor Augen stellen. Die meisten Formen sind in der 1844 publicirten Abhandlung in den Schriften der Akademie in Abbildungen vergleichbar. Das Verfahren für die Beobachtung war ganz dasselbe wie früher, indem nur je eine Drittel Kubiklinie der Masse auf Glimmer unter destillirtem Wasser ausgebreitet, dann ge- trocknet und mit kanadischem Balsam durchsichtig gemacht worden ist. So wurden von den Dardanellen und Cilly je 10 und von Lesina und Weixelstein je 5 Analysen angefertigt, welche in den Dardanellen 34, in der von Cilly 13, von Le- sina 7, von Weixelstein 7, organische Formenarten erkennen ‚liefsen. Nach diesem beiliegenden Verzeichnifs der mikroskopischen Mischung ist dieser rothe Staub kein gewöhnlicher Staub, viel- mehr verlangt derselbe die volle Aufmerksamkeit der Natur- forschung. vom 8. April 1869. 317 Die Hauptmasse des Volumens besteht, wie bei allem Passatstaub, aus einem sehr feinen meist doppelt lichtbrechen- den Sande, dessen gröbere Theilchen zuweilen doch bis zu 725 Linie reichen, die aber in einen überaus feinkörnigen Mulm von eisenrostrother Farbe eingehüllt sind. Dieser feine Mulm wird durch Salzsäure entfärbt weifslich, während die letztere grünlich wird und durch Glühen wird der Staub dunkler roth. Die organische Mischung dieses feinen Staubes bildet nach Schätzung etwa 4 des Volumens oder 124 pro. Cent. Ein leichtes Brausen mit Säure zeigt an, dafs kohlensaurer Kalk in der Mischung ist. Entfärbung des Staubes durch Salz- säure und die röthere Färbung durch Glühen lassen erkennen, dafs die rothe Farbe von Eisen stammt. Die vorherrschenden Formen des organischen Lebens sind Gallionella granulata und decussata, welche in keiner Probe fehlen, oft aber sehr häufig in jedem Sehfelde waren, Fragillaria striolata und Dis- copleae mit pflanzlichen Kieseltheilen (Phytolitharien), wie sie zumeist aus Gräsern gekannt sind. Unter den 38 Formen sind Rotalia und Spong. uncinata ‚Meeresformen, die übrigen entschiedene Süfswassergebilde. Ist nun in dieser Weise der Charakter der Substanz fest- gestellt, so mag es erlaubt sein, einige Folgerungen daran zu knüpfen. In meiner Abhandlung des vorigen Jahres über die rothen Guinea-Erden habe ich die Unwahrscheinlichkeit, ja Unmöglichkeit hervorgehoben, dafs Afrika den Seiroceo- Staub Italiens liefern könne und durch die in der Mikrogeologie ge- gebene Analyse der Oberflächen der Antillen-Inseln hat sich auch anschaulich machen lassen, dafs die Antillen nicht den Meteorstaub von Lyon (1846 u. s. w.) geliefert haben. Durch die aus Athen gesandten Proben des Hellespont- Staubes mit so gleichartiger Mischung, wie seit 1805 der Passat- staub zu erkennen gegeben hat, wird jetzt plötzlich die Aus- sicht auf jene bisher geheimnifsvolle befruchtende Erde des Abdellatif nach Mittelasien gerichtet, wo räthselhafte Anhäu- fungen rothen Staubes grofse Wüstenflächen erfüllen und er- schreckende Orkane die fremde befruchtende, nach Burnes 1857 rothe Erde, über das Land von Beludschistan bis Kabul und Kaschgar verbreiten sollen. 318 Gesammtsitzung Die gemeldeten Nordost- und Süd- bis Südwest-Stürme können sich nicht auf Afrika noch auf die Antillen beziehen, sie geben vielmehr seit dritthalb Tausend Jahren die ersten direkten Erläuterungen der Blutregen in Bagdad, Constanti- nopel und des Homerischen Blutregens in Klein- Asien und Griechenland selbst. So reihen sich alle jene historischen dunklen asiatischen Nachrichten vielleicht nun leicht an die von der oberen Atmos- phäre periodisch sich herabsenkenden und durch ihr Fallen in verschiedene Luftströme Wirbelorkane bildende, überall gleich- artig gemischte und gefärbte, unfühlbar feine durchsichtige Staub- nebel an, welche Alex. v. Humboldt 1803 in Süd-Amerika seiner Aufmerksamkeit werth fand und die vor ihm Keppler sich als Weltwolken theoretisch ausgeschmückt hatte, wie ich es 1847 und 1868 in den Abhandlungen anzudeuten für nützlich ge- halten. Die beiden schon im vorigen Jahre in der Abhandlung über die Guinea-Erden besprochenen rothen Staubfälle aus Rom “vom Jahre 1864 und 1866, werden hierbei ebenfalls zur Ver- gleichung gebracht und ihre Übereinstimmung mit dem aus dem Dunkelmeer abgeleiteten rothen Nebel nachgewiesen. Die unge- heure Menge der Substanz, welche bei den Dardanellen ange- geben wird, wird man freilich nicht in gleicher Intensität sich bis Krain abgelagert denken dürfen, dafs es sich aber um Tausende von Centnern einer gleichartigen, gleich organisch ge- mischten Substanz wieder handelt, wie sie kein Oberflächen- verhältnifs der Erde irgendwo geliefert hat, wie sie vielmehr nur als zusammengehoben aus den Oberflächenverhältnissen aller Erdtheile in der oberen Atmosphäre schwebend gedacht werden kann, möge weiterer Erwägung anheimgegeben sein. Ob jene Staub und Schlamm ablagernden Nordost-Stürme, welche am gleichen Tage mit den süditaliänischen gleichartigen .Südstürmen stattfanden, im Zusammenhange eines einfachen cyclisch bewegten Wirbelsturmes stehen, oder ob gleichzeitige Herabsenkungen grofser Staubmassen aus der oberen Atmos- phäre im Westen und Osten stattgefunden haben, die dem Laufe besondrer Luftströmungen der unteren Atmosphäre folgten, ist für jetzt nicht zu entscheiden. vom &. April 1869. 319 Bei der noch immer vielfachen Geneigtheit, den Seirocco- und Fön.-Staub in nothwendigem Zusammenhange mit heifsen Winden zu denken und deshalb besonders beides aus Afrika abzuleiten, dürfte nicht unangemessen sein, folgendes noch zu bemerken. Ich war im vorigen Jahre 1868 in den Monaten Juli, August und September in der Schweiz am Vierwaldstädter-See, in Interlaken und im Rhonethale bei Bex stabil. Dieselbe Zeit war ganz ungewöhnlich reich an Fönstürmen und zeichnete sich dort durch furchtbare Verheerungen aus, welche durch die ungewöhnlich zahlreichen Regengüsse, Schneeschmelzen und Bergstürze hervorgebracht wurden. In dieser ganzen dreimo- natlichen Zeit habe ich bei den mannigfachsten Nachfragen, auch von den angesehensten Geologen der Schweiz so wenig als von den vielen Reisenden, irgend einen Fall von rothem Staubregen zur Erfahrung gebracht und die Versammlung der Gesellschaft schweizerischer Naturforscher in Einsiedeln, wel- che damals tagte, hat, soviel mir bis jetzt bekannt geworden, keine Veranlassung gehabt ihre Aufmerksamkeit auf solche Staubstürme zu lenken. In derselben Zeit war Dr. Parthey, Mitglied der Akademie, in Rom und derselbe meldete mir in einem Schreiben vom 24. März d. J., dafs er im Sommer 1868 nur zu viel Scirocco in Italien gehabt habe und besonders bei Ariccia viel davon gelitten, ihm aber niemals ein rother Staub dabei vorgekommen sei. Ich selbst habe in Italien bis Neapel ebenfalls Seirocco ohne rothen Staub erlebt, und dafs rothe Staubfälle bis in die neueste Zeit noch die Aufmerksamkeit des Volkes dort erwecken, sollte wohl allgemein und definitiv er- kennen lassen, dafs die heifsen Winde und der rothe Staub keinen nothwendigen Zusammenhang haben und dafs, wenn Afrika den heifsen Wind liefert, doch dieser Zusammenhang ein nothwendiger sein würde. In Bezug auf den hiermit bezeichneten so merkwürdigen Staubsturm mag die Bemerkung hinzugefügt sein, dafs neuer- lich zwar rothe Schneeflächen auch auf den Pafshöhen des Kaukasus von Hrn. Baiern beobachtet worden sind, die rothe Färbung aber nicht von gefallenem Passatstaub, sondern als von der schön rothen kleinen alpinen Alge des abschmelzenden 320 Geesammtsitzung liegenden Schnees, der Sphaerella nivalis herrührend, durch von Hrn. Dr. Werner Siemens mir zugeführte Proben festge- stellt worden ist (s. Sitzungsber. d. Berl. naturf. GER RBRE Januar 1869). Dafs in de Bulletino meteorologico von Palermo vom Monat März am 23. u. 24. d. M. ein starker Nord-Ost- u. Nord- West-Sturm angemerkt ist, verdient besondere Beachtung, wenn auch von dem rothen Staube, dessen das „Giornale“* als beson- dere Merkwürdigkeit lebhaft Erwähnung thut, keine Kenntnifs genommen ist, vermuthlich doch, weil man an der, nicht mehr möglichen, Vorstellung festhielt, dafs der Staub ein gewöhnlicher Wüstenstaub aus Afrika sei. (23. März. Alle 9h. m. incomincia un forte vento di N. E. che dura tutto il giorno, e a notte tarda piega a NNO. il mare & molto agitato; nell’a sera pioggia. 24. Continua la burrasca e il mare & anche piu grosso di ieri sera; il vento continua dal quarto quadrante; nella sera pioggia e grandine.) An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 20. Bd. 4. Heft. Berlin 1868. 8. Neunter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde. Offenbach 1868. 8. Lotus. Zeitschrift für Naturwissenschaften. 18. Jahrg. Prag 1868. 8. Arthur v. Oettingen, Meteorologische Beobachtungen. 2. Jahrgang. Dorpat 1869. 8. Cam. Heller, Die Zoophyten od Echinodermen des Adriatischen Meeres. Wien 1868. 8. W. Wackernagel, Voces variae animantium. Ein Beitrag zur Na- turkunde und zur Geschichte der Sprache. 2. Aufl. Basel 1869. 8. A. Neilreich, Die Vegetationsverhältnisse von Croatien. Wien 1868. 8. Verhandlungen des k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1868. 18. Bd. Wien 1868. 8. G.A.Maack, Die bis jetzt bekannten fossilen Schildkröten. Cass. 1869. 4. zu p. 320. -99eT wog | © I9sr wog | © ANEIDIEDIEHNN AO "euIso] Rx ö u 1, ne N, a EN » & s Er < er N » * \ a rn Mikroskopische Mischung der 6 Passatstaub - Proben. zu p. 320, - | Dardanellen POLYGASTERN: Campylodiscus ? Fragm. Cocconema Lunula Discoplea atmosphaerica _ ? —_ ? _ 2 Eunotia amphioxys — ? — ÖOygnus ? Textrieula ? St. Antoni ? —_ _ 2 Fragilaria Rhabdosoma — ? striolata —_ Venter Gallionella decussata —_ distans —_ granulata lineata marchica tenerrima _ _ 2 _ crenata Navieula Bacillum Trachelomonas volvocina _ 2 Pinnularia viridis ? viridula ? Rhaphoneis ? Surirella ? PHYTOLITHARIEN: Amphidiseus truncatus Lithodontium vostratum Emblema Lithosiylidium Catena n. sp. crenulatum biconcavum _ hemicyclus n. sp. denticulatum Diceras n. sp. —_ laeve rude sinuosum unidentatum perforatum n. sp. —_ Serra _ Ossiceulum _ Amphiodon Spongolithis acicularis Clavus —_ uncinata POLYTHALAMIEN: Rotalia aspera ? Weiche Pflanzentheile: Pflanzenhaare Summe des Örganischen: = Ele ieh Elle Eilnseı® en 7 "© AlsldlElale 2 3Il4ı5|6 nn 32 ‘ . + —+ + — + + + 6 +? + +! . + + + B Beleg . |4+? I + Pe + 5 Se [Sa 2 + +). |+! ö ö o . | + +/+/+|1+ | +|+ +/+/+/1+ 1 +1 + +/+/+|+|+|+ + +). )+ + + : +1. + = | . + |. | + ’ “ +? ö +? +? +? . . +) + + — + +| +1 + +|+ + + +1+ + a ne er ee +/.I+|+I1#1I-+ +1|1-+]|. . ar + 5 I + 9 +++ . . + ® c I +| + + + +|)+ + : . Enz 2 + + |, IT TTT—— — ll ss | |ıs | 7 |23 Tıe || Unorganisches: kleine eubische Kalkkrystalle quarziger Trümmersand röthlich gelber Eisenmulm thoniger farbloser Mulm Summe des Ganzen 58 | ++ ++ wo | Lesina. "++: «= | Cilly. + ++ 16 = | Weixelstein. a | Rom 1866 +++ 26 - 045 s —— 0 a | Rom 1864 | +++ 17 3 en ag > Mr er ER ER RR ee a he VIELE RE en BeeeÄE Fnge re N 21 “s S © . x „ 8 a x R \ "zn ” I PP. s - er ’ Ss 1 a f . with. © 3 . « r . a * 7 R * “ » « “ . x ft x = Tarır { 5 4 i N u: ru u a engen re} . nn — zer nn en nnd a en er gen - _ ee = » e - nn = E H * e > er ? 2 ; . { “ | 3ER | ET ER el N Eee THE) 1-53 E ne a 6, a TE Pe r u Er TE z e E; <.w 1 4 s x 2 3 4 N Een re - en Deere “ —n a ge en ea an n _ E a a _ ee EN SEEN METER VEAN-Ar 2 20 ERBE SR 2 ET ENT a a Ay 1 - Ri k J ji N De I | nr a P: 7293 AG.) ven + or y S 6 = r7 ; un ; + nr + + = % P r ss ö Po ze -_. ar 5 Fo i“ . = BANN vom 8. April 1869. 321 Mittheilungen der k. k. Oentral-Commission zur Erforschung und Er- haltung der Baudenkmale in Wien. 14. Jahrg. Wien 1869. 4. Verhandlungen der phys.-medicin. Gesellsch. in Würzburg. Neue Folge. 1. Bd. 2. Heft. Würzburg 1868. 8. Vierteljahrschrift der astronomischen Gesellschaft in Leipzig. 4. Jahrg. 1. Heft. Leipzig 1869. 8. C. Sandhaufs, Über das Tönen erhitzter Röhren und die Schwin- gungen der Luft in Pfeifen von verschied. Gestalt. Neisse 1869. 4. Mit Begleitschreiben des Verfassers d. d. Neisse 3. April 1869. Montagna, Nowelle theorie du metamorphisme des roches. Naples 1869. 8. Mit Schreiben des Verf. d. d. Napoli 30. 3. 69. Aoust, Analyse iufinitesimale des courbes. Paris 1869. 8. Bulletin de la societe geologique. 25, 2.3. Paris 1868. 8. Annales des mines. Tome XIV, 5. Paris 1868. 8. A. de Vertus, La langue primitive. Paris 1868. 8. Mit Schrei- ben des Verf. d. d. Brecy par Courcy (Aisne) 23. Mz. 1869. Fenicia, Libro decimoquarto della politica. Bari 1868. 8. Atti del Istituto veneto. XIII. Disp. 8—10. Venezia 1868. 8. Transactions and Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Edin- burgh 1867—68. 8. Philosophical Transactions. Vol. 158. London 1869. 8. Proceedings of the Royal Society. no, 101—108. London 1868. 8, Greenwich Observations in the year 1866. London 1868. 4. Catalogue of scientifie papers. Vol. MH. London 1868, 4, : Transactions of the Royal Society of Victoria. IX, 1. Melbourne 1868. 8. Compte rendu de la commission imperiale archeologique pour 1865—66. Petersburg 1866—67. 4. (C. Priomis) Trattato di architettura civile e militare di Fr. di Giorgio Martini. Torino 1841. 4. et fol. Materiaux pour la carte geologique de la Suisse. Livr. 6. Berne 1869. 4. Bigsby, Thesaurus silurieus. London 1868. 4. W. W. Hunter, A comparative dictionary of the non-aryan languages of India and High Asia. London 1868. 4. Mit Ministerialrescript vom 2. April 1869. [1869.] 93 322 Gesammtsitzung 15. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Borchardt las über einige Probleme des relativen Maximums. Hr. Poggendorff las: Über eine Vereinfachung in der Construction und dem Gebrauch der Holtz’schen Influenzmaschine erster Art. Diese gegenwärtig sehr verbreitete Maschine besteht, wie bekannt, aus einer drehbaren und einer festen Glasscheibe, von welchen die letztere mit Ausschnitten versehen ist, ent- weder in Gestalt eigentlicher, nach dem Rande hin offener Sectoren, oder in Gestalt kreisrunder oder ovaler Öffnungen von beträchtlicher Gröfse. Die letztere Einrichtung ist die bessere und daher auch jetzt allgemein übliche, weil man da- bei die ruhende Scheibe mit Leichtigkeit in jede beliebige Stel- lung versetzen kann. Über den Nutzen und die Nothwendigkeit dieser Aus- schnitte ist, meines Wissens, noch keine recht präcise Ansicht ausgesprochen. Hr. Holtz äufsert beiläufig in seiner ersten Abhandlung!) die Ausschnitte hätten den Zweck, den binden- den Einflufs der auf der Rückseite der festen Scheibe ange- häuften Elektricität zu unterbrechen und somit die Elektrieität der rotirenden Scheibe frei zu machen. Diese Theorie ist mir, mufs ich gestehen, niemals recht einleuchtend gewesen, und vollends wurde ich irre an ihr als ich fand, dafs man die Ausschnitte oder Fenster (wie die Franzosen sagen) unter ge- wissen Bedingungen durch Glas oder Kamm-Masse verschlielsen 1) Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 126. S. 162. vom 15. April 1869. 323 kann, ohne dadurch die Wirkung der Maschine sonderlich zu beeinträchtigen. Da ich aber andrerseits auch keinen Vortheil von diesem Verschlulse sah, so liefs ich die Sache liegen. | Erst vor einiger Zeit, wurde ich wieder auf den Gegen- stand zurückgeführt, indem ich mich gewifser Thatsachen er- innerte, welche ich schon zu Ende des Jahres 1866 beobachtet, zum Theil in der Klassensitzung vom Februar 1867 mitgetheilt, und seitdem oftmals bestätigt gefunden habe. Unter Anderem zeigte ich damals, dafs die Maschine auf dreierlei Art erregt werden kann. Erstlich von der Rückseite her, auf die gewöhnliche Weise, indem man einem der Belege durch Vertheilung oder Mittheilung Elektricität zuführt. Zwei- tens von der Vorderseite her, indem man aus einer anderen Elektrieitätsquelle, entweder einer zweiten Maschine oder einer geladenen Flasche, Elektrieität durch die Metallkämme auf die rotirende Scheibe ausströmen lälst. Und drittens auf interme- diäre Weise mittelst der ruhenden Scheibe, nachdem man die- selbe durch vorherigen Gebrauch der Maschine in ihren beiden Hälften entgegengesetzt elektrisch gemacht und die Ars ab- leitend berührt hat. Auf welche Weise nun auch die Maschine in Thätigkeit gesetzt worden sein mochte: immer fand ich, dafs der Zahn der Belege, dieser mysteriöse Theil der Holtz’schen Maschine, der dieselbe wesentlich zu einem bis dahin unbekanten, ganz neuen Instrumente macht, während der Rotation der beweg- lichen Scheibe nicht einfach elektrisch ist, sondern sich in einem polaren Zustand befindet, vermöge dessen er die eine Elektrieität aus seiner Spitze und die entgegengesetzte aus sei- ner Basis aussendet, wie denn auch das bei einem isolirten Leiter, der influeneirt wird, nicht anders als in der Ordnung ist. Wird der Spitze eines solchen Zahnes z. B. positive Elek- trieität zugeführt, indem man sie mit dem positiven Knopf einer geladenen Flasche oder dem Deckel eines Elektrophors be- rührt, so. giebt diese Spitze während der Rotation nicht positive Elektricität aus, sondern negative, und die positive Elektricität wendet sich zur Basis des Zahns, welche dem benachbarten Metallkamm, der in diesem Falle negative Elektricität ausströmt, directer gegenübersteht. 23* 324 Gesammtsitzung Umgekehrt, wenn man durch einen Metallkamm negative Blektrieität auf die rotirende Scheibe ausströmen läfst, wird der gegenüberstehende Beleg, so wie die Basis des Zahnes, positiv und die Spitze des letzteren giebt negative Elektrici- tät aus. | | Schon hiedurch überzeugte ich mich, dafs der Papierbeleg, auch wenn er gefirnifst worden, was man übrigens jetzt mei- stens unterläfst, gleich dem Zahne, ein Leiter der Elektrieität ist, und nothwendigerweise sein mufs, wenn die Maschine in Wirksamkeit gelangen soll. Ein gezahnter Beleg von Glimmer, also einem Isolator, dessen Anbringung an der ebenfalls isoli- renden Glasplatte schon vorweg nichts erwarten läfst, giebt auch keine Wirkung. Dagegen kann das Papier ganz füglich durch Stanniol, also einen metallischen Leiter, ersetzt werden, obwohl gerade nicht mit practischem Vortheil, weil dabei die Wirkung, wegen der schnellen Eniweichung der Elektrieität, viel schwächer ist und bald erlischt, wenn man die Elektroden etwas weit auseinander zieht. Wie sehr die Blektrieität aus einem solchen Stanniolbeleg entweicht, zeigt sich besonders wenn er positiv, die Zahnspitze also negativ ist; dann sieht man im Dunklen lange zarte Funken aus ihm hervor schiefsen. Gewils war es ein glücklicher Griff, dafs Hr. Holiz gerade einen solchen Halbleiter wie das Papier ist, zu den Belegen wählte. Diese und andere Erscheinungen, welche mich in der An- sicht bestärkten, dafs die Papierbelege der Maschine nicht mit dem Kuchen des Elektrophors parallelisirt werden können, ge- währten mir auch einen deutlicheren Blick in die Function der Ausschnitte der festen Scheibe. Ich erkannte, dals diese Ausschnitte keinen anderen Nutzen haben und haben können als den, die von der Basis der Zähne ausströmende Elektricität zu den mit ihr über den Rand . leitend verbnndenen Belegen zuführen und somit auf der Aufsen- seite der festen Scheibe auszubreiten. Und damit war denn auch alsbald eine Construction gegeben, welche die Ausschnitte überflüssig macht. Ich liefs nämlich in die feste Scheibe zwei diametrale Lö- cher bohren, so grols wie ungefähr einen Silbergroschen (18 Mm. vom 15. April 1869. 325 im Durchmesser), füllte jedes derselben durch eine Korkscheibe aus, und klebte nun auf die innere Seite dieser Scheiben die Papierzähne, und auf die äufsere die Papierbelege. Dadurch war denn, ohne offene Ausschnitte in der Scheibe, eine leitende Verbindung zwischen den Zähnen und den Belegen hergestellt. Meine Erwartungen von dieser Construction wurden voll- kommen erfüllt. Ich hatte vorweg keine gröfsere Wirkung von ihr erwartet, als man mit der alten Construction bekommt, aber sie wirkte auch um nichts schwächer als diese. Weder in der Funkenlänge, noch in der Elektricitätsmenge, fand ich irgend einen merklichen Unterschied mit der, welche dieselbe Ma- schine versehen mit grofsen offenen Ausschnitten gab. Nur war es nöthig, die Zähne so zu biegen, dafs sich ihre Spitzen in der Mitte des Abstandes beider Scheiben befanden. Diese Construction hat zunächst den practischen Nutzen, dals sie die Maschine wohlfeiler macht; denn das Ausbohren eines kleinen Loches ist minder kostspielig als das Ausschneiden einer grofsen Öffnung mit dem Diamant, zumal dabei die Schei- ben mitunter wohl zerspringen. Allein sie gewährt auch noch andere Vortheile. Fürs Erste kann man sich dadurch einen deutlichen Beweis ver- schaffen, dafs die Belege an der Aufsen- und die Zähne an der Innenseite der festen Scheibe befindlich sein mülsen, wenn die Maschine soll in Thätigkeit gebracht werden können. Kehrt man nämlich diese Scheibe um, so dafs die Belege nach Innen, und die Zähne nach Aufsen zu liegen kommen, so giebt die Maschine keine Wirkung, wenn man auch, was dann noth- wendig ist, die bewegliche Scheibe in umgekehrter Richtung rotiren läfst, damit sie sich gegen die Spitzen der Zähne be- wege.!) Fürs Zweite kann man nun mit derselben Maschine die einfache und die doppelte Elektricitätsmenge erzeugen, ohne mehr als eine feste Scheibe zu gebrauchen. Besonders leicht 1) Beiläufig bemerkt habe ich mich auch durch Versuche überzeugt, dafs Zähne an der Innenseite der Ausschnitte ohne Belege an der Aulsen- seite, oder umgekehrt die letzteren ohne die ersteren, keine Wirkung geben. 326 . Gresammtsitzung geschieht dasselbe, wenn die Maschine die ihr neuerdings von Hrn. Holtz gegebene Einrichtung der einseitigen Axe besitzt.') Um eine Maschine auf Erzeugung der doppelten Elektriei- tätsmenge einzurichten, muls sie bekanntlich mit vier Metall- kämmen versehen werden, und man hatte ihr zu dem Ende aufser der gewöhnlichen festen Scheibe noch eine zweite mit vier Ausschnitten und vier gezahnten Belegen beigefügt. Zu- gleich hatte man sich darauf gesetzt, die Wirkung der so ab- geänderten Maschine zwischen denselben Elektroden beobachten zu wollen, welche man bei einer Maschine mit nur zwei Aus- schnitten benutzt. Diefs machte aber eine sehr complicirte Verbindungsweise der Kämme nöthig, die noch dazu überflüfsig war, da die Schlagweite bei einer solchen Maschine, aus einem bisher noch nicht recht aufgeklärten Grunde, immer nur sehr gering ist, man also doch die Elektroden nie sehr weit, höch- stens einen Zoll, aus einander ziehen kann. Zum Laden von Flaschen, zur Hervorbringung langer Fun- ken und Büschel, ist eine solche Maschine nicht tauglich; ihr Nutzen beschränkt sich hauptsächlich auf die Licht-Erschei- nungen in evacuirten Gasen, aber dabei hat sie wirklich Vor- züge vor der einfachen Maschine. Mein Verfahren, um den angedeuteten Zweck zu errei- chen, ist nun folgendes. Zunächst versehe ich die feste Scheibe mit vier gezahnten Belegen von der beschriebenen Einrichtung, um einen Quadranten von einander abstehend. | Ich habe mich überzeugt, dafs diefs der Benutzung von nur zwei Belegen, zur Hervorbringung der einfachen Elektriei- tätsmenge keinen Abbruch thut. Wenn ich nämlich jeden der klei- nen horizontalen Belege durch einen ihm an Breite gleichen qua- drantenförmigen Streif von dünem Postpapier nach oben und unten um gleichviel, also um 45° verlängere und den schrä- gen Hülfsconductor einsetze, bekomme ich dieselbe Funkenlänge !) Eine Scheibe mit vier offenen Ausschnitten läfst sich allerdings auch für zwei Metallkämme benutzen; allein es schien mir doch immer, dafs dabei die Elektricitätsmenge und die Funkenlänge geringer sei als die, welche man mittelst einer Scheibe mit nur zwei Ausschnitten be- kommt. vom 15. April 1869. 327 und dieselbe Elektrieitätsmenge wie im -Fall die feste Scheibe unter gleichen Umständen nur zwei Belege mit offenen Aus- ‚schnitten besitzt.') Um nun die doppelte Elektrieitätsmenge zu erhalten, mufs man, nachdem die beiden bogenförmjgen Hülfsbelege entfernt worden. sind, den schrägen Conductor senkrecht stellen, und die horizontalen Elektroden dicht zusammen schieben, so dafs die diametral gegenüber liegenden Kämme paarweise metallisch mit einander verknüpft sind und vor den Belegen stehen. Wird nun zwischen den beiden Metallbogen, d. h. zwischen dem ver- ticalen Hülfsconductor und den horizontalen Elektrodenbogen eine leitende Verbindung hergestellt, z. B. durch eine evacuirte Röhre, so bekommt man in dieser die doppelte Elektrieitäts- menge, sobald man die Maschine auf die gewöhnliche Weise 1) Zu den räthselhaften Erscheinungen, an welchen die Influenzma- schine so reich ist, gehört unter anderen auch die, dafs wenn die beiden bogenförmigen Papierstreifen, welche, wie eben erwähnt, die kleinen horizontalen Belege verlängern, sich nnr einseitig bis zu dem schrägen Conduetor erstrecken, also etwa bis zu einer Gröfse von 45,° Strom-Um- kehrungen vorkommen, sobald die Elektroden sehr weit auseinander ge- zogen werden. Zwar habe ich solche Umkehrungen nicht immer, und nicht bei Flaschen - Entladungen bemerkt, sondern nur bei der Büschel- bildung: allein die neue Einrichtung würde doch erheblich zurüeckstehen gegen die alte mit offenen Ausschnitten, die von diesem Übelstande frei zu sein scheint, wenn er sich nicht entfernen liefse. Glücklicherweise ist diefs aber zu bewerkstelligen, und zwar dadurch, dafs man die hori- zontalen Belege auch abwärts von dem schrägen Conductor um etwa 45° verlängert, also ihnen im Ganze eine Ausdehnung von 90° giebt. So sonderbar die Umstände zuweilen bei den Umkehrungen sind, eben so sind sie es hinsichtlich der Funkenlänge.. Manchmal will es weder bei der alten, noch bei der neuen Einrichtung, durehaus nieht gelingen diese auf das Maximum zu bringen, und es zeigt sich, dafs dann der Strom in dem schrägen Hülfsconductor eine grofse Stärke hat. Nun ist es zwar begreiflich, dafs der Strom zwischen den Elektroden ab- nehmen mufs, wenn er in jenem Conduetor zunimmt; aber weshalb es hierin unter scheinbar gleichen Umständen nicht immer diese schädliche Stärke hat, das ist schwer erklärlich. — Reinheit der Glasflächen hat übrigens einen grofsen Einflufs auf diese Anomalien. 328 Gesammtsitzung erregt. Diese Erregung erfolgt durch geriebene Kamm-Masse oder durch den Deckel eines Elektrophors fast momentan, aber erst dann, nach dem die letztere Verbindung hergestellt ist, d. h. alle vier Kämme leitend mit einander verbunden worden sind. Um die eben genannte Verbindung leicht zu bewerkstelligen, ist der Hülfsconductor vorn, in der Verlängerung des Zapfens, mittelst dessen er an der Axe der Maschine befestigt wird, ver- sehen mit einen hohlen Fortsatz von etwa drittehalb Zoll Länge und einen halben Zoll Dicke, der an seinem Ende eine Kugel trägt. An diese wird die isolirte Kugel eines kleinen beweg- liehen Stativs geschoben, und letzteres durch die zu unter- suchende Geilslersche Röhre mit dem Elektrodenbogen ver- knüpft. Diese Vorriehtung hat den Zweck, ganz nach Belie- ben, den directen, den discontinuirlichen oder den explosiven Strom benutzen zu können; im ersten Fall schiebt man die eben genannten beiden Kugeln dicht zusammen, im zweiten rückt man sie etwas auseinander, im dritten fügt man noch ein Paar kleiner Flaschen hinzu, die man respeetive an den Fort- satz des Hülfsconductors und an den Elektrodenbogen anlegt, während sie äufserlich leitend mit einander verknüpft sind. Alles dieses sieht in der Beschreibung weitläufiger aus, als es in Wirklichkeit ist. In höchstens zwei Minuten ist die Maschine von der einfachen Elektrieitätsmenge auf die doppelte gebracht und eben so schnell wieder auf die einfache zurück- geführt, ohne dafs man nöthig hat, sie auseinander zu nehmen, wie es früher erforderlich war. Ich glaube daher, dafs es zweckmäfsig sein wird, künftig alle Maschinen, namentlich die mit einseitiger Axe, auf die beschriebene Weise vorzurichten. Nur im Fall man die Absicht hätte, die Rolle der festen Scheibe genauer zu untersuchen, wäre es vielleicht nicht über- flüssig, der Maschine auch eine solche Scheibe mit nur zwei ‚gezahnten Belegen beizufügen. Wie vorhin erwähnt und wie schon in der Klassensitzung vom Febr. 1867 von mir gezeigt worden ist, kann nämlich die Maschine auch durch die feste Scheibe, wenn sie zuvor in ihren beiden Hälften entgegengetzt elektrisch gemacht ist, in Thätigkeit versetzt werden. | ee = vom 15. April 1869. 329 Läfst man nämlich die bewegliche Scheibe eine Zeitlang rotiren, hält sie nun an, nimmt von den Belegen und Elektro- - den durch ableitende Berührung alle Elektrieität fort, und er- neut darauf die Rotation, so kommt die Maschine wiederum zur vollen Thätigkeit. Diefs ist Wirkung der festen Scheibe, was auch daraus hervorgeht, dafs wenn man diese Scheibe während der Ruhezeit um 180° gedreht hat, der neu entste- hende Strom in seiner Richtung dem anfänglichen entgegen- gesetzt ist. Auch wenn die (zuvor polarisirte) feste Scheibe während der Ruhezeit nur um 90° verstellt worden ist, gelangt die Ma- schine bei abermaliger Rotation wiederum zur Wirksamkeit. Und dieser Fall ist besonders interessant, weil dabei die ge- zahnten Belege, wenn deren nur zwei an der Scheibe vorhan- den sind und sie die gewöhnliche Gröfse nicht überschreiten, ') aulser Activität gesetzt werden. Der entstehende Strom ist rein die Wirkung zweier aus . der polaren Elektrisirung der festen Scheibe hervorgegangener Elektrophore, eines positiven und eines negativen, vor welchen die bewegliche Scheibe rotirt; und daher erhält man ihn in gleicher Stärke und gleicher Richtung, welch eine Richtung die Rotation dieser Scheibe auch haben mag; nur die Licht- pinsel an der Scheibe kehren sich um bei einem Wechsel der Rotation; sie sind dieser immer entgegengesetzt. 1) Werden dagegen diese Belege, wie es Hr. Holtz in neuerer Zeit zur vermehrten Wirksamkeit des schrägen Cenductors gethan hat, durch einen angelegten bogenförmigen Streif von dünnem Papier bis zu einem Quadranten verlängert, so dafs ihre Enden bei der angegebenen Stellung der festen Scheibe bis zu den horizontalen Metallkämmen hinan- reichen, so sind die Escheinungen im Ganzen dieselben wie im Fall wenn die feste Scheibe nicht um 90° gedreht hätte. Der entstehende Strom ist aber wenig stabil und schwach, und der Hülfsconductor, wie er auch gestellt sein mag, vernichtete ihn gänzlich. Bei solchen quadrantenförmigen Belegen und der angegebenen Stel- lung der festen Scheibe läfst sich übrigens der Strom, wenn diese Scheibe noch gauz indifferent ist, auf die gewöhnliche Weise erregen. Nur ist er viel schwächer als im Fall die Kämme den Zähnen näher stehen; auch ist dabei der Hülfsconductor nicht anwendbar. 330 . Gesammtsitzung Die Richtung dieses Elektrophorstroms hängt lediglich da- von ab, in welchem Sinne die feste Scheibe verstellt worden ist, da die Metallkämme immer die entgegengesetzte Elektrici- tät von derjenigen auströmen, welche die ihnen gegenüber- stehenden Hälften dieser Scheibe besitzen. Die Stärke des Stroms ist ganz ansehnlich; ich habe mit- telst seiner Funken von fünf Zoll Länge erhalten, und wenn die Metallkämme blofs durch einen metallischen, flüssigen oder gasigen Leiter verbunden sind, Beat er auch eine beträch- liche Dauer. | Dennoch aber kann er den eigentlichen Strom der Holtz- schen Influenzmaschine weder ersetzen, noch wie Bertsch glaubt, der ihn durch einen Kautschuck-Elektrophor hervorge- rufen hat, erklären. Es mangelt ihm das sinnreiche Prineip der steten Erneuung der Elektrieität, durch welches die Holtz- sche Maschine, so lange sie in Rotation gehalten wird und die Elektroden eine genügend ausgleichende Verbindung der Me- tallkämme darbieten, zu einer unerschöpflichen Elektricitäts- quelle wird. Der Elektrophorstrom nimmt allmählig ab, nicht allein weil die Elektrophore ihre Kraft nach und nach verlieren, son- dern auch, weil sie von Seiten der rotirenden Scheibe und der Metallkämme eine Rückwirkung erfahren, vermöge welcher sie langsam in einem anderen Sinne elektrisirt werden. Beweis davon giebt der Umstand, dafs wenn die feste Scheibe wieder in ihre ursprüngliche Stellung zurück versetzt wird, man ent- weder keinen Strom bekommt, oder einen, der dem anfäng- lichen entgegengerichtet ist. Wenn nun auch nach Allem diesem dem Elektrophorstrom kein practischer Werth beigelegt werden kann, so hat er doch andrerseits theoretisches Interesse genug, um es wünschens- werth erscheinen zu lassen, der Maschine eine zur Beobach- tung desselben geeignete Einrichtung zu geben. Man könnte ihr zu dem Ende eine feste Scheibe mit zwei Belegen hinzu- fügen; allein ich glaube, dafs diefs nicht gerade nothwendig wäre, es vielmehr hinreichen würde, an der Scheibe mit vier Belegen zwei der Zähne abnehmbar zu machen, was bei der vom 15. April 1869. 331 vorhin beschriebenen Einrichtung jedenfalls keine Schwierigkeit hätte. Versucht habe ich indefs noch nicht. Schliefslich sei hier noch einer interessanten Combination gedacht, durch welche man neben dem eigentlichen Strom der Maschine, den ich den Hauptstrom nennen will, einen zweiten Strom bekommt, der auch als Elektrophorstrom zu betrach- ten ist. Zu dem Ende mufs die feste Scheibe mit zwei gezahnten Belegen von gewöhnlicher Grölse versehen sein, und so gestellt werden, dafs der eine dieser Belege senkrecht unter dem an- dern liegt. Bringt man nun vor ihnen den drehbaren Hülfs- conductor ebenfalls in lothrechter Stellung an, so kann man sie in gewöhnlicher Weise erregen'), und man erhält in diesem lothrechten Conductor den Hauptstrom, und in den Elektroden der horizontalen Kämme, denen keine gezahnten Belege gegen- überstehen, den Elektrophorstrom. Der letztere Strom geht offenbar von der rotirenden Scheibe aus. Führt man nämlich dem oberen Beleg z. B. positive Elek- trieität zu, indem man ihn mit dem Deckel eines Elektrophors berührt, so strömt der gegenüberstehende Kamm, des senkrech- ten Conductors negative Elektrieität auf die Scheibe. Durch die Rotation wird diese negative Elektrieität an den rechtslie- genden horizontalen Kamm geführt, der dem gemäls positive Elektrieität ausströmt. In ähnlicher Weise giebt, bei der an- genommenen Erregung, der untere Kamm des lothrechten Con- ductors positve Elektricität aus, welehe von der rotirenden Scheibe vor den links liegenden horizontalen Kamm geführt wird und diesen zur Auströmung von negativer Elektricität ver- anlafst. Vom Negativen zum Positiven gerechnet, geht also der Strom in dem lothrechten Conductor von oben nach unten, und in den horizontalen Elektroden von links nach rechts. Würde 1) Zur Erregung des Hauptstromes ist jedoch nöthtg die Elektroden des Nebenstroms etwas auseinander zu ziehen; sonst geschieht sie äufserst schwierig, vielleicht gar nicht. 332 Gesammtsitzung der letztere Strom von der festen Scheibe hervorgebracht, so müfste er, da diese Scheibe durch die Belege umgekehrt elek- trisirt wird wie die rotirende durch den lothrechten Conductor, entgegengesetzte Richtung haben. Diefs bestätigt auch die Er- fahrung. Denn wenn man den lothrechten Conductor fortnimmt, bekommt man ebenfalls einen Elektrophorstrom, der aber schwä- cher ist und entgegengesetzte Richtung besitzt. Der Strom, den man bei Anwesenheit des lothrechten Con- ductors beobachtet, ist also nur die Differenz zweier Elektro- phorströme, und diefs erklärt wohl zur Genüge, weshalb dieser complexe Strom verhältnifsmäflsig so gering an Elektricitäts- menge ist. Die Funken, welche man durch Einschaltung von Flaschen bekommt, folgen nur langsam auf einander, aber sie haben dafür eine bedeutende Schlagweite. Wenn ich die nega- tive Elektrode in einer zwei Zoll grofsen Kugel endigen lafse, erhalte ich Funken von über sechs Zoll Länge. Und diese Funken erhält man unausgesetzt, so lange die bewegliche Scheibe in Rotation erhalten wird. Dadurch unterscheidet sieh dieser Elektrophorstrom wesentlich von dem früheren, der übrigens wie dieser keiner freiwilligen Umkehrung ausgesetzt ist. Die letztere Eigenschaft und die relativ langsame Ent- wicklung der Elektricität machen diesen Strom vorzugsweise geeignet, Flaschen und Batterien zu einem festgesetzten Grade zu laden, was bei der gewöhnlichen Anwendungsweise der In- fluenzmaschine mitunter seine Schwierigkeit hat. Hr. A. W. Hofmann las: Über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefeleyanwasserstoffäther. In einer früheren Arbeit, welche ich der Akademie!) vor- ‚gelegt habe, wurde bereits der Umbildung gedacht, welche die Senföle bei hoher Temperatur unter dem Einflusse des Wassers erleiden. Unter Entwicklung von Kohlensäure und Schwefel- wasserstoff werden die Monamine zurückgebildet. Für diese 1) Monatsberichte für 1868. S. 481. vom 15. April 1869. 338 Umwandlung sind 2 Mol. Wasser erforderlich, es ist aber nicht unwahrscheinlich, dafs die Reaction in zwei auf einanderfolgen- den Phasen verläuft und dafs zunächst nur 1 Mol. Wasser fixirt wird. Bei dem Äthylsenföl würde im Sinne dieser Auf- fassung der Spaltung in Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Äthylamin, die Bildung einer ephemeren Säure ei ee ke vorausgehen. Läfst man statt des Wassers Alkohol auf das Senföl ein- wirken, so erhält man in der That den Äther dieser Säure ohne alle Schwierigkeit. Die Reaction erfolgt schon bei 100°, Seht aber mit gröfserer Schnelligkeit bei 110—120° von statten, Einwirkung des Äthylalkohols auf das Äthylsenfol. Digerirt man eine Mischung von Äthylsenföl mit absolutem Alkohol bei 110°, so ist schon nach einigen Stunden die Ver- einigung beider Körper vor sich gegangen. Beim Öffnen der Röhre entweicht kein Gas, der Geruch des Senföls ist ver- schwunden und auf Zusatz von Wasser zu der Flüssigkeit fällt ein wenig angenehm lauchartig riechendes Öl zu Boden, welches nur mit Wasser gewaschen, über Clorcaleium getrocknet und destillirt zn werden braucht, um im Zustande der Reinheit er- ‚halten zu werden. Der Siedepunkt liegt zwischen 204 und 208°, Bei der Analyse wurde die Zusammensetzung ee eENSso (E90, ie gefunden. Dieser Äther, den man als halbgeschwefeltes Äthyl- urethan auffassen könnte, entsteht also einfach durch Ver- einigung von 1 Mol. Senföl mit 1 Mol. Alkohol, II und seine Entstehung ist der von Würtz') beobachteten Bil- dung des Äthylurethan aus Cyansäureäther und Alkohol voll- kommen analog. 1) Würtz, Ann. Chem. Phys. [3] XLI. S. 43. 334 Gesammtsitzung Unter dem Einflusse des Wassers, zumal in der Gegenwart von Säuren oder Alkalien, zerfällt das halb geschwefelte Äthylurethan, wie dies nicht anders zu erwarten stand, in Alkohol, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Äthylamin CCEDENo+2(1}0) = .ı 110400 +H,8+ 0235 Heim. C,H, H 2 H Bei Anwendung von concentrirter Schwefelsäure wird statt Kohlensäure und Schwefelwasserstoff Kohlenoxysulfid erhalten. Die eben beschriebene Verbindung kann auch durch die Einwirkung alkoholischer Natronlösung auf das Äthylsenföl er- halten werden. Die Identität der so gebildeten Verbindung mit der durch die Einwirkung des Alkohols erhaltenen, wurde so- wohl durch eine sorgfältige Vergleichung der Eigenschaften als auch durch die Analyse festgestellt. Durch die Einwirkung des Natriumhydrats entsteht aber stets auch das entsprechende Natriumsalz, endlich wird ein Antheil Senföl unter Bildung von Natriumcarbonat, Natriumsulfid und Äthylamin vollkommen zersetzt. Einwirkung des Äthylmercaptans auf das Äthyleyanat. Bei der vollkommenen Analogie des Mercaptans mit dem Alkohol einerseits und andererseits des Äthyleyanats mit dem Senföle, liefs es sich nicht bezweifeln, dafs beide Körper sich zu einem, mit dem eben beschriebenen halbgeschwefelten Äthyl- urethan isomeren Körper vereinigen würden. Der Versuch hat denn auch diese Veraussetzung bestätigt. Mercaptan und Cyansäureäther mischen sich unter Wärmeentwicklung. Durch mehrstündige Digestion beider Körper bei 120° verschwindet alsbald der charakteristische Geruch des ersteren wie des letz- teren; der entstandene Körper gleicht, was den Geruch anlangt, dem halbgeschwefelten Äthylurethan, von dem er sich offenbar nur in der relativen Stellung des Sauerstoff- und Schwefelatoms . unterscheidet. Man kann dieser verschiedenen Stellung der beiden Elemente in der Formel der Verbindung einen Aus- druck geben: H Cop a Auch was Volumgewicht und Siedepunkt anlangt, steht diese C; I) SUHCOFUCHH,) a R H C,H Pe) vom 15. April 1869. 335 Flüssigkeit dem halbgeschwefelten Äthylurethan sehr nahe; sie ist schwerer wie Wasser und siedet zwischen denselben Tem- peraturen, 204—208°. Bei der Einwirkung des Wassers, zu- mal in Gegenwart von Säuren und Alkalien, tritt aber alsdann die verschiedene Construction zu Tage, insofern der Körper, seinem Ursprunge gemäls, in Äthylmercaptan, Kohlensäure und Äthylamin sich spaltet COJ(C,H,)H H C,H C,H ge Ann ]s+Hj0- Hels +00, + Im. ft) Einwirkung des Äthylmercaptans auf das Äthylsenfol. Um die Reihe dieser Verbindungen zu vervollständigen, blieb es noch übrig, auch das Verhalten des Äthylsenföls zu dem Äthylmercaptan zu untersuchen. In dieser Reaction stand die Bildung des geschwefelten Äthylurethans zu erwarten. Wirklich vereinigen sich auch beide Flüssigkeiten schon nach mehrstündiger Digestion bei 120° zu einem Körper, welcher ein höheres Volumgewicht als Wasser besitzt und in welchem der charakteristische Geruch sowohl des Mecaptans als auch des Äthylsenföls vollkommen verschwunden ist. Es läfst sich nicht bezweifeln, dafs hier das geschwefelte Äthylurethan vor- liegt: | 1 Es war indessen nicht möglich, die Substanz in einem für die Analyse geeigneten Zustand zu erhalten da sie sich bei der Destillation alsbald wieder in ihre Bestandtheile, Äthylmer- _ captan und Äthylsenföl spaltet. Einwirkung des Alkohols auf das Allylsenföl. Die angeführten Untersuchungen dürften geeignet sein, die Natur einer Verbindung festzustellen, deren Zusammensetzung bisher zweifelhaft gebieben war. In seiner grolsen Arbeit über das Senföl par excellence, welche diesem Körper zuerst die noch heute von ihm einge- nommene Stelle anweist, hat Will’) unter vielen anderen Ab- 2) Will, Ann. Chem. Pharm. LI. S. 30, 336 Gesammtsitzung kömmlingen auch ein Öl beschrieben, welches aus dem Senföl durch die Einwirkung alkoholischen Kalis entsteht. Will be- rechnet für diesen Körper aus den von ihm angestellten Ana- lysen, die indessen für den Stickstoff zu keinen übereinstim- menden Zahlen führten, die Formel CuH,N;3, 0; Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich annehme, das gedachte Öl sei die Verbindung des Äthylsenföls mit Äthyl- alkohol, also das halbgeschwefelte Allylurethan CS)U(C.EL)HN KELNnso 09 go welches dem durch die Einwirkung des Alkohols auf das Äthyl- senföl entstehenden Körper entspricht. | Die Kohlenstoff- und Wasserstoffprocente, welche dieser Formel entsprechen (Kohlenstoff 49,65 und Wasserstoff 7,98) stimmen in Wahrheit mit den von Will gefundenen (Kohlen- stoff 49,92—50,35 und Wasserstoff 7,70—7,88) fast ebenso gut als die theoretischen. Werthe der von ihm berechneten Formel (Kohlenstoff 50,70 und Wasserstoff 7,53), während die Stick- stoffprocente der umgebildeten Formel (9,65) mit einer der ver- schiedenen von Will gefundenen Zahlen (9,73) nahezu zusam- | menfallen. Digerirt man in der That eine Lösung von Senföl in Al- kohol einige Stunden lang bei einer die Siedhitze des Wassers nur wenig übersteigenden Temperatur, so fällt alsdann Wasser aus der Lösung ein lauchartig riechendes Öl, welches etwas schwerer ist wie Wasser und gerade wie der von Will be ‚schriebene Körper bei 210-—215° siedet. Die Reaction bei dem Allylsenföl verläuft also genau so, wie bei der äthylirten Verbindung. Einwirkung des Alkohols auf das Phenylsenföl. Über das Verhalten beider Körper zueinander, konnte kein Zweifel obwalten. Beim Versuche ergab es sich, dafs beide bei einer Temperatur von 110—115° mit Leichtigkeit auf ein- ander einwirken. Versetzt man die aus der Digestionsröhre ausgegossene Flüssigkeit mit Wasser, so erstarrt sie zu einer prachtvollen Krystallmasse, welche man nur mit Wasser zu vom 15. April 1869. | 337 waschen und einmal aus Alkohol umzukrystallisiren braucht, um sie vollkommen rein zu erhalten. Die Krystalle schmelzen bei 65°. Die Analyse zeigte, dafs die Krystalle das halbge- schwefelte Phenylurethan darstellen u 0,5050 — CS HEN). 0,H, Bei der Destillation zerlegt sich dieser Äther theilweise in seine Bestandtheile; setzt man bei der Destillation Phosphor- säureanhydrid zu, so wird der Alkohol fixirt und es destillirt Phenylsenföl, dem aber stets eine nicht unerhebliche Menge Phenyleyanat beigemengt ist. Das halbgeschwefelte Phenylurethan kaun auch, obwohl weniger vortheilhaft, direct aus dem Diphenylsulforcarbamid er- halten werden, welches bekanntlich der Ausgangspunct für die Darstellung des Phenylsenföls ist. Die Lösung des Phenyl- sulfocarbamids in Alkohol mufs aber einen Tag lang bei 140° —150° erhalten werden und selbst dann noch ist die Umwand- lung niemals ganz vollständig, Der Urethan bildet sich be- greiflich unter Ausscheidung von Anilin. Einwirkung des Äthylmercaptans auf das Phenylsenfol. Ich habe mich nur durch den Versuch überzeugt, dafs sich die beiden Körper durch längere Digestion miteinander ver- einigen. Es entsteht das geschwefelte Phenylurethan C,H, CT... (OSIEE a un + n)s - = OEL Das Product ist ein schöner krystallinischer Körper, un- löslich in Wasser, löslich in Alkohol und Äther. Sein Schmelz- punkt liegt bei 56°. Die beschriebene Untersuchung, bei deren Ausführung ich ' wieder die werthvolle Hülfe des Hrn. Dr. Bulk in Anspruch nehmen durfte, hatte für mich ein besonderes Interesse, inso- fern sie einige schon vor vielen Jahren angestellte Versuche, die aber wegen Mangel an Material unvollendet geblieben waren, ' zu einem befriedigenden Abschlusse bringt. Bei Gelegenheit meiner Arbeit über das Phenyleyanat') 1) Hofmann, Ann. Chem. Pharm. LXXIV. S. 17. [1869.] 24 338 Gesammtsitzung vom 15. April 1869. hatte ich gefunden, dafs sich dieser Körper mit den Alkoholen lebhaft vereinigt, und dafs sich auf diese Weise schön krystal- lisirte Verbindungen bilden, die ich wegen der Schwierigkeit, sie in gröfserer Menge zu erhalten, nur unvollkommen unter- suchen konnte. Ich hatte sie gleichwohl auf Grnnd einiger Annäherungsanalysen als das Phenylurethan der Methyl- und Äthylreihe CO)Y(C,H,)HN CHEND, WO 210 und CO)U(C, H,)HN GH, NO, 0, a angesprochen. Irgendwelche Zweifel über die Natur dieser Verbindungen, welche noch hätten geblieben sein können, sind durch die im vorhergehenden beschriebenen Versuche gelöst, An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: W. W. Hunter, 4A comparative dictionary of the languages of India and High Asia. London 1868. 4. Gümbel, Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen Eocänge- bilde. München 1868. 4. Theophil Rupp, Aus der Vorzeit Reutlingens und seiner Umgegend. Stuttgart 1869. 8. — — Eddische Studien. Wien 1869. 8. Schriften der südslavischen gelehrten Gesellschaft. Bd.6. Agram 1869. 8. Bulletin de la societe des sciences naturelles de Neuchatel. VII, 1. Neuchatel 1868. 8. Bijdragen tot de Taal-Land- en Volkenkunde. III, 3.4. Gravenhage 1869. 8. Journal of the chemical Society. London, Jan.-March 1869. 8. Archives du Musee Teyler. II, 1.2. Harlem 1869. 8. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 19. April 1869. 339 19. April. Sitzung der physikalisch -mathe- matischen Klasse. Hr. G. Rose las über die regelmäfsigen Verwach- sungen der verschiedenen Glimmerarten untereinan- der sowie mit Pennin und Eisenglanz. Die Untersuchungen über die regelmäfsigen Verwachsun- gen des Glimmers entstanden durch die merkwürdigen Unter- suchungen von Reusch über die Schlagfigur des Glimmers, d. h. der kleinen Spalten, die sich immer um das kleine Loch ' bilden, welches man mit einer feinen Stahlspitze in dem Glim- mer machen kann.') Um die Lage der Schlagfigur in Bezug auf die Krystallflächen des Glimmers mit Genauigkeit bestim- men zu können, bat Hr. Prof. Reusch mich um Übersendung von möglichst vielen Glimmerproben aus dem mineralogischen Museum, an welchen noch die regelmälsige Begränzung zu se- hen wäre. Ich sandte ihm an 30 solcher Proben von verschie- denen Fundörtern, die später noch durch andere vermehrt wur- den, und welche Hr. Reusch mir sämmtlich zurückschickte, nachdem er an denselben die Lage der optischen Axenebene durch eine eingeritzte Linie angegeben, die Schlagfigur und mei- stentheils auch den Winkel der optischen Axen bestimmt hatte.?) Die verschiedenen Übersendungen machten eine mehrfache Durch- musterung der sämmtlichen Exemplare des Museums nöthig, und hatten manche Umänderung zur Folge, da nun manche Abtheilungen, die in dem Glimmer gemacht worden sind, mit Sicherheit bestimmt werden konnten. Da Reusch gezeigt hatte, dafs die Spalten der Schlag- figur stets den Seitenflächen des Glimmers, also bei dem zwei- axigen Glimmer den Flächen des rhombischen Prismas von nahe 120° und der Längsfläche, und bei dem einaxigen den 1) Vergl. darüber die Monatsberichte der Akademie von 1868 $. 428 und von 1869 S. 84. 2) Die sämmtlichen Proben sind im mineralogischen Museum nieder- gelegt, und bilden nun eine sehr schätzenswerthe Bereicherung desselben. 24* 340 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Flächen des hexagonalen Prismas parallel gehen, so hat man durch die Schlagfigur ein vortreffliches Mittel um die Lage der Seitenflächen des Glimmers zu bestimmen, wenn diese selbst bei unregelmälsiger Begränzung des Glimmers nicht vorhanden sind. Da nun ferner nach Senarmont bei dem optisch zwei- axigen Glimmer die optische Axenebene theils der langen theils der kurzen Diagonale des rhombischen Prismas parallel geht, wodurch zwei Abtheilungen bei dem zweiaxigen Glim- mer gebildet werden, so steht im erstern Fall die Spalte der Schlaglinien, die der Längsfläche parallel geht, rechtwinklig auf der optischen Axenebene, im letztern Fall ist sie ihr parallel. Reusch nennt deshalb diese Spalte die charakteristische Schlaglinie. Man hat also in der Untersuchung der Schlag- figur nun auch ein Mittel zu bestimmen, zu welcher der beiden Abtheilungen Senarmonts ein Glimmer gehört, wenn auch die äufsere Form nicht bekannt und die Axenebene bestimmt ist, oder wenn die äufsere Form gegeben, und die Lage der Axenebene noch nicht bestimmt ist. Dies ist um so wichtiger, da bei dem zweiaxigen Glimmer Spaltungsflächen vorkommen, die parallel den Zuschärfungen (a:45b:coc) des rhombischen Prismas (a:b:coc) gehen, die unter sich wieder ein rhombi- sches Prisma von nahe 120° bilden, das wenn die Seitenflächen des erstern Prismas nicht regelmäfsig ausgebildet sind, leicht mit diesem verwechselt werden kann, und auch verwechselt worden ist, wie dies selbst bei Senarmont der Fall war.) Durch diese Beschäftigung mit dem Glimmer wurde meine Aufmerksamkeit wieder auf die vielen regelmäfsigen Verwach- sungen gerichtet, die bei dem Glimmer vorkommen. Ich hatte deren schon mehrere bei früheren Gelegenheiten beschrieben; diese waren nun genauer zu bestimmen, andere neu erkannte zu beschreiben, und andere von andern Mineralogen angegebene zu berichtigen, und es sind diese Untersuchungen, die ich mir ‘ erlauben werde, der Akademie hiermit vorzulegen. Da bei den hier zu erwähnenden Glimmern die Lage der Ebene der opti- schen Axen und die Winkel derselben genau bestimmt sind, !) Vergl. diese Berichte von 1869, S. 85. ‘vom 19. April 1869. pn 341 so werde ich die Bezeichnung eines jeden Glimmers nach den optischen Axen machen. Der zweiaxige Glimmer enthält nun die Lithion-freien und die Lithion-haltigen Kaliglimmer von Rammelsberg und den Theil seines Magnesiaglimmers, der nur wenig oder gar kein Eisenoxydul enthält, welchen letzte- ren Dana Phlogopit nennt, wie die beiden erstern Muscovit und Lepidolith. Der einaxige enthält den gröfsten Theil des Magnesiaglimmers von Rammelsberg, den nämlich mit grös- serm Eisenoxydulgehalt, den Biotit von Dana.) 1. Regelmäfsige Verwachsung von zweiaxigem Glimmer erster Art mit einaxigem Glimmer. Wenn in einem Granite weilser und brauner Glimmer zu- sammen vorkommen, so sieht man sehr häufig beide in regel- mälsiger Verwachsung miteinander, und zwar stets so, dafs die Spaltungsflächen des einen in unveränderter Richtung in den andern fortsetzen. In der Regel umgiebt der weilse Glimmer den braunen.”) Wenn der Granit kleinkörnig, der eingemengte Glimmer also auch kleinblättrig ist, sieht man wohl kaum da- von eine Ausnahme; bei grolskörnigem Granite und grolsblät- trigem Glimmer dehnt sich wohl der innere braune Glimmer unregelmäfsig aus, dringt stellenweise in den weifsen ein und umschlielst Parthien weilsen Glimmers, wie dies auch von Reufs beobachtet ist,’) zeigt aber auch hier im Allgemeinen immer dasselbe Verhältnifs. Die Gränzen zwischen dem brau- nen und weilsen Glimmer gehen, wo beide regelmälsig ausge- bildet sind, den äufsern Rändern der Spaltungsflächen des weis- sen Glimmers parallel; ich habe diesen Parallelismus bei dem Glimmer des Granites vom Capellenberge bei Schönberg im Sächsischen Vogtlande in ‘seiner Art sehr schön beobachtet;?) er ist hier indessen selten wahrzunehmen, weil bei dem im 1) Vgl. Dana’s Mineralogie, 5. Aufl. S. 301. 2) Vgl. darüber meine Abhandiung über den Granit in der Zeit- schrift der D. geolog. Ges. von 1849, S. 357. 3) Vgl. die Abhandl. der k. k. geol. Reichsanstalt Th. 1, S. 19. IA O0. S. 357. 342 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Granit eingemengten Glimmer die Ränder desselben gewöhnlich unregelmäfsig begränzt sind, und wo er wahrzunehmen ist, bei der Kleinheit der Individuen, selten deutlich; das Berliner mi- neralogische Museum ist indessen vor einiger Zeit in Besitz einer gröfsern Glimmerplatte von Alstead in New-Hampshire gekommen, an welcher sowohl der braune als der weilse Glim- mer in grölsern Parthien enthalten, und beide wenigstens stel- lenweise regelmäfsig begränzt sind, so dafs man sich deutlich von dem angegebenen Verhältnifs überzeugen kann. Der weifse Glimmer von Alstead ist optisch zweiaxig, der braune einaxig. Der Winkel der optischen Axen ((p) des er- stern beträgt ungefähr 60°.') Die charakteristische Schlaglinie der Schlagfigur steht rechtwinklig auf der optischen Axenebene, der Glimmer ist also erster Art. Der weilse Glimmer vom Capellenberge ist von derselben Art wie der von Alstead, $p = 71° 34‘. Die Verhältnisse sind also bei beiden Glimmern wie sie in Fig. 1 angegeben sind, in welcher mmb die horizon- tale Projection des rhombischen Prismas des weifsen Glimmers mit dem innern braunen, der Pfeil die Lage der optischen Axenebene und « die charakteristische Schlaglinie der Schlagfigur darstellt. Wie bei dem Glimmer von Alstead und dem Capellenberge so werden wahrscheinlich alle weilsen und braunen Glimmer, die in dem in Massen vorkommenden Granit und Granitit ein- gewachsen sind, zweiaxig erster Art und einaxig sein. Da der braune Glimmer optisch einaxig, der weilse zwei- axig ist, so ist nur das Sechseck, welches die Basis des er- stern bildet, wirklich regulär, das des letztern ist symmetrisch. Nach Senarmont ist auch der Winkel des rhombischen Pris- mas des zweiaxigen Glimmers nur annähernd 120°, und wenn dieser Glimmer wirklich rhombisch ist, so ist es auch gar. nicht wahrscheinlich, dafs jener Winkel genau 120° beträgt. Der 1) Es ist schon oben angeführt, dafs alle Bestimmungen der Lage der optischen Axenebene und der Schlagfigur, sowie der Winkel der optischen Axen von Hrn. Reusch herrühren, daher dies im Einzelnen nicht weiter erwähnt wird; ich habe aber hier noch zu bemerken, dafs wenn ich in dem Folgenden diese Angaben von Reusch anführe, dies mit seiner ausdrücklichen Erlaubnifs geschieht. vom 19. April 1869. 343 Parallelismus der Seiten der Basis des braunen und weifsen Glimmers ist daher nicht ganz scharf. Aus der regelmäfsigen Verwachsung des braunen und weilsen Glimmers folgt ein strenger Parallelismus aller Seiten auch nicht, es ist hierbei nur nöthig, dafs gewilse Flächen und Kanten einander parallel sind, also wahrscheinlich aufser den Spaltungsflächen eine Sei- tenfläche des hexagonalen Prismas des braunen Glimmers mit der Längsfläche des weilsen Glimmers. Etwas Ähnliches fin- det auch bei der regelmäfsigen Verwachsung des Feldspaths und Albits statt, wobei der letztere den ersteren bedeckt. Die Krystallisationssysteme, zu welchen die Krystalle beider gehö- ren, sind verschieden, der Feldspath ist monoklinisch, der Al- bit triklinisch, die Winkel sind sich nur annähernd gleich, und in genau paralleler Stellung befinden sich nur die Längsflächen und die Hauptaxen beider.') 2. Zweiaxiger Glimmer erster Art und Lepidolith. Eine solche Verwachsung habe ich bei dem Glimmer, der mit dem rothen Turmalin in dem Granit von Schaitansk bei Mursinsk im Ural vorkommt, beobachtet, und in meiner Be- schreibung von Humboldt’s Sibirischer Reise aufgeführt.) Der Lepidolith umgiebt in einem schmalen Saume den in sechssei- tiger Tafel regelmälsig ausgebildeten zweiaxigen Glimmer; er ist pfirsichblüthroth, der Glimmer gelblichweifs und durchschei- nend, die Ränder beider sind parallel. Der Glimmer ist erster Art, = 71°. Vor dem Löthrohr verhält er sich wie gewöhn- licher lithionfreier Kaliglimmer. Die optischen Verhältnisse des Lepidoliths waren bei seiner Kleinheit mit Sicherheit nicht aus- zumachen; vor den Löthrohr schmilzt er aber unter starker Röthung der Flamme zu einem wasserhellen nach dem Erkal- 1) Es ist aber möglich, dafs der Parallelismus doch genau wäre, der zweiaxige Glimmer wäre aber dann nicht rhombisch, sondern hexa- gonal, und nur auf eine eigenthümliche Weise hemiödrisch, was mir so unwahrscheinlich nicht scheint. 2) Th. 1, S. 464. 344 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ten schneeweifsen Glase, daher er wahrscheinlich zweiaxig und erster Art ist.‘) Die Verhältnisse also wie in Fig. 9. 3. Zweiaxiger Glimmer zweiter Art und einaxiger Glimmer. Hierher rechne ich zuerst den Glimmer von South Burgels in Canada, der einen so ausgezeichneten Asterismus zeigt, und den ich schon vor mehreren Jahren beschrieben habe.?) Ich wies als Ursache des Asterismus eine grofse Menge mikrosko- pischer prismatischer Krystalle nach, die in dem Glimmer re- gelmälsig eingewachsen sind, und deren Längsrichtung den drei Seiten eines gleichseitigen Dreiecks parallel geht. Was für einer Species diese Krystalle angehörten, muflste ich unbestimmt lassen, und nahm nur wegen der Ähnlichkeit der Form an, dafs die Krystalle Cyanit sein möchten. Hr. Descloiseaux war gegen diese Annahme, und äufserte in einer brieflichen Mittheilung darüber die Meinung, dafs die Krystalle vielleicht einaxiger Glimmer seien, was mir nach der nähern Unter- suchung der Form der Krystalle und ihrer Verbreitung in dem zweiaxigen Glimmer nun nicht mehr zweifelhaft erscheint. Die Krystalle liegen mit ihren breiten Flächen vollständig in der Ebene ‘der Spaltungsflächen des Glimmers, worin sie einge- wachsen sind, und scheinen ebenso deutlich spaltbar zu sein, wie dieser. Ihrer Form nach erscheinen sie zwar selten in ganz regelmälsig sechsseitigen Tafeln, sie sind in der Regel langgezogen und haben dadurch ein ganz prismatisches Ansehen, was vielleicht eine Folge ihrer Einmengung in dem zweiaxigen Glimmer ist, auch bei dem in dem Carnallit eingewachsenen !) Dies ist nur ein Schlufs, den ich vorläufig aus der Untersuchung von Reusch über die Lage der Axenebene der Lithionglimmer, die ich ihm sandte, zog. Dieselben waren hiernach theils erster Art, theils zweiter Art, aber ich fand, dafs die ersteren sämmtlich vor dem Löth- rohr unter Röthung der Flamme zu einem blasigen nach dem Erkalten schneeweifsen Glase, die andern dagegen zu einem grauen mehr oder weniger stark magnetischen Glase, wie namentlich der von Zinnwald, schmelzen. Hiernach wären also die eisenfreien Lithionglimmer zwei- axig und erster Art, die eisenhaltigen zweiaxig und zweiter Art. 2) Diese Berichte von 1862, S. 614. vom 19. April 1869. 345 Eisenglimmer häufig vorkommt, und solche einfach in die Länge gezogenen Krystalle liegen parallel all den drei ‚Seiten, zuwei- len auch den Diagonalen des Sechsecks oft dicht nebeneinander, wie in Fig. 8,«a. Nicht selten dehnen sich aber auch die Kıy- stalle zugleich nach mehreren Richtungen aus, die unter Win- keln von 120°, zuweilen auch unter Winkeln von 90° oder 150°, aufeinander stofsen. Dabei kommen die verschiedensten For- men zum Vorschein. Ich habe von diesen in Fig. 8,a,b,c einige bei 5360 maliger Vergrölserung gezeichnet, ohne im min- desten dadurch alle vorkommenden Verschiedenheiten bezeich- net zu haben, denn nie ist eine Form dieser verzogenen Kry- stalle wie die andere. Einige schwarze und rothe mikrosko- pische Krystalle von Eisenglanz kommen auch vereinzelt in dem Glimmer vor, und stets in paralleler Stellung mit ihm. Die drei dunkler gehaltenen Sechsecke Fig. 8, c stellen solche schwarze Eisenglanzkrystalle vor; sie sind hier in derselben Stellung zu dem einaxigen Glimmer gezeichnet, wie sie in der Natur beobachtet sind, nur dafs dazwischen und daneben noch viele andere Glimmerkrystalle vorkommen, die weggelassen sind. Zuweilen kommen einaxiger Glimmer und Eisenglanz mit ein- ander verbunden vor. Der zweiaxige Glimmer, worin die Krystalle liegen, gehört zu Dana’s Phlogopit; der Winkel der optischen Axen ist sehr gering und beträgt nur 15°.) Die Schlagfiguren, die man er- hält, sind sehr deutlich, die charakteristische Schlaglinie ist parallel der optischen Axenebene, der Glimmer also zweiter Art. Man erhält ihn gewöhnlich in langen Streifen, deren längere Seiten durch die Flächen 4m = (a:4b: oc), die schmalen durch m = (a:b: coc) gebildet werden. Die einge- wachsenen Krystalle liegen theils parallel den langen Seiten dieser Streifen, theils machen sie damit Winkel von 60°; der sechsstrahlige Lichtstern, den man sieht, wenn man durch den Glimmer die Flamme einer Kerze betrachtet, steht senkrecht 1) B. Silliman giebt diesen Winkel zu ungefähr 10° an (Dana’s Mineralogie S. 304), Descloiseaux zu 15° 57, wenn der Mica blond du Canada derselbe ist. (Nouvelles recherches sur les prop. opt. d. cri- staux, p. 79.) 346 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse darauf; kleinere Strahlen liegen dazwischen, da einige Krystalle auch parallel den Flächen von 4% und der Querfläche liegen. Die Verhältnisse sind also wie es in der Fig. 3 dargestellt ist, worin die eingewachsenen Krystalle durch feine Striche, die Lage des rectangulären Streifens in dem Glimmerkrystall durch die punktirten und gestrichelten Linien, und die Strahlen des Lichtsterns durch die blos punktirten Linien angegeben sind. Sind die eingewachsenen Krystalle in der That einaxiger Glim- mer, so hat derselbe in diesem Fali gegen den zweiaxigen Glimmer zweiter Art eine andere Lage als gegen den Glimmer erster Art. Mit dem Glimmer von South Burgefs hatte das mineralo- gische Museum andere über Fufs grofse sechsseitige Glimmer- tafeln von Grenville in Canada erhalten, die wie die vorigen zu dem Phlogopit gehören und wie diese in der ersten grofsen Industrie-Ausstellung in London 1862 unter den Canadischen Mineralien aufgestellt waren. Sie haben eine sehr regelmäfsige sechsseitige Form, röthlichbraune Farbe, sind wie die vorigen zweiaxig zweiter Art, der Axenwinkel nur klein, die Schlag- figuren sehr schön und deutlich zu erhalten, die Verhältnisse also wie in Fig. 4 Dieser Glimmer enthält nicht das Haufwerk mikroscopischer Krystalle, die durch die ganze Masse vertheilt sind, wie der Glimmer von South Burgefs; die kleinen und ein- gewachsenen Krystalle sind hier sparsamer enthalten, oder nur an einzelnen Stellen namentlich an dem Rande zusammenge- häuft, wo sie eine lange dunkle Linie bilden, ungefähr einen halben Zoll von diesem entfernt, ihm parallel und vollkommen gerade, während der Rand des Glimmers selbst, wohl im All- gemeinen geradlinig, doch im Einzelnen uneben und zerrissen ist. Der äufsern dunkeln Linie gehen in geringer Entfernung von dieser nach innen zu noch andere dunkle Linien parallel, die aber nicht so aushaltend sind. Die Krystalle, aus welchen ‚diese Linien bestehen, sind einaxiger Glimmer, aber viel gröfser als die mikroscopischen Krystalle von South Burgefs, und schon mit der Lupe ganz deutlich zu erkennen, wenn auch besser unter dem Mikroscop, und eignen sich daher noch besser, ihre Form und Stellung in dem Glimmer, in welchem sie vorkommen, zu bestimmen. Sie sind von lauchgrüner, mehr oder weniger vom 19. April 1869. 347 dunkler Farbe je nach ihrer Dicke, oft unendlich dünn, und dann ganz hellgrün, in andern Fällen dicker und dunkler; sie liegen enge nebeneinander, doch in sehr verschiedenen Höhen, und sind in diesen ungleichmäfsig verbreitet, so dafs sie sich stellenweise decken, und auch dadurch an diesen Stellen dunkler erscheinen. Die Krystalle haben die Form des ersten oder des zweiten sechsseitigen Prismas, oder sind Combinationen beider untereinander; aber sie zeigen grolse Unregelmäfsigkeiten nicht allein in Rücksicht ihrer Ausdehnung, die oft nach den verschiedensten Richtungen in der Ebene der Spaltungsflächen des Glimmers geht, sondern auch in der Art, wie in den Com- binationen die Flächen der beiden sechsseitigen Prismen, die in diesen immer nur einzeln vorkommen, auftreten. Ich habe nie einen Krystall gesehen, an welchem sämmtliche Flächen beider Prismen vollzählig aufgetreten wären. Ein Krystall sieht daher selten so aus, wie der andere, auf den ersten Anblick glaubt man, es mit vielen verschiedenartigen Krystallen zu thun zu haben. Die eingewachsenen Krystalle des einaxigen Glimmers verhalten sich demnach hier ganz ebenso wie die aufgewachsenen Krystalle vom Vesuv, wo, wie man aus den Darstellungen von Hessenberg ersieht,') die Flächen der ein- fachen Formen in den Combinationen auch sehr unregelmälsig auftreten. Ich habe um dies deutlich zu machen in Fig. 15 und 16 eine Reihe von Krystallen gezeichnet, von denen die erstern in dem Theile der dunklen Linie beobachtet sind, die einer Seitenfläche m des zweiaxigeu Glimmers, die letztern in einem Theile, der der Längsfläche 5 parallel geht,”) ohne damit aber im Mindesten die Zahl der vorkommenden Varietäten erschöpft zu haben; und habe sie in der im Vergleich zu den Krystallen von South Burgefs viel’ geringern, 140 maligen Vergröfserung gezeichnet, da diese zur Erkennung ihrer Form hier voll- 1) Abhandl. der Senkenbergschen Ges. 1866, Bd. 6, S. 15. 2) Die Krystalle sind bei Fig. 15 so gezeichnet, wie sie unter dem Mikroscop erscheinen, also verkehrt, bei Fig. 16 sind sie in die richtige Lage gestellt. Die bei den Flächen gesetzten Buchstaben bezeichnen die Seitenflächen des zweiaxigen Glimmers, denen sie parallel gehen. 348 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse kommen genügte. Die Krystalle sind ferner sämmtlich in der Lage gezeichnet, die sie in dem Glimmer haben, was bei den Krystallen von South Burgels, die ich vor jenen untersucht habe, nicht geschehen ist, da ich erst bei diesen auf die Nothwen- digkeit der Orientirung recht aufmerksam geworden war. Die Gruppirung ist übrigens meistentheils nur zufällig, da ich immer nur die gröfseren zur Zeichnung ausgewählt habe, so dafs man also aus ihr nicht auf die Häufigkeit im Vorkommen einer Varietät schliefsen kann. Sechsseitige Tafeln in der Stellung des ersten sechsseitigen Prismas (Fig. 15, ı) oder des zweiten (Fig. 15,2) erscheinen hier oft dicht nebeneinander. Ich habe nun angenommen, dafs diese nicht ein und dasselbe Prisma in zwei verschiedenen Stellungen sind, sondern dafs das eine eine abgeleitete Form des andern ist, das eine das erste, das andere das zweite sechs- seitige Prisma; denn eingewachsene Krystalle, die alle einer Fläche parallel sind, in 2 Stellungen durcheinander gemengt, hat man bis jetzt noch nicht beobachtet. Ich habe dabei als erstes Prisma das angenommen, welches eine parallele Stellung mit der dunklen sechseckigen Linie bei dem grolsen zweiaxigen Glimmer (Fig. 4) hat, und dessen Seitenflächen den Seiten- flächen m und der Längsfläche b dieses parallel gehen.') Am häufigsten sind nun die Krystalle nach den 3 Richtun- gen ausgedehnt, die den Seitenflächen des ersten sechsseitigen Prismas entsprechen, wie die Krystalle (Fig. 15, 3,4,5), und von diesen findet sich überhaupt hier und an den übrigen Stel- len am häufigsten diejenige verlängert, die der äufsern Begrän- zung des Glimmers parallel ist, also an der in Fig. 15 gezeich- neten Stelle der Richtung von m; in Fig. 16 der Richtung von b. In diesen Richtungen sind die Krystalle oft so lang, dafs sie, wenn auch mit gröfseren oder kleineren Lücken, sich über die ganze Fläche des Glimmers hinziehen, wie in Fig. 15, 6, 7,s und Fig. 16,1. Ähnliche lange Linien nach allen diesen drei Rich- tungen finden sich auch im Innern des Glimmers, wenngleich ganz fein und mit der Lupe kaum zu erkennen. Andere Kry- 1) Dies ist nun auch bei den eingewachsenen Krystallen von South Burgefs anzunehmen. (s. oben $. 345.) vom 19. April 1869. 349 stalle sind nach den Diagonalen des Sechseckes des ersten Prismas verlängert, also nach den Flächen des zweiten Pris- mas, die den Flächen 4m und @« des zweiaxigen Glimmers entsprechen, und ‚hier vorzugsweise nach den Richtungen, die senkrecht auf der äuflsern Begrenzung des Glimmers stehen, also in Fig. 15 auf m wie Fig. 15,9. Auch nach diesen Richtun- gen ziehen sich einzelne dünne Linien im Innern des zweiaxi- gen Glimmers hin. Die nach diesen Richtungen verlängerten Krystalle sind häufig an einem Ende mit den Flächen des ersten und am andern Ende des zweiten Prismas begränzt (Fig. 15, 10), oder einzelne Flächen des ersten Prisma treten nun ganz un- regelmäfsig hinzu (Fig. 15,11). Ein und derselbe Krystall er- scheint auch nach verschiedenen Richtungen verlängert, die rechtwinklig aufeinander stehen (Fig. 15,12); was auch .oft bei den zu längeren Linien verlängerten Krystallen der Fall ist (Fig. 15,13). Die grünen Krystalle schliefsen Theile des zwei- axigen Glimmers ein, der in dünnen Blättchen immer ganz wasserhell erscheint; der eingeschlossene weilse Glimmer ist regelmäfsig durch Flächen, oder wie man bei der Dünnheit der grünen Krystalle zweckmäfsiger sagen kann, durch Linien be- gränzt, die den äufsern Rändern des grünen Krystalls parallel gehen (Fig. 15, a, 14), oder er ist ganz unregelmälsig begränzt (Fig. 15,15); oft dringt der weilse Glimmer von aufsen hinein, sich regelmäfsig begränzend (Fig. ı6) oder unregelmäfsig (Fig. ı7), und nimmt zuweilen so vielen Raum ein, dafs der grüne Glimmer nur wie ein dünner Umrifs erscheint (Fig. ıs u. 19). Im In- nern des zweiaxigen Glimmers finden sich auch ganz unregel- mälsig begränzte Parthien grünen Glimmers, oft wunderbar gekrümmt und gewunden, und solche gewundene grüne Parthien ' kommen an einzelnen Stellen sehr zusammengehäuft vor. Auch "einzelne regelmäfsig begränzte Krystalle von Eisenglimmer, ‚ge- wöhnlich schwarz, seltener roth, kommen in diesem Glimmer, wie in dem von South Burgels vor. Aber alle diese Ein- mengungen finden sich doch nur im Ganzen sparsam, nur an einzelnen Stellen mehr zusammengehäuft, daher auch dieser Glimmer keinen Asterismus zeigt wie der von South Burgefs, oder nur unvollkommen an den Rändern. 350° Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Dem Glimmer von South Burgefs sehr ähnlich findet sich ein anderer Glimmer in West Chester in Pensylvanien, von dem einzelne fufslange Streifen das mineralogische Museum von Hrn. Wright in London erhalten hatte. Er ist wie der Glimmer von South Burgefs mit kleinen mikroscopischen pris- matischen Krystallen erfüllt, und zeigt deshalb einen schönen Asterismus, nur sind die Krystalle noch feiner, und der sechs- strahlige Lichtstern beim Durchsehen nach der Lichtflamme nicht so hell und stark. Merkwürdiger Weise ist dieser Glim- mer zweiaxig und erster Art. Die schmalen Streifen sind an der einen kurzen Seite mit der Querfläche begränzt, die an- dere ist verbrochen. Die Lage der eingewachsenen Krystalle, der Schlagfigur, des sechsstrahligen Lichtsterns zu der äulsern Begränzung des Glimmers ist wie bei dem von South Burgels, aber die Lage der Axenebene davon abweichend, der Quer- fläche parallel. Die Verhältnisse also so, wie sie in Fig. 5 dar- gestellt sind. | Vergleicht man bei den 3 letzgenannten Glimmern, dem von South Burgels, Grenville und West Chester die Lage der eingewachsenen Krystalle zu der optischen Axenebene, so er- giebt sich, dafs sie sich in dieser Rücksicht alle 3 verschieden verhalten. Man ersieht dies durch Vergleichung der Fig. 3, 4, 5, sowie der folgenden kleinen Tabelle, in welcher die Reihe bei a die Lage der Axenebenen dieser Glimmer zur Schlag- figur, also die Abtheilung angegeben ist, zu welchen der Glim- ner gehört, und in der Reihe bei Db die Stellung der einge- wachsenen Krystalle zum zweiaxigen Glimmer, in welchen sie enthalten sind, ob ihre Lage der des zweiaxigen Glimmers parallel, oder davon abweichend diagonal ist. / Glimmer von South Burgels: Grenville: West Chester: a.. zweiter Art zweiter Art erster Art. b. diagonal, parallel, diagonal. Man könnte nun wohl annehmen, dafs die eingewachsenen Krystalle von South Burgefs und West Chester in paralleler Stellung mit dem einschliefsenden Glimmern ständen und der FREE, vom 19. April 1869. 351 anscheinende Unterschied nur darin bestände, dals die Krystalle vorzugsweise nach Richtungen ausgedehnt wären, die den Flächen 4m und der Querfläche des zweiaxigen Glimmers ent- sprechen, aber diese Richtungen der Krystalle sind in diesen Glimmern die bei weitem ‘vorherrschenden, wie man schon aus der Lage des Lichtsternes sieht, und von solchen vorherr- schenden Richtungen mufs man doch bei der Beurtheilung der Formen ausgehen. Auch bestände nun noch immer ein Unter- schied in Rücksicht der Lage der Axenebene. Der Glimmer von Grenville verhält sich in Rücksicht der Lage des einge- wachsenen einaxigen Glimmers wie der von Alstead und dem Capellenberge, doch sind diese wieder erster Art, der Glimmer von Grenville zweiter Art. Vielleicht steht die Lage der ein- gewachsenen Krystalle bei den Glimmern von South Burgefs und West Chester, von denen beiden man in den Sammlungen nur Streifen sieht, deren lange Seiten parallel den Seitenflächen im gehen, mit der starken Ausbildung der Spaltungsflächen noch 4m in Verbindung. Aber wenn beide darin sich gleich verhalten, so ist bei beiden doch die Lage der Axenebenen verschieden. Wovon diese abhängt, mufs weitern Untersu- chungen überlassen bleiben. 4. Einaxiger Glimmer und Pennin. Eine solche regelmäfsige Verwachsung findet sich in Magnet Cove im Staate Arkansas der Ver. Staaten; das mineralogische Museum besitzt davon eine sechsseitige Tafel von der Gröfse und Gestalt wie Fig. 10. Der Pennin ist dunkel lauchgrün, der Glimmer hell gelblichgrün, und dieser umgiebt den Pennin, doch wiederholt sich die Verwachsung noch einmal. Der Pennin ist ungeachtet der dunklen Farbe noch durchsichtig, und zeigt im polarisirten Lichte das schwarze Kreutz sehr schön und deutlich, ebenso wie der Glimmer,') Vor dem 1) Das mineralogische Museum erhielt den Pennin unter dem Na- men Clinochlor. Wegen seines optischen Verhaltens, das sich von dem des Clinochlors z. B. von Texas in Pensylvanien ganz verschieden zeigte, habe ich nicht angestanden, ihn als Pennin aufzuführen, Dana führt 352 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Löthrohr im Kolben erhitzt giebt der Glimmer kein Wasser, der Pennin sehr viel, letzterer verhält sich auch sonst: wie Pennin. Beide Mineralien scheinen der Verwitterung sehr unter- worfen zu sein, das mineralogische Museum besitzt mehrere solcher verwitterten Exemplare, die zum Theil viel gröfser als das in Fig. 10 dargestellte sind. Durch die Verwitterung wird der Pennin braun und undurchsichtig, der Glimmer ebenso nur heller braun. 5. Zweiaxiger Glimmer erster Art und Eisenglanz. Diese Verwachsung ist sehr ausgezeichnet an mehreren Orten in Pensylvanien vorgekommen, wie zu Pensbury, New Providence etc. Ich erhielt schon vor mehreren Jahren grös- sere unregelmälsig begränzte Platten von Glimmer mit solehen Einmengungen zum Geschenk vom Prof. Chandler in New York,'!) kleinere dicke regelmäfsig begränzte Krystalle erwarb das mineral. Museum vom Dr. Krantz. Die letztern haben die Form von einem etwa einen halben Zoll dicken symmetrisch sechsseitigen Prisma, der Oombination des rhombischen Prismas von ungefähr 120° mit der Längsfläche, bei welchem die Pris- menflächen vorherrschen, und die längere Diagonale der Basis etwa 11 Zoll lang ist. Die optische Axenebene geht der längern Diagonale der Basis parallel, die optischen Axen machen nach Reusch einen Winkel von 59° 36'.”) Auf den Spaltungs- flächen aller dieser Abänderungen sieht man kleine sternför- mige Bildungen von Eisenglanz, die, wie man mit der Lupe oder besser unter dem Mikroscop bei mälsiger Vergröfserung sehen kann, aus lauter kleinen sechsseitigen oft in die Länge gezogenen Tafeln bestehen, die untereinander und zugleich auch diese Verwachsung weder bei dem Pennin (seinem Penninit), noch bei .dem Clinochlor (Ripidolith) auf. Ich erhielt diese interessante Verwach- sung durch Hrn. Prof. Shepard. 1) Ganz ähnliche schöne Platten befinden sich auch in der Samm- lung der hiesigen Berg-Akademie, die mir durch Hrn. Dr. Eek zur Un- tersuchung freundlichst mitgetheilt wurden. 2) Ebenso, nämlich zu 59°, giebt ihn B. Silliman.an. (Dana, Mineralogie S. 312.) vom 19. April 1869. 353 den Seitenflächen des zweiaxigen Glimmers, worin sie liegen, parallel sind, so dafs die Lage des Eisenglanzes gegen den Glimmer vollkommen dieselbe ist, wie die des einaxigen Glimmers gegen den zweiaxigen, und dieselbe, die auch bei den kleinen Tafeln von Eisenglanz stattfindet, die sich einzeln zerstreut in dem Glimmer von South Burgefs und von Grenville finden.!) Aber die Tafeln sind nicht blos nach geraden sich unter Win- keln von 60° schneidenden Reihen zusammengruppirt, aus jeder Reihe entwickeln sich mehr oder weniger regelmäfsig andere, die auf diese auch unter Winkeln von 60° stofsen, gerade wie bei den sog. regelmäfsig-baumförmigen Gestalten des Kupfers und des regulären Systems überhaupt.) Fig. 7 zeigt einen solchen Stern, wobei aber nur die Hauptstrahlen ohne die Aus- biegungen an den Seiten angegeben sind,’) Fig. 6 einen einzel- nen Strahl von einer andern Gruppe, beide nach der Natur und bei 140maliger Vergrölserung gezeichnet. Solche sternförmige Gruppirungen von verschiedener, immer aber nur sehr geringer Grölse, und stets in derselben Lage zu dem Glimmer, worin sie liegen, finden sich nun in mehr oder weniger grolser Menge in demselben; sie liegen theils zerstreut, theils in Linien aneinander gereiht, die den einzelnen Strahlen und also auch den Seiten des Glimmers parallel sind. Die Reihen von Sternen, die einer Richtung parallel gehen, schnei- den sich mit andern, die den beiden andern Richtungen parallel gehen, und an den verschiedenen Stücken oder auf den ver- schiedenen Spaltungsflächen eines und desselben Stückes sind bald die Reihen der einen Richtung, bald die der andern vor- herrschend. Zuweilen beobachtet man noch eine vierte Rich- tung, die die der optischen Axenebene ist, aber sich auch schon bei den Strahlen der einzelnen Sterne findet. Der Strahl y bei dem gezeichneten Stern Fig. 7 hat eine solche Lage. Die !) Vgl. oben S. 345 und S. 349. 2) Vgl. G. Rose Reise nach dem Ural etc. Th. 1, S. 401. 3) Der Strahl x Fig. 7 müfste eigentlich das Ansehn von Fig. 7a haben, in welcher er etwas gröfser und genau nach der Natur gezeich- net ist, und ähnlich sind auch alle andern beschaffen. [1869.] 25 354 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Lage der Sterne und ihrer Reihen ist also so wie es in Fig. 2 dargestellt ist. * Die Farbe des Eisenglanzes in dem Glimmer ist braun bis schwarz. Spaltet man von den dickern Glimmerblättern dünnere Scheiben ab, so erscheint der Eisenglanz braun und durchsichtig, zuweilen auch gelb und roth, die Farben scheinen demnach ganz von seiner Dicke abzuhängen.') In dickeren_ Blättern wird er dunkler bis schwarz, er erscheint aber in der Regel nur da so, wo die sternförmigen Gruppirungen, die in den verschiedenen übereinander liegenden Blättern des Glim- mers nie gleichmäfsig ausgebildet sind, sondern stets mehr oder weniger verschiedene Figuren bilden, einander decken. Wenn man den Glimmer so spaltet, dafs der Eisenglanz frei liegt, so schillert er, schräg darauf gesehen, mit bunten Farben und starkem metallischen Glanze. Zuweilen sieht man auch kleine sechsseitige Tafeln einzeln in dem Glimmer liegen; diese sind dann gewöhnlich ganz schwarz, zuweilen aber auch ganz prächtig roth, oder theils schwarz, theils roth.. Ein solcher Krystall aus einer der grölsern Glim- mertafeln ist Fig. 11 nach der Natur und bei 360maliger Ver- gröfserung gezeichnet. Der rothe durch hellere Schraffirung bezeichnete Theil ist ganz regelmäfsig begränzt, und von dem schwarzen grölstentheils umschlossen. Bei dem Contrast der Farben gewährt der Krystall unter dem Mikroscop betrachtet einen schönen Anblick. Durch die beschriebene Gruppirung des Eisenglanzes ent- stehen in demselben eine Menge Lücken, die mit dem weilsen Glimmer ausgefüllt sind, eine bald mehr oder weniger regel- mäfsige Form haben und bei einer obern Schicht oft kleiner 1!) Die Farben sind ganz übereinstimmend mit denen, die der Eisen- elanz auch in andern Fällen zeigt, wo er in dünnen Blättchen (als Eisen- ‘ glimmer) in andern Substanzen eingeschlossen ist, wie z. B. in dem Car- nallite von Stasfurt, aus dem er durch Auflösung desselben in Wasser erhalten wird. Man kann dies sehr schön sehen an den Präparaten fürs Mikroskop von den Substanzen, die in dem Carnallite von Stasfurt ein- geschlossen sind, wie sie von der Pfefferschen Buchhandlung in Halle versandt werden. vom 19. April 1869. 355 oder gröfser sind, als bei einer unter ihr liegenden (Fig. 13). Bei den einzelnen Blättern der oben erwähnten dicken Glim- merkrystalle bemerkt man aber aufserdem noch mit der Lupe oder besser noch unter dem Mikroskop ganz lichte röthlichweifs gefärbte durchsichtige nadelförmige Krystalle, die meist einzeln, aber siets nach 3 Richtungen liegen, die den Seiten der sechs- seitigen Tafeln des braunen Eisenglanzes parallel sind, wie es in Fig. 13 getreu nach der Natur dargestellt ist. Sie haben die Form von ganz schmalen linienartig verlängerten Sechs- ecken, doch ist von den zwei Flächen am Ende gewöhnlich nur eine zu sehen. Zuweilen stofsen. auch 2 Krystalle unter Winkeln von 60° zusammen. Sie finden sich am häufigsten in dem Eisenglanz, wo er recht dunkel gefärbt ist, und sind auch darin am besten zu erkennen. Sie erscheinen bei dem grofsen Contrast in der Farbe mit ihrer Umgebung wie scharfe Einschnitte in dem Eisenglanz, aber man kann sich deutlich davon überzeugen, dafs es keine mit weifsem Glimmer ausge- füllte Lücken von der angegebenen Form in dem Eisenglanz sind, da sie oft mit ihren Enden in solche Lücken hinein- reichen und dann sich bestimmt von dem weifsen, die Lücken ausfüllenden Glimmer unterscheiden, auch öfter noch an den Seiten Theilchen von weilsem Glimmer enthalten. In Fig. 12 sind einige von solchen Fällen bei stärkerer Vergröfserung als in Fig. 13 dargestellt. Ich halte diese Krystalle für einaxigen Glimmer, ähnlich wie die in dem Glimmer von South Burgefs und West Chester eingewachsenen Krystalle. Sie sind noch schwerer in Chlorwasserstoffsäure auflöslich als der umgebende Eisenglanz, und sind noch zum Theil erkennbar, wenn dieser schon aufgelöst ist, verschwinden aber bei längerer Digestion ebenfalls. { Dana beschreibt in seiner Mineralogie auch die regel- mäfsigen Verwachsungen des Eisenglanzes mit dem weilsen Glimmer von Pensylvanien,') hält aber den erstern für Magnet- eisenerz und die Gruppirung für dendritische Bildungen. Beide Annahmen halte ich nicht für richtig. Das Magneteisenerz ist von solchen Farben, wie sie hier beschrieben sind, nicht be- 1) Vergl. 5. Aufl. S. 149. 25* 356 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse kannt; es er$cheint stets von einer merkwürdigen Undurchsich- tigkeit, wenn es sich auch in den feinsten Theilen eingesprengt findet, wie im Basalt und Melaphyr, denen es seine schwarze Farbe ertheilt. Von einer gleichen schwarzen Farbe und Un- durchsichtigkeit erscheint es auch in den feinen mikroskopischen Krystallen, die man durch Schmelzen von Eisenoxyd oder Eisenoxydoxydul mit Borax vor dem Löthrohr erhält,') dage- gen das auf diese Weise dargestellte krystallisirte Eisenoxyd in dünnen Blättehen eine schön rothe Farbe uud das Titaneisen eine braune Farbe hat. Sollte es durchsichtiger dargestellt werden können, so würde es auch wahrscheinlich eine grüne Farbe zeigen, wie das grüne Bouteillenglas, das seine Farbe nicht dem Eisenoxydul, sondern nach einer mündlichen Mitthei- lung von Rammelsberg dem Eisenoxydoxydul verdankt. — Das Magneteisenerz ist ferner von regulärer Krystallform, und Formen dieses Systems kommen in tafelförmiger Ausbreitung nur vor, wenn sie in Zwillingsformen erscheinen, wie beim ge- diegenen Kupfer, wofür man wieder die durchsichtigen Kry- stalle in dem Glimmer von Pensylvanien nicht nehmen kann. Vielleicht hat nur der Umstand, dafs die Krystallgruppen in dem Glimmer magnetisch sind, zu der Meinung Veranlassung gegeben, dafs sie Magneteisenerz sind; aber der Eisenglanz ist ebenfalls mehr oder weniger stark magnetisch. Auch für Dendriten kann ich die Einmengungen nicht halten; dagegen spricht ganz die so bestimmte regelmäfsige Lage des Eisenglanzes sowohl gegen den Glimmer, als auch unter- einander, auch wo die Gruppen ganz von einander getrennt sind, und ferner der Umstand, dafs, wenn man den Glimmer so spaltet, dafs der Eisenglanz an der Oberfläche zu liegen kommt, und ihn dann in heifse Chlorwasserstoffsäure legt, das Eisenerz sich auflöst, und in dem Glimmer, der davon nicht an- gegriffen wird, nun scharfkantige Eindrücke hinterläfst, die die Form des verschwundenen Eisonoxyds mit aller früheren | Genauigkeit bezeichnen; was besonders unter dem Mikroskop sehr bestimmt zu sehen ist. Von Salpetersäure wird der Eisen- glanz, wie auch das Magneteisenerz nicht angegriffen. Bei der 1) Vergl. die Berichte der Akademie von 1867, S. 455. vom 19. April 1869. 357 Feinheit des Eisenglanzes in dem Glimmer erleidet er aber eine eigenthümliche Veränderung; er erscheint durch die Berührung mit dieser nach einiger Zeit wie gestreift, und wie mit weilsen Linien durchzogen, die den abwechselnden Seiten des äufseren. Sechsecks, also den Seiten eines gleichseitigen Dreiecks pa- rallel gehen. Farbe und Durchsichtigkeit haben sich dabei ver- ändert, die Substanz, wenn sie früher braun und durchsichtig war, erscheint nun schwarz und undurchsichtig. Ich habe in Fig. 14 den so veränderten Eisenglanz dargestellt. Wenn sonach alle Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dafs die Krystalle Eisenglanz und nicht Magneteisenerz sind, so ist doch zu erwähnen, dafs von Hrn. Prof. Finkener, der auf meine Bitte sich mit der chemischen Untersuchung dieses Eisen- erzes beschäftigt hat, in demselben Eisenoxydul nachgewiesen ist. Eine geringe Menge des Glimmers mit dem Eisenerze wurde mit Chlorwasserstoffsäure in einem oben zugeschmelzten Capillar- röhrchen in einem Luftbade bis 120° erhitzt, wodurch es sich auflöste; die Auflösung wurde dann in eine feinere Röhre auf- gesogen, auf ein Uhrglas ausgeblasen und mit Kalium -Eisen- Cyanid versetzt, wodurch sie blau gefärbt und also Eisenoxydul in ihr nachgewiesen wurde. Es entsteht nun die Frage, wo- her dasselbe kommt. Man könnte annehmen, der Glimmer enthielte aulser dem Eisenglanz auch Titaneisenerz, das dieselbe Form hat, wie der Eisenglanz, und welches Eisenoxydul ent- hält, entweder als solches, oder in der Auflösung in Chlor- wasserstoffsäure. Als aber eine wie oben erhaltene Auflösung mit Zinn versetzt und die Röhre zugeschmelzt wurde, entstand keine blaue Färbung. Rührt die erwähnte Reaction auf Eisen- oxydul nun von der geringen Menge Eisenoxydul her, die sich gewöhnlich in dem natürlichen Eisenoxyd finde? Rammels- berg giebt in dem Eisenglanz von Elba 0,3 pCt., in dem vom Vesuv 3,11 pCt. und 0,74 Magnesia an.'!) Die Menge des Eisenoxyduls konnte bei der geringen Menge, mit welcher die Versuche gemacht wurden, natürlich nicht bestimmt werden. Ich mufs die Anwesenheit des Eisenoxyduls, wenn es sich bei wiederholten Versuchen bestätigt, unerklärt lassen, kann aber 1) Mineralchemie S. 128. 358 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse bei den oben angegebenen und für mich überwiegenden Gründen, darin keine Veranlassung finden, von meiner angegebenen Mei- nung abzugehen, und das in dem Glimmer eiigeranhsene Eisen- erz für Magneteisenerz halten. Die regelmäfsige Verwachsung des Eisenglanzes mit dem Glimmer ist nicht auf Pensylvanien beschränkt, sie findet sich, wenn man erst darauf aufmerksam geworden ist, an vielen Orten. Namentlich fand ich sie sehr schön und ausgezeichnet und ganz von derselben Art, wie bei dem Glimmer aus Pen- sylvanien bei einem Glimmer von Kassigiengoit am Ameragliks Fiord in Grönland, den das mineralogische Museum schon vor längerer Zeit durch Gieseke erhalten hat.!) Der den Eisen- glanz umgebende Glimmer ist auch von derselben Art; er zeigt bei dem Stück in dem Museum zum Theil noch regelmäfsige Begränzung; man kann sich dadurch überzeugen, dafs die optische Axenebene parallel der längern Diagonale geht. Dasselbe be- weisen auch die Schlagfiguren. Dafs einzelne kleine Krystalle von Eisenglanz in regelmäfsiger Verwachsung auch in dem zwei- axigen Glimmer von Canada vorkommen, ist oben angegeben. Nachtrag über den Lithionglimmer. » Ich gebe hier noch die einzelnen Bestimmungen über den Lithionglimmer, die den oben Seite 344 angegebenen Zusammen- hang zwischen ihren optischen Eigenschaften und ihrem Ver- halten vor dem Löthrohr darthun. A. Lithionglimmer: zweiaxig erster Art, vor dem Löthrohr ein blasiges, wasserhelles, beim Erkalten schneeweils werdendes Glas gebend. 1. Von Alabaschka bei Mursinsk im Ural, in Drusen des Granits. Die Krystalle sind in zollgrofsen dicken sechs- seitigen Tafeln mit den Rändern aufgewachsen, röthlichweils, perlmutterglänzend, durchscheinend. Mit ihm kommt vor: Feld- ‘ spath, ockergelb, an den Kanten durchscheinend in einigen Zoll grofsen Krystallen, Albit weils, stark durchscheinend, glänzend, in kleinen tafelartigen und kugelig zusammengehäuften !) Die Fig. 6 ist nach einem solchen Exemplar aus Grönland ge- zeichnet. vom 19. April 1869. 359 Krystallen, Bergkrystall in grofsen nelkenbraunen Krystallen, weilser Topas, schwarzer Turmalin und zuweilen der so seltene Pyrrhit.') — Der Winkel der optischen Axen ( stellenweise sehr veränderlich, der gröfste Werth 67°. | 2. Von Schaitansk bei Mursinsk. Der Lithionglim- mer findet sich in einer grofsen Stufe des Berliner mineralogi- schen Museums in 4 bis 6 Linien grofsen sechsflächigen Tafeln, ‚die, vielfach durcheinander gewachsen und locker zusammenge- häuft, so dafs man die regelmälsige Begränzung bei ihnen oft noch deutlich erkennen kann, ein körniges Aggregat bilden, das auf derbem weifsen strahligen Albit und einem grofsen dicken Krystall von Lithionglimmer, der bis 4 Zoll im Durchmesser hat, und mit dem Rande dem Albite aufgewachsen ist, aufliegt. Andere kleinere Stücke des Museums enthalten nur dies Ag- gregat; pfirsichblüthroth, durchsichtig, vor dem Löthrohr noch durch fast völlige Abwesenheit einer Manganreaction ausgezeich- net d=5l. 3. Von Schaitansk bei Mursinsk. Hierher gehört auch der oben S. 343 erwähnte zweiaxige gelbe Glimmer erster Art (Muscovit), der den Saum von Lithionglimmer hat. 4. Die kleinkörnigen Aggregate von Paris in Maine, Chursdorf bei Penig in Sachsen, Rozena in Mähren, die alle vor dem Löthrohre weilse Gläser geben, gehören wohl ebenfalls hierher. Ebenso der Lithionglimmer, der in kleinen aufgewachsenen Krystallen von röthlich weilser Farbe mit Feldspath und Tur- malin in den Drusen des Granits von Elba vorkommt. B. Lithionglimmer, zweiaxig, zweiter Art, vor dem Löthrohr ein graulichschwarzes bis graulichweilses, im ersten Fall magnetisches ‘Glas gebend. 1. Von Zinnwald im Böhmischen Erzgebirge, die be- kannte Abänderung; graulichgrün in sechsseitigen Tafeln, auf 1) Vergl. meine Reise nach dem Ural, Th. 2, S. 383 u. 505 und v. Kokscharow Materialien zur Mineralogie Rufslands, Th. 2, S. 138. Nach Kokscharow erreichen die Krystalle von Lithionglimmer hier zu- weilen einen Durchmesser von 7. Centimetern. 360 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse- den Spaltungsflächen gestreift, die Streifung rechtwinklig auf den Rändern. Schmilzt vor dem Löthrohr zu einem graulich- schwarzen stark magnetischen Glase. & = 48° 30’; nach Se- narmont 46—47°,.'!) 2. Von Alabaschka bei Mursinsk. Lithionglimmer aus der derben Masse des Granits, worauf die Krystalle der Seite 358 erwähnten Druse aufgewachsen sind. Sehr gerad- blättrig, graulichgelb, und häufig mit dünnen, nadelförmigen Krystallen von schwarzem Turmalin durchwachsen. Schmilzt vor dem Löthrohr zu einem schwärzlichgrauen magnetischen Glase. $ = 67. Der Winkel des aufgewachsenen Lithion- glimmers erster Art (Seite 358) davon nur wenig verschieden. 3. Von Schaitansk bei Mursinsk. Der grofse auf- gewachsene Seite 359 erwähnte Krystall von Lithionglimmer, von derselben Farbe, wie die bedeckenden kleinern Krystalle. Er ist auf den Spaltungsflächen stark gestreift, die Streifung steht rechtwinklig auf den Rändern der sechsseitigen Tafel. Vor dem Löthrohr ein graulichweilses schwach magnetisches Glas, mit kohlensaurem Natron auf Platinblech sehr starke Reaction auf Mangan gebend. $ = 71. Merkwürdiger Weise giebt er aber nur in der Mitte das graulichweilse Glas, an den Rändern dagegen ein vollkommen schneeweilses. 4. Von Juschakowa bei Mursinsk. Grolse. tafel- . artige unregelmäfsig begränzte Krystalle in einem grobkörnigen Gemenge von graulichschwarzem kleinkörnigen Quarz, schnee- weilsen strahligem Albite und gelben Beryll eingewachsen.?) Vor dem Löthrohr ein graulichweilses unmagnetisches Glas, mit kohlensaurem Natron auf Platinblech eine starke grüne Fär- bung und mit Borax in der Flamme ein amethystfarbiges Glas gebend. p = 55° 8. 5. Von unbekanntem Fundort, derb in Granit vor- kommend mit Feldspath, Quarz und Gadolinit, ziemlich grofs- -blättrig, pfirsichblüthroth, perlmutterglänzend.. Vor dem Löth- rohr ein grauliches schwach magnetisches Glas gebend. pop = 71—75°. !) Ann. de chimie et de phys. 1851, t. 34, p. 171, no. 42. ‘ ?) Vergl. meine Reise nach dem Ural, Th. 2, S. 505 u. Th. 1, S.457. vom 19. April 1869. 361 6. Von unbekanntem Fundort, derb in Granit vor- kommend, ziemlich grofsblättrig, Farbe und Glanz wie der vorige. Vor dem Löthrohr ein grauliches unmagnetisches, und mit Borax in der äufsern Flamme ein amethystfarbenes Glas sebend.. & = 71°15'. Enthält wie der vorige rein einaxige Stellen. Alle die Lithionglimmer, die ein graulichweifses nur schwach oder gar nicht magnetisches Glas geben, sind durch grofsen Gehalt an Mangan ausgezeichnet, der den geringern Gehalt an Eisen zu ersetzen scheint. Bemerkenswerth ist die Verschie- denheit in dem Verhalten des Lithionglimmers von Alabaschka, je nachdem er in den Drusen des Granits oder in dem derben Granit vorkommt, und noch mehr des Lithionglimmers von Schaitansk, der an den Rändern sich anders verhält wie in der Mitte, und an jenen wie der bedeckende kleinblättrige eisenfreie Lithionglimmer. Erklärung der Figuren. Fig. 1. Zweiaxiger Glimmer mit einaxigem von Alstead in - New Hamshire. $. 342. „ 2. do. mit Eisenglanz aus Pensylvanien. S. 354. 3. do. mit einaxigem Glimmer von South Burgels in Ca- nada. S. 346. „ 4. do. do. von Grenville in Canada. S. 346. „ 5. do. do. aus Pensylvanien. S. 350. „ 6. Eisenglanz aus dem zweiaxigen Glimmer aus Grön- land. S. 358. „ 7. do. do. aus Pensylvanien. S. 353. „ 8 Krystalle von einaxigem Glimmer aus dem zweiaxigen Glimmer von South Burgels. S. 345. 5 9 Zweiaxiger Glimmer mit Lepidolith von Schaitansk im Ural. S. 343. „10. do. mit Pennin von Magnet Cove in Arkansas. 8. 351. „11. Eisenglanz-Krystall, schwarz und roth mit einem Kry- stall von einaxigem Glimmer von Pensylvanien. S. 354. „12u.13. do. mit eingewachsenen Krystallen von einaxigem Glimmer und theils regelmäfsig theils unregelmäfsig begränzten zweiaxigen Glimmer ebendaher. $. 355. 362 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fig. 14. Eisenglanz ebendaher mit Salpetersäure geätzt. $. 357. „ 15. Krystalle von einaxigem Glimmer aus dem zweiaxi- gen Glimmer von Grenville (Fig. 4) von einer Stelle, die einer Seitenfläche m des zweiaxigen Glimmers parallel ist. S. 348. „ 16. do. von einer Stelle, die der Längsfläche 5 parallel ist. 8. 348. Hr. A. W. Hofmann las Beiträge zur Kenntnils des Methylaldehyds. Unter diesem Titel habe ich vor anderthalb Jahren (am 14. October 1867) der Akademie der Wissenschaften!) einige Beobachtungen mitgetheilt, welche gelegentlich eines Vorlesungs- versuches über die Oxydation des Methylalkohols angestellt worden sind. Ich hatte nämlich gefunden, dafs sich beim Auf- treffen eines mit Holzgeistdämpfen beladenen Luftstroms auf einer glühenden Platinspirale ein Körper bildet, den ich seiner Entstehungsweise und Eigenschaften nach als den Aldehyd der Methylreihe ansprechen zu dürfen glaubte. Diese Auffassung stützte sich, da es mir nicht gelungen war, den in Rede stehen- den Körper im reinen Zustande zu isoliren, zumal auf seinen leichten Übergang in Ameisensäure sowie in eine schön kry- stallisirte Schwefelverbindung von der Formel CH,S, welche sich ihrer Zusammensetzung nach als ein we der Me- thylreihe darstellte. Meine Mittheilung schlofs mit den Worten: | „Ich habe die Absicht, bei eintretender Winterkälte die beschriebenen Methylaldehyde etwas genauer zu erforschen. Zunächst wird es nothwendig sein, den sauerstoffhaltigen Kör- ‚per zu isoliren, um seine Dampfdichte zu nehmen, denn es könnte hier möglicherweise ein Aldehyd von höherem Molecu- largewichte vorliegen. Es verdient ferner bemerkt zu werden, dafs ein Körper von der Zusammensetzung © H, S, dessen !) Hofmann, Monatsberichte für 1867, S. 665. a ) \ u | ea Bu x ü B | | N | | Ulm. AM! 1} I — [27 | \ = | j \ \ \ x \ x a \ >. IS > = =>, EI K=S| B——=| SE ® ES En 1 Akadl. dl. Wissensch. 1869. April. 5: 339 Donutsber U Be 5 and N EPDM x \ KUNDEN) ee a, x.360. SEN g Rosm Auk Be" 3 RE ee (ya : 7 vom 19. April 1869. 363 Eigenschaften, soweit dieselben bekannt sind, von denen der oben beschriebenen Verbindung nicht sehr wesentlich abweichen, bereits vor einigen Jahren von Hrn. Aime Girard durch die Einwirkung des Wasserstoffs auf den Schwefelkohlenstoff er- halten, bis jetzt aber als Aldehydabkömmling nicht aufgefasst worden ist. Vergleichende Versuche müssen entscheiden, ob beide Körper identisch sind.“ In ganz ähnlichem Sinne hatte ich mich schon früher in einem am 30. September der „Royal Society“ in London vor- gelegten Aufsatze!) ausgesprochen. „Eine eingehendere Erforschung des Methylaldehyds und seiner Abkömmlinge,* so schliefst der Aufsatz, „bleibt noch auszuführen. Es ist absolut nothwendig, die Sauerstoffver- bindung zu isoliren und ihre Dampfdichte zu nehmen, damit auf diese Weise ihr Moleculargewicht festgestellt werde. Wenn man bedenkt, mit welcher Leichtigkeit sich die Aldehyde poly- merisiren, so wirft sich die Frage auf, ob der bei der lang- samen Verbrennung des Methylalkohols gebildete Aldehyd durch die Formel CH,O oder ein Multiplum dieser Formel ausge- drückt wird. Eine ähnliche Bemerkung gilt auch für den ge- schwefelten Abkömmling desselben. Es verdient erwähnt zu ‚werden, dafs eine mit dem Methylaldehyd isomere Verbindung, das Dioxymethylen C,H, O, des Hrn. Butlerow, bereits be- kannt ist, und dafs auch eine Schwefelverbindung von der Zu- sammensetzung CH,S von Hrn. Aime Girard dargestellt worden ist.“ Für die Wahrscheinlichkeit der Identität des bei der Oxy- dation. des Methylalkohols entsteheuden Körpers und der aus demselben abgeleiteten Schwefelverbindug beziehungsweise mit dem Dioxymethylen des Hrn. Butlerow und dem schwefel- haltigen Reductionsproduct des Hrn. Aime Girard hat sich auch später (28. Januar 1868) Hr. Geuther”?) ausgesprochen, dem meine schon früher in diesem Sinne gemachten Andeu- tungen unbekannt geblieben waren. 1) Hofmann, Proceedings of the R. Soc. Vol. XVI. S. 166. 2) Geuther, Zeitschrift für Chemie, N. F. IV, 159. 364 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Da die hier vorliegende Frage durch Versuche, die ich in den letzten Monaten angestellt habe, zu einem zeitweiligen Ab- schluls gekommen ist, so möchte ich einigen kurzen Bemer- kungen über diesen Gegenstand, die ich vor einiger Zeit der deutschen chemischen Gesellschaft!) vorgelegt habe, heute noch eine Erweiterung geben. Die ersten Versuche, den Methylaldehyd aus dem rohen Product abzuscheiden, welches sich beim Überleiten von Luft und Holzgeistdämpfen über eine glühende Platinspirale bildet, schlugen gänzlich fehl. Destillirt man dieses Product selbst bei sehr gelinder Temperatur, so hat man schliefslich einen Theil des Silbersalze reducirenden Körpers in dem Destillate, einen anderen Theil in dem Rückstande der Operation. Auf den Siedepunkt der Flüssigkeit (Wasser und Holzgeist) scheint die Gegenwart des in derselben aufgelösten Methylaldehyds ohne allen Einfluls zu sein. Zu einem etwas besseren Ergebnifs a man, als eine grölsere Menge des Rohproducts unter dem Recipienten der Luftpumpe über Schwefelsäure verdampft wurde. In diesem Falle blieb eine kleine Quantität einer gelblich weilsen, amor- phen Substanz zurück, deren Menge indessen gar nicht im Verhältnifs zu dem Volum und der Concentration der ange- wendeten Flüssigkeit stand. Diese Substanz zeigte im Wesentlichen die Eipenschan die Hr. Butlerow”’) dem Dioxymethylen beilegt. Namentlich erwies sich dieselbe, obwohl durch Verdampfen einer wässrig alkoholischen Lösung erhalten, dennoch in Wasser und Alkohol, ebenso in Äther unlöslich. Um mit Sicherheit zu entscheiden, ob hier derselbe Körper vorlag, welchen Hr. Butlerow unter den Händen gehabt hatte, wurde die durch Oxydation des Holz- geistes erhaltene Flüssigkeit mit Ammoniak versetzt und gleich- falls in vacuo abgedampft. Enthielt dieselbe Dioxymethylen, so mulfste die charakteristische unter dem Namen Hexame- thylenamin von Hrn. Butlerow°) beschriebene Verbindung 1!) Hofmann, Berichte 1868, S. 198. 2) Butlerow, Ann. Chem. Pharm., CXI, 242. 3) Butlerow, Ann. Chem. Pharm., CXV, 322. vom 19. April 1869. 365 _ erhalten werden. Beim Eindampfen verwandelt sich die Flüssig- keit allmälig in einen braunen Syrup, aus dem sich in der That nach längerem Stehen farblos durchsichtige, sehr gut aus- gebildete Rhomboäder von grofsem Glanze absetzen, welche alle Eigenschaften des Hexamethylenamins besitzen, wie sie Hr. Butlerow beschreibt: Löslichkeit in Wasser, geringere Löslichkeit in Alkohol, Unlöslichkeit in Äther, eigenthümlicher, wenig angenehmer Geruch nach Methylamin, Bildung eines krystallisirenden Chlorids und eines blafsgelben, schwach kry- stallinischen Platinsalzes. Durch die Güte des Hrn. Butlerow war ich in den Stand gesetzt, die so gebildete Base mit dem von ihm dargestellten Hexamethylenamin zu vergleichen. Um indessen jeden Zweifel zu verbannen, wurde das Platinsalz der Base analysirt. Die erhaltenen Platinprocente entsprechen der Formel 2(C,H,N,HCD,PtCl, welche den untersuchten Körper als das Platinsalz des Hexa- methylenamins charakterisirt.‘) Hr. Butlerow hat ein Chlorid von der Zusammensetzung C,H»N,, HCl analysirt. Nach diesem Ergebnils konnte die Identiät des aus dem Oxydationsproducte des Methylalkohols, schliefslich durch Ab- dampfen im starren Zustande erhaltenen Körpers mit dem Dioxy- methylen wohl nicht länger beanstandet werden. Ich kann gleichwohl noch einen weiteren Beweis für diese Identität an- führen. Behandelt man den Dioxymethylen mit Schwefelwasserstoff und Chlorwasserstoffsäure, gerade so wie ich früher die Methyl- aldehyd enthaltende Flüssigkeit behandelt hatte, so verwandelt sich dieser Körper in dieselbe schön krystallisirte schwefel- haltige Verbindung, die ich früher als den Sulfaldehyd der Methylreihe bezeichnet habe. 1) Das Hexamethylenamin bildet auch eine wohlkrystallisirte Ver- bindung mit salpetersaurem Silber, die sich beim Erwärmen schwärzt und versetzt. Die Silberprocente schwanken zwischen 38,16 und 40,75. 366 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Das zu dem Versuche angewendete Material war theil- weise nach dem von Hrn. Butlerow angegebenen Verfahren aus Jodmethylen, theilweise nach der von Hrn. Heintz!) auf- gefundenen Methode aus glycolsaurem Kalk dargestellt. Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unerwähnt lassen, dafs die Leichtigkeit, mit der man sich gröfsere Mengen Monochlor- essigsäure und mithin auch Glycolsäure verschafft, letztere Säure als ergiebigste Quelle für den in Rede stehenden Körper bezeichnet, obwohl die Ausbeute nur wenige Procente der an- gewendeten Glycolsäure beträgt. Für meine Versuche mit dem Dioxymethylen habe ich mich mit Vorliebe des von Heintz angegebenen Verfahrens bedient. Der aus dem Dioxymethylen dargestellte Schwefelkörper besitzt denselben Schmelzpunkt (216°) wie der aus dem Oxyda- tionsproducte des Methylalkohols entstandene. Derselbe Schmelz- punkt gehört auch dem von Hrn. Aime Girard?) durch die Einwirkung nascenten Wasserstoffs auf Schwefelkohlenstoff ge- wonnenen Körper, sowie auch der Verbindung an, welche von Hrn. Husemann°) durch Erhitzen von Jodmethylen mit Na- triumsulfid erhalten worden ist. Ich habe um diese Unter- suchung zu vervollständigen beide Körper dargestellt und kann mich mit Bestimmtheit für ihre Identität mit den aus dem Oxydationsproducte des Methylalkohols sowie aus dem Dioxy- methylen erzielten Schwefelverbindungen aussprechen. Dafs der Sulfaldehyd sich auch bei der Einwirkung von nascenten Wasserstoff auf die Senföle und selbst auf Schwefeleyankalium bildet, habe ich der Akademie bereits in einem früheren Auf- satze*) mitgetheilt. Dafs man einen Körper von den Eigenschaften des Dioxy- methylens, welcher bei 152° schmilzt und bei noch höherer Temperatur siedet, nicht als den normalen Methylaldehyd CH, O ansprechen kann, dafs auch die bei 216° schmelzende Schwe- felverbindung nicht durch die Formel CH,S ausgedrückt wird, 1) Heintz, Ann. Chem. Pharm. CXXXVIII, 40. 2) Aim& Girard, Ann. Chem. Pharm. C. 306. 3) Husemann, Ann. Chem. Pharm. CXXVI. 294, 4) Hofmann, Monatsberichte für 1868, S. 474. vom 19. April 1869. 367 _ liegt auf der Hand. Diese Substanzen sind offenbar polymere Methylaldehyde den in der Äthylreihe und anderen Reihen beobachteten Aldehyden von höherem Moleculargewicht ent- sprechend. Wenn wir aber das Dioxymethylen ohne Bedenken als einen polymeren Methylaldehyd gelten lassen, so folgt daraus nicht, dafs sich dasselbe direct bei der Oxydation des Methyl- alkohols bilde. Es sprechen ganz gewichtige Gründe dafür, dafs dieser polymere Methylaldehyd ein secundäres Product ist, entstanden aus dem Körper CH,O, dem Methylaldehyd par excellence, welcher beim Auftreffen von Luft und Holzgeist- dämpfen auf der glühenden Platinspirale erzeugt wird. Man erinnere sich, dafs dieses directe Product ein in Wasser und Alkohol vollkommen löslicher Körper ist, während sich das Dioxymethylen in diesen Flüssigkeiten vollkommen unlöslich zeigt. Es mag hier ferner erwähnt werden, dafs das Dioxymethylen einen nur äufserst schwachen Geruch besitzt, während die bei der Oxydation des Holsgeistes erhaltene Flüssigkeit einen penetranten Aldehydgeruch zeigt. Die Annahme, dafs das directe Oxydationsproduct des Holzgeistes der normale Methylaldehyd sei und dafs sich der- selbe erst später polymerisirte, um in Dioxymethylen überzu- gehen, findet eine Stütze in der Gasvolumgewichtsbestimmung des Dioxymethylens, welche ich gelegentlich einiger Bemer- kungen über „Dampfdichtebestimmungen in der Barometerleere* vor einiger Zeit der chemischen Gesellschaft kurz mitgetheilt habe.!) Für diesen Körper hatte Hr. Butlerow in einer nach dem Gay-Lussac’schen Verfahren ausgeführten Bestimmung das Gasvolumgewicht 29,8 gefunden und darauf hin die Formel C,H, 0, aufgestellt, welche das theoretische Gasvolumgewicht 30 ver- langt. Es ist dieses in der That die einzige experimentale Grundlage für das angenommene Moleculargewicht des frag- lichen Körpers und die Auffassung desselben als Dioxymethylen, Bei einer erneuten Bestimmung des Gasvolumgewichtes bin ich zu einem wesentlich verschiedenem Ergebnisse gelangt, 1) Hofmann, Berichte 1868. S. 201, 368 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse insofern drei Gasvolumgewichtsbestimmungen des bisher mit dem Namen Dioxymethylen bezeichneten Körpers, die Zahlen 15,37 14,94 14,69 geliefert haben, welche unzweideutig darauf hinweisen, dafs die Moleculargröfse desselben nur halb so grofs ist, als sie sich aus dem Butlerow’schen Versuche ergeben hat, dafs also dem Körper im Gaszustande die Formel CH,O zukommt, welche das Gasvolumgewicht 15 verlangt und den normalen Aldehyd der Methylreihe darstellt. Das Product, mit welchem die angeführten Versuche an- gestellt worden sind, war aus Glycolsäure bereitet worden, und es war also um einen letzten etwa noch vorhandenen Zweifel zu beseitigen, nur noch nöthig, die Gasvolumgewichtsbestim- mung auch noch mit dem aus Jodmethylen dargestellten Körper zu wiederholen. Dieser Versuch ist seitdem vom Hrn. But- lerow!) selbst ausgeführt worden. Durch die abweichenden Resultate, welche ich erhalten hatte, veranlafst, hat derselbe die Dampfdichte des von ihm dargestellten Körpers von Neuem genommen und ich habe das Vergnügen gehabt die von mir gefundene Zahl durch die Versuche eines so geschickten Ex- perimentators bestätigt zu sehen. Auch Hr. Butlerow be- zweifelt jetzt nicht, dafs der in Rede stehende Körper im gas- förmigen Zustande den Normalaldehyd des Methylalkohols darstellt. - Da sich nun die Oxydation des Methylalkohols in dem von mir zuerst beschriebenen Versuche, nämlich beim Zusam- mentreffen von Luft und Holzgeistdämpfen auf glühender Pla- tinspirale im gasförmigen Zustande vollendet, so war ich, indem ich den gebildeten Körper als den normalen Methyl- aldehyd auffafste, von der Wahrheit doch nicht ganz so weit entfernt, als einige Chemiker anzunehmen geneigt gewesen sind. Dafs wir den Methylaldehyd, jenachdem wir ihn in starrer ‘oder gasförmiger Form betrachten, ganz abgesehen von den ungleichen Aggregatzuständen, in zwei wesentlich von einander verschiedenen Molecularzuständen vor uns haben, dürfte nach 1) Butlerow, Zeitschrift für Chemie. N. F. IV, 90, vom 19. April 1869. 369 den gegebenen Erläuternngen nicht bezweifelt werden. Übrigens ist ja die Gruppe der Aldehyde vor allen übrigen Körperklassen durch die Vorliebe ausgezeichnet, mit der sich ihre Glieder in verschiedenen Molecularverdichtungen bewegen, und es kann daher nur der etwas plötzlich mit dem Aggregatszustandswechsel durch die Wärme bewirkte Übergang aus einer Molecularver- fassung in die andere auf den ersten Blick überraschen. Allein dieser Übergang erfolgt gar nicht so rasch, als man versucht sein könnte zu glauben. Es sei mir gestattet, hier noch eine Beobachtung anzu- führen, welche ich bei den Volumgewichtsbestimmungen mehr- fach Gelegenheit hatte zu machen. Wenn man die Dampf- dichte eines Körpers in der Barometerleere genommen hat, so kehrt das Niveau der Quecksilbersäule in der Regel, sobald der Apparat erkaltet ist, also im Laufe von 1 bis 14 Stunden, wieder zu dem Punkte zurück, den es vor dem Versuche ein- genommen hatte. Als die Dampfdichte des Methylaldehyds bestimmt wurde, stand das Quecksilber nach 10—12 Stunden noch immer sehr viel niedriger und selbst nach zweimal 24 Stunden war der ursprüngliche Punkt noch nicht wieder er- reicht worden, ein unverkennbarer Beweis, dafs der Aldehyd nur langsam und allmälig von dem normalen in den poly- molecularen Zustand übergeht. Was ist nun aber eigentlich die Moleculargröfse des Me- thylaldehyds im starren Zustande? Hierüber lassen sich vor der Hand nur Vermuthungen aussprechen. Wahrscheinlich ist der starre Methylaldehyd die trimoleculare Modification des normalen. Hierfür sprechen einige Versuche mit dem aus dem- selben gebildeten Schwefelkörper. Der Sulfaldehyd bildet charakteristische ea mit Silbernitrat und mit Platinchlorid. Silbernitrat, der alkoholischen Lösung des Schwefelkörpers zugesetzt, erzeugt schon in der Kälte einen weilsen krystalli- nischen Niederschlag. Wenige Versuche waren hinreichend, den- selben als ein Gemenge zweier Silberverbindungen zu cha- rakterisiren, von denen sich jede leicht im reinen Zustande ‘darstellen läfst. Hat man einen grofsen Überschufs von Silber- nitrat zur Fällung verwendet, und nachträglich noch den ent- [1869.] 26 370 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse standenen Niederschlag aus einer siedenden Lösung von Silber- nitrat umkrystallisirt, so schiefst die gebildete Verbindung in feinen Nadeln an, welche bei der Analyse die Zusammen- setzung CH,S, AgNO, zeigen. Ist dagegen der direct erhaltene Niederschlag aus reinem Wasser umkrystallisirt worden, so erhält man denselben in schön irisirenden Blättehen, welche die Zusammensetzung 3(CH,S), AgNO, besitzen. Es ist daher wohl re dafs der Sulfaldehyd C,H,S; enthält, und dafs die beiden erwähnten Silberverbindungen durch die Formeln C,H,;,S; 3AgNO, und C,‚,H,S, AgNO, dargestellt werden. Hierfür spricht auch die Zusammensetzung des Platin- salzes. Versetzt man eine alkoholische Lösung des Schwefel- körpers mit Platinchlorid in der Kälte; so bleibt die Lösung klar, aber nach etwa vierundzwanzig Stunden hat sich ein gelblicher Niederschlag gehildet, der sich unter dem Mikroskop als ein Aggregat feiner Nadeln erweist. Durch Kochen der mit Platinchlorid versetzten Lösung des Schwefelkörpers wird dieser Niederschlag alsbald gebildet. Kohlenstoff- und Platin- bestimmung zeigen, dafs dieses Platinsalz nach der Formel 20H: S;,; PoeH zusammengesetzt ist. Wird man nach diesen Versuchen kaum anstehen, für den ern Methylmetaldehyd die Formel GERIS, gelten zu lassen, so erlangt hie die Formel C,H,O; für die starre Modification des Methylmetaldehyds selber einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. | Dem Aldehyd der Methylreihe, welcher Gegenstand dieser Bemerkungen gewesen ist, und bei dessen Untersuchung mir die Herren A. Pinner und G. Krämer werthvolle Hülfe ge- leistet haben, gehen einige Eigenschaften ab, die man an den vom 19. April 1869. 371 Aldehyden anderer Reihen zu beobachten gewohnt ist. Eine Verbindung: von Methylaldehyd mit Ammoniak, analog dem ge- wöhnlichen Aldehyd-Ammoniak, ist bis jetzt nicht erhalten worden, ebenso wenig eine Verbindung mit den primären Sul- fiten des Kaliums und Natriums. Auch die dem Thialdin analoge Base habe ich mich vergeblich bemüht darzustellen. Sollte aber das Fehlschlagen dieser Versuche nicht einfach dem Umstande zuzuschreiben sein, dafs man es eigentlich fast immer mit dem polymolecularen Condensationsproducte und nicht mit dem Methylaldehyd selber zu thun hat, und dafs die condensirten Aldehyde auch in anderen Reihen nur wenig oder keine Neigung zeigen, die gedachten Abkömmlinge zu liefern? Schliefslich mag hier noch auf die Thatsache hingewiesen werden, dafs die stickstoffhaltige Base, welche durch die Ein- wirkung des Ammoniaks unter Wasserausscheidung aus dem starren Methylaldehyd entsteht, durch die Einwirkung von Säuren unter Aufnahme der Elemente des Wassers wieder in Ammoniak und Methylaldehyd übergeführt wird. Es ist dies eine Eigenschaft der durch Ammoniak aus den Aldehyden ge- bildeten Körper. Jedermann weils, wie leicht sich das aus dem Benzaldehyd gebildete Hydrobenzamid durch Säuren wieder in Ammoniak und Bittermandelöl zurückverwandeln läfst. Auch die von Hrn. Heintz beobachtete Entstehung des Methylaldehyds aus Glyeolsäure ist eigentlich nur die Wieder- holung einer längst bekannten Aldehydbildung, weils man ja doch, dafs die Milchsäure unter Kohlenoxydentwicklung in den Aldehyd par excellence übergeht C,H,0,=C0+H,0+0,H,0 Milchsäure Äthylaldehyd GH,90;,=C0C0+H,0-+.CH,0. Glyeolsäure . Methylaldehyd Bei dem Zutreffen so vieler und so verschiedener Ana- logieen, wird man wohl einem Gase, dem Analyse und Volum- gewichtsbestimmung unzweifelhaft die Formel CH, O zuerkennen, einem Gase, welches sich durch Oxydation des Methylalkohols bildet und durch weitere Oxydation in Amei- sensäure übergeht, welches den charakteristischen Geruch der 26* 372 Gesammtsitzung Aldehyde besitzt und Silbersalze mit noch gröfserer Leichtig- keit und Sicherheit reduecirt als der Äthylaldehyd, einem solehen Gase wird man seine Ansprüche auf Rang und Titel eines Normalaldehyds der Methylreihe nicht länger bestreiten wollen, selbst wenn es nicht gelingen sollte, die zugehörige Verbin- dung mit einem primären Akalisulfit oder das Thialdin der Reihe darzustellen. Ist es doch bisher Niemand eingefallen, die Homologie der Ameisensäure mit der Essigsäure zu be- zweifeln, obwohl man weder das Ameisensäure-Anhydrid, noch die Thioameisensäure darzustellen im Stande gewesen ist. 22. Aprl. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Reichert las vergleichende anatomische Untersuchun- sen über Zoobotryon pellucidus Ehr. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: J. de Witte, Recherches sur les empereurs qui ont regne dans les Gaules. Paris 1868. 4. F Günther, Die indische Cholera im Bezirk Zwickau. Leipzig 1869. 4. Delesse, Etude sur le metarmophisme des roches. Paris 1869. 8. — Revue de geologie. VI. Paris 1869. 8. Numismatie Chronicle. no. 31. London 1869. 8. Giornale di scienze naturali ed economiche. IV, 4A. Palermo 1868. 4. vom 29. April 1869. 373 29. April. | Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Ehrenberg machte Mittheilung über mächtige . Gebirgsschichten, vorherrschend aus mikrosko- pischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko. In meiner im Jahre 1854 erschienenen Mikrogeologie hatte ich pag. 373 auf eine Reihe von wahrscheinlich biolithischen Mineralien des mexikanischen Gebietes aufmerksam gemacht, welche aus den fernen Zeiten der Eroberung durch die Spanier und besonders durch den kenninifsreichen Arzt und Chef des Medicinalwesens Hernandez verzeichnet worden sind. Diese von mir an Herrn Prof. Del Castillo abschriftlich übersandten Nachrichten haben den erfreulichen Einfluss gehabt, dafs das zu verwerthende mir übersandte Material, den biolithischen Be- ziehungen gemäfs, zur Beachtung gekommen ist. Ich möchte zwei Umstände besonders hervorheben, auf welche hauptsächlich meine Aufmerksamkeit dabei verwendet worden ist. Einer derselben betrifft die mehrfachen, unter der Stadt Mexiko, wie unter einem Theile der Stadt Berlin, aber noch weit umfangreicher dort liegenden Schichten jener früher von mir als „Tisar“ analysirten schneeweilsen Lager von so- genannten Infusorien oder polygastrischen Kieselschalen, welche bis zu 240 Fuss Tiefe in sehr verschiedenen Mischungsver- hältnissen und Besonderheiten der Formen zur Anschauung ge- kommen sind. Der andere Gesichtspunkt bezieht sich auf eine sogenannte Braunkohle, welche daselbst als Brennmaterial be- nutzt wird und sich bei meiner Analyse als ein reich gemischtes Lager von bituminösen Süfswasser-Spongolithen mit verhält- nifsmäfsig wenig eingestreuten Polygastern mit thoniger Grund- lage zu erkennen gegeben hat. Diese Braunkohle brennt mit heller Flamme und die zurückgelassene weilse oder weilsgraue Asche, welche mithin ohne Eisengehalt ist, besteht ihrem or- ganischen Gehalte nach aus den eben genannten biolithischen Süfswassergebilden. Sie erläutert auf eine sehr anschauliche Weise die Phytolitharien-Tufe des Tuluca-Thales als Ablage- rungen eines Wasserbeckens und entfernt die Vorstellung, dafs es der Moya ähnliche Auswurfsstoffe gewesen sein mögen. 374 Gesammtsützung Der Vortrag, welcher in den Abhandlungen der Akademie mit Abbildungen zum Druck gelangt, schliefst mit folgenden a Der Boden der Stadt Mexiko und ihrer Umgebung zeigt bis zur Tiefe von 240 Fuss und in meilenweiter Ausdehnung, wie in weit geringerem Maalsstabe der der Stadt Berlin, mäch- tige Lager einer grauen oder schneeweilsen Infusorienerde, welche durch dünne Thonschichten in zwei bis drei Stockwerke getheilt sind und mehrere Fuls, anscheinend zuweilen bis 33 Fuls Mächtigkeit haben und nicht blos der Farbe nach, sondern auch allen einzelnen Bestandtheilen nach, jener seit 1840 analysirten Tiza-Erde zum Theil ganz gleichen. 2. Die oft reinen Ablagerungen dieser feinen organischen Elemente bis 240 Fuss widerstreiten der Vorstellung, dafs das grosse Becken der Hochebene von Mexiko durch tumultuarische Einflüsse allmälig mit Erde und Schlamm angefüllt sei. 3. Da die Seeen des Hochthales von Mexiko salzig sind, so ist das Resultat der Untersuchungen, nach dem die 146 mikroskopisch organischen Formen, welche jene Infusorien- Lager zusammensetzen und Sülswasser-Bildungen sind, in einem auffallenden Widerspruch mit dem Salzgehalt der Seeen. 4.. Aus mehrfachen Gründen scheint sich demnach heraus- zustellen, dafs die bis zum massigen Porphyrgestein reichenden Infusorien- Schichten Ablagerungen aus einer Erdperiode sind, wo jene Seeen des Hochthales nur Süfswasser enthielten, während ihr Salzgehält erst nach der Ablagerung jener Schichten durch vulkanische Verhältnisse vermittelt worden sein mag. 5. Die Sülswasser- Phytolitharien- Tufe, 2000 Fufs höher als Mexiko gelegen, im Toluca-Thale, erscheinen als eben solche reine, in abgestuften Kesselthälern entstandene Sülswasser- Bildungen einer früheren Zeit. 6. Die direkte Vergleichung des jetzigen mikroskopischen Oberflächenlebens der mexikanischen Hochländer zeigt wesent- liche Verschiedenheiten von jenen mächtigen fossilen Bänken unter der Stadt Mexiko und in den höher gelegenen Hochthälern. 7. Die fossilen Lebensformen an den genannten Orten enthalten, neben vielen auf der ganzen Erde weit VERTERNEIAEN eine grofse Zahl ganz lokaler Gestaltungen. vom 29. April 1869. 375 8. Nicht dieselben, aber ‘auffallend ähnliche lokale Ge- staltungen sind ebenfalls im fossilen Verhältnifs in Neu-Seeland erkannt worden. | 9,.. Unter ‘den mexikanischen fossilen Bänken haben sich Campylodiscus Olypeus überwiegend führende Schichten gezeigt, wie nur in Böhmen ein derartiges Lager sich früher vorgefunden hat und am Serapis-Tempel bei Puzzuoli ein grösserer Reich- thum solcher Art zu Tage getreten ist. | 10. Es giebt auf der Molukken-Insel Borneo ein formen- reiches mikroskopisches Leben, welches ebenfalls reich an charakteristischen Lokalformen ist. | 11. Die Massen-Verhältnisse des mikroskopischen En als tief reichende, weit verbreitete und in sehr verschiedenen Höhen bis zu 8000 Fuss Erhebung über das Meeres-Niveau sich wiederholende Gebirgsarten von oft reinen kieselschaligen Elementen stellen die organischen unsichtbaren Kieselgebilde in immer nähere Parallele mit‘ den. polythalamischen Kalk- gebilden der Kreide und zeigen einen mächtig wachsenden Ein- fluss des unsichtbaren wenlimeianiien Lebens auf das Feste der Erde, | ‘12. Es ist unzweifelhaft, dass die unermesslichen Massen des unsichtbar kleinen selbstständigen Lebens, welche in Form zierlicher Kieselschalen weit ausgedehnte und mächtige Gebirgs- massen bilden, nicht ohne Gesellschaft mit anderen ehemals wie, jetzt‘: gelebt haben. Es ist mithin bei diesen Formen- Mengen und unsichtbarem Massenleben noch ein gleiehzeitiges anderes immer zu denken, welches, weil es öfter weich und schalenlos war, spurlos vergangen ist, das aber durch weitere Beobachtung des jetzigen, sowohl thierischen als pflanzlichen, Oberflächenlebens daselbst in’Gewässern und Sümpfen. einiger- maalsen ergänzt werden wird. 15. Wenn es auffällig ist, dafs viele der in den Tabellen aufgezählten Formen ganz dieselben sind, welche in der Mi- krogeologie als über die ganze Erdoberfläche weit verbreitete bereits angezeigt sind, so mag dies keine Gleichgültigkeit gegen diese hervorrufen, vielmehr bemerkbar machen, dass ein sehr gleichartiges unsichtbares Leben in allen Zonen und in ver- schiedenen Tiefen der Erde eine mächtige noch. unerschöpfte 376 Gesammtsitzung Wirkung äussert, wobei stets hervortritt, dafs auch eigenthüm- liche Lokalformen ganz besonderer Gestaltung vorhanden sind. 14. Es ist bei diesen Untersuchungen von Neuem nöthig geworden, den Bacillarien als Thieren und den Spongiaceen als Pflanzen eine systematische Stellung zu geben. — Weit entfernt, der weiteren Nachforschung vorzugreifen, bleibt dieses Feld den Freunden und Kräften immer tieferer genetischer Nach- forschung vorbehalten. Die leitenden Ansichten bei den hier vorgetragenen Darstellungen beziehen sich darauf, dafs die vielen bereits unläugbar dargestellten Eigenschaften der Schwärm- sporen und Befruchtungs- Verhältnisse durch bewegliche Sper- matozoidien bei den Pflanzen, der Wimper- und Wellen-Be- wegung der weichen Substanz der Spongien kein allzugrolses Gewicht für ihren Charakter als Thiere geben. Es ist dies vielmehr nur eine mit dem Thierorganismus übereinstimmende Eigenschaft der Pflanzen, deren es viele giebt, während die eigentlichen Thier-Charaktere fehlen, wie ich in den Monatsber. 1867, pag. 848 auseinanderzusetzen mich schon veranlasst sah. Es bleiben freilich Olosterinen und Desmidiaceen meiner völligen Entscheidung unzugänglich, allein auch Andere sind der noch fehlenden Entwicklungs-Beobachtungen halber zur Aburtheilung wohl noch unberechtigt. 15. Was die geologische Stellung der hier analysirten organisch gebildeten Gebirgsmassen anlangt, so läfst sich wohl dieselbe dadurch begrenzen, dafs sie unmittelbar über dem massigen Porphyr und unter der, Mastodonten-Knochen ent- haltenden, durch 25 Thon- und Mergel-Schichten schon von Humboldt charakterisirten neuesten Bedeckung liegen. 16. Unzweifelhaft ergiebt sich aus den ganzen Mittheilungen, dafs der Wunsch gerechtfertigt ist, dafs einheimische Natur- forscher in Mexiko fortfahren und dazu in den Stand gesetzt werden mögen, dem so auffallend massenhaften Wirken des mikroskopischen organischen Lebens daselbst eine immer inten- sivere Aufmerksamkeit zuzuwenden. | 17. Wichtiger als das geologische Element, welches bei diesen Untersuchungen in den Vordergrund tritt, will mir end- lich immer das physiologische Element der Lebenswirkung er- scheinen. Ungern möchte ich den Boden der einfachen, müh- vom 29. April 1869. 377 sam zu häufenden Thatsachen verlassen und Combinationen nachgehen, welche das Mögliche dem wirklich Erreichten vor- ziehen. Nicht die Kleinheit allein, auch die Durchsichtigkeit setzen den physiologischen Forschungen zeitgemäfse Grenzen, aber die Zeiten und ihre Kräfte haben sich schon oft erfahrungs- mälsig geändert. Das Kleine hat sich durch künstliche Hülfe vergröfsern und das der Durchsichtigkeit halber scheinbar Ein- fache oft als ein noch sehr Zusammengesetztes wahrnehmbar machen lassen. So wie mit diesen Untersuchungen die Aus- breitung des unsichtbaren kleinsten Lebens und sein Einflufs für die neuere Zeit durch Herrn Castillo ansehnlich gewachsen ist, so ist es auch neuerlich für die ältere Zeit unerwartet ge- fördert worden und es stellt sich immer von Neuem heraus, dafs da, wo man an der Begrenzung der organischen Zusammen- setzung baut, sich die Weiterverlegung der Grenzen vorbereitet, welche die Vorstellung des Parasitismus oder der secundären Stellung des organischen Lebens wissenschaftlich zu befestigen und abzuschliefsen nicht erlaubt. Hr. Weber gab einige Nachträge zu seiner in dem Januar- heft der Monatsberichte (p. 14 ff.) enthaltenen Abhandlung über eine „Episode aus dem Jaimini-Bhärata.* Hrn. Dr. Reinhold Köhler in Weimar verdanke ich zu- nächst folgende Mittheilung, welche einige weitere occidentali- sche Parallelen dazu beibringt. „Eine altfranzösche Erzählung (Li contes du roi Con- stant l’empereur, in den Nouvelles frangaises en prose du XIlIe. siecle, publiees d’apres les manuscrits par L. Moland et ©. d’Hericault, Paris 1856, S. 3—32) erzählt: | Muselin, ein heidnischer ') Kaiser von Byzanz und Griechen- 1) S. 4: paiiens estoit. S. 12: l’enpereres estoit sarasins.. Bekannt- lich werden im Mittelalter auch die Muhamedaner Heiden genannt. S. 6 schwört der Kaiser bei Mahoames und Tiervagans. Ist der Name Muselin aus Moslim etwa zu erklären? 378 ‚Gesammtsitzung land’), ging eines Nachts mit einem Ritter in der Stadt Byzanz umher. Da hörten sie, wie in einem Haus eine _ christliche Frau in Kindesnöthen lag und ihr Mann auf einem Söller des Hauses bald zu Gott betete, er möge seine Frau entbinden, bald wieder, er möge sie nicht entbinden. Sie hörten lange zu und gingen dann zu dem Mann, und der Kaiser fragte ihn, warum er bald so, bald so gebetet habe. Der Mann erwiderte, er verstebe sich auf den Lauf der Sterne und Planeten und habe je nach dem wechselnden, für das Kind bald günstigen, bald ungünstigen Stand der Gestirne zu Gott gebetet. Gott habe sein Gebet erhört, das Kind sei zu guter Stunde zur Welt gekommen und werde einst die vor acht Tagen geborene Tochter des Kaisers heiraten und Nachfolger des Kaisers wer- den. Der Ritter muls noch in derselben Nacht das Kind stehlen. Der Kaiser läfst dem Kinde den Bauch vom Magen bis zum Nabel aufschneiden und will ihm das Herz aus dem Leibe reilsen, unterläfst letzteres jedoch auf Bitten des Ritters, der nun das Kind im Meer ertränken soll, es aber vor einem Mönchs- kloster aussetzt. Die Mönche, welche grade die Mette sangen, hörten das Kind weinen und trugen es zum Abt, der die Wunde des Kindes durch Wundärzte für 24 “besans ?) heilen und es Constant taufen liefs, weil seine Heilung so viel gekostet hatte ?). Constant wurde im Kloster sorgfältig auferzogen*) und wuchs zu 1). S. 3: emperes de Bisanche, ki ore est apielee Constantinoble. S. 19: li empereres de Busance et sires de Grese. S. 24: empereres de Grese et de Bisanche. 2) s. Ducange u. byzantius, Roquefort u. besan, mhd. Wb. u. bisant. 3) S. 11: et li mist & non Coustant pour cou k’il sanbloit k’il cou- stoit trop au garir. $.16: et li mist non Coustant pour cou k’il cousta tant d’avoir & garir. Coustant ist die picardische Form für Constant. (Die Erzählung ist im picardischen Dialekt geschrieben.) #4) Als er sieben Jahre alt war, kam er in die Schule (p. 12): ‘quand il ot vu ans, si le fist maitre li abes & l’escole (quand il avait vu ans, l’abbe le fit mettre a l’ecole). Also ganz wie Candrahäsa. Auch in der Erzählung der Gesta Romanorum, Graesse II, 202, kommt das Kind mit sieben Jahren in die Schule. — Nun auf diesen Umstand ist wohl aber, als in der Natur der Sache liegend, gerade kein besonderes Gewicht zu legen. vom 29. April 1869. 379 einem sehr schönen Knaben heran. Als er 15 Jahre alt war, hatte der‘ Abt in Angelegenheiten seines Klosters eine Unter- redung mit dem Kaiser Muselin. Der Kaiser sah bei dieser Gelegenheit im Gefolge des Abtes auch Constant, der ihm wegen seiner Schönheit auffiel, und befragte den Abt. Der Abt erzählte ihm, wie Constant vor 15 Jahren vor dem Kloster aufgefunden worden sei. Natürlich bezweifelte hiernach der Kaiser nicht, dafs Constant jenes ihm zum Schwiegersohn be- stimmte Kind sei, und bat deshalb den Abt, ihm den schönen Jüngling zu überlassen. Abt und Mönche wagten die Bitte nicht abzuschlagen, und so ward Constant dem Kaiser über- geben. Nun geschah es, dafs der Kaiser an der 12 Tagereisen von Byzanz entfernten Grenze seines Reiches zu thun hatte. Er nahm Constant mit und schickte ihn von dort mit einem Brief an den Kastellan von Byzanz zurück. In dem Brief wurde dem Castellan befohlen, so lieb ihm sein eignes Leben sei, den Ueberbringer sofort tödten zu lassen. Constant kam grade während der Essenszeit in Byzanz an, stieg daher, da er erst: nach dem Essen dem Kastellan sich vorzustellen dachte, im Schlofsgarten ab, legte sich unter einen Baum und schlief ein. Während dessen kam die Kaiserstochter nach Tische mit ‚den Gespielinnen in den Garten. Die Prinzessin bemerkte den schlafenden Constant und zeigte ihn der vertrautesten der Ge- spielinnen, nachdem sie die beiden andern weggeschickt hatte. | Die Prinzessin gewahrte auch, dafs er einen Brief bei sich habe, nahm denselben und las ihn. Da ihr Constant aufser- ordentlich gefiel, so eilte sie ins Schlofs und schrieb auf ein mit dem kaiserlichen Siegel versehenes leeres Pergamentblatt, deren ihr der Kaiser vor seiner Abreise mehrere zurückgelassen hatte, einen andern Brief an den Castellan mit dem Befehl, dem Ueberbringer alsbald die Prinzessin zu vermählen. Nach- dem sie diesen Brief an die Stelle des andern in die Briefbüchse des noch immer schlafenden Constant gesteckt hatten, fingen die Prinzessin und ihre Gefährtin zu singen an, so dafs Con- stant endlich erwachte. Die Prinzessin führte ihn selbst zum Castellan, der Brief ward gelesen, sein Inhalt den Baronen des Reichs mitgetheilt und hierauf die Hochzeit gehalten. Der Kaiser fügte sich bei seiner Rückkehr in das Geschehene. Nach 380 Gesammtsitzung seinem Tode ward Constant sein Nachfolger, und Constants Gemahlin und das ganze Reich bekehrten sich nun zum Christen- thum. Byzanz erhielt nach Constant den Namen Constantinopel. Sein Sohn und Nachfolger hiefs Constantin. Diese französische Novelle steht der indischen Erzählung näher, als die Sage vom Kaiser Heinrich, insofern die Kaiser- tochter dem schlafenden Constant den Brief wegnimmt und mit einem andern vertauscht, gerade so wie in der indischen Er- zählung Vishayd dem schlafenden Candrahäsa den Brief weg- nimmt und zwar nicht vertauscht, wol aber ihn abändert. Es giebt nun auch eine hierher gehörige italienische Dichtung, welche der französischen Novelle sehr nahe steht, im Punkt der Briefvertauschung aber eigenthümlich gewendet ist, jedoch so, dafs sie immerhin auch in diesem Punkt der fran- zösischen und somit auch der indischen Erzählung näher steht, als die Sage vom Kaiser Heinrich. Es ist dies die italienische Volksdichtung ‘La Historia di Florindo e Chiarastella’, welche, wenn nicht schon früher, sicher seit der Mitte des 16. Jahr- hunderts vielfach als Volksbuch gedruckt worden ist (s. G. Pas- sano I Novellieri italiani in verso, Bologna 1868, p. 57 ff.) und mir in einem Bologneser Druck aus dem Anfang dieses Jahrhunderts vorliegt. Gulisse, König von Spanien — so er- zählt das Gedicht — trifft auf einer Reise nach Rom in der Nähe Roms eines Nachts einen Landmann, der den Himmel betrachtet. Auf die Frage des Königs erwidert der Landmann, er sei ein Astrolog und habe jetzt das Geschick seines eben geborenen Sohnes in den Sternen gelesen, und zwar sei diesem Sohn bestimmt, einst Nachfolger des ihn fragenden Königs zu werden. Der König stellt sich darüber erfreut und bittet, den Knaben ihm zu überlassen, damit er ihn seiner Bestimmung gemäfls erziehe. Der Sterndeuter erwidert, er wisse zwar wol, dafs der König den Knaben nur verlangt, um ihn zu tödten, ‚aber trotzdem wolle er ihm denselben übergeben, denn was die Sterne verkündet, werde doch geschehen. So erhielt der König das Kind, welches er bald darauf im Wald in einen Graben warf, nachdem er es vorher mit einem Messer am Hals verwun- det hatte. Ein römischer Baron Fosco fand auf der Jagd das verwundete Knäblein, liefs durch einen Arzt die Wunde heilen vom 29. April 1869. 381 und nahm es an Kindesstelle an. Zum Jüngling herangewachsen, erfuhr Florindo, dafs er ein Findelkind sei, und beschlofs, zum grofsen Leidwesen seiner Pflegeältern, in die Welt zu ziehen, um seinen Vater zu suchen. So kommt er nach Saragossa, wo sich die schöne Prinzessin Chiarastella, die Tochter des Königs Gulisse, in ihn verliebt und ihn zu ihrem campione und scudiere macht. Bald aber kommt ein Abgesandter des Königs Gabrino von Portugall, des Bruders des Gulisse, und ladet die Prinzessin zu einem grolsen Fest in Portugall ein. Die Prin- zessin muls der Einladung folgen, Florindo aber beim König Gulisse zurückbleiben. Er ist über die Trennung von Chia- rastella sehr betrübt und seine Betrübnifs fällt dem König so auf, dals er ihn nach der Ursache derselben fragt. Florindo, der den wahren Grund nicht gestehen will, erwidert, er sei darüber betrübt, dafs er seinen Vater bisher vergeblich gesucht habe, und erzählt dem König, wie er als Findelkind aufge- funden worden sei. Natürlich ist der König sofort überzeugt, den Sohn jenes sternkundigen Bauern vor sich zu haben. Er schreibt alsbald einen Brief an seinen Bruder Gabrino, worin er diesen bittet, den Ueberbringer des Briefes tödten zu lassen, und übergibt dem Florindo diesen Brief. Florindo langt richtig in Portugall an, als er aber den Brief abgeben will, schläft der König grade. Indem Florindo nun indessen im Garten um- herwandelt, trifft er auf die Prinzessin Chiarastella, die über seine Ankunft freudig überrascht ist. Trotz seinem Wider- streben öffnet sie den Brief und liest ihn. Rasch eilt sie in ihr Zimmer und schreibt einen andern Brief, worin Gabrino aufgefordert wird, ein grofses Turnier zu veranstalten und dem Sieger — hoffentlich werde dies der Ueberbringer des Briefes sein — die Chiarastella zu vermählen. Diesen Brief übergibt Flerindo dem König Gabrino, das Turnier findet statt und Flo- rindo wird als Sieger mit Chiarastella vermählt. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten trifft ein Bote aus Spanien mit der Nachricht von dem plötzlichen Tode des Königs Guliss® ein. So wird Florindo fast gleichzeitig. Gemahl der Chiarastella und Naehfolger ihres Vaters. In der indischen, der französischen und der italienischen Erzählung ist es also die nachherige Gattin des Helden, welche 382 Gesammtsitzung die Vertauschung oder Aenderung des verhängnilsvollen Briefes vornimmt — in der italienischen Erzählung mit der Abweichung; dafs dies nicht während des Schlafes des Helden geschieht —, in der Sage vom Kaiser Heinrich ') und in verschiedenen Volks- märchen, deren einige 8. 28, Anm. 4 angeführt sind, ist es irgend eine andere Person, die den Brief verändert, die spätere Gattin ist daran unbetheiligt. Endlich noch eine Form, bei welcher zudem, wie im In- dischen, beide Stoffe, der vom Schicksal bestimmte Schwieger- sohn und „Wer andern eine Grube gräbt“, verbunden sind, frei- lich in ziemlich absonderlicher Weise. Sie findet sich bei v. Hahn Griechische und albanesische Märchen Nr.20 erzählt wie folgt: „Einem alten Kaufmann wird geweissagt, der jüngste Sohn eines gewissen armen Mannes werde sein Vermögen vergeuden. Der Kaufmann läfst sich von dem armen Mann das Kind ab- treten und wirft es in einen Flufs. Das Kind wird aber ans Ufer getrieben und von einem Schäfer gefunden und auferzogen. Als der Knabe 15 Jahre alt ist, kehrt jener Kaufmann einmal bei dem Schäfer ein, bemerkt den schönen Knaben und erfährt von dem Schäfer, dafs und wie der Knabe vor 15 Jahren von ihm gefunden worden. Der Kaufmann bittet nun den Schäfer, durch den. Knaben einen Brief an seine Frau schicken zu dürfen. In dem Brief steht, die Frau solle den Knaben auf jede Weise umzubringen suchen. Als der Knabe mit dem Brief unterwegs ist, begegnet ihm ein heiliger Mann, läfst sich den Brief geben und vertauscht ihn mit einem andern. In’ Folge dieses ver- tauschten Briefes fand der Kaufmann bei seiner Heimkehr den Knaben als Gattin seiner einzigen Tochter. Da schrieb er einen Brief an seinen Weinbergswächter, er solle denjenigen erschielsen, welcher um die und die Zeit in den Weinberg käme, und sagte zu seinem Schwiegersohn, er solle um diese Zeit Trauben aus dem Weinberg holen. Der Schwiegersohn machte sich sofort 1) Wilhelm Hertz in seinem anmuthigen Gedicht‘Heinrich von Schwa- ben, Stuttgart 1868, läfst freilich die Kaiserstochter den Brief vertau- schen; er ist aber zu dieser Abweichung ohne Zweifel durch die fran- zösische Novelle, die ihm, -wie ich von ihm selbst weils, bekannt war, veranlalst worden, 5 vom 29. April 1869. 383 auf den Weg, kam also vor der bestimmten Zeit, pflückte seine Trauben und kehrte auf einem Umweg zurück. Inzwischen ging der Kaufmann zum Weinberg, um zu sehen, ob sein Be- fehl vollzogen worden, wie er aber eintrat, ward er vom Wächter erschossen. So erbte der Knabe das Vermögen seines Schwieger- vaters und brachte es in einiger Zeit richtig durch.“ Sodann bin ich unserm Collegen Hrn. Schott für den Hinweis auf eine finnische und auf eine arabische Form der Erzählung verpflichtet. Beide theilen mit der von v. Hahn mitgetheilten Form zunächst zwei Züge, 1) nämlich den Zug, dafs in ihnen ganz wie im Indischen beide Stoffe, die Brief- vertauschung nebst der dadurch bedingten Gewinnung eines uner- wünschten Schwiegersohnes sowohl wie die Bethätigung des Sprüchwortes von der Grube, vereinigt sind, und 2) den andern, dafs die Geschichte in ihnen von einem Kaufmann, nicht von einem Fürsten oder Majordomus, erzählt wird. Und zwar ist letzterer Umstand wohl charakteristisch für die Herkunft, resp. Weiterverbreitungsart, der betreffenden Erzählungen, die, danach zu schliefsen, eben wohl durch reisende Kaufleute in der Welt umhergetragen worden sind. Auch im Übrigen zeigen diese drei Berichte mehrfach 'noch ganz besonders nahe Beziehungen zu einander. Die finnische Erzählung findet sich in der 2ten Liefe- rung der von Salmelainen unter dem Titel: Suomen kansan satuja ja tarinoita herausgegebenen finnischen Märchen (Helsing- fors 1854 p. 127 ff.) und ist von Schott in Erman’s Archiv für wiss. Kunde von Rufsland 16, 236—47 (Berl. 1857) über- setzt worden. Die Bestrafung des alten reichen Kaufmanns (Fuehspelzhändlers) findet hier dadurch statt, dafs er an der Stelle einer Alten „sein Sanzes übriges Leben hindurch ein ge- plagter Fährmann sein mufs“, während der Schwiegersohn, den er mit einem Auftrag in schwere Gefahr gesandt, dieselbe glücklich besteht, heil heimkehrt, und das Gut des Schwieger- vaters erbt, das er übrigens nicht, wie oben bei v. Hahn, ver- geudet, sondern tüchtig verwaltet. Das Eigenthümliche dieser finnischen Relation besteht in ihrer Verbindung mit dem Mär- chen: von den verschiedenen Fragen, welche an ein (hier weib- 384 Gesammtsilzung liches) Ungeheuer zu richten sind, und hat bereits auch der finnische Herausgeber selbst auf die hergehörigen Parallelen bei Grimm, Asbjörnsen & Moe (vom reichen Peter Krämer) etc. s. oben p. 28 n. 4, hingewiesen: er gedenkt dabei u. A. auch eines ungarischen Märchens gleichen Inhalts (Magyarische Sa- gen von Joh. Graf Mailath, Stuttgart 1857, I, 172—183 „die Brüder“). Die arabische Erzählung findet sich in dem zweiten Theile der aus Galland’s Nachlafs, obschon erst lange nach seinem Tode (Paris 1798, Galland } 17/2. 1717) herausgege- benen: ‘Nouvelle suite de mille et une nuits, contes arabes II, 172—183 unter dem Titel „ceruautes de Mohallek“. Ein reicher Kaufmann Namens Mohallek setzt den ihm von seiner Sklavin geborenen Sohn aus Furcht vor der Eifersucht seiner Frau, der er sein Vermögen verdankt und stete Treue geschwo- ren hat, in der Wüste aus; das Kind wird durch einen Hirten aufgefunden und aufgezogen, bei welchem es der Vater vier Jahre darauf vorfindet und aus der Erzählung des Hirten als ‚sein eignes erkennt. Er kauft den Knaben in seiner Angst vor möglicher Entdeckung durch seine Frau dem Hirten ab und wirft ihn ins Meer, wo ihn ein Fischer auffängt und unter dem Namen Kebal erzieht. Nach 11 Jahren aber kommt Mohallek zufällig auch zu diesem Fischer, wird durch die Schönheit des 15jährigen Jünglings aufmerksam, erkennt ihn abermals an der Erzählung des Fischers, und kauft ihn auch diesem wieder ab. Die erwachende Vaterliebe hält ihn nun drei Jahre hindurch, während deren der Sohn ihm treu auf seinen Reisen dient, da- von ab, gegen dessen Leben etwas zu unternehmen. Endlich aber siegt doch wieder die Furcht vor der Frau und er sendet ihn nun mit einem Briefe heim, in welchem er den Ueber- bringer zu tödten befiehlt. Seine Tochter Melahie indefs, die diesen Brief in Empfang nimmt und liest, substituirt, von Ke- bal’s Schönheit zur Liebe entflammt, einen andern, an ihre Mutter gerichteten, des Inhalts eben, dafs dieselbe dem Ueber- bringer Alles anvertrauen und überdem die Tochter vermählen solle. Als Mohallek nun bei seiner Heimkehr sieht, was sich : ereignet, macht er zunächst gute Miene zum bösen Spiel, beauf- tragt aber nach einigen Tagen seinen Diener, einen Feind, der vom 29. April 1869. 385 zu einer bestimmten Stunde der Nacht nach einem bestimmten Orte im Hause kommen werde, sofort zu erdolchen. Kebal wird indefs, als er Mohallek’s Auftrag zufolge sich gerade da- hin begeben will, von seiner immer noch von Besorgnils er- füllten Frau zurückgehalten, und Mohallek wird im Dunkel der Nacht selbst ein Opfer seiner Anordnungen, nach deren Aus- führung zu sehen er sich aufgemacht hat. Auf sein Geschrei eilt Alles herbei, die Mörder werden ergriffen und mit dem zu Tode Verwundeten vor den König gebracht, dem derselbe nun- mehr, zu deren Rettung, den ganzen Sachverhalt mittheilt. Einige Tage nachher stirbt er an den erhaltenen Wunden, während Kebal, dem seine Geburt ein Geheimnifs blieb, mit seiner Gattin nunmehr auch in den Besitz der Reichthümer des Vaters ge- langte. In dieser Darstellung ist zunächst die so völlig verschiedene Motivirung der Nachstellungen des schliefslich selbst in die Grube Fallenden bemerkenswerth; er handelt nur aus Feigheit und Schuldgefühl, aus elender Furcht vor seiner von ihm be- trogenen Frau. In allen den übrigen Relationen dagegen (auch in der finnischen) ist es eine Prophezeihung, die als Motiv dient, und ein Hauptzweck der ganzen Geschichte ist eben der, zu zeigen, dafs gegen die Bestimmungen des Schicksals, wie sie von klugen, darauf sich verstehenden Leuten aus den Sternen etc. gelesen würden, Niemand aufzukommen im Stande sei. Bei dem hohen Gewicht, welches auch die Araber auf die Astrologie legen, ist daher jene, hiervon abstrahirende selbstän- dige Wendung höchst auffällig. Um so weniger kann es aber wohl bezweifelt werden, dafs die specielle Übereinstimmung, die sie trotz dessen im Übrigen mit der indischen Relation zeigt, eben auf direkten Beziehungen beruht. Diese Übereinstimmung aber zeigt sich eines Theils eben in der schon berührten Ver- ‚werthung derselben beiden Stoffe und ihrer Verschmelzung zu einer Erzählung, und andern Theils darin, dafs es auch hier das dem unschuldig Verfolgten schliefslich zur Gemahlin wer- dende Mädchen selbst es ist, welche die Veränderung des Briefes hervorruft. Und wenn sie dies nun auch nicht, wie im Jaimini-Bhärata, und oben in der französischen Novelle, durch Umtausch des Briefes während des Schlafes des Boten, [1869.] 27 386 Gesammtsitzung auch nicht wie in der italienischen durch Änderung des Briefes wider dessen Willen, vielmehr ganz ohne sein Wissen thut, so ist doch klar, worauf Köhler oben bei der pikardischen Re- lation mit Recht hinweist, dafs in diesem Umstande allein be- reits eine weit nähere Zusammengehörigkeit dieser Relationen zur indischen Sage, resp, zu einander bedingt wird, als dies bei der Sage von Kaiser Heinrich in der Relation Gottfrieds v. Viterbo etc. der Fall ist, wo die Änderung des Briefes durch eine beliebige andere Person geschieht. Und hierin ruht denn auch das Interesse und die Bedeutsamkeit dieser Berichte für die Entscheidung der Frage nach der Geschichte der Erzählung überhaupt. Wie weit auch ihre vorliegende Abfassung nach der Zeit Gottfrieds von Viterbo liegen mag, so erscheinen sie dennoch ihm gegenüber, auf Grund dieser ihrer directen Be- ziehungen zur Relation des Jaimini-Bhärata als älter und ur- sprünglicher. Wägen wir sie ferner gegenseitig ihrem Werthe nach ab, so steht zunächst die arabische Kaufmanns-Geschichte durch ihre gleiche Verwerthung der beiden auch im Jaimini- Bhärata verschmolzenen Stoffe dem indischen Original zwar näher als die pikardische Relation, andrerseits indessen doch auch wieder hinter ihr mehrfach zurück, theils nämlich dadurch, dafs sie die Scenerie des Ganzen aus dem fürstlichem Leben in das Leben eines Kaufmanns verlegt hat, ferner dadurch, dafs sie die Vertauschung des verhängnifsvollen Briefes durch das junge Mädchen nicht während des Schlafes des demselben vom Schicksal bestimmten Bräutigams ‘vor sich gehen lälst, endlich aber, wie schon oben bemerkt, dadurch, dafs in ihr die Macht des Schicksals nur äufserlich, nicht durch das Motiv der Prophezeihung gefestigt, zur Geltung kommt. Die aibane- sisch-finnisch-norwegischenKaufmanns-Relationen sodann stehen zu der arabischen Erzählung in einem näheren, wohl eben durch Handelsreisende vermittelten Bezuge, wogegen die italieni- sche Darstellung sich der pikardischen näher anschliefst, wo- bei sie freilich daneben durch den plötzlichen Tod des nachstellen- den Königs Gulisse auch einen Anflug trägt, der an den zwei- ten im Jaimini-Bhärata, wie in der arabischen ete. Kaufmanns- Relation mit herangezogenen Stoff (von der Grube) leise er- innert. Die pikardische Novelle hat nichts der Art, weist da- vom 29. April 1869. 387 gegen durch den Namen des Muselin, den Köhler wohl mit Recht auf Moslim bezieht, wie durch die Localität (Byzanz), direkt auf den Orient als ihre Quelle hin. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: H. R. Göppert, Über Inschriften und Zeichen in lebenden Bäumen. Breslau 1869. 8. Fr. J. Lauth, Die geschichtlichen Ergebnisse der Aegyptologie. Mün- chen 1869. 4. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins zu Bremen. 2. Bd. 1. Heft. Bremen 1869. 8. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1869. Jan. — März. Wien 1869. 8. Abhandlungen der math.-phys. Olasse der k. Bayrischen Akademie der Wissenschaften. 2. Bd. 2. Abth. München 1868. 4. Abhandlungen dsr philos.-philolog. Classe der k. Bayrischen Akademie der Wissenschaften. 1. Bd. 3. Abth. München 1868. 4. Publications de la section historique de Institut. I. Luxembourg 1868. 4. Memoires de la societe des sciences physiques de Bordeaux. Vol. VL 1. Paris 1869. 8. Bulletin de la societe des naturalistes. XLI, no. 3. Moscou 1868. 8. Memoires de l’academie royale de Belgique. Vol. 37. Brux. 1869. 4. Bulletin. Vol. 25. 26. Bruxelles 1868. 8. Collection des Chroniques belges inedites. (Cartulaire de Cambron, par Smet.) Bruxelles 1869. 4. Table chronologique des Chartes et Diplömes imprimes. Tome II. ib. 1868. 4. Biographie nationale. Tome II. ib. 1868. 3. Quetelet, Physique sociale. Tome 1. Bruxelles 1869. 8. E. Mailly, Essai sur les institutions scientifiques de la Grande Bre- tagne. Bruxelles 1867. 8. — L’Espagne scientifique. Bruxelles 1868. 8. del Rio, La Triseccion del Angulo, Lima 1869. 8. Nebst Begleit- schreiben des hiesigen Peruanischen Consulats vom 27. April 1869. Ängström, Le spectre solaire. Upsala 1868. 4. Druckfehler -Berichtigung. S. 275 Z. 12 lies: m ’ 3 EB \ ZIATEwW vulabev ' WTwg yaa MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Maı 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Trendelenburg. 3. Mai. Sitzung der philosophisch-histo- | rischen Klasse. Hr. Haupt las über die Erklärung der Lustspiele des Aristophanes. | 13. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rudorff las über die Reform der Grundsteuer _ unter Dioecletian. » Die syrische Überlieferung der weltlichen Gesetze Con- stantin’s, Theodosius und Leo’s, einer oströmischen Rechts- sammlung des fünften Jahrhunderts (Monaisbericht 1866 No- vember 29), enthält: über die Vermessung und Bonitirung in den östlichen Provinzen des römischen Reichs, namentlich in Syrien folgende neue Aufschlüsse. Das östliche Reich wurde zur Zeit Diocletian’s neu vermessen und das Iugum festgestellt. Das Flächenmals war der römische Actus, für den jedoch die provinzielle Bezeichnung Plethron und das provinzielle Ruthen- mals von zehn philetärischen statt zehn römischen Fulsen bei- behalten ist, so dafs er ein Geviertes von zehn zehnfülsigen philetärischen = zehn zwölffüfsigen römischen = zwölf zehn- fülsigen römischen Ruthen in der Länge und Breite darstellt. Die Bonitirung erfolgte nach fünf Klassen: 1) Weinberge, [1869.] 28 390 Gesammtsitzung 2) Ölberge erster und zweiter Ertragsfähigkeit, 3) Ackerland erster Güte, 4) Ackerland zweiter Klasse, 5) Gebirgsland, d.h. Ackerland dritter Klasse, Weitzen- oder Gerstenboden, und Weideland. Auf Grund dieser Abtheilung wurde der Kataster in der Weise angelegt, dafs auf das Joch 5 Iugera Weinland, 20 Ackerland erster Klasse, 40 zweiter, 60 dritter Klasse ge- rechnet wurden. In den Ölbergen entschied jedoch nicht der Flächengehalt,; sondern die Zahl der Stöcke, in der zweiten Kategorie sollten 450 auf das Joch kommen, in der ersten wird daher die Hälfte als genügend anzusehen und die über- lieferte Zahl 220 in 225 zu bessern sein. Als Urheber aller dieser Reformen wird wie bemerkt Diocletian bezeichnet. (Artikel 121). Diese merkwürdigen Überlieferungen werfen auf die Ge- schichte der Grundsteuer ein ganz neues und unerwartetes Licht. Die damalige Reform betraf allerdings das ganze Reich und ersetzte das veraltete Ausbeutungsystem der Provinzen durch ein wenigstens nominell staatsbürgerliches Steuersystem, die capitatio. Allein die Ausgleichung erfolgte nicht überall in gleicher Weise. Die iuga beschränken sich auf den Orient, in Africa kommen Centurien von 200, in Italien millenae von 1000 iugera als Steuerstufen vor. (Noy. 128 e.1). Die La- tifundien gestatteten hier gröfsere Complexe, die alten lici- nischen Maximalsätze eines caput, beizubehalten und die Boni- tirung ganz fallen zu lassen. Das Land war nicht nur reicher, sondern zum Theil senatorisches Besitzthum, zum Theil in Plantagen bewirthschaftet. Die vermeinte Entdeckung Walters und Anderer, der zufolge das iugum eine ideale Einheit von 1000 solidi darstellen sollte, nach welcher die Steuer, gleich dem Servianischen Bürgertribut vom ganzen Vermögen erhoben worden wäre, fällt hiernach gänzlich zusammen. In der ein- zigen, späten und nur auf Italien bezüglichen Stelle, auf welche sie sich gründete, der Novelle Majorians tit. 7 de curialibus $. 16 vom Jahr 458 (Haenel p. 322) ‘'binos per iugum vel millenos solidos remunerationibus deputatos compelli debere praecepimus’ ist für millenos millenam zu lesen, weil ohne dieses zu binos deputatos das Subject fehlen würde. vom 13. Mai 1869. 391 Hr. Mommsen las über ein in Cles im Nonsthal (Tirol) gefundenes Decret des Kaiser Claudius vom J. 46. B — Hr. W. Peters las Bemerkungen über neue oder weniger bekannte Flederthiere, besonders des Pari- ser Museums. Die Osterferien während des Aprilmonats d. J. habe ich zu einer Reise nach Paris verwandt, um die berühmten reichen Sammlungen des Jardin des plantes zu untersuchen. In Bezug auf die Säugethiere und Vögel wurde mir mit der gröfsten Li- beralität und Gastlichkeit Alles von unserem Mitgliede Herrn H. Milne-Edwards zur Disposition gestellt und hatte ich mich da- bei der besonderen Unterstützung des bereits rühmlich bekannten Hrn. A. Milne- Edwards zu erfreuen, während Hr. A. Du- m&ril mir mit der ihm eigenen Liebenswürdigkeit hinsichtlich der Untersuchung der Amphibien und Fische entgegenkam. Bei der nur kurz zugemessenen Zeit habe ich vieles ununtersucht lassen müssen, nur die Flederthiere, mit deren Monographie ‚ich seit Jahren beschäftigt bin, habe ich vollständig durchgehen können, was besonders wegen der dort befindlichen typischen Exemplare, welche den Publicationen von Geoffroy St. Hi- laire, Fr. Cuvier, Gervais, H. de Saussure u. A. zu Grunde liegen und die z. Th. noch nicht den neueren An- forderungen entsprechend untersucht worden sind, von Wichtig- keit war. Ich erlaube mir daher hierüber einige meine früheren Mittheilungen über diesen Gegenstand ergänzende Zusätze vor- zulegen. 1. Pteropus insularis HombronetJaquinot. Pt. insularis Hombr. Jaqu., Voy. Pol Sud, pl.5. Die beiden getrockneten Originalexemplare, von den Cä- rolineninseln, welche sich in dem Pariser Museum befinden, schliefsen sich"zwar durch die Behaarung, Form der Ohren, Schädel- und Zahnbildung zunächst dem Pt. Keraudrenüi Quoy et Gaimard, welchen wir durch Herrn Godeffroy ebenfalls auch von den Carolinen besitzen, an, unterscheiden sich aber 28* 392 Gesammtsitzung durch viel geringere Gröfse und die, allerdings bei den Fleder- hunden als Unterscheidungsmerkmal wenig zuverlässige, Fär- bung. Rücken schwarzbraun, Kopf und Hinterbauch heller braun, die Kopffarbe durch einen Nackenstreifen mit der Rückenfarbe verbunden. Hals vorn und an den Seiten rostroth; vor der Brust ein länglich ovaler gelber Fleck. Malse eines ausgewachsenen Männchens: Meter Totellänge ungefähr. .. . „©. .„.'.. „00. 02 a Kopf unnelahr . ...d4, „ .... '.. U2cR u EEE Olirhöhe . .... Tun nn RAN RT Rn oe SE Obrbreite ‚DWaisinu ux Balnuig 20h, BINTONE BSE BEE Vorderarn®.. n..0000 0. Yes 0. „2 So L.1.F. Mh. 0,0085. 1 Gl. 0,094; 2:Gl. 0011" 2.7. en N Eu 1.2.F., - 0,084, = 70.018597. -. 0,0005 3 Gl. Go Dee L.3.F. - 0,055 - 0,0495 - 0,0605 Kpl. 0,015 DER. °- "0008; - "0,085. -” 0,045 1:0.P. - 0,00%. - . 0,0335 -. 0.053 Unterschenkel . . : ee nn Be Fufs mit Kralle, nach er Kinn ne Brunn 11a Be SPOTH@. 20. ee ee Et Distanz der akt een 7 0,0092 2. Pteropusphaeops Temminck, Monogr.. Mammal.1.p.178 (exel. II. p.65. Pt. melanopogon) = Pteropus Edwardsii Geoffroye.p. In dem Pariser Museum befinden sich mehrere Exemplare dieser Art, welche unzweifelhaft aus Madagascar stammen. Eins dieser Exemplare habe ich direct mit den Temminck- schen Originalexemplaren, als deren Fundort anfangs Madagas- car, später (ohne Zweifel unrichtig) Macassar auf Celebes an- gegeben wurde, vergleichen und identificiren können. Es sind ‚dieses aber nur grölsere Exemplare von derselben Art, welche ich als Pt. Edwardsii (Monatsber.1867.p.325) bezeichnet hatte. 3. Pteropus molossinus Temminck. Ein weibliches Exemplar dieser bisher nur nach dem Tem- minckschen Originalexemplar bekannten Art, leider ebenfalls ohne Angabe des Fundorts, befindet sich in dem Pariser Museum. | vom 13. Mai 1869. 393 4. Pteropus condorensis n. Sp. Schliefst sich im Bau des Schädels, des Jochbeins und des Gebisses zunächst an Pt. edulis und Edwardsii an, ist aber merklich kleiner und hat verhältnifsmäflsig kürzere, breitere und mehr abgerundete Ohren und der hinterste obere Backzahn liegt fast ganz hinter der Wurzel des Oberkieferjochfortsatzes. Der Rücken ist schwarzbraun und grau gemengt. Die Haare des Kopfes und Halses sind rostfarbig mit schwarzer Spitze, die Brust- und Bauchhaare sind an der Basis schwarz, in der Mitte rothgelb und an der Spitze rostroth, mit Ausnahme der Bauchseiten, deren Haare an der Spitze schwarz sind. Malse eines ausgewachsenen Männchens: Meter else umestähr “2. ee ne er ee ONELTTED U .2. 0.0 3 o Bl. Schnauze ungefähr BARS. EEE RR DER 002 a RE ER OR er an ee A ee at en Vorderarm BU a ne WO, 0,135 L.1.F. Mh. 0,012; 1 Gl. 0,033; 2 Gl. 0,016 . 3 0,060 L.2.F. - 090685 - 00145 - 0,0105 3 Gl; 0,006 Bu Re = 0.0985 =. ..00675 ° =: 05103 L.4.F. - 00915 - 00555 = 0,058 L.5.F. - v1; - 08045 - 0,044 ee ee Te Den I 08082 Be Rrummime nach : .... 4... 00 en re ui ei ee EN Von dieser Art, welche aus Pulo Condore herstammt, besitzt das Pariser Museum mehrere Exemplare und das voll- ständige Skelet. 9. Pteropus luberculatus n. sp. Im Schädel und Gebifs am nächsten mit Pt. Mackloti, ce- lebensis und jubatus verwandt, zeichnet diese Art sich dadurch aus, dafs im Verhältnifs die Schneidezähne und der erste falsche untere Backzahn viel gröfser sind, der erste falsche obere Back- zahn nicht hinfällig, der hinterste obere Backzahn viel kleiner, der vorletzte Backzahn merklich schmäler ist und der zweite 394 Gesammtsitzung und dritte obere Backzahn noch einen hinteren äufseren Höcker mehr haben. Die Ohren sind auffallend kürzer als bei jenen Arten und aufsen an der Grundhälfte behaart. Die Behaarung ist ähnlich wie bei Pt. Mackloti und ver- deckt in der Analgegend die Schenkelflughaut vollständig. Rostbraun, Oberkopf und Schnauzenende blafs ockergelb, Rückenhaare mit helleren Spitzen. Mafse eines ausgewachsenen Weibchens: N Meter, Totalange ungeähr . . '. 2. Wr. Kopf ungelaht 0. 2 SO VE EEE Schnauze “o.w E Ohrhöhe . . 19a, NORDEN BO RE Obrbreite,: .. ...2.2.0 2. wu, 2,8 alien Vorderarm . ee ee el, re = Is:d4;F. Mh..o,011; 1.61.0035; 2 Gl. 0,012 , 7 daten Bere - 00585, .-.0 00145 . -. 0,0085 3 Gl. 0,005 . .17.0,084 LR,F. 1.8:F. - 0,0805 _ - 00645 . - 0,103 L.4.F. - 00805 - 00535 - 0,056 DibaE.. >=. 00,0885. , - 0,0395 . -, 0,042 Unterschenkel '* #10: ABTEI era a rs Fufs.nach der ‚Krümmung, .--.. zum.» =.) - Tan ee Sporn, 2... ure Tell ie. => > ee Das einzige mir bekannte Exemplar dieser Art von un- bekannter Herkunft befindet sich im Pariser Museum. 6. Cynonycteris Grandidieri n. sp. Wegen ihrer geringen Gröfse und der Kürze der Schnauze scheint diese Art auf den ersten Anblick eher ein Cynopterus zu sein, während die Zahl der Backzähne, °, sie mit den Cynonycteris vereinigt. Die beiden hintersten Backzähne sind aber, bei dem einzigen, nach dem abgebrauchten Gebifs sehr alten Exemplar, ungewöhnlich klein. Die Augen liegen den Ohren ein wenig näher als der Schnauzenspitze, von welcher sie kaum um ihren doppelten Durchmesser entfernt sind. Die ovalen Ohren sind merklich länger als die Schnauze und bedecken, nach vorn gelegt, fast ganz die Augen. r Die Behaarung des Rückens und Halses ist viel länger vom 13. Mai 1869. 395 als die des Bauches. Auf dem Unterschenkel zeigen sich nur einige feine zerstreute Härchen, wie bei (©. collaris. Die Saugwarzen sind so sehr entwickelt, dafs man das Thier für ein Weibchen halten würde, wenn nicht die Ruthe und die wohl entwickelten, aber in der Bauchhöhle liegenden Hoden den Beweis lieferten, dafs es ein Männchen ist. Der Schwanz liegt mit seinem freien Ende noch unter der Schenkelflughaut. Die Rückseite und der Hals sind verwaschen ockergelb, während Brust und Bauch eine blassere ins olivengrünliche übergehende Färbung zeigen. Meter a ech eenelsrtitennensclserch aha ae ER lerne. era To ee en age ne Fe ne Ohrhöhe . . RE | et Be BE en a a et Vorderer ioreind BE ar OT een ish re ae ee le ne re ee ae eu a ne Bi‘ re a a en ren 040335 Unterarm . . Sr a en TORTE L.1.F. Mh. 0,0075; „1 &. 0,01155 2 Gl. BSD a ie ne ee 0.04: -. 000 =: 0400355 3 GI..0,0037 . 0,038 DER 0.035855 - - _ 0,02655: - - 0,040 BER, E06 - 0,0805: - 0,022 BE, 00.0385; ,.,- 001825 - ,.0,019 ee een he Kanten a OT Bee. 0. te el arten „050228 Beeren . ..,.. io 4mha.eLote ee. 0020 Pros... . i SR N N Re NE Ca0n ekelfinshaut | in de Mitte ne: ei: Das beschriebene Exemplar gehört dem Pal Museum und ist im Jahre 1864 von Hrn. Grandidier, dem bekannten Reisenden und Erforscher Madagascars, in Zanzibar entdeckt worden, dem zu Ehren ich diese Art benannt habe. 7» Cynopterus marginatus Geoffroy—= P. Diardii, Duvauce- lü et brevicaudatus G eoffroy. Nach den Original- Exemplaren des Pariser Museums muls ich die vorstehenden Arten für identisch halten, indem auch 396 Gesammtsitzung ©. brevicaudatus nur nach jüngeren Exemplaren derselben Art aufgestellt ist. Dagegen ist die unter dem letztern Namen von mir aufgeführte Art oder Varietät (Monatsber. 1868. p. ve als Cynopt. brachyotus Müller zu bezeichnen. 8. Nycteris hispida Schreber. Von dem Originalexemplar dieser Art (Buffon.X. Taf. XX. fig. 1—2) ist nur der Schädel noch vorhanden, dessen Verhält- nisse aber ergeben, dafs sie nicht, wie ich vermuthet hatte, mit der von mir beschriebenen N. villosa identisch sein kann. Meter Länge des Unterkiefers . . . N © Länge der Stirngrube mit der mitderen Spitze SR 0,0115 Breite derselben unmittelbar hinter dem Postorbitalfortäät 0,008 Länge der oberen Zahnreihe ohne die Schneidezähne . 0,0073 Bänse der unteren -Zahnreike » „* ..." „u "Pr EEE Distänz der oberen‘ Eekzahnspitzen :. ?. . .".r, Wil: Distanz der untern Eekzahnspitzen . . 2.2... 0,0035 9. Vampyrus auricularis Saussure, Mammiferes du Me- zique p. 75 = Mimon Bennettü Gray. 10. Phyllostoma elongatum Geoffroy. Das Originalexemplar in Weingeist zeigt eine vollkommene Uebereinstimmung in Bezug auf das Gebifs mit der von Hrn. Gervais gegebenen Abbildung (Chiropteres. Castelnau. Voy. Am. Sud. pl. 10. Fig.5), so wie mit der von mir gegebenen Be- schreibung. 11. Tylostoma bidens Gervaisl.c. p.49 — V. bidens Spix hat nicht 2—2, sondern $—? Backzähne und kann daher nicht in die von ihm aufgestellte Gattung Tylostoma gehören, sondern gehört, wie ich schon früher gezeigt habe, zu Lophostoma. 12. Tylostoma erenulatum Geoffroy. Das einzige bisher bekannte Exemplar dieser merkwürdigen Art befindet sich in Weingeist und in ziemlich schlechtem Zu- stande. Es hat 2—2 Backzähne. 13. Schizostoma hirsutum n. sp. Oben braun, unten weilsgrau, die Haare mit brauger Basis. Ohren von Kopflänge, Mittelhandglied des Daumens auf der Rückseite behaart und so lang wie die beiden Phalangen zu- sammen. Vorderarm oben wie unten fast bis zur Mitte be- vom 13. Mai 1869. 397 haart. Erstes und zweites Glied des dritten Fingers gleich lang. Das erste Glied des vierten und fünften Fingers von gleicher Länge. Zerstreute Härchen bis zu den Zehen herab und bis zur Schwanzspitze. Flughaut bis zur Mitte des Mittelfulses angewachsen. Sporn so lang wie der ganze Fulfs. Meter en Eeaeilanı) arummians -teohanneniis srl « Err05075 Kopie Hai ul: horise Gshsulasısr Idyia Aalbumd.0ä Höhe des E Wiieitzes Dee Selle HeoTehTeikt Bo Länge des Nasenbesatzes . ..... 20.200 82 200050055 Ohrhöhe . . toy Wrsna -arlolew Ahlen ah nahen Ainzs Vorderer and als bat -adarslsadl BR W rk un old Bean SU ee Es are ee een ee nen eg in ante Bere ee ho lan Yes ennsosh inh Sera Bee Enterasmt 4..,'% (|. reed San L.1.F, Mh. 0,006; 1G1. 0,0045 2 GL Baron oh dh Bee: - 0,055. - 0,034 re 507 90175 3 cı. 0,0095 u, 0,004 L.4.F. - 00355 - 00145 - 0,0105 1Kpl. 0,0025 L.5.F. - 003955 - 90145 =. 001055 = 0,0025 ee anolanno ie wiwerlsinh sion Bells Bersehenkele } u 104% en an ar elaeulT are r0;gi Fufs . . 0% 0,0115 SDOLE > wlcwiin- Ye. Bis il 9,0508 Distanz der en Ei aannlire ireren 20211042) SAN 0033 Dürch die Behaarung des Vorderarmes mit Sch. minutum über- einstimmend, durch die bis zum Mittelfuls herabsteigende Flug- haut sich dem Sch. megalotis mehr annähernd, mit beiden durch die gleich langen beiden ersten Phalangen des Mittelfingers über- einstimmend und dadurch von Sch. Behnii verschieden, unterschei- det sie sich zugleich von beiden durch die ansehnlichere Gröfse. Ein ausgewachsenes Männchen im Pariser Museum ohne Fundort. 14. Glossonycteris lasiopyga Peters, Monatsb.1868.p.365. Durch Untersuchung mehrerer Exemplare habe ich mich überzeugen können, dafs der Jochbogen dieser Gattung wirklich 398 Gesammtsitzung fehlt. Bemerkenswerth ist auch, dafs sich an einem Exemplar ein kleiner unterer Lückenzahn zwischen dem 1. und 2. fand, so dafs die Zahl der Backzähne bei dieser Gattung oben 6, unten 7 jederseits ist. 15. Anura Wiedii Peters. Dals die @Glossophaga ecaudata Geoffroys von seiner Gl. caudifer nicht verschieden sei, darüber habe ich mich be- reits im vorigen Jahre (Monatsbericht. 1868 p. 364) ausgesprochen. Dagegen habe ich mich überzeugt, dafs es in Brasilien noch eine andere Art gibt, welche zuerst von dem Prinzen Maxi- milian zu Wied beschrieben und abgebildet worden ist und welche er für identisch mit @I. ecaudata Geoffroy hielt, die wirklich keinen äufseren Schwanzanhang hat. Der Prinz zu Wied hat bereits einige Unterschiede seiner Art, namentlich die stärkere Behaarung der Beine und Schenkelflughaut, so wie die gröfsere Länge der Tibia bemerkt. Er schob die Abweichun- gen der Geoffroyschen Abbildung indessen auf die Schuld des Zeichners. Die Wiedsche Art ist gröfser und stimmt äufserlich wegen der stärkeren Behaarung der Schenkelflughaut und der Beine mehr mit Glossonycteris lasiopyga überein, während der Zahn- und Schädelbau ganz ähnlich wie bei Lonchoglossa caudifera ist. Die Wagnersche Beschreibung (Säugethiere.1855.p. 620) scheint sich auf diese Wiedsche Art zu beziehen, während die von ihm im Wiener Museum als @Il. ecaudata bestimmten Exemplare zu @!. caudifer Geoffroy gehören. Wenn man daher auch für die Wiedsche Art den von Gray für dieselbe und für die mit ihr confundirte GI. caudifer aufgestellten Gattungsnamen beibe- halten könnte, so kann der Artname „@Geoffroyi* doch nicht er- halten werden und schlage ich daher vor, die Art nach ihrem ersten Beschreiber Wiedii zu nennen. ') Meter Botallänge tailarnaca ab drrnd aobind ao ıoiolguz Tas Kopf musst. wall sul. uslounädl aamaadıs VORAB Ohrhöhe' „er... is;ue au. je a ul eg u ı 0 0 EEE 1) Hr. Professor Reinhardt theilt mir mit, dafs diese Art auch von ihm in Brasilien gefunden sei. vom 13. Mai 1869. 399 Tasderer Oman 1: ray. ii „intel rad OR 05009 Deere a eloiam ar molar ni bed een 0083 ee a sed nn ot. Se tr ER ke oa olrars Ati 2079 7 Unterarm N ne Er Bar Mh. 00045 °1 Gl. 0,0035; .2 Gl. 0,0025, . + 000, =. 77 08009 D.2.8. 2,0843; ı- 0 - RE N. E00 L.3.F. - 0,8975 - 0,01275 - 0,0205 3G1.0,0115; Kpl.0,0036 L.4.F. - 0,0375 - 0,0085 - 0,0135 Kpl. 0,001 LE 3m = 70,03225° .- - 0,00855 - 0,0125 - = 0,0015 En a a 2.5 ee, ee RT SEE SH Fufs een N ee oa Sporn en mit len saw He EN 20000 PReskellushaut ın der Mitte . . - . . -. 0,2 .0.,, 050025 Diese Malse sind von einem ausgewachsenen Männchen des Pariser Museums genommen worden, welches von Hrn. Gaudichaud im Jahre 1833 bei Rio Janeiro gefangen wurde. 16. Histiops undatus nov. gen. Artibeus undatus(Blainville) Gervais,l.c.p.35 pl.IX.Fig. 3. (Gebifs.) Nur der Schädel dieser ausgezeichneten Art ist noch vor- handen, während nach einer gütigen Mittheilung des Hrn. Ger- vais das Thier längst verloren gegangen ist. Gebifls und Schädel dieser Art beweisen, dafs dieselbe der Gattung Phyllops am nächsten zu stellen ist, aber der Schädelbau weicht, namentlich durch die tiefe Concavität der Vorderstirn zwischen den Supra- orbitalleisten so auffallend von allen anderen bisher bekannten Stenodermengattungen ab, dafs sie in eine besondere Gattung zu stellen ist, für welche ich den Namen Histiops vorzuschlagen mir erlaube. 17. Stenoderma rufum Geoffroy. Nach dem getrockneten ziemlich schlecht conservirten Ori- ginalexemplare und der Zeichnung des nicht mehr vorhandenen Schädels habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dafs diese Art zu der von mir aufgestellten Gattung Vampyrops gehört, welche daher dem ältern Namen Stenoderma weichen mufs. Es leidet keinen Zweifel, dafs das Exemplar wirklich fünf Backzähne 400 Gesammtsitzung hatte, von denen der letzte sehr kleine aber aller Wahrschein- lichkeit nach bei der Präparation sowohl oben wie unten verloren gegangen ist. Von dem Vorderarm und dem Unterschenkel ist nur ein Rudiment zurückgelassen. EMFE.Mh. 0,0045 1-61: 0,0075% 2 G1.0,004 ". 7... Ep L.2.F. - 0,855 - 0,006 N ee MN a 0,041 L.3.F. - 0025 - 00135 - 0,02355 3 Gl. 0,015; Kpl. 0,004 L.4.F. - 0045 - 0,0135 - 0,0155 Kpl. 0,003 L.5.8. - 0089 1A ae 2 sofa Buls 0... 0 ee REN nie Ve Beben.“ » 4. Wetım helm. een aa nal ODE N a N ee EEE Kan Lande ee Schenkelflughaut in der Mitte, . : .....” „2... un. 7 Dean 13. Phyllorhina diadema Geoffroy = Ph.nobilis Hors- field, Temminck. Nach Vergleich des Originalexemplars von Ph. diadema in Weingeist mit Weingeistexemplaren von Ph. nobilis kann ich diese Synonymie mit Bestimmtheit aussprechen. 19. Diclidurus scutatus n. Sp. Schneeweils, nur die kleinen Härchen um die Augen herum und die Krallen schwärzlich. Merklich kleiner als D. albus, mit densel- ben relativen Proportionen der Glieder der Extremitäten, aber die hornartig verdickten beiden blasigen Auftreibungen der Schenkel- flughaut hinter dem Schwanze von einander entfernt, weils, fischblasenähnlich und von anderer Gestalt. Die erste blasen- artige Auftreibung, welcher, wie bei D. albus eine Concavität an der Bauchseite entspricht, hat eine fast herzförmige Gestalt, ist sowohl oben, wie unten mit einem mittleren Längskiel ver- sehen, hat vor diesem Kiel ein Paar neben einander stehende punctförmige Eindrücke, denen auf der Unterseite zwei Hervor- ragungen entsprechen. Das freie aus der Rückseite der Schenkel- flughaut hervorragende Ende des Schwanzes legt sich an die Mitte der Basis des vorderen Randes dieser Auftreibung an. Diese Auftreibung hat eine Länge und Breite von 4 Millimetern. Nach einem Zwischenraum von drei Millimetern findet sich eine . flachere Auftreibung, welche ein 0%0052 breites, 0%0017 langes Hornstück enthält, von dessen vorderem Rande ein kurzer zahn- vom 13. Mai 1869. 401 artiger Vorsprung ausgeht. Die Ohrklappe ist doppelt so hoch wie breit, am Ende abgestumpft, am vorderen Rande convex, am hinteren Rande fast grade. Als eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit dei Gattung Dielidurus habe ich die aufserordentliche Kürze der ersten Pha- lanx des Daumens hervorzuheben, die so grols ist, dafs man auf den ersten Anblick verleitet wird, zu glauben, dafs dieselbe ganz fehle, da sie zum grolsen Theil noch von den Flughäuten umfalst wird. Das mir vorliegende Exemplar ist, nach der Beschaffenheit des Skelets zu urtheilen, vollständig ausgewachsen und scheint ein Weibchen zu sein. Es fehlt leider der Schädel, welcher vielleicht nicht unwesentliche Unterscheidungsmerkmale darbieten würde. Ich füge hier zur Vergleichung die Mafse des Original- exemplars von D. albus Wied unter B. hinzu. Meter ae Fotalläanse ungefähr... : onejrs ei. ER ELHLE, 0,075 B. - ee eh ee aan a 0 7 O5BRR u ID NETADLLT A ee B. - ee ee NN) 7.1. RE. Mh. 0,0036; 8 Gl. 0,0052; 2 Gl. 0,0065 . . . '. . "0,0005 ‚B. - Sn, =: 000065 .- 0,0005... nn. 0,0 Be es: = 0 en 05046 2. - 980585: . -...’0,00 A. L.3.F. - 0,0455 - 0,009; - 0,0234 B. - - 0,06055 - 0,0095 - 0,0831 A. L.4.F. - 0,0995 - 0,01075 - 0,0093 B. - - 004655 - 0,0175 - 0,009 A. TL.5.F. - 0800 - 0065 - 0,006 B. - 0,038555 -.° 0,0175 - 0,006 u 2 EL EU TE ar a B. - 47: 0,022 2 N 0,0088 a ah rakliin. or A or, an re one ne Naila Ner re Dia B. - . im: ah ymsw ine urteb oe Das ende abe: Pariser FEIERN ist von Hrn. Bara- quin in Südamerica gesammelt worden. 402 Gresammtsitzung ' 20. Taphozous mauritianus Geoffroy = Taphozous leucop- terus Temm. 21. Mops indicus Fr. Cuvier. Im Pariser Museum befinden sich der Schädel: und zwei Exemplare in Weingeist aus Sumatra durch Duvaucel. Diese Art hat einen äufserst kleinen, oberen, vorderen falschen Back- zahn, daher $ Backzähne wie Nyctinomus und stimmt auch im übrigen Bau ganz zu dieser Gattung, von der sie. also nicht getrennt werden kann. 22. Myopterus Daubentonü Geoffroy. Nur der Schädel ist vorhanden und stimmt ganz überein mit dem von Molossops, welcher so der älteren Benennung weichen mufs. Die Art ist übrigens viel gröfser, als diejenigen, welche ich zu untersuchen Gelegenheit gehabt habe, indem der Schädel 0%022 lang, an den Jochbögen 0%013 breit ist, die Länge der oberen Zahnreihe, ohne die Schneidezähne, 020083, die der unteren Zahnreihe 0009 beträgt. 25. Molossus acetabulosus Commerson = Nyctinomus na- talensis Smith = Mormopterus jugularis Peters. Durch die besondere Güte des Hrn. Desnoyer habe ich die Originalzeichnung und Beschreibung Commersons von dieser Art vergleichen können. In den Velins der Bibliothek des Museum d’histoire naturelle ist auf derselben Tafel mit dieser Art der Kopf von Rhinopoma microphyllum abgebildet worden, und unter diesen Abbildungen steht „Chauve-souris de la Caroline“, während eine andere Abbildung, welche Nyetinomus brasiliensis darstellt, ebenfalls in Bleistift die Unterschrift trägt: „Chauve-souris du Port St.Louis“. Dieses mag die Veranlassung gegeben haben zu der bekannten irrigen Aufstellung von „Räi- nopoma carolinense* aus Nordamerica. 24. Molossus acuticaudatus Geoff. = M. obscurus Geoff. 25. Vespertilio Davidii n. sp. | Diese Art ist sehr ähnlich dem V. mystacinus und unter- scheidet sich äufserlich nur durch eine weniger breite Schnauze und durch ein wenig längere und am äuflseren Rande schwächer eingebuchtete Ohren. Dagegen weicht sie sehr ab durch das Gebils. Der obere und untere zweite Prämolarzahn -sind ganz vom 13. Mai 1869. 403 aus der. Reihe heraus nach innen gedrängt und sehr klein und die inneren aus dem Cingulum ‚hervorgehenden Zacken der Backzähne, welche bei V. mystacinus so. spitz und sehr ent- wickelt sind, sind hier nur als stumpfe Höcker vorhanden. Meter een... an 2200 fer sr Js Ohrhöhe ® . . ® . [ . °. . . . L} . . . L} 0,014 an 2 0,0 ee Fries ir ee 0 nee an 51000 er. m. een 4 er“ er ea ae ee ne an A I ee er BE et BER 0000, 1 Gt. 0,00285 2 Gl. 0,005... ... ..,. . 0,007 ee. = 00T: ur arena ne. Bauen L.3.F. - 0,0875 - 0,0855 - 0,0085 Kpl. 0,0046 L.4.F. - 0,0985 - 00075 - - 0,00655 - - . 0,0015 L.5.F. - 0,0985 - 000655 -" 0,0555 - 0,0015 Bnale. .. .. 0. ee u, ST Bereenleel 2: rer eeir 0r.a AUERT ee a ec ee ar nn nee nr er eurer ARTE Das einzige Exemplar dieser Art, ein ziemlich ausge- wachsenes Männchen, stammt aus Peking (China) und ist von Hrn. David, dem das Pariser Museum so viele neue inter- essante zoologische Gegenstände verdankt, gesammelt worden. 26. Vespertilio (Leuconoe) pilosus n. Sp. Die beiden oberen Schneidezähne sind zweispitzig, der erste hat nach hinten, der zweite nach innen eine kleine zweite Spitze; beide Zähne sind gleich grofs, oder der erste ist etwas kleiner; die unteren dreilappigen Schneidezähne stehen quer zum Kiefer- rande. Die beiden ersten oberen falschen Backzähne sind klein ‚und mehr nach innen gedrängt, so dafs der erste zum Theil noch an den inneren Rand des Eckzahns,, der zweite um die Hälfte kleinere an die innere Seite des grofsen dritten falschen Backzahns sich anlegt. Der erste untere falsche Backzahn ist viel gröfser als der entsprechende obere, der zweite ist ‘viel 404 Gesammtsitzung kleiner, etwas nach innen gedrängt, aber mit seiner Spitze deutlich von aufsen sichtbar. A e Viel gröfser als V. Capaceinii schlielst diese Art sich dem- selben durch die ganze Bildung am nächsten an, hat aber den Ohrdeckel nicht so schmal und zugespitzt und den äufsern Ohrrand der langen Ohren nicht eingebuchtet. Die Ohr- klappe ist nach vorn gerichtet, am hinteren Rande convexer als am vorderen, an der Basis des ersteren mit einem kleinen Zacken. Die Flughaut geht nicht über das zweite Drittel des Unterschenkels herab, der Sporn ist weich und fadenförmig verdünnt und die Endspitze des Schwanzes ist frei. Die Rück- und Bauchseite der Unterschenkel und die Schenkelflughaut bis zur Mitte sparsam fein und lang behaart. Oben braun, unten blasser, die Haare an der Basis schwarzbraun. Meter Fotallänge 2... 0... 20,250 aaa, rn Kopf. :.. ‚amere or ps in 2 en Tre Ohrhöhe..: is. +: femaWisn: *ooar wi Ve ee Vorderer Ohbirand -.."seuwa "-- sn = . 7er Ohchreite. 0... o, -0. +, eu em, Sa ©Ohrklappe ..- .. .= .: -.. =. 2.0 eu, one. 0 Po; Schwanz. u. Au ee au nee re A: Oberarm , 0... ou ae Sa en a et ei Unterarm niiae Sch rain ep Ferner DE a L.1.E. Mh. 0,002; ‚1 Gl. 0,0065 2,G1. 0,004 ,.. „odossttf sueasd. Bi Bu, 2.:P 000, DIOA6: a > en En eh L.3.E.,, :.,.0,0435... 4400125, f515.0,0135;, Kpl.m 0025 1.4.8.’ >. 008; 004557. -. 0,010 - 0,004 1.5.8. -. 00455 =. 0,0185, =. 0,0065. = 0.008 Oberschenkel 1 . 2. 000000 Unterschenkel .. ...cul0 v0 en ee Be ee a VPS Sporn ungefähr . „ . . 2... 0.0 Lumen Ein ausgewachsenes weibliches Exemplar in Weingeist im Pariser Museum, durch Hrn. Lassaux aus Montevideo. 27. Vesperugo Kreftü n. sp. Der erste obere Schneidezahn ist grofs und einspitzig, der zweite kaum aus dem Zahnfleische hervorragend, im Querdurch- vom 13. Mai 1869. 405 schnitt viel kleiner als jener. Die unteren dreilappigen Schneide- zähne stehen quer zum. Kieferrande. Von den beiden oberen falschen Backzähnen ist der erste sehr klein, kaum aus dem Zahnfleische hervorragend, von aufsen nicht sichtbar. Die Schnauze ist breit und platt, die Ohren sind oval, an der Spitze abgerundet, an der oberen Hälfte des Aufsenrandes ein- gebuchtet, mit 4 bis 5 Querfalten versehen; die Ohrklappe ist nach vorn gekrümmt, zugespitzt, unter der Mitte am breitesten, an der Basis mit einem Läppchen versehen. Die Flughäute sind nackt, bis zur Basis des Mittelfulses angeheftet. Die Fufssohle ist querrunzelig, der Spornlappen schwach, der Sporn dünn und knorpelig und ohne scharfe Grenze in den Sehnenrand der Schenkelflughaut übergehend, der Schwanz ragt nur mit seinem kleinen Endknorpel über die Schenkelflughaut hinaus. Die Gaumenhaut bildet, aufser einer vordern rundlichen, acht Querwülste, von denen die sechs letzten getheilt sind. Oben dunkler, unten blasser rostbraun, die einzelnen Haare an der Basis dunkler, schwarzbraun, die Analgegend nebst dem ersten Drittel des Schwanzes mit einfarbig gelbbrau- nen Haaren bekleidet. Mafse eines ausgewachsenen Weibchens: Meter ee re an en are re. Dt Ohrhöhe _. . es a ee TE ma 532 Se arg Vorderer N ee re a ae N en u ee Me ne sin ren er Dog NEE ee ee EEE SE En. I ee er ERARENEN Balerarm .,... N a a ELBE Oma L.1.F. Mh. 0,004; 1 6. 0,0046; 9 GE oma... ya 05012 uZ2PF - 00; EEE EN GEN Palau 173.8. - 0,043 - 00195 - 0,0135 Kpl. 0,012 DEE =: 004; ° - 00185." - 0,0095: - 0,002 Mr E00 ENT, EITUHO0E} ? 2005009 eekehi, Sartre rare EEE el rel SERL ale, antenne 2 lg Fuls der: BE RE RL 06125 Distanz der oberen Eekzahnspitzen en a al eng [1869.] 29 406 Gesammtsitzung Das einzige Exemplar dieser charakteristischen Art habe ich durch Hrn. G. Krefft aus Neu-Süd-Wales erhalten. 28. Vesperus Bottaen. sp. Schliefst sich durch die Form des Öhrdeckels und den ganzen Bau zunächst dem V. serotinus an, ist aber viel kleiner. Der obere erste Schneidezahn ist zweispitzig, doppelt so grofs wie der zweite und hat seine Spitze nach aufsen gerichtet; die unteren dreilappigen Schneidezähne stehen quer zum Kiefer- rande. Die Backzähne verhalten sich in ihrer Grölse zu einander wie bei V. serotinus. Form des Kopfes, der Ohren, Flughäute und Behaarung ebenfalls ähnlich wie bei jener Art. Oben bräunlich gelb, unten blafser, die Haare an der Basis schwarzbraun; Flughäute dunkelbraun. | Meter Totallänge ee KopEr een ee ee ea ee Okrhöhe. -..%.. 0 1. ware ne ee Vorderer -Obrrand: u 2.0.0000 0 uch Re a Eee Ohcnrerte se, ee gan rn ee ee Pragusen Te ae en er De SCHWARZE es ae re ee Ne us Se a Oberama- win mn N ee ee N = Vorderarm ee Te Na Ta ae Ra ee Ne ee 1:92 F: Mh. 0,0022; 1:G1..0,00355-2.Gl: 0,0025 * - » - =. 2. Sa Ziege 1:2: FE, -- 90375 7.278008, 2 Wann Se ee BIS: Fi - 908375. = 0,0135 - 0,0124; Kpl. 0,0055 Li Er - 060385 ..> ©0115 - 0,00855 - 0,0025 L.5.F. - 00355 ° - 0,0095 - 0,00565 - - - 0,002 Oberschenkel" #- Ja. Ze une ren 2 ne Unterschenkel - -.-.- sen or er se mens user aa = SOEBEN Pla een a dead an rd 2. Ki 4 Bo IPOs 3% rare Sn rs Er Distanz“der oberen Eckzahnspitzen .: ..12°. 2 Länge der unteren "Zahnreibe ... =... u lu, 2 m Das beschriebene Exemplar des Pariser Museums, ein aus- gewachsenes Weibchen in Weingeist, stammt aus Arabien, wo es von Botta im Jahre 1837 gefangen wurde. vom 13. Mai 1869. 407 An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: H. Nissen, Das Templum. Antiquarische Untersuchungen. Berlin 1869. 8. Mit Schreiben des Verf. d. d. Marburg 27. April 1869. Mittheilungen d. k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. Wien 1868. 8. O. Böttger, Beitrag zur Kenntnifs der Fische der unteren Main- gegend. Offenbach a. M. 1869, 4. Verhandlungen des naturhistorischen Vereines d. preufs. Rheinlande und Westphalens. 25. Jahrgang. Bonn 1868. 8. Bibliothek des litterarischen Vereines in Stuttgart. 91—I5 Publikation. Tübingen 1869. 8. Zeitschrift des Königl. Preu/s. Statistischen Bureaus. 9. Jahrg. 1869. Jan.—März. Berlin 1869. 4. Monumenta Historiae Patriae. 12. Bd. Turin 1868. Folio. Mit Ministerialschreiben vom 28. April 1869. Coutumes du pays et duche de Brabant, Quartier de Bruxelles. Tome. Brux. 1869. 4. Coutumes du pays, duche de Luxembourg et Comte de Ching. Tome 2. Bruxelles 1869. 4. Mit Ministerialschreiben vom 7. Mai 1869. Nederlandsd Meteorologisch Jaarbock voor 1868. Utrecht 1868. 4. Comptes rendus de l’academie des sciences. Tome 67. Paris 1868. 4. Quarterly Journal of the geological Society no. 97. London 1869. 8. Annali e Bulletino dell’ Instituto di corrispondenza archeologica. Roma 1868. 8. Monumenta spectantia ad historiam Slavorum meridionalium. Vol. 1. Agram 1868. 8. Stari Pisei Hrvatski. Vol. 1. Agram 1868. 8. Jean Sire de Joinville, Histoire de Saint Louis, publie par Natalis de Wailly. Paris 1868. 8. Recueil de chartes originales de Joinville, publie par N. de Wailly. Paris 1868. 8. Memoire sur la langue de Joinville par N. de Wailly. Paris 1868. 8. Annuaire de Institut des provinces. Vol. 21. Caen 1869. 8. Societe des sciences naturelles du Grand-Duche de Luxembourg. Tome 10. Luxembourg 1869. 8. Bulletino di bibliografia e dio storia delle scienze matematiche e fisiche, pubblicato la B. Boncompagni. Tomo 1. Roma 1868. 4. Gruppe, Rede zur Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Königs. Berlin 1369. 4. Catalogue of the officers and students of the Boston School for the ministry (Unitarian) for the year 1868—69. 23° 408 Gesammtsitzung J. Plateau, Recherches sur les figures d’equilibre d’une masse ti quide sans pesanteur. Serie 8—11. Bruxelles 1868. 8. Auf den von der philosophiseh-historischen Klasse geneh- migten Antrag der vorberathenden Commission der Boppstif- tung beschliefst die Akademie: 1) 2) 3) nach $. 1 no. 2 dem Dr. Hermann Ebel in Schneide- mühl als einen „Preis“ für seine neue Bearbeitung von Zeus grammatica Celtica, deren erster Theil im No- vember v. J. erschienen ist, die diesjährige Rate von 300 Thlrn. zu verleihen; da der jährliche Zinsertrag bereits 458 Thlr. beträgt, nach $. 5 eine zweite Rate von 150 Thlrn. zu bilden, welche jedes Jahr je nach den vorliegenden Bedürfnis- sen entweder der ersten Rate von 300 Thlrn. hinzu- treten oder abgesondert verwendet werden kann; nach $. 9 no. 2 diese zweite Rate im Betrage von 150 Thlrn. in diesem Jahre dem Dr. A. Leskien in Göttingen zur Unterstützung seiner linguistischen Stu- dien zu überweisen. 24. Mai. Sitzung der physikalisch - mathe- Hr. matıschen Klasse. Dove las weitere Notizen über den Sturm vom 7. De- cember v. J. und einen Nachtrag, dem sich die Berichtigung eines Zeichenfehlers zu seiner Abhandlung über den Sturm vom 17. November 1866 anschlofs. In derselben ist nämlich die Ba- -rometercurve von Upsala um einen Tag zurück zu verschieben, so dals das Maximum auf den 18ten fällt. Ä vom 27. Mai 1869. 409 27. Mai. Sammtsitzung der Akademie. Hr. Kirchhoff las über zwei attische Votivin- schriften aus Perikleischer Zeit. I. Vor einiger Zeit erhielt ich durch Hrn. Köhler Mit- theilung über ein auf der Burg zu Athen befindliches, bisher unedirtes Bruchstück von pentelischem Marmor, welches sofort ‘mein besonderes Interesse in Anspruch nahm. Die Abschrift sah so aus: FENAI ON EP AMT er a a und es war die Bemerkung hinzugefügt, dals das Stück rechts und links abgebrochen, oben der Rand erhalten, unten unter- halb der zweiten Zeile leerer Raum sei; die Höhe der Buch- staben war auf 24 Ct. angegeben. Was sich in der ersten Zeile mit Sicherheit erkennen liefs, nn / „ . . ge . . .. . "Aylıvamv eoyne.., rief mir das Epigramm in das Gedächtnifs, welches wir bei Herodot 5, 77 lesen. Nach dem milslungenen Einfall der Peloponnesier unter Kleomenes wandten sich, so er- zählt der Geschichtsschreiber, die Athener gegen die Chalkidier, ® .. .. \ 3 [a denen die Böoter zur Hülfe kamen: ’ASrvararı ds idolcı rous „ m m a m LY BoySoüs dogs maoregov roisı Bowroisw 7 roisı Xadzıdaevcıw Emı- [nt] 2 nn [ne] nn \ Er Keıgei. sum@arrousi re 6% roisı Borwroisır oi Adyvalcı zaı MOAA) 3 , / \ q / c ‚2 :» m 3 N) ERgeFNTRV, ARTE ds moAAoUs cboveusravres ENTEAOTIOUS KUTWV edun- m \ m I [q m 3 yaysav. TuS de aurys raurns Hlaeons [ei "ASIrvaior] Sıaßavres eig x „ /} \ m m 7 \ N zyv Evfoav sunßarrousı zaı rosı Xarzıdeun, viryoavres de zau 7 / ’ \ Er J 5 FOUFOUS FTETFIRAITALNOUS AANDOUNOUS imı av immoßorzuv en Xen U Y \ \ ’ E) / 4 m m 3 _Asımouoiw. 000UG ÖE Au: TOUTWV edwyorsav, ana roisı Bowrwv elw- ’ 5 > es > LEN , / N 5% Yerlazvomsıv EiX,ov zv bVAazr, [2v meöcıs öysavrss]' Xgovu de ErU- x u 3 av acbeas Öimvewg AmorıunFaWeEvor. TG ds medag aurwv, Ev syTıw > J > > © „ \ SuNT,R 2dsdenro, AvErgepasenv eig Tv angomoAw" eiimeg er Aaı eis EHE YTCEV regleourat, oEtMejLEV &2 TEINEWU megımedAzusjsevuv mug: Uno ro) % \ m ’ m I Midov, avriov de TOoU MEryarg9Y TOoU Moos Esmegonv FETOIAJAEVOU. zaL En ’ \ ? EEK: 2 I ’ Fu Aurgwv TyV Öezaryv avsQyzav, MoImTalLEevor TeIgımmov Yamrneov: \ Tl (72 = , 3 \ 70 de agısreons Yeıgcs ETTNRE MOLTOV eirivri eis To meomUra Te > m 6) T R > U I c J Eu en argomort ET JEYDRTTO de oL Trade. 410 Gesammtsitzung E9vsa Bowruv zaı Karzıdewv Önuasavrss maidss Adyvarwv 20 ymacın Ev moAzmov, ÖsruW Ev EyAvoevrı Sıöngew esrleran ußoı* Tav Immous Ösxzaryv Harmadı rec” 2Ierar. Ähnlich wird die Sache unter Anführung des Epigramms er- zählt in den Excerpten aus Diodor 10, 55; letzteres ist aufser- dem aus Herodot in die Anthol. Palat. 6, 343 aufgenommen (#ö7Aov" “Hoodorov); den ersten und den halben zweiten Vers eitirt Aristides 2, 512 Dind. Man überzeugt sich hiernach leicht, dafs unser Bruchstück von der Basis jenes Weihgeschenkes stammt und in ihm uns jedenfalls ein Rest des Originals vorliegt, welches Herodot um Ol. 87,2 auf der Burg zu Athen sah und abschrieb. Das Epigramm war auf diesem Originale in zwei langen Zeilen geschrieben, von denen eine jede einen Hexameter und den dazu gehörigen Pentameter enthielt, in Folge wovon die beiden Pentameter ungefähr unter einander zu stehen kamen. Die Buchstaben waren nach Ausweis des erhaltenen Ausschnittes sroıyndcv geordnet und man kann sich durch eine einfache Probe leicht davon überzeugen, dafs bei Zugrundelegung dieser An- ordnung nothwendig diejenigen Buchstaben unter einander zu stehen kamen, welche unser Bruchstück unter einander stellt, vorausgesetzt, dafs von den beiden Hauchzeichen, welche die zweite Zeile in U@gıw und ?rrous enthielt, das eine nicht ge- schrieben war, wie dies auf Inschriften der Zeit, der das Denk- mal, wie sich zeigen wird, zugewiesen werden muls, nichts Ungewöhnliches ist: vom 27. Mai 1869. all die zweite Zeile griff nach rechts um wenige Buch- staben über die .erste hinaus. In den Sammlungen wird das Epigramm gewöhn- lich dem Simonides zugeschrieben: fragt man, auf welche Autorität hin, so wird man auf die Stelle des Aristides verwiesen; sieht man bei diesem nach, so findet man, dafs die Worte desselben und der Zusammenhang, in dem sie stehen, nicht den geringsten Anhalt für eine solche Behauptung, wohl aber für das gerade Gegen- theil bieten, wovon sich zu überzeugen ich getrost dem Leser überlassen kann. Auch nennt der Scholiast zur Stelle S. 351 Fromm. ausdrücklich einen uns freilich ISINENTOLEMO- PMOSAEKATENTALLAAITÄSAEOESAN sonst nicht bekannten Agron als Verfasser: oUrws "Aypuv ev Emıyanmarı em zu reYgimmu. Obwohl also das Epigramm sicher nicht von Simonides ist und auch Herodot uns nicht sagt, wann das Weihgeschenk aufgestellt worden ist, sondern nur, auf welche Veran- lassung, so scheint doch die Annahme nahe zu liegen, dafs die Weihung des Zehnten nicht allzulang nach dem Ereignisse, also Anfang von Ol. 68, erfolgt sei. Unter dieser Voraussetzung würden wir in unserm Bruchstücke einen sichern Beleg für den Charakter der attischen Schrift in der genannten Olympiade haben und das Fragment im Vergleich zu seinem geringen Umfange pa- laeographisch von ganz ungewöhnlicher Bedeutung sein. Es schien mir darum nöthig, der Sache weiter nachzugehen, und ich ersuchte Hrn. Köhler einen Ab- klatsch von dem Denkmal zu nehmen. Dieser Abklatsch ist jetzt in meinen Händen und setzt mich in den Stand auf der beigegebenen Tafel ein Facsimile der Inschrift in der halben Gröfse des Originals mitzutheilen, welches einem Jeden verstatten wird, sich über den Charakter der Schrift ein eigenes Urtheil zu bilden. Ein Blick auf diese Abbildung zeigt dem Kundigen, dafs wir es mit einer Inschrift aus der Periode des völlig ausgebildeten und gesetzten Schriftcharakters, aus den letzten Decennien vor dem peloponnesischen Kriege, zu thun haben; diese Inschrift kann wegen der Form des O/JENAIONEPAMA | EONEABOIOTONKA IXALKIAE ONAAMASANTESTAIAESA AESMOIENAXLYOENTISIAEPEOIESBESANHYBPINTONI 412 Gesammtsitzung Sigma zwar nicht unter die 84. Olympiade herab, aber ihrem allgemeinen Charakter nach auch nicht über die 82. hinauf gerückt werden; sie stammt ohne allen Zweifel aus peri- kleischer Zeit. Hierin liegt auch nichts Unerklärliches oder Auffälliges; viel verwunderlicher wäre vielmehr, wenn ein be- reits in der 68. Olympiade auf der Akropolis errichtetes Denk- mal dieses Umfanges im Jahre 480 bei Gelegenheit der Occu- pation durch die Perser der Zerstörung oder Verschleppung entgangen wäre und sich bis auf Herodots Zeiten und noch später erhalten hätte. Die Frage ist nur, ob das Denkmal, welches Herodot sah und von welchem unser Bruchstück her- rührt, als eine in perikleischer Zeit gefertigte Copie oder Nach- bildung eines bereits 480 zerstörten oder entführten älteren Originals zu betrachten ist, oder ob das Weihgeschenk zur Verherrlichung einer älteren Grofsthat des athenischen Volkes überhaupt erst in perikleischer Zeit errichtet worden ist und vorher zu keiner Zeit und in keiner Form existirt hat. Ich trage kein Bedenken mich für die letztere Möglichkeit zu ent- scheiden; ich denke, dafs das ursprüngliche Weihgeschenk in nichts anderem, als jenen Ketten bestand, welche Herodot an dem vom persischen Feuer geschwärzten Mauerstück gegen- über dem Opisthodomos des Parthenon hängen sah und welche die Raubgier des Feindes nicht hatten reizen können; das viel kostbarere Denkmal des ehernen Viergespanns sammt der In- schrift auf seiner Basis gehört jener Zeit der im grolsartigsten Style angelegten Restauration der Akropolis unter Perikles an, welche auf der Brandstätte des eingeäscherten Hekatompedos den Parthenon und später die Eingangshalle der Propylaeen ent- stehen liefs. Ich neige mich zu dieser Ansicht um so mehr, als sie mir durch die Analogie eines ganz ähnlichen Falles ge- sichert zu sein scheint. II. Denn auch ein anderes, sehr berühmtes Denkmal, welches eine andere athenische Grofsthat aus den Zeiten vor 480 verherrlichte, verdankt nach sicherer Überlieferung erst der perikleischen Zeit seine Entstehung. Ich meine die eherne Colossalstatue der Athena Promachos, welche Pausanias 1, 28 2 mit unserem Denkmal zusammenstellt: Yuzıs Ö2 ya or@ zurereEr, a, \ b) | j) \ 72 ’ „ > er m Övo mev "Adyvalas Ei7ı Öeraraı moAsuyrecrw, ayarıa Ayyvas Monatsber d. Berl. Akad. d Wissensch, 1869, Mar. vom 27. Mai 1869. 415 Er N ’ Er an &) , , YErAoUV MO Mycwv zwv 8 M RERTWVR amolavruv, TEXUr f ’ \ 42 m n be) \ m / \ Bardiov — zu aoue zeiraı Yarzovv amo Bowrur dezarn zaı Xar- zıdewv rav &v Eußoe. Dals dieses Bildwerk in Beziehung zu dem Siege bei Marathon gestanden, sagt zwar nicht ausdrücklich Demosthenes de falsa leg. 272: @22 orns PETE iso@s TRS @ax90- ToAswS FauryTı za: mormV EUoUYwnptav Ey,ourys map« Tyv Yarınv \ I ee > Sn 9 u 3 n RE n Tyv meyaryv Ayyvar £4 ÖsEıds EITHAEV, YV RSITTElOV N MoAIS ToU mass Foug BagBaoous morsmov Hovruv Tuw "Errrvwv 7a Aorsarree +aür aveSyzev, wohl aber von derselben Sache redend Aristides 2, 288 Dind.: za FaUryV Tv Frudyv 2 Qızouran "Ayyvalcı HM Sen TAQRITHTRVTES Tu) ayaruarı rw MagaSwvoQev und der Scholiast zu Demosthenes Rede w. Androtion 13. 2, 105® der Züricher Ausgabe: 5 ya ayarıara Yu tv 77 drgomoRsı Tns "ASyvas Ev Örecbegors Tomas‘ tv nev— | Ö8 ro ame YaAzoU ovov, oneo emoimsav virysavrss [ot] Ev MagaTwvr Eradeiro de roUro Hoouay,ov "AIyväs. Dafs auf der Basis dieser Statue dem Herkommen gemäfs eine Weihung in Prosa oder Versen gestanden habe, wird man als selbstverständlich zugeben. Meiner Ansicht nach besitzen wir sogar noch einen Theil des Epigramms in einem Bruch- stücke, welches an der Stelle, wo es veröffentlicht worden ist und wo man es nicht suchen sollte, nämlich bei Rangabe 784°, sich bisher der Aufmerksamkeit entzogen hat. Der Her- ausgeber bemerkt dazu: je l’ai decouverte tout recemment dans la maison du sieur Georgiades de la rue d’Adrien « Athenes, au quartier dit Placa, audessous du pied oriental de !’Acropole, et & l’est de la rue des Tripodes. Le proprietaire m’a assure l’avoir retiree en dernier lieu d’une fouille qu’il avait faite dans sa cour meme. Der Stein befindet sich jetzt im Museum der archäolo- gischen Gesellschaft, wo ihn Hr. Köhler hat untersuchen können, dessen genauere Abschrift ich hier mittheile. 414 Gesammtsitzung Herr Köhler bemerkt dazu: “der Stein ist oben und unten un- verletzt, rechts und links abge- brochen. Nach Zeile 2 ist nichts getilgt, wie Rangabe& meint, sondern ebenso wie nach Zeile 4. die Ober- fläche des Steines leicht schraffirt, als eine Art von Ornament. — Der letzte Buchstabe der dritten Zeile kann A oder M sein. Hinzuzufügen 2 = =- OETVLON NAMENEO ist nur, dals Rangabe Zeile 3 in der Mitte vollständiger TTPOSOE und zu Anfang der letzten Zeile vor dem A noch die Reste eines O hat. Über die Mafse fehlen nähere Angaben. Die Inschrift war also in vier Zeilen geschrieben und enthielt ein Epigramm, das, wie die Reste der dritten und vierten bekunden, in elegischen Distichen abgefafst war. Da nun die drei letzten Zeilen nur die Reste von nach rechtshin zu ver- vollständigenden Pentametern erge- ben, so ist die Annahme nicht zu umgehen, dals auch auf diesem Denkmale, wie auf dem vorher- gehenden, Hexameter und Penta- meter eines jeden Distichons in einer Zeile geschrieben waren, die einzelnen Zeilen also nach links durch den Bruch um ein solches Stück ihrer ursprünglichen Ausdehnung verkürzt worden sind, als ein ausgeschriebener Hexameter in Anspruch nahm. Die Basis war sonach von sehr bedeutender Breite und das Epigramm bestand aus vier Distichen, von denen das erste bis auf geringe und vieldeutige Reste ganz verloren ist, die folgenden um den Schlufs ihrer Pentameter und, mit Ausnahme des dritten, um ihre Hexameter gekürzt erscheinen; nur vom dritten ist der Schlufs des Hexameters auf unserm Ausschnitt vom 27. Mai 1869. 415 erhalten. Der Charakter der Schrift weist auf eine etwas frühere Zeit, als der das vorhergehende Denkmal angehört; doch ist das Mafs des Abstandes nicht näher zu bestimmen. Wenn nun in der zweiten Zeile von der Knechtschaft die Rede ist, welche ganz Hellas bedrohte, in der dritten von Männern gesprochen wird, welche eine Schlacht vor den Thoren aus- fochten, in der vierten endlich das «srv, worunter doch nur Athen verstanden werden kann, erwähnt wird, auf welches sich eine Thätigkeit solcher bezogen habe, welche die Heeresmacht der Perser zum Weichen gebracht, so ist, denke ich, klar, dafs - diese Thätigkeit nur in der Rettung der Stadt vor dem An- griff der Perser durch einen vor den Thoren derselben erfochte- nen ‚Sieg bestanden haben kann, durch welchen eben nicht nur Athen, sondern ganz Griechenland vor dem persischen Joche bewahrt wurde. Dies pafst meines Erachtens nur auf die Schlacht bei Marathon und kann nicht mit Rangabe auf die bei Salamis bezogen werden. Da nun kein anderes auf die Schlacht bei Marathon bezügliches Denkmal bekannt ist, aulser der Statue der Promachos, so ist der Schlufs gerechtfertigt, den ich zu ziehen kein Bedenken trage, dafs unser Fragment von der Basis dieses Denkmales herrühre. Dafs es nicht auf der Burg selbst gefunden worden ist, kann dagegen nicht eingewendet werden, da Beispiele von Verschleppungen dieser Art nicht gerade zu den Seltenheiten gehören. | Übrigens scheint mir das -Ornament, welches die beiden ersten Distichen zwischen der zweiten und dritten Zeile von den beiden letzten trennt, darauf hinzudeuten, dafs die vier Distichen auch ihrem Inhalte nach als in zwei Gruppen zer- fallend aufgefalst waren, was in ihrer Fassung begründet ge- wesen sein mufs. Unter dieser Voraussetzung wage ich folgen- den Herstellungsversuch, der den ungefähren Zusammenhang der erhaltenen Reste veranschaulichen soll: “Erra[da my] vasav Sovr.o[v Alaceo ideiv]. 416 Gesammtsilzung 15: / \ nu ’ e) [IH Mara 09 zelvc raAazodıcı, 01 g@ rer ryayv m DEN Er > m m STYFRUTMEOTTE MUARV ay[goo er ErYarıas, ’ PSRC ’ > , Magvasevor 8 erawrav A>yvaioas morulovA]ov „ I Er ’ L. asru, Lie INsosov zrwepevol: Svvanır]. r. Braun theilte die folgende Abhandlung des Hrn. Dr. L. Kny mit: Über den Bau und die Entwickelung des Farrn-Antheridiums. | Der Bau des Farrn-Antheridiums hat, trotz seiner grofsen Einfachheit, die verschiedenartigsten Deutungen erfahren. Nägeli, der Entdecker des Organes, beschreibt‘) dasselbe als ein drüsenähnliches Gebilde, welches häufig scheinbar einzellig ist, meist aber deutlich einen von einfacher Zellschicht um- gebenen Sack darstellt, in dessen Innerem die Mutterzellen der Spiralfäden entstehen. Seinen Ursprung nimmt es aus einer Mutterzelle. Nachdem sich dieselbe über ihre Nachbarinnen hervorgewölbt hat, theilt sie sich zunächst durch eine horizon- tale Wand. Dieser ersten Wand folgt in der äufseren Zelle eine zweite, ihr parallele Wand. Derselbe Procefs kann sich in der je äufseren Zelle noch ein bis zweimal wiederholen. Es geht aus diesen Theilungen ein confervenartiger Zellfaden von 2—5 Gliedern hervor. Jedes Glied zerfällt in eine cen- trale und 4 sie umschliefsende peripherische Zellen. Die pe- ripherischen Zellen aller successiven Glieder bilden 4 senkrechte Reihen und schlielsen. zu einer sackartigen Hülle zusammen; die mittleren „Räume* stellen zusammen einen „Kanal“ dar, in welchem die Mutterzellen der Spiralfäden entstehen. Nach unten ist derselbe durch die Zelle des Vorkeimes, auf welcher er festsitzt, nach oben durch die vier Zellen des letzten Gliedes geschlossen, welche sich nicht vollständig von einander getrennt haben. Endglied und Basalglied bleiben bisweilen ungetheilt. Wo die Mutterzellen der Spiralfäden blos von einfacher oder doppelter Membran umschlossen zu sein scheinen, ist dies nach Nägeli stets die Folge der überwiegenden Volumen- !) Zeitschrift für wissenschaftliche Botauik. Bd.I. (1844.) p. 168 ff. Tal-Iy. vom 27. Mai 1869. 417 zunahme des Antheridium-Inhaltes und einer hierdurch be- wirkten Zusammendrückung der Hüllzellen. Nach Entleerung der Spiralfäden dehnen sich letztere wieder aus. Graf Leszezyc-Suminski ') läfst im Innern der über ihre Nachbarinnen sich hervorwölbenden Antheridium - Mutter- zelle eine freie Zelle entstehen, deren Inhalt, ein homogener Schleim, wasserhelle Kügelchen oder deutliche mit Kernkörper- chen versehene Kerne zeigt. Sobald diese Zelle im Wachsthum so weit vorgerückt ist, dafs sie die Wände der ursprünglichen Ausstülpung ausfüllt, schliefst sie sich gegen die Vorkeimszelle ab. Oft bildet sich zwischen beiden noch eine dritte plattge- drückte Zelle, welche dem einzelligen .Antheridium als Träger dient. Die Mutterzellen der Spiralfäden entstehen innerhalb desselben durch freie Zellbildung. Graf Leszezyc-Suminski bildet (Taf. II., Fig. 15) zwar aueh ein Antheridium mit besonderer zelliger Hüllschicht ab, be- zeichnet dasselbe in der Figurenerklärung aber als krankhaften Zustand. Wigand’) tritt mit grofser Entschiedenheit für die Ein- zelligkeit der Farrn-Antheridien ein, die er bei mehreren, zum Theil nicht näher bestimmten Arten untersucht hat. Nach ihm entstehen sie häufig aus der unmittelbaren Umbildung von Pro- thalliumzellen, ohne dafs ein vorderer, emporgewölbter Theil von der Hauptmasse der Zelle sich vorher abgetrennt hätte; gewöhnlich aber sei letzteres der Fall. Auf welche Art die Mutterzellen der Spiralfäden entstehen, ob durch Theilung oder freie Zellbildung, läfst Wigand unentschieden. Schacht °) fand die Antheridien bei den von ihm unter- suchten Arten (Pteris serrulata, Asplenium Petrarcae, Adiantum formosum und Aspidium violaceum) niemals einzellig, sondern den Kern stets von einer einfachen Lage wasserheller Zellen umkleidet. In der Schleiden’schen Ansicht von dem allgemeinen Vorkommen der freien Zellbildung befangen, läfst er diese 1) Zur Entwickelungsgeschichte der Farrnkräuter (1848) p- 10. 2) Botan. Zeitg. 1849 p. 22. 3) Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Farrnkräuter; Linnaea 1849 Bd. 22 p. 758 ff. 418 Gesammtsitzung Wandzellen als Bläs’chen im Innern der Mutterzelle entstehen. Eines unter ihnen soll zur Urmutterzelle der Spiralfadenzellen werden, welche letztere ebenfalls durch freie Zellbildung ent- stehen. Am Schlufs seiner Darstellung läfst Schacht übrigens selbst Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Beobachtung laut werden. Thuret') fafste den Bau der Antheridien von allen früheren Beobachtern durchaus abweichend und, wie wir bald sehen werden, zuerst richtig auf. Bei den meisten Polypodiaceen bestehen sie nach ihm aus 3 übereinanderliegenden Zellen: einer Stielzelle, welche das Organ an den Vorkeim befestigt; einer ringförmigen Zelle, welche die Spermatozoiden-Mutterzellen all- seitig umschliefst, und einer terminalen Deckelzelle. In manchen Fällen reicht der Innenraum des Antheridiums bis zur Fläche des Vorkeimes hinab, so dafs auch die basale Zelle zu einer Ringzelle wird. Auf welche Weise diese Ringzellen entstehen, ob sie gleich als solche angelegt werden oder der Verschmel- zung mehrerer Zellen ihren Ursprung verdanken: diese Frage läfst Thuret vollkommen unberührt. Mercklin ?), dem unter allen bisher genannten Forschern das reichlichste Material zu Gebote stand, schliefst sich in der Deutung seiner Beobachtungen im Wesentlichen Nägeli an und verwirft (pag. 18) die Thuret’sche Auffassung; während Met- tenius °) der letzteren unbedingt zustimmt und in Betreff des Antheridienbaues einfach auf Thuret verweist. ‚Nach Hofmeister *) tritt in der Mutterzelle des Anthe- ridiums entweder sofort, oder nach einmaliger, sehr selten mehrmaliger Theilung derselben durch Querwände, eine Theilung durch eine geneigte Scheidewand auf. Die neugebildete Zelle zweiten Grades theilt sich sofort durch eine radiale Längswand. Nach einmaliger Wiederholung der Theilung der Scheitelzelle 1) Sur les antheridies des fougeres (Ann. sc. nat. ser. 3t. 11 1849 p- 7). 2) Beobachtungen an dem Prothallium der Farrnkräuter (1850) pr PE 3) Beiträge zur Botanik (1850) p. 22. 4) Vergleichende Untersuchungen etc. (1851) p. 79. vom 27. Mai 1869. 419 durch eine entgegengesetzt geneigte Wand erlischt das Längen- wachsthum der Antheridie. Die zweite Zelle zweiten Grades wird ebenfalls durch eine radiale Wand in zwei Theilhälften _ von Form von Cylinderquadranten zerlegt. Jetzt theilt sich eine der Zellen dritten Grades durch eine der Längsachse des Or-- ganes parallele, die Seitenwände unter 45° schneidende Wan- dung. Die Antheridie stellt nun einen halbkugeligen Zellen- körper dar, bestehend aus einer vierseitigen centralen Zelle, ge- füllt mit körnigem Schleime, die getragen wird von einer ey- ‘lindrisechen oder zwei halbeylindrischen Zellen; umhüllt von vier Zellen von Form von Oylinder- Abschnitten und bedeckt von einer Zelle von Form eines Kugelabschnittes. ..... Die Zellen der Antheridie, welche die centrale umschliefsen, ver- mehren sich nicht weiter. Die letztere aber verwandelt sich nach beträchtlicher Zunahme ihres Umfanges, in deren Folge die sie umhüllenden Zellen zur Tafelform abgeplattet werden, durch eine Reihe von Zweitheilungen in eine kugelförmige Gruppe würfeliger Zellen ...... | ‘Henfrey'), welcher die Thuret’sche Arbeit nicht zu kennen scheint, giebt nieht nur vom Bau der Antheridien eine mit der seinen durchaus übereinstimmende Darstellung, sondern geht einen Schritt weiter und sucht die Entstehung der Ring- zellen zu ermitteln. Nach seinen Beobachtungen bildet sich in der Mutterzelle des Antheridiums, entweder unmittelbar oder erst nach vorhergegangener Abgliederung einer Basalzelle, eine aufrechte, ringförmige Scheidewand, welche an allen Punkten simultan auftritt. Die Antheridium-Anlage besteht nun aus einer inneren cylindrischen und einer sie umschliefsenden, hohl- eylindrischen Zelle. Der ringförmigen Scheidewand setzt sich oberseits eine horizontale Wand rechtwinkelig auf; durch sie wird die nach oben convexe Deckelzelle von der Centralzelle abgetrennt. Ist letztere (oder sind deren Theilungsprodukte) später von zwei Ringzellen umschlossen, so gehen dieselben nach Henfrey stets aus der Theilung der erstgebildeten Ring- zelle mittels einer horizontal herumlaufenden Scheidewand hervor. 1) On the development of Ferns from their spores (Transactions of the Linnean Society vol. 21 p. 121). 420 Gesammtsitzung Im Folgenden wird sich zeigen, dafe meine Beobachtungen die von Henfrey gegebene Entwickelungsgeschichte nicht be- stätigen. | Wigand giebt, im Anschlufs an seine frühere Mittheilung, in einer zweiten Arbeit‘) vergleichende Beobachtungen über den Bau des Antheridiums bei zahlreichen Farrnspecies. Seine frühere Ansicht von der Einzelligkeit des ganzen Organes hält er für eine Reihe von Fällen aufrecht. Bei den meisten Arten giebt er die Existenz einer besonderen Antheridienwandung zu, welche die Mutterzellen der Spermatozoiden entweder allseitig oder nur zum Theil umschliefst. Die geschlossenen Ringe, deren Vorhandensein ihm nicht entgangen ist, beschreibt er als „Kreise peripherischer Zellen“. Die Zahl der zu einem Kreise vereinigten Zellen beträgt nach ihm meist 4, zuweilen 5 oder 6 (l.c.p. 46). Hofmeister ?”) hebt Henfrey gegenüber hervor, dafs er sich von der Richtigkeit seiner früheren entwickelungsgeschicht- lichen Angaben wiederholt überzeugt zu haben glaube. Hohl- cylindrische Zellen seien an der Reife nahen und an ent- leerten Antheridien zwar erkennbar; dieselben seien aber aus der seitlichen Verschmelzung mehrerer Zellen durch Resorption ihrer Querscheidewände entstanden. Die letzte Darstellung, welche Hofmeister in der Eng- lischen Ausgabe seiner „Vergleichenden Untersuchungen“ ®) von der Entwickelung der Farrn-Antheridien giebt, weicht von den früheren nicht wesentlich ab. „The analogy to be derived from the process of development of the antheridia of the Mus- cineae renders it probable that the large central cell is formed by the production of an excentrical, inclined, longitudinal sep- tum in the young antheridium, followed by the production of another excentrial septum cutting the latter at right angles, and the subsequent formation of a longitudinal septum cutting both 1) Weitere Beobachtungen über die Keimungsgeschichte der Farrn (Botanische Untersuchungen 1854) p. 44 fl. 2) Beiträge zur Kenntnils der Gefälskryptogamen II. p. 604 Anm. 3) On the germination, development and fructification of the higher Cryptogamia (London 1862) p. 186. vom 27. Mai 1869. 491 the above at an angle of 45°, such formation taking place after the apical cell of the antheridium has been isolated by a strongly inclined almost horizontal septum cutting the primary longitu- dinal septum. Where the central cell is surrounded by two zones of enveloping cells it is manifest that the two zones originate in the transverse division of the primary single zone.“ Zuletzt hat sich Strassburger ') mit dem vorliegenden Gegenstande beschäftigt. Bei Pteris serrulata theilt sich nach ihm die Antheridium-Mutterzelle zunächst durch zwei entgegen- gesetzt geneigte Wände, welche dem Grunde des Antheridiums schief aufgesetzt sind und die Seitenwände desselben etwa in ihrer Höhe schneiden. „Diesen beiden ersten Scheidewänden folgen alsbald entsprechend zwei andere entgegesetzte und schnei- den dieselben unter 45°. Alle diese vier Scheidewände neigen sich nach dem Grunde der Antheridie stark zusammen, ohne jedoch dort völlig zusammenzustolsen, und es wird auf diese Weise ein mittlerer viereckiger Raum abgeschieden, der sich trichterförmig nach oben zu erweitert. Der obere Theil der Antheridie ist immer noch einzellig; bald erfolgen aber auch hier eine Anzahl Theilungen. Zunächst entstehen vier obere Seitenzellen ganz in derselben Weise, wie die unteren entstanden; sie sind diesen unteren aufgesetzt und neigen zusammen nach dem Scheitel der Antheridie; zwischen diesen oberen Seiten- zellen wird schliefslich vom Scheitel der Antheridie eine Deckel- zelle abgeschieden, von Gestalt eines Kugelabschnittes. Sa wird ein Zellkörper gebildet, der aus einer Centralzelle und aus 8 Seitenzellen und einer Deckelzelle besteht. Die Central- zelle ist, von oben gesehen, viereckig, in der Mitte ihrer Höhe bauchig aufgetrieben , an ihren Enden, namentlich am unteren, allmälig verjüngt und wird zur Urmutterzelle der Spermato- zoiden. Sie führt reichlich‘ Protoplasma, einen deutlichen Zell- kern, während die Seitenzellen alsbald nur noch spärliche Chlo- rophylikörner enthalten.“ 1) Die Befruchtung bei den Farrnkräutern (Mem. de l’Acad. d. se, de St. Petersbourg 1868 p. 2). [1869.] 30 422 Gesammtsitzung Meine eigenen Untersuchungen beziehen sich bis jetzt nur auf wenige Arten. Doch scheinen, nach den in der Literatur enthaltenen Angaben und bildlichen Darstellungen zu urtheilen, die wichtigsten Verschiedenheiten des Antheridienbaues durch sie repräsentirt zu sein. Binnen Kurzem hoffe ich meine Beob- achtungen für die meisten Gattungen der Filices vervollständigen zu können. Es bedarf kaum der Erwähnung, dafs ich das Untersuchungsmaterial nicht den verunreinigten Kulturen der Farrnhäuser entnommen habe, sondern dafs die Aussaaten be- sonders für meine Zwecke angestellt und sorgfältig gegen fremde Eindringlinge geschützt wurden. Aneimia hirta besitzt Antheridien, welche sich durch be- deutenden Umfang und Einfachheit des Baues auszeichnen. Im reifen Zustande (Fig. 5) bestehen sie aus einer flach- cylindrischen Stielzelle, einer ihr aufgesetzten, verhältnifsmäfsig hohen Ring- zelle, in welcher keine Andeutung einer Längswand sichtbar ist, und einer niedrigen Deckelzelle von der Form eines Kugel- abschnittes. Das Innere des von den drei Zellen umschlossenen Hoblraumes wird von den Spezial-Mutterzellen der Spermato- zoiden erfüllt. An schmächtigen, sehr gedrängt neben einander gewachse- nen Vorkeimen entspringen sie ohngefähr gleich häufig von der Unterseite der Laubfläche und vom Rande. In der letztbe- zeichneten Stellung ist ihre Entwickelung durch Vergleichung verschiedener Stadien leicht zu ermitteln. Die jüngsten beobachteten Anlagen, welche kaum als Halb- kugel über den Rand hervortreten (Fig. 1) und in frischem Zu- stande von trübem Plasma gleichmälsig erfüllt schienen, zeigten sich bei näherer Untersuchung nicht nur durch eine Scheide- wand von der Randzelle abgetrennt, sondern selbst schon aus drei Zellen zusammengesetzt. Die untere, sanft einwärts ge- bogene Stielzelle wird von zwei parallelen Wänden begrenzt, deren obere die jüngste ist. Ihr setzt sich eine nach aufsen gekrümmte, uhrglasförmige Scheidewand in einem mit der pe- ripherischen Umgrenzung der Stielzelle concentrischen Kreise auf, welche eine innere Zelle von der Gestalt einer biconvexen Linse von einer sie bedeckenden, flachglockenförmigen Zelle vom 27. Mai 1869. 423 abscheidet. Während sich die Stielzelle kaum merklich ver- längert, wölben sich die beiden anderen Zellen gemeinschaft- lich stark nach aufsen. Die sie trennende Scheidewand bleibt dabei noch lange sehr zart, so dafs sie der unmittelbaren Beob- achtung entgeht (Fig. 2a); nach Behandlung der Vorkeime mit Kalilauge und Salzsäure tritt sie aber mit voller Deutlichkeit her- vor (Fig. 2b). Etwa zur Zeit, wo die innere Zelle die Form einer Halbkugel erlangt hat, entsteht in der sie bedeckenden Glockenzelle eine nach oben sich erweiternde, trichterförmige Scheidewand, welche sich der Innen- und Aufsenwand in ge- schlossenem Kreise aufsetzt. Ihre Bildung scheint eine durch- aus simultane zu sein. Es wird durch sie die Deckelzelle von der hohleylindrischen Hüllzelle (Ringzelle) abgetrennt. In allen 4 Zellen, welche das Antheridium in diesem Ent- wiekelungszustande zusammensetzen, ist je ein Zellkern deutlich erkennbar. In der Deckelzelle liegt er der unteren Scheide- wand an und ist von zahlreichen Chlorophylikörnern umgeben; in der Ringzelle schmiegt er sich einseitig der Innenwand an; in der Centralzelle nimmt er eine genau mittlere Stellung ein und erscheint wegen des reichen Gehaltes an Chlorophyll und Protoplasma nur als. hellerer Fleck. Centralzelle und Ringzelle wachsen überwiegend in die Länge, weniger im Umfang. Dabei wird die Neigung der Scheidewand, welche letztere von der Deckelzelle trennt, all- mälig etwas geringer. Während alle übrigen Zellen ungetheilt bleiben, zerfällt die Centralzelle durch eine Anzahl successiver Theilungen in die Specialmutterzellen der Spermatozoiden. Die Stellung der Scheidewände zur Längsachse des Organes und untereinander ist hier eine ziemlich regellose, wie aus Fig. 3 und 4 ersichtlich. Die Zellen letzter Generation runden sich in der für die Specialmutterzellen charakteristischen Weise gegen einander ab, bis sie sich vollkommen isolirt haben. Auf die zarte Cellulose- membran folgt nach innen zunächst eine Schicht hyalinen Pro- toplasmas; gegen die Mitte hin sind im Plasma zahlreiche Körnchen eingebettet. Die Entleerung der reifen Specialmutter- zellen erfolgt stets durch einen unregelmäflsigen Rifs der Deckel- zelle. Die zerfetzten Membranstücke derselben schrumpfen zu- 307 424 Gesammtsitzung sammen und werden bald unkenntlich. Mit dem allmäligen Hervortreten des zelligen Inhaltes geht eine beträchtliche Deh- nung der Basalzelle und Ringzelle nach innen Hand in Hand (Fig. 6.). Es legt dies die Vermuthung nahe, dafs das Öffnen des Antheridiums vorzüglich durch die Turgescenz dieser bei- den Zellen bewirkt werde. In der Membran der Ringzelle, welche sich gleichzeitig stark verkürzt, bilden sich dabei Falten in gröfserer oder geringerer Zahl, welche, von oben gesehen, meist nicht über die halbe Dicke des Ringes hinausreichen (Fig. 7), bei seitlicher Ansicht aber echten Scheidewänden zuweilen täuschend ähnlich sehen. Ich vermuthe, dafs dieselben bei den unrichtigen Darstellungen des Baues und der Entwicke- lung des Farrnantheridiums eine grofse Rolle gespielt haben. Dafs die Ringzelle nicht, wie mehrere der oben genannten Forseher annehmen, aus der Verschmelzung von vier oder mehr ursprünglich getrennten peripherischen Zellen entsteht, sondern dafs sie schon als solche angelegt wird, geht aus dem konstanten Vorhandensein von nur einem Zellkern mit voller Sicherheit hervor. Auch nach erfolgter Entleerung bleibt der- selbe noch einige Zeit deutlich erkennbar (Fig. 6). Die Antheridien von Ceratopteris thalictroides (Fig. 8 — 10) sind denen von Aneimia auf den ersten Blick sehr unähnlich. Bei näherer Untersuchung zeigt sich, dafs die Verschiedenheit mehr in den Dimensionen der einzelnen Theile, als in abweichendem Bau liegt. Die meisten Antheridien neh- men hier aus Randzellen des Vorkeimes ihren Ursprung; nur wenige entwickeln sich auf der Unterseite der Laubfläche. Bei ersteren, die ich allein näher verfolgte, vollziehen sich die Thei- lungen der Mutterzelle schon zu einer Zeit, wo diese noch kaum merklich über ihre Nachbarinnen hervorragt. Die erste Scheidewand ist meist unsymmetrisch und stark gekrümmt. Sie legt sich einerseits an die freie Aufsenwand der Mutterzelle, andererseits an eine der Seitenwände an, welche diese von ihren Nachbarzellen trennen. Die auf solche Weise abgegliederte untere Zelle reicht natürlich nur einseitig bis an den freien Rand des Vorkeimes (Fig. 9°, 10). Leider fehlt mir für den nächsten Theilungsschritt die direkte Beobachtung. vom 27. Mai 1869. 425 Aus dem fertigen Zustande, zusammengehalten mit dem zwei- fellos ermittelten Entwickelungsgange bei Aneimia hirta glaube ich schliefsen zu dürfen, dafs auch hier der zuerst gebildeten Wand eine uhrglasförmige Membran sich aufsetzt, welche eine innere Zelle von der Form einer biconvexen Linse von einer äulseren flach glockenförmigen Zelle abtrennt. In letzterer würde dann, ähnlich wie bei Aneimia, eine nach oben sich er- weiternde trichterförmige Scheidewand entstehen, welche Deckel- zelle und Ringzelle von einander isolirt. Letztere bleibt hier stets kurz und dabei schwach abwärts gebogen. Dies, mit dem Fehlen einer eigentlichen Stielzelle zusammengenommen, ist es, was den Habitus des Antheridiums von Ceratopteris haupt- sächlich bedingt. Von der beschriebenen Bildung kommen nur selten Ab- weichungen vor. Die gewöhnlichste besteht darin, dafs die erste Theilungswand sich, statt nur an eine, symmetrisch an beide Seitenwände anlegt (Fig. 9). Nur in den seltensten Fällen habe ich reife Antheridien beobachtet, bei denen die Sonderung von Ringzelle und Deckelzelle unterblieben war, wo also die Specialmutterzellen in einen linsenförmigen Raum zwischen zwei Zellen eingeschlossen waren. Asplenium alatum besitzt Antheridien, deren Kern meist von zwei übereinanderliegenden Ringzellen umschlossen wird. (Fig. 14 und 15). Der Deckel ist ebenso, wie bei Aneimia hirta und Ceratopteris thalictroides, einzellig. Eine Stielzelle ist hier nicht immer vorhanden (Fig. 11, 14, 15). An den schmächtigen, sehr gedrängt gewachsenen Vorkei- men, welche ich untersuchte, entwickelten sie sich zum gröfseren Theikauf der unteren Laubfläche, häufig so massenhaft, dafs jede Zelle ein Antheridium trug. Weniger zahlreich gingen sie aus Randzellen hervor. Am besten liefs sich ihre Entwicke- lung an fädigen Adventivzweigen verfolgen, deren Verästelungen häufig mit je einem Antheridium abschliefsen (Fig. 13). Die jüngsten von mir beobachteten Anlagen waren etwa halbkugelig. Die erste in ihnen auftretende Scheidewand be- sitzt die Form eines Trichters; sie setzt sich der ebenen Ba- salfläche in einem engen, mit ihrer peripherischen Begrenzung 426 Gesammtsitzung concentrischen Kreise auf und erweitert sich nach oben, um sich etwa in der Mitte der kugelig gewölbten Aufsenwand, ebenfalls in geschlossenem Kreise, anzulegen (Fig. 11, 12). Die untere (und gleichzeitig äulsere) der beiden Schwesterzellen, welche schon bei ihrem Entstehen die Form eines an der Basis verbreiterten, nach oben zugeschärften Ringes besitzt, behält dieselbe im Wesentlichen bei; sie ist fortan keiner weiteren Theilung mehr fähig. Die andere, am unteren Ende konisch verschmälerte Schwesterzelle läfst in diesem unteren Theile einen Zellkern deutlich erkennen. Ihr Längenwachsthum geht ausschliefslich in der oberen, freien Hälfte vor sich. Behandelt man ein junges Antheridium in diesem Entwickelungszustande, wo sich der obere Theil auch in der Aufsencontour von der ersten ringförmigen Hüllzelle soeben schwach abzuheben be- ginnt (Fig. 13°) mit verdünnter Ätzkali-Lösung und, nach einmaligem Auswaschen, mit Salzsäure, so bemerkt man bei mittlerer Einstellung eine zarte Theilungslinie, der nach oben und unten je ein Zellkern anliegt (Fig. 13°). Diese Scheide- wand, welche eine obere, flach glockenförmige Zelle von der Centralzelle (der Urmutterzelle der Spermatozoiden) abtrennt setzt sich dem oberen Rande der erst entstandenen trichterför- migen Zellwand allseitig auf und ist in Form eines Meniskus schwach nach aufwärts gekrümmt. Mit dem weiteren Längenwachsthum des jungen Antheri- diums geht eine stärkere Emporwölbung dieser Scheidewand Hand in Hand. Nachdem sie der freien Aufsenwand ohnge- fähr parallel geworden, setzt sich ihr in allseitig gleicher Ent- fernung vom Scheitel eine ringförmige, nach oben sich schwach trichterförmig erweiternde Wand fast rechtwinkelig auf (Fig. 14). Die glockenförmige Zelle wird dadurch in eine ringföfmige untere und in eine obere Deckelzelle getheilt, welche die Form eines gestutzten, mit der sphärischen Basalfläche nach oben gekehrten Kegels zeigt. Damit ist die Entwickelung der Anthe- ridienhülle in der grofsen Mehrzahl der Fälle beschlossen. Beide Ringzellen sowohl, als die Deckelzelle lassen bei auf- merksamer Betrachtung je einen Zellkern deutlich erkennen. Auch nach Entleerung der Antheridien bleibt derselbe in den Ringzellen noch einige Zeit erhalten (Fig. 17). vom 27. Mai 1869. 427 Erst nach Anlage der Antheridienhülle treten in der Cen- tralzelle eine Reihe von Theilungen auf, welche zur Bildung der Specialmutterzellen führen. Die ersten Scheidewände sind meist genau nach der Längsachse des Antheridiums orientirt und einander nach drei Dimensionen rechtwinkelig aufgesetzt; hierauf wechseln dann noch einige Mal radiale Wände mit tangentialen ab. Die Zellen letzten Grades, deren Zahl nicht konstant ist, runden sich gegen einander ab. Auf ihre sehr zarte Membran folgt nach innen zunächst eine hyaline Plasma- zone; der centrale Theil des Inhaltes ist deutlich körnig. Das Öffnen des Antheridiums wird offenbar auch hier durch die Turgescenz der beiden Ringzellen bewirkt. Nach- dem die Deckelzelle unregelmäfsig durchrifsen und die Special- mutterzellen entleert sind, dehnen sie sich, unter gleichzeitiger geringer Verkürzung, nach innen. Es bilden sich hierdurch radial-senkrechte Falten, welche bei seitlicher Ansicht oft täu- schend den Anschein echter Scheidewände!) gewähren. Auch hier, wie bei Aneimia hirta, überzeugt man sich bei Betrach- tung von oben mit Leichtigkeit, dafs sie die äufsere Membran nicht erreichen. Als Ausnahme beobachtet man zuweilen Antheridien mit nur einer Ringzelle.. Diese hat dann, soweit der fertige Zu- stand einen sicheren Schlufs gestattet, ganz die gleiche Ent- stehung, wie die obere Ringzelle in normalen Antheridien: sie ist die Schwesterzelle der Deckelzelle. Etwas häufiger wurden Antheridien mit drei Ringzellen beobachtet (Fig. 17). Hier wird dann die mittlere wahrschein- lich in derselben Weise durch eine trichterförmige Scheidewand angelegt, wie die untere. Sicher war dies bei zwei abnormen Antheridien der Fall, wo sich die zweite Ringzelle der unteren seitlich und schief aufgesetzt hatte (Fig. 16). 1) In zwei Fällen glaube ich mich bestimmt von dem Vorhanden- sein je einer echten radialen Längswand in einer der Ringzellen über-. zeugt zu haben. Ich halte sie für nachträgliche Bildungen. Über die Art ihrer Entstehung kann ich leider nichts Näheres angeben. 428 Gesammtsitzung Cibotium Schidei schliefst sich unmittelbar an Asplenium alatum an, zeigt aber einige bemerkenswerthe Eigenthümlich- keiten. Die unterste der zwei Ringzellen, welche auch hier bei der überwiegenden Mehrzahl der Antheridien vorhanden sind, ruht meist auf einer nur einseitig entwickelten Basalzelle und ist dann auf der einen Seite niedriger, als auf der anderen, während die obere Ringzelle mehr regelmäfsig entwickelt ist. (Fig. 19). Die Deckelzelle bleibt hier nicht ungetheilt, sondern zerfällt durch eine auf der Aufsenwand senkrechte, gegen den Mittelpunkt der Zelle stark convexe Wand in zwei ungleich grofse Tochterzellen. Die gröfsere ist halbmondförmig; die kleinere elliptisch, an beiden Enden zugespitzt (Fig. 18). In der kleineren der beiden Schwesterzellen findet zuweilen noch eine weitere Theilung statt. Entweder wird sie durch eine, auf der letztentstandenen, senkrechte Wand halbirt; oder es Setzt sich der ersten Wand eine entgegengesetztgekrümmte beider- seits auf. Der Deckel ist dann aus einer centralen und zwei peripherischen Zellen zusammengesetzt. Nur selten ist die zweite Wand des Deckels der erstgebildeten parallel. Beim Öffnen des Antheridiums wird der Deckel nicht un- regelmäfsig durchbrochen, wie bei Aneimia hirta, Ceratopteris thalictroides und Asplenium alatum, sondern es wird die kleinere Zelle, oder, wenn er aus dreien besteht, eine der beiden klei- neren aus dem Verbande der Nachbarzellen gelöst und zurück- geklappt. Die Bildung der Ringzellen ist, soweit ich beobachten konnte, der bei Asplenium alatum beschriebenen durchaus ana- log; auch hier ist die untere von wesentlich verschiedener Ent- stehung, als die obere. Die untere wird durch eine trichter- förmige Scheidewand von der Urmutterzelle des Antheridiums direkt abgeschieden, während die obere neben dem (hier später mehrzelligen) Deckel Theilungsprodukt einer glockenförmigen Zelle ist. Von den beschriebenen Fällen durchaus verschieden ist der Entwickelungsgang der Antheridien von Osmunda regalis. Geschlofsene Ringzellen kommen bei ihnen niemals vor. Die Mutterzelle theilt sich zunächst durch eine schiefe, nach innen vom 27. Mai 1869. 429 \ schwach concave Wand, der in der oberen und grölseren der beiden Schwesterzellen eine zweite, entgegengesetzt geneigte folgt; nur selten bilden sich drei aufeinanderfolgende Wände, welche dann in Winkeln von 120° divergiren. Während sich die peripherischen Zellen nicht weiter theilen, wird in der inneren und gleichzeitig oberen Zelle eine zur Längsachse des Antheridiums annähernd senkrechte, nach unten schwach con- cave Scheidewand angelegt, die sich den erstentstandenen all- seitig ansetzt. Die Centralzelle zerfällt nun durch eine Reihe von Theilungen, in denen sich keine bestimmte Regel erkennen liefs, in die Specialmutterzellen der Spermatozoiden; die Deckel- zelle theilt sich während dessen durch mehrere in gleichem Sinne über ihren Scheitel verlaufende Wände in drei bis vier Zellen, deren Aufsencontour meist durch nachträgliche Dehnung wellig wird. Sie setzen die Antheridienwandung zum gröfseren Theil zusammen.') Das Interesse der oben mitgetheilten Thatsachen geht weit über die Entwickelungsgeschichte der Farrnkräuter hinaus. Zellen von der Form geschlofsener Ringe sind, meines Wissens, nur am erwachsenen Wedel mehrerer Aneimia- Arten beobachtet worden, wo sie die. Schliefszellenpaare der Spaltöffnungen um- geben. Über die Art ihrer Bildung besteht eine bisher noch ungelöste Meinungsverschiedenheit zwischen Hildebrand?) und Strafsburger;?®) darin aber kommen beide überein, dafs die Ringzellen nicht als solche angelegt werden, sondern ihre eigen- thümliche Form erst nachträglich erhalten. Die Antheridien der Polypodiaceen und Schizaeaceen bieten demnach das erste Beispiel für eine direkte Entstehung von Ringzellen durch Bildung trichterförmiger Scheidewände; sie 1) Ausführlicheres über die Antheridien von Osmunda werde ich in einem binnen Kurzem in Pringsheims Jahrbüchern erscheinenden Auf- satze geben. 2) Über die Entwickelung der Farrnkrautspaltöffnungen. Bot. Zeit. 1866 p. 245. 3) Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Spaltöffnungen. Pringsheims Jahrb. V p. 309. 430 Gesammtsitzung zeigen gleichzeitig, dafs dieser im Gewächsreich bisher durch- aus vereinzelt dastehende Vorgang zwei Modifikationen zuläfst, indem die Ringzellen das eine Mal von einer halbkugeligen, das andere Mal von einer glockenförmigen Mutterzelle ab- gegliedert werden. Hoffentlich gelingt es mir an geeigneteren Arten, als die bisher von mir untersuchten, den Procels der Scheidewandbildung und das Verhalten des Zellkernes dabei genauer zu verfolgen. Erst dann wird es möglich sein zu ent- scheiden, ob diese neue Form der Zellbildung sich den bisher beobachteten unmittelbar anreiht, oder ob sie wesentlich davon verschieden ist. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Jüngster beobachteter Enwickelungszustand eines rand- ständigen Antheridiums von Aneimia hirta. Die Cen- tralzelle besitzt die Form einer biconvexen Linse. (Nach Behandlung mit Atzkali und Salzsäure ge- zeichnet.) „ 2. Etwas älterer Zustand. Die Glockenzelle ist noch un- getheilt (a. frisch -, b. nach Behandlung, wie 1. ge- zeichnet). „ 3. Halberwachsenes Antheridium. Die Hülle ist vollstän- dig angelegt; in der Centralzelle sind die ersten Thei- lungen bereits erfolgt. (a und b, wie bei 2.) „ 4. Etwas älterer Zustand, als 3. (a. und b., wie bei 2.) „9. Reifes Antheridium (es wurde während der Beobach- tung entleert). „ 6. Eben entleertes Antheridium. Rechts ist der Zellkern der Ringzelle deutlich erkennbar. »„ 7. Schon seit längerer Zeit entleertes Antheridium, von oben gesehen. Die innere, gefaltete Wand der Ring- zelle ist schon stark gebräunt; der Zellkern ist nicht mehr erkennbar. » 8. Halbentwickeltes Antheridium von Ceratopteris thalictro- ides, von einer Randzelle des Vorkeimes schief ent- | springend. Die Hülle ist vollständig angelegt; die Centralzelle über’s Kreuz in 4 Zellen getheilt. (Nach Behandlung mit Ätzkali und Salzsäure gezeichnet.) „ 9. Zwei reife Antheridien derselben Art: a mit normal- unsymmetrischer, b mit abnorm-symmetrischer Basal- zelle. Monalsbericht U K-AA.W. Mai 1869. CH Schmid lv U inır ad nat. del. LER BAR: ee a eh lee Fig. 10. ER BR: 3 Graph, BR alsugig: vom 27. Mai 1869. 431 Entleertes Antheridium derselben Art. Eine Special- mutterzelle ist im Innenraum zurückgeblieben. Antheridium-Anlage von Asplenium alatum. Erst die untere Ringzelle ist abgegliedert. Ihr Zellkern lag links und war ohngefähr bei mittlerer Einstellung deutlich. . Wie vorige. . Etwas weiterer Entwickelungszustand. Die obere Zelle hat sich in eine flach - glockenförmige Aufsenzelle und die Centralzelle getheilt (a und b, wie bei 2). Die Glockenzelle ist schon in die zweite Ringzelle und die Deckelzelle getheilt; die Oentralzelle ist noch un- getheilt. (Nach Behandlung mit Atzkali und Salzsäure.) . Etwas älterer Zustand. Die Centralzelle ist schon in 8 Zellen getheilt, von denen nur 4 sichtbar. (Behand- lung, wie bei 14.) . Reifes Antheridium mit 3 Ringzellen. Die mittlere Ringzelle ist der unteren schief aufgesetzt, so dafs deren eine Seite von der Umhüllung der Specialmutterzellen ausgeschlolsen ist. . Entleertes Antheridium mit 3 Ringzellen; in jeder der- selben ist ein kugeliger Zellkern deutlich sichtbar. . Junges Antheridium von Cibotium Schidei von oben ge- sehen. Die Centralzelle ist in 4 Quadranten zerfallen, von denen 2 schon wieder getheilt sind; der Deckel besteht aus 2 Zellen. (Nach Behandlung mit Atzkali und Salzsäure gezeichnet.) Junges Antheridium, von der Seite gesehen. Die Cen- tralzelle ist noch ungetheill. — Durch ein Versehen des Lithographen ist der Kreis, in welchem sich die untere trichterförmige Scheidewand an die Aufsenwan- dung anlegt, etwas zu tief gerückt. Sämmtliche Figuren sind mit der Camera entworfen und 325 mal vergröfsert. 432 ' Gesammtsitzung v Hr. W. Peters las über neue Gattungen und neue. oder weniger bekannte Arten von Amphibien (Zremias, Dicrodon, Euprepes, Lygosoma, Typhlops, Eryx, Rhynchonyx, Ela- pomorphus, Achalinus, Coronella, Dromicus, Xenopholis, Anoplo dipsas, Spilotes, Tropidonotus). SAURI. 1. Eremias Brennerin. sp. . Schnauze spitz abgerundet. Unteres Augenlid beschuppt, undurchsichtig; Suborbitale tritt nicht an den Lippen- rand, über dem 5. und 6. Supralabiale, welches letztere drei- mal solang wie hoch ist. Nasenöffnung zwischen vier Schild- chen, einem inneren, einem unteren, einem sehr kleinen hinteren oberen und einem Frenonasale gelegen. Internasale hexagonal, wenig breiter als lang. Interparietale kaum so grols wie das Nasale superius. Die beiden Supraorbitalia wie bei Er. lugubris innen, hinten und aufsen von kleinen ge- kielten Schüppchen umgeben, während vor ihnen eine gro[lse mittlere, und zwei kleine seitliche Schildchen vorhanden sind. Sämmtliche obere Kopfschilder, von dem Internasale an, sind sehr zierlich mit feinen er- habenen wellenförmigen Längslinien geziert. Das erste Frenale ist klein, das zweite sehr grofs, dop- pelt so lang wie hoch. Sechs Supralabialia; sieben schmale Infralabialia, von denen das 4., 5. und 6. sehr lang sind. Von den vier Submentalia jeder Seite ist das letzte fast so lang, wie die drei übrigen zusammen. Die Schläfenschuppen sind vor der Ohröffnung länglich, hexagonal, gekielt. Die Ohröffnung ist ganz ähnlich wie bei Er. lugubris, senkrecht, am hinteren Rande grade. Der Rand des Halsbandes wird von 6 Schuppen gebildet, von denen die beiden mittleren die breitesten sind. Abdominalschilder in sechs Längsreihen. Unter den Präanalschuppen ist eine mittlere durch ihre Grölse aus- gezeichnet. Jederseits 20 Femoralporen. Gliedmafsen schlank, die vorderen bis an die Nasenlöcher, die hinteren über das Auge hinausreichend. | Die Färbung ist ähnlich, wie bei gewissen Varietäten von Er. lugubris. Fünf weilsliche Längslinien, von denen die mittelste sich vorn gabelförmig theilt, auf hellbraunem Grunde; zwischen den vom 27. Mai 1869. | 433 Linien einige unregelmäfsige weilse Flecke; die Extremitäten ‚mit hellen Flecken auf dunklem Grunde, eine dunkle Längs- linie auf der Hinterseite der Oberschenkel, welche, so wie die ganze Unterseite des Thiers, gelblichweifs ist. Ein Exemplar von Hrn. Richard Brenner, einem der Reisegefährten des Barons ©. von der Decken, aus Barava im Somalilande. 2. Dicrodon celestis Peters (Monatsberichte d. J.p. 64). Der genauere Fundort dieser Art ist Porto Alegre. COnemidophorus lacertoides Dum. Bibr. ist nicht damit zu ver- einigen, sondern wirklich ein Cnemidophorus und kein Dicrodon. Dennoch möchte ich die von mir bezeichnete Art für diejenige halten, welche d’Orbigny abgebildet hat, da sie der Abbil- dung ähnlicher ist und ich kürzlich auch noch ein paar Exem- plare aus derselben Gegend erhalten habe. 3. Euprepes (Euprepis) Grütznerin. sp. Sehr nahe verwandt durch die ganze Gestalt, die Form der Kopfschilder und die ebenfalls schwach dreikieligen Rücken- schuppen mit E. homalocephalus Wiegm. (E. Smithü Gray). Die Schuppen sind aber kleiner und bilden, anstatt 30, 36 Längs- reihen. Der vordere Ohrrand ist nicht mit verlängerten zuge- | spitzten, sondern mit (drei) kurzen abgerundeten Schuppen be- deckt, ähnlich wie bei E. punctatissimus Smith, welcher ihm ebenfalls nahe steht, aber sich sogleich durch andere Kopfform, viel längeres Frontale medium und stark gekielte Rückenschuppen unterscheidet. Von dem Hinterhaupt gehen fünf schwarze Linien bis zur Schwanzwurzel, welche vier goldgelbe Punktlinien einschlielsen; über der Orbita entspringt eine goldgelbe Binde, welche, sich auf dem Körper verbreiternd und undeutlicher werdend, jeder- seits auf dem Schwanze verliert und von dem Auge entspringt unter derselben eine breite schwarze Längsbinde mit einigen gelben Pünktchen, welche bereits hinter der Schulter sich ver- liert und in unregelmäfsige Fleckenlinien auflöst. Die oliven- farbige Oberseite des Kopfes ist namentlich um das Interparietale, um die Supraorbitalia und an der Spitze des Frontale mit Schwarz geziert. Die olivengrünen Supralabialia haben jeder einen gelben Fleck, und die Infraorbitalia sind hellgelb mit 434 Gesammtsitzung Ausnahme ihres oberen scharf abgegrenzten schwarzen Randes. Die Unterseite ist metallisch glänzend, grüngelb mit mehr oder weniger deutlichen dunkleren zwischen den Schuppen verlau- fenden Längslinien. Die Extremitäten sind an der Oberseite olivenfarbig mit Schwarz und Gelb punctirt. Zwei Exemplare aus Gerlachshoop (Südost- Afrika) von Hrn. Missionar Grützner. 4. Euprepes (Mabuya) laevigatus n. Sp. Die schmalen Supranasalia stofsen vorn aneinander, so (dafs das Internasale, welches mit seinem hinteren Ende an das Frontale medium stöflst, von dem Rostrale entfernt ist. Das Frontale ist kaum länger als die Frontoparietalia und das In- terparietale zusammen. Von den vier Supraorbitalia ist das zweite das gröflste. Die Nasenöffnung liegt im hinteren oberen Winkel des Nasale, an welches letztere ein sehr kleines Freno- nasale stöfst. Beide Frenalia sind merklich länger als hoch. Acht Supralabialia, von denen das sechste längste den gröfsten Theil des unteren Augenrandes bildet. Die ovale durchsichtige Scheibe des unteren Augenlides ist sehr grofs. Ohröffnung mäfsig, schräg, vorn von drei Schuppen bedeckt. Die Körperschuppen bilden 35 Längsreihen und lassen keine Spur von Kielen er- kennen. Olivengrün, mit 6 (am Nacken 7) unregelmäfsigen schwarzen Längslinien; zwei weifsgelbe Längsbinden jederseits, von denen die obere über dem Auge entspringt und an der Seite des Schwanzes verläuft, die untere von der Oberlippe entspringt und bis an die Schenkelbuge geht. Gliedmafsen mit schwarzen unterbrochenen Längslinien und gelblichen Fleckchen. Unter- seite glänzend grünlichgelb. Die vorstehende Art liefert einen neuen Beweis, dafs eine Trennung der Euprepes-Arten nach der gekielten oder glatten Beschaffenheit der Schuppen allein nicht von generischem Werthe sein kann, | Das vorliegende Exemplar ward ebenfalls in Gerlachs- hoop (Südost-Africa) von Hrn. Missionar Grützner ge- sammelt. 5. Euprepes venustus Girard= Euprepes Delalandii Dum. Bibr, vom 27. Mai 1869. 435 Durch Hrn. Dr. Strauch hat unser Museum Exemplare der vorstehenden Art von den Cap-Verdeschen Inseln er- halten. Da A. Smith in seinen Illustrations of South Africa nichts von dem Vorkommen dieser Art in Süd-Africa erwähnt, sie auch von keinem neuern Reisenden dort gefunden worden ist, so dürfte mit grofser Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dafs auch das von Dumeril und Bibron beschriebene Exem- plar nicht den von ihnen angegebenen Ursprung hat. 6. Lygosoma (Mocoa) nigrofasciolatum n. Sp. Im Habitus sehr ähnlich dem E. (M.) samoensis Hombr. Jacg., aber mit kürzeren Zehen. Nasale von der Gröfse des 1. Su- pralabiale, mit grofser in der Mitte seines unteren Randes lie- gender Nasenöffnung. Internasale stöfst mit seiner vorderen Spitze an das Rostrale, hinten an das Frontale medium, wel- ches letztere mit seiner Spitze an die beiden Frontoparietalia stölst. Das vordere Frenale trapezoidal, länger als hoch, vorn höher als das hintere um die Hälfte längere Frenale. Fünf Supraorbitalia, von denen das letzte sehr klein ist. Interparie- tale ein wenig kleiner als die Frontoparietalia. Neun Supra- labialia, das 2. bis 4. von gleicher Form, halb so lang wie das erste, das 6. grölfste bildet zugleich das Suborbitale und die drei letzten schuppenförmig. Die durchsichtige Scheibe des unteren Augenlides rund. Ohröffnung mälsig, am vorderen Rande mit zwei vorspringenden Schuppen. Körperschuppen in 39 Längsreihen, die des Rückens und der Bauchseite gröfser als die seitlichen. Oben olivenbraun, metallisch glänzend, mit zahlreichen (auf dem Körper etwa 13) unregelmäfsigen schmalen schwarzen, an den Körperseiten hellgefleckten queren Fleckenbinden; zwischen den Schultern eine schwarze Längsbinde; über der Schläfen- gegend und hinter dem Ohr schwarz gefleckt. Augenlidränder ‘und vorderer Ohrrand gelblichweils. Unterseite metallisch grün, Ein 22 Centimeter langes wohlerhaltenes Exemplar, ge- kauft, angeblich aus Neu-Caledonien stammend. SERPENTES. 7. Typhlops perditus n. sp. Augen nicht sichtbar, Nasenöffnungen am Ende der Schnauze stehend, Kopfschilder ganz ähnlich wie bei 7, reticu- 436 Gesammtsitzung latus, nur ist das Nasorostrale hinten viel weniger eingebuchtet, das Präoculare daher weniger vorspringend. Körperschuppen in 18 Längsreihen. Schuppen der Oberseite olivenbraun mit gelbgrünen Rändern, Unterseite und Kopfende grünlichgelb. Totallänge 0285; Kopf 0010; Schwanz 09004; m. dicke 090048. Gekauft, angeblich aus Orizaba. 8. Erys conicus Schneider, var. laevis. Ein Exemplar, welches ich im Jahre 1848 bei Goa fing, hat nur die Schuppen des Vorderkopfes und einige Schwanz- schuppen schwach gekielt, die übrigen ganz glatt, stimmt aber sonst vollkommen mit E. conicus überein und scheint mir den Beweis zu liefern, dass die von Gray aufgestellte Gattung Cu- soria nicht haltbar ist. Achalinus nov. gen.') Oberkiefer, Gaumen-, Flügelbeine und Unterkiefer Beni Zähne des Oberkiefers zahlreich, gleich lang und glatt. Kopf lang, nicht vom Halse abgesetzt; Augen klein, mit runder Pupille; 2 Nasalia, Frenale mit dem Praeoculare, Postoculare mit den Temporalia verschmolzen; Oberkopfschilder in gewöhnlicher Zahl; Augen klein; Submentalia kurz; Körper eylindrisch, mit langgestreckten, gekielten Schuppen (in 21] Längsreihen) bedeckt; Anale und Subcaudalia einfach. Gehört zu den Calamariformes aglyphodontes und schliefst sich unter diesen zunächst der Gattung Haplocercus Gthr. an, von welcher sie aber durch die Pholidosis des Kopfes, nament- lich durch die ansehnlichen Nasalia und das grofse doppelte Internasale abweicht. . 9, Achalinus spinalis n. sp. (Taf. Fig. 1). Rostrale dreieckig zugespitzt, oben nicht vortretend. In- ternasalia dreieckig zugespitzt, länger als breit. Nasenöffnung in dem vorderen Nasale gelegen, dahinter eine bogenförmige Vertiefung in dem hinteren Nasale, welches letztere über dem “zweiten und dritten Supralabiale liegt und nach hinten an das grofse doppelt so lange wie hohe Freno-praeorbitale stöfst. - Die Praefrontalia sind nicht länger als die Internasalia, aber dop- 1) @, xahivds (Giftzahn). vom 27. Mai 1869. 437 pelt so grofs, und so breit wie lang. Das Frontale ist breiter als lang, pentagonal, hinten stumpfwinkelig, mit seinen kür- zesten Seiten zwischen den Supraorbitalia gelegen. Die Parie- talia sind sehr lang, hinten zugespitzt, länger als alle übrigen Kopfschilder zusammengenommen. Sechs Supralabialia, das erste sehr klein, das letzte länger als alle übrigen zusammen genommen, das 4. und 5. stofsen ans Auge. Keine besonderen Postorbitalia; Temporalia lang 2+2-+-3. Mentale breit und sehr kurz, von den Submentalia durch das erste Paar der In- fralabialia getrennt. 6 schmale Infralabialia, von denen vier mit den Submentalia in Verbindung stehen; 3 Paar kurze Sub- mentalia, von denen das erste Paar zusammen eine nach hinten zugespitzte herzförmige Figur bildet. Körperschuppen lanzett- förmig, deutlich gekielt und ohne Endgruben, ein und zwanzig Längsreihen bildend. 149 Ventralia, 1 einfaches Anale und 62 Sceuta subeaudaliaa Braun mit einer schwarzen Linie längs der Mittellinie des Rückens bis zur Schwanzspitze; Bauchseite bräunlichgelb, die Halsschilder in der Mitte schwärzlich und eine - schwarze mittlere Längsbinde unter dem Schwanze. Totallänge 09360; Kopflänge 09090; Schwanz 0%0115; Körperdicke 0%007. Gekauft; angeblich aus Japan. Rhunchonys nov. gen.') Vordere Oberkieferzähne klein und gleichförmig, der hin- terste gröfser und gefurcht; Zähne der Gaumenbeine und der Unterkiefer klein. Schnauzenende sehr vorspringend, scheiden- förmig von dem grofsen Rostrale eingehüllt. Augen klein mit runder Pupille. Nasenlöcher im vorderen Ende des einfachen Nasale gelegen. Körper drehrund, mit glatten rhomboidalen (in 15 Reihen stehenden) grubenlosen Schuppen bedeckt. (Kein Frenale, 1 Anteorbitale, 1 Postorbitale, keine Internasalia, 2 Paar lange Submentalia, Anale und Subcaudalia doppelt.) : Gehört zu den Calamariformes opisthoglyphi, durch das sehr entwickelte Rostrale an Temnorhynchus, Rhinochilus und Cemophora, durch die Körperform an Elapomorphus erinnernd. e Puyx.os, evuE. [1869.] 31 438 | Gresammtsitzung "10. Rh. ambiniger n. sp. (Taf. Fig. 2). Rostrale etwas breiter, als lang, viel niedriger als hoch, vorn abgerundet, unten nach der Mundöffnung hin vertieft; steht durch einen stumpfen Winkel mit den beiden Präfrontalia und jederseits durch einen concaven Rand mit dem Nasale und durch einen kurzen geraden Rand mit. dem 1. Supralabiale in Verbindung. Die Präfrontalia sind ein wenig länger als breit, ihr kürzester vorderer Rand stöfst an das Rostrale, ihr innerer Rand, mit dem sie aneinander sto[sen, ist eben so lang, wie der hintere untere, mit dem sie an das Anteorbitale und das Supraorbitale stofsen; mit ihrem längsten unteren Rande sto[sen sie an das Nasale und mit dem nächstlangen hinteren oberen Rande bilden beide Schilder einen stumpfen Winkel, den das vordere stumpfe Ende des hexagonalen Frontale ausfüllt. Die Parietalia sind um ein Drittel länger als das Frontale. Das Nasale ist sehr lang dreieckig zugespitzt und stöfst hinten an das kleine Anteorbitale, welches ein wenig gröfser als das Postorbitale erscheint. Sechs Supralabialia; das erste ist länger, aber niedriger als das zweite, welches letztere an das Nasale, das Anteorbitale und das Auge stölst, das dritte bildet vorzüg- lich den unteren Augenrand und stölst an das Postorbitale; das 4. kleinste steht nach oben hin nur mit dem Postorbitale in Verbindung; das 5. verbindet sich mit dem Parietale und mit dem Postorbitale und das 6. legt sich mit seinem oberen Rande an das Parietale und nach hinten und oben an das einfache Temporale. Das dreieckige kleine Mentale .ist länger als breit und wird durch das erste Paar der Infralabialia von den Sub- mentalia getrennt. Es sind 7 Infralabialia vorhanden, von denen 5 mit den Submentalia in Verbindung stehen, das 4. und 5. sehr grols, die beiden letzten schuppenförmigen dagegen sehr klein sind. Die Submentalia sind gleich lang und dop- pelt so lang wie breit. Körperschuppen in 15 Längsreihen. 224 Ventralia, 1 getheiltes Anale und 33 Paar Subcaudalia. Oben olivenbräunlich, unten gelblich; Kopf und Nacken schwarzbraun, mit Ausnahme des Oberlippenrandes bis zu dem fünften Supralabiale und der Unterseite bis zum 6. Infralabi- ale, welche gelblich sind. Schwanzende, mit Ausnahme der äufsersten Schwanzspitze, ebenfalls schwarz. vom 27. Mai 1869. 439 Totallänge 09395; Kopf 02010; Schwanz 0%033; Kör- perdicke 0%0055. Gekauft; angeblich. aus a il. Elapomorphus nigrolineatus n. Sp. Bräunlichgelb mit fünf schwarzen Längsstreifen, Ki beiden breitesten jederseits auf der vierten und fünften, eine schmälere längs der Rückenlinie, und eine linienförmige auf der zweiten (oberen) Schuppenreihe jeder Seite verlaufend. Der Kopf oben fast ganz schwarz, nur auf dem Rostrale, den Internaso-prae- frontalia und dem ersten Supralabiale mehr bräunlichgelb und an den Seiten ein dem 3. und 4. Supralabiale gemeinschaftlicher gelber Fleck. Die ganze Unterseite mit Einschlufs der Unter- lippe schmutzig gelb, nur das Schwanzende, mit Ausnahme der äufsersten Spitze, schwarz. Internasalia mit den Präfrontalia vereinigt. Das Frontale wenig grölser als eins der Internaso-praefrontalia. Das ein- fache Nasale stölst vorn an das Rostrale, hinten an das Prä- orbitale, da das Frenale fehlt. 6 Supralabialia, das 2. und 3. ans Auge stolsend, letzteres zugleich das kleine Postoculare tragend; das 4. und 5. gehen bis zu dem Parietale hinauf, während das 6. durch ein längliches Temporale von demselben getrennt ist; hinter beiden letzteren ein zweites Temporale, welches viel breiter als lang ist. Das Mentale von den Sub- mentalia durch das erste Paar der Infralabialia getrennt. 7 Infralabialia, welche bis zum fünften gröfsten mit den Submen- talia in Verbindung stehen. Zwei Paar Submentalia, von denen die des ersten Paares die längeren sind. Körperschuppen in 15 Reihen. 260 Ventralia, 1 einfaches Anale, 26 Paar Sub- caudalia. m Totallänge 07375; Kopflänge 0%008; Schwanz 0%027; Körperdicke 090045. Gekauft; angeblich aus Guinea, wahrscheinlich aber aus Südamerica, wie alle verwandten Arten, stammend. 12. Coronella melanocephala. Homalosoma melanocephalum Jan, Calamaridae. 1862. p. 37. Rhynchocalamus melanocephalus Günther, Proceed. Zool. Soc. Lond. 1864. p. 491. In einer kleinen Sammlung, welche Hr. Petermann die Güte gehabt hat, mir aus Jerusalem zuzusenden, befinden sich 3l* 440 Gesammtsitzung drei Exemplare dieser zierlichen Schlange, von denen eins be- trächtlich gröfser als die anderen ist. Weder im Gebifls noch in der Pholidosis kann ich, bei dem Vergleich mit Coronella austriaca, irgend einen Unterschied finden, der zu einer generischen Tren- nung von dieser Art berechtigen könnte und zumal in der Bil- dung des Rostrale habe ich nicht den geringsten Unterschied zwischen beiden Arten finden können. Die kleinen Exemplare allein, und solche scheinen Hrn. Dr. Günther nur vorgelegen zu haben, dürften allerdings leicht verleiten können, sie als zu den Calamariae gehörig und dann als eine besondere Gattung zu betrachten. 13. Dromicus unicolor Dumeril et Bibron = Dromicus angulifer Bibron. Dafs der in der Erpetologie generale vıı. p. 658 aufgestellte Dromicus unicolor unbekannter Herkunft nichts weiter als das Junge von Dr. angulifer aus Cuba ist, geht aus der Verglei- chung mit direct aus Cuba erhaltenen Exemplaren hervor. Auch aus den in der Jan’schen Iconographie gegebenen Ab- bildungen beider Arten lassen sich keine Unterschiede erkennen. Xenopholisnov.gen.') Vordere Oberkieferzähne kürzer und glatt, der hinterste ver- längert und gefurcht. Kopf oval, etwas abgeplattet, viel breiter als der dünne Hals. Nasenloch vertieft in zwei grolsen Nasalia; zwei Internasalia, drei Praefrontaliain einer Querreihe; Auge klein mit runder Pupille; ein sehr grolses Anteorbitale; Supra- orbitale klein; 1 Frenale; Submentalia mäfsig lang. Körper nach der Mitte hin verdickt, mit verlängerten glatten gruben- losen Schuppen (in 17 Reihen) bedeckt. Anale einfach, Sub- caudalia doppelt. Eine Gattung, welche sich den Dipsadomorphi vpleiee anschliefst, durch den abgerundeten, nicht zusammengedrückten Körper und das breite kurze Frontale dagegen mehr an O«y- rhopus erinnert. Die ganz regelmälsige Theilung des Präfron- tale in ein mittleres grolses und zwei kleinere seitliche Schil- der ist sehr eigenthümlich und bisher bei keiner Schlange be- obachtet worden. . 1) Eivog, dokts. vom 27. Mai 1869. 441 14. Xenopholis Braconnieri n. sp. (Taf. Fig. 3.) Rostrale in seinem aufsteigenden Theile sehr verschmälert, seine Spitze kaum von oben sichtbar. Nasenlöcher länglich, von vorn sichtbar, nahe dem vordern Schnauzenende liegend; vorderes Nasale vorn am höchsten, mit einem Winkel zwischen dem Rostrale und ersten Supralabiale fast bis zum Lippen- rande herabsteigend; hinteres Nasale am hintern Rande grade abgestutzt, an das Frenale stofsend. Internasalia sehr kurz, zweimal so breit wie lang, hinten zugespitzt, zusammen eine Sichel bildend. Das mittlere Praefrontale ist so breit wie lang, stölst mit seinem vordern convexen Rande an die Internasalia, mit seinen concaven seitlichen Rändern an die seitlichen Prae- frontalia, mit seinem hintern graden Rande an das Frontale und mit seinen hinteren abgestumpften Winkeln an die Präor- bitalia; jedes seitliche trapezoidale Praefrontale stöfst oben mit seinem längsten convexen Rande an das Praefrontale medium, unten mit seinem nächstlangen Rande an das Frenale, vorn an das Internasale und das Nasale und hinten an das Praeorbitale. Das Frontale ist breiter als lang, im Allgemeinen dreieckig, stölst mit seinem vordern graden Rande an das mittlere Prae- frontale, mit seinen abgestumpften vordern Winkeln jederseits an das Praeorbitale und mit den Seiten seines hintern spitzen ‚Winkels an die Supraorbitalia und die Parietalia. Letztere sind so lang wie die Frontalia zusammen und hinten abgerundet; das rechte steigt bis zu dem untern Postorbitale herab, wäh- rend die untere Spitze des linken als ein getrenntes Schildchen erscheint. Das Frenale ist trapezoidal, länger als hoch und liegt mit seinem längsten unteren Rande über dem 2. und 3. Supralabiale. Das grofse Anteorbitale stölst unten an das 3. und 4. Supralabiale und breitet sich oben so aus, dafs es die vordere Hälfte des Supraorbitalrandes bildet und das Supra- orbitale nur eine geringe Gröfse hat. Zwei Postorbitalia; 8 Su- pralabialia, von denen das 4. und 5. unter dem Auge liegen, das 5. und 6. an das untere Postorbitale stolsen. Temporalia: ein vorderes langes, an das untere Postorbitale stofsend, dahin- ter auf der linken Seite ein langes oberes und zwei kurze un- tere, auf der rechten Seite fünf kurze in zwei Querreihen. Das Mentale ziemlich klein dreieckig zugespitzt, durch das 442 Gesammtsitzung verlängerte erste Paar der Infralabialia von den Submentalia getrennt; 9 Infralabialia jederseits, von denen fünf die Submen- talia berühren, welche von gleicher Länge und um die Hälfte länger als breit sind. Die glänzend glatten Körperschuppen bilden 17 Längsreihen. 137 Ventralia, 1 einfaches Anale, 39 Paar Subcaudalia. Oben violetbraun, mit blauschwarzen weilslich geränderten, unregelmälsig ziekzackförmig alternirenden oder zu einer Quer- binde vereinigten und durch eine dunkle mittlere Rückenlinie zusammenhängenden Flecken; Unterseite weils. Totallänge 0%290; Kopf 0%010; Schwanz 0%055; Körper- dicke 0%006. Von dem Naturalienhändler Boucard als „Elapomorphus Braconnierü“ gekauft, und obgleich diese Schlange, so viel ich weils, nirgends beschrieben worden ist, behalte ich doch gern den Species-Namen zu Ehren des Hrn. Seraphin Braconnier, des wohlbekannten und geschickten Assistenten für die herpe- tologische Abtheilung des Pariser Museums, bei. Anoplodipsasnov. gen.') Oberkieferzähne sämmtlich klein und ungefurcht; Zähne in den Gaumen- und Flügelbeinen. Kopf breit, von dem dünnen Halse abgesetzt; Pupille rund; Nasenöffnung weit; zwei Nasalia; Kopfschilder in gewöhnlicher Zahl; vordere Submentalia länger als breit; Körper langgestreckt, zusammengedrückt, mit verlän- gerten, glatten, grubenlosen Schuppen, die der Mitte des Rückens z. Th. verbreitert hexagonal; Bauchschilder seitlich winklig ge- bogen, Anale und Subcaudalia einfach. Diese Gattung gehört zu den Dipsadomorphi aglyphodontes, unter denen bisher nur eine, Amblycephalus, durch Scuta sub- caudalia ausgezeichnet ist und sich von der vorstehenden so- wohl durch. die Beschildung des Kopfes wie die Körperform leicht unterscheiden lälst. 15. Anoplodipsas viridis n. sp. (Taf. Fig. 4). Rostrale das vordere Ende der etwas schräg nach hinten und unten abgestumpften Schnauze bildend; Internasalia dop- pelt so breit wie lang; Präfrontalia wenig breiter als lang und 1) Avomkog, dtbas. u vom 27. Mai 1869. 443 fast dreimal so lang wie die Internasalia, mit ihrem längsten convexen Rande an das Internasale und das Postnasale, mit ihrem kürzesten äulseren Rande an das Frenale, hinten und unten mit einem concaven Rande an das Präorbitale und hinten und oben mit einem graden Rande an das Frontale stolsend. Das Frontale ist um ein Viertel länger als vorn breit, vorn grade, hinten stumpfwinklig und steht durch einen vorderen abgestumpften Winkel jederseits mit dem Präorbitale in Ver- bindung. Das Supraorbitale ist vorn viel schmäler als hinten. Die Parietalia sind merklich länger als breit, vorn so breit wie das Frontale lang ist. Frenale trapezoidal, höher als lang. Das einfache Präorbitale ist hoch, und stöfst unten an das dritte und vierte Supralabiale.. Zwei Postorbitalia, das untere mit einem langen Temporale in Verbindung stehend, auf wel- ches noch 3 bis 4 Temporalia folgen. Acht Supralabialia, von denen das 4. und 5. ans Auge stofsen und das 7. das gröfste ist. Das spitzdreieckige Mentale wird durch .das erste Paar ‘ der Infralabialia von den Submentalia getrennt. Zehn Infrala- bialia jederseits, von denen 6 mit den Submentalia in Berüh- rung stehen, das 6. durch seine Grölse ausgezeichnet ist. Die vorderen Submentalia sind doppelt so lang wie breit, die hin- teren kaum länger als breit. Die Schuppen bilden 17 Längs- reihen, unter denen die der mittelsten z. Th. breit und hexa- gonal sind. 216 Scuta abdominalia, 1 einfaches Anale, 101 Scuta subcaudalia. Oben und an den Seiten grün, unten grüngelb. Totallänge 0%720; Kopflänge 0%182; Schwanzlänge 0%015; Körperhöhe 0%010; Körperbreite 0%005. Gekauft; angeblich aus Neu-Oaledonien. 16. Spilotes fasciatus n. Sp. Körper zusammengedrückt; Schuppen glatt, auf der Mitte des Rückens schwach gekielt, mit einem undeutlichen Endgrüb- chen, in 23 dachziegelförmig gelagerten Längsreihen. Kopf breit und lang, fast doppelt so lang wie breit, vom Halse ab- gesetzt; Augen grofs. Rostrale etwas breiter als hoch, oben abgerundet und nicht zurückgebogen; Internasalia breiter als lang, wenig kürzer als die Präfrontalia. Frontale vorn sehr breit, jederseits an das Anteorbitale stolsend, mit seitlichen con- 444 Gesammtsitzung caven Rändern, wenig länger als breit; Supraorbitalia hinten eben so breit wie das Frontale in der Mitte; Parietalia wenig länger als das Frontale, hinten abgestuzt; Nasalia grofs; Fre- nale trapezoidal, länger als hoch; 1 grofses Anteorbitale, zwei Postorbitalia; Supralabialia rechts acht, links neun, von denen das letzte sehr lang ist, rechts das 4., 5. und 6., links das 5. 6. und 7. den unteren Augenrand bilden; Temporalia 2+2+ 3. Das stumpfwinkelige Mentale wird durch das sehr ent- wickelte erste Paar der Unterlippenschilder von den Submen- talia getrennt; 12 Infralabialia jederseits, welche bis zum 9. gröfsten mit den Submentalia in Verbindung stehen. Zwei Paar Submentalia von gleicher Länge, jedes Schild nicht ganz doppelt so lang wie breit. 191 Ventralia, 1 einfaches Anale, 132 Paar Subcaudalia. Bräunlichgelb, schwarz besprengt; letzteres bringt auf dem Rücken grofse schwarze Flecke hervor, welche verschmälert und bogenförmig an der Seite bis zu schwarzen Flecken herab- steigen, die sich auf dem Bauche über die Seitentheile von je 2 bis 3 Bauchschildern ausdehnen. Lippen gelb, mit schwarzen Flecken auf den vorderen Lippenschildern und unter den Au- gen, eben so schwarze Pulverung auf dem Mentale und den ersten Infralabialia, so wie auf der Grenze des 8. und 9. Bauchseite des Körpers und Schwanzes in der Mitte schwarz gepulvert. Totallänge 07390; Kopf 0 07018; lmaız 09105; Körper- höhe 0%010; Körperbreite 09005. Gekauft; angeblich vom Maroni (Surinam). E Tropidonotus ruficeps n. Sp. Oberseite des Kopfes und Hals rostroth, Präorbitale gelb, ein schwarzer Querstreifen von dem vorderen Ende des ersten Temporale zwischen das 6. und 7. Supralabiale herabsteigend. Körper und Schwanz olivengrün, jederseits eine gelbliche Binde auf der sechstuntersten Schuppenreihe und den Seiten der angrenzenden Schuppen verlaufend; die ganze Unterseite grünlichgelb. Kopf auffallend kurz. 8 Supralabialia, von denen das 3., 4. und 5. unten ans Auge stolsen; 1 hohes Anteorbitale, 3 Postorbitalia; Internasalia und Präfrontalia gleich lang; Pa- rietalia hinten abgestuzt, nicht länger als das Frontale; Tem- }.Achalınus spinalis. 2 Rhunchonyx ambiniger. 3. Xenopholis Bracomnieri. + Anoplodipsas viridis. 5.Stvporhvnchus truncatus. JDL franz Wagner gezu.lith. Druck vbebr Dehus AO hr BR BEN ER An vom 27. Mai 1869. 445 poralia 1+2-+3. Infralabialia 10, davon 7 mit den Submen- talia in Verbindung stehend. Körperschuppen, mit Ausnahme der beiden untersten gröfseren Reihen, stark gekielt, in 19 Längs- reihen. Anale getheilt. Von Hrn. Dr. Schetelig aus Californien; geschenkt. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Achalinus spinalis Peters, Kopf von der Seite; la. von oben, 1b. von unten; lc. Analgegend. 2. Rhynchonyx ambiniger Peters. 3. Äenopholis Braconnierü Peters. „ 4. Anoplodipsas viridis Peters. 5. Styporhynchus truncatus Peters (Monatsber. 1863.p.399). Fig. 1—3 in doppelter, 4 u. 5 in natürlicher Gröflse. Nachtrag. 1. Chamaeleo calcaratus n. Sp. In der vorläufigen Übersicht der von mir gesammelten Amphibien (Monatsberichte 1855. p. 615) habe ich auch C’hamaeleo ‚calyptratus Dum. aufgeführt, welcher mir damals nur nach der in dem Catalogue meth. de la collect. des Reptiles. 1851 p. 31 gege- benen Beschreibung bekannt war. Eine Vergleichung mit der von Dumeril später gegebenen Abbildung (Archiv. du Museum. vı. Taf.21. Fig.1) liefs mich sogleich die Verschiedenheit dieser Art erkennen. Auch wurde ich erst jetzt darauf aufmerksam, dafs Ch. calyptratus in den Nilgegenden und nicht in Madagascar (wie Hr. Gray noch neuerdings angibt) zu Hause ist. Kopfform ähnlich wie bei Ch. calyptratus und verrucosus; Kamm hinten jederseits mit einer schmalen Klappe, welche mit grofsen polygonalen Schuppen bedeckt ist; Kinn, Kehle und Anfang des Rückens mit einer Mittelreihe kurzer conischer Tu- berkeln, welche am Hinterrücken, an der Brust und am Bauch kleiner und meist ohne Spitze sind. Körperschuppen am Rücken grofs und platt, quadrangulär oder rundlich, nach dem Bauche [1869.] 32 446 Gesammtsitzung hin kleiner und in Querreihen stehend, welche durch feine Körn- chen von einander getrennt werden. Gliedmafsen überall mit grofsen, meist platten, mehr oder weniger rhomboidalen Schup- pen bedeckt. Hand- und Fuissohlen mit grofsen quadrangulä- ren platten oder flach convexen Schuppen bekleidet; am Hacken ein stumpfer mit grofsen polygonalen Schuppen bekleideter Sporn. Krallen grols. Gelb und braun, ein gelber Streif auf der Schulter vom Halse ausgehend und eine unregelmäfsige gelbe Längsbinde, welche von der Basis des Oberarms ausgeht. Eine eingehendere Beschreibung und Abbildung dieser Art werde ich in meinem Reisewerk geben. Das einzige Exemplar stammt aus Bembatuka (West- küste von Madagascar), wo es im November 1845 von meinem Freunde F. Barnard gefangen wurde. 2. Diplodactylus furcosus Peters, Monatsber. 1865. p. 229 —= Diplodactylus ornatus Gray, Lizards of Australia and New Zealand. Taf.16. Fig. 2. Die Übereinstimmung dieser Arten habe ich erst erkennen können, nachdem die eitirte Abbildung veröffentlicht worden ist, während dieses mir nach den kurzen Angaben in dem Ca- talogue of Lizards p. 149 nicht möglich war. 3. Heteropus rhomboidalis n. sp. Schuppen glatt oder undeutlich mehr- (5-) kielig, in 32 Längsreihen. Ohröffnung rund, mäfsig, vorn mit einer vor- springenden Schuppe. Nasalia ganz seitlich; Internasale fast doppelt so breit wie lang; Präfrontalia getrennt; Frontale vorn und hinten abgestutzt; das einfache Frontoparietale mit dem In- terparietale zu einem einfachen rhomboidalen Schilde vereinigt. Aufser den 4 Supraorbitalia hinten noch ein kleines fünftes. Durchsichtige Scheibe des unteren Augenlides grols. 7 Supra- labialia, von denen das 5. grölste unter dem Auge liegt. Vor- dere Gliedmalsen reichen bis an den vorderen Augenrand, hin- tere mit der 4. Zehe bis in die Achselgrube. Oben braun, mit einer undeutlich begrenzten schwarzen Binde jederseits, von der Ohröffnung beginnend; auf dem Rücken jederseits eine Reihe schwarzer Fleckchen; Unterseite 'allent- halben gelbgrün oder mit der Unterkinngegend bläulich. vom 27. Mai 1869. 447 In der Sammlung des Hrn. Godeffroy befinden sich mehrere Exemplare dieser Art von Port Mackay in N. O. Australien. 4. Dromophis praeomatus n. gen. Dendrophis praeornatus Schlegel. Oxyrhopus praeornatus Dumeril et Bibron. Chrysopelea praeornata Günther. Hr. Dr. Günther hat bereits wiederholt die and Ver- wandtschaft dieser zierlichen Art mit den Psammophis hervor- gehoben und ich mufs ihm hierin vollkommen beistimmen. Da jedoch sowohl die Bildung des Gebisses, wie die eigenthüm- liche bogenförmige, mit einer hinteren Klappe versehene Nasen- öffnung eine Vereinigung mit dieser Gattung nicht gestatten, so scheint es mir nothwendig, für dieselbe eine besondere Gat tung aufzustellen. | 9. Platymantis unilineata n. sp. In der Körperform, Bezahnung und Proportion der Extre-. mität mit Pl. vitiana übereinstimmend, nur verschieden dadurch, dafs die beiden ersten Finger von gleicher Länge sind. Dun- kelbraun mit einigen undeutlichen dunkleren Flecken und von der Schnauzenspitze bis zur Analöffnung eine scharfbegrenzte goldgelbe (oder rothe) Längslinie. Von Grofs Viti in der Godeffroy’schen Sammlung. Ich erlaube mir, bei dieser Gelegenheit anzuführen, dafs die Artenzahl der Dairachia anura des Berliner Museums, welche sich bei dem Anfang meiner Verwaltung nur auf 117 belief, ge- genwärtig 325 beträgt, also noch um ein Geringes das British Museum in dieser Beziehung übertrifft, da letzteres nach den neuesten Mittheilungen (cf. Dr. Günther, Proc. Zool. Soc. Lond. 1868. p.478.) 315 Arten enthält. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für das Rechnungsjahr 1867—1868. Frankfurt a. M. 1869. 8. Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. 6. Bd. 1867. Brünn 1868. 8. % 448 Gesammtsitzung vom 27. Mai 1869. Dritter Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Dresden. Dresden 1866. 8. Annalen der Landwirthschaft in den k. preu/s. Staaten. 27. Jahrg. IV. Berlin 1869. 8. H. Fischer, Kritische mikroskopisch-mineralogische Studien. Freiburg i. Br. 1869. 8. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Ober- schwaben. Neue Reihe. 1. Heft. Ulm 1869. 4. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. Juni — August 1868. Bern 1868. 4. Annalen der Münchener Sternwarte. Supplement 6 u. 7. München 1868. 8. Annales des mines. Tome XIV, Livr. 6. Paris 1868. .8. Atti_ della societa italiana di scienze natural. Vol. XI, no. 3.4. Mi- lano 1869. 8. Oversigt over det Kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger. 1867, no. 7. 1868, no. 3. 4. 1869, no. 1. Memorie della societa italiana di scienze natural. Tomo IV, no. 3. Milano 1868. 4. Bulletin de la societe vaudoise des sciences naturelles. TomeX, no. 61. Lausanne 1869. 8. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm. Neue Reihe Heft 1. Ulm 1869. 4. Henri Martin, Memoire sur la date historique d’un renouvellement de la periode sothiaque. Paris 1869. 4. — Memoire sur cette question: La precession des equinoxes a-t-elle ete connue des Egyptiens ou de quelque autre peuple avant Hipparque? Paris 1869. 4. — Lee sciences et la philosophie. Paris 1869. 8. Mit Begleitschrei- ben des Hrn. Verf., d. d. Rennes 19. Mai 1869. Mittheilungen der k.. k. Central-Commision zur Erforschung und Erhal- tung der Baudenkmale. 14. Jahrg. Mai—Juni. Wien 1869. 4. Reise der österr. Frregatte Novara um die Erde in den Jahren 1857 — 1859. Anthropologischer Theil. Wien 1868. 4. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft in Berlin. 21. Bd. 1. Heft. Nov.-Dec. 1868. Jan. 1869. Berlin 1869. 8. Geognostische Karte des westl. Abhangs des Ural von C. Moeller (über- geben im Namen des Departement des mines von Hrn. G. Rose). Oeuvres de Lagrange, publiees par les soins de Mr. J. A. Serret. Tomes 1. 2. 3. Paris 1867—68. 8. (Im Namen des Hrn. Serret überreicht durch Hrn. Kummer.) MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Juni 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Trendelenburg. 3. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. G. Rose las über Darstellung krystallisirter Kieselsäure auf trocknem Wege. Man hat in der neuern Zeit Kieselsäure mehrfach in kry- stallisirter Form, wenn auch stets nur in sehr kleinen mikro- skopischen Krystallen dargestellt, doch gelang dies stets nur auf nassem, nie auf trocknem Wege. So stellte Senarmont!') sie dadurch dar, dafs er eine Auflösung von Kieselsäure in ver- dünnter Chlorwasserstoffsäure in einer verschlossenen Glas- röhre einer Hitze von 200—300° aussetzte, worauf sich die Kieselsäure als sandiges Pulver abschied, das unter dem Mi- kroskop betrachtet aus lauter durchsichtigen deutlich erkenn- baren Krystallen in der Form des Quarzes bestand. Daubree, nachdem er früher schon Quarz in undeutlich krystallinischem Zustande durch Zersetzung von Chlor- oder Fluorkieselgas durch Wasserdämpfe in einer glühenden Porzellanröhre darge- stellt hatte, erhielt später noch etwas grölsere, bis 2 Milli- meter lange Krystalle auch in der Form des Quarzes, als er gewöhnliches Glas durch Wasser bei erhöhter Temperatur und Druck zersetzte.) Wenn man den Quarz für sich allein bei 1) Ann. de chim. et de phys. 1851, Bd. 32, S. 142. 2) Comptes rendus von 1857, B. 45, S. 792, [1869.] 33 450 Gesammtsitzung hoher Hitze schmelzt, so bildet er beim Erkalten ein Glas. Da aber krystallisirte Kieselsäure wie Quarz als Gemengtheil von Gebirgsarten vorkommt, die wie Trachyt, Granit, Quarz- porphyr in Lavaströmen, oder, in Spalten anderer Gesteine eingedrungen, als Gesteinsgänge vorkommen, also früher flüs- sig gewesen sein müssen, so sollte man voraussetzen können, dafs der Quarz sich auch durch Schmelzung, oder auf trock- nem Wege bilden könne. Ich hatte deshalb in dieser Hinsicht ‘ schon früher Versuche angestellt und beschrieben!) die es wahr- scheinlich machten, dafs sich Quarz oder wenigstens eine kry- stallisirte Kieselsäure auf trocknem Wege bilden könne. Ich zeigte, dafs die Kieselsäure, die sich beim Schmelzen der Silicate mit Phosphorsalz vor dem Löthrohr ausscheidet, kry- stallinisch und keine gewöhnliche amorphe Kieselsäure sei, da sie sich in Kalilauge nicht auflöst; aber sie scheidet sich hier bei in so kleinen, zusammengehäuften Krystallen aus, dafs ich über ihre Form auch bei starker Vergröfserung unter dem Mikroskop nichts ausmachen konnte. Auch selbst bei Schmel- zungen gröfserer Mengen im Platintiegel über der Gasflamme waren die Resultate nicht anders, und als ich ein Gemenge von geschmolzenem Phosphorsalz mit Adular, beide gepulvert und wohl gemengt im Platintiegel, dem Feuer des Porzellan- ofens aussetzte, zersetzte bei der grofsen Hitze des Porzellan- ofens das Platin des Tiegels das Phosphorsalz, der ganze Tiegel flofs zu einem ganz krystallinischen Phosphorplatinre- gulus im Innern der übrigen verschlackten Masse zusammen; der Versuch gelang nicht. Ich mufste diese Versuche unterbrechen, und habe sie später wieder aufgenommen, ohne im Stande zu sein, sie jetzt ganz zu Ende zu führen, was ich mir für eine spätere Zeit vorbehalte. Sie haben indessen jetzt schon zu einem Resultate geführt, das ich nicht unterlassen wollte, der Akademie vorzu- legen. Ich habe die Schmelzversuche im Feuer des Porzellan- ofens der hiesigen Königl. Porzellanmanufactur fortgesetzt, was mir wie früher durch die grofse Bereitwilligkeit sowohl des Directors der Manufactur, des Hrn. Geh. Raths Möller, als 1) Monatsberichte der Akademie von 1867, S. 140. vom 3. Juni 1869. 451 auch der Arkanisten, der Hrn. Dr. Elsner und Herzog mög- lich war. Zuerst wurde wieder Phosporsalz mit Adular ge- schmelzt; wie früher drei Raumtheile des geschmolzenen und zerriebenes Salzes mit einem Raumtheile des zerriebenen Adu- lars, doch geschah diesmal die Schmelzung in einem Tiegel von Biscuit. Die Masse war gut geschmolzen. Sie wurde in dem Tiegel mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure begossen, und warm gestellt, wodurch sie sich nach einiger Zeit unter Hinterlassung eines schneeweilsen erdigen Rückstandes auflöste, welcher filtrirt und ausgewaschen wurde. Unter dem Mikro- skop betrachtet, kann man sehen, dafs er aus lauter einzelnen oder mit andern verbundenen durchsichtigen sechsseitigen Ta- feln besteht, die regelmäflsig sind, da sie im polarisirten Licht sich wie einaxige Krystalle verhalten; bei der Dünnheit der Krystalle sieht man bei denen die mit der Hauptfläche der Tafel horizontal liegen, kein Ringsystem und im Innern des- selben keine Farben, aber’ sie erhellen nicht, oder nur wenn sie in schiefer Lage liegen, das durch gekreutzte Nickols her- vorgerufene Dunkel des Gesichtsfeldes. Ihr specifisches Ge- wieht wurde in einem Versuche 2,311, bei einer Wiederhoh- lung mit demselben Material 2,517 gefunden. Zu dem erstern Versuche wurden 3,1004 Grammen, zu dem letztern zufällig eine fast gleiche Menge 3,1028 Gr. genommen. Ich halte das letztere Resultat für das genauere. Die auf diese Weise erhaltene Kieselsäure hat also alle Eigenschaften des Tridymits oder der Kieselsäure in der vom Quarz verschiedenen Form, wie sie inzwischen von vom Rath in den Drusen des Trachyts von Pachuca in Mexico entdeckt,') und auch später von Sandberger in den Trachyten vom Mont Dore und vom Siebengebirge aufgefunden ist. Vom Rath giebt das speeifische Gewicht des natürlichen Tridymits nach 3 Ver- suchen mit verschiedenen Mengen zu 2,316, 2,312 und 2,295 an; die beiden ersten Zahlen sind mit denen, die ich gefunden fast übereinstimmend. 1) Vergl. die Monatsberichte der Akademie von 1868, S. 201 und Poggendorffs Ann. von 1868, B. 135, 8. 437. 33* 452 Gesammtsitzung Der von mir dargestellte Tridymit ist in Auflösungen von Kalihydrat und kohlensaurem Natron nicht völlig unlöslich, wie dies ja auch selbst der Quarz nach den Versuchen meines Bruders nicht ist,') aber sie ist doch nur sehr schwer auflös- lich. Ich habe den künstlich dargestellten, selbst schon als feines Pulver erscheinenden Tridymit noch weiter im Achat- mörser zerrieben, und eine Stunde mit einer concentrirten Auf- lösung von kohlensaurem Natron gekocht, ohne dafs ich sah, dafs sich die angewandte Menge merklich verminderte. Das filtrirte kohlensaure Natron gab mit Chlorwasserstoffsäure gar keinen Niederschlag; das entstandene Chlornatrium aber zur Trocknifs abgedampft, liefs bei der Wiederauflösung in Wasser, einen geringen Rückstand von Kieselsäure. Wenn daher vom Rath angiebt, dafs der natürliche Tridymit in kohlensaurem Natron vollkonmen auflöslich ist, so hat er offenbar nur kleine Mengen feingeriebenen Tridymits mit vielem kohlensauren Na- tron gekocht, was um so wahrscheinlicher ist, da der natür- liche Tridymit bis jetzt nur in sehr geringer Menge vorge- kommen ist; diese geringe Menge kann recht gut von dem kohlensauren Natron aufgelöst sein, und der Tridymit auf diese Weise auflöslicher erscheinen, als er in der That ist. Ich habe nun statt des Adulars pulverförmige amorphe Kieselsäure genommen, die aus kieselsaurem Natron durch Zersetzung mit Chlorwassorstoffsäure dargestellt war, und ich der Güte des Hrn. Rammelsberg verdanke. Es wurden wieder 3 Raumtheile geschmolzenen und zerriebenen Phosphorsalzes mit einem Raumtheil Kieselsäure im Biscuittiegel dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt; die Masse war wiederum gut geschmolzen, und in ihr hatten sich wieder die Krystalle aus- geschieden, die durch Auflösung in heifsem Wasser getrennt wurden. Das erhaltene Pulver unter dem Mikroskop betrachtet bestand aus noch gröfseren sechsseitigen Tafeln wie früher, die auch häufig regelmälsig baumförmig oder auf eine Weise gruppirt waren, die vielleicht der, die bei den natürlichen Kry- stallen vorkommt, und worauf sich der dieser Kieselsäure von !) Vergl. Poggendorfis Ann. von 1859, B. 108, S. 17. vom 3. Juni 1869. 453 vom Rath gegebene Name bezieht, entspricht, was noch weiter zu untersuchen ist. Ich habe nun noch andere Auflösungsmittel für die Kie- selsäure versucht; zuerst kohlensaures Natron. Da gleiche und doppelte Gewichtsmengen von Kieselsäure mit geglühtem koh- lensauren Natron im Platintiegel im Porzellanofen geschmolzen wie ich fand, immer nur ein ganz klares Glas gaben, so wurde nun ungefähr die dreifache Menge Kieselsäure 8,4580 Grammen auf 2,9164 kohlensauren Natrons genommen. Ich erhielt wie- der ein klares Glas, in welchem nun aber kleine etwas grau- lichweilse schwach durchscheinende Kugeln porphyrartig ein- gemengt waren; sie hingen gröfstentheils an der Oberfläche des Glases, ragten hier aber nicht aus demselben hervor, sondern waren an der ganz ebenen Oberfläche wie abgeschnitten. An- dere im Innern waren ganz rund, wenn sie sich nicht berührt, und dadurch in der Ausbildung gestört hatten. Im Bruch sind sie dicht; kleine Bruchstücke unter dem Mikroskop er- scheinen feinkörnig. Das Glas worin die Kugeln lagen, ist in Chlorwasserstoffsäure unlöslich; mechanisch war es von ihnen nicht völlig zu trennen; ich habe daher die Kugeln nur mög- lichst vom Glase befreit, und sie mit dem nun noch anhängen- den Glase, sowie auch dieses selbst gewogen. Ich fand so das specifische Gewicht der Kugeln 2,373, das Gewicht des Glases 2,591. Man kann hiernach wohl annehmen, dafs die Kugeln Tridymit sind, und dafs das hohe specifische Gewicht nur durch das anhängende Glas, welches schwerer als Ser Tri- dymit, hervor gebracht ist. Da ich schon früher gesehen hatte, dafs Wollastonit ge- schmolzen, ein Glas giebt, so habe ich auch diesen als Schmelz- mittel versucht. 4 Raumtheile des zerriebenen Wollastonits von Perhenniemi in Finnland .wurden mit 1 Raumtheil amorpher Kieselsäure gut gemengt, und im Biscuittiegel im Porzellan- ofen geschmolzen. Es bildete sich ein grünliches Glas ganz erfüllt mit grofsen mit blofsen Augen deutlich erkennbaren tafelartigen Krystallen, die sich gruppweise radial verbunden hatten, wie es schien ganz nach Art des natürlichen Tridymits. Die sechsseitigen Tafeln stehen senkrecht zur Oberfläche des Glases, doch liegen einzelne horizontal auf der Oberfläche zer- 454 Gesammtsitzung streut. Sie erscheinen noch deutlicher in dünn geschliffenen Platten unter dem Mikroskop, sind aber auch hier ungeachtet ihrer Gröfse, ihrer Form nach nieht genauer zu bestimmen, da sie von dem umgebenden Glase, das von Chlorwasserstoffsäure nicht angegriffen wird, nicht getrennt werden können.') Des- senungeachtet kann man wegen der Ähnlichkeit der Form nicht zweifeln, dafs die Krystalle Tridymit sind, der Bio also auch auf diese Weise gebildet hat. Da die Titansäure sich bei der Schmelzung mit Borax ganz anders verhält wie bei der Schmelzung mit Phosphorsalz, und sich im erstern Falle beim Erkalten der geschmolzenen Masse Krystalle von Titansäure in der Form des Rutils, im letztern Falle in der Form des Anatases ausscheiden,?) so schien es mir nöthig auch die Kieselsäure noch mit Borax dem Feuer des Porzellanofens auszusetzen. Ich schmelzte da- her Boraxglas zuerst mit der doppelten Menge Kieselsäure, nämlich 4,4310 Grammen mit 8,2867 Gr. Kieselsäure, erhielt aber auf diese Weise nur ein ganz klares wasserhelles Glas.) Dasselbe wurde daher wieder fein zerrieben, und mit 5,0200 Grammen neuer Kieselsäure gemengt, so dafs also, wenn sich bei der ersten Schmelzung von dem Borax nichts :verflüchtigt hatte, 4,4310 Borax mit 13,3067 Kieselsäure geschmelzt wur- den. Es entstand nun ein Glas, das voller kleiner Blasen ist, 1) Das Glas worin die Krystalle liegen ist. daher wahrscheinlich kein neutrales Silicat mehr, wie der Wollastonit, doch ist zu bemerken, dafs der im Porzellanofen zu Glas geschmolzene reine Wollastonit, wenn auch fein zerrieben, von heifser Chlorwassersäure nur sehr wenig ange- griffen wird, während doch der krystallisirte mit Leichtigkeit damit ge- latinirt. 2) Vergl. die Monatsberichte der Akademie von 1867, S. 130 und S. 450. 3) Die Kieselsäure verhält sich also gegen Borax ganz anders wie die Thonerde. Um Krystalle von dieser zu erhalten, schmelzte Ebelmen 4 Theile zerriebenen Boraxglases mit 1 Theil Thonerde*) worauf sich beim Erkalten sehr deutliche Krystalle in der Form des Corundes aus- schieden. Bei früheren Versuchen hatte er weniger Borax genommen, doch war dabei die Masse nicht zum völligen Flufs gekommen. *) Vgl. Annales de chimie et de physique 1851, B. 33, S. 63. vom 3. Juni 1869. 455 und deshalb etwas opalisirt; auf ihm hatte sich zum Theil eine dünne schneeweilse Decke gebildet, die aus schmalen Streifen besteht, welche wiederum aus fasrigen, horizontal lie- senden Theilen zusammengesetzt ist, die auf den Rändern der Streifen senkrecht stehen. Der äufsere Streifen ist dem Rande der Decke parallel, die innern liegen unregelmäfsig. Das Glas ist in Chlorwasserstoffsäure unlöslich oder wenigstens sehr schwer löslich, doch konnte durch Kochen damit ein Theil der Decke getrennt werden, wobei dieser in kleine Theile zer- fiel. Unter dem Mikroskop betrachtet, zeigen sich nun die Formen des Tridymits. Krystalle sind hier nicht einzeln zu sehen, das was dem blofsen Auge als Fasern erscheint, be- steht aus einer Gruppirung von Krystallen; aber diese Grup- pirung und das was von der Form der einzelnen Krystalle zu sehen ist, ist ganz dem ähnlich, was sich bei der Schmelzung der Kieselsäure mit Phosphorsalz bildet, so dafs auch hier nur Tridymit entstanden war. Tridymit bildet sich aber nicht blofs iin Ausscheidung aus einem Flufsmittel, sondern auch durch einfaches starkes Glühen sowohl der amorphen wie auch der rhombo@drischen Kieselsäure. Dies geht schon aus den Versuchen meines Bru- ders bestimmt hervor. Mein Bruder hatte 1859 die merkwür- dige Entdeckung gemacht, dafs der Quarz durch blofses star- kes Glühen, ohne an absolutem Gewicht abzunehmen, sein spec. Gew. bedeutend vermindere, während sich das des Opals etwas vergrölsere.') Fein gepulverter Bergkrystall mit einem specifischen Gewichte 2,651 dem Feuer des Porzellanofens aus- gesetzt, sinterte zu einem Kuchen zusammen, der sich aber leicht zerdrücken liefs; sein spec. Gew. war dadurch auf 2,394 und nach einem nochmaligen Erhitzen auf 2,329 gesunken.?) Amorphe Kieselsäure, wie sie bei den Analysen der Silicate gewonnen wird mit dem specifischen Gewichte 2,2 erhielt durch das Brennen im Porzellanofen das höhere spec. Gew. 2,31l. Dieselbe durch Zersetzung von Fluorkieselgas ver- 1) Vergl. H. Rose über die verschiedenen Zustände der Kieselsäure in Poggendorffs Ann. von 1859. B. 108, S.1. Ana. OS. 7. 456 Gesammtsitzung mittelst Wasser dargestellt, mit dem spec. Gew. 2,2 erhielt durch anhaltendes Weifsglühen ein spec. Gew. 2,301 und dann weiter dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt das spec. Gew. 2,291.') Infusorienerde aus der Lüneburger Haide mit Chlor- wasserstoffsäure und Wasser gereinigt, von dem spec. Gew. 2,2, im Feuer des Porzellanofens das spec. Gew. 2,303.) Da da- mals der Tridymit noch nicht bekannt war, und man nur von den beiden Zuständen der Kieselsäure, dem amorphen des Opals, und dem krystallinischen des Quarzes, Kenntnifs hatte, so schlofs mein Bruder aus seinen Versuchen, dafs durch blofses starkes Glühen im Porzellanofen der gepulverte Bergkrystall sich in amorphe Kieselsäure umändere, und das spec. Gew. der amor- phen Kieselsäure bis zu 2,3 hinaufgehen könnte. Indessen ist die im Porzellanofen geglühte amorphe Kieselsäure nicht mehr amorph, und der geglühte Quarz noch krystallinisch, da beide, eine Einwirkung auf das polarisirte Licht zeigen und bei ge- kreuzten Nicols heller erscheinen als der verdunkelte Grund, auch nach Beseitigung des Lichts durch reflectirende Flächen. Beide sind ferner in kohlensaurem Natron nur sehr wenig auf- löslich, und da auch das specifische Gewicht ganz. überein- stimmend mit dem des Tridymits ist, so ist auch anzunehmen, dafs alle diese Substanzen in der Hitze des Porzellanofens in diesen Zustand übergegangen sind.?) 1) A. a. O©. S. 16. 2) A. a. 0. S. 14. 3) Feuerstein und Hyalith machen scheinbar eine Ausnahme, indem ihr spec. Gew. nach dem Brennen nicht ganz das des Tridymits ist. Feuerstein der Hitze des Porzellanofens ausgesetzt, wurde weils und mürbe, so dafs er sich leicht im Mörser zerreiben liefs, und sein spec. Gew. war dadurch bis auf 2,237 gesunken*) und beim Hyalith von Waltsch in Böhmen mit einem spec. Gew. von 2,16 — 215 nach Graf .Schaffgotsch (er enthält 3 Theile Wasser) stieg das spec. Gew. nur auf 2,20.) Indessen ist der Feuerstein wohl keine ganz reine Kieselsäure, auch betrug sein spec. Gew. im ungeglühten Zustande nur 2,591, und der Hyalith, der sich beim Glühen sehr aufbläht, bildete eine poröse schwammige Masse mit glasartigen Stellen, war also nicht vollständig verändert, und sein spec. Gew. deshalb und auch wohl wegen seiner vom 3. Juni 1869. 457 Mein Bruder hatte auch die Veränderungen untersucht, die der Quarz des Granits im Feuer des Porzellanofens erleidet.') Ich hatte schon vor langer Zeit den Granitit von Warmbrunn im Porzellanofen schmelzen lassen, und hatte dazu denselben in kleine Stücke zerschlagen, und diese theils in einen Platin- theils Kohlen- oder Biscuittiegel gethan. Es waren aber auf diese Weise nur die Silicate des Granitites zu einem graulich- schwarzen blasigen Glase geschmolzen; der Quarz war, in seiner Form erhalten, und nur in seiner Beschaffenheit ver- ändert, schneeweils und feinkörnig geworden, von dem Glase wie früher von den übrigen Gemengtheilen umschlossen ge- blieben. Mein Bruder hatte den so veränderten Quarz aus dem Glase ausgesucht und sein specifisches Gewicht be- stimmt; er fand es in Stücken gewogen 2,357, und zu feinem Pulver zerrieben 2,3552. Auch diesen so veränderten Quarz hielt mein Bruder für amorphe Kieselsäure; das hohe specifische Gewicht zeigt, dafs es Tridymit sei. Ich habe von dem im Porzellanofen geschmolzenen Granitit von Warmbrunn ein dünnes Plättchen zur Untersuchung unter dem Mikroskop schleifen lassen, und ebenso von einem im Porzellanofen ge- schmolzenen eigentlichen Granit von Annaberg in Sachsen,?) der im Feuer des Porzellanofens dieselben Veränderungen er- litten hatte, nur war das Glas, wegen der fast völligen Abwe- senheit des schwarzen Glimmers im Granit, nur lichte graulich- weils geworden. Die Quarzstücke des geschmolzenen Granitits und Granits erschienen unter dem Mikroskop nun eckig körnig, und zeigten eine deutliche Einwirkung auf das polarisirte Licht. In dem Glase des geschmolzenen Granits von Annaberg liegen Porösität ungeachtet er als Pulver gewogen wurde, zu gering ausge- fallen. 712.2.0.8.8. AR! a. 0. 8 21: !) Er ist durch die Abwesenheit des weifsen Glimmers ausge- zeichnet, und enthält nur schwarzen Glimmer. ?) Der vorzugsweise weilsen Glimmer enthielt, und den ich der freundlichen Theilnahme des Hrn. Dr. Elsner verdanke. 458 Gesammtsitzung aber noch andere kleine 'nadelförmige wasserhelle Krystalle theils einzeln zerstreut, theils sich um die Blasen des Glases radial, zum Theil auch tangential verbreitend, "ohne aber in dieselben hineinzuragen. Sie gleichen ganz den nadelförmigen Krystallen, die in der Lava von Aphroessa bei Santorin in grolser Menge eingewachsen sind und sich in den Dünn- schliffen unter dem Mikroskop zeigen,') und von Zirkel auch noch in vielen andern eruptiven Gesteinen beobachtet sind. Man kann selten die Endigung der durchsichtigen Krystalle deutlich erkennen, doch sieht man zuweilen hier eine Zuschär- fung, und die Krystalle erscheinen so als langgezogene Sechs- ecke. Da die sechsseitigen Tafeln von bestimmt hexagonalen Krystallen wie z. B. von Eisenglanz und einaxigen Glimmer, wenn sie eingewachsen vorkommen, sich oft zu langgezogenen Krystallen ausdehnen,?) so konnte es wohl sein, dafs dies auch hier der Fall wäre, und die Krystalle in dem geschmol- zenen Granit von Annaberg wie in der Obsidian- oder Pech- steinlava von Aphroessa Tridymit sind. Es wären diese dann der Theil des Quarzes, der von dem Glase der Silicate auf- gelöst und beim Erkalten wieder ausgeschieden wäre, während der übrige unaufgelöst gebliebene Quarz nur mit Beibehaltung der Form in Tridymit umgeändert ist. Um zu bewirken, dafs der sämmtliche Quarz sich auflöse, habe ich den Granitit von Warmbrunn zu einem ganz feinen Pulver zerrieben, und ihn so im Biscuittiegel dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt. Ich erhielt nun ‘ein schwarzes, an den Kanten mit grünem Lichte durchscheinendes Glas, das wenn auch noch voller Blasen, doch vollständig geschmolzen war, und die gröfste Ähnlichkeit mit Obsidian hatte, der ja auch nichts anderes als geschmolzener Trachyt, der Granit der neuern Zeit ist. Der Quarz hatte sich vollständig aufge- löst, aber die nadelförmigen Krystalle des geschmolzenen Gra nits von Annaberg wie auch andere Ausscheidungen waren ‚auch in den Dünnschliffen unter dem Mikroskop nicht sichtbar. 1) Vergl. die Beschreibung und Zeichnung dieser Krystalle von Zirkel in Leonhard’s und Geinitz Jahrbuch von 1866, S. 769. 2) Vergl. die Monatsberichte der Akademie von 1869, S. 345 u. 303. vom 3. Juni 1869. 459 Sie hatten sich auch bei der ersten Schmelzung des Granitits von Warmbrunn nicht gezeigt, und mit dem Granit von Anna- berg habe ich die Versuche nicht wiederholt. Wenn nun auch die ausgeschiedenen Krystalle in dem geschmolzenen Granit von Annaberg Tridymitkrystalle sein sollten, so wäre es doch nicht. unmöglich, dafs sich auf diese Weise unter Um- ständen auch Quarzkrystalle bilden, denn sie finden sich, wenn auch nur sparsam in dem Pechstein von Meissen, dem Perl- stein von Tokey und zuweilen auch in dem Obsidian. In dem Berliner mineralogischen Museum befindet sich ein solcher von Humboldt gesammelter Obsidian von Zimapan in Mexico, in dem Krystalle von glasigem Feldspath, Oligoklas und Quarz, und letzterer in deutlichen Hexagondodeca@dern und in nicht unbe- deutender Menge eingeschlossen sind, und ein anderer Obsidian, angeblich aus Telkobanya in Ungarn, mit fast zollgrofsen deutlich fasrigen Sphärulithkugeln ganz erfüllt, der kleine Dru- sen von deutlichen durchsichtigen Quarzkrystallen enthält. Die Umänderung in Tridymit erleidet der Quarz doch nur wenn er gepulvert, oder wie beim Schmelzen des Granits in kleinen Stücken angewandt wird. Grofse durchsichtige Quarzkrystalle erleiden diese Veränderung unter denselben Um- ständen nicht. Mein Bruder hatte einen wasserhellen Berg- krystall dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt;') Form, Durehsichtigkeit und spec. Gew., das vor dem Brennen 2,651 und nach demselben 2,650 gefunden wurde, waren gleich ge- blieben, die ganze Veränderung, die wahrgenommen werden konnte, bestand nur in einigen Sprüngen, die er erhalten hatte. Kleinere Krystalle von derselben Druse, die nach unten zu, wo sie aufgesessen hatten, nur durchscheinend waren, hatten auch am obern Ende nur einzelne Sprünge erhalten, am untern Ende waren sie undurchsichtiger, weils und sprüngiger gewor- den, so dafs sie sich mit dem Finger leicht zerbröckeln liefsen; sie waren: hier auch schon etwas in ihrer Beschaffenheit ver- ändert worden, was das spec. Gew. anzeigte, welches nachdem die zerbröckelten Stücke fein zerrieben waren, nur zu 2,613 ge- funden wurde. Mein Bruder erklärt dies Verhalten durch die ) Ara. 0.8.6. 460 Gesammtsitzung vielen Sprünge, die bei den aufgewachsenen Krystallen am un- tern Ende vorkommen, und die Ursache ihrer Undurchsichtigkeit an diesen Theilen wären, indem sie die Einwirkung der Hitze er- leichterten, welche durch das Pulvern des Krystalls noch ver- mehrt würde. Es ist indessen merkwürdig, wie verschieden die verschiedenen Abänderungen des Quarzes sich in der Hitze verhalten. Während kleine durchsichtige Quarzkrystalle von Marmorosch im Platintiegel über eine Gasflamme 4 Stunde er- hitzt, sich gar nicht verändern, wird ein klarer durchsichtiger Quarzkrystall, wie -er auf Chalcedon aufsitzend, in den Höh- lungen der Mandelsteine von Island vorkommt, und ein ebenso vorkommender Amethyst aus Brasilien ganz schneeweifs, der erstere durch und durch, der letztere nur auf der Oberfläche und im Innern milchweifs. Ein grofser klarer Bergkrystall mit noch etwas ansitzender Quarzmasse der Unterlage von Jerischau in Schlesien, erlitt im Porzellanofen nur die Verän- derungen, wie sie mein Bruder beschrieben hat; ein ganz klares Bruchstück von einem grölsern Krystall aus der Schweiz blieb ganz durchsichtig, und erhielt nur unbedeutende Sprünge, wäh- rend ein Bruchstück eines grofsen Krystails von Amethyst aus Brasilien, oder von dem Amethyst wie er auf stängligem Quarz aufgewachsen in Wiesenbad bei Annaberg in Sachsen vorkommt, oder durchsichtige Quarzkrystalle auf einer dicken Lage von Chalcedon aus Island durch und durch schneeweils, rissig, und in Tridymit umgewandelt werden. Bei dem Berg- krystalle aus der Schweiz kann man aber deutlich sehen, wie die Umänderung in Tridymit vor sich geht. Auf manchen Sprüngen, die der durchsichtige Krystall erhalten hatte, kann man beobachten, dafs sich schon deutliche Täfelchen von Tri- dymit gebildet haben, die schon mit blofsen Augen zu er- kennen sind. Auch im Innern sind aufser den grölsern, längere Strecken durchsetzenden Sprüngen ganz kleine entstanden, bei denen man zweifelhaft wird, ob es wirklich Sprünge oder nicht ganz dünne Täfelchen von entstandenem Tridymit sind; sie spielen Farben, was von Sprüngen wie von dünnen Kry- stallen herrühren kann, zuweilen sieht man aber unter diesen feine weilse Ringe, die wie eine anfangende Bildung von Tri- dymit erscheinen. Wie dem auch sein mag, so entstehen immer vom 3. Juni 1869. 461 erst vor der Bildung des Tridymits im Quarz Spalten, auf _ denen nun der speeifisch leichtere Tridymit Raum erhält sich zu bilden. Die leichte Umwandlung des Amethystes und des ' Quarzes auf Chalcedon in den Blasenräumen des Mandelsteines erklärt sich nun auch dadurch, dafs dies sämmtlich Zwillings- Krystalle sind, die aus Lagen von rechten und linken Kıy- stallen bestehen, wodurch also wohl schneller Sprünge im Innern entstehen, und so auch schneller Tridymit gebildet werden kann. Dies Schneeweifswerden der durchsichtigen Quarzkrystalle aus dem Mandelstein beim Glühen erfolgt aber so sicher, dafs man dadurch leicht diese Quarzkrystalle von den übrigen durchsichtigen Quarzkrystallen unterscheiden kann. Aus dem Angeführten ergiebt sich, dafs die Darstellung der Kieselsäure in ihren drei heteromorphen Zuständen, als Quarz, Tridymit und Opal auf trocknem Wege bis jetzt nur bei den beiden letztern gelungen ist; bei dem Opal durch Schmel- zung der Kieselsäure, bei dem Tridymit durch blofse Glühung derselben, oder durch Ausscheidung derselben aus einem Flufs- mittel bei seiner Erkaltung. Ob nun der Quarz, der specifisch schwerste, bei noch geringerer Temperatur oder durch viel langsamere Erkaltung eines Flufsmittels sich darstellen läfst, mufs weiteren Versuchen vorbehalten bleiben. Aber anzuneh- men, dafs weil er bisher auf trocknem Wege nicht dargestellt ist, er sich auf diese Weise nicht darstellen lasse, wäre doch ein übereilter Schlufs. Nachtrag: Über das Vorkommen des Tridymits in der Natur. Der Tridymit scheint häufiger in der Natur verbreitet zu sein, als nach den bisherigen Erfahrungen angenommen werden kann. Er findet sich nicht blofs in vulkanischen Gebirgsarten, sondern auch in Mineralien, die auf nassem Wege gebildet sind. Der Opal verschiedener Gegenden ist mit mikroskopi- schen Krystallen von Tridymit oft ganz erfüllt; so der Opal von Kosemütz in Schlesien, der in Gängen in verwitterten Serpentin vorkommt, der Opal (Kacholong), der in geraden Lagen mit Chalcedon wechselt aus Island, Hüttenberg in Kärn- 462 Gesammtsitzung then, Kaschau in Ungarn und ferner der Opal von Zimapan in Mexico. An den erstern Fundorten erscheint er in rundlichen tafelartigen Krystallen, an dem letztern in kleinen sechsseitigen Prismen mit geraden Endflächen, die sehr hübsch ausgebildet sind, aber hohl oder mit Opalmasse ausgefüllt zu sein scheinen. Der Opal verliert durch diese Einmengung mehr oder weniger von seiner Durchsichtigkeit, der von Mexico ist ganz schnee- weils und nur an den Kanten durchscheinend, enthält aber ganz durchsichtige wasserhelle Stellen, die frei von einge- mengten Krystallen sind und merkwürdiger Weise an den schneeweilsen scharf abschneiden. Bei der Auflösung des Opals in Kalihydrat bleiben die eingemengten Krystalle zu- rück. Einen soleben Rückstand von Kieselsäure bei der Be- handlung des Opals mit Kalilauge haben schon Fuchs, Ram- melsberg') und andere gefunden und man hat daraus geschlossen, dafs dem Opale Quarz beigemengt sei, die Untersuchung unter dem Mikroskop zeigt, dafs dieser Rückstand Tridymit sei. Hr. du Bois-Reymond legte folgende Mittheilung des Hrn. Dr. Liebreich über das Verhalten des Chlorals und der Trichloressigsäure im thierischen Organismus vor. Bei den fortgesetzten Studien über die Substanzen, aus welchen das Gehirn und die Nerven bestehen, wurde ich dazu geführt, die Frage über die Umsetzung der einzelnen Stoffe im Organismus in die Hand zu nehmen. Ich habe zu diesem Zwecke das Neurin zu oxydiren versucht und bin zu dem salz- sauren Salz einer neuen Base, dem Oxyneurin C,H,, 0, N, HCl, gelangt. Dasselbe Salz kann man durch Einwirkung von Tri- methylamin auf Monochloressigsäure darstellen. Diese Reac- tion ist analog der von Hrn. Hofmann in den Proceedings of the Royal Society vol. XI. p. 529 veröffentlichten, durch welche das salzsaure Salz 0, H,, O, N, HCl dargestellt wurde. 1) Vergl. Poggendorff’s Ann. 1861, B. 112, S. 185 und 190. vom 3. Juni 1869. 463 Der Darstellung des Oxyneurin im Harn zum gesicherten che- mischen Nachweise haben sich bis jetzt erhebliche Schwierig- keiten in den Weg gelegt. Es wird jedoch wahrscheinlich gelingen, da wo sich Protagon in andern zelligen Gebilden findet, den Nachweis jener Oxydation zu führen. Diese Frage schien mir im Zusammenhange zu stehen mit der Umsetzung der in den Organismus eingeführten chemi- schen Körper überhaupt. Man kann jedoch in die grofse Zahl der chemischen Körper nicht nach Belieben hinein greifen. Die Reichhaltigkeit derselben allein würde die Untersuchung zur Unmöglichkeit machen. Benutzt man die homologen Reihen der Chemiker, so zeigt sich, dafs hier kein Zusammenhang in der Umsetzung sich erkennen läfst. Ich habe daher versucht von einer andern Seite her die Frage in Angriff zu nehmen. Wenn man die toxische Wirkung eines Körpers kennt und weils, dafs dieser Körper als Spaltungsproduct eines andern Körpers auftritt, so dürfte man schliefsen, wenn man die Wirkungen des Spaltungsproductes im Organismus erhält, dafs sich dasselbe gebildet hat. - Die Wirkung des Chloroform liefert hiezu einen Anhalt, zu- mal dasselbe als Spaltungsproduct des Chlorals und der Tri- chloressigsäure auftritt. Ich wendete deshalb beide Substanzen bei Thieren an. | 0,1 Chloralhydrat kann in wässriger Lösung einem jungen Kaninchen unter die Haut gebracht werden. Nach 10 Mi- nuten tritt tiefer Schlaf und später Anästhesie ein. Der Schlaf dauert 9 Stunden. Dieselben Erscheinungen zeigen sich bei Menschen, denen eine grölsere Dose innerlich gegeben wurde. Die Wirkung der dabei auftretenden Ameisensäure und die anfängliche Wirkung des Chlorals als Aldehyd, kann der klei- nen Dose wegen nicht zur Geltung kommen. Ob das Chloroform weiter zu Kohlensäure und Salzsäure oxydirt wird, läfst sich nicht direet nachweisen, da die Quan- titäten des sich bildenden Chloroforms zu gering sind, um im Harn eine Chlorvermehrung, die einen entscheidenden Schlufs gestatten würde, anzuzeigen. Diese Frage läfst sich jedoch am Jodoform mit Sicherheit entscheiden. Reines Jodoform, das mit Stärke keine Jod-Reaction zeigte, wurde bei Thieren 464 Gesammtsitzung vom 3. Juni 1869. eingeführt, und vor Verlauf einer Stunde liefs sich im Harn freies Jod nachweisen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: N.v. Kokscharow, Materialien zur Mineralogie Rufslands. 5. Bd. St. Petersburg 1869. 8. Schriften der Universität zu Kiel aus dem Jahre 1868. 15. Band. Kiel 1869. 4. mei | Sitzungsberichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Jahrgang 1868. Prag 1869. 8. Abhandlungen der königl. böhmischen Gesellschaft der Wisssnschaften vom Jahre 1868. 6. Folge. 2. Bd. Prag 1869. 4. Bulletin de la societe de geographie Paris, Mars-Avril 1869. 8. Ch. Schoebel, Demonstration de l’authenticite mosaique du Levitique et des Nombres. Paris 1869. 8. G. E. Ellis, Memoir of Jared Sparks, LL. D. Cambridge (U. S.) 1869. 4. Fragmenta Aristotelis. Üollegit disposuit iülustravit Aemilius Heitz. Parisiis 1869. 8. F. Unger, La sumergida isla de Atlantis. Traducido por G. A. Ernst. Caracas 1867. 8. Avelado, Öbservaciones meteorologicas en Caracas, anno de 1868. (Caracas 1869). 8. Die Akademie empfing durch Hrn. Braun von Dr. Jos. Dalt. Hooker, Director des K. Gartens in Kew, das Bildnifs seines verstorbenen Vaters Sir William Hooker. Die" Akademie wählte Hin. Fer, Rene me ihrem correspondirenden Mitglied in der phys.-math. Klasse, Gesammtsitzung vom 10. Juni 1869. 465 7. Juni. Sitzung der philosophisch-histori- | schen Klasse. Hr. Weber las über das saptacatakam des Hdla. 10. Jun. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Curtius las über den religiösen Charakter der griechischen Münzen. Man hat die Münzen lange genug als Quellen der Religions- geschichte und Kunstmythologie benutzt; worauf aber der reli- eiöse Charakter der Münzen beruhe und welches überhaupt ihr Verhältnifs zum Cultus sei, darüber hat man noch keine Unter- suchung angestellt, auch die Frage noch nicht erwogen, welche sich doch sofort aufdrängt, wenn man über diesen Gegenstand nachdenkt, ob nämlich das Symbol der Gottheit als Stadtwappen ‚ und von Staatswegen auf die Münze gesetzt worden sei, oder ob dieselbe in einem näheren und unmittelbaren Verhältnisse zu dem Cultus stehe, von welchem das Symbol entlehnt ist. Der Erstere entspricht der gewöhnlichen Ansicht; indessen führen mancherlei Erwägungen zu einer abweichenden Auf- fassung. Die Gottheiten, deren Zeichen zu Münzbildern dienten, ) waren nicht immer die eigentlichen Stadt- und Staatsgottheiten. " Wer kann z. B. der Aphrodite eine solche Bedeutung für Argos, das Herrschaftsgebiet Pheidons, zuschreiben? Wir werden vielmehr annehmen müssen, dafs ebenso wie Aigina als erster Handelsplatz von Mittelgriechenland zur Münzstätte von Argolis gemacht worden ist, so auch die dortige Aphrodite in ihrer Eigenschaft als völkerverbindende Handelsgöttin Münzgöttin wurde. Dann wird also die Benutzung ihres Symbols zum Münzwappen nicht blofs eine gelegentliche und durch den Staat vermittelte sein, sondern wir werden bei ihr die Initiative, in ihrem Heiligthum den Keim des europäisch-griechischen Münz- wesens zu suchen haben. | [1869.] 34 466 Gesammtsitzung Aphrodite Urania ist durch Böckhs Forschungen in den Mittelpunkt der alten Culturgeschichte getreten. Ihr Heilig- thum bildete den Kern aller sidonischen Faktoreien, und des- halb finden wir ihren Dienst an allen zum Seeverkehre ge- eigneten Gestaden des Archipelagus. Alle von den Ansiedlern betriebenen Geschäfte standen unter ihrem Schutze, Handel und Industrie, wie Fischerei und Bergbau. Durch sie sind die Edel- metalle mit den in Babel geordneten Werth- und Gewichts- bestimmungen nach Griechenland gekommen; ihre Priester haben das Metall als Werthmesser eingeführt, denn bei ihrem vorzugsweise überseeischen Verkehre mulste sich der Tausch- handel, wie er sonst im Lande herrschte, am frühesten unge- nügend erweiseu. Sie haben zuerst Vorräthe von edlem Metalle gesammelt und die zum Tempelschatze gehörigen Metallstücke mit dem Symbole der Gottheit gezeichnet, wie man in den Apollotempeln das zum heiligen Inventar gehörige Geräth mit dem Zeichen der Leier merkte'). Die abgewogenen und ge- stempelten Metallstücke sind dann zur Förderung eines den Priesterschaften gewinnreichen Verkehrs in Umlauf gesetzt worden und so hat man sich neben dem Handel durch Tausch- objekte und dem Barrenverkehre die Anfänge des Geldverkehrs zu denken. | Ich versuche diese Ansicht näher zu begründen, indem ich auf das Verhältnils der Tempel zum Nationalwohlstande, auf das Bedürfnis, welches in den Tempeln nach geprägten Metall- werthen eintreten mufste, und endlich auf die Thatsachen auf- merksam mache, aus denen man die Existenz einer Tempel- münze folgern muls. Die Götter waren die ersten Capitalisten in Griechenland, ihre Tempel die ältesten Geldinstitute. Die durch regelmäfsige Einkünfte, durch Weihungen und Vermächtnisse gebildeten Tempelschätze standen unter Obhut der Priester, welche mit überlegner Weltkenninifs dieselben auf alle Art zu mehren wuls- ten. Sie benutzten die Heiligkeit der Tempelörter, um in Zeiten 1) Marmorschalen mit dem Symbole der Leier im knidischen Heilig- thum des pythischen Apollo von Newton gefunden. Vgl. Gött. Gel. Anz. 1864 S. 380. vom 10. Juni 1869. 467 allgemeiner Unsicherheit werthvolle Deposita anzunehmen; sie machten Vorschüsse an Gemeinden und Private, sie betheiligten sich an gewinnbringenden Unternehmungen; von ihrer Unter- stützung war die Möglichkeit überseeischer Ansiedelungen oder auch einer nachdrücklichen Kriegführung abhängig, wie Letz- teres noch zu Anfang des peloponesischen Kriegs die Ko- rinther den Spartanern vorstellten. Wenn wir so ohne jede Concurrenz die finanziellen Kräfte des Landes und die Macht gefüllter Kassen in den Tempeln concentrirt sehen, so wird es schon dadurch sehr wahrscheinlich, dafs alle wesentlichen Fort- schritte in Verwerthung des Edelmetalls und Ausbildung des Geldverkehrs von diesen Kreisen ausgegangen ist. Neben diesen grofsen Geschäftsverbindungen, durch welche die Tempel den Charakter von Bankinstituten erhielten, bestand ‚aber in vielen Heiligthümern ein Kleinhandel, welcher durchaus dahin führen mufste, dafs man nicht bei Tausch und Barren- verkehr stehen bleiben konnte, sondern zur Herstellung gepräg- ter Metallwerthe übergehen mufste. So wissen wir von den ansehnlichen Aphroditeheiligthümern, dafs dort ein fortwähren- der Bazar bestand; in Paphos z. B. wurden geweihte Bildchen der Göttin feil geboten, und die Schiffer stiegen vom Hafen herauf, um sich davon einzukaufen '),. Wir kennen jetzt diese Statuetten aus gelblichem Kalksteine, die in unzähliger Menge aus dem Boden von Cypern zum Vorscheine gekommen sind. Ein anderes Objekt des priesterlichen Kleinhandels bildeten ohne Zweifel auch in sehr früher Zeit die zum Opfer gehörigen Dinge. Es war den Pilgern bequem, dieselben an Ort und Stelle und zwar in untadliger Beschaffenheit vorzufinden. Daher die Wal- dungen und Weiden bei den gröfseren Tempeln und der reiche Ertrag, welchen z. B. die Priesterschaft der Hera in Lakinion von den heiligen Heerden im Tempelbezirke hatte?). Zu diesem Geschäftsbetriebe, welcher ja auch mit den In- teressen des Cultus auf das Nächste zusammenhing, kommen andere im Cultus begründete Gebräuche, welche zur Geld- prägung führen mufsten. So gehörte zum Dienste der Babylo- 1) Athen. 676. 2) Liv. 24, 3. 34° 468 Gesammtsitzung nischen Mylitta die Prostitution der einheimischen Mädchen. Vor dem Tempel sitzend, mufsten sie den Fremdlingen folgen, welche ihnen Geldstücke in den Schoofs warfen. Das Geld war heilig und kam in die Tempelkasse'). Dieser Cultus hat sich aber auf verschiedenen Wegen und und in verschiedenen Formen den Wohnsitzen der Griechen ge- nähert; als Dienst der Aphrodite-Mylitta ist er über Syrien in Cypern eingedrungen; in Kappadocien und Pontus finden wir mit denselben Gebräuchen die Anaitis. Mag nun die Hingabe an die Fremden als eine religiöse Pflicht von Seiten der Landes- töchter gefordert oder mag für diesen Brauch durch Tempel: mägde gesorgt werden, immer verlangte der Cultus, dafs den zuströmenden Pilgern die Möglichkeit gegeben werde, durch kleine Werthstücke ihren Tribut an die Gottheit zu entrichten. Es kamen aber auch aufserdem noch viele andere Arten von Baarzahlungen vor, welche von Seiten der Pilger an die Tem- pelkassen geleistet werden mulsten, sei es für Herberge und leibliche Pflege oder für Rath und Weissagung. Bei dem Her- mes in Pharai legte Jeder, der ein Orakel von ihm haben wollte, rechts vom Bilde eine bestimmte einheimische Erzmünze auf den Altar’). Dazu kam ein Drittes, das sind die Wettkämpfe, welche an den Tempelfesten zu Ehren der Tempelgottheit ausgeführt wurden. Agone einzurichten, zu leiten und fortzubilden war eine priesterliche Kunst und die Kosten der Agone wurden ur- sprünglich alle aus der Tempelkasse bestritten, welche zu diesem Zwecke auch über die Zinsen besonderer Vermächtnisse zu ver- fügen hatte, wie z.B. die des Dionysosheiligthums in Korkyra laut der uns erhaltenen Schenkungsurkunde’). Bei solchen Gelegenheiten wurden auch Preise in Geld gegeben, und dafs dazu eigene Münzen geprägt wurden, bezeugt u. A. die in mehr- facher Beziehung merkwürdige Doppeldrachme von Metapont mit der Inschrift ’AyeaAwov a9rov. Es war also eine Preis- münze, welche gewissermalsen Acheloos selbst, zu dessen Ehren 13: Herod.’1;.199. 2) Pausan. 7, 22. 3) C. 1. Gr. n. 1845 Böckh Staatsh. d. Ath. I, S. 419. vom 10. Juni 1869. 469 die Festspiele gefeiert wurden, austheilte'). Die terinäischen Didrachmen, auf deren Rückseite NIKA neben der den Lorber- kranz haltenden Stadtgöttin steht, werden wohl ähnlich aufzu- fassen sein. Hierher gehört eine grolse Reihe von Münzen, auf welchen sich Embleme, Figuren und Inschriften finden, welche unver- kennbare Beziehung auf öffentliche Feste enthalten, Binden, Amphoren, Palmzweige, Epheuranken (auf Münzen von Phlius an das Fest der zısroronc: erinnernd ?), bekränzte Opferstiere, kranzhaltende Figuren, die im Namen der Gottheit zur Preis- bewerbung auffordern oder dem Sieger entgegenschweben, wie auf Münzen von Side, Perge, u. s. w., die Dreifülse als Neben- stempel auf messenischen Münzen, welche an diejenigen Drei- fülse erinnern, die von den Siegern in Ithome geweiht wurden. Endlich die vielen Legenden, welche die Beziehung der Münzen zu bestimmten Festen ausdrücken, wie ’EAssFeg« in Kyzikos, "OgrıyoS7sa in Tarsos, HvSıc, vom Lorber eingefalst, auf delphischen Münzen’). Es sind Gelegenheitsmünzen, meist aus Kupfer geschlagen, zum Gedächtnisse solenn began- gener Festlichkeiten, deren Hergang zuweilen in bildlicher Darstellung veranschaulicht wird, wie auf dem Quinar von Laodikeia, wo der Tempelhof, mit Bändern geschmückt, sicht- bar ist und vor dem Tempel der einem Bürger den Kranz reichende Kaiser *). Die Münze ist von dem Inhaber der höch- sten priesterlichen Würde in Asien zum Andenken an die unter seiner Leitung begangenen Festlichkeiten geprägt, ein laut In- schrift von ihm gestiftetes Weihgeschenk (avs$y7zev), aber kein im Tempelraum ruhendes, wie etwa einzelne Münzen nachträg- lich mit eingeritzter Inschrift HAPON TO AMON u. a.°) einer Gottheit dedieirt wurden, sondern ein im Volke von Hand zu !) Millingen Ancient coins p. 12. O. Jahn in Gerhards Arch. Ztg. 1862 S. 321. 2) Leake Num. Hell. Eur. p. 92. 3) Millingen Ance. coins p. 71. Stark Mythol. Parnell. S. 41. Duc de Luynes Et. Num. p. 100. Millingen Recueil p. 44. 4) Pinder Verz. der Münzen n. 379. >) Didrachmen von Kroton. Bei Mionnet Suppl. 1, T. IX, 23. 470 Gesammtsitzung Hand gehendes und zu diesem Zwecke geschaffenes Denkzeichen, und es leidet wohl keinen Zweifel, dafs man solche Erinnerungs- münzen unter das Volk vertheilte, wenn bei grofsen Festlich- keiten der Reichthum der Tempelgottheit zur Schau gestellt wurde. Eine Erinnerung daran finde ich in dem byzantinischen Gebrauche, dafs der Kaiser auf der Schwelle der Kirchthüre sich vom Kirchenvorstande die Münzen geben liefs, welche er unter das Volk vertheilte!). Auch im Alterthum war die Tempelschwelle der Platz der Auszahlungen, welche von Seiten der Tempel- behörden erfolgten’). In die Kategorie der Festmünzen wird ein grofser Theil des Kupfergeldes gehören, welches laut Um- schrift unter Autorität eines Ay epeus, iegeus, orecbevndogos oder anderer geistlicher Ämter geprägt worden ist?). Endiich haben wir auch Münzen, welche nicht blofs an- deutungsweise, sondern durch ausdrücklichen Wortlaut als solche bezeichnet werden, welche aus einem Tempel hervorgegangen sind. Hierher gehört vor Allem die milesische Münze 5 2% Arduman icon *). Nachdem wir also den Münzbedarf, welcher in den Heilig- thümern eintreten mufste und die vielfachen Beziehungen zwi- schen Münze und Tempeldienst erkannt haben, läfst sich nun die Thatsache, dafs griechische Tempelbehörden aus ihrem Schatze Münzen ausgegeben haben, auch durch urkundliche Beweise aulser Zweifel stellen. Dies kann aber keine vereinzelte Thatsache gewesen sein, denn sonst würden sich unzweifelhaft Spuren eines Unterschie- des zwischen staatlichen und heiligen Münzen nachweisen lassen. Statt dessen haben sich aller Verschiedenheiten des Stils un- geachtet durch alle Zeiten die speciellsten Beziehungen zwischen Tempeldienst und Münzbild erhalten, und im Allgemeinen er- scheint bei der unabsehlichen Mannichfaltigkeit örtlicher Präg- sitte der religiöse Charakter als das Durchgehende und Ge- . meinsame. Daher auch die Verbindung der städtischen Münzen 1) Constant, Porph. de cerem. 1, p. 18; ce. 23, p. 135 ed. Bonn. Vgl. Henri de Longperier in Revue Archeol. 1869 p. 162. 2) Gött. Nachrichten 1864 S. 144. ®) Mionnet Tables geuerales. Magistrats locaux. Pretres p. 88. *) Millingen Sylloge p. 71. } vom 10. Juni 1869. 471 mit Heiligthümern. Die Argiver weihen ihr Stangengeld im Heraion und prägen das neue Geld im Heiligthum der Aphro- dite. In Athen ist Theseus oberster Münzherr und Rom hat sich gewifs einer constanten Tradition angeschlossen, als es die hellenische Münze bei sich in einem Tempel eröffnete. Alles hellenische Geld ist sakral, das Münzfeld heiliger Boden, einem Tempelhause gleich, welches ohne schwere Ver- sündigung von keinem Sterblichen bewohnt werden darf, und nirgends trat der Unterschied zwischen Hellenen- und Barbaren- sitte handgreiflicher zu Tage, als wenn man auf ausländischem Gelde die Gestalten des Grofskönigs und seiner Satrapen er- blickte, während bei den Hellenen auch die eigenwilligsten Tyrannen es nicht wagten, sich mit ihrer Person vorzudrängen, und nachdem man schon einem Lysandros Päane gesungen hatte, mulsten auf den Alexandermünzen noch die persönlichen Beziehungen in der Weise eingeschwärzt werden, dafs man den göttlichen Ahnen des Geschlechts ein Profil gab, welches dem des regierenden Enkels ähnlich sah; und ebenso die Ruhm- begier der meisterhaftesten Stempelschneider, wie hielt sie sich auf dem heiligen Boden zurück! Erst als Göttliches und Menschliches so vermischt wurden, dafs übermüthige Kriegs- herrn in das Haus der Parthenos einzogen, ward auch das Münzfeld durch Menschenbilder entweiht. Der religiöse Charakter der alten Münzen ist eine allge- mein bekannte, und, wenn auch immer wieder Versuche gemacht werden, die Münztypen als profane rebus anzusehen und als will- kürliche Anspielungen auf diese oder jene Stadtmerkwürdigkeit zu deuten, eine im Prinzip allgemein anerkannte Thatsache. Erklärt ist sie aber noch nicht, obwohl sie doch garwohl einer Erklärung bedarf, denn nach gewöhnlicher Ansicht giebt es doch nichts Profaneres als das Geld. Die didymäische Drachme weist uns auf die richtige Lösung. Denn da wir im öffentlichen Leben der Griechen, sowie es in den Bereich der Geschichte eintritt, aller Orten einen Rückgang priesterlicher Macht wahr- nehmen, von deren ursprünglichem Umfange nur einzelne Spuren erkennbar sind, so werden wir auch in der heiligen Branchiden- münze nur einen Überrest der alten Münzgerechtigkeit der griechischen Heiligthümer erkennen, und da doch entweder 472 Gesammtsüzung vom Staate oder von den Priestern der Anfang der Münzprä- gung ausgegangen sein muls, zu der Ansicht kommen, dafs alle hellenische Münze einmal eine heilige, alles Geld Tempelgeld gewesen sei, dafs also, wie Mafs und Gewicht, Zeiteintheilung und Kalender, so auch das Münzwesen von den Priesterschaften ausgegangen und erst später in die Hände des Staats über- gegangen sei. Es fragt sich, ob diese Vorgänge, über welche keinerlei Überlieferung vorliegt, sich durch Analogieen und Vereinigung zerstreuter Thatsachen unter gemeinsame Gesichtspunkte noch etwas klarer machen lassen. Zunächst ist hier zu berücksichtigen, dafs zwischen reli- giösen und politischen Einrichtungen im Alterthume nicht der Gegensatz bestand, wie er uns geläufig ist; denn die Vereini- gungen, aus welchen Staaten und Nationen erwachsen sind, die ältesten Verbände (susrzuere, zow«) ruhen ja durchweg auf religiöser Grundlage, wie sich das dort am deutlichsten zeigt, wo Verbände dieser Art, ohne durch neuere Staatsbildung ver- drängt zu sein, sich ausnahmsweise in alter Form erhalten haben. Ich erinnere an das susryu« Xouscogewv — da bildete der Dienst des Zeus Chrysaoreus den einzigen Mittelpunkt; von ihm stammt der Name der Gaugenossen, ebenso wie die Lykier in dem gemeinsamen Apollodienste sich als Gesanımtheit fühlen lernten und von ihm ihren Namen hatten. In diesen Gauver- bänden sind schon dieV orbedingungen des Münzwesens zu suchen; denn man kaun sich dieselben nicht denken ohne Tempel- schatz und ohne Vereinbarung über die für gemeinsame Zwecke zu übernehmenden Leistungen und über Tempelbufsen. Aber auch in der Zeit des ausgebildeten Münzwesens gab es Land- schaften, welche keine andere Einheit hatten als eine gottes- dienstliche, und wo es das Interesse der Priesterschaft war, diese Einheit zu pflegen und zum Ausdruck zu bringen, und zwar nicht blofs durch gemeinsame Jahres- und Festordnung, ‘sondern auch durch eine Landesmünze, welche aus dem Tempel- schatze geprägt wurde und der Tempelgottheit Symbol an sich trug. Das deutlichste Beispiel ist die altarkadische Landesmünze mit dem Bilde des Zeus Lykaios und der Umschrift “Arkadi- vom 10. Juni 1869. 473 kon’, welche nur von der Behörde ausgegangen sein kann, die den Schatz des auf dem arkadischen Olympos waltenden Landes- horts hütete und zu seiner Ehre Festspiele mit Werthpreisen veranstaltete!). Hier haben wir nachweislich eine Münze ohne Staat, eine heilige Münze, wenn sie auch nicht, wie die mile- sische, mit dieser Bezeichnung versehen war, ein Tempelgeld, und dies Beispiel wird nicht allein gestanden haben, wenn sich auch in andern Landschaften, Thessalien, Elis u. A., nicht mit gleicher Sicherheit nachweisen läfst, dals keine weltliche Macht als Träger der Münzgerechtigkeit vorhanden gewesen sei. Aus römischer Zeit werden wir das Kupfergeld des zowcv Kuratwv mit dem Tempel der paphischen Göttin in die Klasse der Tempelmünzen rechnen können. Auf diese Weise wird sich vielleicht eine Reihe noch unerklärter Thatsachen aufklären lassen, namentlich das Vorkommen von griechischen Münzen aus solchen Orten, welche entweder niemals selbständige Bürger- gemeinden gewesen sind, wie Orthia in Elis’), oder ihre Selbst- ständigkeit frühe verloren und dennoch fortgefahren haben, Geld zu prägen, wie z. B. Kassiope in Korkyra, welches noch in den späteren Kaiserzeiten seine eigene Prägstätte hatte’). Die Legenden der kassiopeischen Münzen Zeus Kasıos u. a., weisen auf ein bestimmtes Heilisthum hin, welches als Festort dieselben hat ausgehen lassen und seine Münzgerechtigkeit sehr lange bewahrt hat. - Nach dem Gesagten können wir voraussetzen, dals die am- phiktyonischen Heiligthümer aller Orten einen wesentlichen Ein- flufs auf die Entwickelung des Münzwesens geübt haben und dals sich die Spuren davon nachweisen lassen werden, auch dort, wo die Amphiktyonien sich früh aufgelöst haben oder durch politische Bildungen anderer Art verdrängt worden sind. So namentlich in Grolsgriechenland; denn für Alles, was im grols- griechischen Münzwesen gemeinsam ist und auf planvolle An- ordnung hinweist, findet sich kein anderer Anknüpfungspunkt 1) Vgl. Pinder und Friedlaender Beitr. zur ältern Münzkunde S. 83. ?) Peloponessos II, 32, 102. 3) Postolaka Koridoyos av APXAlwv VOLLOHATWV TaVv vnowv Kerxu- cu;, Acuxadog etc. 1868 p. 5l. 474 Gesammtsitzung als der Heratempel auf dem lakinischen Vorgebirge, welcher das religiöse Centrum aller Italioten war, mit allen Städten derselben durch Prozessionsstrafsen verbunden, zugleich ein Sitz des Reichthums, ein Kreuzpunkt des überseeischen wie binnenländischen Verkehrs, ein Centrum des Gewerbfleilses und wahrscheinlich auch der Ausgangspunkt für Ausbeutung der Bergwerke am skylletischen und terinäischen Meerbusen. Ein Zeugnifs dieses Einflulses ist der Herakopf auf den Münzen von Poseidonia, von Neapolis und Uria, wie auf denen von Kroton und Pandosia,') und wenn die Römer ihre Silber- münze in einem Junotempel eröffneten, so darf man wohl ver- muthen, dafs dies mit Beziehung auf die lakinische Juno ge- schah, an deren Stelle man nun auf dem Capitole ein neues Centrum des unteritalischen Geldverkehrs errichtete. Hat aber das griechische Geldwesen nachweislich unter priesterlichem Einflufs gestanden und sind von ansehnlichen Tempelinstituten Münzprägungen und Münzordnungen ausge- gangen, so müssen wir auch versuchen weiter zu gehen und den Zusammenhang zwischen Münze und Tempeldienst aufzu- spüren, um uns zu überzeugen, ob nicht etwa mit gewissen Tempeldiensten vorzugsweise solche Einflüsse verbunden waren. So führt die Betrachtung des Münzwesens auf das der Reli- gionsgeschichte, und die Münzen werden sich noch in ganz ande- rer Weise als bisher geschehen ist, für die Kenntnifs der Mytho- logie verwerthen lassen, wenn man nachweisen kann, dafs ge- wisse Tempeldienste vorzugsweise mit Ausbreitung des Münz- wesens zusammenhängen. Durch den Dienst der Urania ist mit dem Gebrauche der Edelmetalle als Werthmesser auch die Wissenschaft des Zählens, Messens und Wägens nach Europa gekommen. Wahrschein- lich ist es also von vorn herein, dals denselben Kreisen auch die Fortentwickelung dieser Wissenschaft, der Fortschritt vom Barrenverkehre zur Münze zuzuschreiben sein wird. Dieser Erwartung entspricht die Thatsache, dafs das älteste europäische Geld ein Symbol trägt, durch welches die zum heiligen Besitz der Aphrodite gehörigen Gegenstände ge- !) Millingen Ane. co:ns. p. 27. Jul. Friedlaender Osk. Münzen S. 40. vom 10. Juni 1869. 475 kennzeichnet zu werden pflegten, denn in ihren Tempelinstituten hatten die hölzernen Fulsbänke die Gestalt von Schildkröten ') und die Göttin selbst wurde auf dem Rücken des Thiers ste- hend abgebildet, wie ein Bronzecandelaber unseres Antiquariums zeigt, welcher zu einem Tempelinventar gehörte ?). Auf dieselbe Gottheit führt die Taube von Sikyon, denn sie begleitet dieselbe von Askalon nach Uypern, von Cypern nach Griechenland und dem Eryx °). Sikyon aber war in alten und unmittelbaren Beziehungen zu ÖOypern. Um so überraschender ist es, dals wir zwischen Sikyon und Aigina in dem alten unzweifelhaft von Phöniziern gegrün- deten Emporium des Isthmus, sowie die Doppelprägung beginnt, den behelmten Kopf finden, welchen wir, wo wir ihm begegnen, mit dem Namen der Pallas Athene zu bezeichnen pflegen. Da hätten wir also an Stelle der weltbürgerlichen Aphrodite, die mit Industrie und Handel auf das Deutlichste verknüpft ist und auf keinem Platze des diesseitigen Oontinents so augen- scheinlich wie hier asiatische Sitten mit sich eingeführt hat, die spröde, allem Sinnlichen abgeneigte, dem Handelsverkehre fremde Jungfrau ? Hier aber hat schon Francois Lenormant‘) mit vollem Rechte geltend gemacht, dafs die herkömmliche Benennung eine unbegründete sei. Die Tetrabolen und Diobolen von Korinth zeigen an derselben Stelle einen unverkennbaren Aphroditekopf und die neuen für Religions- und Kunstgeschichte gleich wich- tigen Entdeckungen in Cypern haben unter den verschiedenen Formen der einheimischen Gottheit auch den Typus der be- helmten in vortreffllichen Exemplaren zu Tage gefördert; als kriegerische, vollgerüstete und in dieser Form der Sphäre der Sinnliebkeit entrückte wurde die Göttin in Sparta und Karthago verebrt und für die Identität von Pallas und Aphrodite in Ko- rinth haben wir aufserdem ein urkundliches Zeugnils in dem Vasenbilde des. britischen Museums, wo die Göttin “Aphrodite I) Athenaios p. 589. Polem. ed. Preller p.76. 2) Panofka Skiron IV, 12. 3) O. Jahn Berichte der S. Ges. d. Wiss. 1853. Febr. #) Rev. Numism. 1866 p. 78. 476 Gesammtsitzung mit der Aegis angetan neben dem isthmischen Poseidon auf dem Wagen erscheint '). So geht die numismatische Forschang mit der historischen Mythologie Hand in Hand, denn auch die Anfänge des griechi- schen Münzwesens werden nur verständlich, wenn wir unter verschiedenen Namen und Attributen die eine Göttin er- kennen, die in Babel einheimisch über Askalon und Cypern in das Herz des griechischen Landes eingedrungen ist, die Trägerin des ganzen merkantilen Verkehrs zwischen Abend- und Morgenland. | Sie ist aber nicht blofs auf dem Seewege nach Europa ge- kommen; vielmehr hat man schon längst in den Teempelörtern des obern Kleinasiens die Stationen erkannt, in welchen die- selbe Göttin von Babel her schrittweise gegen Westen vorge- rückt ist, und auf diesem Wege werden wir noch sicherer zu den Plätzen gelangen, wo sich das hellenische Münzwesen aus asia- tischen Tempeldiensten entwickelt hat. Wie in Syrien als Astarte, so tritt sie hier als Anaitis auf, dieselbe bewaffnete Göttin, die wir in Korinth wiederfinden, die Göttin, deren Cul- tus im doppelten Komana uns durch Strabo bekannt ist, und so grofs war die Übereinstimmung des Cultus, der vom Eu- phrat bis zum Isthmus reichte, dafs Strabo das pontische Ko- mana ein zweites Korinth nennt. An beiden Orten fand er denselben ausschweifenden Dienst, dieselbe Begünstigung der Fremden. Nur war, was in Mesopotamien die Landestöchter thaten, auf demi Boden der arischen Völker Sache von Tempel- sklavinnen; das Institut der Hierodulie ist deshalb das Charakte- ristische für alle Tempelorte, welche die durch Cappadoeien und Phrygien führende Handelsstrafse begleiten. Ein zweites Kennzeichen ist die aus dem grolsen Sklaven- und Grundbesitze sich entwickelnde Hierarchie, welche den Einflufs des ober- priesterlichen Geschlechts den Landeskönigen gefährlich machte. Endlich gehört zu demselben Cultus die Metallurgie; denn wie der eyprischen Aphrodite die Bergwerke der Insel geweiht 1) Lenormant et de Witte Elite Cer. III pl. XI, vgl. die Eule neben der Taube als Symbol der Aphr. IV, pl. VIII vom 10. Juni 1869. 477 waren '), so folgen der kleinasiatischen Naturgöttin die Kureten, Korybanten und Daktylen. Mit diesen Attributen finden wir den Cultus in Pessinus, wo zu Strabos Zeit noch die Überreste einer hierarchischen Dynastie vorhanden waren, und ähnliche Verhältnisse werden wir auch bei der grofsen Göttin in Sardes voraussetzen müssen. Hier in der Hauptstadt des industriellsten Volks von Klein- asien finden wir ein uraltes Heiligthum der Gottheit, einen Tempel, an dessen Schwelle der Paktolos sein Gold ausspülte. Wenn wir nun gelernt haben, dafs es Tempelmünzen gegeben hat, welche voraussetzlich die älteste Gattung von Münze waren; wenn wir hier einen Tempeldienst haben, welcher ebenso wie der entsprechende in Babylon das Bedürfnifs nach handlichen Werthstücken hervorrufen mufste, einen Dienst, der zugleich mit Handel und Metallurgie zusammenhängt und mit ansehn- licher Priestermacht ausgestattet war; wenn nirgends so mühe- los wie hier ein Edelmetall sich darbot, das, seiner Farbe wegen zum Geschmeide weniger geeignet, für Werthprägung dagegen das bequemste war, welches gefunden werden konnte, wenn endlich die ältesten Münzen von Sardes nachweislich Flufsgold- münzen und durch das Löwenbild als etwas der Göttin Zuge- höriges gekennzeichnet sind: so werden wir durch diese Er- wägungen die Überlieferung von den Lydern als Erfindern des Geldes bestätigt finden und dieselbe in der Weise ergänzen, dafs wir uns diese älteste den Hellenen bekannte Münze als eine von der Priesterschaft der sardischen Göttermutter aus- gegebene vorstellen. Sardes war für das vorliegende Küstenland die Metropole dieses Cultus, welcher eine aufserordentliche Gewalt über die Menschen hatte und durch die mannigfaltigen Beziehungen zur Musik, zur Industrie wie zum Handelsverkehre eine so hervor- ragende Bedeutung erlangt hat, dafs die ältesten Zustände auf den Küsten des Archipelagus, von denen wir uns eine Vorstellung bilden können, wesentlich unter seinem Einflufs stehen. Er war zu Hause auf dem Sipylos, einem der wich- tigsten Ausgangspunkte altgriechischer Cultur, und was wir 1) Ovid. Metam. 10, 64. Rofs Inselreisen 4, 160. 478 Gesammtsitzung von den Pelopiden am Sichersten wissen, ist dies, dafs Ge- schlechter dieses Namens die Träger des sardischen Gottes- dienstes in Griechenland gewesen sind’). Den Hermos hin- unter, welcher von dem heiligen Berge der Dindymene ent- springt, verbreitete er sich nach Phokaia; in Smyrna, Magnesia, Lampsakos, Kyzikos finden wir ihn, und zwar, wo uns ein etwas genauerer Einblick vergönnt ist, als den herrschenden Stadt- cultus, zum Zeichen, dafs bei Entwicklung des Gemeinwesens die Priesterschaft der Göttin eine hervorragende Bedeutung ge- habt hat. Sie war von Anfang an in eminentem Sinne Burg- und Stadtgöttin.e Daher Metropolis als Name von Städten in Phrygien und in Lydien unweit Ephesos, ein Name, den Alexan- der Polyhistor mit Recht so deutet, dafs er die von der Götter- mutter gestiftete (und wie Sardes unter ihrem Schutze stehende) Stadtgemeinde bezeichne ’?). Gab es also in Sardes heiliges Geld, so wird auch in den Filialen des Küstenlandes Tempelmünze geprägt worden sein. Hier gestalteten sich die sozialen Verhältnisse aber in ganz andrer Weise; hier entwickelte sich ein Gemeindeleben freier Bürger, welches sich von allen priesterlichen Einflüssen frei machte. Die Priester waren die Geldmacht und von den Tempelschätzen jede bedeutendere Unternehmung abhängig. Sollte sich also das bürgerliche Wesen frei entwickeln, so mufste es aus der finanziellen Abhängigkeit gelöst und die Macht des Capitals den Priestern genommen werden. Von einer zwischen Bürgerschaft und Priestern -getheilten Geldver- waltung erkennt man eine Spur in solchen Urkunden, in wel- chen Schenkungen an die Stadt und eine daselbst verehrte Gottheit d.h. an ihre Priester enthalten sind (wie in der korky- räischen Inschrift oreı za Arvusrw)°); denn mögen solche Formeln im einzelnen Falle volle Wahrheit haben oder nicht, so lassen sie doch auf solche Verhältnisse schlielsen, wo heilige (selder unter gemischter Verwaltung standen. Die Mitaufsicht städtischer Behörden führte aber zur Me- diatisirung der priesterlichen Institute; der Staat legte Beschlag !) Gerh. Arch. Zeitung 1855 S. 148. 2) Steph. B. MutgonoXu;. 2),0..1. Gr./BER 1.23; en re 479 auf die priesterlichen Kassen, wie dies zur Tyrannenzeit in Athen begonnen haben mufs, als die Priesterschaft auf Renten gesetzt und von Staatswegen das grolse Tempelkassenhaus ge- baut wurde, welches zugleich der Staatsschatz war. Von solchen Vorgängen haben wir nur in Athen einige Spuren; aber ähnliche Vorgänge müssen wir in allen griechi- schen Städten voraussetzen, namentlich an der asiatischen Küste, wo nicht, wie es mit dem Branchiden-Heiligthum der Fall war, besondere Verhältnisse darauf hinwirkten, dem Tempel eine dauerhaftere Selbständigkeit zu sichern. Gingen aber die Tempelschätze in städtische Verwaltung über, so wurde auch das Geld, das aus denselben geprägt war, Gemeindegeld, d. h. der Staat nahm die Emission in seine Hand und setzte an Stelle des priesterlichen Kredits den sei- nigen. Wie man aber aller Orten beflissen war, den Übergang so milde wie möglich zu machen (daher so wenig Überlieferung von Conflikten zwischen Gemeinde und Priesterschaft), indem man die Säkularisation der Sache nach vollkommen durchsetzte, aber der Form nach versteckte, also dem Schatzgebäude Tempelform gab, den Schatzbeanten priesterlichen Charakter verlieh und die Gottheit scheinbar im Vollbesitze ihres Eigenthums beliefs, so machte man es auch mit dem Tempelgelde; man liefs ihm den religösen Charakter, als wenn es nach wie vor von den Prie- stern ausgegeben wäre, aber zum Zeichen, dafs man jetzt nicht mehr einem unter fremder Autorität geprägten Gelde den Un.- lauf gestatte, sondern das Geld als Gemeindegeld anerkenne, setzte man als profanes Münzzeichen die Initialen des Stadt- namens auf die Rückseite. Sie dienten nach einem weitver- breiteten Brauche als Stadtwappen auf Kriegs- und Friedens- geräthen, wie das A der Lakedamonier, das 2 der Sikyonier u. w. beweist. Die Schrift tritt mit solcher Sparsamkeit und in so constanter Form auf, dafs sie durchaus den Charakter eines Bildes oder Wappens hat. Sie ist die staatliche Contrasignatur des priesterlichen Symbols, welches man unverändert liefs; ihr Eintritt bezeichnet die Säkularisirung der Münze, am frühsten wie es scheint, in Kyzikos und Teos. Von der Küste erfolgte ein Rückschlag nach innen. Wie in Pessinus, so ist auch in Sardes die dynastische Macht des 480 Gesammtsitzung Priesterthums vor der königlichen Macht zurückgetreten, und den vollen Sieg des Königthums können wir in die Zeit setzen, da die Mermnaden mit den Traditionen des innern Asiens brachen und sich im Anschlusse an hellenische Heiligthümer segen die Macht der einheimischen zu sichern suchten. Kroisos hat diese Politik durchgeführt, und wenn er die Elektronprä- gung aufhob, so liegt die Vermuthung nahe, dafs dies die alte Tempelmünze gewesen sei. Er schuf im Anschlusse an die griechischen Küstenstädte eine neue Geld- und Silberwährung und ging vom phönikischen Fufse auf das dem phokaisehen Stater zu Grunde liegende Goldtalent über, aber das alte Wappen behielt er bei, das Löwensymbol; es war kein könig- liches, aber auch kein städtisches (denn als selbstständige Bürgerschaft können wir die Einwohner der lydischen Residenz nicht ansehen), sondern das Wahrzeichen der grolsen Göttin deren Priesterschaft einst für die Währung verantworlich war. Ich glaube kaum, dafs die uns vorliegenden Überlieferun- sen und Thatsachen der alten Numismatik sich anders oder wenigstens einfacher erklären lassen, als in der versuchten Weise. So begreift man die Abhängigkeit der lydischen Münze und zugleich ihre Priorität. Denn der neuerdings ausgesprochenen Ansicht von Phokoia’ als dem Entstehungsorte des Geldes!) gegenüber glaube ich doch geltend machen zu müssen, dafs die frühe Verbreitung des phokaischen Staters noch nicht ge- nügt, um so gewichtige Zeugnisse, wie die des Herodot und des Xenophanes, zu entkräften. Denn wie sollte der Letztere, ein Eleate und gründlicher Forscher auf dem Gebiete der heimischen Alterthümer, den Phokäern den Ruhm der Erfindung nicht zugesprochen haben, wenn die für Priorität der Lyder vorliegenden Zeugnisse es erlaubt hätten! Es schliefst sich aber, wie mir scheint, das bisher Er- mittelte allen Ergebnissen früherer Untorsuchungen auf das Natürlichste an; denn wäre es nicht auffallend, wenn der Ein- _Aufs der nach Europa verbreiteten Gottesdienste Babylons gerade auf dem Punkte, wohin Böckh ihn geführt hat, stehen 1) Vgl. Th. Mommsen in Grenzboten 1863 S. 389. Brandis Münz- wesen Vorderasiens S. 172. vom 10. Juni 1869. 481 geblieben und plötzlich von einer rein hellenischen und rein politischen Einwirkung abgelöst worden wäre, wenn die Garan- tirung der abgewogenen Metallstücke nicht von der Autorität ausgegangen wäre, welche allein berufen war, dieselbe zu über- nehmen? Ist aber über die Bedeutung der grofsen Göttin in Sardes richtig geurtheilt worden, so ist nicht nur die Einfüh- rung ‘der Edelmetalle und die Regulirung ihrer Werth- und Gewichtverhältnisse, sondern auch die Ausprägung derselben zu gangbarer Münze und deren Überführung aus dem Tempel- gebrauche in das bürgerliche Leben von demselben Cultus und zwar von der am meisten gegen lonien vorgeschobenen Station desselben ausgegangen, und wir haben den Vortheil, die ver- schiedenen, auf Metallverwerthung bezüglichen Erfindungen in einem grolsen Zusammenhang zu erblicken, den religiösen Cha- rakter der griechischen Münzen so wie ihre der orientalischen Symbolik entlehnten Gepräge zu begreifen und die Münzen selbst als geschichtliche Denkmäler in anderer Weise als bis- her benutzen zu können. Denn sie sind jetzt nicht mehr nur Denkmäler der Partikulargeschichte und des religiösen wie poli- tischen Mikrokosmus der einzelnen Städte, sondern sie dienen uns zugleich, die Göttin, in deren Dienste sie erfunden sind, auf ihren Land- und Seewegen zu begleiten, sie unter den ver- schiedensten Namen und Formen wieder zu erkennen und dann die anderen Gottheiten, welche an ihre Stelle getreten sind, kennen zu lernen. "An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: M. S. Milojewitsch, Lieder und Gebräuche des gesammten serbischen Volks. 1. Buch: Lieder heiliger Gebräuche. Gesammelt und heraus- gegeben vom Verf. Belgrad 1869. 8. (In serbischer Sprache.) Astronomische Nachrichten. 73. Bd. Altona 1869. 4. Cleveland Abbe, Dorpat and Pulkova. (Washington 1867.) 8. Archivio giuridico. III, 3. Bologna 1869. 8. [1869.] 35 482 Gesammtsitzung 17. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Magnus trug eine Abhandlung über Emission und Absorption der bei niederen Temperaturen ausge- strahlten Wärme vor. Die wesentlichen Ergebnisse derselben sind folgende: 1. Die verschiedenen Körper strahlen, bis 150° ©. er- hitzt, verschiedene Arten von Wärme aus. 2. Es giebt Körper die nur eine Wärmeart anssenden) andere die viele ausstrahlen. 3. Zu den ersteren gehört das Steinsalz wenn es ganz rein ist. Ebenso wie der glühende Dampf desselben, oder des einen seiner Bestandtheile, des Natriums, nur eine Farbe aus- strahlt, ebenso sendet es selbst bei 150° C. nur eine Art von Wärme aus. Es ist monothermisch wie sein Dampf mono- chromatisch ist. 4. Das Steinsalz absorbirt die vom Steinsalz ausgestrahlte Wärme in grofser Menge und stärker als die des Sylvins und anderer Wärmearten. Es läfst daher nicht, wie Melloni und Knoblauch behaupten, alle Wärmearten gleich gut durch. 5. Die Absorption durch Steinsalz nimmt mit der Dicke der absorbirenden Platte zu. 6. Die grofse Diathermasie des Steinsalzes beruht nicht auf einem geringen Absorptionsvermögen desselben für die ver- schiedenen Wärmearten, sondern darauf dafs es nur eine ein- zige Wärmeart ausstrahlt und folglich auch nur diese eine ab- sorbirt, und dafs fast alle andern Körper bei der Temperatur von 150° C. Wärme aussenden die nur einen kleinen Antheil oder gar keine von den Strahlen enthält, welche das Steinsalz aussendet. 7. Der Sylvin (Chlorkalium) verhält sich ähnlich wie das Steinsalz, ist aber nicht in gleichem Maafse monothermisch. . Auch bei diesem ist die Analogie mit seinen glühenden Dämpfen oder denen des Kaliums vorhanden, das bekanntlich ein fast continuirliches Spectum liefert. 8. Der Flufsspath absorbirt die reine Se fast vollständig. Man sollte deshalb erwarten dafs die Wärme die er aussendet auch stark vom Steinsalz absorbirt werde. Es vom 17. Juni 1869. 483 gehn indefs 70 p. C. derselben durch eine Steinsalzplatte von 20”m Dicke. Mit Rücksicht auf die Summe der Wärme die der Flufsspath aussendet, die mehr als drei mal gröfser wie die vom Steinsalz ist, liefse sich diese Erscheinung wohl erklären, doch bedarf dies noch weiterer Untersuchung. 9. Wenn es möglich wäre von der bei 150° ©. ausge- strahlten Wärme ein Spectrum zu entwerfen, so würde, wenn Steinsalz der ausstrahlende Körper wäre, dies Spectrum nur eine Bande enthalten. Wäre Sylvin zur Ausstrahlung benutzt, so würde das Spectrum ausgedehnter sein, aber doch nur einen kleinen Theil von dem Spectrum einnehmen, das von der Wärme entstehen würde, die vom Kienrufs ausgestrahlt wird. Hr. Mommsen gab von den neuesten Ausgrabungen in dem römischen Arvalhain im Winter von 1868 auf 1869 Nach- richt. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen. 16. Bd. 6. Lfe. 17. Bd. 1. Lfg. Berlin 1868 u. 69. 4. Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge 8. Bd. 2. Heft. Kronstadt 1868. 3. Friedrich Schuler v. Libloy, Siebenbürgische Rechtsgeschichte. 3. Bd. Hermannstadt 1868. 8. Glasnik des Serbischen Gelehrtenvereins. 24. Bd. Belgrad 1868. 8. Serbische Bicliographie. Belgrad 1869. 8. Giornale degli Scavi di Pompei. Vol. III, Parte 3. Napoli 1869. 4. Genocchi, Demostrazione d’una formula di Leibnizio e Lagrange. Torino 1869. 4. Hoüel, Sur une formule de Leibniz. Bordeaux 1869. 8. A. v. Resö-Ensel, Helxnevel Magyasazoja. Heft 1. 2. Pest 1861. 8. — Das Schwurgericht in Ungarn. Pest 1868. 8. Mit Schreiben des Verf. d. d. Pest 27. April 1869. 39* 484 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse - Die Akademie beschlofs, dem Hrn. Dr. Paul Krüger in Berlin, dem die K. Bayerische Akademie zu München im Jahre 1867 die letzte Rate der Savignystiftung zu einem Reisestipen- dium für Beschaffung eines kritischen Apparats zum justiniani- schen Codex verliehen hat, zur Fortsetzung dieser Arbeit und zur Ausdehnung auf das theodosianische Rechtsbuch die gegen- wärtig.von dem Curatorium der Savignystiftung zur Verfügung gestellte Rate von 2000 Thalern zu verleihen. 21. Juni. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Dove theilte einige Notizen über die vorjährigen Überschwemmungen in der Schweiz mit. Hr. W. Peters legte eine Abhandlung von Hrn. E. Grube in Breslau vor: Beschreibungen neuer oder weniger bekannter von Hrn. Ehrenberg gesammelter Anneliden des rothen Meeres. Die Anneliden, welche Herr Prof. Ehrenberg auf der mit seinem Freunde,. dem in Masuah verstorbenen Dr. Hemprich ausgeführten, damals schwierigen Reise nach Nordafrika und dem Rothen Meer in reichlicher Zahl gesammelt und beobachtet, waren bis jetzt ein für die Wissenschaft noch ungehobener Schatz des Berliner Museums. Indem ich der Aufforderung seines Directors Folge leistend, mich gern ihrer Bearbeitung _ unterzog, ist bei der grofsen Bereicherung dieser Thierabthei- lung durch neuere Forscher die dadurch hervorgerufene soviel gröfsere Zahl von Vergleichungen wie auch vielfache Unter- brechung die Veranlassung gewesen, dafs diese Arbeit längere Zeit gedauert hat als ich wünschte, und jetzt erst ihr Abschlufs erfolgt. Es ist nicht zu verwundern, dafs nach mehr als 40- vom 21. Juni 1869. ’ 485 jähriger Aufbewahrung in Weingeist manches von jener Aus- beute sich in einem wenig befriedigenden Zustande befand, aber andrerseits um so erfreulicher, dafs noch so viele Exemplare sich vollkommen zur Untersuchung geeignet zeigten. Einen überaus wichtigen Anhalt fand ich an den von Hrn. Ehrenberg selbst an Ort und Stelle entworfenen Beschreibungen, die jetzt freilich nicht mehr zur Unterscheidung der 'Arten ausreichen, mir aber ebensowohl wichtige Zusätze über die Färbung im lebenden Zustande und den Fundort lieferten, als mich da sicher zu leiten vermochten, wo die Etiquetten der Gläser offen- bar zu deren Inhalt nicht pafsten, indem sie wahrscheinlich beim Nachsehen und Nachfüllen des Weingeistes abgesprungen und dann vertauscht waren. Zu mehreren der Beschreibungen fanden sich die entsprechenden Thiere gar nicht vor, was na- mentlich von einigen sehr winzigen Formen gilt, und andrer- seits waren mancherlei Anneliden ohne Namen und Fundort vorhanden, so dafs sich mit vollster Sicherheit wenigstens nicht behaupten läfst, dafs sie aus dem Rothen Meere stammen, dessen Fauna ohne Zweifel der bei weitem gröfste Theil dieser Aus- beute angehört; von einigen wenigen giebt das Tagebuch selber an, dafs sie in Alexandrien gesammelt wurden. Indem ich eine Pflicht gegen den gefeierten Reisenden wie gegen die Akademie zu erfüllen glaube, wenn ich das Wichtigste von den geretteten Schätzen der Veröffentlicbung nicht länger vorenthalte, beehre ich mich hiermit der Königl. Akademie die Beschreibungen solcher Arten vorzulegen, welche entweder noch unbekannt oder blofs noch in der Sammlung der Anneliden des Rothen Meeres von Ritter v. Frauenfeld vorhanden sind, oder deren Beschreibungen Zusätze zu Savignyschen Arten enthalten, und erlaube mir die Bitte, diese Arbeit einstweilen ohne Hinzufügung von Abbildungen in die Monatsberichte der Königl. Akademie aufzunehmen. PoLyno& Sav. P. (Lepidonotus) trissochaetus Ehrb. Gr. Corpus oblongum, posteriora versus minus attenuatum, ex car- neo griseum, interdum sub aurantiacum, dorso medio figuris nigris, maculas pallidas ambeuntibus distincto, elytris minus tecto, seg- 186 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse mentis 27, mediis 5-plo fere latioribus quam longis. Lobus ca- pitalis ovalis antice attennatus, postice plica segmenti proximitec- tus, oculis nigris parvis, anterioribus prope marginem frontalem et exteriorem sitis. Tentacula media lobo capitali longiora, ut impar e margine frontali orientia, ut cirri tentaculares et dorsuales laevia, sub apice filiformi tumida, annulo nigro picta; t. impar mediis longius, ceirris tentacularibus brevius; t. late- ralia horum longitudine, papillis brevissimis minimis obsita. Pinnae dimidium ventris latitudinem nondum aequantes, phare- tra inferiore truncata, superiore humillima, penicillum setarum erassum continente. Setae superiores duplicis formae, alterae maxime numerosae laeves decolores tenerrimae capillares, sub apice longo lineari paulo incrassatae, inferioribus paulo minus prominentes, alterae circulo simplici eas ambeuntes, iis alterum tantum cerassiores dimidio breviores, leniter curvatae, flavae, dense transverse striatae, asperulae. Setae inferiores sub apice incurvo simplici dilatatae, utrinque denticulis 5 acutis ser- ratae. Cirri dorsuales iis minus prominentes, ventrales marginem pinnae haud attingentes, subulatae. Cirri ani haud conservati. | Elytra utrinque 12 imbricata, medium dorsum plus minus tegentia, suborbicularia, diametro segmenta 2 paulo superante, tenacia, nigra parte exteriore alba, plerumque sinu medio reni- formia, pustulis nigris minutis sparsis obsita, margine laevi. Long. 12 ad 14 mill., lat. max. 5 mill., setis omissis 4 mill. Dieselbe Art hat Hr. Godeffroy von Samoa und denViti-Inseln erhalten: nach einem dieser Exemplare ist die Beschreibung des unpaaren und der seitlichen Fühler gegeben, die an dem ein- zigen, von Ehrenberg mitgebrachten Exemplar nicht beobachtet werden konnten, jener weil er abgebrochen, diese weil sie, wie ich annehmen muls, eingestülpt waren. P. (Lepidonotus) quadricarinata Gr. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 1867 p. 28, Ver- handl. d. zool. botan. Gesellschaft in Wien 1868 p. 629. Corpus ex carneo flavidum, splendidulum plus minus iricolor. stria lata ventrali nunc quidem alba, lineis albis lon- gitudinalibus utringue 2 distantibus per elytra omnia continua- | vom 21. Juni 1869. 487 tis. Lobus capitalis subquadratus, rotundatus ut tentacula griseus. Tentaculum impar et media ex margine frontali ejus orta, impar articulo basali brevi crasso sulphureo insidens, mediis, raro lateralibus paulo magis prominens, ut media sub apice annulo fuscius griseo munitum, ut cetera haud tumi- dum, t. lateralia multo crassiora.. Oculi anteriores ad marginem lateralem in medio positi, posteriores lobulo trans- verso segmenti buccalis tecti. Pharynx exsertilis longitudine segmentorum 7, papillae marginis anterioris 18, maxil- lae in uncum simplicem exeuntes. Cirrorum tentacularium superior tentaculo laterali modo magis modo minus prominens. Pinnae setigerae utrinque 25, longitudine dimidiam fere ventris latitudinem aequante. Elytra utrinque 12, cuti valde adhaerentia, sese lineamque dorsi mediam margine paene extremo tegentia, laevia, haud fimbriata, oblique subtetragona rotundata, margine antico paene truncato obliquo, subpellucido-albida, splendida, parte anteriore et; posteriore griseis albo punctatis, maculis sulphureis mediis 2 vel 3 ornata, carinis costulisve linearibus humillinis 2 a loco insertionis posteriora versus vergentibus, albis serie striolarum nigrarum interruptis. Cirri dorsuales articulo basali crasso longo insidentes, setas ventrales superantes, apice filiformi seposito, hyalino-albidi stria media cretacea, sub apice annulo griseo ornati, nec tumidi nec floccosi, posteriores haud elongati, cirri ventrales pharetram ventralem haud superantes. Papillae ventrales inde a pinna 7%? observatae. Setae dorsuales flabellum horizontale componentes, ad 10-nas, bre- vissimae tenerrimae leniter curvatae, utrinque serrulatae, s. ven- trales rectae, ad 25-nas, flavae, sub apice simpliei utrinque spinulis 6 ad 7 armatae. Cirri anales longitudine dorsualium proximorum. Long. fere 19, 5 ad 21, 5 mill., lat. max. ventralis 4 mill., setis adjunctis 6, 3 mill., long. cirrorum analium 2 mill. Tor, inter corallia. Die obige Beschreibung bezieht sich auf ein Exemplar, das Frauenfeld im Rothen Meer gesammelt und das so frisch aus- sah, dafs ich darnach die Färbung der Elytren angeben konnte. In der Ehrenberg’schen Sammlung fanden sich dann später auch noch einige Exemplare, von deren einem die Angabe über den 488 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Rüssel entlehnt ist, ihre Elytren sahen aber alle ‚eintönig gelb- lichgrau aus, und waren nur die schwarzen Pünktchen auf den Kielen derselben erhalten, Ehrenberg beschreibt diese auffallende Art: Supra cinereo-olivacea, alba, maculata, subtus coerulescens linea media rubra. P. (Lepidonotus) carinulata Gr. Corpus oblongum, alcohole servatum brunneum, segmen- tis 27, plus 2-plo latioribus quam longis, supra macula trans- versa fusca munitis, elytris omnino tectis. Lobus capitalis ovalis, margine frontali tentaculum impar et media emittente, oculis parvis ad marginem exteriorem sitis. Tentacula fron- talia lobo capitali satis longiora, ut eirri tentaculares et dor- suales sub apice filiformi vix tumida, laevia, brunnea, impar mediis paulo iongius, eirro tentaculari superiore brevius, t. la- teralia sensim attenuata, hoc haud ita longiora, laevia. Seg- mentum proximum antice in processum parvum medium quasi bilobum productum. Cirri dorsuales articulo basali alto tumido, setas ventrales interdum superantes, ventrales breves. Cirri anales haud conservati. Papillae ventrales nullae, loco eorum tubercula 'ovalia, sese paene tangentia. Setae flavae, superiores 'numerosae divaricatae, denticulis acutis munitae, margine quasi ciliatae, inferioribus dimidio tenuiores, eas paene attingentes, inferiores fere 24-nae apice graciliore, simplici, sub eo vix dilatatae, dentibus 4 serratae, extremo majore. Elytra ovalia, saepius introrsum attenuata, interdum reniformia, brunneo-grisea, punctis nigris adspersa, macula insertionis pallida subtrigona, extrorsum fusco cincta, margine exteriore fimbriato, fimbriis longiusculis, clavaeformibus; 90- fariam aucta quasi reticulata, cellulis, rete componentibus, partis elytri posterioris et anterioris minoribus fuseis striola splendi- dula, (carinula interdum spiniformi) obsitis. Long. 8 mill., lat 4 mill., (setis adjunctis). Diese Art erinnert sehr an Lepidonotus Jacksoni Kbg., doch ist bei dieser der unpaare Fühler länger als die seitlichen, diese nicht glatt, die Oberfläche der Elytren glatt. P. (Lepidonotus) impatiens Sav. Corpus oblongum colore supra carneo, subtus ubique aureo fusco, alcohole servatum griseum, dorso dense subtiliter , vom 21. Juni 1869. . 489 . transverse striato, segmentis 27. Lobus capitalis. medio leviter dilatatus, margine frontali tentaculum impar et media emittente, oculis anterioribus, quantum videre licuit, majoribus ad marginem exteriorem sitis. Tentacula media impari vix longiora, eirris tentacularibus satis breviora, longitudinem lobi eapitalis multo superantia, ut eirri tentaculares et dorsuales laevia, sub apice filiformi tumidula. Segmentum proximum antice _ medio productum, processu lobo capitali adnato, postice tuber- culis minutis 2 ornatum. Cirri dorsuales setas inferiores superantes articulo basali alto tumido, ventrales breves, acu- minati, anales breves.. Papillae ventrales tubulosae, in pinna 6'* ineipientes. Setae brunneae, superiores ad 8- nas, haud divaricatae, inferiores attingentes, laeves haud trans- verse striatae, leniter curvatae, inferiores paene alterum tan- tum crassiores, sub apice utringue spinis 4 dentatae. Elytra utringue 12, orbicularia, speciminis unici observati inflata, sub- globosa, grisea, papillis parvis sparsis, apice spinis 4 crucifor- mibus munita, ad marginem multo majoribus brunneis conicis, interdum bispinosis armata, corpus fuscum glandulosum con- tinentia, segmenta 2-na tegentia. Long. 41 mill., lat. max. 17 mill., pinnis omissis 8,5 mill. Tor, inter corallia. | | ' An dem elnzigen vorliegenden Exemplar sieht man eben- falls keine seitliche Fühler, wohl aber an der betreffenden Stelle eine Öffnung, welche in eine Höhle führt, und da diese Höhle, so weit sich der Eingang untersuchen läfst, mit einer Fort- setzung der äufseren Haut ausgekleidet ist, mufs man wohl annehmen, dafs die seitlichen Fühler einstülpbar sind. P. (Harmotho& Kbg.) grisea Ehrb. Gr. Corpus elongatum, alcohole servatum brunneum, poste- riora versus attenuatum, dorso omnino elytris tecto, segmen- tis 38, supra figura transversa linea alba circumscripta ornatis, suleo ventris longitudinali violascente, mediis alterum tantum latioribus quam longis. Lobus capitalis rotundato-trapezoi- deus, fronte bieuspide, (oculi haud amplius distinguendi). Ten- tacula intermedia eo haud longiora, impar eirrique tenta- eulares et dorsuales papillis hispidi, sub apice filiformi haud 490 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse tumidi, t. lateralia laevia, paene cirri tentacularis superioris longitudine, hie t. impari brevior. Segmentum proximum antice processu acuto munitum. Cirri dorsuales setas inferiores supe- rantes, ventrales breves. Setae pallidae, superiores leniter curvatae, divaricatae, transverse striatae, margine ciliatae, medium inferiorum attingentes, ad 20-nas, inferiores itidem tenerae, sub apice bidente spinulis 8-nis vel 12-nis serrulatae, sub 14-nae. (Cirri anales laesi)., Papillae ventrales inde a pinna fere 8Y% observatae. Elytra utringue 16, imbricata, ovalia, anteriora latiora, suborbiceularia, pallide grisea, macula anteriore et posteriore fusca, illa ad locum insertionis sita minore biloba, margine ciliato, papillis mollibus stiliformibus sparsis in parte libera obsita, punctis nigris sparsis distincta. Long. 12 mill., latit. 3, 5 mill., pinnis setisque omissis 1 mill. Tor. STHENELAIS Kbjg. Sth. longipinnis Gr. Alcohole servata pallide carnea, gracilior, segmentis 81 (postremis 11 reproductis). Lobus capitalis rotundato- quadratus, oculis haud distinguendis. Tentaculum impar haud conservatum, t. lateralia, articulo basali ejus affıxa, eum haud superantia, articulus basalis fronte multo angustior, t. inferiora longitudine segmentorum fere 8, laevia, haud articulata. Cirri pinnae 1"? dupla fere lobi capitalis longi- tudine, eirrus ventralis pinnae 24? longissimus, apicem illorum paene attingens, duplici pinnae suae longitudine brevior. Pinnae longae, humiles, longitudine latitudinem ventris superante, pharetris brevibus sed satis separatis, utraque papillas 2 digiti- formes ad marginem externum gerente, margo pinnae inferior juxta pharetram inferiorem papilla majore, postremo acuminata, et prope basin cirro ventrali munitus. Cirri dorsuales brevissimi. Setae pharetrae superioris capillares tenuis- simae, utrinque breviter eiliatae, ph. inferioris triplieis generis, superiores simplices rectae anguste lanceolatae, utrinque dentatae, inferiores crassiores compositae, alterae falciferae, falce brevi bidente, alterae appendice flagelliformi articulata, vom 21. Juni 1869. 491 artieulis 7 ad 10, apice bidente. Elytra membranacea albida, pellucida, interdum macula pallida ochracea ornata, laevia, subreniformia, altera haud ita latiora quam longa, altera trans- versa, margine externo truncato, papillis brevissimis dentiformibus fere 10 instructo. Long. corp. 30 mill., tentaculorum inferiorum 2,5 mill., lat. corporis 1,5 mill., pinnis setisque additis 4,7 mill. n Evnice Sav. E. flaccida Gr. Alcohole servata pallide carnea, leviter iricolor, supra basin pinnarum macula rubella ornata, flaceida, pone segmentum buccale eoaretata, latitudine a segmento 41° 28’"" versus iterum sensim erescente, tum aequali, segmentis 43 tantum conservatis, anterioribus fere 23 duplo tantum latioribus, sequentibus triplo et quadraplo latioribus quam longis. Frons biloba, oculi nigricantes 2, tentacula moniliformia, impar longitudine seg- mentorum proximorum 3, articulis 22, media ab eo paulo distantia et: breviora articulis 16, externa segmentum buccale aequantia, artieulis 10. Segmentum buccale longitudine proximorum 2 junctorum, anteriora versus haud attenuatum. Cirri nihil articulati, ce. tentaculares marginem anteriorem ejus attingentes. Cirri dorsuales jam ab initio branchiis paulo breviores, c. ventrales breves, a pinna 6'* fere toro brevi rotundato insidentes, a 31”? longiores, toris evanescenti- bus. Setae tenerae ad 12-nas, capillares haud limbatae, faleigerae paulo fortiores, falce longiuscula limbata apice bidente; aciculae pallidae, pinnarum anteriorum 2 vel 3 superiores, posteriorum inde a 30”? fere 1 quoque inferior uncinata, apice bidente limbato. Branchiae flaccidae, pectini- formes, utrinque 36 vix multo excedentes, 1”2 pinnae 7mae, filis 4, 32”2 et proximae 3 filis 2 vel 1, 5% et proximae 10 maxime compositae 9-files, eirris dorsualibus dimidio longiores. Long. animalis mutilati segmentorum 43 fere 26 mill., tenta- euli imparis 2,75 mill., segmenti buccalis 2 mill., branchiarunm longissimarum 2 mill., latit. max. (ad segmentum 18’Y"®) 3 mill., pinnis additis 4 mill. 492 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse E. longicirris Gr. Margaritaceo-grisea, leviter iricolor, segmentis 146, kaöda fere latioribus quam longis. Frons biloba, tentacula, eirri tentaculares, dorsuales, anales articulati, articulis lon- giusculis vel elongatis. Tentaculum impar longitudine seg- mentorum anteriorum 4, articulis longiusculis 10, t. media paulo breviora articulis similibus 9, t. externa longitudinem segmenti buccalis superantia, articulis 7. Segmentum buccale longitudinem proximorum 3 aequans; maxillae principales (i. e. paris 24) dentibus 6, m. lunatae (i. e. paris 5%) denticulis 8 armatae, cirri tentaculares perlongi, tentaculis externis paulo breviores, non marginem anteriorem solum segmenti buccalis sed frontem etiam lobi capitalis retracti superantes, tenues, articulis inaequalibus elongatis fere 6. Cirri dorsua- les. praelongi, anteriores fere 46 dimidia segmentorum lati- tudine plerumque longiores, articulis elongatis inaequalibus, haud semper satis distinetis 5.ad 7, longitudine deerescentibus. Cirri ventrales brevissimi, semper satis distineti, anteriores fere 32 ex toris ovalibus, paene subglobosis prodeuntes: Setae capillares, haud limbatae, et faleigerae, multo fortiores, falce brevi limbata, apice bidente, aciculae nigrae, pinnarum 29 anteriorum solae lineares, ceterarum 3, quarum inferior uncinata, bidens limbata. Branchiae brevissimae, nunguam longitudi- nem cirri dorsualis, plerumque dimidium tantum attingentes, vel paulo superantes, filis summum 6 vel 7, pectiniformes, br. 1m» 3-filis in pinna 3%, ultima in postrema, maxime compositae a pinna 6'* usque ad 24m observatae, proxi- mae fere 11 5-files, sequentes 11 4-files, postremae 11 omnino simplices: Cirri anales longitudine segmentorum postremorum 7, articulis 5. Long. 191 mill., tentaculi imparis plus 6 mill., eirrorum dorsualium longiorum 5 mill., segmenti buccalis 3,5 mill., lat max. 9 mill., pinnis additis 6 mill., segmenti buccalis 4 mill. Suez. E. pectinata Ehrb. Gr. Habitu E. antennatae, ex rubello flava vel aurantiaca, nunc quidem ex subfusco carnea leviter iricolor, cute densa, dorsi anterioris subtiliter e longitudine sulcata, segmentis 212, vom 21. Juni 1869. 493 auterioribus 4-plo, posterioribus duplo latioribus quam longis. Frons biloba; tentacula haud articulata nunc quidem suleis annularibus subtilibus munita, impar longitudine segmentorum anteriorum 7, media triente, exteriora plus 'dimidio breviora, segmenta 3 aequantia. Segmentum buccale anteriora versus hand attenuatum, proxima 34 aequans; eirri tentaculares marginem anteriorem ejus paulo superantes. Cirri dorsuales ut tentaculares haud annulati, branchiis anterioribus 6 tan- tum longiores, proximas 2 aequantes, ceteris breviores, cirri ventrales, setae, aciculae cum Eunice flacceida congru- entes. Tori pinnarum anteriorum 30 inde a 10% fusci, tum evanescentes. Branchiac pectiniformes, a pinna 5#* in- eipientes usque ad postremam patentes, 2 anteriores 1-files, 62 A-NSlis, 72 et 82 7-Alis, 1192 et proximae 20 Alis 9 vel 10, ne hae quidem dorsi medium attingentes, 33m% flis 6, 36'* et sequentes plerumque filis 4 vel 3, 94% usque ad 123jam filis 2, ceterae 1-files, cirris dorsualibus longiores, postremae aeque longae. Cirri ani haud annulati, longitudinem segmen- torum postremorum 5 aequantes. Long. corporis fere 161 mill., tentaeuli imparis 4,5 mill., segmenti buccalis paene 2 mill., lat. max. 3 mill., pinnis ad- ditis 3,6 mill. Bei einem kleinen Exemplar von nur 32 mill. Länge sah ich blofs 35 Paar Kiemen, welche 1-fädig schon am 3!" Ruder begannen und mit 4 und 3 Fäden aufhörten. E. flavo-cuprea Ehrb. Gr. Flavo cuprea, nitore iridis, nunc quidem aeneo-olivacea, leviter iricolor, splendore maxime viridi, tentaculis, cirris, bran- chiis pallide viridi-flavis, dorso convexo, posteriora versus badio, segmentis 100, mediis 4-plo fere latioribus quam longis. Frons minus profunde biloba; tentacula articulo basali brevissimo affıxa, ut cirri haud articulata, media longitudinem segmentorum anteriorum 5 paulo superantia, externa 4 fere breviora (impar haud conservatum). Segmentum buccale proxima 3 juneta aequans, cirri tentaculares marginem ejus vix excedentes. Cirri dorsuales branchis 3-filibus et 4- filibus breviores, ceteris raro paululum longiores, c. ventrales 494 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse breves, ubique satis distineti, toris inferioribus nullis. Setae tenerae decolores haud°numerosae,. 10-nae ad 15-nas, capilla- res haud limbatae, falcigerae haud ita crassiores, falce lon- giuscula limbata apice bidente; aciculae pallidae. Branchiae utringue 30, minus compositae, lineam dorsi mediam nunquam attingentes, in pinna 4% ineipientes, 1”? ut 24 et 32 1-Nilis, 5t2 jam 4-filis, pectiniformis, proximae usque ad br. 27 "am 3-files, hie illie cum 4-filibus alternantes, postremae 4 2- files et 1-files. Cirri ani segmenta postrema 6 juncta aequantes. Long. ad 17,5 mill., tentaculorum mediorum fere 1,2 mill., branchiarum longiorum fere 6 mill., lat. max. (ad segmentum gmum et proxima) fere 1 mill., pinnis additis 1,25 mill. + E. collaris Ehrb. Gr. Rubra punctis sive ocellis minimis densis albis, ‘parte postrema albicante, aunulis rufis, nunc quidem carnea interdum violascens, iricolor, ventre medio et lateribus albidis, segmentis ad 150, 20”W® versus latitudine crescentibus, inde a 45° sensim deerescentibus, latissimis fere 11-plo, anterioribus 7-plo fere latioribus quam longis, posterioribus minus latis. Frons biloba, oculi 2, tentacula fusca, apice alba, ut cirri tentacu- lares, dorsuales, anales haud articulata, solo articulo basali annulari insidentia, impar segmenta anteriora 4 longitudine aequans, media paulo breviora, *exterioribus longiora, haec longitudine segmenti buccalis. Segmentum buccale proxima 3 aequans macula longitudinali alba, 6" totum album. Cirri tentaculares lobum capitalem attingentes. Maxillae paris 2 dentibus validis obtusis 5, p. 34 inaequales, dextra simplex semilunaris denticulis 8, sinistra duplex, altera denticulis 6, altera 3 armata, labium quod dicunt inferius margine in- tegro. Cirri dorsuales anteriores } fere latitudinis ventris aequantes, usque ad 7”"m paulo crescentes, a 14° deorescentes, breves, ventrales brevissimi obtusi, toris brevibus insidentes. 'Setae capillares curvatae, sub apice paulo latiores ad 6- nas, scalpratae, pectinatim ineisae, 2-nae, falcigerae ad 14- nas falce breviuscula, lata, limbata, apice bidente, aciculae fuscae, inde a pinna 26'% 2-nae, inferior apice uncinato bi- dente, limbato. Branchiae a pinna 15% (14, 16) incipien- vom 21. Juni 1869. 495 tes, usque ad postremam patentes, a 20”? usque ad 100mam magis compositae, filis 4 vel 5, (in nonnullis 6) eirro dorsuali alterum tantum vel 2-plo longiores, lineam dorsi mediam haud attingentes, posteriores 3-files vel simpliciores. Cirri anales breves. Long. animalis segmentorum 150 ad 106 mill., tentaculi imparis 3,5 mill., segmenti buccalis 2 mill.; lat. max. ad seg- mentum 20mm et proxima (pinnis neglectis) 4,5 mill., segmenti buccalis et posteriorum 3 mill. Inter corallia ad Tor. LysipDIcE Bav. L. re Ehrb. Gr. Colore carneo vel paulo cupreo, leviter iricolor, dorso valde rotundato posteriora versus planiore, segmentis 164 ad 175, anterioribus 7-plo posterioribus 5-plo latioribus quam longis, sensim attenuatis. Lobus capitalis annulum segmenti buccalis anteriorem longitudine et latitudine fere aequans, subtus sulco longitudinali bipartitus, fronte biloba, haud dilatata, oculis 2 reniformibus. Tentacula frontem attingentia vel paulo su- perantia, sensim aeuminata, triangulo angusto obtusangulo affıxa, impar exterioribus paulo longius prominens. Segmentum buccale biannulum, annulo anteriore longiore quam posteriore, x ad marginem anticum fissura transversa ad sacculum occultum, interdum pulvinaris instar protractum, ferente munitum, segmenta proxima fere 3 aequans. Maxillae paris 2“ dentibus obtusis 4, paris 3% inaequales, semilunares, dextra simplex denticulis 5, sinistra duplex, alterutra denticulis 3 armata, labium quod dicunt inferius, submembranaceum iricolor ubique striatum, margine anteriore extrorsum adcendente, haud dentato. Pinnae breves, # fere, posteriores + fere latitudinis ventris aequantes, eirrus dorsualis pharetram superans, per se ventrali longior, setis capillaribus minus prominens, digitiformis. Setae ad 22- nas vel pauciores, capillares leniter curvatae sub apice pau- lulum latiores, ad 7-nas, faleigerae paulo crassiores, falce brevissima limbata apice bidente, seta scalprata pectinatim ineisa 1 in pinnis nonnullis observata, aciculae nigrae, pinnarum posteriorum’ inde a 20”? fere 2-nae, superior apice recto, in- 496 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ferior bidente, anteriorum 1-na (superior). Cirri ani 4, su- periores brevissimi, inferiores paulo longiores. Long. 63 ad 90 mill., tentaculi imparis 1,3 mill., Pe buccalis 1,5 mill., lat. max. 2,5 ad 2,7 mill, ‚pinnis additis 3 mill. LUMBRICONEREIS Blv. L. versicolor Ehrb. Gr. Praelonga, subteres dorso multo magis convexo utringue valde attenuata rubella, viridi flavo et coeruleo nitens, nune quidem ex violaceo carnea, laete iricolor, segmentis plus 500 ad 600, plerumque duplo et triplo, anterioribus et posterio- ribus alterum tantum latioribus quam longis. Lobus capitalis paene semiorbiculatus, paulo complanatus, supra foveola media plana longitudinali. Segmentum buccale distinete biannulum, eo vix latius nec longius, proxima 2 juncta aequans, annulus secundus punctis 4 oculiformibus ornatus (oculis ex Ehrenbergi deseriptione), nunce quidem haud conspieuis. Pinnae segmen- torum proximorum 8 ad 18 minimae, setis solis prominentibus, 3-nis vel 2-nis tantum, tenerrimis, segmentorum ceterorum fere 4, postremorum fere 4 latitudinis corporis aequantes, pharetra brevis, labium ejus posterius (inferius) digitiforme paulo com- planatum, per se pharetra ipsa haud longius, posteriora versus cum ea sensim elongatum. Setae-pinnarum solae capillares, angustae limbatae, 5-nae vel 6-nae, praeter eas acıcula l- ur decolor, apice recto. Long. 256 mill., lobi capitalis 1 mill., lat. segmentorum proximorum 1 mill., mediorum 1,5 ad 1,6 mill., pinnis additis 2 mill. Tor, mense Ianuario, inter corallia. L. nitida Ehrb. Gr. Brevius vermiformis, subteres, anteriora versus minus at- tenuata, rubella iricolor, nunc quidem ex subfusco carnea, haud "ita laete iricolor, segmetis fere 150, plerumque 3-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis ex semicirculato ovalis, postice paulo constrictus, tumidus, longitudine fere segmenti buccalis. Segmentum buccale distinete biannulum, illo paulo latius, proxima 2 juncta paene aequans, Maxillae paris 2@i Jongae vom 21. Juni 1869. & 497 dentibus 4, paris 3% dentibus 2 armatae, 4# simplices. Pinnae breves, # fere latitudinis segmentorum latissimorum aequantes, pharetra brevissima, labium ejus posterius per se eadem longi- tudine, breviter digitiforme, saepe posteriora versus spectans. Setae tenerae, Subfuscae, plerumque labii apicem haud ita longe excedentes, pinnarum anteriorum 24 ad 34 capilla- res 2 -nae (vel 1 na) leniter curvatae, anguste limbatae, et unei- natae 2-nae, Aue late limbato, ceterarum solae uncinatae 3-nae. Long. fere 34 mill., lat. max. (ad segmentum 20m et proxima) fere 1,5 mill., pinnis additis paene 2 mill. Tor, mense Decembre, in coralliorum foraminibus habitat. L. Hemprichü Gr. Subteres, dorso multo magis convexo, gracilis, antice aeque erassa, a segmento 10”° sensim attenuata, alcohole servata ex flavo subbrunnea, splendens, iricolor, segmentis plus 91, alte- rum tantum latioribus quam longis, anterioribus 10 ad con- finia minus constrietis duplo latioribus quam longis, per se bre- vioribus quam proximis. Lobus capitalis latus, semiovalis, paulo complanatus, segmento buccali 4 longior. Segmentum buccale antice eo haud latius, in confinio ejus aperturis angustis 2.munitum, lobulum absconditum forsan protractilem continentibus, simplex, segmento proximo paulo longius. Maxillae paris 24 breves dentibus 5 sarmatae, p. 3Ü et 4 simplices angustae acuminatae.e. Pinnae anteriores 10 brevissimae # fere, ceterae 4 latitudinis segmentorum aequantes, pharetra subquadrata, labium ejus posterius (inferius) per se ea haud longius, vix angustius, obtuse rotundatum. Setae breves tenerae, ' pinnarum anteriorum fere 25 plerumque 3-nae vel 4-nae, capil- lares sinuatae latius limbatae, labii apicem haud ita longe superantes 2-nae, uncinatae apice rostrato simplici 2-nae vel l-na, setae pinnarum ceterarum solae uncinatae, 3-nae, Long. animalis mutilati segmentorum 91 fere 19,5 mill., lat. maxima (ad segmentum buccale) 1 mill., segmentorum posteriorum 0,75 mill., pinnulis additis vix 1 mill. [1869.] 36 498 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse NEREIS L. s. str. Aud. et Edw. N. fasciata Ehrb. Gr. Haud ita elongata, aequalis, segmentis 77, transverse fusco lineatis, nunc quidem concoloribus, anterioribus lon- gioribus, longitudine paene 4 latitudinis aequante; mediis et posterioribus 3-plo vel 4-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis segmenti buccalis longitudinem dimidio superans, e longitudine fascia ornatus, parte frontali satis seposita. Ten- tacula frontalia illo 4 breviora, cum lateralibus aeque prominentia. Oculi medicores approximati in macula obscu- riore lineari positi. Segmentum buccale proximo haud longius, lineis 3 transversis fuscis et arcu antico brevi 'muni- tum. Cirrorum tentacularium longissimi segmentum 6m nondum attingentes. Pharyngis exsertilis maxillae 6-dentes; paragnathi (grana maxillaria) annuli posterioris nulli, anterioris supra 1 medius, utrinque 7 ad 9 seriem longitudinalem duplicem componentes, subtus medii 4, crueis instar collocati, utrinque acervulus orbicularis (ad 11-nos con- tinens). Pinnae omnes subaequales, anteriores supra ad basin gibberulae, cirrus dorsualis lingulam suam plus minus superans, ventralis sua vix brevior; lingulae anguste trian- gulae, superior longitudine et latitudine ceteras paulo superans, media inferiore paulo angustior et brevior, labium pharetrae superioris angustum longiusculum, in pinnis posterioribus evanidum, ph. inferioris duplex, longius illi simile, pha- retra ipsa latior. Setae spinigerae et falcigerae, appendieibus laevibus, falce longiuscula, acie recta. Rami pinnarum poste- riorum paululum distenti, lingulae graciliores. Cirri anales longitudine segmentorum posteriorum 4. Long. 31,5 mill., lat. max. ad 2,5 mill., pinnis adjunetis 4 mill. N. (Heteronereis) Ehrenbergi Gr. Jahresbericht der Schles. Gesellsch. für 1867 p. 29. Brevius vermiformis, nunc quidem carnea, segmentis 74, anterioribus 17 paene trientem corporis componentibus, subte- retibus, ceteris latioribus complanatis. Lobus capitalis hexagonus, vix longior quam latus, segmenta proxima 4 lon- Be tue vom 21. Juni 1869. 499 gitudine aequans, oculis satis magnis nigricantibus. Tenta- cula frontalia articulum lateralium basalem paulo superantia. Segmentum buccale proximo haud ita longius, cirrorum tentacularium longissimus segmenta anteriora 9 adaequans, brevissimus 4 ejus minor. Pharynx exsertilis longitu- dine segmentorum 84: maxillae edentulae, paragnathi an- nuli anterioris supra medius 1 rotundus, utrinque acervus 1 multo subtiliorum angustorum longiusculorum, obtusorum, subtus acervi 3 similium, p. annuli posterioris supra striae breves transversae 2, ex granulis minutis 9 compositae, subtus cingulum simplex multo majorum fere 12. Cirri dorsuales pinnarum omnium lingulam superiorem multo su- perantes. Pinnae anteriores 16 margine dorsuali minime gibbero, lingulis crassis obtusis, media paulo breviore a pha- retra inferiore superata, p. posteriores multo magis compo- sitae, altiores, margine dorsuali citra cirrum in lobulum trans- versum, basi constrietum, margine ventrali in majorem 3-lobum, ecirrum ventralem ferentem producto, lingula superior et "media longius triangulae, acutae, inferior obtusa, paulo brevior, pharetra inferior lobo foliaceo bipartito, lingulam mediam haud superante et ad basin marginis superioris foliolis % minutis ornata. Setae pinnarum omnium spinigerae et falci- gerae, (cultriferae nullae), fasciculi superioris spinigerae per- paucae, setae inferioris haud ita numerosae. Cirri anales longitudine segmentorum 14 postremorum junetorum. Long. 21 mill., eirri tentacularis longissimi 3,5 mill., cir- rorum analium 2,5 mill., lat. corp. anterioris ad pinnam 12mam 2,75 mill., pinnis additis 3,5 mill., corp. posterioris ad pinnam Y5tam 3 mill., pinnis additis 3,5. SYLLIS Sav. S. picta Ehrb. Gr. Brevius vermiformis, cute densiore, maxime depressa, lata, posteriora versus sensim angustior, in segmento buccali lineolis 2 transversis mediis parallelis, in sequentibus faseia duplici transversa rufa striata, parte corporis posteriore albicante, eirris dorsualibus rubentibus; nunc quidem color ex hepatico luteus, pharetris setarum ut cirris tentatulisque albidis; segmen- 36 * 500 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse tis plus 170, usque ad 224m Jatitudine paulo crescentibus, proximis 12 fere S-plo, mediis 4-plo vel 5-plo, posterioribus 3-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis parvus, lon- gitudine segmentorum proximorum 3, subquadratus, latitudine 4 segmenti 4" aequante, sulco longitudinali bipartitus, utrinque tumidus, pone oculos posteriores lineis eurvis 2 ornatus; oculi figuram reetangulam componentes, posteriores paene medium longitudinis tenentes, ab anterioribus et a margine diametro 1 distantes. Tori frontales (palpi auct.) marginem anteriorem solum oceupantes, longitudine lobi capitalis, oblongi attenuati, divergentes. Tentacula eos longe superantia, filiformia articu- lata, eirris dorsualibus haud tenuiora, impar exterioribus longius, cum eirro tentaculari superiore aeque prominens, 4-pla fere .lobi capitalis longitudine, articulis 40. Segmentum buccale supra perfectum, a latere lobum capitalem hbaud ambiens. Cirri dorsuales duplam segmentorum latitudinem aequantes, articulis numerosis, plerumque 60 ad 70, (c. segmenti 5# ceteris lon- giores, tentaculares superantes articulis 90), singuli sparsi illis dimidio breviores, articulis 50 ad 20; articuli dimidio, plerum- que alterum tantum latiores quam longi, inferiores latiores. Pinnae longae, angustae attenuatae, longitudine 4 fere latitu- dinis segmentorum aequante. Setae omnes falcigerae 6-nae ad 10-nas, falce longiuscula bidente, acicula 1. Cirrus ventralis medium marginis ventralis tenens, pharetram haud superans. Cirri anales longitudine segmentorum proximorum 15, eirris dorsualibus proximis multo longiores et crassiores. Long. 21 mill., lat. max. 1,4 mill., pinnis additis 1,8 mill,, lat. posterior 0,6 mill. (p. a. 1,4 mill.), long. eirrorum dorsualium longissimornm 3,5 mill. seu segmentorum eireiter 30. S, violacea Ehrb. Gr. Gracilis, nune quidem ex carneo brunnea, splendore pau- lulum violaceo, latitudine usque ad segmentum 30m crescente, inde sensim decrescente, segmentis 103 ad 127, mediis 4-plo fere latioribus quam longis, anterioribus brevioribus, pro longi- tudine latioribus. Lobus capitalis transversus rotundato-tri- gonus, oculi arcum vix curvatum componentes, exteriores (anteriores) majores, subreniformes. Tori frontales longitudine Pe Zu a vom 21. Juni 1869. 501 _ lobi capitalis, lati obtuse trianguli, paralleli, sinu triangulo dis- - tente. Tentacula cirris dorsualibus tenuiora, ut hi et tenta- eulares articulata, impar ö-pla lobi capitalis longitudine, arti- eulis fere 40 brevissimis, cirro tentaculari superiore paulo longius prominens, exteriora impari breviora. Articuli cirrorum dorsualium, paueis extremis exceptis, plerumque alterum tantum vel duplo latiores quam longi, corpuscula fusca continentes, numerosi, longiorum ad 50-nos et 60-nos. Cirri dorsuales anteriores 24 et 6% exceptis longi, tentaculo impari longiores sed minus prominentes, a 11”° cum brevioribus. alternantes, longiores latitudinem corporis dimidio superantes, breviores eam adaequantes. Pinnae breves, # latitudinis corporis adae. quantes, setae 8-nae omnes falcigerae, falce brevi, apice bidente, acicula 1-na, ut illae flava. Cirrus ventralis apicem pinnae haud superans. Cirri ani dorsualibus proximis multo longiores. Long. animalis 127 segmentorum 24 mill., lat. max. pinnis additis 1,5 mill., long. cirrorum dorsualium longiorum fere 2,2 mill., breviorum alternantium 1 mill., c. analium 1,3 mill. S. neglecta Ehrb. Gr. Vermiformis, paulo depressa, nunc quidem grisea, utrinque attenuata, cute firmiore, quantum videre licet, verruculis minimis densissimis obtecta, paululum sericea, segmentis cireiter 190, latissimis paulo ante medium sitis, 7-plo latioribus quam longis, mediis per se haud brevioribus 4-plo vel 5-plo, poste- rioribus 6-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis transverse ovalis, eadem latitudine qua segmentum buccale, 24° paene dimidio angustior: oculi 4, trapezium latum componentes, aegre distinguendi, anteriores latius distantes, pone tentacula exteriora siti. Tori frontales lobo capitali longiores, graciles, apicem versus attenuati, margine interno excavati, subparalleli. Tentacula aeque longe torisque longius prominentia, ut cirri dorsuales et tentaculares subtiliter annulata, vix moniliformia, impar posterius ab exterioribus utrinque rima transversa separa- tum. Segmentum buccule proximo paulo longius, angustius margine anteriore producto. Cirri tentaculares superiores tentaculis paulo longius, cirris dorsualibus segmenti 2 satis minus prominentes, hi ut segmenti 5% et 7% Jongissimi, duplici 502 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse lobi capitalis et tororum frontalium longitudine, longiores quam dorsum latum, ceteri plerumque dimidiam segmentorum latitu- dinem aequantes vel ea paulo longiores, postremi per se haud longiores. Articuli cirrorum longiorum 25-ni ad 30-nos, ex- tremi quadrati, basales multo breviores. Pinnae graciles, satis inter se distantes, 5 vel 5 latitudinis ventris aequantes, labio inferiore : breviter digitiformi. Setae omnes falcigerae, 8-nae, minime prominentes falce brevissima, aequilatera, valde excavata, apice simplici, stipite prope juncturam faleis in an- gulum produeto. Cirrus ventralis pinnam paulo superans vel brevior, Cirri anales crassi, 3-pla dorsualium erassitu- dine, longitudine segmentorum postremorum 6 sive eirrorum dorsualium postremorum. Long. 23 mill., lat. max. plus 1 mill., pinnis additis 1,5 mill. Tor, Januario. S. moniliformis Sav. Savigny Systeme des Annelid. p. 44 pl. IV f. 3, copirt in Guerin Iconograph. Annelid. pl. 8 f£.1. Longius vermiformis, ex griseo rubella (Sav.), nune quidem pallide rubro brunnea, linea ventris media violascente, paulum complanata, cute densiore sericea, segmentis valde numerosis ad 300, eadem fere longitudine, latitudine usque ad 40”® m cres- centibus, anterioribus et posterioribus alterum tantum vel duplo, ceteris 4-plo fere latioribus quam longis. Lobus capitalis transversus subtriangulus: oculi 4 arcum leniter curvatum com- ponentes, exteriores (anteriores) paulo majores. Tori fron- tales longitudine fere lobi capitalis, subovales antrorsum minus attenuati, introrsum inclinati basi conjuncti. Tentacula paene aeque longe prominentia, ut cirri dorsuales et tentaculares mo- niliformia, impar 3-pla fere lobi capitalis longitudine, toros 5 . superans, articulis 15 ad 20, cirro tentaculari superiore paulo brevius, inferiore longius, ut t. exteriora his tenuius. Cirri dorsuales albidi validi, acuminati, moniliformes, anteriores longiores, latitudinem segmentorum aequantes vel superantes, articulis 26 ad 30, medii et posteriores breviores elongato- fusiformes articulis 11 ad 14, basalibus magnis minus sepo- vom 21. Juni 1869. 503 sitis, $ latitudinis segmentorum aequantes. Pinnae breves, ob- tusae; setae anteriorum fere 37 faleigerae, tenerae, ad 8- nas, falce plus minus brevi apice simplici, ceterarum multo fortiores bicuspides, 2-nae, appendice nulla. Cirrus ventra- lis longitudine pharetrae. Segmentum postremum quadra- tum, longitudine proxima 3 adaequans, cirri anales 3, impar brevissimus simplex acutus, exteriores moniliformes, longi- tudine segmentorum 15. Long. animalis segmentorum 207 ad 48,5 mill., lat. max. plus 1 mill., pinnis adjunctis ad 2 mill. Habitat sub tegmine gelatinoso-carneo-cinereo lineari lapi- dibus affini inter corallia ad Tor. | CIRRHATULUS Lam. C. auricapillus Ehrb. Gr. Vermiformis, saepius brevior, vivus fusco-olivaceus, alco- hole servatus pallide carneus, utringque sed anteriora versus citius attenuatus, quadrangulus, dorso convexo, latiore quam ventre, altitudine parietis lateralis 4 fere latitudinis ventris aequante, segmentis plus 200, anterioribus fere 50 inde a 6% brevissimis, 19-plo latioribus, ceteris (per se paulo longi- oribus), fere 13-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis obtuse conicus paulo depressus foveola aperturave laterali posteriore utringue l-na, paene aeque longus ac latus, dimidia segmenti buccalis longitudine, oculis nullis. Segmentum buccale 2-annulum (quasi 3-annulum) vix longius quam latum, setis nudum, proxima 4 juncta aequans, antrorsum paulo attenuatum; proxima 6 longitudine maxime decrescentia, seg- mentum 7”=um (setigerum 6'"®) serie transversa simplici bran- ehiarum confertarum fere 14 obsitum, cetera branchiis tantum 2-nis lateralibus munitä, nonnulla posteriorum branchiis libera, saepius 1-num ad 3-na vel plura branchiferis interjecta. Branchiae filiformes, longiores contractae etiam $ longitu- dinis corporis aequantes, ob segmentorum anteriorum brevitatem hie confertissimae, comam imitantes. Setae fasciculorum superiorum ut inferiorum partim capillares, partim unci- natae; capillares, ad 8-nas, posteriores minus numerosae, minus pallidae apice leniter curvato, 5-nae vel 4-nae. 504 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Long. speeiminis majoris segmentorum fere 250 ad 63 mill., latit. maxima (ad segmentum 45” et proxima) 4,2 mill., ven- tris 3,4 mill. Habitat in muci vagina limosa in rimis lapidum et portus ad Tor. C. gracilis Ehrb. Gr. Gracilis, subteres, nunc quidem olivaceo-subfuseus, seg- mentum $vum yersus crassitudine crescens ‚„ a 15 sensim de- crescens, postice acuminatus, segmentis fere 96, anteriori- bus 2 nudis, ceteris setigeris, 3!° et proximis 30 branchi- geris, 5t° serie branchiarum 10 ornato. Lobus capitalis rotundato -triangulus subaequilaterus, segmento 24° longior, oculis haud distinguendis. Setae faseiculorum superio- rum capillares et breviores uneinatae, inferiorum in seg- mentis anterioribus 36 utriusque generis, in ceteris solae bre- viores uncinatae. Setae capillares tenerrimae, haud limbatae, decolores, segmentorum auteriorum longiores, 4 latitudinis corporis aequantes ad 7-nas, posteriorum 2-nae vel 1-na, setae uncinatae apice simplici, tenerae, decolores, 2-nae vel l-na, inferiores segmentorum posteriorum singulae, ceteris longiores, duplo fortiores, corneae. Branchiae filiformes nunc quidem albidae, 4 corporis breviores. Long. 15 mill., lat. max. 1 mill., long. branchiarum lon- giorum 4 mill.e. Segmenta anteriora latiora fere 8-plo, media 4-plo, posteriora 5-plo latiora quam longa. Tor. C. nigromaculalus Gr. Brevius vermiformis, alcohole servatus e subbrunneo carneus maculis nigris adspersus, linea funis nervei albida, filis branchialibus nigro annulatis vel nigricantibus apice pallidis; segmentis circiter 80, anterioribus fere 9-plo, posterio- ribus 5-plo latioribus quam longis. Lobus capitalis semi- ovalis, paulo longior quam latus, macula nigra transversa sub- lunari postica ornatus. Segmentum lm (buccale) et 24um, quantum videre licet, setis nuda, juncta illum longitudine ad- aequantia, cetera setigera, singula filis branchialibus singulis lateralibus, 7mum serie transversa filorum (utrinque 3) instruc- vom 21. Juni 1869. 505 tum. Fila branchialia aequaliter tenuia, obtusa, longitudine differentia, longiora . $ longitudinis corporis adaequantia. Fascieuli setarum utrinque distichi, approximati, setae tenerrimae decolores, anteriorum solae capillares ad 4-nas mediorum et posteriorum capillaris 1-na, breviores fortiores leniter uncinatae, apice simplici vix curvato 2-nae. | Longit. 7,5 mill., lat. max. paene 1 mill., posterior 2 mill. Ohne Angabe des Fundortes, lag aber mit kleinen Tere- bellen zusammen, die aus dem rothen Meer zu stammen scheinen. DASYBRANCHUS Gr. D. carneus Ehrb. (? an var. D. caduci Gr.) Corpus plus minus elongatum, ex carneo rubellum ad finem pectinum uncinorum inferiorem puncto flavo ornatum; a medio posteriora versus sensim attenuatum, cute laevi, seg- mentis 127 vel amplius.. Lobus capitalis obtusus, paene semieircularis. Segmentum buccale eo multo latius, et 24um setis nuda, illud ad basin lobi capitalis utrinque fissura trans- versa munitum, ex qua in nonnullis lobus rotundatus provenit. Segmenta proxima 12 faseiculos setarum utrinque distichos gerentia, 3-plo vel 2-plo latiora quam longa, cetera plerum- que dimidio breviora, utringue pectinibus uneinorum distichis armata. Setae capillares haud limbatae, 20-nae vel magis numerosae, uncini longi leviter sinuati, subtus acuminati, apice subbidente, late limbato. Branchiae cirratae filis 4-nis vel 6-nis, tum simplieibus tum bifureis, in segmentis posteri- oribus observatae, saepissime absconditae. Long. corporis fere 100 mill., seetionis anterioris 13 mill., lat. max. 4 mill. Tor, inter corallia muco obvelatus. Der Hauptunterschied von D. caducus Gr. würde darin liegen, dafs das 2'° Segment keine Borsten trägt, allein noch gröfsere Exemplare, wie sie Frauenfelds Sammlung vom rothen Meer enthielt, zeigten an diesem auch Borstenbündel und die gefelderte Haut der Exemplare vom Mittelmeer. 506 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse SIPHONOSTOMUM Otto. S. tenerum Gr. Grube Beschreib. einiger v. Frauenfeld gesamm. Annelid., Verh. d. zool. botan. Gesellsch. in Wien 1868 p. 636. Brevius vermiforme, subtus planum, triente corporis post- eriore multo tenuiore, tereti, nunce quidem cinereum vel pallide subcarneum, segmentis 44, fere alterum tantum latioribus quam longis, papillas brevissimas ferentibus, papillae alterae paulo majores, ovales in dorso cujusque segmenti series trans- versas 2 componentes, quarum una in ventrem quoque producta. Tentacula 2, branchiae, quantum videre licuit, 8. Setae segmenti 1"i et 2di protentae, ceteris multo fortiores et lon- giores, (longissimae dimidiam corporis longitudinem aequantes vel superantes), transverse striatae magnifice splendentes, irieo- lores, utringue seriem transversam componentes, pharetris humillimis 2 vix separatis insertae, ad 8-nas, setae seg- menti 3% capillares, ceteris paulo tantum longiores et crassiores iricolores, antrorsum vergentes, 3-nae, setae ceterorum seg- mentorum singulae, superiores capillares tenerrimae, deco- lores, inferiores breves, subfuscae crassiores, apice paulo incurvo, &a proximis ejusdem seriei intervallo alterum tantum majore quam a superioribus ejusdem segmenti distantes. Long. 14,5 mill., sectione corporis anteriore crassiore segmenta 22 continente, long. setarum anteriorum protentarum 3 mill. ad 7,5 mill., tentaculorum 2 mill., branchiarum fere 1 mill., lat. max. ad segmentum 10” fere 2 mill., trientis corporis posterioris 0,5 mill. Die obige in der Publication der Frauenfeld’schen Anne- liden gegebene Beschreibung ist hauptsächlich nach dem besten der im Berliner Museum aufgestellten Exemplare von Ehren- berg entworfen; das von Frauenfeld eingeschickte hatte zwar ähnliche Dimensionen, war aber nicht so vollständig erhalten. CLyYMENE S$ar. Cl. diadema Ehrb. Gr. Verh. d. zool. botan. Gesellsch. 1868 p. 637 Taf. VII. F. 4. Longius vermiformis, utrinque paulo attenuata, nunc qui- dem ex carneo grisea, segmentis 24, 24° et proximis 18 N vom 21. Juni 1869. 507 setigeris, postremo Subinfundibuliformi. Lobus capitalis cum segmento 1”° (buccali) coalitus longitudinem segmenti 24 et 3 junetorum aequans: lamina capitalis oblonga, antice truncata, ad latera et postice latius limbata, limbo reflexo integro, lobulo anteriore medio nullo, striis latioribus dorsuali- bus 3, a medio frontem versus vergentibus; media antice bifurca, postice seusim dilatata, exteriores illi proximae, antice leniter extrorsum curvatae, paulo attenuatae. Segmenta 11” versus utringue longitudine crescentia, 2dum et Zium hreviora quam longa, um quadratum, 11”WM alterum tantum longius quam latum, proxima sequentium ratione latitudinis habita longiora per se angustiora, postice tumida, proinde anterioribus magis sejuncta, 20mum jterum paene quadratum, sequentia 3 brevissima an- nuliformia, s. postremum subinfundiliforme longitudine eorum junctorum, ad basin haud coarctatum, ad exitum paulo dilata- tum, neque intus neque extus striatum, margine denticulato, eirros acutos distantes 18 subaequales, denticulis brevissimis plerumque 2-nis (rarius 1”° vel 3"iS) interjectis, ferente. Setae segmentorum pone 10”"” sitorum ad fines posteriores colloca- tae, capillares tenerrimae, lineares, haud limbatae, ad 30-nas, flabellum transversum componentes, uncini duplicis generis, ‚alteri (segmenti 2% 3 4) peculiares, vix sinuati, paene recti, apice simplici haud seposito, serie transversa brevissima collo- cati (segmenti 2% 2-ni tantum), alteri (segmentorum ceterorum) toris albis inserti, multo magis numerosi, tororum postremorum 60-ni, pectines componentes, leniter curvati, apice rostrato, rostro 5-dentato, scopula laterali ereeta munito. Long. 77 mill., long. segmenti 11”! ad 7,5 mill., lat. max. 5.5 mill., lat. laminae capitalis (limbo reflexo) 2,5 mill., diameter infundibuli 3 mill. Diese Beschreibung bezieht sich auf das von Ritter von Frauenfeld mitgebrachte Exemplar, in Ehrenbergs Sammlung liegen nur Fragmente vor. PHYLLOCHAETOPTERUS Gr. Ph. arabicus Ehrb. Gr. Brevius vermiformis, corpore antice latiore, depresso, poste- riora versus multo graciliore subtereti, segmentis fere 395, 508 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse sectionis anterioris pinnulas laterales ferentis 9, mediae brevissimae, lobis dorsualibus pinnulisque inferioribus munitae 2, posterioris processibus dorsualibus torisque dorsualibus et ventralibus instructae fere 24. Sectio anterior quadrangula antice rotundata, supra paulo excavata, subtus leniter convexa, segmentis fere 7-plo latioribus quam longis. Tentacula utrin- que 2, superiora brevissima, subulata, inferiora sulco lon- gitudinali munita longissima. Pinnulae magnae triangulae serie palearum plus 9 armatae, paleae lanceolatae pellueidae, seg- menti 4% tum tales, tum fuscae aliquot (2 ad 4) multo latiores, apice truncato. Segmentum 10” a 9”° minus quam a 11° sejunetum, illo paulo longius, hoc brevius, cum eo fere trientem sectionis anterioris aequans: lobi dorsuales foliacei, supra latius rotundati bilobi, fasciculum setarum capillarium tenuissi- mum continentes, pinnulae sinu ab iis separatae, arcu descen- dentes subtus confluentes, uncinis pectiniformibus armatae. Seg- menta 4 anteriora secetionis posterioris mediä vix an- gustiora, alterum tantum latiora quam longa, cetera subquadrata, sensim angustiora breviora, postrema brevissima. Processus dorsuales clavaeformes, setas capillares perpaucas continentes, tori superiores laterales, transversi, inferiores ventrales subquadrati, inter se paululum distantes. Long. animalis segmentorum 35, fortasse mutilati 14 mill., sectionis anterioris et mediae 3,5 mill., tentaculorum inferiorum ad 7 mill., lat. sect. ant. (pinnis additis) 2,5 mill., corporis postremi 1 mill. Diese Art, von der zwar mehrere doch leider schlecht er- haltene Exemplare vorlagen, steht dem Ph. gracilis Gr. sehr nahe, hat aber 9 Segmente in der vorderen Abtheilung, ent- schieden spitze obere Fühler und Polsterchen auf der Mitte des Hinterrückens. | | Tubi rudimentum tantum conservatum, hoc teres, corpore vix amplius, membranaceum, frustulis calcareis obtectum. TEREBELLA. a. Branchiis utrinque 3, cirratis. T. thoracica Ehrb. Gr. Corpus anteriora versus subquadrangulum, dorso plano, vom 21. Juni 1869. i 509 ventre initio convexo, rubellum, haud ita tumidum, segmentis fere 80, anterioribus brevibus 3-plo, tum 2-plo latioribus quam longis, mediis aeque latis ac longis, posterioribus brevibus, per se. angustioribus, longioribus quam latis, postremis iterum breviori- bus. Tentacula longa rubra, marginibus distinctius undulatis. Segmentum buccale supra fascia oculorum munitum, pro- xima 3 branchigera, lobis nullis dilatata. Scuta sectionis anterioris ventralia fere 26, transversa, haud rotundata, minus circumscripta, in toros uncinigeros transeuntia, latitudine utrinque valde decrescentia, posteriora 9 fere sulco transverso subdivisa, postremum quadratum. Fasciculi setarum ca- pillarium numerosi utrinque 37 ad 41, lati, pharetra oblique truncata, basi dilatata, a segmento 3° incipientes, tori incini- geri a 9'° incipientes, laterales ubique serie uncinorum simplici, posteriora versus in pinnulas breves, crassas, semiovales mutati, multo longius inter se distantes, ultimi obsoleti. Setae capil- lares ad 32-nas, aureae anguste limbatae, vix curvatae, uncini plus 80-ni, rostrati, rostro simplici. Branchiae segmente 24°, 310, 41% affıxae cirratae, fasciculum filorum simplicium ex toro transverso orientium referentes, tori paris po:tremi sese paene tangentes, anteriorum vix magis distantes. ‘Long. corporis 56 ad 75 mill., tentaculorum longiorum ad 30 mill., filorum branchialium longiorum 4 mill., lat. max. (ad segmentum 15'W®) paene 4 mill. Tubus, ex parte tantum conservatus, 6 mill. latus, firmus, flexilis, rudimentis conchyliorum et polythalamiis raris obtectus. Tor, Octobre. b. Branchiis utringue 3, ramosis. T. vigintipes Ehrb. Gr. Corpus rufescens parte anteriore maxime tumida, poste- riore longiore valde attenuata, segmentis fere 68, 16! et proximis duplo fere, anterioribus (per se brevioribus) 4-plo, posterioribus per se multo angustioribus, 2-plo latioribus quam longis. Tentacula rosea. Segmentum 24”, Zium, qtum hran- chigera, ut buccale, lobis nullis dilatata. Scuta ventralia 17 transversa rectangula, nune quidem pallida, toris uncinigeris dimidio angustiora, inde a segmento 18Y° quadrata haud ita bene 510 "Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse distinguenda, a 24% nulla. Fasciculi setarum capillarium utrinque 20, a segmento 4%, tori uncinigeri a 5f° incipien- tes, laterales, serie uncinorum duplici, inde a segmento 24t° ven- trales, serie uneinorum simpliei. Unecini rostrati apice simplieci, setae capillares haud limbatae. Branchiae utrinque 3, ramoso-ceirratae, tota dorsi latitudine distantes, stirpe longiore, serie ramorum brevissimorum distantium, in ramulos longissimos saepe bifurcos exeuntium obsita. Long. corporis 50 mill., branchiarum 2,5 mill. Tor, Decembre, Januario. T. variegata Ehrb. Gr. Valida, medium versus incrassata, carnea albo conspersa, nunc quidem griseo-carnea, segmentis fere 60, anterioribus 4-plo, mediis 2-plo, posterioribus (per se multo angustioribus) inde a 24° alterum tantum latioribus quam longis. Segmen- tum 2dum, Zium, tum branchigera, 2dum et Zium connata, lobo laterali communi magno, longitudinem corporis prosequente, | paulo obliquo, anteriora versus descendente, semiecirculato ornata. Tentacula crebra, crassa, fusca, annulis nigro-fuscis variegata, nunc quidem concolora. Scuta ventralia 13,1mum segmentis tribus commune, anteriora 9 accuratius circumscripta, transversa, zeum Jatitudinem tori uncinigeri adaequans, posteriora quadrata vel paulo longiora. Fasciculi setarum capillarium satis lati, aurei, utrinque 17, a segmento 4, tori incinigeri a 5" incipientes, paene aeque lati, a segmento 20%° in pinnulas ven- trales mutati. Uncini tororum serie dupliei collocati, rostro simpliei, pinnularum pectiniformes dentibus 4. ( Branchiae utrinque 3 taeniae dorsi marginali incrassatae, usque ad segmentum 9” patenti affıxae, confertae, haud ita longe a linea dorsi media distantes, ecinnabarinae, basi punctulis albis notatae, crassae arbusculiformes, ramosissimae ramis cre- bris longiusculis, dense fasciculosis vel subeirratis, spira ad- scendentibus, anteriores majores. | | Long. 80 mill., branchiarum anteriorum 5 mill., tentaculo- rum longiorum 18 mill., lat. max. ad segmentum 15'W® 8 mill., ad 2dum 6 mill., posteriora versus 3 mill. Tubus ex fragmentis conchyliorum et arena confectus. SE a ne vom 21. Juni 1869. 511 T. virescens Ehrb. Gr. Graeilis, anteriora versus tumidula, olivacea, segmentis eireiter 72, anterioribus 4-plo, posterioribus alterum tan- tum latioribus quam longis. Segmentum 2dum, Zium 4tum branchigera, ut buccale, lobis nullis dilatata.. Tentacula flava (plus 15). Scuta ventralia 15 transversa rectangula, 4-plo fere latiora quam longa, toris uncinigeris latiora, poste- riora versus latitudine minus decrescentia. Fasciculi seta- rum capillarium utrinque 17 (16 Gr.) a segmento 4° (5° Gr.) incipientes, pharetris longiusculis, tori uncinigeri a segmento 5t° incipientes, pone 15" latiores, a 20%° in pinnulas mutatıi. Setae capillares aureae partim fortiores, partim lineares, uncini tororum serie duplici dispositi, rostro bidente. Bran- chiae utrinque 3, pallide roseae, humiles, stirpe brevi, seriem ramorum longitudine et numero ramulorum et surculorum valde decrescentium mittente, postremae minimae. Long. corp. 22 mill., lat. 2,5 mill. Tor, Decembre. T. Ehrenbergi Gr. Graeilius vermiformis, anteriora versus tumidula, cute den- siore splendidula, segmentis cireiter 157, anterioribus paucis tantum 4-plo vel 3-plo latioribus quam longis, sequentibus lon- gitudine crescentibus, 17”° jam paene aeque longo ae lato, ce- teris similibus vel longioribus, postremis iterum brevibus, 2-plo vel 3-plo latioribus quam longis. Tentacula, quantum videre lieuit, haud ita numerosa. Segmentum 24um, Zium, 4tum pran- chigera, lobis nullis dilatata. Scuta ventralia 12, latitudine valde decrescentia, transversa rectangula, media duplo fere la- tiora quam longa, latitudine tororum uncinigerorum affınium. Faseiculi setarum capillarium tenues, jam a segmento 3'° ineipientes, paene per totam corporis longitudinem patentes, segmentis 20 posterioribus exceptis; tori uncinigeri a seg- mento 4° incipientes, haud ita lati, pone scuta ventralia omnino ventrales. Uncini serie dupliei collocati, rostro simplici, Setae tenerrimae, vix limbatae. Branchiae utringue 3, ramosae, stirpe bifurca, utraque parte ramos aliquot distantes, ramulis terminalibus brevioribus 2 vel pluribus obsitos, mittente. 512 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Long. corp. fere 43 mill., " branchiae ei (hujus speciminis 3%), 1 mill., lat. max. 1,3 mill. c. Branchiis utrinque 2, ramosis. T. (Phyzelia) ochroleuca Ehrb. Gr. Flava hie illic venis rubris picta, nunc quidem subbrunnea, antice tumida, postice elongata, valde attenuata, segmentis plus 80 brevibus, postremis haud satis distinguendis. Lobus capitalis brevis. Tentacula cerassiuscula (7 tantum conser- vata mutilata), flava aut hyalina.. Segmentum 2dum et Zium branchigera, lobis lateralibus nullis.. Scuta ventralia trans- versa brevia, minus seposita, latitudine paululum decrescente. Fasciculi setarum utrinque 18, a segmento 4%, tori un- cinigeri a 5'° incipientes, I”"® versus latitudine crescentes, a 16t° decrescentes, mox omnino ventrales, haud in pinnulas mutati. Setae capillares vix limbatae, 12-nae, uncini serie simpliei collocati, rostrati, rostro anteriorum certe simplici. Branchiae utringue 2, humiles fruticosae, stirpe brevissima bifurca, ramo altero seriem secundam contiguam ramulorum inaequaliter di- chotomorum mittente, altero minus ramuloso, branchia ante- rior posteriore paulo major. Long. fere 27 mill., sectionis anterioris ad 9 mill., bran- chiae anterioris 2,5 mill. Tor, Decembre. Obwohl mehrere Gläser mit dem Namen Terebella ochro- leuca bezeichnet waren, kann ich doch nur auf dieses eine Thier die Beschreibung von Ehrenberg beziehen und habe deshalb auch seine Angaben über die Färbung hier aufgenommen; doch giebt er 19 Paar Borstenbündel an, fügt auch hinzu, dafs auf dem Kopflappen eine Reihe von Äugelchen vorkommen. Die T. seylla Sav. kann nicht mit dieser Art identisch sein, da ihre Färbung mit T. conchilega übereinstimmen soll, also sehr abweichend ist, auch die hinteren Segmente ähnliche Haarbor- sten wie die vorderen tragen sollen. T. (Phyzelia) atricapilla Ehrb. Gr. Brevius vermiformis, antice tumida, rubra, nunc quidem subfusca; splendore paulo violascente, dorso tenerrime transverse vom 21. Juni 1869. 513 striato, segmentis 50 ad 88, anterioribus 5-plo et 3-plo, posterioribus plerumque paulo tantum vel vix latioribus quam longis, 24° et 31° branchigeris, utrinque lobo laterali munitis, lobi 2di magni, rotundati deorsum latiores, subtus confluentes, 3% minores, altius affiixi. Tentacula nigra crebra, plus 50, contracta longitudine corporis dimidia vel breviora. Scuta ventralia 12 transversa, a toris uncinigeris minus seposita, juncta 4 animalis vivi aequantia. Fasciculi setarum capil- larium utrinque 13 ad 22, a segmento 4, tori uncinigeri a 5° incipientes, usque ad "WM Jatitudine (altitudine) crescentes, tum deerescentes, posteriores ad marginem ventris siti, haud in pinnulas mutati. Setae tenerrimae, haud limbatae, plus 15-nae. Branchiae utringue 2 pallidae ramosae, modo mini- mae, modo anterior diffusa, altitudinem corporis interdum superans, latitudine dorsi distantes, inaequaliter dichotomae, surculis extremis bifurois, brevissimis. Long. corp. ad 24 mill., lat. max. 3,5 mill. In coralliis ad Tor foramina habitat muco vestita. T. (Phyzelia) fasciata Ehrb. Gr. Dendrophora fasciata Ehrb. Vermiformis, antice minus tumida, lobis segmentorum prio- rum dilatata, dorso inde a segmento 7'° fusco, dense transverse striato, initio angusto (partibus lateralibus latioribus), sensim latitudine erescente lateribus ventreque pallidioribus, fune nerveo ventris satis prominulo, toris uncinigeris corporis anterioris parte posteriore fascia laete rubra (nune quidem nigricante) ornatis, fasciis posterioribus 4 latioribus, utringue subtus confluentibus; segmentis fere 70, mediis duplo, posterioribus (angustioribus) alterum tantum latioribus quam longis. Lobus capitalis late ovalis, lobis segmenti 2% haud magis prominens. Tenta- cula valde numerosa, pallide olivacea. Segmentum buccale angustum, 2dum et Zium branchigera, 24m utrinqgue lobo maximo anteriora versus spectante, semicirculato, subtus cum altero taenia conjuncto munitum, 3!" plica ventrali transversa humili, gtım utringue lobo angustiore quam 24°, 5tum fasciculum setarum minimum lobumqgue lateralem humillimum ferens, 6m et pro- xima 15 fasciculis setarum torisque uncinigeris sese tangentibus, [1869.] N 514 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse qzmum et SYum praeterea ad latera dorsi organo brevi clavaeformi, in fossa ampla recondito, instructa, segmentum 21”Um et cetera solis pinnulis munita. Scuta ventralia 16 anteriora la- titudine tororum uncinigerorum, 4-plo et 3-plo latiora quam longa, cetera longitudine sensim crescentia, latitudine maxime decrescentia, 13!"® rotundato-quadratum ut proxima parte poste- riore e longitudine striata. Fasciculi setarum utrinque 17, setae capillares ad 10-nas, nonnullae latiores, tori uncinigeri sub fasciculo setarum papilla parva muniti, pinnulae subqua- dratae, uncini tororum serie dupliei, pinnularum simpliei col- locati, illi rostro paene simpliei, hi distinctius 3-dente vel 4-dente. Branchiae utrinque 2, lineam dorsi mediam proximae, ex basi quasi communi orientes, arbuseuliformes, ramis solo ex apice stirpis radiatim prodeuntibus fere 6, longissimis, in ra- mulos haud ita breves divisis, ramuli surculis minutis saepius bifureis muniti; branchiae paris 1”! alteris multo altiores magis- que compositae. Long. corp. fere 73 segmentorum nunc quidem ad 70 mill., branchiarum paris 1”! ad 5 mill. i. e. longitudinem segmento- rum anteriorum fere 9 aequans, tentaculorum longiorum 14 mill., lat. max. plus 4 mill., seetionis anterioris medio PiNen 3,9 mill. Tubus frustulis lapidum confectus. Tor. TEREBELLIDES Sars. ° T, umbella Ehrb. Gr. Brevius vermiformis, nunc quidem ex carneo fusca, ante- riora versus tumida, sectione posteriore pinnuligera multo minus crassa sensim attenuata; Segmentis plus 33, mediis a 1240 fere usque ad 17”"m minus brevibus quam ceteris. Lobus capitalis satis magnus semieirculatus, supra tentaculis .maxime numerosis obsitus. Tentacula filiformia, plerumque longissima, apice incrassata clavaeformia, nonnulla breviora paulo crassiora, magis aequalia. Segmentum buccale breve, nudum, 2dum (branchigerum) et proxima 17, fasciculis setarum, Gum et sequentia 13 cristis uneinigeris quogue, reliqua solis pinnulis instructa. Setae capillares subrectae, tenerae 2 ee % | vom 21. Juni 1869. 515 haud limbatae, ad 6-nas, eristae uncinigerae omnino late- rales, proxime sub illis ortae, uncini earum manubrio elon- gato, leniter sinuato, rostro, quod videre licuit, simpliei, erista- rum anteriorum perpauci, ceterarum summum $-ni; pinnulae angustissimae, uncini earum rostro pectinatim dentato, ad 12- nas, dentibus fere 4-nis. Branchia dorso segmenti 24 affıza, stipite angustiore, breviore, parte supera anteriora versus in lobos 4 exiens, postice simplici subtriangula, serie tripliei pa- pillarum obsita; lobi serie laminarum tumidarum dupliei quasi peetiniformes, acuminati, superiores 2 inferioribus multo te- nuiores et breviores. Long. animalis postice paululum mutilati 8 mill., sectionis anterioris (segmentorum 19) 6,5 mill., tentaculorum longiorum 6 mill., loborum branchialium majorum plus 1 mill., lat. max. eorporis plus 1 mill. Tor, inter corallia. Diese Art ist T. Sieboldii Kbg. am ähnlichsten, doch weicht namentlich Kinbergs Beschreibung der Kiemen ab. POLYCIRRUS Gr. P. (Leucariste Mgn.) coccineus Ehrb. Gr. Terebella coccinea Ehrb. Vermiformis anteriora versus tumidissimus, ad lobum ca- pitalem angustatus, parte posteriore gracili, subteres, subtus sulco medio longitudinali, coccineus, segmentis fere 100, anterio- ribus quasi cingulo munitis 3-plo et 4-plo, posterioribus alterum tantum, postremis 2-plo fere latioribus quam longis.. Lobus capitalis supra reniformis, segmenta anteriora amplectens, suleis linearibus striisque distantibus aliquot quasi areolatus, subtus sinu longitudinali longiore, et utrinque brevissimo trans- verso, ab ore exeuntibus plicatus. Tentacula maxime nu- merosa, confertissima, comam crassam componentia, a limbo lobi capitalis marginali et a parte inferiore orientia, plurima extremitate elongato fusiformi, sulco infero exarvata, pauca tan- tum filiformia, longiora dimidiam corporis longitudinem ae- quantia. Scuta ventralia nulla. Fasciculi setarum capil- larium utrinque 22, a segmento 22° incipientes, pharetrae elon- gatae graciles, dimidiam ventris latitadinem aequantes, e margine 37° 516 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ventris laterali prodeuntes, intervallis ‚utringue interjeetis satis magnis, anteriora versus maxime decrescentibus, a segmento 24° in pinnulas mutatae.‘ Setae capillares marginem pha- retrae posteriorem serie obliqua prosequentes, 6-nae ad 10-nas, fortiores leniter curvatae, utrinque denticulatae, uneini pinnu- larum tenerrimi rostrati apice simplici. Tori uncinigeri in parte corporis anteriore haud distinguendi. Long. corp. circiter 22 mill., tentaculorum fere 10 mill., lat. max. (ad segmentum 20”Wm et proxima) 1,5 mill., lat. lobı capit. 1,5 mill., segmentorum postremorum plus 0,5 mill. SABELLA L. Sav. S. fusca Gr. Brevius vermiformis, crassa, semiteres ventre plano, poste- riora versus paulo attenuata, apice extremo rotundato anum continente, nune quidem umbrina scutis ventralibus fuscioribus, paene nigricantibus, segmentis fere 106. brevibus, longitudine mediorum 1; latitudinis, posteriorum fere 7}; latitudinis aequante. Mutatio setarum pone segmentum 7"U® yel 8’"m observata, sectione corporis anteriore paulo latiore quam longa, 4 longitu- dinis adaeguante. Scuta ventralia per se ubique eadem la- titudine, 5-plo fere latiora puam longa, posteriora multo bre- viora, 8-plo latiora quam longa. Collare humile, subtus medio paulo incisum, utrinque integrum. Branchiae aeque longae, utringue orbem componentes, longitudine 4 corporis adaequante, filis utringue 34 ad 38, barbatis, ad basin membrana humillima conjunctis, pinnulis dorsualibus oculisve nullis, lamina basali humili, umbrinae vittis fuscis angustis 8, apex filorum nunc quidem plerumque in spiram gyrorum 3 involutus; radii rigi- duli, haud crispati, longitudine 3-plam rhachis cerassitudinem aequante. Tentacula (utrinque 1) triente filorum paulo lon- giora. Fasciculi setarum flavi, aeque breves, setae capil- lares haud ita numerosae, leniter sinuatae, anguste limbatae, pectines uncinorum simplices, sectionis anterioris latitudine maxime decrescentes, posterioris initio multo minus lati, a scutis ventralibus paene dupla latitudine distantes, sensim magis ad ventrem extensi, uneini rostrati, apice simplici. | | | vom 21. Juni 1869. 517 Long. corporis 66 mill., branchiarum 36 mill., lat. max. corp. 7,5 mill. Tubus limo confectus, pariete crasso, postice geniculatus. S. (Dasychone Sars) luctuosa Ehrb. Gr. Corpus brevius vermiforme subteres, posteriora versus paulo complanatum, ano extremo, fuscum, nunc quidem subfuscum ventre collarique punctis fuscis adsperso, segmentis 69 ad 75, anterioribus et mediis 7-plo, posterioribus 3-plo fere latioribus quam longis. Mutatio setarum pone segmentum 8" obser- vata, sectione corporis anteriore paulo latiore quam longa. Collare humillimum erectum utrinque integrum, partibus ad lineam ventris mediam sitis lobi rotundati instar reflexis. Scuta ventralia pallidiora, anteriora 8 indivisa 3-plo fere, cetera (inde a 10”°) sulco mediano bipartita 4-plo, tum 5-plo latiora quam longa.. Branchiae aequales 4 fere totius longitudinis (4 corporis longitudinis) aequantes, utrinque in orbem convolu- tae, filis utringue 18 ad 24, animalis vivi atro-rubrae, lamina basali humili, fila nunc quidem pallide grisea, annulis brunneis angustis 24 ad 36 articulata, membrana basali paene nulla con- juncta, radiis barbata, pinnulis dorsualibus munita, apice extremo nudo; radii filiformes longitudine 6-plano rhachis crassitudinem aequante, ad annulos prodeuntes brunnei, ceteri decolores, pinnulae dorsuales obtusae, paribus 12-nis dispositae, in- feriores brevissimae, rhachis crassitudinem aequantes, ceterae apicem versus longiores, filiformes, radiis breviores. Tentacula (utringue 1) brunnea, 4 fere longitudinis filorum aequantia. Fasciculi setarum sectionis anterioris flavi, posterio- ris fusciores, setae capillares numerosae limbatae; pectines uncinorum simplices, sectionis anterioris latitudine decrescen- tes, posterioris postremis illius satis minus lati, uneini rostrati, apice simplici. Long. corp. ipsius 32 mill., branchiarum 16 mill., lat. corp. max. 4 ad 5 mill. | Tubus flexuosus, cartilagineo-membranaceus, arena ad- mixta scaber, dilute fuscus, coralliis affıxus. Tor, Decembre. 518 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse SERPULA L. Sav. S. (Pomatoceros) erucigera Gr. | Serpula erucigera Gr. Jahresber. d. Schles. Gesellsch. für 1861 p- 66. Corpus brevius vermiforme extremitate postica obtusa, nunc quidem pallide carneum, segmentis plus 77, omnibus setas capillares gerentibus, seetione anteriore 4 corporis adaequante, segmenta 7 continente, lobis membränae pallialis angustis alata. Collare, utrinque incisura laterali bilobum, margine haud dentato. Branchiae aequales, nunc quidem ex coeruleo cinerascentes, spira gyrorum 7 adscendentes; fila branchialia usque ad dimidium longitudinis membrana con- juncta utrinque fere 200, gyri infimi plus 40. Stylus oper- culifer sinister, latus, supra excavatus, processibus nullis armatus. Operculum lamina membranacea subovata paulo excavata, posteriora versus angustior, supra prope basin pro- cessu erecto crasso jam ad basin tricorni armata, cornua deorsum curvata, lateralia simplicia, acuta, impar paulo longius, nec vero marginem operculi superans, apice bifurco. Fasciculi setarum sectionis anterioris, 1%° excepto, latissimi, setae leniter curvatae, aureae, anguste limbatae, fasciculi 1®i paucae (8), longiores earum magis curvatae paene uncinatae; setae sectionis posterioris fasciculos tenuissimos componentes, fere 6-nae, tenerae, geniculatae. Long. totius animalis 31 mill., branchiarum (ut operculi) plus 9 mill., filorum gyri infimi 5,5 mill. Tubus haud conservatus. Tor, Decembre. Der Deckel dieser Art zeigt. die gröfste Ähnlichkeit mit der von Mörch gegebenen Abbildung von Pomatoceros bu- cephalus Mch.'), einer Art, die von Semper bei den Philip- pinen gefunden, aber blofs nach dem Deckel und der Röhre aufgestellt ist. Namentlich fehlen Angaben über die Beschaffen- _ heit der Kiemen. !) Mörch Revis. crit. Serpulidarum Naturh. Tidsskr. 1863 Tab. XI 12126. uw vom 21. Juni 1869. 519 S. (Pomatoceros) multicornis Gr. Serpula multicornis Gr. Jahresber. d. Schles. Gesellsch. für 1861 p. 59. 66. | Corpus brevius vermiforme, nunc quidem albidum, seg- mentis fere 86, omnibus setas capillares gerentibus, sec- tione anteriore 4 corporis superante, Segmenta 7 conti- nente, lobis membranae pallialis angustis alata. Collare utringue incisura laterali fissum, margine haud dentato. Bran- ehiae aequales, nunc quidem pallide roseae, utringue orbem simplicem componentes; fila branchialia usque ad dimidium longitudinis membrana conjuncta, utrinque 20, usque ad apicem barbata. Stylus operculifer sinister, latus, complanatus utringue membrana angusta, supra latiore 6-fimbriata alatus, operculum orbiculare, branchiis imminens, cornibus 6 ex eirculo disci medii orientibus armatum, cornua marginem operculi paulo superantia, conservata (3 tantum) paene a basi bifurca, ramis furcae serie subulorum 4 obsita, apice ipso bidente. Faciculi setarum sectionis anterioris 7, 1”° excepto, latissimi, setae leniter curvatae flavae, anguste lim- batae, faseiculi 1”i longissimi tenuissimi, partim capillares anguste limbatae, partim fortiores, longiores inaequaliter bifur- cae, setae sectionis posterioris tenerrimae, geniculatae vel oblique scalpratae, ad 4-nas. Uncini minimi, pectinatim dentati. Long. totius animalis ad 18 mill., branchiarum 3 mill., opereuli 4 mill., corporis 14 mill., lat. max. corporis 2 mill. Ein anderes Exemplar dieser Serpula mit etwas abwei- ehenden Körperverhältnissen ist von mir in der Veröffentlichung der von Frauenfeld gesammelten Anneliden des Rothen Meeres beschrieben. (Verhandl. d. zoolog. botan. Gesellsch. in Wien 1868 p. 639). | S. (Pomatostegus) sanguinea Ehrb. Gr. Corpus brevius vermilorme nunc quidem ex griseo carneo fulvescens, segmentis fere 90, mediis (ante 61”W® sitis) 5- plo fere, posterioribus per se paulo latioribus 15-plo latio- ribus quam longis vel etiam brevioribus fuscioribus, sectione “ anteriore, segmenta 7 continente, } corporis excedente, lobis n 520 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse membranae pallialis sub angustis sanguineis. Collare utrinque semel leviter incisum, margine haud dentato.. Branchiae aequales, utringue orbem simplicem componentes, plus 4 cor- poris, # fere totius animalis longitudinis aequantes, laete san- guineae, apice albo, parumper variegatae; fila branchialia utringue 25, membrana nulla conjuncta, membrana basali spi- raliter adscendente, longitudine maxime decrescentia, (postre- ma 4 tantum longitudinis anteriorum aequantia), rhachi crassi- ore, fuscius annulata, usque ad apicem extremum barbata, longitudine radiorum 4-plam rhachis crassitudinem aequante. Stylus operculiger sinister, latissimus, utringue mem- brana integra alatus, ut operculum sanguineus, nunc quidem pallidus vittis lillaceis transversis ornatus. Operculum ipsum ex discis 2 parallelis columellaque superiorem ferente eamque penetrante compositum, columella inter marginem dorsualem centrumque disei inferioris nata, in mucronem liberum simplicem excurrens, radios septem acutos in discum superiorem emittens, radius impar longior ventralis bifurcus; disci orbieulares patellae formes inferior margine integro, superior margine partisdorsualis quasi radiatim costulato, paulo crenato, sub mucrone fuscus. Fasciculi setarum sectionis anterioris 7, 19° excepto latissimi, setae aureae, capillares anguste limbatae, curvatae, fasciculi 1”i tenuissimi 4 tantum vel 5, sub apice longo gradum exhibentes; setae sectionis posterioris brevissimae tenerrimae capillares limbatae, decolores 4-nae, solis in segmentis postremis observandae. Uncini minimi pectinatim dentati. Long. totius animalis 22,5 mill., operculi 4 mill. superans, branchiarum paulo minor, corporis 18 mill., lat. max. corp. 2mill. Tubus postice quadrangulus, pariete crassissimo, carinis dorsi humilibus undulatis 3. S. (Eupomatus) albiceps Ehrb. Gr. Corpus brevius vermiforme, membrana palliali laete rubra, lobis lateralibus angustis, sectione posteriore dilute fusca; seg- mentis plus 53, sectionis anterioris # corporis superan tes 7. Collare utrinque semel incisum, margine haud dentato. Branchiae aequales, albae, utrinque semiorbem componentes, vom 21. Juni 1869. 521 lamina basali utringue medium versus altiore, fila branchi- alia utringue 11, ad basin membrana nulla conjuncta, barbata, radiis rhachis crassitudine paulo longioribus. Stylus oper- culiger dexter, teres gracilis longus, inermis sinister, cras- sius styliformis, dimidio fere brevior. Operculum album, branchias superans, infundibuliforme, fundo vix excavato, sulcis radiato, medio coronam ferente, margine dentibus brevibus triangulis fere 30 armato, corona sub-infundibuliformis, in spinas 7, dentibus multo longiores et laminam 1, in spinae 8”? locum substitutam, excurrens, lamina dorsualis erecta, sub- quadrangula, basi paulo coarctata, utringue processu spinae- formi 1 munita, inde a dorso visa cruciformis. Fasciculi sectionis anterioris 7, 1”° excepto lati, setae capillares haud limbatae, fasciculi 1”! tenuissimi paucae, fere 10, par- tim breviores, capillares, pallidae tenerrimae, partim multo lon- giores, fortiores, inaequaliter bifurcae, ramo altero brevissimo, dentiformi fisso, altero longissimo; (setae sectionis posterioris haud observatae). Uncini sectionis anterioris minimi pectinatim incisi, denticulis multis (fere 9). Long. totius animalis vivi 6-linearis, nunc quidem 12,5 mill., sectionis anterioris corporis vix 2 mill., operculi 3,5 mill., lat. max. corporis 1 mill. paulo major. Tubus calcareus celeberrimo Ehrenberg auctore subqua- drangulus, antice teres, coralliis adhaerens. Tor. Animal observatum haud completum. 24. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Müllenhoff las über die Erd- und Gradmessung des Eratosthenes. [1869.] 38 522 Gesammtsitzung vom 24. Juni 1869. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. 32. Berlin 1868. 8. Mittheilungen der geschichts- und alterthumsforschenden Gesellschaft des Österlandes. 7. Bd. 2. Heft. Altenburg 1869. 8. Bulletin de la societe de geographie. Paris, Mai 1869. 8. Annual Report of the Commissioner of patents, for 1866. Vol. 1—3. Washington 1367. 8. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1868 und 1869 erschienen: v. RANKE, Briefwechsel Friedrichs des Grossen mit dem Prinzen Wil- helm IV. von Oranien und mit dessen Gemahlin, Anna, geb. Princefs Royal von England. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten vorherrschend aus mikro- skopischen Baeillarien unter und bei der Stadt Mexiko. Preis: 1 Thir. 15 Sgr. anan ba aarelhirnd nagahzrdat mob. Aue r = e u \ gear ie 2 > il Bl. Bat SR: Rd any N MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Julı 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Trendelenburg. 2. Jul. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Hr. Haupt, an diesem Tage vorsitzender Sekretar, eröff- nete die Sitzung mit einem einleitenden Vortrage über Leib- nizens Beziehungen zur classischen Philologie. Hierauf verlas Hr. du Bois-Reymond, Sekretar der physikalisch-mathematischen Klasse, folgende Preisfrage, welche aus dem Cotheniusschen Legate für das Jahr 1872 gestellt wird: „Es ist bekannt, dafs sich Weizenmehl und Roggenmehl wesentlich durch das verschiedene Verhalten von einander un- terscheiden, welches die in denselben enthaltenen stickstoffhal- tigen Bestandtheile unter ‘dem Einflusse des Wassers zeigen. Bei der Behandlung des Weizenmehls mit Wasser bleiben, nach Absonderung der Stärke schlielslich erhebliche Mengen einer stickstoffhaltigen Substanz, des sogenannten Klebers, zurück, welche durch fortgesetzte Einwirkung des Wassers nicht weiter verändert wird, während Roggenmehl unter ge- nau denselben Bedingungen nur Spuren einer stickstoffhaltigen Materie hinterläfst. [1869.] 39 524 Öffentliche Sitzung Es ist ferner bekannt, dafs sich bei der Behandlumg einer Mischung von Weizenmehl und Roggenmehl mit Wasser die Menge des aus dem Weizenmehle für sich abscheidbaren Kle- bers wesentlich verringert, eine Erscheinung, die andeutet, dafs in dem Roggenmehle eine den Kleber löslich machende Sub- stanz enthalten ist. | Die Zusammensetzung des stickstoffhaltigen Bestandtheils, sowohl des Weizenmehls als des Roggenmehls ist, trotz vieler schätzenswerther Untersuchungen, bis jetzt mit Sicherheit nicht ermittelt. Die Natur des in dem Roggenmehl enthaltenen Kör- pers, welcher das Löslichwerden des Weizenklebers bedingt, ist ebenfalls unbekannt wie auch die Veränderungen, welche der Weizenkleber unter diesen Bedingungen erleidet. Die Akademie bietet einen Preis von 100 Ducaten für eine neue eingehende chemische Untersuchung der stickstoffhaltigen | Bestandtheile des Weizenmehls und des Roggenmehls, sowie der Veränderung, welche der Weizenkleber erfährt, wenn er in Gegenwart von Roggenmehl der Einwirkung des Wassers aus- gesetzt wird. | Die ausschliefsende Frist für die Einsendung der Beant- wortung dieser Aufgabe, welche nach Wahl des Verfassers in deutscher, lateinischer oder französischer Sprache abgefafst sein kann, ist der erste März 1872. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen, und dieses auf dem Äufseren des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. - 2 Die Entscheidung über die Zuerkennung des Preises von 100 Ducaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizi- schen Jahrestage im Monat Juli 1872.“ Hr. Trendelenburg fügte folgenden Bericht hinzu: Die Akademie der Wissenschaften hatte am Leibnizischen Jahrestage 1866 folgende Preisaufgabe für das Jahr 1869 be- kannt gemacht: „Seit dem Erscheinen des Chronicon Gotvicense sind in fast allen Theilen Deutschlands vielseitige Forschungen über die vom 2. Juli 1869. i 525 ältere deutsche Geographie angestellt und, begünstigt durch die erweiterte Kenntniss unserer Geschichtsquellen, nach und nach einem vorläufigen Abschlusse angenähert worden. Es erscheint thunlich und wünschenswerth die bisherigen Ergebnisse dieser Forschungen zusammen zu fassen. Die Königliche Akademie der Wissenschaften stellt daher als Preisaufgabe eine Übersicht der Ergebnisse der über die Geographie des deutschen Reiches bis auf die Zeit des Kaisers Heinrich des Fünften angestellten gelehrten Untersu- chungen, mit vorzüglicher Beachtung der einzelnen Bestandtheile des Reiches, seine kirchliche und welt- liche Eintheilung bis zu den Gauen und ihren Be- zirken hinab. Ausgeschlossen bleiben die zum Lango- bardischen Reiche gehörigen Länder. Als Grundlage der Arbeit sind die Geschichtschreiber, die Urkunden, die sonstigen Geschichtsquellen und die darauf ge- stützten gelehrten Forschungen zu benutzen und Verzeichnisse derselben beizufügen. Erläuternde Übersichtskarten werden gewünscht, aber nicht als Bedingung der Preisertheilung ge- fordert.“ ‚Es ist keine Bearbeitung dieser Aufgabe eingegangen. Indessen wird wegen der Bedeutung dieses Gegenstandes die- selbe Preisaufgabe wiederholt. Die Arbeit kann in deutscher, lateinischer oder französi- scher Sprache abgefasft sein. Die ausschliefsende Frist für die Einsendung der dieser Aufgabe gewidmeten Schriften ist der 1. März 1872. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und dieses auf dem Äussern des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von Einhundert Ducaten ge- schieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizischen Jahres- tage im Monat Juli des Jahres 1872. Derselbe Sekretar brachte Folgendes zur Kenntnifs. Das Statut der Bopp-Stiftung bestimmt in $ 11, dafs in der öffentlichen Sitzung, welche die Königliche Academie der 397 526 Öffentliche Sitzung Wissenschaften im Juli jedes Jahres zu Leibnitzens Gedächt- nils hält, ein von der vorberathenden Commission der Stiftung entworfener, kurzer Bericht über deren Wirksamkeit im ver- flossenen Jahre und über ihren Vermögensstand erstattet werde. Dieser Bericht, unterzeichnet Lepsius, Weber, Kuhn, Müllenhoff, Steinthal, lautet wie folgt: Obschon das vergangene Jahr erst das zweite seit Grün- dung der Stiftung war, so ist doch darin, auf Grund der noch nachträglich, besonders aus dem Auslande so reichlich einge- gangenen Beiträge, bereits ein Umstand eingetreten, welcher bei Abfassung der Statuten noch als in ziemlicher Ferne liegend erschien, der nämlich, dafs der jährliche Zinsertrag der Stiftung aufser der bisherigen Rate von 300 Thlr. noch eine fernere Summe von 150 Thlr. zur Disposition stellte. Auf Grund von $ 5. des Statuts wurde daher die Bildung einer zweiten Rate beschlossen, in der Weise, dafs es alljährlich von den Um- ständen abhängen solle, ob diese zweite Rate von 150 Thlr. zu der ersten Rate von 300 Thlr. hinzutrete oder ob sie selb- ständig zur Verwendung komme. Es wurde sodann, dem ent- sprechend, für den 16. Mai d. J. die Hauptrate von 300 Thlr. dem Dr. Hermann Ebel in Schneidemühl zuerkannt, nach $ 1,2 des Statuts als ein „Preis* für seine Bearbeitung der Zeufs’schen grammatica Celtica, und die zweite Rate von 150 Thlr. dem Dr. A. Leskien, Privatdocent in Göttingen, nach $ 1, 1 des Statuts, als eine „Unterstützung“ zur Fort- setzung seiner Studien, besonders auf dem Felde der slavischen Philologie. Seit dem vorjährigen Bericht hat sich der Vermögens- stand der Stiftung wieder erheblich vermehrt. Auf die Kunde von Bopps Hinscheiden hatte sich im März v. J. in Caleutta ein Comite gebildet, um ihm einen Tribut dankbarer, über das - Grab hinausreichender Verehrung darzubringen. In dem Auf- rufe, welchen ein hochgebildetes Mitglied der indischen Armee, Major W. N. Lees, dieserhalb veröffentlichte, ist auch auf die hohe politische Bedeutung, welche Bopp’s Forschungen für Indien haben, in höchst charakteristischen Worten hingewiesen. Es heifst darin: vom 2. Juli 1869. ER „es kann kein Zweifel sein, dafs auch politisch Bopp’s Entdeckung bald reiche Früchte tragen wird. Durch das Walten einer allweisen Vorsehung hat es sich so getroffen, dafs das indische Volk, welches in der Ent- wickelung geistiger Fähigkeit einer der edelsten Zweige des indogermanischen Volksstammes ist, seit ungefähr einem Jahrhundert durch eine Nation indogermanischen Ursprungs beherrscht wird. Es ist der Fehler von Beiden, den Regierern und den Regierten, dafs bis jetzt das indische Volk die Stellung einer un- terworfenen, eroberten Race eingenommen hat; seit Kurzem aber, hauptsächlich auf Grund der Kenntnifs der ursprünglichen Stammverwandtschaft, scheint ein besseres Einverständnifs immer mehr Platz zu greifen.“ Es verdient die höchste Beachtung, dafs ein Aufruf, der solche Worte enthält, von den höchsten Spitzen der indi- schen Regierung wie Gesellschaft — der Vice-König selbst, da- mals noch Sir J. Lawrence, steht an der Spitze der Liste, die im Übrigen auch den Namen des Lordbischofs von Calcutta enthält — warm und zustimmend aufgenommen und verbreitet ward. Unter den 59 Namen der Liste befinden sich auch die von 13 Hindu’s, welche damit ihrem Dank für das Verdienst, das sich Bopp um Indien’s Gegenwart und Zukunft erworben, Ausdruck gegeben haben. Der durch Bäbu Räjendra Läla Mitra eingesandte Er- trag der Sammlung beläuft sich auf Rupies 1454. 13, oder £ 143. 19. 4., zum Werthe von 970 Thlr. 28 Sgr., auf Grund folgender Liste: Rupies His Excellency the Viceroy and Governor Ge- gerale of India”. ”. ... ae a Honble G. N. Taylor B. C. S. a 50 Fuer m. Bemple RK. Ö.8:. 1... .. 30 Eat rl Maier UNE ME. LVO Eitible' d). B-Trhear '.'. . un 90 Right Revd the Lord Bishop of Oaleutta ms 60 Babu Jugadanundo Mookeri . . 2.2... 10 Babu Kishen Kishore Ghose . . . 2...» 20 528 Öffentliche Sitzung Babu Onucul Chundra Mookerji Munshi Amer Ali Khan Bahadur . A..Grote, Esqu. Bi, Suse nsake W. 8. Atkinson Esqu. Babu Romanath Tagore . Babu Jotindromohun Tage . ; Kumor Suttyanundo Ghosal Bahadur Babu Digambur Mitra Kumar Harendra Krishna Bahadır Babu Debendranath Mullick . John Boxwell Esqu. B. C.S.. Lieut. Col. G. Mainwaring Col. J. C. Haughton . Honble Rajah Sheoraj Sing. Lieut. R. P. Jenkin Rev. K. M. Banerji G. M. Tagore Esqu. C. Tawney Esqu. A. M. Croft Esqu. Babu Kristokumal Bhottacharji Major W. N. Lees Babu Gourdass Bysack ! E. C. Bayley Esqu. B-C.S.. Col. R. Maclagan R. E... Robert Egerton Esqu. B. C. S. : J. H. Thornton Esqu. B. C. S. D.C. S.. Captn. W. R. M. Hallroyd . H. S. Griffin Esqu. B. C. S. L. C. Stewart Esqu. M.D. .. Honble Sir D. F. Macloud K. C. S. HL Bäbu Räjendra Läla Mitra . eEeR Total Rupees Deduct for printing, advertising and postage Total Rupees Caleutta 6th February 1869. Aufser dieser bedeutenden Summe ist dann ferner auch noch ein Einzelbeitrag von einem Parsen aus Teheran, Manokjee Rupies 10 ‚30 ‚ 20 20 ‚32 32 32 32 16 32 50 20 25 90 20 100 25 25 25 10 200 20 1499 44. Oo oO 1454. 13 = vom 2. Juli 1869. 529 Limjee Hatria, zum Betrage von £ 1 (6 Thlr. 20 Sgr.) einge- gangen. | Durch diese aus fernen Landen in dankbarer Hochachtung vor Bopp’s Verdiensten eingesandten Beiträge hat sich das Ver- mögen der Stiftung neuerdings wieder um 1000 Thlr. preuss. Staatsanleihe von dem Jahre 1864 zu 44 pCt. (nro. 7741, an- gekauft am 10 Mai d. J. mit Zinsen vom 1. April d. J. an, für 945 Thlr.) vermehrt. Der Vermögensstand der Stiftung beträgt somit gegenwärtig a. 11,100 Thlr. preuss. Staatsanleihe aus den Jahren 1854. 1859 und 1864 zu 44 pCt. b. 100 Thlr. preuss. Prämien-Anleihe von 1855 zu 34 pCt., zusammen mit einem jährlichen Zinsertrage von 503 Thlr. Berlin, den 15. Juni 1869. Nach dieser Berichterstattung hielt Hr. Dove die auf den Wunsch der Akademie für das Säcularjahr des Geburtstags Alexander von Humboldts übernommene Gedächtnifsrede. 5. Juli. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Weber las die Fortsetzung seiner Abhandlung über das saptagatakam des Hala. 8. Jul. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Mommsen las über die comites et amici Augusti der früheren Kaiserzeit. 530 Gesammisitzung /Hr. Dove legte die folgende Untersuchung des Hrn. Prof. E. Reusch in Tübingen über Glimmercombinationen vor. | 1. Wenn man eine gerade Anzahl dünner Plättchen zwei- achsigen Glimmers in der Art über einander legt, dafs die Hauptschnitte (Supplementarlinien) der Plättchen sich unter 90° abwechselnd kreuzen, so erhält man schon bei einer mäfsigen Zahl von Kreuzungen ein Präparat, das sich nahe wie ein einachsiger Krystall verhält. Fallen die Glimmerhauptschnitte mit den gekreuzten Polarisationsebenen zusammen, so ist die Imitation vollständig; dreht man aber das Präparat in seiner Ebene, so bleiben zwar die Farbenringe, aber die Arme des schwarzen Kreuzes hellen sich auf und nach einer Drehung um 45° bleibt nur im innersten Ring ein kurzarmiges Kreuz übrig, Nörrenberg, von dem dieser Versuch stammt, wurde dazu durch die bekannten Arbeiten Senarmonts über Glimmer und Seignettesalz veranlafst. Quenstedts Mineralogie (2. Auf- lage, pag. 239) ist meines Wissens die einzige Schrift, in der dieser Versuch erwähnt wird. Übrigens liefert Hr. Steeg in Homburg (Nr. 77 seines Katalogs von 1867) diese Präparate in ausgezeichneter Schönheit. 2. In letzter Zeit habe ich neue Glimmercombinationen versucht, durch welche die Wirkung rechts oder links drehen- der einachsiger Krystalle nachgeahmt werden sollte. Mit Hülfe der untenstehenden Figuren will ich vorerst eine Vorstellung von diesen Combinationen geben. Fig. 1. Fig. 2. Auf zwei Glasplatten wurden Cartons geklebt, welche vorher je drei unter 60° sich schneidende rechtwinkliche Aus- vom 8. Juli 1869. 53l schnitte zum Einlegen der länglichen Glimmerlamellen erhalten hatten. Die Lamellen selber stammten von einem zweiachsigen Glimmer von über 70° Achsenwinkel; sie waren möglichst dünn und gleich dick, und in allen fiel die Supplementarlinie (der Hauptschnitt) mit der längeren Dimension zusammen. Angenommen man habe 48 Lamellen: die eine Hälfte wird nun verwendet um nach Fig. 1 die Lamellen in der Ordnung 1, 2, 3 zu einer von links nach rechts ansteigenden Treppe zu schichten; die andere Hälfte wird nach Fig. 2 zu einer‘ von rechts nach links aufsteigenden Treppe geschichtet. Vor dem Auflegen einer neuen Lamelle wird auf die liegende ein Tropfen von dickflüssigem Kopalfirnils gegeben und die neu aufgelegte Lamelle leicht angedrückt. Man erhält so zwei Präparate, deren Lamellen in dem mit R bezeichneten Stück (Fig. 1), für einen Beobachter, der die Treppe von der Seite ansieht, nach Rechts, in Z (Fig. 2) nach Links ansteigen. Der Botaniker, welcher zur Bestimmung der Windungsrichtung eiuer Schraube sich in deren Achse stellt, wird allerdings und vielleicht mit gröfserer Consequenz das Stück R ein linksge- wundenes, und das Stück L ein rechtsgewundenes uennen; im Folgenden werde ich aber an dem in der Technik und im gewöhnlichen Leben gebräuchlichen Begriff der rechten und linken Schraube festhalten. Die Präparate R und Z verhalten sich nun in der centralen regulärsechseckigen Überdeckung sehr nahe wie ein rechts- oder linksdrehender Bergkrystall.e. Schon bei vier bis sechs _ Umgängen aus nicht übermäfsig dünnem Glimmer läfst sich beim Drehen des oberen Nikols die Drehrichtung bestimmen; im Nörrenberg’schen Instrument mit grolsem Sehfeld sieht man das Ringsystem mit dem bläulichen Mittelkreuz und beim Überdecken beider Präpärate sehr befriedigende URS der Airy’schen Spiralen. Ganz dieselben Wirkungen erhält man mit zwei Präpa- raten, in welchen vier Lamellensysteme unter 45° zu einer rechten und linken Treppe geschichtet sind. Die von mir zuerst hergestellten Präparate bestanden theils aus nicht sehr dünnen und nicht vollkommen gleich dicken Lamellen, theils war die Zahl der Umgänge eine kleine (3—6); 532 . Gesammtsitzung ich wandte mich daher an Hrn. Steeg und erhielt von dem- selben nach kurzer Zeit zwei Paare 60grädiger Präparate von überraschender Gröfse und aufserordentlicher Schönheit, welche namentlich den Farbenwechsel bei Drehung des oberen Nikols in brillanter Weise zeigen. Das eine Paar besteht aus je 30 Lamellen von 4%, das andere gar aus je 36 Lamellen von noch geringerer Dicke. Das erste Paar giebt für rothes Licht eine Drehung von 150°, was einer Quarzdicke von etwa gm entspricht. Zum Beweis für die grofse Sicherheit und Kunstfertigkeit, mit welcher Hr. Steeg den Glimmer zu behandeln weifs, führe ich an, dafs die 72 Lamellen des zweiten Paares, 12 um breit und 30”"” lang, aus derselben Tafel herausgeschnitten worden sind. Aus einer dünnen Tafel (4%), die ich der besonderen Güte des Hrn. Steeg verdanke, habe ich später Präparate mit vier Lamellensystemen unter 45° hergestellt, welche die Airy- schen Spiralen gaben, während meine ersten Präparate zwar den Farbenwechsel beim Drehen des Nikols, beim Überdecken aber ein confuses Bild der Ringe zeigten. Wenn im convergirenden Licht bei gekreuzten Polarisa- tionsebenen eine solche Glimmercombination in ihrer ‚Ebene gedreht wird, so bleiben wohl die Ringe, aber die Arme des schwarzen Kreuzes erfahren Änderungen; namentlich sieht man, wie an den Enden der in die Polarisationsebenen fallenden Durchmesser des innersten Rings abwechselnd schwarze Flecken ein und austreten. Ebenso erfährt bei parallelem Licht die Färbung kleine Wechsel beim Drehen des Nikols, jedoch mehr in der Intensität, als im Farbton. Ich habe gefunden, dafs man einem Quarze diese Eigen- schaften einer Glimmercombination dadurch ertheilen kann, dafs man über und unter demselben je eine Achtelundulationsglim- merplatte mit rechtwinklich gekreuzten Hauptschnitten ein- . schaltet. Die Glimmercombinationen sind daher aufzufassen als elliptisch rechts und links polarisirende Medien, welche sich dem Quarz wohl um so mehr nähern, je dünner die La- mellen und je gröfser die Zahl der Umgänge. Ebenso lassen sich die unter (1) besprochenen Modifica- tionen des schwarzen Kreuzes der Nörrenberg’schen Combination En Dr Dale vom &. Juli 1869. 933 dadurch an einer zur Achse senkrecht geschnittenen Kalkspath- platte hervorbringen, dafs man dieselbe in der angegebenen Weise mit den Achtelundulationsplatten verbindet und das Ganze in seiner Ebene dreht; man hat daher in der Glimmer- combination die Erscheinung, wie wenn ein einachsiger nicht drehender Krystall elliptisch polarisirt und analysirt würde. 3. Beim Schichten der Lamellen unter 60° ergeben sich gleichseitige Dreiecke auf den Seiten des centralen Sechsecks, in welchen nur zwei Lamellensysteme sich, abwechselnd unter 60° kreuzen. Man überzeugt sich leicht, dafs es sich bei diesen Dreiecken, je nach ihrer Lage, um elliptische Rechts- oder Linksdrehung handelt. Diefs hat mich veranlafst, zunächst die Combination zweier Platten von beliebiger Dicke, deren Haupt- schnitte einen von 90° verschiedenen Winkel bilden, zu unter- suchen. Eine solche Combination giebt im Allgemeinen rechts oder, links elliptisch polarisirtes Licht, d. h. es gelingt, beim Drehen des oberen Nikols eine Drehrichtung‘ zu bestimmen, aber beim Drehen der Combination in ihrer Ebene ändert sich die Intensität und wohl auch die Nüance der Farbe. Der Versuch gelingt sowohl mit zwei beliebigen Glimmer- als Gyps- platten, oder bei Combinirung von Glimmer mit Gyps, wenn nur deren Farben keiner zu hohen Ordnung angehören. Fig. 3. Fig. 4. Im Folgenden beschäftige ich mich blos mit Glimmer- tafeln von gleicher Dicke. Zwei solche Tafeln, in wel- chen wie früher die längere Dimension dem Hauptschnitt ent- spreche, können nun entweder zu einer rechten Sufe A (Fig. 3) oder zu einer linken Stufe B (Fig. 4) zusammengelegt wer- den. Zwei solche Stufen haben jedenfalls entgegengesetzte op- 534 Gesammtsitzung tische Drehung, aber der Sinn der Drehung ist durch die Dicke der Platten mit bestimmt. Zeigen z. B. die Platten ein Grün zweiter Ordnung, so giebt die rechte Stufe A auch Rechts- drehung; bei Platten, welche ein Gelb erster Ordnung zeigen, ist es umgekehrt. Der Winkel der Hauptschnitte ist ohne Ein- flufs auf die Drehrichtung, nur mufs er von 0° und 90° gehö- rig abweichen. Legt man zwei z. B. 60 grädige Stufen A und B mit parallelen Hauptschnitten über einander, so bleibt immer eine Drehung im Sinne der oben liegenden Stufe. Kreuzt man die Stufen rechtwinklich, so findet in der mittleren Überdeckung keinerlei Wirkung statt, was auch das Azimuth der Stufenver- bindung sein mag; die zwei Arme des Sternkreuzes, welches aus der Überdeckung der Platten verschiedener Stufen entsteht, haben entgegengesetzte Drehung. Von gröfserem Interesse ist aber der Fall, dafs viele gleiche Stufen aus sehr dünnen Glimmerlamellen zu einer rechten oder linken Stufensäule geschichtet sind: in die- sem Fall dreht die rechte Stufensäule rechts, die linke links. Hiermit begreift man sofort z. B. bei der 60 grädigen Combi- nation Fig. 1 die Wirkungen der Dreiecke a, b, c; die zwei ersten gehören zu einer rechten Stufensäule, das letztere zu einer linken. Die Dreiecke a’, b', .c' wirken natürlich wie die gegenüberliegenden gleicharmigen. Mit derselben Regel bestim- men sich die Drehrichtungen in den äufseren Sternspitzen bei der 45grädigen Combination von vier Lamellensystemen. Solche Stufensäulen zeigen noch eine andere Eigenthüm- lichkeit: im convergirenden Lichte sieht man durch die Über- deckung ein zweiachsiges Ringsystem, dessen Supplementarlinie den spitzigen Winkel der Hauptschnitte der Glimmerlamellen halbirt und dessen Achsenwinkel kleiner ist als der des ange- wandten Glimmers. Die schwarzen Hyperbeln erscheinen jedoch nur, wenn die Supplementarlinie des Combinationsglimmers mit den Polarisationsebenen 45° macht; fällt sie mit der einen oder andern zusammen, so enthalten die innersten Ringe nur schwarze Tupfen. | | Die Wirkung einer Stufensäule läfst sich mit ziemlicher Annäherung an einer dicken Glimmerplatte dadurch nachahmen, dafs man sie zwischen zwei Achtelundulationsplatten mit recht- vom 8. Juli 1869. 535 winklich gekreuzten Hauptschnitten in der Art einschaltet, dafs der Hauptschnitt der Glimmerplatte 45° mit jenen macht; und zwar hat diese Combination im parallelen Licht verschiedene ‚Drehrichtung, je nachdem der Hauptschnitt der Platte das eine oder andere Paar der Scheitelquadranten halbirt, welche durch die Hauptschnitte der Achtelundulationsplatten gebildet werden. Es erinnert dies an eine von J. Müller (Lehrb. der Physik. 7. Aufl. I. p. 906) beschriebene Anordnung, bei welcher durch eine analoge Verbindung einer Gypsplatte mit zwei Viertelun- dulationsglimmerplatten, wenigstens im parallelen Licht die Wirkung des Quarzes nachgeahmt wird. 4. Die optischen Wirkungen der bisher besprochenen Glimmercombinationen lassen eine mathematische Behandlung zu, welche für die Erscheinungen in parallelem Licht voraus- sichtlich mit viel geringerer Schwierigkeit, als für die im con- vergirenden Licht verbunden sein wird. Vielleicht findet sich ein tüchtiger Rechner veranlafst, diese wohl nicht ganz undank- bare Aufgabe anzufassen. Ob diese Combinationen dazu angethan sind, uns Aufschlufs oder wenigstens Andeutungen über den Verband der mit Cir- eularpolarisation begabten Moleküle zu geben, das wird die Zukunft lehren. Vor der Hand weils ich in dieser Beziehung nur eine schwache Analogie und einige Vermuthungen beizu- bringen, die ich der Nachsicht der Fachmänner empfehlen möchte. In einer früheren Mittheilung über die sogenannte Lamel- larpolarisation des Alauns') habe ich nachzuweisen versucht, dafs es sich hier um eine schwache Doppelbrechung in Folge innerer Spannungen handle, die man sich in den Octaöderflächen in der Art wirksam zu denken habe, dafs die optische Elasti- eität in diesen Flächen nach allen Richtungen gleich, aber klei- ner als senkrecht darauf sei. Ferner habe ich gezeigt, wie die Wirkung eines optisch activen Alaunoctaöders oder eines Prä- parats daraus nach zwei parallelen Würfelflächen, in den vier distineten Quadranten durch vier dünne Glimmerplättchen voll- 1) Vom 11. Juli 1867. Gesammtsitzung der Akademie. 536 Gesammtsitzung ständig nachgeahmt werden kann. Bei diesem Glimmerpräpa- rate kommen aber keine Überdeckungen vor, während der Nerv der neuen Präparate eben in den Überdeekungen liegt. Es entsteht daher umgekehrt die Frage nach derjenigen Krystall- structur, welche einer Glimmercombination mit Überdeckungen entspricht. Ein nahe liegender Gedanke ist nun wohl folgender: im idealen activen Alaunocta@der reichen die irgend einer Octaöder- fläche parallelen Spannungsebenen nur bis an die drei recht- winklichen Achsenebenen heran; es ist aber auch denkbar, dafs in einem Krystall die durch innere Spannungen und Contrac tionen herbeigeführte Störung der ursprünglichen Structur, sich auf eine oder mehrere von einander verschiedene, gegen die Richtung des durchgehenden Lichtes geneigte Spannungsebenen werde zurückführen lassen, welche den ganzen Krystall je in constanter Richtung durchsetzen. Nun wissen wir zwar sehr Weniges über die normale Krystallstructur und folglich noch viel weniger über die factisch vorhandenen Störungen derselben; will man daher die Sache überhaupt anfassen, so sieht man sich vor der Hand auf einige instinetmälsige Vermuthungen be- schränkt. Im regulären System ist der Fall einzelner nicht durch- gehender Spannungsebenen in dem Octaöder des activen Alaun- octaöders verwirklicht. Die optischen Erscheinungen müssen verwickelter werden, wenn andere Flächen, z. B. die des Leu- citoöders als einzelne Spannungsflächen auftreten (Leueit. Anal- cim?). Die von Marbach endeckte Circularpolarisation des chlorsauren Natrons ist möglicherweise das Resultat von Span- nungen nach den Dodekaöderflächen, verbunden mit secundären Spannungen nach den Flächen des rechten oder linken Te- traöders; die 4dgrädige Glimmercombination von vier Lamel- lensystemen giebt vielleicht, bei aufserordentlich schwacher Wirkung der einzelnen Umgänge, ein Bild hieran. | Dieselbe Glimmercombination entspricht vielleicht auch Ko Falle der Circularpolarisation im quadratischen System. Von den vier Lamellensystemen würden 1 und 3 die Structur des einachsigen nicht drehenden Krystalls einigermaflsen versinn- lichen; die Lamellensysteme 2 und 4 wären das Äquivalent vom 8. Juli 1869. 937 von durchgehenden Spannungen nach den Flächen des rechten oder linken Hemiocta&ders. — Das Auftreten einer einzelnen gegen die Achse geneigten Spannungsebenen, oder die ungleiche Intensität der einzelnen Spannungen mülste sich durch zwei- achsigen Habitus der optischen Erscheinungen kund thun (Dis- location des schwarzen Kreuzes im Beryll, gelben Blutlaugen- salz u. S. w.). Die Circularpolarisation im rhombo&drischen System ist wohl das Resultat von drei gegen die Achse gleich geneigten durchgehenden Spannungsebenen, welche vielleicht den Flächen des einen oder andern der zwei zusammengehörigen Halb- skalenoöder folgen. Der Gedanke an die Möglichkeit solcher innerer Spannungen liegt wohl bei keiner Substanz so nahe, wie bei der Kieselerde. Sind die drei Spannungen vollkommen gleichwerthig, so hätte man die normale rechts oder links drehende Wirkung des Quarzes; fallen alle drei Spannungen fort, oder gleichen sich dieselben gegenseitig aus, so bliebe, wie man diefs an vielen Amethysten stellenweise beobachtet, die rein einachsige Wirkung ohne Rotation. Noch bleibt aber die Möglichkeit, dafs nach Umständen jene drei Spannungen von ungleicher Intensität sind, oder sich auf zwei reduciren, und dann hätte man die an manchen (uarzen so prägnant auftredende zweiachsige elliptische rechts oder links drehende Polarisation, wie man sie an den oben besprochenen Stufen- säulen, oder an Präparaten beobachtet, an welchen absichtlich eines der drei Lamellensysteme aus etwas dickerem oder dün- nerem Glimmer besteht. In Betreff der mannigfaltigen Erscheinungen am Quarz und Amethyst erlaube ich mir auf die reichhaltigen und wohl- geordneten Beobachtungen von Dove in seiner Farbenlehre (pag. 247—260) zu verweisen. Zum Schlufs bemerke ich noch, dafs die Kenntnifs der Wirkungen der Glimmercombinationen auch von einigem Werth sein dürfte für das: Verständnifs gewisser Erscheinungen am Glimmer selber. Die Wandlungen des Ringsystems bei Zwil- lingen, so wie die oft sehr erheblichen Änderungen im Winkel der optischen Achsen an demselben Stücke begreifen sich eini- germalsen, wenn man regelmäfsige Verwachsungen und Durch- 538 Gesammtsitzung dringungen verschiedener Individuen annimmt. Die Kenntnifs dieser Erscheinungen verdanke ich zum gröfsten Theil den Mittheilungen und vielfachen gütigen Glimmersendungen von G. Rose, und diese waren es auch, welche für mich ursprüng- lich die Veranlassung zur Herstellung der neuen Glimmercom- binationen geworden sind. Tübingen, den 29. Juni 1869. Hr. Magnus theilte folgenden Bericht über eine in dem hiesigen physikalischen Laboratorium ausgeführte Untersuchung. des Hrn. Dr. E. Warburg mit: Über die Dämpfung der Töne fester Körper durch innere Widerstände. Es ist eine bekannte Thatsache, dafs die Tonschwingungen fester Körper, wenn sie nicht durch eine äufsere Kraft un- terhalten werden, allmählich erlöschen. Die Ursachen dieses Erlöschens sind theils äufsere: Widerstand des umgebenden Mediums, Reibung an Befestigungspunkten und Abgabe von Bewegung an dieselben, theils innere, in der Natur der festen Körper selbst begründete. Das Vorhandensein solcher innerer Ursachen hat zuerst Wilh. Weber') bei Torsionsschwingungen eines Seidenfadens nachgewiesen; er fand nämlich, dafs die- selben auch im luftleeren Raum nach kurzer Zeit erlöschen. Hier kann von einer merklichen Abgabe von Bewegung an den Befestigungspunkt nicht die Rede sein, so dals die Kräfte, welche das Erlöschen in diesem Falle herbeiführen, in der Be- schaffenheit des schwingenden Fadens selbst zu suchen sind. Die Kräfte, welche, im Innern der festen Körper thätig, auf das Erlöschen der Schwingungen derselben hinwirken, sol- len im Folgenden als innerer Widerstand der festen Kör- per bezeichnet werden. 1) Comm. Soc. Gott. p. 50. vom 8. Juli 1869. 589 ‘In Bezug auf den inneren Widerstand der festen Körper eherlgt ‚Helmholtz!): „Die. vollkommnere. Elastieität a besonders ‚das „Fortbestehen der höheren Töne zu begünstigen, 'da schnellere „Schwingungen im Allgemeinen durch unvollkommne Elasti- „eität und Reibung schneller gedämpft werden, als lang- „samere.* Ein sicherer experimenteller. Nachweis dafür, dafs höhere Töne durch den inneren Widerstand stärker gedämpft werden, als tiefere, ist dem Verfasser nicht bekannt, ebensowenig irgend eine Untersuchung, der Ursache dieses Verhaltens. Der erste Theil dieser. Arbeit enthält experimentelle Be- lege für die erwähnte Erscheinung, der 'zweite Theil eine Un- tersuchung der Ursachen, welche dieselbe herbeiführen, 1. Theil. Wenn man mit einer festen Schallquelle .einen Stab aus irgend einem. Material verbindet, so ‚gehen ‚Schallwellen auf denselben über. Ist die Dauer der Töne, welche. die Schall- quelle aussendet, im Verhältnils zu der Zeit, innerhalb deren die Wellen den Stab durchlaufen, hinreichend (was in den fol- genden Versuchen der Fall ist), so kreuzen. sich ‘öfter directe Wellen mit reflectirten, und der Stab geräth in stehende Schwin- gungen. Dabei. geht aus den Abständen ‚der auf dem .Stabe wahrgenommenen Knotenlinien hervor, dafs der mit dem; Ohre wahrgenommene Theil der Schallbewegung des Stabes in trans- versalen Schwingungen besteht. Die hin- und. herlaufenden Wellen werden aber durch: die dämpfenden Kräfte, ‘welche ‚auf die schwingenden Theilchen einwirken, eine Schwächung ihrer Amplitüden erleiden, und: in Folge dessen die Intensität der Schallbewegung in dem Stabe mit wachsender Entfernung von der Schallquelle abnehmen. Demgemäfs hat der Verfasser, um die Wirkung der. däm- pfenden Kräfte fester Körper auf Töne verschiedener: Höhe 1) Lehre von den Tonempfindungen. _p. 122. [1869.] 40 540 Gesammtsitzung kennen zu lernen, den Schall einer Schallquelle, welehe Töne sehr verschiedener Höhe gleichzeitig ausgab, nämlich einer Spieluhr, durch Stäbe aus verschiedenem Material dem Ohre zugeleitet. Es mufste dabei vor Allem dafür gesorgt werden, dafs der Schall der Uhr nur durch den leitenden Stab zum Ohre gelangte. Dazu diente folgendes Isolationsverfahren. Ein kreisförmig cylindrischer, 250%" hoher, oben offener, bis zum Rande mit Wasser gefüllter Beutel aus dünner Kaut- schukplatte wird in einem diekwandigen, eylindrischen Glasge- fälse hängend gehalten, indem der obere Rand des Beutels über den aufgeworfenen Rand des Glascylinders gezogen ist. Wenn in diesen Beutel die durch ein Kautschukfutteral geschützte, an Fäden hängende Spieluhr bis nahe an den Boden eingesenkt ward, so hörte ein danebenstehender Beobachter den Schall der Uhr garnicht; erst durch einen dicht über die Was- seroberfläche gehaltenen Trichter hörte man ein wenig von den höchsten Tönen, diese aber so schwach, dafs die Tonhöhe nicht mehr deutlich zu unterscheiden war. Der Schall der Spieluhr wird an das Wasser kräftig über- tragen, was u. A. daraus hervorgeht, dafs dieselbe, in ein mit Wasser gefülltes Glasgefäfs versenkt, durch Vermittlung von Wasser und Glas den umgebenden Medien starke Bewegung mittheilt. Auch die Seitenwände des Beutels werden ziemlich kräftig erregt; denn hängt man den Beutel frei in der Luft auf, so wird ziemlich viel Schall an dieselbe abgegeben. Wie in diesem Falle die freie Luft, so wird, wenn der Kautschuk- beutel sich in dem Glascylinder befindet, das Luftvolum zwi- schen Glas und Beutel durch die Seitenwände des letzteren stark erschüttert; da aber dieses Luftvolum mit der äufseren Luft nicht ecommunieirt und ferner die dicken Glaswände nicht merklich zu erschüttern vermag, so geht von der Bewegung desselben nichts an den umgebenden Raum über. Führt man bei frei hängendem Beutel, indem die Spieluhr in der Tiefe schwebt, das Ohr an den Seitenwänden hinauf, so bemerkt man eine starke Abnahme des Schalles von unten nach oben. Dieser Versuch zeigt den Grund davon, dafs durch die freie Wasseroberfläche so wenig Schall an die Luft gelangt. Denkt man sich ein oben offenes Gefäls mit absolut starren com 8. Juli 1869. 541 Wänden mit Wasser gefüllt, und an irgend einer Stelle des Wassers einen Stofs auf dasselbe ausgeübt, etwa durch einen tönenden Körper, so wird dieser Stofs zwar nach allen Rich- tungen hin fortgepflanzt werden, aber wegen der Reflexion durch die starren Wände sich vorzugsweise an der freien Oberfläche äulsern. Sind aber die Wände nachgiebig, so werden dieselben seitlich ausweichen, und nach Maafsgabe dieser Nachgiebigkeit eine Quantität Bewegung an die Luft abgegeben werden. Ist danach das Gefäfs tief genug, und wird der Stofs an einer tiefen Stelle geführt, so wird nur wenig Bewegung an die freie Wasseroberfläche gelangen. Mit der in dem mit Wasser gefüllten Beutel befindlichen Spieluhr werden die zu untersuchenden Leiter mit dem einen Ende passend verbunden; das andere Ende ist an einem Re- sonanzboden befestigt, an welchen man das Ohr anlegt. In dieser Weise wurde der Schall der Uhr durch einen 460"m langen, 6%” dicken Kautschukstab dem Ohre zugeleitet: es wurde ausschliefslich die tiefe Begleitung des kleinen Musikstückes gehört, welches die Uhr spielte. Untersucht man verschiedene Stellen des Streifens, so findet man, dafs nur in der Nähe der Schallquelle etwas von den höchsten Tönen wahrzuneh- men ist. Um zu untersuchen, ob der Luftwiderstand Einflufs auf diese Erscheinungen habe, ward die Spieluhr in einem luft- leeren Gefäfs an einem Kautschukstreifen aufgehängt. Es ge- langten durch den Aufhängepunkt und das Gefäls nnr tiefe Töne an die Unterlage; ersetzte man den Kautschukstreifen durch ein Bleirohr, so wurden nun hohe wie tiefe Töne von einem Beobachter wahrgenommen, der das Ohr auf die Unter- lage legte. Es ist daraus zu schliefsen, das die Ursache der Schwä- chung der Töne bei der Leitung durch das Kautschuk nicht vom Luftwiderstande herrührt, sondern in der Natur des Kaut- schuks selbst begründet ist. Stäbe aus Holz, Stahl, Glas, Blei, Wachs, von den Di- mensionen des Kautschukstreifens pflanzten hohe wie tiefe Töne merklich gleichmäfsig fort. Selbst bei der Leitung des Schalles durch einen 30"langen, schwach gespannten Kupferdraht von 0"m2 40* 542 Gesammtsitzung Durchmesser war ein Unterschied in der Fortpflanzung ‚höherer und :tieferer Töne nicht zu .erkennen. Als aber ein 11% langer Bleidraht von 14%” Durchmesser zwischen der Schallquelle und dem Ohre eingeschaltet ward, war. von den höheren Tönen nichts mehr. wahrzunehmen, während. die tiefe Begleitung voll- kommen scharf. hervortrat. Dasselbe Verhalten, wie die Kautschuk- und die längere Bleileitung zeigte ein 45 langes, schwach gespanntes Hanfseil; spannte man dasselbe ein wenig stärker, so traten sofort die höheren Töne zu den tieferen ‚hinzu; der Kautschukstreifen hin- gegen mulste sehr stark gespannt, nämlich auf etwa, die fache Länge ausgezogen werden, damit die höchsten Töne sich auf ‚etwas weitere Strecken in ‚demselben fortpflanzten. Mit diesen Versuchen hängt die ungleiche Schwächung zu- sammen, welche 'Töne verschiedener Höhe bei der Leitung durch Luft 'erleiden,; die in Kautschukröhren eingeschlossen ist. Dem aus der Wasseroberfläche hervorragenden Ende, eines mit der Spieluhr verbundenen Holzstabes ward, ohne dasselbe zu berühren, das eine Ende einer offenen Glasröhre genähert. Wurde das andere Ende in den Gehörgang eingesetzt, so. hörte man das ganze Stück der ‘Spieluhr, nur dafs, besonders bei kurzen Röhren, einzelne Töne durch Resonanz besonders her- vorgehoben wurden. Ersetzte man hingegen ‚das Glasrohr durch ein Kautschukrohr, so wurden bei hinreichender Länge der Leitung nur die tieferen Töne wahrgenommen. Bei glei- cher Wanddicke der Kautschukröhren nimmt die Schwächung der Töne bei der Leitung, insbesondere die der 'hohen, mit ab- nehmendem innern Durchmesser ab. Um dies zu zeigen, ge- nügt es, zwei Röhren von verschiedenem innern Durchmesser gleichzeitig in beide Ohren einzusetzen und die freien Enden der Schallquelle zu nähern. Drückt man jetzt den einen oder den andern Schlauch zu, so kann man den Unterschied in der Stärke und Zusammensetzung des von beiden Leitungen fort- gepflanzten Schalles beurtheilen und findet dabei, dafs durch das engere Rohr die höheren Töne besser hindurchgehen, als durch das weitere. Dieses Verhalten zeigt, dafs man die Schwächung ' des Schalles in diesen Versuchen in erster Linie der mangelhaften vom 8. Juli 1869. 543 Reflexion der Kautschukwände zuschreiben mufs; denn diese Wände geben um somehr ‘nach, je gröfser unter: übrigens gleichen Umständen der innere Durchmesser des Rohres ist. Es war danach zu erwarten, dafs eine beträchtliche Abgabe _ von Schall ‘durch die Leitung an die äufsere Luft Statt finde; wovon der Verfasser sich durch besondere Versuche über- u hat. Hiernach hat man sich den Vorgang bei der Treitsng durch die Luft in Kautschukröhren so vorzustellen, dafs das Kaut- schukrohr durch die Schwingungen der Luft in Transversal- schwingungen versetzt wird. Diese Transversalschwingungen des festen Kautschuk werden beim Fortschreiten geschwächt, und‘ zwar die höheren Tonschwingungen nach den zuerst be- schriebenen Versuchen viel rascher, als die tieferen. Es wer- den sonach dem System die höheren Töne bei der Leitung schneller verloren gehen, und die tieferen demselben länger er- halten bleiben. Dabei bleibt ‘dahingestellt, ob vielleicht auch ein Unterschied in der Stärke der Reflexion durch die Kaut- schukwände für rer verschiedener Höhe Statt finde. 3er In ähnlicher Weise erklärt Helmholtz!) den Keee Klang der Holzpfeifen im Verhältnifs zu den Metallpfeifen, „in- dem die Wände der ersteren nicht so gut der Erschütterung durch die Schallwellen widerstehen, wobei die höheren Ton- schwingungen leichter durch Reibung vernichtet zu: werden scheinen.“ ; Es sind damit die Erscheinungen bei der: Leitung des Schalles durch die Luft in Kautschukröhren :auf die Erschei- nungen der Leitung des Schalles durch das feste Kautschuk zurückgeführt, und es handelt sich nunmehr um die Erklärung der 'ungleichen Schwächung von Tönen verschiedener Höhe bei der Leitung durch feste Körper. 2. Theil. Wenn Schwingungen einzig uud allein durch elastische Kräfte unterhalten werden, so ist mit einer Verkleinerung der 1) Lehre von den Tonempfindungen. p. 153. 544 Gesammtsitzung Schwingungsdauer in einem und demselben Körper stets eine Ver- kleinerung der Wellenlänge (schwingenden Abtheilung) und da- mit eine Vergröfserung der mittleren molekularen Verschiebung bei gleicher Amplitüde in den Schwingungsmaximis, untrennbar verbunden. Daher hat der Verf., um diese beiden Momente zu son- dern, magnetische Kräfte mit den elastischen combinirt und ist überdies zu passend verlangsamten Torsionsschwingungen übergegangen, welche scharfen Messungen zugänglich sind. Denkt man sich an einem Faden einen Magneten aufgehängt, so kann man einzig durch Veränderung der Richtkraft des Magneten mittelst eines passend gelegten anderen Magneten die Oseillationsdauer der Torsionsschwingungen ändern, deren: dies System fähig ist. Anderseits kann man den Faden verkürzen und die dadurch entstandene Änderung der Schwingungsdauer des Systems durch passende Verschiebung des äufseren Magne- ten compensiren: Diese Idee ward mit einer Art Drehwage ausgeführt. Um die Länge der Fäden ändern zu können, wurden dieselben am oberen Ende an einer Stange befestigt, die in der Röhre vertikal verschiebbar war; das untere Ende trug einen Wagebalken, wel- cher zur Aufnahme des Magneten die Form einer Rinne hatte und aufserdem mit einem versilberten vertikalen Glasspiegel versehen war. Dieses gegen Erschütterungen möglichst geschützte System konnte durch äufsere magnetische Einflüsse zu Torsionsschwin- gungen angeregt werden. Ein in das Gefäfs der Wage einge- setztes, planparalleles Glas erlaubte die Beobachtung der Aus- schläge durch Skale und Fernrohr. Es wurden Kautschuk- fäden und feine Seiden-, Glas- und Metallfäden der Untersuchung unterworfen. Auf diese Weise hat sich zunächst ergeben, dafs innerhalb der Elongationen von 6° und 2° aus der Gleichgewichtslage, auf welche Gränzen die Beobachtungen beschränkt wurden, die Reihe der Ausschläge sich sehr genau durch eine geometrische Reihe darstellen läfst, ein Gesetz der Abnahme, welches schon Gaufs und Weber für dünne Metall- und Seidenfäden gefunden haben und welches durch des Verfassers Versuche auf Kaut- schukfäden von 17"m Querschnitt ausgedehnt wird. Wenn der Exponent der Reihe, (dessen Logarithmus das logarithmische vom 8. Juli 1869. 545 Decrement ist) aus einer Anzahl beobachteter Ausschläge pas- send hergeleitet und mittelst desselben eine andere Anzahl von Ausschlägen berechnet ward, so hielten sich die Differenzen der beobachteten und berechneten Werthe durchweg innerhalb der Gränzen des möglichen Beobachtungsfehlers, welcher, 1 Ska- lentheil entsprechend, bei den kleinsten Elongationen —4;, bei den grölsten „4; der ganzen Elongation betrug. Danach wird die Bewegung des Systems dargestellt durch die Formel: 2—=.A,ert!.cosni, wo x die Elongation aus der Gleichgewichtslage in Winkelgraden, A die Elongation zur Zeit i = 0, n die Schwingungszahl in der Zeit 2, z eine Gröfse bedeutet, welche für jeden Versuch eine Con- stante ist. In dieser Formel ist die Gröfse e umgekehrt proportional der Zeit, innerhalb welcher die Amplitüde von a auf La redu- eirt wird, also Maafs der Dämpfung. Es setzt ferner jenes Gesetz, wie bekannt, eine dämpfende Kraft voraus proportio- nal und entgegengesetzt der Geschwindigkeit; Maals der däm- pfenden Kraft bezogen auf die Einheit der Geschwindigkeit ist das Product ze. M, wo M das Trägheitsmoment bedeutet. Da nun bei den Versuchen nur die Länge der Fäden geändert ward, der Wagebalken aber nebst Zubehör immer derselbe blieb, so blieb auch das Trägheitsmoment bei allen Versuchen merklich constant. Es kann danach die Gröfse = sowohl als Maafs der Dämpfung, wie als Maafs der dämpfenden Kraft betrachtet werden. Man könnte die relative Grölse der dämpfenden Kraft, auf de- ren Ermittlung die Versuche hinzielen, herleiten, indem man unmit- telbar die Zeit beobachtet, innerhalb deren die Amplitüde von a auf la reducirt wird. Sicherer findet man jene Gröfse aus dem logarithmischen Decrement, nämlich durch Division des- selben durch die Schwingungsdauer. In dieser Weise hat der Verfasser die Bestimmung der Gröfse = ausgeführt. Es war das erste Ziel des Verfassers, die Abhängigkeit der Dämpfung von der Schwingungsdauer aufzusuchen, und wurden zu diesem Zweck zuerst Beobachtungen im lufterfüllten 546 Gesammtsitzung Räume angestellt. Diese Versuche ergaben folgende Resultate: Für Kautschukfäden nimmt im Allgemeinen die Dämpfung mit wachsender Schwingungsdauer bedeutend zu. Nur für den längsten untersuchten Kautschukfaden (von 328"M) tritt für kleine Werthe der Schwingungsdauer keine Zu- nahme mehr ein, sondern sogar eine kleine Abnahme. | Wie dieser längste Kautschukfaden sich für kleine Werthe der Schwingungsdauer verhält, so verhalten sich alle übrigen untersuchten Fäden (feine Seiden-, Glas-, Metallfäden) für alle untersuchten Werthe der Schwingungsdauer, nämlich bei allen zeigt sich eine Abnahme der Dämpfung mit a. Pe gungsdauer. Diese Complication der Erscheinungen konnte davon her- rühren, dafs die beobachtete Gröfse = eine zusammengesetzte war. Die dämpfenden Kräfte, welchen das schwingende System unterliegt, sind nämlich theilweise aufserhalb desselben, im Luft- widerstand, theilweise innerhalb desselben, im Faden gelegen. Es ist also die Gröfse = die Summe zweier ‘Gröfsen, deren eine dem Luftwiderstand, deren andere, welche wir suchen, dem Faden zufällt.e Es schienen nun die erhaltenen Resultate dar- auf hinzudeuten, dafs die beiden Theile, aus denen die Dämpfung zusammengesetzt war, sich im entgegengesetzten Sinne mit der Schwingungsdauer änderten. Diese Vermuthung bestätigte sich, als der Verfasser die Versuche im luftleeren Raume anstellte. Der Versuchsapparat ward dazu in passender Weise umgeän- dert, so dafs in demselben der Luftdruck auf 5"® erniedrigt wer- den konnte und während eines Versuchs um höchstens 2m» stieg. Mit diesem Apparat hat sich ergeben'): | 1. Für alle Fäden nimmt der von dem innern Widerstand herrührende Theil der Dämpfung y mit wachsender Schwingungsdauer r zu. Z. B. ward erhalten: Metall 7 Du 877 0.000 606 SAN Pe 0.000 498 1) Die angewandte Methode, den Luftwiderstand zu eliminiren, ist zwar nach O. E. Meyer (Pogg. 125, Fig. 184. ibid. p. 576 ff.) nicht strenge, genügt aber für den hier verfolgten Zweck. vom 8. Juli 1869. 547 Kautschuk 1 ER 0.000, 843 Be RE 0.000 727. . . Es werden also durch den: innern ‘Widerstand bei glei- cher Fadenlänge die langsameren Schwingungen stär- ker gedämpft, als die rascheren. 2. Der vom Luftwiderstand herrührende Theil der Däm- pfung « nimmt mit wachsender Schwingungsdauer 7 ab. Z. B. ward erhalten: zT [64 8" 7 0.000 309 3 0.000 535 Durch den Luftwiderstand werden also umgekehrt die rascheren ‘Schwingungen stärker gedämpft, als die langsameren. Zu dem 2. Ergebnifs ist zu bemerken, dafs nach Stokes') durch die innere Luftreibung schnellere Schwingungen fester Körper in der Luft stärker gedämpft werden, als langsamere. "In Bezug auf das 1. Ergebnifs erinnert der Verfasser an die Ansicht, welehe W. Weber’) über diejenige Ursache der Abnahme der Schwingungsamplitüden fester Körper aufgestellt hat, die in der Natur der festen Körper selbst begründet ist. W. Weber zeigt, dafs das von ihm entdeckte Phänomen der elastischen Nachwirkung eine Verminderung der Schwingungs- amplitüden herbeiführen mülse. Es ist nun a priori wahrschein- lich, dafs die Nachwirkung einen um so stärkeren Effect äufsern mülse, je langsamer die Schwingungen geschehen; was mit des Verfassers Versuchen, nach welchen langsamere Tor- sionsschwingungen eines Fadens durch den innern Widerstand stärker gedämpft werden, als raschere, im Einklang ist. Es ist im Vorigen nur von der Abhängigkeit der von dem innern Widerstand herrührenden Dämpfung von der Schwin- gungsdauer bei constanter Fadenlänge die Rede gewesen. Um die Abhängigkeit dieser Dämpfung von der Fadenlänge zu er- mitteln, hat man nicht nöthig, den Luftwiderstand zu eliminiren; 1) Transactions of the Cambridge Philos. Society. IX. part. u. ?) Pogg. Ann. 34. 548 Gesammtsitzung denn eine Veränderung der Dämpfung bei Änderung der Fa- denlänge, indem die Schwingungsdauer constant bleibt, kann nur auf Rechnung des Fadens geschrieben werden. Es hat sich nun ergeben, dafs die Dämpfung mit abnehmender Faden- länge zunimmt, d. h. dafs bei gleicher Schwingungsdauer kürzere Fäden eine stärkere Dämpfung hervorbringen, als längere. Wenn man die Schwingungsversuche auf die Schallleitungs- versuche anwenden will, so mufs man die Annahme machen: dafs die von dem innern Widerstand herrührende Dämpfung bei den tönenden Schwingungen fester Körper in demselben Sinne von der Schwingungsdauer und der Grölse der schwin- genden Abtheilungen abhängt, wie es sich für die langsamen Torsionsschwingungen herausgestellt hat. Geht man von dieser Annahme aus, so kann die Ursache davon, dafs die höheren Töne bei der Fortleitung durch feste Conductoren stärker gedämpft werden, als die tieferen, nicht darin liegen, dafs bei den höheren Tönen die Schwingungen rascher geschehen; denn es werden nach den Schwingungsver- suchen grade die langsameren Schwingungen bei gleicher Wellen- länge durch den innern Widerstand stärker gedämpft, als die rascheren. Diese Ursache kann vielmehr nur darin liegen, dafs bei den höheren Tönen kleinere schwingende Abtheilungen (Wellenlängen) gebildet werden; nach den Schwingungsversuchen nämlich wird in kürzeren Wellen (bei gleicher Schwingungs- dauer) eine gröfsere dämpfende Kraft entwickelt, als in län- geren.') Wie bei einem und demselben Körper höhere Töne klei- neren Wellenlängen entsprechen, so entspricht bei zwei verschie- denen Körpern die kleinere Schallgeschwindigkeit bei gleicher !) Es kommt dazu, dafs die zu bewegende Masse einer kleinern schwingenden Abtheilung kleiner ist, als die einer gröfsern, so dafs aus doppeltem Grunde das Verhältnifs der dämpfenden Kraft zu der bewegten Masse, von welcher die Dämpfung abhängt, für die kürze- ren Wellen einen gröfsern Werth hat, als für die längeren. vom 8. Juli 1869. 549 Tonhöhe kleineren Wellenlängen. Es mufs danach von 2 ver- schiedenen Körpern bei gleichem specifischen innerem Wider- stand und unter sonst gleichen Umständen die Dämpfung gleich hoher Töne gröfser sein für den Körper mit der kleineren Schallgeschwindigkeit. | ' Bei den Schwingungsversuchen haben alle angewandten Fäden qualitativ gleiches Verhalten in Bezug auf die Däm- pfung gezeigt; bei den Schallleitungsversuchen hat sich ein Unterschied in dem Verhalten der verschiedenen angewandten Leitungen in so weit ergeben, als nur bei einer beschränkten Anzahl (Kautschukstab, schwach gespanntes Hanfseil, dünner Bleidrath) ein Unterschied in der Dämpfung für die höheren und tieferen Töne hervortrat. Dieses Verhalten könnte davon herrühren, dafs der specifische innere Widerstand für die Kör- per, aus denen die andern Leitungen gebildet waren, einen zu kleinen Werth hatte. Es ist aber wahrscheinlich nur darin begründet, dafs die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen bei den anderen Leitungen eine zu grolse war. Es mufs näm- lich mit wachsender Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen in den Schallleitungsversuchen der Unterschied in der Inten- sität des Schalles an den beiden Enden des Leiters aus dop- peltem Grunde abnehmen: erstens nach dem oben Gesagten deshalb, weil mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit die Wel- lenlängen wachsen, zweitens deshalb, weil mit wachsender Fortpflanzungsgeschwindigkeit bei gleicher Länge der Schall leitenden Strecke die Wirkungszeit der dämpfenden Einflüsse abnimmt. # An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: ” General-Bericht über die Europäische Gradmessung für das Jahr 1868. Berlin 1869. 4. Wissenschaftliche Begründung der Berechnungsmethoden des Central- büreaus der Europäischen Gradmessung. Berlin 1869. 4. Archiv für österreichische Geschichte. 40. Bd. 1. Hälfte. Wien 1868. 8. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.- 550 ‚Gesammtsitzung naturw. Klasse, April— Juni.1868. Philos.-hist. Klasse, April — Juni,1868. 8. | A Fontes rerum austriacarum. XXVII, 2. Wien 1868. 8. Dreizehnter Bericht der ÖOberhessischen Gesellschaft für Nakın. und Heilkunde. Giessen 1869. 8. Publicationen der Astronomischen Gesellschaft in Leipzig. IX. ers zig 1869. 4. Annales des mines. Tome XV. Livr. 1. Paris 1869. 8. Rendiconto dell’ Accademia di scienze di: Napoli. Napoli, Jan. — Mai 1869. 8. Kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter. Hist. Afd. :IIL, 2. IV, 3. Math. Afd.. VIII, 2. . Kjobnhavn 1869. 4. luxcı Jornal de sciencias mathematicas. no. 6. ' Lisboa 1869. 8. De Wajangverhalen van Pälä-Särd, Pandoe en Raden Pandhi, door .- ‚Roorda. Gravenhage 1869. 8. hi Par Catore, Flora italiana. IV, 1. Firenze 1868. 8. Publikationen der Kaiserl. Universität in Petersburg vom Jahr 1869. Petersburg 1869. 5 Hefte. 8. Mit Tauschantrag v. 27. Mai 1869. J. A. H. de Caligny, Memoires inedito sur la milice des Romains. Turin 1868. 8. Nebst einigen andern Broschüren. Mit Begleit- schreiben des Verf. d. d. Versailles 26. Juni 1869. 15. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. A. W. Hofmann trug folgende Untersuchungen vor: 1. Über das Naphtalinroth. Von den zahlreichen Anläufen, welche gemacht worden sind, um die amidirten Abkömmlinge des Naphtalins für die Zwecke der tinetorialen Industrien zu verwerthen, haben nur wenige zu einem befriedigenden Ziele geführt. Die einzige Naphtalinfarbe, welche als industrielles Product auf der letzten Pariser Ausstellung figurirte, war das schöne von Hrn. Dr. Martius entdeckte Naphtalingelb, das Dinitronaphtol, dessen Anwendungen seit jener Zeit noch wesentlich zuge- nommen haben. Im Laufe des verflossenen Jahres ist indessen ein neuer, von: dem Naphtalin abstammender. Farbstoff, das Naphtalinroth, aufgetaucht, welcher bereits die Aufmerk- samkeit der Chemiker auf sich gezogen hat. vom 15. Juli 1869. 551 ‘Ich. verdanke meinem Freunde Hrn. Scheurer-Kestner in Thann eine schöne Probe dieses merkwürdigen Körpers, welcher, als er in meinen Besitz ' gelangte, bereits als eine nahezu chemisch reine Verbindung angesehen werden konnte. Wenn .daher ‘dem im. Folgenden beschriebenen Versuche die Zusammensetzung; des Naphtalinroths. festzustellen irgend ein Verdienst beiwohnt,. so. gehört. dies eigentlich meinem Freunde an, der. den Farbstoff dargestellt und gereinigt hat und in dessen Händen die weitere Erforschung desselben zu einem schnellen und sicheren Absehlufs gekommen sein. würde,: wenn nicht wichtigere Untersuchungen ihn. verhindert hätten, dem Gegen- stande im ‚Augenblicke ungetheilte Aufmerksamkeit zu widmen. Da die Analyse des neuen Farbstoffes gleichwohl auch für die Fabrikation willkommene Aufschlüsse zu liefern versprach, so bat mir Hr. Scheurer-Kestner mit dankenswerther Libera- lität das werthvolle Material für die Ausführung dieser Arbeit zur Verfügung stellen wollen. Das bei der Darstellung des Naphtalinroths eingehältene Verfahren ist, wie mir Hr. Scheurer-Kestner mittheilt, von Hrn. Schiendl in Wien angegeben worden. Die ersten Ver- suche, den Farbstoff im Grofsen zu erzeugen, wurden: von Hrn. Durand in den Werkstätten des Hrn. Clavel in Basel ausgeführt. Von diesen Versuchen. datirt: die industrielle Ge- winnung. | Das Naphtalinroth wird bereits von verschiedener: Seite in. den Handel gebracht. In der Schweiz beschäftigt sich Hr. Clavel in Basel mit der Fabrikation des Naphta- linroths. In Frankreich ist es zumal das berühmte Haus Charles Kestner in Thann, welches diese neue Industrie aufgenommen hat, und zwar nicht. nur die Gewinnung des Farbstoffs selbst, sondern auch die Darstellung des für das Naphtalinroth als Rohmaterial dienenden Naphtylamins. In den Werkstätten dieser Fabrik sind bereits viele Tausende von Kilogrammen Naphtalin in Naphtylamin verwandelt: worden. In England endlich, wo man den Naphtalin-Farbstoff zu Ehren des abyssinischen Feldzugs mit dem Namen Magda- laroth bezeichnet hat, sind es die Herren Brooke, Simpson und Spiller, Nachfolger der Firma Nicholson und Maule 552 Gesammtsitzung in London, welche der neuen Fabrikation ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Über die industrielle Zukunft des Naphtalinroths läfst sich im Augenblick noch nicht viel sagen; an Färbekraft steht er den Anilinfarben nicht nach, übertrifft dieselben aber durch seine bemerkenswerthe Beständigkeit. Leider verliert das Naphtalin- roth in den dunkeln Tönen allen Glanz, es wird daher auch ausschliefslich für helle Tinten verwendet, und deshalb ist der Verbrauch bis jetzt ein sehr mäfsiger gewesen. Das mir von Hrn. Scheurer-Kestner übersendete Prä- parat stellt ein schwarzbraunes, undeutlich krystallinisches Pulver dar. Wenige Versuche waren hinreichend, um in der Behandlung desselben mit Alkohol den Weg zu erkennen, auf welchem eine für die Analyse geeignete Substanz zu erhalten war. Löst man das schwarzbraune Pulver in siedendem Alkohol, so erhält man eine tiefrothe Lösung, aus der sich beim Erkalten nur wenig absetz. Beim Abdampfen aber erscheinen hübsche nadelförmige Krystalle von grüner Farbe und metallischem Glanze. Diese Krystalle sind das Chlorid einer Base; beim Übergiefsen mit concentrirter Schwefelsäure entwickeln sich Ströme von Chlorwasserstoffsäure. Nach zwei bis dreimaligem Umkrystallisiren der Verbindung aus Alkohol zeigte sich der Chlorgehalt constant; dieselbe konnte deshalb als eine chemisch reine Substanz betrachtet werden. Die Krystalle lösen sich wenig in kaltem, reichlicher in heilsem Wasser, allein die Lösung krystallisirt nicht; sie sind unlöslich in Aether; aus der alkoholischen Lösung wird der Farbstoff durch Aether als ein braunes kaum krystallinisches Pulver gefällt. Die alkoholische Lösung des Chlorids zeigt ein sehr charak- teristisches Verhalten, durch welche das Naphtalinroth alsbald von allen Anilinfarben zu unterscheiden ist. Gielst man einige Tropfen einer concentrirten Lösung des Farbstoffs in einen mit ‚Alkohol gefüllten Cylinder, so glaubt man, wenn die Flüssig- keit im reflectirten Lichte betrachtet wird, die Bildung eines Niederschlags zu beobachten, welcher sich in feuerrothen Wol- ken durch die Flüssigkeit verbreitet. Betrachtet man aber die Erscheinung im durchfallenden Lichte, so ergiebt es sich, dafs man es mit einer vollkommen durchsichtigen, licht-rosenroth vom 15. Juli 1869. 553 gefärbten Flüssigkeit zu thun hat, und dafs der vermeintliche Niederschlag auf einer Fluorescenz beruht, welche verdünnte Naphtalinrothlösungen in ganz bemerkenswerther Weise zeigen, und welche zumal im directen Sonnenlichte einen überraschen- den Anblick gewährt. Hält man eine verdünnte Lösung von Naphtalinroth in Alkohol gegen einen dunklen Hintergrund, so glaubt man eine frische: Fällung von Schwefelantimon oder Quecksilberjodid vor sich zu haben. Die auf dem angedeuteten Wege dargestellte Chlorverbin- dung besitzt einen hohen Grad von Beständigkeit; man kann sie mit Ammoniak und selbst mit Natriumhydrat zum Sieden erhitzen, ohne dafs ihr das Chlor entzogen würde; es bedarf in der That einer längeren Digestion mit Silberoxyd um die Base in Freiheit zu setzen. Vielleicht beruht die Ächtheit der Farbe gerade auf dieser Beständigkeit der Salze. Da ich später in einer ausführlicheren Abhandlung auf das Naphtalinroth zurückzukommen denke, so will ich der Akade- mie heute nur das Ergebnifs der Analysen mittheilen, welche ich mit dem neuen Farbstoff angestellt habe. Diese Analysen, bei deren Ausführung ich von Hrn. Dr. J. H. Buff und von Hrn. Karl Sarnow mit grofsem Ge- schiek unterstützt worden bin, betreffen zunächst das Chlo- rid, dann ein aus dem Chloride dargestelltes Platinsalz, endlich ein von dem Chloride abgeleitetes Picrat. Die Zusammensetzung des bei 100° getrockneten Chlorids ist: C,H, N;0Cl= C,,H;,,N;, HC1,H,O Das Platinsalz, ebenfalls bei 100° getrocknet, enthält: CoHsN,0,PtCl, = 2(C,,H3ı N; HCl), PtC1,,2H,O Endlich ist die Formel des bei 100° getrockneten pierin- sauren Salzes: 0,,H,,N,0,; = C,,H;,N;, C,H, (N0,),0 ,H,0 Sämmtliche Salze halten also bei 100° Wasser zurück, und für den Augenblick mufs ich es unentschieden lassen, ob sie bei höherer Temperatur wasserfrei zu erhalten sind. Im Hinblick auf diese Ergebnisse wird es mehr als wahrscheinlich, dafs auch die freie Base, die ich bis jetzt im reinen Zustande 554 Gesammtsitzung nicht habe erhalten können, wie das Rosanilin, ein Wassermo- lecul zurückhält, mithin durch .die Formel | 0,H,N,0= (0,H,,N,,H,0 ausgedrückt ist. | Wie dem aber auch sei, die Bildung des Naphtalinroths erfolgt offenbar in einer Reaction, welche derjenigen, in welcher das Rosanilin entsteht, sehr ähnlich ist. Denkt man sich von 3 Mol. Naphtylamin 3 Wasserstoffmolecule abgespalten, so hat man den neuen Farbstoff | 30.H,N— 3HH = C,„H,,N, Die Gleichung; stellt aber nur das einfache Verhältnifs des Farbstoffs zu dem Materiale dar, aus dem er’ sich bildet.‘ Die wirkliche Umbildung findet in minder einfacher Weise statt. Schon oben wurde der Verdienste gedacht, welche sich Hr. Durand vom Hause Clavel in Basel um die fabrikmäfsige Darstellung des Naphtalinroths erworben hat. Während ich mit diesen Untersuchungen beschäftigt war, hat: mir Hr. Durand mit grolsem Freimuthe einige Mittbeilungen über die Gewinnung dieses Farbstoffs gemacht, die ich früher nur in sehr unvoll- kommener Weise kannte. Nach diesen Mittheilungen wird’ das Naphtalinroth in zwei gesonderten aufeinander folgenden Pro- cessen gebildet. Zunächst wird ‚das Naphtylamin unter ge- eigneten Bedingungen der Einwirkung der salpetrigen Säure ausgesetzt, alsdann wird das in dem ersten Processe gebildete Product mit Naphtylamin behandelt. Hr.. Durand hat die Güte gehabt, mir eine Probe des in der ersten Phase der Um- wandlung gebildeten Productes mitzutheilen. Wenige, Ver- suche waren hinreichend, mich in dem übersendeten Körper das Azodinaphtyldiamin der HH. Perkin und Church') erkennen zu lassen, welches durch die Einwirkung der salpe- trigen Säure auf das Naphtylamin entsteht. Bei der Behand- lung mit Naphtylamin geht dieser Körper in Naphtalinroth über. Die Genesis des Naphtalinroths vollendet sich demnach in zwei scharf definirten Reactionen: 1) Perkin und Church, Chem. Soc. Qu. J. XVI. 207. vom 15. Juli 1869. 555 L 2C,.H,N —- HNO, = C,H;,;N;, + 2H,0 Naphtylamin Azodinaphtyldiamin MH. C„H,;N; + C,H, N = C5,H,N; + H;,N. f | — mussen Sumenzur=" Azodinaphtyldiamin Naphtalinroth Dafs sich in der letzten Phase der Reaction in der That Ammoniak in reichlicher Menge entwickelt, läfst sich durch den Versuch leicht constatiren. Die hier zu Tage tretenden Verhältnisse sind für die Theorie der Farbammoniake von nicht geringem Interesse. Zu- nächst liegt der Gedanke nahe, auf das Azodinaphtyldiamin statt Naphtylamin Anilin und Toluidin einwirken zu lassen. Es müssen auf diese Weise gemischte Farbstoffe, dem Rosani- lin noch näher stehend als das Naphtalinroth, welche gleich- zeitig der Naphtylreihe und beziehungsweise der Phenyl- und Tolylreihe angehören, gebildet werden. Ich habe diese Ver- suche angestellt und mit Vergnügen unter Ammoniakausschei- dung die Bildung von rothen Farbstoffen beobachtet, welche offenbar beziehungsweise die Zusammensetzung C,;H,N; und C,H,,N; haben müssen. Beide Substanzen zeigen in alkoholischer Lö- sung dieselben bemerkenswerthen Fluorescenzerscheinungen, welche das Naphtalinroth bezeichnen. Ich hoffe, gelegentlich auf diese Producte zurückkommen. Allein die Reaction liefse sich noch nach einer andern Richtung ausbeuten. Statt Naphtylamin, Anilin und Toluidin auf Azodinaphtyldiamin einwirken zu lassen, könnte man um- - gekehrt die Azodiamine der Phenyl- und Toluylreihe, sei es mit Naphtylamin, Toluidin oder Anilin, behandeln. Es liegen - sogar schon einige Beobachtungen vor, die ' eine einfache - Deutung erlauben. In ihrer keiten Abhandlung über das Amidodi- ‚phenylimid erwähnen die HH. Martius und Griefs!) am "Schlusse eines blauen Farbstoffes, welcher sich beim Erhitzen | des Amidodiphenylimids (Azodiphenyldiamins) mit chlorwasser- 2er oder salpetersaurem Anilin bildet. Es läfst sich 1) Martius und Grie(s, Monatsberichte d. Akademie. 1865. 640, [1869.] 41 556 Gesammtsitzung nicht bezweifeln, dafs dieser: Körper zu dem Anilin in dersel- ben Beziehung steht, wie das Naphtalinroth zu dem Naphtyla- min, dafs er in der That mit dem von den HH. Girard, De Laire und Chapoteaud beschriebenen Violanilin identisch ist. Seine Bildung wäre der des Naphtalinroths vollkommen analog: I. 2C,H,N ING, = I. 20,H,N + HNO, C;H,N;, + 2H,O Anilin Azodiphenyldiamin : HN= ; U. C HN; + 6GHN= C,H,N; + H,N Azodinaphtylamin Violanilin Von Hrn. Martius, der sich in neuester Zeit wieder mit diesem Farbstoff beschäftigt hat, erfahre ich, dafs sich in der That in der zweiten Phase des Processes reichliche Mengen von Ammoniak entwickeln. Die Analyse des blauen Farbstoffs wird die Frage schnell zur Entscheidung bringen, Es bliebe noch ein interessanter Versuch anzustellen. Man müfste das Azoditolyldiamin erzeugen und auf diese Verbin- | dung Anilin einwirken lassen. Verliefe die Reaction in dem aus den oben beschriebenen: Versuchen erschliefsbaren Sinne, so würde sich Rosanilin erzeugen. Allein das Azoditolyldiamin muls erst noch aufgefunden werden. Man kennt allerdings einen gleichfalls von Hrn. Martius') entdeckten Körper C,H,,N;, allein diese Verbindung, welche bekanntlich das wahre Analo- gon des Azodiphenyldiamins und des Azodinaphtyldiamin$ nicht ist, liefert bei der Behandlung mit Monaminen keine Farbstoffe. 2. Über das Xylidinroth. Die im Vorstehenden beschriebenen Versuche über das Naphtalinroth haben mich lebhaft an die ersten Untersuchun- gen erinnert, aus denen ich die Zusammensetzung des Rosa- nilins ableitete.. Das Naphtalinroth wie das Anilinroth ent- stammt 3 Mol. Monamin, welche eine gewisse Anzahl von Wasserstoffmoleculen verloren haben, nur gehören diese 3 Mole- 1!) Martius, Monatsberichte der Akademie. 1866. 171. vom 15. Juli 1869. 557 cule nicht verschiedenen Reihen, wie bei dem Rosanilin, sondern derselben Reihe an. Die Bildung solcher höher gegliederten Farbammoniake durch Verschmelzen dreier Monaminmolecule scheint demnach wirklich eine allgemeine zu sein, wie dies auch schon aus den Versuchen der Hrn. Girard, de Laire und Chapoteaud hervorgeht. Leider sind die von den letzt- genannten Chemikern erhaltenen Farbebasen noch nicht ge- nauer untersucht worden; sie weichen jedoch, namentlich was Färbekraft und Farbeton anlangt, von dem Rosanilin so we- sentlich ab, dafs es wünschenswerth erschien, ein dem Rosanilin möglichst analog construirtes Farbammoniak darzustellen und zu untersuchen. Et Eine erwünschte Gelegenhelt zu dieser Untersuchung bot sich mir in dem Besitze einer gröfseren Menge von Xylidin, welche ich der Güte meines Freundes, des Hrn. Dr. Martius verdanke. Von der chemischen Reinheit des Präparates, wel- ches constant bei 112° siedete, hatte ich mich mehrfach durch die Analyse überzeugt. Für sich mit Oxydationsmitteln be- handelt, liefert das Xylidin keinen rothen Farbstoff, ebenso wenig, wenn dasselbe in Gegenwart von Toluidin der Ein- wirkung der gewöhnlichen, bei der Darstellung des Rosanilins verwendeten Agentien unterworfen wird. Ganz anders gestaltet sich der Versuch, wenn man eine Mischung von reinem Xylidin und reinem Anilin (welches für sich keinen rothen Farbstoff erzeugt) mit einem der die Bildung von Rosanilin bedingenden Agentien zum Sieden er- hitzt. Augenblicklich nimmt die Mischung eine prachtvolle gesättigt karmoisinrothe Färbung an, welche einem dem Ro: sanilin homologen Farbstoff angehört. Das neue aus Anilin und Xylidin gebildete Farbammoniak, welches Wolle und Seide - kaum weniger lebhaft roth färbt, als Rosanilin selbst, hat. wahrscheinlich die Zusammensetzung: Eine eingehende Untersuchung dieses Farbstoffs, dem man ein gewisses theoretisches Interesse nicht wird absprechen wollen, hoffe ich der Akademie in einer späteren Sitzung mit- theilen zu können. 41* 558 Gesammtsitzung Hier werde nur noch erwähnt, dafs sich bei der Behand- lung einer Mischung von Anilin mit dem dem Toluidin iso- meren Benzylamin kein Farbstoff erhalten läfst. 3. Zur Kenntnifs der isomeren Xylidine. (Gemeinschaftlich mit Dr. C. A. Martius.) Aus einer eingehenderen Untersuchung über die Natur der farbeerzeugenden aromatischen Basen, welche wir gemeinschaft- lich unternommen haben, theilen wir der Akademie schon heute ein Ergebnifs mit, welches uns nicht ohne Interesse scheint. Wir haben, indem wir die höher siedenden Anilinöle des Han- dels im grolsen Maafsstabe einer fractionirten Destillation, und die einzelnen Fractionen in der Form von Salzen weiteren Scheidungsprocessen unterwarfen, eine Reihe von Producten erhalten, von denen sich einige bereits als chemisch reine Körper charakterisiren. Unter diesen befindet sich zumal eine nicht unerhebliche Menge von völlig reinem, constant bei 212° siedendem Xylidin, welches, wie der Eine von uns in einer der Akademie gleich- zeitig vorliegenden Note!) bereits berichtet hat, weder für sich allein noch mit Toluidin gemischt bei der Behandlung mit den gewöhnlichen Oxydationsmitteln rothen Farbstoff liefert, sich aber unter Mitwirkung von reinem Anilin alsbald in ein pracht- volles Carmoisin verwandelt. j Was ist die chemische Structur dieses farbegebenden Xy- lidins? Indem wir die weiter abliegende Frage nach Isomerien feinster Zuspitzung zunächst unberücksichtigt liefsen, schien es vor allem interessant zu erfahren, ob die farbegebende Base von einem dimethylirten oder äthylirten Benzol abstamme, ob sie als C,H; (CH3;), C,H, (C,H,) H N oder H N H H betrachtet werden müsse, 1) Hofmann, Monatsberichte 1869. 556. vom 15. Juli 1869. 559 Wir haben diese Frage in der Art zu lösen gesucht, dafs wir das Xylidin statt es aus den höher siedenden Anilinen _ darzustellen, von dem Benzol ausgehend aufgebaut haben. Zu dem Ende wurde das Benzol äthylirt, das äthylirte Benzol nitrirt und das Äthylnitrobenzol amidirt. Die so erhaltene Base besitzt einen eigenthümlichen an das aus dem Indigo dargestellte Anilin erinnernden Geruch, sie siedet constant bei 212°. Durch die Analyse wurde festgestellt, dafs die auf die angegebene Weise gewonnene Base dieselbe Zusammensetzung hat, wie die aus den hochsiedenden Anilinen abgeschiedene. Sie ist aber trotz der übereinstimmenden Siedepunkte weit entfernt mit der letzteren, also der aus dem Kohlentheeröl abstammenden, identisch zu sein. Sie unterscheidet sich von derselben alsbald durch die ungleich gröfsere Löslichkeit aller ihrer Salze: aber mehr noch, sie liefert bei der Behandlung mit Oxydationsmitteln sowohl für sich als auch in Gegenwart von Toluidin und endlich von Anilin nicht die geringste Spur von rothem Farbstoff. Wenn nun die beschriebenen Versuche feststellen, dafs eine thatsächlich die Äthylgruppe enthaltende Base C,H,N zur Rothbildung nicht geeignet ist, läfst sich die Ansicht recht- fertigen, dafs die Roth liefernde Base die zweifach methylirte Verbindung darstelle? Diese Ansicht hat grofse Wahrschein- lichkeit, wir beabsichtigen aber, die Frage auf dem Wege des Versuches zur Entscheidung zu bringen. N Zum Schlusse wollen wir noch anführen, dafs das aus . Cuminsäure bereitete Cumidin C,H, N weder für sich noch mit Anilin zusammen oxydirt einen rothen Farbstoff erzeugt. Die Darstellung der in den hochsiedenden Anilinen existirenden isomeren Base im Zustande absoluter Reinheit ist uns bis jetzt nicht gelungen. 4. Zur Kenntnifs des Chrysanilins. Angesichts der wunderbaren Veränderungen, welche das Rosanilin als Farbstoff erleidet, wenn sich seinem Wasserstoff 560 Gesammtsitzung die Alkoholgruppen substituiren, lag der Gedanke nahe, auch andere Farbammoniake in der angedeuteten Richtung zu erfor- schen. Ich habe mich zunächst in diesem Sinne mit dem Chrysanilin beschäftigt, und es schien diese Wahl um so mehr geboten, als eine Untersuchung der Metamorphosen des Chry- sanilins weitere Aufschlüsse über die Natur dieses immer noch wenig gekannten Körpers versprach. Wird eine Auflösung von reinem Chrysanilin (1 Mol.) in Methylalkohol mit Jodmethyl (4 Mol.) 5 bis 6 Stunden lang im Wasserbade erhitzt, so zeigt sich in den Digestionsröhren eine reichliche Krystallisation von glänzenden Nadeln. Ihre Reinigung bietet keine Schwierigkeit. Der Methylalkohol mit etwa noch unverändertem Jodmethyl wird abgegossen, und der krystallinische Rückstand ein oder zweimal mit siedendem Al- kohol behandelt, in dem er nahezu unlöslich ist. Löst man die so gereinigten Krystalle in siedendem Wasser, so schiefsen beim Erkalten prachtvolle Nadeln von einer zwischen Orange- gelb und Carmoisinroth liegenden Farbe an, welche voll- kommen rein sind. Bei 100° getrocknet enthalten diese Kry- stalle = 0,H,N,L,—= (,H,,(CH;), N;, 2HI stellen also das Dijodhydrat des Trimethylchrysanilins dar. Die Lösung dieses Salzes färbt Seide und Wolle tief orangegelb mit einem Stich ins Scharlachrothe. a Wird die heifsgesättigte wässrige Lösung des Dijodhy- drates mit einem Überschuls von Ammoniak versetzt, so nimmt sie eine lichtgelbe Färbung an und beim Erkalten der Flüssig- keit scheiden sich verfilzte gelbe Nadeln aus. Es war kaum zu bezweifeln, dafs hier ein Monojodhydrat vorlag; denn als die Flüssigkeit längere Zeit zum Sieden erhitzt wurde, färbte sie sich unter fortwährender Ammoniakentwicklung wieder tief orangeroth und lieferte beim Erkalten von neuem das ursprüng- ‚liche zweifach jodwasserstoffsaure Salz. Als die gelben Nadeln analysirt wurden, zeigte es sich in der That, dafs sie das Monojodhydrat des Trimethylchrysanilin 0, H, N; I= 0, H,(CH;), N, HI darstellen. Die bei der Jodbestimmung der beiden Salze er- vom 15. Juli 1869. 561 haltenen Mütterlaugen wurden, eine jede für sich, zur Entfer- nung des Silbernitrats mit Chlorwasserstoffsäure versetzt und mit Platinchlorid niedergeschlagen. In beiden Fällen entstand dasselbe in schönen verfilzten Nadeln krystallisirende Platinsalz C,, H,, N, PtCl, = C,,H,, (CH,), N, 2HCl, Pt Cl,. Erwärmt man die Lösung einer der Jodverbindungen mit Sil- beroxyd, so wird die Base in Freiheit gesetzt. Sie stellt ein braungelbes Pulver dar, welches wie das normale Chrysanilin in Wasser unlöslich ist, sich dagegen in Alkohol auflöst; in Krystallen habe ich die Base eben so wenig wie das Chrysa- nilin selbst erhalten können. Ä Das so gewonnene Trimethylchrysanilin bildet mit den Säuren wohlkrystallisirte Salze, die aber meist sehr löslich sind, so das chlorwasserstoffsaure und bromwasserstoffsaure. Das Nitrat dagegen ebenso wie das Picrat sind schwer lös- lich, wie die entsprechenden Chrysanilinverbindungen. Beide sie durch ihre Schönheit ausgezeichnet." ) ’ Gegen Jodäthyl verhält sich das Chrysanilin wie gegen Jodmethyl.e. Die Krystalle, welche sich nach mehrstündiger Digestion einer alkoholischen Lösung von Chrysanilin mit Jodäthyl abgesetzt hatten, wurden auf einem Filter gesammelt und aus siedendem Wasser umkrystallisirt. ‘Diese Krystalle sind das Dijodhydrat des Triäthylchrysanilins, welche dem methylirten Jodhydrat in jeder Beziehung gleichen. Bei 100° getrocknet enthalten sie !) Ich will hier erwähnen, dafs gelegentlich der Darstellung der oben angeführten pierinsauren Verbindung auch die Picrate des Chrys- anilins selber näher untersucht worden sind. Es giebt deren zwei, von denen das Dipierat das -schwerer lösliche und am schönsten kry- stallisirende ist. Man erhält es, wenn man ein Chrysanilinsalz mit einer Lösung von Picrinsäure in Wasser fällt, den Niederschlag auswäscht und in Alkohol löst. WVermischt man die kaltgesättigte Lösung des Salzes mit einer kaltgesättigten Lösung von Picrinsäure in Alkohol, so schiefsen nach längerem Stehem prächtige rubinrothe Nadeln des Dipi- crats an. Bei 100° hält das Salz 1 Mol. Wasser zurück. Bei 110° ge- trocknet wird es wasserfrei. Seine Zusammensetzung ist 032 H,; N, 014 = C30 Hı, Na, [C; Hz, (N 0,), O],. 562 Gesammtsitzung GC; Haı N 1, = Cy Hy, (C; H,), N, 2HI. | Unter dem Recipienten der Luftpumpe getrocknet, hält das Salz Wasser zurück, und zwar 3 Mol. Wasser auf 2 Mol. Salz. Das dem Dijodhydrate entsprechende Chlorhydrat giebt mit Platinchlorid einen in Nadeln krystallisirenden Nieder- schlag, welcher in Wasser nur wenig löslich ist. Seine Zu- sammensetzung ist | C,H; N; PtCl, = C,H, (C5 H,), N, 2H Cl, PtCl,.. Ich habe auch das jodwasserstoffsaure Salz der triamy- lirten Verbindung krystallisirt erhalten, bis jetzt ist dieses Salz aber noch nicht analysirt worden. | Schliefslich will ich noch bemerken, dafs auch die pheny- lirten Abkömmlinge des Chrysanilins existiren. Mit einem Überschufs von Anilin und Essigsäure, bis zum Siedepunkt des ersteren erhitzt, entwickelt das Chrysanilin Ströme von Ammoniak. Es entsteht eine tief braune Lösung, aus welcher man nach Zusatz von Alkali das Anilin mittelst Wasserdampf entfernt. Aus dem braunen Rückstande läfst sich ein tief- braunes Chlorhydrat darstellen, welches in vierseitigen Tafeln krystallisirt. Dasselbe ist bis jetzt nicht analysirt worden. Über die Herkunft und Bildungsweise des Chrysanilins ist noch immer ein unerquickliches Dunkel verbreitet. Alle Versuche, diesen Körper in einer einfachen glatten Reaction zu erhalten, sind bis jetzt fehlgeschlagen. Seit meiner ersten Arbeit über das Chrysanilin haben die Hrn. Girard, de Laire und Chapoteaud Versuche über die bei der Rosanilinfabrika- tion als Nebenproducte auftretenden Farbstoffe veröffentlicht und neben andern unter dem Namen Chrysotoluidin einen Körper beschrieben, welcher in seinen Eigenschaften eine ge- _ wisse Ähnlichkeit mit dem Chrysanilin zeig. Wie das Ro- sanilin aus 2 Mol. Toluidin und 1 Mol. Anilin entseht, soll das .Chrysotoluidin aus 3 Mol. Toluidin gebildet, mithin durch die Formel | C,H, N; dargestellt werden, während die für das Chrysanilin geltende Formel 0,H,N; vom 15. Juli 1869. 563 ist. Der Gedanke lag nahe, Chrysanilin und Chrysotoluidin für identisch zu halten. In der That weichen beide Substanzen in ihrer Zusammensetzung kaum um ein viertel Procent Koh- lenstoff, wohl aber um ein ganzes Procent Wasserstoff von . einander ab, so dafs sich meine für das Chrysanilin gefundenen Versuchszahlen nicht wohl mit den von der Chrysotoluidin- formel verlangten Werthen in Einklang bringen lassen. Die Frage wird aber kaum durch die Analyse allein entschieden werden können, vielmehr durch eine genaue Ver- gleichung der beiden Substanzen zu lösen sein. Von der Pariser Ausstellung her stand mir noch eine kleine Menge Chrysotoluidin zur Verfügung; aus diesem Präparate habe ich mich indessen vergeblich bemüht, das schöne so charakteri- stische Nitrat darzustellen, durch welches das Chrysanilin aus- gezeichnet ist. Dieser Mangel an Erfolg kann aber von der unvollkommnen Reinheit des angewendeten Chrysotoluidins her- rühren, und die Frage, ob beide Substanzen, das Chrysanilin und das Chrysotoluidin, identisch sind, dürfte vor der Hand noch eine offene bleiben müssen. | Schliefslich ist es mir eine angenehme Pflicht, Hrn. Dr. Sell und Hrn. Julius Jarmay für die mir bei Anstellung dieser Versuche geleistete Hülfe meinen Dank auszusprechen. 5. Über die chemische Natur des Anilingrüns. (Gemeinschaftlich mit Charles Girard.) Die Fabrikation der Anilinfarben, obwohl noch so neuen Ursprungs, hat sich gleichwohl schon nach so mannigfaltigen Richtungen verzweigt, dafs die Wissenschaft nur mühsam und aus der Ferne allen den zahlreichen Entdeckungen folgt, welche sich auf diesem grofsen Industrie-Gebiete alltäglich vollenden. Wenn es den Untersuchungen der Chemiker bisher gelungen war, Schritt für Schritt Zusammensetzung und Bildungsweise des Anilinroths und seiner blauen und violetten Abkömmlinge aufzuklären, so hatte man sich bis jetzt vergeblich bemüht, _ auch die Natur der prachtvollen grünen Farbstoffe zu ermitteln, mit denen die Reihe der aus der Steinkohle abstammenden 564 Gesammisitzung tinetorialen Körper durch die Ausdauer und den Erfindungs- geist der Fabrikanten in letzter Zeit bereichert worden ist. Wir haben uns im Laufe des verflossenen Jahres vielfach mit dem grünen Farbstoffe beschäftigt, welcher in dem Handel unter dem Namen Jodgrün geht und dessen industrielle Ver- werthung schnell einen aufserordentlichen Aufschwung genom- men hat. Wir wollen heute der Akademie etwas ausführlicher die Ergebnisse mittheilen, zu denen uns die Untersuchung die- ses merkwürdigen Körpers geführt hat. Der mit dem Namen Jodgrün (vert & l’iode) bezeichnete Färbekörper entsteht als Nebenproduct in der Fabrikation der durch Methylirung und Äthylirung aus dem Rosanilin gebil- deten violetten Farbstoffe, welche der Eine!) von uns vor etwa sechs Jahren in die Industrie eingeführt hat. Es ist zu- mal bei der Darstellung des Methylvioletts, dafs das Jodgrün gebildet wird. Die erste Beobachtung des Jodgrüns geht bis zur Entdeckung der methylirten Violette zurück, allein sie be- schränkte sich damals auf die Wahrnehmung der grünen Um- randung, mit welcher sich ein violetter Fleck umzieht, wenn man einen Tropfen des Rohproductes der Wechselwirkung zwischen Jodmethyl und Rosanilin auf Fliefspapier fallen läfst. Alle Versuche, diesen grünen Farbstoff zu isoliren, sind frucht- los geblieben, so lange man im kleinen Mafsstabe arbeitete, und es war wiederum der Industrie, die schon so oft den Fort- schritt der Wissenschaft beschleunigt hat, vorbehalten, eine ge- nauere Kenntnils des neuen Körpers anzubahnen, indem es ihr gelang, zunächst das Grün von dem Violett zu trennen, dann aber die Bedingungen seiner Bildung soweit zu ermitteln, dafs man an seine Verwerthung in der Färberei denken konnte. Schon im Laufe des Jahres 1866 war das Jodgrün Gegen- stand einer regelmälsigen Fabrikation im Grofsen geworden, welche seitdem eine aufserordentliche Ausdehnung gewonnen hat. Fabrikation des Jodgrüns. Zum bessern Verständnifs des Folgenden wird es zweck- mäfsig sein, einige Worte über die Fabrikation des Jodgrüns vorauszuschicken. !) Hofmann, Proc. of the R. Soc. Vol. XIH. p. 13. vom 15. Juli 1869. 565 Die Agentien, welche in der Regel in Anwendung kom- men, sind Rosanilin- Acetat, Jodmethyl und Methylalkohol, sämmtlich im Zustande völliger Reinheit. Die Mischungsver- hältnisse wechseln innerhalb beträchtlicher Grenzeu. Die fol- genden liefern ein befriedigendes Resultat: ] Th. Rosanilin- Acetat, 2 Th. Jodmethyl, 2 Th. Methylalkohol. Man kann das Jodmethyl durch eine äquivalente Mengä Brommethyl (1,3 Th.) ersetzen; in der Fabrikation giebt man aber dem Jodmethyl den Vorzug.') Die Reaction erfolgt in grofsen Autoclaven von emaillirtem Schmiede- oder Gufseisen, welche einem Druck von 25 Atmo- sphären zu widerstehen im Stande sind. Diese Apparate sind von einer Wärmehülle umgeben, in welcher 8 bis 10 Stunden lang ein Strom siedenden Wassers circulirt. Nach Ablauf die- ser Zeit ist die Operation beendet und man lälst den Autoclaven erkalten. Derselbe enthält nunmehr in Methylalkohol gelöst ein Gemenge violetter und grüner Farbstoffe, aufserdem hat 1) Wenn man die niedrigen Preise bedenkt, auf welche das Brom durch die grofsartige Bromfabrikation aus den Stafsfurter Abraumsalzen herabgesunken ist, wenn man ferner das kleinere Äquivalent des Broms in Erwägung zieht, so ist es befremdlich, dafs die Industrie noch keine gröfseren Anstrengungen gemacht hat, das Jod in der Farbenfabrikation durch das Brom zu ersetzen. Unter diesen Umständen verdienen einige Erfahrungen Beachtung, welche wir im Laufe unserer Untersuchungen zu machen Gelegenheit gehabt haben. Die Hauptschwierigkeit bei der Hand- habung (des Brommethyls und Bromäthyls liegt offenbar in den niedrigen Siedepunkten beider Verbindungen (13° und 40°), welche grofse Verluste herbeiführen. Man kann diese Schwierigkeit sehr einfach umgehen, wenn man das so leicht darstellbare Bromamyl, von dem wohlgelegenen Siede- punkte 120°, in Gegenwart beziehungsweise von Methyl- und Äthylalko- hol mit den zu methylirenden und äthylirenden Basen in den Autoclaven bringt. In einer ersten Phase der Reaction entsteht unter Rückbildung von Amylalkohol Brommethyl und Bromäthyl C,„H,,Br+CH,HO=C,H,,H0O-+ CH,Br, welche die Methylirung und Äthylirung fast ebenso gut besorgen, als rei- nes Brommethyl und Bromäthyl. 566 Gesammtsitzung sich in beträchlicher Menge Essigsäure-Methyläther und endlich Methyläther selbst gebildet, welcher beim Öffnen des Autocla- ven mit Gewalt ausströmt. Nachdem die flüchtigen Producte durch Destillation entfernt sind, benutzt man die ungleiche Löslichkeit der verschiedenen gebildeten Farbstoffe im Wasser um sie von einander zu scheiden. Zu dem Ende wird der in dem Autoclaven zurückge- bliebene Farbenbrei in eine grofse Menge siedenden Wassers gegossen. Das Grün löst sich vollständig, die violetten Farb- stoffe bleiben ungelöst, mit Ausnahme einer kleinen Quantität, welche durch die während der Reaction in Freiheit gesetzte Säure in Lösung geht. Das unlösliche Violet wird durch Fil- tration getrennt. Um die kleine Menge gelösten Violets nieder- zuschlagen, fügt man zu der Flüssigkeit Kochsalz, indem man gleichzeitig die freie Säure durch Natriumcarbonat’ abstumpft. Um in der tiefgefärbten Flüssigkeit den Sättigungspunkt zu er- kennen, filtrirt man von Zeit zu Zeit eine Probe ab, und taucht statt des Lackmusstreifens einen dünnen Seidestrang in die Lö- sung; sobald derselbe eine rein grüne Farbe annimmt, ohne alle Beimischung von Violet oder Blau, hört man mit dem Zusatz von Natriumcarbonat auf: die Fällung des Violets ist vollendet. Die vollkommen erkaltete Flüssigkeit geht zur Abschei- dung des zuletzt gefällten Violets nochmals durch ein Sand- filter und wird alsdann durch eine kaltgesättigte Lösung von Picrinsäure in Wasser gefällt. Da das Picrat des Grüns in Was- ser nur wenig löslich ist, so wird es auf einem Filter gesammelt, flüchtig mit Wasser gewaschen, und nach dem Abdampfen als Färbebrei (päte) in den Handel gebracht. Die in dem be- schriebenen Processe als Nebenproducte erhaltenen violetten Körper sind begreiflich nicht verloren. Man verwandelt sie, da sie als Jolide fallen, durch Einwirkung von Natriumhydrat in die entsprechenden Basen, welche von Neuem unter geeig- neten Bedingungen mit Jodmethyl behandelt werden, um weitere Mengen von Jodgrün zu liefern. Darstellung des krystallisirten Jodgrüns. Um das Jodgrün im krystallisirten Zustande zu erhalten, bedarf es nur einer leichten Modification des beschriebenen vom 15. Juli 1869. 567 Ganges. Zunächst wird man das gefärbte Reactionsproduct in eine weit geringere Menge siedenden Wassers eingielsen, dann aber nach dem Zusatze des Kochsalzes die Flüssigkeit mit einer gröfseren Menge von Natriumcarbonat versetzen, um der vollständigen Ausfällung der violetten Materien sicher zu sein, selbst auf die Gefahr hin, eine kleine Menge des grünen Farb- stoffs, welcher durch einen Überschufs von Natriumcarbonat, zumal beim Sieden, leicht verändert wird, zu opfern. Die fil- trirte Flüssigkeit setzt beim Erkalten in beträchlicher Menge Krystalle von Jodgrün ab, welche ein- oder zweimal mit kaltem Wasser gewaschen werden, um kleine Mengen von anhängen- dem Kochsalz zu trennen. Man trocknet die Krystalle schliefs- lich bei gewöhnlicher Temperatur. Um die so gewonnenen Krystalle in einem für die Ana- lyse geeigneten Zustande zu erhalten, wurden sie in warmen absoluten Alkohol gelöst, und die Lösung nach dem Filtriren in einen grofsen Überschufs völlig trocknen Äthers gegossen; es entstand ein glänzender krystallinischer Niederschlag, wel- chen man auf einem Filter sammelte, mit kaltem Äther wusch und nach dem Verdunsten des Äthers über Schwefelsäure trocknete. Der krystallinische Niederschlag ward schliefslich in warmem Alkohol gelöst; beim Erkalten schieden sich präch- tige Prismen des chemisch reinen Jodgrüns ab. Diese Kry- stalle, welche den eigenthümlichen Metallglanz der Flügeldecke der Cantharide zeigen, sind das Jodid der Base. Bei einer anderen Darstellung war die Abscheidung des Violets mittest Kochsalz und Natriumcarbonat minder glück- lich von Statten gegangen. Man fand es zweckmäfsig, die aus der mit Kochsalz und Natriumearbonat versetzten Flüssigkeit abgeschiedenen Krystalle in absolutem Alkohol zu lösen und mit trockenem Äther zu fällen, diese Behandlung mit Alkohol und Äther zu wiederholen, die letzte Ätherfällung in heifsem Wasser zu lösen und die aus dem Wasser abgeschiedenen Krystalle schliefslich aus warmem Alkohol umzukrystallisiren. | Noch verdient bemerkt zu werdeu, dafs wir auch bis weilen die Lösungen des Grüns, wie man sie nach Behandlung der Rohlauge mit Kochsalz und Natriumcarbonat erhält, direct mit Jodkalium gefällt haben. Das Grün, welches in concen- BB. Gesammtsitzung trirter Jodkaliumlösung nahezu unlöslich ist, fällt alsbald in flimmernden Krystallen aus, welche nach den oben angeführten Methoden weiter gereinigt werden. | Sämmtliche auf den angegebenen Wegen erhaltenen Prä- parate, mehrere Tage lang über Schwefelsäure getrocknet, zeigten bei der Analyse dieselbe Zusammensetzung. Die beschriebenen Reinigungsmethoden sind zeitraubend und kostspielig, sie waren indessen, um zuverlässige analy- tische Resultate zu erhalten, nothwendig, da einerseits dem Grün hartnäckig eine kleine Menge des mit ihm gebildeten Violets anhängt, andererseits das Grün selbst, wie sogleich weiter unten gezeigt werden soll, mit Leichtigkeit wieder in Violet übergeht. Zusammensetzung der Jodverbindung. — Zahlreiche Ana- lysen, welche wir mit Präparaten von verschiedener Darstel- lung ausgeführt haben, zeigen, dafs das über Schwefelsäure ge- trocknete Anilingrün nach der a C,HN,01, — Os com, er A ‚4,0 zusammengesetzt ist. Läfst man das schwefelsäure-trockene Salz etwa zweimal vierundzwanzig Stunden im luftleeren Raume liegen, so erleidet es einen Gewichtsverlust, welcher 1 Mol. Wasser entspricht. Dafs das zurückbleibende Salz die wasserfreie Verbindung ist, wurde überdiefs durch die Analyse festgestellt. Übrigens möge schon hier bemerkt werden, dafs es nicht leicht ist, die wasser- freie Jodverbindung im reinen Zustande zu erhalten. Das Ge- wicht der Verbindung wird in vacuo nicht constant. Nach- dem 1 Mol. Wasser ziemlich rasch entwichen ist, nimmt das Gewicht des Körpers wochenlang Milligramm um Milligramm im luftleeren Raume ab, indem eine langsame Zersetzung ein- tritt. Dieser Umstand hat bei der Untersuchung viele Schmer- zen verursacht. Platinsal.. — Die Zusammensetzung. der Jodverbindung ist durch die Analyse mehrerer anderer Salze controlırt wor- den. Behandelt man die wässrige Lösung des jodwasserstoff- sauren Salzes in der Kälte oder unter gelindem Erwärmen mit Chlorsilber, so entsteht unter Ausscheidung von Jodsilber vom 15. Juli 1869. 569 das entsprechende Chlorid. Alle Versuche, dasselbe im kry- stallisirten Zustande zu erhalten, sind fehlgeschlagen. Das Chlorid trocknet in vacuo über Schwefelsäure zu einer grü- nen, durchsichtigen, spröden, glasartigen Masse ein. Die Lö- sung desselben liefert mit Platinchlorid einen braunen, nicht krystallinischen, in Wasser, Alkohol und Äther unlöslichen Niederschlag, welcher im leeren Raume getrocknet die Zusam- mensetzung | Een CH,Cl EI. NO —=0, ah: cj; Frl, besitzt. Picrat. —. Eine der schönsten und beständigsten Verbin- dungen, welche dieser Reihe angehören, ist das picrinsaure Salz. Es wurde bereits oben erwähnt, dafs die Industrie mit der ihr eigenthümlichen Spürkraft sehr bald auf die Piecrin- säure als Fällungsmittel für das Jodgrün gefallen ist und dafs in der That ein nicht unbeträchtlicher Theil des im Handel vorkommenden Farbstoffs die pierinsaure Verbindung darstellt. Versetzt man eine wässrige Lösung der Jodverbindung mit einer wässrigen Picrinsäurelösung, so entsteht alsbald eine dunkelgrüne, scheinbar amorphe Fällung, die in Wasser fast absolut unlöslich ist. Nach dem Auswaschen ist keine Spur von Jod in dem Niederschlage zurückgeblieben. Unter dem Mikroskop erscheint der Niederschlag krystallinisch, aber erst beim Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol, in dem das Salz aulserordentlich schwer löslich ist, zeigt sich dieser Körper in seiner ganzen Schönheit. Beim langsamen Erkalten der Lö- sung setzen sich wohlausgebildete Prismen ab, gelbgrün im durchfallenden Lichte, wie frisch angeätztes Kupfer im reflec- tirten Lichte glänzend. Das Salz ist wasserfrei und kann ohne die geringste Veränderung bei 100° getrocknet werden. Seine Zusammensetzung entspricht der des Jodids und wird durch die Formel His. [(CHJC,H,(NO,),0 C;H,N,0,= 0% (CH,), N; co C,H, (N0,),0 ausgedrückt. Auch das essigsaure und salpetersaure Salz des Grüns sind auf weiter unten anzugebenden Wegen erhalten worden, 570 Gesammtsitzung Das erstere krystallisirt in feinen Nadeln, letzteres in Prismen. Noch verdient schlielslich eine aufserordentlich schön krystalli- sirende und durch ihre Beständigkeit ausgezeichnete Doppel- verbindung des Jodids mit Jodzink erwähnt zu werden, welche durch Fällung der Jodverbindung mit Jodzink, Zinkacetat oder Zinksulfat entsteht. Sie krystallisirt aus heilsem Wasser in Prismen. Die trockne Substanz wird bei 100° nicht zersetzt. Die Analyse dieses Salzes ist noch nicht zu einem befriedi- senden Abschlufs gekommen. Die durch Tanninlösung gefällte Verbindung haben wir gar nicht zu analysiren versucht. Wenn die zahlreichen Analysen, die wir von dem Jodid von dem Platinsalze und dem Picrat ausgeführt haben, über die Zusammensetzung des Jodgrüns und seiner Abkömmlinge erhebliche Zweifel nicht wohl lassen konnten, so hat doch das Studium der Umwandlungen, welche der Farbstoff er- leidet, weitere willkommene Belege für die. er der aufgestellten Formeln geliefert. Umwandlungen des Jodgrüns. Es wurde bereits erwähnt, dafs das jodwasserstoffsaure Salz im luftleeren Raume kein constantes Gewicht annimmt. Werden Krystalle, welche einige Monate im luftleeren Raume gestanden haben, mit Wasser übergossen, so färbt sich dasselbe schön grün; übergiefst man sie dagegen mit Alkohol, so nimmt die Flüssigkeit eine intensiv blaue Farbe an. Entfernt man die grüne wässrige Lösung von den ungelöst gebliebenen Krystailen, so lösen sich diese letzteren nunmehr in Alkohol mit schön violetter Farbe. Diese Umbildung in Violet erfolgt weit vollständiger und schon in einigen Stunden, wenn man die Krystalle des Jodids der Temperatur des siedenden Wassers aussetzt; sie ist augenblick- lich bei einer Temperatur von 130—150°. In siedendem Ani- lin z. B. löst sich das grüne Jodid mit prachtvoll violetter Farbe. Der Übergang von Grün in Violet ist mit einem sehr be- trächtlichen Gewichtsverlust verbunden. Als die schwefelsäure- trockenen Krystalle, um die Natur dieses Verlustes zu ermit- teln, in einem Destillirapparate erhitzt wurden, verdichtete sich zunächst etwas Wasser, alsdann destillirten farblose das Licht vom 15. Juli 1869. 571 stark brechende Öltropfen, welche in Wasser untersanken und an ihren Eigenschaften als Jodmethyl erkannt wurden. Um jeden Zweifel zu beseitigen, wurde das Destillat mit alko- holischem Ammoniak vermischt. Beim Abdampfen bildeten sich die charakteristischen Krystalle von Tetramethylammo- niumjodid. Die Ermittelung des Gewichtsverlustes zeigt, dafs sich bei andauernder Einwirkung der Wärme (120°) von dem Molecule des über Schwefelsäure getrockneten jodwasserstoffsauren Salzes genau 1 Mol. Wasser und 1 Mol. Jodmethyl abspalten, dafs mithin die Umbildung nach der folgenden Gleichung vor sich geht: | Hi CH;1 Co (CH,),N en: Dafs der violette Rückstand in der That die ihm in dieser Gleichung zugetheilte Zusammensetzung besitze, wurde über- diefs durch die Analyse festgestellt, welcher sowohl der direct erhaltene Rückstand, als auch eine aus demselben durch Be- handlung mit Wasser und Alkohol dargestellte, in langen dünnen Nadeln krystallisirende Verbindung unterworfen wurde. Die Analyse ergab für die bei 120° getrocknete Substanz die Formel H,. H,O=Cy.cH,), ° N,, CH,I+HLO+CH.L. H C„H,N,I= Ca (CH,),N3> CH, I und es zeigte sich somit, dafs dieses violette Salz wesentlich von dem bereits früher bekannten '), dem jodwasserstoffsauren Trimethylrosanilin ale C3H,NI=Cy (CH, B N; ‚HI ‘verschieden ist, was auch die bestimmter ausgesprochene Kry- stallform namentlich aber der viel blauere Ton andeutet, wel- chen dieser Farbstoff der Seide und Wolle ertheilt. | Der Übergang von Grün in Violet unter Ablösung von Jodmethyl findet re statt, wenn der Farbstoff auf 1) Hofmann, Exposition universelle de 1867, Rapports du Jury "international Vol. VII p. 263. [1869.] % 572 Gesammtsitzung einem Gewebe fixirt ist, als bei dem freien Farbstoffe. Inter- essant ist es, dafs die grüne Farbe permanent wird, sobald man. die Abspaltung des Jodmethyls auf die eine oder andere Art verhindert. Krystalle des jodwasserstoffsauren Salzes kön- nen in einer hermetisch geschlossenen Glasröhre im Wasser- bade erhitzt werden, ohne dafs sich die grüne Farbe verändert. Die Bildung des blauvioletten Farbstoffs aus dem jod- wasserstoffsauren Grün findet noch unter anderen nicht minder interessanten Bedingungen statt. Digerirt man eine methyl-al- koholische Lösung des Grüns in zugeschmolzener Röhre 2—3 Stunden lang im Wasserbade, so haben sich in der Flüssig- keit, welche eine tief-blauviolette Farbe angenommen hat, lange cantharidengrüne Nadeln abgesetzt, welche sich, da sie in AL" kohol, selbst in siedendem, aulserordentlich schwer löslich sind, mit Leichtigkeit im Zustande der Reinheit erhalten lassen. Sie werden am besten aus Methylalkohol, in dem sie etwas leichter löslich sind, umkrystallisirt. Die Analyse dieser Krystalle zeigt, dals sie die merkwürdige Zusammensetzung H CH;I C„H,N], = (0, ccH,,N je 3 besitzen. Dieselbe Verbindung haben wir bisweilen auch bei der direeten Einwirkung des Jodmethyls auf Trimethylrosanilin sich bilden sehen. Neben diesen schwer löslichen Krystallen, deren Lösung violet mit einem vorwaltenden Stich ins Blaue färbt, bildet sich noch ein zweites Salz eleichfalls von blau- violettem, aber gleichwohl weniger bestimmt ins Blaue ziehen- den Farbenton. Dieses Salz ist aufserordentlich löslich in Alkohol, läfst sich aber durch langsames Abdampfen der al- koholischen Lösung mit Leichtigkeit krystallisiren. Die Ana- lyse desselben hat die Zusammensetzung bestätigt, welche die Untersuchung der schwerlöslichen ‚Krystalle im Voraus ver- muthen liefs. Das lösliche Salz ist das complementäre Product des „unlöslichen; es ist dieselbe Verbindung, welche sich bei’ dem freien Erhitzen des jodwasserstoffsauren Grüns erzeugt, nämlich: OEEN,D ec RAT, 20 nz Sy; vom 15. Juli 1869. 575 Ein Molecul des jodwasserstoffsauren Grüns erleidet in methyl-alkoholischer Lösung beim Erhitzen unter Druck die- selbe Veränderung, welche beim Erhitzen unter gewöhnlichen "Bedingungen stattfindet, allein das abgespaltene Jodmethyl- moleeul, welches früher in die Atmosphäre entweichen konnte, wirft sich nunmehr auf ein zweites Grünmolecul und verwandelt dasselbe in die schwerlösliche Verbindung mit 3 Mol. Jod- methyl. CH.I POSSihn. CH;I Hie . Hs er Son Cns1+Czocop,), No; CHsl CH,I Grün. Schwerlösliches Violet. Leichtlösliches Violet. Neben den beiden Violetten wird in der beschriebenen Reaction keine andere Verbindung gebildet; in den Digestions- röhren ist kein Druck vorhanden, beim Öffnen derselben wird keine Gasentwicklung beobachtet. Nebenproducte bei der Darstellung des Jodgrüns. Bei den vielen Versuchen, die im Laufe dieser Untersuchung ‚über die Bildung des grünen Farbstoffs angestellt worden sind, haben wir häufig ein ungefärbtes Nebenproduct beobachtet, wel- ches sich stets erzeugt, wenn man, sei es in den Mischungsverhält- nissen, sei es in der Temperatur oder der Dauer des Erhitzens, ' sehr weit von den Bedingungen abweicht, welche wir im An- fange dieser Abhandlung als günstige bezeichnet haben. Dieser Körper, welcher auch bei der Darstellung im Grofsen nicht selten in unliebsamer Menge beobachtet wird, so dafs manchen Frabrikanten Tausende von Kilogrammen davon unbenutzt im Wege liegen, läfst sich von den gleichzeitig gebildeten Farb- - stoffen leicht in der Art trennen, dafs man das Product der Reaction mehrfach mit heifsem Alkohol auszieht, in dem die ‚farblose Substanz fast unlöslich ist. Wird die an heissen Al- "kohol nichts mehr abgebende Materie nunmehr in warmem "Wasser gelöst, so bleiben die in Alkohol schwer löslichen ‚ Violette zurück, während sich die farblose Substanz leicht löst. ‚ Beim Abdampfen der wässerigen Lösung schiefsen Krystalle - an, die man durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus verdünn- tem Alkohol leicht rein erhalten kann. 42* 574 Gesammtsitzung Octomethylirtes Leucanilin. Der in Rede stehende Körper, den man nicht selten in zolllangen prismatischen Krystallen von lichtgelber Farbe erhält, ist ein scharf ausgeprägtes, aber leicht oxydirbares Jodid, weshalb er, wie die meisten der hier beschriebenen Verbindungen, im luftleeren Raum getrocknet werden muls. Seine Zusammensetzung ist: (CH,), CH,I CHE N LEOICHTEL EN: (cm H,O. (CH3); CH,;I Diese Formel wird unzweideutig durch die Analyse einer entsprechenden Platinverbindung getragen. Versetzt man die mittelst Chlorsilber entjodete Lösung der ebenerwähnten Ver- bindung mit Platinchlorid, so fällt ein hellgelber, undeutlich krystallinischer Niederschlag, welcher, in vacuo getrocknet, die folgende Zusammensetzung | (CH,), .CH,Cl C.H,.N,Pt,C1,0, = 21 0, Hi N; Ich, a. 3PtCl,, 2H,0 (CH;); CH, Cl besitzt. Man kann sich den Körper, dessen Jod- und Platinverbin- dung hier beschrieben worden sind, entstanden denken durch das Hinzutreten zweier Methylgruppen zu dem Molecul des schwerlöslichen violetten Jodids. Zu dem leichtlöslichen Violet steht diese farblose Verbindung genau in derselben Beziehung, wie das jodwasserstoffsaure Leucanilin zu dem entsprechenden Rosanilinsalz. C.oH,N;, HI CoH,N;, CH;I ann no mouse an” Rosanilinsalz. (CH Leichtlösliches Violet; Jodid. H,...„HI (CH,), (CH,I C.HN; I C.HyeNs (cm HI (CH3); CH, I Venen smnunee/ Leucanilinsalz. Farbloses Jodid. Dafs dem farblosen Körper, der sich wenn man will, als ein octomethylirtes Leucanilin auffassen läfst, wirklich diese Stellung znkomme, läfst sich nicht wohl bezweifeln. Man kann denselben in der That mit der grölsten Leichtigkeit vom 15. Juli 1869. 575 hervorbringen, wenn man Jodmethyl direct auf Leucanilin ein- wirken läfst. Zu dem Ende werden 1 Thl. Leucanilin, 24 Thl. Jodmethyl und 2 Thl. Methylalkohol 10 Stunden lang in einem Autoclaven auf 100° erhitzt. Beim Öffnen des Verschlusses entweicht viel Gas und die ausgegossene Flüssigkeit zeigt sich in zwei Schichten gespalten, von denen die untere Jodmethyl, die obere eine methyl-alkoholische Lösung des jodwasserstoff- sauren Salzes des octomethylirten Leucanilins ist. Letztere liefert alsbald eine schöne Krystallisation des Salzes, welches man nur noch ein Mal in Wasser aufzulösen hat, um beim Er- kalten vollkommen reine Krystalle zu erhalten. Es könnte auf den ersten Blick befremden, dafs sich bei den oben ange- gebenen Proportionen noch eine Quantität unverbrauchten Jod- methyls in dem Producte der Reaction wiederfindet, da in dem zugeführten Jodmethyl kaum mehr als die halbe Summe der Methylgruppen vorhanden ist, deren es bedarf, um das Leuca- nilin-Molecul zu octomethyliren. Allein die von dem Jod- methyl begonnene Methylirung vollendet sich offenbar mit Hülfe des vorhandenen Methylalkohols, indem sich der zunächst ab- geschiedene Jodwasserstoff wieder in Jodmethyl verwandelt, um von neuem zu wirken. Nach dem angeführten Verfahren erhält man fast die theoretische Ausbeute. Die beschriebene Jodverbindung hat unser Interesse zumal aus dem Grunde in Anspruch genommen, weil sich die ent- sprechende Base mit Leichtigkeit in Freiheit setzen läfst, und ihr Studium die etwas mangelhafte Untersuchung der freien "Violet- und Grünbasen zu ergänzen versprach. Behandelt man die gelinde erwärmte Lösung des Jodids mit Silberoxyd, so entsteht alsbald eine farblose, stark alkalische, Kohlensäure aus der Luft anziehende und Metalloxyde fällende Flüssigkeit, welche sich selbst in Gegenwart von Natronlauge stundenlang ohne Zersetzung im Sieden erhalten und schliefslich zu einem 'Syrup eindampfen läfst. Diese Flüssigkeit enthält offenbar die freie Base (CH;), CH, , HO CE N, CH,, HO (CH,),:.J.CH,,.HO, 576 Gesammtsitzung Mit Jodwasserstoffsäure liefert sie wieder das Jodid, wel- ches als Ausgangspunkt für ihre Darstellung gedient hat, mit Salzsäure und Platinchlorid das beschriebene Platinsalz. Das dem Rosanilin entsprechende Leucänilin verwandelt sich bekanntlich unter dem Einflufs von Oxydationsmitteln mit Leichtigkeit in Roth zurück. Der Gedanke lag nahe, die ana- loge Veränderung bei der octomethylirten Verbindung zu be- werkstelligen. Gelang es, die beiden Additionsmethylgruppen, welche an Stelle des Additionswasserstoffs in dem Leucanilin fungiren, eben so leicht zu oxydiren, so mufste man zunächst auf Violet, dann aber, indem ein weiterer Methylabbau statt- fand, auf Grün und schliefslich wieder auf Violet stofsen. Diese Oxydation erfolgt aber nur schwierig, am schnellsten und besten noch, wenn man das Jodid an der Luft auf 120° erhitzt. Der Rückstand löst sich mit prachtvoller violetter Farbe in Alkohol auf, allein wahrscheinlich ist hier auch bereits Jodmethyl entwichen. Versucht man den atmosphärischen Sau- erstoff durch Oxydationsmittel, selbst schwächere, wie Platin- chlorid, Silberoxyd, Bleihyperoxyd, zu ersetzen, so entsteht ephe- mer ein schönes Grün, alsdann eine violette Farbe, welche aber, indem die Action weiter geht, bald einem unerquicklichen Gelb Platz macht. Wir haben uns viele Mühe gegeben, die den beschriebenen Jodverbindungen entsprechenden Basen darzustellen, müssen aber gleich bemerken, dafs die Ergebnisse unserer Unter- suchungen in dieser Richtung viel zu wünschen übrig lassen. Versetzt man eine concentrirte Auflösung des grünen Jo- dids in Wasser oder Alkohol mit Kali- oder Natronlauge, oder mit Ammoniak, so erhält man einen Niederschlag, der sich schnell zu einer harzigen Masse zusammenballt. Auf Za- satz von viel Wasser löst sich dieser Niederschlag wieder vollkommen zu einer anfangs schieferblauen, später farblos werdenden Flüssigkeit. Auf Zusatz von Essigsäure färbt sich dieselbe wieder grün. Lösungen dieser Art hatten beinahe ein Jahr lang gestanden; die Ammoniaklösung färbte sich selbst nach so langer Zeit noch wieder grün, die Natronlösung da- gegen zeigte eine violette Färbung, offenbar eine Zersetzung . andeutend. Werden die beiden violetten Jodverbindungen in =. vom 15. Juli 1869. 977 Alkohol gelöst (in Wasser sind dieselben nahezu unlöslich) und mit kaustischen Alkalien versetzt, so entfärben sich auch diese Verbindungen. Auf Zusatz von Wasser trüben sich die Lösungen, indem die Basen, welche, wie ihre Jodide in Wasser unlöslich sind, als weifse Fällungen niedergeschlagen werden. Wir haben bis jetzt eigentlich nur die Base des Grüns einer etwas genaueren Prüfung unterworfen. Die durch starke Natronlauge ausgeschiedene Harzmasse wird nach kurzer Frist hart und spröde. Sie läfst sich alsdann zu einem rothbraunen Pulver zerreiben, dem man auf einem Asbestfilter mittelst Na- tronlauge alles Jod entziehen kann. Auch aus dem Picrat läfst sich die Base gewinnen. Man löst das in reinem Alkohol aufserordentlich schwerlöfsliche Salz in ammoniakalischem Al- kohol, indem es sich leicht, offenbar unter Zersetzung, mit gelber Farbe auflöst. Versetzt man diese Lösung mit starker Natronlauge, so schlägt sich die Base ebenfalls nieder. Die so gewonnene Grünbase hat zur Darstellung des im Vorher- gehenden erwähnten Grün-Acetats und Grün-Nitrats gedient. Es läfst sich kaum bezweifeln, dafs man auf ähnliche Weise auch die Basen der beiden mit dem Grün in so naher Beziehung stehenden Violette erhalten wird. Wie dem aber auch sei, wir glauben uns gleichwohl, ob- schon wir die Unvollständigkeit dieses Theils unserer Unter- suchung gerne einräumen, auch jetzt schon zu dem Schlusse berechtigt, dafs die durch Alkalien entfärbten Lösungen der drei Jodide die diesen Salzen entsprechenden Basen enthalten. Ihre Zusammensetzung würde sich in folgenden Formeln darstellen: BR ehktöstichen Vieles a N; , CH,, HO. 3J3 | ’ CH dia CH. HO; Base des Grüns An (CH,), N, { CH,, HO. : H CH,, HO. Base des schwerlöslichen Violets C ISEN CH,, HO. 20 (CH,), 3 3 CH,, HO. Alle diese Basen, wie auch das octomethylirte Leucanilin, würden der Klasse von Körpern angehören, deren erste Glie- der der Eine!) von uns vor nahezu zwanzig Jahren entdeckt 1) Hofmann, Ann. Chem. u. Pharm. LXXVII, S. 253. 578 Gesammtsitzung und unter dem Namen Ammoniumbasen in die Wissen- schaft eingeführt hat. Zusammensetzung sowohl als Verhalten der vielgenannten Verbindungen stimmen mit dieser Auffassung vollkommen überein. Die Reihe der durch Methylirung aus dem Rosanilin ent- stehenden Körper ist durch unsere Arbeit um ein Wesentliches erweitert worden. Dem jodwasserstoffsauren Rosanilin ent- stammen in ununterbrochener Reihe die folgenden Methyl- derivate: Jodhydrat des Rosanilins em lgg = NyecHel - - Methylrosanilins CH om N, Or - - Dimethyrosanilins CC, (cas N 3J2 - - Trimethylrosanilins Cy Be N 381 Dijodmethylat - | - CH co ), ar ‚(CH,D), Trijodmethylat - = CO; cr ; N, , (CH,D, - - Pentamethylleucanilins C,, cu! ), °N,, (04.1). Noch verdient bemerkt zu werden, dafs die Erscheinun- gen, welche die im Vorhergehenden beschriebenen Versuche für die Methylreihe constatiren, sich auch in der Äthylreihe be- obachten lassen. Die Reactionen erfolgen aber langsamer und weniger präcise; auch sind die gebildeten Produete minder kry- stallinisch. Was die Farbe anlangt, so hat der grüne Ton der dem Methyljodgrün entsprechenden Äthylbase einen Stich ins Gelbe. Aus diesem Grunde 'sind auch die Äthylkörper bis jetzt kaum Gegenstand einer regelmälsigen Fabrikation ge- worden. Wir können diese Arbeit nicht schliefsen ohne denjenigen zu danken, welche uns bei derselben unterstützt haben. Die Untersuchung hat viel Zeit und Mühe in Anspruch genommen. vom 15. Juli 1869. 89 Obwohl wir schon vor etwa acht Monaten im Stande waren in allgemeinen Zügen der deutschen chemischen Gesellschaft ihre Hauptergebnisse mitzutheilen, so ist es uns doch erst im Laufe des Sommers gelungen, auch der letzten Versuchszahlen, welche zur experimentalen Feststellung unserer Auffassungen erforderlich waren, uns zu versichern. Hrn. Dr. J. H. Buff aus Giefsen danken wir für die Umsicht und Ausdauer, mit welcher er den Gang der Versuche überwacht hat, sowie für seine Mitwirkung bei den zahlreichen Analysen, bei deren Ausführung wir auch von den Hrn. Dr. Bulk und Karl Sarnow freundlichst unter- stützt worden sind. Endlich müssen wir mit lebhaftem Dank der Liberalität gedenken, mit der uns Hr. Alexander Clavel in Basel für mannigfaltige Versuche, welche in grösserem Malsstabe angestellt werden mufsten, die reichen Hülfsquellen seines schönen Etablissements zur Verfügung gestellt hat. 6. Neue Untersuchungen über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefelcyan- wasserstoffsäureäther. In einer der Akademie vor ungefähr einem Jahre vorgeleg- ten Abhandlung') habe ich eine einfache Methode beschrieben, um schnell — so dafs man den Versuch in einer Vorlesung anstellen kann — die mit den gewöhnlichen Schwefeleyan- wasserstoffsäureäthern isomeren Senföle zu erhalten. Sie be- steht darin, dafs man die durch Behandlung der Monamine, des Äthylamins z. B., mit Schwefelkohlenstoff gewonnenen sul- focarbaminsauren Salze mit der Lösung eines Metallsalzes, des Silbernitrats oder Quecksilberchlorids z. B., destillirt: (CS) (C,H,)N, H + (C,H,)H,N, HNO,. Die Senfölbildung erfolgt hier einfach durch Abspaltung von Schwefelwasserstoff und Äthylamin, welche beide von dem 1) Hofmann, Monatsberichte der Akademie 1868. S. 465. 580 Gesammtsitzung I Pr Metallsalze, also dem Silbernitrat oder Quecksilberchlorid fixirt werden. | Man erreicht denselben Zweck in noch eleganterer Weise, zumal für den Zweck der Vorlesung,‘ wenn man in die Lö- sung des sulfocarbaminsauren Salzes in Alkohol eine starke alkoholische Jodlösung eingielst. Augenblicklich entfärbt sich die Flüssigkeit unter Ausscheidung von Schwefel; sobald die Reaction vollendet ist, d. h. sobald sich durch Stärke freies Jod nachweisen lälst, wird die Flüssigkeit destillirt. Auf Zu- satz von Wasser zu dem alkoholischen Destillat fällt Äthyl- senföl aus der Flüssigkeit heraus; der Rückstand in der Re- torte enthält jodwasserstoffsaures Äthylamin, Jodwasserstoffsäure und Sehwefel: (CS)IKC,H,)N,H (C,H,)H,N jr HT=(OSO,HN+ (CHEN, HIEIMS. ser) SING Durch Destillation des Retorteninhalts mit Natronlauge wird das zur Senfölbildung nicht verwendete Äthylamin, so wie die ganze Menge des zugesetzten Jods in der Form von Jodnatrium alsbald zurückgewonnen. | ‘ Die Abspaltung des Schwefelwasserstoffs aus dem Pro- ducte der Einwirkung: des Schwefelkohlenstoffs auf das Mo- namin mittelst Jod bietet aber noch ein weiteres Interesse. Ich habe bereits in einer früheren Mittheilung darauf aufmerk- sam gemacht, dafs sich die Senföle der aromatischen Reihe durch Quecksilberchlorid nicht darstellen lassen, die Methode also keine allgemeine ist. Die Ursache ist leicht verständlich. In der aromatischen Reihe sind die sulfocarbaminsauren Salze von sehr geringer Beständigkeit; unter Ausscheidung von Schwefelwasserstoff entstehen, indem sich das in Freiheit ge- setzte aromatische Senföl mit dem aromatischen Monamin ver- einigt, alsbald die substituirten Schwefelharnstoffe, welche von Quecksilbersalzen nur schwierig und dann stets unter Bildung von sauerstoffhaltigen Harnstoffen angegriffen werden. Ganz anders die Einwirkung des Jods. Giefst man eine alkoholische Jodlösung in eine siedende Alkohollösung von Diphenylsulfocarbamid so entfärbt sich die Lösung augenblicklich unter Abscheidung von Schwefel. Läfst vom 15. Juli 1869. 581 man die mit einem schwachen Überschusse von Jod behan- delte Flüssigkeit einige Stunden stehen, so hat sich in der völlig entfärbten Flüssigkeit eine schöne Krystallisation von Schwefel ausgeschieden. Wird der nach dem Abfiltriren des Schwefels und Abdunsten des Alkohols bleibende gelbe Harz- kuchen, welcher bereits den intensiven Geruch des Phenyl- senföls zeigt, mit Wasserdampf destillirt, so gehen reichliche Mengen dieses Senföls mit dem Wasser in die Vorlage über. Filtrirt man die in der Retorte zurückbleibende Flüssigkeit siedend von einer kleinen Menge ausgeschiedenen Harzes ab, so setzen sich beim Erkalten schöne Krystalle eines jodwasser- stoffsauren Salzes ab, aus welchem auf Zusatz von Alkali eine blendend weilse Base ausfällt, anfangs als weiche pflasterar- tige Masse, bald aber zu harten Krystallen erstarrend. Aus Alkohol krystallisirt diese Verbindung in prachtvollen zoll- langen Nadeln, welche sehon nach einmaligem Umkrystallisiren vollkommen rein erhalten werden. Die Analyse eines sehr schönen Platinsalzes zeigt, dafs die Base nach der Formel CO9H,,N; zusammengesetzt ist, dafs mithin ihre Bildung aus dem Diphe- nylsulfocarbamid neben Phenylsenföl nach der einfachen Glei- chung \ 2C;,H; NS + Il = C,H,NS + C,H,,N; + 2HI-+S Be a ae een Diphenylsulfo- Phenylsenföl Base carbamid stattfindet. | Aus dem Gesagten erhellt, dafs man in der Einwirkung des Jods auf die geschwefelten Harnstoffe ein ganz allgemeines Mittel besitzt, welches sowohl in der fetten als auch in der aromatischen Reihe die Senföle darzustellen erlaubt. Übrigens verdient die auch schon früher in Anwendung gekommene Einwirkung des Jods auf Substanzen, aus denen sich Schwefelwasserstoff abspalten kann, die erneute Beachtung der Chemiker. Es sei mir gestattet, von mehreren in dieser Richtung bereits unternommenen, zumal einiger Versuche zu gedenken, welche ich mit den Thioamiden angestellt habe. Diese Körper, z.B. das von Hrn. Cahours entdeckte Thioben- 582 Gesammtsitzung zamid, werden durch Jod augenblicklich entschwefelt, unter Bildung von prachtvoll krystallisirenden Körpern, deren Unter- suchung noch nicht vollendet ist. Was nun schliefslich die bei der Einwirkung des Jods auf das Diphenylsulfocarbamid entstehende Base anlangt, so verdient zunächst bemerkt zu werden, dafs dieser Körper die- selbe Zusammensetzung besitzt, wie das Carbotriphenyl- triamin, welches ich vor einigen Jahren bei der Einwirkung des Kohlenstoffchlorids auf das Anilin!) sich bilden sah. Es bedurfte aber nur einer oberflächlichen Vergleichung der aus dem Diphenylsulfocarbamid gebildeten Base mit dem aus dem Chlorkohlenstoffe abstammenden Körper, von dem ich noch eine Probe besals, um klar zu sehen, dafs beide Substanzen nichts anderes als die Zusammensetzung gemein haben. Auf die nahe Beziehung, welche zwischen der Zusammensetzung des Carbotriphenyltriamins und des Melanilins stattfindet, habe ich schon früher hingewiesen, insofern sich beide als phenylirte Abkömmlinge des Guanidins oder mit denselben isomere Körper auffassen lassen. CIv Melanilin Ha N, IC. 1.) N, H; cıv Carbotriphenyltriamin CoH,N,;, = Cd) N, H, Nun steht aber die durch die Einwirkung des Jods auf den geschwefelten Harnstoff gebildete Base dem Melanilin in ihren Eigenschaften weit näher, als der aus dem Chlorkohlen- stoff abstammende Körper. Namentlich zeigt sie in ihrem Ver- halten gegen Cyangas, über welches ich der Akademie in einer besonderen Mittheilung berichten werde, eine grofse Ähnlich- keit mit dem Melanilin. Die Gründe, welche ich für die Auf- fassung des Carbotriphenyltriamins als eines phenylirten Gua- nidins vorgebracht habe, gelten daher auch a fortiore für den durch Entschwefelung aus dem Diphenylsulfocarbamid erhal- tenen Körper. Übrigens werden die hier mitgetheilten Beob- !) Hofmann, Proceedings of the R. Society. Vol. IX p. 284. | vom 15. Juli 1869. 583° achtungen wohl Veranlassung geben, diese ganze Körpergruppe von Neuem in Angriff zu nehmen; es werden alsdann alle diese Beziehungen im Versuche deutlicher hervortreten. Schliefslich will ich noch bemerken, dafs ich die neben Phenylsenföl aus dem Diphenylsulfocarbamid entstehende Base, als ich zuerst mit derselben bekannt wurde, für einen neuen Körper gehalten habe, ich bin aber später zu der Überzeugung gelangt, dafs dieselbe mit einem von den Hrn. V. Merz und W. Weith!) durch Entschwefelung des Diphenylsulfocarba- mids erhaltenen und unter dem Namen Tricarbohexanilid beschriebenen interessanten Körper identisch ist, welchem die Entdecker desselben. allerdings eine andere als die von mir gegebene Formel beilegen. Ich habe in der folgenden Note die Gründe zusammengestellt, auf welche sich die Annahme dieser Identität stützt, und welche mich bestimmen, den genann- ten Körper in anderer Weise aufzufassen, als dies von den Ent- deckern desselben geschehen ist. 7. Bemerkungen über die Entschwefelungsproducte des Diphenylsulfocarbamids. Im Laufe des verflossenen Jahres haben die Hrn. V. Merz und W. Weith°) einige Versuche über die Entschwefelung des von mir vor mehr als 20 Jahren?) endeckten Sulfocarbanilids (Diphenylsulfocarbamids) angestellt, welche mein Interesse in hohem Grade in Anspruch genommen haben. Ich hatte früher sefunden, dafs sich der geschwefelte Harnstoff durch Behand- lung der alkoholischen Lösung mit Quecksilberoxyd oder Blei- oxyd in die entsprechende Sauerstoffverbindung verwandelt, in- dem sich dem Schwefel einfach Sauerstoff substituirt. C,;H>N;S + HgO = C,H ,N;0 + HgS a a Sulfocarbanilid Carbanilid. 1) V. Merz und W. Weith, Zeitschrift für Chemie. N. F. IV. S. 519 und 609. 2) V. Merz und W. Weith loc. cit. 3) Hofmann, Ann. Chem. Pharm, LXX, S. 144. 584 Gesammtsitzung Wenn das Diphenylsulfocarbamid statt mit Quecksilber- oxyd oder Bleioxyd bei hoher Temperatur mit feinzertheiltem metallischen Kupfer behandelt wird, so entsteht nach den An- gaben der Hrn. Merz und Weith eine wohl charakterisirte Base, welche von den genannten Chemikern mit grofser Sorg- falt untersucht worden und als Tricarbohexanilid beschrie- ben worden ist. Ihre Bildung erfolge nach der Gleichung: 3C,HaN,S + 6Cu = C,H, N, + 308 Namen ne mern une Sulfocarbanilid Triearbohexanilid. Das Tricarbohexanilid sei eine zweisäurige Base, welche mit den Säuren wohl krystallisirte Salze von scharf definirter Zusammensetzung bilde. Das salzsaure Salz, z. B. sei nach der Formel C,Hz,N,, 2HCI zusammengesetzt. Die von den Hrn. Merz und Weith beobachteten Er- scheinungen gestatten eine andere, und wie es mir dünken will, einfachere Auffassung. In einem der Akademie gleichzeitig vorliegenden Auf- satze') habe ich auf die Leichtigkeit hingewiesen, mit welcher man durch die Einwirkung des Jods auf Diphenylsulfocar- bamid Phenylsenföl darzustellen im Stande ist. Neben dem Phenylsenföl entsteht in diesem Falle eine Base, welche alle Eigenschaften des sogenannten Tricarbohexanilids besitzt. Da über die Natur der neben dem Phenylsenföl auftreten- den Base kein Zweifel obwalten konnte, insofern sich die Zu- sammensetzung derselbeu einfach aus ihrer Entstehungweise 2C;,H,;N5S +11 = C,H,,N; + C,H,NS + 2HI+S ableiten läfst, so war nur noch die Identität der durch Kupfer erhaltenen Verbindung mit dem durch die Einwirkung des Jods entstehenden Körper nachzuweisen, um der einfacheren Formel auch für das Triearbohexanilid Geltung zu verschaffen. 1) Hofmann, Monatsberichte für 1869 S. 579. vom 15. Juli 1869. 585 Ich habe die Eigenschaften der durch Jod gebildeten Base mit Sorgfalt ermittelt; wollte ich die Ergebnisse meiner Beob- achtungen mittheilen, ich würde nur die genaue Beschreibung zu wiederholen haben, welche die Hrn. Merz und Weith von ihrem Hexanilid gegeben haben. Ich will nur bemerken, dafs ich den Schmelzpunkt zu 141° fand, statt 142°, welchen die genannten Chemiker angeben. Übrigens konnte ich mich auch noch durch directe Vergleichung von der Identität beider Kör- per überzeugen, insofern mir ein sehr schönes, nach den An- gaben der Hrn. Merz und Weith von Hrn. Friedrich Ho- brecker, der sich für die Entscheidung der vorliegenden Frage lebhaft interessirt hat, im hiesigen Laboratorium dargestelltes Präparat zur Verfügung stand. Die von mir vorgeschlagene Formel stimmt übrigens mit den von den Hrn. Merz und Weith angestellten Analysen eben so gut, vielleicht sogar noch besser, als ihre eigne. Es handelt sich in der That nur um 4 Atomgewicht Kohlenstoff und 1 Atomgewicht Wasserstoff, welche die neue Formel we- niger enthält, als die von den Entdeckern gegebene. Alte Formel (halbirt) Neue Formel C;9,5 Hs Na CH,;N;. Diesen Formeln entsprechen folgende Procente: Alte Formel Mittel der Analysen Neue Formel Kohlenstoff 193559 79,43 79,44 Wasserstoff 6,12 6,45 5:92 Stickstoff 14,28 14,60 14,63. Man sieht unschwer, um zwischen diesen beiden Formeln endgültig zu entscheiden, kam es nicht mehr auf Analysen, son- dern auf Reactionen an. Im Grunde konnte man daher schon die oben angeführte Entschwefelung des Diphenylsulfocarbamids mittelst Jod als die neue Formel bestimmend betrachten, da man die alte mit den beobachteten Erscheinungen gar nicht in Einklang zu bringen vermag. Ich will aber gleichwohl noch einige Erfahrungen mittheilen, welche auch die letzten Zweifel in dieser Beziehung beseitigen dürften. Wenn man den Mechanismus der Entschwefelung mit- telst Jod näher betrachtet, so darf man denselben in der Art 586 Gresammtsitzung fassen, dafs das Jod aus 1 Mol. Diphenylsulfocarbamid 1 Mol. Schwefelwasserstoff abscheidet, und dafs sich gleichzeitig ein zweites Molecul in seine näheren Bestandtheile Phenylsenföl und Anilin spaltet. Das Phenylsenföl tritt in der Reaction zu Tage, das Anilin aber verschwindet, indem es mit dem Reste des ersten Moleculs zusammentretend die Bildung der neuen Base vermittelt. War diese Auffassung eine berechtigte, so mufste man diese Base noch viel leichter und zwar ohne gleichzeitiges Auf- treten von Senföl erhalten, wenn man dem zu entschwefeln- den Harnstoff vor der Einwirkung des Jods 1 Mol. Anilin zu- setzte. Der Versuch hat diese Schlufsfolgerung vollkommen bestätigt. Die Reaction verlauft in diesem Falle nach der Gleichung: C,H3NS+#OHN+I= C,H, +2HI #8. Aber mehr noch, die Bildung mulste sich ohne alle Mit- wirkung des Jods bewerkstelligen lassen, wenn man geschwe- felten Diphenylharnstoff und Anilin unter geeigneten Reactions- bedingungen auf einander wirken lies. Auch diese Voraus- setzung habe ich das Vergnügen gehabt, im Versuche sich verwirklichen zu sehen. Läfst man bei der Siedetemperatur des Anilins 1 Mol. geschwefelten Harnstoffs auf 1 Mol. Anilin einwirken, so entwickeln sich Ströme von Schwefelwasserstoff- gas. Wird die Flüssigkeit, welcher man zur Erlangung einer gleichmälsigen Temperatur einen kleinen Überschufs von Anilin zugesetzt hat, im Sieden erhalten, bis die Entwicklung von Schwefelwasserstoff aufgehört hat, so erstarrt sie nach dem Erkalten zu einer Krystallmasse der Triaminbase C;sHasNsS + C,H,N = CaHıu N; + HS. In einem ohne alle Sorgfalt ausgeführten Versuche wurden nicht weniger als 75 pCt. der theoretischen Ausbeute erhalten. Für die bequeme Darstellung des Triamins nimmt dieser Versuch eine noch einfachere und elegantere Form an. Ge- schwefelter Phenylharnstoff (1 Mol.) und Anilin (1 Mol.) wer- den in Alkohol gelöst und die siedende Lösung mit Bleioxyd oder Quecksilberoxyd versetzt. Augenblicklich scheidet sich Bleisulfid oder Quecksilbersulfid ab und die filtrirte Lösung er- vom 15. Juli 1869. 587 starrt auf Zusatz von Wasser zu einer blendend weilsen Kry- stallmasse der gesuchten Verbindung. Die angeführten Bildungsweisen dürften über die Natur der in Rede stehenden Base keinen Zweifel lassen; allein auch die Umwandlungen, welche dieselbe erleidet, sprechen nicht weniger überzeugend für die Auffassung, welche ich befürworte. Durch Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure geht die Base in Sulfanilsäure über; nach der von den Hrn. Merz und Weith gegebenen Formel müfste der aufserhalb der Phenyl- Sruppen vorhandene Kohlenstoff offenbar bei dieser Metamor- phose als Kohlenoxyd austreten. C,H; N, + 6H,80, = 6(C,H,N, 80,) + 3H,0 +3C0. Im Sinne meiner Auffassung kann sich der neben den Phenylgruppen existirende Kohlenstoff unter dem Einflusse der Schwefelsäure nur als Kohlensäure abspalten. CH, N; + 3H,850, = 3(0,H,N,S0,)+H,0+C0,. Der Versuch zeigt nun, dafs sich in dieser Reaction keine Spur von Kohlenoxyd entwickelt. Die Schwefelsäure wirkt bei mäfsig gehaltener Temperatur ruhig, ohne die Masse zu schwärzen, ohne Entbindung von schwefliger Säure, aber nnter Entwicklung eines lebhaften Stromes von Kohlensäure. Mit der neuen Auffassung der Base erscheint denn auch ‚ der Procefs, in welchem dieselbe ursprünglich aufgefunden zu ' wurde, nämlich die Behandlung des Diphenylsulfocarbamids mit Kupfer, in einem andern Lichte. Derselbe mufs einfach als ein Destructionsprocels aufgefalst werden, indem sich das anwesende Kupfer des Schwefels bemächtigt, neben anderen Producten tritt die Base auf, deren Quantität der im Anfange dieser Note gegebenen Gleichung bei weitem nicht entspricht. Erhitzt man in der That Diphenylsulfocarbamid auch ohne allen Zusatz einige Stunden lang auf 150—160°, so erhält man eine durchsichtige harzartige Masse, welche ohne alles krystallinische Gefüge erstarrt. Destillirt man dieses Product mit Wasser, so entweichen Anilin und Phenylsenföl, welche sich in der Vorlage vasch wieder zu Sulfocarbanilid vereinigen. Der Rückstand mit Salzsäure behandelt, zeigt sich als ein Ge- [1869.] 43 588 Gesammtsitzung menge von unzersetztem Sulfoharnstoff mit triphenylirtem Triamin. Man erhält auf diese Weise eine ganz erträgliche Ausbeute. Es isi kaum nöthig, auf die zahllosen Verbindungen hin- zuweisen, welche mit der geeigneten Verwerthung der im Vor- hergehenden erschlossenen neuen Reaction zu Tage treten. Der geschwefelte Diphenylharnstoff könnte statt mit Anilin mit To- luidin und mit Xylidin behandelt werden, oder aber man könnte die drei genannten Basen auf die geschwefelten Harnstoffe der Tolyl- und Xylylgruppe einwirken lassen; in jedem Fall würde ein Triamin entstehen, dessen Zusammensetzung von der Theorie im Voraus bezeichnet wäre. Einige der hier angedeuteten Versuche habe ich in der That schon angestellt. Diphenylharnstoff wird mit Leichtig- keit durch Bleioxyd in Gegenwart von Toluidin entschwefelt. Es bildet sich eine sehr schöne Base, welche in ihrem Ver- halten der triphenylirten Verbindung sehr nahe steht. Dieses aus Anilin und Toluidin aufgebaute, in schönen vollkommen farblosen Nadeln krystallisirende Triamin beansprucht ein flüchtiges Interesse, da ihm die Theorie genau die Zusammen- setzung des Rosanilins iv | ne N = C„H,N; HD, } zuertheilt. Auch durch Behandlung des ditoluylirten Schwefelharn- stoffs mit Monaminen werden basische Producte gebildet. Bei der Einwirkung des Toluidins entsteht das von den Hrn. Merz und Weith bereits beobachtete Triecarbohexatoluidid, wel- ches jetzt als ein tritoluylirtes Triamin aufzufassen ist. Schliefslich liegt der Gedanke nahe, diese auf dem Ge- biete der aromatischen Verbindungen gesammelten Erfahrungen - in der Methyl- und Äthylreihe, sowie in der Allylreihe zu ver- werthen, und es scheinen sich für diesen Zweck ganz besonders die zahlreichen neuen geschwefelten Harnstoffe der niederen Reihen, deren Darstellung und Eigenschaften ich der Akademie in früheren Mittheilungen dargelegt habe, sowie das längst be- kannte Thiosinnamin zu empfehlen. Ta TÜTE nn Bra vom 15. Juli 1869. | 589 Man wird in diesen Versuchen, welche ich nach den Ferien wieder aufzunehmen denke, möglicher Weise auf die schon mehr oder weniger bekannten methylirten und äthylirten Guanidine stos- sen. Verliefe die Reaction bei diesen einfacheren Verbindungen wie bei den aromatischen, so würde die Umbildung des normalen geschwefelten Harnstoffs bei der Entschwefelung mit Jod nach der Gleichung: 2CH,S+II=CHNS+CH,N, +2HI+S ' bei der Behandlung mit Ammoniak nach der Gleichung: CHN,S+H,N=CH.N,+H,S erfolgen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dafs sich bei geeigneter Handhabung dieser Reaction Guanidin oder wenig- stens ein Körper von derselben Zusammensetzung bilden werde. Noch ist es mir ein Vergnügen, Hrn, Reinhold Bense- mann für die treffliche Hülfe zu danken, welche er mir bei Anstellung der in dieser und der vorhergehenden Note be- schriebenen Versuche geleistet hat. Nachschrift. Während diese Blätter durch die Presse ge- hen, habe ich noch einen Versuch angestellt, der Erwähnung verdient. Eine Lösung von Diphenylsulfocarbamid in alkoholi- schem Ammoniak wird durch Bleioxyd augenblicklich entschwe- felt. Die Analyse des Platinsalzes zeigt, dafs die in schönen, abgeplatteten Nadeln krystallisirende Base, welche sich in die- ser Reaction bildet, durch die Formel C,H,;N; dargestellt wird, also mit dem Melanilin entweder isomer oder identisch ist. Die Bildung erfolgt somit genau im Sinne der bereits beobachteten Reactionen, beansprucht aber in die- sem Falle ein erhöhtes Interesse, weil sich in ihr das eigent- liche Wesen des Processes mit besonderer Klarheit spiegelt. In einfachster Form gefafst, bietet die Reaction, um die es sich handelt, ein Mittel, um Schwefel aus einem Molecul abzuspal- ten und durch den secundären Rest des Ammoniaks zu er- setzen. C,H,N;(S) + H,(HN) = 0 ;H,N, (HN) + H,(S) nn [u m mn Diphenylsulfocarbamid Melanilin. 43° 90 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die umgekehrte Reaction, nämlich die Substitution des Schwefels an die Stelle des secundären Ammoniakrestes ist mir bereits vor einigen Jahren gelungen, als ich das Melanilin mit Schwefelkohlenstoff behandelte und unter Austreten ven Schwefeleyanwasserstoffsäure sich in Diphenylsulfocarba- mid verwandeln sah. C;H, N, (HN) + 08S(S) = C,H,5N;(S) + CS(HN) Melanilin Diphenylsulfocarbamid. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Correspondenzblatt des Naturforscher -Vereins zu Riga. 17. Jahrgang. Riga 1869. 8. Silliman American Journal of science. no. 141. New Haven 1869. 8. Proceedings of the zoological Society. 1868. Part 3. London 1868. 8. Annuaire de lassociation pour l’encouragement des etudes grecques. Annee II. Paris 1869. 8. Orlandini, Rivelazioni astronomiche. Bologna 1869. 8. Revue de geologique. Paris 1868. 8. p. 483—639. Sitzungsbericht der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften zu Mün- chen. 1869. I. Heft 3. München 1869. 8, 19. Juli... Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Poggendorff. trug folgende zwei Mittheilungen vor: I. Über elektrische Spitzenwirkung: Es ist — so scheint es — ein allgemein zugegebener, oder wenigstens nicht eigends widerlegter Satz, den namentlich Saxtorph in seiner Elektricitätslehre, Bd. 1, S. 308 um- ständlich behandelt hat, dafs eine geladene Flasche sich durch eine Spitze, nicht in Funken entladen lasse, sondern durch die- selbe nur eine stille Entladung in Büschelform erhalten wer- den könne. Dieser Satz bedarf aber, nach meiner Erfahrung, einer mehrfachen Einschränkung. vom 19. Juli 1869. 591 Zunächst finde ich, dafs er nur richtig ist, wenn die ‘Spitze, welche durch einen Draht mit dem äufseren Beleg der Flasche verbunden worden, langsam dem Knopf derselben genähert wird. Geschieht es einigermafsen rasch, so bekommt man einen compacten Entladungsfunken und zwar einen recht an- sehnlichen, wenn der Knopf der Flasche negativ elektrisch war. Im umgekehrten Fall ist der Funke kleiner, kann auch wohl manchmal ganz ausbleiben. Besser und mehrfach modifieirt, läfst sich dieser Versuch mit Hülfe der Holtz’schen Maschine anstellen. Jedoch ist da- bei nicht zu übersehen, dafs wenn man, wie gewöhnlich, eine oder zwei mit der Maschine verbundene Flaschen abwechselnd ladet und entladet, der Procefs ein etwas verwickelter ist, in- dem nicht allein die Entladung, sondern auch die Ladung von der Gestalt und dem gegenseitigen Abstand der Elektroden abhängt. Endigen beide Elektroden in Spitzen und stehen sie etwa , 15 Mm. auseinander, so bekommt man keine Funken zwischen ihnen, nicht weil die mit ihnen verbundenen Flaschen sich un- sichtbar entlüden, sondern weil sie so gut wie gar nicht geladen werden, wovon man sich, wenn man sie einzeln durch einen Metallbogen schliefst, leieht überzeugen kann. Die Elektrieität der Maschine geht also in diesem Fall direct zwi- schen den Elektroden über, ohne in die Flaschen einzutreten. Je dünner die Glaswand der Flaschen ist, je eher werden sie geladen; aber immer giebt es einen Abstand zwischen den Elektroden, bei welchem sie ungeladen bleiben. Überhaupt ist es wohl allgemeine Regel, dafs die Stärke der Ladung, welche die mit den Elektroden der Maschine ver- bundenen Flaschen annehmen, abhängig ist von einem gewissen Widerstand, der sich dem Übergange der Electrieität zwischen den Elektroden entgegenstellt, und davon rührt es ohne Zweifel zum Theil her, dafs, wenn diese in grofsen Kugeln endigen, die Entladungen kräftiger sind als bei kleinen Kugeln. Bei Spitzen treten indefs noch eigenthümliche Erscheinun- gen auf. Wenn dieselben einen gegenseitigen Abstand von etwa 15 Mm. haben, so erfolgt, wie eben gesagt, keine Funken-Ent- 592 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ladung. Schiebt man sie nun näher zusammen, so sollte man meinen, man vermindere den Widerstand zwischen ihnen, be- fördere also den büschelförmigen Übergang der Eleetrieität; allein statt dessen bekommt man in schneller Folge hellleuch- tende Fünkchen, die grofse Ähnlichkeit mit kleinen Inductions- funken haben. Andererseits wenn man die negative Spitze durch eine kleine Kugel,. z. B. eine von 14 Mm. Durchmesser ersetzt, sollte man meinen, man vergröfsere den Widerstand zwischen den Elektroden, verstärke also die Ladung der Flaschen und erhalte demgemäfs längere und kräftigere Entladungsfunken. Allein gerade das Gegentheil ist der Fall. Die Funken haben kaum eine Länge von 4 bis 5 Mm. Die Kugel mag die positive oder negative Elektrode bilden. Überhaupt habe ich auf diese Weise mittelst der Influenz- maschine keine längeren, oder kaum so lange und kräftige . Funken aus einer Spitze erhalten, als eine einzeln geladene Flasche liefert, wenn man ihrem negativen Knopf rasch eine mit dem äufseren Beleg verbundene Spitze nähert. Ganz anders aber gestaltet sich die Sache, wenn man in die Bahn des Stromes der Maschine noch eine zweite Luft- strecke einschaltet, die durch Kugeln begrenzt ist. Früher bediente ich mich dazu der in den Monatsberichten von 1867 (S. 809) beschriebenen Hülfskugel, welche mittelst eines Stiftes in dem Gestell der Maschine befestigt wurde. Die neuere Maschine des Hrn. Holtz, die ich seit einiger Zeit vorzugsweise zu meinen Untersuchungen gebrauche, erlaubt diese Befestigungsweise nicht, da sie bekanntlich nur eine ein- seitige Axe besitzt, welche vorn Alles frei läfst, bis auf die beiden Stützen, welche die Elektroden tragen. Ich habe daher die erwähnte Hülfskugel ersetzt durch ein bewegliches Stativ, welches zwischen die Elektroden gestellt werden kann. | Dieses Stativ trägt auf einer isolirenden Säule, die sich verlängern und verkürzen läfst, eine horizontal durchbohrte Kugel und in dieser Durchbohrung einen kurzen Stift, auf welchen, je nach Erfordernifs, spitze Hohlkegel oder Kugeln aufgesteckt werden können. Mittelst dieser kleinen Vorrichtung vom 19. Juli 1869. 595 lassen sich Einschaltungen aller Art mit grofser Leichtigkeit bewerkstelligen. Zu vorerwähntem Zweck stecke ich nun auf das eine Ende des horizontalen Stiftes einen spitzen Hohlkegel und auf das andere eine Kugel von 24 Mm. Durchmesser und gebe dem Stativ eine solche Stellung, dafs der Kegel der ebenfalls in einem Kegel endigenden positiven Elektrode, und die Kugel der mit einer gleichen Kugel versehenen negativen Elektrode gegen- übersteht, folglich in der ersten Luftstrecke Kegel oder Spitzen, und in der zweiten, Kugeln einander zugewandt sind. Bringt man nun zuvörderst die Kugeln mit einander in Berührung und giebt den Spitzen einen gegenseitigen Abstand von 12 bis 14 Mm., so erhält man zwischen ihnen, sobald man die Maschine in Thätigkeit setzt, die kleinen Funken, von denen vorhin die Rede war. Zieht man hierauf die Kugeln langsam auseinander, so sieht man, dafs diese Funken bedeutend an Helligkeit zunehmen und darin fortfahren, bis die Kugeln, zwischen denen natürlich auch Funken überspringen, einen gegenseitigen Abstand von etwa einen Zoll erreicht haben. DBei fernerer Vergrölserung dieses Abstandes sieht man die Funken zwischen den Spitzen an Helligkeit abnehmen, sogar schwächer werden als sie an- fänglich waren, und zugleich hört man an dem zischenden Geräusch, dafs in beiden Luftstrecken die Funken untermischt sind mit Büscheln. Bei noch weiterer Vergröfserung des Abstandes zwischen den Kugeln wechseln in beiden Luftstrecken Funken : und Büschel mit einander ab; und endlich kommt ein Punkt, von dem ab alle Funken verschwinden und nur noch Büschel und Glimmlicht in beiden Luftstrecken auftreten. Gröfsere Kugeln, z: B. von 39 Mm. Durchmesser, muls man etwas weiter auseinander ziehen, um die Funken ver- schwinden zu machen; sonst sind die Erscheinungen denen bei kleineren Kugeln ähnlich. | Immer sind dabei die Entladungsweisen in beiden Luftstrecken einander gleich, man mag Funken erhalten oder nicht, rein oder untermischt. Niemals habe ich den Fall be- 594 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse obachten können, dafs in der einen Luftstrecke Funken, und in der anderen Büschel erschienen wären. In dem eben beschriebenen Versuch wurde der Abstand zwischen den Spitzen constant gehalten. Man kann ihn aber auch vergröfsern, sobald man dem Abstand zwischen den Kugeln eine entsprechende Grölse giebt, und dabei zeigt sich dann, dafs die Funken eine ganz über- raschende Länge erlangen können. Ich habe nicht allein aus den erwähnten Hohlkegeln, son- dern aus den feinsten Nadelspitzen Funken von drei Zoll Länge hervorschiefsen gesehen, wenn zugleich die Kugeln einen Abstand von einem Zoll besalsen. Sie waren heller als die Funken zwischen letztere, aber ihr eigenthümlich knarrend zischendes Geräusch zeigte, dals sie mit Büscheln untermischt waren. Die zweite, von Kugeln begränzte Luftstreecke hat bei diesen Erscheinungen zunächst die Wirkung, dafs sie eine stär- kere Ladung der Flaschen gestattet als zwischen blofsen Spitzen möglich ist; und es ist wohl klar, dafs, wenn in dieser Luft- strecke eine Funken-Entladung stattfindet, eine solche auch nothwendig in der anderen Strecke, in der zwischen den Spitzen, eintreten mufs, weil diese dadurch urplötzlich mit einer so srolsen Elektrieitätsmenge versehen werden, dafs sie gewaltsam ausbrechen muls. Allein die Funkenbildung zwischen den Kugeln ist wie- derum abhängig von der Gröfse der Luftstrecke zwischen den Spitzen, und diese Abhängigkeit anzugeben, möchte wohl ein schwieriges Problem sein. Wie sehr die Funkenbildung bei diesen Versuchen von der relativen und auch absoluten Grölse der beiden Luftstrecken abhängt, läfst sich in recht anschaulicher Weise darthun, wenn man den gegenseitigen Abstand der Elektroden, also die Summe der beiden Luftstrecken constant läfst, und blofs ihr relatives ‘ Verhältnifs durch Verschieben des beweglichen Stativs verändert. Setzt man zuvörderst die Spitzen mit einander in Berüh- rung, und giebt den Kugeln einen gegenseitigen Abstand von etwa drei Zoll, so erhält man zwischen den letzteren die ge- wöhnlichen Funken. vom 19. Juli 1869. | 1895 Rückt man nun, durch Fortschieben des Stativs, die Spitzen etwas auseinander, auch nur eine halbe oder ganze Linie, so verschwinden die Funken, und man erhält unter zischendem Geräusch in beiden Luftstrecken nur Büschel- und Glimmlicht. Dasselbe ist auch der Fall bei fernerer Vergröfserung des Abstandes zwischen den Spitzen, bis dieser auf Etwas über zwei Zoll angewachsen, der Abstand zwischen den Kugeln also auf ungefähr einen Zoll herabgekommen ist. Dann treten wie- derum helle Funken auf, und zwar, wie immer, in beiden Luft- strecken, zwischen den Spitzen noch hellere und compactere als zwischen den Kugeln. Über diese Gränze hinaus verschwinden die Funken aber- mals, um einem zischenden Büschel Platz zu machen, und dieser hält sich bis endlich, durch das fortgesetzte Verschieben des Stativs, die Kugeln mit einander in Berührung kommen und folglich die eine Luftstrecke annullirt wird. Diefs ist der Vorgang, wenn, wie gesagt, die eine der Luftstrecken nur durch Spitzen, und die andere nur durch Kugeln begränzt ist. Dreht man das Stativ um 180°, so dafs in: beiden Luftstrecken der Spitze eine Kugel gegenübersteht, so bekommt man in keinem Falle Funken, die Kugeln mögen positive oder negative Elektrieität ausströmen. Je nach der Grölse der Kugeln und der Gröfse des gegen- seitigen Abstandes, den man ihnen anfänglich giebt, wenn’ die Spitzen einander berühren, sind die Erscheinungen etwas ver- schieden, jedoch in ihrem Gange ähnlich. Je kleiner dieser anfängliche Abstand ist, desto mehr müssen die Spitzen aus- einander gebracht werden, um die Funken zu vernichten. Es macht auch im Allgemeinen keinen Unterschied, ob die durch Kugeln begränzte Luftstrecke auf Seite der negativen oder positiven Elektrode liegt. Es ist indels zu bemerken, dafs wenn sie auf Seite der positiven Elektrode liegt, diese Elektrode um ein Gewisses kürzer gemacht ist als die negative, und der gegenseitige Ab- stand der Kugeln für den anfänglichen Fall, dafs die Spitzen sich berühren, eine gewisse Gröfse hat (etwa 14 Zoll), die son- derbaren, bei Tageslicht kaum sichtbaren Funken zum Vor- schein kommen, welche neuerlichst Hr. Riefs entdeckt, und 596 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse schwache Funken genannt hat, die aber sogleich in hell- leuchtende übergehen, so wie man den gegenseitigen Contact der Spitzen unterbricht. | Offenbar kann aus einer Spitze kein Funke hervorbrechen, wenn nicht zuvor das bekannte Zerstreuungsvermögen derselben auf irgend eine Weise unterdrückt worden ist. In den eben be- schriebenen Versuchen mit zwei Luftstrecken, die man übrigens auch ohne Holtz’sche Maschine an einer gewöhnlich geladenen . Leydner Flasche anstellen kann, wenn man derselben eine isolirte, abwärts in einer Kugel endende Nadel gegenüber- stellt und dieser Kugel eine zweite, mit dem äufseren Belage verbundene Kugel nähert, wird diese Unterdrückung durch das plötzliche Überschlagen der Funken zwischen den Kugeln be- werkstelligt. | Es giebt indefs noch andere Methoden, die zu demselben Ziele führen. Eine der einfachsten und wirksamsten ist fol- gende: Nachdem man bei der vorhin angewandten Vorrichtung die Luftstrecke zwischen den Kugeln annullirt hat, hält man eine Tafel s. g. Kamm-Masse dicht vor der Nadelspitze, setzt die Maschine in Thätigkeit und zieht die Tafel hierauf rasch hin- weg. Jedesmal wenn dieses geschieht, giebt die Nadel einen Funken, den ich auf diese Weise von mehr als drei Zoll Länge erhalten konnte, sobald sie die positive Elektrode bildete. Eine Glasscheibe, eine Holztafel, ja selbst eine isolirte Metallplatte wirkt ähnlich; nur muls sie immer einige Augenblicke vor der Spitze verweilen, ein blofses rasches Durchschlagen der Luft- strecke mit der Tafel ruft in der Regel keinen Funken hervor. Einleuchtend ist, dafs bei diesem Verfahren, sowohl das Vor- halten der Tafel, als das rasche Fortziehen derselben zur Fun- kenbildung mitwirken muls, ersteres, indem es die Electricität auf der Spitze zurückhält, letzteres, indem es sie plötzlich der anziehenden Wirkung der gegenüberstehenden Elektrode aus- setzt. Schon das blofse ruhige Vorhalten der Tafel, ohne Fort- ziehen derselben, ruft Funken hervor, wenn sie dabei der Na- delspitze nahe ist und zugleich nicht mehr als höchstens ein Paar Zoll über die Linie hinausragt, welche die Spitze mit vom 19. Juli 1869. 997 der gegenüberstehenden Elektrode verbinden würde. Es schla- gen dann fortwährend Funken über den Rand, selbst bei einer Metallplatte, jedoch bei dieser schwieriger als bei den übrigen Tafeln. Diese Methode, welche begreiflich auch auf die durch die gemeine Elektrisirmaschine vereinzelt geladene Flasche anwend- bar ist, bietet demnach den zweiten oder, wenn man will, den dritten Fall dar, in welchem der von Saxtorph behandelte Satz nicht gültig ist. Was übrigens in dem Bisherigen von den Flaschen-Ent- ladungen gesagt ist, das gilt im Ganzen auch von den Entla- dungen, welche man bekommt, wenn man die Influenzmaschine mit grofsen Conductoren versieht. Nur mufs man, da auf sol- chen Conductoren die Elektricität keine Verdichtung erfährt, also starke Neigung zum Entweichen hat, die Elektroden in srofsen Kugeln (von 40 Mm. Durchmesser etwa) endigen las- sen und wenigstens 1 bis 14 Zoll auseinander ziehen. Sonst häuft sich wenig Elektricität auf diesen Conductoren an und die Anwesenheit derselben hat nur geringen Einfluls auf die Entladungsweise zwischen den Elektroden, welche fast in der- selben Form wie ohne sie erfolgt. Unter den genannten Umständen aber bekommt man mit den Conductoren wahrhafte Funken, die sich gegen Spitzen ge- nau so verhalten, wie die Entladungsfunken der Flaschen. Man kann sie übrigens den Flaschenfunken beliebig nä- hern, wenn man sich der linsenförmigen Conductoren bedient, welche ich in den Monatsberichten von 1867 (S. 297) beschrie- ben habe. Je näher man zwei solche Conductoren einander gegenüber aufstellt, jemehr man also den auf ihnen angehäuf- ten Elektricitäten Gelegenheit giebt, verdichtend auf einander einzuwirken, desto mehr werden diese Funken den Bun Entladungsfunken der Flaschen ähnlich. 595 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse I. Zur Frage, wie nicht-leitende Substanzen influencirt werden. In einer Abhandlung, die ich in der Klassensitzung vom \ 18. Febr. 1867 vorgelesen habe, von der aber nur wenige Worte in den Monatsbericht übergegangen sind, habe ich unter anderen Versuchen auch den beschrieben, dafs ich dicht an oder gegen die Scheibe einer Elektrisirmaschine, nachdem sie einige Male herumgedreht worden, eine Franklin’sche Tafel hielt, und derselben, an ihrer abgewandten Seite, einen Knöchel näherte, erst während sie der influencirenden Wirkung der Scheibe ausgesetzt war, und dann, nachdem ich sie aus dersel- ben entfernt hatte. In beiden Fällen bekam ich einen stechen- den Funken, im ersten einen positiven, im zweiten einen nega- tiven. Dieselben beiden Funken konnte ich unter gleichen Um- ständen aus der der Scheibe zugewandten Seite der Tafel zie- hen, und eben so erhielt ich sie, wenn ich den Finger erst der einen und dann der andern Seite näherte. Die angewandte Tafel war nur eine halbe Linie dick; eine zwei Linien dicke verhielt sich aber eben so; selbst Wachs- und Harztafeln von drei Viertelzoll Dicke, die auf einer oder beiden Seiten mit Stanniol belegt worden, gaben ein ähnliches Resultat, Belegte Tafeln aus Isolatoren verhalten sich also bei die- ser Influenz durchaus wie Metallplatten, und daher sagte ich schon in der erwähnten Abhandlung, dafs sie ganz füglich als-Schild beim Elektrophor dienen könnten, wenngleich ein dicker metallner Schild mit abgerundetem Rande natürlich vor- zuziehen ist. Vor längerer Zeit wurde ich durch andere Betrachtungen an diesen Versuch erinnert und veranlafst, ihn mit einem eigent- lichen Elektrophor zu wiederholen. Der Kuchen dieses Elek- trophors bestand aus gehärtetem Kautschuk oder Ebonit.') 1) Ich adoptire hier den Namen Ebonit, welchen die Engländer der Substanz wegen ihrer äufseren Ähnlichkeit mit dem Ebenholz. gege- ben haben, weil er mir besser zu sein scheint als Kamm-Masse, Hartkautschuk, Hartgummi, Horngummi, oder, wie die Berli- ner Fabrikanten sagen, hornisirtes Gummi. vom 19. Juli 1869. 599 Eine auf denselben gelegte Franklin’sche Tafel zeigte ganz die früheren Erscheinungen. Darauf liegend und mit der Form des Elektrophors verbunden, gab sie an der Oberseite einen negativen Funken, und, nachdem sie abgehoben worden, einen positiven. Dieselben beiden Funken konnte ich auch von der Unterseite erhalten, und eben so den einen von der oberen, und den anderen von der unteren Seite. Um von letzterer Seite den negativen Funken zu erhalten, mufste natürlich zwi- ‚schen Kuchen und Tafel ein herausragender Stanniolstreif ein- geschoben worden sein, dem man den Finger nähern konnte. Zwei, drei, vier und mehr Franklin’sche Tafeln auf ein- ander gelegt als Schild des Elektrophors benutzt und gleich- zeitig abgehoben, wirkten ähnlich, nur etwas schwächer. Auch konnte ich aus der Oberseite einer einzigen Tafel schon die beiden Funken erhalten, wenn ihre Unterseite nicht belegt war. Und selbst diese unbelegte Seite gab, nach dem Abheben der Tafel, kleine positive Fünkchen, wenn ich ihr an verschiedenen Stellen den Knöchel näherte. Als ich diesen Versuch vor längerer Zeit Hrn. Magnus zeigte, und von den Schwierigkeiten sprach, welche die Erklä- rung desselben nach der gewöhnlichen Theorie darbietet, nach der Theorie nämlich, gemäfs welcher ein z. B. negativ elektri- sirter Körper auf der ihm zugewandten Seite eines Isolators positive, und auf der abgewandten Seite negative Elektricität entwickeln soll, wie bei einem Leiter, — wenn dem nicht be- sondere Umstände entgegentreten — äufserte Derselbe, diese Theorie sei auch nicht richtig. Vielmehr behauptete er, es werde bei der Influenz von nichtleitenden Substanzen. die Null- Elektrieität auf beiden Seiten derselben zerlegt. Jede Seite einer isolirenden Platte erhalte positive und negative Elektrieität. Einen genügenden Grund oder einen Beweis. für diese Theorie wulste er nicht anzugeben; auch vermochte er mir ‚nicht zu sagen, von wem sie herstamme; er selbst machte auf ihre Urheberschaft keinen Anspruch. Diese, meines Wissens noch niemals öffentlich ausge- sprochene, den Ansichten gewichtiger Autoritäten widerspre- ehende Theorie erschien mir im ersten Augenblick, muls ich 600 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gestehen, etwas paradox. Als ich indels ein wenig über sie nachdachte, konnte ich nicht umhin, ihr beizupflichten, sie für natürlich, ja für nothwendig zu halten. In der That, der erste Act der Influenz auf eine isolirende Platte kann füglich kein anderer sein, als dafs auf ihrer ganzen Oberfläche, also auf jeder ihrer Seiten, die Null-Elektrieität in ihren positiven und negativen Bestandtheil zerlegt wird. Auch ist kein Grund zu der Annahme vorhanden, dafs diese somit in jedem Punkt getrennten Elektrieitäten sich auf oder in der Platte nach der einen und der andern Seite hinbe- geben sollten, denn sonst mülste man für die Platte einen Grad von Leitungsfähigkeit statuiren, den man ihr bei einer Dicke von einer oder mehren Linien doch unmöglich zuschreiben kann. Soweit also mülsten die getrennten Elektricitäten beide an dem Orte ihrer Trennung verbleiben, und den Isolator, nach Aufhebung der Influenz, unelektrisch erscheinen lassen, da sie, wenn sie auch nicht zusammenflöfsen, wie auf einem Leiter, doch vermöge ihrer gegenseitigen grofsen Nähe keine Wirkung in die Ferne auszuüben vermöchten. Allein es ist so gut wie unmöglich, diesen primären In- fluenz-Zustand aufrecht zu halten, denn immer geht die eine oder andere der getrennten Elektricitäten von der Platte auf deren Umgebung über, in gröfserer oder geringerer Menge, je nach der Dauer und Stärke der Influenz. Dies gilt sowohl von Isolatoren als von Leitern; ich we- nigstens habe keine Substanz, von welcher Art und Gestalt sie auch sein mochte, nach der Influenz ganz unelektrisch finden können. 3 Welche der beiden Elektricitäten hiebei entweicht, welchel also zurückbleibt, das hängt von Umständen ab. F Bei Leitern ist die entweichende Elektricität wohl ohne” Ausnahme von gleicher Art mit der influencirenden, von wel- cher sie abgestoflsen wird, und die zurückbleibende ist über die ganze Oberfläche ausgebreitet. | Bei Isolatoren können zwei Fälle eintreten. Entweder, und zwar sehr häufig, ist auch bei ihnen die aus beiden Seiten einer Platte entweichende Elektrieität gleichnamig mit der. in- ducirenden, obschon dabei wohl selten gleich in Menge. Oder vom 19. Juli 1869. 601 es bewirkt die Gestalt und Beschaffenheit der benachbarten Körper, dafs von der dem inducirenden Körper zugewandten Vorderseite die gleichnamige, und von der Hinterseite die un- gleichnamige entweicht. Und so erscheint denn der Isolator nach aufgehobener Influenz im ersten Fall auf beiden Seiten mit ungleichnamiger Elektrieität begabt, und im letzteren auf der Vorderseite mit ungleichnamiger, und auf der Hinterseite mit gleichnamiger, wie ein Leiter während der Influenz. Die überschüssige Elektricität, welche man nach aufgeho- bener Influenz auf einem influeneirten Körper, namentlich auf einem Leiter, antrifft und durch Wirkung von Spitzen u. s. w. künstlich steigern kann, ist folglich, nach dieser Ansicht, nicht das Resultat der reinen Influenz oder Vertheilung, sondern her- vorgegangen aus einem gemischten Procefs, aus der Combina- tion der Influenz oder Zerlegung der Null-Elektrieität mit der Ausstrahlung oder Entweichung eines der Bestandtheile derselben. Ich müfste mich sehr irren, wenn nicht die vorhin ange- führten Beobachtungen eine Stütze für diese Ansicht geben sollten. Fulng In der That, legen wir die Franklinsche Tafel auf den Elektrophor, so werden, dieser Ansicht gemäfs, durch influen- eirende Wirkung desselben zunächst auf jeder Seite der Tafel positive und negative Elektrieität entwickelt. Die negative der Oberseite können wir bei dieser Lage der Tafel in Ge- stalt eines Funkens entfernen. Heben wir nun die Tafel von dem Elektrophore ab, so haben wir also an ihrer Unterseite positive und negative, an ihrer Oberseite blofs positive Elek- trieität. Aus beiden Seiten der Tafel läfst sich jetzt ein positiver Funke ziehen, aus der Oberseite, weil deren positive Elek- trieität keine Einwirkung von den beiden Elektricitäten der Unterseite erleiden kann, aus der Unterseite, weil deren nega- tive Elektrieität von der positiven der Oberseite gebunden wird. Allein das Resultat dieser Entfernung der positiven Elek- trieität mufs in beiden Fällen ein verschiedenes sein. Ent- fernen wir sie von der Oberseite, so mufs die Unterseite in den indifferenten Zustand zurückgehen, indem ihre beiden Elektrieitäten nun nicht mehr getrennt gehalten werden, also 602 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zusammenfliefsen. Entfernen wir dagegen die positive Elek- trieität von der Unterseite, so behält dieselbe ihre negative Elektricität, und da die positive der Oberseite nicht fortge- nommen wurde, mufs also im letzteren Falle die Tafel ge- laden sein. Begreiflich kam es darauf an, diesen Ladungszustand nach zuweisen, und wirklich ist mir dasselbe gelungen, indem ich die beiden Belege der Tafel durch einen Metallbügel mit ein- ander verband. Hatte ich die positive Elektrieität von der Oberseite entfernt, so war von einem Entladungsfunken nichts zu bemerken; hatte ich sie dagegen von der Unterseite fort- genommen, so erschien ein solcher, zwar klein, aber unverkenn- bar. So weit wäre also die Theorie vollkommen gerechtfertigt. Der Theorie nach hätte nun aber auch die Tafel indifferent sein müssen; allein das war sie nicht; vielmehr erwies sie sich positiv, und zwar auf beiden Seiten, was gewils kein Irrthum war, da eine drei Viertelzoll dieke Wachstafel sich ganz eben so verhielt. Diesen Rückstand von positiver Elektrieität halte ich jedoch für keinen Einwand gegen die aufgestellte Theorie,’ ) betrachte ihn vielmehr als das Resultat einer stillen Entweichung der vom Ebonit-Elektrophor abgestolsenen negativen Elektrici- tät aus beiden Seiten der Tafel. Was mich in dieser Ansicht bestärkt, ist die oft von mir - beobachtete Thatsache, dafs -eine Glasplatte, die man, getragen von drei Wachskügelchen, in geringer Höhe ruhig und unbe- rührt, entfernt von allen Spitzen, über einem solchen Electro- phor liegen läfst, nach wenigen Minuten ebenfalls positive Elek- trieität auf beiden Seiten zeigt, selbst wenn sie eine Dicke von drei und mehren Linien hat. Es macht dabei keinen Unter- schied, ob die Glasplatte belegt oder unbelegt ist, wie ich denn überhaupt glaube, dafs die Stanniolbelege, wegen ihrer gerin- sen Dicke, keinen Einfluls auf die beschriebenen Erscheinungen haben, sondern nur die Rolle spielen, die Beweglichkeit der Elektricitätstheilchen auf der Oberfläche der Isolatoren zu er- höhen. 1) Bei einem Glas-Elektrophor ist begreiflich die Tafel nach glei- cher Behandlung auf beiden Seiten negativ. | vom 19. Juli 1869. 603 Zusammengefalst kommt also die neue Theorie, wenn ich sie so nennen darf, darauf zurück, dafs sie bei der Influenz in distanz den ersten Act (die Zerlegung der Null-Elektrieität in jedem Theilchen wenigstens der Oberfläche) als gleich annimmt für Isolatoren und Leiter, und dafs sie keinen anderen Unter- schied zwischen dem Verhalten beider Körperklassen in diesem Processe statuirt als den, welcher aus der leichten Beweglich- keit der Elektrieität in letzterer entspringt. Im Grunde ist diese Ansicht sehr einfach, aber sie hat einige Wichtigkeit für. die richtige Beurtheilung der mannig- fachen Erscheinungen bei den Influenzmaschinen, deren voll- ständige Theorie bis jetzt noch nicht gegeben sein möchte. Schliefslich will ich noch einer nicht uninteressanten Mo- dification der beschriebenen Versuche erwähnen, darin bestehend, dafs man eine geladene Franklin’sche Tafel als Schild des Elektrophores anwendet. Legt man sie mit der negativen Seite auf den gleich- falls negativen Ebonit-Elektrophor, so sind alle Erscheinungen den vorhin beschriebenen gleich. Die Ladung der Tafel nimmt keinen Theil daran, und behält selbst nach mehrmaliger Wie- - derholung der Versuche ihre Stärke fast unverändert. Anders ist es dagegen, wenn die Tafel mit der positiven Seite auf den Elektrophor gelegt wird. Verbindet man nun die negative Oberseite mit der Form des Instruments, so bekommt man einen lebhaften Funken oder Schlag, je nachdem man die Verbindung durch einen Drahtbügel oder mit den Händen voll- zieht. Abgehoben giebt die Tafel keinen Funken; kehrt man sie aber um, und legt sie mit der negativen Seite auf den Elektrophor, so erhält man aus ihrer positiven Oberseite wie- derum einen Funken, wenn man dieselbe mit der Form ver- bindet. Diese Operation kann man unter jedesmaliger Umkeh- rung der Platte wenigstens 4 bis 6 Male wiederholen; immer erhält man einen Funken, aber freilich in abnehmender Stärke, und wenn man nun die Ladung der Platte untersucht, findet man sie auf ein Minimum redueirt. Hierbei bleibt, wie leicht zu erachten, der Elektrophor auch nicht unverändert. Nach jedem Schlielsungsfunken findet sich seine Polarisation umgekehrt. Nach dem ersten ist er auf der [1869.] 44 604 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Oberfläche positiv, nach dem zweiten negativ, nach dem dritten wiederum positiv und so fort. | Offenbar haben diese Erscheinungen ihren Grund darin, dals die entgegengesetzten Elektrieitäten, welche auf den sich berührenden Flächen des Elektrophors und der Platte ange- häuft sind, mit einander in Verbindung treten, sobald die abge- wandten Flächen beider leitend verbunden werden. Und es ist auch klar, dafs dabei ein Überschufs von Elektrieität von der Tafel auf den Elektrophor übergehen mufs, weil sonst die Polarität desselben nur vernichtet, nicht umgekehrt werden könnte. Der Erfolg des Versuches wird also davon abhängen, wie stark der Electrophor erregt, und wie stark die Tafel ge- laden war. Hr. C. Rammelsberg las über die chemische Zu- sammensetzung der Turmaline (zweite Abhandlung). In der Sitzung der Akademie vom 22. Juli 1850 legte Heinrich Rose eine Arbeit von mir vor: „Über die Zusam- mensetzung der Turmaline*, deren Ausführung durch eine im Jahre 1849 gewährte materielle Beihülfe seitens der Akademie sehr wesentlich gefördert worden war'). Ich hatte damals den Versuch gemacht, die Constitution einer grolsen und wichtigen Mineralgruppe zu erforschen, einer durch das Auftreten der Borsäure vor allen anderen ausgezeichneten Reihe, an deren analytischer Untersuchung sich alle Früheren bis zu Chr. Gmelin mit wenig Erfolg versucht hatten. Angesichts der ungewöhn- lichen Schwierigkeiten, welche die Natur und die grofse Zahl der Bestandtheile der Turmaline bei der Analyse darbieten, glaubte ich nicht den gewöhnlichen Weg einschlagen zu dürfen, der darin besteht, dafs man einige sogenannte Abänderungen eines Minerals untersucht, und daraus die Zusammensetzung aller übrigen folgert. Die alsbald sich ergebenden Variationen in qualitativer und quantitativer Beziehung machten es wün- schenswerth, das verschiedenartigste Material zu verwenden, und Dank der vielseitigen Unterstützung, welche mir in dieser 1) Monatsbericht 1850 S. 273. vom 19. Juli 1869. 605 Hinsicht zu Theil wurde, konnte die Arbeit auf dreifsig Tur- maline ausgedehnt werden. Die geometrischen und physikalischen Eigenschaften der einzelnen Turmaline sind so wenig verschieden, dafs man glauben durfte, auch für ihre chemische Constitution werde sich ein ge- meinsamer Ausdruck ergeben, wenn die Resultate so zahlreicher Versuche gleichzeitig berechnet würden. Diese Erwartung wurde jedoch getäuscht, und ich mufste mich begnügen, die Existenz von fünf stöchiometrisch verschiedenen Unterabtheilungen anzu- nehmen, wenn die Turmaline als Borosilikate aufgefafst wurden. Es waren Bi- oder Trisilikate der stärkeren Basen, in Verbin- dung mit Singulosilikaten der schwächeren, aber es lohnt heute nicht mehr, bei diesen Formeln zu verweilen, oder die Versuche Anderer, meine Analysen zu interpretiren, hier anzuführen. Niemand hat lebhafter die Mängel jener Arbeit empfunden als ich selbst, und ich habe schon seit langer Zeit das Thema von neuem in Angriff genommen, um das einfache Gesetz zu finden, welches die Turmalin-Constitution beherrscht, und an dessen Existenz wohl nicht zu zweifeln war. In der That ist es mir gelungen, alle Turmaline auf eine Grundverbindung zurückzuführen, sie durch eine Formel zu bezeichnen, welche lediglich der Ausdruck der Thatsachen ist, mit einem Wort: den Begriff Turmalin in chemischer Beziehung ebenso scharf zu umschreiben, wie es längst für Granat, Augit, Feldspath ete. geschehen ist. Drei Punkte sind es, deren richtige Erkenntnifs dieses Re- sultat herbeigeführt hat: 1, Das Verhalten der T. beim Glühen. 2. Der Verbindungszustand des Eisens. 3. Der wahre Gehalt der T. an Bor. Die T. verlieren in starker Glühhitze im Durchschnitt 3 p.C. am Gewicht, und erleiden hierbei eine wesentliche Veränderung nicht blos ihres Ansehens sondern auch ihrer Zusammensetzung. ' Wie man sich erinnern wird, hatte ich in allen T. Fluor ge- ‘funden, und das Entweichen von Fluorkiesel und Wasser in ‚der Glühhitze beobachtet. Allein ich hielt das Auftreten des Wassers für unwesentlich, und glaubte den Glühverlust für einen Malsstab des Fluorgehalts nehmen zu dürfen, wie dies beim ' Topas stattfindet. Man kannte damals noch nicht das erst viel | 44.* 606 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse später von Damour am Euklas nachgewiesene Austreten von chemisch gebundenem Wasser aus einem Silikat in starker Glühhitze. Seitdem ich aber gefunden hatte, dafs die Kali- glimmer und andere Silikate Wasser enthalten, welches zu ihrer Constitution gehört, wurde es nöthig, auch bei den Turmalinen das Fluor und das Wasser direkt zu bestimmen. Wäre der im Mittel 5 p. C. betragende Glühverlust ledig- lich Fluorkiesel, so würde er 2,2 p. ©. Fluor entsprechen. Allein dies übersteigt den wirklichen Fluorgehalt der Turmaline um das Vierfache, denn auf Grund von 19 vorliegenden neuen Be- stimmungen schwankt derselbe von 0,15 bis 1,19, und ist im Mittel nur = 0,54 p.C. Dies entspricht 0,74 p.C. Si Fl#, so dafs also etwa 2,3 p. C. übrig bleiben, welche als Wasser in Rechnung kommen. | Ich habe versucht, dieses Wasser annährend direkt zu be- stimmen, indem ich mehr als 30 Grm. des T. von Ramfossen bei Snarum, in Form groben Pulvers, in einem Platinrohr nach vorgängigem schwachem Glühen möglichst stark erhitzte und das Wasser in einer Chlorcaleiumvorlage sammelte, Es betrug 1,33 p. C. und reagirte stark sauer infolge eines: Gehalts ven Kieselfluorwasserstoff. Der Apparat erlaubte keine höhere Stei- gerung der Temperatur, es wurde daher nicht die ganze Wasser- menge erhalten, und eine Probe verlor nachher im Tiegel noch 1,4 p.C., aber der Versuch beweist den wesentlichen Wasser- gehalt des Minerals, dessen Fluor in diesem Fall 0,55 p. ©. ausmacht, so dafs, je nachdem der totale Glühverlust 2,39 (früher) oder 2,73 p.C. ist, die Menge des Wassers selbst zu 1,64 bis 1,98 p. C. geschätzt werden kann. In der Constitution der T. mufs aber H?O dieselbe Funktion haben wie K?O, ‚Na?O und Li?O. Obwohl es nicht an eisenfreien T. fehlt, so ist doch die grofse Mehrzahl, (braune, schwarze, blaue, dunkelgrüne) eisen- haltig. Ich hatte in meinen frühern Versuchen die Auflösung des durch Schmelzen mit Borax entstandenen Glases in der Regel mit Goldchlorid zur Bestimmung des Oxyduls behandelt, und müfste dann stets mit Rücksicht auf den ganzen Eisenge- halt auch die Gegenwart von Eisenoxyd annehmen. Allein ich äulserte schon damals Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser vom 19. Juli 1869. 607 Bestimmungen, und spätere Erfahrungen haben bis zur Evidenz gezeigt, dafs Goldchlorid kein brauchbares Reagens für FeO ist. Vor einigen Jahren hat A. Mitscherlich sechs eisenhal- tige T. durch Erhitzen mit Schwefelsäure in zugeschmolzenen Röhren zersetzt und dabei nur Eisenoxydul gefunden. Es ' ist dies der einzige Versuch, welcher in den letzten zwanzig Jahren von anderer Seite mit dem Mineral gemacht ist, und ich brauche kaum zu sagen, dafs auch ich dasselbe Resultat - erhalten habe, und nicht glaube, dafs irgend ein T. eine wesent- liche Menge Eisenoxyd enthält. Auch dieser Umstand mufs von merklichem Einfluls auf die Berechnung der Analysen sein. Was endlich die wahre Menge der Borsäure betrifft, so waren die früheren Versuche, sie direkt zu bestimmen, so un- vollkommen, dafs z.B. ©. Gmelin nur 2 — 44 p.C. erhielt. Die Zahlen, welche in meiner früheren Arbeit durch die Differenz _ erhalten waren, und zwischen 64 — 10 p. C. liegen, kommen der Wahrheit schon näher, sind aber oft, der Natur der Berechnung nach, zu klein. Glücklicherweise gelingt es, die Borsäure in Form von KBFlI* zu bestimmen, wenn man das Verfahren von A. Stromeyer und H. Rose einhält, und ich habe von 7 verschiedenen T. auf diese Art 9,5 bis 11 p.C. B?O3 erhalten. Mit der direkt gefundenen Menge stimmt in solchen Fällen aber auch die aus der Differenz berechnete sehr gut überein, und es ist daher jetzt allerdings gestattet, bei den übrigen T. den Bör- gehalt auf diese Art zu berechnen. Jedes einzelne Glied der Turmalingruppe ist eine isomorphe Mischung gewisser Grundverbindungen, deren Elemente sind: a) einwerthige: H, K, Na, Li (Fl). b) zweiwerthige: Mg, Ca, Mn, Fe (OÖ). c) drei-(sechswerthige): B, Al. d) das vierwerthige Si. Das allgemeine Resultat, zu welchem alle meine Analysen führen, ist nun das: er malıne sınd Drittelstlikate "Die conett tuirenden Grundverbindungen sind die Moleküle 1 fi VI RS Si0° — R3Si05 — RSiO°. 608 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse, Die Verschiedenheit der einzelnen T. hängt ab: 1) von dem wechselnden Verhältnifs dieser Mol. in der Gesammtverbindung; 2) von dem Wechsel der gleichwerthigen Elemente inner- halb jedes einzelnen Mol. Die Variation der ersten Art, bedingt durch das Atomver- hältnifs der R, R und R, prägt sich zuvörderst in zwei grolsen Abtheilungen aus, in welche die ganze Gruppe zerfällt. Die erste Abtheilung der Turmalingruppe hat Al: Si —=1:2, die zweite Abtheilung hat Al:Si= 2:3. I. Die erste Abtheilung, welcher die Mehrzahl (25 unter 32) angehört, ist repräsentirt durch die allgemeine Formel R3Al B S?01 — r' oder R> Al? B2Sj2020 — r" Es sind die gelben, braunen und (scheinbar) schwarzen T., oder die Magnesia-T., die Magnesia-Eisen-T., und die Eisen-T. Sie alle geben bei der Analyse 30 — 32 p.C. us von 12 bis 0,6 Magnesia, 0,6 bis 17,4 Eisenoxydul. Eine weitere Theilung ergiebt sich innerhalb derselben durch das Verhältnifs der R und der R, oder, wenn man will, durch das Verhältnifs R:Al, und zwar ist hier: R:R R:Al ay—ele,ıI 191 =r+r b)=5: 2 2:3 — 5r' + 2r" Oder es ist a—= RRAIBSI2O10 b—= RSR2ABB> Si60%0 Zu a, den einfachst zusammengesetzten, gehören 21 Tur- maline, zu b nur 4, nämlich die blauen von Saar, Sarapulsk und Goshen und ein bräunlich durchscheinender von Elba. Jeder weitere Unterschied ist durch das Verhältnifs der R=H:K:Na und de R= Mg: Fe (Ca, Mn) gegeben, und läfst die Übereinstimmung oder Ähnlichkeit der einzelnen T. erkennen. Dieser Punkt bleibe vorläufig, weil untergeordnet, auflser Acht, vom 19. Juli 1869. 609 1. Die zweite Abtheilung entspricht der allgemeinen Formel Ih RS AISB:SjI 085 — r' oder R?AIS Bi? 065 — r" Hierher gehören die früher sogenannten edlen T., d.h. die auch in grölsern Krystallen durchsichtigen, farblosen, oder schwach grünen oder röthlichen ‘oder rothen Arten. Es sind in chemischer Hinsicht die lithionhaltigen und eisenfreien Turmaline. Sie geben bei der Analyse 10 p. C. mehr Thon- erde, als die früheren, nämlich 42 — 44 p.C. Die zweiwer- thigen Elemente treten in ihnen sehr zurück (höchstens 1,6 MgO, 2,9 MnO); sie scheinen zugleich die fluorreichsten (0,7 — 1,2 p.C.) zu sein. Ich habe 5 Turmaline dieser Abtheilung zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Auch bei ihnen varlirt das Verhältnifs R:R oder das von dd R:Al, und zwar ist; ‘ [ii “« R:R R:Al a) 4:1 1: 6=2r-+r" b)= 10:1 1:2 =5r+r BR 22 1:24=11r + r", entsprechend der Formeln a — RRAISB1Sj? 045 b— RR All Bsgjis g%0 e R2 RAIL Bis 136 Q180, Es gehören zu | a) der blafsgrüne T. von Elba, der rothe T. von Schaitansk; . b) der rothe T. von Rozena, der rothe T. von Paris (Maine); c) der farblose oder röthliche T. von Elba. Dafs auch hier die Einzelglieder in dem Verhältnifs der R und R unter sich differiren, bedarf keiner besonderen Be- merkung. Vielleicht giebt es aber innerhalb der Gruppe noch eine dritte Abtheilung. Die beiden dunkelgrünen T., der aus 610 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Brasilien, und der von Chesterfield, stehen nämlich gleichsam in der Mitte, denn sie enthalten Al und Si weder in dem Ver- hältnifs 1:2 noch 2:3, sondern etwa wie 1:1,7. Beide zeich- nen sich dadurch aus, dafs sie eisenhaltig sind (6 p. C. FeO), danach also zur ersten Abtheilung gehören, dabei aber nur die geringen Gehalte von Mg und Mn haben, welche die zweite Abtheilung charakterisiren. Auch ihr Gehalt von Al ist ein mittlerer. Ich bin geneigt, sie nicht sowohl als eine besondere dritte Abtheilung bildend, sondern als eine isomorphe Mischung jener beiden Hauptreihen zu betrachten. Die Analysen beider T. sind sehr wohl mit der Ansicht-im Einklang, dafs äquiva- lente Mengen | 9 R3AIB SI2 010 I=\ 9 R3A12B2$j4 020 2 RSAlC BSP 04 4 R3AIS B2 890% sich hier vereinigt haben, so dals a1: 8er IE Tre RUSS Die Fähigkeit isomorpher Körper, über einander zu krystalli- siren, welche bei künstlichen Verbindungen (Alaunen, Vitriolen) zur Entstehung von Krystallen Anlafs giebt, die in ihren einzelnen Schichten verschieden sind, zeigt sich bei Turmalinkrystallen theils darin, dafs bisweilen Kern und Hülle verschieden sind (rother T. in grünem oder umgekehrt), theils in der verschie- denen Färbung eines und desselben Krystalls (Krystalle mit wechselnden hellen uud dunklen Zonen). Die Analyse beweist, dafs solche heterogen erscheinenden Theile auch anders zusam- mengesetzt sind. Es ist deshalb die Annahme zulässig, dafs jene beiden scheinbar homogenen dunkelgrünen T. eine innige isomorphe Mischung zweier ähnlichen Verbindungsformen dar- stellen. Die Drittelsilikate bildeten bisher nur eine kleine Reihe der - natürlichen Silikate, in welcher einerseits Andalusit (Topas) und Cyanit (AlSiO5), andererseits Euklas und Datolith stehen. An letztere schliefsen sich die Turmaline an, insbesondere an den Datolith, der durch seinen Gehalt an Borsäure gleichsam den Übergang zu ihnen vermittelt. er > S Bee ER BB es = Ei - eo: we DEE) BAR) 78,08 24,0% en > E Er FEs Free > We, oe NEAR SR) RR Br. (BT.EH) | 12,08 w 80,88 tel, | AEOR RE nn a ET N LE 08,88 (eR1ı) NEs,Te m. ex.98 i NER BT RE ERIE (AORE). | DR.ER ) HREOL) | 1A | € a | te.) eö,oe | (Or,e) | ante! (wi) | enıie). erst) ' ‚Et i” Ba a re a a al Fereljhden u VARTA RS: Nag: N 9 rt Na Bi: 3 \ ad re a 98; GBR. DED BAR ih Br; h RE Rein 2 a 88.81 ». ti Kar: EREN; , MC br 3 E DEReE TI Ru, 27% Au es a a re a et | ze,11 | 70 | ET Y TE 8, 2). a gar “ ns) at) 1: ne De N . aM 18,0.) r KR RO NO m ; 0 0 N: 80 Lane IE REL 'S er he = 2 SER ya He - e- «I. = ae 3 Sau, | 8. ern ei \ RR a : Er BO, 29.0 | f h . m —n - m nn u _ 0 Er . =*; ROH j u en u Ar i Tabellarische Übersicht der Zus \ 1 IB Abtheilu ng: R3A]BSi200 us RIALB2SILON (Rammelsberg, 19. Juli 1369.) nmmensetzung der Turmaline. EB Nr. Fundort. SR 120 |K?20 |Na20)C.0| MgO |MnO | FeO | AO: | B203 | SiO2 | Fi 1 fer 1) R:Al=1:1 = RRAIBSi?O10 1. | Gouverneur... ..2...., (1) | 331 | 0,26 | 1,28 1,60 | 14,89 — | 1,14 | 31,32 (8,35) | 38,85 2. | Windischkappel .. .... @) | 2305 | 0,47 | 2,37 | 1,25 | 11,79 | — | 0,66 | 32,90 | 11,15 | 38,09 | 0,64 3. | Eibenstock ... 2.2.2... (8) | 2,32 | 0,30 | 2,27 | 0,88 | 11,62 | — | 4,36 | 30,86 | (9,14) | 37,75 4. | Zilerthal © oc cc... (6) | 3,04 | 0,37 | 2,13 | 0,16 | 10,46 | 0,36 | 2,80 | 32,65 | (9,52) | 38,51 | 0,36 9.3 NOTkordE ee (@) | 2,81 1,52 O,77 | 10,89 | — | 2,88 | 33,15 9,86 | 38,33 GAlEResasya a re () | 2,80 | 0,73 | 2,00 | 0,71 | 9,11 | 0,09 | 2,98 | 34,56 | (8,57) | 38,45 Ta IE Monroe ee (6) | 2,82 | 0,44 | 1,82 | 1,81 | 9,90 | — | 4,07 | 31,18 | (8,95) | 39,01 8 KGolhanDe (@) | 2,61 | 0,43 | 2,00 | 1,25 | 9,51 | — | 4,42 | 34,26 | (7,82) | 37,70 | IlUHavredali a see er (10) | 2,43 | 0,32 | 1,28 | 0,80 | 943 | — | 7,58 | 31,26 | (9,29) | 37,11 10. | Gotthardt .. 22.2.2... () | 2,75 | 0,28 | 143 | 131 | 727 | — | 7,23 | 31,41 | (10,32) | 38,00 11. | Haddam .....2..... (“) | 1,81 | 0,73 | 1,60 | 1,83 | 8,60 | — | 8,54 | 30,87 | (9,02) | 37,50 12. | Ramfossen . 2.2.2.2... (a) | 1,64 | 0,53 | 1,18 | 0,65 | 7,94 | — | 11,16 | 30,00 | (9,73) | 37,22 | 0,55 NERE INEe e 2,29 | 0,25 | 2,19 | 0,74 | 6,77 | 0,58 | 9,93 | 30,02 | (9,03) | 38,20 | 0,15 TA a En ya: (4) | 1,72 1,94 1,02 | 6,32 | — | 14,15 | 30,44 | (8,12) | 36,29 15. | Krummau. . 2. .2..... (0) | 2,11 | 0,30 | 1,36 | 0,44 3,84 — | 11,58 | 34,12 (9,82) | 36,43 169 DT ek 2,48 | 0,30 | 2,04 | — | 3,49 | 0,51 | 12,55 | 31,86 | (9,70) | 37,07 | 0,31 17. | Langenbielan . ....... (a) | 1,45 | 0,82 | 1,93 | 0,62 | 3,65 | — | 11,64 | 31,63 | (11,02) | 37,24 18. | Bovey-Traey . 2.2.2... (1) | 1,74 | 0,65 | 1,39 | 0,50 | 2,62 | 0,40 | 13,82 | 30,22 | (10,72) | 37,94 | 0,45 16 || Tem emo 2,34 | 0,46 | 1,43 | 0,40 | 2,32 | 1,50 | 12,82 | 32,21 | (10,27) | 36,25 | 0,64 0 | Eee (ws) | 111] 0,47 | 1,02 | — | 1,88 | 0,54 | 15,59 | 30,41 | (12,79) | 36,19 | 0,76 21. | Andreasberg .. ...... (u) | 154 | 0,58 | 1,36 | 0,72 | 0,28 | 0,11 | 17,40 | 30,34 | (11,11) | 36,06 | 0,85 u u 2) R:Al= 2:3 —= RSR?APB3SI6030 Saar ee (a) | 1,26 | 0,09 | 0,98 | — | 1,52 | 0,28 | 13,17 | 35,46 | 11,64 | 36,11 | 0,41 23. | Sarapulsk ... 2.2...» (@) | 181 | 0,33 | 2,37 | — | 1,06 | 2,68 | 10,30 | 31,53 | (11,62) | 38,30 | 0,80 Li5sO 5 1,25 | 11,95 | 33,35 | 10,65 | 36,22 | 0,82 | ehem eo oe | a) I | ; » » 95:1 LEIDR Se er 1,90 | 0,75 | 2,30 | 0,32 | 1,88 | 1,87 | 10,52 | 34,15 | (9,37) | 37,14 | 0,47 I. Abtheıilung. 30. 31, KSAISBISO# und, RPAIBISIIO" Fundort u H20 |K20 |Na20| Li?O | CaO | MsO |MnO |FeO|A103| B203 |SiO2| Fi = Y. } JE ER DE EEE need 3 Se er ee a a) R:Al— 1:6 — R{RAISBISIOM 5 al — | 041 | 2851 |1,38|41,89] (9,99) | 37,74 | 0,50 Elba, grün ......... (23) | 2,60 | 0,34 | 2,40 0,74 3 > > 2 5 Se ET (es) | 2,49 | 0,21 | 1,53 | 0,48 0,62 1,62 | 1,53 | — 43,97 | (9,29) | 33,26 f wi b) R:Al= 1:12 = RORAIEBSSIWON 1,94 | — |42,63| 9,97 |38,19 | 1,18 Re (23) | 2,00 | 0,68 | 2,60 ß H ; h 5 RE & 2,57 2,17 1,37 0,95 | — [41,83 | (8,93) | 41,16 | 1,19 0) R:Al= 1:24 — RPRA:BIS SIR QLN Elba, röthlich und farblos | (2) | 2,41 | 1,30 | 2,00 0,92 | — |44,05| 9,52 | 38,85 | 0,70 III. Mischungen & . (Grüne Tur : 1,13 | 5,83 | 37,81 |(10,09) | 38,06 | 0,70 Brasilien... 222020. (25) | 2,23 | 0,42 | 2,21 ’ | le aan aceanlar earlklonasasner ie 2,31 | 0,47 | 2,47 ‚| 0,78 | 6,38 | 36, 9, ‚09 | 0,55 32 De ie a EEE TEST Dr ee I nn hau WO rn rt 98,0. 8 TR; TE0.) 50,8 wen‘ une DE RE: EEE Ra > .& N PN =! MN) :08, Su = nat OEL BL, | RB: ser 30 '8 OB RR" Mark EL N 66,0 | Wo er de ee, BRENS } v .% ED 4 a a N u wn... Fi a re ee EL u er 2 ee re ne BT BR TEL oe RE RE = rt BE NO 80,8 080 |; f j | 14 ‚& NET ah RL 0 rende N RR 1 TERN ie mi nt mer Pneu a To en a ee a: REN. en Mu Sr EaR jadaı oo Fach Ba. } l IB,8 BRD. 4 18, " DD 88,L. | 880 Dr RB 54, De RE Rt fe je De a 3 Pr zmasgng je 3, ner Ta EEE EN 2 Ce sadsot) ie |) Fr f . TR ET STEU ENDE | a } vom 19. Juli 1869. 611 In der beigefügten Übersicht sind aufser der früher unter- suchten und mit ihren Nummern in Parenthese bezeichneten (unter Wegfall von Nr. 15 und 22) einige neue enthalten, nämlich: 16) Schwarzer T. von Dekalb, S. Lawrence-Co., N. Y.- Pulver grau. V. G. 3,195. 19) Schwarzer (blau durchscheinender) T. von Krumbach in Steiermark. Pulver blaugrau. V. G. 3,183. 24) Schwarzer (blau durchscheinender) T. von Goshen, Massachusets. Pulver blaugrau. V. G. 3,203. 15) Schwarzer T. von Elba, in dickeren, bräunlich durch- scheinenden Krystallen auf feinkörnigen Grauit aufge- wachsen. Pulver grau. V.G. 3,059 (Magnesia-Eisen- Turmalin). 25) Schwarzer T. von S. Pietro, Elba, in losen, dünnen, theils bräunlich, theils gräulich durchscheinenden Kry- stallen. Pulver grau. (Eisen-Turmalin). Die indirekt bestimmte Borsäure ist e&ingeklammert. Hr. Magnus machte eine Mittheilung über das Erlöschen hoher Töne bei der Fortpflanzung in hanfnen Schnüren und in Bleidraht, als Nachtrag zu der am 8. Juli vorgetragenen Ar- beit des Hrn. Dr. Warburg. 22. Jul. Gesammtsitzung der Akademie. Ef . Hr. Auwers las über den Werth der Aberrations- Constante nach den Beobachtungen von Molyneux. Aus den bekannten von Rigaud wieder aufgefundenen und 1832 herausgegeben Beobachtungen von Molyneux am Zenith- fernrohr in Kew und von Bradley am Zenithsector in Wanstead') hat Busch (1836) für die Constante der Aberration und der 1) Enthalten in Rigaud’s Publication: Miscellaneous Works and Cor- respondence of the Rev. James Bradley. Oxford 1832. (p. 93>—286.) 612 Gesammtsitzung Nutation anscheinend sehr sicher begründete Werthe als Re- sultate einer Discussion abgeleitet, durch die man eine, wenn nicht völlig erschöpfende, doch sehr nahe genügende Dar- stellung. der genannten Beobachtungsreihen bisher allgemein erreicht geglaubt hat. Busch fand die Nutations- Constante — 92320 (für 1800) und die Aberrations-Constante = 20'2116, und die wahrscheinlichen Fehler dieser Zahlen = =& 00314 resp. 0.0261. Während der erstere dieser Werthe eine voll- kommene Bestätigung durch neuere Bestimmungen erhielt, schien der andere gegenüber dem Widerspruche des Resultats der Pul- kowaer Arbeiten, nach welchen die Aberrations-Constante 20'45 oder noch einige Hundertel einer Secunde mehr beträgt, in der schönen Übereinstimmung eine Stütze zu finden, mit welcher die Beobachtnngen an zwei verschiedenen Instrumenten sich dazu vereinigt hatten; aus den Wanstead - Beobachtungen allein hatte Busch 20205 (w. F. 0'027) und aus den Kew-Beob- achtungen 20250 (w.F. #0'079) gefunden. Indem ich bei meiner neuen Bearbeitung der Bradley’schen Beobachtungen an den Bird’schen Instrumenten der Green- wicher Sternwarte, behufs der Beschaffung von ausreichenden Hülfsmitteln zur Bestimmung der Zenithpuncte des Quadranten, Veranlassung gehabt habe auf die Beobachtungen von Zenithal- sternen in Kew und Woanstead zurückzukommen, habe ich die Bemerkung gemacht, dafs die gekrönte Preisschrift,') in wel- cher Busch jene Beobachtungen discutirt hat, derart mit Fehlern in der Anlage und der Ausführung der Arbeit überfüllt ist, dafs auch nicht ein einziges der darin abgeleiteten Resultate als aus den Beobachtungen hervorgegangen bezeichnet werden kann; die angeführten Werthe der Constanten müssen als völlig unbegründet angesehen werden. Von den neuen Untersuchungen, welche ich über diese Beobachtungen in Folge dieser Bemerkungen angestellt habe, .will ich hier diejenigen mittheilen, welche sich auf die Beob- achtungen in Kew beziehen. — 1) Reduction of the Observations made by Bradley at Kew and Wansted, to determine the quantities of Aberration and Nutation. By Dr. Busch. Oxford 1833. | | vom 22. Juli 1869. 613 Molyneux stellte sein von Graham verfertigtes Zenithfern- rohr am 26. November 1725!) ‚auf; die letzten Correctionen wurden an der Aufstellung indefs erst am 3. December vorge- nommen, und am folgenden Tage beginnen die Beobachtungen, deren letzte, durch eine einvierteljährige Lücke von der vor- hergehenden getrennte, am 29. December 1727 gemacht ist. Beobachtet wurden kleine Zenithdistanzen, die mit unbekannten Collimationsfehlern behaftet und durch eine Schraube gemessen sind, welche, in der Focalebene angreifend, das Fernrohr in der Ebene des Meridians um eine durch den Mittelpunet des Objectivs gehende Achse drehen sollte, im Ganzen 124, näm- lich 92 von y Draconis, 9 von r Persei, 12 von 35 Camelo- pardi, 5 von einem Stern 6%5 im grofsen Bären (Bonner Durch- musterung 51°1488), und je 3 von zwei Sternen zwischen Her- eules und Drache (75 B.D. 51°2115 und 779 B.D. 51°2141). Die Bestimmung der Aberrations-Constante aus diesen Beobachtungen wird also im Wesentlichen auf den Beobach- tungen von y Draconis beruhen; die Zuziehung derjenigen von 35 Camelopardi und der Anonyma im grofsen Bären kann ‚das Gewicht derselben noch ein wenig, die der andern nicht weiter vermehren. Man mufs diese Bestimmung zunächst auf die Annahme der Unveränderlichkeit des Collimationsfehlers gründen, und über die Zulässigkeit dieser Annahme durch Ein- führung eines der Zeit proportionalen Gliedes oder eines weitern periodischen in die Bedingungsgleichungen ein Urtheil zu ge- winnen suchen. Das Resultat erhält man ausgedrückt in Thei- len der Micrometerschraube des Instruments, also in brauchbarer Form erst dann, wenn man den Übergang von diesen zu Bo- gengrölsen zu finden vermag. Molyneux gibt in seiner Beschreibung des Instruments in Betreff dieses Punets nur an?): „this screw had 42 threads in an inch, and the head thereof being divided into 17 equal parts, each part was equal to one second, on the radius 24 feet 3.15 inch.* Unter den auf die Kew-Beobachtungen bezüglichen Pa- pieren hat Rigaud noch zwei von Graham’s Hand beschriebene !) Alle Daten sind hier nach altem Stil angegeben. ?) Miscell. Works... p. 98. 614 Gesammtsitzung Blätter gefunden,') welche die Quelle der citirten Angabe bil- den werden. Das eine derselben, von Molyneux „Mr. Graham’s dimensions of part of the parallax instrument“ überschrieben, enthält folgende Angaben: Radius = 24 feet 34 inch. nearly ‚08477 + =! Screw 42 threads in one inch ‚001413 + = 1" One thread ‚0233 the plate to be divided into 17. zz — ‚0014 = to one second nearly, not differing one second in 100 divisions. Dann folgen einige nicht hierher gehörige Angaben. Auf dem andern Blatt steht: From the middle of the object glass to the cross hairs, 24 feet 3,15 inch. Hierneben hat Molyneux bemerkt: „this is exact.“ Die andern Angaben dieses Blatts beziehen sich auf andere Ein- zelheiten, nur auf der Rückseite findet sich noch, von Bradley’s Hand, eine Ausrechnung des Werths einer Schraubenumdrehung aus der Länge „4 Zoll und dem Radius 291.15 Zoll, in sieben- stelligen Logarithmen; eine Umdrehung ist danach — 16'868 angegeben (der Logarithmus eine Einheit der fünften Stelle zu grols). Auf dieser Bestimmung beruht nun die von Busch berech- nete Aberrations-Constante, indem derselbe 1% — 16'86785 an- genommen hat (die obigen Dimensionen würden 1686782 ge- ben). Ich bin aber der Ansicht, dafs hier, trotz der Anwen- dung siebenstelliger Logarithmen zur Berechnung, nur eine beiläufige Bestimmung des Werths einer Schraubenumdrehung vorliegt. Wie das erste Graham’sche Blatt den Radius nur „nearly* enthält, so wird es auch nur eine genäherte Angabe der Anzahl von Umdrehungen machen, welche auf einen Zoll giengen; beide Werthe sind auf diesem Blatt, wie auch aus den andern Angaben desselben hervorzugehen scheint, augen- scheinlich nur zu dem Zweck verglichen, danach die Einthei- lung der Schraubentrommel so zu machen, dafs ein Theil dersel- ben möglichst nahe =1" würde, also auch wohl nicht für genauer 1) Miscell.Works... p. 98. * vom 22. Juli 1869. 615 zu halten, also zu diesem Zweck nöthig war; man kann dem- nach mit Sicherheit nur annehmen, dafs die Anzahl der auf einen Zoll gehenden Umdrehungen näher an 42 gewesen ist als an 41 oder 43, und es höchstens für ziemlich währschein- lich halten, dafs die Abweichung von der angegebenen Zahl 4 nicht überstiegen hat. Auf die Angabe 1% — 16'868 kann man sich hiernach allerhöchstens innerhalb eines halben, vielleicht nur innerhalb eines ganzen Procents verlassen. Molyneux ist offenbar der Meinung gewesen, dafs eine bis auf ein Procent genaue Kennt- nifs des Werths der Schraubentheile vollständig genügend sei, indem weder er noch Bradley von vorn herein eine richtige Vorstellung davon hatten, welche hohe Genauigkeit sie in ihren Beobachtungen erreichen würden; er hat sich sogar damit be- gnügt, einen Trommeltheil schlechtweg einer Secunde gleich anzunehmen, und eine genaue Bestimmung der Höhe der Schraubengänge selbst gar nicht ausgeführt. Es ist ihm: be- kanntlieh nicht mehr vergönnt gewesen zu erfahren, wie hoch- wichtig und welcher sorgfältigen Behandlung werth seine Be- obachtungen waren, und nach seinem frühzeitigen Tode (im April 1728) ist sein Instrument, als das Haus, in welchem es aufgestellt war, in andere Hände übergieng, spurlos verschwun- den, so dafs auch nicht nachträglich eine Bestimmung der Constanten desselben hat erfolgen können. Man mufs unter diesen Umständen versuchen, aus den daran angestellten Beobachtungen selbst die Gröfse der Schrau- bentheile abzuleiten. Die Verschiebungen des Instruments durch die Schraube waren auf einen Bogen von 8’ bis 9 beschränkt; in den Mes- sungen kommen aber so grofse Bögen nicht einmal vor, indem die beobachteten Sterne ‚folgende genäherte Declinationen für 1726 haben: y Draconis 51° 32’ 4" An. 6.9, 0% 81 48" r Persei 5l 36 50 Am.0.9- 931.93 .0 35 Camelop. 5l 32 53 AM 739:581%86 (16 Von diesen Sternen sind y Draconis und r Persei seit Brad- ley’s Zeit so häufig beobachtet, dafs man ihre Deeclinations- differenz für 1726.0 mit einer Sicherheit anzugeben vermag, 616 Gesammtsitzung welche der Messung dieser Differenz durch Molyneux etwa gleichkommt. Aus einer gröfsern Anzahl von Catalogen fand ich dieselbe = 286''97, dagegen durch Vergleichung der 7 Mo- Iyneux’schen Beobachtungen von r Persei zwischen 1725 Dee. 4. und 1726 Jan. 15. mit den 10 zunächstliegenden Beobachtun- gen von y Draconis (1725 Decbr. 5. — 1726 März 22.) nur — 285.02, wenn ich den Werth einer Schraubenumdrehung — 16'.87 setzte. Der wirklich durch die Schraube gemessene Bogen betrug unter dieser Voraussetzung im Mittel 318'8, hier- für fand sich also die Correction +1’95, oder der verbesserte Werth einer Umdrehung = 169732. Ich übergehe hier die Details der Ableitung dieser Zahl, bei welcher ich einige Daten erst in provisorischer Form be- nutzen konnte; weiter unten werde ich ein definitives Resultat eingehend begründen. Meinen Reductionen habe ich nun zunächst den Werth 18 — 16'973 zu Grunde gelegt, und damit aus den Abweichun- sen der Schraubenablesungen bei den Einstellungen des Sterns von den Schraubenablesungen bei den zugehörigen Einstellun- sen des Loths die Werthe in Bogensecunden erhalten, welche — wenn erforderlich auf den Meridian reducirt, wobei die Nei- gung des Horizontalfadens = 0 angenommen wurde — in der folgenden Tafel aufgeführt sind. Die Angaben der Schraube nahmen ab, wenn die Declination des Sterns wuchs, ein posi- tives Zeichen der betr. Zahlen gibt also an, dafs der Stern südlich von demjenigen Punct des Meridians culminirte, auf welchen die Absehenslinie des Fernrohrs bei der Einstellung des Loths gerichtet war. Die nächste Columne der Tafel enthält die Werthe —8.00 +p!—p für y Draconis —7.66 +p'— p für 35 Camelopardi +7.96 +p'—p für An. Urs. maj. p'— p für die drei andern Sterne wenn p die mittlere Poldistanz eines Sterns für 1726.0 und p’ seine scheinbare Poldistanz zur Zeit der Beobachtung bezeich- net; bei der Berechnung der Grössen p—p habe ich mich einer Tafel bedient, welche dieselben Glieder enthält, wie meine vom 22. Juli 1869. 617 Reductionstafeln für 1750—1840,') ausserdem aber noch das von 2« abhängige Glied (+0'0813 cos «sin 2 — 00886sin«cos2() berücksichtigt, während Eigenbewegungen in den hier gege- benen. Zahlen noch nicht enthalten sind. An einer spätern Stelle habe ich für y Draconis die Eigenbewegung berück- sichtigt, die ich zu jährlich 0018 nach Süden annahm; die unbedeutende Eigenbewegung von 55 Camelopardi, die sich nicht sehr sicher bestimmen läfst, in der Zeit, welche die Be-. obachtungen Molyneux’s umfassen, aber jedenfalls nicht mehr als 0'!05 betragen hat, habe ich überhaupt vernachläfsigt, ebenso eine etwaige Eigenbewegung der Anon. Ursae maj., die auch nur ganz unbedeutend sein kann. Die dann folgende Columne gibt die Differenz der beiden vorhergehenden (B.-R.) für y Draconis, 35 Camelopardi und die Anon. Ursae maj.; addirt man zu den für y Draconis ge- gebenen Differenzen noch —0”’19 —0'023 (t —1726), so er- hält man die kleinstmöglichen Fehler, welche die Einführung der jetzt allgemein angenommenen Werthe der Reductionscon- stanten in diesen Beobachtungsreihen übrig läfst, wenn man den Collimationsfehler des Instruments als unveränderlich an- nimmt. — Die Tage sind in der Tafel ebenso angegeben, wie bei Molyneux, und theilweise bürgerlich gerechnet. !) Tabulae quantitatum Besselianarum pro annis 1750 ad 1840 computatae. Petropoli 1869. Gesammtsitzung 613 800 30 . Pe ee Sl iur "9 93 8900- "IEOEF | 8805 i "De | 80°0— 8E0%+ (395°08 + smowIqk 17 Bauer on —. dem wa uy, r | 1 90°0+ 26°0%+ 81 + stuo9eaq & ‘9 ZEN erraddop Signum 08'0— 9898—- 979 — pe) cg. 0% 1220 #60°61 +. (,88'8T + stuoveuq, % "et uoyoM 28°0— EL’ —- 019 — . ii Me 860— 6877— 18’ — "pwe) Ge BEER | 98 EIE— 0sI9J “or SE se 3 ee a An pur) cg ey oduaus al Alee- s 2 I0O’IIS— 19SI9 I ee, EA any. caıI+ 208 + (86 + stuooeig % 'g uep 9GLI "yoIppns nz semgo JypropppraA "Stynıun 97'018 — i BE (.oF ZIE— [8I9I + m ar 170 sr er stuodeiq % "IE („SE IIE— 19819] + ‘SI "yaıypnapun pun yemys ps 'gpun TOW 08°I- 92° + (960 + e "ET Hp [MW 8T0- 780 + (1190 + ö ga ya ssweM 9 27°0— 270 + 00°0 $ "Ir ey Bugs gE,I+ 25T — 610 — suooeıq% °C : I 19sI0J 7 »q u a3unyıowagqg y-(q Gier ul9}S CGLl pue}sqV Joydtipns & > ep "regipnergun 3SE IE '6z oA *goag our (5 — sat (3 — "FE; "I UOA SUR 2douropy [0 Sur !7g,0+ 'Poy (5, AO ae po (5 — 88,14 ‘0 88, pe "sung Ba (4 — SU PAZ („ — (19) #0,0+ pum 37,0+ ‘(Io euro] NZ — "yor] sep any wopeg men 7E0— CTECe-+ Sıynun F1°0+ 005 + c us nz peyfopomz ayos onay g oe 99°0+ ZI FI-+ a “reg4yoIs uuney a "IBAIYDIS u9q9 S "PIE Souossopaz gE‘I— SF'FI+ -UIEAUDIS AUS "TIBMUYDS Iy9S 29) 190- n71+ eran 28°I+ 0T'9I+ ‚Sıynaun 78'0— 98°9I+ 20+ 28°81+ £9°0+ 8F'8I+ ‘ 170+ 980 — ‘uogey 7104895 YIorT sep uapezuurdg 0+ ‘Io June ‘pay (, — 'uossejod}1oJ — '88,T+ °0 ‘88,I+ 'Poy “surg rag (58 — '9050+ ‚uodur 96,04 epIoq any “Tom me "poy = 88"6 r9'7 IF’ 02'9 66'6 1T0'6 sL'ecl 88"rl 686767 Frt+t+t +44 W) 88,14 “Om ne ‘poyy "uwodue S-4sumg rexq (, a Sgpr Se Se Se S « stuoaeaet % IrTeo1S STIEHLS stuodaeıq IPIEo1S GIISoLS sıuodeal] % IFTSo1E STILE LS «“ “ “ sıuoaeiq feur ‘sı]y 'uy Te as "cz "GE FI 7 IT RN ‘Te "86 Gesammlisitzung 620 -Fıynı yoıwaIz ıoypısun ‘uoyfoM Sıynı yonwerz 'q ‘a eyprpprou nz *'q -Sıynıun ıyos "u9yJoM -Sıynıun sem -Sıynı yoIfwaız -Zıynı yormuopaoaaspne ‚Sıyna "uoyfo Mm -Sıynıun ayas -Sıynaun -aoydısun Iyas “Fıynaun I8.195]ng ‚aoypısun “Fıynıun 48198Jn® "IorT SOAIOMUIS uB day uoA 'q £8J0a8 nz Sdıynaun uoe3unyıoauoag 69.6 — LE'6 00.6: 61'6 02.8: 00°6 7r.8i- 67'8 16°) — 66°8 899 .— I8"4 a r77°9 Or 18'G berg L9'G U 6,7 GE, — Is'E 01’ — 20'% ER-Eir GT a nn GL’0 690 — 660 Tre.0 = 06°0 co — sg'I 760 + 08°1 s0o-+ 79°0 ge8’0 + 02’0 A ce I 86 + 68,6 ‘ı0q °goaq nn mn? pue;sqy doypmpns FrrttHrH || ER RRORRKROÖC.RDIERÖORURTIRIRIRIRNIR TE RR ER BEE TE ES sıtuogeiqg % - UI0IS 21 ee) vom 22. Juli 1869. wemyos “Sıynı ayas -Zıynı $regqyydıs wmney ‚Syn ayas 'q -Zıfgeu fyemyos ıyag 'gq -yorpmapun ‘Sıpgqau -Zıynıun eyaripıyu Nzriesn -Zıpqau ayos -gormapun -Fıynı ayas -Zıynı Iyos !ıeayypıs umey -Styna ıyos -Sıynı yorwarz -Fıynı -Fıynı yorworz -FIynI goIwarz egprppagu nz 'q ms ayg 'q -FIynı yoryuspAoLasne -Sıynı yorwaız ‚Sıynıun ıyoS q jne 'poy („1 — 73.0+ °0 72,0+ PPy "Iug MIq (.: — °C1,0+ 'IOW pe pay (,,5 — any ue ST Ip 80'I+ 7 0r+r 68.07 82'0r+ 98°0+ 95°0+ 6607 18.017 Tor 72'0+ cF0+ 69°0+ 90'Ir Ir. 0 66 0+ 90:04 840 01.17 9 0r+ 99°0+ 8170+ er’0+ a v6. 71 9 EIT 98.91 16°61—- a) re 91 — se 6 — G:109'8 — F29I—- (K818F°9I—- 00° 211I—- 72'9I—- Gl LIU SF 1I— 63°8I—- BE 19 11— 8691 Fu. 6 NIT ARRTH IT LEI — ETRT- gu Fall sel WU eu ei BT BET Br MOBT- gect- ORT mr ae 60T 9N0I— a7 01 60°6 — F4,0+ "ON — °CT,0+ 0 75,0+ Poy "ug IQ (zr uoaA ‘ZI mp sıq zoom Sospfey AS (or 6 “ stuodeIg % ’ I GE “6 44 smuodeIg] £ al I '®O "86 "26 "og "sı "GL TI "II "6 "7 dag ‘67 ‘8 "9 ‘cz ‘6 Ze -Auv "SI "ST me * u) an Gesammtsitzung 622 7 Sn — — ‘nd aqos ‘IeM UYJorT ure 9q9M9%] "Sıynı ıyos -uouurds [rom ‘yreyfopomz Zryna yorwoız -Sıynaun ıq9S d -Fıynı ayos ‚Sırgou ‘yoemyos ayag ‘124849895 anu -Fıynı ayas -Sıynı ayos Zrpgou ‘a md ayg 'q ıoydısun ‘uU9NJToM -Sıynaun semo -Sıynı yoıpwoız uosunyıowoag #8°0I—- 3601 — 90+ IT + mir 9084 Et re et 2807 + Et HC + 86'EI+ IF + 9E"Ic+ 00° + 80°85— (310708 — er Te L2UL’6I+ (518281 + 60°6I+ E "I Sy ME 2 BILL, = R "18 Für: DRÜT- stuooeiq % 03 mp — IST IFeyfopteaz sjopur sem *(gg,I+ 'Poy) IST Iypewes "wpn/) 10p I0A Eu] "Q09gT Ip sjep ‘uswwousduy (,, — 'aoyoıppıou -pigu sem yoou ug ‘(„Nupe Pnom Yıom ou} Se [em day} Izau se nous“) opuy we zucH) ker 624 Gesammtsitzung Von den 92 Beobachtungen von y Draconis hat Busch 28 stillschweigend ausgeschlossen (mit Ausnahme der ersten vier, für deren Ausschlufs er einen, übrigens unzureichenden, Grund angibt), seine Aberrations-Bestimmung also auf 64 ausgewählte Beobachtungen gegründet und diese mit den m. F. einer Be- obachtung = = 0'542 dargestellt. Ich vermag in seiner Aus- wahl indefs ein Prineip nicht aufzufinden. Die Beobachtungen, welche an beliebigen Puncten des Horizontalfadens angestellt sind, ehe die Beobachter die Krümmung der Bahn der Sterne im Gesichtsfelde bemerkten, sind vollkommen zuverlässig, so- bald die Einstellungzeit sich ermitteln läfst. Die sonst zur Beurtheilung der anscheinenden Sicherheit der Beobachtungen dienlichen Angaben der Beobachter habe ich in die Tafel auf- genommen. Danach werden nun von den von Busch ausge- schlossenen Beobachtungen die folgenden durch gar nichts, wenn nicht durch stärkere Abweichungen a posteriori, als weniger zuverlässig gekennzeichnet, und sind daher mit vollem. Gewicht mitzunehmen: 1725 Dee. 12, 1726 März 22, April 22, Oct. 11, Oct. 26; 1727 Juli 20, Sept. 23; dagegen haben von den übrigen 21 wegen der dabei gemachten Bemerkungen 16 ein geringeres Gewicht zu erhalten, während die letzten 5 am besten ganz ausgeschlossen werden; ich habe angenommen: Gew. 4 für 1725 Dec. 5, 11; 1726 April 23, Mai 14, Juli 15, Aug. 26. Gew. 4 für 1726 April 13, Mail, 25, Juni 9, Juli 8, Nov. 20; 1727 Febr. 5, Sept. 3, 27, Dec. 29. Ir und ausgeschlossen, mit Ausnahme der nur sehr stark ab- weichenden letzten Beobachtung wegen des Zusammentreffens starker Fehler mit der ausdrücklichen Bemerkung der Un- _ sicherheit: 1725 Dee. 17; 1726 Juni 10, Juli 2; 1727 Juni 6, Aug. 1. Von den 64 von Busch mit gleichem Gewicht benutzten Beobachtungen müssen dagegen 11 der Bemerkungen wegen ein geringeres erhalten; ich habe angenommen: vom 22. Juli 1869. 625 Gew. 4 für 1726 Mai 31, Juni 6, 12, Juli 1, Sept. 11, 15, 25; 1727 Mai 8. Gew. 4 für 1726 April 24, Sept. 8; 1727 Juli 31. Von den Beobachtungen von 35 Camelopardi mufs die letzte (1727 Febr. 11.) ausgeschlossen werden; die andern 11 geben Gleichungen von demselben Gewicht wie die guten Be- obachtungen von y Draconis, und ebenso die fünf Beobach- tungen der Anon. Urs. maj. Dagegen können die beiden an- dern telescopischen Sterne und r Persei keinen Beitrag zur - Aberrations-Bestimmung liefern. — Eine Unterscheidung der Beobachtungen, je nachdem sie von verschiedenen Beobachtern (die in der obigen Tafel mit B. und mit G.- bezeichneten Beobachtungen sind von Bradley resp. Graham gemacht), oder mit verschiedenen Blendungen des Objectivs gemacht sind, habe ich nicht vorgenommen, da sich eine Abhängigkeit von diesen Umständen nicht zeigt. — Erfordert nun die Aberrations-Constante 204451 die Ver- besserung #, und ist die Parallaxe von y Draconis — r, so erfordern die berechneten p— p die folgenden Verbesserungen: für y Draconis: + (9.9850) zcos(O + 1°59') — (9.9850) sin(O + 1°59) für 35 Camelopardi: — (9.6740)zc0s(O + 7° 8’) für An. Urs. maj.: — (9.7800) zsin(& + 27°14’) Die Coefficienten (b und c) von z und r, so wie die von 1726.0 an gerechnete Zeit (r), mit welcher eine weitere Constante A - zu multipliciren wäre, finden sich in der folgenden Tafel, in welcher die Tage sämmtlich nach astronomischer Rechnung (jedoch nach altem Stil) angesetzt sind. Die Gröfsen „n“ sind die Grölsen „B.-—-R.“ der frühern Tafel, für y Draconis nach Abzug der oben erwähnten Eigenbewegung. 626 Bedingungsgleichungen für y Draconis. 1725 Dee, ı9 20. 1726 Jans 24 Febr. 12. März 5. 20. Juni 1. 30. Jul 2 0, 2 10. Il. 16. 7 ts — 0,47, 20.18 1.80 20.41 —+1.25 —0.21 —+0.06 —0.08 —0.08 +0.63 —+0.25 —0.33 —+1.37 —0.61 —1.35 —+0.65 —+0.20 —0.48 —+0.64 —+1.05 —+0.13 —+0.13 —0.33 —+0.10 +0.29 —0.14 —0.02 —+1.06 —+1.58 .—+1.23 —+0.46 —+0.28 —0.45 —+0.02 —0.07 —0.07 —0.31 +0.23 —0.09 —+0.81 —1.68 Gesammtsitzung b —0.057 —-0.044 —+0.061 —+0.146 —+0.214 —+0.423 —+0.895 —+0.966 —+0.940 —+0.937 +0.846 —+0.838 —+0.776 —+0.736 —+0.680 —+0.667 +0.656 —+0.568 —+0.450 —+0.387 —+0.250 —+0.219 —+0.189 —+0.123 —+0.108 —+0.029 —+0.012 —0.005 —0.020 —0.037 —0.052 —0.069 — 0.084 —0.101 —0.133 —0.179 — 0.273 —0.303 —0.354 — 0.349 — 0.363 —0,579 c —+0.964 —+0.964 +0.964 —+0.955 —+0.942 —+0.868 —+0.370 —+0.027 022 — 0.237 —0.465 — 0.480 — 0.326 —0.626 — —0.699 —0.709 —0.782 —0.865 —0.885 —0.933 —0.941 —0.947 —0.958 —0.960 —0.966 —0.966, —0.966 —0.966 —0.966 —0.964 —0.964 —0.962 —0.962 —0.957 —0.949 —0.927 —0.917 —0.907 —0.901 —0.895 —0.889 T 2001 —0.025 —0.022 —0.009 —+0.002 0.038 0.150 10.207 .—+0.248 —+0.251 +0.291 +0.294 —+-0.313 —+0.324 —+0.338 —+0.341 +0.343 —+0.363 —+0.390 —+0.398 —+0.423 —+0.428 —+0.433 —+-0.445 —+0.447 —+0.461 —+0.464 —+0.466 —+0.469 +0.472 —+0.475. —+0.477 —+0.480 —+0.483 —+0.488 —+0.496 —+0.513. —+0.518 —+0.524 +0.526 +0.529 +0.532 Gew. no nl Dil dead denk dr hand dd je fand eat Dh Drrafme dh Zum üfn Dd Kö Pe ba hüten De her De ed Pd De —1.24 —0.36 —0.05 —0.51 —0.13 +0.21 —+1.33 —+0.42 +0.77 —+0.59 —+0.51 —1.10 —0.59 —0.07 —+0.21 —0.47 —+1.05 —+0.58 —+0.44 —+0.75 —+0.14 — 0.82 —0.23 —+0.25 —+0.25 +0.38 —+0.44 1.08 —+0.70 —+1.24 = 1.01 —0.48 —0.44 —+0.62 —+0.39 —+1.62 —+0.65 —+0.60 +0.97 —0.66 —0.35 —+1.03 —+1.38 —0.10 b —0.393 —0.437 —0.465 —0.479 —0.495 —0.520 —0.560 —0.599 —0.796 —0.832 —0.932 —0.937 —0.944 —0.947 —0.958 —0.963 —0.965 —0.966 —0.966 —0.966 —0.963 —0.962 —0.956 —0.933 —0.923 —0.9183 —0.901 — 0.828 — 0.772 —0.672 —0.311 —+0.292 —+0.830 —+0.925 —+0.178 —+0.032 —+0.015 —0.017 : —0.066 —0.607 —0.620 — 0.745 —0.756 — 0.804 vom 22. Juli 1869. c —0.832 —0.862 —0.846 —0.839 —0.831 —0.814 —0.787 —0.758 —0.523 —0.492 —0.253 — 0.237 —0.206 - 9189 —0.124 —0.076 —0.042 —0.027 —0.010 —+0.022 —+0.072 0039 —+0.138 —+0.252 —+0.284 +0.297 —+0.348 —+0.497 —+0.580 —+0.694 —+0.914 0.921 —+0.495 0.279 —0.950 —0.966 — 0,966 —0.966 —0.964 —04152 —0.741 —0.615 —0.601 —0.536 Hal ph pe ph ph pn peu hä fi Of Ph fu tiüheh peuhHafn punk jmd fh fd fauch PüfE f fh pe jdn fh fh fh Hd fund jun = On Da hm 628 Gesammtsitzung 1727 n b Aug. 22. +0.10 —0.917 Sept. 3. -+1.70 —0.960 4. 0.55 —0.961 23. —0.55 —0.942 27. —0.09 —0.935 —1.17 +0.338 Bedingungsgleichungen n 0.09 1726 Jan. 7. Febr. 3. —0.92 12. —0.37 20.- —0.20 Sept. 27. —+0.73 Nov. 26. -+0.84 Dec. 26. —-0.43 3l. -+0.58 1727 Jan. 15. -+0.14 23, 702% Febr. 5. -+0.01 Bedingungsgleichungen für Anon. N 1726 März 20. —0.34 26.0005 27. +0.47 1721. .Jan.+292- 2084 Febr. 26. -+0.18 C —0.303 —0.113 —0.096 —+0.216 —+0.279 +-0.905 b —0.275 — 0.421 — 0.449 —0.465 —+0.435 —+0.059 —0.187 —0.225 —0.326 —0.399 —0.427 b —0.571 —0.419 —0.426 +0.125 —0.166 T —+0.050 —+0.124 —+0.148 —+0.170 —+0.771 —+0.935 —+1.017 —+1.030 +1.071 —+1.109 —+1.128 Pf ee für 35 Camelopardi. Ursae ma). T +0.247 +0.263 +0.266 —+1.110 —+1.186 vom 22. Juli 1869. | 629 Bezeichnet man noch die Verbesserungen der bei der Bil- dung der „n“ angenommenen Abstände für 1726.0 (—8'00, — 7.66 und -+7'96) mit x, « und &”, und die Coefficienten dieser Unbekannten mit a, @ und a’, so erhält man mit Be- rücksichtigung der oben angegebenen Gewichte: aus den 87 Gleichungen für y Draconis [eaa]=+-70.250 [dd]=-+31.070 [cc]=+34.460 [rr]=+-48.244 [ad] =— 16.976 [de]=-+ 3.078 [er)=—17.528 [n]=+ 8.333 [ac]=—24.698 [dr]=—20.384 [en]=— 1.465 [nn]= 25.9789 [ar]—=+-48.318 [dDn]=— 4.334 [ar]=+11.041 aus den 11 Gleichungen für 35 Camelopardi [da] = +11.000 [dd]= -+1.396 [rr]= +7.278 [a'b’] = — 2.680 [dr] = —1.5513 [FR] = -+1.163 [a’r] = + 7.553 [bn] = +1.047 [nn] = 2.3838 [a’n] = + 0.020 aus den 5 Gleichungen für Anon. Ursae ma). [aa] = +5.000 [dd] = -+0.539 [77] = + 2.838 [a"d] = — 1.257 [dr] = — 0.373 [rn] = —0.025 Pe 30723 [dr] = — 0.113 [rn] —= 0.4290 [@’n] = + 0.020 Damit ergeben sich folgende Werthe der Unbekannten: . a—= 0.118 dd = —0!072 a’ —0\061 z = +0'0165 Gew. 24.026 | z= +0.0980 „ 25.361 A='4+0.1128 „ 15.700 [nn.6] = 27.1225 m.F. für Gew. 1 = #+0'5288 Die Einführung der wahrscheinlichsten Werthe der Eigenbe- wegungen würde den für A gefundenen Betrag etwa 0'005 verkleinern. Da die weiter unten abzuleitende Eigenbewegung von y Draconis, auf welche es hier fast allein ankommt, nicht wohl mehr als =0'005 fehlerhaft sein kann, so würde der Werth von A eine der Zeit proportionale Änderung des Colli- mationsfehlers anzeigen, welche in dem ganzen Zeitraum, den die Beobachtungen umfassen, 022 erreicht hätte. Dieser Werth ist aber nicht einmal so grols wie sein mittlerer Fehler, die 630 Gesammtsitzung Beobachtungen deuten also eine Änderung des ara fehlers von dieser Form nicht an. Kehrt man daher wieder zu der Annahme der Unverän- derlichkeit des Collimationsfehlers zurück, so gibt die Auflö- sung ohne Berücksichtigung von A folgende Werthe: | a= +0'186 ad = —0'002 a" = 0'000 z = —0'”0163 Gew. 27.609 m.F. =#0'1005 == 4-0,0919-- 4:5 25473 1. ,z=E0U1048 [nn.5] = 27.3223 m.F. für Gew. 1 = =0'5230 Der wahrscheinliche Fehler einer Beobachtung vom Gewicht 1 ist hiernach nır = =0'356. Diese Gröfse gibt den Ge- sammtbetrag der Fehler in der Einstellung des Sterns an dem nur 65 Mal vergröfsernden Fernrohr und der Einstellung des Loths, und der, wenn auch wahrscheinlich in engen Grenzen gebliebenen, doch ohne Zweifel vorgekommenen Schwankungen des Collimationsfehlers; sie zeigt, dafs die Molyneux’sche Be- obachtungsreihe eine Genauigkeit besitzt, die in Beobachtungen absoluter Zenithdistanzen erst nach mehr als hundert Jahren wieder erreicht worden ist. Die Aberrations-Constante ergibt sich also aus den Be- obachtungen in Kew = 20.4283 =0'0678 — Betrag und wahrscheinlicher Fehler unter der Voraussetzung der Richtig- keit des Werths einer Schraubenumdrehung = 16.973 — und die Parallaxe von y Draconis = +0'0919 =0'0706. Ich werde nun die genaue Bestimmung des Werths einer Schraubenumdrehung vornehmen, und zunächst die für r Persei und % Draconis beobachteten Declinationen zusammenstellen, reducirt auf das System meines Normal-Catalogs vermittelst der A. N. 1536 gegebenen Relationen, und auf das Aequinoc- tium von 1835 vermittelst der Struve’schen Praecession. 631 vom 22. Juli 1869. 8T’0+r 01°0— 70°0+ 860 11°0— b 07 76'0r+ 2 U: 860+r 070 07°0+ 69°0+ 670 88°0+ 86'0+ 600 88,0 "gg LS’IG 1918 Gyu’Ig I7'I6 19°I4 08°08 26" 18 16'118 8614 rock 81'568 89'C% Gr’Ig 68°%%6 60° 8% 01'268 LVulS ı9 068 "cE8T TA 681 Gr8l za OC8T GH8T OrsI 1781 OF8T 9881 GesI 0881 oTST L 0081 6 Gel 8.901 gs sch sr 'q ‘p zZ bay 08T. 69'772 8486 @2 8% 568 84"8% v8'9 08° 8% “62 0% 4 8516 v0'98 8308 18°94 67°9 06'%% 16° 1% FLÄIS LE 0IS III OS OL OD m X [27 "P9q TO8IIT 180772:21 :CF8l Grrel "er8l Gere a722 1 "Ir8I G’688l 8881 66881 8758 sIIel 0081 6°G821 GCIG2T S’IGLL L’SCLL “ypodqq sueurpnO (eMoNng) "II I 9 Av aoyuny uosuyop uosurgoy uU0SI9puoy] I 'zı 9 day aoyumy JofkeL puod SFPLIQUIOOAK) TzzeieT oudfoyseN Aojpeag, Aojpeag Aojpeag 'goag -HNSÄHISST SO “IN Bemerkungen. Aus den Sectorbeobachtungen in Wanstead (1727 — 1729) und Greenwich berechnet (mit der Polhöhe 51° 28’ 38’2). Declination der Fundamenta, corrigirt wegen des Fehlers in der 1, 2.4, 3. Polhöhe und den Constanten der Aberration und der Nütation. Auf den Normalcatalog reducirt mit Berücksichtigung des periodi- 3. schen Gliedes (Vierteljahrsschrift der Astr. Ges. IL p. 17. 18). 632 Gesammtsitzung Die Epoche genauer zu ermitteln habe ich bei der Geringfügig- keit der Eigenbewegung für überflüssig gehalten. 8. Nach dem General Catalogue; der zweite Specialcatalog, der die 17 Beobachtungen sämmtlich enthält, würde 0733 mehr geben. 14. „Neue Folge“, mit derselben Reduction, wie der erste Rümker- sche Catalog. | 16. Aus Beobachtungen am Verticalkreis, nach handschriftlicher Mit- theilung von Hrn. Geheimrath Struve. 17. Nach „Observ. ope instr. transit. port. instit.“ p. (112), ohne Re- duction. Ich habe aus diesen 17 Bestimmungen folgende Resultate, ohne Unterscheidung von Gewichten, abgeleitet: Decl. x Persei 1835.0 = + 52° 4’ 51'.765 & 0'093 Jährliche Eigenbewegung = — 0''00509 = 000224 Damit bleiben die in der Col. B.-R. aufgeführten Fehler übrig, welche den w. F. einer Bestimmung —= =0'343 ergeben. Die Declination für 1726.0 wird hiernach für Aeq. 1835 —=52°4’52''52 und für das Aequinoctium der Epoche —= 51° 36’49'!99 & 0'020. 633 vom 22. Juli 1869. 08°07 1705 T2'0+ 1607 cE0—- 70°0+ 10 0 DU I 07- 80°0+ 810 86 0 950 85 0+ 680 80°0r+ 61'0+ 1E0F 6 0+ 790% u 09'0+ 6807 2 0 700 61'0— 80,0+ LE’ 68 1268 r9'07 84" 68 LI” 6€ 96°68 &6'68 00°07 107 0°°07 66°68 18" 68 LG'07 18'07 96°68 ger'07 I1'07 LL’OP GL'07 97'17 LE'0F 68'I7 $117 2G'1V 80'57 16'17 L8 791.67 ‚08 o1IS 6FI SE8L "Pad 6681 0981 6E8l 0881 Lrsl GrsT GrsT rel cr8l 6881 oF81 0781 GEsL 6881 0881 0881 LEST vo8T 0581 OI8I 0081 Ggll ZLLT 8921 GGLlL Ggıl 0821 "bov 81'76 8076 60'08 8808 8668 72'688 12'858 81'858 0688 69° 28 G8"98 20°98 15'07 ch c7 GL'Er 6987 8597 827 97°08 06°6 ZB 9 1661 IT’Ie 878% 0T’68 86'885 8T;o 08 Ig ı6& ol 06681 78981 0'°581 s0EsT G1ı781 L'IP8L G’978T G’ersl :GP8L 06881 G'ggstl G’8Esl GTEsl G'o88l LIEST 06681 02,581 GTrosl 01881 69081 0081 66821 TLLLl 28921 GEGll G'IGZI sl _oyaodyr (191119A9rJ) 2.9 Av J9lonerT 99 Auy (AımeW) uosuyop II 1 9 Auv aojkeL (eMoymd) uosIopuod 1'319 Auv yosngq 9 Auy aofkeL pPaPa: dopuejodıy pIamyog Ang pssag SSPLIYWOOLZ TzzeId auAjoyseN ouAJoyseN oudfogseN Aajpeag Aojpeag kapeag "qoog SI. ee - -"soso4son Zu den Deelinationen Nr. 1—7 und 19 ist dasselbe zu be- den entsprechenden von r Persei (Nr. 3 ist die Quadranten-Declination), wegen der Ableitung einiger der an- dern verweise ich auf A. N. 1549. wıe zu merken, Man erhält aus den 27 Bestimmungen 055 „ . +51° 30’ 4072110 — 002263 = 000142 Decl. y Draconis 1835.0 Jährliche Eigenbewegung 634 Gesammtsitzung . und damit die vorstehenden Werthe B.-R., woraus der w. F. einer Bestimmung = =#0\262 folgt. Die Deelination für 1726.0 wird hiernach für Aeg. 1835 — 51° 30’ 42/68 und für das Aequinoctium der Epoche = 51° 32’ 364 &0'134, Die Differenz der mittlern Declinationen von r Persei und y Draconis betrug also am Anfang des Jahres 1726 286.35,.32.0255, Für r Persei sind nun, zufolge der obigen Tafel, in Kew die folgenden Abstände beobachtet, wenn man 1®— 16'973 annimmt: Beob. p—p 1726.0 Abw. 1735 . Deeemhi: 4: —307. 512. 213.700 our 18.- =311.29° 415.65 %.2295.647 2.2070 24. —319.34 —+16.26 9296.08 114 27. :—310.40 +1659 1796 Januar: 3.2 230 BE As Fa 7. 31210 + +17208 oa ar 15. 313.80 -+17.07 29673 —1.79 (Novemb. 27. —320.65 -+30.38 —290.2° +4.67) (Decemb. 25. —322.26 -+34.07 —288.19 -+6.75) Ich habe hiernach den mittlern Abstand für 1726.0, nach den Beobachtungen von 1725 December 4 — 1726 Januar 15, — — 294.94 angenommen, indem ich der Beobachtung vom 24. Dec. 1725 halbes Gewicht gab. Es ist an diesem Tage nämlich keine Einstellung des Loths vorgenommen, woraus eine Unsicherheit in der Reduction dieser Beobachtung ensteht, die jedoch nicht so grols ist, dafs sie zum gänzlichen Aus- schlufs derselben nöthigte. Die Angaben der Schraube bei der Einstellung des Loths waren an den zunächst liegenden Tagen Dec. 17. 9P75 Dec. 27. 7P50 18. 8.60 Jan. 3. 9.00 21. 8.17 „ 10.45 und ich habe hiernach für Dec. 24. 7P80 angenommen. — Die beiden letzten Beobachtungen mufsten dagegen völlig ausge- ‚schlossen werden, weil bei denselben der Stern so weit nörd- lich stand, dafs die Absehenslinie des Fernrohrs ihn nicht mehr völlig erreichen, derselbe vielmehr nur noch mit dem Horizontalfaden in Berührung gebracht werden konnte, Bei der letzten Beobachtung ist bemerkt, dafs der gemessene Ab- vom 22. Juli 1869. 635 stand deshalb 2’ oder 1''5 zu klein sein möchte. Nach der obigen Berechnung ist nun der Fehler bei beiden Beobach- tungen viel grölser gewesen; wollte man dieselben, was ich nicht für erlaubt halte, nach Anbringung einer Correetion — die indefs, nach der Beschreibung dieser Beobachtungen und den sonst über die Erscheinung der Sterne vorkommenden Be- merkungen, gröfser zu schätzen wäre, als Molyneux am 25. De- cember angibt, für die erste Beobachtung vielleicht zu —2” und für die letzte zu —4’ — irgend ein Gewicht beilegen, so würde ihre Vereinigung mit den übrigen die absolute Gröfse des Mittels — 29494 verkleinern. Ebenso würde dieses Mittel eine positive Correction erhalten müssen, wenn die erste Be- obachtung, bei der die Zeit der Einstellung nicht angegeben und die vor der Bemerkung der Krümmung im Wege der Sterne durch das Feld angestellt ist, etwa nicht in der Mitte desselben gemacht sein sollte. In keinem Falle kann also der Abstand von 29494 für 1726.0, in welchem r Persei nördlich durch- gegangen ist, aus den vorliegenden Beobachtungen mit dem Schraubenwerth 16'973 gröfser herausgebracht werden. Um den correspondirenden Abstand für y Draconis zu finden, habe ich, um hier die Voraussetzung der Constanz des Collimationsfehlers in längern Perioden zu vermeiden, mich auf dje ersten 10 Beobachtungen dieses Sterns beschränkt, 1725 Dec. 5 — 1726 März 22. Von diesen ist früher die Beobach- tung 1725 Dec, 17. ihrer starken Abweichung wegen, während der Stern bei der Beobachtung sehr schwach und undeutlich gesehen war, ausgeschlossen, und die Beobachtungen am 5. und 11. Dec, haben halbes Gewicht erhalten. Bleibt man auch hier bei diesen Festsetzungen stehen, so hat man Folgendes: Beob. p—p' 1726.0 Abw. ee era 669. 2198 11. 0.00 erg 87 20087 12. Oz a 818 098 —- 21. + 3.63 —12.04 —8.41 —0.51 1726 Januar 3. + 9832 —16.57 —6.75 +1,15 Februar 13. -+18833 —27.09 —83.21 —0,31 März 6. +21.093 —28.97 —7.94 —0.04 21. +20.45 —283.53 —8.08 —0.,18 22. +20.33 —28.46 —8.08 —0.18 [1869.) 46 636 Gesammtsitzung und im Mittel den Abstand für 1726.0 = —7'90. Die aus- geschlossene Beobachtung weicht hiervon um —1’'90 ab. — Den m. F. einer Beobachtung vom Gewicht 1 habe ich oben = #0'528 gefunden. Berechnet man denselben aber nur aus den Abweichungen der hier benutzten 7 resp. 9 Beob- achtungen von ihren Mitteln, so findet man erheblich mehr, nämlich für r Persei #&1'”13 und für y Draconis =0'59. Werden diese Werthe angenommen, indem in der That die Beobachtungen am Anfang etwas weniger genau ausgefallen zu sein scheinen, als später, so sind die m. F. der beiden ange- nommenen Mittel resp. #043 und #021, und ihre Diffe- renz ist | 28704 & 0'321. Diefs ist also die beobachtete Differenz für 1726.0, wenn man den Schraubenwerth =16'.973 annimmt, und es ist im Ein- zelnen gezeigt, dafs alle allenfalls möglichen von deu meinigen abweichenden Annahmen über einzelne der benutzten Beobach- tungen oder ihre Gewichte diese Differenz verkleinern wür- den. Die Substitution des wahrscheinlichsten Mittels aus allen Beobachtungen von y Draconis für den hier angenommenen Abstand für 1726.0 würde dieselbe, man mag den Collima- tionsfehler constant oder der Zeit proportional sich ändernd annehmen, nur um einen geringfügigen Bruchtheil ihres w. F. vergrölsern. | Nach den absoluten Deeclinations - Bestimmungen mufs nun diese Differenz die Correction — 0.69 = 0'410 erhalten, welche für einen beobachteten Bogen von 3230 oder 19R0P5 anzubringen ist; die Correction des vorausgesetzten Schraubenwerths beträgt also — 0'03626, oder es ist 1 > 16.985674. = 002155 Hiernach sind 42 Umdrehungen = 1.0041 engl. Zoll gewesen, oder es sind auf einen Zoll 41.829 Umdrehungen gegangen, Molyneux’s Angabe bestätigt sich also innerhalb plausibler Fehlergrenzen. — | Alle im Vorstehenden aus den Beobachtungen abgeleiteten Grössen sind also mit dem Factor 0.99786 = 0.00127 vom 22. Juli 1869. 637 zu multiplieiren.') Die Resultate der Beobachtungen von y Draconis, 35 Camelopardi und der Anon. Ursae maj. werden damit: | !) Der Correctionsfactor für den von Busch für eine Schrau- benumdrehung angenommenen Werth ist hiernach = 1.00408. Die Aberrations-Oonstanten, welche er als Resultate der Moly- neux’schen Beobachtungen angibt, erfordern aber aufser der Multiplication mit diesem Factor noch eine weitere Verbesse- rung, indem die aus den Beobachtungen hervorgegangenen Glie- der seiner Normalgleichungen („Reduction ...* pag. 16) ver- kehrte Zeichen haben. Nach Verbesserung dieses letzten Feh- lers erhält man mit © = 0.025733 statt der pag. 17 gegebenen Zahl (202527): 20.2197, und statt der pag. 21 gegebenen (20''2495) mit (—=0.029740 (der Endwerth, p. 22, ist /—=0.028391): 20.2167. Die Abänderung des Schraubenwerthes fügt hierzu die Correetion +0'0825, so dafs also die Aberrations-Constante 20.2992 würde, 0'0859 weniger, als ich oben gefunden habe. Ich habe nun noch eine Berechnung ausgeführt, bei wel- cher ich ebenfalls nur die 64 von Busch benutzten Gleichungen von y Draconis, und diese alle mit gleichem Gewicht genom- men habe. Es wurden dann die Normalgleichungen: —+ 64.000 2 — 17.6052 — 27.8217 = + 12.210 — 17.6052 + 28.3992 + 4.377 = — 2.990 — 27.3212 + 4.3772 + 31.2997 = — 4.793 und hieraus ergibt sich: x = +0'2094 Gew. 32.50 m. F. =#0'0873 z = +0.0199 „7.28.00 0.1087 z = +0.0302 „4878 0.1204 also die Aberrations-Constante — 20.4650 mit dem Werth 18 — 16'973, und nach der definitiven Bestimmung dieses Werths = 20'4212, oder 01220 gröfser, als nach Busch’s Berechnung derselben Beobachtungen mit den obigen Verbesse- rungen. — ’ Die Quadratssumme der übrig bleibenden Fehler beträgt 16.5812, also der m. F. einer Beobachtung =0'521. — Lälst man x fort, so findet man aus diesen 64 Gleichungen =—+0'0157 (m. F. #0'1066), 27 = 16.5983, m. F. einer Beobachtung 0.517; mit z=z=0 würde 37 = 16.6041, der m.'F. einer Beobachtung —= =0'513 werden. — | Alle 92 Beobachtungen von y Draconis würden, ohne Un- terscheidung von Gewichten, folgende Gleichungen geben: + 92.000 — 20.567 2 — 32.0267 —= + 17.400 — 20.5672 + 38.3512 + 3.5607 = — 8.046 — 32.0262 + 3.5602 + 47.4797 = — 8.128 46* 638 Gesammtsitzung Aberrations-Constante = 203851 & 0'0725 Parallaxe von y Draconis = + 00917 = 0'0705 Mittlerer Abstand vom Nullpunet 1726.0: y Draconis —= — 780 35 Camelopardi = — 7.65 Anon. Urs. maj. = + 7.94 Die beiden kleinen Sterne zwischen Drachen und Hercules sind nach den Annahmen der frühern Tafel in folgenden Ab- ständen vom Nullpunet beobachtet: | Beob. PP 1726.0 Abw. 1726 April 22. —0’44753 —19!15 — 173768 —+095 23. —0 46.13 —18.84 — 14.97 —0.34 24. —0 46.73 —13.52 — 15.25 —0.62 1726: April221# 123’ 5959» BeiggV 127 ZU TeT 93.7 10272 EINEN TEE TI 24. —4 2.82 —19.52 —4 22.34 —1.49 Die Sterne waren eigentlich bereits etwas zu schwach für das Instrument, namentlich der zweite, weshalb diese Beobach- tungen weniger genau sind. Im Mittel geben sie die Abstände für 1726.0 = —1’4'63 und —4'20'85, welche Werthe durch die weitere Verbesserung des Schraubenwerths noch die Correc- tionen +0”10 und +0'52 erhalten. Die Abstände für 1726.0 sind also für Anon. 5 —= — 1’ 453 Anon. 729 —= — 4 20.33 Die Declination, auf welche die Absehenslinie des Fern- rohrs bei der Einstellung des Loths gerichtet gewesen ist, er- gibt sich aus den Beobachtungen von y Draconis mit der oben abgeleiteten Declination dieses Sterns =51°31’55’84. und daraus 2 = +0.1556 z= —0'/1506 = — 0.0699 [nn.3] wird hier aber = 50.3190, also der m. F. einer Beob- achtung —= = 0'752, und die m. F. von = und von = resp. =0”1301 und #0'”1254; das Resultat dieser Auflösung hat nur den Werth, die im Text getroffene Festsetzung der Ge- wichte zu rechtfertigen. vom 22. Juli 1869. 639 Man erhält daher aus den Kew-Beobachtungen folgende wei- tere Declinationen für 1726.01): 35 Camelopardi 51° 32’ 3!49 11 Beobb. B. D. 51°?1488 51 3147.90 Hin Mt, B.D431232115:» 51: 33).0.37 3 B. D. 51.2141 51 3616.17 3 Gegen die Bestimmung des Schraubenwerths aus den Be- obachtungen von y Draconis und r Persei, auf welcher die hier abgeleiteten Resultate beruhen, und auf welche man meines Erachtens unabweislich recurriren mu[s, wenn man aus den Kew-Beobachtungen ein nicht völlig in der Luft schwebendes Resultat für die Aberrations-Constante ableiten will, lassen sich einige Bedenken vorbringen, die ich nicht unterlassen darf so- gleich zu entkräften, um den Nachweis, den ich als das eigent- liche Ergebnils der hier vorgelegten Untersuchung betrachte, dafs die Beobachtungsreihe am Zenithfernrohr in Kew sich mit Struve’s Aberrations-Constante in vollständiger Überein- stimmung befindet, völlig concludent zu machen. Was zunächst die aus den absoluten Declinations-Bestim- mungen gefundene Differenz zwischen den Declinationen von * Persei und y Draconis für 1726 betrifft, so geht in dieselbe eine empirische periodische Correction mit beträchtlichem Ge- wichte ein, welche die Sector-Beobachtungen in Wanstead zu . erfordern scheinen. Für die Differenz r P. — y Dr. habe ich diese Correction — — 108 angenommen, und hauptsächlich !) Eine Vergleichung der Declination von 35 Camelopardi mit den sonst vorhandenen Beobachtungen findet sich weiter unten. Die drei Anonymae kommen nur bei Lalande und in Argelander’s Zonen vor; die Cataloge geben für 1726: B. D. 51°?1488 Lal.(Fedor. 1446) 1790.1 51°31’47'35 1B. A. Z. 86. 99.190. 1842,5 op ale ee B. D. 51°2115 Lal. 30282 1790:5:519337,,043 1... BE A.2.6. a ea WE RER TEE B. D. 51°2141 Lal. 30791 1790.4 51°36’24”6 1B. A. 2.6. 18414 19 lbs 640 Gesammtsitzung aus diesem Grunde jene Differenz für 1726.0 schliefslich 0.62 kleiner gefunden, als bei der an früherer Stelle erwähnten vor- läufigen Bestimmung, bei welcher ich noch nicht meine Re- duction der Wanstead-Beobachtungen benutzen konnte, Wollte man diese Correction für nicht gerechtfertigt halten, so würde die betr. Differenz für 1726 grölser angenommen werden müssen, also auch der Schraubenwerh und die ee Constante noch wachsen. Berechnet man nun mit Annahmen, die hiernach, wenn sie nach einer Seite hin sich von den wahrscheinlichsten ent- fernen, diefs nur zu Gunsten des Molyneux’schen Schrau- benwerths können, also aus der Declination des Nullpunets —51°31’55'84 und der Declination von r Persei für 1726 —51°36’49”99 die Abstände dieses Sterns vom Nullpunet für die einzelnen Beobachtungstage und vergleicht damit die von Molyneux beobachteten unter der Annahme seines Schrauben- werths, so erhält man: Ber. Abs. Molyneux Abw. 1725 December 4. 307.87 305.61 —2.26 18. 5309.80 309.36 —0.44 24. 310.41 310.40 —0.01 (G. 4) 27. 310.74 308.48 —2.26 1726 Januar 3. 811.00 309.03 —1.97 Tall. 23 310.17 °°—1.06 15. 2311.22 311.86 +0.64 (November 27. 324.53 >318.68 —5.85+2"=+) (December 25. 328.22 >320.26 „, —7.94+4") Gegen den Schlufs, den ich aus der sich bier zeigenden Differenz gezogen habe, dafs der Molyneux’sche Schrauben- werth vergröfsert werden müsse, läfst sich nun einwenden, dafs die beiden mit einander verglichenen Sterne zu ganz ver- schiedenen Tageszeiten durch den Meridian gegangen sind, in- dem ihre Rectascensionen sich um 9 Stunden unterscheiden, die . Beobachtungen ihrer Deeclinationsdifferenz, die alle in dieselbe Jahreszeit fallen, also durch eine tägliche Periode im Colli- mationsfehler hätten entstellt werden können, wenn derselbe sich mit der Temperatur geändert haben sollte. In diesem Falle müfste aber auch eine jährliche Periode im Collimations- a ZU 2 vom 22. Juli 1869. 641 fehler vorhanden gewesen sein, wovon sich in den Beobach- tungen gar keine oder nur geringe Spuren zeigen. Die für Parallaxe und Aberratiion — auch wenn man Molyneux’s Werth einer Schraubenumdrehung annimmt — herauskommen- den Gröfsen zeigen, dafs die Amplitude einer etwaigen jähr-. lichen Periode einige wenige Zehntel einer Secunde in keinem Fall überstiegen haben könnte. Noch erheblich Kleiner mülste, zumal im Winter, diejenige einer täglichen Periode gewesen sein, und der Einfluls einer irgend wie noch zulässigen auf das Resultat der Vergleichung der 7 Winterbeobachtungen von r Persei mit dem Mittel aller Beobachtungen von y Draconis, welche bis auf 0'!09 oder 002 die von mir angewandte Diffe- renz wiedergeben würde, kann nur wenige Hundertstel einer Secunde erreichen. Die Beobachtungen von 35 Camelopardi, welcher Stern in Rectascension genau 12 Stunden von y Draconis entfernt ist, während seine Declination zur Zeit der Beobachtungen weniger ‘als 1E von der Declination von y Draconis für 1726 abwich, lassen es ebenfalls völlig unzulässig erscheinen, die Abweichung von mehr als 1" von der wahrscheinlichsten Declination, welche in den Beobachtungen von r Persei mit Molyneux’s Schrauben- werth übrig bleibt, durch eine Änderung des Instruments zu erklären. Die Declination von 35 Camelopardi für 1726 läfst. sich aus den aufser den Molyneux’schen vorhandenen Beob- achtungen nicht mit grolser Sicherheit berechnen — indem nur wenige neuere Beobachtungen vorhanden sind, und die älteren sich nicht in befriedigender Übereinstimmung befinden — so dafs man eine Prüfung der Unveränderlichkeit des Collimations- fehlers an der Differenz 35 C. — y Dr., bei welcher die Un- sicherheit des Schraubenwerths so gut wie vollkommen elimi- nirt werden würde, nicht vornehmen kann. Von der wahr- scheinlichsten Declination für 1726 nach den Beobachtungen von 1727 (Wanstead) bis 1354, wofür ich 51°32’1'77 finde'), ") Es sind folgende Bestimmungen der Declination von 35 Camelopardi vorhanden: 642 Gesammtsitzung weicht das oben gegebene Resultat der Molyneux’schen Beobach- tungen nicht weniger als +1’72 ab (bei einer Beschränkung der Vergleichung mit y Draconis auf nahe gleichzeitige Beob- achtungen des letztern Sterns würde man innerhalb 0’1 das- selbe Resultat erhalten), um eine Quantität, die bei der ausge- Nr. Beob. Epoche Red. Deel. Aeq.Z.d.B. Decl.1755.0 B.-R. . Bradley 1728.6 51°32'8'!45 1730 32 51°32’4329 +0'80 . Bradley 1751.8 40.23 1755 12 40.23 —1.44 . Bradley 1752.9 42.00 1755 42.00 +0.37 .Maskelyne 1768.9 57.04 1768 40.64 —0.42 . Maskelyne 1777.1 35 7.33 1777 40.25 —0.52 44.20 +3.89 41.44 41.48 39:77.-0.10 . Piazzi 1800: 33.24 1800 1 2 3 4 5 6. Lalande 1790.1 25.7 1790 7 8. Grombridge 1808.1 41.17 1810 9 10 Porn Or > He . Argelander 1842.1 34 4.0 1842 36.53 —1.94 . Johnson 1844.6 7.89 1845 33.52 —0.06 11. Oudemans 1849.1 11.24 1849 16 39.02 +0.80 12. Robinson 1852.1 3.571840 2 37.52 —0.59 13. Airy (G.6u.7) 1853.7 14.33 1855 4 38.30 +0.25 Nr. 1, 2, 4 und 5 sind Sector-Declinationen. Die (ohne ihre — sehr kleine — Reduction angesetzten) Positionen Nr. 6, 9 und 11 habe ich erst verglichen, nachdem ich aus den andern die Werthe Decl. 1755.0 = 51° 32’ 41'555 # 0'241 Jährl. Eigenbewegung = — 003546 & 000416 abgeleitet hatte, welche die Fehler B.-R. übrig lassen. Die Sector-Declination für 1751.8 scheint verfehlt zu sein. Die starke hier übrig bleibende Abweichung hat zwar das Zei- chen eines angebrachten nicht unbeträchtlichen Theilungsfehlers (—0'78), indefs ist dieser für sicher zu halten; dagegen stim- men die einzelnen Beobachtungen (1750 — 1754) sehr wenig überein. — Ohne diese Declination erhielte man, aus den 9 an- dern der vorhin benutzten Gleichungen, die Declination für Aegq. 1755 — 51° 33’ 41'891 — 003951 (*— 1755), wovon .die Decli- nation für 1726 noch —+1'27 abweichen würde. — Piazzi’s Declination habe ich ihrer ebenfalls starken Ab- ‘weichung wegen aus der Storia Oeleste neu berechnet, aber nur noch abweichender erhalten. Es geben nämlich 4 Beobb. 1798 Jan. 31 — Febr. 3 die Declination für 1800 ohne Eigenbewe- gung = 51° 33’ 3428 und 2 Beobb. 1810 Dec. 23 — 24 = 51° 33’ 30''70; das Mittel würde —= 51° 33’ 3309 (Ep. 1802.4) oder noch 0''6 gröfser als die Angabe des Piazzi’schen Catalogs. \ 4 vom 22. Juli 1869. 5 zeichneten Übereinstimmung derselben gänzlich aufserhalb des Bereichs der zufälligen Unsicherheit liegt und wohl zum grö- fsern Theil einer Fehlerhaftigkeit der berechneten Declination zugeschrieben werden muls. Sie ist aber nach der entgegen- gesetzten Seite gerichtet, wie die bei r Persei mit Molyneux’s Schraubenwerth übrig bleibende, soweit man ihr also eine Be- weiskraft zugestehen will, bestätigt sie die Correctheit der für diese Abweichung angenommenen Erklärung, dafs Molyneux’s Schraubenwerth zu klein ist. — Meine Bestimmung des Schraubenwerths gilt für den Winter. Welchen Werth man der Strenge nach im Sommer anzuwenden hätte, bleibt zweifelhaft, indefs nur innerhalb sehr enger Gren- zen. Der Construction des Instruments nach war die Entfer- nung des Angriffspuncts der Schraube von der Drehungsachse abhängig von der Ausdehnung des Backstein-Mauerwerks, an welchem das Instrument befestigt war. Wäre die Ausdehnung dieses Mauerwerks =0 gewesen, so würde, da die lineare Gröfse einer Schraubenumdrehung im Sommer 0.000215 länger gewesen sein wird, als im Winter (im Falle einer Tempera- turdifferenz von 20° C.) der Sommerwerth einer Umdrehung 000365 gröfser gewesen sein. Ich habe meine Reduction mit einem constanten Werth ausgeführt, wollte man die angegebene Differenz berücksichtigen, so würde die Aberrations -Constante höchstens 0'001 verschieden, und zwar gröfser herauskommen. Der Einflufs auf die Parallaxe wird noch geringer sein. Da aber das Rohr des Molyneux’schen Instruments von Zinn war, so wird sich die Entfernung der Fäden von der Drehungsachse vom Sommer zum Winter, für eine Temperatur- änderung von 20° C., um etwa 0.126 engl. Zoll geändert haben — welchem Betrage auch die Änderung der Brennweite des Objectivs wohl nahe entsprochen haben wird. Um eben so viel mülste sich, im eben besprochenen Falle, der Angriffs- punct der Schraube auf dem Ocularring verschoben haben, während von einer solchen Verschiebung nichts gesagt wird. Man nimmt daher vielleicht richtiger an, dafs das Mauerwerk der Ausdehnung des Rohrs näherungsweise gefolgt ist. Bei vollständiger Übereinstimmung der Ausdehnungen würde aber der Sommerwerth einer Schraubenumdrehung gleich dem Winter- 644 Gesammtsitzung werth multiplicirt mit (10.000215) x (1—.0.000433), also nur fast genau so viel zu verkleinern, wie in der vorigen Vor aussetzung zu vergrössern sein. — Indem somit nicht daran gezweifelt Fe kann, dafs der schliefslich adoptirte Werth einer Schraubenumdrehung correct abgeleitet ist, und in Betreff der einzigen sonst nach Bedenken unterworfenen Voraussetzung, der Unveränderlichkeit des Collimationsfehlers, die Einführung der jährlichen Parall- axe So wie eines der Zeit proportionalen Gliedes völlig be- friedigende Resultate gegeben hat, wird man auch die Aber- rations-Constante 203851 & 00725 (die von Struve’s Con- stante, wenigstens in deren gewöhnlicher Lesart 204451, noch nicht um den Betrag ihres wahrscheinlichen Fehlers abweicht), als ein Resultat der Molyneux’schen Beobachtungen ansehen dürfen, für dessen Sicherheit der angeführte wahrscheinliche Fehler ein zuverläfsiges Maafs gibt. Dieser wahrscheinliche Fehler ist gröfser, als dafs dieses Resultat neben den durch die Pulkowaer Arbeiten erlangten noch einen selbständigen Werth beanspruchen könnte. Nicht unwichtig erscheint es mir trotzdem, den Nachweis zu besitzen, den ich deshalb in solcher Ausführlichkeit begründet habe, dafs zwischen den Beobach- tungsreihen von Kew und von Pulkowa nicht, wie man bisher geglaubt hat, ein Widerspruch, sondern im Gegentheil eine Übereinstimmung besteht, welche vollkommen genannt werden muls. Was die von Bradley an seinem Zenithsector in Wanstead gemachten Beobachtungen betrifft, deren Abweichung von der Pulkowaer Aberration zufolge den Rechnungen von Busch für noch viel entschiedener gehalten worden ist, so kann ich das wahrscheinlichste Resultat derselben für die Aberrations- Con- stante gegenwärtig noch nicht angeben, indem die neue Re- duction, welcher ich diese Beobachtungen unterworfen habe, _ für jetzt nur die Ableitung sicherer Declinationen aus denselben zum Zweck hatte. Ich glaube aber nicht unterlassen zu dürfen, gleich im Anschlufs an die obige Darstellung der Resultate aus den Kew-Beobachtungen die am Eingang gemachte Bemerkung, dafs Busch’s Ableitungen als Resultate der Wanstead-Beob- vom 22. Juli 1869. 645 achtungen angesehen zu werden keinerlei Anspruch machen können, in Betreff der Aberrations-Constante durch einige Zahlen zu rechtfertigen. Aus den Beobachtungen von 13 Sternen in den Jahren 1727— 1729 habe ich genäherte Werthe der Aberrations-Oon- stante abgeleitet, und folgende Abweichungen (z) von Struve’s Constante (204451) gefunden: Busch Stern Z.d.B. nr Gew. x 2.d.B. « Üassiopejae 88 0.040 82.30 —0.552 101 a Persei 65 —0.8317 11.56 —0.592 64 ö a 35 —1.578 13.99 -+0.469 3) Capella 141 —.1.209 4.44 —1.278 202 : 18 Camelopardi 27 —+0.710 10.51 —-1.089 30 ' & Ursae maj. 46... +0.435 . 51.75: —0.229 - „Al & “ 24 +0.538 3.89 1.658 21 Y n n 52 0.162 42.24 —0.597 60 € ® he 76 —0.069 53.833 —0.871 118 & » 5 75 —0.066 54.01 —0.984 125 ı Herculis 58 —0.068 25.33 —0.241 64 E Draconis 49° —0.045. 33.83 0.512 55 2 Cassiopejae 86 0.274 60.12 —1.064 99 Der Einheit der Gewichte entspricht der m. F. #1’. Das Mittel dieser 13 Bestimmungen ist x —= +0'015, oder Aberrations- Constante = 20'460 = 0'063 oder 0'175, wenn man den w. F. aus den Abweichungen der einzelnen Resultate von einander berechnet. Die angeführten Werthe von = sind, indem die Beobach- tungen vor ihrer Behandlung nach der Methode der kleinsten Quadrate erst gruppenweise zu Mitteln zusammengezogen wur- den, nicht ganz strenge die wahrscheinlichsten Resultate, die man aus den Beobachtungen dieser Sterne von 1727—1729 unter der Voraussetzung der Constanz des Collimationsfehlers ableiten kann,') kommen denselben aber jedenfalls bis auf geringfügige Quantitäten nahe. Sie differiren dagegen um enorme !) Diese Voraussetzung trifft zwar bei Bradley’s Zenithsec- tor keineswegs zu, der Fehler derselben hat aber die Ableitung der Aberrations-Constante nicht merklich beeinflufst. 646 Gesammisitzung Quantitäten von den zur Vergleichung oben bereits angegebenen Werthen von Busch (nach „Reduction...“ p. 23 und 24). Zu einem geringen Theile rühren nun diese Unterschiede, aufser von der blofs genäherten Form meiner Ausgleichung, noch von der Ver- schiedenheit des zu Grunde gelegten Materials her, zum gröfsern Theil aber von der Vernachlässigung der Wärmewirkung auf den Sector durch Busch, bei fünf der verglichenen Sterne endlich hauptsächlich von dem Umstande, dafs Busch bei diesen Sternen (ö Persei, 18 Camelopardi, : Herculis, E Draconis und £ Cas- siopejae, so wie aulserdem bei y Persei, © Draconis und, wie oben bereits bemerkt, bei den Kew-Beobachtungen von y Dra- conis) die Grölsen B.-R. mit verkehrtem Zeichen genommen hat. — Die Bestimmnng der Aberrations-Constante aus den auf- geführten 13 Sternen hat kein grofses Gewicht, indem diese Sterne unter den häufig beobachteten gerade die zu dieser Be- stimmung am wenigstens geeigneten sind. Immerhin ist es von Interesse zu sehen, dafs die Beobachtungen dieser Sterne im Mittel genau mit Struve’s Aberration übereinstimmen; und in Betreff der Gesammtheit der Beobachtungen von 1727 — 1729 (nahe drei Viertel aller in Wanstead angestellten Beobachtungen) kann ich wenigstens angeben, dafs sich dieselben durch Struve’s Aberration viel besser darstellen lassen, als sie Busch seinen Angaben zufolge mit seiner gänzlich abweichenden Aberration ‚dargestellt hat. Während derselbe nämlich den w.F. einer Beob- achtung einer Zenithdistanz von z Grad = Y0'527? + 0/281?2z übrig behalten hat, finde ich für diesen w. F. nur den Werth VV.A872 + 0066?zz. Busch hat aber jenen Werth erst er- halten, nachdem er von 2165 Beobachtungen nicht weniger als 214 ausgeschlossen hat, vermuthlich alle eine viel zu eng ge- zogene Grenze der Abweichung überschreitenden; die Constanten seiner Formel würden also, wenn sie übrigens correct abgeleitet wären, eigentlich noch etwa um den achten Theil vergröfsert _ werden müssen. . vom Tre 647 Hr. Pertz macht die folgende Mittheilung: Über ein unbekanntes Gesetz des Ostgothischen Königs Theodorich. Wenn man die kurze Dauer erwägt, welche dem Reiche des Ostgothischen Königs Theodorich in Italien beschieden war, so wird man durch die grofse Seltenheit oder eigentlich durch den Mangel an Handschriften seines Edietum nicht besonders überrascht werden. In der That ist von alten Zeiten her nur eine einzige Handschrift desselben aufgetaucht. Um so zahl- reicher aber, besonders seit dem 135. Jahrhundert, treffen wir in den verschiedensten Bibliotheken Europas die Abschriften der Variae des Cassiodor, welche als Werk eines berühmten Römischen Senators und Rechtsgelehrten, durch die Sprache, worin sie abgefafst waren, wie durch die Mannigfaltigkeit der darin behandelten Geschäfte eine bedeutende Anziehung übten, und daher an den Sitzen der Römischen Rechtsgelehrsamkeit fleifsig abgeschrieben wurden, so wenig vorzügliche Hand- schriften darunter auch auf uns gekommen sind. Einer neuen Bearbeitung derselben, mit Herbeiziehung aller irgend dafür brauchbaren Hülfsmittel seit Jahren vorbereitet, dürfen wir von der Hand unsers verehrten Collegen Hrn. Haupt entgegen- sehen. Neben diesen beiden Olassen Ostgothischer Gesetze, dem Ediet und den Variae, ward bisher eine gesetzliche Einzelbe- stimmung vermilst. Sie hat sich jedoch in einer sehr alten Sammlung kanonischer Bestimmungen aus dem Anfange des 6. Jahrhunderts erhalten, in welcher ich sie ermittelte. Sie ist überschrieben: Lex data a rege Theuderico contra illos sacerdotes qui substantia ecelesiae iure directo aut vindere aut donare praesumunt. Es ist also ein Befehl, oder vielmehr ein Gesetz des Kö- nigs Theodorich gegen diejenigen Geistlichen, welche das in ihrem Besitz befindliche Eigenthum der Kirchen durch Verkauf oder Schenkung veräufsern möchten. Die Verordnung ist gegeben 5. Idus Martias. Ravenne. Venantio Viro Clarissimo Consule. Dieses Gesetz findet sich nicht in Cassiodors Variae. Seiner Datirung nach könnte es, unter dem Consul Venantius, in drei 648 Gesammtsitzung verschiedene Zeitpunkte fallen. Derselbe war nach den Fasten Consul mit Theodorich im Jahre 486, im Jahre 507 mit dem Consul Celer, und im Jahre 508 allein. Die Wahl unter diesen drei Jahren ist nicht schwierig: die Verfügung ward an den Römischen Senat gerichtet; im Jahre 488 befand sich König Theodorich noch nicht in Italien, wohin er erst 492 aufbrach; im Jahre 507 war Venantius mit Celer, nur 508 allein Consul, in dieses Jahr fällt also der Er- lafs des Gesetzes. Seine Stellung in der Ostgothischen Gesetzgebung im 5ten Bande der Leges fällt mithin: nach dem Edictum Theodorici und vor Cassiodors Variae. Hr. Braun sprach über eine neue in Neuseeland entdeckte Art der Gattung I/soetes. Als ich der Akademie im August v. J. eine Übersicht der australischen /soetes-Arten vorlegte, war das Vorkommen die- ser Gattung in Neuseeland noch nicht ‚bekannt, aber es war zu vermuthen, dafs die zahlreichen Gebirgsseen, welche sich namentlich auf der Nordinsel befinden, ebenso wie es von den Hochgebirgsseen Tasmaniens bekannt ist, von Isoöten bewohnt sein möchten. Diese Vermuthung hat sich bestätigt, indem zu Anfang d. J. von Hrn. J. Kirk, der gegenwärtig mit der bo- tanischen Erforschung Neuseelands beschäftigt ist, in der That eine /soetes-Art gesammelt wurde, von der mir fast gleichzeitig durch gütige Vermittlung von Dr. Hooker in London und Dr. Ferd. v. Müller in Melbourne Exemplare zukamen. Als Fundort wird von Hooker der Whangape-See, von Ferd. v. Mül- ler Waikato angegeben. Der Waikato ist ein Flufs auf der Nordinsel, der von dem über 9000’ hohen Berge Ruapehu ent- springt, den grolsen Taupo-See durchströmt und in seinem wei- tern Lauf von vielen kleineren Seen begleitet ist, deren einer der Whangape sein mag. Die .dort gefundene /soetes- Art ist dem ganzen Ansehen nach unzweifelhaft eine ganz unter Was- ser wachsende Pflanze, schwächlicheren Formen unserer Is. la- vom 22. Juli 1869. 649 custris in der Tracht und Farbe sehr ähnlich, aber bei genauerer Untersuchung in allen wesentlichen Charakteren gänzlich von derselben abweichend, der 7. Mülleri aus dem Nordosten Neu- hollands, der sie habituell weniger gleicht, zunächst sich an- reihend, doch hinreichend verschieden, so dals ich sie als neue Art unter dem Namen 7. Kirkü aufstelle. Es zeigt sich auch hier wieder, wie ungenügend in dieser Gattung die Beurtheilung der Arten nach oberflächlicher Untersuchung ist, wie sehr die wenn auch noch so grofse Ähnlichkeit der Tracht täuschen kann. In den 5 Schlüsseln, welche ich in der Abhandlung über die australischen Isoöten gegeben habe, reiht sich 7. Kirkü in folgender Weise ein: I. Nach der An- und Abwesenheit der Spaltöffnungen unter: Stomata adsunt mit dem Beisatz: Vegetatio aquatica, submersa. U. Nach der Gestalt des Stocks unter: Rhizoma trilobum, Abtheilung: Aquaticae. IH. Nach dem Schleier unter: Velum completum clausum ans Ende mit dem Zusatz: Sporangium velo pallido oceultum, cellulis incrassatis nullis. IV. Nach der Beschaffenheit der Sporen unter: macro- sporae majores, tuberctlis minutis crebris obsitae nach ]. Siuarti mit dem Beisatz: Diam. 0,50—0,60 Mm. V. Nach den vegetativen Characteren unter: Statura me- dioeris nach I. Stuarti mit dem Zusatz: Color saturate viridis, vaginarum subfuscus. Es ist hieraus ersichtlich, dafs I. Kirkii sich von /. Mül- leri durch folgende Merkmale unterscheidet: Kräftigerer Wuchs, dickere nach oben weniger fein zugespitzte dunkler grüne Blät- ter, bräunliche Scheidenränder, bleiches Sporangium ohne dick- wandige Zellen, bedeutend gröfsere Macrosporen mit zahlreiche- ren dichter gedrängten nicht zusammenfliefsenden Höckern. Die Diagnose kann in folgender Weise gefaflst werden: Isoetes Kirkii A. Br. Vegetatio aquatica, submersa. Statura mediocris, fere /soe- tis lacustris. Rhizoma trifurcatum, foliorum fasciculum basi subopertum gerens. Folia versus apicem leniter attenuata, in- 650 Gesammisitzung tense viridia, subdiaphana, stomatibus parce instructa, faseieulis fibrosis peripherieis carentia. Velum completum, clausum, pal- lidum. Lingula brevis, triangulari-ovata. Sporangium oceul- tum, pallidum, cellulis sclerenehymatieis nullis. Macrosporae diam. 0,50—0,60 (plerumque 0,55 — 0,57 Mm.), in sicco albae vel glaucescentes, ubique tuberculis minutis numerosissimis in- aequalibus non confluentibus obsitae. Microsporae laeves? Die Beschaffenheit der Microsporen ist etwas zweifelhaft, denn reife Microsporangien sind an den vorliegenden Exempla- ren nicht vorhanden und in der das Rhizom umgebenden, meist aus kleinen Kieseltheilchen bestehenden Erde konnte ich nur eine einzige Microspore mit Sicherheit unterscheiden. In Beziehung auf die von mir in der früheren Abhandlung beschriebene, in den Hochgebirgsseen Tasmaniens von Gunn entdeckte /soetes Gunniü bemerke ich nachträglich, dafs Ferd. v. Müller dieselbe auf einer Exkursion nach Tasmanien zu An- fang dieses Jahres in grofser Menge in dem 4000’ hoch gelege- nen Lake Fenton am Mount Field angetroffen hat. Nach sei- nen brieflichen Mittheilungen ist die Rigidität der Blätter die- ser Art so grols, dafs seine Reisegefährten ihr sofort den Na- men Water porcepine (Wasserstachelschwein) gegeben haben. Er sah Exemplare, deren Rhizom im frischen Zustand faust- srols war, abgesehen davon, dafs oft mehrere Individuen so dicht beisammen wachsen, dafs sie zusammenzuhängen scheinen und ein grolses Polster bilden. Von den mir übersendeten Exem- plaren sind die Blätter des kurzblättrigsten‘nur 4 Centim. lang, die der langblättrigsten 8—9 Centim. Die kaffebraunen unbe- deckten Sporangien der langblättrigen Exemplare sind gleich- falls verhältnifsmäfsig verlängert, 6—7 Mm. lang, 44 Mm. breit. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Zeitschrift des Ferdinandeum für Tirol und Vorarlberg. Dritte Folge. 14. Heft. Innsbruck 1869. 8. Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. 23. Bd. 1. u. 2. Heft. Leipzig 1869. 8. vom 22. Juli 1869. 651 Compte-rendu de la Commission Archeologique pour lannee 1867. Nebst “ . Atlas.. Petersburg 1868. 4. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. 16. Bd. Ab- theil. I. Heft 2. Abth. II. Heft 2. Zürich 1868. 4. | Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. 4. Jahrg. 2. Heft. Leipzig 1869. 8. Memoires de lacademie des sciences de Petersbourg. Tome XII, no. 4. 5. Tome XIII, no. 1—7. Petersbourg 1868. 4. Memorie della societa italiana di scienze naturali. Tomo U, no. 32. "Pomo III, no. 1. Milano 1868. 4. | Atti. Vol. XL fasc. 2. ib. 1868. 8. Journal of the Asiatic Society. no. 151. Calcutta 1868. 8. Proceedings. Dez. 1868. Jan. 1869. 8. Numismatie Chronicle no. 1. London 1869. 8. | The Homilies of Aphraates. Edited from syriac Manuscripts in the British Museum by William Wright. Vol. 1. The Syriac Text. London 1869. 4. The nomenclature of diseases. London, printed for the Royal College of Physicians. 1869. 8. W. Bleek, A comparative grammar. Von dem aus der Kapstadt anwesenden Hrn. Verf. überreicht. 29. Juli., Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Droysen las eine Abhandlung, überschrieben: Historischer Beitrag zu der Lehre von den Congressen. Congresse zur Verhandlung über internationale Angelegen- heiten, namentlich Friedenscongresse mit oder ohne Mediatoren hat es gegeben so lange Staaten in dem Verhältnifs gegenseiti- ger Anerkennung neben einander bestanden haben. Die Congresse unsres Jahrhunderts pflegen dafür zu gelten besonderer Art zu sein und ein neues Stadium in der Entwicke- lung des Völkerrechts zu bezeichnen. Als ihre unterscheiden- den Merkmale hebt man hervor, dals sie nicht blofs entstan- dene Störungen des Friedens, des Gleichgewichts, des öffent- lichen Rechts abthun sondern den erst drohenden Störungen [1869.] 47 652 Gesammtsitzung vorbeugen wollen, dafs sich in ihnen nicht blofs die unmittel- bar Betheiligten zusammenfinden, sondern vielmehr die Grofs- mächte als Vertreter und Hüter der grolsen Gemeininteressen aller Staaten und Völker die Initiative ergreifen und mit den bei dem gegebenen Fall Betheiligten oder auch wohl ohne sie und gegen sie ihre Beschlüsse fassen, deren Anerkennung dann von ihnen fordern und nöthigen Falls selbst auf dem Wege be- waffneter Intervention erzwingen, Wie wichtig immer für die politischem Bewegungen und Hemmungen seit 1815 die Doctrin und die Praxis dieser Con- gresse gewesen sein mag, weder beruht ihre Bedeutung darin, dafs mit ihnen der Grund zu einer neuen völkerrechtlichen In- stitution gelegt ist, deren Idee, wie ein berühinter Völkerrechts- lehrer sagt, eine grofse Zukunft hat; noch sind Congresse mit so umfassenden Tendenzen erst ein Erzeugnifs des neunzehnten Jahrhunderts und für dessen höhere politische Begabung oder Entwicklung ein Beweis. Vielmehr haben frührere Jahrhun- derte unter ähnlichen Verhältnissen in der Theorie und in der Praxis ähnliche Wege und Irrwege eingeschlagen, ein. Um- stand, den die neuere völkerrechtliche Literatur in der Lehre von den Congressen nicht hätte unbeachtet lassen sollen. Ich will im Folgenden von einigen Congressen sprechen, die in den drei Jahrzehnten nach dem Frieden von Utrecht gehalten worden sind, und zugleich die ihnen zur Seite gehen- den doctrinären Vorschläge anführen ausgehend von einer Schrift, die in der völkerrechtlichen Literatur auch jetzt noch genannt zu werden pflegt. | Der Utrechter Congrefs bezeichnet in der Geschichte des europäischen Staatensystems den Abschlufs einer langen nnd wechselreichen Periode; derjenigen, in der die Staatenfreiheit von der Universalmonarchie, erst des Hauses Oestreichs, dann der Frankreichs bedroht geglaubt wurde. Dafs mit der staunens- würdigen Entwicklung des Handels zuerst in ‚Holland, dann auch in England gleichsam ein neues Machtprincip neben beiden empor kam, gab den Gedanken des Gleichgewichts zwischen beiden; für die Seemächte galt es, sie gegen einander balanei- rend sich das freie Meer und den grolsen Handel zu sichern, dessen grölste Ressorts die baltischen Küsten und die west- .E vom 29. Juli 1869. 653 j indischen Häfen waren. Die Gefahr, dafs die spanische Suc- cession Amerika und die Scheldemündung in gefährliche Hände bringen könne, trieb die Seemächte zu unermefslichen Anstren- | gungen. England nahm endlich die Anträge Frankreichs an: die Theilung der Erbschaft, die bourbonische Succession in Spanien und Amerika, den ewigen Verzicht der spanischen Bourbonen auf die Nachfolge in Frankreich. Mit dem zwei- fachen bourbonischen Thron und der Machtmehrung Oestreichs schien das Gleichgewicht zwischen den beiden grofsen Mächten hergestellt; es war damit erkauft, dafs man das Gleichgewicht der baltischen Welt Preis gegeben, Rufsland dort übermächtig hatte werden lassen, eine Wendung, die Holland ungleich schwerer als England traf. Nach dem furchtbaren Doppelkriege im Osten und Westen war Europa auf das Tiefste erschöpft und todtmüde') ähnlich wie nach den Kriegen von 1792—1815. Es begann eine Frie- ' densperiode, die der nach 1815 auch darin ähnlich ist, dafs wie der Wiener, so der Utrechter Congrefs unter dem Titel des Gleichgewichts, der „juste repartition des forces“ Staatsbildungen geschaffen hatte, welche, mit der Natur der betroffenen Länder und der Geschichte ihrer Völker in Widerspruch, Heerde neuer Zerrüttungen wurden. Unter den noch währenden Stürmen jenes Doppelkrieges hatte sich ein französischer Academiker Castel de St. Pierre Abt von Tiron, einer der merkwürdigsten Publieisten der Zeit, damit beschäftigt eine Organisation des Staatensystems zu er- sinnen, die der Welt den ewigen Frieden bringen sollte. Er ging von einem Gedanken aus, mit dem sich nach einer un- sicheren Tradition schon Heinrich IV. von Frankreich getragen und dem Elisabeth von England, Jacob II., die Generalstaaten ihre Zustimmung gegeben haben sollten. Seit 1708 arbeitete St. Pierre an diesem Entwurf, der dann 1712 in Cöln anonym gedruckt wurde. Schon 1713 erschien eine zweite erweiterte Auflage, in der der Verleger den Autor nannte: Die Schrift machte aufserordentliches Aufsehn; es folgten rasch neue, wei- ter ausgearbeitete Editionen, 1716 eine in drei Theilen; spä- ter überreichte der Autor das als abrege umgearbeitete Werk Ludwig XV., und in dieser Gestalt ist es in die 1733 edirte 47° 654 Gesammitsitzung Amsterdamer Sammlung der gesammten ‚Werdeei "St. Pierres übergegangen ?). Die Schrift — ich folge der Ausgabe von 1713 — geht davon aus, dafs das bisherige System des Gleichgewichts wie es die Seemächte vertreten, des Gleichgewichts zwischen den Häusern Oestreich und Bourbon keinen dauernden Zustand, keinen siehren Frieden begründen könne, vielmehr immer neue Kriege hervorrufen werde. Er stellt dar, wie unermefslicher Schaden aus dieser steten Unsicherheit den Staaten und Völkern erwachse; niemand, sagt er, weder die Mächtigen, noch weniger die Schwachen sind dessen sicher, was sie haben; Prätendenten — er denkt an Stanislaus von Polen, an den Prinzen von ÖOranien, an die Stuarts, an den Anspruch des Herzogs von ‘Gottorp auf Schweden — finden überall Anlehnungen und bei den Völkern bereiten Willen zu Revolutionen; vor Allem der Handel leidet; Frankreich das an inneren Erträgen 450 Mill. hat, könnte durch den Handel wenn Frieden wäre noch 4 mehr 150 Mill. gewinnen; England rechnet auf den Handel das Dop- -pelte seiner inneren Erträge, die 100 Mill. betragen; Holland, das nur 50 Mill. bringt, mehr als das vierfache, über 200 Mill. Solehe und gröfsere Summen der Wohlfahrt der Völker zu sichern giebt es nur einen Weg. Er empfiehlt die sämmtlichen Staaten der Christenheit zu einer grolsen Föderation zu einigen, ähnlich der der souverainen Fürsten und Stände im Reich, dem Bunde der Schweizer, dem der souveränen sieben Provinzen der Niederlande; diese Föderation würde dann repräsentirt sein durch einen immerwährenden Oongrefs von 18 oder wie später vorgeschlagen wird 24 Stimmen: darunter einige Collectivstim- men, so die der geistlichen Kurfürsten am Rhein, Genuas mit einigen kleinen italienischen Staaten, Curlands mit Danzig und etwa den Hansestädten. Dieser CGongrefs der vereinigten Staa- ‚en Europas hat als höchste europäische Aufsichtsbehörde und - zugleich als souveraines völkerrechtliches Tribunal zu verfahren, allem Kriege zwischen den Staaten, allen Revolutionen in ihrem Innern, allen Eingriffen von Prätendenten durch rechtlichen Spruch und nöthigenfalls durch bewaffnetes Einschreiten der aufgebotenen föderirten Mächte zuvorzukommen; seine Aufgabe ist: alle Rechte wie sie vertragsmälsig festgestellt sind zu be- vom: ag Juli 1869. 655 ' wahren; also wie Fürst. Metternich seiner Zeit es ausgedrückt hat: la conversation de toutes les choses legalement existantes. Begreiflich dafs ein solcher Plan auf den Beifall der schwä- cheren Staaten und der wie Holland sinkenden Mächte, auf die Kreise der, schon beginnenden Humanität und Aufklärung, auf die FERNE des Grofshandels und der mit ‚dem Frieden rasch 'erwachsenden industriellen Speculation rechnen durfte. Aber besafs er in gleicheın Maafse die Elemente, practisch zu werden? | Auf dem Wiener :Öongrefs 1815 konnte es dafür gelten, dafs das alte legitime Europa die Revolution, von der es in fünfundzwanzigjährigem Kampf so furchtbar heimgesucht wor- den war, mit vereinten Kräften endlich bewältigt habe und ' fortan alle Throne das gleiche Interesse hätten die Wiederkehr - Ähnlicher Gefahr unmöglich zu machen. Es wurde das System der Solidarität proclamirt, das in der „Acte der heiligen Allianz“ und in der Deeclaration von Aachen vom 15. November 1818 ihren Ausdruck fand. Von wissenschaftlicher Seite her wurde alles Ernstes ausgesprochen, dafs der Menschheit „der Gottes- friede* gegründet sei. Und als die Christenheit nach dem Fall Constanstinopels dem ungeheuren Andrang der türkischen Macht zu erliegen in Gefahr schien, konnte Pabst Pius I. in dem Congrefs von Mantua eine Einigung aller christlichen Staaten zum Kampf gegen die Ungläubigen versuchen, eine Wendung, die vor allem dazu diente, die mit dem Ausgang des Baseler Conciles ein- geleitete Restauration der päpstlichen Gewalt zu vollenden. Eine solche Basis der Solidarität bot der Entwurf St. Pierres nicht. Wenn er den durch den Utrechter Frieden ge- schaftenen Besitzstand zur Grundlage machte, so war eben dieser Frieden dadurch ermöglicht worden, dafs England die Sache der grofsen Allianz verliefs und hinter dem Rücken der Alliirten mit Frankreich Präliminarien schlofs, denen’ sich Hol- land, Portugal, Preufsen Sardinien zögernd anschlossen, wäh- rend der Kaiser nach einem neuen Feldzuge mit Frankreich in Rastadt auf anderen Grundlagen zum Frieden kam, zwischen dem Kaiser und Spanien überhaupt ein Friede nicht geschlossen wurde. Wenn St. Pierres Entwurf Schutz gegen Prätendenten 656 @esammtsitzung und Revolutionen verhiefs, so hatte England, Schweden, Hol- land, das östreichische Italien deren zu fürchten, aber eben diefs war ihren Rivalen genehm so wie denen, die von den Ergeb- nissen der letzten Friedensschlüsse wenig befriedigt waren und sich keinesweges immer bei denselben zu beruhigen ge- dachten. Wenn der vorgeschlagene europäische Congrefs die künftigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollte, so waren ja von einer diplomatischen Versammlung Entscheide mehr nach dem droit de convenance, wie man zu sagen begann’), als nach dem begründeten Recht vorauszusehen; und welcher Bethei- ligte hätte sich solchen Beliebungen des europäischen Con- erets fügen sollen, wenn er irgend die Mittel oder Allianzen finden konnte sich dessen zu weigern. Wenn endlich St. Pierres Entwurf auf die Commereien so grolsen Nachdruck gelegt hatte, so waren diese wohl für die Seemächte, allenfalls für Frankreich von Gewicht; aber alle anderen Staaten hatten nur Passiv- Handel; die Tarife Frankreichs, die Navigationsacte Englands, die unermelfslichen Capitalien Hollands verdrängten jede Con- eurrenz. Mancher Orten ging man daran sich dieser commer- ciellen Fremdherrschaft zu entziehn; Dänemark gründete eine indische Handelscompagnie in Altona; Rufsland erliefs Handels- verbote und verlegte, wie der Ausdruck- war, den persianischen Handel von Archangel, wo ihn der englische Kaufmann inne ge- habt hatte, nach Petersburg; trotz der geschlossenen Schelde begann in den Niederlanden, seit sie östreichisch geworden, der Handel wieder rege zu werden, dem der Kaiser demnächst in der Compagnie von Ostende einen Mittelpunkt gab; und Spanien lernte den Hebel gebrauchen, den es in dem Gewähren und Versagen des Handels mit seinem amerikanischen Colonien besafs, wenn auch dieser Hebel in der Hand der zweiten Ge- mahlin des Königs, der herrschsüchtigen Elisabeth von Parma, zwanzig Jahre lang nur dazu diente, bald Frankreich bald Oest- reich bald die Seemächte zu gewinnen, damit sie für die Ver- “ sorgung ihrer Infanten mit italienischen Fürstenthümern. sich ins Zeug legten. Aber unfruchtbar blieb auch für. die praktische Politik St. Pierres Gedanke nicht. Warum sollten die leitenden Mächte nicht ihren Einflufs damit mehren, dafs sie in der rn une. vom 29. Juli 1869. . 65% Form von Congressen Conflicten, die ihnen nicht bequem waren, vorbeugten und streitige Successionen, die minder Mächtigen unerwünschte Vergröfserung bringen konnten, aus der Welt schafften? sie konnten in dieser Form europäischer Verhand- lungen ihr diplomatisches Gewicht anwenden, ihre starken Ri- valen zu überholen und die kleineren „Potenzien“ in ihr Kiel- wasser zu zwingen; sie konnten das im Norden Versäumte — denn dem Kaiser und der Krone Frankreich so gut wie den Seemächten war dieses staunenswürdige Emporkommen Rufs- lands unerträglich — in diplomatischer Weise nachzuholen hoffen. Sie gewannen die öffentliche Meinung wenn sie diesen Weg „zum Generalfrieden zu gelangen* wie der technische Aus- druck war, einschlugen, zum Generalfrieden, der allein einen sichren und dauernden Ruhestand schaffen zu können schien. Denn der nordische so wenig wie der Successionskrieg hatte mit einer allgemeinen Pacification, mit einem gemeinsamen Ab- schlufs aller Betheiligten geendet, sondern je drei, vier Parti- eularfrieden waren geschlossen worden, und man war im Westen wie im Norden nicht in der Lage gewesen den Nichtwollenden den Frieden aufzuzwingen, wie 1815 mit Italien, mit Polen, mit Norwegen geschehen ist. Es schien um so angemessener auf einem europäischen Congrefs das Versäumte nachzuholen, die particularen Friedensschlüsse um die europäische Sanction und Garantie zu verstärken, so endlich die Summe der ver- tragsmälsigen Anordnungen dem Codex des europäischen Völker- rechts, wie man sich gern ausdrückte, einzuverleiben. Natürlich dafs die nun folgenden Congresse in dem Maafse weniger Erfolg hatten, als sie umfassendere Wirksamkeit in Anspruch nahmen, gerade wie die Congresse des neunzehnten Jahrhunderts unwirksam wurden, sobald sie mit dem System der Solidarität Ernst zu machen versuchten: wie sich schon gegen das Troppauer Protokoll vom 29. Nov. 1820 England verwahrte, „weil diefs Protokoll die Grundlage eines allgemeinen Systems zu bezwecken scheine“; oder wie dasselbe England den eontinentalen Mächten, als sie nach dem Congrefs von Verona auch die spanischen Colonien für die Legitimität zu retten beab- sichtigten, positiv entgegentrat trotz der dringenden Erinnerung, dals es gelte „einen grofsen Scandal zu vermeiden“; oder wie sich 658 Gesammtsitzung die Congresse und Conferenzen der Grofsmächte, so 'oft, sie. die orientalische Frage durch Protokolle zu ordnen unternahmen, jedesmal in gröfserem: Zerwürfnifs trennten, davon die Vorgänge von 1828 und 1840 Zeugnifs geben. Nur: die sogenannten Lon- doner Üonferenzen: in Betreff Belgiens nach 1830 ergaben ein günstiges Resultat, weil sich die Grolsmächte begnügten die that- sächlich vollzogene ‚Kritik einer ihrer Schöpfungen von 1815 anzuerkennen und ‚die Ordnung des neugewordenen Zustandes durch ihre Mediation zu erleichtern. Es genügt an dieser ‚Stelle von den zahlreichen Congressen der Zeit von 1713—1740 die wichtigsten zu nennen. Zuerst der Braunschweiger Congrefs, den der Kaiser 1713 berief um die nordischen Wirren theils als Vermittler theils kraft seines oberrichtlichen Amtes in Betreff der deutschen Lande Schwedens zum Schlufs zu bringen; der Congrefs tagte bis 1721, ohne zu nennenswerther Wirksamkeit zu gelangen. Dann der Danziger Congre[s von 1718, der kaum bis zur Eröffnung gelangte. Dann der Congrefs von Cambray, der 1719 von Frankreich und den Seemächten veranlafst wurde, um den zwischen dem Kaiser und Spanien wieder begonnenen Krieg damit zu schlichten, dafs den spanischen Bourbonen eine Secundogenitur in Italien mit den Reichslehen Toscana, Parma und Piacenza, die auf den Fall standen, zugesichert wurde; er ging nach vergeblichen Unterhandlungen 1725 auseinander, da bekannt wurde, dafs der Kaiser und Spanien sich ohne Vermittlung verständigt hatten. > Mehr noch, sie waren in ein sehr enges Bundesverhältnifs getreten, dem sich sofort Rufsland anschlofs; und die erste offenkundige Wirkung desselben war, dafs die kaiserliche Com- pagnie von Ostende umfassende Privilegien für den amerikani- schen Handel erhielt. England war in grofser Besorgnifs; es eilte dieser Wiener Allianz gegenüber die hannöverschen Allianz zu gründen, eine Goalition zunächst mit Frankreich und Preussen, ‘für die man Holland, Schweden, Dänemark u. s. w. zu gewinnen hoffte. Europa theilt sich in zwei feindliche Kriegslager; ein ungeheuerer Zusammenstofs schien unvermeidlich; England wünschte ihn, drängte zum Angriff, forderte Preufsen auf sich Schlesien zu erobern. Nach der Auffassung des preufsischen R x H vom 29. Juli 1869. 659 Hofes war die hannövrische Allianz nur defensiver Natur; Preus- sens ruhige Haltung hinderte den Zusammenstols. Der ge- schickten Hand des Cardinals Fleury gelang es einen neuen Congrefs herbeizuführen, der in Aachen zusammentreten sollte nach Cambray berufen, nach Soissons, um ganz in der Nähe des französischen Hofes zu tagen, verlegt wurde. ‚Eine östreichi- sche Staatsschrift*) die kurz vor Beginn des Congresses ver- breitet wurde, erörtert die Aufgaben dieses Uongresses und die Grenzen seiner Competenz; sie kam zu dem Schlufs, dafs nicht Europa, sondern nur die beiden Alliancen zusammenträten, dafs nur die zwischen diesen streitigen Fragen verhandelt werden dürften, nicht Fragen des Reichs, nicht Religionsangelegenheiten. Und in solehem Sinn äufserte sich der Hofkanzler Graf Sinzen- dorff bei der Eröffnung in Soissons; Cardinal Fleury antwortete: der Zweck, den man mit diesem Oongrefs verfolge, sei alle Inte- ressen auszugleichen die streitig seien, und alles zu beseitigen was zu einem Bruch führen könnte’). Und so wurden denn alle möglichen Fragen an den Congrefs gebracht, gleich als wenn er ein europäisches Tribunal sei; von Holland die ost- friesische, von Kurpfalz die jülische Successionssache, obschon in beiden der Fall noch nicht eingetreten war und obschon Preufsen, das an beiden zunächst betheiligte, den Congrefs nicht beschickt hatte; die gottorpische Sache d. h. der von England und Frankreich der Krone Dänemarks garantirte Besitz Schles- wigs, obschon Rufsland, das die Rechte des Herzogs von Hol- stein vertrat, gegen Oongrefsentscheidung in dieser Sache pro- testirte; ja das Corpus Evangelicorum in Regensburg. schickte sich an, die deutschen Religionsbeschwerden an den Congrefs zu bringen; die mecklenburgische Frage hoffte Hannover im Interesse der Ritterschaft gegen den Herzog entscheiden zu lassen u. s. w. Der Congrefs endete damit, das bei der fortgesetzten Hart- näckigkeit Spaniens, die namentlich den englischen Handel nach Amerika schwer traf, Frankreich die Hand dazu bot, hinter ' dem Rücken des Üongresses durch den Vertrag von Sevilla beide auszugleichen auf Kosten des Kaisers: für die Zusicherung, den Infanten Don Carlos schon jetzt in den Besitz von Parma zu setzen und des Kaisers Zustimmung nöthigen Falls zu er- 660 Gesammtsitzung zwingen, gab der spanische Hof die Wiener Allianz auf und gewährte den Engländern was sie wünschten. Es stand 1730 hart zum Bruch zwischen den Sevillanern auf der einen, dem Kaiser und Rufsland auf der andern Seite; Preufsen war für den Fall der Defensive den beiden Kaiserhöfen gewifs. Nur dafs England über die wachsende Vertraulichkeit zwischen Frankreich und Spanien und die Folgen der bour- bonischen Machtgründung in Italien besorgt, über die mit Eifer betriebene Mehrung der französischen Marine und den. rasch fortschreitenden amerikanischen und Levantehandel Frankreich höchst eifersüchtig mit plötzlicher Wendung zu der Freundschaft mit dem Wiener Hofe zurückkehrte, dort um so willkommener, da es die Garantie der pragmatischen Sanction als Preis bot. Und Holland blieb in der Gewohnheit dem englischen Hofe wenn auch zögernd und mit sauersüfser Miene zu folgen. . Die Schritte, die sich der Wiener Hof gegen Preufsen erlaubte, zeigten, dafs er sich in Allianz mit den Seemächten und mit Rufsland jeder Gefahr gewachsen fühlte. Er wagte das kühnste Spiel. Es ist der Mühe werth die Momente desselben, die in der tradionellen Auffassung der grolsen Wendung von 1733 verdunkelt sind, kurz zu bezeichnen. Der Kaiser hatte die Zukunft Oestreichs auf seine prag- magtische Sanction gestellt; aber deren Grundlage war von rechtlich sehr zweifelhafter Natur. In dem solennen Act vom 12. Septbr. 1703 hatte Kaiser Leopold mit seinen beiden Söhnen, den nachmaligen Kaisern Joseph I. und Karl VI, ein Hausgesetz errichtet, nach dem, wenn der Mannesstamm des Hauses aus- sterbe, die josephinischen Erzherzoginnen und ihre Descendenz den carolinischen vorausgehn sollten, indem ihnen die spani- sche Suecession — denn Karl VI war damals bereits als König von Spanien proclamirt so wie Joseph zum römischen König gewählt — bleiben solle. Diefs Hausgesetz hatte Karl VI nachdem er seinem Bruder als Kaiser gefolgt war und Wie Krone Spanien verloren hatte, durch das Hausgesetz vom 19. April 1715, die sogenannte pragmatische Sanction, dahin abgeändert, dafs seine Töchter und zwar zunächst die älteste Maria Theresia den josephinischen Erzherzoginnen vorgehen sollten. Von diesen war die ältere an den Kurprinzen von ) N vom 29. Juli 1869. Bet Sachsen, die zweite an den Kurfürsten Karl Albert von Baiern vermählt; dafs ihre Verzichtleistungen nicht ausreichen würden, mufste man in Wien voraus sehen, nicht minder, dafs die Rivalen des Hauses Oestreich und in erster Reihe Frankreich diese jo- sephinischen Ansprüche zu benutzen suchen würden, die Macht desselben durch Theilungen zu schwächen, dafs namentlich Spa- nien mit allem Eifer hinzutreten werde, da der Kaiser die ge- hoffte Vermählung der Erbtochter mit dem Infanten Don Carlos durchaus nicht zugeben wollte, vielmehr, wie offenkundig war, den Herzog von Lothringen zum Eidam wünschte. Eben diese Mög- lichkeit beunruhigte Frankreich auf das Äufserste. Frankreich hatte das Haus Lothringen auf alle Weise an sich zu ketten gesucht, die Mutter dieses Herzogs war eine französische Prin- zessin; wenn nun der Herzog sich mit der Erbin der östreich- schen Macht vermählte, wenn Lothringen damit eine Proviuz dieses mächtigen Hauses wurde, so war dies Land, mit den östreichischen Niederlanden und der mächtigen Festung Luxem- burg im. Rücken, ein Keil in das französische Gebiet hinein, der den Elsafs von dem Körper des Staats trennte; das Ver- theidigungssystem Frankreichs war an seiner verletzbarsten Stelle Deutschland gegenüber gesprengt. Der Wiener Hof mufste inne werden, dafs er die pragma- ‚tische Sanction nicht ohne einen grofsen Krieg werde durch- führen können, dafs er erst Frankreich besiegen müsse, ehe er der Sucession Maria Therisia’s sicher sei. Er wünschte diese Entscheidung nicht aufzuschieben, bis der Fall da sei. Es bot sich ihm eine günstige Gelegenheit, einen Krieg zu beginnen, der, wenn er glücklich verlief, von selbst Lothringen und die Geltung der Sanction als Siegespreis brachte, wenn unglücklich, die eine Frage zu vertagen, die andre mit Ehren aufzugeben stattete. August Il war im Februar 1755 gestorben; die Wahl seines Sohnes in Polen hatte bei seinen Lebzeiten nicht durchgesetzt werden können. Der Wiener Hof gewann Rufsland für diese "Wahl, die August III. zugleich und ausdrücklich als Entschädi- gung für seine josephinischen Ansprüche angerechnet wurde. Aber Polen hatte noch einen rechtmäfsig bestellten König, jenen Stanislaus Lesczinski, der in Karl XII. Zeit gewählt worden 662 Gesammtsitzung war und nie verzichtet hatte; und mit der Tochter dieses Königs hatte sich Ludwig XV. vermält. Die Republik Polen wählte ihn fast einstimmig von Neuem. Obschon nun Frankreich ausdrück- lich erklärte, dafs es jeden Versuch zur Wahl des jungen Kurfür- sten von Sachsen als Kriessfall ansehen werde, rückte ein russi- sches Heer nach Polen ein und liefs durch eine Minorität August Ill. wählen, zu dessen Unterstützung ein kaiserliches Heer in 'Schle- sien bereit stand. Sofort gingen die Franzosen über den Rhein; sie schlossen mit Spanien den Familientractat vom 7. Nov. 1733, und die Spanier begannen den von ilınen längst ersehnten An- griff in Italien; der König von Sardinien machte gemeine Sache mit ihnen. Vergebens rief der Wiener Hof die Seemächte auf; es hiefs: der Kampf gelte ja nicht die pragmatische Sanction. Er mufste den Russen allein die Geschicke Polens überlasseu, um den gleichzeitigen Angriff in Italien und am Rhein zu be- stehen; er war demselben in keiner Weise gewachsen. Er wäre es gewesen, wenn er nicht Preufsen auf uner- hörte Weise vernachläfsigt, mifshandelt, ja eben in Beginn die- ser polnischen Verwicklung mit Rufslaud gemeinsam durch den Löwenwoldischen Vertrag hintergangen hätte; theils weil man in Wien das Emporkommen dieser militärischen Macht, die das evangelische Wesen im Reich mit höchst unerwünschter Energie vertrat, fürchtete, theils weil man sich der gegen Preus- sen eingegangenen Verpflichtungen in Betreff der jülich-bergi- schen Succession mit guter Manier entziehen wollte. Das zweite Kriegsjahr 1734 verlief für Oestreich ungünstig, das dritte noch ungünstiger; statt der immer dringender gefor- derten allianzmäfsigen Hilfe boten die Seemächte ihre Ver- mittlung, schlugen (25. Februar 1755) Präliminarien vor, auf Grund deren ein Congrefs berufen. werden sollte; sie hatten die angenehme Hoffnung, die balance de l’Europe völlig wieder in ihre Hand zu bringen und auf dem Congrefs allerlei sonst, was ihnen am Herzen lag, namentlich die ostfriesische, jülische, meklenburgische Sache, die Frage des amerikanischen und des Östseehandels, nach ihrem Interesse zu regeln. Allerdings lautete die Antwort Frankreichs (20. Juli 1755) günstig; namentlich sagte sie: es sei nothwendig, solche Anordnungen zu treffen, welche die allgemeine Ruhe dauernd sichern könnten, | vom 29. Juli 1869. ..6635 die gegen den Kaiser vereinten Kronen seien gern bereit (ne s’eloignent pas) auf einem Congrefs alle Sachen, die diesen Zweck erfüllen könnten, zu verhandeln, indem sie dahin arbeite- ten Allem zuvorzukommen, was dem Frieden hinderlich sein oder ihn in Zukunft stören könnte. Als ersten Schritt dazu schlugen die Seemächte ‚einen Waffenstillstand auf den status quo vor. Dieser status quo wäre für den Kaiser höchst unglücklich gewesen; ‚er lehnte ihn ab: aber noch sei es Zeit, liefs er im Haag erklären, das Gleich- gewicht Europas zu retten; an Mitteln dazu fehle es nicht, er werde sie anzeigen, wenn man mit ihm die Maafsregeln ver- abreden wolle, die man nicht verzögern könne, ohne die Repu- blik der gröfsten Gefahr auszusetzen, die jemals über sie ge- kommen. Es gab noch andere Pacificationsprojecte, zwei von ihnen sind besonders merkwürdig. Der eine, bisher ungedruckt, eine von der heiligen Congregation der Cardinäle an den kai- serlichen Hof übereichte Denkschrift“), empfahl innige Verbin- dung zwischen Frankreich und dem Kaiser, wie sie Marschall Villars namentlich seit seinen Verhandlungen mit Prinz Eugen in Rastadt 1715—1714 im französischen Cabinet immer vertreten hatte, Vereinigung aller katholischen Mächte zu einer heiligen Liga, um endlich mit den Ketzern und den Ungläubigen ein Ende zumachen; ein Project voll der kühnsten und radicalsten Ideen. Ein zweiter Plan ist vom Cardinal Alberoni’); auch er empfiehlt den Kampf gegen die Türken als das sicherste Mittel, die Christenheit zu beruhigen; zu dem Ende soll der Kaiser die Niederlande und Italien ganz aufgeben und seine Macht gegen den Osten verwenden und erweitern; die Niederlande soll der Herzog von Lothringen erhalten, damit Lothringen an Stanislaus und nach dessen Tod an Frankreich komme; Ita- lien soll nach Art des corps germanique eine Förderation von Staaten bilden mit einer diete generale von gleicher Befugnifs wie der Regensburger Reichstag; — also derselbe Plan, auf den die Politik von 1859 zurückgekommen ist. Nach den Niederlagen des Kaisers im August und Septem- ber 17355 — sie waren den Seemächten erwünscht, da man nun in Wien zur Besinnung kommen werde °) — verbreitete sich 664 Gesammtsitzung aller Welt unerwartet die Nachricht, dafs der Kaiser und Frank- reich am 3. October ihren Frieden geschlossen hätten ohne Ver- mittler, ohne Zuziehung der Verbündeten. In den zwischen ihnen vereinbarten Artikeln war festgestellt, dafs August III Polen, Stanislaus als Entschädigung Lothringen und Bar er- halten, dafs nach dessen Tode diese Lande an Frankreich fallen, dafs der Herzog von Lothringen mit Parma und Pia- cenza entschädigt werden, dafs der Kaiser dafür die König- reiche Sicilien und Neapel an Don Carlos abtreten solle. “Zu- gleich wurde ein Congrefs in Aussicht genommen, zu dem auch Rufsland und August III. eingeladen werden sollten, ein Con- srefs, der nur die auf diesen Krieg bezüglichen Fragen ver- handeln werde’). Also der Kaiser hatte mit der definitiven Preisgebung des Reichslandes Lothringen und mit grofsen Zugeständnissen an das Haus der Bourbonen in Italien die französische Garantie der Sanction erkauft. Er glaubte fortan auf die sichere Freund- schaft Frankreichs rechnen zu dürfen, des alten Rivalen, der mit dem Gewinn Lothringens und der Gründung einer bourbo- nischen Königskronen in Italien für immer ersättigt schien. Aber die Verbündeten Frankreichs waren empört über diesen Frieden, der ohne sie geschlossen war und sie in Mitten ihres Siegeslaufes hemmte. Noch viel schmerzlicher empfand man im Haag und in London den geschehenen Schritt: „es ist ein förmliches Complott gegen die Seemächte“ sagte man im Haag. Sie waren vor die Thür gestellt; was sollte aus dem europäi- schen Gleichgewicht werden, wenn es Mode wurde, die allge- meinen Angelegenheiten „von Hof zu Hof“, ohne die Theilnahme Europas zu verhandeln. Rousset, der in seiner vielseitigen und einflufsreichen publieistischen Thätigkeit fort und fort die Lehre vom europäischen Concert, vom Generalfrieden und den Con- gressen gepredigt hatte, schrieb: „die Union zwischen Frankreich und dem Kaiser wird fortan die Stelle einer diete Europeenne einnehmen, die Abb& St. Pierre als das höchste Tribunal für den europäischen Frieden empfohlen hat“!°). Weder Frankreich noch der Kaiser hörte vorerst auf solche Klagen. Angust Ill. von Polen nahm mit Vergnügen den Frieden an; ebenso der russische Hof, der sich, nun Polens gewils, sofort zu einem vom 29. Juli 1869. 665 Türkenkriege anschickte, namentlich um Asow und das schwarze Meer zu gewinnen. Spanien und Sardinien für den Frieden zu bestimmen übernahm Frankreich; die Zustimmung des Reiches einzuhohlen, dafs ja den Reichskrieg erklärt hatte, hielt der Kaiser, da er Frankreichs sicher war, nicht für nöthig, nicht einmal Anzeige von dem geschehenen Friedenschlüssen wurde in Regensburg gemacht. Europa war in einem unerhörten Zustande. Wie grofse Opfer der Wiener Hof hatte bringen müssen, der Freundschaft Frankreichs gewifs hatte er nichts mehr zu fürchten. Die beiden Mächte, deren Rivalität bisher die Grundlage des euro- päischen Gleichgewichts gewesen war, standen nun fest vereint; ihre Allianz beherrsebte die politische Welt; um so Mehr, da Rufsland mit ihnen im völligen Einvernehmen stand; — es war der erste Versuch jener Verbindung, die dann 1756 zu ihrer vollen Wirkung kommen sollte und ohne Friedrichs II. kühne Initiative gekommen wäre. Sie beherrschte Europa. Die Republik Polen war Dank dem ‘östreichischen System politisch und militärisch in völliger Dependenz von Rufsland; Rufsland hatte damit die türkischen Stellungen am Pruth überhohlt, und im gegebenen Fall war mit den Festungen der unteren Weichsel Ostpreufsen von Pommern und den Marken durch russische Besatzungen getrennt. Hatte der Wiener Hof den Norden und Osten an Rufsland, den Süden und Westen Europas der bourbonischen Politik überantwortet, so begann er in den deutschen Landen die kaiserliche Autorität in hastig gesteigerter Weise zu handhaben, besonders gegen Preus- sen, das mit seiner Kriegsbereitschaft den östreichischen Inte- ressen äulserst unbequem war und demnächst mit dem Anfall der jülischen und ostfriesischen Succession noch mächtiger wer- den mufste; und der Häafs und Neid gegen Preufsen war bei den Ständen im Reich, den geistlichen wie weltlichen, den evangelischen wie katholischen so lebhaft und einig, dafs man selbst willkührliche Schritte des oberrichterlichen und oberlehns- herrlichen Gewalt willkommen hiefs, wenn sie Preulsen trafen. Die italienischen Staaten, Sardinien und Spanien mit ein- geschlossen, fühlten den Druck der vereinten ‘beiden Grols- mächte, wenn auch Spanien noch den Wiener Präliminarien ne Gesammtsitzung Trotz bot. Wenn je so hätten jetzt die Seemächte eintreten und mit ihrer ganzen Macht das zerbrochene Gleichgewicht herzustellen versuchen müssen; aber Holland zitterte vor der Möslichkeit eines Krieges, eines Zerwürfnisses mit Frankreich, zumal da der Handelsvertrag mit Frankreich zu Ende lief; und England war bereits in schweren Differenzen mit Spanien wegen des Handels und Smuggels von Gibraltar aus nach Spanien hinein und von Jamaica aus mit dem spanischen Amerika; jetzt ein Krieg, und Spanien hätte die ganze Macht Frankreiehs auf seiner. Seite gehabt, England hätte der vereinten Seemacht der bourbonischen Höfe, die in staunenswerthem Aufschwung war, wahrscheinlich ohne Holland gegenüber gestanden. In dieser peinlichen Weltlage veröffentlichte Cardinal Al- beroni ein zweites Project: „Vorschlag das türkische Reich unter der christlichen Potentaten Botmäfsigkeit zu bringen.“!!) Er empfiehlt die Eroberung der Türkei, Theilung derselben unter die christlichen Mächte; der Kaiser soll die Donau bis zur Mündung, die Provinzen bis an den Balkan erhalten, der Herzog von Gottorp Kaiser in Constantinopel werden, Sardinien soll Cypern, die Generalstaaten Rhodos und Aleppo, England Creta und Smyrna erhalten u.s.w.; Preufsen wird, weil es alle- zeit die eifrigsten Proben seiner Neigung für das gemeine Beste darlegt, die fruchtbare Insel Negroponte erhalten; Spanien, Por- tugal, Frankreich werden sich Tunis, Tripolis, Algier nehmen, Rufsland Asow und die Krim’ besetzen und dafür den Theil Finnlands, den es inne hat, an Schweden zurückgeben. Den Krieg zu führen werden alle europäischen Staaten theils Land- volk theils Schiffe stellen; die ganze Streitkraft des Christenheers wird 370,000 Mann, 100 Schiffe und Fregatten betragen. Der erste Schritt wird die Berufung eines europäischen Congresses nach ‘Regensburg sein, der den Kriegsplan, die Vertheilung der Eroberung u. s. w. feststellt; der Congref[s wird als immer- . währender europäischer Reichtstag versammelt bleiben, er wird alle Streitigkeiten zwischen den europäischen Staaten über Reli- gion, Erbfolgen, Prätensionen u. s. w. nach Stimmenmehrheit entscheiden, und wenn sich ein Staat nicht innerhalb 6 Monate fügt, wird: dieser Reichstag mit europäischer Execution gegen ihn verfahren, zu der die Staaten nach dem Maals der für den vom 29. Juli 1869. 667 A u u ee Türkenkrieg bestimmten Matrikel mitwirken u.s. w. Das Pro- | jeet datirt aus den ersten Monaten des Jahres 1736, wie eine Anmerkung der deutschen Übersetzung ergiebt (p. Alps „ehe | noch die Russen nach Asow marschieret.“ | Auch die Seemächte arbeiteten auf das Eifrigste; sie be- antragten in Wien und Versailles die Berufung eines General- congresses, der alle Fragen die streitig seien oder demnächst Streit veranlassen könnten, regeln und einen neuen traite regu- latif ähnlich dem von Osnabrück und Münster aufstellen sollten; der Kaiser, Frankreich und die beiden Seemächte sollten sich vereinigen die Ruhe Europas aufrecht zu erhalten und sie gegen jede Macht, die sie zu stören unternehme, vertheidigen; alle andern Mächte sollten durch sie gezwungen werden, sagt der mir vorliegende Bericht, sich ohne Murren den Dictaten der vier Mächte zu unterwerfen (au dietamen d’un tribunal si re- doutable).. Der Plan zu diesem diplomatischen Manöver war vom Londoner Hofe ausgegangen, der, sagt jener Bericht, so die Fäden der Direction der europäischen Angelegenheit wieder zu erfassen hofft, die seit der Verständigung Frankreichs und des Kaisers seinen Händen entfallen sind. Allerdings warf sich der Kaiser auf Einladung Rulslands, das schon 1736 Asow nahm, und auf den biedern Rath des Card. Fleury 1737 in den Türkenkrieg, um die Verluste des französischen Kriegs im Osten wieder einzubringen; nur dafs er mit dem sich steigernden Unglück der drei Kriegsjahre um desto abhängiger von Frankreich wurde. | In dem chaotischen Taumel der europäischen Politik seit dem Wiener Frieden stand nur Preufsen mit seiner festge- schlossenen Macht noch abwartend und wie unbetheiligt zur Seite; sie war bedeutend genug, um in Verbindung mit den nun in at Seemächten der furchtbaren Bewegung Halt gebieten zu können. Der König suchte diese Verbindung; er machte in Holland und England Anträge, er stellte nur als Bedingung, dafs sie ihm ‚seine Succession auf Ostfriesland und auf das Herzogthum Berg, — denn er war bereit Jülich an Pfalz Sulzbach kommen zu lassen — garantirten; er war entschlossen, „sich, wie er sagt, sein Recht nicht über den Kopf nehmen und Andere über seine Rechte und Befugnisse disponiren zu lassen.“ [1869.] 48 —— 668 Gesammtsitzung Die beiden Seemächte hatten vergebens in Paris und Wien auf den Congrefs gedrängt; es war ihnen geantwortet: erst mülsten die Einzelverträge zwischen den im Kriege gewesenen Mächten abgeschlossen sein, auch könne man diese dem Con- grefs nur zu einfacher Annahme vorlegen, und von Einmischung anderer Fragen namentlich über den Handel dürfe nicht die Rede sein. Da kamen ihnen nun jene preufsischen Eröffnun- gen sehr gelegen. ‘Sie wufsten, dafs der Kaiser so gut wie Frankreich dem Pfalzgrafen von Sulzbach die ganze jülische Seccussion garantirt hatten; weder Holland noch England wollte Preufsen sich vergrölsern lassen; England hoffte immer noch Ostfriesland an Hannover zu bringen; Holland hatte einige Truppen in Emden und damit die Möglichkeit, den deutschen Handel in der Emsmündung auch des Ferneren niederzuhalten; und wie hätte es den lästigen Besitz Preufsens am Rhein und an der Maas — Cleve und Geldern — noch durch Berg und Jülich sich verdoppeln, den Rhein- und Maashandel nnter die preussischen Licenten kommen lassen sollen? Unter dem Vor- wande, für die vertraulichen preulsischen Erbietungen die Zustim- mung Frankreichs und des Kaisers zu gewinnen, erboten sich ihnen die Seemächte zu einem Concert, um in der jülischen Sache gegen die Prätensionen Preufsens einzutreten, wenn ihnen dafür die beiden Höfe den ersehnten Congrefs und die Mit- wirkung zur Herstellung des Generalfriedens gewährten. Ich verfolge den merkwürdigen Gang dieser Verhandlungen zwischen Preufsen und den Seemächten, der Seemächte mit Frankreich und dem Kaiser nicht im Einzelnen. Cardinal Fleury benutzte sie, die Seemächte wie mit der Degenspitze vor sich her zu treiben; und der Wiener Hof war zufrieden, wenn Frank- reich dafür sorgte, dafs die jülich-bergische Succession nicht in ketzerische Hände falle. Durchaus nicht liefs es Frankreich zu dem geforderten Oongrels kommen; schon darum nicht, weil es Spanien an der Hand behalten und die wachsende Erbitterung Spaniens gegen England, so lange der Türkenkrieg den Kaiser in Athem hielt, zum Bruch treiben wollte, nicht um dann für Spanien die Waffen zu ergreifen, sondern damit drohend die Hol- länder von England zu trennen und den Kaiser von der Rück- kehr zu dem alten System der Coalition mit England zurück Ku En, vom 29. Juli 1869. 669 zuhalten; zwischen England und Spanien vermittelnd erhob sich dann die französische Politik um so dominirender, und England sank in den Augen Europas noch eine Stufe tiefer. Wenigstens irgend wie wünschten die Seemächte mit Frank- reich und dem Kaiser einen grolsen Act zu vollziehen, gleich- sam um den Schein zu retten, dafs sie noch innerhalb des europäischen Concertes ständen, noch mitzusprechen hätten. Der König von Preufsen hatte sich erboten, wegen der jülischen Succession in gütliche Verhandlung zu treten und ein Arrange- ment zu verabreden, bevor der Fall eingetreten sei; wenn aber ‘ der Kurfürst von der Pfalz sterbe, bevor es fertig geworden, werde nichts ihn abhalten Besitz zu ergreifen und denselben mit Daransetzung seiner ganzen Macht zu behaupten. Der Kur- fürst war ein Siebenziger, kränkelte häufig; er war der Vor- mund des jungen Pfalzgrafen von Sulzbach, der ihm in dem Kurfürsenthum Pfalz folgen mufste; begreiflich, dafs er auch seine jülich-bergischen Lande auf ihn zu vererben wünschte; er hatte alle Erbietungen Preufsens von der Hand gewiesen. So verabredeten die vier Mächte einen gemeinsamen Schritt; es sollte gleichzeitig in Mannheim und Berlin angekündigt werden, dafs die vier Mächte keine gewaltsamen Wege gestatten, dafs sie die jülichsche Sache ih die Hand nehmen würden; sie forderten von Preufsen und von Kurpfalz eine bindende Decla- ration, der Entscheidung der vier Mächte sich fügen zu wollen; sie drohten jeden Versuch eigenmächtiger Besitzergreifung mit bewaffneter Macht niederzuschlagen. Schon waren 50,000 Mann Franzosen an die Maas vorgeschoben; auch der Kaiser schickte ein Paar Regimenter, die 10,000 Mann des Pfalzgrafen in und um Düsseldorf zu verstärken; die Holländer zogen ein Lager an der Yssel zusammen; England machte die hannövrischen und hessischen Truppen mobil. Monate lang haben die Vorverhandlungen zwischen den vier Mächten gedauert. Am 10. Februar 17338 kamen ihre Gesand- ten in Berlin einer nach dem Andern in das Conferenzzimmer des auswärtigen Amtes, ihre identischen Noten mit der Abschrift der gleichzeitig in Manheim überreichten Eröffnung zu ver- lesen !?). Ein europäischer Act ähnlich denen, die in unserm 48* 670 Gesammtsitzung Jahrhundert den Congressen von Troppau, Laibach und Verona gefolgt sind. | Preufsen stand den vier Mächten vollkommen isolirt gegen- über; der Versuch, in Gemäfsheit früherer Allianzen die Unter- stützung, ja auch nur die Neutralität Rufslands zu gewinnen, war gescheitert. Es ist zu wenig beachtet was es bedeutete, dafs Friedrich Wilhelm I. vor diesem europäischen Concert nicht die Segel strich; er gab am 19. Februar in verbindlichen Formen eine ablehnende Antwort: die vier Mächte hätten viele Monate gebraucht sich über die eingereichten Schriftstücke zu verstän- digen, es werde daher billig sein, dafs auch er sich Zeit zum Überlegen nehme. Das Einverständnifs der vier Mächte hatte nur eben bis zu dieser Drohung gereicht; sie begangen lange und sehr leb- hafte Erörterungen im Haag, was weiter zu thun sei. Und während diese noch in ihren Anfängen waren, im April liefs Cardinal Fleury im tiefsten Geheimnifs in Berlin andeuten, dals er mit Preufsen gern in nähere Beziehungen treten, dafs er soviel irgend möglich den Wünschen des Königs entgegen kommen werde. Schon im Sommer 1738 waren die Unterhandlungen darüber — um sie völlig zu verhüllen, wur- den- sie im Haag geführt — zwischen Marquis Fenelon und dem preufsischen Geh. Rath Luiscius im Gange. Mit Un- geduld sahen die Herrn im Haag sowie die in London, dafs die Conferenzen über die an Preufsen zu richtende Antwort gar nicht in Gang kamen. Auch von London aus versuchte man unter der Hand mit dem Berliner Hofe anzuknüpfen; es wurde unterhandelt, mit gröfserem Eifer englischer Seits, als der Krieg mit Spanien schon unvermeidlich war und eine französische Escadre in die Ostsee segelte (Sommer 1739). Weder im Haag noch in London hatte man eine Ahnung da- von, dafs bereits im April 1739 zwischen Preufsen und Frank- reich ein Vertrag über die jülische Succession abgeschlossen “und in demselben ausdrücklich eine dauernde innige Allianz in Aussicht genommen war. Nicht in der jülischen Frage, sondern in der der pragmati- schen Sanction sollten diese Anknüpfungen zwischen Preufsen und Frankreich ihre Wirkung zeigen '*). Mit ihnen endete das vom 29. Juli 1869. 671 Gleichgewichtsystem der Seemächte und die lange Reihe ihrer | Versuche, durch Congresse und Interventionen die Bewegung lebendig wirkender politischer Kräfte niederzuhalten. Die Re- publik Holland hörte auf, in der Reihe der Gro[smächte zu stehn, und um Preufsen unter Friedrich dem Grofsen entwickelte sich ein völlig anders geartetes System der Ponderation der Macht. Anmerkungen. !) Rousset Recueil hist. I. xı.: toutes les puissances etoient epuisees par une guerre de 12 annees qui n’avoit pas moins coüte de tresors que de sang et qui ayant succede & d’autres guerres qui n’avoient e&te inter- rompues que par de courtes apparitions de paix, avoit reduit tous les Potentats dans une espece d’impuissance de porter les armes plus long temps et de faire plus de mal. ® 2) So in dem Avis du libraire au lecteur, das der Ausgabe des Pro- jet pour rendre la paix perpetuelle en Europe, Utrecht. 1713. 8. 3 voll. vorausgeschickt ist: il a et& lu et recherche par des gens d’esprit avec une avidite ineroyable u. s. w. Der Herausgeber theilt zugleich Nach- richten über die Familienverhältnisse des Verfassers mit, und es ist nicht ohne Interesse, dafs derselbe dem Marschall Villars nahe verwandt war, der namentlich seit 1713 die innigste Verbindung Frankreichs mit dem Kaiser empfahl, im schärfsten Gegensatz gegen die Politik der Seemächte. Nach der Anführung von Wheaton Histoire des progres du droit des gens en Europe (Leipzig 1841) p. 194 ist St. Pierres Werk bereits 1713 zum zweiten Mal in 3 Quartbänden gedruckt worden. 3) Le sublime droit de convenance, sagt der Mercure hist. et pol. 1735. I. p. 21. 4) Die östreichische Staatsschrift aus dem Mai 1728 Sur la situa- tion des affaires a traiter au congres de Soissons. 4. Wieder abgedruckt in Rousset Recueil V. p. 45 ff. 5) Graf Sinzendorff sagt in der ersten Sitzung des Congresses 14. Jan. 1728: „S. M.I. est tres satisfaite des soins que M. le Cardinal de Fleury s’est donnes pour avancer une oeuyre si salutaire que celle d’une pacification generale... nous ne saurious mieux faire que de nous con- former aux avis d’un mediateur dont lintegritö est si generalement re- eonnue. Il y avoit eu quelques considerations qui auroient pu faire ba- laneer ’Empereur a donner les mains a la tenue d’un congr&s, mais son 672 Gesammtsitzung desir pour une pacification generale l’a emporte sur tout autre avis. u.s.w. Der Cardinal darauf: ... le but qu’on s’y propose est d’apla- nir tous les interests qui sont en contestation et d’&carter tout ce qui pourra tendre a une rupture... C'est dans ce meme esprit de moderation que chacun doit representer ses griefs qui doivent etre traites et aplanis au congres ... et que si l’on ne peut convenir des moyens d’ajuster ces pretensions dans des negotiations amiables, les ministres des puissances qui n’y auront point d’interes direct, employe- ront leurs bons offices et ceux de leurs allies pour dissiper tout sujet d’aigreur et porter les parties & un accommodement, et qu’enfin les r&- ponses faites de part et d’autre sur chaque matiere seront raportees au nom de tous les allies. 6) Das Project der Congregation, das handschriftlich in einer deut- schen Übersetzung im Geh. Staatsarchiv zu Berlin aufbewahrt wird, heifst: „Ireuherzig gemeinte Vorstellung und recht väterliche Admonition wie nach dem wahren Sinn des Apostolischen Stuhles zu Rom die unter den christlichen Potentien zeither obschwebende, Land- und Leute ver- derbliche Müseligkeit nicht nur sehr leicht aus dem Grunde gehoben und vollkommentlich abgethan u. s. w. werden könten.“ Eine Reihe von Gegenbemerkungen aus dem Standpunkt der kaiserlichen Politik, die am Schlufs beigefügt sind, zeigt, dafs das Actenstück dem Berliner Hofe aus Wien zugekommen ist. König Friedrich Wilhelm I. sprach von demsel- ben zu Manteuffel kurz nachdem ihm die identischen Noten der vier Mächte vom 10. Febr. 1738 übergeben worden waren, und gab es ihm zu lesen: vous verrez une piece assez sotte, mais vous conviendrez que tout le monde semble conspirer a la faire ex&cuter dans tous les points (Man- teuffel an Brühl 24. Feb. 1738). Manteuffel schreibt, nachdem er es ge- lesen, an Brühl, 28. Feb., nachdem er den Inhalt summarisch angegeben: voila en gros & quoi se reduit le Mst. que je erois l’ouyrage de quelque ‘ esprit oisif, mutin et ennemi personel de la cour de Rome, ne pouvant m’imaginer, qu’un homme sense puisse avoir form& serieusement un plan si peu raisonnable. Er habe dem König geantwortet: er habe Recht, que c’etoil un livre sot, mais quil me sembloit d’ailleurs que l’auteur avoit puise une partie de ses principes dans un livre publie par un Abbe St. Pierre, explicant un projet pareillement fort ideal attribu& commune- ment a Henri IV. 7) Das Project des .Cardinal Alberoni ist übersetzt mitgetheilt im Mercure historique et politique 1735, p. 767, Systeme de Pacification generale dans la presente conjoncture, traduit d’Italien. Der Cardinal bezeichnet sein Project, wohl nicht ohne Seitenblick auf St. Pierres Be- rufung auf Heinrich IV., als das System Kaiser Karl V., der ja während vom 29: Tui 1869. 673 er die Kaiserkrone getragen seinen Bruder Ferdinand auf die östreichi- schen Erblande und die Kronen Ungarn und Böhmen beschränkt habe u. Ss. w. 8) In ihrem ersten Projet d’accommodement ou de pacification qu’en suite de l’acceptation de leurs bons offices le Roy de la Grande Bretagne et les Etats Generaux proposent aux puissances engagees dans la presente guerre, d. d. 28. Jan. 1735, erklären die Seemächte in Betreff der pol- nischen Frage que pour terminer ces brouilleries il est absolument neces- saire d’eviter les diseussions de droit et de plusieurs difficultes de m&me nature. Im Juni verbreitete sich ein zweites Project, das nach Aufzäh- lung der als Präliminarien nöthigen Territorialveränderungen schlols: Art. 7. Les autres articles seront regles dans un congres general, les etats media- teurs garantiront les articles ci-dessus mentionnes. Art. 8. Enfin qui- conque refusera la mediation ou s’opposera aux susdits pr&liminaires, sera declare ennemi des me£diateurs. Der preufsische Gesandte in Wien, Christian v. Brand, schreibt 16. Mai 1735: „Man ist hier nicht abgeneigt nach völlig adjustirtem Frieden mit Frankreich und den andern Alliirten unter Beitritt auswärtiger Puissancen die in und aufser Reich überbleibenden Differenzen, die Anlafls zu neuer Ruptur geben könnten, vorzunehmen, zu schlichten und per modum appendicis dem Generalfrieden zu annectiren.“ Und ein Rescript des Kö- nigs an Brand 9. Juni: „man versichert, dafs die Seemächte noch immer im Geheim grofse Bemühnngen machen, um Wien und Paris für einen Generaleongrefs zu gewinnen, um nicht allein die jetzigen Friedensnego- tiationen, sondern alle andern Successionsgerechtigkeiten, Prätensionen und Anwartungen, um deren Willen ein künftiger Krieg entstehn könnte, zu reguliren“; der kaiserliche Hof, nicht aber Frankreich scheine darauf eingehn zu wollen, „wie es denn dem französischen Hofe gar nicht zu gefallen scheint, dafs die Seepuissancen sich auf solche Art der Direction der Affairen Europas aufs Neue zu bemächtigen intendiren.“ 9) In den Wiener Präliminarien vom 3. Oct. 1735, wie sie den Seemächten mitgetheilt wurden, heifsen die Separatartikel 1. on invitera au congres la Czarine et le Roy Auguste. 2. on ne traitera dans le congres que des affaires qui concernent la presente guerre. 5. on envi- tera les puissances maritimes de prendre part a ce traite et d’en faire une affaire commune. 10) Für diese Stimmung der Seemächte ist besonders Roussets Ein- leitung zum Mercur von 1737 lehrreich: ... linfluence que les puissances maritimes avoient dans tous les deme£les, tous les arrangements, toutes les negociations, les avoit mis en &tat de maintenir l’equilibre du pouvoir, le reste des puissances s’etoient comme laisse entrainer & cet ascendant et l’Europe s’en £toit bien trouv& en general; mais quelques cours parti- 674 Gesammtsitzung culieres ont reflechi sur le passe et ont apparement conclu que pour l’avenir ils trouveroient leur interest a netre pas si faciles 4 se livrer a la mediation de ces puissances; en un mot il paroit qu'il s’est form& un complot pour les exclure de toutes negociations ou elles n’auroient point part personellement et directement.... quoi qu'il en soit de cette remarque, l’experience a fait voir que la nouvelle maniere de negocier de cour & cour sans congres et sans mediateur n'est pas la plus courte et est sujetee a bien des embarras u. s. w. 11) Diefs Project liegt mir vor in einem Druck von 1736 „Des weltberühmten Cardinals Alberoni Vorschlag das türkische Reich, unter der christlichen Potentaten Botmälsigkeit zu bringen sammt der Art und Weise wie dasselbe nach der Überwindung unter sie zu vertheilen. Aus dem Italienischen nach dem Original, welches in eines vornehmen Mini- sters Händen ist, übersetzt.“ Frankfurt und Leipzig 1736. 8. 46 Seiten. 12) Darüber berichtet der preufsische Gesandte im Haag, Geh. Rath Luiscius 1. Juni 1736. Je viens de savoir que les deux puissances ma- ritimes ont fait avec un grand secret proposer a Vienne et a Versailles de faire tenir un congres general ou les pretentions de chaque puissance, dont il pourroit arriver- quelque trouble, seroient examindes et reglees de concert de m&me que tout ce qui reste a vuider de differences nees de la derniere election de Pologne et de faire ensuite un nouveau traite regulatif comme celui de Westphalie. Je suis informe que parmi ces pretensions des puissances on vise principalement aux futures succes- sions et expectations et que les maritimes se flattent qu’ayant porte les choses a un tel congres il leur seroit facile en suite de regler et par- tager ces successions et exspecetations a leur fantaisie..... on s’est imaging sans donte que les affaires se traitant sous la direction de l’Empereur, du Roy de France et des deux puissances maritimes, qui se joindroient pour conserver le repos contre toute puissance qui le vou- droit troubler pendant cette negociation, les autres seroient obliges de souscrire et acquiescer sans grouiller au dietamen d’un tribunal si redoutable. 13) Aus den identischen Noten der vier Mächte, die zugleich in Berlin und in Manheim überreicht wurden, lauten die bezeichnenden Stellen: Les dites puissances sont trop persuadees des droites intentions de S. M. Pr. pour douter qu’Elle differe a se preter a cet arrangement qui paroit necessaire et le seul practicable pour pouvoir commencer les conferences pour un accommodement avec quelque esperance. Les mo- ments sont si precieux qu’Elles ne penvent se dispenser de demander la reponse la plus prompte quil sera possible. Dann in den zu Berlin überreichten Noten die Versicherung: quil n’a ete neglige aucune des vom 29. Juli 1869. 675 precautions possibles pour que les arrangements provisoirs, qui devien- droient necessaires au cas de la mort prematuree du Seren. Electeur ne puissent porter aucun prejudice a Ses (des Königs von Preufsen) droits. Endlich der Schlufs, der in den in Manheim überreichten Noten um die [] eingeklammerte Stelle verschärft ist; Elles se flattent egalement que le Roy de Prusse (S. A. E. Pal.) ne se refusera point a l’engagement que l!’on exige de Lui par prealable [de n’employer aucune voye de fait en aucun cas et sous aucun pretexte suivant le memoire qui doit Lui etre remis et dont la copie est ci-jointe] et qu’il (Elle) ne voudra pas s’atti- rer de justes reproches de la part des quatres puissances aussi conside- rables, qui se proposent de soutenir conjointement et avec fer- mete les caracteres d’impartialite qu’Elles annoncent aujourd’- hui & toute l’Europe par les prineipes qu’Elles ont: adoptes en commun. 14) Noch einmal tritt in den Anfängen dieser Verwickelungen, unter dem mächtigen Eindruck des preufsischen Einmarsches nach Schlesien der Gedanke des Congresses auf, wenigstens als diplomatisches Gerücht. Es genüge dafür aus dem Bericht des preufsischen Gesandten in Wien v. Borcke d. d. 28. Dec. 1740 seine Unterhaltnug mit dem englischen Ge- sandten anzuführen. Borcke sagt zu Robinson: que le bruit n’etoit pas sans fondement, que le Cardinal de Fleury avoit concu le dessein de pro- poser un congres a Nurnberg, oü tous ceux, qui avoient des pretentions sur l’heritage d’Autriche, devoient exposer leurs demandes et plaider leurs causes. Robinson darauf ... qu'il reconnoissoit en ce dernier point l’es- prit et la maniere de penser du Cardinal, qui tächoit de s’eriger en sou- . verain arbitre de tous les differents en Europe, qu’il faudroit done, si cela se eonfirmoit, proposer un autre congres a Brunswig, oü tous ceux, qui auroient des griefs contre la France, pourroient exposcr leurs de mandes et qu'il faudroit voir, lequel de ces tribunaux seroit le plus fre- quente. Hr. Magnus las über die Reflexion der Wärme an der Oberfläche von Flufsspath und ändern Körpern. Nachdem es gelungen war die Wärme von verschiedenen bis 150° C. erhitzten Substanzen frei von den Strahlen der er- hitzenden Flammen und anderer erwärmender Körper zu er- halten, war es möglich gewesen in der der Akad. am 7. Juni d. J. vorgelegten Arbeit nachzuweisen, dafs es Körper giebt, die nur eine oder einige wenige Wellenlängen ausstrahlen, 676 Gesammtsitzung andere, die eine gröfsere Zahl aussenden. Es schien hiernach von Interesse, die Frage zu beantworten, wie sich die Körper in Bezug auf ihr Reflexionsvermögen verhalten, ob ähnliche Verschiedenheiten wie sie in Bezug auf die Absorption und den Durchgang der Wärme bei Körpern, die sich gegen das Licht ganz gleich verhalten, beobachtet sind, auch in Bezug auf die Reflexion der Wärme vorkommen. Unterschiede in dem Reflexionsvermögen können nur dann bestimmt hervortreten, wenn man Strahlen reflectiren läfst, die nur eine oder einige wenige Wellenlängen enthalten. Solche Strahlen konnte man früher schon erhalten, entweder indem man einzelne Theile eines, mit einem Steinsalzprisma er- zeugten Spectrums benutzte, oder indem man die Strahlen einer Wärmequelle, die viele Wellenlängen aussendet, z. B. die einer Lampe durch Substanzen gehen liels, die eine Anzahl von Wellenlängen absorbirten. Allein es giebt nur sehr wenig Substanzen, welche Strahlen von nur einer oder von wenigen Wellenlängen hindurch lassen, und aufserdem sind diese, auf eine oder die andere Weise erhaltenen Strahlen, von nur ge- ringer Intensität. Trotz dieser Schwierigkeit haben die Hrn. La Provostaye und Desains schon im Jahre 1849 gezeigt‘), dafs von der Wärme einer Lacatellischen Lampe, je nachdem sie durch Glas oder durch Steinsalz gegangen war, verschiedene Mengen von Spie- gelmetall, Silber und Platin refleetirt werden, und zwar für alle reflectirenden Flächen von der durch Glas gegangenen weniger als von der durch Steinsalz. Bald darauf haben dieselben, mit der, mittelst eines Glas- prismas zerlegten Wärme einer Lampe, umfangreiche Versuche veröffentlicht”), bei denen sich ebenfalls zeigte, dafs die Wärme aus den verschiedenen Theilen des Speetrums verschieden re- flectirt wird. Allein sie haben ohne Zweifel wegen der ge- ringen Intensität der auffallenden Wärme, ihre Versuche auf die Reflexion durch metallische Oberflächen beschränkt. Jetzt !) Comptes rendus XXVIII, 501. 2) Annales de Chemie III Ser. XXX. 159. Pogg. Ergänz. B. II. 411. vom 29. Juli 1869. 677 wo man in dem Steinsalz eine Substanz hat, die mur eine oder einige wenige Wellenlängen aussendet, und auch andere Körper kennt, die bei der Temp. von 150° C. eine beschränkte Zahl von Wellenlängen ausstrahlen, war es möglich Versuche über die Reflexion von nicht metallischen Oberflächen anzu- stellen. Es hat sich dabei ergeben, dafs von diesen die ver- schiedenen Arten der Wärme oder Wellenlängen in sehr ver- schiedenem Maafse reflectirt werden. Es soll hier nur eines der auffallendsten Beispiele angeführt werden. Dasselbe be- trifft das Reflexionsvermögen des Flufsspaths. Von der Wärme, welche sehr verschiedene Substanzen ausstrahlen, werden unter einem Winkel von 45° zwar nicht gleiche, aber nur wenig verschiedene Mengen reflectirt, und zwar von Silber zwischen 83 und 90 p. C. Glas = Ag Steinsalz „ SE Fufsspath „ we 5 Von der Wärme des Steinsalzes aber reflectirt der Flufsspath 28 bis 30 p. C., während Silber, Glas und Steinsalz von dieser Wärme nicht gröfsere Antheile als von den übrigen Wärme- arten zurückwerfen. Auch hier hat sich, wie bei den Versuchen über den Durchgang der Wärme, bestätigt, dafs der Sylvin zwar eine grolse Menge von Steinsalzwärme, daneben aber auch noch andere Wärmearten aussendet. Denn der Flufsspath reflectirt von der Wärme des Sylvins 15 bis 17 p. C. Also weniger als von der des Steinsalz und mehr als von der der übrigen ausstrahlenden Körper. Wenn es ein Auge gäbe, das die verschiedenen Wellen- längen der Wärme ebenso wie die Farben des Lichts zu unter- scheiden vermöchte, so würde diesem, wenn die Strahlen des Steinsalzes auf verschiedene Körper fielen, der Flufsspath heller als alle andern erscheinen. Kämen die Strahlen vom Sylvin, so würde der Flufsspath auch heller als alle übrigen Körper erscheinen, aber nicht so hell wie bei Steinsalzbestrahlung. 678 Gesammtsitzung Durch Melloni weils man, dals die verschiedenen Substan- zen die Wärme in sehr verschiedenem Maafse durchlassen, und dafs die Wärmequelle, von der sie stammt, von bedeutendem Einflufs für die Durchlassung ist. Allein man unterschied die Wärmequellen nur nach ihrem Wärmegrad und wulste, dafs mit zunehmender Temperatur die Mannigfaltigkeit der ausgestrahlten Wellenlängen zunimmt. Jetzt hat sich herausgestellt, dafs auch bei einer und derselben Temperatur, und zwar bei einer, die sehr weit von der Glühhitze entfernt ist, bei 150° C. die verschie- denen Substanzen sehr verschiedene Wärmearten aussenden, dafs also in jedem Raume eine aufserordentlich grofse Zahl verschiedener Wärmestrahlen oder verschiedener Wellenlängen sich beständig kreuzen. Diese mannigfaltige Kreuzung wird noch besonders vermehrt durch die auswählende Reflexion, die an den verschiedenen Oberflächen stattfindet. Daher würde ein Auge, das die verschiedenen Wellenlängen der Wärme wie die Farben des Lichts zu unterscheiden ver- möchte, alle Gegenstände, ohne dals sie besonders erwärmt wären, in den allerverschiedensten Farben erblicken. Hr. Pertz legte den vollendeten 3ten Band der Lebens- beschreibung des Feldmarschalls Grafen Neidhard von Gnei- senau vor, berichtete über den Inhalt und theilte der Akademie die der Gnade Seiner Majestät des Königs verdankten Auf- schlüsse über die Aufnahme der welthistorischen Convention von Tauroggen durch des hochseligen Königs Friedrichs Wil- helms des Dritten Majestät mit. Gesammtsitzung vom 29. Juli 1869. 679 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen‘ naturwissenschaftlichen Gesellschaft während des Vereinsjahrs 1867—68. St. Gallen 1868. 8. Annual Report of the Director of the Cincinnati Observatory. Cincin- nati 1869. 8. =: Mittheilungen der Central-Commission zur Erforschung der Baudenkmale. 14. Jahrgang, Juli-August. Wien 1869. 4. Lamy et Cloizeaux, Etudes chimiques. Extrait. (Paris 1869.) 8. 4 u We RE IE Mira: arler DER ONRER ER dureh 0% Fü es A Aurasgng i rule N in zer NE eine ae uni: rei. ka reche AR ef Übert ee RER SE ER FR arg un £ kecacht ee N el PR ki bu Kae Riem Koycie den, Katie: B = e Re a TE ae m ä he veankiske: | Wen rl hehe Bocigel Ketk RER Pe, ws f = Nr Wirt a “ 5 i . N RR . f u ie Gr 7 Ve ig 4 KunE f 4 ” ö ; R n rn „ + - x ri “ 7 £ ı x r - Rh 1 ” * f \ 4 £ A? - { d) A e 1 n “ er y ’ rn r [2 . er iS 2 k ? E . a - P E ne In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1868 und 1869 erschienen: v. RAnke, Briefwechsel Friedrichs des Grossen mit dem Prinzen Wil- helm IV. von Oranien und mit dessen Gemahlin, Anna, geb. Princefs Royal von England. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten vorherrschend aus mikro- skopischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. Lepsivs, Über den chronologischen Werth der Assyrischen Eponymen und einige Berührungspunkte mit der Aegytischen Chronologie. Preis: 15 Sgr. > DR Mn et ar Dis sisntbai in Bi: Wogrhendeh eb an ch wars 15h. Yan wor) he bat Bar ‚nilkemsr aaa irn ’ him’ ein . bnalgui re *Taroik NS, md di ST tif N liter "mıra Buischsradeon a sslizoM bata, 1ab: ind Bus an ge ai. sein $ re N neloein mA. ah dw ee Sigälarerdd PEN TEE sb Hi ER 4 ro 08 En ir 3 r E , N 5 no % dr in= 1% nn De R * E' R » - = w P [4 f2 % f 2 y ‘ E & B Su 2 R > ' ar e . \ ” \ u j} f “ ' } F | j - } 4 %“ Re“ ‚5 Bi e Ron >; 3: nr, > ’ re >. Wa MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. August 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Trendelenburg. 2. August. Sitzung der philosophisch-histo- | rischen Klasse. Hr. Parthey las über seine Ausgabe der Mirabilia Romae nach den vatikanischen Handschriften. Die Unerschöpflichkeit Roms zeigt sich unter andern in der grofsen Ausdehnung, die das Studium der Topographie, eines Zweiges der römischen Alterthumkunde, im Laufe der Zeiten gewonnen. Nach den ersten Zerstörungen der Völker- wanderung, nach dem Zusammenschrumpfen der Stadt selbst zu einem wüsten Trümmerhaufen, nach dem Untergange aller Kultur und Bildung in ganz Italien schien zwar niemand mehr ein Interesse an den sonst hochberühmten Örtlichkeiten zu nehmen. Aber der Zauber, den das Alterthum in Rom aus- übt, läfst sich nicht bannen. Kaum war der ärgste Völker- sturm vorüber gebraust, kaum hatte man sich von dem ersten Schrecken erholt, kaum gewährte die aufkeimende päpstliche ‚Macht das Gefühl eines etwas gesicherten Zustandes, so empfand man auch schon das Bedürfnifs, neben den officiellen und halb- offieiellen Regionarien, dem Ouriosum ete. zunächst für die zahl- reich herbeiströmenden Pilger ein Verzeichnifs der christlichen Kirchen anzufertigen, dem gleichsam als Ergänzung eine An- gabe der früheren antiken Lokalitäten beigegeben ward. [1869.] 49 682 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Das älteste Dokument dieser Art scheint die Graphia aureae urbis Romae zu Sein, von Ozanam zuerst aus einer unvollständigen Florentiner Handschrift herausgegeben. (Do- cuments inedits pour l’histoire d’Italie. Paris, Lecoffre. 1858. 8.) Ozanam setzt die Entstehung der Graphia mit vieler Wahr- scheinlichkeit in das 6.—8. Jahrh. wo Rom unter der Both- mäfsigkeit der oströmischen Kaiser stand: denn urmittelbar an die topographischen Notizen über Rom schliefst sich in der Graphia eine Beschreibung der kaiserlichen Hofceremonien, die durchaus byzantinisch ist, und oft an Constantinus Porphy- rogenitus erinnert. Es werden darin die Obliegenheiten und Würden von Hofämtern angegeben, die damals gewils nicht in Rom existirten. Ein Kapitel (p. 179) handelt ausführlich von den verschiedenen Arten und Namen der Eunuchen. Dafs diese Zusammenstellung keine zufällige sei, zeigt der Verbindungssatz (p. 171): His itaque prelibatis, nomina et di- snitates illorum qui in excubiis imperialibus perseverant de- seribamus. Die letzte Redaction der Graphia fällt jedoch erst in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts: denn es werden darin die Gräber der Päpste Innocenz II (f 1143) und Anastasius IV (+ 1154) genannt. Die Handschrift in der Laurentiana, aus der Ozanam den Text drucken liefs, gehört in das 13. oder 14. Jahrhundert. Sehr grofse Verwandschaft mit der Graphia haben die Mirabilia Romae, deren ersten Entwurf-Gregorovius (Gesch. von Rom 4, 611 Anm.) in die Öttonenzeit setzt. Dafs sie jünger sind als die Graphia läfst sich aus manchen Merkmalen abnehmen. Die Graphia nennt die beiden Mausoleen des Au- gustus und Hadrian memoriae, in den Mirabilien heifsen sie castella; sie waren also damals schon in Burgen umgewandelt (Ozanam p. 87). Auffallend bleibt es indessen, dafs die beiden in der Graphia vorkommenden Päpste in den Mirabilien nur als papa Innocentius und papa Anastasius ohne Angabe der Ördnungszahlen genannt werden. Ein kleines Stück des byzan- tinischen Hofceremoniels: Primicerius id est prima manus... (Ozanam p. 171) ist aufser allem Zusammenhange auch in einige Handschriften der Mirabilien gerathen. Dafs ein grofser vom 2. August 1869. 683 Theil der Mirabilien wörtlich .mit der Graphia übereinstimmt, dafs Stücke daraus sich unverändert beim Petrus Mallius, beim 'Martinus Polonus u. a. finden, darf nicht Wunder nehmen; sie fallen in eine Zeit, wo die Schriftsteller weder den Stolz der Originalität, noch den Skrupel des ‚Plagiates kannten. (Oza- nam p. 84.) Jünger als die Mirabilien, doch von ähnlichem Inhalte ist der Anonymus Magliabecchianus, von Merklin aus einer Florentiner Handschrift zuerst herausgegeben. (Universitätspro- sramm von Dorpat. 1852. 4.) Es werden darin 6 Päpste ge- nannt, von denen Johann XXII. von 1410—1415 regierte. Es findet sich hierin auch ein Verzeichnifs der Strafsen und der 14 Regionen von Rom. Eine noch jüngere Beschreibung von Rom, die vielleicht den Arbeiten von Franeiscus Poggius und Flavius Blondus ganz nahe steht, fand ich auf der Biblioteea Barberina in einer Handschrift des 16. Jahrh. (N. 812. lat. fol. 59%? — 87®.) Diese Beschreibung folgt auf den Pomponius Mela, den Sextus Rufus, den Aurelius Victor. Sie trägt die Überschrift: De Roma antiqua, und umfast 53 Folioseiten. Die späte Ent- stehung des Werkes zeigt sich unter andern auch in der grofsen Menge von Citaten aus den uns bekannten Klassikern, während in den älteren Kompilationen nur sehr wenige, und meist mis- verstandene Citate stehn. So wird in der Graphia und in den Mirabilien das martyrologium Ovidii de fastis angeführt, wozu Montfancon richtig bemerkt, die Verwechselung könne nur da- durch entstanden sein, dafs man beim Ovid auch eine Erwäh- nung der Kalenden, Nonen und Jden gefunden. Seit dem Wiederaufleben der Wissenschaften tritt die Er- haltung der antiken Monumente in ein umgekehrtes Verhältnifs zu ihrer Beschreibung. Je mehr nach und nach die alten Reste vor den Neubauten dahinschwinden, desto ausführlicher werden die Untersuchungen über alle einzelnen Theile der Stadt. Wir erhalten Monographien über die Mauern, die Fora, die Wasserleitungen etc. Es war hier die Aufgabe gestellt, die fragmentarischen Nachrichten der Klassiker an die Monu- mente selbst anzuknüpfen, und aus den vorhandenen Über- 49* 684 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse bleibseln durch Combination die Lage und Gestalt der ver- schwundenen Denkmäler wiederherzustellen. | Hiebei kamen auch die unkritischen Arbeiten des Mittel- alters zur Geltung. Wenn die zerstreuten Angaben der Klas- siker nur in den wenigsten Fällen einige Sicherheit über die gegenseitige Lage der Bauwerke gewähren, so geben die späteren Kompilationen manchen guten Fingerzeig über die Folge und Nachbarschaft der antiken Gebäude. In allen diesen Sammlungen, in der Graphia, den Mira- bilien, dem Anonymus Magliabeechianus ete. stehn zuerst die gleichartigen Monumente der Stadt, die Thore, Brücken, Tri- umphbogen etc. dann geht die Beschreibung zu einzelnen be- deutenden Gebäuden, dem Pantheon, das Kapitol u. a. über, und umrankt die ehrwürdigen Reste mit dem Epheuschmucke der wunderbarsten sagenhaften Erzählungen. Selten findet sich ein Citat aus den damals fast vergessenen Klassikern. Da die Lage der meisten genannten Kirchen feststeht, so würde sich daraus die Stelle vieler alten Denkmäler mit grofser Sicherheit ergeben, wenn die Angaben jener alten Wegweiser auf etwas mehr als einer schwankenden Tradition beruhten. Jndessen auch in ihrer unvollkommenen Form sind sie von vielem Werthe für die römische Topographie. Einer sehr grofsen Verbreitung erfreuten sich im Mittel- alter die Mirabilia Romae, welche uns hier beschäftigen. Die zahlreichen Handschriften des Werkes in fast allen europäischen Bibliotheken bezeugen das Bedürfnifs der Menge nach einer kirchlich historischen Beschreibung der ewigen Stadt. De’ Rossi (Roma sotter. t. 1. p. 158) setzt ihre erste Redaction in das 12. Jahrh. Die ältesten Handschriften reichen nicht über das 13. Jahrh. hinauf. Preller (die Regionen von Rom. 1846. p. 43) fand merkwürdiger Weise in Florenz eine Handschrift der Mi- rabilien im neapolitanischen Dialekte. Jm Ordo Romanus (Ma- billon, Museum ital. t. 2. p. 151 sq.) wird sehr genau der Weg des Papstes bei einer grofsen Procession beschrieben; er stimmt mit den bezüglichen Stellen in den Mirabilien überein. Dafs der Ordo Romanus älter sei als 1143 erhellt aus der Zueig- | vom 2. August 1869. 685 nung an den Kardinal Guido de Castello, der im Jahre 1143 ‚als Coelestin II. den päpstlichen Stuhl bestieg. [ Die Chronik des Martinus Polonus, bis zum Jahre 1320 reichend, ist (wie p. 18. der Antwerpner Ausgabe 1574. 8. be- enthält als Einleitung zu der synchronistischen Papst- und merkt wird) aus den Chroniken des Methodius kompilirt. Sie Kaisergeschichte mehrere Stücke aus der Graphia oder aus den Mirabilien. Eine vollständige kritische Ausgabe der Mirabilien dürfen wir von De’ Rossi nach Vollendung seines grofsen Katakomben- werkes erwarten. Als Beitrag dazu sei es mir erlaubt, einen Abdruck der Mirabilien hier vorzulegen, den ich nach den va- tikanischen Handschriften besorgt habe. Es sind deren, wenn man die Fragmente von Martinus Polonus hinzurechnet, nicht weniger als 10, deren Verzeichnifs ich der Güte des Hrn. Gre- gorovius verdanke. Über den Charakter derselben habe, ich in meiner Vorrede p. VII—XV ausführlicher berichtet, es mag hier nur im allgemeinen bemerkt werden, dafs. De’ Rossi zwei Hauptrecensionen des Werkes unterscheidet. Den älteren, aber verdorbenen und lückenhaften Text giebt die Ausgabe in den Effemeridi letterarie di Roma, vom Jahre 1820, aus einem codex des 15. Jahrh. in der Bibliothek Colonna von Nibby besorgt. Diesen Text liefs der Graf Alberti im Jahre 1864 von neuem abdrucken. (Mirabilia Romae. Roma, dalla tipo- grafia Forense. 1864. 12.) Die zweite Recension des Textes „indet sich bei Montfaucon (Diarium italicum. Parisiis. 1702. 4. p- 283— 297) nach einer Handschrift des 13. Jahrh. aus der Sammlung des Kardinales Nicolaus von Aragonien in der Bibliothek von 8. Isidoro. Beide HSS. habe ich in Rom vergeblich gesucht, aber beide BRecensionen sind unter den vatikanischen codices ver- treten. Aulserdem ist noch eine dritte Recension. vorhanden, in der die späteste und ausführlichste Gestalt des Textes sich zeigt. Cod. Vatic. 4265 lat. Papierhandschrift von 238 Quart- blättern aus dem 14. Jahrh.; mit vielen schwer aufzulösenden Ligaturen. Die Vergleichung dieser Handschrift verdanke ich Hrn. D. Hinck in Rom. Sie enthält hinter dem Tractate des Nyeolaus de Lyra contra Iudeos, die Mirabilien in einer dritten, 686 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse von Montfaucon und Alberti abweichenden Anordnung des Textes. Die Reihenfolge der Abschnitte ist nach unseren Paragraphen mit mehr oder weniger Vollständigkeit $$. 1. 2. 6. 3.8.5.9. | 4. 10. 12. 42. 37.52. 14. 31.32. 34. 25. 39.188. 153..29.130. 54-—102. Die letzten Paragraphen 54—102 beziehen sich zwar mehr auf die christlichen als auf die heidnischen Alter- thümer, zeigen indessen recht deutlich, wie das Interesse der Reisenden mehr und mehr von den klassischen Resten auf die kirchlichen Reliquien abgeleitet ward. Es befanden sich im Jahre 1575 in den römischen Kirchen nicht weniger als 7 Bil- der von der Hand des Evangelisten Lucas. Die beiden Stühle, auf denen der Papst geprüft wurde, „an masculus sit, an fe- mina“ standen damals im Lateran (58). Die Fabel von der papissa Johanna wird zwar damit nicht in Verbindung ge- bracht, erhält sich aber im vollen Glauben (70). Ganz neu ist das Monument für die Gänse, welche das Kapitol gerettet; es stand, wie es scheint, nicht weit von den Thermen des Diokletian (68). Man könnte dabei zunächst an irgend ein Bildwerk mit dem Schwane der Leda denken. Auch erfährt man, dals damals unter den römischen Reliquien das „pre- putium Christi* (58) das abgelassene Fett des heiligen Lau- rentius (89) und das Kinn des Jacobus maior (85) gezeigt wurden. Die Indulgenzen des Papstes Gregorius (wohl Gregorius XI. 1370—1378), welche im codex beinahe 2 Seiten füllen, sind weggelassen. Es verdient nur daraus angeführt zu werden, a dafs in der Peterskirche vom Himmelfahrttage an bis zum 1. August täglich 15000 Jahre Ablafs bewilligt werden. Bis zum Erscheinen der vollständigen Ausgabe von De’ Rossi werden die Archäologen in unsrer Arbeit alles das zu- sammen finden, was über Topographie, Stadtlegende und Kir- chenchronik Roms in den vatikanischen Handschriften der Mi- rabilien vorkömmt. Betrachtet man nun den mythologischen und historischen Gehalt der Mirabilien, so zeigt es sich, dafs die Erinnerung an die grolse römische Vorzeit auch in den dunkelsten Jahr- hunderten des Mittelalters nicht ganz im Volke erlöschen konnte. FE vom 2. August 1869. 687 Die hier folgende Reihe von Götternamen aus den Miırabilien giebt den Beweis, dafs der ganze heidnische Olymp in den christlichen Kirchen vertreten war: Apollo. Phebus. Sol. Gorgo. Pax. Asclepius. Esculapius. Hercules. Phebus. Bacchus. Honos. Pietas. Bellona. Janus. Saturnus. Carmenta. Juno. Serapis. Beres: ., Jupiter. Sibilla. Cibele. Latona. Sol. Concordia. Luna. Sospita. Cratieula. Mars. ‚Splen. Diana. Mercurius. Tellus. Esculapius. Asclepius. Minerva. Pallas. Venus. Faunus. Moneta. Vesta. Flora. Neptunus. Ysis. Fortuna. Pallas. Die Reminiscenzen aus der römischen Geschichte gewäh- ren auch in ihrer sagenhaften Verdunkelung ein eigenthüm- liches Interesse. Aus der Königszeit finden wir die Namen des Romulus, Remus, Tarquinius Priscus und anonym die Hel- denthat des Marcus Curtius. Aus der langen Epoche der Re- publiek ist nur der Sieg des Marius über die Teutonen, der Name des Cicero und seines Widersachers des Catilina, so wie der des Pompejus lebendig geblieben. Caesars Andenken ist in seinem grolsartigen Grabmale und an vielen andern Stellen erhalten. Von den römischen Schriftstellern wird Ovid öfter, Salust einmal eitirt, Virgil ist schon mythisch geworden. Die Legende, wonach die Sibylle dem Octavianus das unter seiner Regierung geborne Christkind zeigt, knüpft die abster- bende heidnische Welt an das aufblühende Christenthum, da- gegen ist die Erzählung von Kleopatra’s Verhalten in der Schlacht bei Actium und von ihrem Tode ganz historisch. Agrippa, der Schwiegersohn des Octavianus, blieb unvergessen durch das von ihm erbaute Pantheon. Die darauf folgende Kaiserreihe hatte sich durch vielerlei noch vorhandene Pracht- bauten dem Gedächtnilse der Römer eingeprägt: Tiberius, Clau- dius, Nero, Vespasianus, Titus, Domitianus, Nerva, Traianus, Adrianus, Antoninus, Commodus, (Septimius) Severus, Elioga- 688 Gesammtsitzung balus, Alexander (Severus), Gordianus, Volusianus, Lieinius, Diocletianus, Maximianus, Constantinus und seine Mutter He- lena, Julianus, Gratianus, Valentinianus, Focas, Archadius und Eudoxia, Theodosius. Endlich wird noch Karl der Grosse genannt. Neben diesen zahlreichen Notizen aus der heidnischen Ge- schichte darf es nicht Wunder nehmen, dafs der Päpste nur spärlich Erwähnung geschieht. Sie gehörten noch nicht zu de- nen, die durch bewundernswerthe Bauwerke die Fremden in Erstaunen setzten; ihr gröfstes archäologisches Verdienst be- stand darin, dals sie durch Umwandlung der antiken Tempel in christliche Kirchen manches alte Monument vor .dem gänz- lichen Untergange bewahrten. 5. August. Gesammtsitzung der Akademie. Fa Hr. Kummer las die Abhandlung des Hrn. Kronecker über Systeme von Functionen mehrer Variabeln. Wenn man mit F, eine reelle Function der n reellen Va- riabeln: 2552551%.22, und mit. is: Ho) „aufn deren partielle Ableitungen bezeichnet, so kann man auf das System der n Functionen: (Fi, Foıs Foa> --- Fon) die Betrachtungen anwenden, welche ich in meiner Mittheilung vom 4. März d. J. erörtert habe. Es knüpft sich an dieses specielle System ein eigen- thümliches Interesse, weil man darauf geführt wird, wenn man die Theorie der Krümmung von Flächen auf.Functionen mehrer Variabeln ausdehnt. Ich behalte die Ausdrücke und Bezeich- nungen des im Monatsberichte vom März d. J. abgedruckten Aufsatzes bei und setze für den speciellen Fall, welcher den Gegenstand der vorliegenden Mittheilung bildet, FF EEE und auch der Gleichförmigkeit wegen, da wo es passend er- scheint, A), für Ay. Ferner bezeichne ich wie in meinem Auf- ‚satze über bilineare Formen (Monatsbericht vom October 1366) mit: | Ayn | die aus (n + 1)? Grölsen: 4, gh (und NEE ER) | vom 5. August 1869. 689 gebildete Determinante und mit: ö,, die „Null“ oder die „Eins“, je nachdem gZh oder g=h ist. Alsdann ist die Charakteristik des Systems: (Fy For Fass: Fin) durch: 1 dw (K) a ausgedrückt. In der Determinante unter dem Integralzeichen nehmen die Indices 9 und Ah alle Werthe von 0 bis n an, und Fon sowohl als F,, übereinstimmend mit 77, bedeutet die Ab- leitung von F, nach 2,, während mit F,,, wenn g und Ah von Null verschieden sind, die Ableitung von F, nach 2, oder also die zweite Ableitung von F, nach z, und z, bezeichnet ist. Scheidet man sämmtliche Werthsysteme (z), welche den Be- dingungen: F,<0, Kn=Fa=:...=Fun=0 genügen, in zwei Gattungen, je nachdem die Hessische Determi- nante von F, einen positiven oder negativen Werth erhält, so giebt das Integral (K) nach der Bedeutung des Wortes „Cha- rakteristik“ den Überschufs der Anzahl von Werthsystemen erster Gattung über die der zweiten an. Andrerseits hat aber für die Fälle n—= 2 und 3 das Integral (K) eine bekannte geo- metrische Bedeutung und es bedeutet namentlich für n—=3 die über die ganze geschlossene Fläche: F, = 0 ausgedehnte „cur- vatura integra*, durch 4” dividirt; es ist also hiermit die Übereinstimmung der „ceurvatura integra“ und der mit 47 mul- tiplieirten Charakteristik des Systems: (Fo, For» Foa> Fos) er- wiesen und dadurch auch eine einfache Methode für die Be- stimmung der totalen Krümmung einer beliebigen geschlossenen Oberfläche gewonnen. Die Untersuchung des obigen Integrals der Charakteristik eines Systems: (Fü, Fürs Fog> -: : F9n) hat mich darauf. geleitet, die Theorie der Krümmung auf Functionen von n Variabeln zu übertragen. Dabei habe ich gefunden, dafs die für Oberflächen gebräuchlichen Betrachtungen sich in sehr einfacher und ele- ganter Weise verallgemeinern lassen und dafs die bekannten analytischen Resultate durchaus erhalten bleiben, wenn man 690 Gesammtsitzung an die Stelle der. drei Raumcoordinaten n Variable einführt. Ich behalte mir die ausführlichere Mittheilung meiner bezüg- lichen Untersuchungen vor und will hier nur einige vorläufige Andeutungen darüber geben. Ich nenne eine ebene vfache Mannigfaltigkeit eine solche, welche durch (n—v) lineare Gleichungen aus der gesammten nfachen Mannigfaltigkeit ausgeschieden wird, welche also bei Einführung von v neuen Variabeln « durch n Gleichungen: y i=v | 2, — 2% a a definirt werden kann. Eine ebene einfache Mannigfaltigkeit oder also eine „ebene Linie“ kann hiernach durch die Form: AN —ia;t en dargestellt werden, wo Za? = 1 ist und die Variable t so zu sagen die Entfernung des variabeln Punktes (z) von dem festen Punkte (2°) bedeutet. Für zwei solche ebene Linien entspricht der Ausdruck: > a,a, (sm 152%...2%) dem Cosinus des Richtungs-Unterschiedes der beiden Linien. Ferner ist wie in meinem Aufsatze vom 4. März d. J. die Linie: die Normale an A, im Punkte (2°), und p die Entfernung des Punktes (2) vom Punkte (2). Mit Hülfe dieser Bestimmungen läfst sich offenbar auch der Begriff des Unterschiedes der Rich- tungen zwischen einer Linie und einer (n—1)fachen Mannig- faltigkeit festsetzen. Die (n—1)fache ebene Mannigfaltigkeit, welche die (n— 1) fache Mannigfaltigkeit: 7, = 0 im Punkte (2°) berührt, ist: >, —- A)A=0;, ar=2115233. Um) wo in Z, für die Variabelu 2 die entsprechenden Werthe 2 ein- vom 5. August 1869. 691 zusetzen sind; eine zweifache ebene Mannigfaltigkeit, welche durch denselben Berührungspunkt geht, ist: (a,b) 2, — = a,u + b,v (k=1,2,...mM 5 wo u und vo zwei Variable bedeuten. Hier können nun durch lineare Umformung von u und v die Werthe von a so gewählt werden, dafs die Linie: (a) 2, — = at KE2,...0 in jener berührenden Mannigfaltigkeit liegt und dafs die Linie: (b) 2 — A=bt (k=1,2).:.7) zu der Linie (@) normal ist. Alsdann finden also die Glei- chungen statt: ist. Denkt man sich nun in der Mannigfaltigkeit (a,b) und ‘zwar im Punkte (2°) eine Normale an die von der Mannig- faltigkeit (a,db) aus F, ausgeschnittene Linie bestimmt und bezeichnet mit: o(a, b) die Länge derselben vom Punkte (2°) bis zum Durchschnitts- punkte der benachbarten Normale, so ist diese dem Krüm- mungsradius entsprechende und von den Üoeffieienten @ und 5 abhängige Gröfse 9 durch die Gleichung: e(a, b) .>a,0, Fi, = "bi F, ( all 9 2.00) gegeben. Da nun die Linie: F, Bu oa die Normale an F, im Punkte (2°) darstellt, so ist die rechte Seite der obigen Gleichung nichts Anderes als der mit S mul- 692 Gesammtsitzung tiplicirte Cosinus des Richtungs - Unterschiedes zwischen der Normale und der Linie (d). Wenn also die Linie (5) mit der Normale zusammenfällt d. h. also für einen Normalschnitt (a, 5) ist: e(a) ‚244, =S, und folglich analog dem Meunier’schen Satze: o(a,b) = o(a).Zb,fr > wo zur Abkürzung f, für den Quotienten: - geschrieben ist. Sucht man diejenigen Werthe der Function o(a), für welche die ersten Ableitungen derselben sämmtlich verschwinden, vor- ausgesetzt dafs diese Ableitungen unter Berücksichtigung der beiden zwischen den Grölsen (a) bestehenden Relationen ge- bildet werden, so ist es vortheilhaft die n Gröfsen a durch (n—1ı) Gröfsen «x zu ersetzen, welche durch folgende Glei- chungen definirt werden: a2 >05, (le) wo die Summation in Bezug auf r — wie durchweg im Fol- genden — auf die Werthe 1,2,...n—1 zu erstrecken ist. Die Coefficienten c,, sind dabei so zu bestimmen, dafs durch die Substitution: 0. — > CykYr die Bedingungen: ea y 2 u oe 27, =0 , Zah =>, u =Eyf erfüllt werden, in welchen die auf © und % bezüglichen Sum- mationen stets auf die Zahlen 1 bis n auszudehnen sind. Man erhält hiernach für die Coeffiecienten e die folgenden bestimmen- den Gleichungen: = M Pe NE Sep y EEE CE = 1 9 — (y, Fon =0 ’ = Cyn Fin Ta ArCyi ’ D D wo Ah die Werthe 0,1,...n, aber © und % nur die Werthe En al u JE SEE ur zu 2 vom 5. August 1869. 693 1,2,...n annimmt und wo A, irgend eine der (n—1) Wur- zeln der Gleichung; | An —%- Om | = 0 (g, BDA ae) bedeutet. Diese Wurzeln sind sämmtlich reell, und man über- zeugt sich hiervon leicht, wenn man von den (n-+1)? Gröfsen 7 die n? letzten d. h. also die Gröfsen: Fi, Rn Re) durch Gröfsen: «P, ersetzt, welche bei der orthogonalen Trans- formation: > zu, 2 SS PAR "Ma; =3dy, umty auftreten. Da nach den angegebenen Bestimmungen: 2(a). 22,02 ey Su Ie2 =1 wird, so verschwinden sämmtliche Ableitungen von o(a), wenn alle (n— 1) Gröfsen « mit Ausnahme einer einzigen («,) gleich Null und demnach: «®—= 1 gesetzt wird. Jrgend eines dieser besonderen Werthsysteme der Grölsen @ ist also einfach durch die Gleichungen: Ar = Cyk (k—= 1; Ayası 7) gegeben und der entsprechende Werth von > ist: S A 72 Hiernach werden die den Hauptkrümmungsradien entsprechen- den (na—1) Werthe von :(a), nämlich: = 7. Gen; een durch die Gleichung: 0-22. — S-Sgn| — A) bestimmt, die zweifache ebene Mannigfaltigkeit, welcher irgend ein o, als Krümmungsradius der aus A, ausgeschnittenen ein- fachen Mannigfaltigkeit angehört, ist: 694 | Gesammtsitzung TON 2 — im Ort rd; und die in der berührenden Mannigfaltigkeit hiervon ausge- schnittene ebene Linie: Uz- Alle diese (n—1) den verschiedenen Werthen des Index r ent- sprechenden Linien sind zu einander normal, d. h. es besteht für je zwei Linien: Zr BEL ie die Relation: > => 7 Orr Osk 07 und es wird analog der Eulerschen Formel: en 2 DD ela) 7 © wo «, durch die Gleichung: Be A —rr@r definirt ist, also den Cosinus des Richtungs-Unterschiedes zwi- schen den beiden Linien: ur gu 1) nl) a 170 SE 7 7 a 7 darstellt. Man sieht hieraus, wie die Grölsen g,, 89, .»- 9, in den wesentlichsten Beziehungen den Hauptkrümmungsradien der Oberflächen entsprechen und es findet sich auch folgende Grundeigenschaft derselben wieder: i „Es giebt auf der Normale: | 2, — = IP (n—1) Punkte (2), in denen dieselbe von einer benach- barten Normale geschnitten wird, und die zugehörigen Werthe von p sind jene Gröfsen: 97, 093 = &n-ı-" Der reciproke negative Werth des Productes der (n—1) Werthe von o, welche der Gleichung: vom 5. August 1869. e 695 2-25 =, S.d,n| E20 genügen, ist offenbar identisch mit dem Ausdrucke, welcher unter dem Integrale (K) mit dem Elemente dw multiplieirt ist. Die Charakteristik des Systems: (Fr > Fi» Fe: Sa Fon) kann also auch durch: dargestellt werden, und der reciproke Werth des Productes: &129 *** &nı entspricht dem Gaufs’schen Krümmungsmaafse. Denn wenn man die Gaufs’sche Bestimmung des Krümmungs- maafses auf (n—1)fache Mannigfaltigkeiten: F, = 0 ausdehnt, indem man die Normalen einer solchen mit denjenigen von: N.2 — vergleicht, so erhält man als die dem Krümmungsmaafse ent- sprechende Gröflse eben jenen Ausdruck, der unter dem Inte- grale (K) mit dem Elemente dw multiplicirt ist, negativ ge nommen, d. h. also den reciproken Werth des Productes: &169 «En Hieraus geht hervor, dafs in der That der- jenigen Zahl, welche das Verhältnils der „curvatura ıntegra“ einer geschlossenen Oberfläche zur Kugel-Oberfläche angiebt, für eine Function von n Variabeln (F,) die Charakteristik des aus der Function F, und ihren n partiellen Ableitungen gebil- deten Systems entspricht. Da diese Charakteristik durch den Überschufs derjenigen im Innern von F\, liegenden Punkte (z) gegeben wird, für welche: Fi > be ee Fun 0, Fu lhE>.0r; über diejenigen wofür: Fı=Fa='=-fFa=2%, |Fa|< 0 ist, so kann sich dieselbe für verschiedene Mannigfaltigkeiten: yet 696 Gesammtsitzung bei Variation der Constante ce nur dann ändern, wenn bei einer solchen Veränderung des inneren Bereiches (7,<.c) Punkte, wofür: | | z' — — Zu Een ist, in denselben aufgenommen oder von demselben ausge- schlossen werden. Die geometrische Beziehung der Charakteristik von Func- tionen-Systemen ist nicht auf die speciellen hier behandelten Systeme beschränkt. Für allgemeine Systeme (A), F}, Fa, ... 7.) tritt aber in den geometrischen Beziehungen an Stelle des Gaufs- schen Krümmungsmaalses das Kummersche Dichtigkeitsmaals auf. Betrachtet man nämlich das (n—1)fach unendliche Sy- stem ebener Linien: u in ea Aastnpi Sm, golsugge pi dam, N ; wo F,(2,29,..,20)= 0 und M,# «.- F„ irgend welche ein- deutige Functionen der n Variabeln 2 bedeuten, also die obige Voraussetzung, dafs dieselben mit den Ableitungen von F, übereinstimmen, fallen gelassen ist, so entspricht jeder ebenen Linie des Systems ein Punkt (2°) -der (na—1)fachen Mannig- faltigkeit: Ay—= 0 und auch ein Punkt (£): 2 er P,(2:; 22 RT 2) ae der (n—ı)fachen Mannigfaltigkeit: 2 gr Hiel. Bei der hierdurch entstehenden Beziehung der beiden (n— 1) ‚fachen Mannigfaltigkeiten: 0 °,0 2 SS Z2re auf einander wird aber das Verhältnifs der Elemente beider Mannigfaltigkeiten seinem absoluten Werthe nach durch: vom 5. August 1869. 697 1 Sn NR RE) ‚ausgedrückt, wo Fo=# F F,; RER 3 iu IE 02; 02% ee iiy2,:on'und: &=Farfattfo =-mR+r +-."+7 zu nehmen und überall unter den Functionszeichen F die durch die Gleichung: Pd, 3,...2)= 0 mit einander verbundenen Variabeln 2° einzusetzen sind. Da nun nach der in meinem oben erwähnten Aufsatze vom März d. J. angenommenen Bedeutung von R: R.S = | Fon] ist, so wird jenes Verhältnifs der Elemente durch: 2 sr dargestellt d. h. durch eben den Ausdruck, welcher in dem Integrale der Charakteristik mit dem Elemente dw der Man- nigfaltigkeit: F, = 0 multiplieirt ist. Wenn man also im Falle: n=3 den Variabeln: 2,, 25,2, die Bedeutung rechtwinkliger Raumcoordinaten beilegt, so wird das Element des Integrals der Charakteristik eines allgemeinen Functionen-Systems: (Fo Fi» Fa, #3) für das durch die Gleichungen: (20; 20; 20 u S (21, 225 23) F (21, 23, 23) = 0 [1869.] 50. x —- 2—- 698 Gesammtsitzung definirte Strahlensystem „das auf die Normalebene des zu- gehörigen Strahls projieirte Element der Fläche (F, = 0), multiplieirt mit dem Kummerschen Dichtigkeitsmaafs* oder „das Element der Fläche (F, = 0) selbst, multiplieirt mit der auf dasselbe bezogenen Dichtigkeit des Strahlensystems.* Hier- durch zeigt es sich, dafs die Theorie der Charakteristik von Functionen Systemen ebenso nahe mit geometrischen Theorieen zusammenhängt wie mit der Potentialtheorie; und man darf wohl in diesen Beziehungen des ursprünglich aus rein analyti- schen Prineipien entwickelten Begriffs der Charakteristik zu anderen bekannten Theorieen eine Probe für die Echtheit des- selben erkennen, einen Beweis dafür, dafs die Einführung die- ses Begriffes in die Wissenschaft durchaus naturgemäfs und nothwendig ist. Hr. du Bois-Reymond las über die aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. (Erscheint in einem der nächsten Hefte.) Hr. Braun machte eine Mittheilung über zwei bei dem Gewitter vom 26. Juli d. J. vom Blitz getroffene Eichen. Es war ungefähr 44 Uhr Nachmittags, als der Blitz an dem genannten Tage in eine kräftige Eiche des botanischen Gartens, in südwestlicher Richtung nicht weit vom Vietoria- hause entfernt, einschlug. Wenige Minuten später wurde eine Eiche am Rande des Thiergartens, dem Eingange der Bendler stralse gegenüber, getroffen. Die Eiche des botanischen Gartens ist über 70’ hoch, hat am Grunde des Stammes ungefähr 4, in 3’ Höhe über dem Boden, ungefähr 3’ Durchmesser. Der Blitz falste den Stamm in einer Höhe von beinah 36’, an einer Stelle, wo derselbe eine aus zwei fast gleichstarken Theilen bestehende Gabel bil- det. Ein ungefähr 8’ über der Gabel abgehender dünner Seiten- zweig ist eine Strecke weit, jedoch nicht bis zum Stamme, ein- a vom 5. August 1869. ; 699 seitig entrindet; von da scheint der Blitz nach der erwähnten - Gabelstelle des Stammes übergesprungen zu sein, wenigstens kann man äufserlich Spuren seines Laufes von dem entrindeten un ee Be Zweig bis zur Gabelstelle nicht wahrnehmen. Von der Gabel- stelle aus geht die Blitzspur auf der Ostseite des Stammes in schiefer Richtung zur Erde herab. Sie erscheint zunächst als ein entrindeter Strich von wechselnder Breite, an einer Stelle nur 2” breit, an anderen bis zu 1’ Breite sich erweiternd, im Ganzen genommen von oben nach unten an Breite zunehmend. Die Rinde ist jedoch, besonders an den engen Stellen, über die Grenzen dieses Streifens hinaus auf eine Breite von F—, keineswegs aber im ganzen Umfauge des Stammes, gelockert. Der fehlende Rindenstreifen fand sich nach dem Blitzschlag in grölseren und kleineren Stücken zum Theil bis auf 30 Schritte Entfernung umher gestreut; die abgelösten Rindenstücke in sich zusammenhängend, nicht in Splitter zermalmt. Längs der Mitte des von Rinde entblölsten Streifens befindet sich eine regel- mäfsige, in die sonst’ unverletzte Oberfläche des Holzkörpers eingefurchte Rinne von 14 — 1#" Breite und #" Tiefe. Sie er- streckt sich ununterbrochen von der Gabelstelle bis zum Grunde und setzt sich selbst noch an dem unterirdischen Theile des Stammes fort. Die durch Ausfurchung dieser Rinne abgelösten Späne des oberflächlichen Holzes (Splintes) zeigen ein merk- würdig zerfetztes und zerfasertes Ansehn und wurden in locker zusammenhängenden biegsamen Streifen, die zum Theil eine Länge von 6 — 8' besafsen, ebenso wie die Rindenstücke weit hinausgeschleudert. Das Holz erschien übrigens frisch und hellgefärbt und zeigte nirgends eine Spur von Verkohlung. Die schiefe Richtung der Blitzfurche entspricht dem schiefen Verlauf der Holzfaser, welche in dem vorliegenden Falle eine - rechts um den Baum herumgehende, sehr wenig geneigte - Schraubenlinie bildet, von der senkrechten Richtung nur unge- fähr um 6 Grade abweichend. Die Eiche an der Bendlerstrafse ist etwas weniger dick als die des botanischen Gartens und mag kaum 70’ hoch sein. | Der Blitz hat sie in den obersten Verzweigungen erfalst und | man sieht die Spur desselben in stärker schiefer Richtung am - Hauptstamme herabgehen, um den sie an mehreren starken 50* 700 Gesammtsitzung Zweigen vorbeigehend, drei volle Umläufe beschreibt, bis sie unterhalb der untersten Zweige in 13 — 14’ Höhe über dem Boden plötzlich endigt. Etwa 14’ unter dem Ende derselben geht auf der Thiergartenseite ein Telegraphendraht nahe am Baum vorbei, zu welchem der Blitz ohne Zweifel übergesprun- gen ist. Die streifenartige Entrindung und die schmale rinnen- artige Ausfurchung des Holzkörpers in der Mitte des Streifens verhalten sich im Wesentlichen ebenso, wie an dem Baume des botanischen Gartens, nur ist die Richtung der Schraubenlinie, welche die Blitzspur in Übereinstimmung mit der Holzfaser beschreibt, die entgegengesetzte, nämlich links. Der Winkel den sie mit der senkrechten bildet, beträgt etwa 15 Grad. Nach den mir in der botanischen Litteratur bekannten Beschreibungen vom Blitz getroffener Baumstämme, scheint streifenartige Entrindung und rinnenartige Ausfurchung des Holz- körpers und zwar in Übereinstimmung mit dem Verlaufe der Holzfaser in mehr oder minder schiefer, den Stamm schrauben- artig umwindender Richtung die häufigste Wirkungsweise des. Blitzes auf Bäume zu sein, gänzliche Zersplitterung des Stam- mes dagegen, wie sie Cohn von zwei im Jahre 1855 bei Char- lottenbrunn getroffenen Weilstannen (Verhandl. d. Leop. Car. Akad. Band XXVlI. 1.) beschreibt, ein seltneres Verhalten; der von Caspary beschriebene Blitzschlag in eine Canadische Pappel (Schr. d. physik. ökon. Gesellschaft zu Königsberg, 2. Jahrg., 1861, S. 41) weicht von den hier beobachteten da- durch ab, die Entrindung und Aussplitterung des Holzes in gleicher Breite zusammenfallen. Rinde und Holz wurden in diesem Falle in einem gradlinig nicht schraubenartig verlaufen- den Streifen von 6 — 11” Breite und 1-- 6” Tiefe heraus- geschlagen und in kleinen merkwürdig zerfetzten Splittern bis zu 70’ Entfernung herumgestreut. Unter den von Buchenau (Verhandl. d. Leop. Car. Akad. Band XXXIIl) beschriebenen unweit Bremen von einem und demselben Blitzschlag getroffe- nen vier Eichen stimmen die unter no. 1 und 2 aufgeführten in der Art der breiteren streifenartigen Entrindung und schmä- lern furchenartigen Aussplitterung des Holzkörpers mit den hier beobachteten Eichen wesentlich überein. Bei no. 1 ist die Wir- kung sehr stark, in dem der Entrindungsstreif beinahe 2 des vom 5. August 1869. 701 Stammumfanges einnimmt, während die Furche im Splint nur 1" Breite und 4— 2" Tiefe zeigt. Die Blitzspur geht links, wie bei dem Baum an der Bendlerstrafse, und beschreibt unter _ einem Winkel von ungefähr 20° beinahe 3 Umläufe um den - Stamm. Bei no. 2 ist die Wirkung viel schwächer; der ent- rindete Streif hat nur 14 — 22’ Breite, die Aussplitterungsfurche #" Breite und 2'”' Tiefe. Die Richtung ist nur schwach schief und war rechts, wie bei dem Baum des hiesigen botanischen Gartens. Am schwächsten zeigt sich die Wirkung bei dem Baum no. 4; die (linksläufige) Furche im Splint ist 6" breit und 2’ tief, nur stellenweise von Rinde entblöfst, während an anderen Stellen die Rinde nicht abgesprengt wurde. Auch Cohn führt einen Fall an und zwar von einer an der Heu- scheuer im schlesischen Gebirge im Jahr 1856 vom Blitz ge- troffenen Fichte, bei welcher die Blitzspur eine zollbreite, den Stamm vom Wipfel bis zur Wurzel umwindende Furche unter der nicht abgeworfenen Rinde bildet. Die in den angeführten Fällen, welche ohne Zweifel das gewöhnlichste Verhalten vom Blitz getroffener Bäume bezeich- nete, zu beobachtende scharf begrenzte rinnenartige Ausfurchung des Holzkörpers, in Verbindung mit dem Umstande, dafs die Rinde, wenn auch in breiterer Erstreckung, doch nur in der Richtung dieser Furche und keineswegs im ganzen Umfang des Stammes abgelöst oder aufgelockert ist, wodurch allein auch das ungestörte Fortleben in solcher Weise beschädigter Bäume Erklärung findet, sprechen gegen die von Cohn (am angef. Ort, so wie in der Denkschr. z. Feier des 50j. Best. der Schles. Ges. für vat. Cult. 1853, S. 26) ausgesprochene Ansicht, dafs der Blitz im ganzen Umfange des Stamms durch das Cambium geleitet werde und die Ablösungsrichtung eines Rindenstreifens nicht die Bahn des Blitzes, sondern nur die Stelle bezeichne, in der die Rinde der Explosion den geringsten Widerstand leistet. Die Bahn des Blitzes ist allerdings zunächst nicht durch den Rindenstreifen, wohl aber durch die Furche im Splint be- zeichnet, während die Kraft des auf seiner Bahn durch das feuchte Gewebe des jungen Holzes gebildeten Dampfes die Rinde in einer gewöhnlich über diese Furche hinausgehenden Breitenerstreckung absprengt. 702 Gesammtsitzung In Beziehung auf die entgegengesetzte Richtung der Schrau- benlinie, in welcher der Blitz bei den beiden am 26. Juli ge- troffenen Eichen seinen Weg am Stamm beschrieber hat, er- innere ich schliefslich noch an eine von mir schon früher ge: machte Mittheilung über die Unbeständigkeit des schiefen Ver- laufs der Holzfaser bei der Eiche (Monatsb. d. Ak. d. Wiss. 1854, 8. 455). Ob eine von beiden Richtungen die häufigere ist und welche, kann ich mit Sicherheit auch jetzt nicht ent- scheiden, da ich nie Gelegenheit hatte eine gröfsere Menge ge- schälter Eichstämme in dieser Beziehung zu vergleichen. An der Aussenfläche der Borke ist nämlich die Drehung durchaus unbemerkbar und nur Blitzspuren oder Frostrisse können sie, bei lebenden Bäumen verrathen. Cohn führt an, dafs nach forstmännischen Erfahrungen die Eichen meist links gedreht seien und die wenig zahlreichen von mir verzeichneten Fälle scheinen dies zu bestätigen. Von zwei am angef. Orte von mir näher bezeichneten Eichen des Thiergartens, welche in früheren Jahren (die eine im Jahre 1812) von Blitz getroffen wurden, geht die Blitzspur bei der einen links, bei der anderen rechts; von den 4 von Buchenau beschriebenen geht sie bei zweien links, bei einer (schwach) rechts, bei einer senkrecht. Von 8 mit Frostspalten versehenen Eichen, welche Caspary (bot. Zeit. 1855, 8.455) beschreibt, ist die Richtung der Spalte in 5 Fällen links, in einem Fall rechts, in einem Fall unten rechts, oben links, in einem Fall endlich ohne Neigung. Es kommen somit (der Fall mit wechselnder Drehung ausgeschlossen) auf 10 Fälle mit Linksdrehung nur 4 mit Rechtsdrehung. Hr. Jacobi, correspondirendes Mitglied aus St. Peters- | burg, sprach über die wissenschaftlichen Zwecke seiner Reise. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: B. Studer, Erläuterungen zur zweiten Ausgabe der geologischen Karte der Schweiz. Winterthur 1869. 8. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bonn aus dem Jahre 1868. Bonn 1869. 8. vom 9. August 1869. 703 Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Ein- siedeln. 52. Jahresversammlung. Einsiedeln 1868. 8. Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. 23. Bd. Zürich 1869. 4. | Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit. 8. Bd.: Geschichte der Sprachwissenschaft von Th. Benfey. München 1869. 8. | Atti dell! Accademia de' Nuovi Lincei. Anno 21. Roma 1868. 4. Memorie dell’ Istituto veneto. XIV, 2. . Venezia 1868. 4. Atti dell’ Istituto veneto. Vol. 14, 2—5. ib. 1868. 8. G. Leveöque, Recherches sur l'origine des Gaulois. Paris 1869. 8. Beltrami, Sulla teorica generale dei parametri differenziali. Bologna 1869. 4. 12. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Bonitz las über Platons Kratylus mit Beziehung auf die Bestreitung des platonischen Ursprungs. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über neue oder weniger bekannte Fische des Berliner zoologischen Museums. 1. Pteroplatea crebripunctata n. Sp. Scheibe doppelt so breit wie die Entfernung von der Schnau- zenspitze bis zur Analöffnung; Schnauze stumpfwinklig vor- springend, die vorderen Scheibenränder wellenförmig, vorn und hinten convex, in der Mitte flach eingebuchtet; der äulsere Winkel spitz abgerundet; die hintern Scheibenränder flach con- vex, der hintere Winkel abgerundet, die äulsere Hälfte der Ba- sis der Bauchflossen bedeckend. Spritzlöcher ohne Tentakel. Rand der Nasenklappe fein gekerbt. Der Schwanz ist an dem einzigen männlichen Exemplar abgehauen, wie es scheint, un- _ mittelbar vor dem Stachel; vor dieser Stelle befindet sich auf der obern Schwanzseite eine niedrige Hautfalte. Die Farbe der Oberseite ist braun, überall mit dichtstehen- den schwarzen Punkten bedeckt; auf dem vordern Scheibenrande 704 G@esammtsitzung eine Reihe kleiner gelber Flecke, welche 1 bis 14 Centimeter von einander entfernt stehn. Die ganze Unterseite gelblich. Gröfste Breite . 2 ae ae: a a Schnauzenspitze bis Maulspalte . . 2 2 22.2..2....0%045 » bis Analöffnunig .„.;..,. ‚zn. See aau DEI Maulbreite a. a: 28 SIR Rene Gekauft; angeblich aus Mazatlan. 2. Mesoprion Ehrenbergü n. sp. B.7.D.10,13; A. 3,8. Lin.lat. 48; tr. 6/13. Höhe zur Totallänge wie 1:32, Kopf zu derselben wie 1:34. Schnauze kürzer als der Augendurchmesser, letzterer nicht ganz dreimal in der Kopflänge enthalten. Interorbitalraum 2 des Augendurchmessers; Höhe des Infraorbitale 4 des Augendurch- messers. Zunge bezahnt. In der Färbung, den goldnen Längsstreifen und der Lage des schwarzen Flecks ganz übereinstimmend mit M. fulviflamma unterscheidet sie sich, mit gleichgrolsen Exemplaren dieses letz- tern verglichen, durch das viel gröfsere Auge und den viel nie- drigern Suborbitalbogen, so dafs das Auge dem Mundwinkel fast einmal so nahe liegt, wie bei jener Art. Unser Museum besitzt zwei Exemplare dieser Art, von 07205 und 0%125 Länge, welche Hr. Ehrenberg bei Mas- saua gesammelt hat. 3. Mesoprion argentiventris n. Sp. B.7.D.10,14; A.3,8. Lin.lat.43; tr.6/13. Körperhöhe gleich der Kopflänge, zur Körperlänge (ohne Schwanzflosse) wie 1:2%. Schnauze um die Hälfte länger als das Auge; Augendurchmesser vier Mal in der Kopflänge, # in der Interorbitalbreite enthalten. Obere Eckzähne stark; Zunge mit starker Zahnplatte. Oberkieferende fast bis unter den vor- dern Augenrand reichend. Präoperkel fein und regelmälsig ge- zähnelt, über dem Winkel schwach eingebuchtet. Analstacheln stark, 2. und 3. gleich lang. Schwanzflosse am Rande einge- buchtet, bis zu $ beschuppt. Rücken- und Analflosse an der Basis beschuppt und zwischen den Weichstrahlen bis zur Hälfte. Am Rücken bräunlich, die Basis der Schuppen mit einem dunklern Fleck, unten silberig, die Basis der Schuppen mit einem silberigen Fleck. vom 12. August 1869. | 705 Gekauft; Mazatlan. 4. Mesoprion inermis n. sp. B.7.D.10,14; A.3,10. Lin. let. 54; tr. 9/14. Körperhöhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:32, Kopf zu derselben wie 1:3. Schnauze etwas länger als das Auge, dessen Durchmesser 34 Mal in der Kopflänge enthalten ist. Interorbitalraum gleich einem Augendurchmesser. Hinteres Oberkieferende in gleicher Verticallinie mit dem vordern Augen- rande. Höhe des Suborbitalknochens 2 des Augendurchmessers. Obere Eckzähne klein, nach hinten gerichtet; Gaumenbeine, Vomer und Zunge mit sammetförmigen Zähnen. Nasenlöcher klein, Vordeckelrand ganz glatt, am Winkel mit einem vor- springenden abgerundeten Hautrande. Kiemendeckel mit einem sehr schwachen platten Dorn. Stachelstrahlen der Rückenflosse dünn. Analstacheln dünn und kurz; der zweite längste nur halb so lang, wie die Weichstrahlen der Flosse. Senkrechte Flossen zum gröfsten Theil beschuppt. Violetbraun, die Mitte der Schuppen mit einem silberglän- zenden Flecke, wodurch über der Seitenlinie schräge nach hinten aufsteigende, unter derselben Längslinien gebildet wer- den; Bauch silberig; oberer und hinterer Theil der Basis der Brustflosse braun. | | Gekauft; Mazatlan. 5. Therapon brachycentrus. Therapon brevispinis Ptrs. Monatsbr. 1858. p. 256. Da Hr. Dr. Steindachner, wie ich aus den erst später erhaltenen Sitzungsberichten der Wiener Akademie von 1867 er- sehe, bereits früher eine Datnia brevispinis aufgestellt hat, habe ich den Namen für meine Art in Th. brachycentrus umgewandelt. 6. Haemulon maculosum n. sp. B.7.D.12,17; A.3,9. L.lat.52; tr. 7/15. Körperhöhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:24, Kopflänge nicht ganz 3 Mal in der letzteren enthalten. Schnauze spitz, doppelt so lang wie das Auge. Interorbitalraum convex, 4 breiter als der Augendurchmesser. Oberkiefer endet unter dem hinteren Nasenloch. Die Zähne der äufsern obern Reihe grade und gröfser als die entsprechenden des Unterkiefers. Vordeckel am hintern Rande flach concav, etwas grobgezähnelt. 706 Gesammtsitzung Die Schuppenreihen schräg zur Seitenlinie. Der vierte Rücken- stachel länger als die Schnauze, 44 Mal so lang wie der 1., welcher den l11ten an Länge gleichkommt. Senkrechte Flossen dicht beschuppt. Der zweite Analstachel viel dicker, aber kaum länger als der zweite. Silberig mit breiten braunen Querbinden, von denen die erste vom Nacken auf den Kiemen- deckel, die 3 folgenden von dem Stacheltheil der Rückenflosse, die 4. von der Mitte des Weichtheils dieser Flosse herabsteigen und die letzte von der braunen Farbe, welche die obern zwei Drittel des Schwanzes ziert, wenig geschieden ist. Die Basis der Schup- pen der obern zwei Drittheile des ganzen Körpers, so wie des Kopfes mit einen schwarzen Fleck, der auf den grofsen Schup- pen des Kiemendeckels besonders grols ist. Auch die Schup- pen der Brust zwischen Brust- und Bauchflosse haben einen solchen, aber kleinern Fleck. Flossen dunkel, nur die Brust- flossen und die Basis der Bauchflossen gelblich. Totallänge 07301. Gekauft; angeblich aus Mazatlan. 7. Pristipoma notatum n. Sp. B.7.D.18—1,15; A.3,13. Lin.lat. 60; tr. 12/23. Körperhöhe nicht ganz 4, Kopflänge fast 4 der Körper- länge. Schnauze von der Länge des Augendurchmessers; letz terer zur Kopflänge wie 1:3$2. Mundspalte klein, kaum bis zum vordern Augenrande reichend; eine äuflsere Reihe stärkerer Zähne. Hintere Nasenöffnung kaum halb so lang wie die vor- dere. Breite des Anteorbitale gleich 3 des Augendurchmessers. Präoperkel hinten leicht eingebuchtet, mit spitzen discreten Zähn- chen, die des Winkels doppelt so stark wie die andern. Die Schuppen bedecken die Basis des weichen Theils der senkrech- ten Flossen und setzen sich zwischen den Strahlen noch bis zur Mitte der Flossenhöhe fort. Die Rückenflosse ist tief aus- geschnitten; die Stacheln sind dick, die beiden längsten, der ‚5. und 6., kürzer als die längsten Gliederstrahlen, 14 Augen- durchmesser lang. Die dicken Stacheln der Analflosse haben nur $ der Länge ihrer längsten Weichstrahlen. Gekauft; angeblich aus Mazatlan. vom 12. August 1869. 707 8. Pimelepterus elegans n. Sp. B.7.D11,12; A.3, 12. Lin.lat. 56; tr.11/21. Höhe zur Totallänge wie 1:24, Kopflänge zu derselben wie 1:44. Schnauze concav, etwas länger als das Auge, Ober- kiefer bis zur Verticallinie des vorderen Augenrandes reichend. Die Breite des Interorbitalraums ist fast gleich dem doppelten Augendurchmesser. Zähne oben wie unten 38. Schuppen fest anliegend, die senkrechten Flossen bis zum Rande bedeckend. Braun mit röthlichbraunen Längslinien, unter der Seitenlinie etwa 15 bis 16. Rand der Kiemendeckelhaut und Fleck un- mittelbar hinter dem unteren Theile der Brustflosse schwarz. Ein silberner Streif auf dem Präorbitale. Totallänge 0%290. Gekauft; angeblich aus Mazatlan. 9. Doydixodon laevifrons. B.6.D.13,14!; A.3, 12. Pimelepterus laevifrons Tschudi, Fauna Peruana Pisc. p.18. Vielleicht wegen der Zahl der Rückenflossenstacheln, 13, und (etwas unregelmälsiger) Zähnelung des Präoperkels von D. Fremenvillei zu unterscheiden. Hat weder Zähne am Vomer, noch an den Gaumenbeinen, während ein Exemplar der letzte- ren Art, von Meyen aus Chile, weder Zähne am Vomer noch an dem linken Gaumenbein und den Vordeckel glattrandig hat. Totallänge des Originalexemplars 0'230 (Mus. Berol. Nr. 1357): “ 10. Siromateus medius n. sp. D.7,41; A.6,27. Höhe zur Totallänge wie 1:24, Kopflänge zu derselben wie 1:5. Schnauzenlänge $ des Augendurchmessers. Keine Bauchflossen, Stachelstrahlen der Rücken- und Analflosse in den Schuppen verborgen. Seitenlinie gekielt; Schuppen sehr klein. Keine Porenreihe unter der Rückenflosse. Silberig, die Flossen mit äufserst kleinen schwarzen Puncten bestreut; die innere Seite der Basis der Brustflossen braun; Rand der Schwanz- flosse dunkel. Totallänge 0%190. Gekauft; Mazatlan. 708 | Gesammtsitzung . 11. Opisthognathus punctatus n. Sp. D.283; A.18. e Gröfste Körperhöhe zur Länge (ohne die Schwanzflosse) wie 1:33, Kopflänge zu derselben wie 1:3. Oberkiefer reicht bis zur Basis der Brustflossen. Schnauze sehr kurz abschüssig, die grofsen Augen ein Drittel des Augendurchmessers von ein- ander entfernt. Zwischenkieferzähne in der vorderen und hin- teren Reihe ziemlich stark, eben so die vorderen, hinteren und seitlichen Zähne des Unterkiefers. _Hellbraun, der Kopf schwarz punctirt, Körper punctirt und gefleckt. Brustflossen oben und unten punctirt; Bauchflossen dunkel, klein gefleckt. Senkrechte Flossen dunkelgerandet; die abgerundete Schwanzflosse mit gelben schwarzgerandeten Flecken, welche nach dem Flossenrande hin immer kleiner werden. Rücken und Analflosse an der Basis gelbgrün mit gröfsern schwar- zen Flecken, sonst schwarz punctirt, nach dem Ende hin mit gel- ben schwarzgeränderten Flecken. Hinter dem Mundwinkel auf der innern Seite der den Ober- und Unterkiefer verbindenden Membran zwei schwarze Vförmige Binden. Totallänge 02270. Diese Art ist offenbar sehr nahe verwandt O. megasioma Gthr., unterscheidet sich aber sogleich durch den Mangel eines grofsen schwarzen Fleckes auf der Rückenflosse. Gekauft; angeblich aus Mazatlan. 12. Plesiops meleagris n. Sp. B.6. D.12,11; A.3,11; P.18;V. 1,4. L.1lat. 48; tr. 6/19. Körperhöhe zur Länge wie 1:23, Kopflänge zu derselben wie 1:3. Schnauze convex, kürzer als das Auge, Interorbital- raum etwas breiter als der Augendurchmesser. Letzterer etwas mehr als 4 der Kopflänge. Oberkiefer endigt hinter der Mitte des Auges. Breite Zahnbinden auf den Kiefern, den Gaumenbeinen, der Zunge und dem Vomer, auf letzterem nach vorn winkelig zugespitzt. Obere und untere Schlundzähne rundlich. Senk- rechte Flossen an der Basis beschuppt. Caudalflosse abgerun- det. Dorsal- und Analflosse sind durch die Verlängerung des 5., 6. und 7. Strahls in eine lange Spitze ausgezogen, welche die Schwanzflosse noch überragt. Die Wangen sind mit sehr vom 12. August 1869. ‚ara 709 kleinen Schuppen bedeckt, nur die Kiemendeckelstücke haben - grofse Schuppen, am Operculum in drei Reihen. Die Körper- - schuppen sind rauh und am Rande sehr fein gezähnelt; zwi- schen dem Anfang der Rückenflosse und der Seitenlinie 6, vom Anfang der Analflosse bis zu derselben 19 .Schuppenreihen. Braun, Kopf, Körper und Flossen mit zahlreichen bläu- lichen perlmutterglänzenden Puncten, die meisten Schuppen mit 2 bis 3 derselben nicht weit von ihrem hintern Rande; auf dem stacheligten Theil und auf der Basis des weichen Theils der . Rückenflosse sind diese Punkte meist zu kurzen schräg nach hinten aufsteigenden Linien vereinigt. Totallänge (mit der Schwanzflosse) 0%335. Von Hrn. R. Schomburgk in Adelaide, Südaustralien. ‘Am nächsten verwandt mit Pl. Bleekeri Gthr., welche, nach der Beschreibung zu urtheilen, verschieden von der vor- stehenden ist durch die längere Schnauze, den schmälern Inter- orbitalraum und ganz verschiedene Färbung. 13. Solea (Monochir) pilosa n. sp. D.54; A.41. Körperhöhe zur Totallänge wie 1:2. Rechte Brustflosse klein, linke fehlend. Linke Kopfseite gefranzt. Oberes Auge ragt ein wenig weiter vor als das untere. Seitenlinie fast grade, am Anfange mit einer flachen Krümmung. Schuppen rauh, an den Strahlen der senkrechten Flossen aufsteigend. Braun mit etwa 8 senkrechten dunkleren Linien, Flossenränder hell; einige zerstreute weilse Flecke auf dem Körper, am Kopfe und auf der Rückenflosse. Auf der rechten Seite Büschel von schwar- zen fadenförmigen Anhängen, die z. Th. in unregelmäfsigen Querreihen stehen. Totallänge 02095. Gekauft; Mazatlan. Sehr nahe verwandt mit S. (M.) reticulata Poey aus Cuba. 14. Apionichthys nebulosus n. Sp. D.74; A.54. Körperhöhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:22. Das obere Auge weiter nach vorn als das untere, welches gleich hinter und über dem Mundwinkel liegt. Unterlippe mit 16 Ten- NS 710 Gesammtsitzung takeln. Seitenlinie fast grade, einen flachen Bogen nach unten bildend. Schuppen des Oberkopfes doppelt so grols, wie die des Körpers, welche rauh sind und über der Seitenlinie bis 18 Reihen bilden. Schuppen steigen an den Strahlen der Flossen hinauf. Die einfache fünfstrahlige Bauchflosse bildet eine con- tinuirliche Flosse mit der Analflosse, die so wie die Rücken- flosse mit der spitzen Schwanzflosse zusammenhängt. Braun, mit dunkleren Flecken, welche undeutliche Quer- binden und Längslinien bilden. | Totallänge der beiden gleich grofsen Exemplare 0%193. Surinam. 15. Hippocampus breviceps n. Sp. D:19. Schnauze um die Hälfte länger als das Auge, mit diesem zusammen so lang wie die Entfernung vom Auge bis zur Brust- flosse. Die Kopfhervorragungen ähnlich wie bei HZ. comes, aber weniger entwickelt; Operkel mit strahlenförmigen erhabenen Linien; Hinterhauptshöcker so hoch, wie die Schnauze in der Mitte, am Ende kaum verdickt, fünfhöckerig., Rumpf aus zehn Gürteln gebildet, wobei das Brustsegment einfach. gerechnet ist; die dorsolateralen Höcker des 1., 3., 5., 9. u. 10. Gürtels am meisten hervorragend. Der Schwanz hat 40 bis 41 Gürtel, von denen nur der ]1., 5. u. 8. einen hervorragenden dorsolateralen Höcker haben und unter diesen ist der 1. der grölste am ganzen Körper. Die Rückenflosse steht auf den beiden letz- ten Rumpf- und den beiden ersten Schwanzsegmenten und hat 19 Strahlen. Graubraun, der Körper mit zahlreichen perlmutterglänzen- den schwarzeingefalsten Pünctchen geziert, welche meist in Querreihen geordnet sind. Kopf und Auge mit ähnlichen Ocel- len oder ganz schwarzen Puncten dicht besät. Die fadenför- migen Höckeranhänge und zwei Längsbinden der Rückenflosse ‚schwarz. Adelaide; durch R. Schomburgk. 16. Trachyrhamphus cultrirostris n. Sp. P.17; D.28; A.4; C.9.— Cing. 24+43. Schnauze um 4 Augendurchmesser kürzer als der übrige vom 12. August 1869. il Kopf. Körper aus 24 Hauptgürteln zusammengesetzt, von de- nen die beiden ersten Brustgürtel mit einander verwachsen sind. Der Körperseitenkiel ist auf dem vorletzten Körpersegment nach unten gebogen und hier unterbrochen, beginnt aber aufs neue auf dem Analsegment, um sich mit dem untern Schwanzkiel zu vereinigen. Der Seitenrückenkiel setzt sich bis zum Ende des zweiten Caudalsegments, der obere Schwanzkiel unter demsel- ben bis zum. Anfang des vorletzten Körpersegments fort. Der Schwanz wird aus 43 Hauptgürteln zusammengesetzt. Die Rückenflosse steht auf den 3 letzten Körper- und den 2 ersten Schwanzsegmenten. Braungrau mit braunen zwei Gürtel breiten Querbinden, welche durch drei bis vier Gürtel von einander getrennt sind. Kiemendeckel silberglänzend. | Malse des einzigen vorliegenden weiblichen Exemplars: Totallänge . . OR 4 Kopfhche 2.5.5! 020035 Bis zur Analöffnung . 02053 Rumpfhöher,.......1..-020027 Länge des Kopfes . 0920114 Rumpfbreite . . . 020027 Länge der Schnauze. 03005 BRückenflosse . . . 0%008 Schwanz (ohneFlosse) 0%078 Schwanzflosse . . 0%003 Gekauft; angeblich aus Siam. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. Jahrg. 1869, zes. Wien 1869. 8. Verhandlungen der AmeaFOr schenden Gesellschaft in Basel. 5. Theil. Basel 1869. 3. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlands. 5. Bd. 2. Heft. Leip- zig 1868. 8. Zeitschrift der deutschen Morgenländischen Gesellschaft. XX,4. Leip- zir 1868. 8. Annales des mines. XV, 2. Paris 1869. 8. Recueil des anciennes Contumes de la Belgique. Philippeville, tome 1. Bruxelles 1869. 4. Mit Ministerialrescript vom 5. August 1869, 712 Gesammtsitzung vom 12. August 1869. Brosset, Etudes de chronologie technique. 1. 2. Petersb. 1868. 4. — Histoire chronologigue, par Mkhitar d’ Airivank. Traduite de lar- menien. Petersburg 1869. 4. % Oppert, Le fils de Tabeel. (Paris 1869.) 8. Merian, Über die Grenze zwischen Jura und Kreideformation. Basel 1869. 8. MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN - ZU BERLIN. September und October 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Haupt. Sommerferien, 11. October. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Magnus las über die Veränderung der Wärme- strahlung durch Rauheit der Oberfläche. Leslie'), der zuerst beobachtet hat dafs ein Körper bei rauher Oberfläche mehr Wärme ausstrahlt als bei glatter, sprach schon die Vermuthung aus, dafs dies Verhalten durch die Dichtigkeit der Oberfläche bedingt werde. Er äulsert jedoch selbst sogleich wieder Bedenken gegen diese Ansicht, indem er darauf hinweist, dals die Grenze zwischen harten und weichen Körpern sich nicht feststellen lasse. Später hat Melloni’) die Behauptung erneut, dafs die veränderte Ausstrahlung nur auf einer Änderung der Dichtig- keit der Oberflächen-Schicht beruhe. Er stützt diese Behaup- tung darauf, dafs er bei gewissen Körpern, wie Glas, Marmor 1) An-Inguiry into the nature of Heat. p. 89. 2) Comptes rendus VI. 238. Pogg. XLV. 57. [1869.] 51 714 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse und Gagat keine Änderung in der Ausstrahlung beobachtete, ihre Oberfläche mochte rauh oder polirt sein, und nur bei metal- lischen Körpern eine Steigerung eintrat, wenn sie rauh ge- macht wurden. Da diese sich nicht nur bei leicht oxydirbaren Metallen zeigte, sondern auch bei Gold und Platina, so dafs der Gedanke, eine Oxydschicht möchte die Ursache dieses Ver- haltens sein, ausgeschlossen war, so führt Melloni die Er- scheinung darauf zurück, dals die Metalle zusammendrückbar seien, Gagat, Elfenbein, Marmor aber nicht. Die Erfahrung lehrt, sagt er, dafs Platten von Metall, die durch Hämmern oder Walzen dargestellt sind, eine gröflsere Dichte an ihrer Oberfläche besitzen als im Innern. Wirft man nun einen Blick auf die Tafel über das Ausstrahlungsvermögen der Körper, so sieht man, dafs dies im Allgemeinen sich umgekehrt wie ihre Dichtigkeit verhäit; wenn man daher annimmt, dafs dasselbe Ge- setz auch für die verschiedene Verdichtung einer und derselben Substanz gilt, so erklärt sich die grölsere Ausstrahlung. Denn durch das Ritzen wird die Oberfläche weniger dicht oder es werden die inneren, weniger harten Stellen entblöfst. Zur Bestätigung dieser Ansicht führt Melloni folgenden Versuch an. Er liefs vier Platten aus recht reinem Silber fer- tigen, zwei stark gehämmert und zwei gegossen und in ihren Sandformen sehr langsam erkaltet. Aus diesen bildete er die Seiten eines viereckigen Kastens mit metallischem Boden, und damit die Platten nicht in ihrer Dichte und Härte geändert würden, löthetete er sie mit leichtflüssigem Loth zusammen. Vor der Vereinigung waren sie mit Bimstein und Kohle polirt ohne Hammer und Glättstahl. Darauf wurde eine der gegos- senen und eine der gehämmerten Platten mit grobem Schmir- gelpapier in einer Richtung stark gerieben. Die Seiten, welche ihren Glanz behalten hatten, spiegelten scharfe Bilder, die ge- riebenen dagegen nur matte und streifige. Das so zubereitete Silbergefäfs wurde mit heifsem Wasser gefüllt. Die Ablenkun- gen, welche die vier Seiten hervorbrachten, waren: die gehämmerte und polirte Seite 10° N 5 3. geriizte: „. 10 „ gegossene und polirte „ 13,7 “ = „. ‚geritzie „ıSi.kl4s vom 11. October 1869. 715 Bei den gehämmerten Platten hatte folglich das Ritzen eine Stei- gerung bei den gegossenen eine Verminderung der Ausstrahlung _ hervorgebracht. Diese unerwartete Thatsache schien ihm die Richtigkeit seines Satzes zu beweisen. | Mit demselben Recht aber und vielleicht noch mit grösse- rem als Melloni den Satz ausspricht, dafs die Oberfläche durch das Ritzen lockerer wird, kann man behaupten, dafs sie fester werde; denn während des Ritzens findet ein Druck auf die Oberfläche statt, und selbst wenn man annehmen wollte, dafs die einzelnen Vertiefungen nicht eingedrückt, sondern her- ausgeschabt wären, so findet auch bei diesem Schaben ein Druck auf die stehenbleibenden Theile statt, der, wenn er auch nur seitlich wirkt, doch eine Verdichtung zur Folge ha- ben mufs. Noch hat Melloni'!) folgenden Versuch angestellt. Aus einer Platte von Spiegelglas von 11” Dicke liefs er 4 Stücke schneiden, die bis zum Rothglühn erhitzt wurden und von de- nen zwei langsam erkalteten, die andern beiden schnell abge- kühlt wurden. Eine von jeder der beiden Arten wurde geritzt und dann aus den vier Platten die Seitenwände eines Kastens gebildet, der mit heifsem Wasser gefüllt wurde. Die beiden langsam erkalteten zeigten gleiche Ausstrahlung. Von den abgekühlten gab die gerizte einen Ausschlag von 2937, die nicht geritzte von 28°. Daraus folgert Melloni, dafs die Rauheit der Oberfläche nur dann von Einflufs sei, wenn die inneren Theile der Masse eine geringere Dichte besitzen als die aus- strahlenden Schichten an der Oberfläche. Später hat Hr. Knoblauch?) Versuche ausgeführt um die Ansicht Melloni’s noch auf andere Weise zu bestätigen. Zunächst hat er gegossene und gewalzte Bleiplatten angewen- det. Die eine der ersteren, der gegossenen, die glatt eine Ab- lenkung der Nadel von 49° hevorbrachte, zeigte, nachdem sie geritzt worden, nur eine Ablenkung von 48925. Die Ausstrah- lung hatte folglich abgenommen, freilich nur um 0975, und ' 1) Thermochrose p. 88 Anmerk. 2) Pogg. Ann. LXX. 343. 51* 716 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse nahm durch nochmaliges Ritzen in der Querrichtung noch um 1° ab, denn die Ablenkung betrug nur 47725. Von den gewalzten Platten zeigte eine, welche glatt eine Ablenkung von 50%5 hervorgebracht hatte, nach einmaligem Ritzen gleichfalls eine Abnahme der Ausstrahlung, denn der | Ausschlag betrug nur 4895. Nachdem sie aber auch in der Quere gerizt worden, fand wieder eine Vermehrung der Aus- strahlung um 195 statt, denn der Ausschlag der Nadel betrug 49°75. Hr. Knoblauch meint, dafs die Zunahme der Aus- strahlung durch das zweite Ritzen davon herrühren könne, dafs das Blei zwar an den Stellen des eigentlichen Strichs verdich- tet, aber an den Pnnkten, an welchen die aufgeworfenen Rän- der der Furchen zusammentrafen, aufgelockert wurde. Sodann nahm Hr. Knoblauch einen Würfel aus gewalz- tem Kupferblech und verglich zunächst die Ausstrahlung einer glatten Seite mit einer in zwiefachem Sinne gerizten. Die er- stere gab einen Ausschlag von 29°, die andere von 47975. Als darauf beide mit Kupfer galvanoplastisch überzogen wur- den, gab die erstere 49925, die gefurchte 5195. Gewifs ist dieser Versuch sehr interessant, allein er be- stätigt nach meiner Ansieht nicht, wie Hr. Knoblauch be- hauptet'), den von Melloni aufgestellten Satz, „dals das Ritzen der Oberfläche nur insofern auf das Ausstrahlungsver- mögen der Körper von Einflufs sei, dafs es ihre Dichtigkeit und Härte modificire, und zwar dasselbe steigere oder vermin- dere, jenachdem es die betrefienden Stellen auflockere oder verdichte.* | Denn Hr. K. sagt selbst, wie oben erwähnt, dafs durch das Ritzen die Stellen des eigentlichen Strichs verdichtet, die aufgeworfenen Ränder aber aufgelockert seien. Melloni hin- gegen behauptet, dafs das Ritzen überhaupt nicht auflockere, sondern nur die inneren lockeren Stellen blos lege. Unter solchen Umständen schien es wünschenswerth, zu- - nächst die Erscheinung selbst etwas näher kennen zu lernen, und zu dem Ende hat der Verf. einige Versuche angestellt, bei denen statt des Kupfers und anderer leicht oxydirbarer Metalle ) a.a. 0. p. 349. vom 11. October 1869. 717 Platinplatten angewendet wurden, bei denen auch andere Ver- änderungen der Oberfläche, wie sie beim Silber durch kleine Mengen von Schwefelwasserstoff leicht entstehen, nicht zu be- "fürchten waren. | Eine Platinplatte, die durch Auswalzen möglichst hart ge- macht worden, strahlte, nachdem sie stark ausgeglüht war, eben so viel Wärme aus als zuvor. Die Härte konnte hier- nach die Ausstrahlung nicht bedingen. Eine andere Platinplate war unter sehr starkem Druck zwischen zwei Walzen gegangen, von denen die eine fein gra- virt war, so dafs die Platte nach dem Walzen auf ihrer einen Seite kleine Erhöhungen zeigte, während die andere glatt war. Die erstere strahlte unbedeutend mehr als die andere aus. Nachdem aber die Platte stark geglüht worden, war auch dieser Unterschied nicht mehr bemerkbar. Es geht daraus hervor, dafs bei sonst gleicher Beschaffenheit der Oberfläche Uneben- heiten und selbst regelmäfsig wechselnde Erhöhungen und Ver- tiefungen vorhanden sein können, ohne dafs dadurch eine Ver- mehrung der Ausstrahlung entsteht. Wurde dagegen eine ebene Platinplatte, welche mittelst der Glasbläserlampe ausgeglüht und ganz weich war, mit feinem Schmirgelpapier rauh gemacht, so steigerte sich ihre Ausstrah- lung auf das Doppelte. Um einen solchen Vergleich anstellen zu können, geschah die Erwärmung der ausstrahlenden Platte mittelst eines klei- nen Apparats aus Messing, der durch Dämpfe auf 100° C. erhalten wurde. Er bestand aus einem horizontal liegen- den Cylinder von 50% % innerm Durchmesser und eben so viel Länge, dessen eine Basis von der zu untersuchenden Platte gebildet wurde. Um diese leicht mit einer andern vertauschen zu können, war der Cylinder mit einem breiten Rande ver- sehen, gegen den die Platte durch einen Messingring mittelst dreier Schrauben angedrückt wurde. Zur Dichtung dienten dazwischen gelegte Ringe aus starkem Papier, die vollkommen dampfdicht schliefsen. Um sicher zu sein, dafs bei Behandlung der Platte nicht irgend eine fremde Substanz auf derselben zurückgeblieben sei, z. B. Spuren von dem Leim des Schmirgelpapiers, obgleich 718 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse dasselbe ganz trocken angewendet worden war, wurden die Platten, bevor man sie in den Apparat befestigte, eine Zeit lang in concentrirter Salpetersäure erhitzt, sodann mit destillir- tem Wasser so lange abgespühlt, bis alle Säure entfernt war, und darauf getrocknet ohne sie mit einem Tuch oder andern Gegenständen zu berühren. | Man kann sich schwer vorstellen, dafs durch die leichte Behandlung mit Schmirgelpapier die Dichtigkeit der Oberfläche sich in solchem Maafse geändert haben sollte, dafs die Aus- strahlung sich verdoppelte. | Wurde eine Platinplatte mit einer dünnen Schicht von Platinschwamm überzogen, indem Platinsalmiak in dünner Schicht darauf gebracht und sie dann stark erhitzt wurde, so zeigte sie, ohne mit Salpetersäure behandelt zu sein, etwa die siebenfache Ausstrahlung von der, die sie vor dem Aufbringen des Platin- schwamms geliefert hatte. Der Platinschwamm ist lockerer als die Platte, auf der er befestigt ist, allein jedes einzelne Theilchen desselben ist ohne Zweifel eben so hart wie ein Theilchen der ausgeglühten Platte. Die Wirkung des Schwamms beruht daher, wie es scheint nur darauf, dafs er mehr Spitzen und Ecken darbietet. Es ist dies um so wahrscheinlicher, als die Ausstrahlung einer solchen, mit Schwamm überzogenen Platte abnimmt, wenn sie öfter und an- haltend geglüht wird. Möglich, dafs bei jedem neuen Erhitzen etwas von dem Schwamm sich loslöst, aber jedenfalls runden sich die äufsersten Spitzen und Ecken zugleich ab. Härter können sie nicht werden. Der Verf. ist der Ansicht, dafs die Vermehrung der Aus- strahlung bei rauher Oberfläche wesentlich von der Brechung abhängt, welche die Wärme bei ihrem Austritt aus der Ober- fläche des strahlenden Körpers erleidet. Er erläutert diesen Einflufs für die verschiedenen Gestalten der Oberfläche und kommt dabei zu folgendem Schlufs. Je gröfser der Brechungs- exponent der Wärme zwischen der ausstrahlenden Substanz und der Luft ist, um so geringer ist die Ausstrahlung aus der ebe- nen Oberfläche, und dann nimmt die Menge der nach Innen re- flectirten Wärme zu. Ohne Zweifel haben die Metalle einen sehr grolsen Brechungsexponenten. Deshalb reflectiren sie die En = | | vom 11. October 1869. 719 von Aufsen kommenden Strahlen und lassen nur wenig davon eindringen, und deshalb reflectiren sie auch die aus dem Innern kommenden nach Innen und lassen nur wenig davon austreten. Gröfsere Unebenheiten der ausstrahlenden Fläche haben nur unbedeutende Änderungen der Ausstrahlung zur Folge. Eine solche tritt nur ein, wenn die Krümmungsradien sehr klein sind und sich sehr stark ändern, und wenn die ausstrahlende Sub- stanz wenig diatherman ist. Im Allgemeinen kann zwar die Rauhigkeit der Oberfläche sowohl eine Steigerung als eine Ver- minderung der Ausstrahlung bewirken, aber wenn die Uneben- heiten sehr fein und sehr tief sind, so tritt bei wenig diather- “ manen Substanzen, wie die Metalle, fast stets eine Steigerung ein. Ist ein sehr feines Pulver derselben Substanz auf der ausstrahlenden Fläche befindlich, so steigert dies die Ausstrah- lung bedeutend; nicht nur bei wenig diathermanen Körpern wie die Metalle, sondern auch bei stark diathermanen z.B. beim Steinsalz. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über eine neue Eidechsenart, Phyllodactylus galapagensis, von den Galapagos-Inseln. Man kannte bisher von den Galapagos-Inseln nur fünf Reptilien, von denen vier, Testudo nigra, Amblyrhynchus sub- cristatus, A. cristatus und Liocephalus Grayi denselben eigen- thümlich sind, eins, Dromicus Chamissonis') auch auf dem ame- 1) Hr. Dr. Günther hat (Proceed. Zool. Soc. Lond. 1860. p.97) eine Herpetodryas biserialis als die wahrscheinlich einzige auf den Galapagos- Inseln vorkommende Schlange beschrieben. Ein Exemplar ebendaher aus dem Stockholmer Museum stimmt ganz mit Dr. Chamissonis Wiegmann (1834. Dr. Temminckü Schleg. 1837) überein. Es ist aber dabei zu be- merken, dafs die beiden hintersten querstehenden Oberkieferzähne nicht länger als der vorhergehende Zahn sind (wie bei Herpetodryas), jedoch kommt dieses auch, wie ich mich überzeugt habe, bei einzelnen Exem- plaren von Dr. Ohamissonis von dem Continente vor. Zwar zeigte das von Hrn. Günther beschriebene Exemplar drei Postocularia bei son- 720 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 11. October 1869. ricanischen Continent verbreitet ist, während nach Darwin u. A. Batrachier gar nicht auf denselben vorkommen. Die Vermehrung der Fauna dieser merkwürdigen Inselgruppe um’ eine sechste Art aus der Classe der Amphibien und zwar aus der über alle Welttheile verbreiteten Familie der @Geckones dürfte daher nicht ohne Interesse sein. Phyllodactylus galapagensis n. Sp. Graubraun, schwarz punctirt und kleingefleckt. Fünf La- bialia jederseits oben und unten aulser einigen kleinen hinteren Schuppen. Das Mentale sehr grofs, vorn am breitesten, hinten abgestutzt, und an drei polygonale Schuppen, zwei seitliche und eine mittlere, stofsend.. Die Schüppchen des Hinterhaupts fast doppelt so klein wie die der Schnauze, auf dem Körper zwischen den Schuppen kleine Tuberkeln, welche jederseits 6 Längsreihen bilden. Die glatten Bauchschuppen klein, zwischen der vordern und hintern Extremität etwa 56 Querreihen bildend. Ohröffnung schief, klein. Das einzige, nicht gut erhaltene Exemplar dieser Art ver- danke ich der Güte des Hrn. Sundevall. Diese Art schliefst sich dem PA. tuberculatus aus Californien und dem Ph. Reifsit aus Guayaquil (Monatsberichte. 1862. p.626) zunächst an, ist aber von beiden durch die Form des Mentale, die Zahl der Lippenschilder, so wie durch die feinere Beschup- pung und die kleineren Tuberkeln leicht zu unterscheiden.') stiger Übereinstimmung, während das mir vorliegende zwei Postocularia hat. Es wäre ja möglich, dafs zwei verschiedene, einander aber in Färbung, Habitus und sonstiger Pholidosis täuschend ähnliche Schlangen- arten auf den Galapagos-Inseln vorkämen, was nur durch die Unter- suchung einer Reihe von Exemplaren sich würde entscheiden lassen. 1) Nach Vergleichung mehrerer Exemplare des Acrantus viridis bin ich zu der Überzeugung gekommen, dafs der im d’Orbigny’schen Werke abgebildete Onemidophorus (Dierodon) celestis (cf. Monatsberichte 1869 p. 64. u.433) nicht davon verschieden ist, dafs man dieser Figur aber eine sehr entwickelte fünfte Zehe zugesetzt hat. Diese fünfte Zehe ist im rudi- mentären Zustande stets bei A. viridis vorhanden, tritt aber in den mei- sten Fällen nur wenig hervor. Sonst stimmt er, bei directem Vergleiche, vollkommen mit Dicrodon überein. Gesammtsitzung vom 14. October 1869. 721 14. October Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Pringsheim las über Paarung von Schwärm- sporen, die morphologische Grundform der Zeugung im Pflanzenreiche. Die Untersuchungen, deren Resultat ich in dieser vorläufi- gen Mittheilung kurz zusammenfasse, bilden eine Fortsetzung und Erweiterung meiner ersten Arbeiten über das Geschlecht der Algen. In einer Reihe von Beobachtungen an einigen Gattungen aus der grofsen Abtheilung der Zoosporeen konnte ich damals'), wie bekannt, den Beweis führen, dafs diejenigen ihrer Fort- pflanzungszellen, welche man früher als ruhende Sporen be- zeichnete, die weiblichen Geschlechtsproducte dieser Pflanzen darstellen. Die befruchtenden, männlichen Elemente fand ich bei einigen Gattungen unter der Form kleinerer, von den Schwärm- sporen mehr oder weniger abweichenden Bildungen; bei anderen Gattungen dagegen fand ich sie in ihrer Gestalt so sehr mit den Schwärmsporen derselben Gattungen übereinstimmen, dafs sie nur noch als eine kleinere Form dieser Schwärmsporen er- schienen. ) Die hieraus für die Vermehrung und Zeugung dieser Ge- wächse gewonnenen Vorstellungen liefsen sich dann ohne Schwierigkeit auf alle diejenigen Zoosporeen ausdehnen, bei welchen neben ruhenden Sporen noch zweierlei Schwärmsporen- formen, grössere und kleinere, bekannt waren, oder bei denen doch mindestens die Existenz ruhender Sporen erwiesen oder zu vermuthen war. | Allein bei der Mehrzahl der Algengattungen, welche Schwärmsporen besitzen, hat man bisher trotz der eifrigsten Nachforschungen neben den Schwärmsporen ruhende Sporen nicht auffinden können und unter diesen giebt es überdiefls Gat- tungen, bei welchen zwar schon zweierlei Schwärmsporenformen bekannt sind, von welchen jedoch angegeben wird, dafs beide 1) Monatsberichte d. Berl. Acad. 1855, 56, 57 und Jahrbücher für wiss. Bot. L u. II. 722 Gesammtsitzung gleichwerthig sind und dafs die einen, wie die anderen ohne Zwischentreten des Geschlechtsactes in gleicher Weise unmittel- bar keimen. Endlich habe ich selbst noch von einigen anderen Gattungen mit zweierlei Schwärmsporenformen, bei welchen ruhende Sporen ebenfalls unbekannt waren, nachgewiesen !), dafs bei ihnen die kleinen Schwärmer in einen Dauerzustand übergehend selbst zu ruhenden Sporen werden und dafs es diese aus den sogenannten Microgonidien entstandenen Ruhesporen sind, welche bei ihrer späteren Entwickelung die Mutterpflanze wieder erzeugen. | Diese verschiedenen Angaben, welche zum Theil wenig- stens scheinbar auseinandergehen, deren Richtigkeit jedoch nichtsdestoweniger unangefochten und unzweifelhaft ist, ver- langten offenbar eine ausgleichende Erklärung, wenn man nicht etwa geneigt war sehr wesentliche Differenzen in der Vermeh- rungs- und Fortpflanzungsweise dieser unter sich so nahe ver- wandten Pflanzen anzuerkennen. Wollte man nun nicht an- nehmen, dafs alle diese Pflanzen ohne ruhende Sporen ge- schlechtslos sind — ein Ausweg, der allerdings den bequemsten aber zugleich sicher den unfruchtbarsten Abschluss brachte — so mufste man entweder voraussetzen, dafs bei ihnen die ruhen- den Sporen noch gefunden werden würden — was bei der sorg- samen Durchforschung des Gebietes in den letzten Jahrzehnten für eine grolse Anzahl von Gattungen kaum glaublich erschien — oder man war zu der Annahme genöthigt, dals auch noch innerhalb der Abtheilung der Zoosporeen und zwar an den be- reits bekannten Organen derselben der Sexualact in einer be- sonderen, bisher noch nicht unterschiedenen Modification auf- treten möchte, durch deren directe Beobachtung die mangelnde Übereinstimmung in dem Entwickelungsgange der Zoosporeen mit ruhenden Sporen und derjenigen ohne ruhende Sporen sich herstellen würde. Wo dieser unbekannte Sexualact zu suchen sei, dafür schien mir, wie ich bereits in früheren algologischen Aufsätzen aus- sprach, in der nachgewiesenen Existenz von zweierlei Schwärm- sporenformen an derselben Pflanze schon eine genügende An- 1) Monatsberichte d. Berliner Acad. d. Wiss. 1860. vom 14. October 1869. 228 deutung zu liegen und ich habe deshalb auf die genauere Erfor- schung der Umstände, unter welchen die Microgonidien ent- stehen und keimen, meine Untersuchungen wiederholt hingelenkt, auch den Gegenstand bei jeder sich mir darbietenden Gelegen- heit stets von Neuem wieder aufgenommen. So gelang es mir endlich zunächst bei einer Pflanze aus der Familie der Volvocineen den Befruchtungsact in einer Form wiederzufinden, welche einen neuen Ausgangspunkt für die Auf- suchung des Sexualactes bei den nur mit Schwärmsporen ver- sehenen Zoosporeen darbietet und welche zugleich nicht nur als eine neue Modification des Befruchtungsactes von Interesse ist, sondern noch vielmehr deshalb, weil sie eine Zwischenstufe zwischen den bekannten Formen der Zeugungsvorgänge darstellt und die verschiedenen Geschlechtsproducte als eine Reihe in einander übergehender Abweichungen derselben Form erscheinen läfst. Diese besondere Modification der Zeugung der Zoosporeen ist ein Vorgang, den ich als Paarung von Schwärmsporen bezeichne und dessen wesentlichste Differenz von anderen Zeu- gungsvorgängen in dem Auftreten schwärmender Oosporen oder vielmehr beweglicher Befruchtungskugeln liegt, die in ihrer äufseren Gestalt mit Schwärmsporen völlig überein- stimmen. Die Pflanze, auf welche sich diejenigen meiner Untersuchun- gen, die ich hier zunächst veröffentlichen will, beziehen, ist eine der verbreitetsten Volvocineen, allein sie ist vielfach in ihren verschiedenen Entwickelungsstadien mit einer zweiten, ihr nächst verwandten Volvocinee verwechselt worden. Zudem sind die einzelnen Entwickelungsstufen beider Pflanzen unter unhaltbaren und incorrecten Diagnosen als verschiedene Gattungen unter den Namen Pandorina, Eudorina, Botryocystis, Spondylomorum und Synaphia beschrieben und von den Beobachtern überdies noch in nicht übereinstimmender Weise bald hier, bald dorthin gezogen worden. Hieraus entstand eine fast unlösbare Ver- wirrung in der Nomenclatur der hierher gehörigen Formen und man geräth, wenn man die Confusion nicht noch durch neue Namen vermehren will, in Verlegenheit, welchem der vorhandenen man den Vorzug geben soll. Ohne an dieser 724 Gesammtsitzung Stelle dies weiter auszuführen, will ich hier nur bemerken, dafs ich von den beiden mir bekannten Pflanzen für die eine den Namen Pandorina Morum für die andere den Namen Eudorina elegans festhalten werde. Von Pandorina liegt mir der Entwickelungskreis in seinen wesentlichsten Momenten vollständig vor. Für Eudorina kann ich den älteren Beobachtungen einige neue Erfahrungen über die Keimung ihrer Oosporen, die hier in etwas anderer Weise als bei den übrigen Volvocineen stattfindet, hinzufügen; so dafs es auch bei Zudorina möglich wird den Entwickelungskreis zu schliessen, wodurch dann die bestehenden Zweifel über die gegen- seitige Abgrenzung beider Formen sich heben. In einem besonderen Aufsatze über die Entwickelung von Pandorina Morum in einem der nächsten Hefte meiner Jahr- bücher für wissenschaftliche Botanik, beabsichtige ich die Er- gebnisse dieser meiner Untersuchungen an Pandorina und Eu- dorina mit der Ausführlichkeit, die sie verlangen, mitzutheilen. Dort werde ich auch die Nomenclatur beider Pflanzen zu be- richtigen suchen und ihre specifischen Differenzen, die erst im ganzen Verlaufe der Entwickelung am schärfsten hervortreten, eingehender nachweisen. Hier dagegen, wo es mir darauf an- kömmt, die Vorgänge die bei dem Sexualacte der Pandorina ein- treten, genauer zu schildern und ihre Beziehungen zu den. an- deren Zeugungsphaenomenen der Pflanzen vergleichend hervor- zuheben, wird es zur Orientirung über die Form, die ich Pando- rina Morum nenne, und zu ihrer besseren Unterscheidung von Eudorina elegans genügen mit einigen Worten auf den verschie- denen Bau beider Pflanzen im erwachsenen Zustande aufmerk- zu machen. Bis zum Eintritt der Erscheinungen in ihnen, welche die Vermehrung einleiten, sind beide Pflanzen schon durch die Form und die Anordnung ihrer grünen Zellen leicht zu unterscheiden. Pandorina (Fig. 1.) hat etwa keilförmige Zellen, die mit der Basis des Keiles nach Aussen gerichtet in engem, gewebeartigem Anschlusse an einander den eiförmigen Raum, den die Ge- sammthülle der Pflanze umschliefst, völlig ausfüllen. Eudorin« (Fig. 8.) dagegen hat kugelrunde Zellen, welche in regelmäfsigen, ungefähr gleichen Abständen von einander an der Peripherie vom 14. October 1869. 125 - der Gesammthülle in einer einschichtigen. Lage angeordnet sind. Der eigentliche Bau der Zelle ist bei beiden Pflanzen völlig gleich und dem aller übrigen Volvocineen conform. Pandorina besteht ferner typisch aus 16 Zellen. Mehr als 16zellige Pandorinen sind mir nie vorgekommen; dagegen kön- nen auch hier, wie bei allen Pflanzen, die in Coenobien oder Familien vereinigt sind, durch Unterbrechung der Theilungen auf früheren Entwickelungsstufen regelmälsige oder unregelmä- fsige Formen von geringerer Zellenanzahl entstehen. Bei Eudorina wiederum scheint die Zahl 32 die gesetz- mälsige für die Anzahl der vereinigten Zellen zu sein. Neben den 32zelligen kommmen jedoch vielleicht kaum minder häufig 16zellige vor und unter den ersten aus der Keimung der Oo- sporen unmittelbar hervorgehenden Exemplaren scheinen die 16zähligen sogar zu überwiegen. Solche von geringerer Anzahl entstehen wie bei Pandorina Morum. Mehr als 32zellige sah ich nicht. Die geschlechtslose Vermehrung von Pandorina erfolgt nach Art der mehrzelligen Volvocineen’und Hydrodietyeen — wie dies in seinen Hauptzügen auch schon für Pandorina bekannt ist — durch Bildung einer vollständigen jungen Pflanze in jeder Zelle der Mutter. In einer 16zelligen Pandorina entstehen da- 'her bei der Vermehrung, wenn der Vorgang ganz regelmäfsig und in allen Zellen der Mutter gleichartig geschieht, 16 junge Pandorinen, die mit Ausnahme der Gröfse in allen Stücken der Mutter völlig gleichen. Durch die allmälige, schon während der Bildung der Jungen eintretende, gallertartige Aufquellung und Verflüssigung der Gesammthülle der Mutter und der be- sonderen Membranen der Mutterzellen der entstehenden jungen Pflanzen werden diese endlich frei und entschlüpfen. Auch über die Einzelstadien dieses Vorganges, die noch mancherlei bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten darbieten, muls ich das Nähere dem besonderen Aufsatze über die Entwickelung der Pandorina vorbehalten. Die sexuelle Vermehrung der Pandorina endlich geschieht unter den folgenden Erscheinungen. Wie bei der geschlechtslosen Vermehrung werden aus den Zellen der Mutterpflanze 16 junge Pflanzen unter Aufquellung 726 Gesammtsitzung der Membranen der alten Pflanze gebildet (Fig. 2.). Die ent- stehenden jungen Pflanzen sind jedoch mindestens zum Theil nicht sächliche, sondern geschlechtliche und zwar entweder männliche oder weibliche. Ob hierbei die Mutterpflanze mo- noecisch oder diöcisch ist, läfst sich deshalb schwer bestimmen, weil männliche und weibliche Pflanzen äusserlich gleichgebaut sind und kaum während der Zeugung mit Sicherheit unterschie- den werden können. Auch von den ungeschlechtlichen Pflan- zen zeigen die geschlechtlichen im Bau keine auffallenden Ver- schiedenheiten; nur sieht man bei der Entstehung der Geschlechts- pflanzen häufiger weniger als 16zellige, namentlich oft Szellige Pflanzen auftreten. Ein fernerer, scheinbar nur geringer Unter- schied, der aber in seinen Folgen wichtig wird, macht sich darin geltend, dafs die Auflösungsphaenome der Membranen der Mutterpflanze bei der Bildung der Geschlechtspflanzen lang- samer vorschreiten, als dies bei der Bildung der sächlichen Pflan- zen der Fall ist. Es nehmen deshalb während der langsame- ren Aufquellung der Membranen der Mutterpflanze und während ihrer gallertartigen Umbildung in eine schleimig-flüssige Sub- stanz diejungen Geschlechtspflanzen in sehr verschiedenem Mafse an Gröfse zu und da ferner die schleimige Substanz, in der sie in Folge jener Auflösungserscheinungen eingebettet sind, ihrer Zerstreuug in hohem Grade hinderlich ist; so bleiben sie noch lange nach ihrer Entstehung in Gruppen vereinigt, die von mehr oder weniger Pflänzchen gebildet werden, je nach dem es in dem besonderen Falle einer gröfseren oder geringeren Anzahl gelungen ist sich zu befreien. Da die einzelnen Pflänzchen dieser Gruppen bei ihrer Ent- stehung zuerst noch bewegungslos sind und da auch ihre Mutter- pflanze während der Umbildung ihrer Zellen in junge Pflanzen unter Verlust ihrer Cilien ihre eigene Bewegungsfähigkeit ver- liert, so liegt die ganze Gruppe in den ersten Stadien ihrer Entstehung völlig regungslos und ruhig da. Allein später entwickeln die jungen Geschlechtspflänzchen ganz so, wie die neutralen, an jeder ihrer Zellen 2 schwingende Cilien und diese beginnen, sobald nur die Consistenz des um- gebenden Schleimes es gestattet ihre Bewegungen. Zuerst an einzelnen Cilien und Pflänzchen sichtbar (Fig. 2) ergreift die vom 14. October 1869. TEN - Bewegung, während die einzelnen Geschlechtspflanzen schon an Gröfse zunehmen, in gleichem Schritt mit der vorschreiten- den Auflösung des Mutterzellmembranen nach und nach alle Pflänzchen der Gruppe und so geräth endlich die ganze, noch zusammenhängende Gruppe in eine gemeinsame und lebhafte Ortsbewegung und Rotation. Unter günstigen Um- ‚ ständen kann man derartige in continuirlicher, lebhafter und gemeinsamer Bewegung begriffene Gruppen (Fig. 3; 4.) von we- nigen oder zahlreicheren Geschlechtspflanzen gebildet und in eine dünnschleimige Masse eingebettet in grofser Anzahl zu- gleich nebeneinander unter dem Gesichtsfelde beobachten. Nicht immer jedoch werden diese Gruppen ausschliefslich von Schwesterpflanzen gebildet, denn man sieht häufig einzelne Ge- schlechtspflanzen, die sich von irgend einer Gruppe losgerissen haben, an. andere Gruppen herantreten (a Fig. 4). Diese bleiben dann meist an der Gruppe, auf die sie gestossen sind, haften und bewegen sich mit ihr gemeinsam weiter. Während dieser oft stundenlangen Begwegungen der Grup- pen wiederholt sich nun an den Membranen der Geschlechts- pflanzen derselbe Aufquellungs- und Verflüssigungs-Vorgang, durch welchen bei deren eigenen Entstehung die Membranen ihrer gemeinsamen Mutterpflanze zerstört wurden (Fig. 3»); allein der Inhalt ihrer Zellen geht hierbei nicht so, wie dort, vorher eine Theilung ein, sondern gestaltet sich in jeder Zelle sämmitlicher Geschlechtspflanzen zu einer einzigen Schwärmspore, die durch die soeben erwähnte, hier aber sich rascher vollziehende Ver- flüssigung der Membranen frei wird. Indem dieser Vorgang nach und nach alle Pflänzchen der Gruppe ergreift und so aus jedem einzelnen Geschlechtspflänzchen je nach der Anzahl seiner Zellen 16 oder 8 Schwärmsporen frei werden, sammeln sich diese um und zwischen ‘den noch nicht aufgelösten Pflänzchen der Gruppe in grosser Anzahl an (Fig. 3.) und bewegen sich, da sie an ihrer Zerstreuung gleichfalls durch den mehr und mehr sich anhäufenden Umbildungsschleim der Membranen gehindert werden, gemeinsam mit der ganzen Gruppe weiter. In ihrem allgemeinen Bau zeigen die so entstandenen Schwär- mer keinen Unterschied von anderen Schwärmsporen. An ihrer farblosen Spitze, die wie bei anderen Schwärmsporen gestaltet und 728 Gesammisitzung namentlich weder länger ausgezogen noch contractiler ist, als dies bei den gewöhnlichen, keimenden Schwärmsporen der Fall ist, be- sitzen sie — wie andere Schwärmsporen auch — ein seitlich gelegenes rothes Körperchen und 2 lange, schwingende Cilien, mit denen sie sich gleichfalls in der gewöhnlichen Weise der Schwärmsporen bewegen können (Fig. 3 und Fig. 45). Auch wenn man die einzelnen Pandorina-Schwärmer un- ter einander vergleicht, so zeigen sie aufser Dimensions- Unterschieden sonst keine in die Augen springenden Verschie- denheiten. Namentlich nicht solche, durch welche etwa zweier- lei verschiedene Formenreihen unter ihnen kenntlich würden, und dies gilt, wie ich ausdrücklich bemerke, auch bezüglich ihrer Gröfse; denn man sieht zwar kleinere und grölsere unter ihnen, allein durchaus nicht blofs solche von zweierlei ver- schiedenen Gröfsen. Vielmehr können, wie die Fig. 3 und 4 zeigen, sowohl die Schwärmer als auch die Geschlechtspflanzen, aus denen sie hervorgehen, sehr verschiedene, zwischen zwei ziemlich weiten Grenzen schwankende Dimensionen erreichen. Unter diesen in der Gruppe befindlichen, isolirten Schwärm- sporen von verschiedener Gröfse sieht man nun endlich fort- während solche, die gleichsam sich suchend sich paarweise einander nähern (Fig. 3. 4.). Diese berühren sich, wenn sie sich treffen, ganz vorn an ihrer hellen Spitze (Fig. d3a;a und an- dere), verschmelzen hier (Fig. 3 an verschiedenen Stellen. Fig.4b. Fig. 5a. db.) mit einander und nehmen in ihrer Verbindung so- gleich eine biscuitartige Gestalt an. Die vorhandene Kerbung (z. B. Fig. 3.c. c. c.), die noch ihre frühere Trennung verräth, schwindet nach und nach ganz und die gepaarten Schwärmer bilden schliefslich nur eine einzige, grofse, grüne Kugel (z. B. Fig. 3d und Fig. 5i), an deren Umrifs man ihre - Entstehung aus zwei ursprünglich getrennten Schwärmern nicht mehr er- kennen kann. Wohl aber noch daran, dafs die entstandene Kugel (Fig. 5c—h) grölser ist, als die einzelnen in der Nähe befindlichen Schwärmer, dafs sie ferner eine auffallend ver- sröfserte farblose Mundstelle hat, an welcher rechts und links zwei rothe Körperchen befindlich sind, und dafs sie endlich vier noch schwingende Cilien besitzt, die paarweise in der Nähe der beiden rothen Körperchen entspringen. Jedoch schon j vom 14. October 1869. 729 kurze Zeit nach der Annahme der Kugelgestalt werden auch ‚die 4 Cilien starr und verschwinden später endlich ebenso, wie ie beiden rothen Körperchen völlig (Fig. 53). | Dieser ganze Paarungsact der Schwärmsporen dauert in Eden einzelnen Falle von der Berührung der beiden Schwärm- ‚sporen mit ihren Spitzen an bis zur schliefslichen Annahme der Kugelgestalt mehrere — bis 5 — Minuten, und läfst daher seine Einzelstadien mit der gröfsten Genauigkeit verfolgen. Die aus der Paarung hervorgegangene, grüne Kugel wird zur Oospore, welche, wie ich noch zeigen werde, unter nur geringem Wachsthume und unter Röthung ihres Inhalts nach längerer Ruhe keimt und eine neue Pandorina hervorbringt. ‘Der zunächst auffallende Umstand bei diesem Paarungs- acte ist offenbar der schon hervorgehobene Mangel einer er- kennbaren Differenz der sich paarenden Schwärmer. — Nur ihre Gröfse giebt einen geringen Anhaltspunkt für die Beur- theilung ihres geschlechtlichen Werthes, aber auch diese läfst den Beobachter in vielen Fällen im Stich. Allerdings sieht man überwiegend häufig einen kleinen Schwärmer sich mit einem gröfseren paaren, aber oft genug vereinigen sich zwei gleich grofse und zwar sowohl zwei gleich grofse der kleineren als der gröfse- ren Formen. Aus diesem Verhalten, welches die Deutung der Erscheinung auf Abwege zu verirren geeignet ist, scheint mir nothwendig zu folgen, dafs hier sowohl die weiblichen, als die männlichen Geschlechtsproducte in sehr verschiedenen Gröfsen auftreten können. Da nun in einzelnen Fällen die Paarung zwischen einem relativ sehr kleinen und einem sehr grofsen Schwärmer eintritt und da ferner, wenn die sich paarenden Schwärmer gleich sind, beide immer entweder zu den kleineren und mittleren gehören, niemals aber, soweit meine sehr zahl- reichen, direeten Beobachtungen des Paarungsactes reichen, zwei der gröfsten sich mit einander paaren, so folgere ich hieraus weiter, dafs die Grölsenschwarkungen der einen Art — der Analogie nach der weiblichen — Schwärmer bedeutender sind, als die der anderen Art — der männlichen. Dasselbe gilt nun auch für die ganzen männlichen und weiblichen Pflanzen, aus denen die sich paarenden Schwärmer hervortreten. Bei der Beurtheilung des geschlechtlichen Werthes [1869.] 52 750 Gesammisitzung dieser Formen kann man daher von den kleinen und mittel- grofsen Geschlechtspflanzen und Schwärmern nie mit Bestimmt- heit sagen, ob sie weiblich oder männlich sind; dagegen möchten die gröfsten Geschlechtspflänzchen, sowie die grölsten Schwär- mer wohl unbedenklich als weiblich gelten dürfen. Die Keimung der aus der Paarung hervorgegangenen Oo- spore, die ich, bevor ich weitere Schlüsse ziehe, noch beschrei- ben mufs, gleicht der der anderen Volvocineen. In ihren er- sten Anfängen zeigt sie aber auffallender Weise sogar noch eine grössere Ähnlichkeit mit der Keimung der ruhenden Sporen, welche aus den Microgonidien des Wassernetzes entstehen. Werden die eingetrockneten Oosporen, die sich am Rande der Tümpel, in denen die Pandorina lebt, als kleine Haufen rother Kugeln ansammeln, unter Wasser gebracht, so beginnt ihr Keimung schon nach 24 Stunden (Fig. 6—7). Die Oo- spore bricht, wie beim Wassernetze unter Bildung eines Bruch- sackes (65) auf und entlälst (6c,d) normal eine einzige grosse Schwärmspore — in seltneren Fällen durch unregelmäfsige Theilung dieser einen 2 bis 3. — Ebenso wie der Inhalt jeder einzelnen Pandorina-Zelle — die sg. Primordialzelle, die selbst nur als eine Schwärmspore zu be- trachten ist, — Sich bei der Vermehrung verhält, so zerfallen auch diese nackten und grofsen Schwärmer, nachdem sie aus der Oospore hervorgetreten sind, durch succedane Theilung in 16 Zellen, die sich nach Art der Pandorina-Pflänzchen anordnen, Cilien erhalten und an ihrer Peripherie eine Gesammthülle bil- | den, kurz zu jungen Pandorina-Pflänzchen werden (Fig.7a,b,c,d) | Werfen wir nun einen vergleichenden Blick auf die ana- logen Entwickelungsphaenomene der anderen Pflanzen; so bieten diejenigen Gattungen der Volvocineen, deren Sexualact schon als bekannt gilt, die nächsten Vergleichungsmomente dar. Hier aber tritt uns sogleich als ein wichtiger Unterschied der Um- stand entgegen, dafs Cohn für Volvox, Carter für Vovox und Eudorina die Saamenkörper in ihrer Form von den Schwärm- sporen sehr abweichend darstellen und dafs sie namentlich die Befruchtungskugeln entsprechend den damals bekannten Er- scheinungen an Vaucheria und Oedogonium als kugelige, ruhende Zellen beschreiben. N 4 j vom 14. October 1869. 731 ‘0 Diese Differenzen würden sich jedoch zum Theil heben, ‘wenn man voraussetzen dürfte, dafs die Zellen, welche bei Vol- vox und Eudorina für ruhende Befruchtungskugeln gehalten ‘wurden, nicht ruhende Zellen, sondern grofse aus ihrer Mutter- zelle nicht ausschlüpfende Schwärmsporen sind. Die Möglich- keit dieser Annahme ist offen, da beide Beobachter den Be- fruchtungsact dort nicht gesehen haben, ihn also nicht nach /directer Beobachtung der Vereinigung der Geschlechtsproducte beschreiben, sondern die vorhandenen Organe nur nach den bei Vaucheria und Oedogonium bekannten Erscheinungen deuten. Für diese Vermuthung spricht auch eine beiläufige Bemerkung von Carter, in welcher dieser Beobachter bei Eudorina nach ausführlicher Beschreibung des Volvox-artigen Zeugungsvorganges dieser Pflanze schliefslich noch kurz von einem Vorgange spricht, der vielleicht dem Processe ähnlich ist, «den ich bei Pandorin« auffand, dem Carter dort aber eine sonderbare Deutung giebt, indem er ihn für eine nebensächliche und abnorme Vereinigung einer zweiten Form von Spematozoiden mit vegetativen Zellen ‚erklärt. Es ist freilich möglich, dafs hier die Verwechselung mit einer zweiten Pflanze vom anatomischen Bau der Eudorina vorliegt; es wäre aber auch denkbar, dafs auch bei Volvoxr und "Eudorina die Befruchtungskugeln unter der Form von Schwärm- sporen auftreten, die bald in bald aufserhalb ihrer Mutter- zelle befruchtet werden. Dieser Auffassung würden gleichfalls die früher unbeachteten und mir erst jetzt verständlich gewor- denen Beobachtungen von Carter an Cryptoglena lenticularis und ‚orbicularis entsprechen. Ob diese Organismen, die ich aus eigener Anschauung nicht kenne, hierhergezogen werden dür- ‚fen, ist allerdings fraglich. Die eigenthümliche Einkerbung ihres Vorderendes scheint auf eine Verwandschaft mit Euglenen hinzuweisen. | Andrerseits könnte aber freilich der Unterschied von be- 'weglichen und unbeweglichen Befruchtungskugeln eben so gut schon innerhalb der Gruppe der Volvocineen auftreten. Jeden- falls müssen neuere Untersuchungen an Volwvox und Eudorina ' dies erst ins wahre Licht setzen. | Suchen wir nun weiter die Beziehungen dieser Befruch- tungsform bei Pandorina Morum zu den Zeugungsvorgängen 52* 732 Gesammtsitzung der anderen Pflanzen auf; so eröffnet die Kenntnifs der Einzel-. stadien des Vorganges, die ich im Vorhergehenden beschrieben habe, ferner die Auffassung desselben als einer besonderen. Modification des Zeugungsvorganges der Zoosporeen und als der eigentlichen, formellen Grundlage der Zeugungungsvorgänge. überhaupt, sowie endlich die Unterscheidung zwischen beweg- lichen und unbeweglichen Befruchtungskugeln, wie mir scheint, eine volle Einsicht in die schrittweisen Abänderungen der Ge- schlechtsproduete und des Geschlechtsactes der Pflanzen. — | Hierüber möchte ich meinen Beobachtungen noch die fol- genden, kurzen Andeutungen hinzufügen. Bisher erschien die Copulation der Zygosporeen als ein Vorgang, der sich nicht unmittelbar an den Zeugungsprocels der anderen Algen anreihen liefs und die ganze Abtheilung der Zygosporeen erschien»hiedurch als eine in sich abgeschlossene, | namentlich gegen die Zoosporeen scharf abgegrenzte Gruppe. | Gegenüber der überall sonst sichtbaren und so scharf aus- geprägten Differenz der Geschlechtsproducte in Form und Gröfse Ä mufsten natürlich die von den anderen Zeugungsphaenomenen so abweichenden Erscheinungen bei der Copulation nicht nur auffallen, sondern haben — wie dies ja bis in die neueste Zeit geschah — zu berechtigten Zweifeln an der Bedeutung der Copulation überhaupt Veranlassung gegeben. Die Paarung der Schwärmsporen, wie sie bei Pandorina mit kaum beginnender Differenzirung der Geschlechtsproducte auftritt, erscheint nun als | eine Wiederholung des Copulationsactes bei’den Pflanzen mit be-. weglichen Geschlechtsprodueten und bildet daher eine Brücke‘ zwischen Zygosporeen und Zoosporeen; und wenn meine Ver- muthungen über die Verbreitung des Paarungsactes unter. den Zoosporeen mich nicht trügen, so wird man bei genauerer Kennt- nifs der Umbildungsvorgänge der Microgonidien. in ruhende Sporen in den Chaetophoreen und namentlich in Draparnaldia das eigentliche Verbindungsglied zwischen diesen beiden Ab- theilungen der Algen erkennen. Die Correlation zwischen re- productiven und vegetativen Phaenomenen und die mir bekann- ten Erscheinungen bei der Entstehung ‚jener ruhenden Sporen aus denjenigen Microgonidien, die ich früher Dauerschwärmer vom 14. October 1869. ‚133 genannt habe, weisen wenigstens bereits mit Entschiedenheit hierauf hin. — | "0 Während so die Paarung der Schwärmsporen einerseits an ‚die Copulation der Zygosporeen anknüpft, schliefst sie sich ander- seits noch enger an die bekannten Befruchtungsvorgänge bei den Zoosporeen an. — | | : ’ Vergleichen wir den Paarungsact von Pandorina mit dem Zeugungsact von Oedogonium (Fig. 9) und fassen wir die Gestalt und die Beschaffenheit der Schwärmspore, der Befruchtungskugel und des Spermatozoids von Oedogonium, welches letztere ja gleichfalls unter der Form einer kleineren Schwärmspore auf- tritt, näher ins Auge; so lehrt die directe Beobachtung, dafs die vordere, farblose Protoplasmamasse der Befruchtungskugel von Oedogonium, an welcher ganz vorn wie bei Pandorina, die Vermischung mit dem Spermatozoid stattfindet, ganz identisch ist mit der sogenannten Mundstelle der einen der beiden’ Schwärm- sporen, die bei Pandorina die Paarung eingehen und ebenso mit der sogenannten Mundstelle der unmittelbar keimenden Schwärm- spore von Oedogonium selbst. Hierdurch erhält nun der Bau der ruhenden Befruchtungskugeln und die Beschaffenheit ihrer farb- losen Vorderstelle die einfachste Erklärung und man erkennt unleugbar, dafs die ruhenden Befruchtungskugeln von Oedogonium ferner von Vaucheria (Fig. 10. 11) und Coleochaete, an welche sich alsdann die der andern Algen mit minder ausgesprochenem oder kaum angedeutetem Befruchtungs- oder Keimfleck un- mittelbar anschliefsen nur cilienlose und ruhende Modifi- cationen der Schwärmsporen sind. Allein die Analogie des Baues der Befruchtungskugel und der Schwärmspore läfst sich, wie mir scheint,’ noch weit über die Algen hinaus verfolgen. Wenn man die vorhergehenden Schlüsse, die den beob- achteten Erscheinungen unmittelbar entsprechen, zulälst, so wird man sich kaum den weiteren Folgerungen entziehen kön- nen, dafs auch diejenige Bildung am Embryobläschen der Phanerogamen, welche Schacht unter dem Namen des Faden- apparates unterschied, ein Analogon der farblosen Befruchtungs- stelle an den Befruchtungskugeln der Algen ist und somit auch das analoge Organ der sogenannten Mundstelle oder des 754 Gesammtsitzung Keimfleckes der Schwärmsporen ihre natürlichste Auffassung findet. Dieser Bildung entspricht aher wieder bei den höheren Cryptogamen das Gebilde, welches ich in meinen Untersuchun- gen über Embryobildung der Gefälseryptogamen in der Central- zelle des Archegonium von Salvinia auffand und als Canalzelle unterschieden habe'!). Schon dort?) habe ich wiederholt auf die Ähnlichkeit dieser Bildung mit dem Fadenapparate der Keimbläschen der Phanerogamen aufmerksam gemacht. Da nun auch meine damaligen Andeutungen über das allgemeinere Vorkommen dieser Canalzelle bei’ Moosen und Farren durch spätere Untersuchungen ihre Bestätigung erhalten haben, so kann über das constante Vorkommen derselben wohl kein | Zweifel mehr stattfinden. Die durchgreifende Analogie der weiblichen Geschlechtsprodukte der Pflanzen würde sich dem- nach schon äufserlich durch die ähnliche Erscheinung der Stelle, wo an ihnen der eigentliche Befruchtungsaet ausgeübt wird, zu erkennen geben. Für diese Stelle schlage ich unter Berück- sichtigung der morphologisch gleichwerthigen Stelle der keimen- den Schwärmsporen als allgemeine Bezeichnung den Ausdruck „Keimfleck* vor. Sie entspricht der sogenannten Mundstelle der Schwärmsporen, der farblosen Protoplasmasse an dem Vorderende der Befruchtungskugeln, der Canalzelle der höheren Cryptogamen und dem Fadenapparate an den Keimbläschen der Phanerogamen. Bei den Einen in die Bildung der Embryonalanlage mit ein- gehend, bleibt sie bei den Anderen von ihr ausgeschlossen und von den Fällen bei den Algen, wo,. wie bei Oedogonium und Pandorina, die gesammte Masse der Befruchtungskugel mit Einschlufs des ganzen Keimflecks zum Aufbau des Embryo verwendet wird, führt die Zeugung von Vaucheria (Fig. 10.11), wo ein Theil des Keimflecks vor der Befruchtung abgestos- A nn 5 00 sen und ausgeworfen wird, durch die analogen Bildungs- vorgänge bei Coleochaete’) unmittelbar zu der Erscheinung der Canalzelle und des Fadenapparates hinüber, welche gleichfalls 1) Monatsberichte d. Berliner Academie 1863 p. 175 und Zur Mor- phologie der Salvinia natans, Jahrb. f. wiss. Bot. III. S. 520 u. 521. 2) Jahrbücher f. wiss. Bot. III. 8. 521 u. 536 unter IV. 5. 3) Jahrb. f. wiss. Bot. U. p.15 u. f. 2 Te. vom 14. October 1869. 735 nur Ablösungsproducte des Keimfleckes der Befruchtungskugeln ‚darstellen. So erscheint die Schwärmspore als die Gruudform der 'Embryonalanlagen im Pflanzenreiche und bei der Bildung dieser wiederholen sich zugleich unter dem vorher angedeuteten Gesichts- puncte in wahrhaft überraschender Analogie die Erscheinungen, ‘die bei der Embryobildung der Thiere als totale und partielle ‚Furchung unterschieden werden. Auch mag noch Erwähnung “verdienen, dafs die Richtung der Wurzel des Embryo bei den Pflanzen, bei welchen als Product der Zeugung ein Embryo auftritt, bei dieser Parallelisirung der Embryobläschen und der Schwärmspore schon durch die Lage der Befruchtungsku- gel vor der Befruchtung erklärt wird, indem ja der Keimfleck, welcher von Oedogonium bis zu den Phanerogamen ohne Aus- nahme der Geschlechtsöffnung zugekehrt ist, wie die Schwärm- sporen zeigen, dem Keimfusse entspricht. Da aber endlich auch die Formenunterschiede, die man früher zwischen Samenkörper und Schwärmspore festhalten wollte — wie dies die Samenkörper von Oedogonium und Pan- dorina zeigen — nur relativen Werth als Modificationen der- selben Grundform haben, so wird man die Form der Schwärm- spore, in welcher schon die ältesten Beobachter eine Anknüpfung des Pflanzenreichs an das Thierreich erblickten, als die allge- meine Grundlage sämmtlicher Reproductionskörper der Pflanzen, die unter bestimmten Formen auftreten, anerkennen dürfen und so liefse sich schon jetzt eine embryologische Einheit innerhalb des Gewächsreiches nachweisen, wenn nicht Florideen und Pilze eine schon mehr abweichende Form der Copulation zu bilden schienen, über welche noch spätere Untersuchungen eine Auf- klärung bringen müssen. Kehren wir nun von diesen morphologischenn Betrachtun- gen, die sich ja leicht noch weiter ausspinnen und ausführen lassen, wieder zu den Erscheinungen des Paarungsactes selbst ‚zurück, so ist es nicht gar schwer schon jetzt die Gattungen ver- muthungsweise zu bezeichnen, bei welchen ein gleicher oder doch ähnlicher Befruchtungsact vorausgesetzt werden darf. Vielerlei Andeutungen, deren Ausführung an dieser Stelle mich jedoch zu weit führen würde, liegen mir hierfür theils in eigenen, älte- ren Beobachtungen, theils in litterarischen Angaben vor. Eine 736 Gesammtsitzung Reihe früher unverständlicher Erscheinungen und unaufgeklärter Widersprüche in den Angaben zuverlässiger Beobachter über die Form und Farbe der Microgonidien, über die Zahl ihrer Cilien, über ihr Verhalten nach dem Aufhören ihres Bewegungs- stadiums und endlich wohl auch über Doppelsporen — die allerdings in den meisten, vielleicht aber nicht in allen beob- achteten Fällen, wie man sie bisher allein aufgefafst hat, un- vollendete Entwicklungsstufen d. h. unvollständige Trennungen ' sein möchten — finden so durch die jetzt begründete Annahme einer Paarung ihre vollständige Aufklärung. Ich habe bereits im Vorhergehenden meine Vermuthungen nach “dieser Richtung in Betreff derjenigen Gattungen ange- deutet, deren Microgonidien ich früher als „Dauerschwärmer* bezeichnet habe und ich füge dem hier nur noch hinzu, dafs ich unter diesen Microgonidien schon damals zweierlei durch Farbe und Grösse und auch durch ihr Verhalten zum Licht verschiedene Reihen unterscheiden konnte, allein nicht im Stande war die Bedeutung dieser Verschiedenheiten aufzuklären. Meine Vermuthungen für die verschiedenen Gattungen im Einzelnen auszuführen kann ich füglich unterlassen; um so eher als es Jedem, der sich mit der Entwickelung der Algen beschäftigt, jetzt nahe gelegt ist den Paarungsact oder doch schwärmende Befruchtungskugeln bei allen denjenigen Zoosporeen zu suchen, hei welchen man bisher nur Schwärmsporen hat auffinden können. Aufserdem sollen ja auch die obigen Angaben nur Andeutungen für weitere Untersuchungen bilden, die ich selbst vorzunehmen die Absicht habe, sobald sich mir die Gelegen- heit dazu darbieten wird und wenn andere Beobachter mir die Zeit dazu lassen sollten. — Die allgemeineren Resultate der vorliegenden Untersuchung fasse ich schlie(slich noch in folgenden Sätzen kurz zusammen. 1) Es giebt in der Abtheilung der Zoosporeen beweg- liche Befruchtungskugeln, d. h. Eianlagen, die als Schwärmsporen auftreten. | 2) Die ruhenden Eianlagen (Befruchtungskugeln) sind cilienlose, nähere oder entferntere Formenab- weichungen der Schwärmspore. 3) 4) 5) vom 14. October 1869. 737 Das farblose Vorderende der Befruchtungskugeln der Algen, die Canalzelle der höheren COryptogamen und der Fadenapparat der Phanerogamen sind Bildungen, welche morphologisch der s. g. Mundstelle d. h. dem Keimflecke oder, was dasselbe ist, dem Fufse der Schwärmspore gleichwerthig sind. In Analogie der Erscheinungen totaler und partieller Furchung der thierischen Eier wird auch bei den Pflan- zen bald die ganze Masse der Befruchtungskugel zur Embryobildung verwendet, bald nur ein Theil dersel- ben; in letzterem Falle unter gänzlicher? oder theil- weiser Abstolsung des farblosen Fufses der Befruch- tungskugel, die jedoch hier bald vor (Vaucheria, Co- leochaete, Salvinia) bald nach ? der Befruchtung (Pha- nerogamen) stattfindet. Die bedeutsame Erscheinung, dafs die Schwärmspore die morphologische Grundlage der Fortpflanzungskör- per bildet, spricht für die embryologische Einheit des Pflanzenreiches und bildet neben dem anerkannten, hi- ' stologischen einen neuen, morphologischen Anknüpfungs- punct desselben an das Thierreich. Erklärung der Abbildungen Tafel. (Sämmtliche Original-Figuren von Pandorina und Eudorina sind bei Fig. 1. n 2. gleicher, 480facher Vergrösserung gezeichnet.) Pandorina Morum im erwachsenen Zustande. Dieselbe nach Umbildung der Zellen in Geschlechtspflänzchen, während der Aufquellung der Membranen der Mutterpflanze. . Gruppe von Geschlechtspflanzen mit zahlreichen, bereits freien männlichen und weiblichen Schwärmsporen vor, während und ‚nach der Paarung. Eine sehr grofse, weibliche Geschlechtspflanze in Auflösung ihrer Membranen begriffen. Unter den sich befreienden, grofsen, weib- lichen Schwärmern 2 in der Paarung mit ganz kleinen begriffen ; daneben andere frei bewegliche, kleine, männliche Schwärmer. . Bilder des Paarungsactes. a.d. Schwärmer unmittelbar und kurz nach der Berührung. c.d.e. f. aus der Paarung entstan- dene Oosporen mit noch beweglichen Cilien; g. Ah. desgleichen mit bereits starren Cilien; z. desgl. nach Verlust der Cilien. 738 Gesammtsitzung Fig. 6. Oosporen nach der Vegetationspause und ihre Keimung. --- a. ausgetrocknete und ins Wasser gebrachte Oosporen, von denen 2 bereits angeschwollen sind; 5. Bildung des Bruchsackes und Um- bildung des Inhalts in eine Schwärmspore. — c. Schwärmsporen während des Austrittes aus der Spore in den Bruchsack; d. ent- leerte Spore und Bruchsack mit der ausgeschlüpften Schwärm- spore. » 7. a. d.c. einige 'Theilungszustände der ausgeschlüpften Schwärm- spore; d. die junge Pandorina-Pflanze. »„ 8. Eudorina elegans im erwachsenen Zustande zur Vergleichung mit Pandorina Morum. j »„ 9-10. Einige Figuren zur Vergleichung des Paarungsacts und der Geschlechtsphaenomene bei anderen Pflanzen. 9. Befruchtung von Oedogonium. 10 und 11. Ablösung einer Partie des Keimflecks bei Vaucheria sessilis. 12 u. 13. Befruchtungskugel nnd Canalzelle von Salvinia (Jahrbüeher £. wiss. Bot. III. Taf. XXVD. 14. 15. 16. Embryolbläschen mit Fadenapparat von San- talum nach Schacht (Jahrbücher f. w. Bot. IV. Taf. I). — In den Figuren 15 und 16 sind die Embryobläschen aus dem Em- bryosack frei gelegt gezeichnet. Hr. Braun theilte Bemerkungen mit über eine Miflsbil- dung von Podocarpus Chinensis, von welcher ein frisches Exemplar vorgelegt wurde. Von den zahlreichen Arten der Gattung Podocarpus, welche im hiesigen Garten cultivirt wer- den, haben bis jetzt .erst zwei Arten Blüthen getragen, P. sali- cifolia Kl. et Karst. und P. Chinensis Wall., letztere Art so- wohl an männlichen als weiblichen Exemplaren. Die männ- lichen Blüthen haben die Form verlängert-walzenförmiger, straff aufrechter Kätzchen, an welchen die mit deutlicher Connectiv- spitze versehenen zweifächerigen Staubblätter 8 genau senk- rechte, durch 3 St. bedingte Zeilen bilden. Unterhalb der Staubblätter befinden sich an dem etwas verlängerten Stiel der Blüthe mehrere zerstreute linienförmige Hochblättchen, von de- nen die 2 untersten grundständigen je eine Seitenblüthe aus ihrer Achsel hervorgehen lassen, so dafs je 3 sogenannte N IQ N ER ENDEN v 2, rn n .Laue hfh. Innulsbericht d.W Ad WE October 18693 1. Drmesthem ad nat del Vbmute hith vom 14. October 1869. 139 Kätzchen in der Achsel eines Laubblattes sich beflnden. Zuwei- len finden sich durchwachsene Blüthen, welche oberhalb der Staub- blätter einen Schopf ungewöhnlich kleiner Laubblätter tragen. An der Übergangsstelle zu den letzteren überzeugt man sich, dafs das Connectiv zur Spreite des Laubblattes auswächst, während die Autherenfächer stufenweise kleiner werden und verschwinden. Es ist unbegreiflich, wie selbst neuere Autoren, z. B. Parlatore, die alte, aus der oberflächlichen Ähnlichkeit der kätzchenför- migen männlichen Blüthen der Coniferen mit den aus vielen Blüthen gebildeten männlichen Kätzchen der Amentaceen ent- nommene Vorstellung von der männlichen Blüthe der Coniferen festhalten und noch immer von Bracteen reden können, mit welchen eine achselständige aus 2 oder mehreren Staubblättern bestehende männliche Blüthe verwachsen sein soll. Die von ver- schiedenen Kiefern- und Tannen-Arten mehrfach beschriebenen Übergänge männlicher Blüthen (Kätzchen) in weibliche Blüthen- stände (Zapfen) hätten doch längst alle Zweifel in dieser Be- ziehung heben sollen. Die weiblichen Blüthenstände (oder wenn man lieber will Blüthen)') stehen einzeln in den Achseln der Laubblätter. Das zur Zeit der Reife fleischig werdende sogenannte Receptaculum wird von einem dünnen Stiel getragen, der etwas kürzer ist als es selbst und an seinem oberen Ende, dicht an der Grenze der Anschwellung, 2 seitliche, gegenständige, linienförmige, ab- stehende Hochblättchen (Vorblätter) trägt, welche bei manchen anderen Podocarpus-Arten nicht sichtbar sind, wiewohl wegen 1) Wenn man zugiebt, dafs bei augiospermischen Phanerogamen der Fall vorkommt, dafs das Eiknöspchen in der Achsel eines Fruchtblattes steht, ein Fall, der mir übrigens noch nicht ganz festgesellt zu sein scheint, so kann man in gewissem Sinn auch die Deckblätter der Conife- ren, in deren Achsel die Eiknospen sitzen, als Fruchtblätter und somit eine mit mehreren solchen Deckblättern besetzte Achse als eine weib- liche Blüthe betrachten. So bei den Oupressineen, bei Dammara und bei einigen Taxineen, namentlich bei Podocarpus. Einfacher jedoch erscheint es, die weibliche Blüthe der Coniferen als eine auf das blofse Eiknösp- chen reducirte zu betrachten, welche Betrachtung eine einheitliche Auf- fassung aller Fälle, auch derjenigen, in welcher die Eiknospe terminal ist (Taxus), zuläfst. Vergl. Eichler in Martius Flor. Brasil. Fasc. 34. / 740 . Gesammtsitzung der gleichartigen Stellung der nachfolgenden’ Theile bei allen als der Anlage nach anwesend angenommen werden müssen. Hierauf folgen 2 Paare von den Vorblättern abgerückter, unter sich genäherter Hochblätter, das untere (äufsere) in medianer, das obere (innere) in transversaler Stellung. Beide Paare haben eine in Beziehung auf den freien Theil sehr kümmerliche Entwicklung, ja bei denen des inneren Paares fehlte bei den untersuchten Exemplaren die freie Blattspitze ganz, die jedoch bei anderen Arten derselben Abtheilung, z. B. P. Chilina und P. coriacea (Rich. Conif. T. I.) deutlich sichtbar ist. Dagegen zeigen die Blattkissen dieser 4 Blättchen eine eigenthümliche Entwickelung; sie schwellen bis zu den Vorblättern herab an, werden zur Zeit der Reife fleischig, färben sich schön roth und bilden den länglichen, nach oben in 2 deutliche und 2 undeut- liche Zähne ausgehende Körper, der bei den Autoren bald Re- ceptaculum (Endlicher), bald Diseus (Hooker) ‘genannt und durch Verwachsung fleischiger Bracteen mit der Achse erklärt wird. Die Blattkissen der beiden äufseren medianen Blättchen sind breiter, die der beiden inneren sind als schmälere seitliche Striemen zwischen diese eingefügt. Von den beiden äufseren Blättchen steht das vordere (dem Tragblatt der Inflorescenz zugewendete) stets etwas, zuweilen selbst bedeutend tiefer, das hintere, höher stehende ragt meist sogar über die 2 inneren Blättchen empor. . Dieses hintere Blättchen trägt in seiner Achsel regelmäfsig ein Eispröfschen (Oculum), dessen kurzer Stiel von dem Blattkissen, unter welchem er hervorkommt, wie von einem nach innen offenen Ring eng umfalst wird. Das tiefer stehende vordere Blättchen trägt nicht selten gleichfalls einen achselständigen Eispro[s, häufiger jedoch fehlt derselbe. Die beiden inneren seitlichen fand ich stets unfruchtbar und ihre Blattkissen schmelzen über der Spitze der Achse des Recepta- culums so vollkommen zusammen, dafs die Verbindungsstelle nur zuweilen als Furche erkennbar is. Bei den Arten, bei welchen die 2 inneren Blättchen des Receptaculums deutliche zahnartige Spitzen haben, wird wohl auch das Zusammenflies- sen über der Spitze der Achse weniger vollständig sein. | Wie bei Pod. Chinensis verhält sich im Wesentlichen die weibliche Inflorescenz aller Arten der Abtheilung Eupodocarpus, Fe vom 14. October 1869. 741 wenn nicht vielleicht, nach den Abbildungen zu urtheilen, bei manchen Arten die 2 inneren sterilen Blättchen des Recepta- culums ganz fehlen. So z.B. bei Pod. elongata nach Richard’s, bei Pod. Thunbergii nach Hooker’s Abbildung (Journ. of Bot. I..t. 22). In der Abtheilung Nageia ist das Receptaculum durch die Anschwellung der Blattkissen zahlreicherer, wie es scheint spiralig geordneter Hochblätter gebildet, von denen ge- wöhnlich nur eines der obersten fruchtbar ist. Bei der Abthei- lung Stachyocarpus fehlt dagegen die Anschweliung der Blatt- kissen ganz; mehr oder minder zahlreiche, wohlentwickelte Hochblätter an meist verlängerter dünner Achse tragen die anatropen Eiknöspchen genau in ihrer Achsel. So namentlich bei Pod. taxifolia, Andina, spicata. Die Arten aller Abtheilun- gen stimmen darin überein, dafs die Raphe dem Deckblatt zu, die Micropyle vom Deckblatt abgewendet ist, ein Richtungs- verhältnifs, welches, abgesehen von allen anderen Schwierig- keiten einer solchen Annahme, die noch immer beliebte Auf- fassung der Raphe als einer Schuppe,') welcher das Ovulum oder die weibliche Blüthe (wie bei den Abietineen) aufsitzen soll, als unzuläfsig darzustellen geeignet ist. Auf die Bildung des so eben beschriebenen fleischigen Re- ceptaculums, nicht aus angewachsenen Bracteen, sondern durch ‘ Anschwellung der Blattkissen derselben, wirft nun eine im hies. botanischen Garten mehrmals beobachtete, in den letzten Tagen in einem besonders schönen Exemplar aufgefundene Monstosität ein besondres Licht. Ein kleiner, ungefähr 2 Zoll langer vegetativer Zweig mit 21 entwiekelten, nach $ Stellung geordneten, normal gebildeten Laubblättern zeigte mit Ausnahme der 3 untersten und der 3 obersten an allen übripen Blättern stark angeschwollene, saftig-fleischige und sich schön röthende, nach den einzelnen Blättern scharf begrenzte und scharf geson- derte Blattkissen. Die am stärksten entwickelten der mittleren Region erschienen verlängert herzförmig, mit dem unteren spi- tzen Ende sich zwischen die vorausgehenden einkeilend, mit dem oberen ausgebuchteten den Blattstiel ohrartig umfassend. Einige minder regelmälsig ausgebildete waren nach oben nur einseitig 1) Vergl. Sperk, die Lehre von der Gymnospermie, S. 69. 742 Gesammtsitzung angeschwollen und dadurch schief. Bei den obersten dichter zusammengedrängten Blättern war die Anschwellung unterhalb des Blattes geringer, erstreckte sich dagegen in den Blattstiel und stieg auf der Unterseite des Blattes selbst 1— 14 Linien hoch an der Mittelrippe der Blattspreite hinauf. Die in scharf begrenzte Gebiete vertheilte Anschwellung des Rindenparemsyms der Achse entspricht der Eintheilung der Stengeloberfläche nor- maler Laubsprosse in linienförmig-herablaufende, jedoch nicht angeschwollene Blattkissen oder Blattfelder, ziemlich ähnlich denen von Larix. Denkt man sich an einem auf die beschriebene Weise modifieirten Zweig die grünen Blätter weg und an ihre Stelle kleine farblose Hochblätter, so hat man ziemlich das Bild des Receptaculums einer Nugeia. In Hooker’s bot. Magazin ist auf Tafel 4655 eine der hier beschriebenen ähnliche Monstrosität abgebildet. Ich halte die auf dieser Tafel unter dem Namen Pod. nerüfolia abgebildete Pflanze!) nicht für die Don’sche Art dieses Namens, sondern für einerlei mit unserer ohne Zweifel richtig bestimmten Pod. Chinensis, die in den Gärten auch unter dem Namen P. Maki, P. Makoyi, P. Koreana u.s.w. vorkommt. Es ist demnach wahr- scheinlich, dafs auch in anderen Gärten die besprochene Mils- bildung öfter vorkommt. Über die Beschaffenheit des Samenknöspchens kann ich, da ich nur fast reife Samen untersucht habe, nichts Entschei- dendes mittheilen; namentlich läfst sich im reiferen Zustande kaum noch sicher entscheiden, ob dasselbe mit einfachem oder doppeltem Integument versehen ist. - Nach den Darstellungen, welche Eichler von Pod. Sellowü in v. Martius brasilianischer Flora (Fasc. 34, Tab. 114) giebt, ist jedoch unzweifelhaft eiu doppeltes Integument vorhanden, womit auch die Abbildung von Sperk (Taf. IV, Fig. 96'), der nach seiner Auffassungs- weise das äufsere Integument Involucrum, das innere Ova- rium, den Kern Ovulum nennt, wohl übereinstimmt. Nach der Oharacteristik, welche Parlatore (Prodr. XVI, p. 507) von Podocarpus giebt, sollte man sogar glauben, es seien 3 In- 1) Parlatore im 16. Bd. von De Candolle’s Prodromus eitirt die Hooker’sche Abbildung weder bei P. neritfolia, noch bei P. Chinensis. vom 14. October 1869. 743 tegumente vorhanden, indem er von 2 das Pistill umgebenden Hüllen redet; allein ich zweifle nicht, dafs der Theil, den er bei Podocarpus als das Pistill betrachtet, nichts anderes als der Eikern ist, wiewohl er in anderen Fällen (z. B. bei Taxus, Pinus) das Integument als Pistill, den Eikern als Ovulum be- zeichnet. Es ist zu bedauern, dafs wir von Podocarpus sowohl, wie von den verwandten Gattungen Dacrydium, Cephalotaxus, Phyllocladus, die Entwicklungsgeschichte der Eiknospe noch nieht kennen, dafs wir namentlich nicht wissen, in welcher Folge die zwei Integumente zur Ausbildung kommen. Auch ist noch genauer zu ermitteln, wie sich die beiden Integumente bei der Ausbildung des fleischigen und steinartigen Theiles des Samens, von denen der erstere bei einigen Arten, namentlich bei Pod. Andina (Prumnopitys elegans Phil.) eine mächtige Ent- wicklung hat, betheiligen. Ehe wir über diese Punkte im Kla- ren sind, läfst sich auch nicht entscheiden, ob das äufsere In- tegument von Podocarpus dem sogenannten Arillus von Taxus homolog ist oder nicht. Was die letztgenannte Gattung betrifft, so bin ich im Hin- blick auf die normale und abnorme aufserordentliche Anschwel- lung der Blattkissen bei Podocarpus geneigter den fleischigen Samenmantel für eine Anschwellung des zu dem Integument ‘ gehörigen Internodiums oder mit anderen Worten der vereinig- ten Blattkissen der das Integument darstellenden Blätter zu halten als für ein äufseres Integument mit verspäteter Ent- wickelung, also für einen besonderen Blattkreis. Die Entschei- dung hierüber erwarte ich von der genauen Beobachtung der Lage, welche die 2 oder mehreren sich zum Integumente ver- einigenden Schwielen gegen die vorausgehenden Blattgebilde (schuppenförmigen Hochblätter) einnehmen.') Nach Baillon 1) Bei Torreya steht das mit einfachem Integument versehene Ovu- lum zwischen 2 Paaren schuppenartiger Vorblätter; das Integument ent- steht nach Baillon (Adansonia I. Tab. II. f. 1—11) aus 2 halbmond- förmigen Schwielen, von denen man erwarten sollte, dafs sie sich mit den 2 inneren, zunächst vorausgehenden Vorblättern kreuzen; allein nach Baillon’s Figuren sind sie diesen opponirt! Ist dies ein Irrthum oder ist die Darstellung richtig? Wenn letzteres der Fall, so mülste noch 744 Gesammtsitzung entsteht nämlich das Integument von Tazus, ebenso wie das vieler anderer Coniferen, aus 2 Anfangs getrennten, bald aber am Grunde ringförmig zusammenfliessenden halbmondförmigen Schwielen; Sperk hat bei Taxus tardiva (parvifolia) sogar eine Bildung des Integuments aus 4 Höckern beobachtet. Es wäre dies also eiu Vorgang ähnlich wie bei gamophyllen Kelchen, Corollen, Pistillen. Ich habe keinen Grund dies zu bestreiten, aber ich bestreite die Folgerung, dafs das auf diese Weise ent- stehende Gebilde ein Pistill sein müsse. Mit demselben Recht könnte man es für einen Kelch erklären und mit demselben Recht kann man es für ein Integument halten, wenn man In- tegumente überhaupt für ringförmig sich entwickelnde Blattge- bilde hält, die nicht nothwendig den Werth nur eines einzigen Blattes zu haben brauchen, wie es bei den höheren Phanero- gamen, nach den Mifsbildungen zu urtheilen, allerdings anzu- nehmen ist. Für die Bildung des Integuments aus 2 oder meh- reren Blättern spricht bei Taxus die Gestalt des reifen Samens, der bei T. baccata gewöhnlich zweikantig, zuweilen dreikantig ist, ja bei T. tardiva') nicht selten sogar 4 bis 5 Kanten zeigt. Bei der dieser Gattung zukommenden terminalen Stellung der Samen sind diese Unterschiede nicht etwa durch Druck zu er- klären, sie scheinen vielmehr auf eine wirkliche Verschieden- heit der Zusammensetzung hinzuweisen. Auch bei Ginko sind die Samen normal zweikantig, zuweilen dagegen sehr regelmä- (sig dreikantig. ein Kreis dazwischen liegen und es mülste dies der „Urceolus carnosus* sein, der den reifen Samen einschliefsen: soll. Ich habe Torreya selbst untersucht, aber blühend, und von einem besonderen Urceolus nichts ge- sehen; aus den Beschreibungen von Endlicher und Parlatore ist durchaus nicht zu entnehmen, ob dieser Urceolus ein besonderes Gebilde ist oder ob er aus dem Integument selbst sich bildet. 1) Ich mache bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, dafs die männlichen Blüthen dieser Art unbekannt sind. Im hiesigen botanischen Garten, so wie in anderen, in denen ich nachgefragt habe, sind nur weibliche Sträucher vorhanden, die aber allenthalben reichlich vollkom- mene, mit Keimlingen versehene Samen tragen, die tausendweise im Sa- menhandel zu haben sind. Wie es sich damit verhält, ob Parthenogene- sis, ob Befruchtung durch Taxus baccata stattfindet, ist noch nicht ermittelt. vom 14. October 1869. 745 Hr. Magnus legte die folgende Mittheilung des Hrn. Dr. K. Schultz-Sellack vor, über Diathermasie einer Reihe - von Stoffen für dunkle Wärme. Für die Wärme, welche der Kohlenrufs bei 100° ansstrahlt, sind die meisten Stoffe, selbst in Schichten von weniger als jmm Dicke, vollkommen opak. Nur wenige Stoffe sind bekannt, welche auch in dickeren Schichten einen gröfseren Antheil dieser Wärme hindurchlassen, nämlich: Steinsalz, Flufsspath, Schwefel, Schwefelkohlenstoff, Jod in Auflösung, Brom, Syl- vin. Diese Stoffe sind zum Theil Elemente, anderentheils Chlor-, Fluor-, Schwefelverbindungen. Ich habe gefunden, dafs nicht nur alle Chlorverbindungen, sondern auch Brom-, Jod-, Fluorverbindungen der einfachen Stoffe, und auch eine Anzahl Sulphide, welche in dem für diese Untersuchung erforderlichen Zustande erhalten werden konnten, dieselbe Eigenschaft besitzen, einen beträchtlichen Theil der Kohlenrufswärme hindurchlassen. Diese Stoffe ha- ben also in Bezug auf ihre Durchlafsfärbung etwas Gemein- games. Die Zahlen geben die durchgelassene Wärmemenge pro- centisch auf den Werth der directen Strahlung aus den Ab- lenkungen des Spiegelgalvanometers berechnet. Durchgehende Wärmemenge. Durchstrahlte Substanz. DickeMm. nö Aal Piekentm.| "90°" |gastamme Chlorsilber (AgCl) 3 ae Be 46p.C.| 30p.C. Bromsilber (AgBr) 3 45 42 Bromkalium (KBr) | 3 16 13 Jodkalium (KJ) 3 11 10 Kryolith (Al,Na,Fl,,) 10 3 23 Zinkblende (ZnS) 5 29 23 - Schwefelarsen mit Schwefel (As, S;) 0,8 21 26 a 8 12 Glasiges Selen 0,4 50 36 Are : 5) 16 d [1869.] 53 746 Gesammtsitzung Die meisten Substanzen waren nicht völlig homogen, so | dafs ein Theil der Wärme auch durch Diffusion und ‚Reflexion verloren gehen mulste. Chlorsilber und Bromsilber werden durch Schmelzen im Chlor-, respective Bromdampfstrom als vollkommeu glasklare Massen erhalten, denen man durch Umschmelzen zwischen dünnen Glasplatten glatte Oberflächen geben kann. Die Salze haften an dem Glase aulserordentlich fest; erwärmte concen- trirte Salpetersäure, welche die Salze selbst nicht merklich an- greift, zieht sich aber capillar zwischen das Glas und das Silbersalz und bewirkt die Trennung. Das Chlorsilber er- scheint vollkommen farblos, das Bromsilber hell bernsteingelb. Chlorkalium, Bromkalium, Jodkalium geben geschmolzen glasklare Massen, wenn die Substanzen in klaren Krystallen angewendet werden, wie man dieselben durch sehr langsames Verdunsten der Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur erhält. Von Zinkblende wurde eine klare, hellgelbe Platte angewendet, welche Hr. Prof. Rose mir zur Untersuchung übergab; die angewendete Kryolithplatte war durch zahlreiche feine Risse und Sprünge getrübt. Glasiges Selen wird durch Schmelzen und Pressen zwischen Glasplatten in ebenen Tafeln erhalten; Platten von weniger als j"mm Dicke lassen von dem leuchtenden Spectrum des directen Sonnenlichts nur eine schmale Bande im alleräufserten Roth hindurch, Platten von mehr als 2%® Dicke lassen auch das intensive Sonnenlicht nicht mehr wahrnehmbar durchdringen. Ebenso werden Platten aus Mischungen von Schwefelarsen mit Schwefel erhalten. Diese Mischungen, wenn sie nicht mehr als höchstens 3 Th. Schwefel auf 1 Th. Dreifach-Schwefelarsen ent- halten, erstarren zu amorphen weichen Massen, welche erst nach Wochen hart und spröde werden. | Eine Anzahl flüfsiger Verbindungen und Auflösungen von Stoffen, welche fest nicht in geeignetem Zustande erhalten - werden konnten, wurden in einem mit planparallelen, 2% dicken Steinsalzplatten verschlossenen Glasgefäls in 8”® dicker Schicht untersucht. | Die Zahlen geben die durch das gefüllte Gefäls hindurch- sehende Wärme in Procenten von der durch das leere Gefäfs vom 14. October 1869. 747 | hindurchgehenden Menge, ergeben also so wenig wie die in der ersten Tabelle aufgeführten absolute Werthe der Absorption. Durchgehende Wärme. Rufs von | Leucht- Durchstrahlte Substanz. 100° |sasflamme Zinnchlorid (SnCl1,) 44 p.C.| 80p.C. Schwefelchlorid (SC],) 41 95 Schwefelkohlenstoff (CS,) 50 51 Phosphor in Schwefelkohlenstoff 52 57 Zinnjodid (SnJ,) in Schwefelkohlenstoff 44 47 Dreifachchlorkoblenstoff (C,Ol,) in CS B) 38 Chloroform (CHC1,) 2 30 Äthylenchlorid (C,H, C1,) 0 13 Äthyljodid (C,H, J) 0 12 Die Phosphorlösung enthielt auf 10 Th. Phosphor nur 1 Th. Schwefelkohlenstoff, die Lösung von Zinnjodid 1,5 Th. SnJ, und 1 Th. CS,, die Lösung von Chlorkohlenstoff 1 Th. C,Cl, und 4 Th. CS,. Aus der Diathermasie der Lösungen darf man wohl auf die Diathermasie der gelösten Stoffe schliefsen. Hiernach ist es wahrscheinlich, dafs die Haloidverbin- dungen aller Elemente in fester oder flüssiger Form für die Kohlenrufswärme von 100° theilweise diatherman sind; ebenso viele Sulphide. Die Haloidverbindungen complexer Radicale, von Ammonium, Äthyl u. s. w. scheinen die Eigen- schaft der Verbindungen der Elemente nicht zu theilen. | Man hat früher angenommen, dafs alle Stoffe die Wärme von dunklen Wärmequellen stärker absorbiren als die von leuch- “tenden, ausgenommen der Kohlenrufls') in sehr dünner Schicht, welcher umgekehrt die Wärme von leuchtenden Quellen stärker absorbirt als die von dunklen. Ebenso verhalten sich eine An- zahl der in der ersten Tabelle aufgeführten Stoffe: Selen, Zink- blende, Chlorsilber. 1) Melloni, Ann. chim. 72. 40. 748 Gresammtsitzung | An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: v. Maurer, Geschichte der Städteverfassung in Deutschland. 1. Bd. Erlangen 1869. 8. Howard, John Elliott, The Quinology of the East Indian plantations. London 1869. fol. Scacchi, Sulla efficacio delle 3oluzioni dei tartrati. Napoli 1866. 4. Moriz Schmidt, The Lycian Inscriptions after the accurate copies of the date Augustus Schoenborn. Jena 1868. 4. — Neue Iykische Studien, und das Dekret des Pixodaros, von W. Pertsch. Jena 1869. 8. — Pindar’s Olympische Siegesgesänge, griechisch und deutsch. Mit Schreiben des Hrn. Prof. Schmidt, d. d. Jena 18. Sept. 1868. Washington Astronomical and Meteorological Observations,. dering the year 1866. Washington 1868. 4. Memorial of the great central fair for ihe U. St. Sanitary Commission, by R. Stille. Philadelphia 1864. 4. Ch. Stille, The history of the U. St. Sanitary Commission. New York 1868. 8. Transactions of the medical, Society of the State of New York,. for 1866—1868. Albana 1866—68. 8. The U. St. Sanitary Commission. Boston 1863. 8. Occasional Papers of the Boston Society of natural history. Boston 1869. 8. Gould, Investigations in the military and anthropological statisties of american soldiers. New York 1869. 8. Report of the 48th. Meeting of the British Association, for the advan- cement of science. London 1869. 8. + Observations made at the Observatory ad. Trinity College, Dublin., Vol. I. Dublin 1869. 4. Results of Observations made at the Radclife Observatory, Oxford. Vol. 26. Oxford 1869. 8. Smithsonian Report for 1867. Weshington 1868. 8. Von der Kgl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stock- . holm: Handlingar. Vol.V,2. VI,1.2. VIO,1. Stockholm 1864—67. 4. Öfversigt. Vol. 22—25. ib. 1865—68. 8. Meteorologiske Jakttagelser. Vol. 6. 7. 8. ib. 1864—66. 4. Freg. Eugenies Resa omkring Jorden. Häft 12. ib. 1868. 4. Lefnadsteckningar. 1, 1. ib. 1869. 8. vom 21. October 1869. 749 Sundevall, Conspectes avinen picinarum. ib. 1866. 8. Stäl, Hemiptera africana. Vol. 1—4. ib. 1864—66. 8. Nordenskiöld, Geologische Skizze von Spitzbergen. Stockholm 1867. 8. Journal of the Royal Geographical Society. Vol. 38. London 1868. 8. Transactions of the Edinburgh Geological Society. Vol. 1, Part 1. 2. Edinburgh 1868. 8. Memoires de la societe des sciences naturelles de Cherbourg. "Tome 14. Paris 1869. 8. Annales des sciences physiques et naturelles. III, Tome 11. Paris 1867. 8. Oomptes rendus des seances de l’academie des sciences. Vol. 69, no. 1 —11. Paris 1869. 4. Vierteljahrschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Jahrg. 12.32. 2 Zürich, 1867, 1869. 8. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 46. Görlitz 1869. 8. Promis, Storia dell’ antica Torino. Torino 1869. 8. 21. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weber las: Zur Kenntnils des vedischen Opfercultus (über das agnicayanam). An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Relation authentique du voyage du Capt. de Gonville es nouvelles terres des Judes (1503—1505) public par Mr. D’Avezac. Paris 1869. 8. Jahresbericht und Abhandlungen der schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Kultur. Breslau 1868—69. 8. Bidrag till Kännedom af Finlands Natur och Folk. Häftet 13. 14. Helsingfors 1868, 1869. 8. Öfversigt af Finska Vetenskaps Societetens Förhandlingar. XI. Hel- singfors 1869. 8. Hjelt, Gedächtnifsrede auf Alexander von Nordmann. Helsingfors 1868. 8. 750 Sitz. d. phil.-hist. Kl.v. 25. Oct. — Gesammtsitz. v. 28. Oct. 1869. 25. October. Sitzung der ya histo- rischen Klasse. Hr. Rödiger las den ersten historischen und litterarischen Theil einer Abhandlung über einige ältere arabische Gedicht- sammlungen, insbesondere die Mufaddalijät. 28. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. v. Ranke las über den Fall des brandenburgischen Ministers Eberhard von Dankelmann (1697 und 1698), vor- nehmlich aus englischen Berichten. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1868 und 1869 erschienen: v. RANKE, Briefwechsel Friedrichs des Grossen mit dem Prinzen Wil- helm IV. von Oranien und mit dessen Gemahlin, Anna, geb. Princefs Royal von England. Preis 1 Phey1 Bee: EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten vorherrschend aus mikro- skopischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. Lepsivs, Über den chronologischen Werth der Assyrischen Eponymen und einige Berührungspunkte mit der Aegytischen Chronologie. Preis: 15 Sgr. nn HM. nes mob Nien su Fe; ur RA EIaRn | “ ee enge vi Be ; ori au Besdersntun, a orrrog neck: sah dr gs ‚Sipolsordd nssbauezad ob, a is ' A BE y * r- a m B er g eh f 5 ie = 2 li f > 2 r Re j u N \ Are r i MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. November 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Haupt. 4. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Ehrenberg berichtete über eine von Hrn. Georg Gladstone in London an die Akademie eingesandte Mitthei- lung, betreffend das mikroskopische Leben in der Nahe bei Münster am Stein. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Sitzungsberichte der k. bayer. Akademie der Wissenschaften für 1869. II. Heft 1. München 1869. 8. Annales des mines. Tome XVI. Paris 1869. 3. L. Lortet, Deux ascensions au Mont-Blanc. Paris 1869. 8. A. de Senepart, La postulation d’Euchide demonstre. Maestricht 1869. 8. | Proceedings of the London Mathematical Society. no. 19. London 1869. 8. Linder, Du röle de lattraction universelle. (Paris 1869.) 4, ‚November. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Hagen las über die Bewegung des Wassers in verti- kal abwärts gerichteten Röhren. [1869.] 54 752 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 8. November 1869. Hr. Ehrenberg theilte aus einem Schreiben des Hrn. Dr. Julius Haast in Canterbury, Neu-Seeland vom 2. Sep- tember d. J., welches heut am 8. November hier eintraf, mit, dafs derselbe sich mit weiterer Untersuchung der ehemaligen Lebensverhältnifse der straufsartigen Riesenvögel fortdauernd glücklich beschäftigt hat. Er giebt in seinem Schreiben fol- gende Nachrichten darüber, deren weitere Kenntnilsnahme em- pfehlenswerth schien: — „Es dürfte nicht ohne Interesse für Sie sein zu hören, dafs ich vor wenigen Wochen ein altes Moa-Jäger-Lager ent- deckt habe, welches wohl 40—50 englische Acres (Morgen) Grund bedeckt. Die Kochplätze mit Steinen gepflastert sind oft 9 Fufs im Durchmesser und daneben liegen die theils ver- brannten aber stets zerbrochenen Moa-Knochen verschiedener Arten, ebenfalls Hunde- und Seehunde-Knochen, nebst mehreren Steinwerkzeugen, meistens aus Flint bestehend, und den in Amiens gefundenen sehr ähnlich. Sie sind nie geschliffen wie die der Maories. Ich werde, sobald ich die Zeit finde, eine Beschreibung der Lokalität etc. veröffentlichen. Die dort ge- machten Beobachtungen bestätigen mich in der bereits früher ausgesprochenen Theorie, dafs die Rasse, welche die Dinornis- Arten jagte und als, eine ganz andere war, als die der Maories, welche keine Traditionen in Betreff der ausgestorbenen gigan- tischen Vögel haben.* — Diese Mittheilung erweitert jene in den Monatsberichten des Jahres 1868 pag. 551 von Dr. J. Haäast in Aussicht ge- stellten dortigen Landeskenntnifse mit einem förmlichen Lager- platz zur Zeit der Moa-Straufsen-Jäger. 11.November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Mommsen las über ein ungedrucktes Bruchstück aus dem 20. Buche des Livius. Derselbe legte die Pommersfeldener Bruchstücke einer Digestenhandschrift auf Papyrus vor. Gesammtsitzung vom 18. November 1869. 753 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Transactions of the Linnean Society. Vol. XXVI, 2. 3. London 1869. 4. Journal of the Linnean Society. Vol. XII. Botany, no. 48—51. Zoology, no. 43>—46. ib. 1869. 8. Report of the 38. Meeting of the British Association. London 1869. 8. Annalen der Münchner Sternwarte. 8. Supplementbd. München 1869. 8. Regel und Herder, Plantae Raddeanae et Semesovianae. Moscou 1869. 8, Bijdragen tot de Taal- Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indic. IV, 1. 8 Gravenhage 1869. 8. Flora batava. Heft 208—210. Leyden 1869. 4. Astronomische Beobachtungen auf der Sternwarte zu Bonn. VII, 2. Bonn 1869. 4. 18.November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Dove gab eine Übersicht des dritten Theiles seiner Darstellung der Wärmeerscheinungen durch fünftägige Mittel. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Bibliotheca indica. New Series. no. 155—158. 160—163. Calecutta Pi9I. 8 Journal of ihe asiatic Society of Bengal. no. 153. 155. Calcutta 1869. 8. Journal of the American Oriental Society. IX, 1. New Haven 1869. 8. Scalia, L’ontologismo riformato nelle essenze eterne delle cose. Ca- tania 1869. 28. Hoguet, Expose de medicine homoeodynamique. Paris 1869. 8. Mit Schreiben (des Verf. d. d. Paris 10. August 1869. Annales de lobservatoire physique de Russie. Annde 1865. Peters- bourg 1869. 4. O. Boettger, Beitrag zur Kenntni/s der Tertiärformation in Hessen. Offenbach 1869. 4. Du Cange, Les familles d’outre-mer, publiees par E. G. Rey. Paris 1869. 4. Lavoisier, Oeuvres.. Tome IV. Paris 1868. 4, Fresnel, Oewvres. Tome Il. Paris 1869. 4, 54* 754 Gesammisitzung Scharrath, Constructionen für die practische Ausführung der Po- ren - Ventilation in geschlossenen Räumen. Bielefeld 1869. 8. und fol. 22. Novemb. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Droysen las: Beitrag zur Kritik der Memoiren des Baron von Poelnitz. | 25. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Poggendorff las über das.Holtz’sche Rota- tionsphänomen. Im J. 1867 veröffentlichte. ich ein Paar kurzer Notizen, in welchen ich ein vereinfachtes Verfahren zur Hervorbringung eines wenige Monate früher von Hrn. Holtz entdeckten elek- trischen Rotationsphänomens beschrieb. Ich bediente mich da- bei einer seiner Elektrisirmaschinen erster Art, aus welcher ich die ruhende Scheibe entfernt hatte. Seitdem habe ich mir einen eigends auf das Studium dieses Phänomens eingerichteten Apparat anfertigen lassen, um dasselbe, was bisher noch nicht geschehen ist, in seinen einzelnen Phasen eingehender zu un- tersuchen. Es schien mir diefs keine überflüssige Arbeit zu sein; denn wenn auch dieses Phänomen lediglich durch die be- kannten elektrischen Attractionen und Repulsionen hervorge- rufen wird, so weicht es doch durch die Art und Weise, wie bei ihm diese Anziehungen und Abstofsungen zur Wirksamkeit gelangen, wesentlich von allen bisher dargestellten elektrischen Rotationen ab, und dabei sind die Vorgänge nicht nur unge- mein mannigfaltig, sondern auch zum Theil so verwickelt und räthselhaft, dafs ich offen bekennen muls, selbst nach einer zweijährigen Beschäftigung mit demselben nicht im Stande zu sein, über jeden einzelnen Punkt genügende Rechenschaft zu geben. vom 25. November 1869. 35 | Der erwähnte Apparat hat die Gröfse einer gewöhnlichen . Holtz’schen Elektrisirmaschine. Er ist darauf berechnet, eine Scheibe von Glas oder Ebonit (Kamm-Masse) mit Leichtigkeit in einer Verticalebene rotiren zu lassen. Die horizontale Axe derselben ruht mittelst Stahlzapfen von 1,5 Lin. Dicke auf V-förmigen Pfannen aus Rothguls. Das Gestell, welches diese Pfannen trägt, ist auf beiden Seiten versehen mit einem Kreuz aus Ebonitstäben, die an den Enden konisch durchbohrt sind, um metallene Spitzenkämme aufzunehmen. Es können dem- nach vier derartige Kämme gegen jede Seite der Scheibe ge- richtet werden, zwei an den verticalen Armen des Kreuzes, und zwei an den horizontalen. An ihren Stielen haben diese Kämme Einbohrungen und Schrauben, um die Drähte aufzunehmen und zu befestigen, welche sie entweder unter sich oder mit der Elektrisirmaschine verbinden sollen. Aufserdem ist dem Apparat ein verticaler, verschiebbarer Rahmen beigegeben, um mittelst desselben Platten verschie- dener Art neben der Scheibe aufstellen zu können, entweder _ auf der einen oder auf der andern oder auch auf beiden Seiten, und zwar in verschiedenen Abständen. Der Rahmen ist dazu mit Nuthen versehen, in welche die Platten eingeschoben wer- den können. Die zur Rotation bestimmten Scheiben, möglichst gut ae- quilibrirt, hielten 15 Zoll im Durchmesser. Glasscheiben wur- den von verschiedener Dicke angewandt, gefirnifst und unge- firnifst, belegt und nicht belegt. Vom Ebonit wurde nur eine Scheibe benutzt, da es sich in jeder Beziehung wie Glas verhielt. Ohne Zweifel würde der Apparat bedeutend an Beweg- lichkeit gewonnen haben, wenn ich die Scheibe an einer ver- ticalen Axe auf Spitzen hätte rotiren lassen, wobei auch ihre Aequilibrirung weniger nothwendig gewesen wäre. Allein ich würde den Vortheil verloren haben, beide Seiten der Scheibe mit gleicher Leichtigkeit untersuchen zu Können, und darum wählte ich die senkrechte Stellung. Überdiefs ist die Kraft, welche hier in Betracht kommt, grofs genug, um die Scheibe, in sehr lebhafte Rotation zu versetzen, selbst wenn die Zapfen ihrer horizontalen Axe 3,5 Linien dick sind und in runden Pfannen laufen. 756 Gresammtsitzung Die zahlreichen Elemente des beschriebenen Apparats ge- statten begreiflich eine noch ungleich gröfsere Zahl von Com- binationen, und lassen somit alle Umstände erforschen, unter welchen eine Rotatiou erfolgt oder nicht, unter welchen sie nur in einer bestimmten Richtung stattfindet und in der entge- gengesetzten ausbleibt, unter welchen sie eines anfänglichen Impulses bedarf oder trotz der Reibung an der Axe freiwillig beginnt.') Nur die genaue Kenntnils aller dieser Particularitäten kann der Hoffnung Raum geben, dafs es dereinst gelingen werde, von dem interessanten Bewegungsphänomen eine. voll- ständige Theorie aufzustellen, zu welcher ich für jetzt nur Material zu liefern vermag. I. Die einfachste Gebrauchsweise des Apparats besteht darin, dafs man der Scheibe auf der einen Seite zwei Spitzenkämme diametral bis auf ein Paar Linien nahestellt, und ihr mittelst dieser Kämme Elektricität zuführt, am Besten aus einer Holtz- schen Maschine. Ertheilt man dann der Scheibe einen kleinen Impuls, entweder in der einen oder anderen Richtung, so fährt sie fort in dieser Richtung zu rotiren, und steigert ihre Ge- schwindigkeit in kurzer Zeit bis zu dem Grade, dafs sie 80 bis 100 Umgänge in der Minute macht, unter günstigen Um- ständen (bei Trockenheit der Luft, Reinheit der Scheibe, u. s. w.) . wohl noch mehr. . Ich beobachtete diefs sowohl an einer gefirnifsten Scheibe von dünnem Fensterglase, die mit ihrer Axe 24 Pfd. wog und für gewöhnlich angewandt wurde, als auch an einer ungefir- nilsten dicken Scheibe Spiegelglas, deren Gewicht mit dem der Axe 44 Pfd. betrug. 1) Im dem ideellen Fall, dafs an der Axe keine Reibung statt- fände und die Mittellinie derselben genau durch den Schwerpunkt der Scheibe ginge, würde die Rotation begreiflich allemal eine freiwillige werden, wenn die Elektricität entweder nur in einer Richtung wirkte, oder in der einen stärker als in der anderen. Von diesem ideellen Fall kann hier natürlich nicht die Rede sein. vom 25. November 1869. 157 Die beiden Kämme brauchen übrigens nicht nothwendig eine diametrale Stellung zu haben. Es genügt schon ein qua- drantaler Abstand, nur. ist dann die Rotationsgeschwindigkeit geringer. Statt zwei Kämme kann man auch deren vier an einer Seite der Scheibe anbringen, zwei am verticalen, und zwei am horizontalen Stabe des Kreuzes. Sie müssen jedoch so unter sich und mit der Maschine verbunden werden, dafs die an einem und demselben Stabe befestigten gleiche Elektrieität aus- strömen, sie also, im Kreise herum gezählt, abwechselnd po- sitiv und negativ sind. Dann erhält man, nach einem Impuls, eine Rotation in beiden Richtungen, deren Geschwindigkeit wo nicht gröfser, doch wenigstens eben so grofs ist, als die be- reits genannte. Hat man aber die Verbindung so gemacht, dafs auf zwei positive Kämme zwei negative folgen, so ist die Wirkung der Elektrieität, wenn auch nicht ganz Null, doch jedenfalls sehr schwach. ') !) Um mit voller Sicherheit zu entscheiden,.ob in einem gegebenen Falle die auf die Scheibe strömende Elektricität keine Wirkung habe oder nur eine schwache, müfste man der Scheibe zwei Mal einen ganz glei- chen Impuls ertheilen, erst während der Wirkung der Elektricität, und dann nach Aufhebung derselben. Beobachtete man nun die Zeiten, in- nerhalb deren die Scheibe in beideu Fällen vermöge der Reibung auf der Axe und des Widerstandes der Luft zur Ruhe gelangte, so würde die Gleichheit oder Ungleichheit derselben die Frage entscheiden. Allein zur Hervorbringung zweier völlig gleichen Impulse wäre ein besonderer Apparat erforderlich. In Ermangelung eines solchen könnte man freilich auch dadurch zum Ziele gelangen, dafs man der Scheibe in den bezeichneten Fällen zwei ungefähr gleiche Impulse ertheilte, und die Momente abwartete, wo sie eine gleiche Anzahl von Rotationen innerhalb einer gewifsen Zeit hervorbrächten. Von diesen Momenten an mülste man dann die Zeiten beobachten, die in beiden Fällen bis zur völligen Ruhe verstrichen. Dies Verfahren ist aber auch umständlich und schwerlich von einer Person, welche zugleich die Elektrisirmaschine gleichmäfsig umdrehen soll, mit Genauigkeit ausführbar. Ich habe mich daher auf eine blofse Schätzung beschränkt, und es wäre also wohl möglich, dafs die Wirkung in einigen Fällen, wo ich sie für Null ausgab, in der That nur sehr schwach war. 758 Gesammtsitzung In welcher Weise hier die Rotation zu Stande kommt, oder vielmehr unterhalten und gesteigert wird, habe ich für den einfachen Fall mit zwei diametralen Kämmen schon in einer meiner früheren Notizen angedeutet.') „Nach dem anfänglichen Impuls — heiflst es daselbst — bekleidet sich die Scheibe mit den von den Kämmen ausströ- menden Elektricitäten, auf der einen Hälfte mit der positiven, auf der anderen mit der negativen; und so wie die von dem einen Kamm auströmende Elektrieität zu dem anderen gelangt, wird sie von diesem angezogen, und nicht blofs sie allein, sondern auch die Scheibe, an welcher sie adhärirt. Es ist aber auch einzusehen, dafs die beiden Hälften der Scheibe nicht dauernd entgegengesetzt elektrisirt sein könnten — (wie sie es wirklich sind) — wenn die von dem einen Kamme aus- strömende Elektricittätsmenge vollständig zu dem anderen ge- langte, weil dann die Elektrieität des letzteren gänzlieh zur Neu- tralisation des ersteren verbraucht werden würde. Es mufs also entweder ein Theil der von der Scheibe aufgenommenen Elek- trieität verloren gehen, oder die von jedem Kamme ausströ- mende Elektrieität in der Weise zerfallen, dafs nur ein Theil an die von ihm fortgehende Hälfte der Scheibe übergeht, und der andere die entgegengesetzte Elektricität der an ihn heran- tretenden Hälfte neutralisirt.* Wiewohl ohne Zweifel ein ansehnlicher Theil der auf die Scheibe ausströmenden Elektricitäten ungenutzt für die Rotation in die Luft entweicht, so bin ich doch gegenwärtig der Mei- nung, dafs der fortdauernd entgegengesetzt elektrische Zustand beider Hälften der rotirenden Scheibe (der sich so leicht mit einem Elektrometer nachweisen läfst) nicht von einer solchen Entweichung hergeleitet werden kann, sondern seinen Grund wirk- lich in der supponirten Halbirung der Elektricität haben muls. Jeder Kamm, so scheint es mir natürlich anzunehmen, strömt, unbeschadet der vor ihm rotirenden Scheibe, fortwäh- rend gleichviel Elektrieität nach beiden Seiten aus, und so gelangt die eine Hälfte zu dem anderen Kamme, während !) Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 131 S. 655. vom 25. November 1869. 759 die zweite die von diesem herkommende Elektrieität neutra- lisirt.!) Möglicherweise kann übrigens zur Rotation auch die Ab- stolsung mitwirken, welche jeder Kamm auf die von ihm aus- gesandte und an der fortgehenden Scheibenhälfte adhärirende Elektrieität ausüben muls. Mag nun die Rotationskraft auf die eine oder andere Weise entstehen, so ist doch kaum zweifelhaft, dafs sie mit der Ge- schwindigkeit wachsen müsse, weil mit vergröfserter Geschwin- digkeit die Elektrieität weniger Zeit hat von der Scheibe zu entweichen. Es ist das vielleicht mit ein Grund, weshalb in einigen Fällen die andauernde Rotation nach einem schwachen Impuls nicht zu Stande kommt, wohl aber sehr gut nach einem stärkeren. Es könnte übrigens auch sein, dafs die Reibung eine Function der Geschwindigkeit wäre, sie mit derselben abnähme. Ich habe darüber keine Angaben gefunden. II. In dem Bisherigen wurde nur eine Seite der Scheibe be- nutzt; man kann aber auch beide Seiten benutzen und hat da- bei Gelegenheit einen theoretischen Punkt zu berichtigen. Es ist nämlich die Ansicht ausgesprochen worden, das in Rede stehende Rotationsphänomen verwirkliche die Umwandlung der Elektrieität in mechanische Kraft. Ich will die Möglichkeit einer solchen Umwandlung nicht bestreiten, mufs aber doch bemerken, dafs dies Phänomen complicirter ist, als es auf den ersten Blick zu sein scheint. Denn die von der Maschine aus- strömende Elektricität leistet nicht blofs mechanische Arbeit, sondern erzeugt auch wiederum neue Elektricität. | Einen ersten Beweis davon erhält man, wenn man den anfangs beschriebenen Versuch dahin abändert, dafs man die beiden diametralen Kämme nicht an einer und derselben Seite der Scheibe anbringt, sondern den einen an dieser und den an- deren an jener Seite. Unter den genannten Umständen bekommt man dann eine Rotationsgeschwindigkeit, die der früheren durch- aus nicht nachsteht. !) An den Kämmen der Holtzschen Elektrisirmaschine findet of- fenbar eine ähnliche Halbirung der ausströmenden Elektricitäten statt. 760 Gesammtsitzung Diese Rotation entspringt offenbar daraus, dafs die einer jeden Seite der Scheibe zugeführte Elektrieität durch Infuenz die gleichnamige auf der anderen Seite frei macht. Die direct von dem einen Kamm ausströmende Elektricität und die durch Influenz von dem anderen Kamm entwickelte wirken dann ebenso, wie im früheren Falle die beiden ausströmenden Elektricitäten. Nur sind jetzt die positiven Lichtpinsel nicht parallel der Scheibe, sondern rechtwinklig gegen dieselbe gerichtet. Dafs die der einen Seite der Scheibe zugeführten Elektri- citäten auf der anderen Seite die gleichnamigen frei machen, ist wohl selbstverständlich; doch aber möchte es nicht über- flüssig sein, hier noch einige darauf beruhende Erscheinungen beizubringen. Vor der einen Seite der Scheibe (ich will sie die Vorder- seite nennen) befestige man zwei Kämme am verticalen Stabe und vor der anderen (der Rückseite) zwei Kämme am horizon- talen. Verbindet man nun die ersteren mit der Maschine und die letzteren unter sich durch dicke Drähte, die in Kugeln en- digen, bis so weit, dafs noch eine kleine Luftstrecke zwischen den Kugeln bleibt, und legt über die Stiele dieser Kämme eine kleine Röhrenflasche, so wird diese, wenn die Soheibe in elek- trische Rotation versetzt wird, geladen, und die Entladungen derselben liefern ein hör- und sichtbares Maafs für die ent- wickelten Influenz-Elektrieitäten. Gebe ich den Kugeln einen gegenseitigen Abstand von 6 Lin., so erhalte ich in der Minute wohl an 100 Entladungen, und verkürze ich ihn auf 4 Lin., sogar an 200. Verbindet man die hinteren Kämme durch eine Geifsler- sche Röhre, so wird dieselbe leuchtend, und zeigt dabei zu- gleich die Richtung des Influenzstromes an. Am stärksten ist begreiflich diese Entwicklung von In- fluenz -Elektricität gerade vor den Spitzen der auströmenden Kämme. DBefestigt man demnach die Kämme an der Vorder- seite der Scheibe ebenfalls am horizontalen Stabe, so dafs sie den Kämmen an der Rückseite gerade gegenüberstehen, und lälst nun die Scheibe elektrisch rotiren, so hat man das über- raschende Schauspiel eines ununterbrochenen Funkenstroms zwischen den Entladungskugeln der Röhrenflasche, selbst wenn vom 25. November 1869. . -#61 diese einen gegenseitigen Abstand von zwei Zoll und mehr - besitzen. Hält man die Scheibe an, so verschwindet der Funken- strom, trotz ununterbrochener Zuleitung der Elektricität. Er kommt aber sofort wiederum zum Vorschein, sowie man die Rotation der Scheibe erneut. Da hierbei die Spitzen der ein- ander gegenüber stehenden Kämme entgegengesetzte Elektrici- täten ausströmen, so sieht es täuschend aus, wie wenn die Glasscheibe, ungeachtet ihrer ansehnlichen Dicke, während der raschen Bewegung die Elektricität durchliefse oder ein Elek- trieitätsleiter würde. Die Möglichkeit, dafs ein Isolator durch rasche Bewegung . zu einem Leiter werde, obwohl weniger wahrscheinlich als umgekehrt die Verwandlung eines Leiters in einen Isolator, könnte wohl gerade nicht bestritten werden, indem Thatsachen, die dagegen sprächen, meines Wissens nicht vorhanden sind. Es wäre aber wohl mehr als voreilig, diese Umwandlung ohne Weiteres zuzugeben, zumal sich eine andere Erklärung auf- stellen liefse, die viel weniger gewagt ist. Män könnte nämlich sagen, dafs bei einem ruhenden Iso- lator die Influenz auf seine Hinterseite nothwendig bald eine Grenze haben müsse, nämlich dann, wenn er auf der Vorder- seite keine Elektrieität mehr aufzunehmen im Stande ist; wo- gegen sie in einem bewegten unausgesetzt fortdauere, da stets neue noch nicht influeneirte Theilchen an die ausströmenden Spitzen der Kämme herantreten. Wenn diese Ansicht richtig ist, so würde damit auch die Erklärung einer anderen paradox aussehenden Thatsache ge- geben sein. Die Drähte nämlich, welche bei den eben beschriebenen Versuchen, so wie überhaupt bei allen Versuchen mit dem Ro- tationsapparat, die Verbindung desselben mit der Elektrisir- maschine herstellen, zeigen immer, auch wenn sie, wie bei mir, fast eine Linie dick und mit Seide übersponnen sind, viel freie Elektrieität, welche sie in die Luft ausstrahlen, oder, falls man ihnen einen Finger nähert, gegen diesen in kleinen Fun- ken entlassen. Verbindet man die vor der Scheibe angebrachten Kämme 762 Gesammtsitzung metallisch mit einander, indem man z. B. einen Messingstab quer über sie legt, so verschwindet diese freie Elektrieität auf den Dräthen. Das ist wohl sehr natürlich. Sie verschwindet aber auch oder wird auf ein Minimum reducirt, wenn man zwischen den beiden hinter der Scheibe befindlichen Kämmen eine metallische Verbindung herstellt, ungeachtet dann der Schliefsungskreis der Elektrisirmaschine zwei Mal durch Glas unterbrochen ist. Und wohl zu merken: dies Verschwinden findet ebenfalls nur statt, wenn die Scheibe rotirt, nicht wenn sie ruht. Stellt man den Versuch im Dunklen an, so kann man wahrnehmen, dafs, so lange die Scheibe ruht, wenig oder kein elektrisches Licht auf den Spitzen der Kämme erscheint, dafs dieses Licht aber sehr lebhaft wird, so wie die Scheibe rotirt. Jedenfalls geht also auf die rotirende Scheibe mehr Elektri- cität über als auf die ruhende, und diels giebt wohl von dem Verschwinden der freien Elektricität auf den Dräthen genügen- den Aufschlufs, mag übrigens dieselbe durchgelassen oder durch Influenz ausgeglichen werden. Trotzdem aber ist unter diesen Umständen, d. h. wenn die hinteren Kämme metallisch mit einander verknüpft sind, das Rotationsvermögen der Elektricität viel schwächer als im Fall eine solche Verknüpfung nicht stattfindet. Denn wenn auch die Scheibe nach einem anfänglichen Impuls eine Weile lebhaft rotirt, kommt sie doch allmählig zum Stillstand. Ich möchte mir diese Erscheinungen folgendermaflsen er- klären. Strömt der Vorderkamm «a positive Elektrieität aus, so wird die von ihm fortgehende und zum diametralen nega- tiven Vorderkamm b gelangende Scheibenhälfte mit positiver Elektricität bekleidet und zwar nicht blofs auf ihrer Vorder- seite, sondern durch Influenz auch auf ihrer Hinterseite. Be- finden sich nun auf dieser Hinterseite ebenfalls Kämme in an- gegebener Lage und unter sich metallisch verknüpft, so wird der Kamm «, welcher dem Vorderkamm «a gegenübersteht, ne- gative Elektrieität ausströmen und mit ihr die von ihm fort- gehende Scheibenhälfte bekleiden. Diese Hälfte ist aber die- selbe, welche auf derselben Seite durch den Kamm «a mit positiver Influenz-Elektrieität versehen wurde. Es wird also diese Elektrieität neutralisirt werden, oder wohl noch ein Über- vom 25. November 1869. 763 schufs von negativer Elektricität hinzutreten. Aus beiden Grün- den wird demnach der Vorderkamm b wenig oder gar nicht anziehend auf die zu ihm gelangenden Scheibentheile wirken können. Ebenso wird der Vorderkamm a keine oder eine nur geringe Anziehung auf die zu ihm gelangenden Scheibentheile ausüben, da sie von dem Vorderkamm 5 und dem gegenüber stehenden Hinterkamm 2 mit entgegengesetzten Elektricitäten versehen worden sind. Ich sagte soeben, dafs der dem’ positiven Vorderkamm « gegenüber stehende Hinterkamm « negative Elektricität aus- ströme. Dies ist keine Hypothese, sondern eine sichere, im Dunklen leicht erkennbare Thatsache, welche beweist, dafs der letztere Kamm seine Thätigkeit unmittelbar von dem ersteren empfängt, und nicht von der Scheibe. Denn wenn er sie von der Scheibe empfinge, mülste er statt der negativen Elektrieci- tät positive aussenden, da die zu ihm gelangende Scheibenhälfte durch ihren Vorübergang vor dem negativen Vorderkamm Db an beiden Seiten mit negativer Elektricität versehen worden ist. Es giebt noch mehr Fälle, welche augenscheinlich darthun, dafs die Elektrieität bei diesem Rotationsphänomen nicht blofs mechanische Arbeit verrichtet, sondern zugleich neue Elektriei- tät erzeugt; allein ich will sie für jetzt übergehen, um mich einer anderen Klasse von merkwürdigen Erscheinungen zuzu- wenden. Ill: Die auf beschriebene Weise hervorgebrachte Rotationsge- schwindigkeit der Scheibe ist gewils schon eine recht ansehn- liche; allein sie lälst sich noch bedeutend vergrölsern durch Anwendung zweier Hülfsmittel: durch die Stellung der Kämme und durch die Hinzuziehung von Nebenplatten. Was die Kämme betrifft, so waren sie in den bisherigen Versuchen entweder am verticalen oder am horizontalen Stabe, entweder vor oder hinter der Scheibe angebracht, jedoch immer so, dafs sie ihrer Länge nach mit dem vor ihnen fortgehenden Radius der Scheibe zusammenfielen. Diese radiale Stellung, welche man als die normale be- trachten kann, ist jedoch nicht die wirksamste. Ihre gröfste Wirksamkeit erhalten die Kämme, wenn man sie aus ihrer ra- 764 Gesammtsitzung dialen Lage um einen Winkel von etwa 45° dreht, und zwar in dem Sinn, dafs die rotirende Scheibe sich gegen die ihrer Mitte zugewandte Seite des Kammes bewegt. Rotirt sie in der entgegengesetzten Richtung, so ist die Wirkung am schwächsten. Von der gröfseren Wirksamkeit dieser schiefen Stellung der Kämme kann man sich durch jeden der bereits angeführ- ten Versuche überzeugen, am untrüglichsten durch diejenigen, bei welchen hinter der rotirenden Scheibe Inductionsfunken er- zeugt werden. Giebt man nämlich den Kugeln, zwischen wel- chen die Röhrenflasche sich entladet, einen solchen Abstand von einander, dafs bei radialer Stellung der Kämme keine Fun- ken mehr zwischen ihnen überschlagen, so kommen sie sogleich zum Vorschein, sowie man die Kämme in die angegebene schiefe Stellung versetzt. Dasselbe thun andere Versuche dar und selbst der aller- einfachste mit zwei diametralen Kämmen an derselben Seite der Scheibe liefert einen Beweis dafür. Am entschiedensten aber tritt die grölsere Wirksamkeit der schiefen Kammstellung hervor, wenn man mit derselben noch Nebenplatten verbindet, wie ich dies weiterhin näher aus- einander setzen werde. Ich habe mich vielfach bemüht, zu ermitteln, weshalb die Kämme bei schiefer Stellung eine ungleiche Wirkung an bei- den Seiten ausüben, bin aber leider nicht so glücklich gewesen, einen Grund dafür aufzufinden, der mir genügt hätte. Indefs habe ich bei dieser Gelegenheit beobachtet, dafs Abe Lichtpinsel, welche man im Dunklen am positiven Kamm er- blickt, und welche, wie man das schon von der Holtzschen Maschine weils, bei radialer Stellung dieses Kammes recht- winklig auf ihm stehen, entgegen der Rotation der Scheibe, diese Rechtwinklichkeit bei allen übrigen Stellungen beibehal- ten, so dafs, wenn man den Kamm im Kreise herumdreht, sie ihm darin folgen. Nur werden sie um so schwächer und kür- zer, je mehr sich der Kamm der tangentiellen Lage nähert, und sowie er diese erreicht, verschwinden sie wohl ganz, bis auf einige, die aus seinen Enden hervorschiefsen. Bei der vortheil- haften Stellung des Kamms von 45° sind sie caeteris paribus am längsten, und da sie dann um einen gleichen Winkel ein- vom 25. November 1869. 765 wärts abgelenkt sind, liegen sie nicht in der tangentiellen Rich- tung, in welcher, wie man glauben sollte, dem positiven Kamm die negative Elektrieität zugeführt wird. Auf welche Weise dies mit der mechanischen Wirkung der Kämme zusammenhänge, mufs ich für jetzt dahingestellt sein lassen. IV. Sehr mannigfaltig und zum Theil sehr räthselhaft sind die Erscheinungen, welche auftreten, wenn man zum zweiten Ver- stärkungsmittel übergeht, d.h. neben der beweglichen Scheibe feste Platten aufstellt, zu welchem Behufe eben dem Appa- rat der anfangs erwähnte verschiebbare Rahmen beigefügt ist. Die angewandten Platten bestanden entweder aus Glas oder Pappe oder Zink, also entweder aus einem Isolator oder Halbleiter oder metallischem Leiter. Glas und Pappe verhiel- ten sich in allen Stücken gleich, und Zink nur in einigen ab- weicheud. Was die Gestalt dieser Platten betrifft, so bildeten sie ent- weder Quadrate von der Grölse der Scheibe oder halb so grofse Rectangel. Die ersteren hatten in der Mitte eine runde Öf- nung, weit genug, um nicht allein die Scheibenaxe durchzulas- . sen, sondern auch einen der 6 Lin. dicken Wülste, zwischen welchen die Scheibe auf der Axe eingeklemmt ist. Sonst hät- ten sie der Scheibe nicht hinreichend genähert werden können. Zu gleichem Zweck waren die Halbplatten an einem ihrer Rän- der mit einem Ausschnitt versehen. In den meisten Fällen habe ich vertical stehende Halb- platten angewandt, da sie die gröfste Bequemlichkeit gewähren, indem man sie gegen einander vertauschen kann, ohne nöthig zu haben, die Scheibe von ihren Lagern abzuheben. Im Allgemeinen äufsern die Nebenplatten ihre Wirkung dadurch, dafs sie die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe aufserordentlich steigern und sehr rasch auf ihr Maximum er- heben. Ohne sie kann die Scheibe freilich auch eine grofse Geschwindigkeit erlangen, aber es bedarf dazu eines viel stär- keren Impulses und einer viel länger fortgesetzten Einwirkung der Elektricität. Auch müssen die Spitzenkämme relativ der \ 766 Gesammtsitzung Scheibe sehr nahe gestellt werden, während sie bei Anwendung von Nebenplatten schon aus einer Entfernung von 1 bis 14 Zoll ihre Wirkung ausüben. Stehen andrerseits die Kämme nahe, so wirken die Nebenplatten schon in einem Abstand von 1 bis 2 Zoll von der Scheibe ganz merklich. Als specielles Beispiel mag Folgendes dienen. Wenn ich vor der Scheibe zwei Kämme am verticalen Stabe in radialer Lage anbringe und hinter derselben zwei Halbplatten von Glas oder Pappe aufstelle, macht die Scheibe nach einem anfänglichen Impuls aller wenigstens 300 Umgänge in der Minute, ohne Abnahme, so lange man Elektricität auf sie einströmen lälst. Die Rotationsgeschwindigkeit ist so grols, dafs sie sich, ohne eine besondere Vorrichtung eigentlich gar nicht genau bestimmen lälst. Um einen Begriff von ihr zu geben, will ich nur anführen, dafs ein weilses Papierscheib- chen von 34 Lin. Durchmesser, welches als Marke auf einen der die Scheibe auf der Axe festklemmenden Wülste von schwarzer Ebonitmasse geklebt ist und mit seinem Mittelpunkt 14 Zoll von der Centrallinie der Axe absteht, während der Rotation fast wie ein zusammenhängender weifser Ring er- scheint. Nach aufgehobener Wirkung der Elektrieität, setzt die Scheibe ihre Rotation noch zwei bis drittehalb Minuten fort, ehe sie zur Ruhe gelangt. Vor der Scheibe, also auf Seite der Kämme aufgestellt, wirken die Nebenplatten ebenso stark. Allein es ist doch ein bemerkenswerther Unterschied, zwischen ihrer jetzigen Wirkung und der früheren vorhanden. Stellt man nämlich die Platten hinter der Scheibe auf und giebt den Kämmen die schiefe Lage, so erhält man eine dauernde Rotation nur in der einen, mehrmals bezeichneten Richtung, manchmal von selbst, manchmal erst nach einem leisen Anstofs; und wenn man sie in entgegengesetzter Rich- tung mechanisch eingeleitet hat, kommt die Scheibe bald zur Ruhe und beginnt dann umgekehrt, d. h. in dem ersten Sinn zu rotiren. | Stehen die Platten aber vor der Scheibe, so rotirt die Scheibe, nach einem Impuls, gleich gut in beiden Richtungen, vom 25. November 1869. 767 die Kämme mögen radial oder schief, ja sogar tangentiell ge- stellt sein.) | | Zu diesen Effeecten sind zwei Halbplatten durchaus nicht _ unumgänglich; man erhält sie auch, wenig oder gar nicht schwächer ausgebildet, schon mit einer einzigen Halbplatte. Selbst kleinere Platten von Glas, Ebonit oder Pappe, Quadrate von 5 Zoll Seite, die also lange nicht die halbe "Scheibe bestreichen und, neben derselben aufgestellt, weit von den Kämmen entfernt bleiben, mit ihrer Mitte um einen Qua- dranten, verstärken nicht nur die Rotationsgeschwindigkeit in angegebenem Grade, wenn die Kämme radial stehen, sondern geben auch bei schiefer Stellung derselben den characteristi- schen Unterschied, je nachdem sie vor oder hinter der Scheibe angebracht sind. Eben solche verstärkende Wirkung zeigen die Nebenplatten falls zwei Kämme entweder quadrantal an einer Seite der Scheibe, oder diametral diefs- und jenseits derselben aufgestellt sind. Selbst eine Halbplatte ist dazu ausreichend, sobald sie nur im ersten Fall dem Kamm am horizontalen Arm gegenübersteht. Ähnliches beobachtet man, wenn man zu vier Kämmen übergeht. Vier Kämme gestatten eine zweifache Combination. Ent- weder kann man sie unter sich und mit der Maschine so ver- binden, dafs der obere und untere die eine Elektricität, z. B. die positive, und der rechte und linke die andere Elektrici- tät ausströmen, oder aber auf die Weise, dafs z. B. der obere und der rechte Kamm positiv werden und die beiden anderen negativ. Im ersteren Fall, wo also, im Kreise herum gezählt, die Kämme abwechselnd positiv und negativ. sind, findet schon ohne Nebenplatten nach einem Impuls eine ganz lebhafte Ro- tation in beiden Richtungen statt, wenn die Kämme die radiale Lage haben, und eine blos in der vortheilhaften Richtung, wenn sie schief gestellt sind. Allein beide Wirkun- 1) Die Rotation bei tangentieller Stellung der Kämme bekommt man übrigens auch, wenn die Platten hinter der Scheibe stehen, aber nicht ohne dieselben. [1869.] 55 768 Gesammtsitzung gen treten ungleich stärker hervor, sobald Platten hinter der Scheibe stehen. | Im zweiten Fall sind beide Wirkungen ohne Hinterplatten so schwach, dafs man sie für Null halten könnte, werden aber mit denselben eben so stark wie im ersten Fall. Bemerkenswerth sind die Licht-Erscheinungen, die bei die- sen Combinationen im Dunklen sichtbar werden. Im ersten Fall sieht man an den beiden positiven Käm- men lange Lichtpinsel, im zweiten dagegen kurze, und zwar nur an demjenigen positiven Kamm, der, im Sinne der Rotation gesprochen, der vordere ist und negative Elektrieität vom nächst vorangehenden Kamm zugeführt bekommt. Der hintere posi- tive Kamm zeigt dagegen nur Lichtpunkte, gleichwie wenn er negative Elektricität ausströmte. Trotz der Kürze der positi- ven Lichtpinsel ist in diesem Fall die Rotationsgeschwindigkeit eben so grofs wie im vorhergehenden. Überhaupt habe ich bemerkt, dafs, wiewohl die Länge der positiven Lichtpinsel bei einer und derselben Combination mit der Rotationsgeschwindigkeit wächst, sie doch derselben bei verschiedenen Combinationen keineswegs proportional ist. Noch auffallender ist die Wirkung der Nebenplatten bei Anweudung von vier Kämmen, wenn diese nicht auf einer und derselben Seite der Scheibe angebracht sind. Man befestige vor der Scheibe zwei Kämme am verticalen Stabe, und hinter derselben zwei am horizontalen, alle vier in radialer Lage, und verbinde sie solchergestalt unter sich und mit der Maschine, dafs von den vorderen Kämmen der obere, und von den hinteren der links liegende (von vorn gesehen) positive, und die beiden anderen negative Elektrieität auf die Scheibe ausströmen. Unter diesen Umständen bekommt man keine Rotation, weder in der einen, noch in der anderen Richtung. | Schiebt man aber zwischen den hinteren Kämmen und der Scheibe Halbplatten von Glas oder Pappe ein, die also die Elektricität dieser Kämme auffangen, so beginnt die Scheibe von selbst zu rotiren, und zwar (von vorn gesehen) in Rich- tung der Bewegung eines Uhrzeigers. Die Geschwindigkeit, vom 25. November 1869. 769 welche sie in kurzer Zeit erlangt, ist aufserordentlich grofs, möchte wohl 300 Umgänge in der Minute noch übersteigen. Stellt man nun die Halbplatten vor der Seheibe auf, ohne sonst etwas an der Combination zu ändern, so bekommt man eine Rotation in umgekehrter Richtung, deren Geschwin- digkeit der der früheren wenig nachsteht. Hat man den oberen der vorderen Kämme mit dem (von vorn gesehen) rechts liegenden der hinteren verbunden, so ist die Rotation eben so stark wie vorhin, aber in beiden: Fällen von entgegengesetzter Richtung. Eine Vertauschung der Pole, also eine Umkehrung des Stroms, ändert dagegen an dem Sinn der Rotation nichts. Eben so ist es gleich, ob die Kämme die radiale, schiefe oder tangentielle Lage haben. Glasplatten eignen sich zu diesem Versuch am besten. Er gelingt aber auch ganz gut mit Papptafeln, und, freilich minder gut, selbst mit Metallplatten, wenn sie der Scheibe nur nicht zu nahe stehen, eben so wie mit belegten Glasplatten, deren Belege der Scheibe zugewandt sind. Vier Kämme sind nicht unumgänglich nothwendig für diesen Versuch; es genügen schon drei. Von den hinteren kann der positive oder der negative fehlen, kann auch durch eine Halbplatte von Glas, Pappe und selbst Metall, wenn sie der Scheibe nur nicht zu nahe steht, ersetzt werden. Doch ist in allen diesen Fällen das Phänomen weniger intensiv. Nicht zu übersehen ist, dafs die Versetzung der Platten aus der hinteren Stellung in die vordere, welche bei dem eben beschriebenen Versuch eine Umkehrung der Rotation zur Folge hatte, zugleich mit einer andern Modification verknüpft war, indem die Platten in der vorderen Stellung frei standen, ohne dafs ihnen Kämme anlagen. Versetzt man auch die hinteren Kämme nach vorn, so dafs sich also alle vier Kämme und die Platten an der Vorderseite der Scheibe befinden, so erhält man, wie im ersten Fall, wo die Platten und die Kämme des horizontalen Stabes hinter der Scheibe befindlich waren, eine zeigerrechte Rotation von der angegebenen Geschwindigkeit. Bringt man nun wieder die Platten nach hinten, ohne sonst an der Combination etwas zu ändern, so kommt man 59° 770 Gesammtsitzung auf den schon behandelten Fall zurück, hat bei radialer Stellung der Kämme Rotation in beiden Richtungen, und bei schiefer blofs in einer. | V. Metallplatten, obwohl im Ganzen wie Platten von Glas oder Pappe wirkend, verhalten sich doch, wie schon gesagt, in einigen Beziehungen abweichend. Eine volle Glas- oder Papptafel ist so wirksam wie zwei Halbplatten desselben Materials. Eine volle Zinkplatte aber, isolirt oder nicht, hinter der Scheibe aufgestellt, etwa 5 bis 6 Linien von ihr entfernt, hat wenig Einfluls auf die Rotation, vielleicht gar keinen. Bringt man sie indessen näher, so hat man die Erschei- nung, dafs aus der Rückseite der Scheibe, in der Nähe der Kämme, kleine Funken in Unzahl unter lautem Geprassel auf die Zinkplatte überspringen. So lange die Scheibe ruht, erscheinen diese Fünkchen nicht, trotz unausgesetzter Hinzuleitung von Elektrieität; so: wie man aber die Scheibe in Bewegung setzt, kommen sie so- gleich zum Vorschein, und dabei zeigt sich der Umstand, dafs sie bei langsamer Rotation kräftiger und zahlreicher sind als bei schneller. Bei einem gewissen Abstand der Zinkplatte von der Scheibe können sie wohl ganz verschwinden, wenn letztere schnell rotirt. Diese Fünkchen haben einen verzögernden Einflufs auf die Rotation, und es bedarf daher eines ziemlich starken Impulses, um die Scheibe dauernd in Bewegung zu setzen. Hat sie aber einmal eine gewisse Geschwindigkeit erreicht, so hemmen die Fünkchen die Rotation nicht mehr, wenngleich sie dieselbe immer noch etwas verzögern mögen. Sehr eigenthümlich ist der Einflufs, den diese Fünkchen ‚an der Hinterseite der Scheibe auf die Licht-Erscheinungen an den Kämmen der Vorderseite ausüben. Dieselben erhalten eine ganz ungewöhnliche und unregelmäfsige Gestalt, erscheinen un- ruhig und zeitweise hell aufsprühend.. Wenn man den posi- tiven Kamm näher betrachtet, so findet man, dafs an dem- selben zweierlei Lichter auftreten, lange schwach leuchtende vom :25. November 1869. 771 Pinsel und helle Punkte an der Spitze des Kammes. Es sieht fast aus, wie wenn dieser Kamm gleichzeitig oder rasch ab- wechselnd beide Elektricitäten ausströmte. Ähnliches zeigt der negative Kamm. R Um nicht durch die Funken an der Hinterseite der Scheibe in der Beobachtung dieser sonderbaren Erscheinung gestört zu sein, habe ich den Versuch mit der Ebonitscheibe wiederholt, die, weil sie schwarz und undurchsichtig ist, blofs die Vor- gänge an ihrer Vorderseite zeigt. Das Phänomen, auf dessen Erklärung ich hier übrigens nicht eingehen will, trat aber ziemlich in derselben Weise auf. Statt der ganzen Zinkplatte können nun auch zwei verti- cale Halbplatten desselben Metalls genommen werden. Stellt man sie zunächst hinter der Scheibe auf, isolirt oder nicht, und getrennt von einander durch einen zollbreiten Raum, so beobachtet man Folgendes. "Mit zwei Kämmen in radialer oder in tangentieller Lage am horizontalen Stabe, die also der Mitte der Platten gegen- überstehen, hat man eine sehr verstärkte Rotation. Dasselbe ist der Fall bei schiefer Lage derselben, und merkwürdig ge- nug, rotirt die Scheibe, nach einem Impuls, beinahe gleich gut in beiden Richtungen. Bringt man nun die Kämme am verticalen Stabe an, so dafs sie dem Zwischenraum beider Halbplatten gegenüberstehen, so hat man ihrer radialen und selbst in ihrer tangentiellen Lage ebenfalls Rotationen in beiden Richtungen, begleitet von Funken zwischen Scheibe und Platten. Versetzt man hierauf die Kämme in die schiefe Lage, so zeigt sich das interessante Schauspiel, dafs die Scheibe ent- weder ganz von selbst oder nach einer sanften Erschütterung des Apparats in Rotation geräth, und zwar nur in der mehr- mals bezeichneten Richtung. In der entgegengesetzten findet selbst nach einem Impuls keine andauernde Rotation statt. In beiden Fällen wird übrigens die Bewegung der Scheibe von einem lebhaften Funken-Übergang zwischen ihr und den Platten begleitet, wenn lelztere ihr etwas nahe stehen. . Statt der Zinkplatte kann man auch Glasplatten anwen- den, die einseitig mit Staniol belegt worden. Ich bediente 772 Gesammtsitzung mich einer ganzen Platte, deren Belegung in horizontaler und verticaler Richtung durch einen unbelegten Streifen von Zoll- breite in vier Theile zerfällt worden. Wollte ich diese qua- drantale Belegung, in eine hemiale verwandeln, so füllte ich. zwei der freigelassenen Streifen durch Staniol aus. | Werden der Scheibe die Belege dieser Platte zugewandt, so sind die Erscheinungen nicht viel anders als bei soliden Zinkplatten; werden sie ihr aber abgewandt, so treten einige Verschiedenheiten auf. So z.B. bei der quadrantal belegten Platte. Stellt man sie hinter der Scheibe auf, und vor derselben zwei diametrale Kämme, entweder am verticalen oder am horizontalen Stabe, so ist der Einflufs der Lage der Kämme so gut wie vernichtet. Die Scheibe rotirt, nach einem Impuls, in beiden Richtungen mit bedeutender und ziemlich gleicher Gesehwindigkeit, die Kämme mögen die radiale, die schiefe und selbst die tangen- tielle Lage haben, ungeachtet im letzteren Fall die positiven Lichtpinsel kaum wahrzunehmen sind. Stellt man aber vier Kämme vor der Scheibe auf, und eombinirt sie zu zweien, gleich viel auf welche Weise, so ist der erwähnte Einflufs wieder hergestellt. Die Scheibe rotirt bei der schiefen Lage am schnellsten und nur in der einen mehrmals bezeichneten Richtung, während bei tangentieller Lage der Kämme gar keine anhaltende Rotation erfolgt. Ein Fall, in welchem die Wirkung der Nebenplatten sehr in die Augen springt, ist noch der, wo man vor der Scheibe zwei Kämme in quadrantalem Abstand anbringt. Für sich geben die so 'gestellten Kämme, wie schon an- fangs bemerkt, nur eine schwache Rotation in beiden Rich- tungen. Hat man aber Nebenplatten hinter der Scheibe ange- bracht, so bekommt man eine starke Rotation in der einen Richtung, und keine in der andern. Befindet sich der eine Kamm oben und der andere (von vorn gesehen) rechts, so rotirt die Scheihe schraubenrecht oder wie ein Uhrzeiger, wogegen die Rotation in umgekehrter Richtung erfolgt, wenn er sich an der linken Seite befindet. Dabei ist es gleichgültig, ob die Kämme die radiale oder tangentielle Lage haben, aber am stärksten ist der Unterschied ihrer Wirkung nach beiden Seiten in der vom 25. November 1869. 213 schiefen Lage. Auch die Richtung des Stroms ist ohne Einflufs. Papptafeln und unbelegte Glastafeln zeigen diese Wirkung nicht, wohl aber belegte, die Belege mögen der Scheibe zu- oder abgewandt sein. Am besten jedoch wirken Zinktafeln, wenn sie isolirt sind. Andere Particularitäten übergehe ich hier, um nicht zu weitläuftig zu werden. Dagegen muf[s ich noch erwähnen, dafs es bei Anwendung von Zinkplatten oder belegten Glasplatten, ganz wie bei An- wendung von Isolatoren, gar nicht nöthig ist, sie von solcher Gröfse zu nehmen, dafs sie die ganze oder halbe Glasscheibe bestreichen. Zinkscheiben von 6 und selbst von 4 Zoll Durchmesser, die also respective nur # und „5 des Flächeninhalts der dreh- baren Glasscheibe besitzen, isolirt oder nicht, am horizontalen Stabe befestigt, während der verticale zwei Kämme trägt, ge- währen eine sehr bedeutende Rotationsgeschwindigkeit. Selbst eine einzige solcher kleinen Scheiben wirkt nicht viel schwächer. Vl. Die Wirkung der Nebenplatten brachte mich auf die Idee, die Spitzenkämme, von welchen man für gewöhnlich die Elek- trieität ausströmen lälst, zu ersetzen durch kleine, der dreh- baren Glasscheibe parallel gestellte Metallscheiben. Ich habe solche Scheibchen, aus dünnem Zinkblech geschnitten, von zwei und von vier Zoll Durchmesser angewandt. So lange die grolse Glasscheibe frei auf ihrer Axe schwebt, haben diese Metallscheibchen wenig oder keine Wirkung auf sie. So wie man aber Halbplatten von Pappe oder Glas vor oder hinter ihr aufstellt, bekommt man, nach einem kleinen Impuls, eine audauernde Rotation in beiden Richtungen, so leb- haft wie sie kaum besser bei Anwendung von Spitzenkämmen zu erlangen ist. Volle Nebenplatten, hinter‘ der Scheibe aufgestellt, haben dagegen diese Wirkung nicht. Es ist nothwendig, dafs die Scheibehen entweder zwischen den Halbplatten stehen oder de- ren Zwischenraum gegenüber. 774 Gesammtsitzung Recht artig ist die Licht-Erscheinung, welche im ersteren Fall die Rotation begleitet. Statt der parallelen Lichtpinsel, die vom positiven Spitzenkamm rechtwinklig gegen dessen Länge hervorbrechen, hat man nämlich fächerartig ausgebreitete, gleich- sam einen Heiligenschein bildend, hauptsächlich an derjenigen Seite des Scheibenrandes, welche der Bewegung entgegen liegt; doch fehlen sie auch an der anderen Seite nicht. Ähnlich verhält es sich mit den Lichtpunkten am Rande des negativen Scheibehens. Dabei ist ein fortwährendes Zischen hörbar, wel- ches aus dem Überspringen kleiner Funken von dem Metall zum Glase entsteht. Ich habe die Spitzenkämme auch durch Blechstreifen ersetzt, die, an den Hülsen dieser Kämme befestigt, rechtwink- lich gegen die Ebene der Scheibe aufgestellt wurden. Für sich allein bewirken diese Bleche keine Rotation, we- der in radialer, noch in schiefer Lage. Waren aber Glasplatten hinter der Scheibe angebracht, so erfolgte bei schiefer Lage der Bleche eine sehr starke Ro- tation in der oftmals angegebenen Richtung, während bei radia- ler Lage derselben die Rotation ausblieb. Standen endlich die Glasplatten vor der Scheibe, so trat zwar wiederum bei radialer Lage der Bleche keine Rotation ein, aber dafür erfolgte sie sehr stark in beiden Richtungen, - wenn die Bleche schief gestellt _waren. VI. Wenn man nun nach allen diesen Einzelheiten die Frage aufwirft, was denn die Ursache der beschriebenen, die Rotation bald einseitig, bald doppelseitig verstärkenden Wirkung der Nebenplatten sei; so scheint es natürlich darauf die Antwort zu geben, dals es die Elektrisirung sei, welche diese Platten seitens der rotirenden Scheibe und auch der Kämme erfahren. Wirklich läfst sich auch diese Elektrisirung in re Fällen ganz entschieden nachweisen. Stehen isolirte Halbplatten von Zink hinter der rotirenden Scheibe, hinreichend entfernt von dieser, um keine Funken von ihr zu erhalten, so geben sie doch bei der Berührung kleine Funken, und, wenn sie einander hinreichend nahe stehen, sprin- vom 25. November 1869. 273 gen solche in ununterbrochener Folge zwischen ihnen über. Aufserdem werden sie von der Scheibe angezogen. Ein anderer Fall ist dieser. Man stelle der Glasscheibe am verticalen Stabe zwei Kämme in radicaler Lage und an derselben Seite am horizontalen Stabe zwei kleine Zinkscheiben etwa von 6 Zoll Durchmesser gegenüber, lasse durch den oberen Kamm positive und durch den unteren negative Elektricität ausströmen. Ertheilt man nun der Scheibe durch einen Impuls eine schraubenrechte Rotation, so wird, (von vorn gesehen) ihre linke Seite mit negativer, und ihre rechte mit positiver Elektricität bekleidet. Die isolirt davorstehenden Zinkscheibchen steigern diese Rotation bald sehr ansehnlich, und prüft man sie mit dem Elektrometer findet man das Scheibehen linker Hand po- sitiv, und das andere negativ (indem aus seinem Stiel das erstere negative und das letztere positive Elektricität entlälst, was man durch gegenseitige Verbindung beider Scheibchen be- fördern kann). Sie haben also entgegengesetzte Elektricitäten in Bezug auf die sich ihnen nähernden Scheibentheile, müssen folglich dieselben anziehen und somit die Rotation verstärken. Diese Erklärung würde vollständig sein, wenn man zugleich nach- weisen könnte, weshalb die von den Zinkscheibchen fortge- henden Glastheile die Rotation nicht hemmen. Man kann nur vermuthen, dafs diese letzteren entweder in schwächerem Grade ungleichnamig mit den Zinkscheibchen elektrisirt sind oder schon gleichnamig mit denselben. Bestimmter liefse sich darüber nur urtheilen, wenn man die Vertheilung der Elektrieität auf der rotirenden Scheibe genau kennte, die aber sehr schwer zu er- mitteln ist. Ein dritter Fall, in’ welchem die erwähnte Elektrisirung in ganz interessanter Weise auftritt, ist folgender. Ich besitze eine quadratische Glasplatte von 17 Zoll Seite und 1 Lin. Dicke, die ein sehr guter Isolator ist. Stelle ich diese hinter die Scheibe, die darauf durch zwei diametrale Kämme in horizontaler Lage und durch einen Impuls zur Ro- tation gebracht wird, so übt sie anfangs so gut wie keine Wir- kung aus; nach und nach beginnt sie aber zu wirken und in ‘ 716 Gesammtsitzung kurzer Zeit steigert sich ihre Wirkung dermafsen, dafs die Ro- tation fast ihr mögliches Maximum erreicht. Halte ich nun die Scheibe an und lasse sie nach einer Weile wieder los, so be- ginnt sie freiwillig in derselben Richtung zu rotiren; ja wenn ich ihr durch einen mechanischen Impuls die umgekehrte Be- wegung einpräge, kommt sie bald zum Stillstand und erneut darauf die Rotation im anfänglichen Sinne. Hier ist also die ursprünglich indifferente Glasplatte durch die rotirende Scheibe zu einer Wirksamkeit gebracht, die jener der eben erwähnten Zinkscheiben noch übertrifft, da man mit letzteren keine einseitige und freiwillige Rotation erhält. ‚ Eine Prüfung mit dem Elektrometer zeigt übrigens, dafs die Glasplatte hinter der positiven Scheibenhälfte negativ und hinter der negativen Hälfte positiv ist, und zwar in der Mitte beider Hälften am stärksten. Die Erklärung der Rotation, würde hier also wie bei den Zinkscheiben ausfallen, aber eben so mangelhaft sein wie bei jenen. Wie wohl nun in diesen und ähnlichen Fällen die Elektri- sirung der Nebenplatten ganz unzweifelhaft ist, so habe ich doch auch andere Fälle beobachtet, wo ich sie trotz aller Sorg- falt platterdings nicht nachzuweisen vermochte. Es gilt dies zunächst von Papptafeln, ungeachtet sie eine ebenso grofse Rotationsgeschwindigkeit hervorbringen wie Glas- platten. Es gilt dies aber auch bisweilen von letzteren. Bei der S. 768 beschriebenen automatischen Rotation, bei welcher zwei Kämme vor, und zwei Kämme hinter der Scheibe standen und Halbplatten von Glas eiugeschoben wurden, erwiesen sich diese, unmittelbar nach der Rotation geprüft, ganz unelektrisch, sie mochten gefirnifst sein oder nicht. Ich mufs gestehen, dafs ich durch diese Thatsachen einiger- mafsen zweifelhaft geworden bin, ob in der That die Neben- ‘platten ihre grofse Wirksamkeit alleinig oder hauptsächlich durch die Elektrisirung erhalten. Es könnte z. B. sein, dafs sie auch dadurch wirkten, dals sie das Entweichen der Electri- cität von der rotirenden Scheibe verhinderten oder verringerten. Möglich wäre es übrigens, dafs die Platten, in Fällen, wo ich vom 25. November 1869. BIT sie nicht elektrisch finden konnte, es dennoch während der Ro- tation waren. Die Anziehung, welche selbst Papptafeln seitens der rotirenden Scheibe erfahren, scheint dafür zu sprechen, wenn sie nicht andererseits Folge der Luftverdünnung ist, die durch die Centrifugalkraft zwischen den Tafeln und der Scheibe entstehen muls. Über diese und andere Zweifel können nur fernere Ver- suche entscheiden, die auch die Frage zu beantworten hätten, ob die Influenz unabhängig sei von der Bewegung der Körper oder nicht. vl. Es ist nicht blofs die Richtung und Stärke der Rotation, in deren Abänderung sich die Wirkung der Nebenplatten aus- spricht: sie äufsert sich auch in anderer Weise z. B. in den Erscheinungen, welche eintreten, wenn man die drehbare Scheibe auf der Rückseite mit Stanniol belegt. Dehnt sich diese Bewegung über die ganze Rückseite aus, so bekommt man keine Rotation. Gleiches ist der Fall, wenn sie einen geschlossenen Ring bildet, dessen Breite gleich ist der Länge der Spitzenkämme. Hat dieser Ring aber zwei dia- metrale Unterbrechungen, so erfolgt eine Rotation, die freilich bei Anwendung von nur zwei Kämmen auch nur eine mäfsige ist. Wendet man aber vier Kämme an, vorn zwei am verti- calen Stabe und hinten zwei am horizontalen, schiebt zwischen den beiden letzteren und der Scheibe zwei Glasplatten ein und verbindet sie nun in der Weise mit dem vorderen und der Maschine, dafs der obere und der (von vorn gesehen) links liegende positive, und die beiden anderen negative Elektrieität ausströmen, so erhält man eine lebhafte Rotation im Sinne der Bewegung eines Uhrzeigers. Hiebei werden nun die beiden Halbringe von Stanniol auf der Rückseite der Scheibe durch Influenz abwechselnd mit positiver und negativer Elektrieität versehen, und es springen demgemäls, wenn der Abstand zwischen ihnen nicht zu grofs genommen ist, hell leuchtende Funken in schneller Folge von einem zum anderen. 778 Gesammtsitzung . So lange die Rotationsgeschwindigkeit eine mäfsige ist, hat die Erscheinung nichts Ungewöhnliches. Man sieht nur die beiden Funkenorte im Kreise herumgehen. So wie aber die Geschwindigkeit einen solchen Grad er- reicht hat, dafs die Scheibe in der Zwischenzeit des Über- springens zweier Funken um ein Beträchtliches vorgerückt ist, erblickt man jeden Funken gesondert an einem anderen Orte, und vermöge der bekannten Dauer der Lichteindrücke auf unser Auge hat man dann das interessante Schaupiel eines ganzen Ringes von hellleuchtenden Funken. Auf solche Weise können wohl an 50 Funken in Gestalt kurzer und gegen die Circumferenz etwas geneigter Lichtlinien zur gleichzeitigen Anschauung gebracht werden, so lange man die Wirkung der Elektricität unterhält. Alles hängt dabei von dem Verhältnifs der Rotationsgeschwindigkeit zur Geschwindig- keit des Aufeinanderfolgens der Funken, also zur Elektricitäts- menge ab; bei gleicher Rotation, vermehrt oder vermindert, erscheinen auch die Funkenlinien mehr oder weniger zusammen- gedrängt und zahlreich. Deutlich sieht man hiebei, dafs die Nebenplatten nicht allein die Rotationsgeschwindigkeit vergrölsern, sondern auch den Glanz der Funken beträchtlich erhöhen. Papptafeln statt der unbelegten Glastafeln zu diesem Ver- suche angewandt, ändert an der Erscheinung wenig oder nichts. Nimmt man aber Glasplatten, die an der der Scheibe zuge- wandten Seite belegt sind, so erweist sich die Intensität der Funken bedeutend verstärkt. Die Rotation ist aber nur eine schwache, und sie bedarf einer mechanischen Nachhülfe, um das Funkenphänomen in seiner vollen Ausbildung zu zeigen. Auch dürfen die besagten Tafeln der Scheibe nicht zu nahe stehen, weil sonst Funken von ihnen zu dieser überspringen, welche die Funken zwischen den Stanniolbelegen, um die es hier sich handelt, beeinträchtigen und unterdrücken. | Übrigens ist noch zu bemerken, dafs, so lange die Scheibe ruht, keine Funken zwischen ihren Belegen überspringen, un- geachtet diese der influencirenden Wirkung der Kämme, welche Electricität auf die Vorderseite ausströmen, fortdauernd aus- vom 25. November 1869. 779 strömen, fortdauernd ausgesetzt sind. Erst bei der Bewegung der Scheibe kommen die Funken zum Vorschein. IX. Zum Studium des in Rede stehenden Rotationsphänomens ist der zu dieser Untersuchung benutzte Rotations-Apparat nicht gerade unumgänglich nothwendig; man kann statt seiner auch eine gewöhnliche Holtz’sche Elektrisirmaschine anwenden. Dieselbe gestattet freilich nicht alle die Combinationen, welche der beschriebene Apparat zuläfst, zeigt aber dafür Anderes, auf dessen Beobachtung ich diesen Apparat wenigstens bis jetzt nicht eingerichtet habe. Ich meine die Wirkung der gezahn- ten Belege und des schrägen Conductors. Wendet man die Maschine in der einfachsten Gestalt an, d. h. versehen blos mit kleinen Belegen und zwei Kämmen in radialer Lage, so kommt die Scheibe, nach einem anfänglichen Impuls, in dauernde Rotation, wenn man Elektricität auf sie einströmen läfst. Ein Unterschied in den Richtungen ist kaum zu bemerken, wiewohl es scheint, als ginge die Rotation im Sinne der Zähne der Belege etwas leichter und schneller von Statten als in umgekehrter Richtung, gegen diese Zähne. Ist ja ein Unterschied in dieser Beziehung vorhanden, so wird er vollends verwischt, wenn man den schrägen Conduc- tor anlegt, also vier Kämme auf die bekannte Weise gegen eine Seite der Scheibe in radialer Lage aufstellt. Wesentlich anders gestaltet sich aber die Erscheinung, so- wie man, mit Beibehaltung des schrägen Conductors, die Be- lege der ruhenden Scheibe bis ihm gegenüber verlängert. Dann rotirt die Scheibe nur in einer Richtung, in Richtung der Zähne der Belege, manchmal sogar ohne anfänglichen Impuls. Setzt man sie mechanisch in entgegengesetzte Rotation, so kommt sie nach wenigen Umgängen zur Ruhe und kehrt dann wohl ihre Bewegung freiwillig um. In angegebener Richtung ist die Rotation relativ sehr kräf- tig, denn sie kommt, freilich erst nach einem Impuls, noch ganz gut zu Stande, wenn auch die Schnurläufe der Maschine, deren die angewandten zwei auf drei wenig beweglichen Rol- len besitzt, nicht entfernt worden sind. Nur dürfen diese Schnur- 780 Gesammtsitzung läufe nicht zu stark gespannt sein. Nach Entfernung derselben ist aber die Rotation nicht allein eine automatische, sondern auch ihre Geschwindigkeit eine ungemein viel grölsere, so grols wie sie überhaupt auf irgend eine andere Weise nur zu erlan- gen ist. Offenbar haben die Zähne der Belege einen vorwalten- den Antheil an der Entstehung der einseitigen Rotation. In- defs sind sie nicht unumgänglich nothwendig. In schwächerem Grade habe ich diese Rotation auch zu Stande kommen sehen, als die ruhende Platte zwar Belege, aber keine Zähne hatte. Andrerseits hat der schräge Conductor einen wesentlichen Einflufs auf den Sinn der Rotation. Ich machte diese Erfah- rung, als ich die beiden Holtz’schen Maschinen, die zu die- sem Versuche benutzt wurden, gegeneinander vertauschte. In dem Bisherigen war nämlich die getriebene Maschine eine der älteren Art, an welcher der schräge Conductor eine feste Lage besitzt, und zwar so, dals er, von vorn gesehen, nach der linken Seite hin einen Winkel von 45° mit der Ver- ticalen macht. | An der Maschine neuerer Art ist der schräge Conductor drehbar, und als ich sie zur getriebenen Maschine nahm, zeigte sich, dafs das Resultat des Versuches wesentlich von der Stellung dieses Conductors abhängt. Gab ich demselben die eben bezeichnete Lage, so erfolgte die Rotation, wie vorhin im Sinne mit den Zähnen, d.h. von vorn gesehen, entgegen der Bewegung eines Uhrzeigers. Neigte ich ihn aber nach der anderen Seite um 45° gegen die Verti- cale, so vermochte die Scheibe in beiden Richtungen zu rotiren. Defsungeachtet ist es aber nicht die Stellung des Con- ductors an sich, welche diesen Unterschied hervorruft, sondern seine Stellung zu den Belegen an der Hinterseite der ruhenden Platte. | | Haben diese Belege nur die Breite von einem Paar Zoll, ‚so ist die Stellung des Conductors ganz gleichgültig, weil sie ihm nie gegenüber zu stehen kommen; stets erhält man. die Rotation in beiden Richtungen. Sind sie aber durch angeleg- tes Papier bis zu einem Octanten oder Quadranten verlängert, so stehen sie dem Conductor bei seiner links geneigten Lage vom 25. November 1869. 781 gegenüber, bei der rechts geneigten nicht, und demgemäls er- hält man bei der ersten Lage eine einseitige Rotation und bei der zweiten eine beiderseitige. Haben die Belege die Gröfse eines Quadranten, so giebt selbst die lothrechte Stellung des Conductors eine einseitige Rotation. In ähnlicher Weise, wie sich eine Holtz’sche Maschine der ersten Art durch eine andere derselben Art in Rotation versetzen läfst, kann es auch mit einer Maschine der zweiten Art geschehen, wobei denn die interessante Erscheinung ein- tritt, dafs beide Scheiben derselben in entgegengesetzten Rich- tungen rotiren. Es war gerade dieser Fall, bei welchem Hr. Holtz das neue Rotationsphänomen entdeckte. Ich habe diesen Fall nicht näher untersucht, weil ich bei Wiederholung desselben die Beobachtung machte, dafs mitunter auch beide Scheiben, wenn Funken zwischen ihnen über- springen, in gleichem Sinne rotiren, und dafs, um diese Stö- rung zu vermeiden, es nöthig ist, den gegenseitigen Abstand beider Scheiben zu vergrölsern, ‘worauf aber meine Maschine nicht eingerichtet ist. X. Dagegen habe ich die Untersuchung nach einer anderen, nicht uninteressanten Seite hin erweitert, indem ich die Frage zu beantworten suchte, ob das in Rede stehende Rotations- phänomen auf eine einzige Scheibe beschränkt sei oder nicht. Der Versuch entschied für den letzteren Fall, zeigte näm- lich, dafs durch einen und denselben Strom gleichzeitig mehre Scheiben in ganz kräftige Rotation versetzt werden können, und zwar auf zweierlei Weise, entweder indem man den Strom ver- zweigt und jeder Scheibe einen Bruchtheil der von der Ma- schine gelieferten Elektricität zuführt, oder indem man sie hin- tereinander der Wirkung des Stromes aussetzt, Im ersten Fall kann die Zahl der gleichzeitig in Rotation versetzten Scheiben vermuthlich eine ziemlich beträchtliche sein, Alles hängt von der Beweglichkeit der Scheiben, nnd von der Stärke des Stromes ab. Im zweiten Fall, welcher der interessanterce ist, ist aber wahrscheinlich diese Zahl auf zwei beschränkt, weil dann nur 182 Gesammtsitzung zwei Scheiben direct mit der Maschine verbunden werden kön- nen, die übrigen ihre Verbindung blos durch Zwischendrähte erhalten würden. | Wenn man den Versuch mit zwei Scheiben anstellt, also der einen positive und der anderen negative Elektricität zuführt, und die zweiten Kämme dieser Scheiben unter sich verbindet, so kommen beide Scheiben, entweder freiwillig oder nach einem Impuls, in andauernde Rotation, ganz nach Belieben entweder in gleichen oder Richtungen, und zwar sehr lebhaft. Es rotirt aber auch schon. die eine Scheibe, obwohl schwächer, wenn man die andere anhält; ja es rotiren sogar beide, wenn man auch die Verbindung zwischen ihnen unter- bricht, so dafs es den Anschein hat, als genügte schon eine Elektrieität um die Rotation hervorzurufen. Dennoch sind die zweiten Kämme, welche keine Elektri- cität von der Maschine empfangen, nothwendig. Denn entfernt man sie, hört die Rotation auf. Sie hört selbst auf, wenn man diese Kämme an ihren Orten läfst, ohne in ihren Stielen einen Draht einzuklemmen. Hat man aber einen Draht eingeklemmt, der frei in der Luft endet, so kommt die Rotation wiederum zum Vorschein. Be- sonders lebhaft ist dieselbe wenn das freie Ende des Drahts mit einem Spitzenkamm versehen oder ableitend mit dem Boden verbunden ist. Der Grund dieser Erscheinungen ist unschwer einzusehen. Gesetzt, man habe zwei diamentrale Kämme an der Scheibe. Empfängt der Kamm a positive Elektrieität, während der an- dere 5 abgeleitet ist, so wird die Scheibe nach einem Impuls, der unter diesen Umständen nothwendig ist, mit positiver Elek- tricität bekleidet. Diese influencirt den Kamm 5, lockt nega- tive Elektricität aus ihm hervor, die nun in derselben Weise wirkt, wie wenn sie direct von der Maschine geliefert worden wäre. Ohne Fortschaffung der positiven Elektrieität aus dem Stiele des Kammes kann diese Influenz begreiflich nicht wirk- sam zu Stande kommen, und darum ist die Einsetzung eines ableitenden Drahtes nothwendig. vom 25. November 1869. 783 Da übrigens der Kamm a auch auf der Rückseite der Scheibe positive Elektrieität frei macht, so kann der Kamm b auch dort angebracht werden, aber die Rotation ist dann schwächer. Ähnlich verhält es sich mit der zweiten Scheibe, wenn ihrem Kamme « negative Elektrieität zugeführt, und die Hülse ihres Kammes & mit einem ableitenden Draht versehen wird. Verbindet man nun die Kämme 5 und £ beider Scheiben durch einen Draht, so ist klar, dafs die Wirkungen einander unterstützen müssen, indem der eine Kamm die Ableitung für den andern bildet, sobald beide Scheiben rotiren. Nun kann zwar, wie schon gesagt, die eine Scheibe ange- halten werden, ohne dadurch die Rotation der anderen sonder- lich zu beeinträchtigen, allein dabei ist doch nöthig, dafs der festgehaltenen Scheibe Elektrieität aus der Maschine zugeführt werde. Geschieht das nicht, so kommt die andere Scheibe bald zum Stillstand. Dies beruht wohl darauf, dafs z. B. der Kamm £ die vom Kamm b empfangene positive Elektrieität nur dann gegen die ru- hende Scheibe dauernd auszuströmen vermag, wenn dieselbe mit negativer Elektrieität bekleidet wird, und das mufs also von dem mit der Maschine verbundenen Kamm « aus selbst bei Ruhe der Scheibe stattfinden. Was diese Ansicht unterstützt, ist der Umstand, dafs der Verbindungsdraht zwischen 5 und £, welcher, während a und « mit der Maschine verbunden sind, sich nur schwach elektrisch erweist, sogleich sehr stark elektrisch wird, sowie man einen der letzteren Kämme von der Maschine abtrennt. Endlich sei hier nach einer interessanten Abänderung der eben beschriebene Versuche gedacht. Verbindet man nämlich die erste Scheibe direct mit der Maschine durch zwei diame- trale Kämme, denen gegenüber man auf der Rückseite dieser Scheibe zwei andere diametrale Kämme aufgestellt hat, welche durch Drähte zu den Kämmen einer zweiten Scheibe führen, so gerathen, nach einem Impuls, beide Scheiben in anhaltende Rotation. Hier ist es also die secundäre Elektrieität der ersten Scheibe, welche die zweite in Bewegung setzt. In ähnlicher [1369.] 56 784 Gesammtsitzung Weise könnte man eine dritte Scheibe durch die ternäre Elektricität der zweiten, eine vierte durch die quaternäre der dritten u. s. w. in Rotation versetzen, könnte also, ideell genommen, fast die ganze Menge der von der Maschine ge- lieferten Elektricität in mechanische Arbeit verwandeln. XI. Aus der Gesammtheit der hier mitgetheilten Thatsachen, die noch lange nicht alle von mir beobachteten umfalst, wird, glaube ich, zur Genüge hervorgehen, welche Mannigfaltigkeit von verwickelten und zum Theil räthselhaften Erscheinungen mit dem beschriebenen Rotationsphänomen verknüpft ist. Schon jetzt eine vollständige Theorie derselben aufstellen zu wollen, wäre meiner Meinung nach, ein vergebliches Bemühen. Ich habe deshalb auch keinen Versuch der Art gemacht, sondern mich darauf beschränkt, das Thatsächliche festzustellen und Einzelnes zu erläutern, so weit ich es vermochte. Dagegen kann ich nicht u hier noch eine Schlufsbe- merkung anzureihen. Ohne Widerrede ist das Holtz’sche Rotationsphänomen das kräftigste, welches man bisher durch sg. Reibungselektrieität hervorgebracht hat. Dennoch wäre es eine sanguinische Hoft- - nung, wollte man glauben, es könne damit irgend ein nutz- barer mechanischer Effect erzielt werden. Dafs das nicht mög- lich sei, ergiebt sich schon aus der Betrachtung, wie klein die hier ins Spiel gesetzte Elektrieitätsmenge ist im Vergleich zu der, welche die Volta’sche Batterie entwickelt, mit der man defsungeachtet, selbst unter Mitwirkung des durch sie erzeug- ten Magnetismus, doch auch noch nichts Erkleckliches ausge- richtet hat. Mit um so gröfserem Rechte kann man daher die Behaup- tung aussprechen, dafs die älteren Rotationsapparate dieser Art . noch weniger im Stande waren, eine irgend erhebliche mecha- nische Kraft zu erzeugen. Franklin freilich wollte an seinem elektrischen Bratenwender einen Truthahn braten, aber er wollte es nur; nirgends sagt er, dafs er es gethan habe. Hätte er den Versuch gemacht, würde er sich bald von der Erfolglosigkeit desselben überzeugt haben. vom 25. November 1869. 785 Die Elektrieitätsmenge, die zur einmaligen Ladung seines Bratenwenders — einer drehbaren Glasscheibe mit einer Bele- gung von 13 Zoll Durchmesser — erforderlici: ı>t, ist nicht nur an sich eine so geringe, dafs sie von der Holtz’schen Ma- schine wenigstens 30 bis 40 Mal in der Minute geliefert wird, sondern mufs auch im Laufe der successiven Entladungen der Scheibe bald auf eine so winzige Gröfse herabsinken, dafs sie un- möglich einen bedeutenden mechanischen Nutz-Effeet gewähren kann. Was Franklin selbst von der Leistungsfähigkeit sei- nes Apparates anführt, widerspricht dem nicht. Eine horizon- . tale Scheibe, selbst beschwert mit 100 Piastern, auf einer Spitze 20 Mal in der Minute umzudrehen (noch dazu vermuth- lich nicht ohne Beihülfe eines anfänglichen Impulses), erfordert nur eine sehr geringe Kraft, die sich nicht messen kann mit der, welche auf horizontaler Axe eine ungefähr gleich grofse Scheibe und selbst ein halbes Dutzend derselben automatisch zu 300 Umgängen in der Minute zwingt, und zwar ohne Ab- nahme, so lange es dem Experimentator beliebt. Überdies kommt in dem Franklin’schen Apparat die Rotation auf eine so plane Weise durch das Spiel der elektrischen Anziehungen und Abstolsungen zu Stande, dafs er heutigen Tages ganz ohne wissenschaftliches Interesse ist.') 1) Franklin’s Glasscheibe hatte eine Belegung von etwa 117 Qua- dratzoll auf jeder Seite und wurde ein Mal geladen. Zwei Flaschen, jede von 75, zusammen also von 146 Quadratzoll äufserer Belegung, wer- den von meiner Holtz’schen Maschine zwischen Kugeln von 10 Linien Durchmesser in zwei Zoll Abstand 40 Mal in der Minute geladen, und in einem Zoll Abstand sogar 60 Mal. Sie würden also in der halben Stunde, welche der Franklin’sche Versuch dauerte, respective 1200 und 1800 Entladungen geben. Dafs eine solche Elektricitätsmenge eine bei Weitem gröfsere Kraft entwickeln mufs als die im „elektrischen Bratenwender“ thätige, ist wohl selbstverständlich und würde heutzutage von Franklin selber nicht geläugnet werden. — Mit einem Loth Schiefs- ' pulver läfst sich nicht so viel ausrichten wie mit einem Centner. 96° 786 Gesammtsitzung Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über neue Saurier (Chaunolemus multicarinatus, Tropidolepisma Richar- di und Gymnodactylus Steudneri) und Batrachier (Cy- clorhamphus fasciatus und Hyla gracilenta). 1. Polychrus (Chaunolemus) multicarinatus nov. subgen.etnov.sp. Die vorliegende Art unterscheidet sich von Polychrus durch die grofsen ovalen Schuppen des Unterkinns und der Kehle, den Mangel eines mittleren Unterkinnkammes und durch die, besonders an der Bauchseite und an den Extremitäten deut- liche, mehrkielige Beschaffenheit der Schuppen. Alle diese Merkmale zusammengenommen dürften vielleicht die Aufstellung einer besonderen Untergattung begründen. Die Bezahnung, die Gestalt des Kopfes, die zusammenge- drückte Körperform, die Proportionen der Gliedmafsen und die Bildung des Schwanzes sind ganz ähnlich wie bei Polychrus marmoratus. Die Schnauze ist so lang wie breit, auf der Oberseite mit grolsen, längsgestreiften, etwas unregelmäfsigen Schildern be- deckt. Die polygonalen Schuppen der Supraorbitalbögen sind wenigstens eben so grofs wie die seitlichen Oceipitalia, während die Oberaugenlidschuppen und die mittleren Ocecipitalschuppen kleiner sind. Die nach hinten gerichteten Nasenlöcher liegen der Schnauzenspitze kaum näher als den Augen; zwischen dem Nasale und dem breiten Rostrale befindet sich ein vorn zuge- spitztes trapezoidales Schild; zwischen jenem und der Orbita zwei senkrechte Reihen von Frenal- und Frenoorbitalschildern. Die Schläfengegend wird von acht bis neun Reihen polygonaler feingestreifter Schuppen bedeckt, welche vom Auge bis zur Ohröffnung an Gröflse abnehmen. Der Ohrrand ist frei und die Membrana tympani etwas kleiner als bei P. marmoratus. Zwei Infraorbitalia, sieben Supralabialia und fünf Infralabialia, von denen das 3. das längste ist. Die Submental- und Kehl- schuppen, welche den Kehlsack bekleiden, sind eiförmig, längs- gestreift, und doppelt so grofs, wie die Bauchschuppen; die Haut zwischen den grofsen Schuppen des Kehlsacks ist mit viel kleinern Schüppchen bekleidet. Die Körperschuppen bilden in der Mitte 65 bis 66 Längsreihen und sind an den Seiten vom 25. November 1869. 187 kaum kleiner als am Rücken und Bauche, an letzterem deut- lich drei- bis fünfkielig, am Rücken weniger deutlich und an den Seiten am undeutlichsten gekielt. Die vordere Extremität erreicht $ der Entfernung zwischen ihr und der hintern Extre- mität; der erste Finger ist der kürzeste, der 2. ist wenig län- ger als der 5. und die längsten 3. und 4. sind gleich lang; sämmtliche Schuppen der Extremität sind drei- bis fünfkielig; die Schuppen der Handfläche und die breiten Schuppen der Unterseite der Finger am Rande kurz bedornt. Die Hinter- extremität erreicht vier Fünftel der Entfernung von der vor- dern Extremität; die fünfte Zehe ist wenig länger als die zweite und die 3. und 4. sind gleich lang; unter dem rechten Ober- schenkel tritt eine Reihe von 18, unter dem linken von 16 Po- ren deutlich hervor; die Schuppen sind wie an der vordern Extremität gekiel. Die scharfen, spitzen Krallen sind etwas sröfser als die vordern, und ihre Basis ist eben so wie bei die- sen von einer oberen und unteren langen Scheide eingehüllt. Der lange hinter der etwas zusammengedrückten Basis dreh- runde Schwanz ist von grolsen rhomboidalen oder hexagonalen Schuppen bekleidet, welche durch einen, deutlichen mittleren Längskiel ausgezeichnet sind. Olivenbraun, an der Unterseite olivengrün, an der Hinter- seite des Hüftgelenkes und der Basis der Schwanzes ein unre- gelmäfsiger ochergelber Längsstreif. Schwanz heller braun mit unregelmäfsigen dunkleren Querbinden. Länge (ohne Schwanz). 0%150 Vordere Extremität ... 09063 Kopllanee,.. 7. „mis. 0033,,1, Vierter +imger „.... ar; 07014 Mofbreite, :. . 2.» . 0%022 Hintere Extremität . . 09078 Schwanz (verletzt). .. 00333 Vierte Zehe ...... 02020 Das einzige Exemplar, welches unser Museum bereits seit mehreren Jahren besitzt, stammt aus der Sammlung des ver- storbenen Dr. ©. Hoffmann in Costa Rica. 2. Tropidolepisma Richardi n. sp. Körper und Schwanz abgeplattet. Vorderer Ohrrand mit drei Schuppen, von denen die mittelste die gröfste ist. Kör- perschuppen iu 30 Längsreihen; Rückenschuppen mit drei schwachen Kielen, in acht Längsreihen. Die Schuppen. der beiden mittelsten Reihen sind die gröfsten, die der folgenden 788 Gesammtsitzung werden allmählig nach den Seiten hin kleiner und nach dem Bauche hin allmählig wieder gröfser. Schuppen der Extremi- täten glatt, mit Ausnahme der Schuppen der Hinterseite der Hinterextremität, von denen die des Oberschenkels zwei-, die des Unterschenkels dreikielig sind. Oben olivenfarbig mit schwarzen Flecken in unregelmäfsi- gen Längsreihen. Halsseite mit einer unregelmäfsigen schwar zen, olivenfarbig gefleckten, allmählig an der Körperseite sich auflösenden Längsbinde. Lippenschilder gelb mit schwarzen Rändern. Unterkinn und Kehle gelbgrün; Bauch graugrün. Totallänge a Erna 0%185 Vordere Extremität . . 09031 Kopflängen.. vuisir) 383 0%025..; Vierter Finger 5. 22302008 Köpfbreite,.. «rs 3", 0%017 Hintere Extremität . . 09041 Koprbohes 7 2 4 02009, - Vierte-Zehe. 3.22.08 0%012 DELHI LE RE ee 07084 Ein einziges Exemplar von Hrn. Richard Schomburgk, demzufolge es aus Nordaustralien, von dem Alligator-River stammt. 3. Gymnodactylus Steudneri n. sp. Körper und Schwanz mit dachziegelförmig geordneten glat- ten Schuppen bedeckt, welche am Rücken und Bauche von gleicher Gröfse sind. Kopf und Unterkinn granulirt; auf der Schnauze sind die Schüppchen etwas gröfser und polygonal. 9 Supralabialia, 7 Infralabialia jederseits; der hintere Winkel des Mentale wird eingeschlossen von zwei trapezoidalen Sub- mentalia, auf welche jederseits noch ein grölses und ein kleines unregelmäflsiges dreieckiges Submentale folgt. Nasenlöcher je- derseits unmittelbar über dem vorderen Ende des 1. Suprala- biale, vorn und oben von dem Rostrale, hinten von zwei klei- nen Schuppen umgeben. Pupille senkrecht. Ohröffnung sehr klein. Finger und Zehen sämmtlich wohl entwickelt und be- krallt, von ähnlichen Proportionen, wie bei @. scaber. Bräunlichweifs. Eine Binde vom Nasenloch durch das Auge oberhalb der Ohröffnung bis zur Mitte des Halses, drei Reihen unregelmäfsiger Flecke auf dem Körper, eine Querbinde auf dem Halse, eine zweite auf der Schultergegend und andere Querbinden am Schwanze, sowie unregelmäfsige Flecke auf der Aufsenseite der Extremitäten von dunkelbrauner Farbe. vom 25. November 1869. 189 Das einzige mir vorliegende Exemplar, an welchem das Schwanzende reproducirt ist, mifst von der Schnauzenspitze bis zur Analöffnung 30 Millim. Es befand sich in der Sammlung des Dr. Steudner, welcher seinem Eifer zur Erforschung des afrikanischen Continents zum Opfer fiel und zu dessen Erin- nerung ich diese Art benannt habe. Aus dem Sennär, ohne nähere Angabe des Fundorts. 4. Cyclorhamphus fasciatus n. sp. Vomerzähne stehen auf zwei nach hinten ee Höckern, etwas weiter zurück als der hintere Rand der Choa- nen, welchen letzteren die Öffnungen der Tubae Eustachü an Gröfse gleich kommen. Die Zunge ist ganzrandig, die Körper- haut ganz glatt und ohne Seitendrüsen. Finger und Zehen frei, nur die Mittelfulsknochen der letzteren durch eine Schwimmhaut . verbunden. Der zweite Finger ist kürzer als der vierte und die Handsohle hat keinen Ballen. Die 5. und 5. Zehe sind fast gleich lang; an der Sohle ein innerer vorspringender und ein äufserer flacher Höcker. Braun, mit dunkleren Querbinden, von denen die vor- derste, am vorderen Rande gezackte die hintere Hälfte der Augenlider verbindet; eine schwarzbraune hellgesäumte Binde unter dem Canthus rostralis, ein oder zwei Flecke unter dem Auge, ein dreieckiger Fleck in der Schläfengegend, ein anderer (zuweilen mit dem vorhergehenden zusammenfliefsender) an der Körperseite und ein dritter vor und über dem Oberschenkel von schwarzbrauner Farbe mit hellem Saum. Die Aufsenseite der Gliedmafsen mit dunkeln Querbinden. Die Unterseite grau- braun, an der Kehle dunkler, hier mit Weils besprengt und mit undeutlichen Längsbinden. volasse....... 0%028 Vorderextremität. .. . 0%018 Kanne ie... 0%010 Hinterextremität ... . . 02046 Zwei Exemplare aus Puerto Montt (Chile), durch Hrn. Dr. Fonck. 5. Ayla gracilenta n.sp. Vomerzähne auf zwei queren Höckern zwischen dem hin- tern Theil der Choanen. Letztere kaum gröfser als die Tuben. Zunge herzförmig, hinten flach eingebuchtet. Äufserer Mund- 790 Gesammtsitzung winkel unter der Mitte des Trommelfells. Augen mit horizontaler Pupille, um ihren doppelten Durchmesser von einander und um einen von den Nasenöffnungen entfernt. Die Nasenlöcher lie- gen seitlich, ganz nahe dem Ende der abgestutzten Schnauze, einander ein wenig näher als den Augen. Die Zügelgegend ist abschüssig. Trommelfell kaum halb so grofs wie das Auge, oval. Der Kopf erscheint sehr abgeplattet und ist so breit wie lang. Die ganze Oberseite des Thiers, einschliefslich der seit- lichen Theile der Unterlippe, die Aufsenseite des Vorderarms bis zum vierten Finger, die Aufsenseite des Unterschenkels bis zur Spitze der 5. Zehe sind feiner, die Bauchseite und die Un- terseite der Oberschenkel gröber granulirt, während der übrige Theil der Gliedmafsen glatt ist. Der Oberarm erscheint auffallend dünn. Der erste und zweite Finger sind zur Hälfte, die drei übrigen über zwei Drit- tel durch Sehwimmhäute mit einander verbunden und die Haft- scheiben derselben sind grols. Die Schwimmhäute der hinteren Extremität sind fast vollständig und gehen bis an die Basis des vorletzten Gliedes der vierten Zehe. Die ganze Oberseite bis zum seitlichen Unterkieferrande, mit Einschlufs des Trommelfells, und die granulirten Theile der Extremitäten sind dunkelblau, die Oberseite des Oberschen-. kels ist rosenroth und die Körperseiten, die ganze Unterseite, so wie der übrige Theil der Gliedmafsen sind gelblichweils. Iris am Rande goldglänzend. Totalänge .... 4... 02058... „Mord. Krir.n re 02021 Keoprlanve 2... 0m014 Hana. 2 PR 02008 Augendurchmesser . . 020035 Hint. Extr. ....... 02057 Augendistanz ..... 02007 Balsih see 0%025 Diese schöne Art stammt aus Port Mackay (Nordost- Australien); durch Hrn. Godeffroy. a November 1869. 291 Hr. A. W. Hofmann las: Zur Geschichte der ge- schwefelten Harnstoffe. In einer der Akademie am Schlusse des Sommersemesters vorgelegten Fortsetzung !) meiner Studien über die Senföle habe ich erwähnt, dafs mich die Untersuchung der Einwirkung des Jods auf das Diphenylsulfocarbamid zu einer einfacheren Auf- fassung des von den Hrrn. Merz und Weith ?) entdeckten so- genannten Tricarbohexanilids geführt habe. Zu dieser Auf- fassung, welche das Tricarbohexanilid als triphenylirtes Guanidin bezeichnet, bekennen sich nunmehr auch die Hrn. Merz und Weith °), wie ich aus einer seit Veröffentlichung meiner Arbeit erschienenen Abhandlung über diesen Gegenstand ersehe, so dafs die Frage über die Natur des in Rede stehen- den Körpers zu einem befriedigenden Abschlusse gelangt ist. Die elegante Methode für die Darstellung der substituirten Guanidine, zu welcher die Erkenntnils der wahren Natur des obengenannten Körpers mich alsbald geführt hat, und welche einfach darin besteht, die Entschwefelung eines Harnstoffs in Gegenwart eines Ammoniaks vorzunehmen, ist Veranlassung gewesen, eine ganze Reihe von Körpern darzustellen, welche der Guanidingruppe angehören. Über diese Körper, welche ‚sich zumal von dem Anilin und seinen Homologen ableiten, habe ich der Akademie theilweise wenigstens berichtet *). Es schien indessen von Interesse, auch die geschwefelten Harn- stoffabkömmlinge der gewöhnlichen Alkohole mit in den Kreis der Untersuchung zu ziehen, und ich habe deshalb die Ent- schwefelungsproducte der methylirten und aethylirten Sulpho- harnstoffe studirt, deren Darstellung und Eigenschaften in einer früheren Abhandlung beschrieben sind °). Diese Studien haben zu mehrfachen neuen Ergebnissen geführt, von denen ich der Akademie schon heute einige vorlegen will. 1) Hofmann, Monatsberichte 1869, S. 579 — 583. f 2) Merz und Weith, Zeitschrift für Chemie, N. F., IV, S. 519—609. 3) Merz und Weith, Zeitschrift für Chemie, N. F., V, S. 583. *) Hofmann, Monatsberichte 1869, S. 583 — 590. 5) Hofmann, Monatsberichte 1868, S. 24— 31. 792 Gesammtsitzung Entschwefelung der Äthylsulfoharnstoffe. Ich habe sowohl die Entschwefelungsproducte des monoäthy- lirten, als auch des diäthylirten Sulfoharnstoffs untersucht. Weil das Verhalten des letzteren das einfachere ist, will ich es zuerst beschreiben. Entschwefelung des Diäthylsulfoharnstofs. Dieser Harn- stoff, den man mit grofser Leichtigkeit durch die Einwirkung von Äthylamin auf Äthylsenföl erhält, entschwefelt sich nur langsam. DBleioxyd ist ohne Wirkung auf die Lösung des Körpers in Wasser oder Alkohol, selbst bei der Siedehitze. Frischgefälltes Quecksilberoxyd entfernt den Schwefel aus der siedenden Flüssigkeit. Wird die, von dem Quecksilbersulfid abfiltrirte, vollkommen neutrale Lösung verdampft, so bleibt ein kaum gefärbter Syrup zurück, der nach kurzer Zeit krystalli- nisch erstarrt. Die Krystalle wurden aus siedendem Wasser umkrystallisirt. So gereinigt stellten sie lange, farblose, bieg- same Nadeln dar, mit allen Eigenschaften, welche Hr. Wurtz dem Diäthylharnstoff zuschreibt. Der Schmelzpunkt wurde bei 107° gefunden; der Schmelzpunkt des aus Cyansäure- Äther und Äthylamin dargestellten Körpers wird zu 106° angegeben. Zum Überflusse wurde noch die Verbrennung ausgeführt; ihr Ergebnifs entsprach genau der Formel: C,H,N;0 = CH;(C,H,),N,0. Die Reaction war also in der Äthylreihe genau so ver- laufen, wie ich sie vor vielen Jahren für die diphenylirte Ver bindung angegeben habe: dem Schwefel war Sauerstoff substi- tuirt worden. Entschwefelung des Diäthylharnstoffs in Gegenwart von Äthy- lamin. Der Versuch hat genau zu dem Ergebnisse geführt, welches die Theorie im Voraus bezeichnete. Die Entschwefe- lung wurde ebenfalls in alkoholischer Lösung mittelst Queck- silberoxyds bewerkstellist. Nach dem Abdestilliren des über- schüssig angewendeten Äthylamins und Abfiltriren des Queck- silbersulfids bleibt eine stark alkalische Flüssigkeit, welche bei längerem Stehen an der Luft durch Kohlensäure- Anziehung krystallinisch erstarrt. vom 25. November 1869. 195 Mit Salzsäure und Platinchlorid versetzt lieferte der alka- lische Rückstand ein schön krystallisirtes Platinsalz; ebenso mit Goldchlorid ein Goldsalz. Das in Platten krystallisirende, in Wasser leicht, in Al- kohol weniger lösliche, bei 100° getrocknete Platinsalz gab bei der Analyse Zahlen, welche mit der Formel des triäthylirten Guanidinplatinchlorids C,.H;, N,PtCl, = 2[CH, (0,H,),N„HCI,PtCl, übereinstimmen. Die Reaction war also in demselben Sinne verlaufen, wie die Entschwefelung des Diphenylsulfocarbamids in Gegenwart von Anilin. CH, (0,H,,N,;,S + (5,H,)H,N = CH,(C,H,),N,; + B3S. . Das triäthylirte Guanidin, welches sich auf dem angege- benen Wege bildet, hat die gröfste Ähnlichkeit mit dem äthyl- substituirten Guanidin, welches ich vor mehreren Jahren !) bei der Behandlung des cyanursauren Äthyläthers mit Natrium- äthylat erhalten habe, ebenso mit dem Körper, welchen man, wie ich vor Kurzem gefunden habe, durch die Einwirkung des Äthylamins auf Chlorpikrin gewinnt. Ich nehme aber gleichwohl im Augenblicke Anstand, die . drei in so verschiedenen Reactionen entstandenen Körper für identisch zu erklären; ich beabsichtige auf diese Frage zurück- zukommen. Entschwefelung des Diäthylsulfoharnstofs in Gegenwart von Ammoniak. Nach dem einfachen Erfolge des im vorhergehen- den Paragraphen beschriebenen Versuches durfte dei der Ein- wirkung des Ammoniaks auf Diäthylsulfoharnstoff die Bildung eines diäthylirten Guanidins erwartet werden. Die Reaction verläuft aber nicht ganz so einfach. Es stellen sich hier, offenbar in Folge der Einwirkung des Ammoniaks selbst auf den diäthy- lirten Sulfoharnstoff, secundäre Umsetzungen ein, welche die in diesem Processe auftretenden Erscheinungen trüben. Noch ist es mir nicht gelungen, die verschiedenen, neben einander sich vollendenden Umbildungen mit befriedigender Schärfe zu entwirren. 1) Hofmann, 'BR. Soc. Pros XI. 281. 794 Gesammtsitzung Entschwefelung des Monoäthylsulfoharnstoffs. Der Monoäthyl sulfoharnstoff entsteht mit grofser Leichtigkeit bei der Einwir- kung einer alkoholischen Lösung von Ammoniak auf Äthylsenföl. Die Flüssigkeit erwärmt sich beim Zusammentreffen der beiden Componenten. Wenn der Geruch nach Äthylsenföl verschwun- den ist, so wird die Flüssigkeit verdampft. Der Sulfoharnstoff bleibt als krystallinische Masse, welche, aus heilsem Wasser umkrystallisirt, in schönen, ziemlich löslichen Nadeln erhalten wird. Diese Nadeln schmelzen bei 106° !). Der Monoäthylsulharnstoff wird ebenso leicht in wässriger als alkoholischer Lösung, sowohl durch Bleioxyd, als auch durch Quecksilberoxyd entschwefelt. Verdampft man die schwefelfreie Lösung auf dem Wasserbade, so bleibt eine syrupdicke Flüssig- keit zurück, welche nach einiger Zeit zu einem Hanfwerk weilser verfilzter Krystalle von stark alkalischer Reaction erstarrt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs der alkalisch reagirende Körper nicht das directe, aus der Entschwefelung hervorgehende Product ist. Zum Öfteren zeigt die Flüssigkeit, zumal wenn sie verdünnt ist, unmittelbar nach dem Entschwefeln entweder gar keine oder eine nur äulserst schwache alkalische Reaction. Nach dem Abdampfen zur Trockne, namentlich nach länge- rem Verweilen des rückständigen Syrups auf dem Wasser- bade, macht sich die Alkalinität in ihrer vollen Intensität gel- tend. Die weilsen Krystalle, obwohl sehr löslich, lassen sich sowohl aus Wasser als aus Alkohol umkrystallisiren. Die kalte Lösung derselben in möglichst wenig Chlor- wasserstoffsäure lieferte auf Zusatz von Platinchlorid ein wa- wellitartig krystallisirendes Platinsalz. Das Salz ist leicht lös- lich in Wasser, weniger löslich in Alkohol; es läfst sich aus Wasser umkrystallisiren, aber nicht ohne eine theilweise Zer- setzung zu erleiden. Gewöhnlich sind dem umkrystallisirten Salze schon kleine Octaöder von Platinsalmiak beigemischt. !) Vor dem Umkrystallisiren aus Wasser schmilzt dieser Körper schon unter 100°. Unvollkommener Reinheit schreibe ich es zu, dafs ich den Schmelzpunkt des Monoäthylsulfoharnstoffs früher, als mir eine äufserst geringe Menge dieses Körpers zur Verfügung stand, zu 87° an- gegeben habe. vom 25. November 1869. 795 Die Analyse des bei 100° getrockneten Salzes führte zu der Formel: Ban ErCl. — 0.1,(6,4.,N.„2HCHPiCl. Die Bildung der in diesem Platinsalze vorhandenen Base erklärt sich ohne Schwierigkeit. Ohne Zweifel entsteht durch Entschwefelung des Monoäthylsulfoharnstoff zunächst Äthyl- cyanamid: CH, (C,H,)N,$S = H,S + (CN)(C,H,)HN. Drei Molecule Athyleyanamid treten alsdann zu der neuen zweisäurigen Base zusammen: 3[(CN) (O, H,) HN] = (C N); (C, H,); H, N; == C, H; (C, H,),N;. Der Körper kann, dem Melamin an die Seite gestellt, als ein triäthylirtes Melamin aufgefafst werden. C,H,.N H H,),N 3 a 6 C, 3 (0; >)3 6 Melamin Triäthylmelamin. Der monoäthylirte Sulfoharnstoff verhält sich also bei der Entschwefelung wesentlich anders als der diäthylirte. Wäh- rend letzterer diäthylirten Harnstoff liefert, indem Sauerstoff gegen Schwefel ausgetauscht wird, spaltet sich von dem er- steren 1 Mol. Schwefelwasserstoff ab, indem eine Cyanverbin- dung entsteht. Der monoäthylirte verhält sich also wie der monoallylirte Harnstoff, das Thiosinnamin, welches wie aus Hrn. Will’s schönen Untersuchungen ') die mir bei dieser Ar- beit gar oft als Anhaltspunkt gedient haben, bekannt ist, unter Schwefelwasserstoffaustritt in Sinnamin übergeht. Bei der Atomgewichtsbestimmung des Sinnamins haben sich Schwierigkeiten ergeben, und Will hat deshalb, indem er der von ihm beobachteten Reaction den einfachsten Ausdruck lieh, das Sinnamin mit der Formel C,H,N, als Cyanallylamin angesprochen. Die oben mitgetheilten Beobach- tungen lassen indessen auch das Sinnamin als ein höher ge- 1) Will, Ann. Chem. Pharm. LI. 1, 796 Gesammtsitzung gliedertes Polyamin erscheinen. Einige Versuche, welche ich über die Entschwefelung des Thiosinnamins angestellt habe, die aber noch nicht abgeschlossen sind, machen es wahrscheinlich, dafs das Sinnamin in der That als ein triallylirtes Melamin auf- zufassen ist. Ich habe bereits angeführt, dafs sich das triäthylirte Me- lamin mit Leichtigkeit zerlegt. Längere Berührung mit kalter Chlorwasserstoffsäure, kurzes Aufsieden mit derselben ist hin- reichend, um eine vollständige Umbildung des Körpers zu be- dingen. Die Lösung enthält nunmehr reichliche Mengen Sal- miak und das Chlorhydrat einer neuen Base, welche ein von dem des triäthylirten Melamins ganz verschiedenes Platinsalz bildet. Um das Ammoniak zu entfernen wurde die Flüssigkeit mit Natronlauge übersättigt, auf dem Wasserbade zur Trockne verdampft und der Rückstand mit Äther ausgezogen. Beim Verdampfen des Äthers hinterblieb ein Syrup, welcher, mit Salzsäure und Platinchlorid versetzt, ein in prachtvollen vier- seitigen Prismen krystallisirendes, in Wasser sehr leicht, in Alkohol weniger lösliches Platinsalz lieferte. Die Zusammen- setzung dieses Salzes, welches eine Temperatur von 100° ohne Zersetzung verträgt, wird durch die Formel C,,Hss N 05 PtCl, = 2[C,H, (C,H,),N,0,HC1],PtCl, ausgedrückt. Die Bildung der in ihm enthaltenen Base ist mithin in der einfachen Gleichung C,H,(C,H,), N; + H,O = (C,H, (0,H,),N,0 + H,N gegeben, und der sauerstoffhaltige Körper, der hier entstanden ist, läfst sich als triäthylirtes Ammelin auffassen. CG; H,N,O C,H,(C,H,),N,O mn ummcee? Nom nennen: » en nee? Ammelin Triäthylammelin. Durch Behandlung mit Basen und Säuren erleidet das triäthylirte Ammelin weitere Veränderungen. Gern hätte ich diese verführerischen Metamorphosen weiter verfolgt, allein die Nothwendigkeit, neues Material zu beschaffen, hat mich vor der Hand gezwungen, auf diese angenehme Beschäftigung zu ver- zichten. Es sei mir indessen gestattet, schon heute kurz an- nz vom 25. November 1869. 197 zudeuten, in welcher Weise die Umbildung des Triäthylammelins aller Wahrscheinlichkeit nach verlaufen wird. Man kann kaum bezweifeln, dafs auch das Triäthylammelin von neuem 1 Wasser- molecul fixiren wird, um unter Ammoniakabspaltung in Triäthyl- ammelid überzugehen, welches sich schliefslich unter ähnlichen Umbildungserscheinungen in Cyanursäure-Äthyläther verwan- deln wird, dessen Abbau bis zu den letzten Spaltungsproducten Äthylamin und Kohlensäure bekannt ist. Die Reihe der Metamorphosen, welche das Triäthylmelamin, genau entsprechend dem normalen Melamin, in vollendeter Sym- metrie durchlaufen wird, ist in folgenden Gleichungen ange- deutet. Eee een, +8,0=H,NF0,8,(,H,),N,0 en Teäyl- 0,H,(0,H,),N,0 -HH,O=H,N-+C,H (O,H,),0,0, Tan NO OH ,N+C, (HNO re C; (C;H,);N,0;,+H,0=C0,-+C,H,(C;H,),;N;0, ee a: C,H,(C,H,)3N,0,-FH,0=00,+0,H, (C,H) N,0 Sal iam ee BE .N.O +H.0—C0,r HICH.N, a Der einzige noch hypothetische Körper, welcher in diesem Diagramm figurirt, ist in der That das triäthylirte Ammelid, auf dessen Entdeckung ich bei der Fortsetzung dieser Unter- suchungen mit Sicherheit rechne. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dafs ich hier mit dem Namen Ammelid den Körper C;H,N,O, bezeichne. Bekanntlich glaubte Gerhardt als solchen die von Liebig aus dem Ammelin erhaltene und Ammelid genannte Verbindung ansprechen zu dürfen. Liebig hat indessen darauf hingewiesen, dafs die Zusammensetzung des von ihm darge- stellten Productes die oben angeführte Auffassung nicht zuläfst. Es ist gleichwohl nicht unwahrscheinlich, dafs sich unter ge- eignet gewählten Bedingungen ein Körper 798 Gesammtsitzung C;H,N,O, aus dem Ammelid wird darstellen lassen. Jedenfalls ist eine Verbindung von dieser Formel, nämlich die aus dem Harnstoff dargestellte Melanurensäure, den Chemikern bekannt. Ich habe in der Hoffnung, Monoäthylguanidin zu er- halten, den Monoäthylharnstoff in Gegenwart von Ammoniak entschwefelt. Das Ergebnifs des Versuchs hat indessen meinen Erwartungen nicht entsprochen; es entsteht auch in diesem Falle Triäthylmelamin. Entschwefelung des normalen Sulfoharnstoffs. Angesichts des eigenthümlichen Verhaltens des Monoäthyl- sulfoharnstoffs unter dem Einflufs entschwefelnder Agentien, schien es von Interesse, auch den normalen Sulfoharnstoff, wel- cher Anfangs dieses Jahres von Hrn. E. Reynolds!) entdeckt worden ist, mit in den Kreis der Untersuchung zu ziehen. Hr. Reynolds giebt an, durch Entschwefelung seines Sulfo- harnstoffs mit Silberoxyd den gewöhnlichen sauerstoffhaltigen Harnstoff erhalten zu haben, allein er begnügt sich, diese Be- hauptung auf einige qualitative Reactionen zu stützen, die, wie er sie beschreibt, allerdings mit denen des Harnstoffs par ex- cellence zusammenfallen. Der Körper, der sich durch Entschwefe- lung des Sulfoharnstoffs erzeugt, ist gleichwohl kein Harn- stoff. Ich habe den Versuch mit Silberoxyd, den Hr. Rey- nolds beschreibt, genau in derselben Weise wiederholt, ich habe den Sulfoharnstoff mit Bleioxyd und mit Quecksilberoxyd entschwefelt, allein niemals bin ich im Stande gewesen, auch nur eine Spur von Harnstoff nachzuweisen. . Wird die Lösung des Sulfoharnstoffs mit Silber-, Blei- oder Quecksilberoxyd bis zur völligen Entschwefelung im Wasser- bade digerirt und die von den Metallsulfiden abfiltrirte Flüssig- keit auf dem Wasserbade concentrirt, so schiessen beim Er- kalten blendend weilse Prismen oder vierseitige Tafeln an, welche man durch einmaliges Umkrystallisiren aus siedendem !) E. Reynolds, Chem. Soc. J. XXIJ, p.1. vom 25. November 1869. 799 Wasser im Zustande vollkommener Reinheit enthält. Die Lö- sung dieser Krystalle giebt allerdings mit salpetersaurem Queck- silber eine weisse Fällung, die von Kochsalzlösung gelöst wird; allein die Krystalle unterscheiden sich in vielen Beziehungen vom Harnstoff. Die Analyse derselben führte zu der Formel des Cyanamids CH,N,, für die ich nach dem Verhalten, welches der monoäthylirte Sulfoharnstoff gezeigt hatte, in der That vorbereitet war. Es hatte sich also von dem Molecule des Sulfoharnstoffis einfach 1 Mol. Schwefelwasserstoff abgespalten. CH,N,S=CH,N,+H,8 Allein die erhaltenen Krystalle waren kein Cyanamid, von dem sie sich alsbald durch ihre geringere Löslichkeit unter- schieden. Sie waren aber auch kein Cyanuramid oder Melamin, wie man nach den bei der Untersuchung des monoäthylirten Sulfoharnstoffs gewonnenen Resultate wohl hätte erwarten kön- nen. Das Melamin ist viel weniger löslich als die bei der Entschwefelung des Sulfoharnstoffs auftretenden Krystalle. Allein - es ist noch ein zwischen dem Cyanamid und dem Melamin in der Mitte stehender Körper, das Dieyandiamid, bekannt, welches ursprünglich von Hrn. Strecker beobachtet, später von Hrn. J. Haag ') eingehender studirt worden ist. Eine genaue Vergleichuug der Eigenschaften der von mir erhaltenen Krystalle mit denen des Dicyandiamids, wie sie Hr. Haag beschreibt, läfst keinen Zweifel, dafs das krystallinische Ent- schwefelungsproduct des Sulfoharnstoffs in der That aus Dicyan- diamid- besteht. Schon die Schmelzpunktsbestimmung und die Analyse einer schön krystallisirten Silberverbindung lassen in dieser Beziehung keinen Zweifel. Nach Haag’s Angabe schmilzt das Dieyandiamid bei 205°; die aus dem Sulfoharnstoff dar- gestellte Verbindung zeigt den Schmelzpunkt 204°. Mit sal- petersaurem Silber bildet das Dieyandiamid eine in langen Na- deln krystallisirende, in heifsem Wasser leicht, in Salpetersäure schwer lösliche Verbindung von der Formel 1) Haag, Ann. Chem. Pharm. CXXIL. S. 22. [1869.] 57 \ 800 | Gesammtsitzung C,H,N,,AgNO,. Eine Verbindung von genau denselben Eigenschaften und genau derselben Zusammensetzung bildet auch das Entschwefe- lungsproduct des Sulfoharnstoffs. Die Analyse wurde sowohl mit dem durch Quecksilberoxyd als auch mit einer durch Silber- oxyd erhaltenen Verbindung angestellt. Schliefslich ist auch noch die merkwürdige von Haag beschriebene Umbildung des Dicyandiamids unter dem Einflusse von Säuren an den aus dem Sulfoharnstoff erhaltenen Krystallen beobachtet worden. Eine Lösung dieser Krystalle in Chlorwasserstoffsäure lieferte beim Abdampfen grolse Tafeln von chlorwasserstoffsaurem Di- cyandiamidin, aus welchem auf Zusatz einer concentrirten Platinchloridlösung sich ein krystallinisches Platinsalz ausschied. Aus siedendem Wasser krystallisirt dieses Salz in büschelförmig vereinigten Nadeln von der Zusammensetzung 2(C,H,N,0,H;Cl), PtC].. Die angeführten Beobachtungen dürften hinreichen, den aus dem normalen Sulfoharnstoff durch Entschwefelung erhal- tenen Körper mit dem aus dem Cyanamid durch Polymerisation . entstandenen Dicyandiamid zu identifieiren. Nachdem ich gefunden hatte, dafs sich der Monoäthylharn- stoff auch bei Gegenwart von Ammoniak in Triäthylmelamin verwandelt, war nur geringe Aussicht vorhanden, dafs der nor- male Schwefelharnstoff, wie ich früher gehofft hatte, bei der Entschwefelung im Beisein von Ammoniak in Guanidin über- gehen werde. Ich habe den Versuch gleichwohl angestellt, in- dessen in der That nichts anderes als Dieyandiamid erhalten, welches durch eine Vergleichung der Eigenschaften und durch eine Schmelzpunktbestimmung identifieirt wurde. Schliefslich sei bemerkt, dafs die Untersuchung der Pro- ducte, welche sich bei der Entschwefelung des normalen Sulfo- harnstoffs in Gegenwart von substituirten Ammoniaken bilden, - noch nicht zu einem endgültigen Abschlufs gekommen ist. Bei Anstellung der im Vorstehenden beschriebenen Ver- suche bin ich von den Hrrn. R. Bensemann und Fr. Ho- brecker mit ebenso grolsem Eifer als Geschick unterstützt worden. vom 25. November 1869. 801 Derselbe las ferner: Über die Einwirkung des Jods auf das Thiobenzamid. Das Studium der Umsetzung des Diphenylsulfocarbamids unter dem Einflusse des Jods, über welche ich der Akademie in einer früheren Sitzung Mittheilung gemacht habe '), ist Ver- anlassung gewesen, einige andere Schwefelverbindungen nach derselben Richtung hin zu erforschen. Im Allgemeinen sind diese Untersuchungen nicht so ergiebig ausgefallen, als ich ge- hofft hatte, sie haben gleichwohl zu einigen Beobachtungen ge- führt, welche der Aufzeichnung werth erscheinen. Wird ein Schwefelwasserstoffstrom in eine ammoniakalische Alkohollösung von Benzonitril geleitet, so scheiden sich be- kanntlich nach Verlauf einiger Stunden schöne gelbe Nadeln, das von- Hrn. Cahours entdeckte Thiobenzamid C,H,S GCH.NS=,.H Im H aus der Flüssigkeit ab, welche durch einmaliges Umkrystalli- siren aus siedendem Wasser rein erhalten werden. Versetzt man eine kalt gesättigte Lösung dieses Körpers in Alkohol mit einer alkoholischen Jodlösung, so wird letztere alsbald unter Ausscheidung von Schwefel entfärbt. Hat man mit dem Zusatz von Jodlösung fortgefahren, bis sich selbst nach kurzem Aufkochen freies Jod durch Stärkekleister nach- weisen läfst, so erstarrt die vom Schwefel abfiltrirte Flüssigkeit beim Eingiessen von Wasser zu einem Brei weilser verfilzter Nadeln, welche sich durch Waschen mit kaltem Wasser leicht von anhängender Jodwasserstoffsäure befreien lassen. Durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol erhält man den Körper völlig rein. In diesem Zustande stellt er lange, glänzende, schneeweilse Nadeln dar, welche bei 90° schmelzen und bei sehr hoher Temperatur ohne Zersetzung destilliren. Auch in Äther, Chloroform und Benzol löst sich die Verbindung auf. Ich habe dieselbe im Anfange für schwefel- frei gehalten. Man kann die alkoholische Lösung derselben stundenlang in Gegenwart fixer Alkalien mit einem Bleisalze 1) Hofmann, Monatsberichte 1869, S. 581. Di 802 Gesammtsitzung zum Sieden erhitzen, ohne dafs sich Bleisulfid bildet. Erst nach! mehrtägigem Kochen mit alkoholischer Natronlauge tritt der: Schwefel in der Form von Natriumsulfid, und, wie es scheint, Na- triumhyposulfit aus. Auch beim Erhitzen mit Salpetersäure von mälsiger Concentration bleibt der Schwefelgehalt des Kör- pers unverändert. Die Schwefelbestimmung bietet aber keine Schwierigkeiten, wenn man den Dampf der Verbindung über. ein glühendes Gemenge von Salpeter und Natriumcarbonat leitet. Die sorgfältige Analyse der neuen Krystalle führt zu der Formel: | C,,H4oN >, sie sind mithin aus 2 Moleculen des Thiobenzamids entstanden, von denen sich 1 Atom Schwefel und 4 Atome Wasserstoff, letztere in der Form von Jodwasserstoffsäure, getrennt haben. 2C,H,NS+2II = 0,H,N58 +4HI +8. Wie das Jod wirkt auch das Chlor, das Brom und mäfsig verdünnt auch die Salpetersäure auf das Thiabenzamid; indessen sind diese Agentien für die Darstellung der neuen Verbindung nicht zu empfehlen, weil deren Wirkung leicht zu weit geht, die Bildung chlorirter, bromirter und nitrirter Producte ver- anlassend, welche sich der normalen Verbindung beimischen. In der That hat bereits Hr. Richard Dunklenberg, der sich während des verflossenen Sommers im hiesigen Laboratorium mit dem Studium des Thiobenzamids beschäftigte, den neuen schwefelhaltigen Körper in Händen gehabt, allein, da er sich zur Darstellung des Broms bediente, so wurde der Körper min- der rein erhalten; und die Interpretation der Reaction wollte damals nicht gelingen. Was nun die Constitution des neuen Körpers anlangt, so kann man sich denselben als aus 2 Mol. Benzonitril bestehend denken, welche direct durch Schwefel zusammengehalten wer- den. Es lassen sich über die Anordnung der Atome in dem Molecul verschiedene Ansichten aufstellen ; wahrscheinlich. hän- gen die aulserhalb der Phenylgruppe befindlichen Kohlenstoff- atome durch Schwefel zusammen, und es findet alsdann auch Bindung zwischen den Stickstoffatomen statt. Letztere Auf- vom 25. November 1869. 803 fassung, wird durch das weiter unten anzuführende Verhalten der Krystalle unter dem Einflufs des Wasserstoffs in condicione nascendi bekräftigt. Ich will aber auf diese Frage hier nicht näher eingehen, da mir die beabsichtigte Verwerthung der be- Schriebenen Reaction in einigen anderen Reihen weitere expe- rimentale Grundlagen für eine gewinnverheilsende Erörterung ‘der Frage zu liefern verspricht. Aus demselben Grunde unter- lasse ich es auch schon jetzt für die schwefelhaltige Verbindung einen Namen vorzuschlagen. Bemerkenswerth ist die ausserordentliche Stabilität der neuen Verbindung. Man kann sie mit Chlorwasserstoffsäure, mit verdünnter Salzsäure, ja mit mäfsig concentrirter Salpeter- säure in zugeschmolzener Röhre längere Zeit auf 150° erhitzen, ohne dafs eine Zersetzung eintritt. Im concentrirter Schwefel- säure löst sie sich bei gelindem Erwärmen auf; Wasserzusatz scheidet sie aus dieser Lösung unverändert wieder ab. Etwas leichter zersetzt sich die Verbindung durch die Alkalien, ob- wohl auch hier, wie bereits bemerkt, tagelanges Kochen noth- wendig ist. Unter langsamer Ammoniakentwickelung wird Ben- zo&säure zurückgebildet. Offenbar trennt sich in diesem Falle von dem Molecule zunächst der Schwefel, welcher von dem Alkali in bekannter Weise gelöst wird; das sich gleichzeitig abspaltende Benzonitril liefert Ammoniak und Benzo&säure. Ich habe die hier auftretende Säure, welche sich schon an der Schwerlöslichkeit des gebildeten Natronsalzes als Benzo&säure zu erkennen giebt, überdies durch die Bestimmung des Schmelz- punktes, so wie durch die Analyse des Silbersalzes identificirt. Eine ganz interessante Verwandlung erfährt der Schwefel- körper durch die Einwirkung des Wasserstoffs im statu nascendi. Ich habe bereits früher ') darauf aufmerksam gemacht, wie viel leichter die Thioamide in die entsprechenden Aminbasen über- gehen, als die Nitrile. Diese Erfahrung hat sich auch wieder bei dem neuen Körper bewahrheitet. Versetzt man die alko- holische Lösung desselben mit Zink und Salzsäure, so entwickelt sich der Schwefelwasserstoff in Strömen. Nach 10 bis 12 Stun- den erkennt man aus dem Umstande, dals Zusatz von Wasser 1) Hofmann, Monatsberichte 1868, S. 281. 8304 Gesammtsitzung zu der Alkohollösung keine Fällung mehr bewirkt, die totale Zersetzung der schwefelhaltigen Verbindung. Sammlung und Reindarstellung des neugebildeten Productes gelingt leicht auf dem schon zu öfterem eingeschlagenen Wege; Zusatz von Al- kali bis der zunächst gebildete Niederschlag von Zinkhydroxyd sich gelöst hat, liefert die Base in einer obenauf schwimmien- den Alkoholschicht. Die nach dem Verdampfen des Alkohols zurückbleibende fixes Alkali enthaltende Base wird in Äther aufgenommen und demselben durch Chlorwasserstoffsäure wie- der entzogen, wobei eine kleine Menge unerquicklichen braunen Harzes im Äther gelöst bleibt. Die salzsaure Lösung liefert beim Abdampfen auf dem Wasserbade ein zunächst ölförmig sich ausscheidendes Chlorhydrat, welches in kurzer Frist zu unvollkommen ausgebildeten Krystallen erstarrt. Versetzt man die Lösung dieses Salzes in Wasser mit Ammoniak, so schei- den sich alsbald ölartige Tropfen aus, welche zu Boden sinken und am nächsten Morgen krystallinisch erstarrt sind. Die über der krystallinisch erstarrten Base stehende Flüssigkeit ist mit irisirenden Blättchen erfüllt. Die Analyse des durch Umkrystallisiren aus Wasser ge- reinigten salzsauren Salzes, welches sich ohne Veränderung bei 100° trocknen läfst, führt zu der Formel: C„H,N,Cl= C4H4N.„,HO. welche durch die Untersuchung eines krystallinischen, ebenfalls bei 100° getrockneten Platinsalzes | C,H, N, PtCl, = 2(C,HN,,HCD,PtC], in unzweideutiger Weise bestätigt wird. Es sind also bei der Bildung der hier vorliegenden Base 4 At. Wasserstoff an die Stelle von 1 At. Schwefel getreten. C.HuN:sS + 5HH = H,S + C,HuN:- Läfst man die oben angedeutete Auffassung des Schwefel- körpers gelten, so würde bei der Einwirkung des Wasserstofis | die Schwefelverkettung zwischen den Kohlenstoffatomen gelöst und durch gleichzeitige Lockerung des Bandes zwischen diesen’ s ” Kohlenstoffatomen und den Stickstoffatomen die Anlagerung } 7 vom 25. November 1869. 805 von zwei Wasserstoffatomen an ein jedes der Kohlenstoffatome ermöglicht; die beiden Stickstoffatome würden alsdann doppelt verkettet werden. Dafs dieselben in der That sehr kräftig gebunden sind, dafür spricht jedenfalls der Umstand, dafs sich die neue Base auch unter dem fortgesetzten Einflusse des Wasserstoffs nicht weiter verändert. Ich hatte in der That gehofft, dieselbe durch andauernde Behandlung mit Wasserstoff in condicione nmascendi unter Aufnahme weiterer vier Wasser- stoffatome in Benzylamin zerfallen zu sehen: C.HuN, + 2HH = 2C,H,N. Bisher hat mir indessen diese Überführung, die ich auch jetzt noch keineswegs für unmöglich halte, nicht gelingen wollen, obwohl ich die Einwirkung von Zink und Salzsäure mehrere Tage lang fortgesetzt habe. Noch verdient bemerkt zu werden, dafs die hier beschrie- bene Base, für welche ich, so lange ihre Constitution nicht näher ermittelt ist, einen Namen vorzuschlagen ebenfalls unter- lasse, mit einem früher von mir!) aufgefundenen Körper isomer ist. Das durch Behandlung mit Phosphorchlorid aus 1 Mol. Essigsäure und 2 Mol. Anilin unter Abspaltung von 2 Mol. Wasser gebildete Äthenyldiphenyldiamin: III Cr) C.H, 1% — (,H,N, H hat nicht nur dieselbe Zusammensetzung und dasselbe -Molecu- largewicht, sondern ist auch wie die aus dem Schwefelkörper entstehende Base einsäurig. Es bedarf aber kaum mehr als einer eursorischen Vergleichung beider Substanzen um die Über- zeugung zu gewinnen, dafs hier in der That nur Isomerie nicht Identität stattfindet. Die Krystallformen der beiden Basen so- wohl, als auch ihrer Salze, weichen wesentlich von einander ab. Aufser den schon genannten Salzen habe ich namentlich ‚auch noch das nicht ganz leicht in sechsseitigen Tafeln kry- stallisirende Nitrat der neuen Base mit dem schönen sal- 1!) Hofmann, Monatsberichte 1865, 649. 806 Gesammtsitzung vom 25. November 1869. petersauren Salze der alten verglichen. Das Äthenyldiphenyl- diamin ist vollkommen neutral, während die unbenannte Base in alkoholischer Lösung eine deutlich ausgesprochene alkalische Reaction zeig. Auch die Schmelzpunkte der ‘beiden Basen liegen weit auseinander; die alte schmilzt bei 137°, die neue schon bei 71°. Schliefslich kann das Verhalten der beiden Körper zu concentrirter Schwefelsäure keinen Zweifel über ihre vollkommene Verschiedenheit lassen; das Äthenyldiphenyldiamin verwandelt sich in diesem Falle ohne Schwärzung in Sulpha- nilsäure und Essigsäure; die von dem Thiobenzamid abstam- mende Base wird unter Entbindung von schwefliger Säure verkohlt. Hrn. K. Sarnow bin ich für werthvolle Hülfe bei An- stellung der beschriebenen Versuche verbunden. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften und der @. A. Universität zu Göttingen. no. 21. Göttingen 1869. 8. Zeitschrift des Kgl. Preu/s. Statistischen Bureaus. 9. Jahrg. Nr. 7, 8 u. 9. . Berlin. 4869. | 4. | Die Fortschritte der Physik im Jahre 1866. Dargestellt von der Phy- sikalischen Gesellschaft in Berlin. 22. Jahrg. Berlin 1869. 8. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1869. 19.Bd. Wien 1869. 8. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. no. 10. 1869. Wien 1869. 8. Mittheilungen der K. K. Central-Commission für Erforschung und Er- haltung der Baudenkmale. 14. Jahrg. Nov.—Dec. Wien 1869. 4. v. Haidinger, Das K. K. Montanistische Museum und die Freunde der Naturwissenschaften in Wien in den Jahren 1840—1850. Wien 1869. 8. & Plantamour, Resume meteorologique. Anne 1868. Geneve 1869. 8. Archives du Musee Teyler. II, 3. Harlem 1869. 8. : Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Menacensis. IH, 1. Monachii 1868. 8. Nachtrag. 5. August. Gesammtsitzung der Akademie. ww Hr. du Bois-Reymond las über die aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. 8.1. Einleitung. In seiner „Anleitung zur Bestimmung der Schwing- ungsdauer einer Magnetnadel“') stellt Gauss für die Bewegung eines in dämpfender Umgebung schwingenden Magne- tes die Fundamentalgleichung auf d’x oil: dx RED NE 7, AHA dit wo z den dem Stand des Magnetes zur Zeit t, p den seinem Ruhestand entsprechenden Scalentheil, n? die magnetische Richtkraft (für die Einheit der Ablenkung) und 22 die ver- zögernde Kraft der Dämpfung (für die Einheit der Geschwin- digkeit), beide mit dem Trägheitsmoment des Magnetes dividirt, bedeuten. Das Integral dieser Gleichung giebt Gauss unter der Form z=p+ 4e“tsin [Yn’ —e’.t—B)},.. (MW wo e die Basis der natürlichen Logarithmen ist, A und B die beiden durch die Integration eingeführten willkürlichen Con- stanten vorstellen. Ohne die verzögernde Kraft der Dämpfung ist nach Gauss das Integral ©=p-+ A. sin In (t— B)) ar. ar. GERGERL) 1) Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1837. Göttingen 1838. S.58; — C.F. Gauss Werke u. s. w. Göttingen 1867. 4°. Bd.V. S. 374, 808 Nachtrag. Nachdem Gauss aus Gleichung (I) die Theorie der Schwingungsbewegung gedämpfter Magnete hergeleitet hat, sagt er: „Bei allem, was bisher entwickelt ist, liegt die Voraus- „setzung zum Grunde, dals = kleiner sei als n; im entgegen- „gesetzten Fall nimmt das Integral der Fundamentalgleichung „eine andere Form an. Man erhält nämlich anstatt des Glie- „des Ae“* sin [Yn? — =? .(t— B)}, in dem Fall, wo e grölser „ist als n, zwei Glieder von der Form Actertenjt Dee te ae „und in dem Fall, wo e = n ist, von dieser (A +: Be Tore Se „In beiden Fällen findet also in der Bewegung gar nichts „periodisches mehr Statt, sondern der Stand nähert sich asymp- E € „totisch dem Ruhestande. Für unsern Dämpfer ist on 0,22152, „und es mülste also ein mehr als 44mal stärker wirkender „Dämpfer angewandt werden, um solchen Erfolg hervorzu- „bringen. Offenbar aber würde es dazu nicht hinreichend sein, „die Metallmenge nur in demselben Verhältnils zu vergröfsern, „in sofern diese Vergrölserung nach auflsen angebracht werden „mülste, und die äufsern Schichten des Metallrahmens verglei- „ehungsweise weniger zur Inductionswirkung beitragen als die „innern. Allein es würde nicht einmal anzurathen sein, eine „Dämpfung von einer solchen Stärke anzuwenden, dafs die Be- „wegung aufhörte periodisch zu sein, theils weil, sobald = den „Grenzwerth n überschreitet, die Annäherung an den Ruhestand „wieder langsamer geschieht, theils weil man dann den we- „sentlichen Vortheil verlöre, aus zwei beliebigen, um 7,“ — die Schwingungsdauer des gedämpften Magnetes — „von einan- „der entfernten Aufzeichnungen den Ruhestand auf eine be- „queme Art berechnen zu können.“ So weit Gauss. Er hat den aperiodischen oder schwingungslosen Zustand gedämpfter Magnete, wie man ihn nennen kann, mit geistigem Auge gesehen, ohne ihn wirk- lich zu beobachten, und seine Andeutungen darüber sind meines Wissens mehr als dreilsig Jahre unbeachtet geblieben, obschon Nachtrag. 809 sie, wie sich zeigen wird, den Keim einer interessanten Theo- rie und, Gauss Meinung zuwider, eines praktisch wichtigen Verfahrens enthielten. Ich habe gefunden, dafs jener Zustand sich leicht verwirklichen läfst; und noch Jedem, der von der aperiodischen Bewegung meiner Bussolspiegel Zeuge war, sprang der Vortheil in die Augen, der daraus bei vielen Arten galva- nometrischer Versuche erwachsen müsse. Da die Darstellung, deren sich Gauss im Obigen en den Punkt, auf den es hier ankommt, nicht mit voller Klarheit hervortreten läfst, so wird es angemessen sein, die Theorie der aperiodischen Bewegung gedämpfter Magnete zunächst etwas ausführlicher zu entwickeln. 8. II. Allgemeine Gleichung der Bewegung gedämpf- ter Magnete, und periodische Bewegung solcher Magnete. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dafs die Ruhelage des Magnetes dem Nullpunkt der Theilung entspreche, also p=0 Sei. Indem man sonst die Gauss’schen Bezeichnungen beibehält, aber zur. Abkürzung einen der beiden Werthe von ee? —n =r setzt, erhält man als allgemeines vollständiges Integral der Differentialgleichung (I) die Gleichung Jette Be) ‚se el deren rechte Seite mit (IV) identisch ist. Zur Bestimmung der Oonstanten A und DB dienen Annah- men über Anfangslage und Anfangsgeschwindigkeit des Magne- tes. Denken wir uns den Magnet durch eine äufsere Kraft, z.B. durch einen beständigen elektrischen Strom, in der Ab- lenkung £ gehalten, die aber nicht gröfser sei, als dafs nicht die Proportionalität zwischen Ablenkung und Richtkraft noch angenommen werden dürfe, und die Dämpfung merklich den. gleichen Werth behalte. Im Augenblick ?{= 0 werde die Kette geöffnet, und der Magnet gleichsam seiner Ruhelage zu fallen gelassen. Für {= 0 haben wir dann = und — —= 0. Man findet 810 Nachtrag. RR un ar i ar ; und Gleichung (VI) wird E S 5 r —r Eee !f(e + rn) e!— (e—r)e . sr 6 a Va Die Art der Bewegung des Magnetes, welche durch die Gleichungen (VI) und (VII) dargestellt wird, ist verschieden je nach der Beschaffenheit der Wurzelgröfse r. Ist e Nachtrag. sıl Der von der eckigen Klammer umfafste Factor in dieser Glei- . chung entspricht dem periodischen Factor in (IX), verschwin- det für tg ()= — — und wird = 1 für sin (ei) = 0. Abgesehen von der von uns vorgenommenen Üonstanten- bestimmung, ist Gleichung (X) einerlei mit (II), oder von der Form, in welcher Gauss das Integral der Fundamen- talgleichung unter der stillschweigenden Voraussetzung hinge- stellt hat, dafs e n werde, gedenkt. Was Gauss bewog, die umgeformte Gleichung (II) voranzustellen, ist sichtlich der Umstand, dafs in dieser Gestalt die Gleichung sich an die (IH) anschliefst, welche die Bewegung des Magnetes ohne Dämpfung darstellt. Setzt man in der Fundamentalgleichung e=0, wodurch der die Dämpfung ausdrückende Term ver- schwindet, so erhält man als allgemeines vollständiges Integral den von. Gauss gegebenen Ausdruck: (III), und unter densel- ben Annahmen über Anfangslage und Anfangsgeschwindigkeit, die wir für den Fall der Dämpfung gemacht haben, und für Pr 0, 7 ae ten gel en =. .0n (5 — nt) = £.co Kos .. SEN wo z in üblicher Bedeutung genommen ist. Die Vergleichung der Ausdrücke (II) und (III), oder (X) und (XD), läfst den Einflufs der Dämpfung auf die Schwingungsbewegung klar über- sehen, der sich theils in dem Auftreten des die Amplituden ver- mindernden Factors e°‘, theils in dem langsameren Wachsen des Argumentes der periodischen Function ausspricht, wo- durch eine grölsere Schwingungsdauer angezeigt wird. Da es Gauss zunächst auf diesen Vergleich ankam, der Falle>n ihm dagegen nur als theoretisches Curiosum vorschwebte, durfte es ihm gleichgültig sein, dafs bei seiner Darstellung 812 Nachtrag. der unmittelbare Einblick in den Übergang der periodischen zur aperiodischen Bewegung, der bei = = n stattfindet, verlo- ren ging. 8. III. Aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. In dem Falle e>n, wo also r reell ist, gilt Glei- chung (VII), wie sie dasteht. Die Bewegung ist nicht mehr periodisch, sondern die Ablenkung als Function der Zeit wird dargestellt durch den Unterschied der Ordinaten zweier Exponentialeurven, die sich der Abscissenaxe asymptotisch nähern. Der Werth t= oo ist der einzig mögliche, der 2= 0 macht. Fällt also der Magnet von der Ablenkung E, welche beliebig grofs gedacht werden kann, ohne Anfangsgeschwindig- keit herab, so wird der Nullpunkt nicht überschritten, sondern erst nach unendlicher Zeit erreicht. Die Curve der Ablenkungen bezogen auf die Zeit hebt bei £= 0 mit der Ordinate & und mit horizontaler Tangente an, und hat zuerst einen gegen die Abscissenaxe concaven Verlauf. Die Curve der Geschwin- digkeiten d En? Er = = Et (g er. 2 ist am Ursprunge concav gegen die Abscissenaxe, und erreicht ein negatives Maximum für € 1 rt = log nat Sarnen Mose (XIII) € welchem t also ein Wendepunkt der Curve der Ablenkungen entspricht. Nach genau der doppelten Zeit folgt der Wende- punkt der Curve der Geschwindigkeiten, die sich gleichfalls der Abscissenaxe asymptotisch anschliefst. Die Ordinaten bei- der Curven sind für gleiche Zeiten & proportional. Eine bemerkenswerthe Vereinfachung tritt in vielen Be- ziehungen ein für den Grenzfall, dafs n = e, oder dafs r = 0 wird. Das Integral der Differentialgleichung ist alsdann [vergl. oben 8.808 (V)] s—(ALBHe“, A findt man =£&, B=e£, und man hat s=E£E.c"'(1 + ei) a A & (XIV) nn Nachtrag. | 813 Diese Gleichung, und die davon abgeleitete Ds IE Tan ee re lassen sich leichter discutiren als die allgemeineren (VII) und (XII). Einige der sich dabei ergebenden Beziehungen sind in Fig.1 dargestellt, in welcher E=2,e=n=1 gesetzt sind. Die oberhalb der Abscissenaxe verlaufende Curve (Ewit) ist die der Ablenkungen, die unterhalb (Omw,t) die der Ge- schwindigkeiten. Die punktirte Curve (£, —, — £) ist die Sinuscurve der Ablenkungen ohne Dämpfung, und stellt Glei- chung (XI) für n= ı dar. Der Wendepunkt der Ourve der Ablenkungen und das Maximum der Curve der Geschwindig- keiten treten ein zur Zeit gie > (XvD In der doppelten Entfernung vom Nullpunkt, also zur Zeit ee a € tritt auch hier der Wendepunkt der letzteren Curve ein. Die Ordinaten der Curven sind für gleiche Zeiten E proportional. Figur 1. ei j P°----- - - - - - - -- - 22000. 53 ui 814 Nachtrag. Wird endlich = im Vergleich zu n so grofs, oder, was völliger Astasie des Magnetes entspräche, n im Vergleich zu e so klein, dafs n gegen e verschwindet und r merklich =: ist, so nimmt das allgemeine vollständige Integral unserer Fundamentalgleichung abermals eine andere Gestalt an. Setzt man nämlich n? = 0, so wird jenes Integral Ära SER N wo A und B die beiden willkürlichen Integrationsconstanten bedeuten. Unter denselben Annahmen über Anfangslage und Anfangsgeschwindigkeit wie früher, findet man A—=0,B=- 5, r=£. 2 Der Magnet bleibt also bei E stehen, und die der Abseissen- axe parallele Gerade, welche & zur Ordinate hat, ist die Grenze, der sich die Curven der Ablenkungen bezogen auf die Zeit nähern, wenn n im Vergleich zu = immer kleiner wird. ‘* Erhält aber unter diesen Umständen der Magnet im Augenblick {=0 bei E einen Stols, der ihm eine Geschwindigkeit = c ertheilt, so wird e c SBUBE: = ı — B=-E +3 — zei Zi — ei a A BTnde Ba Ne Der Magnet bewegt sich also mit abnehmender Geschwindigkeit en Ge dt C 2 . . dem Punkte E # 5, Zu, wo er nach unendlicher Zeit stehen € bleibt. Der Vorgang ist der Form nach genau der nämliche wie in dem Falle, wo ein Körper nach erhaltenem Stofse sich in einem Mittel bewegt, das ihm einen seiner Geschwindigkeit proportionalen Widerstand entgegensetzt; und dies ist die höch- ste Stufe des Arago’schen Phänomens des Rotationsmag- netismus. $.IV. Übersicht der Bewegungsformen u, und gedämpfter Magnete. Je nach den Werthen von e und n nimmt also das Integral der Fundamentalgleichung die fünf verschiedenen Formen an, welche folgende Übersicht nochmals im Zusammenhange zeigt. Nachtrag. Ber Ewa 3. ee I lHAX) (IIA) hu (4—2) —,2 (4+ s)} A) 5 a near es a: Se +da23- & ö < es TU " 16 e) uns or (10) sod 1.03 —= 9 2 [tens o].3= (7u) 509° IP < = = — pn =? 1) 3 ın] O0 =»? S ur I ) 8 . y ° IT t,,Vy =% ae GBEI+FVy):>2=% (IILA) (a9) us (T—-Y)2--GH)so(g-+y)},o=x (III) . : (g-duley—r ® ı = IRUISRU. Mi. Dans nn m "yasıporiode Suns9nog "asıporiod Suns9nag 8 [1869.] 816 Nachtrag. Aus (IX) wird durch e=0 (XJ), durche=n (XIV); aus (VID durch e=n (XIV), durch n=0 (XIX). Dieser Über- gang der verschiedenen Formen in einander ist das analytische Abbild des allmählichen Überganges, der in Wirklichkeit von den Schwingungen des ungedämpften Magnetes bis zur völligen Astasie des gedämpften Magnetes führt. Die Schwingungsdauer des gedämpften Magnetes ist nach Gauss | = —— .. 0.0.0. (&M ae | Wird also = oder >n, d.h. die Bewegung aperiodisch, so spricht sich dies darin aus, dafs der Ausdruck für die Schwin- gungsdauer unendlich grofs, beziehlich imaginär wird. Der Ausdruck für das in natürlichen Logarithmen ange- gebene logarithmische Decrement der Schwingungen des ge- dämpften Magnetes ist 27 N Vr’ _- .° Für e=n ist ? unendlich, schon die zweite Amplitude ver- schwindet im Vergleich zur ersten. Für = >n ist % imaginär, und auch so giebt sich die eingetretene Schwingungslosigkeit zu erkennen. i $.V. Aperiodische Bewegung mit Anfangs- geschwindigkeit. Wir wollen jetzt einen Fall betrachten, dessen Behandlung wesentlich dazu beitragen wird, unsere Kenntnifs der aperio- dischen Bewegung gedänipfter Magnete zu vervollständigen. Dies ist der Fall, wo die Anfangsgeschwindigkeit nicht Null ist, sondern einen negativen Werth — c, also im Sinne der Richtkraft, besitzt. Die Constanten A und B werden bezieh- lich in Gleichung (V]) use 27 x 27 i und in Gleichung (V) Nachtrag. 817 E, ——I@ —+ € E; die Gleichungen selber a, E —£E(e— r)} et — [e — £E(+ r)} e| ‚ &XXD) Mr et lE—t(e— ed)! .:. (X&XIH) Die Bewegung ist aperiodisch; übersteigt aber c in jedem der beiden Fälle (XXII) und (XXIII) einen gewissen Werth, den wir bald näher betrachten wollen, so wird der Nullpunkt über- schritten. Noch ehe c diesen Werth erreicht, werden die Curven der Ablenkungen und der Geschwindigkeiten von t=0 ab convex gegen die Abscissenaxe. Im Falle ea tritt dies z.B. ein bei c>14zE für erstere, beic > 4=£ für letztere Curve, während, wie wir sehen werden, erst von c>e£ ab der Null- punkt überschritten wird. Dies Überschreiten geschieht im Falle (XXIlI) zur Zeit 1 c—£(e—r) en log c—E£E(e+r)’ im Falle (XXIII) zur Zeit £ co ze Jenseit des Nullpunktes kehrt der Magnet in seiner Bewegung um, im Falle (XXII) zur Zeit un, ) ermäe in) mar — 5, | 08 (—r)je—5 ( + rn)’ im Falle (XXIII) zur Zeit c maz 56 ®(c- DIR, mE zu welchen Zeiten “= durch Null geht. Die Curve der Ab- lenkungen ist vom Nullpunkt der Scale ab concav gegen die Abseissenaxe der Zeiten; es erfolgt aber ein positives Maxi- mum der Geschwindigkeit, sowie ein Wendepunkt der Curve der Ablenkungen im Falle (XXII) zur Zeit 58° 318 Nachtrag. } BER be .+nN’fe—Elte—n} REIT (e — r)? je — &(e +n))’ im Falle (XXIII) zur Zeit ae ee Be W e (c— ed s (e—e&) Darauf nähert sich der Magnet von der anderen Seite her asymptotisch dem Ruhestande. Auch die Öurve der Geschwin- digkeiten nähert sich schliefslich asymptotisch der Abseissenaxe, nachdem sie im Falle (XXII) zur Zeit G+nNje-Ee nn) erg (e—r)’ er)’ le—E(e-+n)’ im Falle (XXIHI) zur Zeit ua 0 2:£ 2 B (ce—e£) einen Wendepunkt gehabt hat. Die Zeiten to, tyanı tot, bilden also in beiden Fällen Glieder einer arithmetischen Reihe, deren beständiger Unter- schied im Falle (XXI) im Falle (XXI) 1 beträgt [vergl. oben $. 812. 813, (XII, € XVL XV). In Fig. 2 zeigt Et,mwt die durch (XXIII) dargestellte Curve der Ablenkungen bezogen auf die Zeit, nebst der zuge- hörigen Curve der Geschwindigkeiten (22£,t,m,w,t), unter sonst denselben Annahmen wie in Fig. 1; die Curve der Ab- lenkungen ist von ihrem negativen Maximum m ab dieselbe wie in Fig. 1, nur mit verkleinerten Ordinaten. Die Anfangsge- schwindigkeit ce ist in der Figur = 22 — 4 gesetzi. Nachtrag. 819 Figur 2. Da die Zeit in ihrem Fortschritt nicht negativ werden kann, haben die Ausdrücke für t, eine wirkliche Bedeutung nur wenn in dem auf den Fall (XXII) bezüglichen Ausdruck die Gröfse unter dem Logarithmus positiv und > 1, also a al ee wo r, wie stets von hier ab, einen positiven Werth hat; oder wenn in dem auf den Fall (XXIII) bezüglichen Ausdruck EHE EN REN 9.3.0 ist. Noch für c=&(e-+r) im ersien, c=e£&; im. zweiten Falle wird der Nullpunkt erst nach unendlicher Zeit erreicht, und zwar nehmen dabei die Gleichungen (XXII) und (XXIII) beziehlich die einfachen Formen an 820 Nachtrag. a 00 ee ee Ist r=:, oder gilt Gleichung (XX), so muls c= 2: sein, damit der Magnet den Nullpunkt erreiche, und > 2:5, damit er ihn überschreite Ist e=2:£2-+-ö, so bleibt er bei Ö — — stehen. 2 Zu $. VI. Herleitung der Bedingung für die zum Über- schreiten des Nullpunktes nöthige Anfangs- geschwindigkeit. Der Sinn der Bedingung für die zum Überschreiten des Nullpunktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit in den durch die. Gleichungen (XXII) und (XXIII) dargestellten Fällen ergiebt sich aus folgender Betrachtung. Es ist offenbar gleichgültig, ob dem Magnete zu einer Zeit !,, wo er aus einer Ablenkung x, fallen gelassen wird, eine Geschwindigkeit — c, ertheilt werde, oder ob er zur Zeit t, bei x, anlangend, dieselbe Geschwindig- keit — o= = durch Fallen aus einer höheren Ablenkung Z, gleichsam als Fallgeschwindigkeit, erlange. Keine Fall- geschwindigkeit —. die der Magnet bei x, durch Fallen von einem beliebig hohen £ hätte erlangen können, würde also, wenn sie dem Magnete beim Fallenlassen von x, zur Zeit ty als Anfangsgeschwindigkeit — c, ertheilt würde, ihn über den Nullpunkt führen. Denn obschon in Wirklichkeit die Anwen- dung unserer Formeln der oben 8.809 erwähnten Beschränkung unterliegt, gelten sie in der Idee für jeden denkbaren Werth von £, und wenn also der Magnet die Geschwindigkeit N durch Fallen von jenem beliebig hohen & erlangt hätte, würde er sich asymptotisch der Ruhelage nähern. | Die Rechnung bestätigt diese Schlüsse. Der Einfachheit halber sei die Bewegung nur eben aperiodisch, d.h. e=n, und demgemäfs ihre Gleichung [s. oben S. 812 .(XIV)] 2 Eh er Nachtrag. 821 x, eine Ordinate zu tu. Indem wir den Coordinatenursprung . von t= 0 nach t= t, verlegen, verwandeln wir der Form nach den Vorgang in den durch Gleichung (XXI) dargestellten, und haben also ame kt) 120 page — oe eu) (XXVIM) Es ist aber, nach Gleichung (XIV) und (XV), Io = Eee 27 (1 — ty), —= eig, Diese Werthe in (XX VII) eingesetzt liefern wieder die ursprüng- liche Gleichung (XIV), d.h. der Nullpunkt wird nicht überschrit- ten, wenn dem Magnete bei x, eine Geschwindigkeit ertheilt wird, wie er sie dort durch Fallen von einem beliebig hohen & hätte erlangen können. x kann erst Null werden, wie Glei- chung (XXVIHI) uns abermals vorführt, wenn dxo TE > EI; d.h. CH ZN Dieselbe Schlufsfolge führt unter der Annahme => n zur Be- dingung — = nn .che,;, (ei ra,, entsprechend der Ungleichheit (XXIV) auf S. 819. So: werden wir darauf hingewiesen, dals ex, (e+ r)x vielleieht allgemein die Grenzgeschwindigkeiten seien, die beziehlich für e=n, <> n der Magnet bei x durch Fallen aus einer beliebig hohen Anfangslage erlangen könne. Es handelt sich darum, die Richtigkeit dieser Vermuthung zu prüfen. Dazu müssen wir von der Betrachtung der Geschwindig- d » keit als Function der Zeit und Anfangslage = —e rl une gehen zur Betrachtung der Geschwindigkeit als Function der da ö Ablenkung und Anfangslage Era (x, &). Letztere Function nn 822 Nachtrag. ” läfst sich nun zwar nicht explieit darlegen; dies verhindert aber nicht, den Verlauf der entsprechenden Curve soweit fest- zustellen, als für unsere Zwecke nöthig ist. Aus Gründen, die bald einleuchten werden, berücksichtigen wir zunächst nur den Fall == n, oder die Bewegungsgleichung (XIV). Der Kürze halber setzen wir dx dx dx r " m U a WI Ze un) — | dt (eig dt | Wir haben dann die Gleichungen = +&E ei -+ ei ee PR E net. 5 Ei ecträee heile) nn, DER EN Eger RW: Nun ist allgemein dx’ gt d’x ta? —m —, ——ı ———. ER da? 2’?° Hieraus ergeben sich, durch Einsetzen obiger Werthe für «', x”, x", folgende Beziehungen: ED rn N 1 a, bo a De Mit Hülfe dieser Gleichungen läfst sich der Verlauf der gesuch- ten Curve x’ —= f(x) zwischen den Grenzen «=0, 2 = des- halb diseutiren, weil, während t von Null bis oo stetig wächst, x stetig von £ bis Null abnimmt. d? a! Aus dem Werthe von EFE folgt zunächst, dafs die Curve Ip zwischen den angegebenen Grenzen keinen Wendepunkt hat, sondern der Abseisse stets ihre Concavität zukehrt. Aus dem U Werthe von z folgt ferner, dafs die Curve bei x = 0 aus der | E Abscissenaxe herabsteigt unter einem Winkel, dessen Tangente et den absoluten Werth z hat. Sie hat dann für = -&VD oder &—=-£ ein Maximum im’absoluten Betrage von —&, und a|w a|o die Curve mit E ändert. Nachtrag. 825 kehrt bei £ zur Abseissenaxe zurück mit darauf senkrechter Tangente; denn für t = 0 ist dx! — oo EN dz Unter denselben Annahmen, wie den bei Fig. 1 gemachten, sieht daher unsere Curve etwa aus, wie die ausgezogene Curve 0m& in Fig. 3, in welcher die Geschwindigkeiten, obschon analy- tisch negativ, der Anschaulichkeit halber über der Absceissenaxe aufgetragen, und 08, &#, die Tangenten an den letzten Ele- menten der Curve bei 0 und £ sind. Da wir in der Figur : = 1 gemacht haben, ist der Winkel do£ = 45°. % x U Dies ist der allgemeine Verlauf der Curve für jeden Werth von £. Es erübrigt sich ein Bild davon zu machen, wie sich Sowohl die Ordinaten als die Ab- scissen der Curve sind für ein gegebenes t# proportional £ (s. oben S. 813); die den verschiedenen Werthen des Parame- ters £ entsprechenden Curven sind also einander ähnlich. Da die Curven vom Nullpunkte sämmtlich unter dem Winkel 824 Nachtrag. ausstrahlen, dessen Tangente = ist, während der £-Punkt auf 5 der Abscissenaxe weiter hinaus verlegt wird, so bilden die durch Vergröfserung von £ aus 0m£ entstehenden Curven eine Schaar, wie Fig. 3 in den punktirten Curven 0m1&1, Oma&5, ... zeigt. Yalst man einen Punkt einer der Curven in’s Auge, so rückt in dem Mafse, wie £ wächst, der Punkt auf der durch ihn und den Nullpunkt gelegten Geraden et PT zer ini oe weiter fort; denn alsdann wachsen Ordinaten und Abseissen des Punktes proportional £ Z.B. das Maximum unserer Curve i 1 x'=d(x,£) bewegt sich wegen t= n (XVI) auf der Geraden n 1 a ah 9) 27 (s. Omm, my; m, in der Figur); der dem Wendepunkte der Curve x = f(t,E) (s. oben $S. 821) entsprechende Punkt wegen t = a e € (XVII) auf der Geraden : 2 =——:% 3 u.s. w.; endlich der dem Nullpunkte nächste Punkt wegen t—= auf der Geraden (s. 09 in der Figur). Macht man zuletzt Z unendlich, und soll Gleichung (XIV) für ein endliches x erfüllt sein, so muls auch ? unendlich sein. Erst nach unendlicher Zeit trifft der aus dem Unendlichen fal- lende Magnet im Endlichen ein, wobei seine Geschwindigkeit für endliche Zeit unendlich ist. Im Endlichen aber besteht, wie wir eben sahen, wegen {= ® in Gleichung (XXIX), zwischen seiner Geschwindigkeit und Ablenkung in jedem Augenblicke die Relation Die durch diese Gleichung dargestellte Gerade 0% in der Figur ist somit die Grenze, der sich im Endlichen Nachtrag. 825 unsere Öurven nähern, wenn Zin’s Unendliche wächst; . was schon aus ihrer Ähnlichkeit ohne Weiteres erhellt, übrigens sich den Gleichungen (XIV) und (XV) auch unmittelbar ent- nehmen läfst. Der durch Division beider Gleichungen erhal- tene Werth von t in (XIV) eingesetzt giebt a) SE — (2-88) e 2’ +Ex; eine Relation, die für E= ®» nur stattfindet, wenn «’ = — ew ist. | Damit sind wir am Ziele. In jeder für uns in Betracht kommenden Entfernung vom Nullpunkte können wir die Ge- rade 09 für die Curve selber nehmen, in der die Geschwin- digkeit des aus verhältnilsmäfsig sehr grolser Ferne fallenden Magnetes abnehmen würde; diese Abnahme geschähe den Ab- lenkungen proportional. Die Ordinaten der Geraden 09 geben folglich für jedes x die gröfste Fallgeschwindigkeit an, welche der Magnet dort erlangen könnte, und mit der er also noch nicht den Nullpunkt überschreiten würde. Setzen wir = £, so folgt — :£ als gröfste bei £ erreichbare Fallgeschwindig- keit. Es mufs also im Fall <= n dem Magnete bei £, da- mit der Nullpunkt überschritten werde, eine Anfangsgeschwin- digkeit c> 2 (XXV) ertheilt werden; und so hat in diesem Fall unsere Vermuthung sich bestätigt. Setzt man wie in Fig.2c=2:2=4, so zeigt die Ourve (22£, + £',0) in Fig. 3, wie etwa die Curve der Geschwin- digkeiten bezogen auf die Ablenkungen sich gestaltet, wenn der Magnet in Folge einer ihm bei Z ertheilten Anfangsge- schwindigkeit den Nullpunkt überschreitet. Das Stück (—£', 0) der Curve ist natürlich nach demselben Gesetze gebildet wie die Curven 0m&,0m,&,,..., und das verkleinerte Gegenstück dazu. Die Gleichung F ae (ce — ed)) [CXXITI) S. 817], welche im Fall z= n die Bewegung des Magnetes mit der Anfangsgeschwindigkeit — c vorstellt, geht für c = _c über in [XXVI) S. 820]. Anstatt als Anfangsgeschwindigkeit, können 826 Nachtrag. wir uns c=s£ jetzt aber auch als Fallgeschwindigkeit, durch Fallen aus dem Unendlichen entstanden, denken, indem wir annehmen, dafs die Zeit von dem Augenblick an, wo der aus dem Unendlichen fallende Magnet durch die Lage £ hindurch- ging, neu gezählt werde. Der aus dem Unendlichen nach un- endlicher Zeit im Endlichen angelangte Magnet würde den Nullpunkt also erst nach abermals unendlicher Zeit erreichen. Übrigens stöfst hier die Umkehrung der Gleichung zwischen x und t auf keine Schwierigkeit mehr, daher in diesem Falle die Gleichung «’ = »p(x,&) selber darstellbar wird. Man hat ZI ZEce et, und indem man für e”°! seinen Werth aus (XXVII) setzt, er- hält man dem Obigen entsprechend Er Ent, wie umgekehrt Gleichung (XXVII) aus der Integration des letz- teren Ausdruckes hervorgeht, wenn man zur Oonstantenbestim- mung. — &fürt —i0: Setzt: Wendet man dieselben Betrachtungen auf den Falle>n an, so findet man GR. NET Zu! r) d&z et d’.x' il Ir 3 da? Emmi slide, et Die Curve = (x,£) ist also auch in diesem Fall ohne Wende- punkt, concav gegen die Abscissenaxe, mit einem Maximum für den oben (XIII) gefundenen Werth von t; die Tangente des Win- kels am Nullpunkte beträgt <— r; am &-Punkte ist der Win- kel ein rechter. Die Curven für verschiedene E sind einander ähnlich. Für E= muls auch hier {= sein, wenn & end- lich sein soll; als diesem Fall entsprechende Grenzgestalt der - Curvenschaar erhält man aber hier die Gerade a = — (e—r)a; (e—r)E ist die bei & erreichbare Grenzgeschwindigkeit. Auch hier folgt dasselbe unmittelbar aus dem durch Eliminiren von t zwischen (VII) und (XII) erhaltenen Ausdruck Nachtrag. 827 dessen rechte Seite für & = — (e— r)x unendlich wird. Als obere Grenze der Anfangsgeschwindigkeit, welche dem Magnete bei & ertheilt, ihn für 2> n noch nicht über den Null- punkt führt, fanden wir oben S. 819 (XXIV) den Werth (e-+r)£. In diesem Falle trifft also unsere Vermuthung hinsichtlich der Bedeutung dieser Grenze in etwas anderer Form zu, als in dem Fall=—=n. Es mufs die dem Magnete bei £ ertheilte Anfangs- geschwindigkeit die bei £ erreichbare höchste Fallgeschwindig- keit, unstreitig der stärkeren Dämpfung halber, noch um mehr als 2r& übertreffen, damit der Nullpunkt überschritten werde. Eliminirt man mit Hülfe von Gleichung (XXVI]I) { in der durch Differenziren derselben Gleichung erhaltenen Gleichung a = — E(e+nNettnt, so ergiebt sich «= —(e+r)a als Gleichung der auf die Scale aufgetragenen Anfangsgeschwin- digkeiten, welche den Magnet noch nicht über den Nullpunkt führen. Als Gleichung der ebenso aufgetragenen Grenzge- schwindigkeiten beim Fall aus dem Unendlichen fanden wir so eben "= —(e—r)e. Die Integration dieser Gleichung liefert, wenn man für t—= 0 abermals x = E macht, zwischen x und i die Relation D — RT Für r=s hat man "= 2: (£—x)—c. Eırhielte der völlig astatische Magnet bei & die Geschwindigkeit — 22£, so. nähme diese in der Geraden «’ = — 2ex ab (s. S.8314(XX), 820). $. VII. Verhalten aperiodisch sich bewegender Mag- nete bei kurzer Einwirkung eines Stromes. Setzen wir jetzt den Fall, zur Zeit Null wirke ein con- stanter Strom von der Stärke 7 eine sehr kurze Zeit + auf 828 Nachtrag. den in seiner Ruhelage befindlichen Magnet. Der Strom wird dem Magnet eine, diesmal positive Geschwindigkeit Be ulz e= 7 ea ertheilen, wenn wir mit M sein TTrägheitsmoment, mit u» das Drehungsmoment bezeichnen, welches der Strom von der Stärke Eins in dem Multiplicatordraht auf den Magnet in seiner Ruhe- lage übt. Die Constanten A und B in der allgemeinen Glei- chung (VI) findet man, wenn man für {= r (sehr nahe) = 0, = — 0 und = = c setzt, beziehlich (sehr nahe) C C == — — und En ee 27 2r und man erhält als Gleichung der Bewegung C a ER UI Noel 2 — —_ (e € ) .IRRRE Der Magnet kehrt also um zur Zeit . ii e-+r t — — Jo Max. 7 ar Se und nähert sich wieder asymptotisch der Ruhelage. Einfacher gestalten sich ‚auch hier die Dinge für den Grenzfall e=n. In der allgemeinen Gleichung (V) wird unter den eben ge- machten Voraussetzungen A=0 und B=c, die Gleichung sel- ber wird w—tie 2. 0120 RR SR Die Curve der Ablenkungen ist am Ursprunge concav gegen die Abseissenaxe, ihre Ordinate erreicht bei Ir t na = (XXX) ein Maximum im Betrage von RB 0e ., dem bei Nachtrag. 829 ein Wendepunkt folgt. Der Ausdruck für .t,,.. erlaubt durch einen beliebigen dem Magnet ertheilten Stromstols = = n nume- risch zu bestimmen. Die Curve der Geschwindigkeiten hebt bei — 0 mit der Ordinate c an, und ist convex gegen die Abseis- senaxe, bis sie diese bei £,,.„. Schneidet. Sie erreicht zur Zeit t, ein negatives Maximum und hat einen Wendepunkt bei s o ) = Le In Die oben S. 818 bemerkte arithmetische Reihe der Zeiten kehrt also hier wieder.') $. VIII. Verhalten aperiodisch sich bewegender Mag- nete bei Ablenkung durch einen beständigen Strom, und bei Stromschwankungen. Bewegt sich der Magnet unter dem Einflufs eines ihn auf dem Nullpunkte zur Zeit Null treffenden beständigen Stromes von der Stärke /J, aber von längerer Dauer, einer neuen Gleich- gewichtslage unter dem vereinten Einflusse dieses Stromes und der Richtkraft zu, so wird die Differentialgleichung der Bewegung d’a dı r Tone be. wo die Constante k die innerhalb derselben Grenzen, welche für die Proportionalität der Richtkraft und der Ablenkung gel- ten, von der letzteren unabhängige ablenkende Kraft, dividirt durch das Trägheitsmoment, vorstellt. Das allgemeine voll- ständige Integral heifst jetzt A 4 2 Rn 0 (Acta Bet)... 2 ARX !) Für den Fall e oder = n, gelangt man zu den Gleichungen u n ((e br r) Bar r) (ı + Kr. (e en r) al N ne ORRIEN) 27 ee re td FEetet . . (XRXDO Hier ist t die vom Augenblicke des.Stofses an neu gezählte Zeit. Das rechte Glied von Gleichung (XXXVIII) und (XXXIX) ist die algebraische Summe der rechten Glieder beziehlich von Gleichung (VII) und (XXXI), Gleichung (XIV) und (XXXII), nur dafs im ersten Term t, + t für t steht: es findet, wie dies nicht anders sein kann, Superposition der Bewegungen statt. Ist c negativ, so kann hier wieder der Nullpunkt über- schritten werden; doch mufls im Falle (XXXVIII) > lehnen, im Falle (XXXIX) En EX dt ; sein (vgl. oben $. VI). Schwankt ein beständiger Strom, der den Magnet abgelenkt hält, so dafs seine Stärke von / sich plötzlich zu 7, ändert, so erhält man, je nachdem e> oder =n, die Gleichungen 7 ei Tr + (I — ee re l 14 mH we ra nera-+a); der Magnet geht schwingungslos in die neue Lage über. Ein Hin- und Hergang des aperiodischen Magnetes ist nur möglich, wie man jetzt auch ohne Rechnung sicher schliefsen kann, wenn die Gleichgewichtslage selber bei positiver Schwan- kung der Stromstärke wieder zurück-, bei negativer Schwankung wieder vorspringt, und wenn entweder dieser zweite Sprung die Gleichgewichtslage wieder auf die andere Seite des Magnetes [1869.] 59 832 Nachtrag. verlegt, oder der zweite Sprung zu einer Zeit geschieht, wo in Folge des ersten Sprunges der Magnet noch eine dem zweiten Sprunge entgegengesetzte Geschwindigkeit hat; im letzteren Falle darf aber, soll die neue Gleichgewichtslage überschritten werden, diese Gleichgewichtslage höchstens in solcher Entfer- nung £, vor dem ihr entgegenkommenden Magnete stehen blei- ben, dafs seine Geschwindigkeit, je nachdem => oder =n, beziehlich noch > (e+r) £E, oder >s£, ist (vgl. oben $. VI). $.X. Nähere Bestimmung der experimentellen Be- dingungen, unter denen die Bewegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird. Es wird jetzt nützlich sein, in den Ausdruck r— (rn statt der von Gauss aus analytischen Gründen angenomme- nen und bisher auch von uns benutzten Symbole 2: und n? die wirklichen Gröfsen zu setzen, die darin eingehen. Für n? haben wir schon oben seinen Werth u eingeführt (XXXVI]I), den wir aber noch näher so bestimmen wollen, dafs wir für m schreiben (: ++,A)m', wo ı die permanente, + die durch 7 indueirte'!) Intensität des Magnetes, m’ sein Moment für parallele Kräfte bei der Intensität Eins bedeuten. Man hat also RR N W . Bezeichnen wir sodann mit m’ das Drehungsmoment, wel- ches für die magnetische Intensität Eins auf den Magnet aus- geübt wird durch eine Strömung im Dämpfer, wie sie der Magnet bei seiner Winkelbewegung erzeugt, und mit = eine Constante, welche unter anderen die Inductionsconstante und das Leitvermögen des Dämpfers zu Factoren hat, so ist | 1!) Lamont im Repertorium der Physik. Berlin 1846. Bd. VI. S.LIV. — Vergl. meine Untersuchung über den Einflufs, den die tem- poräre Magnetisirung der einzelnen Nadeln einer astatischen Doppelnadel durch die Erde auf die Gleichgewichtslage des Systemes übt. Poggen- | dorff’s Annalen u.s.w. 1861. Bd. CXL. S.1. | | Nachtrag. 833 23 zw ?’( +,H)’ a A a M Durch Einsetzen dieser Werthe wird = = + yH V+’w*(. ++,H)’— 4m HM »- Bei gleicher Dämpfung wird also r um so eher = 0 oder reell, d.h. die Bewegung des Magnetes um so eher ape- riodisch, je kleiner M, und je kleiner 7. Zwar nimmt, durch Verkleinern von 7, auch der erste Term unter dem Wurzel- zeichen ab, doch ist z so klein, dafs diese Abnahme neben der des zweiten Termen hier nicht in Betracht kommt. Da es Gauss bei seinen Zwecken, wie wir sahen (vergl. oben S. 808), nicht daran lag, den aperiodischen Zustand her- beizuführen, so hat er nicht daran gedacht, statt durch Ver- gröfsern von zw’, dies durch Verkleinern von ZM zu thun, wozu sich zunächst das einfache Mittel bietet, die Wirkung der Erdkraft auf den Magnet zu schwächen, und so Z zu vermin- dern. Dazu wird im Prineip jede der drei Methoden des Asta- sirens taugen: die Verbindung zweier Magnete zur Doppelnadel, die Aufstellung der Drehungsaxe des Magnetes in der Richtung der Inelinationsnadel, endlich das Hauy’sche Verfahren, bei dem ein verkehrt genäherter Magnetstab der Erde entgegenwirkt, aus einleuchtenden Gründen jedoch am besten die letztere Me- thode, deren ich mich zu meinen thierisch-elektrischen Versuchen längst ausschliefslich bediene. Bei dieser wird, wenn $ die hori- zontale Componente der Kraft des Hauy’schen Stabes bezeichnet, m? + y(H —S)? eur on ae ee (X) 1 Vo afor OR a Bu S) Vr’w® .+r(H—S)} ® — 4m’(H—S)M. | An der Wiedemann’schen Buüssole, welche mit einem | ‚starken Dämpfer versehen ist!), gelingt es daher ohne jede !) In den von Hrn. Sauerwald vortrefflich gebauten Exemplaren besteht der Dämpfer aus einem kupfernen Cylinder von 60mm Durch- messer und 30mm Länge Dieser Cylinder ist seiner Axe nach von 59° 834 Nachtrag. Schwierigkeit, durch fortgesetzte Annäherung des von mir daran angebrachten Hauy’schen Stabes den Magnetspiegel in den aperiodischen Zustand zu versetzen. Um bequem darüber zu experimentiren, leitet man von dem Strom einer beständigen Kette mittels des Compensators ') einen Zweig durch die Rol- len der Bussole und unterbricht den Stromzweig mittels eines Schlüssels im Bussolkreise. Indem man den Magnet stets aus der nämlichen Ablenkung ohne Anfangsgeschwindigkeit fallen läfst, sieht man zuerst in dem Malse, wie man den Hauy’schen Stab nähert, das logarithmische Decrement wachsen. Dann kommt ein Punkt, wo zwar der Magnet noch über den Nullpunkt hinaus- schwingt, aber keine dritte Elongation mehr unterschieden wer- den kann. Die zweite Elongation wird endlich auch unmerk- lich, und nun ist das logarithmische Decrement unendlich geworden, und der aperiodische Zustand da. Dieser Punkt läfst sich natürlich nicht mit vollkommener Schärfe bestimmen, wegen der Schwierigkeit zu unterscheiden, ob eine rückgängige Bewegung des Magnetes um wenige Zehntel eines Scalentheiles, welche mehrere Secunden dauert, wirklich als Rückkehr zur Gleichgewichtslage aufzufassen sei. Übrigens handelt es sieh hier zuletzt um ziemlich kleine Verschiebungen des Hauy’- schen Stabes. Scheint der aperiodische Zustand eben erreicht und entfernt man den Stab wieder auch nur um 1”” bei etwa 300”m Abstand seiner Mitte von der des Spiegels, so wird bei gröfseren Fallhöhen der Nullpunkt sogleich wie- der um 1— 2° überschritten. Es wird sich daher fortan em- pfehlen, den Stab auch in der Richtung nach dem Magnete zu mit einer mikrometrischen Bewegung zu versehen. Läfst man jetzt den Magnet aus sehr hohen Ablenkungen, weit über die Grenzen der Theilung hinaus, fallen, so wird einer concentrischen, cylindrischen Höhlung von solcher Weite durchbohrt, dafs der 20mm jm Durchmesser haltende Magnet-Spiegel oder -Ring darin eben frei spielt. Vergl. übrigens Wiedemann, Die Lehre vom Galvanismus u.s.w. Braunschweig 1863. Bd. II. S. 198. 8.181. 1) S. meine: Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u.s.w. Aus den Abhandlungen der Akademie 1862. Berlin 1863. 4°. 110% Nachtrag. 835 der Nullpunkt noch mehr oder weniger überschritten. Man bringt es aber, durch ferneres Annähern des Stabes, leicht dahin, dafs auch der von 90° fallende Spiegel sich schwin- gungslos auf den Nullpunkt einstellt. Jenes Überschreiten erklärt sich vermuthlich so, dafs bei weit über die Scale hinausgehenden Ablenkungen zwar die Richtkraft langsamer wächst als die Bögen, noch schneller aber die Dämpfung durch die cylindrische Kupferhülse abnimmt, daher der Magnet bei dem £, wo unsere Gesetze merklich zu gelten anfangen, mit einer Geschwindigkeit anlangt, die ihn befähigt, den Nullpunkt zu überschreiten, so lange nicht r einen gewissen Werth über- trifft (vergl. oben $. VD. Bei einer sphärischen Hülse würde aller Wahrscheinlichkeit nach kein solehes Überschreiten statt- finden. Nähert man den Stab dem Magnet immer mehr, so schlägt der Magnet um. Vorher kommt natürlich der Punkt, wo er völlig astatisch, n= 0 und r =: ist, wo er also durch den oben 8.814 theoretisch abgeleiteten Zustand hindurchgeht, in welchem er sich gleich einem Körper bewegt, dem das um- gebende Mittel einen seiner Geschwindigkeit proportionalen Widerstand entgegensetzt. Aus Gründen, die keiner Ausführung bedürfen, vermag die Beobachtung diesen Zustand nicht zu er- fassen. Darüber hinaus gehorcht die Bewegung wieder dem durch Gleichung (VII) ausgesprochenen Gesetze, um schliefslich durch den Grenzfall (XIV) hindurch von Neuem periodisch zu werden. Wir werden im Folgenden den Begriff der Beruhigungs- zeit des Magnetes brauchen. Es ist die Zeit, welche verfliefst vom Augenblicke, wo der abgelenkte Magnet fallen gelassen wird, bis zu dem, wo seine Ablenkung unmerklich, d.h. kleiner als eine bestimmte kleine Gröfse, etwa ein Zehntel Scalentheil, wird. Die Umstände zu kennen, welche diese Zeit verkleinern, ist von praktischer Wichtigkeit. Zu wahrhaft scharfer Mes- sung eignet sich übrigens die Beruhigungszeit nicht; nament- lich bei hoher Astasie ist schwer zu sagen, wann die Bewe- gung ein Ende hat. Da bei gleichem £ die Ablenkung des schwingungslos zum Nullpunkte zurückkehrenden Magnetes & proportional ist (s. oben S. 812.813), so wächst auch die Be- z 836 Nachtrag. ruhigungszeit mit &£ Der unten näher zu beschreibende Mag- netspiegel I z. B. brauchte bei 298"M5 Abstand des Hauy’schen Stabes, wo seine Bewegung zuerst aperiodisch schien, von E = 25“ fallend 4,2, von & = 500° fallend 5,2 Secunden zur Beruhigung. Deutlicher wird der Unterschied bei höherer Asta- sie, wie sie durch Annähern des Stabes erreicht wird, und wo- bei, wie wir bald näher sehen werden, die Beruhigungszeit auch absolut gröfser ist. Bei 282"m5; 2772m5 Abstand des Stabes betrug die Beruhigungszeit des von £ = 25° fallenden Spie- gels beziehlich 10,0; 20,0, die des von E = 500° fallenden 17,6; 29,6 Secunden. Wir kehren zu den Bedingungen zurück, unter welchen die Bewegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird. Eine zweite Art, unter übrigens gleichen Umständen r = 0 oder reell zu machen, wäre nämlich die Verkleinerung des Trägheits- momentes M. Es liegt in der Natur der Dinge, dafs man, ohne besondere Einrichtungen, diese nicht stetig und nicht am sonst fertigen Apparate vornehmen kann. Aber je klei- ner M, je dünner z. B. bei sonst gleicher Gestalt ein Mag- netspiegel ist, bei um so kleinerem S, d.h. bei um so ge- ringerer Astasie wird seine Bewegung aperiodisch. Dies ist einer der Gründe, aus denen weder Gauss, noch sonst Einem der vielen Beobachter, die an gedämpften Magneten mit Spie- gelablesung thätig waren, der aperiodische Zustand aufge- stolsen ist, da an den nach Göttinger Vorschrift eingerichteten Magnetometern Stäbe von sehr grofsem Trägheitsmomente an- gewendet wurden, und man überhaupt Magnete von kleiner Masse wenig gebraucht hat, weil man die schnellere Abnahme ihrer Intensität fürchtete. Der Gebrauch leichterer Magnete empfiehlt sich aber für gewöhnlich hier deshalb, weil, ganz als ob der Magnet noch schwänge, durch Verkleinerung des Träg- heitsmomentes die Beruhigungszeit des aperiodisch sich bewegen- . den Magnetes verkürzt wird. Setzt man in Gleichung (XIV) [04 os eo c wo « eine Constante, und differenzirt man nach M, so erhält man für —— einen positiven Werth: » ist für gleiche dM Zeiten um so kleiner, je kleiner M. Nachtrag. 837 Die Erfahrung bestätigt diesen Schlufs. Ich habe den aperiodischen Zustand bisher an drei Magneten beobachtet. Zwei davon sind kreisrunde Stahlspiegel von 20%" Durchmes- ser, deren einer, der schon erwähnte Spiegel I, nur etwa 0W8, der andere, III, etwa 4”®% dick ist; I wiegt 25414, III 10%°994. Der dritte Magnet, I, ist ein kreisrunder Stahlring von gleich- falls 20” äulserem Durchmesser, der gleichsam aus einem qua- dratischen Prisma von 2”” Seite gebogen ist. Ein Schildpatt- stäbehen verbindet ihn mit einem dünnen Glasspiegel, dessen dünne Messingfassung sich um die Senkrechte drehen läfst. Das ganze System wiegt 2%917; sein Trägheitsmoment hält noth- wendig die Mitte zwischen dem von I und III. Zwar gehört der Ringmagnet zu einer anderen Bussole als die beiden Mag- netspiegel, da aber die Dämpfer beider Bussolen. wesentlich gleich sind, lassen die Beobachtungen in beiden sich wohl ver- gleichen. In der folgenden Tabelle ist 7 = ?.m das logarithmische - Decrement in Briggs’schen Logarithmen, deren Modul m; Z, und &,, sind in Secunden die Beruhigungszeiten der Magnete beziehlich ohne Hauy’schen Stab und mit Stab; 4’ ist in Millimetern die Entfernung des Stabes, bei der die Bewegung aperiodisch wurde: bei dieser Bestimmung wurde in beiden Bussolen derselbe Stab angewendet. 5 —=.450°%, Magnet Ohne Stab Mit „Stab, a.=ın A, 8-8, SER Fe I 72.408.858 oo ee u 0,45 11,2 & 8,8 280,5 2,4 III 0:38 929,1 oo PASTE TIAEE Das logarithmische Decrement des Magnetes I ist das gröfste, welches meines Wissens bisher beobachtet wurde. Wie man sieht, wächst auch an der Grenze der periodischen und der aperiodischen Bewegung die Beruhigungszeit der Magnete schnell mit ihrem Trägheitsmoment, und in einem umgekehrten Verhält- nils zu diesem steht die Entfernung, bis zu welcher der Hauy’- sche Stab genähert werden muls,. um die Schwingungslosigkeit herbeizuführen. 838 Nachtrag. $. XI. Die Beruhigungszeit des gedämpften Magnetes in ihrer Abhängigkeit von dessen ver- schiedenen, im Vorigen betrachteten Zuständen. Über den Einflufs der Dämpfung auf die Beruhigungszeit des Magnetes lernten wir schon eine Andeutung von Gauss kennen. Er sagt (s. oben S. 808), dafs „die Annäherung an „den Ruhestand wieder langsamer geschieht, sobald z den Grenz- „werth n überschreitet.“ Setzt man in Gleichung (IX) oder (X) t—= NT,, wo N die Zahl der Schwingungen, 7, die Schwin- gungsdauer des gedämpften Magnetes bedeuten, so ist ei ee Imax 7 Ge 2 der Ausdruck für die mit wachsendem N abnehmenden Ampli- 7 Vn’— :? XXI, S. 816], und wächst mit «. Denkt man sich zwei solche Werthe von N und von s, dals NT, = N’T,, so wird die kleinere Amplitude zum gröfseren e und kleineren N gehö- . ren: die Beruhigungszeit des noch schwingenden Magnetes nimmt mit wachsendem ze ab. Differenzirt man ferner Gleichung (VII) tuden des von &£ fallenden Magnetes.. 7, ist — dx SSR. nach &, so findet man Te positiv für jeden Werth von t>0: die Beruhigungszeit des schwingungslosen Magnetes nimmt also mit wachsendem e zu; und somit ist die Gauss’sche Bemer- kung erwiesen. , Diese Bemerkung pafst jedoch nicht auf unseren Fall. Denn während Gauss nur an ein Wachsen von e durch Ver- grölserung der dämpfenden Metallmenge dachte, verkleinern wir n, zugleich aber in geringerem Mafse e, ohne das Verhältnifs zu kennen, in welchem letzteres geschieht. Betrachten wir zu- nächst den aperiodischen Zustand, und berücksichtigen wir allein die durch Verkleinern von n bewirkte Vergröfserung von r,: in- ‘ dem wir Gleichung (VII) nach r differenziren, so ergiebt sich = für jeden Werth von 2>0 als positiv. Von dem Grenz- falle r = 0 an also bis zur=e wächst x für ein gegebe- nes t, oder es findet die Annäherung an die Ruhelage um so langsamer statt, je kleiner n, bis endlich der völlig astatische Nachtrag. 839 Magnet überall stehen bleibt (vergl. oben S. 814). Berück- sichtigen wir nun auch die Verkleinerung von s, so wird zwar durch diese den Einflufs des Wachsens von .r insofern etwas vermindert, als r selber dadurch langsamer wächst. Setzen wir aber * constant, und differenziren (VII) nach z, so ergiebt sich - diesmal als negativ für jeden Werth von 2>0. Die mit der Verkleinerung von n verbundene Verkleinerung von e, so- weit es nicht unter dem Wurzelzeichen steht, wirkt also mit jener in gleichem Sinne, d.h. vergröfsernd auf x, und demge- mäfs lehrt die Erfahrung, -dafs mit abnehmender Entfernung A des Hauy’schen Stabes die Beruhigungszeit schnell‘ zunimmt. So war z.B. bei Magnet I für Z = 450° und m 0er kun, d. —=.293,5% eye ;0 le Ah Au 1280 ee he EEE RE N 33 3 nn 2785 nn 40,05 bei weiterer Annäherung wurde der Magriet unstet und schlug um. Bei Magnet III war urn, AN=77, 00 EHTT,5 funnl)=t272,08 EN 4050 Darüber hinaus war keine Messung mehr ausführbar. Diese Zahlen zeigen auf’s Neue, wie der leichte Spiegel schon bei geringer Astasie aperiodisch wird, während beide Spiegel bei ungefähr derselben Nähe des Stabes aufhören brauchbar zu sein; woraus sich für den leichten Spiegel ein ungleich gröfse- rer benutzbarer Spielraum aperiodischer Astasie ergiebt als für den schweren. Ist die Bewegung Soc periodisch, so kann man dieselbe Betrachtung anstellen, wie oben. Die abnehmenden Amplituden haben wieder zum Ausdruck eNr —eNT 2 —= £e ı— ee 5 & Vn2-e2 er allein der Exponent verändert sich jetzt so, dafs n kleiner wird, während auch , nur in viel geringerem Mafse, abnimmt. Denkt man sich wieder zwei solche Werthe von N, und von n 840 Nachtrag. und e, dafs NT, = NT! ‚ so wird diesmal die kleinere Am- plitude dem gröfseren N entsprechen. Annäherung des Stabes mülste zur Folge haben, dafs der Magnet langsamer schwänge, und dafs zugleich seine Amplituden etwas langsamer abnähmen: seine Berubigungszeit mülste durch den Einfluls des Stabes etwas grölser werden. So sicher dieser Schlufs erscheint, so straft ihn doch die Erfahrung Lügen. Die Spalte 2, — 23,, der Tabelle auf S. 837 - | zeigt, dafs vielmehr die Beruhigungszeit des eben schwingungs- los gewordenen Magnetes um keinen geringen Bruchtheil klei- ner ausfällt als die des nicht astasirten. Den Grund dieser Abweichung suche ich in dem Widerstand der Luft. Da die- ser mit der Geschwindigkeit wächst, so mufs die dadurch be- wirkte Verzögerung im Falle von Schwingungen grölser sein als bei schwingungsloser Rückkehr zum Nullpunkte, gleiche Beruhigungszeit in der Luftleere und gleiche Fallhöhe voraus- gesetzt. Man könnte einwenden, dafs dann der Unterschied 2, — %, bei dem schweren Spiegel verhältnilsmäfsig kleiner sein mülste als bei dem leichten, wovon eher das Gegentheil zutrifft. Allein der Hauptsitz des Luftwiderstandes ist unstrei- tig der ringförmige Spalt zwischen Spiegelrand und Dämpfer, und dieser Spalt ist bei dem schweren, dicken Spiegel, wenn auch nicht überall gleich eng, fünfmal so lang als bei dem leichten, dünnen Spiegel. Trotz der gleichen Gröfse und Ge- stalt der Flächen beider Spiegel erfährt also der dickere einen srölseren Widerstand, und der Unterschied der Widerstände ist vermuthlich so grols, dafs er den Unterschied der Massen über- wiegt. Versuche zur Prüfung dieser Hypothese habe ich noch nicht angestellt. Wie dem auch sei, für den Gebrauch ergiebt sich, dafs der Zustand der eben eingetretenen Schwingungslosigkeit des Magnetes zugleich den Vortheil der kleinsten Beruhigungszeit gewährt, welche die angewandten Vorrichtungen gestatten. $. XII. Bestätigung der für den Fall einer Anfangs- geschwindigkeit theoretisch gefundenen Bewegungs- gesetze aperiodischer Magnete. Läfst man auf den aperiodisch sich bewegenden Magnet einen beständigen Strom von längerer Dauer wirken, der ihn Nachtrag. 841 innerhalb der Grenzen der Theilung, d. h. bei 2300”"m Abstand der Scale vom Spiegel um etwa 7° ablenkt, so sieht man ihn in derselben Art, wie er beim Fallen sich auf den Nullpunkt begiebt, sich der neuen Gleichgewichtslage zu bewegen und schwingungslos dort einstellen. Doch ist zu bemerken, dafs wenn = nur eben = n und die Ablenkung sehr grofs ist, der Magnet sie um 2—3°° überschreitet, obschon er von ihr herab- fallend den Nullpunkt ohne Schwingung erreicht. Auch dies rührt wohl, wie das Überschreiten des Nullpunktes bei über- grolsen Fallhöhen (s. oben S. 835) von der Verminderung der Dämpfung mit steigender Ablenkung her.') Um die Anfangsgeschwindigkeit c sowohl wie die Ablen- kung E gehörig abstufen zu können, traf ich die in Fig. 4 sichtbare Anordnung. Hier ist M der Magnetspiegel an seinem Faden und in seiner im Durchschnitt gezeichneten dämpfenden Kupferhülse DD’, HS der Durchschnitt des Hauy’schen Sta- bes, X die Grove’sche Kette, Sch ein Schlüssel, RA ein Rheo- chord, 7 die Haupt-, N die Nebenrolle eines Schlitteninducto- riums gröfserer Art, R, eine der Thermorollen, endlich R, eine der gewöhnlichen feinen Hydrorollen der Bussole. Die Theile der Anordnung, die eine merkliche Fernwirkung auf einander übten, sind durch punktirte gerade Linien verbunden. Die von Mitte zu Mitte gemessene Entfernung zwischen 7 und N nen- nen wir B. Bei geschlossenem Schlüssel Sch hält die Rolle R, den Magnet abgelenkt; durch Öffnen des Schlüssels läfst 1) Da das Überschreiten der Ablenkung nieht mehr stattfindet, wenn e merklich > n, so wird es wenigstens sehr unwahrscheinlich, dafs die Erscheinung auf einer Unbeständigkeit der angewandten Grove’schen Kette beruht, woran man nach den Erfahrungen der HH. Edlund und Rijke (Poggendorff’s Annalen u.s.w. 1849. Bd. LXXVIL. S.182; — 1857. Bd. CH. S. 508) über die gröfsere Stärke der Schliefsungs- im Vergleich zur Öffnungs-Induction auch bei den sogenannten beständigen Ketten deshalb hätte denken können, weil meine Hülfsmittel gestatten, durch die Ablenkung der Magnetnadel den Zustand der Kette nach der Schliefsung früher zu beobachten, als dies wohl je möglich war. Für diese Deutung liefse sich freilich noch immer sagen, dafs bei e>n die Zeit, innerhalb der die Beobachtung geschieht, vergröfsert wird (s. oben S. 839). 842 Nachtrag. Fig. 4. EREUIBEERATSTIRRT: © ©iBEEiGe 3 Rh ‘ man den Magnet fallen, und ertheilt ihm zugleich eine An- fangsgeschwindigkeit im Sinne der Richtkraft durch den in N indueirten Nebenstrom, dem dazu die passende Richtung zu geben ist. Die Ablenkung sowohl wie der Stromstols läfst sich auf doppelte Art regeln, jene durch das Rheochord und durch Verschieben der Rolle R,, diese durch Verschieben der Nachtrag. 843 Rollen N und R,;; abgesehen von dem Einlegen von Drähten in H, welches aus gleich zu erwähnenden Gründen zu vermei- den ist. So gelingt es leicht, eine hinlängliche Anfangsge- schwindigkeit zu erzeugen, damit auch bei e>n der Null- punkt überschritten werde; von der jenseitigen Ablenkung kehrt der Magnet schwingungslos zum Nullpunkte zurück. Aufserdem bietet die dargestellte Anordnung auch Gelegenheit, unsere For- meln etwas schärfer auf die Probe zu stellen. Dazu bringt man zuerst die Rolle R, in solche Lage, dafs der Magnet keine merkliche Wirkung mehr von ihr er- fährt, wie dies in der Figur durch die punktirte Leitung und Rolle Sch R, K angedeutet ist. Die Rolle Z hat gleich- falls, diese aber dauernd, solche Lage, dafs sie nicht merk- lich auf den Magnet wirkt. Zweitens entfernt man N von H so weit, dafs beim Schliefsen und Öffnen bei Sch der Spiegel un- bewegt bleibt. Jetzt bringt man R, wieder in solche Lage, und ertheilt dem Strom durch das Rheochord solche Stärke, dafs der Spiegel bis an die Grenzen der Scale abgelenkt wird. Indem man ihn aus stets gleicher Höhe durch Öffnen bei ‚Sch öfter fallen läfst, sucht man die Entfernung des Hauy’schen Sta- bes A’ auf, bei der die Bewegung des Magnetes eben aperiodisch, oder e=nist. Diese Entfernung muf[s nach Herstellung der beschriebenen Anordnung von Neuem bestimmt werden, auch wenn z schon früher =n gemacht worden war, weil zur Däm- pfung durch die Kupferhülse jetzt noch die durch die Rolle R, tritt, daher fortan die Rolle ?%, nicht mehr von der Stelle ge- rückt werden darf. Auch die Rolie R, erhält von hier ab, sofern sie nicht in die unwirksame Lage gebracht wird, eine unveränderliche Stellung, und die Veränderung der Ablenkung & wird allein mittels des Rheochords bewirkt. Dämpfung so- wohl als secundäre Induction im Hauptkreise sind zwar da- durch ausgeschlossen, dafs man, der Natur der Dinge nach, mit dem Öffnungsschlage arbeitet; jene Mafsnahme hat aber ihren Grund darin, dafs die Ablenkung £ die Stromstärke in dem Kreise KR, SchHRhK messen soll. Sind diese Vorbereitungen getroffen, so kann man zu fol- genden zwei Versuchen schreiten. 844 Nachtrag. Versuch I. Bei irgend einer, durch das Rheochord willkürlich bestimm- ten Ablenkung & nähert man die Nebenrolle zuerst der Haupt- rolle soweit, dafs beim Öffnen der Kette der Magnet den Null- punkt nur eben um die kleinste bemerkbare Gröfse überschrei- tet; diese Entfernung der Nebenrolle von der Hauptrolle heifse B'. Alsdann gilt sehr genau (s. oben S. 819 ff.) die Gleichung Es ist aber in unserem Falle e sichtlich proportional £; denn die Elektrieitätsmenge, die sich in einem voltaälektrischen Neben- strome abgleicht, ist der Stärke des Hauptstromes proportional), und für eben dieser Stärke merklich proportional dürfen wir die Ablenkungen des Magnetes nehmen. Man hat also auch c= aE, wo a eine Constante, folglich a = z unabhängig von £, und demgemäls kann man, wenn einmal B’ für ein be- liebiges £ gefunden ist, £ durch das Rheochord fortan beliebig verändern: gleichviel von wo der Magnet falle, stets überschreitet er den Nullpunkt nur eben um die kleinste bemerkbare Grösse. Es versteht sich beiläufg von selbst, und Rechnung wie Beobachtung ergeben, ‘dafs dabei die Beruhigungszeit kleiner wird als ohne Anfangsgeschwindigkeit. Versuch 1. Nachdem dieser Zustand erreicht ist, bringt man, bei einem beliebigen &, R, in die unwirksame, in der Figur punktirte Lage, und wiederholt den Versuch. Jetzt trifft der Inductions- stofs, der vorher den Magnet bei £ traf, den Magnet auf dem Nullpunkt; es erfolgt ein Ausschlag im umgekehrten Sinne von der Ablenkung £; die Gröfse dieses Ausschlages heisse x. Man hat 1) Es dürfen sich deshalb keine Drähte in der Hauptrolle befinden. Versuche, die ich in dieser Art mit einem kleineren Schlitteninduetorium | angestellt hatte, mufsten verworfen werden, indem sich dabei von dem erwarteten, und wie man sehen wird, richtigen Gesetze Abweichungen ergaben, welche sich aus der Annahme erklären liefsen, dafs die in den Inductionsströmen sich abgleichenden Elektricitätsmengen schneller wuch- sen als die Stärken der inducirenden Ströme. Vergl. Wiedemann, Die Lehre vom Galvanismus u. s. w. Braunschweig 1863. Bd. II. S. 297. Nachtrag. 845 C xa=rXt AN E [(XXXIV), S. 328]. Abermals ist c proportional Z, also E = const x x, gleichviel wie £ gewählt wird. . Die folgenden Tabellen zeigen das Ergebnifs der Versuche, die ich zur Prüfung dieses Schlusses anstellte. Die Zahlen £&, in der ersten Spalte jeder Tabelle sind erhalten, indem ich mittels des Rheochords die Ablenkung von 25° bis 500° stets um 25° steigerte; sie sind das Mittel aus zwei Ablesungen vor und nach zehn Ablesungen von x,; die abgelesenen Tan- genten der doppelten Ablenkung sind in die doppelten Tan- genten der einfachen Ablenkung verwandelt. Die Zahlen X„c Sind das ebenso corrigirte Mittel aus jenen zehn x,; die Spalte x, — x, zeigt die grölste, positive oder negative Abweichung des beobachteten nicht corrigirten x, vom mittleren nicht corrigirten x,„, welche in einem solchen Satze vorkam. Man sieht, dafs diese Abweichung sich höch- stens auf 0°%°85 beläuft. Die Constante ist nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet; die Zahlen x, sind durch Division von £, mit der Constanten erhalten. Obschon x bis zu 183° hinaufgeht, belaufen sich die Abweichungen x, — x. nie auf mehr als den Bruchtheil eines Scalentheiles, mit einer einzigen Ausnahme (Versuch 15 in Tab. 1), wo ein gröfserer Fehler durch irgend einen Zufall begangen wurde, wie er bei einer Versuchsreihe, die sich über viele Stunden erstreckt, wohl vorkommen kann. Erwägt man die Fehler der ge- druckten Theilung, die Unbeständigkeit der Kette und die Er- wärmung der Drähte, die Schwankungen der Ruhelage des Magnetes und der Länge des ihn tragenden Fadens, die mangel- hafte Einstellung des Fernrohrs bei grölseren Ablenkungen und die Schwierigkeit des Ablesens grölserer Ausschläge, den Wi- derstand der Luft, endlich die unsichere Aufstellung meiner Apparate in dafür ganz ungeeigneten Räumen, so darf die er- langte Übereinstimmung gewils für höchst befriedigend gelten. Die Regelmäflsigkeit in der Vertheilung der Zeichen der Fehler, wonach die gröfseren x,,. im Allgemeinen zu klein sind, rührt wohl davon her, dafs die Ablenkungen nicht unserer Voraus- setzung entsprechend den Stromstärken genau proportional sind, Nachtrag. 846 nn Tabelle I. A'— 296mm; , B' — 47mm | & | Kme Ku % X, X, — Xpe 1 25.00 | 9.30 0.00 9.27 | —0.03 2 49.99 | 18.67 | —0.60 18.53 | —0.14 3 1910172794 | =-0:14 27.84 | —0.10 4 99.95 | 37.30 | +0.30 37.04 | —0.25 5 | 125.10 | 46.80 | =0.20 46.36 | —0.43 6 | 150.19 | 56.23 | +0.45 55.67 | —0.57 7 Sl132982| 265.242 °=E0:95 64.95 | —0.29 8° 1199.60 | .-74.70:| —+0.22 73.98 | —0.72 9 | 295.46 | 83.73 | +0.35 83.56 | —0.17 10 | 249.26 | 92.89 0.00 92.38 | —0.51 11 | 275522102067] &-0492 | 101.74 | =-0.32 12 | 300.20 | 111.64 | —0.85 | 111.26 | —0.38 13 | 324.63 | 120.96 | —0.56 | 120.32 | —0.64 14 | 349.77 | 129.20 | 0.50 | 129.63 | +0.44 15 | 370.46 | 135.99 | —0.23 | 137.30 | +1.31 16 | 397.02 | 146.82 | +0.17 | 147.15 | +0.33 17 | 421.86 | 156.42 | +0.47 | 156.35 | —0.06 18 | 447.28 | 165.88 | —0.55 | 165.78 | —0.11 19 | 470.91 | 174.05 | 0.70 | 174.53 | +0.48 20 | 494.47 | 183.21 | 0.50 | 183.27 | +0.06 Const = 2.698120 Tabelle II. A — 297mm} , B' — 52mm | = Knıe Kr Xp X, X, — Xone 1 | 25.00 | 9.00 | 0.00 8.90 | —0.10 2 = 50.50 = 13,92. 6.9 17.98 | +0.06 8 5 79.20 |” 272.00 0.00 26.77 | —0.23 4 | 99.65.) 35.42 | 0.38 35.47 | +0.06 5 | 124.91 | 44.66 | +0.16 44.46 | —0.19 6 149.67 2 53.30. 2 0,58 53.28 | —0.02 7 EI TAABe| 62.75 0,46 62.10 | —0.65 8 | 199.47 | 71.67 | +0.60 71.01 | —0.66 9.4.9224,99 17 80.38 120.58 80.09 | —0.28 10 | 249.11 | 89.05 | +0.28 88.68 | —0.37 11.274.397 98.01 |-=E0.26 97.68 | —0.33 12 | 299.48 | 106.85 | —+0.71 | 106.61 | —0.24 13 | 324.70 | 116.09°| =E0.85 | 115.59 | —0.50 14 | 349.28 | 125.01 | =E0.26 | 124.34 | —0.67 15 | 372.79 | 132.87 | —0.22 | 132.71 | —0.16 16 | 398.64 | 141.69 | +0.52 | 141.91 | +0.22 17 | 422.22 | 149.63 | 40.38 | 150.30 | +0.67 18 | 447.48 | 159.22 | +0.50 | 159.29 | +0.08 19 | 469.57 | 166.56 | +0.78 | 167.15 | +0.59 20: 12493,07. 12174.772, 220.20 | 1725:59 1.20.76 Const = 2.809127 Nachtrag. 847 sondern ein etwas abweichendes, und zwar für die beiden Rol- len R, und R,, wegen ihrer verschiedenen Entfernung vom Spiegel, verschiedenes Gesetz befolgen. Nicht einmal die Richt- kraft verändert sich genau proportional dem Sinus der Ablen- kung, weil der Hauy’sche Stab, wenn auch um beinahe 300" entfernt, den Magnet doch nicht mit strenge parallelen Kräften ‚angreift. Wir wollen jetzt noch der Constanten selber in unserer durch den Versuch bewiesenen Gleichung E = const>xx unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Aus c=:£ und x= — folgt const = e, und man hat also die merkwürdige Beziehung F AT x Würde E=e” gemacht, so mülste sich x = e ergeben; man würde unmittelbar die Basis der natürlichen Logarithmen ab- lesen. Dies bestätigt sich in der That. In unserer Versuchsreihe I ist die Constante = 2,69812, in Reihe II ist sie 2,80913; Mittel = 2,75362. Es ist e = 2,71828; der Fehler des Mittels ist also nur = 0,03534. e? ist 7,3890; wählt man als Einheit das Centimeter — 10°°, und macht man & = 7,39, so mufs x = 2,72 sein.') Ich stellte eine Anzahl solcher Prüfungen an, indem ich jedesmal von Neuem 4’ und das zugehörige B’ bestimmte. Die Ergebnisse dieser Versuche, nach abnehmenden Entfernungen des Hauy’- schen Stabes geordnet, zeigt folgende Tabelle in den Ver- suchen 1—4; Versuch 5 und 6, wo der Stab absichtlich zu nah war, wurden hinzugefügt, um das in der Reihe sich kundgebende Gesetz noch deutlicher hervortreten zu lassen. | 1) Da man die Tangente der doppelten Ablenkung abliest, ist eigentlich & = 7,39095 zu machen, und sollte x = 2,71838 sein, doch fällt der Unterschied, wie nicht bemerkt zu werden braucht, weit inner- halb der Grenze der Beobachtungsfehler. [1869.] 60 848 Nachtrag. Nr. 4' B' x const 298,563. 2,26 8270 297,3»553542463.052,810 297,0 48 2,372 2,717 296,5 46 2,74 2,700 A 5 295,0 28 3,12 2,369 6 293,5 4. 3,938 2,094 PO m Bei den Versuchen 2 und 4 hatte ich fast genau die Be- dingungen der in Tabelle II und I enthaltenen Versuchsrei- hen wieder getroffen. Man sieht, dafs ich von dem äufsersten Werthe von A, wo mir schien, als sei die Bewegung aperio- disch, den Stab nur um anderthalb Millimeter mehr, d. h. um 745 seines Abstandes, zu nähern hatte, um das theoretisch vorhergesehene Ergebnis zu erhalten. Erwägt man, dafs bei diesen Versuchen die oben S. 834 besprochene Schwierigkeit zu sa- gen, ob der Nullpunkt noch überschritten werde oder nicht, zweimal auftritt, zuerst bei der Bestimmung von A’, dann bei der von B', so wird man die erlangte Übereinstimmung ge- wils als genügend anerkennen. Die Tabelle zeigt, dafs je kleiner A, oder je näher der Stab dem Magnete, um so gröflser fällt x, und um so kleiner B’und die Constante aus. Der Sinn hiervon ist, dafs je weniger Richt- kraft dem Magnete gelassen ist, um so gröfser kann die ihm ertheilte Anfangsgeschwindigkeit sein, ohne dafs er den Null- punkt überschreitet. Dieser Zusammenhang spricht sich deutlicher aus, wenn man, anstatt A und B zugleich, nur die eine oder die andere Entfernung ändert. Läfst man A=4' beständig, und verkleinert BD, so wird bald der Nullpunkt merklich überschritten, x wächst, die Constante nimmt ab. Verwickelter ist der Vorgang, wenn man B=B' beständig läfst, und A ändert. Wegen x = = (XXXIV) ist zwar x von A nur insofern abhängig, als mit A Intensität des Magnetes, folglich auch Dämpfung und, obschon der Induc- tionssto[s derselbe bleibt, Anfangsgeschwindigkeit sich ein wenig ändern; allein dies ist nicht zu vernachläfsigen. Für /r in dem oben 8.827 (XXX) gegebenen Ausdruck Nachtrag. 849 3 uIr a; wollen wir P setzen, welches den Integralwerth des Induc- tionsstromes nach Stärke und Zeit vorstellen soll. Den Werth von u entwickeln wir, wie wir dies oben $. 832 mit m und m gethan haben, zu Wfe+r(H— 8)!. Dann ist e= wi +n(H— 9. Es ist (XL) zm?lı #n(H—S)}? IE 2M ’ und folglich C A 2; — eat em? 4% (H — 8)! Wenn man also, bei beständigem B= B', A von 4’ aus ver- grölsert, wird x wegen des abnehmenden S etwas kleiner, und der Nullpunkt überschritten. Umgekehrt der Nullpunkt wird nur eben erreicht, und x wächst um ein Geringes, wenn A von A’ aus verkleinert wird. Dies trifft im Versuch ein; als ich bei DB’ = 48" A von A’ —= 297" folgweise auf 292; 287; 277» verkleinerte, stieg x von dem ihm willkürlich ertheilten Werthe 40°°3 beziehlich auf nur 41,2; 42,7; 46°°5. Übrigens ist zu bemerken, dafs das c in unserem Versuch II (s. oben 8.845) dem c in Versuch I nicht genau gleich ist. Denn in Versuch I, wo man c—= z£ macht, wird der Inductionsstols er- zeugt nicht allein durch die Induction von HZ auf N, sondern auch durch die Induction von AR, auf R, und auf den Dämpfer, welche in R; und dem Dämpfer die verkehrte Richtung hat von dem durch die Induction von Z auf Nin R, erzeugten Strome. Man kann also setzen c=eE = ip — (9-+3)) &, wo p,q,s die Ge- schwindigkeiten sind, welche, für die Einheit der die Stärke des inducirenden Stromes messenden Ablenkung &, die beziehlich von H auf N, von R, auf R,, und von R, auf den Dämpfer aus- | geübten Inductionen dem Magnet ertheilen. In Versuch II da- gegen erhält der Magnet. die Geschwindigkeit c' — p&, und man hat somit statt DR 60* 850 Nachtrag. E —= e , vielmehr 2 — (1-2), x »-.) Mayr d. h. die Constante mufs kleiner als e ausfallen. Indessen geht aus den Umständen des Versuches hervor, dafs der Bruch Er nur sehr klein sein konnte. Die Rolle Z hat mehrere hundert, die Rolle N 9845 Windungen, während R, nur 53 und R, nur 6000 Windungen besitzt. B’ war bei dem Versuch 3 der letzten Tabelle, wo sich const=e ergab, — 48mm, während von Mitte zu Mitte gemessen der horizon- tale Abstand zwischen R, und R, 400, zwischen R, und dem Dämpfer 380”"® betrug. Die Axen von %, und die von A, und dem Dämpfer lagen aber nicht einmal, wie in der Figur, in einer Geraden, sondern waren einander parallel um etwa 110"® verschoben. Das Potential der Rollen Z, und R,, und ‘das der Rolle R, und des Dämpfers aufeinander, mufsten: also gegen das Potential der Rollen HZ und N aufeinander nahe ver- schwinden. Für die Induction von R, auf Ry, ist dies leicht zu zei- gen. Dazu wird in den Kreis von N und R, eine dritte Rolle R,; von gleicher Beschaffenheit mit ZA, (die andere Hydrorolle der Bussole) aufgenommen, und gegenüber der Rolle R, in deren unwirksamer Lage so aufgestellt, wie R, gegenüber der- selben Rolle in deren wirksamer Lage aufgestellt ist. Indem man für ein bestimmtes B und & die Induction von H auf N mit und ohne Rolle R,, dana die Induction von R, auf R; beobachtet, hat man alle Daten, um g als p, wo $ eine Con- stante, auszudrücken. Es fand sich aber, dafs auch bei der srölsten inducirenden Stromstärke, welche die Anordnung zu- hefs, d.h. bei völlig gestöpseltem Rheochord, g neben p un- wahrnehmbar blieb. Was s betrifft, so läfst sich dies nicht ex- _ perimentell bestimmen, doch kann man sicher schliefsen, dafs, obschon grölser als q, s in Bezug auf p mit q von gleicher Ordnung sei. Der Bruch ir mufste also, wie auch aus der Übereinstimmung unserer Ergebnisse mit der Theorie folgt, nahe = 0 sein. | Nachtrag. f 851 $. XIII. Vorzüge der Beobachtung an aperiodischen Magneten. Man erreicht mittels des hier beschriebenen Verfahrens vollständiger, bequemer und ohne alle Nachtheile dasselbe, was frühere Experimentatoren, Mohr,!) Schilling von Can- stadt und Lenz,?) Draper,’) sich vorsetzten, als sie an die nach unten verlängerte Axe des Magnetes Flügel von Platin oder Stanniol hefteten, welche in Öl oder Wasser einen die Schwingungen hemmenden Widerstand erfuhren. Keiner, der einmal am aperiodischen Magnete beobachtet hat, wird ohne besondere Gründe zum schwingenden Magnete zurückkehren, und die klare und ruhige Spiegelung der Vorgänge im Multi- plicatorkreise, welche jener gewährt, für das verwirrende Schau spiel des bei jeder Veränderung der Stromstärke hin- und her- schiefsenden Scalenbildes wieder aufgeben, aus dem sich der Sachverhalt stets erst nach lästiger Ungewifsheit entwickelt. Indem man mit der Verminderung der Richtkraft möglichst ge- nau da stehen bleibt, wo n = :, oder die Bewegung des Mag- netes eben aperiodisch geworden ist, genielst man, wie schon bemerkt, zugleich den Vortheil der schnellsten Beruhigung des Magnetes, welche die angewandten Vorrichtungen gestatten. Von ganz besonderem Nutzen ist der aperiodische Zustand bei dem Compensiren des Stromes zum Zwecke der Messung der elektromotorischen Kraft nach der Poggendorff’schen, von mir abgeänderten Methode, oder des Widerstandes mittels der Wheatstone’schen Brücke. Der schwingende Magnet geräth in Schwankungen, sobald man die Gleichgewichtslage schneller, als der Magnet zu folgen vermag, vor ihm her dem Nullpunkte zu bewegt; der schwingungslose Magnet kann höchstens unter den oben S.831 bezeichneten Umständen Einen Hin- und Her- gang machen, so dafs man ohne jedes Tasten, mit stetiger Be- wegung, den Nullpunkt auf den Faden einstellen kann. Gute 1) Poggendorffs Annalen u. s. w. 1836. Bd. XXXIX. S. 131. 2) Ebendas. 1843. Bd. LIX. S. 207; — 1849. Bd. LXXVL. S.499. S. 500. 3) Philosophical Magazine etc. 1839. 3rd Ser. vol. XV. p. 266. o 852 Nachtrag. Dienste wird auch diese Methode leisten bei Demonstrations- versuchen vor einer gröfseren Versammlung, unter Anwendung des von mir beschriebenen Verfahrens, die Ablenkungen durch einen vom Spiegel zurückgeworfenen Lichtstrahl sichtbar zu machen.') Dies Verfahren wurde bekanntlich von Hrn. Wil- liam Thomson angewandt, um die schwachen Signale des ersten atlantischen Kabels bequem zu beobachten, und noch heute werden die atlantischen Kabel mit sogenannten Thom- son’schen Galvanometern bedient, an denen die Ablesung auf jene, zuerst von mir in England gezeigte Art geschieht. Hier, wie überhaupt wo in der Telegraphie Galvanometer in Gebrauch sind, wird die Beseitigung der Schwingungen sich als höchst 'vortheilhaft erweisen. | Nützlich können endlich in ihrer überraschenden Einfach- heit die Formeln (XXXII) und (XXXIV) werden. Letztere kann an sich dienen, den Integralwerth kurz dauernder Ströme relativ zu bestimmen. Aber auch zur Messung kleiner Zeit- räume nach der von Hrn. Helmholtz verbesserten Pouillet’- -schen Methode”) bieten jene Formeln bequeme Gelegenheit, wenigstens wenn man sich eines Magnetes von solchem Träg- heitsmomente bedient, dafs er eine scharfe Messung von 1 = Inar = zuläfst. Ist F die Ablenkung durch den zeitmessenden Strom in beständiger Grölse, x der Ausschlag durch denselben Strom während der kleinen Zeit r, so findet man für diese leicht den Ausdruck 1) Poggendorff’s Annalen u. s. w. 1855. Bd. XCV. S. 607; — Philosophical Magazine ete. 1856. 4th Ser. vol.XI. p. 109. 2) Joh. Müller’s Archiv für Anatomie u. s. w. 1850. S. 299; — Wiedemann, Die Lehre vom Galvanismus u. s. w. Braunschweig 1863. - Bd. Il. S. 236. 8. 212. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1868 und 1869 erschienen: v. RANkE, Briefwechsel Friedrichs des Grossen mit dem Prinzen Wil- helm IV. von Oranien und mit dessen Gemahlin, Anna, geb. Princefs Royal von England. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten vorherrschend aus mikro- skopischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko. Preis: 1 Thlr. 15 Sgr. 'Lepsivs, Über den chronologischen Werth der Assyrischen Eponymen und einige Berührungspunkte mit der Aegytischen Chronologie. Preis: 15 Ser. Roru, Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. Preis: 3 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. Mn BR Bn, ae ei e For ale Grace BERN an on a Dr ya, ET 2 IERT erA lu BORN, EHE EE Ne ze rt an Spree! his 0 Sk Sa N) Bir * ® DEE AL Sue | nein imdsira WE der rd Be een ah bene ji: u eh. &K: vn a Me äh r ia Ba Re SB: * vn re 3 4 “> iz ER x LUIS £) & ' we E ) “ o e A e N m 2 3 £ I DEE ER * - > " . BIR er A Ar ' 23 | ‚a ja N k ey ER, a0 “n TREE RR a BEN BR Ko # > hohe, Rs P% er 4 v Ir ler x % ‘ LS; 5 v an 5 LT: 5 unser } 2 Mn i ‘ ® } 3 h N RR * ” N ? ” ” ee z 4 R De e > . a k u » N hi { | PER. 15 Br E = x A f u ind MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. December 1869. Vorsitzender Sekretar: Herr Haupt. 2. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weierstrafs las über die allgemeinsten ein- deutigen und 2nfach periodischen Functionen von 2 Veränderlichen. Nimmt man zwischen 2n veränderlichen Grölsen Be a U Ga ‚ die nachstehenden Gleichungen an, in denen Y (z,) 9 Y,(e,) Ks v„(&,) Functionen bedeuten, deren erste Ableitungen algebraische Func- tionen von x, sind: Ur = 2. (&,) :e (a) Wo, — ' so werden im Allgemeinen zu jedem Systeme der Gröfsen | % 1, Ug,...u, unendlich viele Systeme der Gröfsen x,, x; ..2, gehören. Es lassen sich aber, wie die Theorie der ' Abel’schen Transcendenten lehrt, die Functionen U so be- [1869.] 61 854 Gesammtsitzung stimmen, dafs jeder rational und symmetrisch aus &, , 23... 2, zusammengesetzte Ausdruck eine eindeutige Function von U, %Ug ... u, Wird, welche dann die ausgezeichnete Eigenschaft besitzt, 2nfach periodisch zu sein, und durch ®-Functionen von n Argumenten ausgedrückt werden kann. Indessen sind die ®-Functionen, die man auf diesem n(n +1) Wege erhält, nur specielle; zwischen den wesent- lichen Constanten (Moduln), die in ihnen vorkommen und bei allen dieselben sind, besteht eine Anzahl von Relationen, so dafs nur 3n — 3 derselben willkürlich anzunehmende Werthe erhal- ten können. In Folge davon sind auch die durch diese @- Functionen ausdrückbaren 2n fach periodischen Functionen von n Argumenten nicht die allgemeinsten ihrer Art. Ich habe deshalb, um möglicherweise zu den letztern zu gelangen, mir die Aufgabe gestellt, die Functionen / so zu bestimmen, dafs zu einem Systeme der Gröfsen u, , ug... u eine endliche Anzahl von Systemen der Grölsen &,, 43 ... 2, gehöre. Denn es läfst sich zeigen, dafs alsdann x, ...x, die Wurzeln einer Gleichung nten Grades werden, deren Coefficien- ten algebraisch durch die partiellen Ableitungen einer ein- deutigen und 2nfach periodischen Function von u, , 42... u, sich ausdrücken lassen.") Nun habe ich zwar die algebraischen _ Schwierigkeiten, welche sich der allgemeinen Lösung der an- gegebenen Aufgabe entgegenstellen, bis jetzt nicht überwinden können; ich habe mich jedoch überzeugt, dafs man auf dem bezeichneten Wege wirklich zu den allgemeinsten eindeutigen und 2n fach periodischen Functionen von n Argumenten gelan- gen muls. Ist nämlich / (u, ... w,) irgend eine derartige Func- tion, und Flur) — —— \ so gelten folgende Sätze: !) In besondern Fällen kann diese Function in eine, die weniger als 2» Systeme von Periodicitäts-Moduln besitzt, entarten. EEE EG 1) 2) 3) vom 2. December 1869. 855 Zwischen f und fı , fa --- f„ besteht eine algebraische Gleichung, deren Coefficienten von den Grölsen u,, Ug ... u, unabhängig sind. | Jede eindeutige Function von u,,Uus a u,, welche dieselben Systeme von Periodieitäts-Moduln wie f be- sitzt, läfst sich rational durch f, fı -.. /„ ausdrücken. Namentlich ist also f(w, + vı ... u, + v,) rational durch ACH N) Sn LE A Kult re« %,) Ce er 2 0) darstellbar. Da hiernach die höhern Ableitungen von f rational durch f, fı -.. /, ausdrückbar sind, so werden, wenn man du,,duz .... du, auf die Form du, == (b) Du, —= a 80 0 2 0 ee 0 0 oe 8 0 8 0 0 bringt, die Coefficienten F',, ebenfalls sämmtlich ratio- nale Functionen: von f, fı --- f„- Nimmt man nun zwischen f, fı ... /, noch irgend (n—1) andere algebrai- sche Relationen an, so kann man sämmtliche alsdann noch möglichen Werthsysteme dieser&röfsen darstellen in der Form (e) = Fe, px), Jı=F, 6 P&) a e- 20); wo x eine unbeschränkt veränderliche Gröfse, px eine algebraische Function derselben und F, F',,... F, ra- tional aus x und px zusammengesetzte Ausdrücke be- deuten; und es erhält dann der Ausdruck von du, die Gestalt G,(a,da)de, wo @,„ ebenfalls eine rationale Function von z und dx ist. Setzt man dann I? 856 4) 5) Gesammtsitzung (a) Gl, da) de = dvb,(), so werden bei gehöriger Constanten-Bestimmung die Gleichungen Flö,b2) =,J (u,,u3 > u,) (e) F,(&,$#2) = fı(uı , %: ... u.) 25 NE) —.J, Urs Une befriedigt, wenn man fh) sy =V4b(@),. wel)... w=Y/,(@) Setzt. Jedes System coordinirter Perioden der Integrale Yı(), Ya(l@) ... d,(x) ist auch ein System von Pe- riodicitäts-Moduln der Function f(u, ,%z....w,). Man kann aber die Fnnctionen &, F}, Fy... F, Stets so bestimmen, dafs auch das Umgekehrte gilt. Un- ter der Voraussetzung, dafs dies der Fall sei, ergiebt sich dann weiter: Die Functionen f, ... /„ verwandeln sich, wenn man Mr UT 2,Y1(%,) (g) | Ä a0 er — 2,0, (@,) .0 2 0 9 2 0 0 ee 8 00. setzt, in rationale Functionen von Loy Baar DD Di dB unter denen keine Abhängigkeit von einander besteht. Daraus folgt, dafs den vorstehenden Gleichungen bei gegebenen Werthen von u,,%z... u, — wenn unter diesen nicht eine bestimmte Relation stattfindet — nur durch eine endliche Anzahl von Systemen der Grös- sen &ı, &g ... 2, Genüge geschehen kann, und dafs die zu einem solchen -Systeme gehörigen Werthe dieser vom 2. December 1869. 857 Gröfsen als Wurzeln einer Gleichung nten Grades, deren Coefficienten algebraische Functionen von tn 2 U) Sean day War susW,) sind, erhalten werden können. Aus jeder ®©-Function von n Argumenten ergeben sich un- zählig viele 2n fach periodische Functionen, unter deren 2n.n (n— 1) 2 Periodiceitäts-Moduln nicht mehr als Relationen statt- finden. Durch das Vorstehende ist also bewiesen, dals es Gleichungssysteme von der Form (a), die allgemeiner sind als die bisher in der Theorie der Abel’schen Transcendenten be- trachteten, und gleichwohl einer ganz analogen Behandlung fä- hig sind, wirklich giebt. Ob 2nfach periodische Fnnetionen von n Argumenten existiren, die nicht durch ®-Functionen ausgedrückt werden können, ist eine Frage, deren Erörterung ich mir vorbehalte. Hr. Magnus legte einen Aufsatz des Hrn. Dr. E. War- burg vor, über den Einflufs tönender Schwingungen auf den Magnetismus des Eisens. Matteucci'!) und später Villari?’) haben die Verände- rungen untersucht, welche das magnetische Moment eines Eisen- oder Stahlstabes erleidet, wenn derselbe durch eine Zugkraft verlängert wird. Die zahlreichen Versuche Villari’s bewei- sen, dafs der Magnetismus eines Eisendrathes, der sich in einer Magnetisirungsspirale befindet, wenn ein stabiler, durch Er- schütterungen nicht mehr veränderlicher magnetischer Zustand des Drathes eingetreten ist, durch Ausdehnungen und Zusam- menziehungen des Drathes in entgegengesetztem Sinne verän- dert wird. Nach den herrschenden Ansichten über die Natur des Mag- netismus ist es wahrscheinlich, dafs die Änderungen der Länge 1) Ann. de Chim. et de Phys. T. 58. p. 416. 1858. 2) Pogg. Ann. 126. Monatsberichte d. Berl. Akad. 1865. p. 380. 858 ... Gesammtsitzung und des magnetischen Momentes sehr nahe gleichzeitig erfolgen. Ist dieses richtig, so müssen, wenn Ausdehnungen und Zusam- menziehungen hinter einander in sehr kurzen Zeitintervallen vor sich gehen, die Änderungen des Magnetismus in gleicher Weise einireten. Ein Eisenstab von 1890®" Länge, welcher die longitudi- nalen Schwingungen des Grundtones vollführt, macht in der Sekunde ungefähr 1300 ganze Schwingungen. Es geschieht folglich in den Knotenpunkten des Stabes in 73659 Sekunde der Übergang von der gröfsten Verdiehtung zu der gröfsten Verdünnung. | Der Vrf. hat nun in der That gefunden, dafs, wenn nur das Eisen hinreichend weich ist, auch in diesem Falle, trotz der Kleinheit der Elongationen und trotz der Schnelligkeit der Schwingungen mit den periodischen Dichtigkeitswechseln sehr merkliche Oscillationen des magnetischen Momentes verbunden sind. r Eine Änderung des Magnetismus wird am leichtesten durch | die von ihr erzeugten Inductionsströme nachgewiesen. Wenn aber hinter einander gleiche und entgegengesetzte Änderungen des Magnetismus Statt finden, so werden alternirende Induc- tionsströme erzeugt, welche mit gewöhnlichen Galvanometern nicht wahrgenommen werden können. Solche alternirende Ströme können indefs nach W. Weber durch das Electro- dynamometer nachgewiesen werden, welches gegen die Rich- tung der Ströme, die dasselbe durchfliefsen, indifferent ist. W. Weber') hat bereits das genannte, von ihm erfundene In- strument benutzt, um die alternirenden Inductionsströme nach- zuweisen, welche durch die periodischen Bewegungen der freien Enden eines transversaltönenden magnetischen Stahl- stabes in einer Inductionsspirale erzeugt werden. Ich habe mich desselben Instrumentes bedient, um die Inductionsströme nachzuweisen, welche durch die periodischen Änderungen des magnetischen Momentes im Knotenpunkte eines longitudinal tönenden, von einer Magnetisirungsspirale umgebenen Eisen- ‚drathes in einer Inductionsspirale erzeugt werden. !) Electrodyn. Maafsbest. I. $. 16. vom 2. December 1869. 859 Ein 1890"® langer Eisendrath von der käuflichen Sorte ward in der Mitte fest eingeklemmt, so dafs derselbe, mit einem harzigen Lederlappen angerieben, den longitudinalen Grundton von etwa 1300 Schwingungen in der Sekunde erklingen liefs, bei welchem sich in der Mitte ein Knoten bildet. Die eine Hälfte des Drathes war fast ganz von einer Magnetisirungs- spirale umgeben, auf der andern Hälfte befand sich am Knoten eine kurze Inductionsspirale aus feinem Kupferdrath, während der Rest dieser Hälfte frei blieb, um däs Anreiben des Drathes zu gestatten. Die kurze Inductionsspirale ward in den Schlies- sungskreis eines Spiegeldynamometers eingeschaltet, und die Bewegungen .des Spiegels mittels Skale und Fernrohr beob- achtet. Der magnetisirende Strom ward durch 2 Bunsen’sche Elemente geliefert. Als der Stab anhaltend kräftig angerieben ward, erhielt man am Dynamometer einen Ausschlag von 30 — 50 Skalentheilen. Wenn die Inductionsspirale auf das freie Ende des Drathes geschoben ward, welches auf Seiten der Magnetisirungsspirale lag und von dieser noch frei ge- lassen ward, so erhielt man gar keinen Ausschlag am Dynamo- meter. Es ist daraus zu schliefsen, dafs die Inductionsströme in dem ersten Fall nicht durch das Hin- und Hergleiten der magnetischen Eisentheilchen erzeugt wurden, welches Hin- und Hergleiten an der Mitte, nämlich am Knoten, in geringster Stärke, an den freien Enden, den Bäuchen, hingegen in gröfs- ter Stärke stattfindet, sondern durch Änderungen des Magnetis- mus durch die abwechselnden Verdichtungen :und Verdünnun- gen, welche an den Knoten am gröfsten, in den freien Enden hingegen Null sind. Als das Dynamometer durch ein Galvanometer ersetzt ward, zeigte die Nadel des letzteren beim Tönen des Drathes keinen Ausschlag, sondern nur unregelmäfsige Bewegungen. Diese rührten von den mit dem Anreiben unvermeidlich ver- bundenen Schwankungen ‘des magnetischen Eisendrathes her; denn jene Wirkungen fanden in gleicher Weise Statt, wenn solche Schwankungen des Drathes ohne Ton hervorgebracht wurden. Es ist daraus zu schliefsen, dafs die Wirkung auf das Dynamometer abwechselnd entgegengesetzt gerichteten In- ductionsströmen von gleicher Stärke zuzuschreiben ist, welche 860 . . Gesammtsitzung ; i ” abwechselnd entgegengesetzte, gleiche Änderungen des Magne- tismus anzeigen. L Von andern käuflichen Eisendräthen ähnlicher Dimen- sionen, wie die des bisher benutzten Drathes, zeigten zwei beim Tönen. die beschriebenen Erscheinungen gar nicht; einer dieselben äufserst schwach. Diese Eisendräthe wurden nun in der Mitte, wo sich beim Grundton ein Knoten bildet, ausge- glüht und der Versuch wiederholt. Es zeigten jetzt alle 3 Eisen- dräthe die in Rede stehenden Erscheinungen und zwar zwei dieselben so stark, dafs ein Ausschlag von 2—300 Skalentheilen am Dynamometer erhalten ward; der zu den ersten Versuchen benutzte Eisendrath gab, im Knoten ebenfalls ausgeglüht, bei anhaltendem kräftigen Anreiben einen Ausschlag von 5— 600 Skalentheilen. Ein Stahldrath hingegen zeigte auch nach star- kem Ausglühen die erwähnten Erscheinungen nicht. Ent- sprechend diesen Resultaten giebt schon Matteucci an, dafs das magnetische Moment weicher Eisendräthe durch das Ziehen stärker verändert wird, als das der harten. Zur Beurtheilung der Stärke des erhaltenen Effects diene die Angabe, dafs beispielsweise in einem Versuch beim Öffnen der Magnetisirungsspirale, also durch das Versehwinden bei- nahe des ganzen Magnetismus des Eisens, in der Inductions- spirale ein Strom indueirt ward, der nur einen Ausschlag von 3 Skalentheilen am Dynamometer hervorbrachte, während die Wirkung der durch anhaltendes Tönen in der Inductionsspirale erhaltenen Ströme sich so weit im Dynamometer summirte, dafs die Bifilarrolle um einen 460 Skalentheilen entsprechenden Bogen ausschlug. Eine Verstärkung des Magnetismus der weichen Dräthe, sei es durch Vermehrung der stromerzeugenden Elemente, sei es durch Anwendung mehrerer Magnetisirungsspiralen, gab durch- aus keine entsprechende Verstärkung der magnetischen Oseil- lationen beim Tönen. Entsprechend hatte in Villari’s Ver- suchen eine Verstärkung des magnetisirenden Stromes nicht immer und nur bei gewissen Dimensionen der Dräthe eine stärkere Änderung des magnetischen Momentes durch das Ziehen zur Folge. | Als anstatt zweier Elemente nur eines angewandt wurde, vom 2. December 1869. 861 erhielt man schwächere Wirkungen; aber selbst als der mag- netisirende Strom geöffnet ward, genügte der remanente Mag- netismus des weichen Drathes, um, wenn der Stab zum Tönen gebracht wurde, einen Ausschlag von 50—60 Skalentheilen am Dynamometer hervorzubringen. Bedeutend schwächere Oscillationen des magnetischen Mo- mentes wurden in einem Knoten des ersten Obertones des Stabes von 2600 Schwingungen p. Sek. vom Dynamometer an- gezeigt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Memoirs of the Literary and Philosophical Society of Manchester. Third series. Vol. 3. Manchester 1868. 8. Proceedings. Vol. 5. 6. 7. ib. 1866—1868. 8. Rendieonti dell’ Istituto lombardo. Vol. U. Milano 1869. 8. Memoires de la societe des sciences physiques. Tome VII. Bordeaux 1867. 8. Memoires de physique de Geneve. XX, 1. Geneve 1869. 4. Giornale di scienze naturali. V, 1.2. Palermo 1869. 4. John Tebbutt, Meteorological Observations. Sydney 1868. 8. Verslagen en Mededelingen der Kgl. Akademie van Wetenschappen. Tweede Reeks. Deel III. Amsterdam 1868. 8. Verhandelingen .... Afdeling Letterkunde. Deel IV. ib. 1869. 4. “Publications de Poulkova publiees par OÖ. Struve. Vol. 1.2. Peters- bourg 1869. 4. | Bijdragen tot de Dierkunde. Aflering IX. Leiden 1869. 4. 6. December. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. Rie[s trug den folgenden Aufsatz vor: Vergleichung des Elektrophors mit der Elektrisir- maschine und Elektrophormaschine. Bei Einführung der Elektrophormaschine und auch später ist das theoretische Prineip des Elektrophors besonders hervor- gehoben worden gegenüber dem Principe, das der Elektrisir- maschine zu Grunde liegen soll. Habe ich auch lange zuvor 862 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse bestimmt darauf hingewiesen, dafs beide Appärate Ein und das- selbe Princip benutzen (Elektr.-Lehre 1. 247), so scheint es mir doch an der Zeit, Dies weiter zu begründen, zur Beseitigung einer Unklarheit, welche durch die Vorstellung hervorgerufen worden, dafs die an der Elektrisirmaschine benutzte Elektrieität direkt durch Reibung erzeugt wird. Die zu Versuchen nöthigen gröfseren Elektrieitätsmengen werden nur selten unmittelbar durch Reibung gewonnen. So an der Dampf-Elektrisirmaschine, wenn die Elektricität des Kes- sels benutzt wird. Ein hohler Metallkörper, der Kessel, ist mit einer hölzernen Ausflufsröhre versehen. Der feuchte Wasser- dampf reibt die Röhre, macht sie negativ elektrisch, und diese Elektrieität pflanzt sich zum Kessel fort und sammelt sich dort zur Benutzung an. Oder wenn man an der Elektrisirmaschine die Elektrieität des Reibzeugs gebraucht. Es ist ein Metall- körper (der Conduktor), der in weiche Platten endigt (die Reib- kissen). Diese Platten werden, von der rotirenden Glasscheibe gerieben, elektrisch und ihre Elektrieität geht zum Conduktor. In allen andern, den bei Weitem häufigsten Fällen, ist eine solche unmittelbare Benutzung der durch Reibung hervorge rufenen Elektricität nicht vorhanden. Bei dem gewöhnlichen Gebrauche der Elektrisirmaschine dient die Reibung dazu, einen eigenthümlich construirten Elektro- phor in Gang zu setzen auf eben die Weise, wie es bei dem einfachen Elektrophore geschieht. Die geriebenen Flächen bilden an beiden Apparaten die Elektrophorkuchen; der Schild ist an dem gewöhnlichen Elektrophor eine Metallplatte, an der Elektrisir- maschine ein gewölbter Metallkörper, der in der Nähe des Kuchens mit einem Metallkamme endigt. Diese verschiedene Form des Schildes war durch den Gebrauch bedingt, von den beiden Influenz-Elektricitäten am Elektrophore nur die der erre- genden ungleichnamige, an der Elektrisirmaschine die gleich- namige Elektrieität zu benutzen. Es mulste defshalb am Elektro- phore die gleichnamige, an der Elektrisirmaschine die ungleich- namige Elektricität fortgeschafft werden, und Dies wird auf die einfachste Weise geleistet, indem der Elektrophorschild ableitend berührt wird, der Metallkamm der Elektrisirmaschine die un- gleichnamige Elektricität ausströmen lälst. Diese Ausströmung vom 6. December 1869. 863 geschieht gegen die geriebene Glasfläche und neutralisirt ihre Elektricität, ein zusammengesetzter Vorgang, der mit dem kur- zen Ausdrucke bezeichnet wird, der Metallkamm nehme die Elektricität der Glasfläche auf, oder er sauge sie ein. Diese sogenannte Aufnahme oder Einsaugung gibt die einfachste Ein- richtung der Elektrisirmaschine, aber wesentlich gehört sie nicht zur Theorie der Maschine, ebensowenig als die Benutzung nur der ungleichnamigen Elektrieität zum Wesen des Elektrophors gehört. Ein Elektrophor, an dem man beide Influenz -Elektri- eitäten benutzt, und eine Elektrisirmaschine, an der die soge- nannte Einsaugung von Elektrieität vermieden ist, wie sie neuer- dings mehrfach construirt wurden, sind bei aller Verschiedenheit ihrer Einrichtung und ihres Aussehns theoretisch dasselbe Instrument. Das Princip, das diesem Instrumente zu Grunde liegt, wird dadurch nicht modificirt, dafs an dem einen Apparate gewöhnlich nur die eine, an dem andern die andere Influenz- Elektrieität benutzt wird, aber in praktischer Beziehung entsteht dadurch eine wichtige Verschiedenheit. Weil ‘die gleichnamige Influenz-Elektrieität fortgeschafft wird ohne Änderung der Elek- trieität des erregenden Kuchens, so bleibt die Art unberücksich- tigt, auf welche der Kuchen elektrisch gemacht worden ist. Niemand denkt bei dem Gebrauche eines Elektrophors an die Reibung, durch die er vor Monaten den Harzkuchen elektrisirt hat. Die leichteste Art hingegen der Fortschaffung der ungleich- namigen Influenz-Elektrieität zieht die Zerstörung der Elektri- eität des erregenden Kuchens nach sich, der Kuchen mufs andauernd aufs Neue elektrisirt werden, und deshalb wird bei dem Gebrauche der Elektrisirmaschine die Aufmerksamkeit auf die Reibung gelenkt, durch welche diese Elektrisirung ausge- führt wird. | Der erste Versuch am Elektrophor und an der Elektrisir- maschine ist völlig identisch; er verlangt die Elektrisirung einer isolirenden Platte und die Annäherung derselben an einen Metallkörper. Erst der zweite Versuch ist verschieden, weil der Kuchen am Elektrophor elektrisch geblieben ist, nicht der an der Elektrisirmaschine. Je öfter dieser zweite Versuch in gegebener Zeit wiederholt wird, desto ergiebiger an Elektricität erscheint der Apparat, und dabei zeigt es sich freilich, dafs die 864 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse schnelle Wiederholung des Versuchs an dem einen Apparate mechanisch weniger Schwierigkeit macht, als an dem andern. Der Elektrophor verlangt nur die Ortsveränderung einer Platte, die Elektrisirmaschine Ortsveränderung und dabei Elektrisirung 4 ; d f “ I | der Platte durch Reibung. Der ersten Bewegung ist daher leichter eine grofse Geschwindigkeit zu geben, als der zweiten; doch ist sie auch bei dieser, wie die folgenden Anführungen lehren, erreicht, dann aber aufgegeben worden. Bei der Einführung der Elektrisirmaschine, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, wurde der dazu gebrauchte Glas- körper (Kugel oder Cylinder) nur an Einer Fläche gerieben und man vollzog die Reibung gegen das Kissen durch Rolle, Schnur und Rad oder ein Räderwerk, um in der Zeiteinheit eine grölsere Fläche dem Einsauger vorbeizuführen. Ingen- housz, der um 1764 die Scheibenmaschine einführte, hat dabei die schnelle Drehung beibehalten. Er spricht zwar nicht von der Art des Drehens, hat sie aber durch den Ausdruck whirl round, den er überall dafür gebraucht, deutlich genug bezeich- net, und berichtet von einer Maschine mit zwei Scheiben von 18 Zoll Durchmesser, dafs sie eine leydener Flasche von zwei Quart Inhalt in weniger als 5 Sekunden vollgeladen habe, ') was nur bei einer schnellen Drehung ausführbar ist. Auch Ramsden scheint zuerst an seinen Maschinen die Drehung mit Schnur und Rad gebraucht zu haben, da Ingenhousz diese Maschinen ohne Bemerkung erwähnt. Erst Cavallo?) be- schreibt 1777 die Scheibenmaschine, wie sie von Adams iu London verfertigt wurde, mit einfacher Kurbelbewegung und Cuthbertson?) gibt 1782 die Construktion zweier Maschinen mit gleicher Bewegung an. Ebenso gebrauchte derselbe 1785 die einfache Axenbewegung bei der grofsen Maschine des Tey- ler’schen Museums (zwei Scheiben von 65 engl. Zoll Durch- messer), die er unter van Marum’s Leitung verfertigte*), und v. Marum selbst benutzte sie 1791°) an der kleinen Maschine 1) Phil. transact. 1779 abridg. by Hutton etc.“ 14. 598. 2) Treatise on el 1777. Deutsch* 1779. S. 109. | 3) Eigenschappen van d. elect. 1782. Deutsch* 1786. S. 14.. 4) v. Marum descript. d’une grande machine.” Haarlem 1785. 5) Seconde continuation.“ p. 292. vom 6. December 1869. 865 (Scheiben-Durchm. 32 Zoll), die bis auf den heutigen Tag häufig ausgeführt worden ist. Die schnelle Axenbewegung mit Schnur und Rad ist bei der Scheibenmaschine aufser Gebrauch gekom- men, wahrscheinlich um die kostbare Scheibe nicht zu gefähr- den und in Erwägung, dafs auch bei der direkten Bewegung durch die Hand, die in bestimmter Zeit wirkende Scheibenfläche durch Gröfse der Scheibe und Anbringung vou zwei Reibzeugen und Einsaugern hinlänglich grofs erhalten werden kann. Eine Elektrisirmaschine mit 30zölliger Scheibe, zwei Reibzeugen und Einsaugern von 8 Zoll Länge ist bei einfacher Kurbelbewegung zu den nöthigen Versuchen der Elektricitätslehre völlig aus- reichend. | Um eine gröfsere Wirksamkeit zu erhalten, ist man öfter zu der beschleunigten Axendrehung durch Schnur und Rad zu- rückgekehrt. So construirte 1780 Graf von Brilhaec eine Maschine mit zwei Scheiben von 30 Zoll Durchmesser, deren Axen Rollen von 8 Zoll Durchmesser trugen, die durch ein 2 Fuls breites Rad mit Schnurlauf umgetrieben wurden. Nach 60 bis 70 Umdrehungen des Rades war eine grofse Batterie so stark geladen, dafs ihre Entladung ein Schwein oder einen Hammel tödtete..') Gerard und van Mons berichten von einer sehr wirksamen Maschine, *) die nur eine kleine Scheibe besafs und mit Schnur und Schwungrad in Bewegung gesetzt wurde. Cuthbertson und Singer luden 1811 durch eine 24zöllige Scheibe eine Batterie von 17 Quadratfuls Belegung zu einem beträchtlichen Grade durch 19 Kurbelumdrehungen, welche die Scheibe 76mal um ihre Axe drehten.°) Die Beobach- ter glaubten, die Wirksamkeit der Maschine noch darüber hinaus steigern zu können, aber die mechanische Schwierigkeit, eine Glasscheibe schnell und sicher zu drehen, während ihre beiden Flächen bis nahe zum Rande von Lederkissen geprefst werden, hat die Anwendung dieses Mittels in der Folge verhindert. Am Elektrophor,.wenn er drehbar eingerichtet worden, ist diese Schwierigkeit nicht vorhanden, weil eine Scheibe frei 1) Rozier observ. s.1. phys.1780. d’Inarre. Von derEl.* 1784. 8.34. 2) v. Mons journ. d. phys. 1802. Gilbert Annalen.“ 24. 310. 3) Nicholson journ. of nat. phil. 1811. Gilbert Annal.* 39. 252. 866 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse um ihre Axe rotirt, und daher auch für kleine Scheiben die nöthige Geschwindigkeit leicht zu erreichen ist. Dies ist der Hauptvorzug des Elektrophors vor der Elektrisirmaschine, der also nicht in einem bessern theoretischen Principe, sondern in dem Fortfallen einer mechanischen Schwierigkeit besteht. Am dreh- baren Elektrophore rotirt entweder der Schild oder der Kuchen. Am einfachsten ist der erste Fall. Eine Glasscheibe rotirt nahe über dem elektrisirten Kuchen, der einem Segmente der Scheibe an Gröfse gleich und ihm parallel nahe gelegt ist. Entweder ist das Segment der Scheibe metallisch belegt, und dann wird es von einem ersten ruhenden Conduktor berührt, während es den Kuchen deckt, und von einem zweiten Conduktor, während es vom Kuchen am weitesten entfernt ist. Oder die Scheibe ist nicht belegt, und dann ist dem Kuchen gegenüber an der von ihm abgewandten Scheibenfläche ein Metallkamm mit Stiel festgelegt und ein zweiter Metallkamm dem ersten diametral gegenüberliegend.. Wie man sieht, können hier beide Influenz- Elektrieitäten benutzt werden, die der erregenden Electricität gleichnamige an dem ihr nächsten, die ungleichnamige am ent- fernten Metallkamm oder Conduktor, was indefs nur in seltenen Fällen einer wissenschaftlichen Untersuchung Vortheil gewährt. Der häufigste Gebrauch, den man von Elektrieitätsquellen macht, verlangt nur den unmittelbaren Zuflufs Einer Elektrieitätsart. Ergiebiger wird der Apparat dadurch, dafs man einen zweiten Kuchen dem freistehenden Conduktor oder Metallkamm gegenüber anbringt und die beiden Kuchen mit den entgegen- gesetzten Elektricitäten versieht. Dies ist der drehbare Doppel- Elektrophor, an dem jeder Conduktor oder Metallkamm zwei Portionen Elektrieität erhält, die gleichnamige Influenz-Elektri- eität des nächsten, die ungleichnamige des entfernten Kuchens, welche beide derselben Art sind. Der Mangel des Doppel- Elektrophors besteht darin, dafs er nur so lange wirkt, als seine sich selbst überlassenen Kuchen elektrisch bleiben, also nur kurze Zeit, nach welcher jene aufs Neue elektrisirt werden “ müssen. Kundt'!) hat deshalb an der einen Fläche einer rotirenden Glasscheibe zwei diametral gestellte Metallkämme, 1) Poggend. Annalen.* 135. 484, vom 6. December 1869. ‘ | 867 an: der andern, einem Kamme gegenüber, ein isolirtes, mit Amalgam bekleidetes Lederkissen angebracht, das die Glas- scheibe bei ihrer Rotation reibt. Dies Kissen bildet den negativ elektrischen, die geriebene Glasscheibe den positiv elektrischen Kuchen des Doppel-Elektrophors und beide Kuchen bleiben elektrisch, so lange die Scheibe rotirt. Am vollkommensten leistet die dauernde Elektrisirung eines Elektrophorkuchens die Elektrophormaschine. Während die Influenz bei dem Elektrophor und der Elektrisirmaschine nur Einem Zwecke dient, zur Beschaffung der verwendbaren Elektrieität, wird sie bei der Elektrophormaschine auch dazu benutzt, den erregenden Kuchen stärker zu elektrisiren und in einem constanten Zustande zu erhalten. Schon im vorigen Jahr- hundert ist eine solche Maschine construirt worden. Nicholson befestigte 1788 zwei Metallscheiben von 2 Zoll Durchmesser isolirt in einer Ebene und liefs vor ihnen eine gleiche dritte Scheibe rotiren, die bei jedem Umlaufe jeder der ruhenden Scheiben in kleiner Entfernung parallel gegenübertrat.') Im Augenblicke, wo die rotirende Scheibe einer bestimmten ruhen- den Scheibe gegenübersteht, sind (durch an der Drehungsaxe befestigte Drähte) die beiden ruhenden Scheiben metallisch mit einander verbunden. War also die rotirende Scheibe elektrisch, so ist sie der Kuchen eines Elektrophors, dessen Schild von den beiden ruhenden Scheiben gebildet wird: die nächste Scheibe erhält die mit der erregenden Elektrieität ungleichnamige, die ent- fernte gleichnamige Influenz-Blektricität. Bei weiterer Drehung werden die ruhenden Scheiben von einander isolirt, und durch eine zweite und dritte zeitweilige Drahtverbindung wird die gleichnamige Elektricität der zweiten Scheibe zuerst zu einer Metallkugel, dann zu der rotirenden Scheibe übergeleitet. Diese Scheibe tritt also stärker elektrisch als zuvor der ersten ruhenden Scheibe gegenüber und das Spiel des Apparats beginnt von Neuem. Nach wenigen Umdrehungen hat auch bei schwächster vorläufiger Elektrisirung der rotirenden Scheibe ihre Rlektricität so zugenommen, dafs sie sich durch einen Funken mit der ' Elektrieität der ersten ruhenden Scheibe ausgleicht. Die nach 1!) Phil. transact. 1788 abridged.“ 16. 505. 868 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse dem Funken in der rotirenden Scheibe zurückgebliebene Elektri- eität reicht hin, die Maschine in Gang zu erhalten. Wir haben also einen einfachen Elektrophor, an dem beide Influenz-Elektri- citäten verwendet werden, dessen rotirender Kuchen, wie der eine Theil des ruhenden Schildes, durch das Spiel des Apparates stärker und stärker bis zu einem Maximum elektrisirt wird. Diese Verstärkung ist so grols, dafs Nicholson vom Apparate Funken erhielt, ohne absichtlich eine Scheibe elektrisirt zu haben, weil die von früheren Versuchen rückständige Elektricität genügte, den Apparat in Gang zu setzen.') Daher die selt- same Überschrift seiner Abhandlung: Beschreibung eines Instru- ments, das durch Drehung einer Kurbel beide Elektrieitäten hervorbringt ohne Reibung oder Verbindung mit der Erde. Als Elektrieitätsquelle ist der Apparat, der sich dazu in dieser Form wenig eignet, nicht gebraucht worden, wohl aber als Multiplicator, um geringe Elektrieitätsmengen 'bemerklich zu machen. Volta hat denselben unter dem Namen dupkcatore a molinello di Nicholson gerühmt und häufig benutzt. °) Einfacher als an dem Kuchen Eines Elektrophors ist die dauernde Elektrisirung auszuführen an den beiden Kuchen zweier Elektrophore, was von Belli °) in folgender Weise geschehen ist. Jeder Kuchen der beiden Elektrophore besteht aus einer isolirten vertikalen Metallplatte von 5 Zoll Höhe und etwas gröfserer Breite, die in der Mitte vertikal umgebogen ist zu einer Tasche, deren Wände am Ende 14 Zoll von einander stehen. Die beiden Kuchen sind einander gegenübergestellt, so dafs die Enden eines Glasstabes, der winkelrecht an eine horizontale Axe befestigt, um diese durch eine Kurbel gedreht wird, in den innern Raum der Kuchen zugleich eintreten und 1) Auch Töpler fand neuerdings bei einem Apparate, der aus 2 um dieselbe Axe drehbaren Elektrophoren bestand, dafs er wirkte, ohne vorläufig elektrisirt zu werden. Nach wochenlanger Ruhe war dazu eine 4 bis 5 Minuten währende Drehung nöthig. Ein ähnlicher Apparat kam “nach tagelanger Ruhe in wenigen Sekunden zu voller Thätigkeit. Pog- gend. Annalen 125. 479 u. Bd. 127. 196. 2) Collezione dell’ opere di Volta” IL,. 47. 3) Belli corso di fisica sperimentale. Milano 1838.* 3. 395. vom 6. December 1869. 869 ihn zugleich verlassen. An jedem Ende des Glasstabes ist eine 15 Zoll breite Metallscheibe befestigt. Wenn diese Schei- ben sich in der Mitte der Kuchen befinden, berühren beide die Contactfedern eines isolirten Metallstabes, sind also mit einan- der verbunden und bilden den Schild beider Elektrophore. Es sei der eine Kuchen elektrisirt, die in ihm befindliche Metall- scheibe erhält die ungleichnamige, die entfernte Scheibe die gleichnamige Influenz-Elektrieität. Bei Drehung der Kurbel tritt jede Scheibe elektrisirt aus ihrem Kuchen, und wenn sie in den gegenüberstehenden Kuchen ganz eingetreten ist, berührt sie eine an diesem Kuchen befestigte Contactfeder und gibt ihm ihre ganze Elektrieität ab, mit welcher er auf die bis zur Mitte vorgerückte Scheibe wirkt. So wird in kurzer Zeit die ursprünglich dem einen Kuchen mitgetheilte Elektrieität in hohem Grade verinehrt, Elektricität entgegengesetzter Art im zweiten Kuchen zu gleichem Grade angehäuft, und beide können zu Versuchen benutzt werden. Der Apparat wirkt als Doppel- Elektrophor mit rotirendem Schilde, an dem aber nur die von jedem Kuchen erregte ungleichnamige Elektricität gebraucht wird, da die beiden gleichnamigen Elektricitäten sich im Metall- stabe ausgleichen. Belli bestimmte den Apparat nur zum Mul- tiplicator und gab ihm, um als Elektricitätsquelle zu dienen, 1) die folgende Einrichtung und den Namen macchina ad attuazione (Influenz -Maschine). Eine durch Rolle und Rad um eine vertikale Axe schnell gedrehte horizontale Glasscheibe, auf der drei gleiche Sektoren mit Stanniol belegt sind, bildet den Schild des Apparats. Die Scheibe rotirt in einem niedrigen Kasten, der vertikal in zwei von einander isolirte Hälften getheilt ist. Jede Hälfte ist aus doppelten, durch eine dicke Harzschicht von einander getrennten Eisenplatten zusammengesetzt und trägt einen vertikalen Con- duktor, der, isolirt in das Innere des Kastens tretend, daselbst mit einem Pinsel aus Stahlfäden endigt, der auf den Stanniol- Sektoren schleif. Die inneren Eisenplatten der Hälften des Kastens bilden die beiden Elektrophorkuchen der Maschine und 1) Annali delle scienze del regno lomb-venet 1831. Corso di fisica,* 3, 436, [1869.) 62 870 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse haben Metallfortsätze nach aufsen. Man beginnt damit, einen Kuchen zu elektrisiren, z. B. durch ein an den Kuchenfortsatz angelegtes Silberstück, leitet den Conduktor dieser Hälfte zur Erde ab und verbindet den zweiten Conduktor mit dem dazu gehörigen Kuchen, der durch Drehung der Glasscheibe in kurzer E Zeit elektrisirt wird. Dann ladet man bei verwechselten Ver- R bindungen den ersten Kuchen zu gleicher Stärke, fährt so fort, bis beide Kuchen hinlänglich stark elektrisch sind, läfst dann j beide Kuchen isolirt, und verwendet die von den gleichfalls j isolirten Conduktoren aufgenommene El. zu Versuchen. Die Maschine liefert nach Belli’s Angabe in sehr kurzer (brevis- simo) Zeit eine sehr grofse (grandissima) Elektrieitätsmenge. Dies ist erklärlich, da jeder Conduktor zwei Portionen Elektri- eität liefert: die daselbst erregte gleichnamige und die vom entfernten Kuchen erregte ungleichnamige Influenz -Elektricität. Diese Elektrophormaschine mufs, wie beschrieben worden, zur Elektrisirung ihrer Kuchen benutzt werden, ehe sie zu Versuchen dient, ihr Gebrauch verlangt zwei verschiedene An- ordnungen der Maschine. Ist auch dafür gesorgt, dafs die Kuchen ihre Elektrieität nicht allzu schnell verlieren — jene bilden, wie die Beschreibung gezeigt hat, die inneren Belegun- gen zweier Franklin’schen Tafeln — so wird doch bei län- gerem Gebrauche der Maschine die veränderte Anordnung zur Elektrisirung der Kuchen nöthig sein, und Dies ist wol der Grund, dafs die sinnreiche Maschine völlig unbeachtet geblie- ben ist. Vor wenigen Jahren hat Töpler eine Elektrophormaschine erfunden, 1) die ebenfalls auf der einfachen Influenz beruht, aber vor der eben beschriebenen den Vorzug hat, dafs die Kuchen ohne Aenderung der Einrichtung, während des Gebrauchs fortdauernd elektrisirt werden. Die Maschine benutzt mehre drehbare Scheiben. Holtz hat zuerst bei den Elektrophormaschinen die Doppel- Influenz benutzt, indem er die Kuchen auf Metallkämme wirken liefs, die von den Kuchen durch eine rotirende Glasscheibe !) Eine kurze Beschreibung dieser und der folgenden Maschine in den Monatsberichten 1867 S. 195 flgd. und Poggend. Annal. 131. 228. vom 6. December 1869. 871 Setrennt sind, und die Kuchen, die aus Papier bestehen, mit einer an die rotirende Scheibe tretenden Cartonspitze versah. Dadurch wird die Construktion der Maschine, einfacher, als die der vorher genannten und man behält, unbeschadet der dauern- den Elektrisirung der Kuchen, die volle, in kürzester Zeit wie- derholte Wirkung zweier Elektrophore zur Verfügung. Diese Blektrophormaschine hat eine grofse Verbreitung erlangt und bezeichnet einen bedeutenden Fortschritt der elektrischen Ap- parate. Die erste von Holtz construirte Maschine mit Einer drehbaren Scheibe leistet so gute Dienste bei Ladung einer - Batterie, dafs sie, wie ich glaube, ihren Platz in den Samm- lungen elektrischer Apparate behaupten wird, ohne indefs die zu anderen Zwecken nützlichen Apparate, den Elektrophor und die Elektrisirmaschine, zu verdrängen. Das Wesentliche der vorangehenden Vergleichung läfst sich kurz so zusammenfassen. Alle drei betrachteten Apparate sind auf dasselbe theoretische Princip gegründet: die Elektri- sirung eines Körpers durch Influenz einer elektrischen Platte, des Kuchens. Der Elektrophor ist gewöhnlich so eingerichtet, dafs nur die der Elektricität des Kuchens ungleichnamige, die Elektrisirmaschine so, dafs nur die gleichnamige Influenz- Elektrieität benutzt wird. Gibt man dem Elektrophor und der Elektrisirmaschine eine solche Einrichtung, dafs an jedem Ap- parate beide Influenz-Elektrieitäten verwendbar sind, so werden sie zwar, theoretisch betrachtet, völlig identisch, unterscheiden sich jedoch in Rücksicht auf die Leichtigkeit ihrer Anwendung. Der Elektrophor ist schnellbeweglich, erlaubt darum die häufige Wiederholung seines Gebrauchs in gegebener Zeit, und ist leicht doppeltwirkend zu erhalten; dagegen bleibt die Elek- trieität seines Kuchens nicht constant und mufs häufig aufs Neue erregt werden. An der Elektrisirmaschine bleibt die Elektrieität des Kuchens constant, aber die Maschine wird sehr complieirt, wenn sie schnellbeweglich und mit doppelter Wirkung hergestellt werden soll. Die Elektrophormaschine, die gleichfalls beide Influenz-Elektricitäten zur Verwendung _ liefert, vereinigt die bezeichneten Vorzüge beider Apparate: sie ist schnellbeweglich, doppelt wirkend und nach vorläufiger Elektrisirung Eines Kuchens werden ihre beiden Kuchen fort- 62° 872 Gesammtsitzung in einem constanten Zustande erhalten. Dagegen freilich hat sie Mängel, welche den vorher genannten Apparaten fehlen: grofse Empfindlichkeit für den Zustand der sie umgebenden Luft und Wandelbarkeit der Elektrieitätsart ihrer Elektroden. 9. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schott las eine Fortsetzung seiner altajischen (tura- nischen) Studien. Hierauf legte Hr. du Bois-Reymond eine Mittheilung des Hrn. Dr. Oscar Liebreich vor, über das Strychnin als Antidot bei Chloralvergiftung. Bei Anwendung des Chloralhydrates sah ich einen bereits 8 Tage bestehenden Kinnbackenkrampf rheumatischer Ursache innerhalb 5 Minuten, bevor die Schlafwirkung eintrat, sehwin- den. Diese Beobachtung führte naturgemäfs zu dem Versuch, das Chloralhydrat als Antidot bei Strychninvergiftung zu be- nutzen. Es tritt jedoch die Chloralwirkung nicht so schnell ein, um Thiere, die tödtliche Dosen Strychnin erhalten haben, vom Tode zu retten. Nur wenn man unmittelbar nach der Einführung des Strychnin’s das Chloral verabreicht, gelingt es, die Anfälle zu mildern. Umgekehrt ist die Wirkung des Strychnin’s bei Thieren, die mit Chloral vergiftet sind, höchst bemerkenswerth. Von den vielfach modificirten Versuchen sind folgende charakteristisch. 1) Ein Kaninchen erhält 2,0 Grmm. Chloralhydrat subeu- . tan, d. h. eine tödtliche Dose. 2) Ein zweites Kaninchen erhält ebenfalls 2,0 Grmm. Chloralhydrat. | 3) Ein drittes Kaninchen erhält 0,0015 Grmm. Strych- niumnitricum subcutan injicirt. vom 9. December 1869. 873 Bereits nach 7 Minuten beginnt ein heftiger Tetanus. Die Anfälle wiederholen sich schnell auf einander. Dies Thier stirbt in wenigen Minuten. Die ersten beiden Thiere sind eine halbe Stunde nach der Verabreichung in der tiefsten Narcose. Die Muskelerschlaffung ist so grofs, dafs die Thiere beim Aufheben sich wie Cadaver verhalten. Die Respiration wird langsamer. Die Cornea rea- girt auf Reize ganz schwach. Dem zweiten Kaninchen wird eine Dose von 0,0015 Grmm. Strychn. nitric. subcutan injieirt. Schon 10 Minuten später be- ginnt die Respiration lebhafter zu werden. Auf Reize beginnt das Thier ohne Krampf zu reagiren. Der Muskeltonus beginnt, beim Abziehen der Pfoten zieht das Thier dieselben wieder an sich. Schon nach Verlauf von 2 Stunden sitzt das Thier aufrecht, nach 4 Stunden ist dasselbe wieder vollständig in seinem normalen Zustand, ohne dafs Tetanus und Trismus auf- getreten wäre. Nur während des Schlafes liefs sich nach hef- tigem Reizen eine leichte Zuckung auslösen. Das erste Thier war bereits 24 Stunden nach Verabfol- gung des Chloralhydrates todt. - Es geht aus diesen Versuchen hervor, dafs das Strychnin, während der tiefsten Chloral-Narkose angewandt, die tödtliche Wirkung des Chloralhydrats aufhebt, den Schlaf um Bedeutendes verkürzt ohne selbst schädlich zu wirken. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Sitzungsbericht der Wiener Akademie, phül.-hist. Klasse. 60. Bd. Heft 1. 2.3. — 61. Bd. Heft 1. Math.-naturw. Kl. 1868. I. Abth. Nr. 6—10, H. Abth. Nr. 7—10. 1869. I. Abth. Nr. 1—2, I. Abth. Nr. 1—3. Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. 40.Bd. 2.Heft. Wien 1869. 8. Fontes rerum austriacarum. Bd. 29. Abth. I. Wien 1869. 8. Tschermak, Porphyrgesteine. Wien 1869. 8. Urkundenbuch des Landes ob der Enns. 5. Bd. Linz 1869. 8. Bulletin de la societe des naturalistes de Moscou. Moscou 1869. 8. Bulletin de la societe des sciences naturelles de Neuchatel. VIIL, 2. Neuchatel 1869. 8. z sich Dr. 874 \Gesammtsitzung Memorie‘ dell’ Istituto lombardo. XI, 2. Milano 1869. 4. Rendiconti dell‘ Istituto lombardo. II, 11—16. Milano 1869. 8. Boncompagni, Intorno all’ opera d’ Albiruni sul!’ India nota. _ (Estratto.) Roma 1869.: 4. | 16.December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Hagen las über Bewegung des Wassers in eylindri- schen nahe horizontalen Röhren. ‚Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über mexica- nische Amphibien, welche Hr. Berkenbusch in BPue- bla auf Veranlassung des Hrn. Legationsraths von Schlözer dem‘ zoologischen Museum zugesandt hat. Hr. Berkenbusch hat dem zoologischen Museum eine Sammlung von drei Säugethieren, von Amphibien, Mollusken, Insecten, Myriopoden und Krebsen in Weingeist zugesandt, un- unter denen besonders die aus den wärmeren Gegenden Mexi- cos (Matamoros u. a. OÖ.) herstammenden Amphibien bemerkens- werth sind, wie aus der Übersicht hervorgehen wird, welche ich mir hier mitzutheilen erlaube. Diese Sammlung liefert nur einen neuen Beweis, wie wenig die Fauna Mexicos erschöpfend untersucht ist und wie viel noch eine sorgfältige Erforschung ° jener reichen, klimatisch so verschiedenen Gegenden erwarten läfst. Zu bedauern ist nur, dafs eine Angabe über die speciel- len Fundorte der eingesandten Arten fehlt. SAURN. 1. Spheriodactylus anthracinus Cope, Proc. Academ. Philad. 1861. p: 200. | 2. Anolis leviventris Wiegmann. Ein Exemplar, welches weit besser erhalten ist, als das Originalexemplar und die Kiele der Kopfschilder und Bauch- ‘schuppen viel deutlicher zeigt, so dafs der gewählte Species- name wenig passend erscheint. 3..Sceloporus microlepidotus Wiegmann. 4. Sceloporus spinosus Wiegmann. vom 16. December 1869. 875 5. Sceloporus @neus Wiegmann. 6. Sceloporus scalaris Wiegmann. 7. Phrynosoma orbiculare Wiegmann. 8. Gerrhonotus lichenigerus Wagler. OPaipir. 9. Stenostoma dulce Baird & Girard. 10. Boa imperator Daud. 11. Geophis semidoliatus D. B. 12. Streptophorus SebaeD.B. 13. Conopsis nasus Günther. Oxyrhina varians Jan. Mehrere Exemplare, von denen einige an beiden Seiten ein Frenale, eins rechts ein Frenale, links keines und andere an beiden Seiten kein Frenale haben. Alle diese sind mit zwei besondern Internasalschildern versehen, während bei an- deren Exemplaren unseres Museums dieselben mit den Prae- frontalia verschmolzen sind. Alle diese Variationen haben zu der Aufstellung von Nominalgattungen Veranlassung gegeben. Denn Toluca Kennicot- ist jedenfalls identisch mit dieser Art und Gattung und Chionactis Cope (Lamprosoma Hallowell) so wie Cemophora Cope (Colub. coccineus Blumenbach) dürf- ten generiseh nicht zu trennen sein. 14. Ficimia olivacea Gray. Amblymetopon variegatum Günther, Cat. Snakes. 1858.p.2. ? Gyalopion canum Cope, Proc. Acad. Philadelphia. 1860.p. 243. Auch diese Schlange ist äufserst variabel und hat daher zur Aufstellung von Nominalgattungen nach der Kopfbeschil- dung Veranlassung gegeben. Die von Gray beschriebenen beiden Exemplare haben beide das Rostrale nach hinten weit verlängert und breit mit dem Frontale medium zusammenstofsend, jederseits das Inter- nasale mit dem Präfrontale vereinigt. An dem einen Exemplar ist das Nasale mit dem 1. Supralabiale vereinigt, an dem ande- ren getrennt. Von den beiden mir vorliegenden Exemplaren hat nur das eine das Rostrale mit dem Frontale in Verbindung stehen, das Nasale mit dem 1. Supralabiale vereinigt, aber das Internasale ist jederseits von dem Präfrontale getrennt. 876 Gesammtsitzung Bei dem andern, im ganzen Körperbau und in der Färbung \ ganz mit dem ersten übereinstimmend, ist das Rostrale oben durch die Internasalia und die Präfrontalia von dem Frontale getrennt, daher nicht verlängert und auch das Nasale ist nicht mit dem Supralabiale verwachsen. | Die von Hrn. Cope als Gyalopion canum beschriebene Schlange, welche das Rostrale, die Internasalia trennend, nur bis zu den Präfrontalia verlängert hat, scheint mir ebenfalls hierher zu gehören und das Übergangsglied zwischen den von mir beschriebenen beiden Varietäten zu bilden. n Aller Wahrscheinlichkeit nach wird man auch die Gattun- gen Ficimia und Conopsis nicht von einander trennen dürfen. Es liefern diese Schlangen nur den Beweis, bis zu wel- chem Grade in einzelnen Fällen die Kopfbeschildung derselben variren kann und dafs eine systematische Vertheilung der Schlangen nach diesen Merkmalen allein, wie sie von verschiede- nen Seiten versucht worden ist, mehr als bedenklich erscheint. 15. Pliocercus elapoides Cope. Elapochrus Deppei Ptrs. Monatsber. 1860. p. 294. var. Liophis tricincetus Jan, Iconographie Ophid. 18.IV.Fig.5. 16. Phimathyra Bairdi Jan. 17. Pityophis Deppei D. B. 18. Tachymenis') melanocephala n. sp. Ein ganz junges Exemplar, welches vielleicht zu 7. bipunc- tata Gthr. gehört, mit der es in der Pholidosis übereinstimmt, !) Hr. Cope unterscheidet Tachymenis Wiegm. von Coniophanes Hallow. dadurch, dafs erstere 2 Anteorbitalia und Schuppenporen, letztere nur 1 Anteorbitale und keine Schuppenporen habe. Wir haben neuerdings eine Schlange, T. taeniata n. sp.?, ebenfalls aus Mexico er- | halten, welche ganz ähnlich gezeichnet ist, wie die im Jan schen Werke abgebildete Varietät von T. fissidens Gthr. (18. Livr. Taf. 5 Fig.3b.), wel- che aber zwei Anteorbitalia uud fünfundzwanzig Schuppenreihen hat. Im der Pholidosis des Kopfes und in der Bezahnung stimmt sie sonst ganz mit T. fissidens überein, so dafs ich Zweifel hege, ob sie wirklich als eine von dieser verschiedene Art zu betrachten ist. Es würde eventuell wieder ein Beispiel einer so grofsen Variabilität in der Zahl der Schup- penreihen bei derselben Art sein, wie sie bei den Colubrinen bisher noch nicht beobachtet worden ist. Cf. auch Monatsbericht. 1863 p. 275. vom 16. December 1869. 877 eben so in der Punktirung der Kopfschilder und der Zeichnung der Infralabialschilder. Der ganze Kopf hat aber mit Ein- schlufs des Nackens bis zur 10. Schuppenreihe eine schwarz- braune Grundfarbe, hinter welcher ein vier Schuppenreihen breites gelbliches Halsband folgt, während der übrige Körper oben gelbbraun, die Unterseite gelblich ohne schwarze Puncte ist. 19. Tropidonotus sirtalis Linne. 20. Dipsas biscutata Dum. Bibr. var. latifascia. Körperschuppen in 21 bis 22 Reihen, Abdominalschilder 206 bis 210. Sonst nur in der Färbung verschieden: 13 bis 14 breite Querbinden auf dem Körper, 5 bis 6 auf dem Schwanze, von graubrauner Farbe, vorn und hinten schwarz gesäumt. Keine deutlichen Vförmigen Zeichnungen auf dem Kopf, eine helle Hinterhauptsbinde, welche auf den Parietalia Vförmig ein- springt, und den gröfsten Theil der Schläfengegend nebst den 3 hintern Supralabialia mit umfalst. 21. Dipsas cenchoa Linne. 22. Elaps corallinus L. var. crebripunctatus. Kopf schwarz mit Einschlufs des vordern Drittels der Pa- rietalia. Eine gelbe Binde auf den Parietalia, welche sich nach vorn und unten verbreiternd über die untere Hälfte des 4. Su- pralabiale ausdehnt, dahinter eine breitere'schwarze Binde, wel- che die 6 ersten Schuppenreihen, die hintere Spitze der Parie- talia und die hintere Hälfte des letzten Supralabiale einschliefst, und hinten von einem 1 Schuppenreihe breiten gelben Ringe umsäumt wird. Durch 22 Schuppenreihen getrennt folgt ein 3 | Schuppenreihen breiter schwarzer gelbgesäumter Ring. Auf diesen folgen dann noch 9 eben solche Körperringe und dann noch 4 breite durch schmale goldgelbe Ringe getrennte schwarze Schwanzringe. Die Schuppen der breiten rothen Zonen haben jede einen schwarzen Endfleck und auch die entsprechende Bauchgegend ist gefleckt. 23. Elaps Marcgraviü Wied, var. laticollaris. Kopf schwarz mit Einschlufs des vorderen Theils der Pa- rietalia, so dafs die hintere Spitze des Frontale frei bleibt. Auf dem Hinterhaupt ein gelber Ring, welcher sich über die zweite Schuppenreihe ausdehnt; hierauf ein breiter über 12 bis 13 Schuppenreihen ausgedehnter schwarzer Ring, dann ein gel- 878 Gesammtsitzung ber 3 bis 4 Schuppenreihen breiter und hinter diesem ein 4 bis 5 Schuppen breiter schwarzer Ring. Nun folgt ein 6 bis 9 Schuppen breiter rother Ring, in welchem die Schuppenspitzen schwarz sind. Dann folgen zu dreien durch gelbe getrennte schwarze Ringe, von denen der mittlere mehr oder weniger doppelt so breit wie die beiden anderen ist. .Je drei Ringe sind wieder durch einen breiten rothen schwarzgefleckten Ring getrennt. Solcher Triaden finden sich, die des Kopfes, mitge- rechnet, 7 bis 8 auf dem Körper. Der Schwanz hat drei breite schwarze durch schmälere gelbe getrennte Ringe. BATRACHIA. 24. Rana halecina Kalm. 25. Rana Montezumae Baird. 26. Liuperus nitidus n. Sp. Diese Art weicht durch ihre schlanke Form sehr von der typischen Art (Z. marmoratus) ab und hat so mehr den Habi- tus eines Phryniscus. Jedoch zeigen die Oberkiefer Zähne und die schlanken Querfortsätze des Sacralwirbels keine Verbreiterung. Die Körperhaut ist ganz glatt oder zeigt nur auf dem Rücken einige wenige ganz kleine Granula. Der Canthus ro- stralis ist abgerundet, die Schnauze spitz abgerundet. Die Entfernung der Augen von der Schnauzenspitze gleich ihrem Durchmesser. Die Nasenlöcher befinden sich seitlich, doppelt so weit von den Augen wie von der Schnauzenspitze entfernt. . Das Trommelfell, kaum durch die Haut erkennbar, ist im Durchmesser gleich 4 Augendurchmesser. Die Zunge ist lang und fast rhomboidal, die inneren Nasenöffnungen sind rund und stehen jederseits ganz am Gaumenrande; die Öffnungen der Tuben sind äufserst klein. Der erste Finger ist ein wenig kürzer als der zweite; nicht allein die Finger und Zehen, son- dern auch die Unterseite der Mittelhand- und Mittelfufsglieder sind mit vorspringenden Ballen versehen; unter dem Mittelfuls- knochen der 4. Zehe stehen vier solcher Ballen in einer Reihe. Grünlich, mit duukleren Zeichnungen, unter denen ein mit sei- ner Spitze nach hinten gerichteter dreieckiger Fleck zwischen den Augen; an jeder Körperseite vor dem Schenkel ein läng- lich ovaler schwarzer, hellgrün marmorirter Fleck. Lippenrän- vom 16. December 1869. 879 der grün gefleckt. Extremitäten braungebändert. Unterseite bräunlich, undeutlich hell punctirt. Totallänge 55h! 5102020, -:8. ‚Finger: 1.1 1,090085 Boing, 2... .. 02007 - Hint. Bxtr..ı.. 3. ,.,00026 Ber, 0. 7000075 Fuß... -.....2..00012 0014 A, Zehe ’ . .' . 2.000055) es. 0005 27. Hylodes Berkenbuschiü n. sp. In der Gestalt dem H. (Leiula) Güntheri Keferstein ähat lich, Schnauze zugespitzt, etwas länger als der Augendurch- messer, mit deutlichem Canthus rostralis, unter welchem das Nasenloch fast doppelt so weit vom Auge als von der Schnau- zenspitze entfernt liegt. Trommelfell ganz frei, grofs, im Durch- messer gleich 2 Augendurchmesser. Choanen kleiner als die - Tuben; Vomerzähne ziemlich weit hinter den Choanen, auf 2 kleinen queren, einander genäherten Höckern stehend. Zunge herzförmig, hinten kaum eingebuchtet. Auf der glänzenden Körperhaut einige seitliche Längswülste und eine starke von der Schulter zum Schenkel gehende Seitenfalte.e. Bauchscheibe glatt, vor der Brust eine Querfalte. Finger frei; der erste Fin- ger etwas kürzer als der zweit. Auf der Handsohle zwei glatte Wülste. Die Basalglieder der Zehen sind durch Schwimm- häute mit einander vereinigt, wie bei ZH. laticeps Dum., von denen schmale Säume bis zu den Haftscheiben ausgehen. Eine Haut- falte längs dem inneren Tarsalrande, die an dem einzigen inneren Tarsalhöcker endigt. Die fünfte Zehe reicht bis an die Haft- scheibe der dritten. Haftscheiben der Finger und Zehen wohl entwickelt. Oben bräunlich mit dunkleren Flecken, von denen ein dreieckiger zwischen den Augen liegender scharf gegen die helle Schnauze abgesetzt ist. Weichen mit schwarzen Flecken und gelber Marmorirung. Lippenränder mit hellen Querbinden. _ 1) Hr. Dr. Günther hat (Proc. Zool. Soc. Lond. 1868. p. 479) die Vermuthung geäulsert, dafs der von mir beschriebene L. elegans kein Liuperus sondern ein Phy yllobates sein möchte. Ich kann nur darauf er- widern, dafs diese Art allerdings die Zehenspitzen etwas breiter hat, als L. marmoratus, ohne dafs man darin Haftscheiben erkennen könnte und dafs die Proportionen der kurzen Zehen die von Liuperus und nicht die’ der bekannten Arten von Phyllobates sind. EEE 830 Gesammtsitzung Gliedmafsen mit dunkeln Querbinden. Hinterseite der Schen- kel mit kleinen hellen und schwarzen Flecken. WUnterkinn bräun mit hellern Punkten, Bauch heller gelblich braun mit verwaschenen dunkeln Flecken. Totallänge‘." 00045 3. Ringer 7 u VE0DE Kopflänge ....,%:.x.0%0I5: Hant.JExte..), Sen Kopfbreite. ....)...,.,, 02017. Eula,. . 2 00 Mo Vord, Extr. „=. .. , .0x0257'4, Zehe „See Hand 1193873172 105102012 28. Hyla eximia Baird. Hyla eximia Baird, Pr. 4.N. Sc. 1851. p.61; Rept. Mexic. Bound.p.29. Taf. 38. Fig.8— 10. HylaeuphorbiaceaGünther, Cat. Batr. Sal.1858.p. 109. Taf. 10. Fig.C. Mehrere Exemplare mit schwarzen Rückenstreifen (H. exi- mia) und andere ohne dieselben (7. euphorbiacea). 29. Hyla microtis n. sp. Vomerzähne auf zwei Querhöckern, welche von der innern vorderen Seite der Ohoanen ausgehen, ein wenig nach hinten convergiren nnd um die Breite eines derselben auseinanderstehn; Choanen viel gröfser als die sehr kleinen Tubenöffnungen; Zunge herzförmig, hinten kaum eingebuchtet. Schnauze dop- pelt so breit wie lang und etwas länger als der Augendurch- messer; Nasenlöcher quer, unter dem Canthus rostralis, eben so weit von einander als von dem Auge entfernt. Trommel- fell nicht halb so grofs, wie die Haftscheiben, kaum sichtbar durch die Haut. Rückenhaut ohne bemerkbare Granula; Bauch und Unterseite der Schenkel dicht gedrängt granulirt; Granula- tionen des Unterkinns sparsamer. Der 1. und 2. Finger sind an der Basis, der 2. mit dem 3. zur Hälfte und der 4. auf 3 mit dem 3. durch Schwimmhäute verbunden. Die Zehen sind bis zu den wohlentwickelten Haftscheiben durch Schwimmhäute verbunden, welche indefs am letzten Gliede der 4. Zehe nur einen schmalen Saum bilden; an der Basis der 1. Zehe ein kleiner Metatarsalhöcker. Die Oberseite des Körpers und der Gliedmafsen ist blän- lich- oder violetgrau; dort wo sie sich absetzt gegen die gelb- liche Bauchseite befindet sich eine schmale Linie oder eine Punktreihe von schwarzer Farbe. Hinter- und Vorderseite der Oberschenkel farblos. vom 16. December 1869. 881 ae ie or -00037.,:8. Fingssntson. 110007 Kopflänse +. „n..r0%010 ‚Hint.,Extr. „..u...0.,0.0%060 Be. .... 02013 EFuls ... ......,..:. 02028 Bern... 02026 4 Zelle . ... . . 09010 nd we ß 0m012 30. Bufo TERBEREN Wiegmann. Bufo compactilis Wiegmann, Isis. 1833. p. 661. Bufo anomalus Günther, Cat. Batr. Sal. p. 87. 31. Engystoma mexicanum n. Sp. In der Gestalt und Färbung sehr ähnlich dem E. caroli- nense, aber mit zwei vorspringenden Höckern am Hacken, von denen der innere der gröfsere ist, mit vorspringenden Höckern unter den Finger- und Zehengelenken und mit merklich kür- zeren Fingern und Zehen. otallanger 2..2.%5 ..:'.00026 ,..3.1,Finger..;). .si0:..09003 Bosimeer , ..., 02008 .Hint. Extr..., .„:... 02031 Be ne... .0500% Fuls . .» . ... 02016 ern... 0154. Zehe .. . .. +02006%) Bmaszsn na 2.0, 2150 09015 ‘ Hr. Weierstrafs legte eine Mittheilung des Hrn. Gust. Robert Kirchhoff, correspondirenden Mitgliedes der Aka- demie vor: Über die Kräfte, welche zwei unendlich dünne, starre Ringe in einer Flüssigkeit scheinbar auf einander ausüben können. Auf einen starren Körper, der in einer bewegten Flüssig- keit sich befindet, werden von dieser Druckkräfte ausgeübt, die im Allgemeinen sich nicht aufhehen. Ist in der Nähe des Körpers ein zweiter vorhanden, so wird dieser von Einfluls auf die Bewegung der Flüssigkeit, also auch auf die Druckkräfte sein, die auf den ersten wirken. In einem Falle, in dem diese Druckkräfte sich aufheben, sobald der zweite Körper in die 1) Der von mir (Monatsberichte d. Js. p. 786) beschriebene Cyclorkam- phus fasciatus hat zwar in den kürzeren Proportionen der Zehen viel gröfsere Ähnlichkeit mit den in diese Gattung gestellten Arten als mit den brasilianisch-surinamischen Oystignathus, dürfte aber wegen der man- gelnden Zehenschwimmhäute in die letztere Gattung zu stellen sein und beweist, dafs diese beiden Gattungen viel eher mit einander als mit den Ranae zusammenzustellen sind. TEN 832 Gesammtsitzung Unendlichkeit gerückt ist, sonst aber von Null verschiedene Resultanten haben, wird man sagen dürfen, dafs der zweite auf den ersten scheinbar Kräfte ausübt, die diesen Resultanten gleich sind. Ein solcher Fall findet statt, wenn die beiden Körper unendlich dünne Ringe sind und die Flüssigkeit die allgemeinste Bewegung hat, die sie haben kann, während sie in der Unendlichkeit ruht. | Genauer präcisirt sind die Voraussetzungen, welche hier zu Grunde gelegt werden sollen, diese: die Flüssigkeit ist un- zusammendrückbar und ohne Reibung; sie ist vollständig be- grenzt durch die Oberflächen der beiden Ringe und eine im Unendlichen liegende geschlossene feste Fläche; auf ihre Theile wirken keine Kräfte; diese Theile rotiren nicht und haben Ge- schwindigkeiten, die sich überall stetig im Raume ändern. In Bezug auf die Gestalt der Ringe wird angenommen werden, dafs ein jeder von ihnen eine Mittellinie hat, die eine beliebig gestaltete geschlossene Curve ist, und dafs die auf dieser Mit- tellinie senkrechten Querschnitte Kreise von einem unendlich kleinen, constanten Radius sind, deren Mittelpunkte in der Mittellinie liegen. Be Unter diesen Voraussetzungen lälst sich beweisen, dafs die beiden Ringe scheinbar Kräfte auf einander ausüben, die den- jenigen gleich sind, mit welchen sie anf einander wirken wür- den, wenn zwei elektrische Ströme in ihnen flössen. Bei den gemachten Festsetzungen giebt es für die Bewe- gung der Flüssigkeit ein Geschwindigkeitspotential; es möge dieses durch & bezeichnet werden, die Zeit durch t, die recht- winkligen Coordinaten eines Punktes des zur Zeit £ von der Flüssigkeit erfüllten Raumes durch x, y,2, der Druck durch », die Dichtigkeit durch 9; dann sind 99,30 90 da.dı oz die Componenten der Geschwindigkeit zur Zeit i im Punkte %,y,2 und es ist R) on? Odbı2 Ob \ -- FH) vo IS vom 16. December 1869. 883 Dabei ist $ eine in dem ganzen Gebiete seiner Argumente stetige, aber im Allgemeinen vielwerthige Funktion von z,%, z,t. Sind d' und $" zwei Werthe von & für dieselben Werthe von &,Y,2,t, und ist di p" —k, so ist k unabhängig von x,y,2, da die Geschwindigkeiten ein- werthig sind, und auch unabhängig von t, da der Druck ein- werthig ist. Dafs $ mehrwerthig sein kann, ist eine Folge davon, dafs der von der Flüssigkeit erfüllte Raum ein mehrfach, und zwar dreifach zusammenhängender ist. Man denke sich diesen Raum in einen einfach zusammenhängenden durch zwei Querschnitte verwandelt; als solche mögen zwei Flächen genommen werden, von denen die erste vollständig begrenzt wird durch eine Linie, die auf der Oberfläche des ersten Ringes der Mittellinie dieses parallel verläuft, die zweite durch eine Linie, die in gleicher Weise auf der Oberfläche des zweiten Ringes gezogen ist. In dem so gebildeten, einfach zusammenhängenden Raume ist ı einwerthig, hat aber auf beiden Seiten eines jeden Quer- schnitts im Allgemeinen verschiedene Werthe. Für den ersten Querschnitt sei die Differenz dieser Werthe k,, für den zwei- ten k,, wobei dann nach der vorher gemachten Bemerkung %k, und %k, Constanten sind. Die Bedingungen, denen die Funktion p nun zu genügen hat, sind diese: 1) In dem ganzen Gebiete von x,y,2 ist Bee 2) Bei dem Durchgange durch den ersten Querschnitt än- dert sich $ sprungweise um k,, bei dem Durchgange durch den zweiten um k&.. 3) Bedeutet N die nach dem Innern der Flüssigkeit ge- richtete Normale eines Elementes der Grenzflächen derselben, Ar oN — der Componente der Geschwindigkeit des anliegenden Thei- les des Ringes nach der Richtung von N. so ist für alle Punkte der Oberfläche eines jeden Ringes 834 Gesammtsitzung 4) Für die Punkte der im Unendlichen liegenden Grenz- \ fläche der Flüssigkeit ist _ N = (. Diese Bedingungen bestimmen die Funktion b vollständig bis auf eine additive von x,y,2 unabhängige Gröfse, sobald die Lagen und Geschwindigkeiten der beiden Ringe und die Werthe der beiden Constanten k, und %k, gegeben sind. Es folgt das durch eine bekannte Schlulsweise aus der bekannten Gleichung SI +6) + +) + (@ ))- m in der dS ein Element der Grenze des Gebietes von x2,%y,2 bedeutet, wenn man erwägt, dafs der Theil des nach dS zu nehmenden Integrals, der sich auf die beiden Seiten eines der beiden Querschnitte bezieht, CK ON’ Jr; ASaN ist, wo dem & der Index 1 oder 2 zu.geben und die Integra- tion nur über die eine Seite des Querschnitts auszudehnen ist. Um einen Ausdruck zu finden, der den für «» aufgestellten Bedingungen genügt, bezeichne man mit U, und D, die Po- tentiale zweier elektrischen Ströme, die die Mittellinien der k k beiden Ringe mit den Intensitäten >= und E durchflielsen, in Bezug auf einen Magnetpol, der sich im Punkte x, y, 2 befindet und eine Menge magnetischer Flüssigkeit, die der Einheit gleich ist, enthält. Es sind dann bekanntlich U, und U, die schein- baren Grölsen zweier von den Mittellinien der beiden Ringe begrenzten Flächen, von dem Punkte x,y,2z aus gesehen, multi- k plieirt mit ı und —. Setzte man $d = U, + U,, so würde 4r Ar man den Bedingungen l und 2 genügen. Man mache nun o= U, +0D:-+4V, so ist V ein Potential von Massen, welche theils auf den Binz oberflächen, theils auf der äufseren Grenze der Flüssigkeit an- vom 16. December 1869. 885 geordnet sind, das an diesen Flächen gewissen Bedingungen zu genügen hat. Es läfst sich nachweisen und soll hier als nachgewiesen angenommen werden, dafs, wenn man über die additive Constante, die in V willkührlich bleibt, passend ver- fügt, V überall unendlich klein ist und die Differentialquotien- ten von V nach x, y,z in endlicher Entfernung von den Ringen unendlich klein sind. Der für p angegebene Ausdruck soll nun benutzt werden, um die, lebendige Kraft der Flüssigkeit, die 7’ genannt werden möge, zu ermitteln. Es ist 2 /; (fe Zu (52) Su +5 en +(@ ) oder SER ERTZ a es : Jasu5%, ah _ _ efası, Ui 2 2 fasın!® _.fasvy v3 ZN 2 IN 2 IN ne, av | IV — gs JASU 5 — gfASU a — efASU wo die Integrationen nach dS über die Oberflächen der beiden Ringe und die beiden Seiten der Querschnitte auszudehnen sind, durch welche der von der Flüssigkeit erfüllte Raum zu einem einfach zusammenhängenden gemacht ist. Die beiden ersten dieser 6 Integrale sind unabhängig von der Lage und der Be- wegung der beiden Ringe; ihre Summe bezeichne man durch K; das dritte, das fünfte und das sechste sind unendlich klein, da - nur auf unendlich kleinen Theilen der Flächen, über die zu integriren ist, endlich, sonst unendlich klein ist, da V überall unendlich klein ist und O, und U, überall endlich sind. Mithin ist ou, T—=K— R ; '9N Über die Oberflächen der beiden Ringe genommen ist das al- lein übrig gebliebene Integral auch unendlich klein, da ee N [1869.] 63 386 ‚Gesammtsitzung an der Oberfläche des ersten Ringes endlich, an der des zwei- ten = 0 ist; über die beiden Seiten des zweiten Querschnitts U; oN gegengesetzte und U, gleiche Werthe. Es braucht also die Integration nur über den exsten Querschnitt ausgedehnt zu wer- den. DBezeichnet man durch d,S, ein Element desselben und durch N, die eine Normale dieses, so ist hiernach, da auf bei- ausgedehnt ist dasselbe Integral —= 0, denn hier hat ent- den Seiten von dS, — entgegengesetzte Werthe und U, Wer- the hat, die um &,. verschieden sind, | 00, T=K-ok, dSıay, 5 Da die Grenzlinie des Querschnitts von der Mittellinie des Ringes nur unendlich wenig absteht, so kann man hier dS, auch definiren als das Element einer durch die Mittellinie des ersten Ringes begrenzten Fläche. Nach dem Ampere’schen Satze, nach dem für einen geschlossenen elektrischen Strom eine gewisse Vertheilung magnetischer Flüssigkeiten gesetzt werden kann, ist dann das in der letzten Gleichung vorkom- mende Integral nichts Anderes, als das Potential zweier elek- trischer Ströme, die die Mittellinien der beiden Ringe durch- fliefsen, in Bezug aufeinander. Sind ds, und ds, zwei Ele- mente dieser Mittellinien, r ihre Entfernung, (ds,, ds,) der Winkel, den ihre Richtungen mit einander bilden, so ist das Potential zweier Ströme, die mit der Intensität 1 die Mittel- linien durchfliefsen, in Bezug auf einander d = fr eos (ds, ,dsz) kık ds, ds T= R— Et (ER os (ası,ası). _ Hieraus folgt nun unmittelbar der zu beweisende Satz. Denkt man sich nämlich die Ringe durch Kräfte, die auf sie wirken, irgend wie bewegt und bezeichnet durch 67 den Zuwachs, den dabei 7 in einem Zeitelement erfährt, so ist ö7 gleich dem und vom 16. December 1869. 887 Moment der Druckkräfte, welche die Ringe auf die Flüssigkeit ıusüben, für die Verrückung, die in dem Zeitelement stattge- unden hat, und also — 87 das entsprechende Moment der Druckkräfte, welche die Flüssigkeit auf die Ringe ausübt. Nach dem für 7 gefundenen Ausdrucke ist dieses Moment so srofs als das der Kräfte, mit welchen zwei elektrische Ströme auf einander wirken, die die Mittellinien der Ringe mit den Intensitäten %, / . und k, N — durchfliefsen, für dieselbe Ver- 7 7 rückung; d.h. die Ringe üben scheinbar dieselben Kräfte auf einander aus als diese Ströme, oder auch als die Ströme, die mit den genannten Intensitäten die Ringe selbst durchfliefsen. Derselbe Satz gilt auch, wenn die Querschnitte der Ringe nicht Kreise sind, sobald sie nur unendlich kleine Dimensionen haben. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Jahrbuch für die amtliche Statistik des Preu/sischen Staats. 3. Jahrg. Berlin 1869. 8. Archiv für die Naturkunde von Liv-, Ehst- und Kurland. 1. Serie. Dorpat 1868. 8. Wilh. Wackernagel, Johann Fischart von Stra/fsburg und Basels Antheil an ihm. Basel 1870. 8. Robert Rösler, Johanna die Wahnsinnige, Königin von Oastilien. Wien 1870. 8. Mittheilungen des historischen Vereins f. Steiermark. 17. Heft. Graz 1869. 8. Beiträge zur Kunde steiermärkischer Gesehichtsquellen. 6. Jahrg. Graz 1863, 8. 7 Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein von Neu-Vorpom- mern und Rügen. 1. Jahrg. Berlin 1869. 8. Astronomische Nachrichten. 74. Bd. Altona 1869. 4. Jules Marion, Cartulaire de Saint Hugues de Grenoble. Paris 1869. 4. Mit Ministerialschreiben vom 7. Dec. 1869. Turbiglio, Z’empire de la logique. Turin 1870. 8. Gar Berichtigung. In der Abhandlung: Über die regelmäfsigen Verwachsun- gen der Glimmerarten u. s.w. 8.340 Z.17 u. 18 von oben sind die Worte von „oder wenn“ an bis „bestimmt ist“ zu streichen. | | AN | en Namen -Resister. (Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind im Monatsbericht nicht aufgeführt.) Auwers, *Vorzeigung von Photographien, 55. — Über den Werth der Aberrations-Constante nach den Beobachtungen von Molineux, 611. Bekker, Über Mifsbrauch des Apostrophs, 273. Beyrich, *Über Engeniacrinus und Rhizocrinus, 66. du Bois-Reymond, Festrede, 262. — Über die aperiodische Bewe- gung gedämpfter Magnete, 807. Bonitz, *Über Platons Kratylus mit Beziehung auf die Bestreitung des platonischen Ursprungs, 703. Boppstiftung, 527. Borchard, *Über einige Probleme des relativen Maximums, 322. Braun, Über eine neue in Neuseeland entdeckte Art der Gattung Isoötes, 648. — Über zwei vom Blitz getroffne Eichen, 698. — Be- merkungen über eine Mifsbildung von Podocarpus chinensis, 738. Buschmann, *Zusätze zum Verzeichnifs aztekischer Wörter, 159. Christoffel, Über die Transformation ganzer homogener Differentialaus- drücke, 1. Curtius, Über den religiösen Charakter der griechischen Münzen, 465. Dove, Über das barometrische Maximum im Januar 1869, 118. — *Über die meteorologischen Verhältnisse des Sommers 1868, 215. — *Über den Sturm vom 7. December 1868, 408. — *Über die vorjährigen Überschwemmungen in der Schweiz, 494. — *Gedächt- nifsrede auf A. v. Humboldt, 529. — Darstellung der Wärmeer- scheinnngen durch fünftägige Mittel, 753. 890 Namen-Register. Droysen, Historischer Beitrag zu der Lehre von den Congressen, 651. — *Beitrag zur Kritik der Memoiren des Baron von Poelniz, 754. Ehrenberg, *Über mikroskopische Süfswasserorganismen von Spitz- bergen, 149. — Über die von Jenzsch aufgefundenen Einschlüsse im Melaphyr, 244. — Über die vom Schiffe Germania gehobenen Grundproben, 253. — Mikroskopische Lebengverhältnisse von Spitz- bergen, 257. — Über den am 24. März 1869 gefallenen rothen Passatstaub, 308. — Über mächtige Gebirgsschichten aus Bacillarien unter und bei der Stadt Mexico, 373. — *Über Gladstone’s mikros- kopische Beobachtungen, 751.. — Eine Mittheilung von Haast über die Dinornis von Neuseeland, 752. Ewald, *Über Faserkalkbildungen, 83. Groth, Über Crystallform und Cireularpolarisation, 140. Grube, Beschreibungen neuer oder weniger bekannter von Ehrenberg gesammelter Anneliden des rothen Meeres, 494. Hagen, *Über die Bewegung des Wassers in vertikal abwärts ge- richteten Röhren, 731. — *Über Bewegung des Wassers in eylin- drischen nahe horizontalen Röhren, 874. Haupt, *Über ein griechisches Excerpt geographischen Inhalts, 1. — *Über. des Diaconus Marcus Leben des Porphyrius, Bischofs von Gaza, 1. — *Über die Erklärung der Lustspiele des Aristophanes, 389. — Festrede, 524. Hensel, Reinhold, 79. Hofmann, Über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefel- cyanwasserstoffäther, 332. — Beiträge zur Kenntnifs des Methyl- aldehyds, 362. — Über das Naphtalinroth, 550. — Über das Xyli- dinroth, 556. — Zur Kenntnils der isomeren Xylidine, 558. — Zur Kenntnifs des Chrysanilins, 559. — Über die chemische Natur des Anilingrüns, 563. — Neue Untersuchungen über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefeleyanwasserstoffsäureäther, 570. Bemerkungen über die Entschwefelungsproducte des Diphenylsulfo- carbamids, 583. — Zur Geschichte der geschwefelen Harnstoffe, 791. Humboldtstiftung, 78. 5 Kiepert, Über älteste Landes- und Volksgeschichten von Armenien, 216. Kirchhoff ‚ Über zwei attische Votivinschriften aus Perikleischer Zeit, 409. Kirchhoff, G. R., Über die Kräfte, welche zwei uuendlich dünne starre Ringe in einer Flüssigkeit scheinbar auf einander ausüben kön- .nen, 881. Kny, Über den Bau und die Entwicklung des Farn Antheridiums, 416. Köhler, Vorläufige Berichte über eine neue Bearbeitung der attischen Tributlisten, 149. Kronecker, Über Systeme von Funktionen mehrer Variabeln, 159. 688. Namen-Register. 891 Kummer, Festrede, 67. Lepsius, *Über ägyptische Kunst, 82. Liebreich, Über das Verhalten des Chlorals und der Trichloressig- säure im thierischen Organismus, 462. — Über das Strychnin als Antidot bei Chloralvergiftung, 872. Lipschitz, Untersuchungen in Betreff der ganzen homogenen Funk- tionen von n Differentialen, 49. Magnus, Über Emission und Absorption der bei niederen Temperaturen ausgestrahlten Wärme, 482. — *Über das Erlöschen hoher Töne bei der Fortphlanzung in hanfenen Schnüren und in Bleidraht, 611. — Über die Reflexion der Wärme an der Oberfläche von Flufs- spath und andern Körpern, 675. — Über die Veränderung der Wärmestrahlung durch Rauheit der Oberfläche, 713. Meyer, Über den Giftapparat der Schlangen, 193. Mommsen, *Über die Erzählung vom Gnaeus Marcius Coriolanus, 149. 272. — *Über ein in Claes in Tirol aufgefundenes Dekret des Kai- sers Claudius, 391. — *Nachricht von den neuesten Ausgrabungen in dem römischen Arvalhain, 483. — *Über die comites et amiei Augusti der früheren Kaiserzeit, 529. — *Über ein ungedrucktes Bruchstück aus dem 20. Buch des Livius, 752. Müllenhoff, *Über die Erd- und Gradmessung des Eratosthenes, 521. Parthey, die koptischen Handschriften in Rom, 276. — Über seine Ausgabe der Mirabilia Romae nach den vatikanischen Hand- schriften, 681. Pertz, Über ein unbekanntes Gesetz des ostgothischen Königs Theodo- rich, 647. Peters, Über die Gehörknöchelehen der Schildkröten, Eidechsen und Schlangen, 6. — Neue Gattungen und Arten von Eidechsen, 57. — Über neue oder weniger bekannte Flederthiere, besonders des Pariser Museums, 391. — Über neue Gattungen und neue oder weniger bekannte Arten von Amphibien, 432. — Über neue oder weniger bekannte Fische des Berliner zoologischen Museums, 703. — Über eine neue Eidechsenart, Phyllodactylus galapagensis, 719. — Über neue Saurier und Batrachier, 786. — Über mexikanische Amphibien, 874. Pinder, “*Über Conservation und Restauration von Kunstdenkmälern, 83. — *Über die Trümmer von Sanchi Tope, 243. | Poggendorff, Vorläufige Notiz über anomale elektrische Erscheinungen, 55. — Über das galvanische Verhalten des Palladiums, 116. — Über Vereinfachung der Holtz’schen Influenzmaschine erster Aıt, 322. — Über elektrische Spitzenwirkung, 590. — Über das Holtz- sche Rotationsphänomen, 754. 892. Namen-Register. Pringsheim, Über die Bildungsvorgänge am Vegetationskegel von Utri- cularia vulgaris, 92. — Über Paarung von Schwärmsporen,. 721. Rammelsberg, *Über die Construction einiger natürlicher Tantal- und Niobverbindungen, 86. — *Über natürliche Tantal- und Niobver- bindungen, 262. — Über die chemische Zusammensetzung der Tur- maline, 604. Ranke, *Über den Fall des PIE Ministers E. v. Danckel- mann, 750. Reichert, Über Zoobotryon pellucidus Ehr., 372. Reusch, Über die -Körnerprobe am. zweiachsigen Glimmer, 83. — Über Glimmercombination, 530. Riedel, *Über die Verbesserung ‘der Brandenburg’schen Gerichtsver- fassung dureh ‚Kurfürst Friedrich I., 273. . Riefs, Vorgleichung des Electrophors mit der Electrisirmaschine und Electrophormaschine, 861. Rose, Über die regelmäfsige Verwachsungen: der verschiedenen Glimmer- arten, 339. — Über Darstellung krystallisirter Kieselsäure auf trock- nem Wege, 449. Roth, *Beiträge zur Kenntnifs der tertiären und posttertiären Eruptiv- _ gesteine, 54. — *Beiträge zur Petrographie der plutonischen Ge- steine, 140. Rudorff, Über die Reform der Grundsteuer unter Diocletian, 389. Rühlmann, Über Höhenmessungen mit dem Barometer, 264. Schott, *Altajische Studien, 872. Schultz-Sellack, Über Diathermasie einer ‘Reihe von Stoffen für dunkle Wärme, 745. Schweinfurth, Georg, 79. Warburg, Über die Erwärmung fester Körper durch das Tönen, 86. — Über die Dämpfung der Töne fester Körper durch innre Wider- stände, 538. — Über den Einflufs tönender Schwingungen auf den Magnetismus des Eisens, 857. Weber, Über eine Episode im Jaimini-Bhärata, 10. 377. — *Über das Saptacatakam des Häla, 465. 529. — *Zur Kenntnifs des vedischen Opfercultus, 749. Weierstrafs, Über die allgemeinsten eindeutigen und 2nfach periodi- schen Funktionen von » Veränderlichen, 853. Sach -Register. Acanthodactylus dorsalis Ptrs., 62. Achalinus spinalis Ptrs., 436. Agama Hartmanni Ptrs., 65. Amphibien, 6. 7. 57. 193. 432. 445. 719. 786. 874. Anilingrün, 5692. Anneliden, 494. Anoplodipsas viridis Ptrs., 442. Apionichthys nebulosus Pitrs., 709. Apostroph, 273. Aristides (2, 288), 413. Armenien, 216. Astronomie, Werth der Aberrationsconstante nach den Beobachtungen von Molyneux, 611. Bacillarien, 373. Boppstiftung, 525. Botanik, Über die Bildungsvorgänge am Vegetationskegel von Utricu- laria vulgaris, 92. — Bau und Entwicklung des Farn-Antheridiums, 416. — Neue Art von Isoötes aus Neuseeland, 648. — Zwei vom Blitz getroffene Eichen, 698..— Paarung von Schwärmsporen, die morphologische Grundform der Zeugung im Pflanzenreiche, 721. — Mifsbilduug von Podocarpus chinensis, 738. Centropyx Renggerii Ptrs., 69. Chamaeleo calcaratus Ptrs., 445. Chemie, Über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefel- cyanwasserstoffäther, 332. — Beiträge zur Kenntnifs des Methylal- dehyds, 362. — Darstellung krystallisirter Kieselsäure auf trocknem Wege, 449. — Naphtalinroth, 550. — Xylidinroth, 556. — Iso- mere Xylidine, 558. — Chrysanilin, 559. — Anilingrün, 563. — 894 Sach-Register. Verhalten des Chlorals und der Trichloressigsäure im thierischen Organismus, 462. — Entschwefelungsproducte des Diphenylsulfocar- bamids, 583. — Chemische Zusammensetzung der Turmaline, 604. — Zur Geschichte der geschwefelten Harnstoffe, 791. Chloral, Verhalten im thierischen Organismus, 462. Chloralvergiftung, 872. Chrysanilin, 559. Cnemidophorus mexicanus Pirs., 62. Colopus Wahlbergii Pirs., 57. Congresse, 651. Cyclorhamphus fasciatus Pirs., 789. 881. Demosthenes (def. leg. 272), 413. — Schol. zu Dem. Andr. (13), 413. Dierodon ceoelestis Ptrs., 64. 433. Diocletianus, Reform der Grundsteuer, 389. f Diphenylsulfocarbamid, Entschwefelungsprodukte, 583. Dromophis praeornatus Pitrs., 447. Elapomorphus nigrolineatus Ptrs., 439. Electricität, siehe Physik, 55. 322. 590. 698, 754. 861. Eremias argus Ptrs., 61. Eremias Brenneri Pitrs., 432. Euprepes Grützneri Pirs., 433. Euprepes laevigatus Ptrs., 434. Farn-Antheridium, 416. Festreden, 67. 266. 529. 523. Fische des Berliner Museums, 703. Flederthiere, 391. Galvanismus, siehe Physik, 116. Gehörknöchelchen, 6. Glimmer, Körnerprobe am zweiachsigen, 83. Glimmerarten, regelmäfsige Verwachsungen, 339. Glimmercombinationen, 9980. Grundsteuer, römische, 389. Gymnodactylus Steudneri Pirs., 788. Haemulon maculosum Ptrs., 705. Harnstoffe, geschwefelte, 791. Herodotus (5, 77), 409. Heteropus rhomboidalis Pirs., 446. . Hippocampus breviceps Ptrs., 710. Höhenmessungen mit dem Barometer, 264. Humboldtstiftung, 78. Hyla gracilenta Pitrs., 789. Hyla microtis Ptrs., 880. Sach-Register. 895 Hylodes Berkenbuschii Ptrs., 879. Jaimini-Bhärata, 10. 377. Influenzmaschine von Holtz, ihre Vereinfachung, 322. Inschriften, griechische, 149. 409. Iso&tes Kirkii A. Br., 648. Kieselsäure, krystallisirte, 449. Koptische Handschriften in Rom, 276. Liuperus nitidus Ptrs., 878. Lygosoma (Mocoa) nigrofasciolatum Ptrs., 435. Magnetismus, siehe Physik, 807. 857. Mathematik, Untersuchungen in Betreff der ganzen homogenen Funk- tionen von n Differentialen, 49. — Über die Transformation ganzer homogener Differenzialausdrücke, 1. — Über Systeme von Funktio- nen mehrer Variabeln, 159. — Systeme von Funktionen mehrer Variabeln, 688. — Über die allgemeinsten eindeutigen und 2nfach periodischen Funktionen von n Veränderlichen, 853. Melaphyr-Einschlüsse, 244. Mesoprion argentiventris Pirs., 704. Mesoprion Ehrenbergii Pirs., 704. Mesoprion inermis Pitrs., 705. Meteorologie, siehe Physik, 116. 264. 308. Methylaldehyd, 362. Mikroskopie, Einschlüsse im Melaphyr, 244. — Grundproben aus dem nordischen Meere, 253. — Mikroskopische ' Lebensverhältnisse auf der Oberfläche der Insel Spitzbergen, 257. — Rother am 24. März 1869 in den Dardanellen gefallener Passatstaub, 308. — Gebirgs- schichten aus Bacillarien unter und bei der Stadt Mexico, 373. Mineralogie, Über die Körnerprobe am zweiachsigen Glimmer, 83. — Über Krystallform und Circularpolarisation und über den Zusammen- hang beider beim Quarz und überjodsauren Natrium, 140. — Ein- schlüsse im Melaphyr, 244. — Über die regelmäfsige Verwach- sungen der verschiedenen Glimmerarten, 339. — Darstellung kry- stallisirter Kieselsäure auf trocknem Wege, 449. — Über Glimmer- combinationen, 530. — Chemische Zusammensetzung der Turma- line, 604. ’ Mirabilia Romae, 681. Müla, Gestirn, 15. Münzen, griechische, religiöser Charakter, 465. Naphtalinroth, 550. Öffentliche Sitzungen, 67. 266. 523. Opisthognathus punctatus Pirs., 708. Palladium, sein galvanisches Verhalten, 116. 896 Passatstaub in den Dardanellen, 308. Pausanias (1, 28, 2), 412. Phyllodactylus galapagensis Ptrs., 780. Physik, Anomale elektrische Erscheinungen, 55. —. Über die Erwär- mung fester Körper durch das Tönen, 86. — Über das galvanische Sach-Register. Verhalten des Palladiums, 116. — Über das barometrische Maxi- mum im Januar 1869, 118. — Über ‚Höhenmessungen mit dem Barometer, 264. — Über den am 24. März 1869 in den Darda- nellen gefallenen rothen Passatstaub, 308. — Über Vereinfachung der Holtzschen Influenzmaschine, 322. — Über Glimmercombination, 530. — Dämpfung der Töne fester Körper durch innre Wider- stände, 538. — Emission und Absorption der bei niederen Tempe- raturen ausgestrahlten Wärme, 482. — Über elektrische Spitzen- wirkung, 590. — Reflexion der Wärme an der Oberfläche von Flufsspath, 675. — Zwei vom .Blitz getroffne Eichen, 698. — Ver- änderung .der Wärmestrahlung durch Rauheit der Oberfläche, 713. — Über Diathermasie einer Reihe von Stoffen für dunkle Wärme, 745. — Über das Holtzsche Rotationsphänomen, 754. — Über die aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete, 807. — Einfluls tönen- der Schwingungen auf den Magnetismus des Eisens, 857. — Ver- gleichung des Elektrophors mit der Elektrisirmaschine und Elektro- phormaschine, 861. — Über die Kräfte, welche zwei unendlich dünne, starre Ringe in einer Flüssigkeit scheinbar auf einander aus- üben können, 881. Pimelepterus elegans Ptrs., 707. Platymantis unilineata Ptrs., 447. Plesiops meleagris Ptrs., 708, Podocarpus chinensis, 738. _ Polychrus (Channolaernus) multicarinatus Pirs., 786. Preisfragen, 523. 2 Pristipoma notatum Ptrs., 706. Pteroplatea crebripunctata Pirs., 703. Rhoptropus afer Ptrs., 59. Rhynchonyx ambiniger Ptrs., 438. Riesenvögel Neuseelands, 752. Sage vom Gang nach dem Eisenhammer, 10. — von Kaiser Hein- rich IIL, 10. Saurites (Eremias) cuneirostris, 60. Schwefeleyanwasserstoffäther, 332. Solea pilosa Pirs., 709. Spilotes fasciatus Ptrs., 443. Stromateus medius Ptrs., 707. Sach-Register. 897 Strychnin als Antidot bei a ne 872. Theodorich, Gesetz, 647. Trachyrhamphus eultrirostris Ptrs., 710. Tachymenis melanocephala Pitrs., 876. Tributlisten, attische, 149. Trichloressigsäure, 462. Tridymit, sein Vorkommen, 461. Tropidolepisma Richardi Pirs., 787. Tropidonotus ruficeps Ptrs., 444. Turmaline, 604. Typhlops perditus Ptrs., 535. Utricularia vulgaris, Vegetationskegel, 92. Varanus (Odatria) semiremex Ptrs., 695. Wärmelehre, siehe Physik, 86. 482. 675. 713. 745. Xenopholis Braconnieri Ptrs., 441. Xylidine, Isomere, 558. Xylidinroth, 556. Zoologie, Über die Gehörknöchelchen der Schildkröten, Eidechsen und Schlangen, 6. — Über die Höhlen des Unterkiefers der Krokodile, 7. — Über den Giftapparat der Schlangen, 193. — Neue oder weniger bekannte Flederthiere, besonders des Pariser Museums, 391. — Neue Gattungen und Arten von Amphibien, 432. — Beschrei- bung Ehrenberg’scher Anneliden des rothen Meeres, 494. — Neue oder weniger bekannte Fische des Berliner Museums, 703. — Neue Eidechsenart, Phyllodactylus galapagensis, 719. — Riesenvögel Neu- seelands, 752. — Neue Saurier und Batrachier, 786. — Siehe Mi- kroskopie, 244. 253. 257. 373. N PER SR FR Ar fr I rn | DhuysiK. haar EN En ’ Bm Ka PO Kh- aa Arte Be Eck . ae Bares; a Eur tor A. 1,00% “ D 8x: p3 H Ber onsmern. MR era pe TO ZTE VEN Dr RE? e dar Tee ine Tri EINREISE Fin % ch PPRREER Br Berg Re ü ag, ae an SE wich sah era nr Frihfe a RE Br 4 a ee En ERENENE ‚en ö itetn Iretiersindie Bine Alle: via Dar ababit. FIRMA, Be ön libolnze sb Al En u ARE 1slo are Ber ssnsgektihe ey Horb ‚LeB emanl er re Fuo Dub ee 10 A Bh Is ira. BRETT De tebihinä 2 $ han 9 y A. ot Tinirsaiil Bus oh are Fra: ER bogösasilt = ar einge eutvoaholtguiil apte Mi ads aan oiitonsstiger hai irn sat = ,Sar ee ee A ner A ER HE Sa. nesrtig a ER ET h | ' 2 i ; in ’ ‘ Erle 47 Hat, : R = Daten harroh dus ektlanni ham ae, R ne ie 2 . EEE, { . > s k ö j 4 he „u % I BR rt Y% ie Pr % “ u) u . d 2 Ef et N rt : Te N a d i R ”: CH TER aha a t har ee Kal ; . I E% ED VAN N | "NRRER 3, j are d = > A a PERLE, = Js lic rl y 2 6@ Ei ji aan a EB En: Fr DEN re ke £r r TE» 2 ‘ ' VAIETAHEDSF ATS FIR UN EN I i ten 4 ee ) KR ur 7% 3 MER « “ Pr e w 0 F Hs vr B2 ir >y Vo R BE - / » ra 29, f th, Ba rar : GREEN re MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Januar 1869. = Mit 1 Tafel. BERLIN 1869. BUCHDRUCKEREI DER K&K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD., DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG, HARRWITZ UND GOSSMANN. Inhalt. it Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *HauPpT, Über ein griechisches Excerpt geographi- sches Inhalts *HaAuPT, Über des Discodus Mae Tpe des phyrius Bischofs von Gaza ÜHRISTOFFEL, Über die Transformation ganzer ho- mogener Differentialausdrücke . : PETERS, Über die Gehörknöchelchen der Schildknö- chelchen der Schildkröten, Eidechsen und Schlan- gen, so wie über die Höhlen des Unterkiefers der Crocodile m: WEBER, Über eine Enidde im em Ehdier LipscHItz, Untersuchungen in Betreff der ganzen ho- mogenen Functionen von n Differentialen . “RorH, Beiträge zur Kenntnifs der tertiären und posttertiären Eruptivgesteine . *AUWERS, Vorzeigung von Preiighen ; POGGENDORFF, Vorläufige Notiz über ein Paar ano- male elektrische Erscheinungen PETERS, Über neue Gattungen u. Arten von Yadecheen *BEYRICH, Über Eugeniacrinus und Rhizocrinus Lersius, Über Aegyptische Kunst . Kunmuer, Festrede 5 Öffentliche Sitzung zur er RE Tales tags Friedrich’s II. Humboldt-Stiftung Eingegangene Bücher . Seite 1 1 1—6 6—8 10—48 49—53 "55. 55—56 57—66 66 82 67 —78 67—82 18—--82 9, 54. 66 A De N yıP in % > | . Au Rn a fr 4 x PR ‚ y # < ’ ! } re x F P 1 4 x N Ri: e J « “ BR TEN En r : ı x “ x ; Mega ai R N f 4 Pr = 1 er 2 IE = Ef ) ) r 4 e “. ” 4 e in j f x “ 2 z vr 7 r 04 E Bing ’ dl N r 2 =; is 2: B 4 P- - DEN x e - © + « r > = r / J T w u 2 r 23 < $ B % “2 ; + 2 . " - ve l ” 5 Js 13 d £* f N Pr v . YY n ” 3 a ir x f ee a dr MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Februar 1869. Re Mit 2 Tafeln. BERLIN 1869. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) UNIVERSITATSSTR. 8. IN COMMISSION IN’FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG, ; HARRWITZ UND GO3SMANN. = inhalt RE | ° ® ® . [TI . U” s Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. "ein *PinDER, Mittheilungen über Conservation und Re- stauration von Kunstdenkmälern . *EwALn, Über Faserkalkbildnngen . Reusch, Über die Körnerprobe am zweiachsigen Gimmer' '.. UN RR | *RAMMELSBERG, Über die Coreörsehan einiger na- türlicher Tantal- und Niobverbindungen . . » WARBURG, Über die Big nmımg fester Körper durch das Tönen . . PRINGSHEIM, Über die Bildanasrordahee am Veroti, / tionskegel von Utricularia vulgaris POGGENDORFF, Über das galvanische Verkolien hen 'Palladiums Dove, Über das N. ann im J anuar 26°... *RoTH, Beiträge zur Deirögiäphie a bahn Gesteine . . . : a GroTH, Über Ellen rd Oele *MOMMSEN, Über die Erzählung vom Gnaeus Mareius Coriolanus Re ah uehlulen . 5 *EHRENBERG, Über viele in Berlin. ebene beobach. tete mikroskopische Sülswasser-Organismen der Insel Spitzbergen NLRR REN KönHrer, Vorläufiger Bericht über eine neue Bear- beitung der Attischen Tributlisten Beusegangene Bücher ... .. ....%, 85.92. Seite 149 83 83 83—85 86 86--92 92-—116 116-118 118-139 Ba) 140— 148 149 149-156. 148. 157. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1868 und 1869 erschienen: Mommses: Livii codex Veronensis. Preis 2 Thlr. 20 Ser. G. Rose: Über die im Kalkspath vorkommenden hohleu Kanäle. Preis 20 Sgr. PaArruev: Die thebanischen Papyrusfragmente im Berliner Museum. Preis 12 Sgr. MONATSBERICHT i KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. März 1869. i \ “ sawsr Mit 3 Tafeln. BERLIN 1869. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) . UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. u Zr BE ie net ran an Be ih EN Pr an w A KALE en re \ 5 7 Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. ®BUSCHMANN, Zusätze zum Verzeichnifs der azteki- schen Wörter in den sonorischen Sprachen KRONECKER, Über Systeme von Funetionen mehrer Variabeln . | MEYER, Über den ee ve Se *Dove, Mittheilung über die meteorologischen Ver- hältnisse des Sommers 1863 KIEPERT, Über älteste Landes- und Volksgeschichte von Armenien ar *PInDER, Mittheilung über die Trominer von Seuechi Tope in Bhopal in Central-Indien EHRENBERG, Drei schriftliche Mittheilungen *RAMMELSBERG, Fernere Mittheilung über die natür- ‘lichen Tantal- und’ Niob-Verbindungen . RÜHLMANN, Über Höhenmessungen mit dem Baro- MMEIETT .. En Eee ge pu Boıs-REymonxD, Festrede h i Monysen, Über die ran vom Gnaeus Mareius Coriolanus Öffentliche Stern Eingegangene Bücher Seite 159 159—193 193— 215 215 216—243 243 244-263 262 . 264-265 . 266-272. E 266-272 216. 243 In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus dem Jahrgange 1868 erschienen: CHRISTOFFEL, Allgemeine Theorie der geodätischen Drdiecke, Preis 1 Thlr, Runorrr, Über die Laudation der Murdia. Preis 20 Sgr. x Pal 4 N j 6, Fr ’ B. ’ he Pr \ [2 ER r # N n h \ \ DER N SZU. en B- ER | Se n April | 1869. ö Mit 1 Tafel. x / \ BERLIN 1869 N S _ BÜCHDRUCKEREN DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. vogT) UNIVERSITÄTSSTR. 8. a re IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. Fi HARRWITZ UND GOSSMANN. 2 TOT BEN ur = en An En inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. PP: Seite "RIEDEL, Über die Verbesserung der Brandenbirar -schen Gerichtsverfassung durch den Kurfürsten ' Beednieh 1... . ee 213 BERKER, Über Mifsbrauch de FE ie a Ale Pırruey, Die koptischen Handschriften in Rom . 276-307 EHRENBERG, Über den am 24. März dieses Jahres mit Nord-Ost-Sturm gefallenen rothen Passatstaub 308—320 *BORCHARDT, Über einige Probleme des relativen Se. el en 322. POGGENDORFF, Über Vereinfachung in der Con- | struction und dem Gebrauch der Holtz’schen In- fluenzmaschine erster Art . . . | .. 922—332 HoFMANnN, Über die dem Senföl en Ta meren der Schwefeleyanwasserstoffäther . . . 332-338 Rose, Über die regelmäfsigen Verwachsungen der verschiedenen Glimmerarten . . 339 —362 HorMmann, Beiträge zur Kenntnifs 2 Möthylalde- ek h ; ..362—372 *REICHERT, no leieliende anal Unkorsuehg. SR Bennuber Zoobotryon pellueidus Ehr. . 2... 0. 002 EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten, vor- herrschend aus mikroscopischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko . . . . . 373— 877 WEBER, Nachträge zu der im race die Mo natsberichte enthaltenen Abhandlung über eine Episode aus dem Jaimini-Bharata . . . . . 377-387 Eingegangene Bücher . . . 320. 321. 338. 372. 387. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind neuer- dings folgende akademische Abhandlungen aus dem Jahrgange 1868 erschienen: RuporFF, Über den Ursprung und die Bestimmung der Lex Dei. Preis 14 Ser. v. RAnkeE, Briefwechsel Friedrichs des Grossen mit dem Priuzen Wil- helm IV. von Oranien und mit dessen Gemahlin, Anna, geb. Prin- eefs Royal von England. Preis 1 Thlr. 15 Sgr. ’ - MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Mai 1869. r eK Mit 3 Tafeln. BERLIN 1869. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) UNIVERSITATSSTR. 8. r IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Pr 3 v2 i e { F TEN NR ER, BR De; BERLRNT er j R NY er) % He ee 1 iv r r: v j 7, Gi ) ng Br; Als “ Le Br ne u Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *Haupt, Über die Erklärung der ee des Aristophanes N ; , RUDORFF, Über die En ae Grundsteuer unter Diocletian 5 *MoMMSEN, Über ein in he im None (Tirol) gefundenes Decret des Kaiser Claudius v. J. 46. PETERS, Bemerkungen über neue oder weniger be- kannte Flederthiere, besonders des Pariser Museums *Dove, Weitere Notizen über den Sturm vom 7. De- eemberiv: J.. 0 2°; . . KIRCHHOFF, Über zwei altinche Volreinschrifteni: aus Perikleischer Zeit . Kxny, Über den Bau und die eine des Hier Antheridiums ; PN Ä PETERS, Über neue Ganzen ind neue der weni- ger bekannte Arten von Amphibien . Ernigeoangene Bücher. .. ... ......,407. Seite 408 389 389—390 391 391—406 409—416 416-431 433445 445. 446 | In Ferd. Dümmiler’s Verlagsbuchhandlung ist neuer- dings folgende akademische Abhandlung aus dem Jahrgange 1869 erschienen: EHRENBERG, Über mächtige Gebirgsschichten vorherrschend aus mikro- skopischen Bacillarien unter und bei der Stadt Mexiko. ‚Preis 1 Thir. 15 Sgr. & \ ZU BERLIN. BE Iuni 1869. Bi: N n Fo > N W n N Ei PR : Zu BP: Ir Be Ze); 2 4 Dre! 7 4 > Eu F Br. IL ” f h 2 & at | | E | UI BERLIN 1869. er a _ BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) \ Are ö UNIVERSITÄTSSTR. 8. U N m COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’ s VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN, Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. Rose, Über Darstellung krystallisirter Kieselsäure _ auf trocknem Wege _ LIEBREICH, Über das Verhalten des Chlorals und der Trichloressigsäure im thierischen Organismus *WEBER, Über das saptagatakam des Hala Currius, Über den religiösen Charakter der griechi- schen Münzen e a Sach, Masnus, Über Emission und Absorption din bei nie- deren Temperaturen ausgestrahlten Wärme *Mommsen, Nachricht von den neuesten Ausgrabun- gen in dem römischen Arvalhain im Winter von 1868 auf 1869 . ; *DoveE, Notizen über die vojährigen ee mungen in der Schweiz . ı \ GRUBE, Beschreibungen neuer oder weniger bern ter von Hrn. Ehrenberg a Anneliden des rothen Meeres . *MÜLLENHOFF, Über die Erd- nd Gradmessun der Eratosthenes Eingegangene Bücher . ae. un 464. 481. Seite 449462 162 —464 465 465481 . 489483 183 494 494591 521 483. 522 MONATSBERICHT | | | KÖNIGLICH PREUSSEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. BE Auli 1869. ) Be mr “ - ho G £ S ’ Bir 3 173) 7 RR N. 9 f San * % ER: x f or ® EB q „ I, E u Bi - r Fr Ei u Ro z BERLIN 1869. h f 1 BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) } UNIVERSITÄTSSTR. 8. 1 IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. De 0 WERNER ur Er u u a rn he ne Inhalt . Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. "Wener, Über das vaptayatakam des Hala re setzung) BR =MOoMMSEN, Über die comites et amiei Ausnahi de früheren Kaiserzeit REuSscH, Über Glimmercombinationen WARBURG, Über die Dämpfung der Töne fester Kör- per durch innere Widerstände . Hormann, Über das Naphtalinroth ‚ Über das Xylidinroth ‚„ Zur Kenntnifs der isomeren Xylidine ‚ Zur Kenntnifs des Chrysanilins ‚ Über die chemische Natur des Anilingrüns- - , Neue Untersuchungen über die dem Senföl entsprechenden Isomeren der Schwefel- cyanwasserstoffsäureäther . - -, Bemerkungen über die Finca producte des’ Diphenylsulfocarbamids . POGGENDORFF, Über elektrische Spitzenwirkung . RAMMELSBERG, Über die chemische ar der Turmaline *MAGNUSs, Mittheilung über Has Essen bee Töne bei der Fortpflanzung in hanfnen Schnüren und in Bleidraht . le AUWERS, Über den Werth der Abs onel Be nach den Beobachtungen von Molyneux PERTZ, Über ein unbekanntes Gesetz des Ostgonr schen Königs Theodorich BRAUN, Über eine neue in Neuseeland entdeckte A der Gattung Isoetes Droysen, Historischer Beitrag zu a Fähre von a | Congressen Masnuüs, Über die Berfexion dr ne an dr Obär fläche von Flufsspath und andern Körpern *PERTZ, Vorlegung eines Buches Öffentliche Sitzung Eingegangene Bücher . 529 599 530—538 538—549 550-556 556—558 558—559 559—563 563—579 579—583 583—590 590—604 604—611 su 611—646 647—648 648—650 651—675 675—678 678 523—529 549. 590. 650. 679 | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN A KADEMIR DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. August 1869. | Be‘ | BERLIN 1869. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) u 1 ; UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. | | | Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. PARTHEY, Über seine Ausgabe der Mirabilia Romae nach den vatikanischen Handschriften ; KRONECKER, Über Systeme von Functionen mehrer Variabeln . ; *pu Boıs-REYMOND, Öb: die Ar nlische Boyesane gedämpfter Magneten u...» Braun, Über zwei vom Blitz E Boßfene Eichen . Bonitz, Über Platons Kratylus mit Beziehung auf die Bestreitung des platonischen Ursprungs PETERS, Über neue oder weniger bekannte Fische des Berliner zoologischen Museums - Eingegangene Bücher . Seite | 681688 | 688698 B k 698 698702 703. 103711 703. 711 en. ran en ; a ee ee GERA? N EEE ZELTE s ptember und October 1869. BERLIN 1869. DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. vosT) Has 0... UNIVERSITÄTSSTR. 8. | k:vrhalt Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. MAGNUS, Über die Veränderung der Wärmestrahlung durch Rauheit der Oberfläche . u PETERS, Über eine neue Eidechsenart, Pu ul galapagensis, von den Galapagos-Inseln . PrinssHeim, Über Paarung von Schwärmsporen BRAUN, Bemerkungen über eine ı von Po- docarpus Chinensis . NR, AR SCHULTZ-SELLACK, Über Dielen einer Reihe von Stoffen für dunkle Wärme “WEBER, Zur Kenntnils des vedischen Garrel ; *RÖDIGER, Über einige ältere arabische Gedichtsamm- lungen ®y. RAnkE, Über den Fall a ansehen Ministers Eberhard von Dankelmann Eingegangene Bücher . Seite 713—719 7119-720 721738 738744 745 —747 749 750. 750 748. 749 engen innen Dane 65 = > = n ‚ een ze x ® es | | Ä i Be = IE a: nv. x ) 4 Y > = - < \ . 2 = | ” = = . x x . \ e N : ä / 5 } N . DE rs | rk eu . 2 . = De. Sa a 3 . gr x | | v g z HRS Fi " UNIveRSIr inssın. er 1 4 N 5 PER At Inhalt oa 0 Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. nik “ Br *EHRENBERG, Über eine an die Akademie eingesandte A Berlitheilung: .....:.. . 0.0 u *HagEn, Über die Bewegung des Waren in ver Wan tical abwärts gerichteten Röhren . . . . . . EHRENBERG, Mittheilung aus einem Schreiben des Rn. Hans ‚as il. a a =MoMMSEN, Über ein ungedrucktes Bruchstück aus Dem 20, Buche des Livius... .. 2.0... 2.2. -*DoveE, Übersicht des dritten Theiles seiner Darstel- lung der Wärmeerscheinungen IN fünftägige A Bl. une. 0 "DROYSEN, Beitrag zur Kritik der Mesioimen. des. m Prcan an Poelnitz 1... Sean ‘ POGGENDORFF, Über das Holtz’sche Rotationsphä- Be ee 785 PETERS, Über neue Saurier und Batrachier . . . 786-790 Hormann, Zur Geschichte der geschwefelten Harn- Be. = tan lkeinee ln. Be a 791806 pu Bois-Revmonp, Über die a Bewegung | sedämpiter Magnete’. "nu 806 959 Eingegangene Bücher .. .. ... u... 751. 753. 806 ur 4 a} = an ws air Le ER Re I. al Ba, MONATSBERICHT Be. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. December 1869. = Ki r 5% ("4 +; X wi ; 2 \ Gh - Pi; u hi x ie? Be Steete BERLIN 1870. BUCHDRUCKEREI DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. WEIERSTRASS, Über die allgemeinsten eindeutigen und 2nfach periodischen Functionen von n Ver- änderlichen \ i WARBURG, Über den Einflufs once in gen auf den Magnetismus des Eisens Rıess, Vergleichung des Elektrophors mit der Elek- trisirmaschine und Elektrophormaschine *SCHOTT, Fortsetzung seiner altajischen (uranischin) Studien S ®HAGEN, Über Bewer des Warez in le schen nahe horizontalen Röhren . PETERS, Über mexicanische Amphibien N KiIRCEHOFF, G. R., Über die Kräfte, welche zwei unendlich denne, starre Ringe in einer Flüssigkeit scheinbar auf einander ausüben können Namen-Register . Sach-Register . se ae a Bessesansene Bücher ‘ .... un... 808 Seite 853857 857861 861-872 872-873 87a 874—881 881-887 889899 893897 873. 887 KR 9 mm } |