ei Te ar, RRUR. MONATSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Aus dem Jahre 1876. Mit 38 Tafeln. BERLIN 1877. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGN NW. UNIVERSITATSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Al 7 R “ ER HA Kir WARE TUW RR HILLER MAYNABDM. METCALF MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. | Januar 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Mommsen. 3. Januar. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. A. Kirchhoff las über den angeblichen Zug des The- mistocles nach Rhoda. 6. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. du Bois-Reymond las über muthmaassliche Einerleiheit von Peraloletronomie und terminaler Nachwirkung. Hr. Lepsius überreichte der Akademie das neuste Werk des Hrn. Edouard Naville in Genf, und fügte einige Bemerkungen über die Bedeutung dieses durch eine streng philologische Unter- suchung sich auszeichnenden Werkes hinzu. [1376] 1 2 Gesammtsitzung An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Anmales de chimie et de physique. V. Serie. Dec. 1875. T. VI. Paris 1875. 8. Proceedings of the Dublin University biological Association. Vol. I. Session 1574. N.1 Dublin 18575. 8. Garcin de Tassy, La langue et la litterature Hindustanies en 1875. Re- vue ammuelle. Paris 1876. 8. A. Favaro, Nuovi studi intorno al mezzi usati dagli antichi per attenuare le disastrose consequenze dei Terremoti. Venezia 1875. 8. Vom Verf. Th. H. Martin, Sur l’etymologie du mot Dietator. Paris 1875. 8. Extr. Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der G. A. Universität zu Göttingen. N. 16—24. 23. Juni — 15. Dec. 1875. 8. Revue scientifique. N. 26. 27. Dec. 1875. Jan. 1876. Paris. 4, Polybiblion. UL. Ser. Tome 2. XIVe. de la collection. VI.Livr. Decembre. Partie litteraire. Paris 1875. 8. Atti dell’ Accademia Pontificia de nuovi Lincei. Anno XXVIII. Sess. VII del 20 Giugno 1875. Roma 1875. 4. E. Naville, La Litanie du soleil, Inscriptions recueillies dans les tombeaux des. Rois & Thebes. Avec un volume de 49 Planches. Leipzig 1875. 4. 2 Voll. Vom Verf. Vorgelegt von Hrn. Lepsius in der Sitzung vom 6. Jan. 1876. E. Burnouf, Annuaire de la societe americaine. Paris 1875. 8. (Session ordinaire de 1875.) P. Spiller, Die Urkraft des Weltalls. Berlin 1876. 8. Mit Begleitschr. Regesta Pontificum Romanorum ed. A. Potthast. Fasc. X. XI. XII. XIII. Berolini 1874. 1875. 4. 2 Ex. Vom Verf. R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. Pag. 375—8390. 8._ Mittheilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. XV. Vereinsjahr 1875. Salzburg. 8. Th. H. Martin, Memoire sur la cosmographie populaire des Grecs. Paris 1875. 4. :Extr. Vom Verf. L. Rütimeyer, Weitere Beiträge zur Beurtheilung der Pferde der Quaternär- Epoche. Mit 3 Tafeln. Zürich 1875. 4. Vom Verf. —, Über Pliocen und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen. Basel 1876. 4. Vom Verf. Melanges biologiques tires du bulletin de l’ Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. TomeIX. Livr. 4. St. Petersbourg 1875. 8. — physiques et chimiques. T.IX. Livr. 3. ib. eod. 8. — math. et astron. T.5. Livr. 2. ib. eod. 8. v. Reumont, Geschichte Toscana’ s seit dem Ende des Florentinischen Freistaats. Bd. I. Gotha 1876. 8. Mit Begleitschreiben. vom 13. Januar 1876. 3 13. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Zeller las über teleologische und mechanische Natur- erklärung in ihrer Anwendung auf das Weltganze. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Bibliotheca Indica. New Series. N. 313. Caleutta 1875. 8. C. Pujazon, Anales del Instituto % Observatorio de Marina de San Fer- nando. Seccion 2. Observaciones meteorologicas. Anno 1874. San Fer- nando 1875. 4. Handlingar, Svenska Vetensk. Akademiens. Bd. IX, 2. X. XII. Stockholm 1871—73. 4. 1 IDihang? BaNT. 152.711, 1.2. 16.1872 1874.08. Öfversigt. Ärg. 28— 31. ib. 1871—1875. 8. Meteorologiskarakkagelser. Bd. 12—14. ib. 1870. 1871. 1872. 4. Lefnadsteckningar. 1,2.3. ib. 1870. 1872. 8. De Geer, Om Jürta. ib. 1874. 8. Mit Begleitschreiben. Jan Kops, Flora Batava. Aflev. 227—230. Leyden. 4. Revue scientifique. N. 28. Janv. 1875. Paris. 4. G. Pongini, Le mie origini opera. Libro 1. 2. 3.4. Piacenza 1870. 1871. 1874. 8. Vom Verf. Die Natur. Zeitung zur Verbreitung naturw. Kenntniss. N.1. Neue Folge. Halle 1876. 4. Fr. Krafft, Über die Entwickelung der theoretischen Chemie. Basel 1875. 8. La Democracia. Anno IV. 1875. Num. 1019 — 1028. Dec. 1875. Monte- video. fol. Mit Begleitschreiben. Mathematische Annalen. Separ.-Abdruck aus dem IX. Bande. Leipzig. 8. (R. Sturm, Über die v. Staudt' schen Würfe.) K. Akademie der Wissenschaften in Wien, Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe. XII. Jahrg. 1875. Schluss. 8. Proceedings of the Royal Society. Vol. XXII. XXIII. London 1874. 75. 8. The Royal Society. 30th. Nov. 1874. 4. Philosophical Transactions of the R. Society of London. For the year 1874175. Vol. 164, 1. 2. 165, 1. London 1874/75. 4. E. Klein, The Anatomy of the Lymphatic System. II. The Lung. .ib. 1871. 8. Geschenk der R. Society. A. B. Meyer, Mittheilungen ous dem K. zoologischen Museum zu Dresden. 1. Heft mit Taf. I—-IV. Dresden 1875. 5. Vom Verf. W. F. @. Behm, Leopoldina. Heft XI. N. 23. 24. Dresden 1875. 5. 1* 4 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 17. Januar. Sitzung der physikalisch -mathemati- schen Klasse. Hr. Websky las folgende Abhandlung: Über die Relation der Winkel zwischen vier Krystall- flächen in einer Zone und die der Winkel zwischen vier Kanten in einer Fläche. Durch Miller (Treatice on cerystallography, London 1839) ist die Relation zwischen den Winkeln von vier in einer Zone liegenden Flächen eines Krystalls und ihren krystallographischen, auf drei Krystallaxen bezogenen Symbolen in die Methode der Krystallbereehnung eingeführt und von mehreren anderen Autoren (Vietor v. Lang, Lehrbuch der Krystallographie, Wien 1866 —- Schrauf, physicalische Mineralogie, Wien 1866) in gleichmässiger Weise benützt worden. In dem Nachfolgenden soll eine anderweitige Ableitung und Formulirung dieser Relation angegeben werden, welche durchsich- tiger ist und zur Verwerthung des Gesetzes den nach der Methode von Weiss und Naumann arbeitenden Krystallographen beque- mer sein wird. Wenn man unter Zugrundelegung der Vorstellungsweise von Neumann (Beiträge zur Krystallonomie 1823) die Einheitswerthe der Krystallaxen in der Form a:b:c = Längsaxe : Queraxe: Verticalaxe = Zahl: Zahl : 1 ausdrückt, durch den Endpunect der Verticalaxe, also in der Ent- fernung — 1 vom Ausgangspuncte, eine Ebne legt, rechtwinklig zur Verticalaxe, ferner vom Ausgangspunct der Axen Normalen auf die Krystallflächen zieht, so treffen die Normalen besagte Ebne — Projectionsebne — in einem System von Puncten — Flächen- orte —, von denen eine Anzahl im Unendlichen liegen kann. Die einer Zone angehörenden, unter einander paralle Kanten bilden- den Flächen legen ihre Flächenorte in eine grade Linie — Zonen- linie; umgekehrt bestimmen je zwei Flächenorte eine Zonenlinie. vom 17. Januar 1876. 5 Man kann von diesen Zonenlinien zwei als planimetrische Axen der Projectionsfigur betrachten und, auf diese bezogen, die Lage der Flächenorte durch Coordinaten, die Lage der Zonenlinien durch Parameter ausdrücken. \ Wählt man zu diesen Projectionsaxen die Zonenlinien der nicht mit der Verticalaxe OC parallelen Dodecaidflächen, und zwar: als Projections-Axe O,A, die Zonenlinie der Dodecaidflächen der Form (: voob: ) und als Projections-Axe O,B, die Zonenlinie der Dodecaidflächen der Form (=a: an ) Y und bezeichnet den Winkel der Krystallaxen OB und OC mit «, den Winkel der Krystallaxen OA und OC mit 2 und den Winkel der Krystallaxenebnen AOC und BOC mit (©, sämmtlich im posi- tiven Octanten angegeben, so lauten die Coordinaten des Flächen- { S ab ortes der allgemeinen Fläche -:-:c av O2.4 m O'B! v — = — 9 = = 5 = m! asin®@sinC n! bsin «sinC Liegen drei Flächen 2 aD PM — -:—:c6, Mı vı ar D Da, ler, ’ kai Y2 £ os ..b Ma — ne Ma v3 in einer Zone, so verhalten sich die Distanzen ihrer Flächenorte ı, #3, F3 nach der Proportion „1 155 1 1 B 3 am lsler ea 3- = Mı Ma: Hı = Ma >= Vı 70 Va:Vı Vz 2 unabhängig von Character des Krystallisations-Systemes. 4 6 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Wenn man nach Maassgabe der von Weiss und G. Rose eingeführten, von Quenstedt cultivirten Linearprojection bei glei- chen krystallographischen Grundlagen die Reductionsebnen der Krystallflächen durch den Endpunet der Axe OC=1 legt und mit der Axenebne AOB zum Durchschnitt bringt, so wird jede Flächenrichtung in dieser durch eine Intersectionslinie — Sections- linie — repräsentirt; die Puncte, in denen sich die Sectionslinien schneiden, verbunden mit dem Endpunct der Axe OC, bestimmen die Richtung der Kanten, welche die von den Sectionslinien reprä- sentirten Flächen bilden. Nimmt man in der, in der Axenebne AOB entstehenden Linienconfiguration die mit den Krystallaxen OA und OB zusammenfallenden Sectionslinien der Flächen (oea:b:ooc) und (a:eb:ooc) als lineare Projectionsaxen O°A° und O°B°, so erhält man nach ihnen für die Sectionslinie der allgemeinen Flä- ab } 0°.4° a OIB5 b che !=-:-:c die Parameter — 0 — —.. Der Ik v IA [4 v v Durchschnittspunet P — Zonenpuncet — der Sectionslinien der Flächen a ab Mr :sc und Mm — re ln Ma 05 erhält die Coordinaten . 0242 vy, —vı OsBeE A — Iiy = a 3 —W $) m VaMı —— Mavı N Valı — Mavı a b i Ä wofür kurz —, - geschrieben werden soll. Alle Kantenrichtun- mn gen, welche im Bereich einer Fläche F vorkommen können, ent- sprechen Zonenpuncten P,, P, ete., welche in einer graden Linie liegen; die Distanzen solcher Zonenpuncte verhalten sich daher nach der Proportion PIPPI Br wie my Mg: m Ms vom 17. Januar 1876. 7 Wenn vom Puncte C drei Grade UP, OP,, CP, ausgehen und in den Puneten P, P,, P, eine vierte Grade schneiden, wenn fer- ner die Distanzen nu re DR. —t, und die Winkel PCPR=n, fC(R=n genannt werden, gemessen von CP, so wird eine von Ü nach der Linie PP, gezogene Normale CP, mit CP einen Winkel „ bilden, der von CP aus gemessen positiv oder negativ sein kann und be- stimmt ist durch die Gleichung i Met =tgn. Wenn an Stelle der Linie UP, eine andere von U gezogene Linie CP, tritt, welche mit CP den Winkel PCP, = +,, in derselben Richtung gemessen, bildet und den Abstand PP, = t, abschneidet, so gilt ferner t,eotn, — 1,C0otnz = 197 1 —tı ER so dass auch die Gleichung t, coty, — %Cotns t, cotnı — L3C0tr3z ch ie bh oder 1 n t, t t, t tz t — c0t 1 — — — 00% = —— 0b — —— coty Del 5 am Y 3 — I, en 3elı S besteht. Man kann sich nun unter Z,, t,, t, entweder die Distanzen von vier in einer Zonenlinie liegenden Flächenorten einer Neumann- schen Normalen-Projection oder die Distanzen von vier in einer Sectionslinie einer Linear-Projection belegenen Zonenpunkten den- ken. Im ersteren Falle sind unter ,, 75, 7, drei von einer Flächen- normale aus in einer bestimmten Richtung gemessene Normalen- bögen einer Zone, im andern die von einer Kante aus gemessenen ebnen Winkel zwischen den in einer Fläche liegenden Kantenrich- tungen zu verstehen. 8 Sitzung der physikalisch-mathemathischen Klasse Bei der Lage in einer Zone erfüllen die Flächensymbole von b der allgemeinen Form :2e die Bedingung v 73 RM — 1 v— vı a — Id v—vı a en 9 _—— —— . a — lg v— va MM — Mg v — Vz Die Flächenortsdistanzen von vier diesen Gleichungen genügenden Flächen verhalten sich aber, wenn wir !— H=4,F!=M=;, etc. setzen, nach der Proportion bb: = B —m!R — Keil — ls woraus auch to — U:lbtl; — t:t; | Ak — il — Mail — Meilı — MM — ls; und analog I v—viv —VWiv—vyivy —r3iv—v; folgt; daher ist Tan a — IAı v— vı tz [a — Ag V — v5 u — — — 9 = — oo —— — I Mı a Yıb2 b—h Aı — Ma Deka 2 tı a — Hı N tz a — 143 Vals == —mı — 9 —= = — W —lı Mı — #3 ee 13 — 4, Mı 7 [#3 VNenl und daher die allgemeine Relation zwischen den Normalenbögen und den Axenschnitten dieser vier Flächen M— la Ik — Ma AR — Hı M— My cot4ı — —. cotna = —— c0tnı — —— 60173 ll ale) Are) Paare und v— V — v9 v — vı v4 —— Va —— 0069 — ——— 00, = —— coty1ı — ——— 60193 v)— Va VL — Va Vu—Va vı — Va Diese Gleichungen sind bezüglich ws, v,, cotyg und Ya, v3, Cotnz symmetrisch; es kann jede dieser Gruppen als die Variable ange- sehen werden; in der Folge soll dies bezüglich 43, v3, cotn;3 ge- schehen. Löst man die obige Gleichung nach »,;, v; auf, so erhält man (1) lag (4, — 1%) cotyı — 11 (mg — u) cotya + (Ma — 1) cot nz Fa ne (u, — 1) cotn — (Ha — 14) 60673 + (Ra — 11) C0by3 2) va(u, — v) cotn, — vi (va — v) c0tng + v(v, — vı) Cotyz 24 u . j : (u, — v) cotnı — (v3 — v) C0tn2 + (va — v1) 6069 vom 17. Januar 1876. I In dem ersten dieser Ausdrücke (1) sind die Glieder lag (a — #) cotn — Mılaa—r)cotn = A , „(a—h)=DB, („— u) cotn — (a—n)cotn—=(, (sn) = D und analog die entsprechenden Theile des zweiten Ausdruckes = 4,,B,, 0, D, nur abhängig von den Symbolen und Winkeln von drei Flächen, so dass man aus ihnen eine für die ganze Zone gültige Formel A — Beotr; N A, Sr B, cotrz (3) CEO x Ci + D,ecotr; a = erhält, mit Hülfe welcher man unabhängig von den Elementen der : h : ae Rt. Krystallgattung, die Axenschnitte-Coäfficienten — , — einer vierten EL Fläche berechnen, sobald der Bogen », gemessen ist. Ist vu, bekannt, so hat man auch aus dem Zonenverbande di (vn, —vıR) — (v— v1) Ws Vz Isanaples Umgekehrt erhält man ir Ne Ay — 43) (Hg — A con, — ( le Den 1 — 2 eo (4) (n3 — #) (Hs — 1) (v3 — u) (Wa — 11) (vz —- vs) (v, —— v) > (v, — Vs) (v; in v) tn co cotn. d on nn) Genen Man kann aus den letzten Gleichungen (4), (5) den Winkel +; ab- leiten, welche die Normale derjenigen Säulenfläche mit der Aus- gangsnormale bildet, die die nächste in der eingeschlagenen Win- kelrichtung ist; man hat dann für p; resp. v; die Axenschnitt-Co&f- ficienten der Säule + © (u, — #3) „ — © (vy — v,) oder — 0 (4, — 4a), + © (vy — v,) einzusetzen und findet Mrz Pa —— 1A et = — — cotyı + — cotyz (6) Ag — Mı Ma — Kı vı —v Va — Vv — — —— oo + —— con. (7) va == /Vı va == U] 10 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Es ist dann 180°++; der Abstand der Normale der diametral entgegengesetzten Säulen-Fläche von der Ausgangs-Normale. Wenn die Rechnung der Winkel von der Normale auf die Säulenfläche aus beginnt, so ist das Symbol der Fläche F abhän- gig von den Symbolen der Flächen 7, und F, und daher Mu ol —) ;„v—= —oo(n— v,) resp. Mz=— oo (mı a Ag) la —u 00 (va — v.) g Setzt man diese Werthe in die Relation (a — 11) cotnı — (mM — 15) Cotny Ar (# —1,) cotnı — (mM — 143) Cobn; Mı — Ma Aı — Ag ein, so erhält man (8) cot7, — Cotya cot7] — COtnz C = 9 ae Mı 7 3 wofür auch (9) cotn, — cotra Wı — Ida vy — vg cotyı — COtnz Mı — I Vremnzals geschrieben werden kann. Nach %;, v; aufgelöst, giebt diese Gleichung (10) 12, 607, — L,C0tn3 + (43 — 11) COty3 a ) 2 coty, — Cotn v,C0trj a cotYs — (vs == v)) cotyz | (11) 2 cot NN cot up} oder für die Rechnung bequemer, wenn M,cotynı — M1C0tnz N ® =D, — — E gesetzt wird, coty, — COtYg cotn, — COtNna Ms = D-+ Ecoty;, woraus auch V]ı Ag—Valkı) — (v,— v3) (ha Va — TE ) - gefunden werden kann. alla Aufgelöst nach cotz, hat man \ 3 My — Mg My — lg (15) cotn, = —— ot nı — — coty, lg — 1A} Ag — Pı VEN mnl3 = —— coty — —— cotn. Var y7 Vor YA vom 17. Januar 1876. 1l Man bemerkt, dass die letzte Gleichung (15) eine allgemei- nere Form des unter dem Namen „Basalsatz* bekannten Problem ist. Nimmt man — einem monoklinischen Axen- System- entspre- ) j chend — zur Fläche F die Hexaidfläche a:oobooc, zur Fläche . . .. .. a F, und 7, beliebige Dodecaidflächen von der Form -:oob:c und % als Fläche F, die Basis = oa:oob:c, so geht der Ausdruck, da % = 0 wird, über in [49 "1 cot71; —= — cotnı — — 601%, Mae 141 el gewöhnlich geschrieben Ag —— Iı tg, = oder 4 = IA, COtnı — M,C0tnz (1 5 C08 9 SiNYg — 14160893 Sin ı 141) sin 71 sin N3 Ebenso ist letzte Gleichung (15) eine allgemeinere Form des für rechtwinklige Axen in der Regel direct abgeleiteten, mit dem Namen des „Tangentensatzes* belegten Problems. Führt man nämlich als Fläche 7, die Dodecaidfläche SPeshee, m b für Fläche #3, die Dodecaidfläche ©a:-:c der Zone ein, so dass n M= mM ,„ y, —=oO Ma — 0) ma, —ın wird, so lautet die Gleichung 143 mM — Wa coty = — cotn + — Ccotng. m m Bei rechtwinkligen Axen ist ; mb co n1 7 = ’ aV m!n? + an? + b?m? n?a cot up) = Eu Teams p) bVm!n? + a?n? + b?m? so dass 12 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 14m? b? — (mn — %yn)na” coty, = m. abVm?n? + an? + b?m? da ferner mn = Mvz — N iz D) so geht der Ausdruck in 2 2 Km b" — v;na coly; = abVm?n? + an? + Bm? oder in der üblichen Schreibweise in ab Vm!n? + an? + b?m? 2 2 Kmb" — vana tg 7; — Die Dodecaidflächen, welche der Vertical-Axe OC parallel gehen, d. h. die Säulenflächen, haben Symbole von der Form ab a b 2 ee 3 :c. Führt man an Stelle von vw, Wı, Ks ke Sy 1-00 voo etc. derartige Werthe in die oben entwickelten Gleichungen ein, so bleiben dieselben unbestimmt. Die von den Normalen dieser Flächen eingeschlossenen Win- kel werden in der Figur einer Neumann’schen Normalen-Projec- tion von den Radien aus dem Mittelpuncte des Unendlichkeitskrei- ses nach den in dem letzteren belegenen Flächenorten verzeichnet. Jeder von einem dieser Radien aus gemessene Complex dieser Winkel wird zunächst durch das Coordinaten-Verhältniss der im Unendlichen belegenen Flächenorte bestimmt; in gleicher Weise maassgebend für die Grösse dieser Winkel sind aber die Distan- zen der Durchschnittspuncte jeder anderen diese Radien schneiden- den Graden, welche dasselbe proportionale Verhältniss nalen, wie die im Unendlichen liegenden Distanzen. Zu einer diesen Bedingungen entsprechenden Graden gelangt man aber, wenn man an Stelle der unendlich grossen Coordinaten der Flächenorte proportiönale endliche setzt, so zwar, dass für die eine gleichnamigte Coordinaten-Gruppe ein und dieselbe Länge, beispielsweise die Axeneinheit genommen wird. vom 17. Januar 1876. 13 Man substituirt also ” s O4 [4 für %.00,v.oo die Werthe ‚1 odr —,1 oO v v lg IA Bı ©, Vı© 5 oder —,1 oO vi vi etc. und hat daher für die Säulenzone (2) em ls) came Be, cot Ns Rz vo. \vj v v v v 7 v \v v x — (14) = (— F) en (12 5) con, Fr 5 —_1)eotn, An 4 kn 1 me.) nn) An =e 2 Si) gen, (en Auf die einfachste Form der für diese Zone geltenden Gleichung gelangt man, wenn man zu den constanten Gliedern die Hexaid- flächen und die von ihnen eingeschlossene Fläche der ersten Säule nimmt, also z. B. für cotn; — F die Fläche a: ob: »c, F\, alle 2. 9CH, F, So ak b cSiCh, [22 I4ı 43 ? wdan- =», -=1,-=0 ist, so dass v vi Va la coty — coty, — (16) Va cot nz -—— coty, A 7 c0ot73 = E eotyı + (1-®) cotY3. (17) Va v3 14 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Beispiel. Am Anorthit folgen in einer Zone: l=.a:b': oc A re — — € r [} — — w—dasdbirc. 2, a 42 0,0 m) — sooo busen u 10 ‚v—=—2 0, 0 D.C ae —n DER ER ONH|. Zn ee, — 7% 3b C 5 n=—4,v= 3 j — 3.0: cobsıch.,;, mn — 2 Eu 0 LER . . Se nn nm —=danndb:e, yup—=) 4, ve l = a:b: oc 5 = — e0, V —r 1, ©© Nach Descloizeaux sind die Normalenbögen: Lo — 21,28; el — 2) n'lo' = 45° 21’ 042>— 15, 40: la 20 ul — DAR GL ull:—= 19°. 22' Summa 180° 0' Betrachten wir als P, P,, P, die Flächenorte von n', o', so ist ’ 19 2 ) ’ Mm, en: Ma=—u0 UNE? Pe 1 = Bogen ln! — 31%467 ; ‚cotn, — 1,6493 12 = Bogen 0" = 31° 46' + 45° 31 = 77° 7! cotYa — 0,22872 und nach (1) 4 vom 17. Januar 1876. 15 A = (— 1) (0 -—- 2) cotyı — 0 (—1—2) cotn — 2cotyı = 3,22986 B = 2(—-1—0) = —2 C= (0 — 2) cotn — (—1—2) eotn = — 200107 + 3 c0t7g = — 2,54370 D=—-1—-0=-—1 Darnach lautet unter der Voraussetzung, dass die Winkel von der Normale der Fläche % abgemessen werden, die für die Zone gül- tige Gleichung 3, 229386 — 2C0ty3 ee NE 2, 54370 + cotn Ksei gemessen 0/12 — 15 40, So ist 73 — 77° 7-15 40 = 92° AT; coty; = — tg 2? 47’ = — 0,04862; also für z 3, 22986 + 2.0, 04862 K = — - - ! = —- 1,34 —- —#. 2, 54370 — 0, 04862 rot De in) ee) Kı — A O2 = 2 ,2— 3a:3b':c Soll der Bogen +7; von % nach 2 berechnet werden, so ist, — # für #, eingesetzt Mm) _ 1490-9) __, (3 — 1) (#2 — 1) (= 3 = 2) 1-0) : Cs) & Ole Ben (3 — 1) (#2 — 1) GE mie 0) “ coty; = — Feotyı + £cotyg = — 0,04851 = — tg 2° 47 a Für den Bogen von y, bis zur Säule Z=a':b:ooc wird nach (6) 0—2 —1-—2 — me + Si N (—1—0) (—1— 0) = — 2c0t1, + 3 60t% — 2.1,61493 + 3.0,22872 — — 2,54370 4 — tg 68° 32 — cot 158° 22’ s coty; = | 16 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Der Normalenbogen zwischen = a:b':ooc und %, ist daher 180% 158° 82. — 210 98% Man kann nunmehr die Zonengleichung in der einfacheren Form (11) aufstellen, indem man für P, P,, P; die Flächenorte von Z, %, n’ wählt; dann ist Kı—=2,%,—0 und m Ily, = 21°28' ; coty, = 2,54299 1a — ln —==21? 28:°2.31746 . — 5381) c0t73 = 0,74719 0.2,54299 — 2.0,74719 ID — — 0,83215 2,54299 — 0,74719 2-0 E= — 411971 1,79580 Darnach lautet nunmehr die für die ganze Zone gültige Gleichung Ma = — 0,83215 + 1,11271.cotrz. Sei gemessen n’/z = 45° 21' + 15° 40' = 61° 1’ Normalbogen, dann ist Ya: == 53° 14° 4 61.1" = 11415) ; coty3 = — tg24° 15' = — 0,45047 ; für z ıst dann 3 = — 0,832215 — 1,11271.0,45047 = — 1,3338 = —#. Umgekehrt sei 4, = — # gegeben, so ist — 1,33333 + 0,83215 coty3 == be & J 2 = m 0,45041. 1,11271 vom 17. Januar 1876. 17 Versteht man unter P, P,, P;, P; Zonenpuncte, welche in einer Sectionslinie einer Linearprojection belegen sind, deren Co- ordinaten daher der Bedingung a aa a b bb b N a 1 — etc. m. m m. m RENNER oder Mm; (Ms — m) Sn (n, —n) Br m, (m, — m) n, (ng — n) entsprechen, so sind die Winkel zwischen den Zonenaxen CP, CP,, CP,, CP, diejenigen, welche die entsprechenden Kanten in der gemeinschaftlichen Fläche unter einander bilden, also 1, 92, n3 oder, wie wir zum Unterschiede annehmen wollen, s,, &, &; die Winkel PCP,, PCP,, PCP,. Nennt man die Distanzen PP, = d,, PP,=d,, PP, —= d;,, so hat man die allgemeine Relation 2 t = t di t % t —— ot es; — — coteg = — cotzs; — —— c0t 25. ds Ar d, ds up d, d; Ze dı d; al dı Da nun a a a a a a dıdıd = — — —!— — —ı— — m m m Ms mM Ma E Mm — mM My — Mm M; — m m, my mM; und di: — dı: h:d, — dı:d, = m — m Ma — mM Mm — Mm M — Mm M; — M mM — m mM; — mM m, Ms m, my My m, Ma da nun m —m m—m m (m; — mı) Ms m, Mm m —m mı—m m (m; — m,) my m, Mm, so ist: dı m — m Ms Mı m; (m, — m) d, — dı mı m (m; — mı) m (ms; — m}) und analog [1876] 2 18 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse d, MM (Ma — m) d, m; (m, — m) m (m; — mı) Ben (m; — m,) und Ä d; mm — m) d, — d, m (m; — mı) Es lautet daher, indem man den gemeinschaftlichen Divisor m unterdrückt, das Grundverhältniss m; (m, — m) cote, — m, (Mm; — m) Cote; Ma — m, m; (m — m) cotzı — m, (m; — m) Cote; mM; — Mm, und analog N, (n, — n) cote, — n, (ng — n) cotz Na — N N; (N, — n) cote, — n, (nz — n) cots; a Löst man die beiden letzten Gleichungen nach m;, n; auf, so er- hält man m; (m, — m) coter, — Mı (Mg — m) cot &; + m(ma — m,) cots; (m, — m) coteı — (my — m) cotzg + (Ma — m) Cote; (18) m; = N; (N, — n) cote, — N, (nz — n) cotzyg + n (nz — n,) Cotez I) nr. — er) (n, — n) cotzı — (ng — n) coteg + (nz — n,) Cote; Beide Gleichungen sind conform mit den Gleichungen (1) und (2), so dass auch unmittelbar sich ergiebt: 3, —— — m N, — My) (mM; — m (20H) e0tE — (m a) ) cots} — ran 2 (m; — m) (m; — mı) (m; — m) (ms — mı) Delle N TR = (21) Zu mn) cote, g 2) (ma) cotz. (nz — n) (ns — N) (nz —n) (n, — nı) Sucht man als e, den Winkel, den die Basalkante der gemein- schaftlichen Fläche mit der Ausgangskante CP in der Richtung der Winkelrechnung macht, so hat man dem Puncte P, die Coor- dinaten vom 17. Januar 1876. 19 a 4.00 b b.oo N men) ing Fan, (m, — m) zu geben; das Vorzeichen derselben ergiebt sich zwar im speciel- len Fall aus der Lage der gemeinschaftlichen Sectionslinie und der Richtung der Winkelrechnung, ist aber irrelevant, da M; = 0.mm (n — nn) , N3 = O.nn, (m, — m) wird; es ist also für die Basalkante m; (m, — m m, (ms — m) cotzz; = — ea) cote; + — — c0t&, (22) m (ms — mı) m (ms — mı) n,(n —n Nn,(n—n = — ( ) t2) + ( = cotizz. (25) n (ng — nı) n (ng — nı) Beginnt die Rechnung der Winkel von der Basalkante, — diese nach einem der unendlich fernen Zonenpuncte gehend gedacht, — so sind m und n — 0 zu setzen und Nam, (cots; — Cote mi Mm; ( 1 2) (24) m, cote, — m,zCcotzg + (Ms — m,) Cote; ne NN, (cobz, — Cots;) 25) N, Cote, — NzCOteg + (Nz — n,) Cotzz und m, (m; — m, m, (m, — m; Cofhies — oa) cote, — ee) cots; (26) mM; (Mg — m) Mm; (Mm; — mı) n, (nz —n N: (N —n N) cots, — an cotbe, (27) N3 (N — nı) N3 (N: — N, ) sein. Die Zonenaxen der Basalkanten haben Zonenpuncte unend- i $ oa oob 3 licher Coordinaten von der Form ——, —— und von nur relativer m N Bedeutung. Die Winkel, die sie einschliessen, sind identisch mit denjenigen, welche die ihnen parallelen Mittelpuncts-Sectionslinien einschliessen. Diese Winkel kann man aber auch auf die Distan- zen der Durchschnittspuncte irgend welcher Graden beziehen, wel- che wenigstens einen endlichen Parameter hat; zu einer solchen Linie und zu den Werthen der in ihr belegenen Distanzen gelangt 2% 20 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse man aber, wenn man an Stelle der einen gleichnamigten Gattung der unendlichen Coordinaten eine gleiche Länge, beispielsweise die Axeneinheit setzt und für die andere Gattung proportionale end- liche Längen einführt; es bleibt dann nur eine einzige unendliche Coordinate übrig. Man substituirt also © a D n für den Werth a= a m com m oob ——— b etc. n oder aber . z [44 für den Werth «a m oob om m — b =— b 5 n con n alsdann ist m m Mm m m m m dm: Mm E en ct — — ns cotg + — „2 — 1 )cotss 3 N. n 2 n N N No N. (28) — Se 2 1 1 2 1 Mm] Mm No Mm Mo Mm] — — — Jeots2? — | — — — cotz; n] Ng No n] und (> ”) e = (= =) (2 Ng n N] N N, N N, Sn cote — (2: = -) (— mM] =) =) GERN Na n N, N] N No N] G e2 RE — Wenn man für P den Zonenpunct der Kante: oa:oob:c zu oa:b:ooc, welche parallel der Axe OA, für P, den Zonenpunet der Kante: ooa:oob:c zu a:b':ooc, welche paralle der Sectionslinie der ersten Säulenfläche im anliegenden Octanten, für P, den Zonenpunct der Kante: ooa:oob:c zu a:oob:c, welche parallel der Axe O5, wählt, dann hat vom 17. Januar 1876. 2] b P die Coordinaten oa, — oO 1ER 4, oob a P; 22,00, Oo es ist dann m 1 m, oo Mag a ms ’ jenen ’ m OD:UOSD n 09 00 N, oo Na wofür man in dem vorliegenden Falle m m, ms — 4) „, o.—= 1 se > = 06 n nı N setzen kann; es lautet dann für die Winkelrechnung ab Axenrich- tung OA m; _ &(1—0)cotz — 1.(© — 0)cot2, + 0.(e — 1)cotz; nal, (1— 0) cot&,; — (© — 0)c0t2, + (oo —1)cote; cots; — cotz, cotz] — Cote, — a > (30) — c0t23—+ COtEz Cote; — Cote, worin &, der Axenwinkel y= AOB ist; ferner ist rn nn N3 z n3 . rn 2 cotzz = —cotzz + | 1— — Jcotz. (31) Mm; Mm; Berlin, December 1875. 22 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. Rammelsberg las über die Zusammensetzung des Leukophans und des Melinophans. Die Beziehungen, in welchen die beiden aus dem norwegischen Zirkonsyenit stammenden Mineralien, der Leukophan und der Me- linophan, zu einander stehen, sind bis jetzt unklar geblieben. Das erstere, von Esmark entdeckt, wurde 1840 von A. Erdmann als eine Verbindung von Fluornatrium mit einem Silicat von Beryll- erde und Kalk erkannt. Seine geometrischen und optischen Eigen- schaften sind von Greg, Lang und Des Cloizeaux untersucht worden, wiewohl es erst später gelang, Krystalle zu finden, durch deren Messung E. Bertrand das zweigliedrige System und das Axenverhältniss a:b:c = 0,9327 :1:1,2907 feststellen konnte. Die Hauptspaltungsfläche des Leukophans ist die Endfläche. Die Ebene seiner beiden optischen Axen ist be; sie bilden einen Winkel von 75° und die Mittellinie, welche negativ, ist die Axe c. Der Melinophan, durch seine gelbe Farbe ausgezeichnet, wurde 1350 von Scheerer vom Wöhlerit unterschieden, und sollte einer vorläufigen Analyse R. Richters zufolge die Bestandtheile des Leukophans, jedoch viel weniger Fluornatrium und überdies 124 p. ©. Thonerde enthalten. Krystalle dieses viel seltneren Mi- nerals sind nicht bekannt, und Des Cloizeaux vermochte sich nur zu überzeugen, dass die blättrigen Massen optisch einaxig und negativ sind, sowie dass Spuren dreifacher Spaltbarkeit in einer Zone sich finden, was auf das sechsgliedrige System schliessen lässt. Schon vor längerer Zeit (1856) versuchte ich, die Zusammen- setzung beider Mineralien zu bestimmen!). Für den Leukophan erhielt ich, abgesehen vom Kalkgehalt, nahe dieselben Werthe wie A. Erdmann, für den Melinophan jedoch erwiesen sich Rich- ters Angaben als höchst unzuverlässig, denn es zeigte sich, dass derselbe Beryllerde für Thonerde gehalten, Fluor und Natrium viel zu niedrig angegeben hatte. Meine eigenen Resultate schienen dar- auf hinzudeuten, dass beide Mineralien gleiche Zusammensetzung hätten, doch blieb die Frage vorläufig unentschieden, weil ich we- gen Mangel an Material den Melinophan nicht wiederholt prüfen konnte. Hrn. Websky’s Gefälligkeit hat diesem Mangel neuerlich 2) Bog8g. Ann. 98,297. vom 17. Januar 1876. 23 abgeholfen und mich in den Stand gesetzt, die Untersuchung beider Mineralien wieder aufzunehmen. Im Folgenden sind nun die Re- sultate der Analysen zusammengestellt. A. Leukophan. No.1 ist A. Erdmanns Analyse; die übrigen rühren von mir her. 1. 2. 3% 4. X Fluor 6,17 6,57 6,55 6,97 6,91 Kieselsäure 47,82 47,03 47,07 49,70 “Beryllerde 11,51 11,73 12,25 11,25 12,40 Kalk 26013) 23,61: 23,52. 22:92. 23,68 Natron 1020 11,96 1037 Kali 0318 050 0,50 B. Melinophan. Richter hatte angegeben: Fluor 2,5, Kieselsäure 44,8, Thon- erde 12,4, Beryllerde 2,2, Kalk 31,5, Natron 3,5. 1: 23 3. 4, 5% Fluor 5,18 5,45 6,39 Kieselsäure 43,66 41,40 44,32 42,50 Beryllerde 1353110 13,81 15,84 14,04 , Kalk 20582 229,092. 723,938 30,10 30,56 Natron 20899 7.21 Kali 1,40 0,59 Es liegt in der Natur der Sache, dass Fluor und Silicium viel weniger genau bestimmt sind als die übrigen Elemente. Die Beryllerde schliesst etwas Eisenoxydul ein, welches die Ursache ist, dass beim anhaltenden Kochen mit Chlorammonium ein wenig Beryllerde der Auflösung widersteht, ohne dass man Grund hätte, diesen Rest für Thonerde zu halten. !) Worin 1,01 MnO. 24 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die Berechnung .der Analysen ergiebt nun: 1. Fluor und Natrium sind überall zu gleichen At. vorhanden. 2. Berylliium und Caleium stehen gleichfalls in dem Atom- verhältniss von 1:1. 3. Diese beiden zweiwerthigen Elemente stehen zum Silicium in beiden Mineralien nicht in demselben Atomverhältniss.. Denn es ist R:Si im im Leukophan Melinophan = 1.151 1 := 1,4431 2: 1,12: 2 Del 4: 5,094 9 == 215461 d —= 1,101 9.== 1,53:1 Das Silicat des Leukophans wäre, wenn das Verhältniss = 1:1 genommen wird, ein normales oder Bisilicat. Allein der con- stante Überschuss an R lässt diese einfache Annahme nicht zu; er verschwindet auch dann nicht, wenn das gefundene Maximum der Kieselsäure in Anrechnung kommt. Vor allem aber: jede Leu- kophanformel, welche mit einem Bisilicat construirt wird, setzt 50,5 bis 51 p. C. Kieselsäure voraus, d. h. 3,5 bis 4 p. ©. mehr als drei übereinstimmende Versuche gegeben haben, ja selbst noch 1 p. C. mehr, als die in No. 5 gefundene, sicherlich etwas zu grosse Menge!). Wenn ich die Annahme mache, R:Si sei = 1,07:1 = 15:14, so steht dies nicht blos mit den Versuchen besser im Einklang, sondern setzt auch, wie wir finden werden, beide qualitativ gleiche Mineralien in eine recht bemerkenswerthe Beziehung. Jenes Verhältniss besagt, dass der Leukophan aus 13 Mol. normalem oder Bisilicat und 1 Mol. Halb- oder Singulo- silicat bestehe. Im Melinophan ist R:Si sicher = 1,5:1. In ihm sind also gleiche Mol, derselben beiden Silicate enthalten. 4. Das Verhältniss des Natriums zu den zweiwerthigen Ele- menten ist !) Bei dieser Analyse wurden alle Bestandtheile auf Si geprüft. vom 17. Januar 1876. im Leukophan im Melinophan ?) 1 75162,25% 1712353 2 0 1221 20 102850 RL Sm 213363 As 1:95) 42-21 :356 50 — + 122,0.) Du 3959 Also 12:5 1:3,9 Nach dem Angeführten ist Leukophan = 6 NaFl + in N WOR2S:O) Gefunden GER 25114 — El 6,69 6,57, (2) 14 Si 392 SiO’ 49,35 49,70 (5) 7,5 Be 70 BeO 11,16 11,25 (4) 1,5 Ca 300 CaO 24,68 23,68 (5) 6 Na 138 N2.02 210,93 10,47 (3) 43 O 688 102,817 101,67 1702 Melinophan = 6 NaFl 0 |R’SiO'J Gefunden Gere 1427 ok] 5,83 Dal) 14 Si 392 SıO? 42,95 42,50 (5) 10,5 Be 7,9 BeoO 13,60 13,62 (5) 10,5 Ca 420 CaO 30,07 30,10 (4) 8,4 Na 124,2 Na’O 8,56 8;99.(1) 0,6 K 23,4 K’O 1,44 1,40 (1) 49 O 784 192,457 2 101,90 1955, 1) Na von No. 3. 2) Na von No. 1. [S>} on 26 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Beide Mineralien sind also, ihrer chemischen Natur nach, zwar ähnlich, doch wesentlich verschieden. In beiden ist Fl:Si = 3:7, was auch in den Analysen her- vortritt. Verwandelt man in ihren Formeln das Natrium in sein Aegq. der zweiwerthigen, und das Fluor in das des zweiwerthigen Sauer- stoffs, also 6 NaFl = 3RO, so wird N3 Leukophan—ıR.SıL02 — | 2R’Sio) 2 RSIO! Melinophan = R”Si’O* a] Ri | \5 R’SiO! worin wohl mehr als ein Zufall liegt. Hr. Virchow legte eine Reihe von Tafeln mit Zeichnungen und photographischen Abbildungen mikroskopischer Schnitte von Fischgehirnen vor, welche Hr. Professor Gustav Fritsch nach dem, auf seiner in den Orient unternommenen und durch Mittel der Akademie unterstützten Reise gesammelten Material hergestellt hat. Zur Erläuterung dieser, zu einer baldigen Veröffentlichung bestimmten Tafeln hat Hr. Fritsch folgende Bemerkungen hin- zugefügt: Über den feineren Bau des Fischgehirnes. Die relative Einfachheit des Fischgehirnes giebt die Möglich- keit manche tiefere Einblicke in den Bau der Centralorgane über- haupt zu gewinnen, zu welchem Zweck zunächst die Homologisi- rung der einzelnen Theile, so weit es thunlich festzustellen ist. Dass es nicht überflüssig erscheinen dürfte die Organisation dieser vom 17. Januar 1876. 27. Objecte einer erneuten Betrachtung zu unterwerfen, zeigt sich, wenn man die extrem abweichenden Behauptungen der namhaftesten Au- toren über den vorliegenden Gegenstand in Betracht zieht. Speciell ist die von Hrn. Miklucho-Maclay aufgestellte und durch die Herren Gegenbauer und Carus in die neuesten Lehrbücher übergegangene Ansicht, welche sich einseitig auf makroskopische Beobachtung stützt, als nur theilweise richtig zu bezeichnen. Drei Tafeln mit Zeichnungen von Fischgehirnen, von denen die kleinen in doppelter, die grossen in natürlicher Grösse entwor- fen wurden, sollen dazu dienen, im Allgemeinen die Gleichheit des Planes in der Anordnung der einzelnen Abschnitte bei Knochen- und Knorpelfischen zu zeigen. Um die Genauigkeit möglichst zu bewahren, wurden die Hauptmaasse bei den Kleinen mit dem Zir- kel abgetragen, bei den Grossen die Umrisse mit dem Lucae’schen Apparat entworfen. Der Überblick lehrt die grosse Mannigfaltigkeit in der äussern Form und die sehr abweichende relative Grösse, welche jeder Ab- schnitt erlangen kann (selbst individuell). Schon daraus ergiebt sich die Unthunlichkeit, weittragende Schlüsse auf derartige Ver- hältnisse zu bauen. Als leitende Gesichtspunkte ergeben sich die gleich gelagerten Nervenursprünge und die typischen Formen der Organe bei mittlerer Entwickelung, denen sich die extremen durch Vergleichung der allmäligen Umwandlung anpassen lassen. So zeigt sich bei Knochen- und Knorpelfischen ein paariger Körper (Corpora bigemina s. Lobi optiei) überall deutlich, wo nicht der nächstfolgende ihn durch übermässige Ausdehnung verdeckt. Der davorliegende Abschnitt mit seinem vorderen Anhang erscheint bei Knochenfischen deutlich paarig, bei den Knorpelfischen sind die Hälften ausgedehnt verwachsen, doch bleibt eine sagittale Gränze häufig deutlich (Hemisphaeren des Grosshirns mit den Lobis und Bulbis olfaetoriis). Nach hinten von den Corporibus bigeminis erscheint, bei den meisten Figuren als ein dünnes Stämmchen kenntlich, die Wurzel des Nervus trochlearis. Hinter dieser folgt ein unpaariger Körper, dessen Entwicke- lung den erheblichsten Schwankungen unterliegt, der jedoch in seinen ausgeprägtesten Formen durch die eigenthümliche quere Faltung und Neigung zur Asymmetrie selbst makroskopisch deut- lich an den mittleren Theil des Kleinhirn’s höherer Thiere erinnert. Eine entsprechend zusammengestellte Reihe von Abbildungen er- 28 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse giebt eine fortlaufende Entwiekelung von einer geringen kugligen Erhebung der Querleiste bis zu den enormen, fast monströs aus- sehenden Formen der Rochen. Dies hinter dem Trochlearis- ursprung sich anfügende Organ ist das Cerebellum und nicht das Corpus quadrigeminum (c. Miklucho-Maclay, Gegen- bauer). Der mikroskopische Bau bekräftigt das auf makrosko- pische Verhältnisse gegründete Urtheil. Dass die embryologi- sche Entwickelung trotz v. Maclay’s gegentheiligen Behaup- tungen den Anschauungen nicht widerspricht, lehrt der abgebildete Durchschnitt des Hayfısch-Embryo mit dem bei v. Maclay’s Figu- ren fehlenden Umriss des Kopfes: Die Vierhügelblase nimmt den höchsten Theil des Gehirnes gegenüber dem Scheitel der Gesichtsbeuge ein und hat die abwärts gebeugte Zwischenhirnblase vor sich, hinter sich die Anlage des in Rede stehenden Abschnittes, der Hinter- hirnblase. Endlich erwächst aus der Vergleichung der Abbildungen noch ein Einblick in die eigenthümliche Anordnung der Anhänge des Kleinhirns, der Lobi nervi trigemini und deren Verdrängung durch die Lobi electrici bei Torpedo, sowie ausserdem in die wechselnde Gestalt des Nachhirns und der Lobi nervi vagi. Zur lllustratiou der inneren Organisation, was die grö- beren Verhältnisse anlangt, sollen photographische Tafeln dienen. Es ist dafür vorgängig zu bemerken, dass trotz der grossen Zahl von einschlägigen Autoren wegen der Schwierigkeit der Dar- stellung bisher überhaupt keine bemerkenswerthen Abbil- dungen der Architektonik gegeben wurden. (Zur Bekräf- tigung dieser Behauptung wäre die Vergleichung eines derartigen Versuches Seitens des namhaftesten deutschen Autors, Stieda, er- wünscht. Siehe: Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoologie Bd. XVII, Taf. II.) Die vorgelegten Tafeln erlauben die Demonstration der fraglichen Verhältnisse und können dem Verständniss leicht da- durch weiter erschlossen werden, dass eine schematisirte Umriss- zeichnung derselben unter Eintragung der Bezeichnung entwor- fen wird. Die verschiedensten Schnittrichtungen durch das Fischgehirn, lassen, sobald der mittlere Abschnitt getroffen ist, stets erkennen, dass sich in demselben folgende Anordnung der Theile findet: Die Corpora bigemina sind keine einfachen Hohlkörper, sondern zeigen vom 17. Januar 1876. 29. in ihren basalen Theilen bis über die Mitte hinauf zwei eng aneinander schliessende Abschnitte, deren Abgränzung gegeneinander in der Mittellinie öfters durch ein die Substanz- brücke zwischen den medialen Höhlungen durchbrechendes Gefäss bezeichnet wird. Der hintere Abschnitt wird überwölbt durch eine mantelartige Hülle (Tectum opticum), deren Querschnitt deut- lich den geschichteten Bau einer Hirnrinde zeigt, und welche ihre einzige solide Verbindung mit dem Hirnstock an ihrem vor- dersten Theil erkennen lässt. Die übrigen Theile hängen nur durch Faserstrahlungen, Commissuren und Piafortsätze untereinan- der oder mit dem Hirnstock zusammen. Der um das hintere Ende sich einwärts ziehende Piafortsatz trennt in seinem Verlauf nach vorn vom mittleren Abschnitt einen nach vorn breiter werdenden Streifen ab, durch welchen Fasern der Stammstrahlung gegen die Rinde verlaufen. Diese Verhältnisse ergeben die Begränzung der beiden Ab- schnitte lateralwärts und lassen in dem sogenannten Tectum opticum eine Rindenbildung erkennen, welche als eine Depedenz des vorderen Abschnittes, des Zwischenhirns, zu betrachten ist und die durch ihre nach rückwärts ge- richtete Wucherung den zweiten Theil, das Mittelhirn, überdeckt. Der sich unmittelbar hinter der Höhlung kenn- zeichnende Trochlearisursprung ergiebt den Anfang des Hinterhirns. Aus dieser Betrachtungsweise folgt, dass in der That Gegen- bauer und Miklucho-Maclay im Recht sind, den äusserlich sichtbaren Theil der Corpora bigemina als Zwischenhirn zu deu- ten, andererseits aber auch Stieda mit gutem Grunde die Lage des Mittelhirns vor dem Trochlearisursprung diesen Autoren ent- gegen festhält, das rückwärts Liegende also als Hinterhirn (Cere- bellum), nicht als Corpus quadrigeminum deutet. 30 Gesammtsitzung 20. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Harms las über die Lehre von Friedrich Heinrich Jacobi. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: A. Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik. Bd. 3. 4. 3. vielfach um- gearb. u. verb. Aufl. Leipzig 1875. 8. Überreicht v. Hrn. Helmholtz. Landwirthschaftliche Jahrbücher. IV. Bd. (1875) Supplement. (Jahresbericht 1874 u. Protokolle 1875.) Berlin 1875. 8. A. M. Ross, The forest trees of Canada. Toronto 1875. 8. —, The flora of Canada. ib. eod. 8. —, 4A classifield Catalogue of the birds of Canada. ib. 1872. 8. Bulletin de la societe Imp. des naturalistes de Moscou. Annee 1875. N. 2. (Avec 5 planches.) Moscou 1875. 8. Die landwirthschaftliche Bevölkerung des Preuss. Staates nach den Ergebnis- sen der Volkszählung vom 1. Dec. 1871. Berlin 1875. 4. Die Ernte-Erträge des Jahres 1875 in der Preuss. Monarchie, zusammenge- stellt im Ministerium für die landwirthschaftl. Angelegenheiten. 4. Bulletin de l’Academie R. des sciences, des lettres et des beaux arts de Belgique. 44. Annee. 2. Serie. Tome 40. N.2. Bruxelles 1875. 8. Revue scientiique de la France et de l’etranger. No. 29. Janvier Paris 1875. 4. A. De Candolle, Sur les causes de l’inegale distribution des plantes rares dans la chaine des Alpes. Florence 1875. 8. Vom Verf. The quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXXI. Part. 4. Novb. 1875. N. 124. London 1875. 8. List of the geological Society of London. Novbr. 1875. 8. Memoires de l’ Academie R. de Oopenhague. Ö5me. Serie. (lasse des sciences. Vol.X, N.7.9. Vol. XI..N.1.. Kjobenhavn 1875. 4. Zeitschrift für das Berg-. Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate. 23. Bd. 5. Lief. Berlin 1875. 4. Nebst Atlas. Bd. XXIII. Taf. vım — xy. ib. eod. fol. Nova Acta Acad. Caes. Leop. Carol. German. Natur. Cur. 'Tomus 87. c. Tab. XXVI. Dresdae 1875. 4. (Fauna der Land- und Süsswasser- Mollusken Nord-Ost- Afrikas von C. F. Jickeli. Dresden 1875.) Mit Begleitschreiben. Societe entomologique de Belgique. Ser. II. N. 19. Compte-rendu. 1875. 8. vom 20. Januar 1876. 31 Abhandlungen der hist. Classe der K. Bayerischen Akademie der Wüssensch. Bd. XII. Abth. 3. Bd. XIII. Abth. 1. München 1875. 4 2 Ex. Mit Begleitschreiben. L. A. Buchner, Über die Beziehungen der Chemie zur Rechtspflege. ib. eod. 4. Desgl. Almanach der K. Bayr. Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1875. ib. 82. Desol. Tijdschrift voor indische Taal-, Land- en Volkenkunde. DeelXXI. Aft.5. 6. XXI. Aft. 4.5. 6. XXIII. Aft.1. DBatavia 1875. 8. Mit Begleit- schreiben. Notulen van de algemeene en Bestuurs-Vergaderingen van het Batav. Ge- nootschap van Kunsten en Wetenschappen. Deel XII. 1874. No. 4. Deel XIII. 1875. N. 1. 2. Batavia 1875. 8. Dessgi. Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschap- pen. Deel XXVII. XXVII. ib. 1875. 8. Desgl. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel X. 2.3. ’S Graven- hage 1875. 8. The american Journal of science and arts. Ser. II. Vol. X. N. 60. Sup plementary Dec. Number. New Haven 1875. 8. 97. Januar Öffentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Jahrestages Friedrich’s II. Seine Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königin geruhten der Feier beizuwohnen. Der an diesem Tage vorsitzende Sekretar, Hr. Curtius, er- öffnete die Sitzung mit folgender Ansprache: Es ist dem geschichtlichen Sinne ein Bedürfniss, heutige Ge- wohnheiten in die Vergangenheit hinauf zu verfolgen und mit alten Überlieferungen zu verknüpfen. Auch die Art der Feier, welche uns heute versammelt, hat ihre Geschichte. Die Feier des Ge- burtstags Lebender und Verstorbener ist einer der ältesten Ge- bräuche der menschlichen Welt, ja sie ist ein Spiegel der ver- schiedenartigen Lebensanschauungen der Völker und Zeiten. os 1D Öffentliche Sitzung Im Morgenlande herrschte die fatalistische Anschauung, die eine unbefangene Freude am Leben nicht gedeihen lässt. Die Aegypter hatten jeden Monatstag einem bestimmten Gotte gewidmet, und so war durch den Zufall der Geburtsstunde die Bestimmung des Menschen von Anfang an eine gegebene; der Chaldäer las in den Sterngruppen, die um die Stunde der Geburt im Osten auf- tauchten, die Zukunft des Neugeborenen; das Horoskop war gestellt und die jedesmalige Wiederkehr des Tags erinnerte den Sterblichen nur an die Gebundenheit, in welcher er ausharren musste, ein willenloses Glied in dem grossen Mechanismus, welcher den Gang der Himmelskörper wie den Wechsel irdischer Dinge in ein starres Gesetz zusammenschliesst. Bei der allen Menschenkindern eingeborenen Lebenslust wurde wohl auch im Morgenlande der Geburtstag ein Anlass zu er- höhtem Genusse. So namentlich bei den Persern, die sich durch grössere Lebensfrische unter den Völkern Asiens auszeichneten; daher beschreibt Herodot die Geburtstagsfeier der Perser als etwas für sie Charakteristisches; aber sie bestand doch wesentlich nur in Schmausen und Trinken, wobei Jeder nach Massgabe seiner Mittel das Mögliche zu leisten suchte. Eine höhere Bedeutung erhielt die Geburtstagsfeier bei den Asiaten nur dadurch, dass ein Menschenleben aus der unabseh- lichen Masse rechtloser Existenzen in unvergleichlicher Weise hervorragte, das Leben des Staatsoberhaupts. Der Tag des Königs war in Medien und Persien das grosse Hof- und Reichsfest, an welchem das Festmahl gehalten wurde, das die Perser das voll- kommene nannten, der Tag, an welchem der Grossherr aus der Fülle seines unerschöpflichen Reichthums nach allen Seiten Gaben spendete; er war der Gott auf Erden, der an diesem Tage kein Gesuch unerhört lassen durfte. Freilich war auch hier das äussere Gepränge und der sinn- liche Genuss die Hauptsache, aber es war doch ein religiöses Fest, welches nach den Anordnungen Zarathustra’s gefeiert wurde. Bei den Opferschmäusen gedachte man doch des grossen Ganzen, das in dem Einen seinen sichtbaren Mittelpunkt hatte; man fühlte doch an diesem Tage, dass durch alle Theile des unermesslichen Reichs ein Pulsschlag ging und man wurde sich bewusst, dass der Einzelne nur durch unbedingte Hingabe an das Ganze sich selbst behaupten könne. vom 27. Januar 1876. 35 So erhielt die Geburtstagsfeier im Orient eine religiös-poli- tische Bedeutung, und so wurde sie vorbildlich für alle diejenigen Staaten, welche sich in monarchischer Centralisation an den Orient anschlossen. Zunächst für die Herrscherhäuser, die wir als die Epigonen der alten Dynastien des Morgenlandes ansehen können, die Seleuciden, die Attaliden und Ptolemäer. Wir wissen von dem Geburtstage der Kleopatra. Antigonos Gonatas ordnete für seinen Sohn Halkyoneus eine Geburtstagsfeier an, wie auch in Persien mit der Geburt des Thronfolgers die Feier eines neuen Königstags begann.: Am genauesten kennen wir den "Tag des Königs’ in Pergamon, wo die Attalisten mit dramatischen Auf- führungen ihre glänzenden Feste begingen, von denen eine Menge von Steinurkunden Zeugniss ablegt. Aus dem Orient ging die monarchische Geburtstagsfeier auch auf die neuen Weltbeherrscher über, die römischen Imperatoren seit den Tagen des Caesar und Augustus. Nach italischer An- schauung wurde die Person der einzelnen Menschen als Genius idealisirt. Der Genius des Augustus trat allmählig an die Stelle dessen, welchen man als den guten Geist der römischen Staats- geineinde verehrt hatte, und blieb als Schutzgeist des von ihm geordneten Reichs auch nach dem Aussterben der Julier in Ehren. “Wir haben, sagt Platon, keine Geburtstagsfeste, wie sie an den Höfen des Morgenlandes begangen werden, wo ganz Asien opfert. Bei uns merkt kaum der Nachbar etwas von der Feier. Im vollen Gegensatze zu dem geräuschvollen Gepränge orienta- lischer und orientalisirender Reichsfeste ist es also der Cha- rakter häuslicher Stille, den die Hellenen bei der Geburtstagsfeier festgehalten haben, und ich möchte behaupten, dass wir das Volk, bei welchem man in der Regel nur die Nationalfeste zu be- achten pflegt, hier von der liebenswürdigsten Seite kennen lernen. Im hellenischen Leben treten ja sonst alle persönlichen und häuslichen Angelegenheiten viel mehr zurück, als in der modernen Welt; darum werden auch die Geburtstage seltener erwähnt, als es bei den Römern der Fall ist. Aber sie waren verzeichnet in den Hauschroniken, in den Stammbäumen der Geschlechter, in den städtischen Heiligthümern, wo die Geburten angemeldet wurden, und in den Bürgerlisten. Es war die Pflicht des Staats, die Aufzeichnungen zu beauf- sichtigen, um alle Angehörigen rechtzeitig zu den öffentlichen Lei- [1876] 3 34 Öffentliche Sitzung stungen heranzuziehen. Deshalb wusste man, wenn einzelne Mit- bürger in weiteren Kreisen bekannt wurden, ihre Geburtstage zu nennen, und, hielt man sich auch von chaldäischem Aberglauben fern, beachtete man doch günstige Vorzeichen, welche die Geburt hervorragender Männer begleiteten, wie das Traumbild der Agariste vor dem Geburtstage des Perikles; man fand es bezeichnend, dass Pindar gerade am Festtage des pythischen Gottes geboren sei und man erzählte sich gern von einem Sonntagskinde, wie Timoleon, welcher alle Siege, die ihm zu Theil wurden, an seinem Geburts- tage errungen haben soll. Die Athener lernen wir auch in dieser Sphäre des sittlichen Lebens als besonders sinnig und feinfühlend kennen, nämlich darin, dass in ihren Häusern die Feier des Geburtstags der Fa- milienglieder, namentlich der Eltern, nicht auf die Lebenszeit derselben beschränkt blieb. Auf den attischen Graburnen oder Lekythen, den unscheinbaren, aber durch den Hauch edler Sitte, der über sie ausgebreitet ist, so ansprechenden Denkmälern antiker Thonplastik und Malerei sehen wir nichts häufiger dargestellt, als die Begegnung zweier Personen an einem Grabmale. An der einen Seite steht ein Mädchen mit solchen Gaben, wie sie den Todten dargebracht wurden; von der anderen kommt ein Jüng- ling mit dem Reisehut. Man hat sie vielfach Orestes und Elektra genannt. Diese Benennung ist nicht gerechtfertigt, weil die Scene durchaus keinen mythologischen Charakter trägt; das Motiv aber ist unzweifelhaft dasselbe, und da wir auf diesen für die Verstor- benen bestimmten Kunstwerken alle fremdartigen Beziehungen fern zu halten haben, so bietet sich in der That keine andere Deutung so ungesucht dar, als die, dass der Sohn, an des Vaters Geburtstag heimkehrend, seine ersten Schritte zum Grabe desselben richtet und hier der Schwester begegnet, welche um dieselbe Stunde aus dem Hause ihre Gaben bringt. Das Gedächtniss der Todten ist bei keinem edelgearteten Volke verabsäumt worden; aber dies ist das Charakteristische helle- nischer Sitte, dass man am Grabe nicht um den abgeschiedenen Hausvater klagt, sondern seine Geburt zu feiern fortfährt, wie es im Kreise der Seinen Sitte gewesen war. Der Todte lebt mit dem Hause und in ihm fort, nur ehr- würdiger, mächtiger, gottähnlicher als zuvor; unsichtbar, aber an Allem theilnehmend. Er ist verletzt, wenn Uebelwollende vom 27. Januar 1876. SU) nn seiner Grabstätte nahen, er ist erfreut, wenn Hausgenossen und Freunde mit frommer Gabe kommen. So kommt es, dass bei den Griechen das Wort Genesia d. h. Geburtsfeier die Bedeutung einer Gedächtnissfeier für die Todten erhält. Mit dem letztverstorbenen Hausvater wurden zu- gleich die vorangegangenen Ahnen mitgefeiert, mit denen er sich vereinigt hatte. Darum wurde nichts schmerzlicher empfunden, als das Aussterben eines Hauses; darum suchte man auch durch Adoption die leibliche Fortpflanzung zu ersetzen, damit nur der 'Ahnencultus nicht abgerissen werde. Bei solehen Männern, welche durch ihre geistige Bedeutung aus der Sphäre des häuslichen Kreises herausgetreten waren, wurde die Feier ihres Geburtstages von dem Fortbestande der Familie unabhängig gemacht, indem ganze Gemeinden denselben zu ihrem Festtage machten. So feierten alle Koer den Geburtstag ihres Hippokrates und alle Achäer den des Aratos; so ganz Sieilien den Geburts- und Siegestag des Timoleon. Aber nicht nur gelegentlich wurde das, was aus häus- licher Sitte sich entwickelt hatte, in öffentliche Pflege über- nommen. Es war vielmehr ein charakteristischer Zug hellenischer Gesetzgebung, die Ordnungen des Hauses mit seinem ungeschrie- benen Rechte als die Grundlage des ganzen Staatswohls anzu- sehen. In Platons Gesetzen wird die Ehrfurcht vor den Eltern und die gegenseitige Liebe unter den Gliedern des Hauses in diesem Sinne geltend gemacht und Niemand hat diesem Grundsatze nach- drücklichere Anerkennung verschafft, als Solon. Er erkannte in der Pietät gegen die Verstorbenen ein wichtiges Lebensprinzip des Staats; er verpönte nicht nur jede Missachtung und Schmähung verstorbener Mitbürger, sondern er suchte auch die häusliche Feier so in den Staat herüberzunehmen, dass sie dadurch neue Anerken- nung und Bürgschaft erhielt und dass die sittliche Wärme des Familienzusammenhangs auch dem Gemeinwesen zu Gute komme. So wurden die Genesien zu einem Gemeindefest und aus der häuslichen Geburtstagsfeier ein bürgerliches Gedächtnissfest, der fünfte Boödromion, an welchem die Athener gemeinschaftlich ihrer Abgeschiedenen gedachten. Freilich gab es auch andere Gedächtnissfeste, Feste, welche mit der Bestattung zusammenhingen, namentlich das winterliche Fest zur Feier der in einem vorangegangenen Kriegsjahre im : 9x 36 Öffentliche Sitzung Kampfe für das Vaterland Gefallenen. Hier herrscht ein anderer Gesichtspunkt. Diese Bürger hatten, wie Harmodios und Aristogeiton, ihr Blut für die Freiheit hingegeben; sie waren durch ihren Opfer- tod aus dem engeren Kreise der häuslichen Beziehungen heraus- getreten und zu Heroen geworden, denen die Gemeinde späterhin auch durch Wettkämpfe heroische Ehren erwies. Hier ist ein ähnlicher Gesichtspunkt, wie ihn die christliche Kirche bei den Märtyrern vor Augen hatte, indem sie den Todestag derselben als ihren wahren Geburtstag feierte. Nachdem der Staat, in welchem Solon das häusliche Leben mit dem öffentlichen, die religiöse Sitte mit dem Bürgerthum so schön zu verschmelzen gewusst hatte, in Verfall gerathen war, weil die solonischen Grundlagen wankten, da entstanden unter denen, welche, vom Staate sich abwendend, einen anderen An- schluss suchten, um in engeren Kreisen die Keime eines höheren Lebens zu pflegen, — neue Gemeinden, Privatvereine von Wahl- verwandten und Gesinnungsgenossen, welche sich nach dem Vor- bilde der durch leibliche Abstämmung verbundenen Familien ein- richteten. Die erste Genossenschaft dieser Art bildeten die Sokra- tiker ; sie verzweigten sich in die verschiedenen Philosophengemeinden und stifteten demjenigen, welchen sie als den Urheber ihres gei- stigen Lebens, als ihren geistigen Vater ansahen, gleichsam einen häuslichen Cultus. So wurde der sechste Thargelion ein Festtag für Alle, die in Platons Lehre ihren Mittelpunkt gefunden. Epikuros übertrug die Geburtstage seiner Eltern und Geschwister in die von ihm gegründete Gemeinde; sie war wie eine Colonie, welche von der Mutterstadt, an deren Herdfeuer sie das ihrige entzündet hatte, auch die Feste mit herübernimmt. Der gemeinsame Tisch, an dem sich die Genossen an bestimmten Tagen vereinten, bezeichnet die neue Herdgemeinschaft inmitten der ihnen fremd gewordenen bürgerlichen Welt. Unter so mannigfaltigen Gesichtspunkten ist im Alterthume die Geburtstagsfeier Lebender und Verstorbener begangen worden und die meisten derselben finden auf die heutige Feier ihre volle An- wendung. Es ist ein Königstag, denn er mahnt uns an ein hervor- ragendes Glied des Fürstenhauses, ohne welches die Geschichte unseres Reichs noch viel weniger denkbar ist, als die Geschichte Persiens ohne seine Achämeniden. Es ist zugleich eine häusliche vom 27. Januar 1876. a Feier, denn der König, den wir feiern, ist der Gründer der Aka- demie in ihrer jetzigen Gestalt und derjenige, der ihrem Wirken Norm und Ziel gegeben hat. Unsere Akademie ist aber nicht wie die Schulen des Alterthums nur äusserlich im Staate vorhanden und innerlich demselben fremd, sondern sie trägt ihr Mandat vom Staate und arbeitet nach des Stifters Auftrag, die Ehre und Wohlfahrt des Königreichs an ihren Theil zu fördern. Sie feiert aber nach Anschauung der Alten den Gründer ihrer Genossenschaft nicht als einen Abgeschiedenen, sondern als einen der Welt Ge- gebenen, nicht als Todten, sondern als einen lebendig Fortwir- kenden, und zwar in einem viel höheren Grade, als es mit dem Genius des Augustus in der von ihm geschaffenen Reichsordnung der Fall war. Denn so viel auch immer unter Gottes reichem Segen in Preussen und Deutschland anders geworden ist, seit Friedrich wirkte, das edle Selbstbewusstsein, das er zuerst in unserem Volke geweckt hat, das starke Gefühl für Pflicht und. Ehre, die selbstverläug- nende Hingabe an das Vaterland, deren Vorbild er war, der unzer- trennliche Zusammenhang zwischen geistigem Fortschritt und staat- licher Grösse, den er in Preussen eingeführt hat — das sind die segensreichen Wirkungen des Genius, dem wir heute huldigen. Es ist kein heidnischer Heroendienst, sondern die dankbare Anerkennung dessen, was Gott unserem Volk in Friedrich gegeben hat, und ‘das Bekenntniss der Treue zu dem für alle Zeiten Gül- tigen und Grossen in seiner irdischen Thätigkeit. In diesem Sinne begegnen wir uns alljährlich an seinem Helden- grabe, wie die Athener an der Ruhestätte ihrer Väter, um unsere Gaben darzubringen. Darum freut sich die Akademie, auf Grund ihrer persönlichen Beziehungen zu dem grossen Fürsten aus der Reihe hohenzollernscher Königstage diesen Tag festhalten und fortfeiern zu dürfen, um stets eingedenk zu sein, welche sitt- liche Kräfte es gewesen sind, die Preussen allmählich gross ge- macht haben und daran zu mahnen, dass nur dieselben Kräfte im Stande sind das Gewonnene zu erhalten! 38 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1876. Darauf berichtete Hr. Curtius, als Sekretar der philosophisch- historischen Klasse, über die während des verflossenen Jahres bei der Akademie vorgekommenen Personalveränderungen. Hr. du Bois-Reymond, als Vorsitzender der Humboldt- Stiftung für Naturforschung und Reisen, verlas folgenden Bericht: Das Curatorium der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen erstattet statutenmässig Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre. Der mit Mitteln der Stiftung ausgerüstete Reisende, Hr. Pro- fessor Dr. R. Buchholz, kekrte Anfangs November vorigen Jah- res von seiner Reise nach Westafrika zurück, und ist jetzt in Greifswald beschäftigt, die gewonnenen Ergebnisse zu ordnen und für die Veröffentlichung vorzubereiten. Er hielt sich zuletzt am Gabun auf, wo ihm Gelegenheit ward, für die Kenntniss der an- thropomorphen Affen einiges werthvolle Material zn erwerben. Auch seine letzten Sammlungen sind schon glücklich angelangt, so dass diese Expedition in den klimatisch so verrufenen und immer noch zu wenig gekannten Gegenden des tropischen Afrika als sehr gelungen, und deren Ausbeute, namentlich im Verhältniss zu den aufgewandten Mitteln, als sehr erheblich zu betrachten ist. Das Capital der Stiftung hat im Jahr 1375 keinen Zuwachs durch Schenkung erhalten. Die Königl. Akademie der Wissen- schaften beschloss, die im Jahr 1875 bei der Stiftung verfügbaren Mittel vorläufig nicht auszugeben, sondern mit späteren Einkünften vereinigt für ein grösseres in Zukunft auszuführendes Unternehmen aufzubewahren. Die für das laufende Jahr zu Stiftungszwecken verwendbare Summe beläuft sich ordnungsmässig abgerundet auf 9350 Th. = 28050 M. Zum Schluss trag Hr. Waitz eine Abhandlung des Hrn. von Ranke vor, welche den Baseler Frieden zum Gegenstande hatte. bye Sitzung der philosoph.-histor. Klasse vom 31. Jan. 1576. 59 31. Januar. Sitzung der philosophisch historischen Klasse. Hr. Curtius las über: Die Probleme der athenischen Stadtgeschichte. Wer den Arbeiten auf dem Boden der athenischen Stadtge- schichte in den letzten Decennien gefolgt ist, wird es begreifen, wenn ich behaupten zu dürfen glaube, dass kein Gelehrter den ersten Band von „Wachsmuth’s Stadt Athen im Alterthum“* mit mehr Interesse gelesen und durchgearbeitet hat, als der Verfasser dieses Aufsatzes. Wachsmuth hat ja in der liebenswürdigsten Weise zu erkennen gegeben, dass er durch meine Forschungen zu seiner Arbeit angeregt worden sei. Sein Buch schliesst sich ganz der historischen Betrachtungsweise an, von der ich immer geltend zu machen gesucht habe, dass sie allein im Stande sei, der Topo- graphie alter Städte einen wissenschaftlichen Charakter zu geben. Es ist die wünschenswertheste Ergänzung zu meinem Texte der “Sieben Karten, in welchem ich auf 60 Seiten die Entwickelung der Stadt Athen übersichtlich zu machen suchte, um in dieser knappen Fassung den Zusammenhang der Entwickelungen um so klarer hervortreten zu lassen, während Wachsmuth in erreich- barer Vollständigkeit das ganze Quellenmaterial und zugleich eine kritische Revision aller bisherigen Leistungen giebt. Was ist er- freulicher und — leider — noch bis heute seltener, als dass auf einem so schwierigem Gebiete historisch-philologischer Forschung Einer dem Andern, von aller Missgunst und aller Selbstüberhebung so vollkommen frei, in lauterer Wahrheitsliebe nachgeht und alle Resultate prüft, um die Summe dessen zu ermitteln, was als ge- wonnenes Gut angesehen werden kann. Darum ist Keiner Wachs- muth zu wärmerem Danke verpflichtet und ich glaube auch dadurch eine Verpflichtung zu haben, sein Vertrauen in der Weise zu er- wiedern, dass ich meinerseits in gleichem Sinne die Punkte be- spreche, welche ich auf Grund seines Buchs von Neuem in sorg- fältige Prüfung gezogen habe. Bei Wachsmuth’s Methode, die Akten aller Verhandlungen möglichst vollständig vorzulegen, erhält der Fernerstehende leicht den Eindruck, als wenn nun wieder Alles ins Schwanken gerathen 40 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse und ein Einverständniss kaum zu erzielen wäre. Und doch würde der Verfasser selbst gewiss nicht so viel Arbeit dieser Forschung zugewendet haben, wenn er dabei nicht von dem Gedanken ge- tragen wäre, dass dieselbe zu festen Zielen führen könne und müsse. Bei dem allgemeinen Eindruck aber, welchen sein Werk macht, dürfte es der Sache, der wir beide dienen, förderlich sein, wenn ich verschiedene Hauptpunkte, um die es sich handelt, mög- lichst klar in das Licht zu stellen suche und damit einerseits die noch obwaltende Verschiedenheit der Ansichten an das Licht stelle, andererseits aber auch das Gemeinsame. Denn wir stehen ja nir- gends in grundsätzlichem Widerspruch und oft bei scheinbarem Gegensatz einander näher als W. glaubt; auch hat er in keinem Punkte das von mir Aufgestellte als auf falscher Grundlage und irriger Quellenbehandlung beruhend nachweisen wollen, sondern unser Verhältniss zu einander ist im Wesentlichen dies, dass W. die von mir eingeführte Methode befolgend, auf gleicher Bahn fort- schreitend, hie und da zu Punkten kommt, wo er das weitere Mit- gehen ablehnt, indem er den Weg, welcher mir der einzige zu sein scheint, auf dem man zu einem Verständniss des geschichtlichen Zusammenhanges gelangen kann, als einen unnöthigen oder zu ge- wagten bezeichnet. Beispiele machen das Gesagte klar, und ich wähle absichtlich solche Punkte, welche nicht zu dem topographischen Detail ge- hören, dessen Beurteilung von der allergenauesten Kenntniss des Einzelnen abhängig ist, sondern von solcher Beschaffenheit sind, dass sie bei einer allgemeinen Anschauung der Bodenverhältnisse von Jedem gewürdigt werden können, der städtische Entwickelun- gen mit geschichtlichem Blick zu verfolgen gewohnt ist und die zugleich von solcher Wichtigkeit sind, dass sie die klare Anschau- ung des geschichtlichen Lebens der Stadt Athen bedingen. “Weil die athenischen Stadthügel, sagt W. S. 430 Anm., auf “denen die älteste Niederlassung erfolgte, ungewöhnlich felsig waren, “hiess die Stadt Kranae und die Athener der ältesten Zeit Kranaer'. Da nun das ganze Stadtterrain in zwei durchaus verschiedene Hälften zerfällt, eine felsige Höhengruppe und eine nördlich von der Burg ausgebreitete Ebene, so habe ich den Stadttheil, welcher die erstere Hälfte einnahm, die "Kranaerstadt’ genannt, nicht als ob ich diesen Namen wie Kydathenaion oder Melite als topographi- schen Eigennamen aufstellen wollte, sondern weil ich hier die vom 31. Januar 1876. 41 Form städtischer Niederlassung erkannte, an welche sich die ein- heimische Tradition von den Kranaern anschloss. Wenn nun W. das hohe Alter dieser Felsgründungen zugiebt, die von ihm so- gar mit ähnlichen von Renan beobachteten Gründungen phönieischer Städte zusammengestellt werden, so glaube ich, sind wir in der Hauptsache vollkommen einverstanden und ich verstehe den Ein- wurf nicht, dass ‘der Hypothese von einer Kranaerstadt jede sichere Grundlage fehle’ (S. 450). Wenn aber W. sein Zugeständniss in Betreff der Alterthümlichkeit jener Anlagen dadurch abschwächt, dass er sagt: ‘Jedwede Ansiedlung, welche hier zum Gründen fester Häuser führen sollte, sah sich in die Nothwendigkeit versetzt, den Felsen zu glätten’, so verkennt er, dass es sich hier nicht um ge- legentliche, einzeln gemachte und zerstreute Anlagen handelt, son- dern um eine grosse Gesammtanlage, die, wenn auch in ver- schiedene Gruppen getheilt, doch durchaus den Oharakter einer Zeit an sich trägt; es ist der Anfang einer concentrirten Ansiede- lung auf dem gesündesten aller Wohnplätze bei Athen, welche von einer sesshaften, ackerbauenden Bevölkerung mit geschickter Hand, mit sicherem Blick für knappe Terrainbenutzung und mit zäher Ausdauer zu Stande gebracht worden ist, welche aber mit ihren engen, zwischen Terrassen, Treppen, Wegen und Gräbern dem Boden abgewonnenen Hausplätzen unpraktisch werden musste, als man in einer verwöhnteren Zeit sich mit behaglichem Luxus ein- zurichten anfing. Die ausserordentliche Schwierigkeit, welche es macht, diese Ansiedelung graphisch zur Anschauung zu bringen, ist Schuld daran, dass Diejenigen welche mit Athen nicht vertraut sind, (und auch W. ist ja, als er sein Buch schrieb, die lebendige Anschau- ung des Bodens, von dem es handelt, nicht vergönnt gewesen) von dem einheitlichen Charakter jener Ansiedelungen sich nur schwer einen genügenden Begriff machen. Genauere Aufnahmen und Darstellungen sind vorbereitet. Einstweilen kann ich mit Hinweisung auf die ausführliche Beschreibung, welche ich von dieser Gegend und ihren Alterthümern gegeben habe, nur mit voller Zuversicht wiederholen, dass Alle, welche die Südhänge der athenischen Hügel betreten und mit aufmerksamer Betrachtung die zahllosen Felsschnitte, diese ehrwürdigen Runen des Alterthums betrachten, den Eindruck einer besonderen, von der Nordseite ganz verschiedenen Stadt empfangen, und als solche habe ich sie die 42 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Kranaer- oder Felsenstadt genannt, eine Benennung, gegen welche nach dem eben Bemerkten kein wesentlicher Einwand erhoben wer- den kann. Ich habe seitdem in Alt-Smyrna, in Pergamon, in Ephe- sos die Überreste ganz entsprechender Felsgründungen untersucht und beschrieben; auch glaube ich, dass die Vorstellung welche die Athener von ihren Ahnen als Kranaern hatten, mit der weit- verbreiteten und von den Philosophen vielfach verwertheten Über- lieferung zusammenhängt, dass die Menschen ursprünglich in Höhlen aus Felsen gehaust haben, aus denen sie sich erst allmählich ganz frei gemacht haben. Denn es ist deutlich, dass diese Wohnungen durchaus nicht als Schlupfwinkel von Wilden gedacht, sondern, wenn auch als primitive und beschränkte, doch als behagliche und menschenwürdige Behausungen angesehen wurden, wie Jacob Bernays (Dialoge des Aristoteles S. 168) geltend gemacht hat. Was die sogenannte Pnyxterrasse betrifft, so beanstandet W. den Namen @yog& Sewv, mit dem ich diese Anlage, die ursprüng- lich auch eine reine Felsanlage ist und mit den ältesten mensch- lichen Wohnplätzen unmittelbar zusammenhängt, zu charakterisiren gesucht habe. Auch hier handelt es sich weniger um den Namen als um die Sache, um das Verständniss grossartiger Anlagen des frühesten Alterthums, die man bis jetzt vom Standpunkt der Denk- mälerkunde ganz unbeachtet gelassen hatte. Wir haben einen alten, in späterer Zeit gegen die Ebene hin nachweislich mit grosser Anstrengung erweiterten religiösen Ver- sammlungsraum vor uns, der dem Zeus geweiht war — denn der S. 435 ausgesprochene Zweifel, welchem Gott dieser Altarplatz geweiht gewesen sei, wird auf der folgenden Seite schon halb und halb wieder zurückgenommen, und wie wollte es auch Jemand wahrscheinlich machen, dass Zeus Hypsistos hier als ein Eindring- ling späterer Zeit unter den Göttern verehrt worden sei! Ein begründeter Zweifel kann also nur darüber obwalten, ob die Ter- rasse dem Zeus allein gehört habe oder auch anderen Göttern neben ihm. Das Letztere schien mir das an sich Wahrscheinliche, weil an allen altheiligen Plätzen sich die Gottheiten zu gruppiren pfle- gen, weil ich bei einem Versuchsgraben die Fundamente eines zweiten Altars fand und weil ich mich auf die Analogie anderer Anlagen berufen konnte, namentlich auf den von Aischylos so genau beschriebenen Götterhügel bei Argos mit dem om1Aos ayurinv Tewv und andere ausserhalb der Burgen gelegene Opferplätze oder zowvo- vom 31. Januar 1876. 43 Bwiicı (Attische Studien I S. 59; Sauppe Göttinger Nachrichten 1863 S. 319). Es konnte aber auch der ganze Platz wesentlich und vorzugsweise ein Zeusplatz sein, wie die Altarterrasse der Tege- aten, das Y,wgtov Ulyrov, Ebd oo zar 0 Qumo Teysarans -eirw ol more, zarsiraı Aıös Kiagiov (Paus. VIII 53. 9). Wenn wir solche gottesdienstliche Versammlungs- und Festräume ältester Zeit an den verschiedensten Orten nachweisen können, welchen Grund haben wir dann, bei Zenobios IV, 30 und Hesychios die Worte Sewv &yoga; rowos ASyvnsı so zu deuten, dass Athen gleich Attika gelten und der genannte Ort kein anderer sein soll als die Sewv ayog« beim Anaktoron in Eleusis? Indessen habe ich nie den Anspruch ge- macht, den Namen dieser merkwürdigsten aller Felsanlagen des alten Athen mit Sicherheit nachweisen zu können!), aber die Bedeu- tung der Anlage, das Wesen der Sache glaube ich erkannt und durch vollkommen zutreffende Analogien ins Licht gestellt zu haben; auch finde ich bei W’s. Einwendungen und Beanstandungen nichts, was dieses Ergebniss meiner Studien erschüttert. War die kolossale Felsterrasse oder richtiger Doppelterrasse (denn beide Terrassen gehören nothwendig zusammen) das, wofür ich sie halte, dann ist sie auch einmal das religiöse Centrum der umliegenden Bezirke gewesen, und wie sie dazu ihrer Lage nach geeignet war inmitten der nach der See und der nach dem Binnen- lande gelegenen Gaue, muss auch ohne meine Ausführung (S. 42) Jedem klar sein. Dies ist aber der älteste Zustand, in welchem wir aller Orten die allmählich zu Städten zusammenwachsenden Ortschaften finden; es waren rurryuare Öruwv mit einem centralen Heiligthum, einem hypäthralen Altarplatze, dessen Opferpriester die Vertreter der Gesammtheit waren, bis an Stelle des ofienen Heiligthums zusammenliegender Bezirke in der verschlossenen Burg und den Burgaltären ein neuer Mittelpunkt gewonnen wurde. Hier komme ich nun auf einen Punkt wo es sich allerdings um einen sachlichen Gegensatz handelt und nicht bloss um einen Namen; denn unmöglich kann ich W. Recht geben, wenn er den Burghügel die “einladendste aller Höhen’ nennt und von einer ur- anfänglichen pelasgischen Burggemeinde spricht! 1) Obgleich auch Sauppe a. a. O. die Benennung $eov ayop« als durch- aus wahrscheinlich anerkennt. 44 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Ein friedliches Volk, das in der Nähe seiner Äcker und Pflan: zungen bleiben wollte, hat sich niemals auf einer so engen, trocke- nen und kahlen, steilen, windigen Felskuppe angesiedelt und wenn etwas feststeht, so ist es dies, dass auch von Athen mit vollem Rechte gilt, was Mommsen in Übereinstimmung mit allen römi- schen Topographen von Rom!) sagt: "Die städtische Ansiedelung hat hier wie überall nicht innerhalb sondern unterkalb der Burg begonnen‘. Erst breiteten sich auf bequem zugänglichen Abhängen, wo man den Feldern nahe war ohne den Saatboden durch Bauten zu schmälern, die Wohnungen aus, und zwar unverkennbar mit besonderer Vorliebe für die vor dem Nordwinde geschützten Ein- senkungen der Höhengruppe — und dann erst suchte man für die zwanglos ausgebreiteten Wohnungen ein Centrum, einen Schutzort und fand ihn in der Burghöhe. Die Geschlechter, welche sich hier ansiedelten, waren kriegerische Geschlechter; die Burg ist von Na- tur eine Herrenburg. Die Besetzung der Burg war eine Epoche der Stadtgeschichte, welche die Alten als solche erkannten und mit dem Auftreten der Kekropiden bezeichneten. Sie beruht auf Unterwerfung älterer Ein- wohner, sie beginnt mit Befestigung, die durch Frohnbauern herge- richtet wird, sie macht aus den lose verbundenen Nachbargauen eine Stadt und als Kern der Stadt heisst die Burghöhe selbst roäıs. Die Herrenburg lag am Nordrande der gegen Süden fächer- förmig sich ausbreitenden Niederlassungen. Der Abhang an dem Westfusse, welcher allein die Burg zugänglich macht, streicht gegen Süden, und von dieser Seite ist zu allen Zeiten der eigentliche Auf- gang gewesen. Diese für die gesammte Stadtgeschichte massgebende Anschau- ung schliesst sich an Thukydides an, den Einzigen der älteren Histo- riker, der für die Entwickelung städtischer Ansiedelung ein offenes Auge zeigt; er macht seine Mitbürger darauf aufmerksam, dass ihre Stadt vor alten Zeiten von der Burg südwärts gerichtet gewesen sei, eine Angabe, welche, mag man den Ausdruck meos vorov Schär- fer oder allgemeiner, enger oder weiter fassen, auf jeden Fall die Ansicht ausspricht, dass in der Lage des Haupttheils der Stadt eine durchgreifende Änderung stattgefunden und dass die ältere Lage 1) Röm. Gesch. I? 50. vom 31. Januar 1876. 45 gegen die spätere an der Nordseite der Burg einen entschiedenen Gegensatz gebildet habe. Die klimatischen Unannehmlichkeiten, an denen die heutige Stadt leidet, beruhen wesentlich darauf, dass sie den Nordwinden aus- gesetzt ist, welche im Sommer Staub und trockene Hitze, im Winter schneidende Kälte bringen; es sind die einzigen Winde, welche in Attika mit Ungestüm auftreten und eine Art Landplage sind. Um so natürlicher war es, dass die alte Bevölkerung ihren geschützten Wohnsitzen im Süden der Burghöhe treu blieb, bis die wachsende Volksmenge und der erhöhte Wohlstand sie auf die Nordseite hin- über trieb, wo für umfangreichere Anlagen von Plätzen und Ge- bäuden allein ein genügender Raum zu finden war. Was ist nun gegen diese Auffassung der alten Stadtlage ein- gewendet? Die “Malzeichen göttlicher Verehrung’ sagt W. p. 301, "die Grotten, die vielen Spuren von Weihgeschenken, die Lage des Po- liastempels hart am Nordrande beweisen, dass von alten Zeiten her die Nordseite die Frontseite war. Die Lage des Poliastempels? Das kann doch kaum ernstlich semeint sein. Denn der schloss sich ja an das Temenos des Po- seidon an und dies war an die Felsspalte mit dem Meerwasser gebunden. Also nicht aus freier Wahl und nicht um die Nordseite als die Hauptseite zu charakterisiren hat man den Platz des Doppel- heilisthums bestimmt. Alle Sagen, die an der Nordseite haften, sprechen gerade da- für, dass diese einmal die stillere, ländlichere, abgelegene gewesen ist. Die liebliche Sage von den Reigentänzen der Kekropstöchter auf den grasigen Fluren bei den ‘Langen Felsen‘, der Pancultus, die Legende von der heimlichen Umarmung der Königstochter durch Xuthos. Ein solches Liebesabenteuer denkt man sich doch nicht srade an der der ganzen Stadt zugekehrten und vom Markte weit sichtbaren Burgseite! Und Apollon Hypakraios, hat er nicht hier seine Stelle gefunden, weil er in der Burg und der eigentlichen Altstadt keine Stätte fand? Cultusplätze mancherlei Art sind na- türlich auch an der Rückseite einer Stadtburg und in den ursprüng- lich vorstädtischen Räumen nicht befremdlich. Freilich ein Hauptbeweis könnte gegen meine Ansicht geltend gemacht werden, wenn es wahr wäre, was jetzt gemeinhin ange- nommen wird, dass der panathenäische Festzug an der Nordseite 46 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse der Burg hingegangen und dann in einem scharfen Winkel um- biegend an derselben Seite zum Aufgange der Burg zurückgegangen sei. Das wäre eine solche Vernachlässigung der Südhälfte, dass dieselbe niemals einen wesentlichen Theil der Stadt ausgemacht haben könnte, da dieser Festzug doch recht die Bestimmung hatte, alle Hauptquartiere der Unter- und Ober-, Nord- und Süd-, Alt- und Neustadt mit einander in Verbindung zu setzen! Bedenken wir doch, wie charakteristisch für das ausge- baute Athen die klare Übersichtlichkeit und Regelmässigkeit der Stadt war, deren Burg wie eine Schildbuckel inmitten des Rundes lag, das Haupt des Stadtkreises werros rgoyosıdeos anger age!) Sehen wir doch auf dem Plane von Athen, wie sich eine na- türliche Ringbahn, wie zu Prozessionen eingerichtet, um den steilen Burgfels herumzieht und dann von der Südseite allmählich das Burgthor erreicht! Erwägen wir, dass, von allen möglicher Weise irrigen Ansichten des Thukydides abgesehen, eine Reihe der älte- sten Heiligthümer, und namentlich das populärste von allen, das des Dionysos, des Lieblingsgottes der Pisistratidenzeit, am Süd- rande der Burg lagen — dann wird uns die Annahme, dass an dem zur Pisistratidenzeit organisirten Bürgerfeste, der grosse Festzug mit absichtlichem Ausschlusse des ganzen offenen und ebenen Süd- thals sich mit einer gezwungenen Wendung an dem nördlichen Fels- hang der Akropolis gegen Westen zurückgeschoben haben sollte, so unglaublich erscheinen, dass nur die unwiderleglichsten Zeug- nisse uns davon überzeugen würden. Das einzige Zeugniss ist bekanntlich die Stelle des Philostra- tos II, 1, 5, (W. S. 286) nach welcher die Triere, nachdem sie das Eleusinion, gleichsam das östlichste Vorgebirge der Akropolis, umfahren hatte, ro Herasyızov magansiQeı. Die neueren Topo- graphen verstehen #2 II. von den Überresten der Befestigung am Westrande des Akropolis. Aber da begreift man doch kaum, wa- rum unter den Stationen des Festschiffs diesen Mauerruinen eine solche Bedeutung gegeben sein solltee Dann lagen sie ja auch gerade am entgegengesetzten Ende, wie das Eleusinion; über einen Haupttheil des Festzugs wäre also gar keine Bestimmung gegeben; einzelne Steine, die wie W. sagt (S. 295) von den alten Mauern viel- 1) Her. VII, 140. vom 31. Januar 1876. 47 leicht noch sichtbar waren, sind aber überhaupt wenig geeignet, als Marksteine einer die ganze Stadt durchwandelnden Prozession zu dienen. Ich nehme Pelasgikon im Sinne von "Akropolis’ und erkläre: das Festschiff fährt nach Umschiffung des Eleusinion (es sind ab- sichtlich Seefahrerausdrücke gewählt) an der Akropolis (nämlich auf der Südseite) wie an einem Küstenrande entlang. “Unmöglich’, sagt W. S. 295; ‘denn Herodot kann wohl so “sprechen von einer Zeit, da die pelasgische Feste noch stand, “aber Philostratos an einer Stelle, wo er von den Panathenäen des “Jahres 134 n. Chr. spricht, nimmermehr!’ Das ist entschieden gesprochen, aber, wie mir scheint, wenig überzeugend. Denn dass IHer&ryızov lange nach der Tyrannenzeit und ohne Rücksicht auf dieselbe ein volksthümlicher Ausdruck ge- blieben ist, um die alte Citadelle der Stadt zu bezeichnen, geht für mich aus Aristophanes Vögeln 832 (rs da zuSe£sı ns morsws To IIeA«gyızov;) unwiderleglich hervor, wo der Gegensatz von Burg und Unterstadt sich so natürlich darbietet, dass ich die Erklärer nicht begreife, welche hier rorıs als Akropolis fassen. Wenn nun auch zu Philostratos Zeit der Sprachgebrauch ver- altet war, so konnten sich doch bei solchem Festceremoniell, wie er es hier beschreibt, das aus der Tyrannenzeit herstammt, sehr leicht Bestimmungen in alterthümlichen und solennen Ausdrücken erhalten haben, die sich der Sophist aneignete, dessen ganze Aus- drucksweise an dieser Stelle einen gewissen feierlichen Charakter trägt. Ich glaube also meine Erklärung von der einzigen Stelle über den Gang des Festzugs aufrecht erhalten zu dürfen und die Deu- tung ablehnen zu müssen, welche dem Panathenäenzuge einen so unnatürlichen Zwangskurs giebt. ‚Dass im Süden der Burg der Kern der Stadt lag, dafür lie- fert das Dionysos-Heiligthum, dasselbe, auf welches sich Thuky- dides beruft, noch einen bestimmteren Beweis. Denn die Limnai- feste hiessen vorzugsweise ‘städtische’, Auvusız &v arreı, während die Dionysien in Kollytos, dem späteren Centralquartier von Athen, immer als ein ländliches Lokalfest angesehen blieben. Die Lage von Kollytos ist wiederum streitig geworden. W. legt es an die Südseite. Dann würden in demselben Quartier städtische und ländliche Dionysien gefeiert sein. Seine Annahme 48 Sitzung der plilosophisch-historischen Klasse ist auf keinen Beweis gestützt. Köhler hat Kollytos eine Lage am Westende von Alt-Athen angewiesen wegen der Nachbarschaft von Melite!). Köhler hat vollkommen Recht, wenn er die Schlüsse ablehnt, durch welche man das Zusammenliegen der Gaue Diomeia und Kollytos hat erweisen wollen; aber ich kann mir auch an der Nordseite eine Berührung zwischen Kollytos und Melite denken, wenn, wie ich annehme, am Westabhang der Burg vier alte Quar- tiere zusammenstiessen: Kydathenaion von Süden, Melite von Westen, Kerameikos von Nordwesten und Kollytos von Norden. Dann fällt Kollytos gerade in die Gegend der römischen Prachtanlagen und man begreift, dass es zu Himerios Zeit als’ 2v nerararu rs morews gelegen und als elegantes Modequartier. bezeichnet werden konnte, was doch von einem “über Melite gegen Westen hinausgelegenen (Juartiere schwer begreiflich sein würde, da sich in der Kaiserzeit nachweislich die Stadt immer mehr nach Osten streckte. Wie man aber auch über die Lage von Kollytos urteilen möge, auf jeden Fall ist Limnai einer der wesentlichsten Bestand- theile des Asty, das moos voroVv WEAITTE TETgeIANEVON, einer der ältesten Sammel- und Festplätze der Athener. Dieser alte Oultus- und Festplatz ist aber mit dem Altmarkte unauflöslich verbunden, da die Holzgerüste?), von denen man einst den Dionysischen Festspielen zuschaute, auf der Agora gestanden hatten, und dieser Altmarkt im Süden der Burg ist wieder durch das Heilisthum der Aphro- dite Pandemos gesichert, dessen Lage am Südrande derselben und dessen Verbindung mit der «gay ayoge auf Zeugnissen beruht, deren Bedeutung durch keine Interpretationskünste beseitigt werden kann. Ich denke, hier ist ein Zusammenhang von Thatsachen und Überlieferungen, der durch die innere Wahrscheinlichkeit und den Charakter der Örtlichkeiten durchaus bestätigt wird, wie auch Rudolf Schöll es in seiner Rec. über Wachsmuth (Separatab- zug aus der Jen. Litt. Ztg. S. 20), welche er nach seinem letzten Aufenthalt in Athen geschrieben hat, bei sorgfältiger Nachprüfung aller Wachsmuth’schen Einwendungen vollkommen anerkannt hat. War in der Senkung westlich von Limnai zwischen Akropolis und Museion der Altmarkt von Athen, so war nach meiner Über- 1) Hermes VI, 110. 2) Photius p. 106, 3 ingıa, za dv zn ayopd. vom 31. Januar 1876. 49 zeugung neben d. h. oberhalb des alten Forum auch das Comitium und an dem Forum das Prytaneion der Altstadt. Was den ersteren Punkt betrifft, so muss ich zunächst mit Schöll die von W. angenommene Lage des Volksversammlungs- raumes für durchaus unmöglich erklären, weil nach dem einfachen Wortsinne von Platons Kritias 112 Pnyx ein ansehnlicher Berg ge- wesen sein muss, welcher von der Burg getrennt ihr im Süden gegenüber und zugewandt lag, was ngös rn «zgoners: sehr wohl bedeuten kann; denn wie könnten sonst Pnyx und Lykabettos, um die kolossale Grösse der gleichsam antediluvianischen Akropolis zu veranschaulichen, neben einander als Trümmerstücke derselben genannt werden, wenn Pnyx nichts war, als der westliche Ab- hang der Burg (S. 578)! Weiter gehe ich auf diese Frage nicht ein und weise nur darauf hin, dass die Kaupert’sche Aufnahme zum ersten Male ein correctes Bild der zum Altmarkt abfallenden Abhänge des Museion geben wird, welches den von Natur geschaffe- nen Volksversammlungsraum hier anschaulich macht. Ich habe ferner behauptet, wo die Agora sei, müsse auch das Prytaneion gelegen haben. Über diesen Satz lässt sich streiten und ich werde für jede Belehrung über diesen Punkt, der für mich ein ganz besonderes Interesse hat, aufrichtig dankbar sein. Aber das kann ich W. nicht zugeben, wenn er mir eine "unrichtige Gesammtauffassung’ vorwirft, eine Vermischung ganz verschiedener Zeiten der Ver- fassungszustände. Das Prytaneion liege, wo der Sitz der Macht sei; dies sei aber die Agora erst in den Zeiten demokratischer Verfassung geworden. Aber war nicht auch in dem aristokrati- schen Gemeinwesen die Agora das Oentrum des Öffentlichen Lebens? War sie nicht der Sitz der Berathung, die «yoga PovAnbegos, die Stätte der Themis, wo die ehrwürdigen Väter der Gemeinde, die Geronten, die Gemeindeältesten sitzen, yegagor Barıryas nuevor lv ayoa?, #0C- Mos Aaoısıv og@sScu (Hom. Ep. X)? Sind das Bilder demokratischer Zustände? Darum werden ja die Eupatriden charakterisirt als die air 70 «oru oizoövres, darum wohnten ja in Korkyra die alten Geschlechter rund um den Markt der Altstadt herum, weil sie hier die öffentlichen Geschäfte besorgten und hier im öffentlichen Leben zu Hause waren. Darum wurden ja die geringen Leute in Epi- dauros, in Megara vom Markte ferngehalten, den sie scheu mieden, wie das Wild, weil sie sich in die dort vertretene Gesellschaft [1876] 4 een 50 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse nicht hineintrauten. Die schön geglätteten Richtersessel sind die ersten Zierden der «yoga waraudarcı morudader.oı. Gericht und Verwaltung sind in der alten Zeit nicht getrennt, wie ja der Name Prytaneion selbst am besten beweist. Die städtische Agora hatte nach den Verfassungszuständen ei- nen sehr verschiedenen Charakter, wie ich dies in den “Attischen Studien nachzuweisen gesucht habe; aber mit Ausnahme der alten Monarchie, wo das Königshaus das Centrum des Staats ist, und der Tyrannis, wo dies von Neuem die Zwingburg ist, kann man sich keine hellenische Stadt denken, wo nicht die Agora der Haupt- sitz des öffentlichen Lebens wäre. Aber “Bursian hat schon einige Prytaneia nachgewiesen, welche nicht auf der Agora standen’ S. 467. W. hat diese Nach- weisungen nicht geprüft; ich kann sie nicht als begründet aner- kennen. In Megara kommt Pansanias von der Burg des Alkathoos herunter den Weg, der zum Prytaneion führt. Er beschreibt das Prytaneion mit seinen Grabstätten, das Heroon des Alkathoos mit dem Staatsarchiv, dann das Heiligthum des Dionysos, das der Aphrodite und endlich die Gräber des Koroibos und Orsippon. Damit schliesst er die Beschreibung des Markts, indem er in die ödos euSeie (die "Zeile oder wie es Luther in der Apostelgesch. übersetzt die richtige’) einlenkt, welche zu den Häfen hinabführt. Den An- fang der Marktbeschreibung erwähnt er nicht; aber wer sieht nicht, dass die eis r0 Houravsiov ööos ihn auf den Marktplatz geführt hat, und dass das Prytaneion selbst mit den folgenden Gebäuden die Umgebung des Marktplatzes bildet, von dem er zuletzt die in der Mitte gelegenen Gräber des Koroibos und Orsippos bespricht? In Delphi wird, so weit ich mich erinnere, kein Marktplatz erwähnt. Die Halle der Athener, die zu der nächsten Umgebung des Rathhauses und des Gemeinherdes gehört hat, muss jeden- falls einen öffentlichen Platz eingeschlossen haben. Was endlich Siphnos betrifft, so können doch die Orakelverse bei Herodot III, 57 EAN Orav Ev Zipvw meuranHic Aevac yernraı 2.2V401BgUS 7 ayogn nicht gegen meine Ansicht angeführt werden; denn wer erkennt nicht, dass hier ein Gesammtbild des in öffentlichen Marmorbauten am Markte sich darstellenden Reichthums der Insulaner gegeben werden soll! ca vom 31. Januar 1876. 51 Wenn diese Beispiele hinfällig sind oder das Gegentheil von dem beweisen, was sie beweisen sollen, so ist es dagegen nicht schwierig noch andere Städte namhaft zu machen, wo die örtliche Zusammengehörigkeit von Prytaneion und Agora durch bestimmte Überlieferung bezeugt ist, so namentlich Sikyon. Hier war das Adrastos-Grab 2v aury N ayogn av Sızuwviav nach Her. V 67, und als man für ihn den Dienst des Melanippos einführte, der an sei- ner Stelle der Gegenstand derselben Festlichkeiten sein und Adrastos verdrängen sollte, wies ihm Kleisthenes seinen Platz &v aurs rw meUTaVniW an. Die Zusammengehörigkeit von Prytaneion und Agora geben ja auch Diejenigen zu, welche meinen darauf beruhenden Folgerungen für athenische Stadtgeschichte nicht beistimmen. Das Prytaneion am Nordfuss der Burg lag auch in der Nähe der Agora, nur können wir. hier keine anderen als römische Marktanlagen nachweisen. An der Agora der Kerameikos lag die Tholos und Niemand bestreitet, dass dieses Gebäude nichts Anderes sei als das Surro- gat eines Prytaneion. Wie kam man denn dazu, hier ein zweites, stellvertretendes Prytaneion zu errichten? Doch nur deshalb, weil es zu einem griechischen Marktplatze gehörte, weil die Ayır« oder Staatsgebäude, in welchen die öffentlichen Geschäfte der Rechtspflege und Verwaltung erledigt wurden, nicht ohne die grösste Erschwe- rung des Geschäftsverkehrs von dem Platze entfernt sein konnten, der in allen Epochen republicanischer Verfassung das Centrum des Gemeindelebens war. Wie denkt sich nun W. die Entwickelung der städtischen Ver- hältnisse? "Im Kerameikos war von Anfang an der Markt der Athener’. Also die Eupatriden der theseischen Stadt sollen ihren Sammel- und Gerichtsplatz, um den, wie wir nach Analogie von Korkyra (Thuk. III, 72) schliessen, auch ihre Wohnungen lagen, in einem lange vorstädtischen Bezirk, im Nordwesten der Burg, in dem Hand- werkerviertel der Kerameer gehabt haben! Wie unwahrschein- lich dies sei, abgesehen von dem Widerspruche mit Thukydides, nach welchem das Asty gegen Südost gerichtet war, leuchtet ein. Aber noch unwahrscheinlicher ist, dass dieser Gemeindeplatz Jahr- hunderte lang ohne Geimeindeherd und Curie geblieben sein soll, bis man beides am Ende des sechsten Jahrhunderts daselbst ein- gerichtet habe. 4* 52 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Eine Verlegung aus der Südstadt lässt sich begreifen, denn diese ist auch physisch ein Gebiet für sich, ein ganz besonderes und abgegränztes Terrain, aber wer begreift die Verlegung und die Abzweigung eines neuen Prytaneion von einem Punkt der Nordseite zum anderen, welcher mit ihm in einer Fläche liest und keine 400 Schritt entfernt ist! Und das ältere Prytaneion, von dem die Tholos nur ein Filial ist, soll ausserhalb jedes Zusammenhanges mit Gemeindeplatz und Rathhaus, wie auf’s Gerathewohl an der Nordseite gebaut worden sein, gleichsam ein verlorener Posten, welcher erst in der rönıi- schen Zeit, durch die Anlage eines Prachtforum in einen Zusammen- hang mit öffentlichen Plätzen gekommen sein soll! Es kommt mir vor, als wenn man, um sich der Annahme eines Prytaneion in der südlichen Altstadt zu entziehen, nur neue Räthsel geschaffen habe, deren unvermeidliche Anhäufung, wie ich glauben möchte, meiner Ansicht zur Unterstützung dienen muss. Sie ruht in der That auf den einfachsten Voraussetzungen. Die Polis, ist wie Aristoteles sagt eine «roıziz des Hauses, und deshalb hat sie nach Art der Colonien nicht nur das Amt des Hausverwalters aus dem Hause mit herübergenommen, sondern auch den Herd, an welchem das Amt des Hausherrn seinen Sitz hat. Des Königs Herd ist ursprünglich der Herd des Staates. Dann geht die Colonie ihre eigenen Wege; sie wird Staatsgemeinde und der König oder sein Stellvertreter opfert am Herd der Ge- meinde als ihr Beamter. Wie im Hause, bleibt aber der Herd der heilige Mittelpunkt der sich mehr und mehr erweiternden Gemeinde. Wie im Herd- raum der Hausvater die erwachsenen Familienglieder versammelt, um mit ihnen Rath zu pflegen und ihnen seine Entschlüsse mitzu- theilen, so versammelt der Vorsteher oder Prytanis der Gemeinde die Gemeindegenossen in dem Raum des Stadtherdes, dem Pry- taneion. In demselben beschliessen die zur Leitung des Gemein- wesens Berufenen; neben demselben (2m: r# zovravsin) stehen die Richterstühle, vor denselben versammeln sich die vollberechtigten Mitglieder der Gemeinde und um das Prytaneion liegen ihre Woh- nungen, damit die zu einer politischen Gemeinde Verbundenen auch eine räumliche Gemeinschaft bilden. So ist der Raum vor dem Prytaneion der Keim, aus welchem die Stadt sich auch räumlich entwickelt, das Kernstück, an wel- vom 31. Januar 1876. BR} ches sich in weiterem Umkreise die ferner Betheiligten anschliessen, die für das materielle Bestehen der städtischen Gemeinschaft noth- wendig sind, wie die Handwerker, Bauern und Viehzüchter, ohne der eigentlichen Gemeinschaft anzugehören. Die Flamme des Stadtherdes bleibt das sichtbare Symbol der Gemeinschaft. Wie der Herd im Hause ist er der heiligste Platz, das Allen, die Schutz suchen, zugängliche Asyl, dessen Heiligkeit auf die Altäre übergeht, die auf dem Vorraum des Prytaneion, dem Bürgerraum stehen, und durch die Gräber stadtgründender Heroen erhöht wird. Dieser Raum ist zugleich der Opferplatz, auf wel- chem Angesichts der Gemeinde der Hestia geopfert wird, der Sammelplatz für die Prozessionen zu Fuss und zu Wagen, welche das Prytaneion zum Ziele haben und ebenso für die Bürgerschaaren, welche von hier feierlich entlassen werden, um jenseits des Meeres von der einheimischen Flamme einen neuen Stadtherd zu entzün- den. Die Ehre, welche der Hestia gebührt, ist mit der Grösse und Würde des Gemeindeplatzes, des Sitzes der Berathung und der Rechtspflege, wesentlich verbunden. So ist bei dem Gemeindeherd die Stelle, wo in nuce die ganze Stadt beschlossen ist und die Hellenen haben an der zu Grunde liegenden Idee mit unerschütterlicher Consequenz festgehalten; sie konnten sich keinen Stamm, keine Stadt, keinen Bund, keine Na- tion ohne ein zouwn Erria denken. Die räumliche Ausgestaltung dieser Idee ist für die geschicht- liche Topographie einer der wichtigsten Punkte, denn bei dem allmählichen Übergange aus dem engen Eupatridenquartier in eine industrielle Grosstadt, aus einem geschlossenen Kreise von Alt- bürgern in eine demokratische Republik mussten alle Formen der mit dem Gemeindeherd verbundenen Örtlichkeiten sich we- sentlich umgestalten. Die Umgestaltung war eine doppelte. Erstens konnte es bei der anwachsenden Bevölkerung und der fortschreitenden Berechti- gung der Gemeinde nicht dabei bleiben, dass der Bürgerraum vor dem Prytaneion zugleich für den täglichen Verkehr des bürgerlichen Lebens und für die politischen Berathungen diente. Man sonderte ayoga und 222?r7r1«, forum und comitium. Der Gemeindeversamm- lung gab man an den aufsteigenden Abhängen des Pnyxhügels einen Raum, der bei fortschreitender Demokratie mehr und mehr zum Zwecke politischer Debatte eingerichtet wurde, aber immer 54 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse einen sehr alterthümlichen und einfachen Charakter behielt. Der Marktverkehr blieb unten in der Niederung, wo alle Wege aus der Altstadt und den Vorstädten, von der See und vom Lande zu- sammen kamen; daher der volksthümliche Ausdruck: “das Volk sitzt oben‘, d. h. es ist eine Verhandlung der Volksversammlung im Gange. Zweitens entwickelten sich die mit dem Gemeindeherde ver- bundenen Keime räumlicher Anlagen, die sämmtlich schon im Hause vorhanden waren; denn schon der Raum des Hausherds diente zur Aufnahme von Gästen, zu gemeinsamer Berathung und zur Auf- bewahrung von Vorräthen und werthvollem Besitze. Indem für diese verschiedenen Zwecke besondere Räumlichkeiten geschaffen wurden, entwickelte sich also 1. der eigentliche Herdraum, der in Ringschichten aufsteigende, bienenkorbartige, oben offene Rundbau der Tholos, 2. der Speisesaal für die am Stadtherde ex officio oder Ehrenhalber versammelten Gäste, 3. das Rathhaus für die Ver- sammlung derer, welche die Leitung des Gemeinwesens zu be- rathen hatten, 4. der Raum für die Urkunden und Aktenstücke, deren Aufbewahrung für ein geordnetes Gemeinwesen unentbehr- lich ist. Diese Gebäude und Räumlichkeiten konnten theilweise zu- sammenfallen, wie sie ursprünglich eins waren, so z. B. Pryta- neion und Rathhaus in Delphi; Hestiatorion und Tholos können wir nur in Olympia als zwei besondere Räume nachweisen, aber auch hier unter einem Dache oder unmittelbar zusammenhängend, wie es wohl immer der Fall war. Die Umgestaltung konnte auch dadurch geschehen, dass eine Ver- legung erfolgte. Diese konnte aber nur in der Weise stattfinden, dass wie bei einer Colonie eine sollenne Übertragung der Flamme des Gemeindeherdes beschlossen wurde. Dies konnte durch Raum- mangel in der Altstadt, durch wesentliche Veränderung der Woh- nungsverhältnisse, durch den Wunsch auf freierem Raume Pracht- bauten auszuführen und endlich durch politische Absichten veran- lasst sein, indem man den Schwerpunkt der Stadt aus dem Viertel, wo die Altbürger dicht zusammensassen, in die vorstädtischen Be- ‚zirke, den Sitz von Handwerk und Industrie, verlegen wollte. Alle diese Gründe haben, wie ich glaube, in der Tyrannenzeit die Umwandlung der Stadt Athen herbeigeführt, von welcher Thu- kydides eine Vorstellung hatte; seit den Pisistratiden ist Keramei- vom 31. Januar 1876. 3 kos gleich Agora und der Centralmeilenstein daselbst bezeichnet das neue Centrum. Man liess aber das Feuer der Altstadt nicht erlöschen; die Ehrengäste der Stadt speisten dort nach wie vor. Man wagte auch den neuen Stadtherd nicht Prytaneion zu nennen und der schattenhafte Blutgerichtshof blieb nach wie vor Zmı mov- raveiv. Ebenso blieb das alte comitium an der Pnyx. In der Neustadt aber breitete sich nun die Reihe der öflfent- lichen Gebäude aus, welche für die Zwecke des politischen Lebens das Urprytaneion ersetzten, Tholos, Rathhaus und das Metroon mit dem Staatsarchiv. Ferner wurde folgende Abhandlung des Hrn. Jacob Bernays in Bonn vorgelegt: Herennius’ Metaphysik und Longinos. In der dem Longinos beigelegten Schrift, „Vom Erhabenen* wird gegen den Schluss ein Freund der Demokratie redend einge- führt, welcher die geistige Erstorbenheit zur Zeit des römischen Kaiserthums und besonders das Versiegen der höheren Beredsam- keit für eine nothwendige Folge des Despotismus erklärt. Unter Anderem heisst es dort in dem jener Schrift eigenen kühn meta- phorischen Styl: „Von uns Söhnen der jetzigen Zeit darf man „wohl sagen, dass wir von Kindheit an zu einer gesetzmässigen „Selaverei angelernt werden; eingeschnürt sind wir geradezu in „den Windeln ihrer Sitten und Gebräuche von der Zeit des bild- „samen Jugendsinnes an, und nie haben wir den schönsten und zur „Beredsamkeit begeisterndsten Trank — ich meine die Freiheit — „gekostet. Daher entwickeln wir uns auch zu nichts Anderem als „zu schwunghaften Schmeichlern. Alle übrigen Fähigkeiten kommen „wohl auch bei Sclaven vor; aber zum Redner bringt es der Sclave „nie; denn alsbald bricht das scheue, gleichsam eingesperrte und „von der fortwährenden Sclavengewohnheit zerbläute Wesen her- vor ci 2 vüv Eorzorisev, &bns madonaeSsis eiwaı douAsias dızaias, Fols Se US: \ > \ ’ Fr e n BJ] 7 ’ b MUrNS ENenı Am Emirydeumacıv EZ amaAuv er doovnaarmv Movov our 96 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Evsomagyavwiszvor za. aysusro HAMMFTOU zur Yoviaurarou royav ve- MATOS — Tnv 87.21.Ieglav, pr, ray 7, Öomeg ovdev orı 7 "ZORaZES er atvorev Rkeyaropveis. da FoÜro Tas 18V AII.EG eEsıs za eis olzerag Timrew ehaszev, ÖcUAov de landeva ywerta Enroga‘ EÜSUS yagıavadei 70 EnaseNTianTov za orcv Etubgovoov, Um suvnYeias der ZEROVÖUALTWE- vov (c. 44 $ 3—9). ; Zu dieser Stelle des Longinos macht David Ruhnken fol- gende Bemerkung (S. 484 der Ausgabe des Longinos von Weiske): mirum ni hunce Longini locum ob oculos habuerit Herennius commentario inedito in Aristotelis Metaphysica: ou Sav- Masrov, ei mecboonmevos za Meyas OyAoS, 2IWv za vomwv Tu OnWcoUV eianylasvov arrens NoUros dm aurwv Erı Fragyanıv Unarovew us dv ÖesmorWv 9 TUgavuv ErnaQuv, ARTaASAOVÖUALTWEVOS TnV huyxav a Mey za veavızdv baovnac alEw mn Öyvvansvos mıSTevs Tois magadoTeirıv ancE zul T0V volv Eures Ayumvarrev adısgeurmrars ze aveGerdsros Fuvssscı TE zu dgunsenı Yonrar. Potuit tamen uter- que communem aliquem fontem secutus esse. Toup (bei Weiske das.) begnügt sich, statt svverssı den, wie sich zeigen wird, rich- tigen Vorschlag suvewesssı zu machen; über. die Anstösse in den ersten Worten der Stelle schweigt er. Die Schrift des Herennius ist seit dem Jahre 1837 voll- ständig gedruckt im neunten Band von Mai’s classici auctores, wo sie auf dem Titel als Herennii commentarius ad metaphysica Aristo- telis figurirt und in der Vorrede p. VII als Herennii philosophi perdoctus et peracutus ad Aristotelis metaphysica commentarius angepriesen wird. Zu der Betitelung „Commentar zu Aristoteles’ Metaphysik“ wurden Ruhnken und Mai durch ein Missverständ- niss der in ihren Handschriften befindlichen Aufschrift "Egevviov PiRorobou ZEnynsıs &ıs ra ner@ Ta durıza verleitet, welches bei Ruhnken, der nur gelegentlich eine einzelne Stelle verwendet, nicht allzu sehr auffallen kann, bei Mai hingegen, dem Heraus- geber der ganzen Schrift, sich in der That nur dann begreifen lässt, wenn er, obwohl Herausgeber, die herausgegebene Schrift gar nicht im Zusammenhang gelesen hat!). Denn sie steht in durch- !) Ruggiero Bonghi geht in seiner italienischen Bearbeitung von Aristo- teles’ Metaphysik (Torino 1854) sogar noch weiter, und in einer Note über Herennius, die er p. LXXXI hinzufügt (per isfogarmi un poco col eardinal Majo'), will er dem Cardinal nicht einmal die Lectüre der aristotelischen Me- vom 31. Januar 1876, 57 aus keiner näheren Beziehung zu dem grossen aristotelischen Werke, sondern will, wie die einleitenden Worte (p. 513 Mai) beweisen, nichts Anderes sein und ist auch, wie die Ausführung zeigt, nichts Anderes als ein Compendium der Metaphysik, meist vom neupla- tonischen Standpunkt aus. Dieses Sachverhältniss, welches keinem wirklichen Leser entgehen kann, ist auch den beiden Gelehrten, welche vor Mai, ohne dass dieser von ihren Bemühungen Kennt- niss nahm, sich eingehender mit dem Herennius befassten, deutlich geworden. Lucas Holstenius, der sich mit dem Plan einer Herausgabe dieses wie so vieler anderer Neuplatoniker trug, nennt in einem Briefe an Peirescius vom 9. Juli 1631 die Schrift des Herennius insigne compendium Platonicae theologiae (Holstenii epistol. ed. Boissonade, Paris 1817, p. 228 vergl. p. 236); und Jos. Kopp sagt in der kurzen Besprechung, welche er in seiner Ausgabe des Damaseius (Frankfurt am Main 1526) unserer Schrift widmet: non est commentarius, ut ex inscriptione aliquis suspicari possit, in Aristotelis Metaphysica, sed potius compilatio ex variis seriorum interpretum, maxime Platonicorum, etiam Damascii com- mentariis in aliguem satis inconcinne ordinem redacta (p. 15 u. 14). Diese von Kopp noch vollständiger als von Holstenius erkannte compilatorische Beschaffenheit der Herennischen Schrift hat ihn be- wogen, aus drei Münchener Handschriften (p. 23) grosse Stücke aus Herennius, welche sich mit Damascius berühren, in die An- hänge (p. 391—405) und Anmerkungen (von p. 13 an) seiner Aus- gabe des Damascius aufzunehmen!) und mit dem Text des letzteren zu vergleichen; er hat dadurch ein höchst brauchbares Material zur Berichtigung vieler Partien des Mai’schen Druckes geliefert. In gleicher Weise lässt sich für die von Kopp nicht berücksichtigte Partie des Herennius, aus welcher Ruhnken sein Citat entnommen taphysik zutrauen: non puö essere piu chiaro di quello che a prima vista risulta a chi si sia, che il Majo non ha letta ne l’opericciuola che ha fatta copiare su’ manoscritti e fatta leggere al Proto di Stamperia, n®, molto meno, la Metafisica d’Aristotile. 1) Nach diesen Kopp schen Mittheilungen hat, bevor die Mai’sche Pu- blication bekannt wurde, der geistvolle Kenner der griechischen Philosophie Felix Ravaisson in Eggers Duodezausgabe des Longinos (Parisiis 1837 p. 140) die falsche Betitelung Ruhnkens commentarius in Aristotelis Metaphysica kurz berichtigt: ‘imo Comment. de metaphysica‘. 98 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse hat, und für dieses Citat selbst ein sicheres Mittel der Textes- berichtigung gewinnen, nachdem der von Herennius nicht genannte Schriftsteller, welchen er in diesem Theil seines Cento excerpirend abschreibt, aufgefunden worden. Diese Auffindung war mir bereits gelungen, als ich bei gelegentlichem Aufschlagen von Wyttenbach’s bibliotheca ceritica auf dessen dortige (pars tertia, 1778 p. 32—52) Recension von Toup’s Ausgabe des Longinos gerieth und in der- selben (p. Sl) auf folgenden, offenbar von Ruhnken selbst ver- anlassten Nachtrag zu seiner Note über Herennius: ‘0 — üzo surnSeras ası zerovöurenevov (s. oben S. 56). Exquisitum verbum, cuius mira est ad sensum efficacia, ex eodem fonte derivasse vide- tur Longinus ac Philo Iudaeus de Temulent. p. 269 B (der Pariser Ausgabe): euius locum transscripsit totum Herennius, ineditus Ari- stotelis interpres (dieser Irrihum wird also wiederholt); quod Ruhn- kenius vidit, posteaquam suas cum Toupio communicasset animad- versiones. Man begreift leicht, dass diese übermässig wortkarge und an einem wenig betretenen Ort versteckte Angabe den spä- teren Herausgebern des Longinos, welche Ruhnken’s ursprüng- liche Worte ohne weitere Bemerkung wiedergeben, unbekannt ge- blieben sind; und da die seit Ruhnken veränderten Ansichten über das Zeitalter der Schrift Vom Erhabnen so wie Mai’s Ver- öffentlichung des vollständigen Herennius der Sache ein vermehr- tes Interesse verleihen, so schien es nicht überflüssig, sie in ein- gehenderer Weise, als Ruhnken es gethan, und nach ihrem gan- zen, weit über die wenigen Zeilen seines Citats hinausgreifenden Umfang zur Sprache zu bringen. Es findet sich jenes Citat im dritten Kapitel des Herennius auf der 522. Mai’schen Seite gegen das Ende einer Darlegung der später zu bekämpfenden neuakademischen Lehre von der Unsicher- heit alles menschlichen Wissens und der daraus folgenden Noth- wendigkeit, sich jeder bestimmten Behauptung zu enthalten (emox7). Zur Unterstützung dieser Lehre wird das gangbare, aus Lucretius (4, 355— 475), Cicero’s akademischen Büchern und Sextus Empiricus bekannte Beweismaterial beigebracht: die täuschende Unzuläng- lichkeit der sinnlichen Wahrnehmung, die Wandelbarkeit der ethi- schen Begriffe und ästhetischen Urtheile je nach der wechselnden Erziehung in den verschiedenen Ländern und Zeiten. Der Vor- trag bewegt sich in einem belebten und geschmückten Griechisch, das über die eigenen Mittel eines späten Compilators weit hinaus vom 31. Januar 1876, 59 geht, und es treten diese stylistischen Eigenschaften ununterbrochen hervor von der Mitte der 518. Mai’schen Seite an, wo die Dar- . n „ \ legung mit dem Satze TmoAU SHeroS FTWV OVTWV, za TWMETWV zar m ce n 7 I > TIRYARTNV RATRRENU[HEVOV OVr EX NlAWV . (N \ c ‚ ) (schreibe yu&s) ryv Ezarrou hbusıv idsiv beginnt, bis gegen das Ende der 523. Mai’schen Seite, . . . \ \ sn . . 7 wo sie schliesst mit dem Satze za: eg: aurzv (füge hinzu rourwv) v \ . n \ n \ «aA nevror za rov dıebogas (schreibe duayogas) zur reruiv, moos @s hreib x) N Tas moaEe wwadeossrS za vom EAAWV, Era TE (sc reibe &) Non Tas Taa@GEıS 1 beger Tat, za Jaygumv aAhmV, OT FE c \ \ E) \ \ \ ’ J / ’ n Aoyızn zaı In za cducım TORYWÜTEIE MEQLEeYE, YEyovarı srl sıc ’ @ El m , nv n 6 auu Iyror, wu ag! TOoU MRQOVTOS ou denic maoc TAaTı TOoIs. TRETTIROS 7 D ’ cvurebavyraı (schreibe sunrepwvrre). Dieses ganze Stück nun ist entlehnt aus der Schrift Philon’s . . \ ’ 5) . “über Trunkenheit!) (weg: 2.275), wo es im ersten Bande der Man- gey’schen Ausgabe die Seiten 383 Zeile 1 bis 888 Zeile 12 ein- nimmt. Nur selten gestattet sich Herennius Kürzungen seiner Vorlage und noch seltener bringt er in dem Aufgenommenen leichte fe) ko) ko) stylistische Anderungen an; durchschnittlich zeigt er sich als ein- facher und treuer Abschreiber. Zur Bezeichnung seines Verfahrens genügt es die von Ruhnken eitirte Stelle, für welche der Mai’sche Text, abgesehen von dem bei Mai vorhandenen Fehler zurazezog- ÖvAısueros, keine Variante bietet, mit Philons Worten zu vergleichen: Herennius p. 522 Mai Philon 1, 387 Mangey nm 7 Na .e N > SU in 9 - AOL DV VAUMATTOV 8 TE- eyw E OU TETRUNAAG Ei TUATE- 2 \ ’ 2 | 7 \ \ 7 Pogntsevos Aa MEYaS 0y,A0S, | dbognlaevos Ra A YJaS (so Turne- a \ ’ Er c Ev . EIwv za vomuv Tav omwroVv | bus; Mangeys usyes ist Druck- b) ’ SER \ Nm. 32.9 EITNYyWEvVWV arAEns O0U%0s, am ” „7 I »3Q >» \ ’ fehler) cxAos EIwv zur vomnwv > m BJZ ’ € I n c nm > U > \ 5 QUTWV ETI ITRIYAEVWV UMEROUEV FU OMWTOUV EITyYWEDWvV ARAENS 5 > N Sa DEN ’ > x ».9 SR EL 7 WE MV DETTTOTWV N FVDRVVWV ERILO- OcÜAos, am BUTWV Eri ITASYaR- Ss \ RE Ö J \ € y c A S & WV, HATRAEROVÖUILTWEVOS TNVv VWV UMRHOVEID WE KV VETTOTWV \ \ ’ \ x \ 7 > (el) Yuynv Aa PBEYR Aa VERVIZOV N FYZRVVWV EHLATWV, HATOAHEROV- 7 m \ 7 2 \ \ \ U Paovnae raßew N Öuvanevos Öurıruevos Tyv buyav Aa MEYER ’ wm \_GQ_v x \ , 22 m \ 10 TITTEVE Torg magados EIOLv AL VEARVIROV govnisa raerv 47 10 7 ..£ \ \ SE > ’ GET G AL TOV VOUV ERTAS RU LA BEN 7 \ > E VRETTOV adıegeuvnrors Ach RVETE- ’ ’ x b} 7 FRETTOIS- TUVETETI TE Aa aovNT DET Aonraı. FE v. =) N Sn \ \ ET. mad owVeiTte Aa TOV VOUV EATAG N 4 ’ m [2 | Ouvamsvog TIOTEVEL TOGS KTR | B) ’ BEN ’ \ | RYUAVATTOV aölsgsuvnrors Rat 3 F 2 J ’ | AVETETRTTOLS TUVRIVETET: TE 9) ’ wm Aare an - xoı nTETı YEnFe: !) Bonghi (s. S. 56 Anm. 1) sagt von dieser Partie des Herennius: non du- 60 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Man sieht, absichtlich geändert hat Herennius nur das einleitende Satzglied &yo de od re$auneza Philons (Zeile 1); diese für ihn, der ja später die Skeptiker bekämpfen will, allzu persönliche Wen- dung vertauschte Herennius mit der allgemeineren za 00 Saumasrov (Zeile 1). In allen übrigen Abweichungen liegt entweder nur ein für den Sinn gleichgiltiger Stellentausch der Wörter vor (res ze«- gadoSeirw ara Zeile 10) oder ein blosses Abschreiberversehen, sei es von Herennius selbst oder von den Anfertigern der Ruhnken- schen und Mai’schen Handschriften verschuldet; statt des sinnlosen msgpognuevos (Zeile 1) gewinnt man aus Philon das auch von Platon (Phädros 253°) für "zusammengewürfelt” gebrauchte sunrehogniazvos; an die Stelle des matten »z!yes oyros (Zeile 2) tritt der in den Zu- sammenhang passende “gemischte Haufen’ nıyas 0%Ros; und Toup’s Besserung suvaweses: für suvzserı (Zeile 13) erhält eine urkundliche Bestätigung !). Hiernach erweist sich nun die erste Vermuthung Ruhnkens, dass der herennische Satz, welcher jetzt zu einem philonischen ge- worden ist, die Worte des Longinos nachahme, als unhaltbar selbst für diejenigen, welche nicht mehr, wie Ruhnken es noch unbedenk- lich that, den Lehrer der Zenobia im dritten Jahrhundert n. Chr. für den Verfasser der Schrift Vom Erhabnen ansehen. Denn man mag das Zeitalter desselben noch so hoch hinaufrücken wollen, jedenfalls schreibt er, wie eben aus seinem Schlusskapital erhellt, zu einer Zeit, wo das despotische Kaiserregiment mit allen das- selbe begleitenden geistigen Verkümmerungen seit einer langen bito chi avesse piu tempo o dottrina 0 miglior occasione di me non trove- rebbe la fonte in Sesto Empirico e in Cicerone. !) Das in diesen Beispielen hervortretende Verhältniss, dass Mai’s Ab- druck des Herennius durch unsere Ausgaben des Philon berichtigt wird, herrscht in weit überwiegendem Maasse durch das ganze Stück. In einigen Fällen jedoch tritt auch das umgekehrte Verhältniss ein, dass unsere bekannt- lich sehr mangelhaften Ausgaben des Philon kleine Besserungen durch Heren- nius erfahren. Z. B. ist p. 386 Z. 15 Mangey statt dmAäg eidtpwveis nicht, wie Mangey vorschlägt, amı.az xal eikixpıveis zu Ändern, sondern das bei He- rennius p. 521 Mai erhaltene IThDG eihixpıveis zu schreiben. — 8. 386 Z. 35 Mangey hat statt des störenden &xel auch Herennius, wie die von Mangey erwähnte, jedoch nicht verwerthete mediceische Handschrift, £&xeivo, was nur in &xelva umgeschrieben zu werden braucht, um jeden Anstoss zu entfernen. 3 Lau ee vom 31. Januar 1876. 61 Vergangenheit unheilbar eingewurzelt war, und unmöglich kann man daher den Longinos früher als Philon, den Zeitgenossen des Caligula, ansetzen. Dass umgekehrt Longinos von Philon abhänge, ist zwar nicht unmöglich, und eine gewisse Bekanntschaft mit jü- dischen Schriften zeigt Longinos (c. 9 $ 9) durch sein freilich un- genaues, aber eben deshalb nur um so mehr dem Verdacht spä- terer Einschiebung entrücktes Citat!) aus dem ersten Kapitel der !) Wenn Ruhnken in seiner Anmerkung zu dieser Stelle des Longinos (p. 276 Weiske) mit dem anonymen vir longe doctissimus, der sie für ein- geschoben halte, wirklich Valckenaer gemeint hat, wie Spengel (specimen emendationum in Tacitum, München, 1852, p. 8) vermuthet und früher schon Wyttenbach (bibliotheca critica, pars tertia 1778, p. 35) behauptet hatte, so muss Valckenaer an dieser vielleicht einmal im Gespräch hingeworfenen An- sicht bei genauerer Erwägung nicht festgehalten haben. Denn in der aus seiner reifsten Zeit stammenden, nach seinem Tode veröffentlichten diatribe de Aristobulo p. 66 f. benutzt Valckenaer diese Stelle des Longinos und fügt hinzu: quod insigne nobis testimonium non libenter eripi paterer levis- sima suspicione literatoris Fr. Porti. In der That müsste doch die angeb- liche Interpolation zu Ehren der Bibel von einem Juden oder Christen aus- gegangen sein, und ein solcher würde wohl nicht, wie es hier geschieht, neben yeveoIw bw;, xal &yevero auch die nirgends in der Bibel vorkommenden Worte yevoSw yn, xal eyevero als eine Stelle aus der Genesis citirt haben. — Bei dieser Gelegenheit sei wieder daran erinnert dass die Worte, mit denen Longinos sein Citat einführt: 0 rwv ’lovdalu SerwoSssrng, ovx 6 Tuxwv dvnp, meıdn Tuv Tod Selov duvapıv xara ryv dEiav ixwpnee, nagthnvs, euSug dv 7 eloßoAy ypaas rav vonwv 'sinev 6 Seas’ dual. ri; yavcoyw bus, xal eyevero' yertoIw yn, al &yivero fast gleichlauten folgendem Satz aus Josephus’ Vorrede zu seinen Alterthüämern $ 3 p. 5, 21 Bekker: roug &vrsugoutvous Tolg no ' vun ’ \ (Y? OTUVENELV KXaL OOXLUALELV vnue 1} - x Soxımaßeiv Tov nuETepov vono BıßAloıs mapaxara av yvaunv Se ö Seryv el ıyv Te ducıv aurod dEiwg xarevonce nal ıy Suvapeı npe- Toucus dei mas mpdEeıg dvsSnxe. Diese für die chronologische Contro- verse über Longinos nicht unwichtige Zusammenstellung findet sich bereits, freilich neben vielem Unnützen, bei Tollius p. 63; die neueren Herausgeber haben sie nicht beachtet. — Die in demselben neunten Kapitel vorkommende, lebensmüde und zugleich die populäre Mythologie bespöttelnde Äusserung des Longinos über das Elend der nie ‘den Hafen des Todes’ erreichenden home- rischen Unsterblichen (Ounpos vap noL Soxel mapadıdoug Tpavuarı Jeov, oracceıs Tıuwplag duxpva Serud nasn maubupra, Tous nev Emil zwv Irtaxsv avSgwmoug ocov E} S\ IN ’ q \ \ Rn, ’ > June wm \ S Emil Tn Ouvausı Jeoug menoinxtvar, Tous Jeovs SE dvSpumoug. aA% rulv ner Svc- 62 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Genesis; jedoch, bei der isolirten litterarischen Stellung Philons ist es äusserst unwahrscheinlich, dass ein klassisch geschulter Styl- künstler wie Longinos ihn auch nur gelesen, geschweige zu sty- listischen Zwecken benutzt habe. Triftiger hingegen scheint Ruhn- ken’s zweite, von ihm nicht weiter ausgeführte Vermuthung, und allerdings mag Beiden, dem Philon wie dem Longinos, ein gemein- schaftliches Vorbild vorgeschwebt haben in einer neuakademischen Invective gegen das ungeprüfte, zu haltlosen Behauptungen verlei- tende Herkommen (sum Se s. Zeller nacharistot. Philos. 1, 458, 1), welche sich wiederum ihrerseits anlehnte an die heftigen Ausbrüche gegen die knechtende Gewalt der herkömmlichen Ethik, welche Platon in seinem Dialog Gorgias dem sophistischen und macchia- vellistischen Staatsmann Kallikles in den Mund legt. Besonders die Wendungen &9uv zu VvomWv - TÜV OTWToUV eirnymzvuv ardens SoURos am’ aurWv Erı Fragyavuv Urarovsw ws dv ÖsrnorWv N TU- gavvuv &zuaSuv bei Philon (oben $.59, Z.4) und reise 775 dovrsies 2Ierı zur Emirndevmarw ZE ararav Erı (boovrinaeru navov 00% EVETTRI- yavwnzvor bei Longinos (oben S. 55) scheinen, unter Auftragung der in der späteren Rhetorik üblichen grelleren Farben, nachgebildet dem Schelten des Kallikles: rous Aerrisrous zur Eogunevenrarous Yaav AUrWv Er vewv Aauldavovrss SE RR ARTRÖOVAOUMEIE Aeyovres Ws 70 irov Aon Ey Aa Toüro Zorı TO 2RM0v zaı To Ölzaıov (Gorg. p. 483°); und auch Philons Ausdruck (oben S. 59 Z. 9) uzya« za veavizov (oovrua Außer un Övvanevos erinnert an die in dieser Rede des Kallikles vorkommenden Worte 2rsUSegov de zur neya zur veavizov undenors pIeyEasSau (p. 485°), wo veavizov, statt des handschrift- lichen iz«vov, nach einer von Heindorf ohne Berücksichtigung des Philon gemachten und nun sich durch diesen bewährenden Ver- muthung bereits von C. F. Hermann in den platonischen Text gesetzt ist. IN 6 3 U N m ce ’ m 67 > > \ SaLuovouoLv Amoxeitaı Alumv xaxuv 0 Idvarog, TWv Jewv d ou Tyv byctv dARa zyv druxiav fmoincev alwvıov p. 21, 6 Jahn) findet eine ebenfalls bemerkenswerthe Parallele in den entsetzlichen, die ganze Öde jener Zeit wiederspiegelnden Worten des älteren Plinius hist. nat. 2 $ 27: imper- fectae vero in homine naturae praecipua solatia, ne denm quidem posse omnia, namque, nec sibi potest mortem conseiscere, si velit, quod homini dedit opti- mum in tantis vitae poenis etc. "7978 vom 31. Januar 1876. 63 Die obige Auseinandersetzung möge genügen, um die wenig beachtete Compilation des Herennius, in welcher die Namen der ausgebeuteten Autoren planmässig unterdrückt werden, der Auf- merksamkeit der Forscher zu empfehlen als ein nutzbares Hilfs- mittel bei der Textesbehandlung mancher gedruckter und doch wohl auch noch ungedruckter griechischer philosophischer Schriften. Auch die zukünftigen Veranstalter einer vollständigen aristotelischen Scho- liensammlung werden, obgleich die Betitelung commentarius in Ari- stotelis Metaphysica eine irrthümliche ist, den Herennius nicht ganz ohne Nutzen im Auge behalten. Denn aus des Aphrodisiensers Alexander Schriften zur Erklärung des Aristoteles hat er nach- weislich Einiges entlehnt, mag er sie nun in ihrer vollständigen Gestalt vor sich gehabt haben oder in der anthologischen Auswahl, welche als quaestiones naturales et morales (Purızaı zur 7Sızar dmoaimı zer Avcsıs) zuletzt von Leonhard Spengel (München 1842) herausgegeben ist. Zur Ergänzung von Kopp’s (p. 14) hier- auf bezüglichem, nicht hinlänglich bestimmten Hinweis sei bemerkt, dass der erste und zweite Paragraph von Herennius’ viertem Kapitel (p. 525 — 527 Mai) entnommen sind aus Alexanders Commentar zu Aristoteles’ Metaphysik p. 659, 6— 661, 2 Bonitz (= quaestiones p- 11, 11—15, 5 Spengel), während der dritte Paragraph (p. 527, 528 Mai) mit quaest. p. 78, 18 —p. 80, 15 übereinkommt. 64 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Hr. Mommsen legte die folgende Mittheilung des Hrn. Zan- gemeister in Heidelberg über eine an das hiesige Museum ge- langte zweite Sendung von Schleuderbleien vor. Hr. Feuardent hat neuerdings eine weitere Serie von Schleu- derbleien den Kgl. Museen zum Kaufe angeboten. Dieselben sind an mich zur Begutachtung und eventuellen Katalogisirung gesandt worden. Ich bin in der Lage nachstehend das Resultat meiner Untersuchung mitzutheilen. Das Urtheil über diese Sammlung fällt wesentlich anders aus als das über die frühere Sendung abgegebene, und damit wird auch ein Reflex auf die letztere geworfen. Eine Anzahl von Räthseln, welche diese uns aufgab, findet wenn nicht Alles trügt dadurch ihre Lösung. Die neue Sendung besteht 1) aus 272 für das Berliner Museum ausgewählten, 2)214 für das Pariser Cabinet bestimmten, zur Ansicht beigefügten Stücken, 3) 301 Dubletten zur Auswahl. Über ihre Prove- nienz kann Hr. Feuardent, wie er mir auf mein Befragen schreibt, keine positive Angabe machen. Er glaubt aber, dass, wie dies bei den übrigen der Fall sei, 19 Zwanzigstel dieser Monumente aus Ascoli stammen. „Der alte Graf Arpini, dessen Sammlung wir erworben haben, hatte keine Aufzeichnungen hinterlassen. Er wohnte einige Kilometer von Ascoli und kam oft dahin, da es ihm Vergnügen machte, in dem dortigen Theater-Orchester zu spielen. So oft er in die Stadt kam, machte er die Runde bei den Pasticeieri und Bijouteriehändlern und kaufte Alles was ihm diese von Schleuder- bleien reservirt hatten. Bei der Rückkehr nach Hause schlug er dieselben ein und legte sie zu den übrigen ohne eine weitere An- gabe als die der Inschriften, welche er auf ihnen las. Zu dieser Sammlung, fährt Feuardent fort, habe ich Alles gefügt, was in Ascoli seit meiner letzten Sendung [für das Berliner Museum] ge- funden worden war, und habe dabei mit Sorgfalt die verschiedenen Arten von Patina ders2lben untersucht.“ — Feuardent stellt dann in Aussicht, dass er nächstes Frühjahr an Ort und Stelle selbst weitere Nachforschungen über den Ursprung dieser Bleie an- stellen wird. Ich habe die an 1. Stelle genannte Serie vollständig abge- schrieben, desgleichen die zweite. Da letztere in der That nur Repliquen der ersteren enthält, so eitire ich im Folgenden stets vom 31. Januar 1876. 65 nur die erstere. Die Dubletten können füglich ganz ausser Acht gelassen werden. In allem Äusserlichen stimmt diese Sammlung (II) mit der früher besprochenen (I) wesentlich überein. In der Form der Bleie, in der Patina zeigt sich hier wie dort, wenn auch jene im Ganzen einen alterthümlicheren Eindruck machen, eine grosse Mannigfaltigkeit. Dasselbe ist der Fall bei den Buchstaben. Diese sind, von weni- gen Ausnahmen!) abgesehen, paläographisch unbedenklich; jeden- falls finde ich in der Form des Buchstaben nichts, was einen sicheren Anhalt für die Annahme der Unächtheit böte. Was die Inschriften dieser Sammlung betrifft, so wiederholen sich hier manche in der ersten enthaltene Legenden: z.B.P8,PIR7,HAF 22194295..185, ZAR 3. 54; TANC.195,. FERI 181 und. sonst, Er LISR 75, FRIITOMR. 224, L-SILVS 133. 136, MAG 118, ANZAI 213 (aber AE=AI 219. 220 — Bersk p. 96) LD|CA AP Ne 740 —11,.1120.0284,:285,. CIL T:'ad.696,,. SINE: :MASA: 267, DEBELL | SVPERB 6. 10. Ferner finden wir hier solche wieder, welche aus früheren Publicationen bekannt waren: PR'PI)(AP 29 —= Ritschl IX 49, TRAS|WAT 12. 50 = Minieis 55, Bergk p. 64; GAL 52 = CIL 1654, Bergk 107; D-2:2:F- 238 — Minicis II 37 p- 352, 4, CIL I 680. Andere bilden Variationen zu bereits bekannten Inschriften: statt P-RVFVSIMP (I 101u.a., wo von Mommsen CIL I 690 der Vorname angezweifelt worden war) tritt hier 264 ein M-RVF-IMP auf?), statt TMR I 23 hier PMT 1733) und TIM 215); die Legende mit G. Paapi G. ist hier so verschrieben: > INTAN> 93; Q.LABIEN|PAR steht ohne weiteren Rest 18; statt £ZAVRIdius|PR I 172 finden wir hier PR|TAVRIDI|VS 37. 83; der VENTIdius I 159 ist hier eben- falls PR geworden (VENTID|PR 85. 36) und M-ANVIIVS I 343 TRIB (MANVIVS|TRIB 131); EDITEMISERI findet sich hier nicht zusammen, aber wohl getrennt EDITE (TE scheint nachträglich aus TIE wie I 379. 380 steht gemacht) 270, MISERI 271. 272. Das längstbekannte FERI ROM erscheint hier als FERI RQM 230 und SUR, ler C- FABR | LVS z.B. zeigt recht ungeschickte Buchstaben; über Anderes s. unten. 2) M-RVF steht zwar I 215 aber ohne ımP. >), *) diese Siglen kommen auch auf Münzen vor. [1876] 5 66 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse FERIPOMP als FERI PQM 231. Die seltsamen scheinbar nicht lateinischen Inschriften I 430 und I 222. 426 ff.!) lauten hier deut-. lich also: AVRVS|VOPıS|MALO 250. 251 (I 430) OJAM JOV |@aVAVA 252. 257 {ASEN | VETOMES | HER... 255 (I 222 u. 426 ff.) TAER VET | HERNIA 253. 254 tA ER | uETOMES | AERNIA 251. Wenn schon diese neuen Varietäten nicht gerade sehr vertrauen- erweckend sind, so sind es noch weniger die folgenden, die jeden- falls mehr verwirren als lösen: KAATON|CAAVI 99—101. Es liegt hier nahe zu vermuthen, dass das K und das A vor VI ge- macht sind aus der von Minicis 5l (CIL In. 685) publieirten Le- sung: KANTONI CALVI u. s. w. — Ferner: 1199 f. 391 ff. hatte Desjardins früher (Fase. 2) gelesen C MVRILVS, später (Fasc. 4 p- 55) C MVRILVR(ius). Beide Lesungen sind durchaus unver- einbar mit den vorhandenen Schriftzügen (vgl. Monatsbericht 1875 p. 471), vielmehr führen dieselben auf CVdVOALVIN Nun findet sich hier ein Blei (249), auf welchem der Strich vor L nach oben verlängert und zu einer I longa geworden ist und II oben eine Verbindung und unten rechts einen Ansatz erhalten haben, so dass daraus ein halbeursives R entstanden ist. EAN ALL YO Zur Noth kann hier jetzt Desjardins’ Lesung gefunden werden; zur Noth, sage ich, denn der 4. Buchstabe ist ein mangelhaftes R. Nun kann allerdings Desjardins dieses Exemplar vielleicht gekannt und da- nach seine Lesung sich gebildet haben. Wahrscheinlich ist dies indess nicht: wie seine Zeichnungen lehren, hat er MVRI wenig- stens schon früher auf den Exemplaren der älteren Serie klar zu !) Letztere Aufschrift war auf Grund der (unzweifelhaft unrichtigen) Lesung Desjardin’s Fasc. 4 n. 428 für celtisch erklärt worden. Nicht IIERV steht auf jenen Bleien, sondern mehr oder wenig deutlich HERN. vom 31. Januar 1876. 67 lesen geglaubt, und ohne Zweifel sind diese Zeichnungen eher her- gestellt als diese zweite Sammlung nach Paris kam. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass dieses sonst mit jenen genau über- einstimmende Exemplar durch leichte Änderung der Form nach Desjardins’ soeben bekannt gewordener Lesung gefälscht wor- den ist. Die Legende LVFVIASIA (s. Monatsber. 1875 p. 475) tritt hier (264) so auf: LVFVNIA Wahrscheinlich soll das räthselhafte im Druck nicht genau wieder- zugebende Zeichen nach LVFV Ligatur von LAS sein. Dann wäre eine Fälschung nach Mommsen’s Conjeetur, welche Desjardins dem Blei I 218 untergeschoben hatte, darin zu erkennen. Bleibt für die vorstehenden Aufschriften immer noch eine Mög- lichkeit für die Rettung der Ächtheit, so ist dies für die folgenden nicht der Fall. Die auf S. 464 besprochene Aufschrift hatte Mommsen CIL. I n. 710 vermuthungsweise auf die Opitergini bezogen und 5 OPERGÄ (opitergin..) gelesen; Desjardins: OPEROR. Ich las op terga. Auf den gut erhaltenen Exemplaren hat allerdings das T einen Ansatz nach oben (wie = &), aber derselbe ist sehr fein und offenbar nur durch zufälliges Abrutschen des Stichels des Stempelschneiders entstanden, wie sicher in ACILIV I 170 wo sich der Horizontalstrich des A bis durch das C hindurch fortsetzt. — Nun finden wir hier 1) 222 CPTER also opiter... II 2) 221 OPEROA diese Aufschrift geht auf denselben Stempel wie die früher edirten zurück, statt U steht aber deutlich O da und es ist zu erkennen wie das ursprünglich vorhandene UL in O geändert ist. Ferner ist das Blei unmittelbar über E ab- geschnitten (worüber unten). 3) 223 OPTER CA! C steht hier wie sehr oft in dieser Sammlung statt G; über TE ist das Blei abgeschnitten. 222 und 223 gehen auf dieselbe Form zurück. 5* 68 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Hier sehen wir also jene 3 Lesarten, von denen nur eine die richtige sein kann, neben einander. Zwei dieser Bleie müssen gefälscht sein und da op terga die richtige zu sein scheint (ganz besonders auch nach De Minieis Zeichnung), so fällt jener Verdacht auf 221 und 222. Das Beschneiden des Bleies 221 hatte offenbar den Zweck, das angebliche I über E (ursprünglich wohl ’E), welches die Form hier abgedrückt hatte, zu beseitigen. — Ein gleicher Verdacht fällt aber auf 223. Erstens geht, wie bereits bemerkt wurde, diese Inschrift auf dieselbe Form zurück wie 222 und zweitens ist hier der Lesung OPTERGA zu Liebe das I über T weggeschnitten. — Diese drei Aufschriften sind offenbar jünger als jene drei Erklärungen. Die erste wurde 1862 publieirt, die zweite 1874, die dritte im Juni 1875 (Archäol. Zeitung XXXIII p: 61). Nehmen wir an, dass der Fälscher diese letzte selbst und schon früher gefunden hat, — auf die zweite konnte wohl nur Des- jardins verfallen. Wir hätten dann hier wahrscheinlich eine Fäl- schung allerjüngsten Datums vor Augen. Weit grösser ist die Anzahl der bisher unbekannten Inschriften in dieser Sammlung. Es empfiehlt sich dieselben nach gewissen Kategorien zusammenzustellen, weil sie möglicherweise bei ihrem Ursprung in solchem Zusammenhang gedacht worden sind. Und in der That fällt, wenn nicht Alles trügt, dadurch ein überraschen- des Licht nicht blos auf diese, sondern auch auf andere bereits früher bekannte Aufschriften, welche wir deshalb hier beifügen. Die Geographica bieten keinen sicheren Anhalt zur Ver- dächtigung: | CVPRA M(aritima) oder M(ontana) 20. 21 (rückläufig) FERI CVP(ram) 22. 23 (rückläufig) vielleicht gehören hierher auch 57 TAR 558 SAB 62 ORET bereits bekannt waren aus anderen Bleien die in den folgenden Aufschriften wie es scheint enthaltenen Namen: FERI SENA(m) 40. 41. 43. 44. 47 (m)aNYelA3 f 196 SENA 42. 45. 46 LEC-FIRM 47 C-EL'FIR 72 (worüber unten) vom 31. Januar 1876. 69 Anders verhält es sich mit den hier erscheinenden historischen Namen. Zunächst tritt eine Reihe berühmter Männer der Republik auf, welche mit Coriolan beginnt und mit M. Antonius cos. III imp. IIII (aus dem Jahre der Schlacht bei Actium) schliesst. M(areius) CORIOLANVS 183 M(arcius) CORIOllanus) 92 mit Camillus FVR(ius) CA(millus) 92 mit Coriolanus M(anlius) TOR(quatus) 159 (rückläufig geschrieben) C-FABR(icius) LVS(einus) 187 AE(mi)LIO LEP(ido)? 192 CN LEN(tulus?) 175 E-EVEIL (us) 178 L’CAL(purnius Piso?) 35 PISO 123 L(entulus) SPINT(ker) 145 M(inueius) RVF(us) IMP 265 OCTAVI(anus?) 263 M-ANT(onius)'C(os)-III|IMP-IIII (rückl.) 259. 2601). Dass die Schleudergeschosse benutzt worden sind, um das Anden- ken an Coriolan, Camillus u. s. w. zu feiern, ist fast ebenso un- wahrscheinlich als dass diese Männer bei Asculum gefochten haben. Bei Schaumünzen (Contorniaten) und etwa bei den für die militäri- sche Parole bestimmten tesserae mag dies natürlich sein, aber auch bei glandes? — Und dann diese Abkürzungen, wie M(arcius), !) Hierher gehören wahrscheinlich noch M-ATT(ilius Regulus?) (mit der früheren falschen Orthographie) 193 SCIPIO (rückläufig) 143 CORNELT VS! EVL 115. 116 2 ROMA | POR (cius?) 111 aıvd IX CASIVS 256. 237. 242. 244 — 248 (Vibius Pansa?) 115 Mi C-CASSI 243 “F 70 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse M(anlius), M(inueius), L(entulus), CA(millus), TOR(quatus)! Ohne den Schlüssel zu dem Räthsel zu haben, musste man M undL für Prae- nomina halten, und dies war in der That bei M-CORIO I 151. 301—310 und M'CORIOLANVS (Bergk n. 75) geschehen. — Genug, mag man über die anderen Stücke urtheilen wie man will, die mit Coriolanus, Camillus, Lentulus Spinther werden schwer- lich einen Vertheidiger finden, und damit kommt auch die fides der übrigen Glieder dieser Reihe zu Falle. Wem auch diese Dinge noch unverdächtig erscheinen, der muss stutzig werden, wenn er bei Durchmusterung der übrigen hier auftretenden Persönlichkeiten L’FARSVLEI MENSOR (188) und COSSVTI SABVL (112) findet, Namen, welche nur als die von Münzmeistern auf Denaren vorkommen und zwar auch genau ebenso mit I statt IVS. — Nun lässt sich aber ausser diesen noch eine ganze Reihe von Legenden hier nachweisen, welche mit denen von republicanischen Denaren, theilweise selbst in Zufälligkeiten, übereinstimmen. Die folgende Liste gibt eine Zusammenstellung dieser Inschriften. | Glandes Münzen Mommsen Eimal: C/B-VR 194 C-BWRI: GEM 194 (T|AFRAN 138 S AFRA 259) antEar] 122 GRAC anTES..:123 GRAC ATNAN 124 L:NES GRAG 307 ANTESF 125 GRAC L:ANTE 126 IR M AVF 146 IMP M -AVFi 147 M'/MF 521 vom 31. Januar 1876. al L:AXIVS 189 L-AXSIVS:-L:FT:-NASO 476 A-PLVTIN 129 ) Re: EATO | @=PEYV LE 297, sic N fr IPLVTIN 130 | C.CATO 299 \C.CATO ) COSSVTI 112 L:COSSVTI-C-F-SABVLA 481 SABVL FABI-R 153 Q-FABI-LABEO 343 LABEO M-FAN-CRIT 120 \ AED-PL-T! | ? \ M.FAN-L:CRT -AED-PL 422 M-FAN:CI) 121 | AED’ | U -FARSVLEI 188 L-FARSVLEI-MENSOR 450 MENSOR (FOS 37 SEX -Po-FOSTLVS 362) KALEI 27 \ en | KALEN 28 KALENI | NICOR eo KALENI 181 Sg } P.LENT-PF- 176 P:LEN“P-F-L-N-Q_ 446 L-N-Q: | NE 103 A-TRIO | INES 104 | ARD \ CN-LVCR-TRIO 286 C-N-LVı: 105 TR 72 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse mETEI/| ROMZ (wohl METE | ROMA) 182 L-PLAETO 95 ı) DO | L- Bon 96 | T Se J (ErBEVLIN«eS: oben) C-POBLICIG 174 POSTVMI 172 Ä L-RVSTI// 166 ) AL-RVSTI 167 | AL-R/I!II 168 | P-SVEAFTIT sv/lTVELI 106 ROM | ‘ ROM-R-C- 107 | TNVLLI | IID-2-8-F- 238*) ROMA M//|BALBI 102 M:VAR-ROM 127 M-ANT-C-III | IMP-IIN (rückläufig) 259. 260 @. Paapi. @. (in oskischen Buchstaben) 93 -Q:LABIEN | PAR 18 *) Es ist dies ein sehr grosses 195 Gramm schweres Stück. 4 t. II über n. 37 edirte Blei wog 11 Unzen (d. h. wie De Minieis p. 352, METE)(ROMA 334 (Münzwesen 151) L-PLAETORI-L:E-@27461 C-POBLICI-Q-F 454 C-POSTVMI-AÄ 493 L'RVSTI 456 P-SVLA 273 ROMA B M-TVLEI SO vergl. D:S:S)(L1.0Q32393 ROMA)(M/- AC:LI-BALBVS (AL in Ligatur) 325 ROMA)(M-VARG (VAR in Ligatur) 335 Münze aus dem Jahr der Schlacht bei Actium: Cohen, Antonia 64., | Friedl. 4 ff. Momms. Münzw. n. 217 Cohen, Atia 1. Das von vom 31. Januar 1876. 1e} Diese Liste bedarf keines Commentars; ein jeder Kenner der römi- schen Münzen muss den gleichen Anstoss nehmen, wie denn Momm- sen bei der Durchsicht meiner Abschrift dieser Sammlung mich sofort auf diesen Zusammenhang aufmerksam machte. — Solche Übereinstimmungen, wie sie hier vorkommen, lassen keine andere Deutung zu, als dass die Aufschriften der Bleie denen der Denare entnommen sind. Niemand wird aber annehmen wollen, dass die römischen Feldwebel, welche diese Geschosse herstellen liessen, ein solches Plagiat begangen oder dass gar alle jene Münzmeister sich ein Rendezvous in Picenum gegeben haben. Auch das I statt IVS ist, wie bereits bemerkt wurde, hier meist beibehalten. Vielleicht ist einem Missverständnisse dieses I die Inschrift M//’BALBI auf n. 102 zu verdanken. — Auch das ROMA der Münzreverse findet sich hier wieder (102, 106. 107. 127. 182). — Sehr seltsam ist das Vorkommen von A und R meist in den Aufschriften von zwei Namen. 103 eN 'LVer | A-TRIO 104 cN:LVer | A-TRIO 105 CN LVer |% TR mit ROM: R: als älte- rer Prägung 97. 28. 181 KALENI|R A CORdi 129. 130 E:BEVTIN.| RE .CATO 153 FABIR | LABEO 106 ROM |R..TVLLI 107 ROM-R C- | TVLLI 108 ROM |R..TVLLI Fast wäre man geneigt bei diesen A und R an Avers und Revers zu denken. es scheint 310, 86 Gramm); die Inschriften beider zeigen eine auffällige Übereinstimmung, z. B. in der Beschädigung des ersten 2. Schon De Mi- nicis hielt sein Exemplar für verdächtig (vergl. Bergk p. 6). 74 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Ein anderer räthselhafter Buchstabe ist V: 148 — 151 V'FAB(ius) M(aximus) 184 V-FAB(ricius) LV(scinus) | MAL 185 V-FAB Lus(einus) | MAL 186 V-FAB LVS(einus) während es 187 heisst: C'FABR(icius) LVS(einus). Als Vorname soll dies V jedenfalls nicht angesehen werden. Ob es seinen Ursprung dem V(ieit) der Gladiatoreninschriften verdankt und vielleicht V(incas) bedeuten soll?! Ganz unklar ist die Bedeutung von A in 167. 168 A:E-RVSTI Bedenken erregen müssen auch folgende Stücke. Bergk p. 33 hatte FVL inL XII|FVL durch fulmen erklärt. Dieser Erklärung treten augenscheinlich die hier zum Vorschein kommenden Bleie bei: CORNEEI?| VS’ FVEL7 15.1776 EEC-ATT)FVES 77.08.0709 VENT FVL 381-384. 235 Dass hier wirklich an fulmen gedacht werden soll, geht daraus her- vor, dass auf fünf dieser zehn Stücke (78. 79. 83. 84. 235) ein Blitz dargestellt ist. Ich füge hier nachstehende Beobachtung an: n. 64. 82. 156. 219 zeigen einen Blitz genau von der sehr rohen Form, welche sich auf einer Serie alter gegossener Bronzemünzen!) findet. Die Münzen sind vermuthungsweise auch dem Picenischen Asculum zugeschrieben worden, und höchst wahrscheinlich verdanken wir dieser Annahme jenen Blitz auf den Asculaner Bleien. Dieselbe ist indess ganz unsicher (vergl. Mommsen, Münzwesen p. 249, 2.) Im höchsten Grade auffallend ist, dass sich hier GLO(ria): ROM(anorum) 81 ROMA POTENs (rückläufig) 50 Legenden constantinischer Zeit finden ?). !) abgebildet in Catalogue of greek coins in the British Museum: Italy. London 1873 p. 41. ”) 182 ist wohl METE|ROMA zu lesen (s. ob.), nicht AETE(rnd)| ROMA. vom 31. Januar 1876. 15 Als paläographische Sonderbarkeiten lassen sich folgende auf- führen: GLO!ROM 61 M:Q:4MI (= Primi) 109. 110 E’EL -EIR. (— leg. Far.) 12 IV SJ4OD (= cohors VII) 66, wahrscheinlich aus Miss- verständniss des in Inschriften häufigen CH und CHOR (chors) entstanden. ATOT 225 (TOT 226) MNA:M 241. 242 BULL 119 SVX-&+ 90. 91 Ausserdem bedarf es einer Erwähnung, dass viele Inschriften dieser Sammlung rückläufig geschrieben sind. Nicht unerheblich dürfte ferner nachstehende Beobachtung sein. Einige Stücke der früheren und der neueren Sendung Feuardent’s zeigen auf der sonst leeren Rückseite drei senkrechte Striche, so unter den Dubletten der ersten Sendung D 63 A ® I) D.83 SEN SIVS ee R LIIALiVR a D 130 rnIcAaSIVM EB un -D 151 L-MENIVS R re PR-L- XII a) D 165 ıllanı Fe B \uf SCAEV), En ferner in der neuen Serie: II 212 RS MEA-AN u II 221 OPEROA B ET Diese sieben Exemplare müssen auf dieselbe Form zurückgehen; 76 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse bei ächten glandes aber lässt sich dafür schwerlich eine Erklärung finden. Vielleicht blieben diese Striche aus Versehen in der Form oder waren mit Absicht eingravirt, um als Reste einer umgestem- pelten Aufschrift zu gelten. Einer Erwähnung bedarf noch das Umstempeln der Bleie. Auch hier findet sich dasselbe wieder und zwar in der aus 272 Stück bestehenden Reihe auf 45 Nummern. Ein äusserliches Merk- mal der Fälschung ist auch bei diesen nicht nachweisbar, und ohne Zweifel ist es nicht ganz undenkbar, dass man im Alterthum unter gewissen Umständen glandes aus früherer Zeit wieder von Neuem verwandte und dieselben mit einer neuen Aufschrift versah. Aber, wie Mommsen bereits (Monatsber. 1575 p. 480) bemerkt hat, selt- sam bleibt das Umprägen immerhin. Da nun die vorliegende Sammlung der Fälschung in so hohem Grade verdächtig wenn nicht geradezu überwiesen ist und da obendrein jenes Umstempeln sich bei keinem Blei der von mir untersuchten älteren Bestände des Berliner und des Britischen Museum findet, auch von keinem früheren Herausgeber erwähnt wird, so ist diese den neuerdings in Picenum aufgetauchten Bleien ausschliesslich eigenthümliche Um- prägung höchst wahrscheinlich nichts als eine moderne Erfindung. Gegen jedes in Zukunft zum Vorschein kommende derartige Blei wird der Verdacht der Fälschung wenigstens in Bezug auf die Umstempelung so lange aufrecht erhalten werden müssen, bis er- wiesen ist, dass dasselbe von einer durchaus zuverlässigen und competenten Persönlichkeit ausgegraben ist, und zugleich mit Sicher- heit hat constatirt werden können, dass das betr. Stück nicht neuer- - dings erst in den Boden gelegt worden war. Ich führe weiterhin eine Reihe von Legenden auf, welche ihren Oedipus noch erwarten: EXAM 49 VAB (oder JAB) 56. 157 OSTRA 63 Arle 67. 68 OXVAJ 80 II.I OXA-D 239 vom 31. Januar 1876. FT C-AXO 240 SEX NETRCE 160!) SEX NEGR 161 SEXNEG:/// 163 Lu zwei sich ERFTeu raeEs 61 AKPATA 69. 70 NINI Endlich muss auch auf die ganz erstaunliche Masse von Schleuderbleien, welche in Ascoli zu Tage gekommen sind, hinge- wiesen werden: die erste Sendung Feuardent’s enthielt 609, die letzte 787 Stück, zusammen 1396. Nach Desjardins fasce. 2 p. 3 sollen die zuerst von ihm edirten Bleie herrühren „des travaux de terrassement entrepris r&ecemment a Ascoli*. Dazu würde jetzt noch die (vielleicht während langer Jahre zusammengebrachte) Sammlung des Grafen Arpini gekommen sein (s. oben). Zur Noth liesse sich damit das plötzliche Auftauchen einer solchen Menge von glandes erklären. Jedenfalls wären aber Nachforschungen an Ort und Stelle über die Provenienz sehr zu wünschen. Sind nun aber die oben besprochenen Stücke dieser Sammlung als Fälschungen zu betrachten (und für die Bleie mit opterga ete., für die mit Coriolanus beginnende Reihe, endlich für die Denarlegenden scheint kaum eine andere Annahme möglich), so wird dadurch zu- gleich ein Schatten sowohl auf die übrigen Bleie dieser Serie als auch auf die frühere aus derselben Quelle stammende Sammlung geworfen. Meine vorläufige Besprechung derselben enthielt folgende Schlussfol- gerung: 1) Die von Bergk aufgestellten und überhaupt aufstellbaren 1!) Nachträglich kann ich hinzufügen: n. 160 (zu welcher 161 und 163 eine Variation bieten) ist, wie Mommsen gefunden hat, wahrscheinlich nach der in Fabriano gefundenen Inschrift eines Sex. Aetrius Sex. f.] Ferox cen- turio leg. II Traianae gebildet; gemeint war wohl: Sex. Aetr. C. f. und Sex, Aegr... l(eg.) II. 75 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse sachlichen Bedenken sind (soweit sie überhaupt auf richtigen Lesungen der Inschriften beruhen) nicht der Art, dass daraus mit vollkommener Sicherheit auf die Unächtheit eines einzigen Stückes geschlossen werden darf. Jedenfalls bedürfte es noch einer weit umfassenderen und genaueren Untersuchung dieser Mo- numentenklasse. Dass die Stücke mit Zabienus und @. Paapi. @. zusammen mit Div. Jul. und als in Ascoli gefunden im höchsten Grade verdächtig seien, habe ich mir nicht verhehlt und es auch ausgesprochen. Zu Gunsten ihrer Ächtheit musste auch der Um- stand sprechen, dass viele Inschriften früherer Editoren von Bleien, deren Authentieität allgemein anerkannt, wenigstens noch von Nie- mandem angezweifelt war, sich mit Hülfe dieser Sammlung evident emendiren liessen. 2) In dem Äusseren der Bleie, der Patina, Buchstabenform, ihrer Fabrikation überhaupt lässt sich kein sicheres Anzeichen einer Fälschung finden. — An dieser Behauptung muss ich auch Jetzt noch festhalten, und ich stehe nicht an, wegen dieser Frage an das Urtheil aller Sachverständigen, welche die Bleie selbst untersuchen werden, zu appelliren. Erwähnen will ich nur noch, dass nach Herrn Feuardent’s Mittheilung auch Herr De Longperier, eine der hervorragendsten Autoritäten auf diesem Gebiete, nach- dem er die Bleie selbst gesehen hatte, allen Zweifel an deren Ächtheit aufgegeben hat. — Unter den jetzigen Umständen aber muss man sich bescheiden zu gestehen, dass es Fälscher gibt von einer bisher nicht bekannten paläographischen Kenntniss und Gewandtheit und dass denselben eine Methode der Fälschung zu Gebote steht, mit welcher ächte Bleie auf ganz mechanischem Wege copirt und ganz fingirte Stücke mit antiker Patina versehen wer- den Können. Eine unmittelbare Consequenz der obigen Darlegungen ist die, dass jede Sammlung, deren Bestandtheile aus gleicher Quelle stammen, wenn sich in ihr eine einzige solcher Ungeheuerlichkei- ten findet, so lange im Ganzen und Einzelnen ihres Bestandes als verdächtig wird gelten müssen, bis für jedes einzelne Stück derselben der unumstössliche Beweis seiner Ächtheit geführt ist. Letzteres wird allerdings nur selten möglich sein, und es wird daher möglicherweise manches ächte Stück verdächtig blei- ben. Soll aber die Forschung ganz sicher sein vor Fälschun- gen, so wird dieser von Mommsen für epigraphische Gewährs- vom 31. Januar 1876. 79 männer aufgestellte und befolgte Grundsatz mit der grössten Ri- gorosität festgehalten werden müssen. Die bisher in der früheren Sammlung schon als verdächtig geltenden Aufschriften: @. Paapi G., Labienus, sowie die Verbin- dung von @. Paapi G@. mit Die. Jul. werden sich jetzt schwerlich mehr vertheidigen lassen. Aber dazu finden sich noch folgende, welche sich in der neuen Serie als die Glieder einer ganzen Reihe von Fälschungen mit grosser Wahrscheinlichkeit ergeben haben. M:CORIO I 151. 303— 310 (= Marcius Coriolanus). FVRCA I 163. 164? 301. 302 (= Furius Camillus). F. CAM T 16. 26. 91. 92 (= _.Furius Camillus). £-FABRICIVS | LVS(einus) I 37. Das DEBELL|SVPERB I 382. 383 (II 6. 10), liess sich zur Noth als ein altes geflügeltes Wort, welches dann Virgil Aen. 6, 853 vorgeschwebt hätte, retten; jetzt wird man über diese Legende in anderer Weise urtheilen müssen. Dasselbe gilt von der Umprä- gung, welche sich gerade in dieser Serie sehr oft findet. — Die vorstehenden Bemerkungen werden genügen zur Beurtheilung jener ersten Sammlung. Die weitere Untersuchung wird ohne Zweifel für noch mehrere Aufschriften derselben die Fälschung nachweisen können. So dürfte z. B. X 1142. 294 wie die Form des Buchstaben zeigt, entnommen sein aus der alten gegossenen Bronzemünze bei Carelli t. XXVII 6 mit den Auf- schriften MH ke Az welche früher auf Hatria!) und Asculum in Picenum bezogen wurden. Wenden wir nun jenen Grundsatz auch auf die von Bergk in den Rhein. Jahrb. 55/56 edirten glandes an. Wie ich glaube, sind wir in diesem Falle berechtigt, auch ohne die Bleie gesehen zu haben, ein Urtheil über sie zu fällen, !) ein Theil dieser ersten Sammlung soll in Hatria gefunden sein; Desjardins Fasc. 4 p. 55. 50 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse Es sind dies 96 in Camerino erworbene Stücke im Bonner Museum, welche meist am Tronto gefunden sein sollen (p. 7). Dazu kommt noch eine Anzahl von glandes, welche von einem Händler in Mailand (p. 58) erworben wurden (63 Stück, abgese- hen von einer Sammlung Ihering’s in Mainz, deren Umfang nicht angegeben wird). Im Grossen und Ganzen ist es derselbe Kreis von Inschriften, den wir aus früheren Publicationen, namentlich aber aus Feuar- dent's Sammlung kennen. — Zwei derselben (1. 2) scheinen aus dem Sklavenkrieg in Sicilien zu stammen (!). Ein Exemplar (57), dessen Avers dem Bundesgenossenkrieg, der Revers aber der Be- lagerung von Perusia anzugehören scheint, hat schon Bergk’s Ver- dacht erweckt (p. 70). Nun enthält auch diese (Bonner) Samm- lung umgestempelte Exemplare. Bergk bemerkt dazu (p. 71), dass „eben die Umstempelung die beste Bürgschaft ihres unverdächtigen Ursprungs“ sei. Nach dem jetzigen Stand unserer Untersuchung aber dürfte wohl das Gegentheil dieser Aufstellung richtig sein. Ferner finden wir hier jene seltsamen, obenbesprochenen Aufschrif- ten wieder: CORL 90 VI OSTRA 79 ausserdem die oskische des @. Paapi @. (4) und wahrscheinlich auch den C-LVCiLius 76. Aber wir wollen zugeben, dass über diese das Urtheil getheilt sein kann: anders verhält es sich jedoch mit den folgenden. C:MARIVS VEEATVIV EEE V-ELA 105 V-FA-M 47 V-FA-M 48 Zunächst wird Jeder mit Bergk das V als Praenomen betrachten. Allein die oben gegebene Zusammenstellung dürfte zu einer anderen Ansicht führen, namentlich in Bezug auf 47 u. 48. Durch Ver- gleichung von Il 148— 151 ergibt sich wohl evident, dass die Inschrift in au Aebkal u zn vom 31. Januar 1876. 81 FAB(ius) MA(ximus) bezeichnen soll. Obendrein begegnen wir hier unter 2. 75 einem M:CORIO LANVS .d. h. Ml(arcius) Coriolanus und 78 (ef. p. 72) einem F. CAM d.h. F(urius) Cam(illus). Danach muss die von Bergk edirte grösstentheils vom Tronto, also auch aus Ascoli oder dessen Umgegend, stammende Sammlung von 95 Stück, in welcher sich diese Monstra finden, als in höchstem Grade der Fälschung verdächtig betrachtet werden. — In den von ihm mit- getheilten in Mailand gekauften Stücken konnte dagegen nur V-FLA (FLA in Monogramm) 103 als bedenkliche Aufschrift gefunden werden, und dieses Argument halte ich nicht für genügend um mit Bestimmtheit einen Verdacht auch gegen diese aussprechen zu können. Offenbar stehen wir gegenüber einer langer Hand vorbereiteten und in grossem Maassstabe betriebenen Fabrikation, welche augen- scheinlich noch im vorigen Jahre thätig war. Ihre Erzeugnisse wurden auf den Markt gebracht zuerst (falls die in Mailand ge- kauften unächt sein sollten) in Mailand, dann in Camerino, zuletzt in Ascoli selbst. Wie es scheint ging man dabei so zu Werke, dass man anfangs fast nur Originale oder mechanische Copien von 3: Originalen gab und diesen nur wenige Stücke mit Inschriften eige- ner Erfindung!) beifügte. Denn dies ist möglicherweise der Fall bei den von Bergk edirten Sammlungen und bei Feuardent’s erster Serie. Erst später wagte man es mit einer solchen Menge von Bleien mit Inschriften eigener Erfindung hervorzutreten, wie dies hier geschehen ist. Damit hat man allerdings den Schleier, wel- cher das Geheimniss bedeckte, selbst hinweggezogen. 1) Falsche Exemplare mit antiken von ächten glandes entlehnten In- schriften finden sich häufig schon in älteren Museumsbeständen. Es sind meist grobe und leicht als solche erkennbare Fälschungen. Derartige Bleie besitzt z. B. das Berliner und das Britische Museum. [1876] 6 52 Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 31. Januar 1876. Da nun auch die Aufschrift D-@’&:F- (wohl: de senati sen- tentia factum), von welcher ein Exemplar zu Minicis’ Zeiten auf- tauchte, zwei oder vier weitere in Campana’s Sammlung (CIL 1. 1515) existirten, kaum noch einen Vertheidiger finden dürfte und also damals schon Schleuderbleie mit erfundenen Aufschriften ge- fälscht wurden, so scheint allerdings auch gegenüber allen aus früheren Publicationen bekannten glandes das äusserste Miss- - trauen durchaus gerechtfertigt und muss der von Bersk p. 2 ff. gegen Mommsen’s Vorgehen im CIL I geführte Angriff als ein un- berechtigter betrachtet werden. Doch das Eingehen auf diese Frage muss einer späteren Untersuchung vorbehalten werden. u Rt 3 2 "3 E. MAYKADNAr ar MA 28 Bi ABD A, N MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Februar 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Mommsen. 3. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Duncker las über Friedrich Wilhelm II. und Graf Hertzberg. Hr. Mommsen legte die von den Herren Henzen, Bormann und Hirschfeld erstatteten Berichte über den Fortgang des C. 1. Latinarum nebst seinem eigenen vor. Hr. Henzen hat den Druck von Bd. VI (urbanae) so weit geführt, dass deren erster Band bis auf die Nachträge und die litterarische Einleitung im Druck abgeschlossen ist. Hr. Mommsen hat nach längerer Unterbrechung den Druck von Band V (Oberitalien) wieder aufgenommen, dessen Abschluss im Laufe des nächsten Jahres wird erfolgen können. Derselbe hat die Redaction der süditalischen Inschriften für die vier südlichsten Landschaften beendigt und ist der Druck von Bd. IX oder der südöstlichen Hälfte (Calabria, Apulia, Marsi, Pi- cenum) bis S. 64 gelangt, während der von Bd. X oder der süd- westlichen Hälfte (Bruttii, Lucania, Campania) demnächt beginnen soll. Hr. Bormann hat die mittelitalischen Inschriften noch nicht. zum Druck bringen können; jedoch steht der Beginn der Druck- legung derselben für die nächste Zeit bevor. -[1876] 7 84 Gesammtsitzung Hr. Wilmanns hat von Bd. VIII (Africa) die von ihm frü- her bereiste Osthälfte im Druck vollendet und ist zur Zeit an Ort und Stelle beschäftigt für die 'Inschrifter der westlichen Landschaf- ten die erforderlichen Vorarbeiten abzuschliessen. Hr. OÖ. Hirschfeld hat auf mehreren längeren Reisen das Ma- terial für die gallischen Inschriften so weit vervollständigt, dass die Redaction auch dieser Abtheilung hat beginnen können. | Das gesammte inschriftliche Material ist demnach jetzt ver- einigt und alle Abtheilungen sind entweder im Druck oder unter- liegen doch der schliesslichen Redaction. Der Finanzstand des Unternehmens ist im Gleichgewicht, da auch die Kosten der zweiten africanischen Reise des Hrn. Wil- manns durch eine ausserordentlich dafür von dem vorgeordneten Ministerium gewährte, resp. in Aussicht gestellte Unterstützung gedeckt sind. Hr. Broch in Christiania zum correspondirenden Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse gewählt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Polybiblion. Partie litteraire. II. Ser. T. 3. Livr. 1. Janv. Paris 1876. 8. Partie technique. II. Ser. T. 2. Livr. 1. Janv. ib. eod. 8. Vito La Mantia, Storia della legislazione civile e criminale di Sicilia. Palermo 1866. Vol. II. P.1.ı. ib. 1874. 8. Vom Verf. — — —, Consuetudini della Citta di Sicilia. ib. 1872. 8. Vom Verf. — — —, Ai veri Cultori delle scienze storiche e giuridiche. Sep.-Abdruck. 1874. 8. 3 Ex. Vom Verf. Verein für die Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. 38. Versammlung am 10. Jan. 1376. 8. Revue scientifique. N. 30. 31. Janv. 1876. Paris. 4. re TEEN vom 3. Februar 1876. 35 J. Hirschwald, Zur Kritik des Leueitsystems. Mit9 Taf. Wien. 4. Sep.- Abdr. Vom Verf. La Democracia. Dieiembre 10—19. 1875. Montevideo. fol. The american Journal of science and arts. N. 61. Vol. XI. January 1876. New Haven 1876. 8. P. Bortolotti, sSpiciegio epigrafico Modenese. Modena 1875. 4. Vom Verf. Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. 14. Jahrg. 1873. 1. 2. Abth. 15. Jahrg. 1. 2. Abth. Königsberg 1873/74. 4. Revue archeologique. Nouv. Ser. 17. Annee. I. Janv. 1876. Paris. 8. Übersicht der akad. Behörden, Professoren etc. an der K. K. Universität zu Mien für das Studienjahr 1875/1876. Wien 1875. 4. 2 Ex. G. Freiherr v. Lamezan, In Medien bewegte Flächen kleinsten Widerstandes und grössten Vorwärtsdruckes verwerthet für das Vordertheil von Schiffen. fol. Hierbei ein Carton mit Holzmodellen. Mit Begleitschreiben d. d. München 22. Jan. 1876. Atti della Societa Toscana di scienze naturali residente in Pisa. Vol.1. F.1. Pisa 1875. 8. Mit Begleitschreiben. B. Boncompagni, Bullettino. 'Tomo VIII. Luglio 1875. Roma 1875. 4. Astronomical and magnetical and meteorological Observations made at the R. Observatory, Greenwich in the year 1875. London 1875. 5. Mit Be- gleitschreiben. P. Ellero, ZI Vincoli dell’ umana alleanza. Gennaio 1876. 8. Preisschriften gekrönt und herausgegeben von der Fürstlich Jablonowski'schen Gesellschaft zu Leipzig. XVII. Leipzig 1875. 8. M. Amari, Le epigrafi arabiche di Sicilia. Parte I. Iscerizioni editi. Pa- lermo 1875. 4. Geologische Karte der Provinz Preussen. Section 9. 17. 1875. fol. 2 Blätt. Mit Begleitschreiben. Annales des Mines. T. VI. Livr. 4. 6. 1874. T. VIII. Livr. 4. 1875. Paris. 8. Vom vorg. K. Ministerium. ie 36 Gesammtsitzung 10. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Hercher las über die kritische Beschaffenheit des hero- dotischen Textes. Hr. Curtius las über die neuerdings in Olympia gemachten Insehriftenfunde. Hr. Torstrik in Bremen wurde zum correspondirenden Mit- glied der philosophisch-historischen Klasse gewählt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Atti dell’ Accademia Pontificia de nuori Lincei. Anno XXIX. Sess. 1 del 19. Dic. 18575. Roma 1876. 4. B. Boncompagni, Bullettino.. Tomo VIII. Agosto 1875. ib. 1875. 4. Mnemosyne. Nova Series. Vol. IV. P.1. Lugd. Bat. 1876. 8. Das Neue Fermähtnis. — Mattäus. Leipzig 1875. 8. 3 Ex. Revue scientifique. No. 32. Fevr. 1876. Paris. 4. W. F. G. Behn, Leopoldina. Heft XII. N. 1.2. Jan. 1876. Dresden. ‘4. La Democracia. 21 Die. — 31 Die. 1875. Montevideo 1875. fol. Commentari dell’ Ateneo di Brescia per U’anno 1875. Brescia 1875. 8. Denkschrift des Vereins für die Deutsche Nordpolfahrt. Bremen 1876. 8. G. Lavagna, Aeronautica. 8. Bulletin de la Societe de geographie. Decembre 1875. Paris 1875. 8. Bericht über die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft 1873 — 1874. Frankfurt a. M. 1875. 8. Mit Begleitschreiben. Abhandlungen, herausgegeben von der Senckenbergischen naturforschenden Ge- sellschaft. 9. Bd. 3. u. 4. Heft. Frankfurt a. M. 1874/75. 4. Mit Be- gleitschreiben. W. Pitschner, Himmelskarte in fol. mit Text. München 1875. 4. Von des Kaisers und Königs Majestät. vom-10. Februar 1876. 87 Philologischer Anzeiger. Als Ergänzung des Philologus herausgegeben von E. von Leutsch. VI. Bd. 4. u. 5. Heft. 1875. Göttingen 1876. 8. Bullettino di Archeologia eristiana. 11. Serie. AnnoVI. N. IV. Roma 1875. 8. R. Weber, Theorie der Abel’schen Functionen vom Geschlechte .3. Berlin 183746. 4. 2-Ex. Von der K. Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Pest: A m. tudom. akademia evkönyv. 13. Bd. 9. 10. Stück. 1872. Pest. 4. 14. ser 0 1873—75. ib. 4. — — — Almanach für 1872, 74, 75. ib. 8. A magyar tudomanyos akademia ertesitöje. 7. Jahrg. 8.—14. Nummer. Ne een legs 875, ib: 8: Nev- es targymutato.... 1875. ib. 8. Jegyzeke a m. tud. akademia altal kiadott könyveknek... 1875. ib. 8. Archaeologiai közlemenyek. 8. Bd. 1871. 9. Bd. 1. Heft. 1873. (2 Expl.) 22052 18745 (2 Expl) ib. gr. 4. Monumenta Hungariae archaeologica. 2. Bd. 1. Theil. 1873. ib. 4. max. 6} Oo te »„..1874. ib. 4. max. Joseph Budenz, Magyar-ugor összehasonlito szötar. 1. Heft. 1872—73. i 2. Heft. 1874—75. 8. Gregor Czuczor und Joh. Fogarasi, A magyar nyelv szotara. 6. Bd. = 304. Heft. 1873. 74, kl. A. Ertekezesek a nyelv-&s szep tudomanyok köreböl. 3. Bd. 8.—11. Nummer. 2000210; ” 1873— 1875. 8. Ertekezesek a törteneti tudomanyok köreböl. 2. Bd. 10. Nummer. 325 1-10, 22,70, Nr.3 Ex) ee Hu ; 1875—1875. 8. Ertekezesek a tarsadalmi tudomanyok köreböl. 2. Bd. 8.—11. Nummer. : a ne 1873—1875. 8. Ertekezesek a mathemat. tudomanyok köreböl. 2. Bd. 3.—6. Nummer. in Mo—eieh = „ 108. » mw 1873—1875. 8. 88 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1876. Ertekezesek a termesget tudomanyok köreböl. 3. Bd. 15. Nr. 4. „' 3.—6. Nummer. ll, ee ” ” 1873—1875. 8. Monumenta comitialia regni Hungariae, ed. Guiü. Franknoi. 1.u. 2. Bd. 1874. 75. 8. Monumenta Hungariae historica. Diplomataria. 18—24. 1873—75. Scriptores. 22. 26. 27. 32. 1873—75. Acta extera. 1. 2. 1875. Nyelvtudomanyi közlemenyek. 10. Bd. 3. Heft. 11. Bd. 12.0 10 1873.75. 8. Icones selectae hymenomycetum Hungariae, cura Caroli Kalchbrenner. II. II. 1874. 75. fol. Alex. Imre, A magyar nyelvujitas. 1873. 8. Alex. Matlekovits, A vasuti különbözeti viteldijak. 1875. 8. Nyelvemlektar. 1.—3. Bd. 1874. 8. Archivum Rakoczianum. 1. Abth. 2.—4. Bd. 1873—75. 2. = S.Bd. 18732 8 Mathematikai es termeszet-tudomanyi közlemenyek. T.—10. Bd. 1869—75. 8. Jos. Szinnyei, Hazai es külföldi folyoiratok magyar tudomanyos repertoriu- ma. 1. Abth. 1874. 8. Török-magyarkori törtenelmi emlekek. 1. Abth. 9. Bd. 1873. 8. Nev-es targymutato.... 1875. 8. Magyar törtenelmi tar. 19.—21. Bd. 1874. 75. 8. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 14. Febr. 1876. 5%) 14. Februar. Sitzung der phvsikalisch-mathemati- Sa schen Klasse. Hr. Dove las über die Temperaturvertheilung im Jahre 1875, dargestellt durch fünftägige Mittel. Hr. Poggendorff legte folgende Mittheilung des Hrn. Buff in Giessen vor: Verhalten dunkler Wärmestrahlen gegen Wasserstoff und Luft. Das Vermögen des Wasserstoffs und anderer Gase die Wärme zu leiten ist viel zu gering, als dass es möglich wäre, dasselbe auf dem bekannten von Magnus eingeschlagenen Wege mit Sicher- heit nachzuweisen. Die Vorstellung einer derjenigen der Metalle ähnlichen Leitfähigkeit des Wasserstoffs, wenn damit etwas ande- ‚res gesagt werden soll, als dass dieses Gas die Eigenschaft be- sitzt, gleich den festen und flüssigen Körpern, die Wärme von Mo- lekül zu Molekül übertragen zu können, ist daher unberechtigt. Dagegen besitzt Wasserstoff eine derjenigen des Vacuums sehr nahe kommende Durchstrahlbarkeit. Die trockne Luft absorbirt 50 bis 60 Procent solcher Wärme- strahlen, welche aus einer nicht über den Siedpunct erhitzten Quelle in sie einfallen. Die Wärmefarbe des Steinsalzes ist derjenigen der trocknen Luft sehr nahe gleich; d. h. Strahlen, die den einen dieser Körper durchdringen konnten, gehen durch den andern fast ungeschwächt. Die Annahme Tyndall’s, dass das Absorptionsvermögen der feuchten Luft gegen Wärmestrahlen aus dunkler Quelle dasjenige der trocknen Luft um das 15- bis 40fache übertreffe, ist unrichtig. Richtig ist aber, dass solche Strahlen, die in trockner Luft oder in - einer Steinsalzplatte nicht absorbirt worden sind, in feuchter Luft immer noch einen beträchtlichen Verlust erfahren können. 90 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. A. W. Hofmann legte eine Arbeit der HHrn. De La Rue und H. W. Müller vor: Über die Länge der Funken einer Batterie von 600—1200 -—-1800 und 2400 Chlorsilberstab-Elementen und über einige Erscheinungen, welche bei der Entladung von 5640 Elementen beobachtet werden. Am 24. Februar 1875 hatten wir!) die Ehre, in Gemeinschaft mit unserem Freunde Hrn. Spottiswoode der Royal Society Be- richt über einige Versuche zu erstatten, deren Zweck es war, die Ursache der Stratification bei der elektrischen Entladung im leeren Raum zu ermitteln. Diese Versuche wurden mit einer Batterie von 1080 Chlorsilberpulver-Elementen ausgeführt, deren Construction wir beschrieben. Wir haben jetzt 3240 solcher Elemente in Wirk- samkeit und ausserdem neuerdings noch 2400 Chlorsilberstab-BEle- mente?) vollendet, so dass wir eine Kraft von 5640 Elementen zur Verfügung haben. Diesen werden wir in der Kürze noch ein wei- teres System von 1080 Chlorsilberpulver-Elementen und zwei andere Systeme von 1200 Chlorsilberstab-Elementen zufügen, wodurch sich unsere Kraft auf 9120 Elemente steigern wird. Ausserdem haben wir der Gesellschaft der Telegraphen - Inge- nieure die mündliche und dem französischen Institute?) im October des verflossenen Jahres die schriftliche Mittheilung gemacht, dass die Länge des durch die Luft schlagenden Funkens in dem directen- Verhältnisse des Quadrates der Anzahl Elemente zu stehen scheine. Nach Fertigstellung obiger 2400 Elemente wurden dieselben in einem einzigen Tage zusammengesetzt. Sie befanden sich, was elektromotorische Kraft und Widerstand anlangt, in vollkommen gleichartigem Zustande und gestatteten daher, die oben angedeutete Beziehung zwischen Funkenlänge und Zahl der Elemente einge- hender zu prüfen, als dies bisher geschehen konnte, zumal es uns auch durch Anwendung von Paraffin- Stöpseln und mit Hülfe an- derer Vorsichtsmaassregeln gelungen war, eine vortreffliche Isolirung zu erhalten. IR. Soc. Proc. No. 160,1875. ZUR. LS0C. Eroc.,1870,7.03.9.18 ») Comptes Rend. No. 16 p. 686 und No. 17 p. 746. 1875. vom 14. Februar 1876. 91 Hr. Fram, welcher uns bei diesen Versuchen assistirte, hat einen Entlader construirt, welcher erlaubt, die Entfernung der Pole von einander bis zur Genauigkeit von Zn Zoll abzulesen, und 415 dieses Maasses noch abzuschätzen. Die Mutter, in welcher sich die einen der Pole führende Schraube (von „4, Zoll Schrauben- gang) bewegt, ist in zwei Theile getheilt, welche durch eine spiralförmige Druckfeder auseinander gehalten werden, so dass jede Erschütterung vermieden wird. Bei der Ausführung der Messungen werden die Pole weiter auseinander gerückt, als die erwartete Schlagweite beträgt und alsdann einander genähert, bis der Funke überschlägt. Der Entlader wird alsdann von der Batterie entfernt und nachdem man abgelesen hat, mit einer besonderen Batterie von 10 Elementen verbunden, in deren Leitung sich ein empfindliches Galvanometer befindet. Die Pole werden alsdann von Neuem ein- ander genähert, bis das Galvanometer Contact anzeigt; alsdann liest man wieder ab und erhält die Funkenlänge in der Differenz zwischen der ersten und zweiten Ablesung: Anzahl der Chlorsilberstab- Schlagweite Elemente i 600 0.0033 Zoll i 1200 0.0130 „ . 1800 0.0345 „ 2400 0.0539 „ ‚Nimmt man 600 Elemente, für welche die Schlagweite 0.0033 Zoll beträgt, als Einheit an, so ergeben sich, im Sinne der oben ange- - deuteten theoretischen Auffassung, die Funkenlängen für 1200, 1800 und 2400 Elemente, wenn man diese Zahl beziehungsweise mit - den Quadraten von 2, 3 und 4 multiplicirt. Zahl der Elemente Schlagweite 600 0.0033 Zoll 1200 - 0.0053. 2 4001327 1500 = 0.009802 9 0.0270 7 2400 0.0033 x 16 = 0.0528 „, Diese Ziffern stimmen nahezu mit den Versuchszahlen überein. “ Die Länge der Funken hängt wesentlich von der Gestalt der | Pole ab; wir haben in den meisten Fällen dem einen Pole die Form einer Spitze, dem anderen die einer Fläche gegeben. 92 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Dieselben waren von Kupfer gefertigt; man lud Spitze und Fläche abwechselnd positiv und negativ entweder mit Hülfe eines Strom- schlüssels, oder durch schnelles Umdrehen eines Commutators, wel- cher eine 352 malige Umkehr des Stromes in der Secunde gestattet. Einer der Pole, welche in den beschriebenen Versuchen zur An- wendung kamen, bestand aus einer Spitze von 30° conischer Nei- gung, die andere war eine leicht convexe Fläche von 0.46 Zoll im Durchmesser. Als diese Versuche in einem nahezu finsteren Zimmer ange- stellt wurden, beobachteten wir, dass sich die Spitze, wenn sie negativ geladen wurde, schon lange, ehe der Funken übersprang, mit einem Schein in Gestalt eines Paraboloids umgab. Der zuneh- mende Glanz dieser Erscheinung war uns nützliche Anzeige, bei weiterer Annäherung der Pole die grösste Vorsicht anzuwenden. Nachgerade hatte sich dieser zuckerhutförmige Schein bis zur positiven Pole fortgesetzt. Bei 1800 Elementen liess sich dieser Schein wahrnehmen, als die Pole 0.0545 Zoll von einander ent- fernt waren, während der Funke bei 0.0345 Zoll überging; bei 2400 Elementen zeigte sich der Schein bei einer Entfernung von 0.0865 Zoll, während der Uebergang des Funkens bei 0.0535 Zoll erfolgte. Man beobachtete überdies, dass sich die (positive) Scheibe mit einem pfirsichblüthfarbigen Anfluge überzog, welcher sich nach dem Mittelpunkt hin verstärkte, wenn die Pole einander genähert wurden, so dass gleichsam Newton’s Farbenringe zum Vorschein kamen. | Um die Erscheinung des dem Funken vorangehenden Leuchtens besser studiren zu können, wurde die ganze Reihe der 5640 Ele- mente in Anwendung gebracht, indem man auch jetzt wieder einer- seits eine Spitze von 30°, andererseits entweder eine flache Scheibe von 1.1 Zoll im Durchmesser oder eine leicht convexe Scheibe von 0.8 Zoll im Durchmesser als Pole wählte. In allen Fäl- len erschien der pfirsichblüthfarbige Anflug auf der Scheibe, welche mit dem (positiven) Silberpole verbunden war; wurde die flache Scheibe benutzt, so zeigte sich der Anflug an der Peri- pherie und im Mittelpunkt in bemerklich grösserer Menge, als auf den übrigen Theilen der Scheibe. Man beobachtete bei Anwendung: der flachen Scheibe den leuchtenden Schein bei 1.073 Zoll, den Funkenübergang bei 0.159 Zoll, a vom 14. Februar 1876, 95 der convexen Scheibe den leuchtenden Schein bei 1.124 Zoll, den Funkenübergang bei 0.140 Zoll. !) Um festzustellen, ob während des Leuchtens ein Strom über- gehe, wurden verschiedene Vacuum-Röhren zwischen der Batterie und einem der Pole eingeschaltet; in allen Fällen begannen sie zu leuchten, ehe der Schein an dem negativen Pole wahrnehmbar war; ihre Einschaltung verkürzte, wie man erwarten durfte, den Funken und verminderte die Entfernung, in welcher das Leuchten bemerklich wurde. Als eine Wasserstoffröhre eingeschoben wurde mit einer Capillareinschnürung zwischen zwei weiteren Röhren, wie man sie bei Spectralversuchen anwendet, und welche einen Widerstand von 190,000 Ohm'’schen Einheiten bot, beobachtete man das Leuchten bei einer Entfernung von 0.939 Zoll, den Uebergang des Funkens bei einer Entfernung von 0.092 Zoll. Eine Röhre von 31 Zoll Länge, welche einen Widerstand von 350,000 Ohm’schen Einheiten bot, leuchtete in prachtvollem Glanze, als man sie zwischen der Batterie und einem der Pole einschal- tete; als man nun die Pole von einander entfernte, wurde die grösste Schlagweite zu 1.2 Zoll beobachtet, und der Uebergang erfolgte, ohne dass sich ein Leuchten an dem negativen Pole ge- zeigt hätte. Wie viel weiter noch man einen Strom zwischen den Elektroden zu erhalten vermag, soll mit Hülfe eines grösseren Entladers, welchen wir im Augenblick construiren lassen, versucht werden. ?) _ Der Widerstände, welche die Vacuum-Röhren bieten, ist schon gedacht worden. Anfangs fanden wir es sehr schwierig, die- selben zu messen. Als z. B. der Widerstand der Röhre durch Einschaltung von Widerständen in der Wheatstone’schen Brücke ausgeglichen wurde, liess sich das Galvanometer nur für ganz kurze Zeit zur Ruhe bringen, und als Grund der Erscheinung ergab sich, dass der Widerstand der Röhren rasch zunahm, während der Strom !) Auf den Vorschlag von Prof. Stokes, dem wir den Versuch zeigten, wurde die Spitze positiv geladen. Die Funkenlänge war alsdann grösser, nämlich 0.154 und 0.164 Zoll. ?) Bei späteren Versuchen wurde ein Strom erhalten bei einer Entfer- nung von 5.1 Zoll zwischen einer negativen Spitze und einer positiven Scheibe von 6 Zoll im Durchmesser. BE: Sitzung der phys.-malh. Klasse vom 14. Februar 1876. hindurchging. Nach einiger Zeit aber stellte sich der ursprüngliche Widerstand wieder her, bisweilen sehr schnell, bisweilen erst nach Verlauf einiger Tage. Der Widerstand war unabhängig von der Länge der Röhre, wurde dagegen vorzugsweise von dem lichten Durchmesser bedingt; Capillarröhren boten einen sehr beträcht- lichen Widerstand. Schliesslich fanden wir es zweckmässiger, von den Anzeigen des Galvanometers ganz abzusehen und uns einzig und allein zu verlassen auf das Auftreten des leuchtenden Scheins in den auf der einen Seite der Wheatstone’schen Brücke befind- lichen Röhren, sobald man auf der anderen Seite einen ausglei- chenden Widerstand eingeschaltet hatte. Wir hoffen der Akademie später ausführlichere Mittheilungen zu machen, um die Ergebnisse der heute dargelegten zu bestätigen. Zum Schlusse sei es gestattet, die Aufmerksamkeit auf einige Folgerungen zu lenken, welche sich naturgemäss-ergeben, wenn sich das Gesetz, welches wir über die Beziehung zwischen Funkenlänge und Zahl der Elemente einer galvanischen Batterie zu entwickeln versucht haben, durch weitere Versuche bewahrheiten wird. Nimmt man als Ausgangspunkt die Länge des Funkens von 600 Elementen der Chlorsilberstabbatterie — 0.0033 Zoll, so würde ein System 0.0033 10002 6002 — 0.009 166 Zoll geben, hundert solcher Systeme (100 000) würden einen Funken von 91.66 Zoll, und tausend solcher Systeme (1000 000) einen Funken von 9 166 Zoll— 764 Fuss, nahezu, geben, während ein 1 109 000 000 würde. Soweit unsere eigenen Versuche reichen, hat sich das von von 1000 solcher Elemente einen Funken von einziges Element nur eine Schlagweite von zeigen uns ausgesprochene Gesetz bestätigt; eine Batterie von einer Mil- lion Elementen wird wohl niemals construirt werden, allein eine von hunderttausend Elementen liegt immer noch im Bereiche der experimentalen Ausführung. nd Lu han Zn j Ne) jD} 1 Gesammtsitzung vom 17. Februar 1876. 17. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Siemens las: Über die Abhängigkeit der electrischen Leitungsfähig- keit des Selens von Wärme und Licht. Das von Berzelius 1817 entdeckte Selen steht wie das Tellur auf der Grenze zwischen den Metallen und Metalloiden und hat sowohl chemische wie physikalische Eigenschaften beider Klas- sen von Körpern. Die physikalischen Eigenschaften des Selens sind namentlich von Hittorf!), in seiner Abhandlung über die Allotropie des Se- lens untersucht. Er fand, dass es bei 217° C. schmilzt, dass es bei der Abkühlung bis weit unter seinen Schmelzpunkt flüssig bleibt, dass es bei weiterer schneller Abkühlung zu einer glasigen, amorphen, die Electrieität nicht leitenden, Masse von etwas grün- lichem Ansehen vom specifischen Gewichte 4,276 erstarrt, ohne seine latente Schmelzwärme abzugeben. Wird dies amorphe Selen wieder erhitzt, so beginnt bereits bei 80° C. eine Umwandlung des- selben. Es bekommt ein weisses metallisches Ansehen, ein fein- körniges, krystallinisches Gefüge, verdichtet sich zum speeifischen Gewichte 4,796?) und entbindet dabei eine so bedeutende Wärme- menge, dass es sich in grösseren Mengen bis zu seinem Schmelz- punkte erhitzt. Es leitet in diesem erystallinischen Zustande die Electrieität wie die Kohle, das Tellur und die Electrolyten, indem seine Leitungsfähigkeit mit steigender Temperatur zunimmt. In der Nähe des Schmelzpunktes ist diese Leitungsfähigkeit im Ver- hältniss zu seiner Leitungsfähigkeit bei der Lufttemperatur sehr bedeutend... Wird die Schmelztemperatur überschritten, so sinkt die Leitungsfähigkeit mit Aufnahme der latenten Wärme beträchtlich, doch leitet es auch im geschmolzenen Zustande die Eleetricität. Durch die Beobachtung des Superintendent Mai der Valentia- Kabelstation, dass die Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuch- tung vergrössert wird, eine Beobachtung, die von Willoughby 1) Pogg. Ann. Bd. 84, pag. 214. 1851. ?) Rammelsberg hat neuerdings das sp. Gewicht des amorphen Se- lens auf 4,28, das des crystallinischen auf 4,8 resp. 4,5 bestimmt. 96 Gesammtsitzung Smith publieirt und darauf vom Lieutenant Sale constatirt!) und näher untersucht wurde, ist die Aufmerksamkeit der Physiker neuerdings in hohem Grade auf das Selen gelenkt. Sale fand, dass Licht aller Farben die Leitungsfähigkeit des Selens erhöht, dass die dunklen, actinischen Strahlen des Spe- etrums keinen Einfluss auf dasselbe ausüben, und von hier aus die Lichtwirkung bis zum Roth zunimmt, dass sie beim Ultraroth abnimmt und die Wirkung der jenseits desselben liegenden dunk- len Wärmestrahlen nur gering ist. Ich habe in einer der Akademie im Mai vorigen Jahres ge- machten vorläufigen Mittheilung?) diese Angaben Sale’s bestätigt. Es war mir gelungen, das amorphe Selen durch eine mehrere Stunden anhaltende Erhitzung auf eine Temperatur von 200 bis 210° in eine Modification überzuführen, welche bei der Lufttempe- ratur eine 20 bis 30 mal grössere Leitungsfähigkeit und eine ent- sprechend grössere Lichtempfindlichkeit hat, als das durch Er- hitzung auf 100 bis 150° erystallinisch gemachte Selen zeist. Diese Modification hat ferner die Eigenschaft, die Electrieität wie ein Metall, d. i. in der Weise zu leiten, dass die Leitungsfähig- keit mit steigender Temperatur abnimmt. Ich fand ferner, dass der Einfluss des Lichtes sich nicht auf die ganze Masse des Selens erstreckt, sondern wesentlich eine Oberflächenwirkung ist. Hier- durch geleitet, gelang es mir durch Einschmelzen des Selens zwi- schen die Windungen zweier flacher, ineinanderliegender Draht- spiralen ein äusserst lichtempfindliches Präparat herzustellen, wel- ches ich zur Construction eines Selen-Photometers benutzte. End- lich eonstatirte ich, dass die Zunahme der Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung annähernd den Quadratwurzeln der Lichtstärken proportional ist. W. G. Adams’) hat gleichzeitig mit mir die Lichtwirkung auf das Selen untersucht. Er fand, abweichend von Hittorf, dass die Leitungsfähigkeit seiner Selenstange, über deren Her- stellung er keine Angaben macht, mit zunehmender Temperatur abnahm, also ein ähnliches Verhalten zeigte, wie ich es durch an- 1) Pogg. Ann. 150, pag. 333. 2) Diese Berichte, S. 280. #3) Proc. of the Royal Soc. Vol. XXIII, pag. 535. Juni 1875. vom 17. Februar 1876. 97 haltende Erhitzung des Selens auf 200° C. hervorrief. Ferner con- statirte er, dass der durch eine Kircehhoff-Wheatstone’sche Brücke gemessene Widerstand des Selens um so geringer ausfiel, je grösser die Anzahl der Zellen der zur Messung benutzten Kette war. Adams lässt es unentschieden, ob die Lichtwirkung auf das Selen in einer Veränderung seiner Oberfläche bestände oder ob durch Be- leuchtung im Selen ein Polarisationsstrom hervorgerufen würde, wel- cher sich dem Durchgange des messenden Stromes entgegensetzte und dadurch seine Leitungsfähigkeit erhöhte. In gleicher Weise will er die Verminderung des Widerstandes des Selens bei An- wendung stärkerer Batterien erklären. Hierbei ist er aber offenbar in einem Irrthum befangen, da ein solcher durch das Licht oder durch den Strom hervorgerufener Gegenstrom den entgegengesetzten Effect haben müsste. Es müsste das Licht die Leitungsfähigkeit vermindern und bei Anwendung stärkerer Batterien müsste man einen grösseren Widerstand finden. Zunächst bemühte ich mich die höchst merkwürdige Eigen- schaft des Lichtes, das beleuchtete Selen besser leitend zu machen, auch bei anderen Körpern aufzufinden. Diese Bemühungen waren aber gänzlich erfolglos. Ich glaubte schon am Tellur eine analoge Wirkung gefunden zu haben, überzeugte mich aber bald, dass die beobachtete geringe Steigerung der Leitungsfähigkeit der Erwär- mung des Tellurs durch Licht und Wärmestrahleu zuzuschreiben war. Da ich hiernach annehmen musste, dass es sich hier nicht um eine allgemeinere Eigenschaft des Lichtes, sondern um ein ab- normes Verhalten des Selens handelte, so entschloss ich mich, das Verhalten dieses Körpers zur Wärme und dem galvanischen Strome näher zu untersuchen, in der Hoffnung, hierdurch Anhaltspunkte zur Erklärung der Einwirkung der Beleuchtung auf denselben. zu gewinnen. Zunächst wiederholte ich den Hittorf’schen Versuch mit meinen besseren Messinstrumenten für galvanische Ströme. Da Glas und selbst Porzellan bei höheren Temperaturen die Electrieität leiten, so liess ich mir aus einem Stück Speckstein, - welches selbst bei Glühhitze noch völlig isolirt, einen dickwandigen Tiegel herstellen, welcher etwa 6 Gramm Selen aufnehmen konnte. Durch den gutschliessenden Specksteindeckel reichte ein T'hermo- _ meter bis in die Mitte der Höhlung des Tiegels hinein. Die eirca 10 Mm. dicke Tiegelwand war etwa in halber Höhe durchbohrt _ und die beiden Löcher durch genau eingepasste Cylinder aus Gas- 98 Gesammtsitzung kohle, welche nach innen und aussen vorragten, ausgefüllt. Nach- dem der Tiegel mit geschmolzenem Selen angefüllt und dann schnell erkaltet war, so dass amorphes Selen ihn anfüllte, wur- den die äusseren Enden der Gaskohleneylinder mit den gut isolirten Zuleitungsdrähten meines sehr empfindlichen Spiegelgalvanometers mit aperiodisch schwingendem Cylindermagnet verbunden und in den Leitungskreis eine Daniell’sche Zelle eingeschaltet, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass selbst bei Einschaltung einer Bat- terie von 100 Daniell’schen Zellen kein Strom durch das amorphe Selen ging. Der so vorbereitete Tiegel wurde nun schnell in ein grösseres Gefäss mit Paraffin, dessen Temperatur 280° C. war und während des Versuches möglichst genau auf dieser Temperatur gehal- ten wurde, eingetaucht und die Temperatur des Selens im Tiegel ‚sowie die Ablenkung meines Spiegels fortlaufend gleichzeitig beob- achtet und notirt. Bei dem bedeutenden Leitungswiderstände des Selens, in Folge dessen der Widerstand des zwischen den Kohlen- spitzen befindlichen Selens selbst bei höheren Temperaturen noch immer sehr gross gegen den Widerstand des Galvanometers ist, können die Ablenkungen des Spiegels ohne wesentlichen Fehler der Leitungsfähigkeit des Selens proportional gesetzt werden. Die Ergebnisse dieses Versuches sind in der Kurventafel Fig. 1 zur Anschauung gebracht. Die mit A bezeichnete Kurve giebt die Temperatur des Selens, die Kurve D die Stromstärke oder die Lei- tungsfähigkeit des Selens an, während Kurve © die berechnete Kurve darstellt, nach welcher die Temperatur im inneren Gefässe steigen müsste, wenn keine selbstthätige Temperaturveränderungen des Selens stattfänden. Die Abscissenaxe bezeichnet die seit der Eintauchung verflossene Zeit, die Ordinatenaxe gleichzeitig die Tem- peratur des Selens in Kurve A und die Leitungsfähigkeit dessel- ben in Kurve 2. Es ergiebt sich aus der Betrachtung dieser Kurven, dass etwa 21 Minuten vergingen, bis eine Temperaturzunahme des Selens be- merklich wurde. Nach Verlauf von 5 Minuteu hat sie 80° er- reicht, ohne von der Normalkurve abzuweichen. Dann steigt sie schnell über die Normalkurve und bleibt bedeutend über derselben, bis die Schmelzung bei 217° beginnt. Das Maximum der Erhebung der Selen- Temperatur über die der Normalkurve findet etwa bei 170° statt und beträgt hier circa 13°. Von hier ab nähert sie sich wieder der letzteren, Br Er ce u A ER vom 17. Februar 1876. 99 schneidet sie bei 215°, zeigt dann über 15 Minuten lang ziemlich constante Temperatur, nähert sich darauf wieder, anfänglich schnell später langsamer, der Normalkurve, öhne sie vollständig zu erreichen. Es zeigt dies Verhalten, in Übereinstimmung mit Hittorf, dass das amorphe Selen bei etwa 80° C. sich in erystallinisches umzuwandeln beginnt und dabei seine latente Wärme ganz oder doch zum grossen Theil abgiebt. Etwa bei 170° hat diese Wärmeentwickelung ihr Maximum erreicht und die Temperatur des Selens steigt von jetzt ab langsamer als die der Normalkurve. Bei 217° beginnt das Selen zu schmelzen und es wird von ihm wieder Wärme absorbirt, wo- durch bewirkt wird, dass seine Temperatur beinahe 20 Minuten nahe constant bleibt. Darauf nähert sie sich wieder der Normal- kurve, anfangs schnell dann langsam, ohne sie vollständig zu er- reichen. Während dieser Temperaturänderungen des Selens sind nun ganz merkwürdige Veränderungen seiner Leitungsfähigkeit zu con- statiren, wie sie durch Kurve D veranschaulicht werden. 5 Minu- ten nach der Eintauchung des Tiegels, also bei der Selen-Tempe- ratur von 80° war das Selen noch vollständig nichtleitend.. Nach 10 Minuten, bei der Selen-Temperatur 162°, war die Ablenkung des Spiegels schon 870 Scalentheile, nach weiteren 5 Minuten, bei der Selen-Temperatur 200°, war sie 152 und nach abermals 5 Minuten bei der Selen-Temperatur 215 nur noch 120 Scalen- theile.. Während der jetzt vor sich gehenden Schmelzung des Selens fiel die Ablenkung auf 70, stieg dann mit wachsender Tem- peratur des geschmolzenen Selens erst schneller, später langsamer bis 300. Eine Grenze des Ansteigens der Leitungsfähigkeit war hier nach Verlauf von 140 Minuten nach der Eintauchung des Tiegels noch nicht zu erkennen, obschon die Selen-Temperatur be- reits nach Verlauf von 60 Minuten constant geworden war. Die Zahlenwerthe dieser Versuchsreihe können nur einen re- lativen ‚Werth haben, da die von Wärme schlecht leitendem, starren Selen umschlossene Thermometerkugel, bei steigender Temperatur durch Wärmezufluss von aussen, immer zu niedrige Werthe an- geben musste, wogegen sie bei innerer Wärmeentwickelung höhere Temperaturen zeigen konnte als die des Selens in der Nähe der Tiegelwand, welches mit den Kohlencylindern in Berührung war; sie bestätigen aber vollständig die Hittorf’schen Beobachtungen, fis76] 8 100 Gesammtsitzung wonach das amorphe Selen bei ca. 80° C. seine Umwandlung in erystallinisches Selen beginnt, dabei eine bedeutende Wärmemenge entbindet und leitend für Eleetrieität wird. Es bestätigt sich fer- ner Hittorf’s Angabe, dass die Leitungsfähigkeit des erystallini- schen Selens mit der Temperatur in steigender Progression zu- nimmt und dass dieselbe sich mit Aufnahme der latenten Schmelz- wärme bei gleichbleibender Temperatur wieder beträchtlich ver- mindert. Es geht aus diesen Versuchen ferner hervor, dass auch die Lei- tungsfähigkeit des geschmolzenen Selens mit steigender Temperatur sich vergrössert. Ich fand bei einer anderen Versuchsreihe, bei wel- cher ein ähnlicher Specksteintiegel durch eine Flamme direct er- hitzt wurde, dass die Leitungsfähigkeit des geschmolzenen Selens bis zur Temperatur von 350°, bei welcher bereits eine reichliche Verdampfung eintrat, noch fortwährend wuchs. . Eine auffallende Erscheinung ist hierbei die, dass sowohl beim festen wie beim ge- schmolzenen Selen die Leitungsfähigkeit sich mit der Dauer der Erhitzung vermindert, so dass es bei schneller Erhitzung auf eine bestimmte Temperatur weit besser leitet, wie bei langsamer Er- hitzung auf dieselbe, so wie ferner, dass durch andauernden Strom durch erhitztes Selen ebenfalls eine schnelle Verminderung der Lei- tungsfähigkeit herbeigeführt wird, wie wenn eine Polarisation ein- träte, welche dem Durchgange des Stromes entgegenwirkte. Die angestellten zahlreichen Messungen der Temperatur und der zuge- hörigen Leitungsfähigkeit konnten aus diesen Gründen keine über- einstimmenden Zahlenwerthe ergeben. Als ein lehrreiches Beispiel dieser Versuche ist in Fig. 2 eine Kurventafel dargestellt, welche ziemlich übereinstimmend. die Abhängigkeit der Leitungsfähigkeit von der Temperatur bei sehr langsamer, mehrere Stunden dauern- der Erwärmung und Abkühlung zur Anschauung bringt. Das im Specksteintiegel befindliche Selen war erst durch Abkühlung amorph gemacht, dann auf 150° erhitzt und mehrere Stunden auf dieser Tem- peratur erhalten, worauf es langsam abgekühlt wurde. Es musste also erystallinisches Selen sein, welches seine latente Wärme be- reits abgegeben hatte. Kurve A zeigt nun die Steigerung der Leitungsfähigkeit mit der Zunahme der in der Abseissenaxe angegebenen Temperatur. Die Messung geschah derart, dass durch einen Morse-Taster eine Daniell’sche Zelle in den aus dem Selen, den Gaskohlenspitzen und dem Galvanometerdraht vom 17. Februar 1876. 101 gebildeten Schliessungskreis so lange eingeschaltet wurde, bis die Ablenkung des Spiegels ein Maximum geworden war. Da das Gal- vanometer vollkommen aperiodisch war, so fiel dies Maximum des Ausschlages mit der dauernden Ablenkung vollkommen zusammen. Beim Loslassen des Tasters wurde die Daniell’sche Zelle aus- geschaltet. Es bot diese Methode den Vortheil, dass man mit der Messung des Stromes gleich eine Messung der etwa vorhande- nen Polarisation verbinden konnte. Wird nämlich durch Anbrin- gung eines Richtstabes, in passender Entfernung unter dem Mag- nete des Galvanometers, die Richtkraft des letzteren so gross ge- macht, dass die Aperiodieität gerade vollständig ist ohne überschritten zu Sein, wie dies bei meinem Galvanometer ohne Richtstab der Fall ist, so geht der Spiegel bei Rückstromschaltung ebenso wie bei Unterbrechung des Stromes genau in seine 0-Stellung zurück, ohne darüber hinauszuschwanken. Ist aber Polarisation vorhanden, durchläuft also ein Rückstrom die Galvanometerwindungen wäh- rend des Rückganges des Spiegels, so wirkt dieser Strom be- schleunigend auf den Magnet und treibt ihn über die Ruhelage hin- aus. Die Grösse dieser Überschreitung der Ruhelage ist dann ein Maass der Stärke der Polarisation. Die später angeführten Polari- sationsmessungen sind in dieser Weise ausgeführt, wenn nicht ange- geben ist, dass sie mit der continuirlichen Wippe, oder ohne gleich- zeitige Strommessung, von der Ruhestellung aus, angestellt sind. Wie sich aus dem Anblick der Kurve A,4' ergiebt, nimmt die Leitungsfähigkeit mit wachsender Temperatur in schneller Pro- gression zu. Bei der ersten Messung bei 50° C. war sie 15, bei 100° :78, bei 150° :290, bei 200° :927. Auf dieser Tempera- tur wurde das Bad 15 Minuten lang erhalten. Die Leitungsfähig- keit sank dadurch auf 819 zurück und erhob sich erst nach wei- terer Erhitzung auf 203° wieder bis 923. Als die Temperatur nun wieder 50 Minuten nahe constant erhalten wurde, sank die Leitungsfähigkeit wieder bis auf 815 hinab. Bei der jetzt begin- nenden Abkühlung war sie bei 200° :789, bei 150°:267, bei 130°: 170, wo der Versuch abgebrochen werden musste. Am fol- genden Tage wurde der Versuch in gleicher Weise wiederholt und ergab die ähnlichen in Kurve A bei aufsteigenden und Kurve 4’ bei fallenden Temperaturen dargestellten Kurven. Dr. Frölich hat versucht eine empirische Formel für die Abhängigkeit der Leitungsfähigkeit von der Temperatur aufzustellen. Die Kurve B 5* 102 Gesammtsitzung ist nach der von ihm gefundenen Formel k = C + a.e“! oder in Zahlen k = — 17 + 8.48 (1.025)’, gezeichnet. Hiernaeh ist, da C = k_,, d.h. die Leitungsfähigkeit bei sehr niederer Temperatur, ET, Ir —— t u N A dk' d. h. das Wachsthum der Leitungsfähigkeit %' proportional mit k' selbst. Die beschriebenen Versuche waren mit Zuleitungen aus Gas- kohle angestellt, um sicher zu sein, dass keine Verbindung des geschmolzenen oder stark erhitzten Selens mit denselben einträte. Nachdem ich mich aber überzeugt hatte, dass weder Platina noch Eisen von festem Selen angegriffen wird, benutzte ich bei den wei- teren Versuchen die weit bequemeren, oben beschriebenen Draht- spiralen oder Gitter, deren Zwischenräume mit Selen ausgefüllt waren. Es kam mir jetzt vor allen Dingen darauf an, Anhaltspunkte zur Erklärung der merkwürdigen Thatsache zu finden, dass amor- phes Selen, längere Zeit auf 200 bis 210° erhitzt, seine physika- lischen Eigenschaften so vollständig ändert, dass seine Leitungs- fähigkeit bei gewöhnlicher Temperatur 30 bis 50mal grösser wird als die des durch Erhitzung auf 100 bis 150° erystallinisch gemach- ten Selens, und jetzt mit steigender Temperatur sich vermindert während die des letzteren sich vergrössert. Es erschien mir wahr- scheinlich, dass diese Umwandlung in innigem Zusammenhange mit der Erscheinung stehen müsse, dass die Leitungsfähigkeit des Se- lens sich bei höheren Temperaturen mit der Zeit der Erhitzung' vermindert. Zwei Drahtgitter aus 10 parallelen Drähten von 0,04 Mm. Dicke im Abstande von 1 Mm., etwa 12 Mm. im Quadrat gross, wurden zwischen zwei Glimmerblättern im Abstande von etwa 0,7 Mm. mit amorphem Selen ausgefüllt. Die Einrichtung war so getroffen, dass die Verlängerung der beiden Gitterdrähte aus dem Paraffin- bade, in welches sie eingetaucht wurden, hervorragten und leicht mit den Galvanometerdrähten verbunden werden konnten. Es wurde dann das Paraffin schnell auf 200° C. erhitzt. Bis zur T'empera- tur 100° ©. war kein Strom zwischen beiden Gitterdrähten durch eine Batterie von 6 Elementen wahrzunehmen. Dann begannen vom 17, Februar 1876. 103 beide Gitter zu leiten und bei 180° war der Strom eines Daniells nur mit Hilfe einer am Galvanometer angebrachten Nebenschliessung zu messen, welche seine Empfindlichkeit auf „4; verminderte. Bei 200° erreichte der Strom bei beiden Gittern sein Maximum. Gitter No. 33 hatte die Leitungsfähigkeit 2720, Gitter No. 36 die Lei- tungsfähigkeit 2120. Die Temperatur wurde nun 4 Stunden lang constant auf 200° erhalten. Nach der ersten Stunde war die Lei- tungsfähigkeit von dem ersten auf 1240, die vom zweiten auf 940 gesunken. Nach Verlauf der zweiten Stunde war die Lei- tungsfähigkeit des ersten noch 1090, die des zweiten 820, und nach Verlauf der vierten Stunde waren sie 1000 resp. 800. Es wurde jetzt No. 36 rasch durch Eintauchen in kaltes Petroleum abgekühlt, während No. 36 langsam abgekühlt und während die- ser Zeit die Leitungsfähigkeit von Zeit zu Zeit gemessen wurde. Das letztere hatte bei 180° die Leitungsfähigkeit 1020, bei 150° die Leitungsfähigkeit 2460, bei 150° die Leitungsfähigkeit 5750, bei 120° die Leitungsfähiskeit 8320. Bei 100° ging der Spiegel über die Scala und es musste ein grösserer Nebenschluss am Gal- vanometer angebracht werden, welcher seine Empfindlichkeit auf 5; reducirte. Die Leitungsfähigkeit war nun bei 100° : 17020, bei 80°: 21280 und nahm von hier ab langsam wieder ab. Da das Paraffin bei 60° erstarrte, so. nahm auch dessen Temperatur von hier an nur sehr langsam ab. Nach vollständiger Abkühlung ‚am anderen Tage war die Leitungsfähigkeit nur noch 6190. Das rasch von der Temperatur 200° in kaltem Petroleum ab- gekühlte Gitter No. 33 hatte nach der Abkühlung die Leitungs- fähigkeit 16450 und ging jetzt continuirlich, erst schneller dann immer langsamer, zurück. Nach 14 Stunden war sie noch 14330 und am nächsten Tage noch 7710. Es folgt aus diesen Versuchen, dass das längere Zeit auf 200° erhitzte amorphe Selen eine Umwandlung erfährt, durch die seine Leitungsfähigkeit bei dieser Temperatur bis auf etwa 4 ihrer anfänglichen Grösse vermindert wird. Es hat dann die Eigen- schaft der Metalle, dass die Leitungsfähigkeit bei abnehmender Tem- peratur wächst, während dieselbe bei erystallinischem Selen, wel- ches nicht längere Zeit erhitzt war, mit abnehmender Temperatur rasch abnimmt. Bei schneller Abkühlung zur Lufttemperatur leitet das abge- kühlte Selen über 16mal besser wie bei der Temperatur von 200°. 104 Gresammtsilzung Es behält diese grosse Leitungsfähigkeit aber nicht dauernd. Die- selbe verliert sich nach und nach wieder und nähert sich erst nach Verlauf mehrerer Tage einer Constanten. Hat die Erhitzung des Selens auf 200 bis 210° so lange ge- dauert, bis keine weitere Verminderung der Leitungsfähigkeit mehr stattfindet, so beginnt bei eintretender Abkühlung sofort die Ver- grösserung der Leitungsfähigkeit. War diese Grenze nicht er- reicht, so nimmt die Leitungsfähigkeit bei eintretender Abkühlung, zuerst ab, nähert sich dann einem Wendepunkte, von dem ab sie dann wieder zunimmt. Die Höhelage dieses Wendepunktes hängt von der Dauer der Erhitzung, und der durch sie herbeigeführten Verminderung der Leitungsfähigkeit während derselben ab. Dauert die Erhitzung nur kurze Zeit, so wird der Charakter des Selens dadurch nicht geändert; seine Leitungsfähigkeit vermindert sich fortwährend mit der Erniedrigung der Temperatur, wie bei unver- ändertem erystallinischen Selen. Das Gitter, mit welchem dies letztere constatirt ward, wurde darauf 8 Minuten in das Paraffinbad von 205° getaucht und dann durch einen Luftstrom, nachdem es aus dem Bade genommen war, rasch abgekühlt. Seine Leitungsfähigkeit war während dieser Zeit von 100, die es etwa 15 See. nach der Eintauchung angenommen hatte, auf 39 gefallen. Bei der Abkühlung fiel seine Leitungsfähig- keit schnell auf 5 hinab und stieg dann wieder auf 37. Nachdem es wiederum + Stunde erhitzt war, fiel die Leitungsfähigkeit nach der Abkühlung von Leitungsfähigkeit 152, die es jetzt im Paraffinbade von 212° angenommen hatte, auf 50 und stieg darauf bis 200. Es behielt diese erhöhte Leitungsfähigkeit aber nicht, sondern sie sank nach und nach auf einen geringen Betrag. Es muss hierbei bemerkt werden, dass das beschriebene merkwürdige Verhalten des Selens, bei andauernder Erhitzung auf 200° den Charakter der metallischen Stromleitung anzunehmen, nur dann in dieser Weise beobachtet wurde, wenn amorphes Se- len direet auf 200° erhitzt ward. War es erst längere Zeit auf 100° erhitzt und dadurch vollständig in einfaches cerystallinisches Selen umgewandelt, so trat diese Umwandlung bei weiterer an- dauernder Erhitzung auf 200° gar nieht oder doch nur in weit ge- ringerem Maasse ein. Ebenso ist Selen, welches aus dem flüssigen Zustande direct in den erystallinischen Zustand übergeführt ist, was eintritt, wenn man Selen schmilzt und dann sehr lange in einer Tem- vom 17. Februar 1876. 105 peratur von 200 bis 210° erhält, nicht metallisch leitend, wie ich früher annahm, sondern verhält sich wie das bei geringerer Tem- peratur umgewandelte erystallinische Selen. Diese Crystallisation aus dem flüssiges Zustande geht äusserst langsam vor sich. Ein Glasrohr von 6 Mm. Weite, welches auf 2 seiner Länge mit Selen gefüllt war, wurde zugeschmolzen und in einem Paraffinbade erst eine Stunde lang zur Temperatur von 230° erhitzt. Die Tempe- ratur des Bades wurde dann auf 205° erniedrigt und mit Hilfe eines mechanischen Wärmeregulators während 24 Stunden unaus- gesetzt auf einer zwischen 205 und 208° schwankenden Temperatur erhalten. Beim Herausnehmen des Rohres erschien das Selen in demselben gänzlich erstarrt zu sein. Als es jedoch zerbrochen wurde, nachdem es schnell abgekühlt war, zeigte sich, dass nur der obere Theil der Masse grob crystallinisch war, während der untere Theil, etwa 4 der ganzen Masse, noch aus amorphem Selen bestand. Es wird der untere Theil des Bades, in welchem das Rohr sich in senkrechter Lage befand, wahrscheinlich etwas wär- mer gewesen sein als der obere und daher die Urystallisation von oben begonnen haben. Die Masse des crystallinischen Selens war blasig, was vielleicht damit zusammenhing, dass bei Öffnung des Rohres ein starker Geruch nach Selen-Wasserstoff sich verbreitete. Das Selen wie das Glasrohr waren zwar lufttrocken, doch waren keine Vorsichtsmaassregeln zur Abhaltung von Wasserdampf an- gewandt. Es wurde aus dieser crystallinischen Selenstange ein Cylinder geschnitten und dieser zwischen zwei mit einer Lage Kupferamalgam bedeckten Metallplatten eingespannt. Neben die- sem, in der beifolgenden Tabelle mit A bezeichneten Selenceylinder wurde ein ähnlicher aus crystallinischem Selen, das durch Er- hitzung des amorphen Selens auf 100° C. erzeugt war und die Bezeichnung D trägt, und eines dritten durch 1Ostündige Erhitzung amorphen Selens auf 200° erzeugten und mit C bezeichneten, der Widerstandsmessung unterzogen und die specifische Leitungsfähig- keit der Masse bei 15° C. — auf Leitungsfähigkeit des Queck- silbers als Einheit bezogen — gemessen. Diese Zahlen machen jedoch nur auf geringe Genauigkeit Anspruch, da, namentlich bei C, die einzelnen Bestimmungen erheblich von einander abweichen. 106... Gesammtsitzung A (Mod. IM) B (Mod. I) | € (Mod. I) Leitungs- 1 1 1 fähigkeit: 80000 Mill. 1.4 Bill. 4000 Mill. Im Folgenden wird stets Mod. I: Selen, welches wie Cylinder 2, Mod. II: Selen, welches wie Cylinder (, Mod. III: Selen, welches wie Cylinder A behandelt wurde, bezeichnen. Eine sehr merkwürdige Eigenschaft des erystallinischen Selens der Mod. II ist die von Adams beobachtete, dass seine Leitungs- fähigkeit mit der electromotorischen Kraft der zur Messung be- nutzten Batterie zunimmt. Bei den Versuchen der folgenden Ta- belle wurde ein durch lange Erhitzung auf 205° umgewandeltes Selengitter der Mod. II benutzt. Das Gitter wurde in Petroleum getaucht, welches durch umgebendes schmelzendes Eis auf der con- stanten Temperatur von 1,3° C. erhalten wurde. Zahl der Plemente 1 | 3]4 526 jez 8 | 9 1 Ablenkung des Spiegels | 98 196|298|400 507 615,726|838)950) 98 Berechnet 98 n. |98 |196/294|392)490 588,686 734/882 Differenz |0|o|&]|s |ız]27l40]54|es Da das mit den beiden Glimmerblättern, zwischen denen es lag, nicht viel über 0,5 Mm. dicke Gitter von Petroleum von con- stanter Temperatur umgeben war, so konnten die Messungen durch Erwärmung durch den Strom nicht sehr beeinträchtigt sein. Da Erwärmung bei der Selen Mod. II die Leitungsfähigkeit desselben vermindert, so könnten jedoch die gemessenen Werthe bei grösserer Zellenzahl vielleicht noch etwas zu klein ausgefallen sein. Bei höheren Temperaturen fällt die Steigerung der Leitungsfähigkeit mit wachsender electrom. Kraft etwas geringer aus. Als dasselbe Gitter auf 18° erhalten wurde, erhielt man; ; vom 17. Februar 1876. 107 Zahl der Elemente |1| Ablenkung des Spiegels |113]228)343|460|578|698|s18/938 | | = [3] Berechnet Differenz |0o|2|4|7|ı3|20|97|34 Die absoluten Werthe beider Versuchsreihen sind nicht vergleich- bar, da die Leitungsfähigkeit des Gitters sich am folgenden Tage geändert hatte und der Galvanometer-Nebenschluss ver- schieden war. Es scheint hiernach, dass diese Eigenthümlich- keit des Selens mit Annäherung an seinen Wendepunkt, der bei diesem Gitter zwischen 30 und 40° lag, mehr und mehr verschwin- det. Bei Selen der Mod. I, welches nicht höher wie 150° erhitzt ist, ist diese Erscheinung nur bei sehr geringen electromotorischen Kräften noch nachzuweisen. Werden Erwärmung und Veränderung der Leitungsfähigkeit durch andauernde Ströme vermieden, so bleibt die Leitungsfähigkeit bei Anwendung von 1 bis 15 Elementen bei ihm ziemlich unverändert. Da Adam’s Selenstange die Eigenschaften der Mod. II hatte, wahrscheinlich weil sie zufällig bei sehr hoher Temperatur aus amorphem Selen umgewandelt war, so ist er- ‚klärlich, dass er die Zunahme der Leitungsfähigkeit bei Anwendung grösserer eleetromotorischen Kräfte für eine allgemeine Eigenschaft des erystallinischen Selens hielt. \ Die gleiche eleetromotorische Kraft der benutzten Daniell’schen Zellen, welche bei diesen Versuchen sowohl wie bei allen späteren sehr constante Daniell’sche Ketten, sogenannte Pappelemente waren, ‘ ‚wurde vor Anstellung der Versuche constatirt. Es ist schon hervorgehoben, dass der galvanische Strom die Leitungsfähigkeit des Selens verändert. Diese Änderung geschieht stets in demselben Sinne, als wenn es durch den Strom erwärmt wäre. Es nimmt also durch dauernden Strom die Leitungsfähig- keit von Mod. I zu und die von Mod. II ab. Wäre aber die Er- wärmung der Selenmasse die Ursache der Veränderung, so müsste ‚die Veränderung den Quadraten der Stromstärke proportional sein und sie müsste weit geringer sein, wenn die Gitter durch ihre Um- gebung auf constanter Temperatur erhalten werdeu. Es ist dies ‘aber nicht der Fall. Die Versuche wurden mit gleichen Gittern gemacht, von denen das eine Mod. I, das andere Mod. II war. 108 Gesammtsitzung Die Ergebnisse derselben sind in Fig. 3 graphisch dargestellt. Beide Gitter befanden sich in Petroleum von der Temperatur der Luft. Mod. I wurde durch 12, Mod. II durch 3 eingeschaltete Daniell- sche Zellen dauernd durch den Gralvanometerdraht geschlossen. Die Abscissenaxe giebt die Zeit der Schliessung des Stromlaufes durch das Gitter in Minuten, die ÖOrdinatenaxe die beobach- teten Ablenkungen des Spiegels, dessen Ruhelage häufig con- trolirt wurde. Kurve 4 giebt die Leitungsfähigkeit des Gitters der Mod. I an und zwar wurde dieselbe hier, wie bei den übrigen Kurven, nach jeder Temperatur-Änderung von 5° beobach- tet. Wie ersichtlich, steigt die Leitungsfähigkeit fortwährend und zwar erst schnell und mit der Zeit immer langsamer, ‘so dass sie. sich asymptotisch einer Constanten zu nähern scheint. Die in den Kurven B und C dargestellten Versuche sind mit dem Gitter der Mod. II und 5 Zellen angestellt, und zwar war das Gitter bei der Versuchsreihe 3 in Luft von constanter Temperatur, bei Versuchsreihe der Kurve €, welche am folgenden Tage ausge- führt wurde, in Petroleum von nahe gleicher Temperatur. Da die electromotorische Kraft der benutzten Batterie nur 4 derjenigen war,-mit welcher die Versuchsreihe der Kurve A ausgeführt wurde, so müssen die Ordinaten der ersteren mit 4 multiplicirt werden, um mit denen der letzteren vergleichbar zu sein. Es ergiebt sich aus diesen Kurven, dass die Leitungsfähigkeit erst schnell, dann langsamer, fortwährend abnimmt. Nach Aufhören des Stromes nimmt das Selen nach Verlauf einer längeren Zeit seine frühere Leitungsfähigkeit nahe wieder an. Wäre die Erhit- zung der Selenmasse durch den Strom die Ursache der Verminde- rung der Leitungsfähigkeit, so müsste eine beträchtliche Verschieden- heit zwischen den Kurven 3 und € vorhanden sein. Wird die Richtung des Stromes durch das Selen umgekehrt, nachdem seine Leitungsfähigkeit durch den Strom bedeutend vermin- dert ist, so beobachtet man sehr veränderliche und schwer vorherzu- bestimmende Erscheinungen, die zum Theil von der mehr oder weni- ger vollständigen Umwandlung des Selens in Mod. I oder II, zum Theil von der Zeit, die seit der Umwandlung verflossen ist, abzuhängen scheinen. Manche Gitter sind nur geringen Einflüssen des Stromes unterworfen und zeigen auch nicht die geringste Polarisation, selbst wenn sie mit einer schnellgehenden Wippe darauf geprüft werden, Bei anderen tritt Polarisation auf, wenn die Stromstärke eine ge- vom 17. Februar 1876. 109 wisse Grenze überschreitet, bei noch anderen endlich tritt sie auch bei ganz schwachen eleetromotorischen Kräften schon auf. Bei diesen, gewöhnlich frisch umgewandelten Gittern sinkt die Leitungs- fähigkeit bei andauerndem Strome nach und nach bis auf einen ganz geringen Betrag, Kehrt man nun die Stromrichtung um, so erhält man keinen Polarisationsausschlag; die erste Ablenkung des Spiegels ist nicht grösser als sie vor der Umkehr war, fängt aber bald darauf an zu steigen und der Strom kann in wenig Minuten den 1000fachen Betrag des anfänglichen erreichen. Nach Über- schreitung des Maximums fällt die Ablenkung wieder und geht bei längerer Fortdauer des Stromes langsam wieder auf den ersten geringen Betrag zurück. Es schien zuerst, als wenn man es hier mit Peltier’schen Strömen, die durch Erwärmung und Abkühlung der Berührungsflächen zwischen Selen und Gitterdrähten durch den Strom hervorgerufen wären, zu thun hätte, doch ist dadurch das allmählige Ansteigen des Stromes nach der Umkehr nicht zu er- klären. Man wird aber lebhaft an die von Hittorf beschriebenen eigenthümlichen Erscheinungen erinnert, die derselbe beim Halb- Schwefelkupfer beobachtet hat. Dieselben sind in ähnlicher Weise auch bei fehlerhaften Unterseekabeln bemerklich, wenn sie durch vulkanisirtes Kautschuck oder Guttapercha isolirt sind, ferner bei den sogen. unipolaren Leitern, wie Seife ete., und sind hier auf eine eleetrolytische Änderung dieser Körper an den Contactflä- chen und in deren Umgebung zurückzuführen. Ganz absonderlich ist auch das Verhalten des Selens bei eintre- tendem Temperaturwechsel. Das Selen nimmt, sobald seine Tempe- ratur verändert ist, sofort eine dieser Temperatur entsprechende Lei- tungsfähigkeit an und zwar bei steigender Temperatur eine grössere, wenn es aus Mod. I, eine geringere, wenn es aus Mod. II besteht. Es behält aber diese Leitungsfähigkeit nicht dauernd. Bei Mod. II sinkt dieselbe nach jeder Temperaturänderung, mag dieselbe in einer Er- höhung oder einer Erniedrigung der Temperatur bestanden haben, und nähert sich erst schnell, dann langsamer einem Grenzwerthe. Je tiefer unter dem Wendepunkte die Temperatur liegt, die dem Selen ertheilt wird, desto grösser ist die Leitungsfähigkeit, die es sogleich annimmt, desto schneller und grösser ist aber auch der Rückgang derselben. Wird es später wieder auf die höhere Tem- peratur gebracht, so nimmt es allmählig die derselben entsprechende Leitungsfähigkeit wieder an, erreicht sie aber nicht vollständig 110 Gesammtsitzung wieder, wenn die Temperaturdifferenz beträchtlich war. Ist das Selen lange in der niederen Temperatur gewesen und seine Lei- tungsfähigkeit auf ein Minimum hinabgesunken, so kann die eigen- thümliche Erscheinung eintreten, dass eine Temperaturerhöhung im ersten Augenblicke eine Erhöhung der Leitungsfähigkeit bei der Mod. II hervorbringt, wenn die Leitungsfähigkeit bei der niedrigen Temperatur unter diejenige, die der höheren Temperatur zukommt, hinabgesunken war. Ist dann das Minimum für diese Temperatur eingetreten, so fällt dies aber wieder niedriger aus als das Mini- mum welches bei der höheren Temperatur eintrat. Sehr grosse Abkühlung, z. B. eine Temperaturerniedrigung auf —15°, scheint die metallische Eigenschaft der Mod. II gänz- lich zu zerstören oder drückt doch mindestens den Wendepunkt bis unter die Lufttemperatur hinab, so dass ein Gitter der Mod. II nach einer solchen Abkühlung die Eigenschaften der Mod. I zeigt. Bei Gittern der Mod. I sind diese Erscheinungen constanter. Die Leitungsfähigkeit geht bei Temperaturerhöhung so wie bei Tem- peraturerniedrigung erst schnell, dann langsamer direct auf die der betreffenden Temperatur zugehörige Grösse. Es ist hier noch eine Erscheinung hervorzuheben, der man bei den Versuchen mit Selen häufig begegnet und die sehr störend in die meinigen eingriff, ehe es gelang, die Ursache derselben zu erkennen oder doch wenigstens die Bedingungen festzustellen, unter denen sie eintritt. Während es in der Regel, wenigstens bei älte- ren Selengittern, bei denen die oben beschriebene Polarisation nicht mehr eintritt, für die. Widerstandsmessung ganz gleichgiltig ist, welches die Richtung des Stromes durch das Selen ist, tritt bis- weilen der Fall ein, dass die Widerstandsmessung bei der einen Stromrichtung viel grösser — bisweilen über doppelt so gross — ausfällt als bei der anderen. Es hat sich nun gezeigt, dass diese auffällige Erscheinung dann eintritt, wenn die Berührungsfläche zwischen dem Selen und den Zuleitungsdrähten sehr ungleich gross sind. Als ich zu Beleuchtungsversuchen beide Seiten eines etwa 4 Mm. dicken Selenplättchens der Mod II mit einem Drahtgitter aus 0,03 dieken Platinadrähten versehen hatte, die auf der einen Seite des Plättchens 1 Mm., auf der anderen 5 Mm. Abstand von einander hatten, zeigte sich, dass die Leitungsfähigkeit des Plätt- chens etwa doppelt so gross war, wenn das zwischen den beiden Drahtgittern eingeschaltete Element so angelegt war, dass der »om 17. Februar 1876. 1ll Kupferpol mit dem aus 10 parallelen Drähten bestehenden weiten Gitter, der Zinkpol mit dem aus 20 Drähten bestehenden engen Gitter von 4 Mm. Abstand verbunden war, als bei der umgekehrten Einschaltung. Bei zwei möglichst gleich angefertigten Doppelgittern der be- schriebenen Art, A und B, ergaben sich für die angegebenen Schaltungen die Leitungsfähigkeiten: Kupferpol am Kupferpol am Ver- 10drähtigen Gitter | 20drähtigen Gitter | hältniss Doppeleitter A 490 244 0,49 Doppelgitter B | 282 192 0,67 Es scheint hiernach, als wenn hier der Leitungswiderstand des Selens fast ganz von der Grösse der positiven Anode abhängig ist. Die früher bei gleich grossen Zuleitungsflächen beobachtete ähnliche Erscheinung erklärte sich danach einfach dadurch, dass beide nicht in gleich inniger, leitender Verbindung mit ‘der Selen- masse waren. Polarisation war in allen diesen Fällen nicht vor- handen. Bei Mod. I und dem aus flüssigem Selen erystallisirten, viel grobkörnigeren und besser leitenden Selen, welches wir Mod. III nennen wollen, hat sich diese Erscheinung nicht gezeigt. Durch die beschriebenen Versuche ist ersichtlich, dass das erystallinische Selen sich in seinem Verhalten gegen Wärme und Bleetrieität wesentlich von den anderen einfachen Körpern unter- scheidet. Mit dem Tellur und der Kohle hat es die abweichende Eigenschaft gemein, die Electrieität besser bei höherer Temperatur zu leiten, während alle übrigen einfachen, die Eleetrieität leitenden Körper, d. i. die Metalle, dieselbe bei niederer Temperatur besser leiten. Das Selen behält aber diese Eigenschaft nicht bei allen Tem- peraturen bei, sondern verliert sie bei längerer Erhitzung auf 200° C. und verhält sich dann der Electrieität gegenüber ebenfalls 112 Gesammtsitzung wie ein Metall, d. i. seine Leitungsfähigkeit nimmt mit der Abküh- lung zu. Dieser metallische Zustand des bei höherer Temperatur in den erystallinischen Zustand übergeführten amorphen Selens ist aber nicht stabil. Er bildet sich bei und nach der Abkühlung langsam wieder in den des nicht metallisch sondern electrolytisch leitenden, bei geringerer Temperatur crystallinisch gewordenen Selens zurück, bis auf einen im letzteren gelöst bleibenden Rest, dessen Grösse von der Höhe der Temperatur, bis zu welcher es abgekühlt wurde, abhängt. Da das Selen ein einfacher Körper ist, so können es nicht eigentliche chemische Verbindungen oder Umwandlungen sein, welche diese verschiedenen Zustände bedingen, und es liegt die Annahme nahe, dass es ein dritter allotroper Zu- stand ist, den das feste Selen bei längerer Erhitzung auf 200° C. annimmt, ein Zustand, der nur bei dieser Temperatur stabil ist und bei niedrigeren Temperaturen nur dadurch vor gänzlicher Zer- störung und Umbildung in electrolytisch leitendes Selen geschützt wird, dass es in diesem gelöst oder mit ihm verbunden ist. Es erklärt sich hierdurch das Auftreten eines Wendepunktes, bei dessen Überschreitung die metallische Leitung in die den Charakter der eleetrolytischen Leitung tragende übergeht, so wie das Herabsinken desselben mit der Zeit und der Temperaturerniedrigung. Diese Anschauung wird noch durch manche andere Erscheinungen und Analogieen unterstützt. Durch Arndsen!) ist nachgewiesen und anderseitig mehrfach constatirt, dass der Leitungswiderstand eines reinen festen Metalles nahe gradlinig vom absoluten Nullpunkte der Temperatur bis in die Nähe seines Schmelzpunktes steigt. Man kann dies auch so ausdrücken, dass der specifische Leitungswiderstand eines reinen, festen Metalles der absoluten Wärmemenge äquivalent ist, welche das Metall enthält. Einfache Metalle in festem Zustande können demnach keine latente Wärme enthalten und es ist nicht unwahr- scheinlich, dass grade hierin die Bedingung der metallischen Lei- tung zu suchen ist. Durch Matthiessen?) ist nämlich für Kalium und Natrium, durch mich) für Zinn direct, für Kupfer, Silber und 1) Pogg. Ann. Bd. 104, S. 1 u. Bd. 105, S. 148. ?) Pogg. Ann. Bd. 100, S. 177. gg. Ann. Bd. 189, S. 99. vom 17. Februar 1876. 113 Zink indireet nachgewiesen, dass durch Aufnahme der latenten Schmelzwärme eine sprungweise Erhöhung des Leitungswider- standes eintritt. - Diese Erhöhung beginnt schon in geringem Maasse vor der Schmelztemperatur und dauert nach Eintritt des flüssigen Zustandes noch fort — was man vielleicht durch eine schon beginnende und noch nicht ganz vollendete Schmelzung er- klären kann. — Nach meinen: früheren Versuchen, die für das Zinn in Fig. 4 graphisch dargestellt sind, würde die Widerstands- zunahme des Zinns nach Aufnahme der latenten Schmelzwärme etwa der ‚durch eine Temperaturzunahme um ca. 511° ©. hervor- gerufenen entsprechen. Rudberg!) giebt die latente Schmelz- wärme des Zinns auf 13,514, Person?) auf 14,25 an. Nimmt man die specifische Wärme des Zinns zu 0,051 an, so würde die absolute Wärmemenge des Zinns in der Nähe seines Schmelzpunktes ca. 25,5 Wärmeeinheiten betragen, wenn man die Veränderung der speeifischen Wärme in der Nähe des Schmelzpunktes ausser Be- tracht lässt, und die durch den Schmelzvorgang hinzutretende Wärmemenge dürfte nur einer Temperaturerhöhung von 259° ent- sprechen. Hiernach vergrössern beim Zinn latente und freie Wärme den Leitungswiderstand nicht in gleichem Maasse, sondern es ist der Einfluss der latenten Wärme nahe doppelt so gross wie der der freien, Wenn es hiernach auch nicht zulässig ist, den Arndsen’schen Satz dahin zu erweitern, dass der Leitungswiderstand der reinen Metalle allgemein, also auch im. geschmolzenen Zustande der ab- soluten Wärmemenge äquivalent ist, so bleibt es doch das am meisten characteristische Merkmal des Metalles, dass sein Leitungs- 'widerstand sowohl mit der Temperatur, als mit der latenten Wärme, die es aufnimmt, zunimmt. Es gilt dies auch von den Legirungen. Dass der Widerstand der sogenannten chemischen Legirungen grösser ist, wie der der gesonderten Metalle, aus denen sie be- stehen, erklärt sich dadurch, dass sie beim Erstarren latente Wärme zurückbehalten, wie durch Rudberg?) und Andere constatirt ist. Nimmt man die obige Definition für das Metall an, so kann Dezoze.! Ann. Bd. i19,,S. 133. 2) Pogg. Ann. Bd. 146, S. 300. N Plogg. Ann. Bd: 121, S..460. 114 Gesammtsitzung man Selen und Tellur und überhaupt solche andere einfache Körper, wie die Kohle, die die Electrieität zwar ohne Zersetzung leiten, deren Widerstand aber mit steigender Temperatur abnimmt, nicht zu ihnen rechnen. Da Selen aber nach längerer Erhitzung auf 200° bei dieser Temperatur metallisch leitet, so muss es in diesem Zustande als Metall angesehen werden. Die eingetretene Umwandlung kann, wie unter ähnlichen Umständen beim Phosphor, nur in einer Ab- gabe latenter Wärme gesucht werden. Man muss daher annehmen, dass das Selen im krystallinischen ebensowohl wie im amorphen Zustande eine allotrope Modification des metallischen, d. i. latente Wärme freien Selens ist, und dass es sich von den eigentlichen Metallen wesentlich dadurch unterscheidet, dass diese nur bei Ver- änderung ihres Aggregatzustandes, ersteres aber auch bei allen unter 200° liegenden Temperaturen latente Wärme aufnimmt. Es liegt die Vermuthung nahe, dass Tellur und Kohle sich ähnlich verhalten. Vielleicht werden spätere Untersuchungen er- geben, dass auch alle die Electricität nicht leitenden einfachen Körper allotrope Zustände ihrer, für sich nicht existenzfähigen, einfachen Radicale sind, d. i. im festen Zustande latente Wärme enthalten und aus diesem Grunde Nichtleiter der Electriceität sind, wie das amorphe Selen. Es wird durch diese Theorie allerdings nicht direct erklärt, wie es kommt, dass die auf der Grenze zwischen Metallen und Metalloiden stehenden Körper, wie Selen, Tellur und Kohle die Blectrieität mit steigender Temperatur besser leiten, obschon die Summe der enthaltenen Wärme grösser wird. Da aber beim Selen mit steigender Temperatur offenbar die Kraft, mit welcher es die in den festen Zustand mit übergeführte latente Wärme festhält, sich vermindert, derart dass es bei 80° schon beginnt einen Theil, bei 200° den Rest derselben abzugeben, so kann man annehmen, dass der electrische Strom den ihm durch die latente Wärme ent- Segengesetzten Widerstand um so leichter überwindet je geringer diese Kraft, mithin je höher die Temperatur ist). 1) Der Ausdruck, dass den Körpern eine Kraft beiwohnt, mit der sie die latente Wärme mehr oder weniger festhalten, ist nur bildlich zu nehmen. Nach der mechanischen Wärmetheorie kann man sich die Erscheinung, dass Körper bei bestimmten Temperaturen Wärme aufnehmen oder frei geben — 1F: vom 17. Februar 1876. 1115 Um an der Hand dieser Anschauung die eigenthümlichen und widerspruchsvollen Erscheinungen zu erklären, welche namentlich bei Mod. II, die danach als Lösung von metallischem in erystalli- nischem Selen zu betrachten wäre, beobachtet wurden, muss man ‘annehmen, dass ein wesentlicher Theil des Widerstandes des Selens in den Grenzschichten desselben an den Zuleitungsflächen seinen Sitz hat und dass diese Grenzschichten durch den electrischen Strom electrolytisch verändert werden. Diese Veränderung kann unter Umständen darin bestehen, dass das metallische Selen vom erystallinischen getrennt und dadurch vorübergehend oder dauernd zerstört und in erystallinisches oder amorphes umgewandelt wird. Durch Umkehr des Stromes, durch Temperatur und Zeit, welche alle auf allmählige Änderung dieses wenig stabilen Zustandes ein- wirken, kann nachher eine Rückbildung oder anderweitige Umbil- dung herbeigeführt werden, durch welche die Leitungsfähigkeit sich wiederum ändert. sei sie mit Änderung des Aggregatzustandes oder der Dichtigkeit verbunden oder nicht — nur so auffassen, dass die Körperelemente in eine veränderte Lage zu einander treten, zu deren Herbeiführung mehr oder weniger innere Arbeit im positiven oder negativen Sinne verbraucht wird, die dann als ver- schwindende .oder auftretende freie Wärme zur Erscheinung kommt. Diesen verschiedenen Molekularzuständen muss nun eine gewisse Stabilität zugeschrie- ben werden, die sich mit steigender Temperatur vermindert. Ist die Tem- peratur erreicht, bei welcher der Zustand keine Stabilität mehr hat, so tritt eine neue Gleichgewichtslage der Körperelemente ein, die wiederum zwischen bestimmten Temperaturgrenzen stabil ist. Der metallische Zustand eines festen Körpers wäre demnach derjenige, bei dessen Herbeiführung keine Arbeit ver- braucht ist — ein Zustand, welcher nur bei den Metallen stabil ist und wel- cher sie befähigt die Rlectrieität zu leiten und zwar in der Weise, dass der Leitungswiderstand der absoluten Temperatur proportional ist. Die electrolytische Leitung hätte man sich darnach so vorzustellen, dass die Electricität den metallischen Molekularzustand vorübergehend herbeiführte — was sie um so leichter und vollständiger bewirken kann, je weniger stabil der vorhandene Molekularzustand ist, also je höher die Temperatur ist. Da ge- schmolzene Metalle die Electrieität noch metallisch leiten, so muss man an- nehmen, dass durch die Schmelzung der metallische Character der gegen- seitigen Lage der Körperelemente nicht verloren geht, wie es bei den allo- tropen Modificationen ohne Veränderung des Aggregatzustandes der Fall ist. [1376] 9 116 Gesammtsitzung Eine eingehende Betrachtung und Klarstellung der speciellen Ursachen dieser Erscheinungen bedürfte weit eingehenderer und zeitraubenderer Versuche, wie es mir ihnen zu widmen möglich war. Sie sind aber wenigstens in einen gewissen ursächlichen Zu- sammenhang gebracht und es ist dadurch auch eine Grundlage für die Erklärung der räthselhaften Erscheinung gewonnen, dass die Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung zunimmt, eine Er- scheinung, welche die Veranlassung zu dieser Arbeit ist und ihre Fortsetzung bilden wird. Sehliesslich habe ich den HHrn. Dr. Frölich und Dr. Obach, welche die zahlreichen und zum Theil schwierigen und zeitrauben- den Versuche ausführten, von denen nur der kleinste Theil Auf- nahme in Obigem finden konnte, für ihre werthvolle Unterstützung zu danken. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Annales de la Societe entomologique de Belgique. Tome XVIII. Bruxelles 8100,48: 123, 124, 125, 126 Publication des litterarischen Vereins in Stuttgart (Tü- bingen). Tübingen 1875. 8. B. Budik, Mährens allg. Geschichte. VII. Bd. Brünn 1876. 8. Mit Be- gleitschreiben. Die Sammlungen der vereinten Familien- und Privat-Bibliothek S. M. des Kaisers. II. Bds. 1. Abth. Wien 1875. Fol. Mit Begleitschreiben. G. Berthold, John Toland und der Monismus der Gegenwart. Heidelberg 1876. 8. Überreicht von Herrn du Bois-Reymond. \d.W! 1816 a Ad ‚Uonatsbericht d.h 710 -700..103 95 90 80: 83 758 10 \ 35 60 65 135, 5400 8932.0,30 30- 25; SERIES an DENN EN 1250 105 300 Zee: So ee Tem — Fe, meer x u ra een een ee EIER Se je ei]e 2| je RS ee 5 SE = | | [ T | ui l ul I | u H u 1 / l. | T | - aupas | 7100 [ 250 a IT |- E ll iii | ı Feran TOT : | j AL4 | Äl 10 20 30 40 50 60 10 50 90 100 10120 730 740 150 160 170 180 190 200270 - A ie jazle] E Sa | so o 5oo| 450 400 350 300 250 200 150 700 i | | 700 400 5 300 250 200 7150 100 677) Monatsbericht d.EA d.W 1816: 1 S Se S S S Q [S} SUS SQ. Q ES S in N Ss 9 sa Ss I) & ® 23 S S 5) a N SS N 5 S Ss ERRER AN: vom 24. Februar 1876. 117 24. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Virchow las über die Grundlagen einer Ethnographie Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung von Friesland. Hr. W. Peters legte vor: eine zweite Mittheilung über die von Hrn. Professor Dr. R. Buchholz in Westafrica ge- sammelten Amphibien. Nachdem Hr. Buchholz von seiner mit so vielem Erfolg gekrönten naturwissenschaftlichen Reise an die Westküste Afrikas glücklich zurückgekehrt ist und seine letzten Sammlungen wohlbe- halten angelangt sind, kann ich auf seinen Wunsch die erste Mit- theilung über seine herpetologischen Sammlungen (s. Monatsberichte. 1875. p.196 fgg.) vervollständigen. Um die Übersicht zu erleich- tern, sind die neu hinzugekommenen Arten oder diejenigen, über welche neue Bemerkungen hinzugefügt sind, den Nummern der er- sten Mittheilung entsprechend aufgeführt. CHELONI. 5a. Sternothaerus derbianus Gray. — Ein mittelgrosses weibliches Exemplar mit entwickelten Eiern aus Dongila am Gabun. Diese Art ist dem St. sinuatus Smith aus Ostafrica zwar sehr nahe stehend, aber doch durch die von Gray angeführten Merk- male, auch durch die ganz schwarze Färbung des Sternums, leicht zu unterscheiden. 6. Trionyx triunguis Forskäl. — Ein ganz junges Exemplar aus dem Ogowe. 7. Cyeloderma Aubryi Dumeril. (Taf. Fig. 1.2.) Von dieser Art wurde ausser einem zweiten ausgewachsenen Exemplar während des Maimonats 1375 ein ganz junges Exemplar bei Limbareni im Ogowe gefangen, welches sich sehr durch seine eigenthümliche Färbung auszeichnet. Die Grundfarbe ist orangeroth. Auf dem Kopf und Halse befinden sich drei schwarze 9* 118 Gesammtsitzung Längslinien, eine mittlere und zwei seitliche, welche letztere von der Seite der Schnauzenspitze ausgehen; zwischen diesen stärkeren drei Längslinien bemerkt man noch jederseits eine schwächere, un- terbrochene. Die Submentalgegend ist braun. Das Rückenschild zeigt eine mittlere schwarze Längslinie, einen unregelmässigen seit- lichen Fleck und einige zerstreute Punkte von derselben Farbe. Der grösste Theil der Gliedmaassen, die Klappen und die angren- zende Gegend des Bauchschildes, der ganze hintere Theil des letz- teren, die Analgegend mit Einschluss des Schwanzes, eine breite Binde zwischen der hinteren und vorderen Extremität, ein grosser unregelmässiger Fleck auf jedem Episternale und ein kleinerer auf dem Entosternale sind ebenfalls von schwarzer Farbe. Diese Art, welche in der Schädelform sich aufs engste an die ostafricanische Art, C. frenatum, anschliesst, unterscheidet sich auch im jugendlichen Zustande leicht durch die einfache, nicht mit seit- lichen Vorsprüngen versehene Nasenscheidewand und die nicht bo- genförmig, sondern in einem Winkel vorspringende Oberlippe. Das Skelet des ausgewachsenen Thiers unterscheidet sich durch die viel breitere Interorbitalgegend und, wie bereits A. Dumeril bemerkt hat, durch die viel mehr ausgedehnten Rauhigkeiten der Bauch- schilder. Es kann daher keine Rede davon sein, beide Arten mit einander zu vereinigen, wie dieses von Gray (Handlist of Shield Reptiles. London. 1875. p. 76) geschehen ist. SAURI. 13. Tarentola Delalandii Dum. Bibr., aus Accra, ist aus Versehen als Hemidactylus aufgeführt worden. 19a. Gerrhosaurus nigrolineatus Hallowell. — Aus Dongila am Gabun und vom Cap Lopez. 21. Euprepes (Euprepis) Blandingii Hallowell. — Aus Eliva So- nanga am Ogowe und von Fernando Po. OrHmı. 36a. Python sebae Gmelin. — Cap Lopez. 31. Psammophis sibilans Lin. — Cap Lopez. 37. Hapsidophrys nigrolineata Fischer. — Vom Ogowe. vom 24. Februar 1876. 119 38. Thrasops pustulatus B.& P. = Thrasops flavigularis Hallowell Juv. Nach zwei anderen Exemplaren, welche durch die Africanische Gesellschaft aus Chinxoxo mir zugekommen und welche ganz übereinstimmend gezeichnet sind, aber nur 13 Schuppenreihen ha- ben, ist nicht daran zu zweifeln, dass das als Th. pustulatus aufge- führte Exemplar mit 15 Schuppenreihen nur eine Varietät dersel- ben Art ist. 39. Rhamnophis aethiops Günther. — Ein ausgewachsenes Exem- vom Ogowe. 4la. Philothamnus dorsalis. Leptophis dorsalis Bocage, Jorn. sc. math. phys. nat. extr. 1866. p. 33. Unterscheidet sich von PA. irregularis durch 1—1—1 Tem- poralschilder und durch eine schwarzbraune Längsbinde, welche über den ganzen Körper verläuft und auf der Mitte des Rückens drei Schuppenreihen einnimmt. — Vom Ogowe. 45...Dipsas pulverulenta Fischer. — Fernando Po. 53a. Heterolepis capensis Smith. — Limbareni am Ogowe. 56a. Naja annulata B.&P. n. sp. Kopf kürzer; Internasalia breiter als die Präfrontalia und mit der Mitte des vorderen längsten Randes des Anteorbitale zusammen- stossend; Frontale pentagonal, so breit wie lang; zwei Postorbi- talia, das unterste längste hinten an das erste obere Temporale und das 6te und 5te Supralabiale, vorn an das 4te Supralabiale stossend; Temporalia 2+3; sieben Supralabialia, das dritte und 4te an das Auge stossend, das 6te grösste ist doppelt so hoch wie lang, das 7te kaum grösser als das erste. Körperschuppen in 23 Längsreihen, 228 Abdominalia, ein ge- theiltes Anale, 75 Paar Subcaudalia. Der Kopf ist oben olivenbraun, unten weisslich, die Ränder der Schilder dunkler; so ist auch die Grundfarbe des Körpers. Auf dem Nacken zuerst eine winklig gebogene schwarze breitere Querbinde, dahinter eine kürzere unregelmässige; dann folgen auf dem Körper dreiundzwanzig breite schwarze Ringe, welche jedoch kürzer sind als der zwischen ihnen liegende Zwischenraum; sie 120 Gesammtsitzung sind ungefähr doppelt so breit auf dem Rücken als am Bauche; anfangs einfach, werden sie nachher durch eine hellere mittlere Querlinie oben in eine vordere und hintere Hälfte getheilt; die unmittelbar an sie anstossenden Schuppen erscheinen zum Theil heller, während die übrigen der Zwischenräume dunkelgerändert sind. Der Schwanz zeigt oben anfangs drei schwarze Querbinden, und ist nachher ebenso wie das ganze Ende ringsum schwarz; die übrigen Schuppen und Subcaudalschilder sind breit schwarz ge- rändert. Hr. Professor Dr. Buchholz fand ein einziges Exemplar die- ser merkwürdigen Art oder Abart in dem Dorfe Mbusu (Eliva Sonange am Ogowe). 58a. Vipera (Bitis) arietans Merrem. — Cameruns. 59. Vipera (Bitis) nasicornis Shaw. — Am Gabun. 60a. Atheris squamiger Hallowell.e — Cameruns; Limbareni am Gabun. BATRACHIA. 65. Xenopus calcaratus B.& P. — Aus Limbareni am Ogowe. Wurde von Hrn. Dr. Falkenstein auch noch südlicher in Chinxoxo gefunden, so dass die südliche Grenze dieser Art viel- leicht der Congo ist. 64. Rana Bibronii Hallowell. — Dongila am Gabun. 65. Bufo quineensis Schlegel. — Am Ogowe. 72. Hylambates viridis Günther. — Dongila am Gabun. 76. Limnodytes albolabris Hallowell. — Limbareni am Ogowe; Dongila am Gabun. Sla. HAyperolius olivaceus B.& P.n. sp. Trommelfell versteckt. Schnauze kaum länger als der Augen- durchmesser, mit abgerundeter Spitze über den Unterkiefer vor- springend. Nasenlöcher zu beiden Seiten hinter der Schnauzen- spitze. Die beiden äusseren Finger an der Basis durch eine vom 24. Februar 1876. 121 Schwimmhaut verbunden. Die Schwimmhäute an der dritten und fünften Zehe bis zar Haftscheibe, an der vierten längsten Zehe bis an die Basis des vorletzten Gliedes ausgedehnt. Bauch und Un- terseite der Oberschenkel dicht granulirt. 2 Oben olivengrün. Eine unregelmässig gezackte schwarze Linie von der unteren Seite des Unterkiefers ausgehend steigt in einem Bogen über die Achsel und verläuft dann bis zur Inguinalgegend, um dann an der vorderen Seite des Oberschenkels bis zum Knie und bis zur vierten Zehe zu gehen. Die vordere und hintere Seite der vorderen Extremität, sowie die hintere Seite der hinteren Ex- tremität ebenfalls mit einer schwarzen unregelmässigen Binde, wo- durch die olivengrüne Farbe der Oberseite von der gelbweissen der Unterseite geschieden wird. Totallänge 0,028; Kopf 0,011; Kopfbreite 0,009; vord. Extr. 0,016; Hand mit 5. Finger 0,007; hint. Extr. 0,037; Fuss mit 4. Zehe 0,017. Aus Limbareni am Ogowe. 81b. Hyperolius fimbriolatus B. & P. n. sp. Trommelfell versteckt. Schnauze kaum länger als die Schnauze, an der Spitze stumpfwinkelig, mit senkrechter Frenalgegend. Kör- per sehr schlank. Bauch an einem grösseren Exemplare granulirt, an einem kleinen glatt. Ausbreitung der Schwimmhäute wie bei der vorigen Art. Oben bräunlich, mit dicht gedrängten braunen Punkten, unten gelblich weiss. Eine schmale helle Binde beginnt auf der Schnau- zenspitze und verläuft über dem Auge und jederseits bis zu der Inguinalgegend. An jeder Körperseite unter derselben und paral- lel mit ihr eine zweite feine weniger deutliche und weniger ausge- dehnte weisse Linie. Totallänge 0,021; Kopf 0,008; Kopfbreite 0,007; vord. Extr. 0,013; Hand mit 3. Fing. 0,0055; hint. Extr. 0,029; Fuss mit 4. Zehe 0,0125. Aus Limbareni am Ogowe. 83. Arthroleptis calcarata Ptrs. — Dongila am Gabun. 54. Arthroleptis plicata Günther. — Dongila am Gabun. Die herpetologische Sammlung enthält daher 2 Crocodile, 6 122 Gesammtsitzung Schildkröten, 17 Eidechsen, 43 Schlangen, 2 Caecilien, 27 Frösche, Laubfrösche und Kröten, im Ganzen 97 Arten und Varietäten, von denen 13 Arten und 3 Varietäten neu sind und eine derselben einer neuen Gattung angehört.) !) Ich füge hier die Beschreibung von zwei Arten aus Liberia hinzu, welche sich in dem Berliner Museum befinden. 1. Hyperolius fusciventris n. sp. Trommelfell versteckt. Kopf breiter als lang. Schnauze kurz, breit und stumpf abgerundet. Rücken glatt, Bauch granulirt. Die äusseren Finger zur Hälfte, die übrigen an der Basis, die Zehen bis auf die beiden letzten Glie- der der vierten Zehe durch Schwimmhäute verbunden. Haftscheiben der Fin- ger und Zehen wohl entwickelt. Die Oberseite des Kopfes und Körpers, die Aussenseite des Oberarms, Vorderarms, des 4. und der Basis des 3. Fingers, eine schmale Linie längs dem Oberschenkel, die Aussenseite des Unterschenkels und des Fusses mit Einschluss der 5. und der Basis der 4. Zehe violet. Die Unterseite von dem Kinn an, einschliesslich der Unterseite der Gliedmassen bis zu der Basis der Hand und des Mittelfusses und ein über die Achsel herübergehender Bogen dunkelbraun. Der Rand der Oberlippe, eine unregelmässige, schärfer gegen die Bauchreihe abgesetzte Körperseitenbinde, die Grundhälfte der Vorderseite der Oberarme, der hintere Rand des Ober- und Unterarms, eine Linie an dem inneren Rande der Fusswurzel grünlich weiss. Die hintere und vordere Seite der Oberschenkel, zwei Drittel der inneren Seite des Unterschenkels fleischfarbig, mit schwarzbraunen staubförmig pigmentirten Rändern; äussere und innere Zehen farblos. Totallänge 0,028; Kopf 0,0085; Kopfbreite 0,0095; vord. Extr. 0,018; Hand mit 3. Fing. 0,008; hint. Extr. 0,0044; Fuss mit 4. Zehe 0,020. Aus Liberia; ein verblasstes Exemplar durch den verstorbenen Präsi- denten Benson (No. 6635. Cat. Amph. M. B.), ein Exemplar durch Hrn. Dr. H. Dohrn (No. 8668 Cat. Amph. M.B.). 2. Hyperolius vittiger n. sp. Trommelfell versteckt. Schnauze zugespitzt abgerundet; Rücken glatt, Bauch und Schenkelunterseite areolirtt. Die beiden äusseren Finger an der Basis, die Zehen bis zur Basis des zweitletzten Gliedes des 3. und ö., des drittletzten der 4. Zehe durch Schwimmhäute verbunden. Haftscheiben mäs- sig gross. Zwei dunkelbraune scharf begrenzte Längsbinden des Rückens beginnen spitz auf der Mitte der Schnauze und vereinigen sich über dem After. An IV vom 24. Februar 1876. 123 Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Cycloderma Aubryi Dum., ganz junges Exemplar in natürlicher Grösse, mit Benutzung der von Hrn. Prof. Dr. R. Buchholz nach dem Leben entworfene Farbenskizze. Fig. 2. Dasselbe von unten. Hr. Helmholtz legte hierauf folgende Mittheilung des Hrn. Dr. Zincken gen. Sommer, Director der polytechnischen Schule in Braunschweig, vor: Über die genaue Darstellung der Brechung eines Strahls durch ein Linsensystem und die dafür geltenden Brenn-, Haupt- und Kreuzungspunkte. Eine beliebig begrenzte Linse, innerhalb welcher einem Licht- strahle von bestimmter Brechbarkeit der absolute Brechungsindex n zukommt, sei von zwei Medien umgeben, für welche der- selbe Lichtstrahl die Brechungsindicees m und m, besitzt. Der jeder Seite des Körpers eine ebensolche braune Längsbinde, welche an der Seite der Schnauzenspitze beginnt, durch das Auge geht und über dem Kör- perende mit den Rückenbinden zusammenfliesst. Zwischen diesen vier brau- nen Längsbinden drei silberglänzende, auf der Schnauze zusammenfliessende Binden, welche rosenroth angeflogen sind. Auf der Oberlippe unter dem Nasenloch beginnt eine silberglänzende Linie, welche sieh an der Körperseite - verliert. Oberarm aussen braun mit einer unregelmässigen Reihe kleiner sil- berglänzender Punkte. Vorderarm an der Aussenseite mit einer silberglän- zenden Binde, welche sich nach vorn und hinten gegen die braune Färbung scharf absetzt und auf der Aussenseite des 4. Fingers verliert. Die braune Aussenseite des Oberschenkels durch eine helle Linie von der heller braunen Hinterseite abgesetzt. Unterschenkel vorn und hinten braun, mit einer sil- berglänzenden vom Knie beginnenden Längsbinde auf der Aussenseite. Aus- senrand des Fusses bis zur Spitze der 5. Zehe braun mit einer unregelmäs- sigen unterbrochenen Linie silberglänzender Punkte; Unterseite weisslich. Totallänge 0,0275; Kopflänge 0,0083; Kopfbreite 0,0075; vord. Extr. :0,016; Hand mit 3. Finger 0,007; hint. Extr. 0,0345; Fuss mit 4. Zehe 0,0155. Aus Liberia, durch Hrn. Dr. Dohrn (No. 8669 Cat. Amph. M. B.). 124 Gesammtsilzung die Linse treffende Strahl habe irgend welche Lage; der Ein- fallspunkt, der Einfalls- und der Brechungswinkel werde für die erste brechende Fläche mit A, 9, ,Y, für die zweite mit A,Y:9, bezeichnet. Auf den Einfallslothen mögen beliebige Punkte R resp. R, (für welche, wenn Kugelflächen die Linse be- grenzen, auch deren Mittelpunkte gelten können) angenommen wer- den; die Strecken AR und A,R, sollen durch r resp. r, bezeichnet und positiv vorausgesetzt werden, wenn R resp. R, auf der der Linse zugewendeten Seite der FEinfallslothe liegen. Setzt man nun F=r:(ncosY — meosg) , f, = r,: (ncos/, — m,cosgQ,) und zieht durch R und R, Parallelen zu den an den zugehörigen Flächen einfallenden und gebrochenen Strahlen, welche mit diesen Strahlen selbst in N und M, resp. in M, und N, zum Durchschnitte kommen, so ergeben sich die Parallelogramme MANR und N A,M.R,, in denen dem Brechungsgesetze zufolge AM:m =AN:n=f. AM:m = AN: n 7 ist. Wird endlich AA,:n durch d, die Achse RR, durch p be- zeichnet, so lassen sich aus diesen, der vorliegenden allgemeinen Brechung entnommenen Grössen ganz ähnliche Ausdrücke zusam- mensetzen, wie sie von Gauss und Listing zur Bestimmung der von ihnen eingeführten Punkte für die Brechung längs der Achse aufgestellt wurden. m.f und m,.f sollen die erste und zweite Brennweite heissen, wenn die Hauptpunkte sollen durch die Werthe e=fa:f, ,„ , =fd:f, (1) die Kreuzungspunkte durch | J i=fp:f, ’ = [p:f bestimmt werden. Der erste einfallende Strahl werde von RN, in F, von der durch A, zu RN, gezogenen Parallelen in E geschnit- ten; der durch die Linse gebrochene Strahl liefere mit R,N den Schnittpunkt F), mit der durch A zu R, N gezogenen Parallelen vom 24. Februar 1876. 125 den Schnittpunkt FE, dann sollen F und F, die Brennpunkte, E und E, die Hauptpunkte der Strahlen heissen, und da NEN (AN LAN —AA)n = / th - a=ff:! ist, so ergiebt sich: ARE AN JA AN N — me | EF | AM.AN:NN = AE,= AM:.AA:NN = ER = AM.AN:NN= | — Werden durch Fund F) Parallelen zu A,M, resp. AM gelegt, welche die Achse RR, in J und J,, den Kreuzungspunkten, schnei- den, so wird FI=RN.RF:RN = AM.AN:NN FI=RN.RF:RN=AM.AN:NN RJI=RR.FJ:AM —i RBJ,=RR.FJ:AM=i | Beschränkt man die Betrachtung, wie Gauss gethan, auf Strahlen, welche unendlich wenig von der Achse abweichen, für welche also im Grenzfalle 9, /, \/, und p, gleich Null, f—= r:(n—m) und /, = r,:(n—m,), so rücken die Brenn- und Hauptpunkte der Achse unendlich nahe, und aus den Gleichungen (1, 2, 5) ist fer- ner zu ersehen, dass die erwähnten wie auch die Kreuzungspunkte mit den bisher bekannten zusammenfallen. Dass auch die von Gauss und Listing entwickelten Gesetze der Brechung bei der hier versuchten allgemeinen Auffassung der Sache unmittelbar, nur in erweiterter Form, wiederkehren, ist leicht nachzuweisen. Gesammtsitzung 126 vom 24. Februar 1876. +27 Da FJ gleich und parallel #,F, E,J, gleich und parallel EF, so ist auch JE gleich und parallel JE, und das Dreieck JEF congruent dem Dreiecke J,E,F,; beide liegen in parallelen Ebenen und werden verbunden durch das Parallelogramm EJJ, E,, dessen Ebene Hauptebene, dessen Gegenseiten EJ und E,J, Hauptlinien heissen mögen. Bezeichnet man mit # den bei der Brechung durch die Linse sich ergebenden Ablenkungswinkel, so werden die Ent- fernungen des ein- und austretenden Strahls von den Kreuzungs- punkten m,.fsinz und m.fsinz. Hiernach lassen sich folgende Behauptungen aufstellen: Die Entfernungen des einfallenden und des durch die Linse gebrochenen Strahls von den zugehörigen Kreuzungspunkten, ebenso die Sinus der Winkel, welche jene Strahlen mit den Hauptlinien resp. der Hauptebene bilden, verhalten sich wie m,:m, d. h. wie die Brechungsindices der Medien hinter und vor der Linse. Diese Winkel und ebenso die erwähnten Entfernungen werden daher un- ter einander gleich, wenn die Linse beiderseits von demselben Me- dium umgeben ist. Umgekehrt ist der Sinus der Ablenkung, welche ein Strahl durch die Brechung erfährt, gleich seiner Entfernung vom ersten Kreuzungspunkte dividirt durch die zweite Brennweite; eine Rich- tungsänderung durch die Brechung findet nur dann nicht Statt, wenn der eintretende, und demnach auch der gebrochene Strahl durch den ihm zugeordneten Kreuzungspunkt geht. Eine der Gauss’schen entsprechende Construction des aus- tretenden Strahls lässt sich ausführen, sobald der einfallende Strahl, die zugehörigen Brennweiten und Kreuzungspunkte gegeben sind; da RJ=m.|, FE=m.|, EB, gleich und parallel JJ,, so können der Reihe nach F, E, E, aufgefunden werden und durch E, ist parallel zu FJ der gebrochene Strahl zu legen. Sowie man übrigens schon bei einer einzigen brechenden Fläche von Brenn-, Haupt- und Kreuzungspunkten in dem hier aufgestell- ten, Sinne hätte reden können — für die erste Brechung wären M und N die Brennpunkte, in A fielen die Haupt-, in R die Kreu- zungspunkte zusammen — so wird man auch auf die Brechung eines Strahls durch irgend ein System von Medien, vorausgesetzt, dass eine Gerade — die Achse — existirt, welche die sämmtlichen Einfallslothe schneidet, oder durch irgend ein System von- Linsen 128 Gesammisitzung ınit gemeinschaftlicher Achse die hier besprochenen Definitionen und Sätze ausdehnen können. Endlich gestatten diese Betrachtungen eine rein geometrische, und zwar die folgende Definition der in Rede stehenden Punkte: Die Kreuzungspunkte sind Schnitte der Achse mit demjenigen Paar paralleler Ebenen, welches durch den eintretenden und den gebrochenen Strahl gelegt werden kann. Der Haupt- und der Brennpunkt eines Strahls ergiebt sich als Schnitt desselben mit demjenigen Paar paralleler Ebenen, welches durch den andern Strahl und die Achse gelegt werden kann. Ich behalte mir vor, in einer ausführlichern Schrift den Ge- senstand analytisch zu behandeln und seine nächsten Consequenzen darzulegen. Ferner legte Hr. Helmholtz folgende Abhandlung des Hrn. Wernicke vor: | Über die Bestimmung der Constanten für die Absorption des Lichtes im metallischen Silber. Die Aufgabe der Bestimmung der Absorptionsconstanten eines metallisch undurchsichtigen Körpers zerfällt in drei Theile, nämlich 1) in die Herstellung homogener planparalleler Schichten des zu untersuchenden Körpers; 2) in die Messung des absorbirten Lich- tes; 3) in die Bestimmung der Dicke der dünnen Schichten. 1. Herstellung der Silberschichten. Bereits in einem früheren Aufsatze!) habe ich mitgetheilt, dass die Dicke einer zur Messung der Absorption brauchbaren dünnen Schicht nicht unter einer gewissen Grenze liegen darf; diese Grenze ist dadurch bestimmt, dass eine weitere Vergrösserung der Dicke 1) Diese Berichte, 19. Nov. 1874. S. 728. vom 24. Februar 1876. 129 keine Veränderung in der Intensität oder Phasenänderung des re- fleetirten Lichtes mehr hervorbringen darf. Dieser Umstand ist für die Wahl des photometrischen Apparates massgebend, von wel- chen derjenige der beste ist, welcher möglichst wenig Licht fort- nimmt. Das Spectrometer mit Doppelspalt entspricht bis jetzt allein jener Anforderung. Dieser Apparat aber giebt nur dann Sute Resultate, wenn die zu vergleichenden Spectralfelder scharf aneinander grenzen. Um den durch Refleetion entstehenden Licht- verlust zu eliminiren und den durch die Absorption bewirkten al- lein zu erhalten, wende ich zwei Schichten von verschiedener Dicke an, welche gleiche Lichtmengen reflectiren. Die scharfe Trennungs- linie erreiche ich dadurch, dass ich die beiden Schichten selbst scharf aneinander stossen lasse. Dies habe ich beim Silber durch zwei ganz verschiedene Methoden bewirkt. \ Nach dem einen Verfahren wird ein frisch hergestellter Glas- silberspiegel durch eine Glasplatte mit geradliniger scharfer Kante zur Hälfte bedeckt und die unbedeckte Hälfte durch Hinzufügen neuer Versilberungsflüssigkeit verstärkt. Diese Methode erfordert eine genaue Kenntniss der Eigenschaften alkalischer Silberlösungen, deren Beschreibung hier zu weit vom Thema abführen würde; die andere Methode verlangt jene Kenntniss nicht und kann mit jeder guten Silberschicht ausgeführt werden. Den trockenen, polirten Spiegel bedecke ich zur Hälfte durch eine ebene Glasplatte mit geradliniger Begrenzung und bringe dann die unbedeckte Silberfläche mit Joddämpfen in passender Weise in Berührung. In einigen Minuten ist eine scharf begrenzte dünne Jodsilberschicht auf der Hälfte des Silberspiegels gebildet. Ihre Stärke wird nach der Farbe des refleetirten Lichtes beurtheilt; dieselbe kann zwischen Goldgelb und Stahlblau erster Ordnung variiren; dünnere Jodsilberschichten zu erzeugen als solche, die Goldgelb erster Ordnung, und dickere als solche, die Stahlblau zeigen, ist nicht zweckmässig. — Nach der Jodirung bleibt die Platte 12 bis 24 Stunden im Dunkeln liegen und wird dann in eine concentrirte Lösung von Rhodankalium oder statt dessen auch in eine Lösung von unterschwefligsaurem Natron (1) in Wasser (5) getaucht; eine jede dieser Flüssigkeiten löst die dünne Jodsilber- schicht fast momentan auf. Der mit Wasser gut gespülte und ge- trocknete Silberspiegel lässt, bei refleetirtem Lichte betrachtet, in der Regel durch Nichts erkennen, dass er aus zwei verschieden 130 Gesammlsitzung dieken Schichten besteht. Zuweilen aber, namentlich wenn die Jodirung bei hoher Lufttemperatur vorgenommen und das Licht nicht hinreichend ausgeschlossen war oder die zur Auflösung des Jodsilbers benutzten Salze bereits starke Zersetzung erlitten hat- ten, ist die dünnere Schicht durch einen schwach bräunlichen Ton von der stärkeren zu unterscheiden. . Derselbe verschwindet jedoch durch Poliren der ganzen Platte mit weichem Leder und einer Spur von geschlämmtem Eisenoxid vollständig. Die nach der einen oder der andern Methode dargestellten Schichtenpaare sind durch eine scharfe Linie getrennt, welche nur im durchgehenden Lichte erkennbar ist. 2% Messung des absorbirten Lichtes. - Eine im Vorigen beschriebene, mit zwei verschieden starken, sonst aber völlig identischen Silberschichten bedeckte Spiegelglas- platte wird nun, normal zur Collimatorachse, so vor den Doppel- spalt des Spectrometers gestellt, dass die Trennungslinie der Schich- ten mit.der Trennungslinie der beiden Spaltöffnungen zusammen- fällt, und dann das Beobachtungsfernrohr auf den Doppelspalt ein- gestellt. Letzteres trägt im Ocular den bereits früher beschriebe- nen schmalen Ocularspalt, welcher nur das zu messende, hinrei- chend homogene, Licht ins Auge gelangen lässt. Die Breite derjenigen Hälfte des Doppelspaltes, welche von der dickeren Silberschicht bedeckt wird, werde zur Einheit genom- men, die Breite der andern sei 5, nachdem beide Lichtintensitäten gleichgemacht sind. Die Zahl 5 wird unmittelbar an der Trommel der Mikrometerschraube des Spaltes abgelesen, die zugehörige Wel- lenlänge bestimmt sich durch die Ablesung am getheilten Kreise des Speetrometers. Ist nun k die durch eine Schicht metallischen Silbers von der Dicke Eins durchgehende Lichtmenge, die eintretende zur Einheit genommen, und d die Dickendifferenz der beiden Silberschichten, so hat man be ke, (a) also log] logk — —-. (2) vom 24. Februar 1876. 131 Nach den Bezeichnungen der Theorie aber ist die Intensität des durch eine Schicht von der Dicke Eins durchgehenden Lichtes k=e’'%9, (3) worin % die Wellenlänge des betrachteten Lichtes in Luft bedeu- tet. Aus den Gleichungen (1), (2), (3) erhält man, unter logb den Brigg’schen Logarithmus, unter W den Modul loge — 0,43429 verstanden, ? logbd ge @) Die Grösse g ist, weil logb negativ, stets positiv; sie wird von den Nachfolgern Cauchy’s, namentlich von Beer und Eisen- lohr, welche sie für verschiedene Metalle und für die verschiede- nen Farben des sichtbaren Spectrums aus den Cauchy’schen For- meln der Metallreflexion berechnet haben, Extinetionscoäffieient ge- nannt. Nach Bunsen aber wenden die Physiker das Wort Ex- logb d namentlich dadurch wesentlich von 9 verschieden ist, dass sie die Wellenlänge % nicht enthält. Aus diesen Gründen einerseits, und andererseits, weil die Grösse g stets mit dem Brechungsindex auf einer Linie steht und mit diesem die optischen Eigenschaften eines Körpers bedingt, nenne ich sie Extinetionsindex. Die Bestim- mung dieser Absorptionsconstante erfordert also zufolge der Glei- chungen (2) oder (4) ausser der Messung der Lichtintensität noch die Kenntniss der Dickendifferenz d der beiden Schichten. tinetionscoäfficient für die Grösse — logk — — an, welche Bestimmung der Dicke der Schichten. Die Diekendifferenz d darf in jedem Falle höchstens den vier- ten Theil der Dicke der dünneren Schicht (oder noch nicht den zehnten Theil einer Lichtwellenlänge in Luft) betragen; ist sie grösser, so erhält man für die an verschiedenen Schichtenpaaren bestimmten Absorptionsconstanten abweichende Werthe. Dieser Umstand, verbunden mit der Schwierigkeit, grosse Glasflächen mit einer an allen Punkten gleich starken Silberschicht zu belegen, [1876] 10 132 Gesammtsitzung lässt die Bestimmung der Grösse d durch direete Wägungen un- zweckmässig erscheinen. ‘Man ist daher genöthigt, das Silber der dünnen Schichten in eine durchsichtige Verbindung dieses Metalls zu verwandeln und dann die Dicke der gebildeten durchsichtigen Schichten auf optischem Wege zu bestimmen. Die hierzu geeignet- ste Verbindung des Silbers ist das Jodsilber; die Jodsilberschich- ten werden einfach dadurch hergestellt, dass man die Silberschich- ten den absteigenden Dämpfen des Jods bei gewöhnlicher Tempe- ratur aussetzt. Zur Bestimmung der Dicke der Jodsilberschicht hat Quincke ein Verfahren benutzt, welches in der Vergleichung der Newton’schen Farben der Jodsilberschicht mit den entspre- chenden Farben einer dünnen Luftschicht beruht; dies Verfahren enthält nur in sofern eine Ungenauigkeit, als die beträchtliche Di- spersion des ‚Jodsilbers vernachlässigt wird, und ist nur für sehr dünne Schichten brauchbar; für stärkere, mehrere Wellenlängen dicke Schichten, welche mit wachsender Dicke die Newton’sche Farbe wenig ändern, hört die Anwendbarkeit auf. Die Methode, ‘welche ich im Folgenden mittheile, ist von. je- nem Fehler frei und auch für die stärksten Schichten anwendbar. Die durch Jodirung eines Glas-Silberspiegels erhaltene Jod- silberschicht setze ich normal zur Collimatorachse vor den Spalt eines Speetrometers. Durch eine Seitenöffnung des Collimatorrohrs fällt Sonnen- oder Petroleum-Licht auf eine im Innern des Rohrs angebrachte und gegen die Achse um 45° geneigte Glasplatte, wel- che es durch den Spalt auf die Jodsilberschicht wirft. Das an beiden Grenzflächen derselben normal refleetirte Liehtbündel gelangt durch den Spalt in das Speetroskop zurück und wird durch das Prisma zu einem Spectrum ausgebreitet. In diesem Spectrum sind diejenigen Farben geschwächt oder ausgelöscht, deren halbe Wel- lenlänge ein genauer Theil der Dicke der Jodsilberschicht ist; das Speetrum ist in Folge davon mit dunklen Streifen durchzogen. Ist D die Dicke der Schicht, ! die Wellenlänge eines Strei- fens für Licht im Jodsilber, m irgend eine ganze positive Zahl, so ist genau DE — dml, weil eine merkliche Phasenänderung bei der normalen Reflection am Jodsilber, wie ich an anderer Stelle!) gezeigt habe, nicht statt- 1) Diese Berichte, 4. Nov. 1875, S. 678. “ vom 24. Februar 1876. 133 findet. Erscheinen nun im Speetrum eine Anzahl Streifen, deren Wellenlängen in Luft 1. ?g, ?, ... sind, und bedeuten n,, N, nz. die entsprechenden Brechungsindices des Jodsilbers, so bestimmt sich die Dieke D der Schicht genau durch eine jede der Gleichun- gen: mA (m-+-1)% _ (m+2)%s an : IN, Un: 1 2 3 0 (5) Die Ordnungszahl m ist durch die Lage und Anzahl der Streifen, wie ich alsbald ausführlich zeigen werde, gegeben; die A werden durch die Ablesungen am Kreise des Speetrometers bestimmt. Die einzigen noch unbekannten Grössen sind die Brechungsindices n des Jodsilbers. Aus den Gleichungen (5) folgt m mM Nn— em je. (6) d. h. kennt man den Brechungsindex n, für eine einzige Wellen- länge, so können alle übrigen durch Messungen der Lage der In- terferenzstreifen im Speetrum bestimmt werden. Ich habe nun für eine grosse Anzahl verschiedener Jodsilber- schichten von allmälig wachsender Dicke die Wellenlängen der Streifen festgestellt, und gebe die Resultate dieser Messungen, ohne irgend eine Correction, in den folgenden vier Tabellen. In denselben bedeuten die Zahlen 2, 3,.... über jeder Colamne die Ordnungszahlen m, m-+-1, ...; jede Horizontalreihe giebt die in Milliontel Millime- tern ausgedrückten Wellenlängen % der Interferenzminima an, wel- che eine Jodsilberschicht von bestimmter Dicke zeigt. Dünnere Schichten als solche, für welche m den Werth 2 hat, dienten zur Bestimmung der Ordnungszahlen, sind aber in den Tabellen nicht aufgeführt. 10* (SS) Gesammtsitzung © 959 994 596 601 602 605 605 609 610 618 619 621 623 624 629 632 636 639 641 654 662 669 669 700 vom 24. Februar 1876. Tab. 4. 5 6 468 | 433 469 | 433 470 | 433 476 | 436 486 | 440 486 | 441 a88 | 443 494 | 445 496 | 448 497 | 448 500 | 449 501 | 450 512 | 455 517 | 457 516 | 458 519 | 458 519 | 459 594 | 461 525 | 463 528 | 462 529 | 465 539 | 466 532 | 466 537 | 470 136 Gesammtsitzung Die Tabellen 1—4 haben einen doppelten Zweck; einmal dienen sie zur Bestimmung der Ordnungszahlen der Interferenz- minima irgend einer gegebenen Jodsilberschicht, deren Dicke sie- ben halbe Wellenlängen des Lichts im Jodsilber (ungefähr 3 halbe Wellenlängen in Luft) nicht erheblich übersteigt; zweitens dienen sie zur Ermittelung der Brechungsindices des Jodsilbers für die verschiedenen Wellenlängen. Für Natriumlicht habe ich früher!) den Brechungsindex durch das Minimum der Ablenkung bei kleinen Prismen aus geschmolze- nem Jodsilber zu 2,15 bestimmt. Directe Wägungen homogener Schichten auf dünnem Glase führten zu einer mit jener hinreichend übereinstimmenden Zahl. Aus den Zahlen der Tabellen 1—4 berechnen sich nun mit Hülfe der Gleichungen (6) durch ein einfaches Ausgleichungs- und Interpolations-Verfahren die folgenden, in Tab. 5 dargestellten, Werthe für die Brechungsindices der Jodsilberschichten. Die mit ?%. überschriebenen Zahlen geben die Wellenlängen in Luft, ausgedrückt in Milliontel-Millimetern, die mit n überschriebe- nen die zugehörigen Brechungsindices an. !) Pogg. Ann. Bd. 142, S. 560. vom 24. Februar 1876. 137 Tab. 5. Ga 2,1471, 540: ,7.2,219,17450,..,2 650, 12 2.150 | 2530: .2,223.||.456, 41.2, 645 | 2.152 |, 530. ,.1-2,228: || 4557. |. .2,386 640. 2,154 | 1525 |, 2,233 |" 454. 2,392 BB 2157| 520. | 2,2895 | 458 1,.2,397 620 12,159 || 315.27). 2,945) |\..452 |. 2,404 | 2 1@l 1.520: 12,253] 451.6. 2,410 620 | 2,163 || 505 ::.1,x2,261 || 450 |". 2,416 615 | 2,165 || 500° | 2,269 || 449 | 2,493 ei | 2,167 | ‚A905 | 29q8\| 448 | 2,499 605 | 2,170 | 490° 12,286 || 447 | 2,436 600 | 2,174 || 485 | 2,295 || 446 | 2,444 595 | 2,177 ||" 480 | 2,304 || 445 | 2,452 590° | 2180. | a75 172,315 | 444 | °2,460 585. | 2,183 | 470 | 2,328 || 443 | 2,469 20 ale des, | 23150 149 12,419 505 |, 2,191. |0 A6A | 2,3498 | 441. | 2,489 500 2,194 | A463 | 2,352 |. 440 | 2,499 Bol | 460 2356| 439 | 2511 560 |x2,202 | 461 | 2,359 | 438 | 2,526 555 | 2,206 | 460 | 2,363 | 437 |,2,544 550 | 2211 || A593 | 2367 | 436 | 2,565 Ba 2915| Ans 112,302 \ 135. | 2,585 Um die Dicke einer gegebenen Jodsilberschicht zu bestimmen, hat man nur nöthig, die Lage eines Interferenzstreifens im Spec- trum zu messen. Wer dergleichen Messungen anstellt, muss ein für alle Mal die zu den Winkelablesungen des Speetrometers ge- hörigen Wellenlängen wenigstens von 2 zu 2 Minuten feststellen. 158 Gesammtsitzung Aus den Tabellen 1-—4 entnimmt man dann die Ordnungszahl m des Streifens, und aus Tab. 5 den zu 7. gehörigen Brechungs- index n des Jodsilbers; die Gleichung (5) giebt die Dicke der Schicht m». D=--—. (7) 23n Es ist klar, dass die Methode die Dicke der Jodsilberschicht auf so viel verschiedene Weisen zu messen erlaubt, als Streifen im Interferenzspectrum der Schicht vorhanden sind. Die verschiede- nen Messungen dienen einander zur Oontrole. Das specifische Gewicht des Jodsilbers nehme ich, meinen Versuchen zufolge, zu 5,712 an; das des Silbers ist 10,50. Da 108 Gr. Silber stets 235 Gr. Jodsilber bilden, so ist die Dicke d’ einer Silberschicht, aus welcher eine Jodsilberschicht von der Dicke D entsteht, bestimmt durch die Gleichung 108.5,712 235.10,50 = (8) Bedeutet d die Dickendifferenz zweier Silberschichten, welche nach der Umwandlung des Silbers in Jodsilber zwei Jodsilberschichten von der Dicke D, und D, liefern, so hat man wegen der Bezie- hung (7) beachten wir ferner, dass der Zahlenco£fficient in (8) erst in der 6ten Decimalstelle vom Werthe 4 abweicht, so erhalten wir für die Dickendifferenz d zweier zur Bestimmung der Absorption an- wendbarer Silberschichten den einfachen Ausdruck A Ag d= in (" — *). (9) Hierin bedeutet %, die Wellenlänge (in Luft) eines Interferenzmi- nimums von der Ordnung m für die dickere, %, dieselbe Grösse für die dünnere Jodsilberschicht; n, und n, sind die zu A, und ?2, gehörigen Brechungsindices des Jodsilberss. Nur 7, und ?, sind durch die Messung am Spectrometer zu bestimmen; m, n,, n, sind den Tabellen 1—3 und 5 zu entnehmen. vom 24. Februar 1876. 139 Die Gleichungen (4) und (9) liefern, in Verbindung mit den Tab. 1—5 alle Elemente, welche zur vollständigen Bestimmung der Absorptionsconstanten nothwendig sind. 4. Numerische Werthe der Absorptionsconstanten. Ä Die letzten drei Horizontalreihen der Tab. 6 enthalten für fünf Paare von Silberschichten, welche durch die römischen Zahlen I, II, ... bezeichnet sind, die Zahlenwerthe der Dicken d, und d, je- der einzelnen Schicht und der Dickendifferenzen d, — d,; = d; die ersten vier Reihen geben die Werthe der Grössen, welche zufolge der Formel (9) zur Berechnung von d erforderlich sind. Alle Zah- len der Tabelle 6, mit Ausnahme der abstracten m, n,, 2,, haben die Benennung Milliontel Millimeter. Tab. 6. m u... Te | IV v | | m le | 1 | 607 || 525. || 565 | 520 || 485 2 as || 460 | 496 475 |: 465 m | 2,168 | 9,233 || 2,197 || 2,239 | 2,295 n, | 2,187 | 2,363 | 2,276 j 21315 | 2,345 a | 105,2 || 88,1 | 96,4 | 87,1 || 105,7 2 m» 280 81,7 || 77,0 | 989 d 6,0 | 15,1 | 14,7 | 00 | 68 -— Wie man sieht, variirt für die verschiedenen Schichtenpaare T...V die Dickendifferenz d zwischen ungefähr # und „%, der Dicke d, der dünneren Schicht. 140 Gesammtsılzung Die folgenden fünf Tabellen geben die Absorptionsconstanten für die verschiedenen Farben des Spectrums an. In der ersten Columne stehen die Fraunhofer’schen Linien, in deren Umgebung die Lichtintensitäten bestimmt wurden; in der zweiten die mit Speetrometer und Doppelspalt gemessenen Lichtintensitäten db; in der dritten die Bunsen’schen Extinctionscoäfficienten — logk. Die # letzte Columne enthält die Extinetionsindices g. 1. | | En | C 0,674 || 28560 | 3,44 D 0,673 || 28450 3,08 E 0,673 28450 DR F 0,675 28660 2,54 @ 0,674 28560 2,26 1(G—H)| 0,675 28660 3,16 vom 24. Februar 1876. Tab. 8. u. Fraunh. n | 2 ol 5 Linie 2er 0,328 32100 || 3,86 D 0,320 32800 3,54 E 0,318 32900 || 3,18 F 0318. |...22900 | 2,94 G 0,330 31800 2,52 Naeım)| ossı1 31750 | 2,41 Mab.9. IM. el || © 0,342 31700 | 3,82 D 0,338 32000 3,47 E 0,336 39900 3,12 F 0,335 32300 2,88 G 0,330 32700 2,59 1(6—H)| 0,330 32700 2,49 142 Gesammtsitzung Tab. 10. IV. © 0,537° | 27600 | 3,32 D 0,530 | 28100 3,05 E 0,525 » | 28500 ld F 0,527: || 28300 2,58 G 0,520 28900 | 2,29 3(@—H)| 0,518 29100 221 Tabz dl. V. Fraunh. en i Linie | 2: 0,643 | 28200 3,40 D 0,632 29300 || 3,17 E 0,626 | 29800 2,89 ® | 0825. || a0000 | 2,67 G 0,624 ||. 30100 2,38 1(G—H) 0,625 || 30000 2,28 vom 24. Februar 1876. 143 Die Extinetionscoäffieienten in der ten, mit — logk über- schriebenen, Columne liefern ein anschauliches Bild von der Stärke der Absorption des Lichtes im Silber. Ihre reciproken Werthe nämlich geben die Länge des Weges in Millimetern an, welchen das Licht im Silber durchlaufen muss, um auf „4; seiner anfäng- lichen Intensität geschwächt zu werden. Nehmen wir eine Licht- welle von mittlerer Schwingungsdauer in Luft zu 0,000550 Millim. an, so sehen wir, dass das Licht „2; seiner anfänglichen Intensität verliert, während es im Silber den kleinen Weg von „4; einer sol- ‚chen Wellenlänge zurücklegt. Die Werthe der Extinetionscoöfficienten (— logk) zeigen fer- ner, dass die Absorption für die verschiedenen Farben nahezu gleich gross ist. Dass das Silber im durchgehenden Lichte blau erscheint, rührt also hauptsächlich daher, dass die rothen und gel- ben Strahlen stärker reflectirt werden. Die Resultate der einzelnen Versuchsreihen I—V zeigen un- ter einander Abweichungen, welche, namentlich in Bezug auf die Werthe der Absorptionscoöffieienten für die verschiedenen Farben, die Beobachtungsfehler ein wenig übersteigen. Ob die Ursache dieser kleinen Unterschiede aber in einer geringen Ungleichartigkeit des Silbers der verschiedenen Schichtenpaare, oder vielmehr des von der Oberfläche refleetirten Lichtes liegt, ist mit Sicherheit nicht leicht zu entscheiden; denn eine Differenz von zZ, in den Intensitäten des von zwei, im Innern vollkommen identischen, Schichten reflectirten Lichtes kann — wegen des starken Reflec- tionsvermögens des Silbers — einen wohl zu beobachtenden Un- terschied in den, Intensitäten des durchgehenden bewirken. Für die endgültige Entscheidung ist die Beantwortung der Frage von Bedeutung, ob der Zustand des Metalls in verschiedenen, auf che- mischem Wege erzeugten, Schichten überall als derselbe und auch als identisch mit dem Zustande betrachtet werden muss, welchen das durch den metallurgischen Process dargestellte, gewalzte und polirte Silber hat; oder aber, ob wirkliche moleculare Verschieden- heiten — Modificationen — vorhanden sind, wie solche die nicht- metallischen Elemente Selen, Phosphor, Kohle u. s. w. darbieten. Meine zahlreichen Erfahrungen sprechen nicht für das Vorhanden- sein von verschiedenen Modificationen des Metalls bei Silberschich- ten, welche auf chemischem Wege erzeugt sind; ich will die Gründe 144 Gesammtsitzung für diese Ansicht in den folgenden, durch 1, 2, 3 bezeichneten Sätzen kurz darlegen. 1. Hat die Metallschicht keine oder geringe Cohäsion, so darf man aus der Verschiedenheit der Farben, welche zwei soleher Schichten im durchgehenden Lichte zeigen, noch nicht auf eine mo- leculare Verschiedenheit schliessen. Es ist vielmehr weit wahr- scheinlicher, dass die Verschiedenheit der Farbe — und der damit zusammenhängenden Refleetionsconstanten — eine Folge der Beu- gung ist, welche die Strahlen im Innern der Schicht durch die kleinen Zwischenräume erfahren, welche die Silbertheilchen trennen und den Mangel an Cohäsion bewirken: Solche Silberspiegel ha- ben meist geringe Adhäsion am Glase, so dass sie sich mit einem trockenen Tuche abwischen lassen; in den selteneren Fällen aber, in denen sie fest am Glase haften, kann man mit dem Mikroskop die Ungleichartigkeiten im Innern erkennen. Sie sind für optische Untersuchungen unbrauchbar. 3. Aber auch selbst dann, wenn das Silber, mit Messer und Hobel geprüft, als cohärent sich erweist, haben dünne Schichten zuweilen verschiedene Durchlassfarben. Man erhält solche Schich- ten stets, wenn man zur Glasversilberung eine ammoniakalische Silberlösung, ohne Gehalt an Natron, Kali oder Kalk, anwendet. Der Spiegel zeigt alsdann immer auch im refleetirten Liehte einen Farbenton, welcher von dem des polirten Silbers wesentlich ver- schieden ist. Dieser Farbenton wird hervorgebracht durch sehr feine Silberkörnchen, welche fest an der Oberfläche der cohärenten Silberschicht haften und durch Poliren mit Leder sich nicht ent- fernen lassen. Führt man aber ein mit wenig Salpetersäure schwach befeuchtetes Tuch schnell über die Oberfläche, so lösen sieh die. zerstreuten Silbertheilchen schneller als das darunter befindliche cohärente Silber, und man hat, ehe die Schicht durch die Säure gelöst ist, hinreichend Zeit zu beobachten, wie mit der Farbe des refleetirten Lichtes gleichzeitig die Anomalie in der Farbe des durchgehenden verschwindet: die Oberfläche wird silberweiss, das durchgehende Licht erscheint blau. Ich glaube hieraus schliessen zu dürfen, dass die Verschiedenartigkeit der Durchlassfarbe durch eine Beugungserscheinung an der Oberfläche, und nicht durch eine verschiedene Beschaffenheit des Molecularzustandes bewirkt wird. Für Untersuchungen, bei denen das an der Grenze von Luft und Silber refleetirte Licht ins Spiel kommt, also namentlich für die vom 24. Februar 1876. 145 Bestimmung der Absorption, sind solche Silberschiehten nicht zu verwenden. 3. Auch die starken Silberschichten, welche man durch Re- duction alkalischer Silberlösungen erzeugt, spiegeln von Natur unvollkommen; ihre Oberfläche ist ebenfalls mit sehr feinem Sil- berpulver bedeckt, welches zuweilen die Durchlassfarbe merklich ändert. Der Unterschied von den unter 2. beschriebenen aber liegt darin, dass hier die feinen Silbertheilchen durch Poliren des Spie- gels mit Leder sich entfernen lassen. Die Wirkung dieses Poli- rens besteht einzig und allein darin, dass das feine, der Oberfläche schwach anhaftende Silberpulver abgenommen und hierdurch eine Beugungserscheinung beseitigt wird, deren Einfluss sich gar nicht bestimmen lässt. Dass der schwache Druck des weichen, mit einer Spur von Silberpulver bestäubten, Gemsenleders die Dichtig- keit oder sonst eine physikalische Constante der festen, elastischen Metallschicht verändern soll, halte ich für durchaus unwahrschein- lich, um nicht zu sagen, unmöglich. Die Anwendung nicht polir- ter Silberschichten schliesst immer eine unberechenbare Fehlerquelle ein; ich habe daher sämmtliche, für die Untersuchung der Absorp- tion benutzte, Silberschichten polirt und zwar so, dass bei verschie- denen Stücken durch kein Mittel ein Unterschied in der Beschaf- fenheit und Stärke des reflectirten Lichtes entdeckt werden konnte. Die so behandelten Silberspiegel zeigten auch in Bezug auf die Werthe der Haupteinfallswinkel und Hauptazimuthe kaum merk- liche Unterschiede, sowohl untereinander als auch von gewalzten und polirten Silberplatten. Die Extinetionsindices y sind von Beer!) und Eisenlohr?) nach Cauchy’s bekannten Formeln der Metallrefleetion unter Zu- grundelegung von Jamin’s Messungen des Haupteinfallswinkels und Hauptazimuths berechnet worden. Beide Physiker geben, ob- wohl nach verschiedenen Rechnungsweisen verfahrend, fast über- einstimmend die Werthe: ce | D| E| F |Bia|e-# g | 3,49 2801201251 2131201 | | !) Pogg. Ann. Bd. 92 S. 402—419. ?) Pogg. Ann. Bd. 104 S. 368 etc. 146 Gesammtsitzung Die Zahlenwerthe für die Haupteinfallswinkel und Hauptazi- muthe ergaben sich nicht wesentlich von den Jamin’schen ver- schieden, so dass die eben aufgeführten Werthe von g als berech- nete Werthe auch für meine Silberschichten gelten können. Ver- gleichen wir diese berechneten Werthe von y aber mit den beob- achteten, in den letzten Columnen der Tabellen 7— 11 dargestell- ten, so erkennen wir eine solche Übereinstimmung, dass wir in Versuchung geführt werden könnten, in den Beobachtungen der Absorptionsconstanten eine Stütze der Cauchy’schen Formeln zu finden. In zwei früheren Abhandlungen!) habe ich jedoch gezeigt, dass jene Formeln den Beobachtungen über die Brechungsindices ebenso sehr auf’s schärfste widersprechen, wie den Messungen der absoluten Phasenänderungen, deren Werthe ich aus so einfachen Versuchen ermittelte, dass ein Irrthum dabei nicht möglich war. — Worin der Grund der auffallenden Übereinstimmung zwischen den beobachteten und den aus Cauchy’s Formeln berechneten Extine- tionsindices liegt, möchte ich noch nicht mit Bestimmtheit angeben; ich habe aber gefunden, dass die der Theorie zu Grunde liegen- den Hypothesen in mehr als einem Punkte unzulässig erscheinen, und glaube, dass die den beiden Hauptfehlerquellen entspringenden Fehler sich gegenseitig aufheben. Vor einigen Jahren hat Hr. Strutt in Cambridge in einer sehr beachtenswerthen Abhandlung?) theoretisch nachzuweisen gesucht, dass die Berechnung der Brechungs- und Extinctionsindices aus dem Haupteinfallswinkel und Hauptazimuth, wie sie Cauchy, Eisenlohr und Beer ausgeführt haben, unstatthaft sei. Demzu- folge empfiehlt Hr. Strutt, welcher die Resultate der Theorie, ab- gesehen von jener Constantenbestimmung, für richtig hält, aus den Messungen der Intensität des normal vom Metall refleetirten Lich- tes die Brechungs- und Extinetionsindices mittelst der Cauchy- schen Formeln zu bestimmen. Er selbst berechnet auf diese Weise für die Grösse g bei Silber den angenäherten Werth 40. Wie unsere Tabellen zeigen, ist derselbe um mehr als das zehnfache zu gross. Jener berechnete Werth fällt freilich etwas kleiner aus, wenn man die vom Silber normal reflectirte Liehtmenge etwas 1!) Diese Berichte, 19. Nov. 1874 S. 728 und 4. Nov. 1875 S. 673. 2) Philos. Mag., May 1872, p. 321—338. vom 24. Februar 1876. 147 geringer annimmt; immerhin aber übertrifft der berechnete Werth von g den beobachteten so sehr, dass die Unzulässigkeit der Theo- rie hier wieder auf’s schärfste hervortritt. Hr. Websky legte eine Arbeit des Hrn. G. v. Rath in Bonn, cor- respondirenden Mitglieds der Akademie, vor über „die Zwillings- verwachsung der triklinen Feldspathe nach dem sogen. Periklin-Gesetze und über eine darauf gegründete Unter- scheidung derselben.“ Albit und Anorthit, die beiden ausgezeichneten Grenzglieder der triklinen Feldspathe oder Plagioklase, welche bekanntlich durch eine Reihe von Zwischengliedern verbunden werden, haben eine sehr ähnliche Krystallform. Bei dieser grossen Formähnlichkeit ist es zum leichtern Verständniss des Folgenden nöthig, den we- sentlichen -Unterschied in ihren Axenelementen hervorzuheben. In die nebenstehenden Figuren Albit [1876] 11 148 Gesammtsitzung Anorthit sind für beide Species die Winkel der einfachen Combinationsform (gebildet durch das rhomboidische verticale Prisma, das Brachy- pinakoid und die Basis) eingetragen, ebenso die Axen und ihre ebenen Winkel. Die ebenen Winkel der Basis, welche einerseits durch die Flächen T und M, andrerseits durch ] und M gebildet werden, sind begreiflicher Weise verschieden. Legen wir uns die Frage vor, wie die betreffende, das rhomboidische Prisma Tl schneidende» Ebene sich um die Makroaxe (Axe b) drehen müsste, damit jene ebenen Winkel einander gleich werden; so erkennen wir sogleich, dass beim Albit die (zunächst parallel P gedachte) Ebene sich vorne heben, hinten senken muss, während beim Anorthit das Um- gekehrte stattzufinden hat. Jene ebenen Winkel werden alsdann gleich sein, wenn die kurze, d. h. die im Brachypinakoid liegende Diagonale der schneidenden Ebene einen rechten Winkel mit der Makroaxe bildet: Die so gelegte Ebene können wir den rhombi- ‘“ schen Schnitt des rhomboidischen Prisma nennen. In den Figuren sind die rhombischen Schnitte durch gestricheltpunktirte Linien be- zeichnet. Man erkennt leicht, dass einer nur kleinen Verschieden- heit des Axenwinkels y') eine sehr bedeutend veränderte Lage des ') Winkel der Axen a und b. vom 24. Februar 1876. 149 rhombischen Schnitts entsprechen muss. Während beim Anorthit (y = 91° 112’) die genannte Ebene mit P den Winkel von 15° 584’ bildet, beträgt derselbe beim Albit (y = 87° 514) 21°.57' bei entgegengesetzter Neigung. — Diese rhombischen Schnitte spielen bei der hier zu besprechenden Zwillingsverwachsung der Plagio- klase eine sehr wichtige Rolle. Betrachten wir mit Bezug aut diesen Punkt zunächst den Albit. Die Ansichten über das Gesetz jener Zwillingsbildung des Albit — in Folge deren dies Mineral die bekannte charakteristi- sche, parallel der Makroaxe verlängerte Form annimmt, für welche Breithaupt den Namen Periklin aufstellte, — haben mehrfach gewechselt. Es ‘liegt hier nämlich eine Verwachsung vor, deren Zwillingsebene — zu welcher beide Individuen symmetrisch ste- hen — keine krystallonomische Fläche ist. _Auch berühren sich die Individuen nicht mit der Zwillingsebene; und demzufolge ist — wie es auch bei andern Systemen der Fall zu sein pflegt — die Verwachsungs- oder Verbindungsebene häufig unregelmässig, selten ganz ebenflächig. Die Definition der gesetzmässigen Ver- wachsung geschieht demnach hier durch Angabe einer Linie, um welche als Axe gedreht, das eine Individuum in die Stellung des andern kommt. Mohs, Breithaupt und Naumann (in seinen früheren Wer- ken) definirten das in Rede stehende Zwillingsgesetz mit den Worten: „Drehungsaxe parallel der Makrodiagonale, Drehungs- winkel 180°“. Als charakteristisches Zeichen dieser Verwachsung wurde die ein- resp. ausspringende Zwillingskante in der Fläche M (Brachypinakoid) hervorgehoben. Die Zeichnungen, welche in den Werken der genannten Forscher diesen sog. Periklin-Zwilling - veranschaulichten, zeigten den Verlauf der Zwillingskante auf M parallel zur Kante P:M, d. h. zur brachydiagonalen Axe. Die gleiche Richtung der Zwillingskante ist bis jetzt in allen den Pe- riklin darstellenden Figuren beibehalten worden und zwar unter- schiedslos ob die Autoren den von den genannten Forschern ge- wählten Ausdruck des Zwillingsgesetzes annahmen oder durch eine andere, wenig verschiedene Definition ersetzten. So liegt hier die 'verwirrende Thatsache vor, dass diejenigen Forscher, welche das Gesetz richtig bestimmten, Figuren zeichneten, welche ihrer Defi- nition widersprachen und also auch mit der Natur nicht im Ein- klang waren, während die Zeichnungen anderer Forscher wohl 11 150 Gesammtsitzung mit dem von ihnen gewählten Ausdruck des Zwillingsgesetzes, beide indess nicht mit der richtigen Beobachtung übereinstimmen. Auf den eben angedeuteten Widerspruch zwischen dem Zwil- lingsgesetze „parallel der Makrodiagonale“ und den in den Werken der erstgenannten verdienstvollen Forscher enthaltenen Figuren, machte in einer gründlichen und scharfsinnigen Arbeit (Poggen- dorff’s Ann. Bd. 34. S. 109-229 und 301-319) Dr. G. E. Kayser aufmerksam, indem er zeigte, dass — die Richtigkeit des Zwillings- gesetzes vorausgesetzt — die über M verlaufende stumpfe Kante nicht parallel zur Kante P:M gehen könne. Er legte ferner dar, dass zwei sehr ähnliche Gesetze hier zur Sprache kommen: 1) Dre- hungsaxe die Makrodiagonale, gekennzeichnet durch die Nichtpa- rallelität der Zwillingskante mit der Kante P:M; oder 2) Dre- hungsaxe die Normale zur Brachydiagonale in der Basis (P), cha- rakterisirt durch die Parallelität der genannten Kanten. Die Linien, welche in den beiden von Kayser unterschiede- nen Gesetzen als Drehungsaxen sich darstellen, bilden — beide in der Basis P liegend — einen Winkel von weniger als 1° mit- einander, wenn wir die Axenelemente Breithaupt’s für den Pe- riklin zu Grunde legen. Die Erscheinungsweise der Zwillinge nach dem einen und nach dem andern Gesetze wird also voraussichtlich eine sehr ähnliche sein. Da zudem die Perikline nicht ganz ebenflächig sind, zuweilen auch bedeckt mit einer Rinde kleinster, nur annähernd parallel- gestellter Albitkryställchen, so ist es wohl begreiflich, dass die Unterscheidung, welches Gesetz vorliege, schwierig ist. Ein aus- gezeichneter Forscher, Hr. Quenstedt, sagt sogar von den Pe- riklin-Krystallen aus dem Pfundersthal: „Sie sind durch aufgela- gerten Chlorit zu undeutlich, als dass man ihre Lage genau er- mitteln könnte. Auch sind derartige Untersuchungen so minutiös, dass von einer mathematischen Sicherheit überhaupt nicht die Rede sein kann.“ (Mineralogie S. 232.) Kayser glaubte in den aller- meisten Fällen das zweite Gesetz (Drehungsaxe die Normale zur Brachydiagonale) annehmen zu müssen. Nur für einen einzigen Krystall oder Krystallgruppe behielt er „nach langen Zweifeln“ das Gesetz der Makrodiagonale bei, also. entsprechend der ur- sprünglichen Fassung des Periklingesetzes durch Mohs und Breit- haupt. Jenem merkwürdigen, in der Berliner Sammlung befind- lichen Krystall, widmete später G. Rose — welcher wie kein ya vom 24. Februar 1876. Ionl anderer sich um die Kenntniss der Plagioklase Verdienste erwor- ben — in seiner Arbeit, „über die regelmässigen Verwachsungen, welche bei dem Periklin vorkommen“ (Pogg. Ann. Bd.129 S. 1—15) eine erneute Untersuchung (s. Taf. II. Fig. 6) mit dem Ergebnisse, dass auch hier das zweite Gesetz vorliege und demnach die Nor- male zur Brachydiagonale als Zwillingsaxe zu betrachten sei. Der ausgezeichnete Forscher glaubte nun den Schluss ziehen zu müssen, dass bei den Periklin-Zwillingen des Albit nur dies eine Gesetz vorkomme. — Und in der That ist es gewiss höchst unwahrschein- lich, dass die Natur bei demselben Mineral zwei Verwachsungs- formen gleicher Art d. h. ohne krystallonomische Symmetrie-Ebene bilden sollte, deren Rotationsaxen eine so wenig verschiedene Rich- tung zeigen. — Zwar sind auch die Drehungsaxen des tafelförmi- ‘gen sog. Albitzwillings und der Periklin-Verwachsung nur um wenige Grade in ihrer Richtung verschieden, aber das Gesetz der Bildung ist hier ein gänzlich verschiedenes, da der tafelförmige Albitzwilling eine krystallonomische Symmetrie-Ebene besitzt. Die Beziehung der Periklin-Zwillinge auf das Gesetz der Nor- malen zur Brachydiagonale fand nun eine fast allgemeine Annahme und es stehen bei denjenigen Autoren, welche die ältere Auffassung (Gesetz 1) geben oder beibehalten haben, die Figuren, wie oben angedeutet, nicht im Einklange mit dem Text der Beschreibung. Man bleibt demnach im Zweifel, ob den Figuren oder dem Text des betreffenden Autors eine grössere Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Nach der Arbeit von G. Rose scheint sich in bestimmter Weise nur Hr. Schrauf (Labradorit, Sitzb. d. K. Ak. d. Wiss. Bd. 60, Dez.-Heft 1869) für die Mohs-Breithaupt’sche Defini- tion des Periklinzwillings ausgesprochen zu haben unter ausdrück- licher Hervorhebung eines Irrthums in der betreffenden Figur seines grossen Atlas-Werkes. Ich darf hier vielleicht daran erinnern, dass ich, gestützt auf ausgezeichnete Anorthitkrystalle, deren Übersendung ich der Freund- schaft des Hrn. Scacchi verdanke, nachweisen konnte, (Pogg. Ann. Bd. 147. S. 22) dass die Periklin-ähnlichen Zwillinge die- ses Plagioklas mit einer Drehung um die Makroaxe verbunden sind (1. Gesetz). Die grosse Analogie der Plagioklase unter einan- der machte auch für die andern Glieder dieser Gruppe und na- mentlich für den Albit dieselbe Verwachsung wahrscheinlich. Auch dürfen wir nicht übersehen, dass die Makrodiagonale eine hervor- 192 Gesammtsitzung ragend krystallonomische Linie ist, — nicht aber die Normale zur Brachydiagonale; dass demnach der Ausdruck des Gesetzes gemäss Mohs und Breithaupt als der einfachere und wahrscheinlichere bezeichnet werden muss, im Vergleiche zu der Definition von Kayser, welche weder der Zwillingsebene noch der Drehungsaxe einen krystallonomischen Werth giebt. Zu einem Zweifel an der Richtigkeit des von Kayser definirten Gesetzes, nach welchem die Kanten P:M beider Individuen sowohl unter einander als auch mit der Zwillingskante parallel sein müssten, berechtigen auch die Angaben der ausgezeichnetsten Beobachter über den Verlauf der erwähnten Kanten. Des Cloizeaux (Manuel p. 321; 1862) sagt ausdrücklich, dass die Kanten P:M der beiden Individuen nicht senau parallel sind: „dans quelques cas assez rares c’est le con- traire qui s’observe*“. Auch G. Rose hebt hervor (a. a. O. S. 5), BR dass die ein- und ausspringenden Kanten der Flächen M, welche . zufolge des von Kayser definirten (Gesetzes (2) parallel sein müssten, dies häufig nicht sind, vielmehr die Zwillingskante einen weniger schrägen oder oft ganz unregelmässigen Verlauf auf den Flächen M nimmt. Nicht darf ich unterlassen, hier zu erwähnen, dass es Ge- schenke einiger verehrter Freunde waren (Prof. A. Koch in Klau- senburg; Labradore aus einem Trachyt von Vischegrad bei Gran. HH. Brögger und Reusch in Christiania; Oligoklas von Bamle bei Lan- gesund. Hr. Seiigmann in Coblenz; Periklin-Albit von Pfunders), wodurch meine Aufmerksamkeit auf diese Zwillingsverwachsung und zwar zunächst auf den Verlauf der Kante über MM gelenkt wurde. — Der grosse Albit-Krystall, welcher in seinen wesentlich- sten Zügen durch die Figuren 11 und lla dargestellt ist, zeigt auf den M-Flächen drei stumpfe Zwillingskanten. Betrachtet man die Gruppe in der Stellung der Figur lla, in der die Pflächen zu Linien sich verkürzen, so erscheint die mittlere ausspringende Kante genau parallel den Kanten P:M, während die beiden seitlichen einspringenden Zwillingskanten nach dem hinteren Ende des Kıy- stalls, an welchem die Flächen x erscheinen würden, konvergiren. Der angedeutete Verlauf der drei Kanten tritt an diesem Gebilde — und zwar auf beiden Seiten desselben in identischer ‚Weise — so zweifellos und überzeugend hervor, dass man die schiefe Rich- tung der äussern Kanten als durch das Gesetz der Zwillingsver- wachsung begründet und keineswegs durch zufällige Unregelmässig- vom 24, Februar 1876. 153 keiten oder Störungen der Flächen verursacht, erachten muss. Die merkwürdige Gruppe ist demnach als ein Doppelzwilling mit Durch- kreuzung nach zwei Gesetzen aufzufassen: „Drehungsaxe die Nor- male zur Basis P* und „Drehungsaxe die Makrodiagonale*; sie besteht aus vier Individuen, von denen ein jedes zwei getrennte Stücke bildet. — Genau dieselben Wahrnehmungen gestatten zwei ‘andere treffliche Stufen aus Pfunders im hiesigen mineralogischen Museum, und zwar der neu erworbenen Krantz’schen Sammlung ‘angehörig, und bestätigen die eben gegebene Deutung; auch lassen sie an verbrochenen Stellen erkennen, dass jene Zwillingskanten nicht etwa nur eine Erscheinung der Oberfläche sind, sondern Trennungsebenen angehören, welche durch den ganzen Krystall ‚stetig fortsetzen. Betrachten wir nun den Albit und seine Zwil- lingsbildung nach dem Gesetze der Makrodiagonale etwas näher. In den Figuren 1 und 2 sind einfache Combinationen dar- gestellt = (ose:a:sb) „oo. le — (osieza:b.) ;o0.P Mi —(ooc:c0a:b) ; Po BR = (Ciooa:cob); oR (eral:cob) ; ‚DB, X Bei der grossen Analogie aller triklinen Feldspathspecies, ver- dient die Aufstellung Des Cloizeaux’s Nachahmung), der zu- folge bei allen Plagioklasen in der normalen Stellung die stumpfe Kante P:M zur Rechten liegt. Fig. 2 würde die Form des Peri- klin darstellen, wenn diese parallel der Makrodiagonale verlängerte Ausbildungsweise überhaupt bei einfachen Albitkrystallen vorkäme, N) In Bezug auf die Signatur der Flächen des rhomboidischen Prisma TI glaubte ich von dem bisherigen Brauch nicht abweichen zu dürfen, wel- chem zufolge nun allerdings mit T bald die zur Rechten, bald die zur Lin- ken liegende Prismenfläche bezeichnet wird. Besser würde es gewiss sein, auch hierin Des Cloizeaux’s Beispiel zu folgen, und bei allen Plagioklasen mit T entweder stets die rechte oder stets die linke Fläche zu bezeichnen. Um jeder Verwechslung vorzubeugen, habe ich daher, wo es nöthig schien, den Prismenflächen auch die Des Cloizeaux’sche Signatur beigefügt. 154 Gesammtsitzung was nicht der Fall ist. Die Zwillinge parallel der Makrodiagonale sind in den Figg. 53 und 4 wiedergegeben. Dreht man die eine Hälfte des Zwillings 180° um die gemeinsame Makroaxe, so kommt sie in die Stellung der andern Hälfte. Es gibt zweierlei Zwillinge dieses Gesetzes, von denen die einen mit den oberen, die andern mit den unteren P-Flächen verbunden sind. Die erstere Art Fig. 4 weist das obere Individuum in der gewendeten, das untere in der normalen Stellung auf; umgekehrt ist es bei Fig. 3. Die basischen Flächen liegen nicht überdeckbar, mit inkongruenten Rändern auf einander, wie es in den Zeichnungen deutlich zu erkennen ist. Die Winkel des Albits sind bekanntlich (in auffallendem Gegen- satze zum Anorthit) schwankend und demnach differiren auch die von den verschiedenen Autoren angenommenen Axenelemente. Aus den von Breithaupt für den Periklin angegebenen Win- keln P:M —- 862 415 17:M = )190° 18; TEE = 0 9 P.>T =1148 4517 :P:x =eol20046% berechnete ich folgende Axenelemente (I): a>b:c. = 10,038128:11:0,99922 ae ==,930 18458 — 116 51 Sy = 15 A, Jar; DB — 109127 780 SL Alle Winkel beziehen sich auf den rechten obern Oktanten. Der Winkel der brachydiagonalen Axen unserer Zwillinge berech- net sich demnach wenn wir die obigen Elemente zu Grunde legen — 1° 334, der Winkel der Verticalaxen — 6° 37. Für die ge- gewöhnlichen Albit-Varietäten, z. B. die ausgezeichneten Krystalle von Schmirn ergeben die Messungen von den obigen etwas abwei- chende Werthe. Als die wahrscheinlichsten Winkel der Krystalle von Schmirn möchte ich die folgenden betrachten: PM ==862 30.7 B:n = 11332157, Bio = Hpo ar n,0 = 33% 2200: 1522 30.9) !) Der Winkel P:M ist den Messungen Des Cloizeaux’s und Ma- rignac's entnommen; in Bezug auf die vier andern s. Pogg. Ann, Ergän- zungsbd. V, S. 428, vom 24. Februar 1876. 155 Es entsprechen denselben folgende Axenelemente (II): a:b:c = 0,636484:1:0,559250 a ga HLr I — 1167 421 0 = 80 Ar 793250. 28 B,—11162.342. 0 — 89, 392. 3 4 Diesen Axenelementen entspricht demnach als Winkel der Brachyaxen unseres Zwillings 4° 17’, während die Vertikalaxen, resp. die Kanten T:l, T:l sich unter 8° 103’ schneiden. Unter Voraussetzung dieser Elemente sind die Figg. 3 und 4 gezeichnet, indem jene oben berechnete Divergenz der Brachyaxen von nur 1° 334 nicht deutlich genug hätte zur Anschauung gebracht wer: den können. Den Periklinen von Pfitsch und Pfunders sowie de- nen von Oberwald im Cant. Wallis kommt indess jedenfalls eine nur geringe Divergenz der Brachyaxen zu, welche nur unmerkbar von dem oben angegebenen Winkel (1° 33’) abweichen kann. Die zum Zwilling verbundenen Individuen können nun entweder ohne oder mit Überwachsung der inkongruenten Ränder verbunden sein. Im ersteren Falle treffen die Flächen der Zwillingsindividuen nicht genau zu Kanten zusammen; im zweiten Falle entstehen ringsum durch Überwachsung Zwillingskanten, deren Ebene dem oben ent- wiekelten rhombischen Schnitt entspricht. Es wiederholen sich hier auf das Genaueste alle Erscheinungen, welche in meiner frühern Arbeit über den Anorthit dargelegt wurden (Pogg. Ann. Bd. 147, S. 22—65). Während bei den herrlichen Krystallen des vesuvi- schen Minerals nachgewiesen werden konnte, dass ein Fehlen der schiefen Zwillingskante auf M (resp. ein scheinbar paralleler Ver- lauf derselben zur Kante P:M) stets auch inkongruente Ränder bedingt, ist ein gleicher Nachweis bei der unvollkommeneren Aus- bildung des Periklin’s nicht immer möglich. Die Beziehungen zum Anorthit lassen indess keinen Zweifel an der Thatsache, dass auch in denjenigen Fällen in denen man eine scheinbar zur Kante P:M ‚parallele Zwillingsgrenze zu beobachten glaubt, dennoch kein an- deres Zwillingsgesetz als das der Makrodiagonale eingesetzt wird. Untersuchen wir nun die Lage der Ebene der Überwachsungs- kanten oder mit anderen Worten der kongruenten Berührungsebene des Periklinzwillings! Es kann dies geschehen, indem wir in Fig. 3 ein sphärisches Dreieck bilden aus den beiden Flächen M und dem rechts vorragenden Theile der basischen Fläche P des ehr 156 Gesammtsitzung untern Individs.. Die Ecke dieses körperlichen Dreiecks liegt am Ende der Makroaxe. Noch weit einfacher gelangen wir indess zu dem gleichen Resultat, indem wir die Lage des rhombischen Schnitts berechnen. Die Rechnung ergibt für den Winkel, unter welchem die Berührungsebene und die Basis sich schneiden — unter Vor- aussetzung der Axenelemente I — 13° 11’ und für den ebenen Win- kel, welchen in der Fläche M die Zwillingskante mit der Kante P:M bildet, — 13° 124’; und für die Axenelemente Il: 21° 54’ resp. An einem der oben erwähnten Doppelzwillinge konnte ich den ebenen Winkel auf M, welchen die Zwillingskante mit der Kante P:M bildet mit ziemlicher Genauigkeit messen — 13°, in befrie- digender Übereinstimmung mit der auf die Breithaupt’schen Winkel gegründeten Rechnung. Auch die beiden andern Doppel- zwillinge ergeben einen ähnlichen Winkel. Andere Krystalle zeigen indess für jenen ebenen Winkel auf M, der sich häufig mit genügender Sicherheit messen lässt, einen grösseren Werth. So bestimmte ich an einem vortrefflichen Albit- zwilling nach dem Periklingesetz von Kragerö jenen ebenen Win- kel = 22°. Die Axenelemente dieses Vorkommens scheinen dem- nach mit denen der Krystalle von Schmirn (II) nahe übereinzu- stimmen. — Der Albit von Kragerö (aus der Krantz’schen Samm- lung), begleitet von Eisenglanz, bildet wohlausgebildelte, bis 25 Mm. grosse Krystalle, welche nach mehreren Gesetzen verwachsen sind. Am häufigsten ist das Gesetz „Drehungsaxe die Verticale“. Diese letzteren Krystalle gewinnen dadurch ein ungewöhnliches Ansehen, dass neben dem P (oP) des einen Individuums gewöhnlich nur die Fläche o—=P, des andern entwickelt ist. Die Krystalle sind ta- felförmig parallel M; T, 1, z, f nur klein. Zahlreiche Lamellen nach dem Gesetze der Normalen zu M sind eingeschaltet. An mehreren Krystallen findet sich der Periklin-Zwilling, charakterisirt durch die einspringende Kante auf M, welche, ziemlich geradlinig verlaufend, mit der Kante P:M nach vorn unter dem Winkel von ca. — 22° convergirend, ‚den Beweis für das Gesetz der Makro- diagonale liefert. An einem dieser Krystalle wurden mittelst des grossen Goniometers folgende Winkel annähernd bestimmt: Prn==’133035,;" Bel = 1105 55, Dr =D P;M = 86° 48 vom 24. Februar 1876. 157 Für diese Krystalle fand ich folgende Zusammensetzung Albit von Kragerö. Spec. Gew. 2,600. Kieselsäure 66,50 Ox. 35,36 Thonerde 20,90 9,76 Kalk 0,35 0,01 Natron (Verlust) 12,10 3,12 Glühverlust 0,35 100,00 Sauerstoffproportion —= 0,96:3:10,57 Es offenbart sich demnach in der Richtung der Zwillingskante auf M ein feines Kennzeichen für den Winkel y, der seinerseits wieder zumeist abhängt von den Kanten der verticalen Flächen. Um den Einfluss einer selbst nur kleinen Veränderung der Kante T:l auf die Richtung der Zwillingslinie in M deutlich zu erkennen, müssen wir bei constant angenommenen Kanten P:M, P:l, M:l, dem rhomboidischen Prisma T:l successive andere Winkelwerthe geben. Wir legen den Rechnungen zu Grunde die aus den Axen- elementen II folgenden Werthe P:M = 86° 50, P:1 = 111° (ge- nauer 110° 59" 45”), M:] = 119° 53’ (genauer 119° 52"42”"), Es ergiebt sich ferner der ebene Winkel der Basis, welcher den Flä- chen P und 1 anliegt, — 123° 554. Die Kante T:l des Albits ist bekanntlich die am meisten schwankende des ganzen Systems (s. Des Gloizeaux Manuel Sp. 318);, sie wird angegeben von G. Rose = 122° 15’, von Ma- rignac und Des Cloizeaux als Mittel einer grossen Zahl von Messungen der Albite des Mont Blane = 121° 45’, von Marignac zufolge seiner Beobachtungen am Periklin —= 121° 5’, von Breit- haupt für den Periklin = 120° 37’. Bekanntlich nähert sich das verticale Prisma des Albits zuweilen gar sehr einem rhombischen, es würde aber eine Gleichheit der Kanten M:l und M:T statt- finden, wenn T:l = 120° 14. Den Einfluss dieser 5 verschiedenen Winkelwerthe auf die Richtung der Zwillingskante sowie auf einige andere Winkel des Systems erkennt man aus folgender Tabelle. N ‚608 oL8 187 +£7 297 098 SO v S RR) 6F ıT 76 068 < ES 87 Tal 062 S 26% 088 en & RS IN: d »ueyy ınz :uspeanaoA nz WN ue SIUBYSSUNTIAZ aop SundteN [0 0) In) EFT 088 168 028 IE 08 ‚SIT 028 184 098 (q pın ® U9XV A9P pyumn) II c76 ‚20% +76 765 76 (o punq uU9XY AOp PyuM) » ıTIC 068 Lv ‚29P 068 m 795 068 ‚798 8 208 we EIG 088 ‚88 (axejed -NIOA Top uw vol 7, geuoxy mp PAULM) 9 89 0611 8 o6LI ı6 o6Ll ı66 oSLI 68 oLLl W:\L (FT .0@E ık& 0051 4 oFel ST Fe ST 0608 ET vom 24. Februar 1876. 159 Es ergibt sich demnach, dass der ebene Winkel der Zwillings- kante auf M sich sehr bedeutend ändert, während die Kante des rhomboidischen Prisma und mit ihr die andern angegebenen Winkel nur geringen Änderungen unterliegen. In der That, während der Kantenwinkel T:l nur um 2° 1’ abnimmt, wächst der ebene Winkel zwischen Kante P:M und der Zwillingsliniie um mehr als 12°. Diese letztere ist demnach ein wahrer Multiplicatorzeiger, welcher die kaum nachweisbaren Veränderungen der Prismenkante und den geringsten Wechsel im Werth des Winkels « deutlich als einen ebenen Winkel an die Oberfläche des Krystalls trägt. Eine Parallelität der Zwillingslinie mit Kante P:M würde ein- treten, wenn die Basis (P) rhombisch d. h. die beiden ebenen Win- kel, welche den Kanten M:l und M:T anliegen, gleich würden. Es entspräche dies einem Werthe der Kante T:l von 117° 554, welcher indess niemals vorkommt. — Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass sämmtliche angegebenen Winkel nur Geltung haben unter Voraussetzung der oben als konstant betrachteten Kanten P:M, P:]l und M:l. Ein Schwanken derselben verändert selbst- verständlich die in der Tabelle berechneten Winkel. Indess sind eben den Messungen zufolge diese drei Kanten konstanter als Tl. Die Bestimmungen von P:M schwanken von 93° 36' bis 93° 19, für P:l von 110° 50' bis 110° 48', für M:1l von 120° 16’ bis 119° 5’. Wollte man nun, mit Rücksicht auf den zuweilen parallel er- scheinenden Verlauf der Zwillingskante zur Kante P:M (bedingt durch die fehlende Überwachsung), an der Alleingültigkeit des Ge- setzes der Makrodiagonale zweifeln und für gewisse Fälle die Nor- male zur Brachydiagonale, im Sinne des von Kayser aufgestellten Gesetzes, als Drehungsaxe supponiren, so erwäge man, um die Irrthümlichkeit einer solchen Voraussetzung zu erkennen, das Fol- gende. Eine Drehung zweier Albit-Individuen um die Normale zur Brachyaxe wurde von G. Rose (a. a. O.) vortrefflich entwickelt und in meisterhaften Figuren dargestellt, von denen zwei in den Fiss. 5 und 6 wiedergegeben sind. Man erkennt, dass die bei dieser Verwachsung entstehenden inkongruenten Ränder der Basis eine durchaus verschiedene Lage besitzen wie bei einem Zwillinge parallel der Makrodiagonale. Gleichen sich nun durch Überwach- ‚sung die vorragenden Ränder aus, oder mit andern Worten, stellt sich die Ebene des rhombischen Schnittes her, so muss dieselbe eine ganz schiefe Lage haben, wie die Fig. 6 es deutlich zeigt. 160 Gesammtsitzung Die Berührungsebene der Individuen geht nun nicht parallel der Run Makroaxe, sie fällt nicht in die Zone P:x, sondern sie ist parallel der Brachyaxe und besitzt eine von Links nach Rechts stark ge- neigte Lage und zwar müsste diese Senkung rechts hinab bei bei- den, auch hier möglichen Zwillingsmodifikationen eintreten. Eine solche zur Makroaxe schief geneigte Berührungsfläche — die noth- wendige Consequenz eines Zwillingsgesetzes parallel der Normalen zur Brachydiagonale — nimmt man indess bei den Zwillingen, welche aus- resp. einspringende Kanten auf M zeigen), niemals wahr. Stets geht die Berührungsebene — ohne Unterschied ob die Individuen mit oder ohne Überwachsung verbunden sind — parallel der Makroaxe. Einfache Zwillinge des Albits nach dem Gesetze der Makro- diagonale scheinen nicht vorzukommen. Dieselben sind vielmehr stets durchkreuzt, wie Fig. 7 es veranschaulicht. Ein solcher Kreuzzwilling zeigt an beiden Enden der Makroaxe einspringende Kanten. Die beiden Enden sind aber verschieden, das linke ent- spricht der Fig. 3, das rechte der Fig. 4. Diese: Durchkreuzung bedingt es, dass man nie eine ausspringende, sondern nur einsprin- sende Zwillingskanten wahrnimmt; es müsste denn sein, dass die Zwillingsbildung sich oftmals wiederholt und dadurch der Krystall zu einer polysynthetischen Gruppe mit abwechselnd aus- und ein- springenden Winkeln wird. In Bezug auf die Aufwachsung der stets nur mit einem Ende frei ausgebildeten Krystalle verhalten sich die beiden Seiten des Zwillings unterschiedslos. Dies ist die Ursache, weshalb man — was bereits G. Rose hervorhebt — gleich häufig Zwillinge der ersten (Fig. 3) wie der zweiten Art (Fig. 4) erblickt. Gewöhnlich begrenzen sich die Individuen nicht so re-| 1) Dieser letztere Zusatz ist nöthig, denn es kommt bei den Plagioklasen und namentlich bei dem Labrador in der That eine Zwillingsbildung vor, zufolge deren die Individuen sich mit einer schiefen Fläche berühren. Das Gesetz lautet: Drehungsaxe die Kante P:M, Drehung 180°. Die Individuen legen nun sowohl die P- als auch die M-Flächen in parallele Ebenen. Die inkongruenten Ränder der basischen Flächen gleichen sich nun in jener schie- fen Verwachsungsfläche aus. (Vergl. Websky, Diallag, Hypersthen und Anorthit in Gabbro von Neurode, Ztschr. d. d. geol. Ges. Bd. XVI. 1864. S. 537. Taf. XVII. Figg. 7, 8, 9). vom 24. Februar 1876. 161 gelmässig mit einer zu P und x normalen Fläche wie die Fig. 7 es darstellt; vielmehr verläuft die Grenze über die genannten Flä- chen regellos. Zuweilen alterniren von der rechten oder von der linken Seite, über die Mitte hinübergreifend, die Zwillingsblätter. Häufig brechen auch in der Fläche P des einen Individs. unregel- mässig umgrenzte Partien des andern hervor, welche genau in gleicher Ebene liegen, doch sich durch eine andere Streifungsrich- tung kennzeichnen; es ist dies jene rauhe, etwas gekrümmte Strei- fung, parallel der Kante mit T, welche bereits in früheren Dar- stellungen deutlich hervorgehoben wurde. Nicht ganz selten ver- räth sich auch die Durchkreuzung der Individuen durch eine schwache Einkerbung der Kante P:r, sodass alsdann die Analogie mit einem früher dargestellten Anorthit-Zwilling in der That sehr überraschend ist. Die Zwillingsgrenze auf M erscheint durchaus nicht immer gradlinig und regelmässig, wie in der Fig. 7 dargestellt, vielmehr oft äusserst regellos. Diese unregelmässige, zuweilen ziekzack- oder schlangenförmige Grenze erschwerte früheren Beobachtern die Wahrnehmung der schiefen Richtung der Zwillingskante zur Kante P:M. Diese äusserst regellose Begrenzung der Individuen, welche in Fig. 8 naturgetreu wiedergegeben ist (s. andere sorgfältige Dar- stellungen in der Arbeit G. Rose’s) kommt zum Theil auf Rech- nung einer diese Perikline bedeckenden jüngern Albitbildung. Zahl- lose Albitkrystalle, welche zu einer geschlossenen Hülle sich ver- binden, bedecken ein jedes der zum Zwilling verbundenen Indivi- .duen, mit diesem parallel gestellt. Die beiden Stellungen der neu- gebildeten Albit-Rinde begrenzen sich nicht genau an der Zwillings- kante des Periklins. Bald greifen die Krystallgebilde der einen Stellung, bald die der andern über die Periklingrenze hinweg, die- selbe maskirend und jenen äusserst unregelmässigen, gezähnelten ‚Verlauf bewirkend. Interressant ist die Wahrnehmung, wie zuwei- len das eine Periklin-Individuum eine weit diekere Überrindung mit neuer Albit-Substanz bedingt als das andere, sodass gewisse Theile der Flächen M, T und 1 höher liegen, bis 1 Mm., als die andern. Durchschlägt man einen Periklin, dessen M-Flächen je- ‚nen äusserst unregelmässigen Verlauf der Grenze darbieten, annä- hernd parallel den M-Flächen (was nicht ganz leicht gelingt), so nimmt man auf der Bruchfläche eine wesentlich verschiedene Ver- theilang der Individuen wahr (s. Fig.9). Der feingekrümmte Ver- 162 Gesammtsitzung lauf zeigt sich nun nicht mehr, vielmehr lässt die mannigfach ge- brochene Grenze wesentlich zwei Richtungen erkennen, eine verti- cale, und eine andere, welche dem rhombischen Schnitt — also der vom Gesetze der Makrodiagonale geforderten Begrenzungsflä- che — entspricht. In dieser letztern Richtung erstrecken sich ge- radlinig schmale, zuweilen haarfeine Partien des einen Individs in das andere hinein; es sind dies die Querschnitte von alternirenden Blättern. Diese interessante Vertheilung der Zwillingsindividuen, welche man am besten bei Lampenlicht mittelst der Lupe wahr- nimmt, lässt wegen der stets wieder einsetzenden Richtung paral- lel der vom Gesetz der Makrodiagonale geforderten Zwillingskante keinen Zweifel an der Richtigkeit der oben dargelegten Auffas- sung. Wir kehren nun zurück zu dem bereits oben erwähnten poly- synthetischen Gebilde Fig. 11, dessen Bau durch die ideale Figur 10 vollkommen verständlich werden wird. Die vier Individuen, von denen ein jedes in zwei Hälften getheilt ist, besitzen parallele Makroaxen, zweierlei Richtungen der Brachyaxen und eine vierfache Stellung der Verticalaxen. Gleiche Brachyaxen besitzen die Indi- viduen I und III, sowie II und IV. Nach dem Gesetze der Ma- kroaxe sind verbunden die Krystalle I und II, sowie III und IV; während das Zwillingsgesetz, dessen Ausdruck ist: „Drehungsaxe die Normale zur Basis P“ der Stellung der Individuen I und III, sowie II und IV zu Grunde liegt. Je zwei nach dem Gesetze der Makrodiagonale verbundene Krystallstücke berühren sich ent- weder nur mit einem einzigen Punkte, so I und II, Ia und Ila, IIla und IVa, III und IV oder sie liegen mit der Basis auf ein- ander, haben aber nur einen Punkt des Kantenverlaufs gemeinsam, die Mitte der Kante P:M; so die Krystallstücke II und la, I und Ila ete. Je zwei nach dem Gesetze der Normalen zu P gruppirte Stücke z. B. Ia und Ila, II und IV besitzen eine kongruente Um- grenzung der Basis. Von besonderem Interesse sind wohl die keilförmigen, sich bald schliessenden bald öffnenden Räume, wel- che in der Richtung der Medianebene die Gruppe durchsetzen und welche gleich den inkongruenten Rändern der Basis durch Fort- wachsung ausgeglichen werden müssen. In dieser Weise entsteht der in Fig. 11 dargestellte Durchkreuzungsvierling des Albits. Der Ausgleich der inkongruenten Ränder, welcher im rhombischen Schnitt erfolgt, erzeugt zwei, ringsum durch gestrichelt-punktirte vom 24. Februar 1876. 163 Linien bezeichnete Ebenen, welche nach hinten convergiren. Das Krystallgebilde Fig. 11 verdient auch dadurch unsere Aufmerksam- keit, dass nur die Flächen M je zwei parallele Seiten resp. Kan- ten aufweisen. Die Flächen P besitzen keine parallele Seiten, in- dem die Kanten P:M nach vorne convergiren und zwar unter An- nahme der Axenelemente I mit dem Winkel 1° 354, oder, wenn wir die Elemente II zu Grunde legen, mit 4° 17’. Diese letzteren sind bei Construction der Fig. 10 und 11 angenommen, um die Nichtparallelität deutlich zur Anschauung zu bringen, Die obere und die untere P-Fläche sind kongruent, nicht aber mit ihnen die mittlere Ebene, die Zwillingsebene der Individuen I und III oder II und IV. Die ausspringende Zwillingskante der Flächen M geht nicht parallel den Kanten P:M der Basis. Die Kante der Flächen T der Krystallstücke Ia und IlIa (vorne rechts) läuft parallel der scharfen Kante P:T (hinten links) des Individs I u. s. w. Bekanntlich ist der von Breithaupt als besondere Species unterschiedene Hyposklerit von Arendal seiner chemischen Zusam- mensetzung sowie seiner Form nach ein Albit. Auch die Periklin- Verwachsung findet sich sehr ausgezeichnet bei dem Hyposklerit. Die Zwillingsgrenze (stets einspringend) bildet auf M mit der Kante P:M den Winkel von etwa 22° wie bei dem Albit von Kragerö. Für Albit und Anorthit gilt demnach dasselbe Zwillingsgesetz, „der Makrodiagonale*, welches sich indess insofern verschieden äus- sert, dass die Zwillingsgrenze beim Albit je nach den wechselnden . Winkeln des verticalen Prisma’s, weniger geneigt wie die Kante P:M, mit dieser einen Winkel von 13° bis 22° bildet, während beim Anorthit die Zwillingskante steil nach vorne abwärts neigt, mit P:M 16° einschliessend. Es erhebt sich nun die Frage, wie verhalten sich in dieser Hinsicht die Kalknatronfeldspathe. Er- möglicht die Richtung der Zwillingskante auf M, ihre steilere oder geringere Neigung zur Verticalaxe, vielleicht eine Unterscheidung der verschiedenen Glieder, welche in allmäligem Übergang den Al- bit mit dem Anorthit verbinden. Die HH. W. C. Brögger und Reusch beschrieben in ihrer trefflichen Arbeit „Vorkommen des Apatit in Norwegen“ (Ztschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 27 S. 676) unter den Mineralien, welche den Apatit von Vestre Kjörrestad in Bamle unfern Langesund be- gleiten, einen merkwürdigen Plagioklas unter dem Namen Esmar- [1876] 12 164 Gesammtsitzung kit. Die Krystalle, im Innern von lichtgrünlicher Farbe, zeigen eine dunkele, unebene, zuweilen runzelige Rinde, wodurch sie in hohem Grade an die Plagioklase von Bodenmais, Lojo und Ori- järfvi erinnern. Wie die gen. Autoren bereits genau schildern, sind diesen Krystallen in zwei Richtungen geordnete Zwillingslamellen eingeschaltet, von denen die einen, dem Gesetz „Drehungsaxe die Normale zu M“ entsprechend, auf P hervortreten, die andern, er- zeugt durch die Zwillingsbildung der Makrodiagonale, auf M. Diese letzteren Streifen sind zur Verticalaxe etwas weniger geneigt als die Kante P:M, indem sie mit lefzterer einen Winkel von ungefähr 4° einschliessen (Fig. 14a). Die von HH. Brögger und Reusch an zehn verschiedenen Krystallen und Spaltstücken gemessenen ebenen Winkel schwanken zwischen 3° 22’ und 6° 422’, während die an einem Spaltungsstück gemessene Kante P:M 86° 54' ergab. Dieser in grossen Krystallen mit doppelter Streifung vorkom- mende Plagiokas wurde nun als identisch betrachtet mit einem andern sehr ähnlichen doch nur in spaltbaren Stücken gleichfalls zu Bamle vor- kommenden triklinen Feldspath, für welchen eine Analyse Pisani’s (s. Compt. rend. 55, 450) die Zusammensetzung eines etwas zer- setzten (1,5 p. ©. Wasser) und unreinen Anorthit ergeben hatte (Des Cloizeaux, Sur la veritable nature de l’Esmarkite. Ann. de chimie et de phys. 4. ser. t. XVII, 1869). Die genannten norwegischen Forscher hatten die Güte, mir einen vortrefflichen Krystall jenes sogen. Esmarkit zu verehren, welcher in Fig. 14, 14a dargestellt ist. Nach dem Vorgange Des Cloizeaux’s neigt auch hier P zur Rechten hinab. = gelbe == ooPlr 7. = os!p3; fi pP: Me ep P=oP;n=IPox;e=2P&;0o—=P, sp us Wenn nun wirklich die Richtung der Zwillingslinien auf M ein Kennzeichen für die Unterscheidung der Plagioklase sein soll, so kann der dargestellte Krystall von Bamle, da jene Linien mit der Kante P:M nach vorn convergiren, kein Anorthit sein. Meine Un- tersuchung ergab: vom 24. Februar 1876. 165 Plagioklas von Vestre Kjörrestad in Banmle. Kieselsäure 61,91 Ox. 33,02 Thonerde 23,68 11,06 Kalk 4,45 1,27 3,76 Natron (Verlust) 9,64 2,49 Glühverlust 0,32 100,00 Sauerstoffproportion 1,02:3:8,95. Das untersuchte Mineral ist demnach ein typiscber Oligoklas und die Streifung auf M hat sich als ein sicherer Führer bewährt. Es sind also auf jener Apatit-Lagerstätte von Bamle zwei ver- schiedene Plagioklase zu unterscheiden: der von Pisani analysirte Anorthit mit einem spec. Gew. 2,737 und der obige Oligoklas, dessen optische Eigenschaften Hr. Des Cloizeaux die Güte hatte zu ermitteln, in Bestätigung der auf die chemische Zusammensetzung gegründeten Bestimmung. In einer brieflichen Mittheilung (5. Jan.) bemerkt Hr. Des Cloizeaux, dass auch der Anorthit von Bamle (der sog. Esmarkit) eine Streifung auf M trage, dass dieselbe in- dess mit der Kante P:M nicht nach vorne, sondern nach hinten convergire unter einem Winkel von etwa 14°. Das Zwillingsgesetz der Makrodiagonale findet sich ebenfalls an den ausgezeichneten Oligoklas-Krystallen von Arendal. Diese Zwillinge erwähnt auch bereits Kayser (a. a. OÖ. S. 118). Die Verwachsungsebene der Individuen, welche hier stetig und nicht so zackig und springend wie häufig beim Albit verläuft, scheint beim ersten Anblick der Krystalle fast genau parallel P zu sein. Ohne Zweifel haben diese Oligoklaskrystalle dazu beigetragen, Kayser in seiner irrigen Auffassung des Periklingesetzes zu ‚bestärken. Indem er den am Oligoklas beobachteten Grenzverlauf auf den Al- bit übertrug, glaubte er darin einen Beweis zu finden, dass die schiefe Richtung der Zwillingskante bei letzterem Mineral nur durch Störungen bedingt sei; während in Wahrheit die angenäherte Parallelität, welche man beim Oligoklas beobachtet, daher rührt, dass der Axenwinkel y hier nur sehr wenig spitzer als ein Rech- ter ist, wahrscheinlich in einzelnen Fällen wirklich genau ein 12* 166 Gesammtsitzung Rechter sein kann. Zu Arendal kommt der Oligoklas in verschie- denen Ausbildungsweisen vor, theils vollkommen Periklin-ähnlich (s. Fig. 12, 12a, 13), theils vom Ansehen des gewöhnlichen Or- thoklas, „diesem — wenn man von den Winkelunterschieden ab- sieht —- zum Verwechseln ähnlich* (Kayser). Beide Arten der Ausbildung gestatten bei sorgsamer Betrachtung keinen Zweifel an der Nichtparallelität jener Kantenlinien, sie convergiren nach vorn, also im Sinne des Albit zum Beweise, dass bei diesen Oligoklasen der Winkel „ einige Minuten schärfer als 90°. — Durch gütige Vermittlung der HH. Brögger und Reusch erhielt ich zur Un- tersuchung einen dem Hrn. Esmark gehörigen ausgezeichneten Oligoklaskrystall von der Grube Langsev bei Arendal, dessen frei ausgebildetes Ende in Fig. 13 dargestellt ist. Es is ein Oligoklas- Periklin (26 Mm. in der Makroaxe, 15 in der Brachyaxe, 10 in der Verticalen messend), wie alle Perikline, ein Kreuzzwilling. Am Krystall ist das untere oder gewendete Individ im Vergleich zum oberen oder normal gestellten etwas verkümmert; in der Zeichnung ist demselben eine grössere Ausdehnung gegeben. Dem obern Individ ist nun ein keilförmiges Krystallstück eingeschaltet, dessen Stellung derjenigen des untern Individs entspricht. Von den beiden nach hinten unter einem sehr spitzen Winkel convergi- renden Begrenzungsflächen dieses Keils geht die untere genau pa- rallel der Kante P:M, während die obere durch einen einspringen- den Winkel bezeichnet, nach vorn mit der Kante P:M convergirt. Durch eine genaue Prüfung überzeugt man sich, dass die untere Begrenzung des Keils durch einen vorragenden Rand gebildet wird, dass also hier eine incongruente Verbindung stattfindet, während oben die characteristische schiefe Überwachsungskante in der Ebene des rhombischen Schnitts erscheint. Wenn man den inkongruenten Rand übersieht (welcher in der Figur der Deutlichkeit halber brei- ter angegeben ist, als er in der That ist), so könnte man vielleicht die Frage aufwerfen, welche von beiden Kanten des keilförmigen Stücks ist die Zwillingsgrenze? Während die obere unzweifelhaft auf das Gesetz der Makrodiagonale deutet, glaubt man in der un- tern parallelen Begrenzung eine Verbindung parallel der Normalen zur Brachyaxe zu sehen. So würde sich die Frage bieten: „Kann ein Krystall, der von einem andern umschlossen wird, mit diesem an der obern Seite nach einem andern Gesetze verwachsen sein vom 24. Februar 1876. 167 als an der untern?“*, eine Frage, deren Beantwortung durch jenen inkongruenten Rand bereits gegeben ist. Der ebene Winkel der schiefen Zwillingsgrenze mit der Kante P:M wurde zu 41° be- stimmt, fast gleich der Schiefe des Oligoklas von Bamle. Ähnliche Zwillingskeile nur mit stumpferem Winkel bemerkt man häufig am Albit; dieselben erklären sich in gleicher Weise durch eine ineongruente und eine andere überwachsene Kante. Auch beim Anorthit wurden früher ähnliche keilförmige Zwillings- stücke nachgewiesen (s. Pogg. Ann. Bd. 147 S. 51 Taf. II, Fig. 15 und 17). Ein wesentlicher Unterschied liegt nur darin, dass beim Anorthit die untere Begrenzung des Keils durch die Überwach- sungskante, die obere durch den inkongruenten Rand gebildet wird. Die Arendaler Oligoklase „von Ansehen des Orthoklases“ tragen zahlreiche Zwillingslamellen, theils parallel M, theils paral- lel der Makrodiagonale. Beide verschiedene Lamellen durchschnei- den sich, was beim Anorthit niemals bemerkt wurde. Die Strei- fen auf M haben dieselbe Neigung zur Kante P:M, welche eben beschrieben wurde. Während die Lamellen parallel M als feine Linien sich darstellen, erscheinen die nach dem Gesetze der Ma- krodiagonale verbundenen Krystallstücke meist als ziemlich breite Lamellen. Der Arendaler Oligoklas zeichnet sich durch die oft vorherrschende Entwicklung der Fläche r = 4 DB, aus. Auch die Winkel des Oligoklas sind schwankend, wenn auch wohl nicht in demselben Maasse wie diejenigen des Albits. Vorzugsweise ist es wieder die Kante T:l, welche Veränderungen unterliegt; Des Cloizeaux mass an den Krystallen von Arendal 120° 20', am Sonnenstein 120° 42’; vesuvische Krystalle aus ein und derselben Druse zeigten ein Schwanken jener Kante zwischen 120° 35’ und 120° 51’; s. Oligoklas vom Vesuv, Pogg. Ann. Bd. 138 S. 464. Schon Brögser und Reusch geben für den Oligoklas von Bamle den ebenen Winkel zwischen 3° 22’ und 6° 43’ schwankend an. Es würde eine Änderung der Prismenkante um einige Minuten ge- nügen, um unsern Multiplicatorzeiger bis zur Parallelität mit der Kante P:M emporzuheben. Ich darf hier erinnern an den Oligo- klas vom Antisana (Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. Bd. 27 S. 501, 1875), sowie an den Oligoklas vom Vesuv (Pogg. Ann. a. a. O.), welche — wie früher ausführlich geschildert geschildert wurde — 168 Gesammtsitzung eine zur Kante P:M parallele Zwillingsgrenze auf M zeigen. In diesem Falle besitzt der Plagioklas eine rhombische Basis. Mit Bezug auf diese neue Betrachtung der Richtung der Zwillingskante auf M ist es von Wichtigkeit, dass eine Parallelität dieser Kante mit der Brachydiagonale bei folgenden Mischungen nachgewiesen ist: Oligoklas vem Antisana (spec. Gew. 2,599). Kiesel- säure 64,3; Thonerde 22,3; Kalk 3,1; Kali 2,1; Na- tEOn- 1.0: Oligoklas von Niedermendig (spec. Gewicht 2,611). Kieselsäure 63,1; Thonerde 23,3; Kalk 4,2; Kali 0,6; Natron 8,9. (s. Pogg. Ann. Bd. 144, S. 238). Oligoklas vom Vesuv (spec. Gew. 2,601). Zwei Ana- lysen, ausgeführt mit den geringen Quantitäten 0,449 und 0,374, ergaben: Kieselsäure 62,4 und 60,6; Thon- erde 22,9 und 23,4; Kalk 2,9; Kali 2,7; Natron 7,4. Andesin vom Vesuv (spec. Gew. 2,647). Kieselsäure 58,5; I'honerde 26,55; Kalk 6,4; Kalı 0,9; Natron 7,7. Die Abhängigkeit der Richtung unserer Zwillingslinie von der chemischen Zusammensetzung, welche bei Betrachtung des Albits, des Oligoklas und Anorthit unzweifelhaft hervortritt, wird zugleich auch — wie schon beim Albit nachgewiesen wurde — durch die Veränderlichkeit der Kantenwinkel bedingt. Während ein Paralle- lismus der genannten Kanten für den Oligoklas den Grenzwerth des bald sich etwas hebenden, bald sich etwas senkenden Weisers zu bezeichnen scheint, kommt diese Parallelität als charakteristi- sche Mittelrichtung wahrscheinlich dem Andesin zu. Es bewahr- heitet sich diese Ansicht bei dem labradorisirenden Plagioklase von. Ojamo in Finland. Als ich die farbenschillernden Labradore auf eine Zwillings- streifung in M untersuchte, erkannte ich bei dem seltenen „Labra- dor von Ojamo* — von welchem die Krantz’sche Sammlung sehr schöne Spaltungsstücke besitzt — überaus deutliche Zwillingslinien sowohl auf P als auch auf M. Dieselben gehen hier auf beiden Flächen vollkommen parallel der Kante P:M. Wenn in der That dem Labrador gleichfalls, wie dem Andesin, ein Parallelismus der vom 24. Februar 1876. 169 Zwillingskante zukommen sollte, so würde diese Kante als Kenn- zeichen der Plagioklase fast jeglichen Werth verlieren. Indess, wie der Plagioklas von Bamle durch die Richtung der Streifen auf M als Oligoklas erkannt wurde, so sollte auch der Plagioklas von Ojamo durch unser neues Kennzeichen richtig erkannt und ihm seine Stellung unter den Andesinen zugewiesen werden. — Für den labradorisirenden Plagioklas von Ojamo liegen nämlich bereits zwei ältere Analysen vor, welche gewiss nur auf einen Andesin zu beziehen sind. Bonsdorf und Laurell fanden folgende Mi- schung (s. Rammelsberg, Mineralchemie): Andesin von Ojamo in Finland. I. II. Kieselsäure 57,69 576.09 Thonerde 26,00 26,15 Eisenoxyd 0,67 0,60 Kalk 9,87 8,48 Natron 5,50 6,25 99,73 99,23 Ich bestimmte das specif. Gew. —= 2,649. Der Farbenschiller des labradorisirenden Andesins von Ojamo tritt wie bei den echten Labradoren in der Ebene M hervor. Von besonderem Interesse war es nun, an einem zwischen Andesin und Anorthit stehenden Plagioklas eine Zwillingsver wach- sung nach dem Gesetze der Makrodiagonale aufzufinden und zu untersuchen. Jene oben bereits erwähnte Zusendung des Prof. A. Koch in Klausenburg, Labradorkrystalle aus dem Trachyt von Vischegrad, ermöglichte den Nachweis, dass wirklich als Resultat der bezeichneten Verwachsung beim Labrador auf M eine Zwillings- kante entsteht, welche stärker abwärts sinkt, als die Kante P:M; — zum Beweise, dass beim Labrador wie beim Anorthit der Axen- winkel y grösser als ein Rechter ist. Die Labradore von Vische- grad sind von einer etwas verschiedenen Ausbildung: A. Krystall- gruppen (bis 8 Mm. gross) ursprünglich eingewachsen in einem La- brador -Hornblende- Trachyt, welcher auch Biotit und nach der Beobachtung von Prof. Koch spärlich Augit führt. Diese Krystalle 170 Gesammtsitzung sind in hohem Grade polysynthetisch, vorherrschend ist das Zwil- lingsgesetz „Drehungsaxe die Verticale“; eingeschaltete Lamellen gehören dem Gesetze „Drehungsaxe die Normale zu M* an; auf dieser Fläche M sieht man ausserdem als Beweis einer Zwillings- bildung „parallel der Makrodiagonale* eine stumpfe einspringende Kante, welche steiler nach vorne neigt als die Kante P:M. Diese meist zusammengehäuften Krystalle erinnern an die von Professor - Tschermak beschriebenen Labradore von Vöröschpatak (Mineral. Mitth. gesammelt von Tschermak. 1874. S. 270). B. Kleine Kry- stalle (bis 4 Mm. gross), aus einem trachytischen Tuffe stammend, mehr vom Ansehen einfacher Krystalle, wenngleich auch sie sämmt- lich Zwillingslamellen und -stücke tragen. Diese Gebilde sind vorzugsweise umschlossen von den Flächen P, y, M, indem T, |], 0, p, n nur untergeordnet auftreten; manche dieser Kryställchen zeigen sehr deutlich die nach vorn steiler als P:M geneigte Zwil- lingskante. Dass die Plagioklase von Vischegrad wirklich Labrador sind, wird durch eine Analyse des Prof. A. Koch bewiesen. Dieselbe ergab: Plagioklas von Vischegrad (spec. Gew. 2,66). Kieselsäure 50,40 Ox. 27,38 Thonerde 30,65 14,28 Kalk 10,53 3,01) Kali 3,36 0,57 | 4,42 Natron 3,27 0,54) Glühverlust 1,69 99,90 Sauerstoffproportion 0,93:1:5,75. Bei der besondern Wichtigkeit, welche diese Plagioklase für die Prüfung der vorgetragenen Ansicht über die Richtung der Zwil- lingskante als unterscheidendes Kennzeichen zu haben schienen, glaubte ich — schon mit Rücksicht auf den erheblichen Glühver- lust und den dadurch angedeuteten bereits etwas verwitterten Zu- stand der von Prof. Koch untersuchten Krystalle — wenigstens einige Bestimmungen an den frischesten zur Verfügung stehenden Kryställchen — wiederholen zu sollen. PEN vom 24. Februar 1876. 17 Kieselsäure 91,23 Thonerde nebst einer kleinen Menge Eisenoxyd 31,68 Kalk 12,04 Kali, Natron (aus dem Verlust) 4,01 Glühverlust 0,54 100,00. Wenngleich auch diese Analyse auf einen bereits etwas ver- witterten Zustand des untersuchten Minerals hinweist, so kann doch an der Richtigkeit der Bestimmung „Labrador“ kein Zweifel sein. — Einige der Krystalle B schienen ursprünglich in Drusen aufgewachsen zu sein, so glänzend waren ihre Flächen. Es konn- ‚ten die folgenden Winkel am Fernrohr-Goniometer bestimmt wer- - den. In Klammern stehen zur Vergleichung die Werthe des Anorthit. 2.12 1102 40° (110° 40) P:y —= 98 45. (983° 46) 39.0 E=aME— 86.50: (85.90, PM? = 86. 20 Ay —= 156 99:%(1862 23,) Aay: = 156 40 y:o = 143 15 (142° 13‘) a) Mo — 115 10 (1152.06) 17 P:P = 172 35 ausspr. (171° 40') M:M 172230. einspr. Frl. 20) Obgleich diese Messungen nicht genau genug sind, um auf sie eine Berechnung der Axenelemente des Labradors begründen zu können, so lassen sie doch die grosse Annäherung dieses Pla- gioklases an den Anorthit erkennen. — Unter diesen Labradoren befand sich auch ein etwa 3 Mm. grosser Doppelzwilling (Fig. 16, 172 Gesammtsitzung 16a), dessen Studium — sowohl an und für sich, als auch beson- ders mit Beziehung auf den grossen Albitkrystall Fig. 11 nicht ohne grosses Interesse ist. Wahrhaft bewundernswerth ist die Analogie des winzigen Kryställchen aus trachytischem Tuff und der grossen Albitplatte aus Drusen des Chloritschiefers der Cen- tralalpen. Auch der Labrador bietet beiderseits auf den vereinig- ten M-Flächen drei stumpfe Zwillingskanten dar: die mittlere, welche in einer zu P parallelen Ebene liegt, ausspringend; die an- deren einspringend. Entgegengesetzt zum Albit, konvergiren hier die beiden schiefen Zwillingskanten nach vorn hin. Der Winkel, welchen die charakteristische Kante mit der Brachyaxe (Kante P:M) bildet, ist erheblich geringer als beim Anorthit (16° 2'). Ich schätzte ihn angenähert auf 10°. Es liegt hierin der sichere Beweis, dass der Axenwinkel y beim Labrador etwas mehr sich dem Rehten nähert ais beim Anorthit. Die Fig. 15 wird den Bau der Krystallgruppe Fig. 16 vollkommen verständlich machen. — Während bei der Albitgruppe die Kanten P:M der Krystallstücke I und II nach vorn konvergiren, divergiren sie beim Labrador in dieser Richtung. So liegt der Berührungspunkt von I und II nicht vorn, wie beim Albit, sondern auf der Hinterseite. In Folge dess muss bei der aufrechten Stellung der Krystalle die Über- wachsungskante nach vorn hinabsinken. Die Verschiedenheit mit der Albitgruppe tritt namentlich hervor, wenn wir die durch Fort- wachsung auszugleichenden Räume in der Medianebene mit einan-_ der vergleichen. Gewiss ist es bemerkenswerth, dass auch bei diesem durchkreuzten Labrador - Doppelzwilling die Gruppirung in der Weise erfolgt, dass nur die ausspringende Kante, welche dem Gesetze der Normalen zu P ihre Entstehung verdankt, und umgekehrt nur die einspringenden Kanten der Verwachsung paral- lel der Makrodiagonale zum Vorschein kommen. Angesichts der beiden polysynthetischen Gebilde, welche — trotz scharf bestimm- barer Unterschiede die höchste Analogie zeigend — von so .un- ähnlicher Lagerstätte stammen und ihrer Bildungszeit nach so fern stehen, gewinnen wir die Überzeugung, dass die Art und Weise ihrer Entstehung eine nicht ganz unähnliche müsse gewesen sein. Der Labrador scheint nicht eben häufig eine Zwillingsver- wachsung parallel der Makrodiagonale zu bilden. So gelang es mir z. B. nicht bei den Labradoren von der Paulsinsel auf der vom 24. Februar 1876. 173 Fläche M Zwillingslamellen zu sehen, wenigstens keine solchen, welche auf der genannten Fläche nicht vollkommen ins Niveau mit dem Hauptkrystall fallen. Wohl aber erkannte ich Zwillings- blätter im Labrador des Gabbro von Hausdorf in Schlesien, und überzeugte mich — den Angaben früherer Beobachter entgegen — auf das Bestimmteste, dass sie nicht parallel, sondern schief zur Kante P:M verlaufen, also auch hier dem Gesetze der Makrodia- gonale entsprechen. Das Studium von Gebilden von der Art wie sie der vorlie- senden Untersuchung zum Gegenstande dienten, liefert wohl den Beweis, dass mathematische Gesetze mit grösster Strenge den Bau und die Stellung der Krystalle beherrschen. Erklärung der Tafel. Fig. 1. Albit; die stampfe Kante P:M liegt oben zur Rechten. » 2. Albit, verlängert in der Richtung der Makrodiagonale. »„ 34. Albit, Zwilling nach dem Gesetze „Drehungsaxe die Makrodiagonale“; die basischen Flächen liegen mit inkon- gruenter Begrenzung ‘auf einander; in 3 steht das obere Individ normal, in 4 das untere. »„ 5,6. Ideale Albit-Zwillinge (Periklin) nach dem nicht vor- kommenden Gesetze „Drehungsaxe die Normale in P zur „Brachyaxe*, mit inkongruenten (5) und mit überwachse- nen (6) Rändern (Copien nach G. Rose). „ 7, 7a. Albit, Durchkreuzungszwilling nach dem Gesetze der Makrodiagonale. Die Berührungsebene, der rhombische Schnitt, bildet mit P den Winkel von etwa 22°. »„ 59. Albit-Zwilling (Periklin), die Begrenzung der Individuen auf M (8), und im Bruche parallel M (9) zeigend. „ 10,11, Ila. Albit (Periklin), Durchkreuzungsdoppelzwilling, nach den Gesetzen: „Drehungsaxe die Normale zur Ba- sis“ und „Drehungsaxe die Makrodiagonale*“., 174 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1876. Fig. 12, 12a. Oligoklas, Kreuzzwilling nach dem Gesetz der Ma- krodiagonale von Arendal; die Berührungsebene, der rhom- bische Schnitt, schneidet P unter etwa 4°. „13. Oligoklas von Arendal, Grube Langsev, gleich dem vo- rigen, mit einer eingeschalteten keilförmigen Zwillingsla- melle. „ 14, 14a. Oligoklas von Kjörrestad in Bamle, Norwegen mit Zwillingsstreifen sowohl nach dem Gesetze „Drehungsaxe die Normale zu M“, als auch nach dem Gesetze der Ma- krodiagonale. Die durch das letztere Gesetz bedingten Streifen (auf M) bilden mit der Kante P:M den Winkel von circa 4°, und sind weniger nach vorn geneigt als P. „ 15, 16, 16a. Labrador von Vischegrad bei Gran aus Trachyt- tuff; Durchkreuzungsdoppelzwilling nach den Gesetzen der Normalen zur Basis und der Makrodiagonale. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Journal of the chemical Society. Ser. 2. Vol. XIII. Nov. Dec. 1875. Ser. 2. Vol. XIV. Jan. 1976. London 1875/76. 8. Polybiblion. Partie technique. 2. Ser. T. IL. Livr. 2. Fevr. Partie litteraire. 2..Ser. T. III. Liyr: 2; Feyr:) Paris71876.728. The American Journal of science and arts. Il. Ser. Vol. XI. N. 62. New , Haven 1876. 8. Societe des sciences physiques et naturelles de Bordeaux. Extrait des proces- verbauz des seances. Bordeaux 1874/75. 8. Memoires. TomeI (2. Ser.) 2. cahier. ib. 1876. 8. Revue scientifique. N.34. Fevr. 1876. Paris. 4. Bulletin de la Societe geologique de France. 3. Ser. Tome II. Paris 1873. 1874. 8. (Schluss des Bandes.) J. A. Normand, Memoire sur les oceultations d'etoiles par les planetes. Paris 1876. 4. Bericht über die im Jahre 1875 den Herzoglichen Sammlungen des Schlosses Friedenstein zugegangenen Geschenke. Gotha 1876. 4. fonatsber d KAkd Nilsensch.berlin Februar 1876. F Laurent Lıth (r.vom Rath del. Lith..nst.o.d.Henrv in Bonn Sitzung der phil.-hist. Klasse vom. 28. Februar 1876. 1 -1 [nbı 3 28. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Olshausen las: Weitere Bemerkungen über den Zusam- menhang des persischen Wortes mdh mit den alten Namen Me- diens. N Berichtigung. Fr = Seite 10, Zeile 9 ‚von Unten; Zeile 8 von Unten; liess (v, — ı,) anstatt ‚Zeile 6 von Unten; liess (m MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. März 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Mommsen. 2. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Vahlen las über Anagnorisis in Aristoteles Poetik. Hr. W. Peters las über ein neues Argali-Schaf, Ovis jubata, aus dem östlichen Theile der Mongolei, im Norden von Peking. Die ersten genaueren wissenschaftlichen Mittheilungen über die Riesenschafe Centralasiens, welche von den Kalmuken und Mon- golen mit dem Namen Argali bezeichnet werden, verdanken wir dem Reisenden Jo. Geo. Gmelin. Die Beschreibung und Abbil- dung seiner „Rupicapra cornubus arietinis“, aus dem Jahre 1752 oder 1753, welche 1755 (Nov. Comm. Acad. Scient. Imp. Petrop.IV.p. 583. Taf. 35. Fig. 2. 3) veröffentlicht wurde, ist nach - Exemplaren gemacht, welche er in Ust-Kamenogorsk am öst- lichen Irtysch untersuchte, wo das Thier in der damaligen Zeit “nicht selten war. Er gibt an, dass die Hörner ausgewachsener Widder 30 Pfund (15 Kilogramm) schwer und, nach der Krüm- mung gemessen, zwei Ellen (1925) lang werden. | Diese Gmelin’sche Art benannte Linne 1766 (Syst. nat. ed. XII. p. 97) Capra Ammon, eitirte zu derselben aber noch andere Beschreibungen, welche nicht hierher gehören. Zehn Jahre später _ wurde von dem trefflichen Pallas (Spie. Zool. Fasc. XI. 1776. [1876] 13 Va“ 178 Gesammtsitzung p- 3 sqg. Taf. I. II) dieselbe Art in sehr sorgfältiger und genauer Weise wiederum als „Ovis fera sibirica vulgo Argali dicta* be- schrieben. Es gelang ihm in dem Adontscholon-Gebirge in Daurien, wo die Argalis im Jahre 1772 noch sehr häufig von ihm angetroffen wurden, während man sie schon’ damals nicht mehr am Irtysch vorfand, ein Schaf mit einem Lamm zu erlegen. Hier- nach, so wie nach einem älteren Widder von dem Irtysch, einem fri- schen Felle aus Kamtschatka (l. e. p. 9) und verschiedenen anderen Stücken sibirischer Wildschafe wurden seine Beschreibung und Ab- bildungen angefertigt. Er betrachtete das „Argali* oder „Musimon asiaticus“ nur als eine „varietas sibirica* der europäischen Wild- schafe oder Mouflons und nahm zugleich an, dass eine und dieselbe Varietät durch ganz Sibirien bis Kamtschatka verbreitet sei. Erst im Jahre 1829 stellte Eschscholtz (Zoologischer Atlas p. 1. Taf. 1) das Wildschaf aus Kamtschatka als eine besondere Art, Ovis ni- vicola, auf und gab von derselben eine sehr gute Beschreibung und eine vortreffliche Abbildung. Schon früher war in den Rocky mountains von Nordamerika und in Californien eine verwandte Art bekannt geworden, welche von Geoffroy 1803 als „Belier des Montagnes“ (Ann. du Mus. d’hist. nat. p. 360. Taf. 60) nach einer Ab- bildung veröffentlicht wurde, die Schreber im folgenden Jahre 1804 (Säugethiere. 62. Heft. Taf. 294. D) mit der Unterschrift „Ovis montana“ copirte und für die auch Cuvier im Jahre 1817 (Regne animal. 1. p. 267) den von Schreber eingeführten Namen annahm. Die grössere Ähnlichkeit, welche die in Kamtschatka vorkommende O. nivicola mit der nordamerikanischen ©. montana hat, verleitete Hrn. von Middendorff (Sibirische Reise. Wirbelthiere. 1853. p. 116), der Ansicht von Blasius und A. Wagner folgend, beide mit ein- ander zu vereinigen, wie dieses auch von Hrn. Radde (Reisen im Süden von Ost-Sibirien. 1862. 1. p. 239) geschehen ist. Neuerdings hat Hr. N. Severtzow bei seiner Erforschung der Fauna von Turkestan der Unterscheidung der Wildschafe seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt und in den Abhandlungen der Kaiserl. Gesellsch. Naturf. zu Moscou vom Jahre 18753 eine Monographie der Wildschafe geliefert, die ich leider, da sie in russischer Sprache geschrieben, nicht ihrem ganzen Verdienst nach würdigen kann. Er hat aber einige diagnostische Merkmale in la- teinischer Sprache gegeben und die Abhandlung mit sehr werthvollen Abbildungen begleitet, aus denen sich entnehmen lässt, dass seine vom 2. März 1876. 179 Ansichten über die Verschiedenheit der von ihm selbst untersuchten Arten nicht unbegründet sind!). Er stellte drei neue Arten, Ovis Kare- 1) Ich gebe hier die von Hrn. Severtzow aufgestellte Übersicht der Wildschafe, welche Hr. Buschmann die grosse Güte gehabt hat, zu über- setzen. (Verticale und horizontale Verbreitung der Turkistanischen Thiere. Berichte der Societ& Imp. d. Naturalist. Moscou. Vol. VIII. 2. 1873 p. 153.) „Die Bildung der Kennzeichen der Hörner der Arten von Ovis und Musimon, nebst ihrer geographischen Verbreitung und den allmählichen physischen Ver- änderungen der von ihnen bewohnten Gegenden klären die Geschichte der ‚Bildung und Vertheilung dieser Arten und der Wanderungen bedeutsam auf, welche zu dieser Vertheilung mitgewirkt haben, indem sie auf solche Weise die Mangelhaftigkeit des paläontologischen Materials ergänzen, wie oben, be- züglich des Cervus maral, C. elaphus und Ü. canadensis, gezeigt ist. Ich be- merke entsprechend, dass es auf solche Weise möglich ist im allgemeinen die Geschichte der jetzigen T'hierarten in der Tertiär-Periode zu verfolgen; dass es sehr wichtig ist für die unmittelbare Untersuchung des Processes der natürlichen Entwickelung, bei dem Fragmentarischen der paläontologischen Denkmäler. Deshalb halte ich es nicht für überflüssig, bei Gelegenheit der turkesta- nischen Wildschafe, ein vollständiges Verzeichniss der jetzt bekannten Ovis und Musimon zu geben; aber bezüglich der Diagnose beschränke ich mich auf diejenigen Arten, welche ich mit ihren nächstverwandten in der Natur oder nach Photographien der Schädel verglichen habe. Die letzteren sind mit Sternchen bezeichnet. 8 I. Die Hörner bilden eine unvollständige Windung der Spirale; das rechte windet sich nach rechts, das linke nach links; die Enden sind nach innen gebogen — Subgenus Musimon. / A. Die Enden der Hörner sind rückwärts und nach innen gewandt: Lyrocerotes. 1. Ovis nahoor, Hodgs. — Himalaya, das Quellgebiet des Ganges. 2. Ovis burrhel, Hodgs. — Himalaya. 3. ÖOvis orientalis, Gmelin (0. Gmelini, Blasius). — Das nörd- liche Persien. 4. Ovis anatolica, Valenc. — Kleinasien, Transcaucasien. d. Ovis cypria, Blas. — Cypern, Creta. B. Die Enden der Hörner richten sich nach vorn und nach innen: Oyclocerotes. 6. Ovis cycloceros, Blyth. — Der nordwestliche Himalaya im Pundschab. 13* 180 Gesammtsitzung lini, Heinsi und nigrimontana auf, von denen die beiden letzten nur auf der Untersuchung von Schädeln beruhen, die nach Karelin 7. Ovis Vignei, Blyth. — Klein-Tibet, Hindukusch, Chorasan, die Hochlande von Sarewtanschan. Der innere Winkel der Hörner stumpf, der äussere obere fast ein rechter, der untere fast spitz, nach innen gewandt. 8. Ovis musimon, L. (nee Pall.) — Sardinien, Corsica. C. Die Enden der Hörner sind nach vorn oder nach vorn und nach innen gerichtet; der Nackenkamm und das ganze Gerüst wie bei den gegen- wärtigen Musmones; aber jedes Horn bildet eine vollständige Windung der Spirale, und das rechte Horn krümmt sich nach links, das linke nach rechts, wie bei den gegenwärtigen Ovis. Eine Art, welche sich mit den Ovis und Musimon verbindet. 9. Ovis arkal, Brndt. (Ovis musimon, Pallas). — Das östliche Ufer des caspischen Meers. II. Jedes Horn bildet eine vollkommene Windung der Spirale; das rechte krümmt sich nach links, das linke nach rechts; die Richtung der Enden ist immer nach vorn, und im allgemeinen nach aussen — Subgenus Ovis. Die Kennzeichen der Körperbildung und des Nackenkammes (wenn einer vorhanden ist) sind oben angegeben. A. Die Richtung der Hornenden ist darin mehreren bedeutenden Ver- schiedenheiten unterworfen, dass sie sich bald nach aussen biegen, bald grade vorwärts, bald nach innen. *10. Ovis montana, Desm. (O. canadensis Blyth). — Das nörd- liche Amerika, die Skalistischen Berge. Mir ist eine Veränder- lichkeit der geometrischen Kennzeichen der Hörner unbekannt. 11. Ovis californica, Douglas. — Das nördliche Amerika, die Skalistischen Berge, südlicher als die vorhergehende Art. B. Die Richtung der Hornenden ist bei allen Arten nach vorn und aussen; bedeutende Verschiedenheiten in den Winkeln der Horn -Chorden sind nicht bekannt. Hierher gehören alle gegenwärtigen Owis unseres Fest- landes. a. Mit sehr starken Hörnern, im Vergleich zur Dicke ziemlich kurz. *12. ÖOvis nivicola, Eschscholtz. — Kamtschatka; viele halten sie für dieselbe Art wie die amerikanische OÖ. montana. 13. Ovis borealis, Nob. (?) Die Exemplare dieser Art, welche von Hın. Schmidt dem Museum der Akad. d. Wiss. über- geben sind, aus den Bergen und dem Hochlande von Pjas- sina und Chatanga im nördlichen Sibirien, erschienen mir vom 2. März 1876. 181 benannte dagegen bereits von diesem, der sie zuerst in dem Ala Tau, in der Nähe von Semiretschinsk entdeckte, in vollständigen 14. 15. 16. als eine Mittelform zwischen ©. nwcola und ©. argali, und näher der ersten: von welcher diese eine zweifelhafte Abart und mit der sie identisch sein kann; von ©. argali unterscheidet sie sich durch kleinere Hörner, kleineren Wuchs und weisslichen Bauch. Ovis Hodgsoni, Nob. (©. Hodgsonüi partim, Blyth.) — Hima- laya, der nördliche Abhang und Tibet. Ovis Blythi, Nob. (0. Hodgsoni partim, Blyth; 0. argali?, var. thibetana). — Tibet. Innerer Winkel der Hörner ein rechter oder fast stumpf, äusserer oberer spitz, unterer fast spitz. Ovis argali, Pall. var. a. mongolica. Die östliche Mongolei, früher auch im Lande jenseits des Baikal. — Innerer Winkel der Hörner fast stumpf, oder stumpf, äusserer oberer spitz, unterer ein rechter oder fast ein rechter, (bei den ausge- wachsenen, aber nicht sehr alten, ist dieser Winkel stumpf). b. altaica. — Der Altai, vorzugsweise die südlichen Steppen- Kämme; die Exemplare in Sammlungen mehr von den Plateaus und Höhen von Tschui. — Innerer Winkel der Hörner stumpf, äusserer oberer spitz, unterer fast spitz. 17. (2) Ovis collium, Nob. — Die niedrigen Steppen-Kämme nach N. vom See Balchat. Von mir nicht gesehn und von Keinem beschrieben, aber nach den Worten des Hrn. Karelin ver- schieden von den Ischuischen Arkaren. Varietät von O0. Äa- relini? b. Mit kräftigen, aber sehr verlängerten Hörnern, welche im Verhältniss zur Länge dünner sind als bei den vorhergehenden. 18. 19% 20. Ovis Karelini Nob. (0. Poli partim, Blyth). — Das Tjan- tjanische Bergsystem. — Innerer Winkel der Hörner ein rechter, äusserer oberer und unterer spitz. ©. Polii Nob. (OÖ. Poli partim, Blyth). — Das Quellgebiet des Kaschgar-Darja nnd Amu-Darja, südlich vom Gebiete des vorhergehenden. — Innerer Winkel der Hörner fast ein rechter, äusserer oberer spitz, unterer fast spitz (in jüngeren, aber schon ausgewachsenen stumpf). Ovis Heinsit Nob. (O. Poli partim, Blyth). — Das west- liche Tjan-tan und der obere Amu, westlich und nordwestlich vom Gebiete des vorhergehenden. — Innerer Winkel der Hör- 182 Gesammtsitzung Exemplaren gesammelt worden war. Dieselbe hat grosse Ähnlichkeit mit einer Art, welche bereits vor längerer Zeit nach einem Schädel- rudiment mit den Hörnern vom Pamir in Klein-Tibet von Blyth als Ovis Polii aufgestellt wurde (Proc. Zool. Soc. Lond. 1840. p. 62). Vollständige Exemplare, welche der als Geologe und Zoologe aus- gezeichnete, leider so früh verstorbene Reisende Stoliczka auf einer wissenschaftlichen Expedition nach Yarkand auf dem Thian- Schan erhalten hatte, waren von ihm zu Ovis Polü Blyth gezogen und als solche beschrieben und abgebildet worden (Proc. Zool. Soc. Lond. 1874. p. 425. Taf. 53). Später fand Capitän J. Biddulph, der Reisegefährte Stoliczkas, welcher Gelegenheit hatte, die Hörner der Wildschafe des Pamir und des Thian-Schan mit einander zu ver- gleichen, so grosse Verschiedenheiten zwischen beiden, dass er die Meinung aussprach, sie könnten nicht zu einander gehören, es sei das von Stoliczka beschriebene und abgebildete Wildschaf des Thian-Schan vielmehr eine neue, von dem, seinem Äussern nach noch unbeschriebenen, Ovis Poli aus dem Pamir verschiedene Art. Zur Entscheidung dieser Frage und zur wissenschaftlichen Feststellung des Wildschafs von dem Thian-Schan unternahm der. durch seine vortrefflichen Arbeiten über die wiederkäuenden Huf- thiere wohlbekannte Sir Victor Brooke, in Gemeinschaft mit seinem Bruder, Hr. Basil Brooke, eine Revision der bisherigen Untersuchungen über die Unterschiede und geographische Verbrei- tung der grossen Argali-Schafe Central-Asiens. Die interessanten Resultate dieser Untersuchungen sind der Zoologischen Gesellschaft zu London im vorigen Jahre mitgetheilt und kürzlich (Proc. Zool. ner ein rechter, äusserer oberer fast spitz, unterer in jedem Alter stumpf. 21. Ovis nigrimontana Nob. — Karatau, nordwestlich vom vor- hergehenden. — Innerer Winkel der Hörner fast spitz oder fast ein rechter, äusserer oberer spitz (59°), unterer ein rechter. Unter allen am ähnlichsten der 0. Heinsii, dadurch, dass der offenste der Winkel der Horn-Chorden der innere untere ist.“ Jedenfalls bedürfen manche der hier von Hrn. Severtzow angeführten Arten noch der Bestätigung. ©. californica dürfte kaum von ©. montana Schreber verschieden sein und ein Exemplar unseres Museums, welches allen Merkmalen nach zu O, nivicola Eschscholtz gehört, wurde von Hrn. Se- vertzow selbst als „Ovis collium“ bestimmt. vom 2. März 1876. 183 Soe. Lond. 1875. p. 509) veröffentlicht worden. Sie überzeugten sich, dass die von Stoliczka als Ovis Polü Blyth beschriebene Art mit. Ovis Karelini Severtzow identisch und daher von dem Dhian-Schan östlich bis zum Tengri-Khan verbreitet sei. Ovis Polii Blyth vom Pamir wird durch die undurchdringlichen Glet- scher des Karakorum von Ovis Hodgsoni Blyth, welche Nepal und Klein-Tibet angehört, getrennt. Über die Verbreitung der nur unvollkommen nach Schädeln bekannten O. Heinsii Severtzow und Ovis Brookei Ward lässt sich bis jetzt nichts feststellen; die Schädel der ersten erhielt Hr. Severtzow aus dem Distriet Tokmack, als Fundort der zweiten wird die Gegend von Leh, in Ladak, vermuthet. Ovis nigrimontana findet sich nach Hrn. Se- vertzows Angabe fast allenthalben in dem Karatau oder schwar- zen Gebirge, auf dem Buguni, auf den Felsen bei Marnin- sas, auf den westlichen Theilen der Teranischen Berge in der Nähe von Boroldai. Diese Art kommt auch auf den Chayan- Bergen, westlicher auf den Felsen der Turlanski-pereval vor und sie soll in einer Höhe von 7000 Fuss auf dem Min-Dielki, dem höchsten Punkte des Karatau, häufig sein. Nordwestlich kommt sie auf dem ganzen Karatau, bis zum Fusse desselben, an der Grenze der Steppen, namentlich auf den Kara-Murun-Bergen vor, welche die Steppe nur um 1000 Fuss überragen. Dennoch gelang es Hrn. Severtzow nicht, etwas anderes von diesem Thier als den Schädel mit den Hörnern zu bekommen. ©. nivicola Esch- scholtz gehört dem Stanowoi und den kamtschatkischen Gebirgen, also ausschliesslich dem nordöstlichsten Theil von Asien an und hat zwar einige Merkmale mit der nur in Nordamerika vorkom- menden ©. montana gemein, wodurch sich beide von den anderen Arten oder Rassen unterscheiden, ist aber nicht mit derselben zu vereinigen. Was nun die zuerst bekannt gewordene Form, Ovis Ammon L., das Argali-Schaf von Gmelin und Pallas anbelangt, so war es, wie erwähnt, schon zur Zeit von Pallas Reisen (1772) durch die Anlage der Bergwerke am Irtysch vernichtet oder vertrieben, während es auf dem Altai noch im Quellgebiet des Jenisey, nach Radde, zwischen 2000 bis 3500 Fuss Höhe vorkommt. In Dau- rien wurde es, nach Radde (l. ce. p. 241), vom Adontscholon- Gebirge verdrängt und begab sich in östlicher Richtung auf die kahlen Höhen zwischen Soktui und Abagaitui, wo es bis zum Gesammtsitzung Jahre 1831 gar nicht selten war. „Nun aber, sagt Radde, wurde Daurien im Winter 1831—32 von einem sehr kalten und schnee- reichen Winter heimgesucht und wir haben darin, dass ein so grosses starkes Thier, wie der Argal-Bock, in Folge dieses Win- ters fast ganz vernichtet wurde, einen interessanten Beweis, wie auch jetzt noch durch Verhältnisse, an denen der Mensch ganz schuldlos ist, selbst grosse Thierformen, local wenigstens, aus- sterben können. Im Frühlinge 1832 wurden nämlich in den Ge- birgen bei Soktui nur sechs Argal-Schafe bemerkt und fanden, er- schöpft, wie sie nach einer solchen Winterung sein mussten, um so weniger Mitleid und Schonung bei den Mongolen und Kosaken. Die letzten sechs wurden geschossen und so vollbrachte der Mensch das, was die Natur begonnen hatte. Seit jener Zeit ist kein Argali- Schaf im russischen Daurien anzutreffen und da die Aegoceros- Arten alle Standthiere sind, so lässt sich auch kaum erwarten, dass sie von Süden her, wo sie bei den Mongolen recht häufig sein sollen, hier wieder in’s russische Gebiet einwandern wer- den.“ Nach Radde fehlt es ebenfalls im Kentei- und in dem südlichen Apfel-Gebirge und den von ihm eingezogenen Nach- richten zufolge sollen dieses letztere, so wie das Chingan- und Bureja-Gebirge, wie auch der grösste Theil des Stanowoi keinen Repräsentanten der Wildschafe besitzen. Weder von den Örotschonen der untern Schilka, noch von den Monjagern des obern Amur, noch von den Birar-Tungusen des Bureja- Gebirges konnte Hr. Radde Kunde über ein derartiges Thier er- langen; eben so wenig Hr. von Middendorff an den Quellen des Silimdschi (einem Arme des Dseja). Nirgends weder im russi- schen Daurien, noch in den Baikal-Gebirgen konnte Hr. Radde durch die Jäger irgend etwas über das Vorkommen des Argali oder des sibirischen Steinbocks erfahren. Nur die Völkerschaften, welche Verkehr mit der östlichen Mongolei hatten, kannten das Argali dem Namen nach und erhielten zuweilen Felle im Austausch. Nach Severtzow kommt das Argali-Schaf nicht in Turkestan vor, aber er glaubt, dass es östlich von der Wüste Gobi und weiter südlich bis zu den beiden grossen chinesischen Flüssen vorkommen dürfte, was indess noch genauer zu erforschen sei. Da unsere Kennt- nisse über das Vorkommen von Wildschafen in diesen Gegenden überhaupt noch so unsicher waren, liess sich noch viel weniger etwas darüber sagen, ob die hier etwa vorkommende Argali- Art vom 2. März 1876. 185 mit bereits bekannten zusammenfalle oder von ihnen verschie- den sei. Es dürfte daher von besonderem Interesse sein, dass das zoo- logische Museum kürzlich durch die Bemühungen des Hrn. Dr. O. von Möllendorff bei der Kaiserlichen Gesandtschaft in Peking das alte ausgewachsene Männchen eines Argali-Schafs aus dem östlichen Theile der Mongolei, nördlich von Peking erhalten hat, über welches ich mir erlaube, eine Mittheilung zu machen. | In der Grösse stimmt der ausgewachsene Widder der östlichen Mongolei fast ganz überein mit dem von Pallas ausgemessenen Schaf der Ovis Ammon von dem Adontscholon. An der Kehle, auf dem Nacken und besonders auf dem Widerrist sind die Haare verlängert, 9 bis 10 Centimeter lang, während sie an den anderen Theilen nur eine Länge von 4 bis 5 Centimeter erreichen. Die straffen, brüchigen etwas wellenförmigen Haare verdecken eine sparsame kurze feinere Wolle. Der obere Rand der Nasenlöcher wird von einer nackten Wulst gebildet, welche sich vorn mit einer mittlern bis zum Rande der Oberlippe herabsteigenden vereinigt. Die Ohren sind verhält- nissmässig kurz und zugespitzt. Der kurze Schwanz ist, wie Pallas dieses von dem ©. Ammon beschreibt, an der Basis jeder- seits durch eine Hautfalte angeheftet, so dass eine Tasche unter der Schwanzbasis gebildet wird. Die Hörner sind an der Basis eben so breit und hoch wie bei dem alten Ovis Ammon und haben hier auch im ganzen dieselbe Krümmung. An der Basis bis zum ersten Viertel ihrer Länge sind ihre vorderen und hinteren Winkel abgerundet und in ihrer Mitte ist die vordere Seite flach, die hin- ‘tere dagegen concav. Sie verjüngen sich aber viel schneller, ihre zweite Biegung ist mehr einwärts gerichtet, und die Endbiegung viel kürzer, als bei jener Art. Auch unterscheiden sie sich da- durch, dass die Wülste verhältnissmässig breiter und die hintere Oberfläche mehr concav ist. Die Mündung der Klauendrüsen der Vorder- und Hinterbeine ist sehr deutlich. Die Schnauze, der Nasenrücken, die innere Behaarung des Ohrs sind weiss. Der Kopf ist im ganzen blasser als der Körper, mit Ausnahme eines dunkleren braunen Längsstreifens auf den Backen und eines ähnlichen unter dem Ohr.. Der Körper erscheint, da die meisten Haare braun, die anderen weiss sind, graubraun, während die Mähne des Vorderhalses wegen der grösseren Zahl _ der weissen Haare, mehr grau erscheint. Der obere Rand der 186 Gesammtsitzung Mähne des Widerristes und der Mitte der Nackenmähne ist vor- wiegend weiss. Der Schwanz, mit Ausnahme der hellbraunen Unterseite der Spitze, und ein denselben umgebender Hof ist weiss. Die Perinealgegend und der hintere innere Theil der Keulen sind mehr schmutzig weiss, grau. Der mittlere Theil des Bauches, der Hinterbauch und die Haare des Scrotums sind weiss, die Seiten des Bauches heller braun, nicht gegen die Körperseiten abgesetzt. Der Ober- und Vorderarm sind braun bis auf den hinteren weissen Rand, welcher sich über die hintere innere Seite des Vorderarms in der Weise allmählig von unten nach oben hin ausdehnt, dass die Innenseite des Vorderarms unten fast ganz braun, oben zur Hälfte weiss ist. Ebenso ist der Unterschenkel am hinteren Rande und inwendig nur oben und hinten weiss. Der hintere und der vordere Rand der Mittelhand und des Mittelfusses, ein grosser Fleck an der innern Seite der Fusswurzel, so wie die Zehen über den Hufen sind weiss. Meter Totallänge von der Schnauze bis zum Schwanzende . . . 1,705 Korperhöhe A Le el 1600 Hinterhaupt bis So nebanıs ee 20 Schnauze bis Hinterhaupt ! N... 22 u ee ee Schnauze.bis Auge... Wlan, 2 So 082 Schnauze. bis Hörnermitte‘ .... wyau. u. Bern Auge. vom Ohr er. u... ir Ben ine. ee 0310 Wänge der Maulspalte; ....:...,..0 200. 0.20 ER oV3 Nasenscheädewand'. 2.2 20 0... 0 ol Länge: des::Ohrs u 4. Ha. = 2 Ren West I ee eV 100 Breite:des Ohrs....; .,.. a a oa.o. 0,000 Länge des Horns längs der Krümmung 2. as 0,320 Entfernung der een ul Du 0 Re 05 Entfernung der Spitze von der Basis ee A 0720 Entfernung der Hornbasen . 7.2.0. u a nie Umfang des Horns'an der ’Basıs 0270. nune an 080 Umfang. des, Horns, nach 30, Gent. 7. 2:20, „u 2 es > Umfang’ des Horns nach 60 Cent 7. 2... 12.0 207.27.000:2270210 Umfang des, Horns nach ‚90 Gent), » 2... me Enge Grösste. Hornhöhe an der Basis... .. 0 s160 Grösste "Hornhöhe nach 180:/Centen 237 ar m ze Grösste. Hornhöhe. nach 60, Gent. 1 2. 122 Sa Se Grösste Hornhöhe nach 90 Gent... 2.121.012 22 Ps 1005 Grösste ‚Hornbreite an ‘der Basisw2.... ..2.. ey Dr Grösste Hornbreite nach” 30 Gent... .. 1. 0 GrössteHornbreite nach’ 60 "Cent. 2 =. 2. 1. Pr 2 Grösste 'Hornbreite nach 90 Gent. "u... Wan. 1222705009 vom 2. März 1876. 187 Meter Ikanver des Schwanzes mit, Haar .. . .. . wer a 2. 212725-0,105 TBange. des. Schwanzes ohne Haar . . uam. me sell 01..0,075 Scehädellänee ‚bis Hinterhauptshöcker . . .....2... 2... 0315 Monderamne ne ee a, 0.2: 50,300 landwanzele Vor ee es a En 0,030 IMnielband ee ee 0,208 Ir ohenlamsde ee ne ee ey 201.05050 De monrlchalanx 1.2... mem. ee Ser. 20,083 Umiersechenkel 2 Se Er Eee tnsswanzal on ee ae NEiteluisse se ee Teen 2205903 1, elnallanss sea a ee Dusoeahalanxz u... unser en waren in. 0,068 Iamsendess Vorderhufs: 2.0.2200 aa ne .0,069 MorderesBlohe des Vorderhuls .: „2... ......02 32.2%2:0,047 leanserdes Llinterhuts 0... nn... 20. 20,068 Vordere Höhe des Hinterhufs re .. 0,045 Die Endspitze des linken Horns ist abgebroehen, während das rechte vollständig ist. Dieses letztere wiegt 24 Kilogramm, so dass beide Hörner zusammen nur 5 Kilogramm wiegen, was ein viel geringeres Gewicht ist als das, welches bei O0. Ammon vorkommen soll (15 Kilogramm), obgleich das vorliegende Exemplar schon sehr alt ist, wie daraus hervorgeht, dass die Nähte der Schädelknochen z. Th. bereits verschwunden sand. Mit dem nordöstlichsten Wildschafe Asiens, O. nivicola, kann dieses mongolische schon wegen der Form der Hörner nicht leicht verwechselt werden. Ausserdem ist OÖ. nivicola viel grösser und unter anderem im Schädelbau sehr verschieden durch die sehr ver- flachten Anteorbitalgruben. ©. Hodgsoni stimmt mit ihr durch die tiefen Anteorbitalgruben, die kurze Endkrümmung der Hörner und die Entwickelung einer Mähne überein, unterscheidet sich aber leicht durch die dreikantigen und an der Basis weniger massigen Hörner. Durch letzteres unterscheidet sich auch leicht Ovis nigri- montana. JEbensowenig kann sie mit den durch seitlich weit ab- stehende Hörner ausgezeichneten ©. Polü, Karolini, Heinsiü und Brookei verwechselt werden. Ihre nächste Verwandtschaft scheint mir daher immer noch mit der am längsten bekannten Art, O0. Ammon, zu sein. Auch diese hat die tiefen Anteorbitalgruben und die Basis der Hörner stimmt nicht allein in der Grösse, sondern auch in der Form 188 Gesammtsitzung (s. nebenstehende Figur der Basis der abgenom- menen Hörner) am mei- sten mit der von dieser Art überein. Aber we- der die Abbildung des Widders von Ovis Am- mon vom Irtysch, wel- che/Ballas (|. e. bar. Hauptfigur) gegeben, noch die eines solchen vom Adontscholon in Hrn. Severtzow’s Abhandlung (Taf. 4) zeigen, ganz abgesehen von der viel bedeutenderen Entwickelung des Horns und seiner weniger nach oben gewandten Endspitze, eine Spur von einer Rückenmähne. Ausserdem ist in Bezug auf die Färbung zu be- merken, dass bei Ovis Ammon der hellere Hof der Steissgegend eine viel grössere Ausdehnung hat, der Schwanz oben braun ge- färbt und die Gliedmafsen von den Hand- und Fussgelenken an weils sind. Ich muss daher das vorliegende, mongolische Wildschaf für eine wissenschaftlich bisher noch nicht festgestellte Art oder Rasse halten nnd schlage für dieselbe den Namen Ovis jubata vor. Erklärung der Abbildungen. Taf. 1. Ovis jubata Ptrs. Mas. Taf. Taf. 3. Schädel von vorn. Taf. 4. Schädel von der Seite. Die drei letzten Figuren sind, um eine grössere Genauigkeit zu erzielen, [SS] Schädel von oben. in der Anstalt der Hrn. Gebrüder Burchard photolithographirt. u [O2Ia 9 an ze) sg elegnlsıag IGSeUo]\ proyoang] 1909 AyMOIoyg A; 'sng’eyeqnl sıAaQ "© gel paeyaangı 1994) AYNOTOUA . Sud 2) vegan!’ SIA 0 "© JeL | | | ‚gg dg,g1 uag 'ssyn D PeIyaD Jagsreuoy preyaungy 2900 AUITOLOUG 'syyq'eiegn!l' sırg DJeL ‘997. d 9, gT uIOg SSıM pP PeNyYD Jogspeuop vom 2. März 1876. 189 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Journal of the R. geological Society of Ireland. Vol. XIV. Part. 2. Vol. IV. Part. 2. (New Series) 1874/75. London, Dublin, Edinburgh 1875. 8. Repertorium für Meteorologie. Herausgeg. von der Kais. Akademie der Wis- senschaften. Redig. von Dr. H. Wild. Bd. IV. Heft 2. (Mit 1 Tafel.) St. Petersburg 1875. 4. Mittheilungen aus dem Jahrbuche der kön. ungar. geologischen Anstalt. 3. Bd. 3. Lief. 4. Bd. 1. Heft. Budapest 1875. 8. Mit Begleitschreiben. A magyar kir. földtani intezet Evkönve. III köt. 4 füzet. IV kötet. 2 füzet. ib. eod. Desel. M. G. Marignac, Sur les chaleurs specifiques des solutions salines. Extr. 18.0.9 8. Revue scientifique. N. 35. Fevr. 1876. Paris. 4. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Östasiens. 8. Heft. September 1875. Yokohama. fol. Das schöne Mädchen von Pao. Eine Erzählung aus der Geschichte China's im 8. Jahrh. v. Chr. (Aus dem Chinesischen übersetzt von ©. Arendt.) ib. fol. F. Mandoj Albanese, Ricerche fisiche intorno alla Luce ed ai colori proprü dei corpi. Napoli 1875. 8. Mit Begleitschreiben. 2 Ex. Friedrich der Grosse in seinen Schriften. Herausgegeben von E. Schröder. Bd. 1.2.3. Leipzig1875. 8. Mit Begleitschreiben, 190 Gesammtsitzung 9. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Bruns las über die Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden. Am 4. März, als dem Jahrestage, an dem vor funfzig Jahren Hr. Dove zum Doctor der Philosophie promovirt ward, überreichte ihm die Akademie folgende von den ordentlichen Mitgliedern unter- zeichnete Zuschrift: Eine deutsche Gelehrtensitte, an der wir um so lieber fest- halten, in je schnellerer Wandlung das deutsche Leben begriffen ist, heisst uns Ihnen heute beglückwünschend nahen, an dem Tage, wo vor funfzig Jahren Sie die philosophische Doctorwürde erwar- ben. Wir freuen uns für Sie, dass Sie während so langer Zeit, bis zu diesem Augenblicke, die Wissenschaft mächtig fördern durf- ten. Wir sind stolz für die Akademie, dass aus ihr heraus Sie einen grossen Theil Ihrer denkwürdigen Thaten vollbrachten. Bis dahin, wo zuerst Ihr Name in der Geschichte der Wissen- schaft genannt wird, der er bald für immer geläufig werden sollte, gab es kaum eine deutsche Physik, wie am besten die Aufzählung der wenigen Männer bewiese, die im ersten Viertel des Jahrhun- derts bei uns Physiker heissen konnten. Der deutsche Geist, der erst eben seine grosse Literatur-Epoche durchlebt hatte, war noch nicht reif für die männlich ernste Arbeit der theoretischen Natur- wissenschaft, und verweilte tändelnd auf der blumigen Flur natur- philosophischer Speculation. Da plötzlich wie durch Zufall, vielleicht durch ein geheimes Naturgesetz, ersteht in Norddeutschland ein ganzes Geschlecht für Physik begabter und begeisterter Männer. Unter Schwierigkeiten, welche die Nachfolger kaum mehr sich vorstellen können, schaffen diese Männer, selber der Schule entbehrend, die. deutsche physika- lische Schule. Dieser Männer Einer, denen die deutsche Wissen- schaft in alle Zukunft dankbare Ehrfurcht bewahrt, sind Sie; und sogleich zeigt sich Ihre bahnbrechend kühne Gestalt mit dem Gegenstande beschäftigt, dem fortan Ihr Leben gehören soll. vom 9. März 1876. 191 Seit Erfindung des Barometers und Thermometers wurden bald hier bald da kürzere oder längere Beobachtungsreihen ohne Zusammenhang und ohne Erfolg unternommen. Langsam schritt unterdess die Arbeit der seefahrenden Nationen vor, ein ungefähres Bild vom Zustand des Luftkreises auf den verschiedenen Punkten des Erdballs in den verschiedenen Jahreszeiten zu gewinnen. Die Erklärung der Passate gelang zwar schon Newton’s unmittelbaren Nachfolgern. Die Meteorologie musste aber erst noch de Saus- sure in die Nebel des Hochgebirges, von Humboldt und von Buch in die heiteren Zonen fast ungestörter Periodieität zwischen und nah den Wendekreisen folgen, ehe sie an Ihrer Hand allsei- tiger Entwickelung entgegenging. Unsere allen Winden offene norddeutsche Ebene war durch die Allgemeinheit der Verhältnisse, welche ihr wechselndes Klima bedingen, gleichsam dazu vorherbe- stimmt, durch Sie die Geburtsstätte der neuen Wissenschaft zu werden. Das nach Ihnen genannte Drehungsgesetz des Windes haben Sie selber mit der Ihnen eigenen Liebe zur Geschichte der Wissen- schaft in zahlreichen Aussprüchen bis zu Aristoteles zurück- verfolgt. Dies Alter Ihres Gesetzes erhöht nur Ihren Ruhm. Zweitausend Jahre lang hatte man der scheinbar der Sonne folgen- den Drehung des Windes zugeschaut, ohne deren Sinn zu begrei- fen. Bald nach dem Tage, dessen funfzigjährige Wiederkehr wir feiern, berechneten Sie die barometrische, die thermische und die atmische Windrose, und indem Sie den Zusammenhang des Druckes, der Wärme und der Feuchtigkeit der Luft mit der Windrichtung in den verschiedenen Jahreszeiten aus unserer Lage zwischen einem stets gemässigten Weltmeer und einem bald glühenden, bald eisigen Continent erklärten, bewiesen Sie mittelbar Ihr Gesetz ' sicherer, als dies durch unmittelbare Beobachtung der Windfahne möglich war. Sie erfassten die Beziehung der Wiriddrehung auf jeder Erdhälfte zu den beiden in den mittleren Breiten sich be- kämpfenden Passaten. So war über die ganze Erde Einheit und Verständniss in die atmosphärischen Vorgänge gebracht. Die „eisernen Nächte“ unseres Winters unter Schneegestöber schnell in mildes Thauwetter, die tropische Hitze unseres Sommers ebenso rasch in kühle Regenzeit umschlagend: dies ewige Wechselspiel unserer Witterung war nun auf dieselben Ursachen zurückgeführt wie der Tropen starres Einerlei, und gleich diesem an die grossen 192 Gesammtsitzung kosmischen Grundbedingungen geknüpft. Barometer und Wind- fahne im Auge durften Sie getrost auf das Wagniss des Wetter- verkündens sich einlassen, ja die Wettersprüche von Jägern, Hirten und Seeleuten erhielten oft durch Sie wissenschaftliche Bestätigung. Noch eine andere Ihrer hervorragendeu Leistungen wurzelt in jener frühen Zeit. Die tropischen Orkane waren den Europäischen Gelehrten lange nur als Schrecknisse, gleich Gewittern, vulkani- schen Ausbrüchen und Erdbeben, bekannt. Schilderungen wie die Raynal’s und Bernardin-de-St. Pierre’s enthielten so ziem- lich, was man davon wusste. Als in der Weihnachtsnacht 1821 ein gewaltiger Sturm über Europa hinbrauste, ahnte noch Niemand bei diesem winterlichen Tosen einen tropischen Gast. Sie wiesen die Wirbelnatur dieses Sturmes nach, führten zuerst, alle Hinder- nisse besiegend, Sturmwarnungen längs der heimischen Küsten ein, und fassten schliesslich, durch grossartigen Überblick die Ihnen versagte Anschauung ersetzend, das von Redfield, Reid und Piddington zum Gesetz der Stürme gelieferte Material so zusam- men, dass der in der chinesischen See vom Tyfoon gepackte Schiffer nach Ihrer Vorschrift steuert, um dem Verderber zu ent- gehen. Neben diesen theoretisch und praktisch gleich folgenschweren Arbeiten beginnen Sie aber auch alsbald, mit entsagender Aus- dauer, eine Reihe der umfassendsten Untersuchungen über die Ver- theilung der Wärme an der Erdoberfläche. Von Humboldt’s glücklichen Gedanken, diese Vertheilung graphisch darzustellen, führen Sie in Ihren Monats-Isothermen und Normalen auf das Fruchtbarste weiter aus. Ihrem rastlosen Streben gelingt es, Deut- schland mit einem Netze meteorologischer Stationen zu überziehen, nnd während Sie Ihre Nächte der Bewältigung des massenhaft zu- strömenden Stoffes widmen, wissen Sie, feldherrnähnlich, dass von den Alpen bis zum Kurischen Haff, von der Saar bis zur Schnee- koppe, ein getreues Heer von Beobachtern von Ihnen verglichene Instrumente befragt. Diesem Unternehmen erwächst bald die wun- derbarste Hülfe. Elektrotelegramme von fast allen Punkten der bewohnten Erde können Ihnen jetzt täglich vom Zustand unseres Dunstkreises ein Bild gewähren, wie etwa ein Moudbewohner bei Vollerde es von der ihm sichtbaren Hemisphäre haben würde. Ob im Gewirr der nicht-periodischen Veränderungen der Temperatur- Vertheilung, deren Studium Sie Jahre lang festhielt, ein späteres vom 9. März 1876. 193 Zeitalter sich zurechtfinden; ob es so glücklich sein wird, die zer- streuten Glieder, von denen Sie hin und wieder eins erkannten, zu einer Mechanik des Luftmeeres zu verbinden: wir wissen es nicht. Aber wie auch dieser Zweig menschlicher Kenntniss sich gestalte, auf die grundlegenden Ermittelungen, welche er Ihnen ver dankt, wird die deutsche Wissenschaft immer mit Stolz hinweisen. Man sollte meinen, dass Beschäftigungen, welche Ihren Blick so an das Grosse und in die Weite gewöhnten, für die kleine Welt des Laboratoriums Sie gleichsam übersichtig gemacht hätten. Doch bleibt Ihnen noch Lust, Kraft und Zeit, um die verschieden- sten Theile der Physik: Metronomie, Akustik, krystallographische Optik, Elektrieität und Magnetismus, mit einer Fülle stets charak- teristisch feiner Wahrnehmungen zu bereichern. Ihr Polarisations- apparat, Ihr Differential-Inductor, Ihr Rotationspolariskop erinnern an Sie in jeder physikalischen Sammlung. Ihre stereoskopischen Studien, welche die eben erst durch Brücke gerettete Lehre von den identischen Netzhautpunkten wieder erschütterten, und das Wesen des Glanzes aufklärten, trugen Ihren Namen auch in den physiologischen Hörsaal, ja seltsamerweise bis hinter den Zahltisch der Banken. Nicht minder endlich dienten Sie dem Zusammenhang und Überblick der Wissenschaft, indem Sie sich an die Spitze eines Sammelwerkes stellten, welches deren Felder wiederkehrend ab- suchte, und dessen Bände, als Fundgrube zuverlässiger Literatur- angaben, kein Physiker entbehren kann. Anderer Beruf ist es, die Wirkung zu rühmen, die Sie als Lehrer in den mannigfaltigsten Kreisen übten. Hundert Universi- täts-Semester sahen an Pregel und Spree eine Reihe von Schülern zu Ihren Füssen sitzen, deren Ruhm später den Ihrigen verkündigt hat. Nicht leicht hat so wie Sie ein Lehrer auf dem Katheder empfänglichen Naturen, gleichsam durch geistige Transfusion, seine eigene hohe Denkart eingeflösst; und nicht leicht traf in deutscher Sprache Einer besser als Sie den Ton allgemein fasslichen, heiter belehrenden Vortrags. Nehmen Sie denn unseren Dank für Alles, was Sie uns ge- leistet und gelehrt. Die Empfindung des betagten Heroen der Wissenschaft, der ruhmgekrönt auf seine Thaten zurückblickt, ist der freudigen Zuversicht himmelstürmender Jugend, dem stolzen Selbstgefühl des in schöpferischer Kraft dastehenden Mannes frei- [1876] 14 194 Gesammtsitzung lich nicht vergleichbar. Aber wenn von dankbaren Schülern und deren Schülern umgeben die reichaufgegangene Saat eines gelunge- nen Lebens zu schauen auch Glück heissen darf, so geniessen Sie, das ist unser inniger Wunsch, dies Glück noch lange in unserer Mitte. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: N. Bianchi, Le Materie politiche. Bologna & Modena 1876. 8. Vom Verfasser. Correspondenzblatt des Naturforscher-Vereins zu Riga. 21. Jahrg. Riga 18119: 8. Abhandlungen der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 20. Bd. vom Jahre 1875. Mit 1 Steindrucktafel. Göttingen 1875. 4. Müttheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale. Bd.I. Heft 3.4. Wien 1875. 4. Von der Königl. Norwegischen Universität zu Christiania mit Begleit- schreiben: G. O0. Sars, On the practical application of authography in Zoology etc. 8. Diplomatarium Norvegicum. Samlede og udgivne af C. R. Unger og H. J. Huitfeldt. Ottende Samling. 2e. Halvdel. Christiania 1874. 8. Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. 21. Bd. 1.—3. Heft. ib. 1875. 8. Den Norske Turistforenings Ärbog. for 1874. Udg. af N. G. Dietrichson. ib. eod.: . 8. ©. P. Caspari, Ungedruckte Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel. III. Universitätsprogramm. ib. eod. 8. H. Siebke, Enumeratio insectorum Norvegicorum. Fasc. II. Catalogus Co- leopterorum continens.. Univ.-Progr. ib. eod. 8. Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania Aar 1874. Med 8 Plan- cher. ib. eod. 8. Beretning om Bodsfaengstets Virksomhed i Aaret 1874. ib. eod. 8. Norske Universitets- og Skole-Annaler. Tredie Räkke. 3. & 4. Hefte. Oct. 1875. ib. eod. 8. vom 9. März 1876. 195 Det K. Norske Frederiks Universitets Aarsberetning for Aaret 1874 med Bi- lage. ib. eod. 8. J. W. Müller, Transfusion und Plethora. ib. eod. 8. Foreningen til Norske Fortidsmindesmerkers Bevaring. Aarsberetning for 1874. ib. eod. 8. Norske Rigsregistranter. Udg. ved. O0. @. Lundh og J. E. Sars. Sjette Binds 1 Hefte 1628—1681. ib. 1874. 8. R. Collet, Norges Fiske. ib. 1875. 8. On some remarkable forms of animal Life from the great Deeps of the Nor- wegian Coast. — II. Researches on the structure of the genus Brisinga by GG ORSans.ı absieod. 4: F. ©. Schübeler, Die Pflanzenwelt Norwegens. Specieller Theil. ib. eod. 4. B. Boncompagni, Bullettino. 'Tomo VIII. Sett. 1875. Roma. 4. Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres 1873 nebst Anlagen. Berlin. 4. 13. März. Sitzung der physikalisch - mathemati - schen Klasse. Hr. Hagen las über die gleichförmige Bewegung des Wassers in kleineren Canälen und Gräben, wie in Flüssen und Strömen. Hr. W. Peters las über eine merkwürdige von Hrn. Professor Dr. Buchholz entdeckte neue Gattung von Süsswasserfischen, Pantodon Buchholzi, welche zugleich _ eine neue, den Malacopterygii abdominales angehörige Gruppe von Fischen, Pantodontes, repräsentirt. Pantodon nov. gen. Körperform ähnlich, wie bei Haplochilus, mit flachem Ober- kopfe, aber aufsteigender weiter Maulspalte; Körper und Kopf bis 14* 196 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zur Interorbitalgegend mit eyeloidischen Schuppen bedeckt; Seiten- linie deutlich, bogenförmig nach unten herabsteigend; Oberkiefer- rand in der Mitte von dem einfachen unbeweglichen Zwischenkiefer, seitlich von dem aus einem einzigen Knochenstück bestehenden Oberkiefer gebildet; Zähne einfach zugespitzt im Zwischenkiefer, Oberkiefer, Unterkiefer, am Vomer, auf den Gaumen- und Flügel- beinen, auf dem Keilbein, auf der Zunge und den oberen und un- teren Schlundknochen. Kiemenspalten sehr weit, Kiemenhäute an- einander stossend, den Isthmus bedeckend. Kiemendeckelapparat nur aus dem Praeopereulum und Operculum zusammengesetzt. Elf Kiemenhautstrahlen; vier Kiemen, von denen die des ersten Bogens nur aus einer einzigen Reihe von Kiemenblättern gebildet wird. Infraorbitalbogen vollständig. Keine Pseudobranchien. Flossen nackt; eine kurze Rückenflosse, auf der Mitte des Schwanzes über dem Ende der mittellangen Analflosse beginnend; der erste und letzte Strahl der Brustflossen unverzweigt, die wenig zahl- reichen mittleren verzweigt; Ventralflossen verlängert, aus einem gegliederten unverzweigten und fünf verzweigten Strahlen gebildet; Schwanzflosse verlängert, oben und unten mit zwei gegliederten unverzweigten Strahlen. Magen hufeisenförmig gebogen ohne Blind- sack; ein einziger Pförtneranhang; Darm kurz. Schwimmblase dünn- häutig, einfach, ohne Gehörknöchelehen. Geschlechtsorgane mit Aus- führungsgang. Pantodon Buchholzi n. sp. (Taf. Fig. 1—4.) B.11.D.1,5; P.1,6,1; V.1,5; A.2,12 2,13); E22. Tat 28; tr.7. Vert.15/14. Rosenroth und silberglänzend, dunklere rosenrothe Längsbinden zwischen den Schuppenreihen; Submentalgegend mit abwechselnden violeten und silberglänzenden Querbinden; senkrechte Flossen blass- roth mit dunkleren rosenrothen Querbinden; Brustflossen längs dem 2. und 3. Strahl und in der Endhälfte mit Ausnahme des rosen- rothen Randes schwarz; auf den Bauchflossen nahe der Basis ein breiter abgerundeter schwarzer Fleck. Körperform verlängert elliptisch, nach dem Schwanze hin zu- sammengedrückt, am Bauche zugeschärft; obere Profillinie des Kopfes und des Anfangs des Rückens grade, untere Profillinie ge- bogen. Kopflänge gleich der Körperhöhe, viermal in der Totallänge (ohne die Schwanzflosse) enthalten. vom 13. März 1876. 197 Schnauze kürzer als der Augendurchmesser, vorn ausgerandet und von der Spitze des Unterkiefers überragt; der flache Interorbi- talraum doppelt so breit wie ein Augendurchmesser; Augen um 14 ihres Durchmessers von dem hinteren Rande des Kiemendeckels entfernt. Das hintere grössere sichelförmige Nasenloch unmittel- bar vor dem Auge, das vordere kleinere halbröhrenförmige hinter dem vorderen Ende des Oberkiefers. Zwei grosse Schuppen be- decken hinter den Suborbitalknochen die ganze Wangengegend. Der Vordeckel ist nach dem Rande hin grosszellig vertieft und so wie das Operculum am Rande ganz glatt. Von einem Sub- und Interoperculum finde ich keine Spur. Die elf feinen Kiemenhaut- strahlen legen sich an die innere Seite des Praeopereulum, der letzte an das Operculum an. Das Maul ist bis hinter das Auge gespalten. Der mittlere Theil des Oberlippenrandes wird von dem vorderen graden Rande des einfachen dreieckigen breiten, aber kurzen Zwischenkiefers begrenzt. Das vordere Ende der Oberkiefer ragt an jeder Seite vor dem Zwischenkiefer hervor, so dass ein breiter Ausschnitt gebildet wird, in welchen sich die gekrümmten Enden der Unterkieferhälften hineinlegen. Der Oberkiefer ist an seinem hinteren Ende verbrei- tert und abgerundet. Der Zwischenkiefer trägt eine einfache Reihe von kleinen spitzen Zähnen, die Ober- und Unterkiefer ausser einer äusseren Reihe etwas längerer eine innere unvollkommene Reihe kür- zerer Zähne; die Gaumenbeine zeigen zwei äussere und eine innere Reihe von Zähnen; die Flügelbeine sind auf ihrer ganzen Gaumen- fläche mit spitzen etwas diekeren Zähnen besetzt und auf dem vorde- ren Ende des Vomer findet sich eine quere Zahnbinde, welche in der Mitte am schwächsten ist; eine langgestreckte rhomboidale, vorn sehr spitz ausgezogene Zahnplatte findet sich auf dem Keilbein; die ganze Oberfläche der zugespitzt dreieckigen Zunge und der von ihr über die Copulae der Kiemenbögen ausgedehnten Platte ist mit Zähnen besetzt, von denen die der mittleren Reihe grösser erscheinen. Die Zähne der oberen und der schmalen unteren Schlundknochen sind gedrängter und kürzer als an den anderen Knochen. Die vorderen Rechenzähne des ersten Kiemenbogens sind’ wenig zahlreich und kurz griffelförmig, die hinteren keulen- förmig. Die kurze Rückenflosse steht hinter und mit ihrem Anfange über dem Ende der Analflosse; sie hat einen einfachen gegliederten 198 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse d und fünf verzweigte Strahlen, von denen der zweite der längste ist. Die Brustflosse ist lang und zugespitzt und hat nur acht geglie- derte Strahlen, von denen der erste und letzte einfach, die sechs mittleren verzweigt sind; sie wird durch einen an der äusseren Seite beschuppten Hautlappen vergrössert, welcher sich mit dem letzten Strahl verbindet. Die Ventralflosse besteht aus einem ge- gliederten einfachen verlängerten und fünf verzweigten Strahlen, von denen der erste, zweite und dritte verlängert sind. Die Analflosse besteht aus zwei gegliederten einfachen Strahlen, von denen der erste sehr kurz ist und zwölf bis dreizehn verzweigten Strahlen, von denen der zweite und dritte die längsten sind. Die verlängerte Schwanzflosse hat oben und unten zwei lange gegliederte einfache und neun verzweigte Strahlen, von denen der dritte der längste von allen, der vierte der nächstlängste ist. Die Schuppen sind ziemlich gross, cycloidisch und fest anhän- gend; die Seitenlinie, welche in einem Bogen nach unten steigt, um von dem Ende der Analflosse an grade zu verlaufen, enthält 28 bis 29 Schuppen mit einem einfachen, graden, röhrenförmigen Canal; am Anfange der Seitenlinie befinden sich zwei Längsreihen von Schuppen über, vier, bis zu der Bauchflosse, unter derselben; nach dem Ende hin zählt man vier Schuppenreihen bis zum An- fang der Rückenflosse und eine und eine halbe bis zum Ende der Analflosse. Die Wirbelsäule besteht aus fünfzehn Rumpf- und vierzehn Schwanzwirbeln. Der Magen krümmt sich hufeisenförmig von rechts nach links; der einzige Pförtneranhang ist ziemlich kurz und der Darm, welcher ausser der Anfangsbiegung nur eine Schlinge bildet, erreicht noch nicht einmal die Hälfte der Totallänge (ohne die Schwanzflosse). Die Schwimmblase ist sehr dünnhäutig und ein- fach. Die Geschlechtsorgane sind mit Ausführungsgängen versehen. Die Totallänge der vorliegenden Exemplare ist 45 bis 55 Milli- meter ohne die Schwanzflosse, welche reichlich halb so lang ist. Dieses schöne Fischehen wurde in einem kleinen Bache in Vietoria, dem Vietoria-River, gefangen. Die Nahrung desselben besteht, wie aus dem Inhalt des Magens und Darms, Insecten- resten, namentlich Larven von Libellen, hervorgeht, in Insecten. Der äussern Gestalt und der Stellung der Rückenflosse nach schliesst sich diese eigenthümliche Gattung zunächst den Cyprinodon- tes (Haplochilus) und Esoces an, von denen sie aber sogleich durch vom 13. März 1876. 199 die Kieferbildung zu unterscheiden ist. Sie hat zwar einen einfachen Zwischenkiefer wie die Mormyri, aber derselbe ist unbeweglich mit den Stirnbeinen verwachsen und im übrigen findet sich ausserdem keine Ähnlichkeit mit dieser Familie als in der geringen Zahl der Pförtnerblinddärme. Den Characini nähert sie sich durch die grosse Maulspalte und kräftige Bezahnung, weicht aber durch die grosse Zahl der Kiemenstrahlen und durch die meisten übrigen Merkmale von ihnen ab. Ganz eigenthümlich und von allen anderen bisher bekann- ten physostomen Fischen abweichend ist der vollständige Mangel eines Sub- und Interoperculums und die auf eine halbe reducirte vordere Kieme. Indessen gibt es Süsswasserfische derselben Ord- nung, bei denen bereits eine auffallend geringe Entwickelung des Sub- und Interopereulums beobachtet wird und die, wenn auch das Keilbein nur eine sehr kleine Zahnplatte zeigt, doch ebenfalls auf allen Knochen der Mundhöhle Zähne tragen, bei denen der Ober- kieferrand in ähnlicher Weise, in der Mitte zwar durch zwei be- wegliche Zwischenkiefer, gebildet wird, ebenfalls zwei grosse Schuppen hinter den kleinen Infraorbitalknochen die ganze Wange bedecken, deren Eingeweide, abgesehen davon, dass zwei Pförtner- anhänge vorhanden sind, eine sehr ähnliche Bildung zeigen, die von der Seite betrachtet durch dieselbe obere und untere Profillinie des Kopfes, dieselbe kurze Schnauze und vordere Lage des Auges, dieselbe schräg aufsteigende weite Maulöffnung, denselben geboge- nen Verlauf der Seitenlinie, und ausserdem durch eine sehr ähn- liche Bildung der Brust- und Schwanzflosse und Zuschärfung des Bauches ausgezeichnet sind, die aber sonst doch ein sehr verschie- denes Ansehen haben, durch ihre mosaikartig zusammengesetzten grossen Schuppen und überhaupt durch ihre beträchtliche Grösse auffallen. Es sind dieses die Osteoglossum, von welcher Gattung wir jetzt drei Arten, je eine aus Südamerica, den Sunda-Inseln und Australien kennen und denen die südamericanische Gattung Arapaima zunächst sich anschliesst. Sie wurden eben so wie die merkwürdige africanische Gattung Heterotis Ehrbg., welche zwar eine viel weniger ausgedehnte Bezahnung hat, sich sonst aber, nicht allein äusserlich durch die mosaikartigen Schuppen und die Körper- und Flossenform, den beiden erwähnten Gattungen nahe anschliesst, von Cuvier, Valenciennes und J. Müller in die Familie der Clupeen gestellt, während Hr. Günther diese drei Gat- tungen zu einer besonderen Familie „Osteoglossidae* vereinigt hat, 200 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 13. März 1876, nachdem Hr. Bleeker bereits früher daraus zwei Familien „Osteo- glossoidei* und „Arapaimoidei* gebildet hatte. Eine andere früher mit den Clupeen zusammengestellte Gattung, die ebenfalls eine vollständige Bezahnung der Knochen der Mundhöhle hat, ist die in den süssen Gewässern Nordamericas einheimische, von Hrn. Gün- ther als Repräsentanten ‘einer besonderen Familie „Ayodontidae* betrachtete Gattung Hyodon, die ausserdem mit unserer Gattung durch die ähnliche Form der Cyeloidschuppen und einen einzigen Pförtneranhang übereinstimmt, welche aber mit einem wohl ent- wickelten Kiemendeckelapparat versehen ist und deren Eierstöcke ohne Ausführungsgänge sind. Der von Hrn. Buchholz entdeckte Fisch lässt sich offenbar, wenn auch seine Verwandtschaftsbeziehungen unter den bisher be- kannten Fischen zu Osteoglossum und Hyodon die nächsten zu sein scheinen, mit keiner dieser Gattungen in den von Hrn. Gün- ther aufgestellten Familien vereinigen und es würde nöthig sein, wiederum eine neue Familie für einen einzigen Fisch aufzustellen, wenn es nicht passender wäre, alle diese Fische als eine einzige Familie zusammenzufassen, da sie so viele Charactere gemein haben, wodurch sie sich zugleich von den anderen Malacopterygü abdomi- nales unterscheiden. Ich schlage daher vor, sie als die Familie der Osteoglossidae zu bezeichnen und dieselbe in drei Gruppen oder Unterfamilien: Hyodontes, Pantodontes und Osteoglossa zu vertheilen. Erklärung der Tafel. Fig. 1. Pantodon Buchholzi Ptrs., in natürlicher Grösse. Fig. 2. Aufgesperrtes Maul desselben, vergrössert; 7. Intermaxillare; m. Ma- xillare; md. Mandibula; v. Vomer; p. Palatinum; pt. Pterygoideum ; sp. Sphenoideum; /. Zunge und Zahnplatte der Copulae; Ah. Hyoideum ; br. erster Kiemenbogen; ph. Pharyngeum superius. Fig. 3. Magen, Pförtneranhang und Darm desselben, in natürlicher Grösse. Fig. 4. Schuppe von der zweiten Reihe unter der Seitenlinie in der Bauch- gegend. 1z[oqyonet UOPoJuß| Gesammisitzung vom 16. März 1876. 201 16. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Websky las folgende Abhandlung: Über Isomorphie und chemische Constitution von Liövrit, Humit und Chondrodit. Der Liövrit von Elba ist zuletzt von Sipöcz (Tschermak min. Mitth. 1875, p. 72) mit gleichem Erfolge, wie von Städeler (Journ. f. pract. Chemie 99, p. 70), untersucht worden; die Ana- lysen beider führen auf den empirischen Ausdruck H,Ca,Re,Fesı, O,;; nach Rammelsberg (Mineralchemie 2. ed. II. 707) equivalent mit II R,SiO, R.51,0, — R,SiO, d. h. eine Verbindung von 1 Molekül Halb- und 1 Molekül Drit- tel-Silicat; im Speciellen ist die Constitution des Liövrits anzunehmen. Dieser Ausdruck hat grosse Ähnlichkeit mit dem von Rammelsberg (ibidem II. 437) für Humit und Chondrodit angenommenen: [uMg, SiO, nMg,SiO, | Me, SiFl, Mg, SiFl,, insofern derselbe gleichfalls eine Verbindung von 1 Molekül Halb- und 1 Molekül Drittel-Silicat repräsentirt. Es gelingt aber auch in morphologischer Beziehung einen hochgradigen Isomorphismus zwischen Liövrit und Humit nachzu- weisen. Von den 19 Flächengattungen, welche A. Descloizeaux (Manuel I. p. 217) am Lievrit aufzählt, besitzen 9 derselben nahe dieselben Winkel wie 9 Flächengattungen an den Krystallen des 202 Gesammtsitzung Humits, Typus I (vergl. vom Rath, Pogg. Ann. Ergänzungsb. V. Heft 3. p. 324). Nau- Des- mann _ cloiz. p hi s g° g2 guy. 2..Be r 1% 1 2 d al al o b4 Es Es nähern sich nämlich; Lievrit Humit, Typus 1. vom Rath (a:0ob:ooc) A (ooa:oeb:c) (2a:b:ooc) de (3aoob:e) (3a:b:ooc) 4e- (2a:ooeb:c) (soa:b: oe) B (a:00b:ooe) (ooa:oob:e) C .(oo a:b:ooc) (oea:zb:c) do . (a:b:ooc) (a:ob:c) 31 (oea:db:e) (a:b:c) dr. (6a:3b:e) (a:4b:c) 4n (3a:3b:e) Den Symholen des Li@vrits liegen die Axeneinheiten a:b.:c’—; 1,309382.:.2,298. 90:4 zu Grunde; will man die Formen des Liövrits in diejenige Auf- stellung bringen, wie sie G. vom Rath für den Humit adoptirt hat, so muss man die Längsaxe OA des Lievrits zur Verticalaxe p>) Queraxe OB „ 3 „ Längsaxe „Verticalaxe 00°, A „ Queraxe und die Einheit a von OA = #c der neuen Stellung, b OB) a, GC OC=H4b, machen, so dass nunmehr in der neuen Aufstellung die Proportion der Elemente | 1,13198:1:4,516147 0,25007 :0,22142: 1 | lautet, wogegen für Humit Typus I G. vom Rath vom 16. März 1876. 203 a:b:c = 1,08028:1:4,40151 —-:0125719:0:227205:1 setzt. ; An Winkelwerthen entspricht beispielsweise am Liövrit am Humit, Typus I. hiess 1269.53! Alle, 126.22) hear =2]16 34 Ale: 171029 “le = ol B|4o = 132° 47 a ch 123% 306: A,lıdı ,—.124° 1 hljbl — 1217,17. Aular —,121°,44 Rammelsberg hegt gegen die von ihm für Humit aufgestellte Constitutionsformel Bedenken, weil bei der unzweideutigen Isomor- phie des Humits mit dem Olivin =R,SiO, folgen würde, dass das Drittelsilicat R,SiO, dann auch mit dem Halbsilicat R,SiO, isomorph sein müsste. Man kann indessen die Existenz einer solchen Isomorphie un- ter gewissen Voraussetzungen wahrscheinlich machen. Es ist näm- lich anderseits Olivin — R, SiO, auch im hohen Grade isomorph mit Chrysoborylil = BeAO, und dieser Körper wiederum isomorph mit Diaspor = H,AlO, und Göthit =H,FeO, (Rammelsberg, Mineralchemie 2. ed. I. 88. II. 150). Man kann daher alle Drit- telsilieate und Verbindungen von Halb- und Drittelsilicaten, in de- I 1 vI nen die Atomgruppen R,O, RO einerseits und &O, anderseits in gewissen Verhältnissen vorkommen, in zwei Glieder zerlegen, II von denen das eine als ein Equivalent des Halb-Silicats R, SiO, und das andere als ein Equivalent eines isomorphen Aluminats u u RAIO, oder Ferrats RFeO, erseheint. In diesem Sinne kann man auch für Lievrit den Ausdruck 204 Gesammtsitzung Ber 0753 ' g9 Fe 0% ' \ H, Fe Si,0 8) annehmen. Schwieriger ist es, aus den Analysen des Humits und Chon- drodits eine analoge Vorstellung abzuleiten; man muss dann zu der Hypothese seine Zuflucht nehmen, dass unter gewissen Um- ständen, und zwar im Besondern hier in Gegenwart von Fluor, das Element Magnesium ein sechswerthiges Doppelatom constituiren könne, was bei der berührten Eigenschaft des dem Magnesium an- derweitig nahe stehenden Eisens wohl angenommen werden kann; die, ein solches Doppelatom enthaltende Atomgruppe würde dann, als Mg,0,Fl, oder Mg,0,Fl, zu Schreiben sein. In der That lassen sich die Analysen des Chondrodits aus Nordamerica von Rammelsberg und Fisher und des Chondro- dits von Pargas von Rammelsberg (Mineralchemie, 2. ed. II. 454) zwanglos auf die Constitution [9Mg: SiO 2. Me, 0,01, | zurückführen, worin 71; bis 4 des im zweiten Gliede enthaltenen Magnesiums durch Eisen ersetzt ist. Die Analysen des Humits vom Vesuv und Nya- ee (ibidem) führen auf den allgemeinen Ausdruck [mMg; SO, | \ Mg, 0;Fl, J worin die Zahl m zwischen 5 und 10 schwankt; ein Theil des Magnesiums im zweiten Gliede ist durch Eisen ersetzt, das hin- wiederum bei dem Humit von Nya-Kopparberg zum Theil durch Aluminium vertreten wird; bei dem Humit vom Vesuv scheint, nach Maassgabe der von Rammelsberg ausgeführten Analyse desselben, vom II. Typus, das Aluminium als Spinell und das Cal- cium als Flufsspath beigemengt zu sein. Die Discussion der Analysen ergiebt folgende Resultate: vom 16. März 1876. 205 1) Humit vom Vesuv, Typus], nach Rammelsberg. ( 50Mg,8i O, ) | 5Ms,SiO \ 9Ms,0; Fl, = | n N < 6 0) | Fe FeO, )J oT Gefunden 1SFl GIOI == 342. ==, 3,95 BraKr 90810; (60) =: 3000 — 34,67 34,80 127MgO (40) = 5080 —= 58,70 60,08 L#e0,(160) =, : 160_== 1,85 EREOICED) —r re 12 —1,0,83 2,40 3654 100,00 100,75 2) Humit vom Vesuv, Typus |, nach vom Rath. | 24M 5,810, BMe. iO | 2Ms, 0; Fl, | =! on | Feaospiı ir Spinell: 0,32 MgAlO, Flufsspath: ? Gefunden bon RZ C9) ==. [14 2,2984 2,43 24 SiO;, (60) —, 1440 — 36.23 35,63 54,32 MgO (40) — el 54,45 3 FeO (72) en 5,12 03281. . (10286) ==) 33 ==, 10:83 0,82 3975 100,00 CaO 0,3 98,68 206 Gesammtsitzung 3) Humit vom Vesuv, Typus II, nach Rammelsberg. 50M,SiO, ( ) 9M& 0, Fl, I. os | F OEL | a 3 3 2 Spinell: 0,9 Mg Al O, Flufsspath: 1,1 Ca Fl, Gefunden 221 N) = 122—= 45 5,04 50.810.760) = 30003314 33,26 127,9MgO (40) — 5116 — 57,55 57,92 3 FO (92) = 216 = 243 2,30 0,9410,(102,6)= 92 —= 1,03 1,06 1,1Ca0 66) = 9% —= 0,0 0,74 - 8908 , 100,20 10032 1,10 (16), „7 185 510.20 8390 100,00 4) Humit vom Vesuv, Typus II, | nach vom Rath. | 75 M&»5i0, | (5MgSio, | a | ® \ M30;Fl, I F&s0O;Fl, ) Spinell: 1,28 Mg Al O, _ Gefunden 307 SB] (19) = 8900, 2,74 15.810, (60) == 54500. 3423 34,02 193,28MgO (40) "= 4151 = 58,80 59,23 30 „BeO. a2) = Av2l6 — 1,64 1,78 1.2310, (102,6) =. 1312 —=771,00 0,99 13148 100,00 98,76 vom 16. März 1876. 5) Humit vom Nya-Kopparberg, Typus Il, nach vom Rath. | 5Mg,SiO, 2Mg,0, Fl, ' _ | or, U BeRO,EI, J = Ä 10R — FeAl, Gefunden FO) = 14= 435 4,94 15 SiO, (60) = 900 — 34,38 _ 33,96 36 MeO (40) — 1400 — 53,48 53,51 2,6Fe0 (9) = 17 — 714 6,83 0,2410,102,60)— 20 — 0,76 0,72 2621 100,11 99,26 0,20 (16). == a0, 2618 100,00 6) Humit vom Vesuv, Typus II, nach Rammelsberg. ( 90Me,$iO, \ | En 10M8,8iO, : 8M&O;Fl, | Sn. | Fe, 0, Fl, an Gefunden 18&:El (19) =. 342.940 2,61 90SiO, (60) — 5400 — 38,25 36,67 204MgO (40) — 8160 — 57,80 56,83 3Fe0(?)—= 216 — 1,53 1,67 14118 100,00 97,78 a | 208 Gesammtsitzung 7) Humit vom Vesuv, Typus III, nach vom Rath. ( 24M%SiO, \ i | | [8M2SiO, | | | Ms8,0,Fl, Fe, OÖ, Fl, Gefunden 6PI.22A9 = 114 == ,2:90 2,40 24 SiO, (60) = 1440 = 36,64 36,82 54MgO (40) = 2160 = 54,96 94.92 3ReVi 2), =. 2216 —=.,5,90 5,48 3930 100,00 AlO; 0,24 99,86 8") Ohondrodit aus Nordamerica, nach Rammelsberg. (Analyse a, b.) f 100MSiO, I & | | 5Mg,SiO, 3 J)7 M8,0,; Fl, = | | Ms, OÖ; Fl, L 3 Fe, OÖ, Fl; J Gefunden a b SsOoFl 19) —.19207==1 18,50 7,60 7,44 100 SiO, (60) =. 60007 = 39,04 33,06 33590 251 MgsO (40) =10040 — 90418 55,46 56,97 9Be0:(72) = 6482 3:62 3,65 3,45 15208 101,79 99,77 101,50 200 16) ==, 11820 — 1.79 17888 100,00 vom 16. März 1876. 8%) Chondrodit aus Nordamerica, nach Rammelsberg. (Analyse c.) [ 40MSiO, | , | «| [5M3SiO, x 30.M9, OyEleı — | | | Ms,0, Fl, L Fe, (0) Fl, J Gefunden IB (19) = 608: = 8,92 7,46 40.510; (60) = 2400. = ‚33,63 33192 101MgO (40) = 4040 — 56,61 56,30 3Fe0 (2) = 216 = 3,08 2,96 7264 101,79 100,24 0 dy .128 1,19 7136 100,00. 9) Chondrodit aus Nordamerica, nach Fisher. { \ Se OEL u | F&O,FEL ee Gefunden Im ao 7,60 90,810,(60) — 1200 — 33,19 33,35 49Mg0(40) = 1960 — 54,20 53,05 3me0 (2) >2i6 = 59% 5,50 3680 Holz 05950 oo co Ga 3616 100,00 [1876] 15 20) 210 Gesammtsitzung 10) Chondrodit von Pargas, nach Rammelsberg. f 50M5,SiO, ) \ | | [? Ms,SiO, oe. Er Gefunden 40EL (@A9) —=2.700% 23.54 8,69 508i0, (60) — 3000 — 33,72 33,10 127MgO(40) — 5080 — 57,11 56,61 3FeO (12): = 216 = 72545 2,35 3056.-- 101,80. 100,75 100 '" "(16)»= 7160 == #1,80 3896 100,00 Der Chondrodit kann als eine vom Humit vom Vesuv Nya-Kopparberg verschiedene Mineralgattung angesehen werden. Das Verhältniss von Silicat zum Oxyfluorid trifft nicht zu- sammen mit der morphologischen Unterscheidung nach Typen; dies steht auch nach den gegenwärtigen Ansichten nicht zu erwar- ten; eher möchten kleine Unterschiede in den Einheitswerthen der Axen bei Humit-Krystallen verschiedener chemischer Constitution nachgewiesen werden können. Berlin, Februar 1876. vom 16. März 1876. 211 Hierauf gab Hr. Helmholtz folgenden Bericht, betreffend Versuche über die elektromagnetische Wirkung elektrischer Convection, ausgeführt von Hrn. Henry A. Rowland der J. Hopkins’ Universität in Baltimore. Ich verstehe unter elektrischer Convection die Fortführung von Elektrieität durch Bewegung ihrer ponderablen Träger. Ich habe in meinen letzten Arbeiten über die Theorie der Elektrody- namik!) schon Versuche vorgeschlagen, die dann von Hrn. N. Schiller ausgeführt worden sind, bei denen die Frage in Betracht kam, ob elektrische Conveetion elektrodynamisch gleichwerthig sei der Strömung der Elektrieität in einem Leiter, wie das die Theorie von Hrn. W. Weber annimmt. Die gedachten Versuche hätten möglicher Weise eine Entscheidung gegen die Existenz einer sol- chen Wirkung geben können; das thaten sie nicht, aber durch die- ses negative Resultat wurde die Existenz der fraglichen Wirkung andrerseits auch noch nicht erwiesen. Hr. Rowland hat nun eine Reihe directer Versuche im Physikalischen Laboratorium der hie- sigen Universität ausgeführt, welche den positiven Beweis geben, dass auch die Bewegung elektrisirter ponderabler Körper elektro- magnetisch wirksam ist. Ich bemerke dabei, dass derselbe den Plan für seine Versuche schon gefasst und vollständig überlegt hatte, als er in Berlin ankam, ohne vorausgehende Einwirkung von meiner Seite. Der bewegte Träger der Elektrieität war eine Scheibe von Ebonit, 21,1 Ctm. im Durchmesser und ein halbes Oentimeter dick. Dieselbe konnte mit grosser Geschwindigkeit (bis zu 61 Mal in der Secunde) um eine in ihrer Mitte befestigte verticale Axe lau- fen. Die Ebonitscheibe war auf beiden Seiten vergoldet, die Ver- goldung aber von der Axe isolirt. Nahe oberhalb und unterhalb derselben lagen Glasscheiben 38,9 Ctm. im Durchmesser, in der Mitte durchbohrt, um die Axe der Ebonitscheibe durchzulassen. Die Glasscheiben waren ebenfalls in einem ringförmigen Streifen (24 Ötm. äusserer, 8,9 Ctm. innerer Durchmesser) vergoldet. Meist war die vergoldete Seite der Ebonitscheibe zugekehrt. Die ver- goldeten Flächen der Glasscheiben waren in der Regel zur Erde 1) Monatsbericht der Akademie vom 17. Juni 1375, S. 405. 15* 212 Gesammtsitzung abgeleitet, während die Ebonitscheibe zwischen ihnen durch eine Spitze, die 5 Millimeter von ihrem Rande entfernt ihr zugekehrt war, mit einer den Belegungen einer grossen isolirten Leydener Batterie, die als Vorrathskammer für die Elektrieität diente, elek- trisch communicirte. Ein dazwischen geschalteter Commutator be- sonderer Construction erlaubte bald die eine, bald die andere Be- legung entweder mit der Ebonitscheibe oder mit der Erde zu verbin- den. Alles Eisen war in der Construction dieser Theile ver- mieden. Dicht über der oberen Glasscheibe war eine höchst empfind- liche astatische Nadel an einem in der Wand befestigten Arme aufgehängt, ganz eingeschlossen von einem zur Erde abgeleiteten Messinggehäuse. Die beiden Nadeln waren 1,5 Ctm. lang, aber weit (17,95 Ctm.) von einander entfernt. Ihre Ablenkungen wur- den durch Spiegel und Fernrohr abgelesen. Die Öffnung vor dem Spiegel war durch einen metallischen Hohlkegel gegen äussere elektrische Einflüsse geschützt. In der That liess die elektrische Ladung der grossen Batterie und die Umkehr der Elektrisirung der Ebonitscheibe keine Spur von Einwirkung auf die Nadel er- kennen, so lange die Ebonitscheibe still stand. Dagegen zeigte sich bei schneller Rotation auch ohne Elektri- sirung die Wirkung von Rotationsmagnetismus, welcher grössten-. theils von der Messingaxe der rotirenden Scheibe herrührte, und durch Abdrehen derselben auf 0,9 Ctm. Dicke erheblich vermindert wurde Die Wirkung der Elektrisirung der Scheibe liess sich von der des Rotationsmagnetismus dadurch trennen, dass man mittels des erwähnten Commutators positive und negative Elektrisirung wechseln liess, während die Rotationsgeschwindigkeit unverändert erhalten wurde. Die Verrückung der Gleichgewichtslage der Na- del betrug 5 bis 74 Scalentheile, ihr Schwingungsbogen beim Wech- sel der Elektrisirung also 10 bis 15 Theile. Dieser Erfolg trat in Hunderten von Beobachtungen, die mit allmälig immer mehr ver- bessertem Apparate im Verlaufe mehrerer Wochen angestellt wur- den, immer wieder in demselben Sinne ein. Der Sinn der Ablen- kung der Nadel, deren Länge normal zum Radius der Scheibe stand, war immer ein solcher, wie ihn ein mit der Rotation der positiv geladenen Scheibe oder gegen die Rotation der negativ ge- ladenen Scheibe fliessender positiver elektrischer Strom hervorge- bracht haben würde. vom 16. März 1876. 218 An der Wirkung wurde nichts geändert als die Vergoldung der Ebonitplatte in einer Reihe radialer Linien fortgenommen wurde, so dass ringförmige elektrische Ströme nicht mehr zu Stande kommen konnten. Auch wurde statt der vergoldeten Ebonitplatte eine dünne Glasplatte eingesetzt, die wie die Scheibe einer Holtz- schen Maschine durch Spitzen elektrisirt werden konnte, während nur eine vergoldete ruhende Platte, zur Erde abgeleitet, um mög- lichst viel Elektrieität zu binden, sich dicht unter ihr befand. Der Sinn der Ablenkungen war derselbe wie bei den früheren Versu- chen; sie waren aber kleiner, da die Bedingungen für starke Elek- trisirung nicht so günstig waren. Um die Wirkung der durch Conveetion fortgeführten Elektri- cität mit der in Leitern strömenden zu vergleichen, wurden Ver- suche in folgender Weise angestellt. Die Ebonitscheibe wurde neu vergoldet und der Goldüberzug durch eine Reihe feiner kreisförmiger Linien in Ringe getheilt, die von einander isolirt waren. Der innerste Goldring war mit der Axe verbunden; die übrigen konnten sich wenigstens nicht erheb- lich laden, ohne sich durch sehr kurze Funken gegenseitig zu ent- laden. Zwei elektrisirte Platten, von der Form je eines Kreis- sectors, der aber nicht bis zur Axe reichte, wurden oben und un- ten der rotirenden Platte gegenübergestellt. Unter diesen Umstän- den musste sich in dem von den letztgenannten Platten bedeckten Sector der Goldringe Elektricität durch elektrostatische Induction anhäufen und convectiv fortgeführt werden. Wenn dies positive Elektriceität war, wurde dieselbe frei an dem in Richtung der Ro- tation vorderen Rande des inducirten Sectors, während am hintern Rande desselben fortdauernd neue positive Blektricität gebunden, beziehlich negative Elektrieität frei wurde. Unter diesen Umständen musste die positive Elektrieität vom vordern zum hintern Rande des Sectors überströmen, wozu ihr in jedem Ringe zwei Wege offen standen, zwischen denen sie sich nach dem umgekehrten Verhältniss ihres Widerstandes theilen musste. Umfasst der indueirende Sector - des Kreisumfangs, so verhalten sich die Widerstände der im Sector und ausserhalb des- 2 : ze selben liegenden Wege wie 1:n — 1, und es gehen deshalb ee n 214 Gesammtsitzung ll n des Stroms durch den Sector und ausserhalb desselben zurück. Durch Convection wird im Sector dem Strom entgegen ein der Summe beider Ströme entsprechendes Quantum fortgeführt. Wirkt also convective Bewegung der Elektrieität wie geleitete, so ist auch im Sector die Gesammtbewegung: 1 a n Wirkte dagegen convective Bewegung mehr oder weniger als ge- leitete, so würde dieser Überschuss sich in einem oder dem an- dern Sinne an dem Sector zeigen müssen. Die Versuche zeigten, dass wenn der Sector klein ist (4 des Umfangs), die kleine Differenz zwischen der Convection 1 und der Leitung 4 überhaupt nicht oder wenigstens nicht sicher mehr be- obachtet werden konnte, dass also bei naher Gleichheit der Con- vection und Conduction, auch der elektrodynamische Effect der einen den der andern merklich aufhob. Wenn dagegen der Sector die Hälfte des Umfangs einnahm, konnte die hier vorausgesetzte Strömung auch in dem freien Theile der Scheibe beobachtet werden. Für eine sichere Messung war der Betrag aber zu klein. : Bei der Kleinheit der beobachteten elektrodynamischen Wir- kung in den früheren Versuchen, wo die Scheibe elektrisirt und in ganzer Ausdehnung von den indueirten Platten gedeckt war, liess die theoretische Berechnung der Grösse der Wirkung aus den be- kannten absoluten Werthen der elektrodynamischen Constanten nur angenähert übereinstimmende Werthe erwarten. Doch wurde die- selbe von Hrn. Rowland durchgeführt. Das Verhältniss, in welchem die Wirkung des Erdmagnetis- mus auf das astatische Nadelpaar vermindert war, wurde ermittelt, indem man erst die Schwingungsdauer bei gleichgerichteten Nadeln und dann bei astatisch gestellten ermittelte. Der Werth der elektrischen Potentialfunetion in der Leydener Batterie und an der rotirenden Scheibe wurde nach dem von Sir W. Thomson gegebenen Gesetze der Funkenlänge bestimmt, was in diesem Falle ausreichend genau erschien. Vor und nach jedem Versuche wurde eine kleinere Flasche aus der Batterie von neun vom 16. März 1876. 215 grossen Flaschen, die den Elektrieitätsvorrath enthielt, geladen und an jener die Funkenlänge bestimmt. Die Geschwindigkeit der Rotation wurde nach der Stellung der Kugeln eines Centrifugalregulators geregelt, der an einer der langsamer rotirenden Axen angebracht war. Die Berechnung nach der Grösse der Rollen stimmte gut überein mit der Bestimmung durch den Ton einer Sirenenscheibe, die zeitweilig an der schnell- sten Axe angebracht wurde. Bei der Berechnung der Elektrieitätsvertheilung auf der Scheibe und deren elektromagnetischer Richtkraft wurde der am Rande der Scheibe befindliche Überschuss der Ladung nach dem für unend- lich dünne Scheiben geltenden Werthe berechnet und als ein un- endlich dünner Faden am Rande concentrirt gedacht, was beides allerdings nur annähernd richtig war, aber bei der Kleinheit dieses Theiles genügte. Die Einwirkung auf die obere Nadel war ungefähr „,; von der auf die untere. Die horizontale Kraft des Erdmagnetismus wurde gleich 0,182 gesetzt, indem Üentimeter, Gramm und Secunde als Einheiten ge- braucht wurden; die elektrodynamische Constante ist von Hrn. Rowland nach Maxwell’s Bestimmungen gleich 28300 Millionen gesetzt. W. Weber’s Werth würde 31074 Millionen sein. Ich gebe unten unter M. die mit dem ersteren Werth, unter W. die mit dem letzteren berechneten Resultate an. Ich gebe hier nur das Resultat der Berechnung von drei un- ter günstigsten Umständen ausgeführten Versuchsreihen an: 1) Zehn Versuche mit abwechselnd entgegengesetzter Ro- tatiön, bei jedem drei Ablesungen, deren mittlere bei entgegengesetzter Elektrisirung der Scheibe gemacht wird, als die erste und dritte. Mittlerer Unterschied der Gleichgewichts- lage in Scalentheilen 6,735 Funkenlänge 0,2845 Elektrodynamische Kraft auf das astatische Paar wirkend, beobachtet 0,00000327 berechnet M 0,00000337 berechnet W 0,00000311 216 Gesammtsitzung 2) Vier Versuche ebenso Unterschied der Stellung 7,50 Funkenlänge 0,2955 Elektr. Kraft beobachtet 0,00000317 berechnet M. 0,00000349 berechnet W. 0,00000322 3) Fünf Versuche ebenso Unterschied der Stellung 7,60 Funkenlänge 0,2926 Elektr. Kraft beobachtet 0,00000339 berechnet M 0,00000355 berechnet W. 0,00000328 Die Übereinstimmung darf als genügend angesehen werden bei der Messung einer Kraft, die nur „y4r5y von der Kraft des Erdmagnetismus beträgt, da in zwei dieser Versuchsreihen die be- obachteten Werthe zwischen die den verschiedenen gemessenen Werthen der Weber’schen Constante entsprechenden hineinfallen. Was die Bedeutung dieser Versuche für die Theorie der Elek- trodynamik betrifft, so entsprechen sie den Voraussetzungen der Theorie von Hrn. W. Weber, aber sie lassen sich auch aus der Maxwell’schen oder aus der die dielektrische Polarisation “der Isolatoren berücksichtigenden Potentialtheorie herleiten. Die Vo- lumelemente der zwischen der bewegten und den ruhenden Platten liegenden Luftschicht erleiden fortdauernd Schiebungen im Sinne einer Rotation um radial gerichtete Drehungsaxen. Die bestehende dielektrische Polarisation derselben wird sich in jedem materiellen Elemente also fortdauernd ändern, während sie im Raume dieselbe Richtung normal zur Fläche der elektrisirten Scheiben behält. Die entstehenden und vergehenden Componenten dieser Polarisation würden den Strom constituiren, der durch das astatische Nadelpaar angezeigt wird. vom 16. März 1876, 217 Hr. Helmholtz gab ferner folgenden Bericht über Versuche des Hrn. Dr. E. Root aus Boston, die Durchdringung des Platina. mit elektrolytischen Gasen betreffend. Die von mir unter dem 21. Juli 1873 der Akademie vorge- legten Versuche hatten mich zu der Ansicht geführt, dass bei der galvanischen Polarisation nicht nur oberflächlich haftende, sondern auch tiefer in das Platin eingedrungene Theile der Gase eine Rolle spielen müssten, wovon die Möglichkeit durch die von Graham am Palladium und Platin ausgeführten Versuche schon angezeigt war. Um das Eindringen der Gase in das Platina bei der galva- nischen Polarisation wirklich zu erweisen, veranlasste ich Hrn. Dr. Elihu Root im Physikalischen Laboratorium der hiesigen Universität durch Versuche zu ermitteln, ob der durch Elektrolyse gegen die eine Seite einer dünnen Platinplatte geführte Wasserstoff nach einiger Zeit sich auch an der entgegengesetzten Seite dadurch merkbar machen werde, dass er auch dort galvanische Polarisation hervorbringe. Diese Versuche haben in der That den erwarteten Erfolg ergeben. An die beiden entgegengesetzten Seiten eines 0,02 Millimeter dicken und vertical gestellten Platinblechs wurden mit Siegellack die ebenen Ränder zweier Glasgefässe angekittet, welche die Ge- stalt von tubulirten Retortenvorlagen hatten. Die eine Öffnung eines jeden war an die genannte Platinplatte, mit Siegellack ange- kittet, die zweite nach oben gewendet. Die Ränder der Platinplatte ragten nach allen Seiten über die Schicht des Kitts hinaus, so dass ‚sicher keine leitende Flüssigkeitsbrücke zwischen der einen und andern Seite des Platina bestand. Die Glasgefässe wurden mit destillirtem Wasser gefüllt, dem einige Tropfen reiner Schwefel- säure zugesetzt waren. Durch die oberen Öffnungen der Gefässe ragten zwei andere Platinplatten in dieselbe hinein. Vor der Zu- sammensetzung des Apparats waren die drei Platinplatten durch Ausglühen und Waschen möglichst gereinigt. Um zu prüfen, ob das Platina vollkommen dicht sei, wurde eine Probe des angewen- deten Platinablechs als Verschluss des einen Schenkels eines in beiden Schenkeln luftleer gemachten Manometers aufgeschmolzen. Es fand sich, dass keine merkliche Spur Luft im Laufe von zwei Monaten eingedrungen war, 218 Gesammisitzung Da die Fortbewegung der Gase im Platina jedenfalls nur äusserst langsam geschieht, und der kleine Vorrath der bis zur jenseitigen Oberfläche gedrungen ist, leicht erschöpft werden kann, so wurde der ganze Apparat dauernd unter der ausgepumpten Glocke einer Luftpunıpe gehalten, so dass nur die Zuleitungsdrähte zu den drei Platinplatten nach aussen reichten. Ferner musste vermieden werden einen auch nur kurz dauernden depolarisirenden Strom zu Stande kommen zu lassen. Es musste deshalb statt des Galvanometers ein Instrument angewendet werden, was ohne dau- ernden Strom den bestehenden Potentialunterschied anzeigen konnte. Hierzu erwies sich das Lippmann’sche Capillarelektrometer!) als sehr brauchbar. Es wurde bei den Beobachtungen das Mikroskop auf eine bestimmte Stelle der capillaren Glasröhre eingestellt er- halten, und der Unterschied der Drucke bestimmt, welche nöthig waren, um bei alternirender Verbindung der beiden Pole des Elek- trometers mit den beiden Platinplatten die Quecksilbersäule in der capillaren Röhre bis an denselben Theilstrich zu führen. Positive Druckdifferenz zeigt im Folgenden ein positiveres Potential in der Platte B als in der Platte © an. Der Druckunterschied 1 ent- spricht etwa dem von „55 eines Daniell’schen Elementes. Nachdem der Apparat zusammengesetzt war, liess man die drei Platinplatten zunächst 18 Stunden lang unter sich und mit der Erde in leitender Verbindung, um die Reste älterer Polarisa- tionen zu beseitigen. Dann wurden sie von einander und von der Erde isolirt, und es wurde nun 14 Tage lang täglich die elektro- motorische Kruft zwischen der mittleren B und einer der äusseren C untersucht, um zu ermitteln, ob aus anderen Ursachen schnelle Änderungen der Polarisation zu erwarten wären. Die Kraft fiel während der ersten Hälfte dieser Zeit von 4,55 bis 0,40 und stieg dann allmälig auf 1,57, um gegen den Schluss der genannten Pe- riode wieder zu sinken; die Änderungen geschahen aber langsam und ohne schnelle Sprünge. Es zeigte sich nun, dass wenn auch nur fünf Minuten lang zwei Daniell’sche Elemente zwischen der einen äusseren Platte A und der mittleren B geschlossen wurden, welche Wasserstoff gegen die Platte B führten, eine Änderung im elektromotorischen !) Poggendorff’s Annalen Bd. 149, S. 551. vom 16. März 1876. 219 Verhalten der andern Seite von B gegen die zweite äussere Platte Ü eintrat. So war z. B. in einer Versuchsreihe unmittelbar vor dem Schluss des Stroms durch A und BP die Druckdifferenz zwischen B und © —0,6 gewesen. Nach einer Durchströmung von, 5 Mi- nuten Dauer, wobei die Platte C elektrisch isolirt blieb, war die Druckdifferenz +5,2, stieg dann bei isolirten Platten im Laufe der nächsten drei Stunden auf 17,1, und war 13 Stunden später wieder —9. In andern Versuchen wurde der Strom zwischen A und B 12 oder 18 Stunden lang geschlossen. Dann war der Potential- unterschied zwischen B und € gleich nach Unterbrechung jenes Stroms am grössten und nahm in den darauf folgenden Stunden allmälig ab. Wenn der Strom zwischen A und B die entgegengesetzte Rich- tung erhielt, so dass er den Sauerstoff gegen DB drängte, so trat auch auf der andern Seite von D mit derselben Schnelligkeit und zum Theil mit derselben, zum Theil selbst mit grösserer Intensi- tät der entgegengesetzte Erfolg ein, als bei der früheren Wasser- stoffpolarisation. Ob dieser Unterschied in der Grösse der beob- achteten Wirkung nicht durch die vorausgegangene Wasserstoffpo- larisationen bedingt ist, lässt sich aus den bisher vorliegenden Ver- suchen nicht entscheiden. Da zuweilen der Zustand der Platten B und © durch Schliessung derselben zum Kreise ausgeglichen worden ist, kann eine merkliche Menge Wasserstoffs dabei auch auf C übertragen worden sein, und davon die stärkere Wirkung des mit Sauerstoff polarisirten B herrühren. Überhaupt scheiter- ten quantitative Bestimmungen der Wirkung zunächst daran, dass die einmal in die Platte hineingetriebenen Gasmengen in deren Innerem sich nur sehr langsam ausgleichen, und auch nur langsam wie- der entfernt werden können. Übrigens zeigt sich die Wirkung auch ganz deutlich bei Anwendung von nur einem Daniell’schen Ele- ment zwischen A und B, und andrerseits war die Wirkung von zwei Bunsen’schen Elementen nur unbedeutend grösser als von zwei Daniells. Das letztere kann seinen Grund darin finden, dass bei eintretender elektrolytischer Gasentwicklung die entwei- chenden Theile der Gase sich der Kraft entziehen, welche sie in das Platina hineindrängt und daher weitere Verstärkung der elek- tromotorischen Kraft wohl die Wasserzersetzung vermehrt, aber nicht 220 Gesammtsitzung oder nur wenig die Eindrängung der Gase in das Platina steigert, wie ja auch bekannt ist, dass die Polarisation der Platten, sobald es einmal bis zur Gasentwicklung gekommen ist, nur wenig höher gesteigert werden kann. Wurden die Platten B und © für kurze Zeit leitend verbunden, nachdem 2 von A her mit Gas beladen war, so war unmittelbar nach Unterbrechung dieser Leitung der Potentialunterschied zwischen beiden gleich Null, stieg dann aber wieder an nach derselben Seite, nach welcher er vor der leitenden Verbindung bestanden hatte, in ganz ähnlicher Weise, wie dies zu geschehen pflegt, wenn die bei- den Platten durch einen direct durch sie geleiteten elektrischen Strom polarisirt worden sind. Dieses Wiedererscheinen einer vorher bestandenen Polarisation - habe ich schon früher dadurch zu erklären gesucht, dass der de- polarisirende Strom nur aus der oberflächlichsten Schicht des Pla- tina die Gase wegnimmt, und später neue Gasvorräthe aus der Tiefe zur Oberfläche dringen. Dies geschieht also in derselben Weise, wenn der ganze Gasvorrath von der andern Seite herge- kommen ist. Versuche, welche Hr. Dr. Root mit einem passend abgeän- derten Apparate anstellte über die Frage, ob freier Wasserstoff, der mit der abgewendeten Seite von B in Berührung war, während freier Sauerstoff an der abgewendeten Seite von U sich befand, die Platten durchdringe und auf der andern Seite polarisire, ga- ben keine hinreichend deutlichen Resultate. In diesen Fällen fehlt eben die elektrische Kraft, welche die positiven Wasserstoffmolekeln in das Platina hineinpresst. vom 16. März 1876. 221 7 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Sitzungs-Berichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Ber- lin 1875. 8. Mit Begleitschreiben. Sitzungsberichte der philos.-philol. und hist. Olasse der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1875. Bd. II. (Suppl.-)Heft II. München 11879. 8% H. Dannenberg, Die Deutschen Münzen der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit. Mit 1 Karte und 61 Tafeln Abbildungen. Berlin 1876. 4. 2 Volle. 2 Ex. Von dem Herausgeber. Results of astronomical and meteorological observations made at the Radeliffe Observatory, Oxford, in the year 1873. Vol. XXXIH. Oxford 18702 8: Revue urcheologique. Nouv. Serie. 87. Annee. II. Fevrier 1876. Paris 18710. 78. Revue scientifigque de la France et de l’Etranger. N. 37. Mars 1876. Pa- ICH 2 The American Journal of science and arts. 3. Ser. Vol. XI. N. 63. March 1876. New Haven 1876. 8. Societe de geographie commerciale de Bordeaux. Bulletin N. 1. Annee 1874 —1875. Bordeaux 1876. 8. H. H. Bancroft, The native races of the pacific States of North America. Vol. EV. Leipzig‘1875. 78., Vom. Verf. P. Ellero, Seritti politiei. Bologna 1876. 8. Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXI. Serie 2. Vol. I. 1873 — 1874. Anno CCLXXII. Ser. 2. Vol. II. 1874—1875. Roma 1875. 4. Zu auswärtigen Mitgliedern sind gewählt die Herren Joseph Liouville und Michel Chasles in Paris, bestätigt durch Aller- höchsten Erlass vom 15. März. 222 Öffentliche Sitzung 23. März. Öffentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Der an diesem Tage vorsitzende Sekretar, Hr. Mommsen, eröffnete die Sitzung mit einer Festrede und trug hierauf den fol- senden Jahresbericht über die wissenschaftlichen Arbeiten der Aka- demie, sowie über die Thätigkeit des mit derselben verbundenen archäologischen Instituts vor. Von der Sammlung der lateinischen Inschriften sind drei Bände, die stadtrömischen, die oberitalischen und die africanischen im Druck fortgesetzt; ein vierter, die Inschriften des südöstlichen Italien, neu in Angriff genommen worden. Für die drei noch fehlenden, Mit- telitalien, das südwestliche Italien, Gallien und Germanien, sind die Vorarbeiten im Abschluss begriffen und wird der Druck der beiden ersten Abtheilungen sicher im Jahre 1576 beginnen. Her- vorzuheben ist noch besonders die durch ausserordentliche Unter- stützung der K. Regierung ermöglichte Bereisung der nordwest- lichen Hälfte von Africa, welche Hr. Wilmanns in Strassburg so eben vollendet hat. In Betreff der griechischen Inschriften schreitet der Druck des zweiten wie des dritten Bandes der neuen Sammlung der In- schriften von Athen stetig vor und wird ein Theil des ersteren in kurzer Zeit zur Ausgabe gelangen. Eine andere Sammlung, wel- che sämmtliche nichtattische vor die Zeit der allgemeinen Recep- tion des ionischen Alphabets fallende griechische Inschriften um- fassen soll, ist in Vorbereitung. Das Archäologische Institut ist als Kaiserliche Staats-Anstalt jetzt in sein drittes Jahr eingetreten und hat den ansehnlich ver- mehrten Geldmitteln entsprechend seine archäologischen Unterneh- mungen weiter geführt und gesteigert. In der Athenischen Section ist seit October v. J. der bisherige ordentliche Professor an der Universität Strassburg, Dr. Koehler, als Sekretar eingetreten, hat im vergangenen Winter zum ersten Male die Funetionen dieser neuen Zweiganstalt durch regelmässige archäologische Versammlun- gen und Periegesen ins Leben treten lassen, und die fortlaufenden vom 23. März 1876. 223 Publicationen vorbereitet, deren erstes Heft unter der Presse ist. Von einer vom Institut auf seine Kosten veranstalteten, durch das Ehrenmitglied der Akademie, den Chef des Kaiserl. Generalstabs, Grafen von Moltke, wesentlich unterstützten Arbeit, der Triangu- lirung und Vermessung der Stadt und Umgegend Athens, liegt der fertig gezeichnete Plan der Stadt bereits vor, und wird zur Zeit gestochen. In Rom, dem ältesten Centrum des Instituts, ist in dem vergangenen Jahre der Bau des neuen Institutshauses, welches dasselbe der Munificenz zunächst der Preussischen und weiter der Reichs-Regierung verdankt, seiner Vollendung nahe geführt wor- den. Von den 5 jährlichen, ‘vom Institute zu vergebenden Stipen- dien, sind die 4 ersten der klassischen Archäologie bestimmten, an die Doctoren v. Duhn aus Lübeck, Dressel in Rom, Weil aus Frankfurt a. M., Körte aus Berlin vertheilt worden; für das Ste für altchristliche Archäologie gegründete Stipendium ist keine zur Be- rücksichtigung geeignete Bewerbung eingegangen. Die laufenden Publicationen sind in dem bisherigen Umfang weiter geführt wor- den. Die unternommene Publication der Sarkophagreliefs ist durch den Tod des damit betrauten Herausgebers, des Professors Matz in Berlin, augenblicklich ins Stocken gerathen. Diejenige der grie- chischen Terracotten ist in stetigem Vorschreiten begriffen und sind dafür von dem Herausgeber, Hrn. Professor Kekule, umfassende Reisen in Unteritalien, Sieilien und Griechenland ausgeführt wor- den. Weitere zusammenfassende Arbeiten über die verschiedenen Gruppen von Kunstwerken werden in Angriff genommen werden, so weit die zur Verfügung stehenden Geldmittel es gestatten. Im Anschluss an die akademische Ausgabe der Schriften des Aristoteles ist die Sammlung und Herausgabe der sämmtlichen grie- chischen Scholien und Commentare derselben begonnen worden. Eine sechsmonatliche Reise, die unser correspondirendes Mitglied, Hr. Prof. Torstrik in Bremen, für diesen Zweck in Italien aus- geführt hat, hat für diese Unternehmung das handschriftliche Ma- terial gesichtet und zum Theil bereits beschafft. Die gleiche Ar- beit soll demnach auch in den Bibliotheken Englands, Frankreichs und Spaniens ausgeführt und sodann die Ausführung der Arbeit selbst in Angriff genommen werden. Die Herausgabe der politischen Schriftstücke Friedrich’s des - Grossen beschäftigt die Akademie seit längerer Zeit und darf mit 224 Öffentliche Sitzung vom 23. März 1876. Sicherheit erwartet werden, dass bei der nächsten Berichterstattung Genaueres über den Fortgang dieses umfassenden Unternehmens mitgetheilt werden kann. Zum Schluss las Hr. Duncker über Friedrich Wilhelm I. und Graf Hertzberg. 27. März. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Müllenhoff las über die Geographie von Kudrun. 30. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Waitz las über die handschriftlichen Überlieferungen und die Sprache der historia Longobardorum des Paulus. Hr. Clausius in Bonn ist zum Correspondenten der physi- kalisch-mathematischen Klasse gewählt am 30. März. . Gesammtsitzung vom 30. März 1876. 225 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 38.39. Mars 1876. Paris; 4. Publications de la section historique de l' Institut R. Grand-Ducal de Luxem- bourg. Annee 1875. XXX. (VII) Luxembourg 1876. 4. Mit Be- gleitschreiben. ; Bulletin de la societe de geographie. Fevrier 1876. Paris 1876. 8. Notiser ur Sällskapets pro Fauna et Flora fennica Förhandlingar. 14 Häftet. Ny Serie. 11 Häftet. Helsingfors 1875. 8. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo VIII. Ottobre 1375. Roma 1875. 4. Otium Norvicense. Pars altera: Tentamen de quibusdam Vocabulis syro-grae- cis in R. Payne Smith S. T. P. Thesauri syriaci fasc. I — III reconditis conser. F. Field. Oxonii 1876. 4. Nowvelles archives du Museum d’histoire naturelle de Paris. Tome X. Fase. 1-4. Paris 1874. 4. Eine Medaille in Bronze auf die Beendigung des ungarischen Wörterbuchs der Mitglieder der ungarischen Akademie der Wissenschaften G. Ozuczor und J. Fogarasi geprägt. Mit Begleitschreiben, Budapest Dec. 1875. Verein für die deutsche Nordpolfahrt in Bremen. 39. Versamml. am 4. März Tee, 8. Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins in Innsbruck. 6. Jahr-- gang 1875. 1. Heft. Innsbruck 1876. 3. Monthly notices of the R. astronomical Society. Vol. XXXVI. N. 1—4. Nov 1875 — Febr. 1576. London. 8. F. Orsoni, Ricerche elettro-dinamiche sulle rotazione paleogeniche. Noto. 1876. 4. Vom Verf. Annual Report of the Trustees of the Museum of comparative zoology at Har- vard College, in Cambridge etc. for 1875. Boston 1876. 8. E. Quetelet, Annales meteorologiques de l’Observatoire R. de Bruxelles 1875. Annee 1876. 4. Sitzungsberichte der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Math.-naturw. Classe. N. VII. VII. 1876. 8. Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. 25. Jahrg. Prag 1875. 8. Annuario della societa dei Naturalisti in Modena. Red. del Segretario P. Riccardi. Serie II. Anno IX. Fase. 3.4. Modena 1875. 8. P. Riccardi, Catalogo della Biblioteca della Societa dei Naturalisti in Modena. Puntata I. 1875. ib. eod. 8. Annales de l’Observatoire de Moscou. Vol. II. (2.Livr.) Avec 8 Planches. Moscou 1376. 4. [1876] 16 ve © Berichtisung 2 Seite 86 oben lies herodianischen Textes für herodotischen Text — 5 Say: R $ Ä h ; SE, \ R an DER B N 5 ; % = « is a vi- - [| ” 1% { . " EINE [3 : { N Pr F [ r EBEN. . ! SER, ENTE y \n U ! . ’ j MAYNARDM, METCALE, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. April 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Mommsen. 6. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schrader las über das lautliche Schwanken im Assyri- schen. Hr. Curtius legte vor die von Hrn. A. Papadopulos, dem Bibliothekar und Direktor des Museums der evangelischen Schule in Smyrna, eingesandten Beiträge zur inschriftlichen Topographie von Kleinasien. I. Östlich von Smyrna, eine Stunde jenseits des alten Nymphaion (türk. Nif) am Fusse des Tmolos, liegt das Dorf Parsa, welches 1842 von Kiepert besucht und in seine Karte eingetragen ist. Der Name wurde von den meisten für einen türkischen angesehen. Dass er schon im Mittelalter vorhanden war, zeigt die folgende byzantinische Inschrift, welche ich auf einer viereckigen Stele auf dem Friedhofe dieses Dorfes entdeckt habe. [1876] 17 228 Gesammtsitzung +O0bOITOVAFI OVKEENAO ZOVAPXAN FTEROVTHC ATIACKA.. AIKHCEKN. CIACTIAP+ CAAONTY J m ’ p Ogcı rov ayı- \ @) oV 28 Evdo- Eov "Aoyyav- ’ 7 YEAOU TNG ’ ayıas z0[Sc- Auans Er2|n- , TIRG Hez- caölw)v. Ebenda im Hause des Hadzi Dimitrios befindet sich das fol- gende Fragment eines interessanten Psephisma, welches in einem Weinberg des Dorfes entdeckt wurde.!) 1) Beide Inschriften sind in der Smyrnaer 'Iwvia (Nr. 95) in Minus- keln abgedruckt. vom 6. April 1876. 229 EN EiZIE zZEOHKENAE ZOFAOHZEQ2 FOEMENOZTOTHZ: ANTIKAIPQITTPOEIPHMENOZ ZEINTAKOINATHZEZEYNOAOY ZTAIBAIND2NTAITAZKATAEI FABOOIZANAPAZINKAIMHAEN TOAOZINTYXHIATAOHI 2INAIAZTRNKAIFTYNAIKDNKAITE AIMENEAHMONKQKIRNOZTOY EFTAAOMEPEIAIKAIZTEBANOYZ ZTE®ANDIENTETHIOYZIAIKAI OYZKAAEIZOAIAEAYTON (FPFTETAZEINAIAEAY NEAHMOYPIAAF TE IQ \\ 02308 105.0, BR ENON I OEENEOE N ETNHEV de 3 ’ J SO A oydons Ews ’ \ a EN ER RR AR rjı 9eusvos 70 795 \ m U y mjavrı za moosıonlEvos \ \ m [7 Gew TR H0& TYS FUVOdoU eUiirelil euherihreuinier jene, re, Ne ie 7 \ E >) Eee lt: lerne alle ra (bawwvraı Tag ART agı- = Si alyaSeis avösası, za [andev Ne BE RR TE mooorw Tun ya ONE EUR ds asrav za yuvazav Hal TE- zvov] caı Meveöyuov Kuwziwvos roÜ ’ \ ’ nleyaroueosie za oredbavous 2 n ’ \ srepavu ev TE N Yveia rar m _.Q \\ \ 0UG, RRASIT Ta de aUroV 3 ’ %: \ E) e]vsoyeres sivar ÖE @U- ’ Me]vsöyuov Pıra DR O6 aieliteirter eiite Neite Batelinel len neue, jeil.er 0 Rnlenie ste lei, ei eu 0, el, ‚6 suletihei einer vs) nie Miei 1e/. 0 Lei. 17* 230 Gesammtsitzung 13. In dem Dorfe Kelles im oberen Kaystrosthale hat Hr. Georg Earinos, Mitglied der Ephorie der Gesellschaft des Museums und der Bibliothek, die folgende Inschrift entdeckt!). \ x N, Tov yns za DTararns x \ DER Aa MAVToS avIou- IN x TUV ErTVOUG Hat J \ 4 yevous ÖErTo- J ’ ayv ®. X. Aoza- dLov (3 n Korosiw r 7) wv MOALG Die Bedeutung der Inschrift liegt in dem Stadtnamen, wel- chen der jetzige Name Kelles wenig verändert bewahrt. Der ethnische Name Koroswwv kommt in den byzantinischen Verzeichnissen der Bisthümer vor. Ko?%osr ist vielleicht identisch mit dem bei Leo Diaconus p. 5 erwähnten Karoy: Ilergis de nor Kardon , > J ’ \ \ > hr 7 > 7 Ywgıov TNS Arıas zaAdırrov, maga Tas aAırus rov Tuwrou avwaıspe- vov, anıpı Tas nyyas Toü Kaösrgov TOorRmoÜ, 06 ön ro Karßıavov me- greggewv zu Ydırrov Tale Tors out mooreiWEvos, EIS FOVv ng aAEwnS za A > N} / 7 V. mepımucrov Ebssov KoAToV TEARSYISoV eirlanneı. g 3% IM. Zu den bekanntesten Städten Kariens gehört die nach Antio- chos Soter’s Gemahlin benannte Stratonikeia, deren Ruinen im Dorfe Iski-Hissar liegen. Näch Steph. v. Byzanz Yroarovizeıe, morıs Maxedovwv mrnriov Kagıas, HERAN a) Iroaroviang ıns "Av- TIOY,OV YUvaıRoS. — ’Errıs9Y dE Um "Adaıavod zau "Adgavoumorıs voran?) haben die Numismatiker einige Münzen mit der Auf- schritt AAPIANOTTOAEITRN ZTPATONEIKERNN dieser Stadt zugetheilt.?) Die folgende Inschrift aber, welche in Selendik !) In der Ionia no. 110 in Minuskeln gedruckt. 2) S. 586 ed. Meinck. 3) Mionnet, III no. 455, 457. Suppl. VI, 504, 505, 506. — Wad- dington in Revue Numismatique. 1851. S. 249. vom 6. April 1876. 231 in Lydien gefunden wurde, jetzt Kirkagatsch, erweist, dass Zra«aro- , \ n hi N verzia "Aögıavovrorıs eine andere Stadt ist. c \ \ e 7 H Bovry zur 6 8%- 1408 "Adpıavomor.srav + 2 7 SI rparoverzewv Arodwgov , B: Neizavögov PıAounroge J m Ne Nowa, TATAV aaynv Zar hei ’ ’ N Tovoyıav Umonewavra zu m \ a) qg \ zowN za HT EraOToV ToUS moAsiras slsoyeryravre > , ETEINYTEV. Die Inschrift (auf einer Säule) ist der Gesellschaft von H. Earinos mitgetheilt und nachher von ihr in no. 106 der ’Iwvi« her- ausgegeben worden mit den Erläuterungen von Earinos. Jenes Iydische Stratonikeia war schon aus den not. Episcop. bekannt. Not. 1 nennt sie Sroarovizeie (184); in 3 sehen wir, dass es ein Bisthum des in Sardes residirenden Metropolitanbischofs war (117); und in 10 ist der Bischof der Stadt benannt o Zrg«- 2 7 N rovızeias yroı 6 Karavoov (103). IV. Unter no. 1763 der Münzsammlung des Museums ist eine sehr gut erhaltene von Hrn. Hekimoglu geschenkte Münze mit der Büste der IOYAIA CEBACTH gegeben, auf der Rückseite mit der Inschrift CAICNNEQDN; in der Mitte ein liegender Fluss- gott, und unterhalb der Name KAZANHC. Aus dieser Münze lernen wir einen alten Stadtnamen aus Phrygien Yauswvsiov kennen (wie Osmowvsiov); sie giebt auch für den Namen eines phrygischen Flusses eine bessere Lesart. Arundell!) führt aus der Münzsammlung des H. Borrell eine Münze mit einem Flussgott AZANHZ an; Kiepert bei 1) Discoveries 11, S. 140. 232 Gesammtsitzung Franz, Fünf Inschriften (1840) S. 29 stellt damit den corrumpir- ten Namen „ad Causamenem, ad Casuannem“ u. s. w. bei Livius zusammen. Ich weiss nicht, ob der Fluss Jatagar der Azanes ist oder nicht; aber die Münze des Museums zeigt, dass der alte Fluss nicht Azanes, sondern Kafa«vrs heisst. Hr. Fr. Wilh. Carl Hegel in Erlangen und Hr. Theodor Sickel in Wien sind zu correspondirenden Mitgliedern der philo- sophisch-historischen Klasse am 6. April d. J. gewählt worden. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Rassegna semestrale delle scienze fisico-naturali in Italia. Diretta e pubbl. del Dr. G. Cavanna e G. Papasogli. Anno I. 1875. Vol.I. Firenze 1875. Vom Dr. G. Cavanna durch Hrn. Peters übergeben. Bulletin de la societe Imp. des naturalistes de Moscou. Annee 1875. N.3. Moscou 1875. 8. Annales de chimie et de physique. V. Serie. Fevr. Mars 1876. Tome VII. Paris 1876. 8. P. Gervais, Journal de zoologie. Tome V. N. 1. Paris 1876. 8. Atti dell’ Accademia Pontificia de’ nuovi Lincei. Anno XXIX. Sess. II. del 23. Gennaio 1876. Roma 1876. 4. Revue scientifigque de la France et de l’etranger. N. 40. Avril 1876. Paris, 4. vom 6. April 1876. 235 Sitzungsberichte der mathem.-phys. Olasse der k. bayr. Akademie der Wissen- schaften zu München. 1875. Heft III. München 1875. 8, Abhandlungen der math. Olasse der k. bayr. Akademie der Wissenschaften. 12. Bd. 1. Abth. München 1875. 4. 2 Ex. Abhandlungen der philos.-philol. Classe. 13. Bd. 3. Abth. ib. 1875. 4. 2 Ex. Mit Begleitschreiben. z Sitzungsberichte der K. Akademie der Wissenschaften in München. Math.-naturw. Classe. LXXI. Bd. 1.—5. Heft. Jahrg. 1875. Jan.—Mai. 1. Abth. Wien 1875. 8. 3. Abth. Jan. Febr. LXXI. Bd. 1. 2. Heft. ib. eod. 8. Philos.-hist. Classe. LXXX. Bd. Heft I. I. IH. Jahrg. 1875. April — Juni. ib. eod. 8. Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften. Bd. XXXIV. Mathem.- naturw. Classe. ib. 1875. 4. Mit Begleitschreiben. 8 Sep.-Abdrücke aus den Denkschriften. ib. eod. 4. 16 Sep.-Abdrücke aus den Sitzungsberichten. ib. 1874/75. 8. Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Bd. 52. Heft 2. Bd. 53. Heft1.2. ib. 1874. 1875. 8. 2 Fontes rerum austriacarum. Abth. I. Scriptores. Bd. VIII. ib. 1875. 8. Almanach für 1875. Jahrg. 25. ib. 1875. 8. A. Todaro, Hortus botanicus Panormitanus. T.1I. Fasc. II. Panormi 1876. fol. Vom Verf. überreicht durch Hrn. Braun. 254 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 10. April. Sitzung der physikalisch- mathemati - schen Klasse. Hr. Riefs las: Über die neutralen Kämme der Holtz’schen Maschine. Die von Holtz erfundene Elektrophormaschine mit Einer dreh- baren Glasscheibe besass anfangs nur zwei an den in einer Hori- zontalebene liegenden Elektroden horizontal befestigte Metallkämme. Jeder Kamm hat die zwiefache Bestimmung, die eine Hälfte der durch die Kämme getheilten Scheibe mit Elektrieität zu versehen und die andre Hälfte zu entladen. Die Maschine ist in dieser Form sehr ausgiebig, hat aber den Mangel dass, wenn die Elek- troden nicht schwach elektrisch gehalten werden können, dieselben häufig ihre Elektrieitätsart wechseln. Flaschenfunken sind von ihr bei einer rotirenden Scheibe von 15 rhein. Zoll Durchmesser zwi- schen 8% Linien dicken Kugeln nur in der Länge von höchstens drei Zollen zu erhalten. Deshalb erhielt die Maschine später noch zwei Metallkämme, wie die ersten den Papierkuchen gegenüber- gestellt, die dazu eine grössere Ausdehnung erhalten mussten. Die hinzugesetzten Kämme wurden an den Enden eines Metallstabes befestigt der mit seiner Mitte um die Axe der Glasscheibe gedreht werden kann. Das Zusatzstück (der Metallstab mit seinen Kämmen) ist von Poggendorff „der diametrale Hülfsconductor“, von Holtz „die Hülfsconductoren* genannt worden und wird zuweilen vertikal, gewöhnlich gegen den Horizont geneigt gestellt. Ich habe. absicht- lich bei Darlegung der Theorie der Maschine mit 4 Kämmen (Akad. Berichte 1870. S. 3) von dem Metallstabe nicht gesprochen, sondern nur von den „schrägen Kämmen“* an seinen Enden. Diese Kämme haben den Vortheil, dass die Maschine bei ungeschlossenen Elek- troden erregbar ist und diese dem Wechsel ihrer Elektrieitätsart weniger ausgesetzt viel längere Flaschenfunken liefern, aber den Nachtheil dass die Maschine an Ausgiebigkeit der Maschine mit nur 2 Kämmen beträchtlich nachsteht. Dass der Vortheil über- wiegt, zeigt die grosse Verbreitung der Maschine mit 4 Kämmen, von welcher, wie Holtz angibt (Pogg. Annal. 156. 627) ein ein- ziger deutscher Mechaniker bis jetzt über tausend Exemplare ver- sendet hat. Damit die zugesetzten Kämme zur Wirksamkeit kom- vom 10. April 1876. . i 235 men, ist die Bedingung, dass sie fort und fort unelektrisch gemacht werden, indem von den beiden gleichen Elektrieitäts- mengen, welche jeder Kamm durch Influenz erhält, die eine auf die rotirende Scheibe strömt, die andere fortgeschafft wird. Um diese häufig übersehene Bedingung im Auge zu behalten, ist es ge- rathen, die Kämme statt nach ihrer Stellung, nach ihrer nothwen- digen Eigenschaft als neutrale Kämme zu bezeichnen. Um den zugesetzten Kämmen diese Eigenschaft zu geben, kann man verschiedene Wege einschlagen. Eine alte Holtz’sche Maschine mit 15 rhein. Zoll breiter rotirender Scheibe und durch- gehender Axe erhielt zu ihren beiden horizontalen Metallkämmen an den Elektroden, noch zwei gleiche Kämme, die nahe vor der Scheibe, der flachen horizontalen Seite der Papierkuchen zunächst in dem 45 Grad gegen den Horizont geneigten Durchmesser mit ihren etwa 54 Zoll langen Messingstielen in Säulen aus Hartkaut- schuk befestigt waren. Den zugesetzten Kämmen gegenüber waren auf der ruhenden Glasscheibe zwei Papierkuchen von der Länge der Kämme und genügender Breite mit Wachs befestigt und jeder von ihnen durch einen schmalen Papierstreifen mit dem nächsten horizontalen Papierkuchen verbunden. Die Maschine war nur bei seschlossenen Elektroden zu erregen, lieferte mit ihren beiden ley- dener Flaschen und Elektrodenkugeln von 8# Lin. Dicke zwei Zoll lange Funken und erlosch darauf häufig. Beim Funkenziehen hier und in der Folge wurde die negative Elektrodenkugel von der po- sitiven entfernt. Es wurden darauf lange dünne Kupferdräthe an den Stielen der zugesetzten Kämme und ihre Enden 24 Fuss von der Maschine entfernt in Holzstativen befestigt. Die Maschine konnte nun auch bei ungeschlossenen Elektroden erregt werden und lieferte Funken von 3 bis 34 Zoll Länge. Die Funken er- reichten eine Länge von 4 bis 44 Zoll, als das Ende des einen Drahts durch eine Alkoholflamme, das des andern durch die Flamme einer Bunsen’schen Lampe glühend erhalten wurde. Es wurden so abwechselnd Funken von 3 oder 4 Zoll Länge hervorgebracht, je nachdem die Flammen gelöscht oder angezündet waren. Die Kupfer- ärähte an den zugesetzten Kämmen wurden bedeutend verlängert, das Ende des einen an dem von der Decke des Zimmers herab- hängenden Arme der Gasleitung, das des andren an dem Schlauch- hahne des anstossenden Zimmers befestigt. Jetzt konnten Funken von 5 bis 54 Zoll Länge erhalten werden, die längsten Funken die 236 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ich an der Maschine bei langjährigem Gebrauche gesehen habe. Aber ein Wechsel der Pole und Erlöschen der Maschine war da- nach nicht selten. Wir sehn daraus, dass die beiden zugesetzten Kämme ihre Bestimmung, die Funkenlänge zu vergrössern, nur erfüllen, wenn sie nicht isolirt sind, und um so besser erfüllen, je vollkommener sie neutral erhalten werden. Schon die Ausströmung an den freien Enden der an den Kämmen befestigten Drähte äusserte ihre Wir- kung die vergrössert wurde durch die, Elektrieität zerstreuenden Flammen und am kräftigsten wirkte die Verbindung der Kämme mit den Gasröhren. Bei Weitem bequemer, als die angeführten Mittel ist das von Holtz angewandte, das an den jetzt gebräuchlichen Maschinen mit einseitiger Axe leicht anzubringen ist. Die neutralen Kämme be- finden sich an den Enden einer beiderseitig geschlossenen Messing- röhre, mit der sie ein Ganzes bilden in Form eines gleichmässig dicken Stabes, dessen Enden mit Spitzenreihen besetzt sind. Die beiden Kämme sind in dieser Weise metallisch mit einander ver- bunden und bleiben ziemlich neutral, da ihre Stiele bei dem ge- wöhnlichen Gebrauche der Maschine ziemlich gleiche Mengen der entgegengesetzten Elektrieitätsarten erhalten, die sich ausgleichen. Der Stab mit seinen Kämmen wird vermittels eines in seiner Mitte befindlichen Stahlzapfens in ein Loch der Axe der rotirenden Scheibe gesteckt und ist in eine beliebige Neigung gegen den Ho- rizont zu bringen. Diese Neigung darf jedoch nicht zu klein ge- nommen werden, weil dadurch die neutralen Kämme den Elektroden zu nahe kommen. Hat man daher bei allmäliger Verminderung der Neigung des Stabes gegen den Horizont die Wirkung der Ma- schine zunehmen sehn, so erreicht man nothwendig einen Punkt, von wo an die Wirkung mit weiter verminderter Neigung bis Null abnimmt. Diese Abnahme ist eine bekannte unmittelbare Wirkung der neutralen Kämme und unabhängig von ihrem Gebrauche an der Maschine. Neutrale Metallspitzen müssen thunlichst entfernt von jedem Leiter gehalten werden, auf dem man Elektrieität an- häufen will, also auch von den Elektroden einer Maschine. Eine andre bei jeder Neigung der Kämme eintretende Ver- minderung der Elektrieitätsmenge der Maschine ist durch die Be- stimmung der Kämme bedingt, wie ich dies früher angegeben habe (Akad. Bericht 1870. S. 6). So lange die Verminderung dauert, vom 10. April 1876, 237 zeigt jeder neutrale Kamm an seinen Spitzen die entgegengesetzte Lichterscheinung von der am nächsten Elektrodenkamme, Bei ge- schlossenen Elektroden sind diese beiden Lichterscheinungen wäh- rend der ganzen Zeit der Thätigkeit der Maschine einander ent- gegengesetzt und deshalb leicht aufzuzeigen. “Ebenso schlagend lässt sich die Verminderung der auf der rotirenden Scheibe vor- handenen Elektrieitätsmenge bei ungeschlossenen Elektroden nach- weisen, wobei die Verminderung nur so lange dauert bis die Elek- troden eine bestimmte el. Dichtigkeit erlangt haben. An meiner Maschine mit einseitiger Axe war die Stahlaxe der Scheibe zu- fällig genügend isolirt, so dass auch der Metallstab mit seinen Kämmen es war. Er konnte nach dem Gebrauche der Maschine geprüft werden und fand sich, wenn beide Elektroden isolirt waren, nach der Tbätigkeit der Maschine nur wenig elektrisch, bald mit der einen bald der andern Elektrieitätsart. Als aber eine Elektrode zur Erde abgeleitet und kurze Zeit (ohne Ladeflaschen) ein leuch- tender Funkenstrom zwischen den 1 Zoll von einander stehenden Elektrodenkugeln unterhalten war, erschien der Stab elektrisch mit einer vorherzusagenden Elektrieitätsart. Er wurde ohne Ausnahme negativ elektrisch gefunden, wenn die positive, positiv wenn die negative Elektrode abgeleitet gewesen war. Hieraus ist auf den durch die neutralen Kämme bewirkten Verlust von der zur Benutzung bestimmten Elektrieität zu schliessen. So lange der Verbindungsstab der Kämme von diesen gleiche Men- gen positiver und negativer Elektricität erhält wie es bei guter Einrichtung der Maschine und isolirten Elektroden beinah der Fall ist, kann in seinem elektrischen Zustande der Elektricitätsverlust, obgleich vorhanden, nicht erkannt werden. Wird aber eine Elek- trode zur Erde abgeleitet, so wird die rotirende Scheibe von dem Kamme dieser Elektrode mit einer grössern Elektrieitätsmenge ver- sehn, als von dem diametralen isolirten Elektrodenkamme. Indem die Scheibe an den nächsten neutralen Kamm, tritt, verliert sie an diesen denselben Theil der auf ihr vorhandenen Elektricitätsmenge, wie an den diametralen neutralen Kamm, also absolut eine grössere Menge. Der Verbindungsstab behält die Differenz beider Elektri- eitätsmengen, wird also ungleichnamig elektrisch mit der abgelei- teten Elektrode. Die unabsichtliche Elektrisirung des isolirten Verbindungs- stabes bringt Störungen in das Spiel der Maschine die beseitigt 238 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse werden durch Ableitung des Stabes zur Erde. Nur hierdurch habe ich die grösste Wirkung meiner Maschine, Funken von mehr als sieben Zoll Länge, erhalten können. Die neutralen Kämme sind eine sehr nützliche Zugabe zur Holtz’schen Elektrophormaschine, da sie die bei ernsten Versuchen so ärgerlichen Wechsel der Electricitätsart der Elektroden bei ge- höriger Vorsicht auf ein geringes Maass beschränken, aber unum- gänglich nothwendig sind sie nicht. Man kann sie bei einigen Versuchen ohne Nachtheil entbehren, bei andern, z. B. bei der La- dung grosser Batterien ist es sogar vortheilhaft, die Kämme fort- zulassen, weil man dann weit schneller zum Ziele kommt. Poggen- dorff hat aber einen Fall angegeben (Pogg. Annal. 141. 204) in welchem die Kämme nicht entbehrt werden können, nämlich an der von ihm construirten Doppel-Maschine. Der Grund dieses in- teressanten Falles, der bisher nicht angegeben worden ist, dürfte durch die folgende Betrachtung klar werden. Die Doppelmaschine besteht aus zwei einfachen, mit ihren beweglichen Scheiben, welche in gleicher Richtung um ihre Axe ro- tiren, einander parallel gegenüber gestellten Holtz’schen Maschinen. Jede der beiden Elektroden der einen Maschine ist mit der gegen- überstehenden Elektrode der andern verbunden, was dadurch ge- schieht, dass zwischen den rotirenden Scheiben zwei horizontale Messingröhren, normal gegen die Scheiben, isolirt festgelegt sind, von welchen jede an beiden Enden mit horizontalen Metallkämmen versehn ist. Da die an beiden Doppel-Elektroden gesammelte Elek- trieität benutzt werden soll, so ist es nothwendig, dass jede von ihnen von beiden Maschinen dieselbe Elektrieitätsart erhält, also je 2 der einander gegenüberstehenden Papierkuchen der Doppelmaschine gleichnamig elektrisch sind. Es sei ein Kuchen der einen Einzel- maschine positiv elektrisch gemacht, so wird die ihm zunächst liegende Elektrode positiv und lässt durch ihren noch nicht erreg- ten Metallkamm positive Elektrieität auf die Glasscheibe der zwei- ten Maschine ausströmen. Eine elektrische Platte macht einen Papierkuchen mit sich gleichnamig elektrisch, wenn sie zugleich auf den Kuchen und auf die an ihm befestigte Qartonspitze wirkt. Der Papierkuchen dem ausströmenden Kamme gegenüber wird also positiv und die beiden einander gegenüberstehenden Kuchen der Doppelmaschine sind gleichnamig elektrisch, wie sie es sein sollen. Die elektrisirte Stelle der zweiten Scheibe wird aber weitergedreht vom 10. April 1876. 239 und kommt dadurch an die Öartonspitze des zweiten Kuchens, ohne an den zweiten Kuchen selbst zu gelangen, da sie vorher durch den Elektrodenkamm entladen worden ist. Demnach wird auch der zweite Kuchen positiv elektrisch werden und zwar, weil er nur an der Oartonspitze erregt worden ist, wenn nicht die Elek- trieität der Scheibe durch Zerstreuung zu sehr verringert wurde nach bekannter Erfahrung, stärker positiv el. werden als der erste Kuchen, der zugleich mit seiner Cartonspitze von der elektrischen Scheibe erregt worden ist. Der stärker positiv elektr. Kuchen gibt den Ausschlag für die Erregung der zweiten Maschine. Das Gleiche wie für den positiven gilt für den negativen Kuchen und man über- sieht dass an der Doppelmaschine die Erregung am leichtesten ein- tritt, nach welcher ihre einander gegenüberliegenden Kuchen un- gleichnamig elektrisch sind, demnach die Benutzung der erregten Elektrieitäten durch Ausgleichung derselben verhindert wird. Der Gefahr der Unbrauchbarkeit der Doppelmaschine entgeht man nicht durch die einzelne Erregung beider Maschinen, es kommt dann durch zufällige relative Schwächung der einen Maschine, dass sie durch die andre neu erregt wird und dann geschieht es zumeist in der beschriebenen Weise, welche die Benutzung der Doppelmaschine ausschliesst. Die Gefahr wird in allen Fällen beseitigt durch Anbringung von zwei neutralen Kämmen an jeder Einzelmaschine. Dann tritt in dem oben gegebenen Beispiele die Scheibe der zweiten Maschine, nachdem sie von dem Elektrodenkamme positiv elektrisirt worden ist und den nächsten Papierkuchen positiv elektrisch gemacht hat, bei ihrer Drehung an einen neutralen Kamm, wird anfangs ganz, später zum Theil entladen und kommt mehr oder weniger unelck- trisch an dem zweiten Papierkuchen an, der durch die ihm gegen- überstehende Elektrode negativ elektrisirt wird. Es wird also die Bedingung erfüllt dass die einander gegenüberstehenden Papier- kuchen der Doppelmaschine gleichnamig elektrisch seien. Die Wir- kung der neutralen Kämme ist daher eine sehr einfache aber durch- sreifende, sie verhindern eine elektrische Scheibe, die durch Influenz den einen Kuchen einer BElektrophormaschine erregt hat, auch an den zweiten Kuchen derselben mit ihrer ganzen Elektrieitätsmenge zu treten und ihn stärker zu elektrisiren als den ersten. Sind die Kuchen der zweiten Maschine ebenso stark elektrisch geworden, wie die der ersten es sind, so hört die Erregung der 240 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse einen Maschine durch die andre auf und es tritt der bekannte Me- chanismus der Elektrophormaschine ein: jeder Elektrodenkamm ver- sieht die rotirende Scheibe mit der seiner Elektrode entgegen- gesetzten Elektrieitätsart: die beiden rotirenden Scheiber werden von der positiven Doppelelektrode der Maschine mit negativer, von der negativen Doppelelektrode mit positiver Elektrieität versehn und die Elektricitäten -der Elektroden werden nicht mehr durch die Kämme entfernt, sondern auf ihnen angesammelt und zu Ver- suchen benutzt. — Die neutralen Kämme sind demnach nothwen- dig an Poggendorff’s Doppelmaschine, die also vier neutrale Kämme besitzen muss. — Die Nothwendigkeit der Anwendung von neutralen Kämmen hat vor Kurzem Hr. Bleekrode angegeben bei einer Holtz’schen Maschine deren ruhende wie rotirende Scheibe statt aus Glas aus Hartkautschuk bestand und glaubt einen Unterschied der aus dem verschiedenen Materiale gefertigten Maschinen festgestellt zu haben (Pogg. Annal. 156. 304) (den Unterschied dass die Glasmaschinen auch ohne neutrale Kämme wirken, die andern nicht). Ich habe zwar keine Maschine aus Hartkautschuk unter Händen gehabt, glaube aber die Veranlassung dieser auffallenden Meinung angeben zu können. Im 140. Bande von Poggendorff’s Annalen habe ich eine Theorie der Elektrophormaschine mit 4 Kämmen gegeben, welche Hr. Bleekrode anführt. In dieser Theorie ist gesagt dass die Maschine je nach der Elektrieitätsmenge, welche ihre Elektroden besitzen, in drei verschiedenen Phasen wirkt. In der ersten Phase, wenn die Elektroden nur schwach elektrisch sind, wird jeder Elek- trodenkamm durch seinen Kuchen elektrisirt und saugt die Elek- trieität der Scheibe ein (wirkt also zugleich als Erreger und Ein- sauger). „In der dritten Phase wirken die horizontalen (Elektroden-) „Kämme nur als Einsauger, die schrägen (neutralen Kämme) nur „als Erreger“ (S. 567). —-Um die erste Phase festzuhalten, braucht man nur an der gebräuchlichen Maschine die Elektroden zu schlies- sen, um die dritte Phase festzuhalten, muss man ihren Papierkuchen eine ungewöhnliche Lage gegen die Metallkämme geben. Diesen letzten Fall, der die grosse Funkenlänge der Maschine erklärt, habe ich besonders behandelt und durch eine Figur anschaulich semacht (8. 563) die zur Erläuterung, nicht zum Gebrauche der Maschine dient. Es stehen darin die Elektrodenkämme den weit vom 10. April 1876. 241 von den Kuchen abgerückten Cartonspitzen, die neutralen Kämme den Kuchen gegenüber, und selbstverständlich sind hier die neu- tralen Kämme unentbehrlich, da sie allein die Maschine erregen und in Gang halten können. Hr. Bleekrode scheint nun, wie aus einer beiläufigen Be- merkung hervorgeht (Pogg. Ann. 156. 294) bei seinen Kautschuk- maschinen ganz allein die ungewöhnliche Stellung der Papierkuchen gegen die Kämme gebraucht zu haben, während bei der Benutzung der Glasmaschinen allgemein alle 4 Kämme den Papierkuchen gegen- übergestellt werden. Nicht also das verschiedene Material der Schei- ben, sondern die verschiedene Stellung der Kämme bewirkt hiernach den Unterschied der von ihm betrachteten Maschinen. Kurze Zeit nach der Erfindung der Maschine mit 4 Kämmen änderte ich dieselbe ab in der Absicht ihre Vortheile zu erhalten und den Nachtheil der geringen Ergiebigkeit zu vermeiden (Pogg. Annal. 140.168). Von den beiden neutralen Kämmen wurde der eine fortgelassen, ebenso der ihm gegenüberstehende Papierkuchen, und die dem einzeln stehenden Kuchen zugewandte Elektrode voll- ständig zur Erde abgeleitet. Diese Maschine mit nur 3 Kämmen war anfangs nur zum Laden von Batterien bestimmt, hat sich aber in vortrefflicher Ausführung durch Hrn. Borchardt auch zu an- dern Versuchen so brauchbar gezeigt, dass ich ihre Einrichtung später ausführlich angab, eine Abbildung derselben und Versuche hinzufügte, welche gewöhnlich an andern Maschinen angestellt wer- den (Akad. Berichte 1874. 196). Unter allen mir bekannten Ma- schinen ist die Maschine mit 3 Kämmen am leichtesten erregbar, hält ihre Ladung am längsten und ein Wechsel der Elektrieitäts- art ihrer Elektroden ist mir in 5 Jahren eines häufigen Gebrauchs nicht vorgekommen. Sie liefert direkt nur Eine Elektricitätsart, diese aber, bei einem Durchmesser ihrer rotirenden Scheibe von 154 par Zoll in grosser Menge und zwischen Elektrodenkugeln von 103 Linien Dicke Flaschenfunken von 43 Zoll Länge Für die wenigen Versuche, die eine grössere Funkenlänge oder den direkten Zufluss von beiden Elektrieitätsarten verlangen (z. B. zur Darstellung der schwachen Funken) hat Hr. Borchardt der Ma- schine eine zweite ruhende Scheibe, 2 durch einen Metallstab ver- bundene Kämme und einen zweiten Elektrodenstab mit Endkugel beigegeben, so dass die Maschine in wenigen Minuten in die Holtz- sche Elektrophormaschine mit 4 Kämmen verwandelt werden kann. 242 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 10. April 1876. Hr. Kronecker theilte Folgendes mit: In einem aus Christiania vom 4. April d. J. datirten Briefe macht Hr. Sylow mich darauf aufmerksam, dass er bereits vor einigen Jahren die Frage behandelt habe, welche in meiner Mit- theilung vom 19. Juli v. J. den Ausgangspunkt bildet. Hr. Sy- low hat die Güte gehabt, mir gleichzeitig einen Separatabdruck seiner mir bis dahin unbekannt gebliebenen Notiz (Om den Gruppe af Substitutioner, der tilhorer Ligningen for Division af Perioderne ved de elliptiske- Funktioner. Af L. Sylow. Saerskilt aftrykt af Vi- densk.- Selsk. Förhandlinger for 1871.) zu übersenden und eine deutsch geschriebene Erläuterung beizufügen. Daraus ersehe ich, dass die Sylow’sche Deduction ganz auf den in meiner Abhand- lung (Monatsbericht 1375. S. 501) mit II bezeichneten A bel’schen Formeln beruht und ihrem eigentlichen Inhalte nach mit der Betrachtung übereinstimmt, welche ich dort in der Einleitung an- gedeutet und auf S. 506 (Zeile 9 bis 21) vollständig ausgeführt habe. Diese Deduction führt allerdings zur Bestimmung des Af- fects der Theilungsgleichung, denn sie zeigt wie aus jenen Abel- schen Formeln a priori die Existenz einer Gleichung zu erschlies- sen ist, deren Wurzeln die n Grössen 4rK+2Ki n sin am (r—0,1,..n—1) i ; ; 3 2K und deren Coäfficienten rationale Functionen von sinam —, #° und n w sind, aber für. die wirkliche Aufstellung dieser Gleichung, . für die Ermittelung ihrer Eigenschaften und für die Wiederauffindung jener damit zusammenhängenden (schon von Jacobi angegebenen) Eigenschaften der Modulargleichung bedurfte es anderweiter Hülfs- mittel der Untersuchung. | Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 24. April 1876. 243 24. April. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Hercher las über die Geographie der homerischen Flüsse. 27. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Hagen las „über die gleichförmige Bewegung des Wassers „sowohl in kleineren Canälen und Gräben, wie in Flüssen und „Strömen“. Für erstere wurden vorzugsweise die von Darcy und Bazin an den Zu- und Ableitungen des Canals von Bourgogne, für letztere dagegen die von Humphreys und Abbot an Ameri- kanischen Strömen gemachten Beobachtungen zum Grunde gelegt. Unter Einführung des einfachen Gesetzes e=k.a: Tr? wo c die mittlere Geschwindigkeit, « das relative Gefälle und r den mittleren Radius, d. h. den Quotient aus dem Flächeninhalt des Querprofils, dividirt durch den benetzten Umfang desselben be- deutet, ergab sich bei Anwendung der Methode der kleinsten Qua- drate und nach Vergleichung mit verschiedenen auderweiten Mes- sungen 5 für Gräben c = 4,9.:y« 5 für Ströme c—= 6.yry« Der Zahlen-Coöfficient gilt im ersten Falle für jedes beliebige Maass, im zweiten dagegen für Englisches, auch für Rheinländi- sches Fussmaass, während er für Meter sich in 3,34 verwandelt. Sobald # — 1,5 Fuss, oder — 0,47 Meter ist, geben beide Aus- drücke dasselbe Resultat, an diesem Punkte findet also ein Über-“ gang aus dem einen Gesetz in das andere statt. [1876] 18 244 Gesammtsitzung Hr. Schrader zeigte einige Proben der von Dr. Andreas eingeschickten bunten glasirten Ziegel. Hr. W. Peters las über die von Professor Dr. Rein- hold Buchholz in Westafrica gesammelten Fische. Hr. Buchholz, auf dessen Wunsch ich die Bearbeitung der von ihm gesammelten Fische und Säugethiere übernommen hatte, während er sich selbst vorbereitete, andere Theile seiner reichen Sammlungen, zunächst die Gliederthiere, auszuarbeiten, ist uns lei- der am 17. April d. J. in unerwarteter Weise durch einen frühen Tod entrissen worden. Zweimal grossen Gefahren, denen auf der Nordpolfahrt und denen des tödtlichen Klimas der westafrikani- schen Küste glücklich entgangen, erlag er den Folgen der bösarti- gen Fieber, die seine Gesundheit in Westafrika untergraben hat- ten. Kaum war er so glücklich, eine Stellung errungen zu haben, die seiner Neigung und seinen Wünschen entsprach und die ihm erlaubt haben würde, sich ganz der Wissenschaft hinzugeben, für die er so viele Opfer gebracht hatte, als die Hoffnungen, zu wel- chen seine bisherigen gewissenhaften Forschungen so sehr berech- tigten, mit ihm zu Grabe getragen wurden. Ich erfülle hiermit einen Theil seiner Wünsche, indem ich mir erlaube, der Akademie, welche ihm wiederholt ihre thätige Theil- nahme bewiesen hat, zunächst eine Übersicht der von ihm gesam- melten Fische vorzulegen, nachdem ich bereits früher (s. Monatsber. d. Js. p. 195) Nachricht von der so höchst merkwürdigen Gattung Pantodon gegeben habe. PERGOIDAE. 1. Serranus eruentatus n. sp. (Taf. 1. Fig. 1). S. praeoperculo angulo rotundato serrato, operculo Irispinoso, pinna caudali rotundato. Fusco-virescens, subtus pallidior, genis, operculis, pinnis verticalibus, fasciisque corporis san- guineo-maculatis. B.7. D. 9,14: P, 1,16; V. 1,5; 4.3.85 0 21590203 l. 75; tr. 13126: Habitatio: Victoria. 2 | vom 27. April 1876. 245 Gestalt im Allgemeinen wie bei S. scriba. Der Kopf macht 4 der Totallänge (ohne die Schwanzflosse) aus und übertrifft die Körperhöhe. Augen im zweiten Viertel des Kopfes, um ihren Durchmesser von der Schnauzenspitze, um reichlich die Hälfte des- selben von einander entfernt. Oberkiefer nicht ganz bis zur Ver- tieallinie des hinteren Augenrandes reichend. Vordeckel mit abge- rundetem Winkel, am hinteren Rande gezähnelt, die Zähnelungen von oben nach unten an Grösse zunehmend. Zwischen- und Un- terkiefer mit Eckzähnen, in der Mitte eine zahnlose Lücke; die Zähne der äusseren Reihe grösser als die der inneren sammtförmi- gen Binde. Schuppen kammförmig, bis zur Hinterkieferfalte aus- gedehnt, die des Oberkopfes, der Wangen und des Vordeckels drei- bis viermal kleiner als die des Kiemendeckels. Die senkrechten Flossen bis zur Hälfte oder darüber beschuppt. Die Stacheln der Rückenflosse nehmen von dem ersten bis dritten an Länge zu, während sie von dem dritten bis neunten ziemlich gleich lang sind; von den Weichstrahlen sind der 7. bis 10. die längsten. Brustflossen so lang wie der Kopf ohne die Schnauze und die Bauchflossen, welche bis an den After reichen, überragend. Der zweite Analstachel ist der stärkste, kaum länger als der dritte. Die Caudalflosse ist abgerundet. Die Farbe der in Weingeist aufbewahrten Exemplare erscheint einfach dunkelbraun, mit kaum erkennbaren dunkeln Querbinden und Flecken auf den senkrechten Flossen, die Brust- und Bauch- flossen in der Endhälfte mehr schwarz. Der von Hrn. Buchholz angefertigten Skizze zufolge ist die Farbe des Rückens und der Flossen olivengrün, an der Bauchseite blasser. Blutrothe Flecke bilden auf dem Körper und Schwanze sechs bis sieben Querbinden, auf dem Weichtheil der Rückenflosse zwei, auf der Anal- und Schwanz- flosse drei, auf der Basis der Brustflosse zwei Reihen. Auf der Seite des Kopfes sieht man eben solche rothe Flecke in zwei Reihen auf der Schnauze beginnen, von denen die vordere auf den Ober- kiefer herabsteigt, die andere in einem Bogen unter dem Auge bis zum Kiemendeckel hingeht; auf der unteren Backengegend und dem Kiemendeckel noch mehrere unregelmässig stehende derartige Flecke. Zwei gleich grosse Exemplare, von 90 Millimeter Länge, wur- den Anfangs October 1873 in Vietoria gefangen. 2. Rhypticus saponaceus (Bloch-Schneider). — Victoria. 18% 246 Gesammtsitzung PRISTIPOMATIDAE. 3. Pristipoma Perrotetii Cuv. Val. — Cameruns. 4. Pristipoma Jubelini Cuv. Val. — Cameruns. 5. Lobotes surinamensis (Bloch). — Mungo, Victoria. SQUAMIPINNES. 6. Drepane punctata (Linne). — Vietoria. SPARINT. 7. Lethrinus atlanticus Cuv. Val. — Victoria. 3. Pimelepterus Boseii Lac&pede. — Fernando Po. POLYNEMIDAE. 9. Polymemus polydactylus Vahl.!) — Vietoria. 10. Polynemus quadrifilis Cuv. Val. — Vietoria. 11. Pentanemus quinquarius L. — Victoria. SCIAENOIDAE. 12. Corvina nigrita Cuv. Val. — Cameruns, Mungo. I ’ 8 TRICHIURIDAE. 13. Trichiurus lepturus Linne. — Victoria. AGCANTHURIDAE. 14. Acanthurus chirurgus Bloch. Es befindet sich ein 95 Millimeter langes Exemplar in der Sammlung, welches ganz einförmig dunkelbraun erscheint und in den Proportionen und der Strahlenzahl mit der Bloch’schen Art !) Hr. Günther bildet aus dieser Art eine neue Gattung, Galeoides, wegen des Mangels der Vomerzähne. Da ich diese aber auch bei Exempla- ren P. paradiseus vermisse, so scheint diese Trennung nicht gerechtfertigt. vom 27. April 1876. 247 übereinstimmt. Nach einer von R. Buchholz gemachten Farben- skizze ist dieser Fisch im Leben in der oberen Hälfte kaflee- braun, in der unteren Hälfte blasser; auf dem Körper sieht man elf feine blaue Längslinien, auf dem Kopfe vier solcher Linien, von denen die oberste von dem Schnauzenrücken, die beiden mitt- leren von dem Maule gegen das Auge hinaufsteigen und die un- terste kürzeste dem unteren Rande des Vordeckels parallel läuft. Der Schwanzstachel wird von einem ovalen orangegelben von einem blauen Ringe eingefassten Flecke umgeben. Der hintere Rand der Schwanzflosse, welche sonst wie die übrigen Flossen schwärzlich ist, erscheint gelblich. Vielleicht ist mehr als eine Art unter dem Bloch’schen Namen versteckt. — Victoria. CARANGIDAE. 15. Caranx senegallus Cuv. Val. — Victoria. 16. Caranx carangus Bloch. — Victoria. 17. Caranz alexandrinus Cuv. Val. — Victoria. 18. Argyreiosus setipinnis Mitchell. — Victoria. 19. Mieropteryx chrysurus (Linne). — Victoria. 20. Lichia amia (Linne). — Victoria. 21. Lichia glauca (Linne). — Victoria. 22. Trachynotus ovatus (Linne). — Victoria. 23. Trachynotus goreensis Cuv. Val. — Victoria. 24. Psettus sebae Cuv. Val. — Cameruns, Victoria. SCOMBROIDAE. 25. Cybium tritor Cuv. Val. — Victoria. 26. Echeneis naucrates Linne. — Victoria. PEDICULATI. 27. Antennarius marmoratus Günther. — Fernando Po. (GOBIINI. 28. Gobius humeralis A, Dumeril. — Camerunfluss. 248 Gesammlisitzung 29. Gobius aeneofuscus Ptrs. var. quineensis. Das einzige aus dem Camerunfluss stammende Exemplar von 9 Öentimeter Länge stimmt in der ganzen Körperform, der Stellung und Bildung der Flossen und der Pholidosis mit den Exemplaren aus dem Zambeze überein, nur ist die Zeichnung viel dunkler, die Flecken und Binden sind mehr ausgedehnt, nament- lich eine breite Fleckenbinde längs dem Körper, die beiden von dem Auge zu dem Maule herabsteigenden Binden und eine ho- rizontale auf den Backen. Auch hat die Brustflosse auf dem oberen Theile ihrer Basis einen schief herabsteigenden dunklen Strich, wie @. banana und grammepomus. BLENNIOIDEI. 30. Clinus nuchipinnis Quoy et Gaimard. — Victoria. 31. Periophihalmus papilio Bloch-Schneider. — Camerun- fluss. MASTACEMBELIDAE. 32. Mastacembelus eryptacanthus Günther. — Abo. MUGILINI. 33. Mugil grandisquamis Cuv. Val. — Camerunfluss. 34. Mugil cephalus Cuvier. — Victoria. ÖOPHIOGEPHALIDAE. 35. Ophiocephalus obscurus Gthr. — Cameruns. LABYRINTHICI. 36. ÖOtenopoma Petheriei Gthr. — Camerunfluss. (GERRIDAE. 37. Gerres melanopterus Bleeker. — Victoria. CHROMIDES. 38. Chromis niloticus (Hasselquist). — Camerunfluss, Abo. vom 27. April 1876. 249 39. Chromis microcephalus Bleeker. — Camerunfluss. PLEURONECTIDES. 40. Psettodes Bennettii Steindachner. — Victoria. 41. Synaptura puntatissima n. sp. (Taf. Fig. 2). S. brunneo-cana, nigro punctata, corpore elongato, 3% lon- giore quam altiore; pinma pectorali sinistra via dextra longiore, capitis tertiae longitudinis parti aequali. D. 81; 4.65; P.9; V.d.3, sin. 4; 0.19. Lin. lat. ca. 140. Habitatio: Victoria. ‘Höhe zur Totallänge wie 1:34, Kopflänge zu derselben wie 1:6, Schuppen auf beiden Seiten des Körpers kammförmig, auf dem Nacken nicht merklich grösser, als am übrigen Körper. Ober- kiefer etwas vorspringend. Unterlippe der rechten Seite mit einer Tentakelreihe; Nasenröhre der rechten Seite glatt, die der linken nicht grösser, mit gefranzten Hautlappen besetzt. Das obere Auge von dem unteren fast um die Länge eines Durchmessers entfernt und fast ganz vor demselben liegend. Sammetförmige Zahnbinden der linken Seite sehr breit, rechte längere Seite der Mundspalte zahnlos. Nach der von Buchholz gemachten farbigen Zeichnung des einzigen vorliegenden Exemplars war es im Leben braungrau mit zahlreichen schwarzen Punkten, die Endhälfte der Brustflosse schwarz, die Haut des Randes der Rückenflosse weiss, die Strah- len schwarz. Das einzige Exemplar aus Victoria ist 25 Centimeter lang. 42. Cynoglossus senegalensis Kaup. — Victoria. SILUROIDAE. 43. Olarias gabonensis Günther. — Abo, Ogowe. 44. Eutropius mandibularis Günther. — Cameruns. 45. Chrysichthys furcatus Günther. — Cameruns. 46. Chrysichthys nigrodigitatus Lacepede. — Camerunfluss. 47. Auchenaspis biscutatus Geoffroy. — Cameruns. 48, Arius latiscutatus Günther. — Cameruns. 2900 5: Gesammtsitzung 49. Synodontis shal Bloch - Schneider. — ÜCämerunfluss, / Abo. 90. Malopterurus electricus Lacep&de. — Camerunfluss. CHARACINI. 51. Alestes macrophthalmus Günther. — Ogowe. 52. Alestes senegalensis Steindachner. — Ogowe, Abo. 53. Sarcodaces odoe Bloch. — Camerunfluss. 54. Distichodus notospilus Günther. — Ogowe. 55. Xenocharax spilurus Günther. — Ogowe. MOoRrMYRı. 5 . Mormyrus Petersi Günther. — Camerunfluss. 97. Mormyrus Henryi (Gill). — Abo. 58. Mormyrus grandisguamis n. sp. (Taf. Fig. 3). M. macrolepidoto affinis, squamis majoribus; pinna dorsali anali vi breviore. D.322; P.1,9; W906; 4. 9,27. Eins 0812: Habitatio: Ogowe. In der Form mit M. cyprinoides, senegalensis und macrolepido- tus ganz übereinstimmend, verschieden durch die viel grösseren Schuppen, welche nur 43 Querreihen, am Schwanze drei Längs- reihen, bilden. Ein einziges Exemplar ‘von 19 Oentimeter Totallänge aus dem Ogowe. SCOMBRESOCGES. 59. Belone senegalensis Cuv. Val. — Victoria. 60. Belone caribaea Lesueur. — Victoria. h 61. Hemirhamphus Pleü Cuv. Val. — Victoria, ÜYPRINOIDAE. 62. Barbus Kessleri Steindachner. — Ogowe. vom 27. April 1876. 251 63. Opsaridium Buchholzi n. sp. (Taf. Fig. 4). OÖ. zambezensi similis, rictu oris majore, pinna anali lon- giore. D.2,7; A.3,14. Lin. lat. 46; tr. 8412. Habitatio: Ogowe. Diese Art hat mit der des Zambeze in der Färbung und der Stellung der kurzen Rückenflosse über und vor der Analflosse grosse Ähnlichkeit, das Maul ist aber weiter, bis hinter die Mitte des Auges gespalten und die Analflosse ist länger als bei jener Art. Ein Exemplar von 112 Millim. Länge aus dem Ogowe. ÜOLUPEINI. 64. Clupea dorsalis Cuv. Val. — Victoria. 65. Pellonula vorax Günther. — Cameruns. 66. Elops lacerta Cuv. Val. — Cameruns. 67. Notopterus nigri Günther. — Cameruns. OSTEOGLOSSIDAE. Pantodontes. 68. Pantodon Buchholzi Ptrs. — Victoria-River. MURAENINI. 69. Echidna Peli Kaup. — Cameruns. 70. Sphagebranchus cephalopeltis Bleeker, — Oameruns. GYMNODONTES. 71. Tetrodon guttifer Bennett. — Victoria, Cameruns. 72. Tetrodon laevigatus Linne. — Victoria. BALISTINI. 75. Balistes forcipatus Gmelin. — Victoria. 14. Balistes capriscus Gmelin. — Victoria. 252 Gesammtsitzung 75. Aluteres Heudelotüi Aollard: — Victoria. (F0NOIDEI HOLOSTEI. 76. Calamoichthys calabaricus Smith. — Cameruns. RAJIDAE. 77. Pristis antiquorum Latham. Mit einundzwanzig Paar Zähnen der Säge. — Victoria. 78. Rhinobatus halavi (Forskäl). — Victoria. 79. Trygon margarita Günther. — Victoria. Erklärung der Taren. Fi Serranus eruentatus Ptrs. — Natürl. Grösse. Mormyrus grandisquamis Ptrs., verkleinert. g.1. »„ 2. Synaptura punctatissima Ptrs., verkleinert. ER 4. Opsaridium Buchholzi Ptrs., natürl. Grösse. B2] punctaiissima Pirs 4 Opsaridium Buchholzi Pirs. [gu} ei =, oO, ® = 0) dp SE (dp) e Seen AO a an DO Gr ES op Eon SE= Se =. dQ DR [SE 3 at (dp) as ee Een ns DS = ar m,Berlin. I oh SI ) wunstanstaltv. C vom 27. April 1876. 255 Hr. W. Peters legte vor: Die von Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrika gesam- melten Land- und Süsswaässer-Mollusken, von Hrn. Pro- \ fessor Dr. E. von Martens. Prof. Dr. Reinhold Buchholz, dessen früher Tod ein ern- ster Verlust für die Wissenschaft ist, hat aus Westafrika auch eine Anzahl von Mollusken mitgebracht, und zwar nicht nur die Schalen, sondern von den meisten Arten auch Spiritus-Exemplare, von vielen auch an Ort und Stelle ausgeführte Abbildungen der lebenden Thiere, deren Veröffentlichung ich auf seinen Wunsch über- nommen habe. Im Folgenden sind die von demselben gesammelten Arten von Land- und Süsswasser-Mollusken aufgezählt und die als neu erkannten charakterisirt worden. Diese letzteren, sowie man- che andere wohl schon beschriebene, aber immer noch in den Sammlungen seltene Arten bilden eine werthvolle Bereicherung des hiesigen zoologischen Museums. Die Mehrzahl der Landschnecken ist bei Bonjongo im Camerun-Gebirge gesammelt, einige sowie die meisten Süss- und Brackwasser-Schnecken an der Küste bei Vie- toria und im Delta des Camerunflusses, andere Landschnecken auch bei Akkra und Aburi auf der Goldküste., I. Landschnecken. 1. Helicarion semimembranaceus n. sp. (Taf. I. Fig. 1— 4). Testa depressa, auriformis, tenuissima, leviter radiatim striatula, nitida, pallide succinea, inferne membranacea; spira plana; anfractus viv 24, rapide crescentes, ultimus ambitu ovalis, sutura canaliculata, inferne imperfectus, spiram non obtegens; apertura maxima, subhori- zontalis, margine supero arcuato, membranaceo-limbato, infero primum stricto, retrorsum spirali. Diameter major 19, minor 14, altitudo 6, aperturae longitudo 144, altitudo obligua 11 Mill. Vietoria an der Camerunküste. Am lebenden Thier umhüllt nicht nur ein vorderer Schalen- lappen des Mantels den Mündungsrand der Schale, sondern auch ein hinterer das ganze Gewinde. Der hintere Theil des Fusses 254 Gesammtsitzung ist stark zusammengedrückt und endet senkrecht abgestutzt mit einer deutlichen Schleimpore. Die Schale gleicht von unten gese- hen ziemlich derjenigen von Peltella Beneden (Parmacella pallio- lum Ferussae p.7. A, wahrscheinlich identisch mit Gaeotis Shuttl.), entbehrt aber der Spiralskulptur; Peltella soll aber keine Schleim- pore haben. Vielleicht gibt unsere Art bei der anatomischen Un- tersuchung Grund zu einer neuen Gattung, welcher dann vermuth- lich auch Vitrina sigaretina Recluz angehören dürfte. 2. Helicarion plicatulus n. sp. (Taf. I. Fig. 5 — 8). Testa rimata, depresse convexa, tenwis, subregulariter plicatula, nitida, pallide griseo-virescens; spira paulum prominula; anfr. 34, sutura impressa distincti, semipenultimus 4 diametri majoris occupans; apertura emarginato-ovata, diagonalis, margine supero sigmoideo, le- viter descendente, infero arcuato, membranaceo-limbato, columellari subperpendiculari, breviter reflewo. Diam. mag. 17, min. 11, alt. 9, apert. long. 114, alt. 10 Mill. Aburi, an Blättern von Canna und verschiedenen anderen Gewächsen. Am lebenden Thier zeigt der Mantel vorn einen breiten Nacken- lappen und links einen zungenförmigen Schalenlappen; der hintere Theil des Fusses ist zusammengedrückt und zeigt eine deutliche Schleimpore. Der Schale nach steht diese Art zunächst der eben- falls westafrikanischen Vitrina grandis Beck, welche aber nach Ree- ve’s Abbildung und Pfeiffer’s Beschreibung oben flach und na- hezu kantig ist. 3. Nanina troglodytes Morelet (Taf.I. Fig. 9, 9b u. 9e.). Helix troglodytes Morelet in Revue zoologique 1848 p. 351; series conchyliologiques I. p. 11. pl. 1. fig. 1. Bonjongo. Am lebenden Thier legt sich ein breiter Schalenlappen des Mantels über den vordersten Theil der Schale, ein kleiner vom obern Winkel der Mündung ausgehend an die rechte Seite dersel- ben. Hinterer Theil des Fusses zusammengedrückt, am Ende schief abgestutzt, mit einem kleinen Hörnchen. Die leere Schaale ist weisslich oder röthlich, zuweilen dun- kelroth, nie gelb, Das Gewinde erhebt sich als breiter Kegel mit vom 27. April 1876. 255 etwas concavem Profil aus der abgeflachten obern Seite der letzten Windung, während deren Unterseite stark gewölbt ist; eine Kante ist nicht vorhanden. N. pellueida Gould ist ihr im Übrigen ähn- lich, aber durch einen deutlich abgesetzten stumpfen Kiel unter- schieden. Beiden gegenüber stehen durch die gleichmässig gewölbte Oberseite und die strohgelbe Farbe zwei andere westafrikanische Nanina-Arten, Africana Pfr. (Chemnitz neue Ausgabe, Helix Taf. 148. Fig.15,16) und N. calamechroa Jonas, erstere mit einer mittleren stumpfen Kante, letztere ohne solche und mit kurzen Fältchen un- ter der Nath. Petit hat im Journal de conchyliologie III. 1852. pl.1. Fig. 14—16 unter dem Namen troglodytes eine Abbildung gegeben, die von der Morelet’schen ganz verschieden ist und wahrschein- iich Africana darstellt, daher er beide für identisch erklärte. Alle diese 4 Arten stimmen in der feinen Spiralskulptur und der ange- drückten Nath überein; etwas ferner stehen Helix indecorata Gould und A. chrysosticta Morelet, welche letztere von Hrn. v. Mechow auch bei Chinchoxo an der Loangoküste gefunden wurde, noch entfernter N. glomus Albers, in welcher H. Dohrn wohl mit Recht einen Streptaxis zu erkennen glaubt. 4. Nanina calamechroa Jonas (Taf. 1. Fig. 10 u. 11). Helix calamechroa Jonas in Philippi icones 1. $.17 Taf. 3. Fig. 2; Pfeiffer monogr. hel. I. p. 118 und in der neuen Ausgabe von Chemnitz Helix Taf. 129. Fig. 11. 12. Nanina calamechroa Albers Heliceen S. 59. Aburi an der Goldküste, häufig auf Blättern. Mehrere der vorliegenden Exemplare sind etwas höher und die letzte Windung mehr aufgeblasen, als der Jonas’sche Typus zeigen; andere unterscheiden sich hierin nicht wesentlich von dem- selben. Die Färbung ist bei allen trüber, nicht so gesättigt stroh- gelb, die Schale mehr durchscheinend. Es ist darauf aber nicht so viel Werth zu legen, da nur in Spiritus aufbewahrte Stücke vorliegen und der Spiritus bekanntlich das äussere Aussehen der Schalen vieler Landschnecken entstellt. Die Mantellappen stim- men wesentlich mit denen der vorhergehenden Art überein; das Fussende zeigt ebenfalls eine deutliche Schleimpore, aber kein die- selbe überragendes Hörnchen. 256 Gesammtsitzung 5. Trochonanina tumidula n. sp. (Taf. I. Fig. 12 —14). Testa perforata, inflate conica, solidula, oblique striata et subti- lissime decussata, nitidula, fusco-rufa, pallide cingulata; spira conica, anfr. 7, convexi, ultimus medio angulatus, basi convexiusculus; aper- tura diagonalis, subsemicircularis, peristoma rectum, tenue, marginibus distantibus, columellari subincrassato, ewpanso, albo. Diam. maj. 14, min. 12, alt. 124, apert. lat. 74, alt. 64 Mill. Bonjongo. Durch die gewölbten Umgänge, die nur stumpfe Kante, die Färbung und die Spiralskulptur von der folgenden unterschieden. In einem der grösseren Exemplare fanden sich mehrere ganz junge Schalen (Fig. 14) vor, woraus man wohl schliessen darf, dass diese Art vivipar ist. 6. Trochonanina Ibuensis Pfr. (Taf. I. Fig. 15). Helix Ibuensis Pfeiffer symbolae III. p. 66; monogr. helie. I. .51; Reeve conch. icon. Fig. 1398. Bonjongo. Der Ort Ibu oder Ibo, wo Fraser diese Art ge- sammelt hat, liegt am untern Lauf des Kowara (Niger), kurz ehe dieser sich in seine Mündungsarme theilt, und ist also nicht zu verwechseln mit Ibo an der Küste von Mossambique. Die Gestalt ist scharf konisch, der Kiel beiderseits von einer Vertie- fung begleitet, die Skulptur besteht aus schiefen Faltenstreifen ohne Spirallinien, die Färbung ist gelbbraun. 7. Trochonanina percarinata n. sp. (Taf. I. Fig. 16—18). Testa perforata, depresse trochiformis, tenuis, superne oblique striolata et lineis subtilissimis spiralibus decussata, rufofusca. opaca ; spira convexiuscule conica; anfr. 7, subplani, acute carinati, sutura, canaliculata disjuncti et supra carinam impressi, ultimus basi con- vexus, levissime striolatus, fusco-flavescens, nitidus; apertura diagona- lis, securiformis; peristoma simplew, rectum, marginibus distantibus, columellari arcuato, superne breviter reflexo. Diam. ma). Mia, min. 104—13, alt. $—10, apert. lat. 5 — 73, alt. 4—6 Mill. Bonjongo. vom 27. April 1876. 257 Durch Skulptur und Nath leicht von der vorigen, welche ihr in der Gestalt der Schale sehr ähnlich ist, zu unterscheiden. Nahe verwandt dürfte auch Helix palmarum Morelet (Journ. Conch. XXI. p- 329) vom Gabun sein, sie hat aber bei einem Durchmesser von nur 5 Mill. schon ebensoviele Windungen. 3. Trochonanina Calabarica Pfr. Helix Calabarica Pfeiffer monogr. helie. IV. p. 37; Novitat. conchol. III. Taf. 108. Fig. 0 —12. Bonjongo, das grösste Exemplar 14 Mill. im Durchmesser und 8 Mill. hoch. 9. Trochonanina talcosa Gould. Helix talcosa Gould Proceed. Bost. soc. nat. hist. III. 1850 ». 194; Pfeiffer Novitat. conch. III. Taf. 108. Fig. 7-9. Var. elatior: diam. maj. 9, alt. 10 Mill. Bonjongo. 10. Achatina variegata Lam. Achatina variegata Lamarck systeme des animaux sans ver- tebres 1801. p. 91; Pfeiffer monogr. hel. II. p. 249. Achatina perdix Lamarck hist. nat. des animaux sans ver- iebres. ed. 1. VI. p. 127; ed. 2, par Deshayes VI. m. 294. Akkra an der Goldküste. ll. Achatina marginata Swains var. (Taf. II. Fig. 1). Die vorliegenden Exemplare, das grösste darunter 99 Mill. lang und 53 im Durchmesser, nähern sich durch ihre schlankere Gestalt, namentlich in der letzten Windung, und den verhältniss- mässig grossen stumpfen Anfang des Gewindes merklich der Ach. Knorri Pfr. (A. prunum Reeve conch. ic. Fig. 13), doch ohne sie ganz zu erreichen. A. Cumingi Shuttl. (Pfr. mon. III. p. 482) dürfte wohl dieselbe sein. Die Spitze ist mehr oder weniger röth- lich, die Columelle bleich fleischröthlich. Vietoria. 258 Gesammtsitzung 12. Achatina balteata Rv. (Taf. II. Fig. 2). Achatina balteata Reeve conch. icon. V. Achat. Fig.7; Pfeif- fer, mon. hel. III. ». 187. Vietoria. 13. Achatina pulchella n. sp. (Taf. Ill. Fig. 1 u. 2). Testa oblongo-ovata, subtilissime spiratim lineata, ceterum laevis, nitida, albida, strigis confertis parce undulatis tenwibus aurantiis picta; spira conoidea, apice oblusa; anfr. 6— 64, convexiusculi, sutura sat profunda, simplice; apertura subobligua 2—} longitudinis occupans, sinuato-ovalis, superne acuta, peristomate tenui, recto, columella ar- cuata, subaurantia, oblique truncata. Long. 32, diam. 15, apert. lat. 8, long. 153 Mill. Bonjongo im Camerun-Gebirge. Trotz ihrer Kleinheit der Schale nach zu urtheilen noch eine ächte Achatina, durch Glanz und schwache Skulptur, sowie durch die sehr zahlreichen und schmalen Striemen ausgezeichnet. Am nächsten kommt ihr Ach. zebriolata Morelet aus Angola, welche aber nach der Abbildung zu urtheilen (Welwitsch voyage, Mollusg. pl. 3. Fig. 1) etwas grösser und höher gethürmt ist, minder zahl- reiche breitere und unregelmässigere Striemen zeigt und wenigstens an den untern Windungen eine gesäumte Nath haben soll. 14. Limicolaria rubicunda Shuttl. (Taf. Ill. Fig. 4). Limiecolaria rubicunda Shuttleworth notitiae malacologicae S. 45. Taf. 7. Fig. 4. 5. Victoria. 15. Limicolaria Aurora Jay. Bulimus Aurora Jay catalogue of shells p. 119. Bulimus sufusus Reeve conch. icon. V. Bul. Fig. 350. Limicolaria Aurora Shuttleworth notitiae malacol. S. 49. Vietoria. Immer einfarbig, etwas breiter und kürzer als auf der Abbil- dung bei Reeve, und hierdurch auch von den Exemplaren der vorher genannten Art, mit welcher sie zusammen vorzukommen scheint, unterschieden. vom 27. April 1876. 259 16. Pseudachatina Downesi Gray (Taf. II Fig. 5). Bulimus Downesii Gray in Sowerby conch. illustr. Fig. 99; Pfeiffer monogr. helic. II. p.15; Reeve conch. TOM VANLRg. 170» Pseudachatina Downesii Shuttleworth notitiae malac. 8.85. Victoria. Weichtheile äusserlich mit denen von Achatina übereinstim- mend, nur der hintere Theil des Fusses verhältnissmässig kurz. Schale in der Breite und Stärke ziemlich stark variirend. 17. Perideris auripigmentum Rv. Bulimus auripigmentum Reeve conch. ic. Fig. 178; Pfeif- fer monogr. hel. III p. 389. Perideris auripigmentum Shuttleworth notitiae malac. 8.81. Nur zwei unerwachsene Schalen von der Camerunküste bei Vietoriıa. 18. Perideris Solimana Morelet (Taf. III Fig. 5). Bulimus Solimanus Morelet in Revue zool. 1848 p. 353; series conchyl. I. p. 10. pl. 2. Fig. 2; Pfeiffer monogr. hel. III. p. 299. Perideris Solimana Shuttleworth notitiae malac. S. 78. Victoria, nur zwei nicht ganz erwachsene Exemplare, das eine ohne Bänder, das andere mit Einem schmalen Band in der Peripherie; der Columellarrand bei beiden dunkel purpurbraun. Nach der an Ort und Stelle von Prof. Buchholz entworfe- nen Zeichnung sind die äussern Weichtheile sehr eigenthümlich: die obern Fühler lang, nahe der Spitze stark verengt, der vordere Theil des Rückens und Fusses von der Schale bis zum Kopf dop- pelt so lang als der hintere von der Schale bis zum hintern Ende, dieses letztere senkrecht abgestutzt. Nacken und Fühler dunkel- grün, Seiten des vorderen und der ganze hintere Theil des Fusses blassgrau mit zahlreichen kleinen weissen Flecken (Warzen?). Es wird hierdurch sehr fraglich, ob Perideris in der Nähe der Acha- tinen stehen bleiben darf, [1876] 19 260 Gesammtsitzung 19. Buliminus tumefactus Rv. Bulimus tumefactus Reeve conch. icon. V. Bul. Fig. 374; Pfeiffer monogr. hel. III. p. 339. Aburi an der Goldküste, häufig auf Blättern. Die äussern Weichtheile bieten nach einer von Prof. Buchholz gemachten Zeichnung keine auffallende Eigenthümlichkeit dar, sie sind blass- grau gefärbt. Die vorliegenden Exemplare sind sehr dünnschalig und zeigen alle sowohl das schmale Band als die kleinen dunkeln Flecken, wie in der Reeve’schen Abbildung. Bul. pemphigodes Jonas ist jedenfalls nahe verwandt, vielleieht nur eine Farbenab- änderung dieser Art. 20. Buliminus pallens Jonas. Bulimus pallens Jonas Philippi Abbild. I. 1, 4; Pfeif- fer Novitat. IV, 137, 11— 14. Nur drei unausgewachsene Exemplare, von denen das Eine durch seine Zeichnung, drei Fleckenreihen und darunter zwei Bän- der sich an B. electrinus Morelet und B. Burnayi Dohrn an- schliesst, aber in der schlanken Gestalt und den flachen Windun- gen mehr mit B. neuricus übereinstimmt, die beiden andern ein- farbig gelb sind. — Bonjongo. 21. Stenogyra Calabarica Pfr. (Taf. Ill. Fig. 5 und 6). Achatina Calabarica Pfeiffer monogr. helic. VI. p. 229. Bonjongo. Ausgezeichnet durch die stumpf eckige Form und die starke Berippung der zwei obersten Windungen; die Skulptur der übrigen Windungen besteht aus feinen etwas unregelmässigen Faltenstrei- fen, die stumpfe peripherische Kante bleibt bis zur Mündung. Achatina elavata Gray (Pfr. mon. II. p. 260) von Sierra Leone scheint dieser Art sehr ähnlich zu sein, doch nach den angegebe- nen Dimensionen noch breiter, nach Reeve’s Abbildung viel schlanker. 22. Stenogyra retifera sp.n. (Taf. III. Fig. 7 und 8). Testa ovato-turrita, tenuis, confertim striata, opaca, olivaceo-fusca, concolor vel fusco-fulminulata; spira conica, apicem versus subconcava; vom 27. April 1876. 261 anfractus 84, primus et secundus majusculi, reticulato-feveolati, sub- globosi, tertius minusculus, sequentes regulariter crescentes, sulura sim- plice, ultimus ovatus, non angulatus; apertura circa % longitudinis occupans, subverticalis, sinuato-ovata, intus coerulescens; peristoma tenue, rectum, marginibus callo tenuissimo pallido junetis, columellari arcuato, basi oblique truncato. Long. 35, diam. 13, apert. lat. 74, alt. 14 Mill. Bonjongo. Ähnlich der St. eyanostoma Rüpp. aus Abyssinien, durch gröbere Streifung, breiter konische Form und die eigenthümliche Skulptur der obern Windungen unterschieden und dadurch der vo- rigen sich nähernd. 23. Stenogyra oleata n. sp. (Taf. III. Fig. I— 11). Testa conico-turrita, tenuis, verticaliter striatula, oleose nitens, favida; apex obtusiusculus, anfr. 8, primus et secundus globosi, lae- ves, sequentes regulariter crescentes, convexiusculi, sutura simplice, ul- timus ovatus; apertura 4 longitudinis aequans, subverticalis, oblique piriformi-elliptica; peristoma tenue, margo columellaris valde arcuatus, basi transverse truncatus, callus parietalis temuissimus. Long. 22, diam. 8, apert. long. 74, lat. 4, Mill. Bonjongo. 5 Unter den bekannten afrikanischen Arten am nächsten der St. suaveolens Jickeli, aber das Gewinde schlanker, die Mündung schmäler. Von der ganzen Länge der Schale kommt ein Drittel auf die Aussenseite der Mündung, ein Drittel auf die vorletzte und drittletzte Windung und das letzte Drittel auf die übrigen Windun- gen, wenn man von der Einfügung des Aussenrandes an nach oben misst, 24. Stenogyra pileata n. sp. (Taf. Ill. Fig. 12 und 15). Testa turrita, subobligue costulata, sericeo-nitidula, cereo-albida; apex obtusus, anfractus 9, primus depressus, secundus subglobosus, ambo distantius et perpendiculariter costulati, -sequentes regulariter crescentes, vix convewiusculi, ultimus ovato-oblongus, infra peripheriam leviter angulatus et subtilius striolatus; apertura 2— 37; longitudinis occupans, modice obliqua, rhomboideo - piriformis; peristoma tenue, 19* 262 Gesammtsitzung margo columellaris leviter arcuatus, peroblique truncatus, callo parie- tali distincto. Long. 26, diam. 74, apert. long. 7, lat. 33 Mill. Bonjongo. Durch die beiden ersten Windungen ausgezeichnet, welche dem obern Ende ein mützenartiges Ansehen geben, und dadurch an St. Calabarica anschliessend, im Übrigen vom Habitus der St. vivipara. Die Länge der Mündung ist gleich der Höhe der vor- letzten und der halben Höhe der drittletzten Windung zusammen, in einer von der Einfügung des Aussenrandes ansgehenden Linie gemessen. 25. Stenogyra angustior Dohrn (Taf. Ill. Fig. 14 und 15). Stenogyra angustior Dohrn Mal. Blätt. XIII. p. 127; Pfeif- fer mon. hel. VI. p. 236. Bonjongo. Bedeutend schlanker, als die vorhergehende, die grössten Exem- plare 23 Mill. lang und nur 5 breit, Mündung etwas weniger als 4 der Länge, Windungen 9— 10, die beiden obersten kugelig und glatt, die Streifung der übrigen feiner, der Columellarrand stark gebogen. Der sichtbare Theil der drittletzten und viertletzten fast so hoch als breit. 26. Streptostele Buchholzi sp. n. (Taf. III. Fig. 16 und 17). Testa imperforata, turrita, temuis, arcualim striata, nitida, cereo- albida; spira subregulariter attenuata; anfr. 74, subplani, sutura im- pressa discreti, ultimus basi viw attenuatus; apertura subverticalis, rhombeo-ovata, columella paulum toria, non truncata, subangulatim in | marginem basalem transiens; peristoma rectum, non incrassatum, mar- gine basali recedente, externo arcuatim producto, callo parietali lato, tenuissimo, non tuberculifero. Long. 134— 154, diam. 43, apert. long. 43, lat. 5 Mill. Bonjongo. Ähnlich der Str. Folini Morelet, aber die Columelle weniger gedreht, die einzelnen Windungen niedriger und der Mundsaum nicht verdickt. vom 27. April 1876. 263 27. Ennea insignis Pfeiffer (Tafel IV. Fig. 1, 1a). Ennea insignis Pfeiffer Novitat. conchol. I. 8.112 Taf.32. ig. 1. 2, Vietoria und Bonjongo. Nach der von Prof. Buchholz gemachten Zeichnung ist auch hier der vordere Theil des Rückens und Fusses doppelt so lang als der hintere, dieser letztere breit und flach, mässig zugespitzt. Die obern Fühler sind lang und schlank, die untern zeigen einen eigenthümlichen beilförmigen Lappen nahe ihrer Basis, welcher an die Lippenlappen anderer Landschnecken erinnert, aber der Zeich- nung nach unzweideutig von den Fühlern selbst entspringt. Kopf und Rücken ockergelb mit einer weisslichen mittlern Längslinie. Die Schale wechselt etwas in der Grösse und in dem Grade der Abplattung der letzten Windung an der Bauchseite. 28. Ennea stylodon n. sp. (Taf. IV. Fig. 2 und 5). Testa breviter et perpendiculariter rimata, ovato-cylindrica, infra suturam plicatula, ceterum laevis, nitida, cereo-albida; apex obtusus; anfr. 7, primus complanatus, sequentes duo celeriter diametro crescen- tes, ceteri subaequales, penultimus praecedente duplo altior, ultimus ad aperturam paululum ascendens, subtus rotundatus; apertura 2—% longitudinis occupans, subverticalis, exciso-ovata; peristoma obtusum, rectum, callo tenuissimo junctum, plica parietali nulla, margine ex- terno flexuoso, superne antrorsum producto, columellari subdilatato, columella basi dente unico tuberculiformi instructa. Long. 12— 13, diam. 5— 53, apert. long. 4— 44, lat. 3 Mill. Bonjongo. Nächstverwandt mit E. Reeveana Pfr. unbekannter Herkunft, aber durch den Zahn an der Columelle ausgezeichnet, übrigens auch kleiner und glatter. 29. Ennea monodon Morelet (Taf. IV. Fig. 4 und 5). Ennea monodon Morelet im Journal de Conchyliologie KAT. 1871 p. 350. Bonjongo. Im allgemeinen Habitus und durch den vorgezogenen Aussen- rand der Mündung der vorhergehenden ähnlich, aber kürzer, mit 264 Gesammtsüzung einer kleinen Parietalfalte und dafür ohne Columellarzahn. Grös- sere und kleinere Exemplare, wie es scheint, unter einander gefun- den, die ersteren durchschnittlich 13 Mill. lang und 6 breit, mit 6 Windungen, die kleineren nur 9 Mill. lang und 44 breit, aber mit 74 Windungen, ohne Zwischenstufen. Morelet giebt eine Länge von 10, eine Breite von 4 und dabei sogar 8 Windungen an. Die Mündung bei allen übereinstimmend. 30. Ennea conica n. sp. (Taf. IV. Fig. 6 und 7). Testa rimata, turrito-conica, striolata, nitida, lactea; spira elon- gata, regulariter attenuata, apice subobtusa; anfr. 8, convexiusculi, infra suturam impressam breviter costulati, ultimus brevis, basi rotun- datus, ad aperturam paulum ascendens; apertura subverticalis, vie 4 3 longitudinis occupans, rotundato-trigona, plica parietali compressa brevi, margine externo recto, antrorsum angulatim producto et umitu- berculato, columellari dilatato, subewpanso. Long. 11, diam. 5, apert. long. 35, lat. 3 Mill. Bonjongo. Diese Art steht unter den bisherigen Ennea-Arten isolirt, gleicht aber in Grösse und Gestalt, abgesehen von der Parietal- falte, auffallend dem sogenannten Dulimus leptocochlias Jonas, der auch aus Westafrika stammt. Die Mündung allein hat auch Ähn- lichkeit mit derjenigen der vorhergehenden Art, die Parietalfalte ist bei allen vorliegenden Exemplaren gleichmässig ausgebildet. 3l. Ennea mucronata n. sp. (Taf. IV. Fig. 5 — 11). Testa rimata, eylindrico-fusiformis, solidula, oblique striata, cereo- albida; spira primum conica, apice minuto, papillari, deinde cylin- drica; anfr. 8, primi 4 convexi, sublaevigati, sequentes planati, sutura simplice, ultimus compressus, infra medium oblique bisulcatus; apertura 2— 4 longitudinis occupans, subverticalis, 6-plicata: peristoma latius- cule reflexum, superne continuum, appressum, plica parietali masxima securiformi retrorsum flewuosa, margine externo superne unituberculato, Fauce plieis palatalibus 2 elongatis oblique descendentibus et dentibus 2 columellaribus coarctata. Long. 25, diam. 7, apert. long. 7, lat. 6 Mill. Bonjongo. Nächstverwandt mit EZ. cyathostoma Pfr. und E. Guwineensis vom 27. April 1876. 265 Beck (Bulimus cyathostomus P fr. mon. hel. IV. p. 438 und Bulimus Mörehi Pfr. III. p. 370), aber ansehnlich grösser, in der Form zwischen beiden die Mitte haltend. Die beiden Parietalfalten der E. Guineensis sind bei der unsrigen zu Einer verbunden; E. cya- thostoma soll drei Gaumenfalten haben. Prof. Buchholz hat ge- gen 70 Exemplare gesammelt, welche ‚alle in den Falten der Mün- dung übereinstimmen. 32. Ennea Buchholzi n. sp. (Taf. IV. Fig. 12 und 13). Testa arcuato-rimata, ovato-cylindrica, oblique striata, cereo-alba; spira elongata, apice oblusa, conica, deinde cylindrica; anfr. 8, pri- MUS complanatus, secundus convexus, laevigatus, terlius et. quartus convexiusculi, diametro erescentes, quintus ad septimum planati, dia- metro aequales, ultimus ad aperturam non ascendens, extus biscrobi- culatus, basi valde compressus; apertura 4 longitudinis occupans, sub- verticalis, 7-8-plicata: peristoma latereflexum, superne continuum, ap- pressum, plica parietali mawima, securiformi, margine externo su- perne obsolete unituberculato, deinde plieis palatalibus 2 approwimatis, infera longiore munito, plica palatali tertia infera marginem non at- tingente; margine columellari triplicato. Long. 14, diam. 4, apert. long. 4, lat. 3 Mill. Bonjongo. 33. Ennea trigonostoma n. sp. (Taf. IV. Fig. 14—16). Testa rimata, obovata, oblique striata, cereo-albida; anfr. 85; primi 24 levissime striolati, cum sequente conulum obtusum formantes, antepenultimus et penultimus diametro descrescentes, ultimus ad aper- turam paulum aseendens, extus profunde bisulcatus, basi in carinam obtusam compressus; apertura 2 longitudinis vecupans, subverticalis, triangularis, 4 plicata: peristoma late rejlexum, superne callo tenwi junctum, plica parietali compressa mawima, margine externo medio le- viter producto et incrassato, plicis palatalibus 2 profundis oblique descendentibus subparallelis, margine columellari edentulo, columella ipsa in fauce in plicam subverticalem compressa. Long. 15—17, diam. 8, apert. long. 6 —7, lat. 4,—5 Mill. Bonjongo. Ähnlich der E. pupaeformis Morelet, aber ohne deren Zahn am Aussenrand und ohne deren zwei Zähne an der Columelle. 266 Gesammtsitzung Auch die mir nur aus der Diagnose bekannte E. bieristata Mor. (Journ. Conch XXI. p. 331) vom Gabun dürfte ihr nahe kommen, wenn unter den 2 „lamellae parietales“, wie ich vermuthe, die Gau- menfalten gemeint sind, sie ist aber viel kleiner und der letzte Um- gang soll an der Mündung nicht aufsteigen. 34. Ennea complicata n. sp. (Taf. IV. Fig. 17 und 135). Testa subperpendiculariter. rimata, obovato - cylindrica, oblique > 2 striata, cereo-albida; anfr. 84, primi 24 levissime striolati, cum se- quente conulnm obtusum constituentes, antepenultimus et penultimus diametro decrescentes, ultimus ad aperturam paulum ascendens, extus 2 =) profunde bisulcatus, basi in carinam obtusam compressus; apertura | 2 longitudinis aequans, subverticulis, oblonga, 5 plicata: peristoma late reflewxum, continwum, superne in plicam parietalem maximam retror- sum flewxuosam complicatum, plicae palatales 2 oblique descendentes, subparallelae, superior margini externo magis appropinquans; colu- mella compressa, in fauce bidenticulata, margine columellari inermi. Long. 11, diam. 4, apert. long. 4, lat. 5 Mill. Bonjongo. Im Ganzen sehr mit der vorigen übereinstimmend, aber viel kleiner, mehr länglich, der Mundsaum oben deutlich über die Mün- dungswand sich erhebend und dadurch seine Aussenseite in die Basis der Parietalfalte als dreieckiger Zwickel eingreifend, die Co- lumelle mit zwei mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Zähn- chen. Bei einigen Exemplaren zeigt der Aussenrand eine bestimmte Einfaltung als Fortsetzung der obern Gaumenfalte. 35. Ennea columellaris n. sp. (Taf. IV. Fig. 19 und 20). Testa rimata, ovata, suboblique costulata, cereo-albida; anfr. 65, primi 24 laevigati, cum sequente conulum obtusum constituentes, penul- timus diametro paulum decrescens, ultimus ad aperturam non ascen- dens, eztus bisulcatus et subtus angulatim compressus; apertura 2 longitudinis occupans, subverticalis, ovata, 7-plicata: peristoma latius- cule reflewum, continuum, superne in plicam parietalem validam com- pressam complicatum; plicae palatales 2 validae oblique descendentes, supera usque in marginem ewternum continuata; margo externus prae- terea wunituberculatus, columellaris inermis, columella ipsa in fauce tridentata, dentibus duobus superioribus approximatis compressis. vom 27. April 1876. 267 Long. 6 —7, diam. 34, apert. long. 22—5, lat. 2 Mill, Bonjongo. Sehr ähnlich der E. ringicula Morelet, aber in den Charak- teren der Columelle nicht ganz übereinstimmend. 36. Ennea cavidens n. sp. (Taf. IV. Fig. 21 — 23). Testa rimata, abbreviata-ovata, oblique striata, cereo-alba; anfr. 6, primus complanatus, sequentes aequaliter striati, secundus et tertius conveziusculi, conulum obtusum constituentes; quartus et quwintus inter se aequales, ultimus vix angustior, ad aperturam ascendens, basi com- pressus, extus bi-, prope rimam uni-scrobiculatus; apertura 2 longitu- dinis occupans, verticalis, 6— 7 dentata: peristoma late reflewum, su- perne callo tenui junctum, plica parietali magna compressa subflewuosa; margo externus bidentatus, dente superiore minore, inferiore magno, complicato, supra excavato; margo basalis 1— 2 dentieulatus; margo columellaris bidentatus, dente superiore minore, inferiore in plicam transversam intrantem supra concaviusculam elongato; columella in Fauce inermis. Long. 13 — 14, diam. 63, apert. long. 6—7, lat. 5 Mill. Bonjongo. In vieler Hinsicht der E. capitata Gould ähnlich, aber mehr eiförmig und durch die Basalzähne, sowie die Vereinigung der beiden untern Zähne des Aussenrandes in Einen unterschieden. Von 21 Exemplaren zeigen 28 nur Einen, drei zwei Basalzähne. Der eigenthümlich ausgehöhlte, fast löffelförmige Zahn des Aussen- randes ist bei allen gleich. Die westafrikanischen Ennea-Arten, deren Zahl durch die hier beschriebenen wesentlich vermehrt ist, lassen sich in folgender Weise übersichtlich gruppiren: 1. Mündung ohne Zähne oder Falten (Edentulina Pfr.): insignis Pfr., Liberiana Lea, vitrea Mor. 2. Nur mit einzelnen Zähnchen oder Falten; keine am Aussenrand. a) Nur ein Zahn an der Columelle: stylodon n. sp. b) Nur eine Parietalfalte (Uniplicaria Pfr.): 268 Gesammtsitzung aa) Gestalt oben abgerundet, Pupa-förmig: mo- nodon Mor., erystallum Mor., sorgum Mor. bb) Gestalt gethürmt-konisch: conica n. sp. c) Eine Parietal- und eine Columellarfalte, keine am Aussenrand oder Gaumen: pumilio Gould. 3. Mit zahlreichen Zähnen oder Falten, darunter stets eine starke Parietalfalte und Zähne oder Falten am Aussenrand oder Gaumen. a) Zwei (selten drei) starke Gaumenfalten und an der Aussenseite ihnen entsprechende Furchen: aa) Gestalt gethürmt, nach oben zugespitzt (Ptychotrema Mörch): Guineensis Beck, mucronata n. Sp., cyathostoma Pfr., Buch- holzi n. sp., ringens H. Ad. bb) Gestalt kürzer, oben abgerundet, Pupa-för- mig (Enneastrum Pfr.): elegantula Pfr., pu- paeformis Mor.!), trigonostoma n. Sp., com- plicata n. sp., ?bicristata Morelet, ringiceula Morelet, columellaris n. sp. und Chaperi Jouss. b) Keine langen Gaumenfalten, aber Zähne am Aus- senrand (G@ulella Pfr.): capitata Gould, cavidens n. sp., obovata Pfr. und doliolum Mor. 37. Veronicella pleuroprocta n. sp. (Taf. V. Fig. 2— 5). Bei der grossen Ähnlichkeit der einzelnen Arten dieser Gat- tung unter einander ist es schwer dieselben scharf zu charakteri- siren. Eigenthümlich für diese westafrikanische scheint die ent- schieden seitliche Lage der als After und Luftloch dienenden Öf- nung in Form einer schief gerichteten mandelförmigen Spalte rechts von der Fufsspitze. Bei den ostasiatischen und amerikanischen !) Diese Art wurde auch von Hrn. v. Mechow bei Chinchoxo ge- sammelt und mit ihr fällt vermuthlich E. Calameli Jouss. zusammen. vom 27. April 1876. 269 Arten, die ich kenne, liegt sie unmittelbar über der Fulsspitze, mehr oder weniger symmetrisch in der Mittellinie. Übrigens gibt schon Blainville für den Typus seiner Gattung die Öffnung als seitlich an und bildet sie auch so ab, aber rund, nicht spaltförmig. Die Oberfläche unserer Art ist feinkörnig, ohne grössere Höcker, die Färbung während des Lebens blasgelblich (in Spiritus röthlich grau) mit spärlichen, schwarzen Flecken von ungleicher Grösse und oft etwas länglicher Gestalt. Die Unterseite des Mantels und der Fuss entbehrt der Flecken. Die Abbildungen sind in natür- licher Grösse gemacht; das grösste lebende Exemplar war 70 Mill. lang, die Fühler 9 Mill.; die Spiritusexemplare zeigen bei einer Länge von 40 Mill. eine Breite von 134, wovon 6 auf den Fuss, und eine Wölbung von 83 Mill. Sie sind von Prof. Buchholz bei Aburi an der Goldküste gesammelt. Übereinstimmende Exem- plare hat das Berliner Museum schon früher aus Liberia von Hrn. Benson erhalten. 38. Urocyclus Buchholzi n. sp. (Taf. V. Fig. 1). Leider hat sich bis jetzt noch nicht das Original zu dieser Abbildung in den Buchholz’schen Sammlungen auffinden lassen, daher nicht weiter darüber gesagt werden kann, als was sich aus der Abbildung selbst ergiebt. Hiernach scheint mir das Thier zur Gattung Urocyclus Gray (Proc. Zool. Soc. 1864. p. 251) zu gehö- ren, wie namentlich die grosse Schleimpore am Ende des Fusses und dessen hoher Rücken andeutet, aber von der dort beschriebe- nen Art, OD. Kirkü, aus der Umgebung des Niassasees, durch Grösse und Färbung hinreichend verschieden, um es als eigene Art zu betrachten. Auf der Original- Abbildung ist die Grundfarbe grün- lich, der Schild mehr marmorirt, die Seiten des Fusses schief ge- streift, der Fussrand einfarbig weisslich. Die Länge beträgt 72 Mill. Prof. Buchholz hat dieses Thier bei Aburi gefunden, 270 Gesammtsitzung II. Süsswasser-Mollusken. 39. Lanistes Libycus Morelet. Ampullaria Libyca Morelet in Revue zool. 1848. p. 354; series conchyl. I. p. 28 pl. 3. Fig. 9. Lanistes Bernardianus (Mor.) Martens in Pfeiffer’s Novitat. II. Taf. 70. Fig. 1—4. Victoria. Major von Mechow hat an der Loangoküste eine ähnliche Art gefunden, auch mit vielen schmalen Bändern, aber ohne die obere Kante, in welcher ich Lamarck’s Amp. intorta vermuthe. 40. Melania Nigritina Mor. Melania Nigrita Morelet Journ. Conch. II. 1851. pl. 5. rg: Melania Nigritina Mor. Brot series conch. I. pl. 3. Fig. 8. Bonjongo. 41. Melania (Vibex) aurita Müll. Nerita aurita Müller hist. verm. p. 192. Melania aurita Reeve conch. ic. Bd. X11. Fig. 190. Vietoria. 42. Melania (Vibex) tuberculosa Rang. Melania tuberculosa Rang in Mag. Zool. 1832. pl. 13; Reeve conch. ic. F. 191. Melania Oweniana Gray in Hanley conchol. miscell. f. 14. Vietoria, mit der vorigen häufig. 45. Melania (Vibex) fusca Gmel. Die Trommelschraube mit scharfen Leisten. Schröter, @e- schichte der Flussconchylien. 1778. 8. 381. Murex fuscus Gmelin Linnaei syst. nat. ed. 13. V1. p. 3561. Melania fusca Philippi Abbildungen neuer Conchylien T. S. 65. Taf. 2. Fig. 1; Reeve conch. ic. f..200. Vietoria mit den vorigen. vom 27. April 1876. 271 44, Neritina rubricata Mor. Neritina rubricata Morelet series conchyl. I. p. 30. pl. 3. Pig. 2. Vietoria mit den vorigen. 45. Galatea radiata Lam. Venus reclusa Chemn. Conch. Cab. VI. 8.326 Taf. 31. Fig. 327, 328. Mungo-creek im Delta des Camerunflusses, Exemplare von der Grösse und Färbung der angeführten Abbildung, ziemlich gleich- seitig dreieckig, ihre Dicke wechselnd von etwas über % bis zu 5 der Länge; jüngere Exemplare sind hinten stärker abgestutzt und dadurch mehr ungleichseitig. 46. Fischeria truneata n. sp. (Taf. V. Fig. 6—8). Testa inaequalitera, trigona, ventricosa, concentrice striolata, an- tice rotundato-producta, postice oblique truncata, non rostrala, area subexcavata, non distincte circumscripta; periostracum olivaceo-vires- cens; pagina interna pallide violacea, non radiata; sinus palliaris antrorsum usque ad 2 longitudinis ewtensus, linguaeformis. Long. 27, alt. 20, crass. 15 Mill. Mungo-creek mit der vorigen. Unterscheidet sich hauptsächlich durch die hinten abgestutzte Gestalt und den Mangel der Strahlen von der bis dahin einzigen Art, F. Delesserti Bernardi (Reeve conch. icon. XII. Galatea Fig. 10); das Schloss stimmt vollständig zu der im Journ. Conch. IX. 1861. p. 98 gegebenen Beschreibung. Eine nächstverwandte dritte Art, FL tumida n. sp. (Taf. V. Fig. 9— 11) hat das Berliner zoologische Museum von der Loan- goküste durch Hrn. von Mechow, leider nur in einer halben Schale, erhalten. Sie ist fast gleichseitig dreieckig, vorn und hin- ten abgerundet, aber doch vorn voller, die Wirbel stehen in halber Länge der Schale und sind bedeutend stärker gewölbt, als bei der vorigen; die Schalenhaut ist dunkelbraun, die Innenseite der Schale violett mit schwachen Spuren von Strahlen, die Mantelbucht mehr quadratisch, kaum über die Mitte nach vorn sich erstreckend. 272 Gesammtsitzung Überblieken wir die Landschnecken-Fauna im Ganzen, so fällt zunächst als ächt afrikanisch das Fehlen der Gattung Helix im engern Sinn und das Hervortreten der Achatinen und nächststehen- den Gattungen (Limicolaria, Pseudachatina, Perideris) auf; unter den Wasserschnecken gehören fast alle ausschliesslich afrikanischen Gattungen (Lanistes, Galatea, Fischeria) oder doch Untergattungen (Vibex) an, während die mehr kosmopolitischen und auch der afri- kanischen Fauna nicht ganz fehlenden Süsswasser-Gattungen wie Planorbis, Limnaea und Unio wohl nur aus lokalen Gründen nicht in der vorliegenden Sammlung vertreten sind Durch das Zurück- treten der Limicolarien gegen die eigentlichen Achatinen und durch die zahlreichen Ennea-Arten tritt unser Gebiet in einen gewissen Gegensatz gegen den nördlicheren Thell des tropischen Afrika, das Gebiet des Senegals und des obern Nils. Innerhalb der Gat- tung Ennea selbst scheinen wiederum die Arten mit Gaumenfalten charakteristisch für die Westküste von Guinea bis Angola zu sein, sie bilden hier die Hälfte der Artenzahl, während von der Ostküste keine mit ausgebildeten langen Gaumenfalten bekannt ist (nur E. crassidens Pfr. von Natal zeigt die Andeutung Die drei Süsswasser-Formen Galatea, Fischeria auch bis jetzt nicht von der Ostküste bekannt. einer solchen). und Vibex sind Tafelerklärung. Tafel 1. Fig. 1. Helicarion semimembranaceus, lebendes 'Thier von der Seite. aller A N A „.. von oben. nn. 2—A. 5, N Schale von drei Seiten. EN iD. n plicatulus, lebendes Thier. har: # Schale von drei Seiten. » 9 Nanina troglodytes Morelet, Schale von der Seite. SIR A 5 Hinteres Fussende nach einem Spiritus-Exemplar von der Seite und von hinten. vom 27. April 1876. 273 Fig. 10. Nanina calamechroa Jonas, lebendes Thier. Tafel 1. 10% = B 5 Schale von der Seite. 12.13. Trochonanina tumidula, Schale von der Seite und von unten. 14. = 5 ganz junge Schale in natürlicher Grösse. 14b. 14c. 5 5 > N 3 viermal ver- grössert. 19% A Ibuensis Pfr., Schale von der Seite. 16—18. 5 percurinata, Schale von der Seite, von oben und von unten. .1. Achatina marginata Swains. var., lebendes Thier. 2% B balteata Rv., lebendes Thier. 3. Pseudachatina Downesi Gray, lebendes Thier. Tafel III. Fig 1.2. Achatina pulchella, Schale von vorn und hinten. 3. Perideris Solimana Morelet, lebendes Thier. 4 Linieolaria rubicunda Shuttl., lebendes Thier. „ 9. Stenogyra Calabarica Pfr., Schale. 6 „ ; „ Jange Schale, vergrössert. RT % retifera, Schale. HRS: 5 x junge Schale, vergrössert. N) & oleata, Schale. KO! 5 2) Spitze der Schale, vergrössert. zlel“ en 5 Schale von der Rückseite. DR s püleata, Schale. „lo: 5 3 Spitze der Schale vergrössert. „14. Stenogyra angustior Dohrn, Schale. Por 5 5 = Spitze der Schale, vergrössert. „16. sStreptostele Buchholzi, Schale. lr 5 s Mündung von der Seite, vergrössert. Tafel IV. Fig. 1. Ennea insignis Pfr., lebendes Thier. ka. a 5 2 Kopf von vorn. 3 » stylodon, Schale. N » ES Mündung vergrössert. 274 Gesammtsitzung Fig. 4. Ennea monodon Mor., Schale. >08 h B „ Mündung vergrössert. 1 RIO 5 conica, Schale, anderthalbfach vergrössert. BT. ke Mündung vergrössert. SRNeR »„. mucronata, Schale. ano r 5 Mündung von vorn, vergrössert. 10: 5 B Mündung von der Seite, vergrössert. eelol; 5 ” Spitze, vergrössert. nel: 5 Buchholzi, Schale, anderthalbfach vergrössert. lo: 5 5 Mündung vergrössert. LE > trigonostoma, Schale. Saiten » e Mündung von vorn, vergrössert. "1:6: = r Mündung von der Seite, vergrössert. SET: 5 complicata, Schale, anderthalbfach vergrössert. ler # „ Mündung vergrössert. Sal # columellaris, Schale, anderthalbfach vergrössert. 20. e 5 Mündung vergrössert. lie 5 cavidens, Schale. si 22. > 5 Mündung von vorn, vergrössert. 23: > 6 Mündung von der Seite, vergrössert. Tafel V. Fig. 1. Urocyclus Buchholzi, lebendes "Thier. »„ 2. Veronicella pleuroprocta, lebendes Thier, von unten, gestreckt. ade a 5 4 e „ oben, zusammen- gezogen. Rd: = 5 " a von oben, gestreckt. s = ae). 5 5 5; »„ „Athem-Öffnung. „ 6—8. Fischeria truncata, Schale von aussen, von innen und von oben. » 9-11. > tumida, linke Schale von aussen. innen und oben. (Das Hinterende zeigt an der Innenseite eine verheilte Ver- letzung, wodurch der hinterste Theil der Mantellinie unregel- mässig geworden.) Aeh 145 14e 14 Helicarion semimembranaceus. 5-8. H.plicatulus._9 Nanina troglodytes. 10.11. N. calamechroa._ 12 14 Trochonanina tumidula. 15. T Jbuensis. 16 18. T. percarinafa. {et rel = sn R 0 2 Gezu.lıthvJD.L Franz Wagner. Kunstanstaltv. C.Böhm,Berlin.. e- [ A Fa N 3% Dee \ 1 \ : MEER EINER IR OR range, wi eine are l.Achafina marginata Sws. 9. A.balteata Rv. 3. Pseudachatina Downesi Gray. I D.L Franz Wagner lith. Kunstanstaltv.C.Böhm, Berlin. die BA SER ARNSTRER N RRN FEksDHat: ER HT% e FG 1.2 Achatinapulchella. 3. Perideris Solimana. 4.Limicolaria rubicunda . Stenogyra Calabarica. 7.8.St.retifera. 9.10.11.St.oleata. 13 St pileata. 14. 15.St angustior 1617 Sirepfostele Buchholzi WA. ne n.d.Nat.lith. Kunstanstaltv.C.Böhm, Berlin W.A.Meyn.n.d.Nat.lith l.Ennea insignis. 2.3.stylodon. 45.monodon. 6.7. coniea. 6) Oz I\.mucronafa. tD Monatsbr. Berl. Ak.Wissensch. Apr. 1876 p. 97D Re av: 1.Uroeyelus Buchholzi. 6-8.Fischeria trun 'W.A. Meyn n.d. Nat. lith. 2-5. Veronicella pleuroprocta. cata I Me kumidar Kunstanstaltv.C.Böhm,Berlin. Er ur 5° nn var Bl "e RER F ER ar a 5 vom 27. April 1876. 275 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Sitzungsberichte der Dorpater Naturforscher-Gesellschaft. 4. Bd. 1. Heft. 1875. Dorpat 1876. 8. Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands. Herausgegeben von der Dorpater Naturforscher -Gesellschaft. 2. Ser. 5. Bd. ib. 1875. Mit Be- gleitschreiben. Landwirthschaftliche Jahrbücher. 5. Bd. Heft 1.2.3. Supplement 1376. Berlin 1876. 8. Annali del Museo eivico di storia naturale di Genova. Vol. VUl. 1875. Ge- nova 1875. 8. F. Reuleaux, Das Zentrifugalmoment. Ein Beitrag zur Dynamik. 4. Sep.- Abdruck. Vivien de Saint-Martin, L’Annee geographique. Tome XIII. (14. annee, 1875.). Paris 1876. .-8. - Vom Verf. Die Chronik des Hans Fründ, Landschreiber zu Schwytz. Herausgeg. von Ohr. I. Kind. Chur ©1875. 8: Revue scientifique. N. 41. 42. Avril 1876. Paris. 4. Preussische Statistik. Herausgegeben in zwangslosen Heften vom K. Statisti- schen Büreau in Berlin. XXX. XXXIL XXXIV XAXV AXXXVI Berlin 1875/76. 4. Mit Begleitschreiben. Verhandelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Ayrd. Natuurkunde. DI. XV. Met Platen. Ayd. Letterkunde. DI. VIII. Amsterdam 1375. 4. Mit Besgleitschreiben. Verslagen en Mededeelingen. Ad. Natuurkunde. 2te Rk. IX. DI. ib. 1876. 8. Jaarboek 1874. ib. 8. Carmina Latina. ib. 1875. 8. Processen-Verbaal. Ayd. Natuurk. ib. 1874/75. 8. Jahresbericht über die Sophien-Realschule. Berlin 1346. 4. 3 Ex. W.F.G. Behn, Leopoldina. Heft XIL. N. 5.6. März 1876. Dresden. 4. Archiv für Schweizerische Geschichte. 20. Bd. Zürich 1875. 8. B. Boncompagni, Dulletino. Tomo VII. Nov. 18575. Roma 1875. 4. A. Ouvaroff, Etude sur les peuples primitifs de la Russie. — Les Meriens. Trad. du Russe par F. Malaque. Avec un Atlas. St. Petersbourg 1875. 4. u. Fol. C. Bone, Das Plateau von Ferschweiler bei Echternach. Mit 3 Tafeln. uen 1840. 4. & Revue archeologique. Nouv. Serie. 17. Annee. III. Mars 1876. Paris. 8. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, herausgeg. von der deutschen Morgenländischen Gesellschaft. VI. Bd. N. 1. Leipzig 1876. 8. Verein für «lie Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. — Nachtrag zum Protokoll der 39. Versammlung, am 4. März 1876. 8. [1876] | 20 276 Gesammtsitzung Öffentliche Vorlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Sommer - Seme- ster 1876. . Wien 1876.'.4. 2 Ex. R. Sturm, Zur Theorie der algebraischen Flächen. 8. Sep.-Abdr. The American Journal of science and arts. N. 64. Vol. XI. April 1876. New Haven 1876. 8. Mathematische Annalen. Leipzig. Separatabdruck aus dem X. Bde. (Sturm, Das Problem der COollineation.) 8. Annales des Mines. VII. Ser. T. VIII. Livr. 5 de 1875. Paris 1875. 8. Von dem vorg. K. Ministerium. Bulletin de 1’ Academie R. des sciences et des beaux-arts de Belgique. 4de. Annee. 2e. Serie. Tome 41. N. 1. 2. Bruxelles 1876. 8. Bulletin de la Societe geologique de France. 3. Ser. Tome 4. Feuilles 1—4. Paris 1876/76. 8. Polybiblion. — Revue bibl. univ. Partie litt. 2e. Ser. Tome 3. 4e. Livr. Avril. Paris. 1876. 8. Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe der K. Akademie der Wissenschaft. in Wien. Jahrg. 1876. N.X. 8. Bulletin de la societe de geographie. Mars 1876. Paris 1876. 8. Annuario della Societa dei Naturalisti in Modena. Ser. II. Anno X. Fasc. 1. Modena 1876. 38. Rad Jugoslavenske Akademtje zmanosti i umjetnosti. Knjiga XXXIV. Za- grebu 1876. 8. Mit Begleitschreiben. J. Körösi, Die Sterblichkeit in der Stadt Pest in den Jahren 1872 $& 1875 und deren Ursachen. Übersetzt aus dem Ungarischen. Berlin 1876. 8. —, Die Bauthätigkeit Budapests in den Jahren 1873 & 1874. Übers. a. d. Ungarischen. ib. 1875. 8. Transactions of the R. Society of Edinburgh. Vol. XXVI. Part. III. For the Session 1874/75. 4. Mit Begleitschreiben. Proceedings of the R. Society of Edinburgh. Session 1874—75. Vol. VII. (Schluss.) Edinburgh 1875. 8. The Journal of the R. Dublin Society. N. XLIV. Vol. VII. ib. eod. 8. Catalogue of books registered in the Punjab etc. 1875. — Bombay residency 1874. — Madras Presideney 1875. — Bengal library Catalogue of books 1874/1875. fol. Sitzungsberichte der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Jahrg. 1875. Prag 1876. 8. F. Stanonik, Dionysius Petavius. Ein Beitrag zur Gelehrten-Geschichte des XVII. Jahrhunderts. Festschrift. Graz 1876. 4. Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. VI. Bd. 2. Heft. VII. Bd. Heft 3... Wien 1875>- 4. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. ib. 1875. 8. vom 27. April 1876. 277 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Jahrgang 1875. Bd. XXV. Wien 1875. 8. Ch. Schoebel, Le mythe de la femme et du serpent. Paris 1876. 8. Proceedings of the London mathematical Society. N. 85. 86. (pag. 145 — 1776.)18. ! Thai-Kih-Thu, des Tscheu-Tsi Tafel des Urprinzipes ete. Herausgegeben von Georg von der Gabelentz. Promotionsschrift. Dresden 1876. 8. AR. Re MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Maı 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Kummer. 4. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schott las über gewisse Thiernamen mit besonderer Rück- sicht auf das sogenannte tatarische Sprachengebiet. Hr. Helmholtz legte folgende Abhandlung des Hrn. Eugen Goldstein vor: s Vorläufige Mittheilungen über elektrische Entladungen in verdünnten Gasen. | Im Verlaufe einer längeren, den Eigenthümlichkeiten leuchten- der elektrischer Entladungen in Gasen gewidmeten Untersuchung, die ich im Laboratorium der Berliner Universität ausführen durfte, bin ich unter andern zu folgenden Resultaten gelangt: 4 l. Die bisher angenommene Existenz einer zwiefachen . Leitung in den verdünnten Gasen, welche bezüglich dem so- genannten positiven und negativen Lichte entspricht, kann eben- 54 sowenig festgehalten werden, als es noch wahrscheinlich ist, dass der Entladungs-Vorgang, wie er im „positiven“ Lichte sich dar- stellt, analog ist der metallischen oder elektrolytischen Leitung. Positives und negatives Licht sind vielmehr gleicher Art; ihre Differenzen sind nur Unterschiede des Grades, und es ist möglich, - eine kontinuirliche Reihe von Zwischengliedern zwischen beiden herzustellen. [1876] al & N 3830 Gesammtsitzung Hiernach behalte ich die Bezeichnung „negatives“ Licht vor- läufig für diejenigen Formen am einen Ende der Erscheinungs- Reihe bei, in welchen die bisher als spezifische Eigenthümlich- keiten des Kathodenlichts geltenden Merkmale noch in hervorstechen- dem Maasse erkennbar sind. Mit Ausnahme der eigenthümlichen Schichtung des Kathoden- lichts habe ich in entsprechenden Versuchsbedingungen dem posi- tiven Lichte alle diejenigen Eigenschaften ertheilen kön- nen, welche bisher dem negativen Lichte eigenthümlich zu sein und dasselbe in einen Gegensatz zum positiven zu bringen schienen. Als solche Eigenthümlichkeiten galten z. B. Farbe und Spek- trum des Kathodenlichts, die Fähigkeit unter dem Einfluss des Magneten sich in die magnetischen Curven einzustellen, Fluo- rescenzlicht zu erregen, die Bildung des Dunkeln Raumes etc. 2. Ich nenne die Umgebung eines Röhrenquerschnitts in der Richtung nach der negativen Elektrode hin seine „negative Um- gebung*. Dann lassen meine bisherigen Erfahrungen sich kurz in folgender Weise zusammenfassen: Ob die Entladung — zunächst an einer zwischen dem Dunkeln Raum und der Anode gelegenen Stelle — als positi- ves oder negatives Licht auftritt, hängt ab von dem Verlaufe der Querschnitts-Änderung des Entladungs- raumes in der negativen Umgebung der betrachteten Stelle. Ist das Verhältniss zweier nahe auf einanderfolgenden Querschnitte daselbst entweder allenthalben gleich Eins, oder wächst das Lumen in Richtung des Stromes, so tritt die Ent- ladung als positives Licht auf. Findet dagegen in Richtung des Stromes eine schnelle uud starke Abnahme des Querschnitts statt, so zeigt die Entladung sich von der engsten Stelle eine Strecke nach der Anode hin als negatives Licht, in um so weiterer Erstreckung und desto mehr mit den Eigenschaften des Kathodenlichts übereinstimmend, je mehr das Querschnittsverhältniss von Eins abweicht. — Indem man dieses Querschnittsverhältniss variirt, kann man beliebige Zwischenstufen zwischen positivem und negativem Lichte herstellen. 3. Was die übrige Strecke der Entladung, zwischen dem Dunkeln Raum und der Kathode, anlangt, so tritt auf dieser Strecke bekanntlich stets negatives Licht auf, eben dasjenige, vom 4. Mai 1876. 981 was, von der Kathode ausstrahlend, früher allein als negatives Licht bekannt war. In einer Reihe von mir angestellter Versuche verhält sich nun die Entladung an der Kathode so, als ob sie daselbst durch eine Menge feiner Poren stattfände, und ohne schon eine bestimmte Hypothese über die Art des Elektricitäts-Überganges an der negativen Oberfläche auszusprechen, darf ich auf dieses Ver- halten doch hinweisen, um zu constatiren, dass das permanente Auftreten von negativem Licht in der Umgebung der Kathode den bisher zu ermittelnden Erscheinungen gegenüber, mit den oben aufgeführten Bedingungen des Entladungs-Charakters ebenfalls in Einklang steht. — Vor Allem erschien nach den bisherigen Versuchen das opti- sche und das magnetische Verhalten der beiden Entladungstheile als Grund, sie für heterogene Erscheinungen anzusehen. 4. Nach den übereinstimmenden Beobachtungen einer grossen Reihe von Autoren bestehen charakteristische, theilweise sehr be- deutende Unterschiede zwischen den Spektris des positiven und des negativen Lichts mancher Gase. Sicher constatirt dürften diese Differenzen scheinen für Stickstoff bez. Luft und Wasserstoff. Indem ich diese Gase zur Untersuchung auswählte, ist es mir gelungen, das Spektrum des positiven Lichts mit Luft, Stickstoff oder Wasserstoff gefüllter Röhren von beliebiger Form durch sehr starke Verdünnung oder durch Verstärkung der Entla- dungs-Intensität in ein Spektrum des Kathodenlichts überzuführen. Als Maass der Entladungs-Intensität betrachte ich die Menge der auf einmal übergehenden Elektrieität. 5. Die bisher räthselhaften Beobachtungen von Reitlinger und Kuhn „über Spektra negativer Blektroden und lange gebrauch- ter Geissler’scher Röhren“ (Pogg. Ann. 141) finden mit allem De- tail ihre vollkommene Erklärung darin, dass die genannten Forscher mit einer Röhre experimentirten, deren Gasinhalt während des Strom-Durchgangs von den Elektroden absorbirt wurde, wodurch die Erscheinungen äusserster Verdünnung hervorgerufen wurden. Solche Röhren, welche freiwillig ihren Gasinhalt ab- sorbiren, habe ich mehrfach aufgefunden, und besitze noch jetzt einige hermetisch verschlossene Exemplare, an denen ich nach Be- ln 282 Fesammtsitzung lieben die Erscheinungen höchster Verdünnung oder höherer Dichte studiren kann. Indem ich die Elektroden von aussen erhitze, wird die Gas- dichte im Innern gesteigert; der Durchgang des Stromes aber stellt in Kurzem wieder eine extreme Verdünnung her. 6. Seit Plücker hat man geglaubt, dass, während das negative Licht unter magnetischem Einfluss sich in die magnetischen Curven einstellt: — das geschichtete positive Licht einfach wie ein bieg- samer, nach Hittorf an beiden Enden fester Leiter nach dem Ampere’schen Gesetz abgelenkt wird. Ich habe gefunden, dass dieses positive Licht sich unter dem Einflusse des Magneten ganz ebenso verhält wie das nega- tive; es ist sogar eine geringere magnetische Kraft erforderlich, um das positive Licht in die magnetischen Curven überzuführen. Die wesentliche Bedingung für die Beobachtung ist, den Ent- ladungsgefässen eine Gestalt und Lage in Bezug auf den Magneten zu geben, bei welcher die die innere Köhrenwand berührenden magnetischen Kraftlinien stärker gekrümmt sind als die Wandung des Gefässes in der Durchschnittslinie mit der Ebene der betr. magnetischen Curve, oder wobei die Curven des magnetisirten Lichts überhaupt in den freien Raum des (Grefässes fallen können. 7. Nur die unmittelbare Umgebung der Anode scheint unter dem Einfluss des Magneten noch durch eine eigenthümliche Er- scheinung ausgezeichnet zu sein. Während der Magnet an der Ka- thode zur Bildung der von Plücker entdeckten axial gelagerten Fläche Anlass gibt, ruft er in sehr stark verdünntem Gase an der aequatorial gestellten Anode eine aequatorial gerichtete Fläche hervor. Für eine Elektrode der gewöhnlichen Form ist sie von ovalem Umrisse und besteht aus 3 Theilen: Einem nahe elliptischen, absolut lichtlosen, die Elektrode unmittelbar umgebenden Raum und aus zwei nach aussen diesen umschliessenden, in einander gelager- ten, schraubenförmig zierlich gewundenen Lichteurven. Bei axialer Lage der Anode zeigt dieselbe sich von einem Licht-Cylinder umhüllt, den ebenfalls ein dunkler Raum von der metallischen Oberfläche trennt. 8. Die Form, welche das elektrische Licht der gesammten Entladung unter dem Einflusse des Magneten annimmt, erscheint abhängig von der Menge der auf einmal übergehenden Elektrieität. vom 4, Mai 1876. 283 Intensive Entladungen, wie sie bei Einschaltung äusserer Fun- "kenstrecken, vermöge des Isochronismus der äussern und innern Entladung, oder bei Anwendung von Condensatoren auftreten, zei- gen hierbei bisher unbekannte Erscheinungen. Die Lichtgestalten in beliebig geformten Röhren unter diesen Umständen, sind ihrem wesentlichen Charakter nach der Erschei- nung in einfachen Öylinderröhren mit an den Enden eintretenden, in die Mittelaxe fallenden Drathelektroden, völlig analog. Der Einfachheit des Ausdrucks halber beziehe ich daher die nachstehende vorläufige Beschreibung auf eine solche einfache Ge- fässform. Unter der axialen Lage der Röhre verstehe ich dabei eine solche, wobei dieselbe parallel zur Verbindungslinie der Pole gerichtet, auf (oder neben) den Endflächen des Magnets ruht. Zu- gleich ist die Röhre länger als die Verbindungslinie der Pole, und reicht mit jedem Ende über einen Pol hinaus. Die erwähnten Entladungen nehmen dann magnetisirt die Form eines Z/ an, dessen Ebene, wie die Richtung der paarigen Arme, je nach der axialen oder aequatorialen Lage der Röhre beziehent- lich axial oder aequatorial zu denken ist. Der eine der beiden paarigen Arme dieser Figur ist ein mehr oder weniger schmaler an die Wand gedrückter Lichtstreif, der an- dere eine breite, bei aequatorialem Stromverlauf wie ein Segel geblähte Lichtfläche. Dieselbe erscheint bei noch nicht sehr star- ker Entladungs-Intensität continuirlich, bei höherer Intensität zer- fällt sie in distinkte magnetische Curven. DBei sehr intensiven Funken erscheinen die beiden Arme von einander getrennt und man hat dann den schon in meiner früheren Mittheilung über Gas- spektra!) aufgeführten Fall der magnetischen Einwirkung auf „dicke Funken“. Die schräge Brücke zwischen beiden Armen besteht (natürlich immer hinreichende magnetische Kräfte vorausgesetzt) ebenfalls in Ge- stalt einer breiten Fläche aus magnetischen Curven: der schmale Arm verbindet die Brücke mit der Anode, der breite geht zur Kathode. Verschiebt man die Röhre bei ungeänderter Richtung, so dass nur andere Stellen der Entladung als vorher zwischen die Pole . gelangen, so verschiebt sich im Innern der Röhre die Lage der Brücke und zwar im entgegengesetzten Sinne. 1) Monatsber, der Akad, August 1874, 284 Gesammtsülzung 9. Die angeführte Erscheinung gestattet ebenfalls, sich in sehr auffallender Weise davon zu überzeugen, dass der Magnet Theile des positiven Lichts und zwar, wenn man die Röhre mit der Anode zwischen die Pole bringt, selbst bis zum Fusse der Anode hin, in magnetische Curven umwandeln kann. — Das bisher als secundäres Phaenomen wenig beachtete grüne Licht, welches bei gewissen Dichten und Entladungsintensitäten, am auffallendsten um die negative Elektrode aus gewöhnlichem Glase geformter Röhren auftritt, habe ich in ausgedehnten Versuchsreihen, theils als directes Objekt theils als Hilfsmittel derselben unter- sucht. 10, Hierbei hat sich gezeigt, dass das Leuchten der Glas- wand nicht als ein Fluorescenzphaenomen, sondern als eine Er- scheinung der Phosphorescenz zu betrachten ist, da es die er- zeugende Entladung beträchtlich überdauert. Während seiner Dauer kann die Farbe dieses Leuchtens sich sogar ändern, geht z. B. bei gewöhnlichem. Glase mit Grün beginnend, in Gelbroth über. — 11. Das Kathodenlicht, welches diese Phosphorescenz erzeugt, ist wie schon Hittorf angenommen hat, eine geradlinige Strahlung, welche sich von der Kathode in den umgebenden Raum ausbreitet. Diese Auffassung wird durch mannigfache von mir angestellte Be- obachtungen und Versuche bestätigt. Doch bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der Ausbreitung dieser merkwürdigen Be- wegung und der ebenfalls geradlinigen des Lichtes, wovon ich einen hier hervorheben will. Hittorf hat beobachtet, dass ein zwischen Glaswand und einer punktförmigen Kathode stehender Körper im Phosphorescenzlichte der letzteren einen Schatten wirft. Man erhält aber gut begrenzte, wenn auch nicht absolut scharfe Schatten schmaler Objekte nicht nur von nahe punktförmigen oder linearen Kathoden, sondern auch von ausgedehnten negativen Flächen, die sich in geringer Entfernung vom Schattenobjekt be- finden. Eine nur lichtaussendende, z. B. glühende Fläche würde unter denselben Verhältnissen einen kaum sichtbaren, ausgebreiteten Halb- schatten erzeugen. vom 4. Mai 1876. 285 Von einer elektrisch leuchtenden Kathodenfläche aber gehen die Strahlen weder gleichmässig nach allen Richtungen, noch in irgend welcher annähernden Übereinstimmung mit dem in der Photometrie angenommenen Sinus-Gesetze aus, sondern für jedes Element schliesst ein schmaler Kegel, von wenigen Graden Apertur, dessen Axe normal auf dem Flächen-Elemente aufsteht, einen Strahlenkomplex von beträchtlich ausgezeichneter Helligkeit ein. — Wenn die Kathode zum Beispiel der Querschnitt eines dünnen Drahtes ist, so entwickelt das negative Licht sich in sphae- roidischer Form; mitten durch das Sphaeroid kann man sehr deut- lich ein schmales durch Helligkeit ausgezeichnetes Kegelbüschel hindurchziehen sehen. Das negative Licht ist somit eine geradlinige Strahlung, die sich in bevorzugter Weise nahe normal zur erzeugen- den Oberfläche fortpflanzt. 12. Es seien nun Gasdichte und Stromintensität in einer Ent- ladungsröhre so regulirt, dass die Wand um die Kathode das Phosphorescenzlicht zeigt. Wenn man nun neben der Kathode ihr parallel noch einen Drath einsetzt, ohne ihn mit einer .Elektricitätsquelle zu verbinden, so wird nach dem Voraufgehenden der leuchtende Drath vom nicht- leuchtenden eine schmale scharfe Schattenlinie entwerfen. In dem Moment aber, wo man beide Dräthe mit einander verbindet und dadurch beide zu Kathoden macht, erhält man an der Wand in- mitten des hellen grünen Lichtes zwei grosse dunkle, scharf umgrenzte Flächen, welche von der durch beide Dräthe geleg- ten Ebene halbirt werden. Ihre Form ist bei nicht zu kurzen, geraden Dräthen die von Oblongen, deren längere Seiten den Drä- then parallel laufen, und deren kurze Seiten durch nach aussen convexe Kuppen ersetzt sind. Diese wie eine Reihe später in ausführlicher Mittheilung zu beschreibender Erscheinungen bei complieirteren Arrangements fin- den ihre Erklärung in folgender allgemeiner Erfahrung: An der negativen Elektrode befindet sich der Sitz einer Abstossung, welche bewirkt, dass jeder in der Nähe der Kathode vorbeistreichende Entladungs-Strahl eine Ablenkung von der Kathode fort erhält. — Ich habe mich durch besonders angestellte Versuche direkt überzeugt, dass die betheiligten Strahlen bis nahe an die Kathode geradlinig ihren 286 Gesammtsitzung Weg verfolgen, und dort fast plötzlich umgeknickt werden, — so dass sie die Form von Hyperbelzweigen annehmen. 13. Das durch die Kathodenstrahlen in der Wand hervorge- rufene Phosphorescenzlicht ist höchst selten von gleichförmiger In- tensität auf der von ihm bedeckten Fläche, und zeigt oft sehr ba- rocke Muster. In allen Fällen ist nachzuweisen, dass die Figuren des durch die Kathodenstrahlen erzeugten Phosphorescenzlichts durch die Form der negativen Oberfläche bedingt sind. Die Erzeugung der Configurationen steht in Zusammenhang mit der eben erwähnten Ablenkung an der Kathode, da auch die Strahlen von Elementen einer und derselben Kathode, wenn sie an andern Elementen derselben Oberfläche in geeigneter Lage vorbeigehen, dieser Ablenkung unterworfen sind. Die durch weitere Erfahrungen festgestellte Thatsache, dass der Kathode eingeprägte Muster sich im grünen Phosphorescenz- lichte markiren, folgt aus diesem Zusammenhange. Ich erwähne beispielsweise, dass der Kopf einer als Kathode benutzten Münze sich auf diese Weise im Phosphorescenzlichte auf der Glaswand porträtgetreu abbilden lässt, selbst wenn letz- tere einige Centimeter entfernt ist. Aus Beobachtungen über die Schichtung hebe ich Folgendes hervor: 14. Die Schichtung (des „positiven“ Lichts) tritt in einer zu- sammenhängenden Reihe von Formen auf, deren Endglieder wenig Ähnlichkeit mit einander haben. Die eine extreme Form repräsentirt die Schichtung, wie sie zu allererst beobachtet wurde und im Wesentlichen allgemein be- kannt ist: eine Aufeinanderfolge dünner, eng aneinander gedrängter, durch fast lichtlose Zwischenräume getrennter Lichtscheiben — die andere Schlussform zeigt lange continuirliche Säulen von Licht, unter Umständen von mehr als der hundertfachen Dicke der ersten Formen; diese langen Säulen erscheinen unmittelbar aneinander an- schliessend, wobei ihre Grenzen jedoch durch die verschiedene Helligkeit der aneinanderstossenden Theile erkennbar sind. In einer und derselben Röhre entspricht die erste Schichtform der Dichte, bei welcher die Schichtung im Verlaufe der Evakuation beginnt, die andere den niedersten Dichten, bei denen die Schich- vom 4. Mai 1876. 287 tung noch erkennbar ist. Doch beginnt nicht in jedem Gase so- fern es überhaupt der Schichtung fähig ist, die letztere mit ein und derselben Gestaltung der Schichten. 15. Die Helligkeit der einzelnen Schichten ist keine gleich - mässige, auch nicht zur Richtung der Entladung symmetrisch. Viel- mehr hat jede Schicht nahe ihrer negativen Begrenzung ein Hellig- keitsmaximum, von dem aus die Intensität nach der positiven Seite allmählig — desto langsamer, je länger die Schicht ist — ab- nimmt. 16. Ausser der Asymmetrie in der Helligkeit und der geome- trischen Form zeigen verschiedene Theile einer und derselben Schicht oft selbst ungleiche Färbung; abgesehen von verschiedenen Nü- angen und Sättigungsgraden einer und derselben Farbe treten nicht selten auch ganz verschiedene, im auffallendsten Contraste stehende Farben auf, welche dann in senkrecht zur Entladungsrichtung ge- lagerten Zonen der Schicht aufeinander folgen: so z. B..Roth und Blau, Gelb und Blau u. dgl. m. Selbst mehr als 2 Farben kann eine einzelne Schicht zugleich zeigen. Mit variirender Dichte ändert sich die Färbung der Schicht. Die Änderungen sind in verschiedenen Gasen verschieden auf- fallend; bei Wasserstoff, (der aus Schwefelsäure und Zink bereitet, in der üblichen Weise gereinigt, jedoch nicht völlig geruchlos war) habe ich unter Anderm z. B. beobachtet, dass eine und dieselbe Schicht (von 15—24 Cm. Dicke) mit abnehmender Dichte nach- einander halb blau-halb rosa, ganz blau, halb gelb - halb blau, ganz grau etc. erschien. Liess man die Dichte steigen und eva- kuirte von Neuem, so wiederholte derselbe Prozess sich beliebig oft. 17. Ein genaueres Eingehen auf das Verhalten. der Schich- ten führt zu dem durch die bisherigen Beobachtungen kaum angedeuteten Ergebniss, dass die einzelnen positiven Schichten, welche gleichzeitig in einer und derselben, selbst überall gleichmässig weiten Röhre vorhanden sind, nicht gleichwerthig sind. Sie unterscheiden sich gewissermaassen, wie sogen. negatives Licht vom positiven, nur in weit niederem Grade, wieder untereinander. Deutlich sind z. B. Unterschiede in der Dicke, Krümmung, Beweglichkeit und noch anderen Eigenschaften. Sehr augenfällig werden die Differenzen durch die Farbe des von ihnen ausgesandten Lichts illustrirt. Nicht nur kann nämlich eine und dieselbe Schicht in verschie- 288 Gesammtsitzung denen Theilen verschiedene Farben zeigen, sondern die einzelnen zu derselben Schichtungssäule gehörigen Schichten weichen wieder unter einander in ihren Färbungen ab. So erhielt ich z. B. in einem überall gleich weiten Cylinder mit Wasserstoff die erste Schicht blau, die zweite rosa, die dritte halb rosa - halb blau, u. s. w. Ändert man die Dichte, so ändert sich nach dem Obigen die Farbe jeder Schicht. Für jede einzelne Schicht aber ist im Allge- meinen das Gesetz der Farbenfolge wieder ein besonderes. 19. Ich will auf die hieraus sich ergebenden Mannigfaltigkeiten nicht weiter eingehen. Es ergibt sich aber, dass es irrthümlich ist, wie bisher üblich, der Entladung in einem bestimmten Gase eine bestimmte Farbe zu- zuschreiben. Die Entladung kann in einem und demselben Gase eine ganze Reihe durchaus verschiedener Farben zeigen, und zwar nach dem Angeführten selbst gleichzeitig in der- selben Röhre von constantem Querschnitt. Den verschiedenen Färbungen verschiedener Entladungstheile bei derselben Dichte müssen, worauf ich hier nur beiläufig auf- merksam mache, nothwendig, zwar nicht qualitativ aber mindestens quantitativ hinsichtlich der Intensitäts-Verbältnisse der einzelnen Wellenlängen verschiedene Spectra entsprechen. Es folgt also, dass durch die Natur des Gases, Druck, Ent- ladungsquerschnitt und Entladungs-Intensität das Spectrum eines (Gases noch nicht eindeutig bestimmt ist. 20. Unzweifelhaft kann man sich versucht fühlen, die ange- führten Regelmässigkeiten über Schichtfärbungen einfach auf lokale Besonderheiten der Röhren, Verunreinigungen u. dgl. zurückzufüh- ren, und auf diese Weise namentlich die behauptete Ungleichwer- thigkeit der einzelnen Schichten zu erklären. Ich werde weiter unten den überzeugenden Beweis einer tiefer liegenden Ursache geben, aus dem sich zugleich wieder das diese ganze Erscheinungsreihe beherrschende Gesetz erkennen lässt. Nennen wir „Ordnungszahl“* einer Schicht diejenige Zahl, wel- che angibt, die wievielte die betr. Schicht vom zugehörigen nega- tiven Licht ab gezählt ist, so führen die Beobachtungen auf den Schluss: der Charakter einer jeden Schicht ist eine Funktion ihrer Ordnungszahl. 21. Die Schichtung des positiven Lichts ist in allen Gasen, vom 4. Mai 1876. 289 mit welchen ich nach dieser Seite hin Beobachtungen angestellt habe, (Luft, Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenoxyd, Kohlensäure, Wassergas, Alkohol, Aether, Metalldämpfe u. s. w. nebst Gemen- gen dieser Substanzen in verschiedenen Verhältnissen unterein- ander) unter sonst gleichen Umständen desto schärfer und besser ausgebildet, je näher dem negativen Ende des positiven Lichts. Dieser Satz gilt wie für beliebige Gase, auch für Röhren von beliebigen, zusammengesetzten Formen. Hierbei ist dann das unter No. .23 angeführte Gesetz mit zu berücksichtigen. 22. Die Schichtung braucht sich nicht auf die ganze Säule des positiven Lichts zu erstrecken; für ein und dasselbe Gas zer- fällt die Lichtsäule auf einer um so längeren Strecke in Schichten, je grösser der Röhrendurchmesser ist — (hier die Entladungsge- fässe als Rotationskörper gedacht, so dass die Länge des Durch- messers nach allen Richtungen in einem Querschnitt constant ist). 23. Ist eine Röhre aus mehreren communicirenden Stücken zusammengesetzt, so verhält sich generell jedes dieser Stücke wie eine besondere Röhre, die ihre Elektroden an den beiden Eintritts- öffnungen des Stromes hat, welche letzteren ich als sekundäre Pole bezeichnen will. Hinter jedem solchen sekundär-negativen Pol setzt die Schichtung mit neuer Schärfe und Deutlichkeit wieder an, auch wenn sie vor dieser Stelle, zwischen dem sekundär-negativen Pol und der Metallkathode wegen zu grosser Länge der Lichtsäule schon völlig verwischt ist. Ich darf mir wohl den Hinweis gestatten, dass der über den Entladungscharakter der einzelnen Abschnitte ausgesprochene Satz (s. a. bereits meine ob. eit. Arbeit) alle Erscheinungen, welche eine Röhre von beliebig complicirter Form bei irgend welchen Dichten darbieten kann, vorauszubestimmen ge- stattet, sobald man die Erscheinungen kennt, welche Röhren von der Form ihrer Gliederstücke entsprechen. Die Kenntniss der Erscheinungen, welche Oylinder, Kugel- förmige und Ellipsoidische Entladungs-Gefässe darbieten, genügt 2. B., um die Erscheinungen aller bisher in den Handel gebrachten Röhrenformen, von den gewöhnlichen Spektralröhren, sogen. Trich- terröhren u. dgl. an, bis zu den eomplizirtesten Dekorations- und Effektstücken, wie Namenszügen, Kränzen u. s. w. a priori zu über- sehen. Spezielle Erläuterungen und Anwendungen behalte ich noch vor. — 290 Gesammtsılzung 25. Theilt man einen Cylinder in einen Abschnitt für die Kathode und in mehrere durch enge Oeffnungen kommunizirende, congruente Abschnitte, so werden die congruenten Theile sich wie congruente selbständige Cylinder-Röhren verhalten, und an der neg. Eintrittsstelle des Stromes Licht von den Eigenschaften des negativen, darauf folgend bis zum secundär positiven Pol positives Licht führen. Ist das Licht geschichtet, so hat man jetzt soviel Reihen von „Ordnungszahlen* der Schichten als Abschnitte. Füllt man die Röhre nun mit irgend einem Schichtung dar- bietenden Gase, z. B. mit Wasserstoff, so erhält man Farbener- scheinungen wie die oben beschriebenen: Schichten aus verschieden gefärbten T'heilen, Schichtsäulen aus verschieden gefärbten Schich- ten zusammengesetzt. Aber man beobachtet sofort: die Farben und Formen eines jeden Abschnitts wiederholen sich in derselben Reihenfolge und denselben Dimensionen mit absoluter Übereinstimmung in sämmtlichen andern Abschnitten, oder: Jede Schicht irgend eines Abschnitts hat in jedem andern Abschnitt eine genau in allen Merkmalen von Farbe, Helligkeit, Grösse etc. übereinstimmende Schicht. Dies ist diejenige Schicht jedes Abschnitts, welche die gleiche Ordnungszahl hat. Alle Schichten von derselben Ordnungszahl und nur diese stimmen genau in ihrem Charakter überein, 26. Eine andere Folge des gegebenen Satzes ist, dass man dreh Anbringung einer genügenden Anzahl starker, schneller Querschnitt- änderungen den gewöhnlich nur in der Nähe der Kathode im An- schluss an das bisher allein bekannte negative Licht beobachteten dunkeln Raum beliebig oft in einer Röhre auftreten lassen kann!). Bei passend gewählten Röhrendimensionen, worüber weiter unten noch Näheres, hat man es dann, soweit meine Versuche reichen, in der Gewalt, die Entladung beliebig lange Strecken abso- lut lichtlos durchsetzen zu lassen. In einer Röhre von 30 Cm. Länge z. B. können 25 Cm. ab- solut dunkel sein, wenn die Röhre aus einem beliebig geformten !) An einer Trichterröhre war schon Hrn. Prof. Poggendorff (Pogg. Ann. 134 S. 2) eine Mehrzahl von Dunkelstrecken aufgefallen. vom 4. Mai 1876. 291 die Metallkathode aufnehmenden kurzen Theil, und zwei durch enge Canäle kommunizirenden Cylindern von 6 Cm. oder mehr Weite besteht. 27. Ich habe oben angeführt, dass man positives und negati- ves Licht in einander überführen kann. Man kann z. B.- von ne- gativem zu positivem Licht übergehen, indem man in einer Röhre den Betrag der Änderung des Lumens immer geringer macht. Dann macht man, indem man die Lichtgebilde an den Stellen der succes- siv verminderten Querschnittsänderungen mit einander und den posi- tiven Schichten vergleicht, die Wahrnehmung, dass jeder Licht- complex, welcher ein Büschel secundär negativen Lichts repräsen- tirt, durch Zwischenstufen übergeht in eine einzelne positive Schicht, während der Dunkle Raum zwischen negativem und positivem Lichte dem Zwischenraum zwischen den Licht- maximis zweier aufeinanderfolgender Schichten ent- spricht. Zu demselben Resultat gelangt man, wenn man nicht wie hier verschiedene Röhrentheile bei constanter Dichte, son- dern die Lichtgebilde an einer einzigen Verengung bei vari- abler Dichte vergleicht, wobei der Quotient der angrenzenden Querschnitte aber keinen von Eins allzuverschiedenen Werth mehr haben darf. Dann sieht man bei abnehmender Dichte, wie das aus dem engeren in das weite Rohr ragende mit allen Eigenthüm- lichkeiten des negativen Lichts ausgestattete sekundär negative Büschel diese Eigenthümlichkeiten mehr und mehr abschwächend, von der engen Röhre sich ablöst, und völlig in die weite Röhre tretend, zu deren erster positiver Schicht wird. Indem ich der Vorsicht halber meine Erklärung vorläufig be- schränke auf die dickeren, nicht wie die ganz dünnen meist flim- mernden und oseillirenden, und darum ruhiger und genauer Be- obachtung zugänglichen Schichten — ergibt sich also das Re- sultat: Jede einzelne Schicht des positiven Lichtes ist ein dem früher sogenannten negativen oder Kathodenlichte entsprechendes Gebilde, und das geschichtete positive Licht besteht eigentlich aus einer Aufeinanderfolge von Complexen negativen Lichtes. 28. Aus der nachgewiesenen Gleichartigkeit von positivem und negativen Lichte und der Umwandlung eines negativen Büschels in 292 Gesammtsitzung eine einzelne positive Schicht ergibt sich dann umgekehrt die Be- rechtigung, auch jeden Complex negativen Lichtes, also z. B. das (in Luft blaue) Kathodenlicht im Wesentlichen wie eine Schicht des positiven Lichtes anzusehen. Diese neue Auffassung des Kathodenlichts gestattet sehr frucht- bar eine Menge von Folgerungen, wenn man damit einen ferneren Satz combinirt, der eingehend ausgebeutet, einen sehr allgemeinen Überblick über die hier betrachtete Klasse von Phaenomenen ge- währt. 29. Dieser Satz kann so ausgesprochen werden: Das Intervall zwischen den homologen Grenzen der vom (pri- mär- oder secundär-) negativen Pol ab gezählten n’* und (n — 1) Schicht einer Entladungsstrecke von gleichmässigem Querschnitt ist bei gegebener Gasdichte (und Entladungs-Intensität) eine kon- stante Grösse. (Untereinander brauchen die Intervalle zwischen je 2 Schichten dabei nicht nothwendig gleich zu sein, z. B. ist das Intervall zwi- schen der am negativen Pol liegenden Grenze des negativen Lichts und der negativen Grenze der ersten positiven Schicht stets grösser als das Intervall zweier positiven Schichten in einem Rohre von der Weite des den negativen Pol umgebenden Theils.) So kann man folgende Thatsachen (No. 30—33) ableiten, wel- che sich experimentell in meinen Arbeiten herausgestellt haben. (Hierbei umfassen die Ausdrücke „positiver“ und „negativer Pol“ primäre (Metall-) wie sekundäre Pole). 30. Die Grenze des positiven Lichts ist unabhängig von der Lage des positiven Pols, und also auch unabhängig Länge der ganzen Entladung. 31. Eine Verschiebung des negativen Pols in Richtung der Ent- ladung bewirkt eine Verschiebung sämmtlicher zugehöriger positiver Schichten, in gleicher Richtung, und bei Röhren von constantem Querschnitt, also z. B. in Cylindern, um genau den gleichen Längenbetrag. Bewest sich hierbei der negative Pol auf den positiven Pol zu, so verschwinden am positiven Pol so viel Schichten, als auf der vom negativen Pol zurückgelegten Strecke Raum hatten; wenn, was meistens sehr nahe der Fall, die Intervalle der positiven Schichten auf grösseren Strecken unter einander übereinstimmen, ist die Zahl der verschwindenden Schichten sonach gleich dem Quotienten aus vom 4. Mai 1876. 393 dem Schichtintervall in die vom negativen Pol zurückgeleste Strecke. Bewegt der negative Pol sich vom positiven fort, so treten eben- soviel neue Schichten aus dem positiven Pol hervor. 32. Eine Verschiebung des positiven Pols bewirkt bei einer Ver- grösserung oder Verkleinerung der Poldistanz ebenfalls eine Vermeh- rung oder Verminderung der Schichten, aber im Gegensatz zur Er- scheinung bei der Verschiebung des negativen Pols, sieht man jetzt alle schon vorhandenen Schichten völlig unbewegt stehen bleiben. Wenn man den positiven Pol dem negativen auf eine Entfer- nung nähert, welche gleich oder kleiner ist, wie das der vorhan- denen Dichte entsprechende Intervall zwischen dem negativen Pol und der ersten positiven Schicht, so verschwindet hiernach das positive Licht überhaupt. 33. Hieraus übersieht man, dass sich Röhren herstellen lassen, welche gar kein positives Licht enthalten. An das negative Licht schliesst sich in ihnen bis zur Anode eine absolut lichtlose, oft den grössten Theil der ganzen Röhre einnehmende Entladungs- strecke. Man sieht ferner, dass zweierlei solche Röhren möglich sind: solche, die nur bei gewissen Dichten, und solche, die unter allen Verhältnissen ohne positives Licht sind. Es hängt dies davon ab, ob die Entfernung der Elektroden der Röhre nur kleiner ist als das erwähnte maassgebende Intervall bei gewissen Dichten, oder ob dies Intervall für alle Dichten die Elek- trodendistanz der Röhre übertrifft. 34. Bei zunehmender Verdünnung verdicken sich die Schich- ten — ebenso wie bereits bekannt, das negative Licht. Gleichzeitig wachsen die Schicht-Intervalle. Beide Änderungen setzen sich mit abnehmender Dichte an- scheinend ohne Grenze fort. Hieraus lassen sich die in den folgen- den beiden Absätzen angeführten Thatsachen übersehen: 35. Mitabnehmender Dichte bewegensichalle Schich- ten nach dem positiven Pol hin; hierbei vermindert sich ihre Zahl, indem sie in der Reihe, wie sie vom positiven zum negativen Pol nach einander folgen, am positiveu Pol verschwinden. Ist die Röhre nicht weit genug (siehe oben No. 22), um auf der ganzen Strecke des positiven Lichts Schichtung zu zeigen, so zieht sich 294 Gesammtsitzung das ungeschichtete Licht, ebenso als wenn es geschichtet wäre, in den positiven Pol zurück. 36. Schliesslich kann man also Röhren herstellen, welche, ohne dass irgend welche positive Schichten vorhanden wären, völlig von negativem Lichte erfüllt sind, das selbst bei bedeutenden Di- mensionen der Gefässe sie in Länge und Weite vollständig, ohne noch einen lichtleeren Raum zu lassen, durchsetzt. Dies wird bei um so höherer Dichte erreicht sein, je kürzer die Röhre ist. — Die Grösse des Schichtintervalls ist sonach derjenige Faktor, welcher vor Allen die Erscheinungen der Entladung in verdünnten Gasen bestimmt. 37. Dieser Faktor, der sich unabhängig erwies von der Länge der Röhren, hängt nun ausser von der Dichte sehr wesentlich ab von den Querdimensionen der Entladungs-Gefässe. Den allgemeinsten Satz, aus dem sich alle hierher gehörigen Erscheinungen ableiten lassen, möchte ich hier noch nicht geben, da seine Erläuterung ein zuweit führendes Eingehen auf experimen- telles Detail erforderte. Die Versuche entsprechen folgender Regel: Wenn man alle Querschnitte eines Entladungs-Ge- fässes so vergrössert, dass die geänderte äussere Ober- fläche der Entladung der vorigen Begrenzung geome- trisch ähnlich bleibt, so wachsen die Schicht-Intervalle. Hierbei können die Gefässe wieder beliebige Form haben: prismatische, conische, eylindrische, ellipsoidische, sphaerische u. s. w. oder auch beliebig aus einfachen Flächen zusammengesetzt sein. Um kurz Beispiele hervorzuheben: Wenn man conische Röhren von gleicher Apertur, aber in ver- schiedenem Abstande vom Scheitel aus dem Kegel herausgeschnit- ten, untersucht, so sind die Schichtintervalle desto grösser, je grösser der Scheitelabstand der betrachteten Stelle. In Cylindern von verschiedener Weite muss cet. par. den weitern Gliedern das grössere Schichtintervall entsprechen. Die erste positive Schicht wird also in um so grösserer Ent- fernung vom negativen Pol liegen, je grösser der (Querschnitt des Cylinders ist. Hierher gehört die inzwischen bereits von Hrn. Wüllner in seinen „Studien über die Entladung des Inductionsstroms in mit vom 4. Mai 1876. 2395 verdünnten Gasen erfüllten Räumen !)* veröffentlichte Beobachtung über mit Luft gefüllte eylindrische Röhren: „durch die grössere Weite wird in cylindrischen Röhren die Bildung des positiven Büschellichts vermindert.“ 38. Zum Schluss deute ich kurz die merkwürdige Wirkung an, welche zwei einander zugekehrte Flächen-Elemente einer oder verschiedener Kathoden selbst aus Entfernungen von einigen Cen- timetern noch auf einander ausüben. Die Helligkeit des Lichts wird auf den einander zugekehrten Seiten z. B. von ebenen Blechen, ausserordentlich verstärkt, — trotzdem die einander zugekehrten Seiten Ströme von entgegengesetzter Richtung aussenden — auf den von einander abgewandten Flächen wird die Helligkeit ver- mindert. Sehr frappant ist auch die starke Verengung, welche die zweite Schicht des Kathodenlichts an den einander zugekehrten Flächen erleidet. Die vorstehende Beobachtung kann unter Anderm benutzt werden, Kathodenlicht von ausserordentlich starker, für Speectral- beobachtungen werthvoller, Helligkeit zu erzeugen, indem man eine niedrige etwa $ Cm. weite Blech-Röhre als Kathode benutzt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. 7. Jahrg. Mit einer Karte. Berlin 1875. 8. Mit Begleitschreiben. Mnemosyne. Nova Series. Vol. IV. Pars II. Lugd. Bat. 1876. 8. Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Freiburg i. B. Bd. VI. Heft 4. Freiburg i. B..1876. 8. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXIII. Lief. 6. Th. 2. (Schluss.) Bd. XXIV. Lief. 1.. Berlin 1875. 1876. 4. Revue scientifique etc. N. 44. Avril 1876. Paris. 4. Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. 24. Jahrg. Prag 1874. 8. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo VIII. Dicembre 1875. Roma 1875. 4. 1) Wüllner, Pogg. Ann. Jubelband. [1876] 22 296 Gesammtsitzung vom 4. Mai 1876. Catalogue of Sanskrit Mss., existing in Oudh. Prepared by J. E. Nesfield Caleutta 1875. 8. 2 Ex. — — — dto. discovered from the 1st April 1875 to 30th June 1875. 8. 2 Ex. E. Trumpp, Einleitung in das Studium der arabischen Grammatiker. — Die Ajrümiyyah des Muhammad bin Dand. München 1876. 8. Repertorio universale sulle opere dell’ Istituto archeologico dall’ anno 1874 — 1875. Roma 1875. 8. Annali dell’ Istituto di corrispondenza archeologica. Vol. XLVH. (1875.) 1028. Bullettino ete. per l’anno 1875. Roma 1875. 8. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1871. XXVII. Jahrg. 2. Abth. Ber- lin 1876. 8. Rumford Works. Vol. IV. Boston 1875. 8. Memorias del Instituto geografico y estadistico.. 'Tomo I. Madrid 1875. 8. Proceedings of the American philosophical Society. Vol. VII. N. 62. July — Dec. 1859. Vol. XIV. N. 93. 94. June — Dec. 1874. Jan. — June 1875. Philadelphia. 8. Mit Begleitschreiben. The American Ephemeris and Nautical Almanack for the year 1878. Was- hington 1875. 8. J. N. Stockwell, Theorie of the Moon’ s motion. Philadelphia 1875. 4. Transactions of the American philosophical Society. Vol. XV. New Series. Part.- 11... ib...e0d.. 4. Illustrated Catalogue of the Museum of comparative Zoology at Harvard Col- lege. No. VIII. Cambridge 1875. 4. Annual Report of the Museum of comp. zoology for 1874. ib. eod. 8. Bulletin of the Buffalo Society of natural sciences. Buffalo 1875. 8. From the U. $. coast survey Report for 1875, Appendix No. — July 1875. & Appendix N. 10 u. 11 (by W. H. Dall.) 4. Geographical explorations and surveys west of the 100th meridian. — Topo- graphical Atlas-Wheeler 1874. fol. Annual Report of the board of Regents of the Smithsonian Institution etc. for the year 1874. Washington 1874. 8. Annuaire de 1’ Association pour l’encouragement des etudes grecques en France. 9. Annee 1875. Paris 1875. 8. — Monuments grecs ete. N.4. 1875. ib. eod. 4. Überreicht von Hrn. Curtius. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 8. Mai 1876. 297 8. Mai. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. du Bois-Reymond las über die angebliche Abnahme der Reizwelle im Muskel. Hr. W. Peters legte eine Mittheilung vor über neue Arten der Sauriergattung Gerrhonotus. Die Gerrhonoti, welche vorzüglich dem westlichen Theile von Nordamerica angehören, aber auch in Centralamerica und in Süd- america (Peru und Brasilien) vorkommen, bilden, wie ich in mei- ner Abhandlung über Cercosaura (Physik. Classe der Königl. Akade- mie der Wissensch. 1862. p. 171 und 172) nachgewiesen habe, eine eigenthümliche Gruppe von Eidechsen, die man nach bloss äusser- lichen Merkmalen mit ihnen sehr fern stehenden Gattungen der östlichen Hemisphäre in derselben Familie vereinigt hatte. Die meisten Arten sind in Californien und Mexico gefunden, während man bisher erst je eine besondere Art aus Brasilien und Uentral- america kannte. Eine zweite sehr eigenthümliche Art aus Central- america kann ich jetzt hinzufügen und dürfte es sich herausstellen, dass die letzte Weltgegend bei genauerer Durchforschung reicher an diesen Thieren ist, als man bisher geglaubt hat. 1. Gerrhonotus Bocourti n. Sp. In der Gestalt des Körpers und Schwanzes, der Entwickelung der Extremitäten, der allgemeinen Beschuppung und nach der Zeich- nung dem @. Moreleti Bocourt am nächsten stehend, aber mit kür- zerem Kopf und weniger Körperschuppenreihen. Rücken- und obere Schwanzschuppen undeutlich gekielt, Seiten- und Bauchschuppen glatt; Rücken- und Seitenschuppen in vierzehn, Bauchschuppen in zwölf Längsreihen. Vom Ohr bis zur hinteren Axelgegend fein granulirt, wie in der deutlichen Seitenfurche und um das Hüft- gelenk. Auf der Schnauze befinden sich zuerst zwei kleine, anein- ander stossende Nasorostralia zwischen dem Nasale, Supranasale, Internasale und dem ersten Supralabiale jeder Seite, dann folgt ein - 22* 298 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse kleines Supranasale, getrennt von dem der anderen Seite durch ein Paar Fronto- oder Internasalia, welche fast eben so gross sind wie die da- rauf folgenden Präfrontalia, darauf das lange hexagonale, an den Sei- tenrändern concave Frontale, jederseits vier Supraorbitalia, zwei un- regelmässig pentagonale, durch das grosse vorn und hinten abgestutzte rhomboidale Interpariatale von einander getrennte Frontoparietalia. Das Nasale stösst an das 1. u. 2. Supralabiale; hinter demselben folgen zwei übereinanderstehende Nasofrenalia und ein einziges grosses pentagonales Frenale. Ein Anteorbitale, vier Supraciliaria, zwei Postorbitalia, zwei langgestreckte schmale Infraorbitalia. Schläfen- schuppen glatt. Supralabialia rechts 9, links 10, indem das lange schmale 5. unter dem Auge liegende der rechten Seite auf der lin- ken in zwei getheilt ist. Infralabialia 8 bis 9; die beiden ersten breiter als die anderen, an welche sich eine Reihe von länglichen Schuppen anschliesst, welche sie von den grossen Submentalia trennt. Oben olivenfarbig mit drei schwarzen, einer mittleren und zwei unterbrochenen seitlichen Längslinien. Oberseite des Kopfes un- regelmässig schwarz marmorirt und gefleckt. Körperseiten schwarz, nach unten hin mit Querlinien weissgrüner Punkte; vor und un- ter dem Auge beginnt ein unregelmässiger hellgrüner Streif, welcher sich über und hinter der Ohröffnung verstärkt. Unter dem Kinn und der Brust blaugrün, schwarz gefleckt; die schwarzen Flecken dehnen sich am Bauche und unter dem Schwanze immer mehr aus, so dass sie die helle Grundfarbe ganz verdrängen. Totallänge 0,128; Kopf 0,012; Schwanz 0,066; vord. Extr. 0,011; hint. Extr. 0,017. ; Ein Exemplar, angeblich aus Mexico (No. 7557). Ich habe mir erlaubt, diese schöne Art nach Hrn. F. Bocourt, dem rühmlich bekannten Bearbeiter der herpetologischen Fauna von Mexico und Centralamerica, zu benennen. 2. Gerrhonotus rhombifer n. sp. Eine durch ihren langen abgeplatteten Kopf, den abgeplatteten Körper, den langen Schwanz und die dünnen glatten Schuppen sehr ausgezeichnete Art. Obere Körperschuppen in 16 bis 18, Bauchschuppen in zehn Längsreihen, nur durch eine sehr schmale Seitenfurche von einander getrennt. vom 8. Mai 1876. 299 Drei Nasorostralia, das mittlere derselben rautenförmig; da- hinter zwei aneinander stossende Supranasalia, dann ein einfaches, vorn convexes Internasale, darauf zwei Präfrontalia, das langge- streckte hexagonale, an den Seite concave Frontale, die durch das hexagonale Interparietale getrennten Frontoparietalia und hinter den Parietalia noch eine Reihe mehr schuppenförmiger Oceipitalia. Das lange Nasale ist im hintern Ende von dem Nasenloch durchbohrt und stösst mit den unteren Winkeln an das 1. und 4. Supralabiale, so dass es mit vier Supralabialia in Verbindung steht. Hinter dem Nasale zuerst zwei übereinanderstehende Nasofrenalia, dann zwei übereinanderstehende Frenalia erster und ein grosses Frenale zwei- ter Reihe. Vier Supraorbitalia, fünf Supraciliaria ausser einer zwei- ten Reihe kleinerer, drei Infraorbitalia. Vierzehn Supralabialia, von denen das 9. bis 11. unter dem Auge liegen; 11 bis 12 nie- drige Infralabialia. Vier Präanalschuppen. Die Oberseite des Kopfes, breite unregelmässig rhomboidale, durch schmale schwarze Zwischenräume von einander getrennte Querbinden, welche auf dem Schwanze sich zu vollständigen Rin- gen entwickeln, von gelber Farbe. Eine schwarze Querbinde von dem Frenale herabsteigend vereinigt sich mit der der anderen Seite unter dem Kinn, eine zweite verbindet in derselben Weise von un- ten beide Augen, indem sie mit der der andern Seite in der Mitte des Unterkinns zusammentrifft, eine dritte steigt von dem Mund- winkel herab und stösst mit der der anderen Seite am hinteren Ende des Unterkinns zusammen, zwei bis drei andere unregel- mässigere des Vorderhalses und der Brust Vförmig zusammen- stossende gehen von den Seiten des Halses aus. Vor den Augen beginnt eine schwarze Binde, welche mit der der anderen Seite in einem Bogen hinter dem -Hinterhaupt zusammenstösst. Auf dem unteren Theile der Körperseiten quere gelbe Flecke. Bauch vor- wiegend schwarz. Gliedmassen vorwiegend schwarz mit gelben gezackten Querlinien und Flecken. Totallänge 0,150; Kopf 0,012; Schwanz 0,100; vord. Extr. 0,011; hint. Extr. 0,014. Ein Exemplar aus Chiriqui (No. 8655 M. B.). Diese Art steht unter den bisher bekannten Arten dem @rer- rhonotus fasciatus und @. Deppei Wiegmann am nächsten, aus denen Gray eine besondere Gattung 4Abronia bildete, indem er die Wiegmann’sche Gattung Gerrhonotus nach bloss äusseren 300 Gesammtsitzung Merkmalen in vier Gattungen theilte, was bei den Übergängen, welche die Arten in ihrem Äusseren zeigen, nicht gerechtfertigt sein dürfte. Am 8. Mai starb Hr. Christian Lassen, auswärtiges Mit- glied der Akademie in Bonn. 11.Mai. Gesammitsitzung der Akademie. Hr. Dove las über Witterungsverhältnisse von 1875 bis Ende April 1876. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: J. Trausch, Schriftsteller-Lexikon. 3. Bd. Kronstadt 1875. 8. K. Fabritius, Urkundenbuch zur Geschichte des Kisder Kapitels etc. Her- mannstadt 1875. 8. Archiv des Vereines für Siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. XII. Bd. 2.3. Heft. ib. 1875. 8. Mit Begleitschreiben. Jahresbericht des Vereines für siebenbürgische Landeskunde f. d. Vereinsjahr 1874/75. ib. eod. 8. Dsgl. Programm des Gymnasiums A. ©. zu Hermannstadt etc. für das Schuljahr 1874/75. ib. eod. 8. F. Kittel, Über den Ursprung des Lingakultus in Indien. Mangalore 1876. 8. 5. Bericht der naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz. Chemnitz 1875. 8. Mit Begleitschreiben. F. Kramer, Phanerogamen-Flora von Chemnitz und Umgegend. ib. eod. 4. J. Grimm & W. Grimm, Deutsches Wörterbuch. IV. Bd. 1. Abth. 8. Lf. Leipzig 1876. 8. G. Omboni, Delle antiche morene vwiceine ad Arco nel Trentino. Separ.-Ab- druck, 8. vom 18. Mai 1876. 301 Revue scientifique etc. N. 45. Mai 1876. Paris. 4. Ephemeris epigraphica corporis inscript. Lat. suppl. Vol. III. Fasc. 1. Ro- mae 1876. 8. Revue archeologique. Nouv. Ser. 17. annee. 4. Avril 1876. Paris. 8. Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Vereine von Neu-Vo und Rügen. 7. Jahrg. Berlin 1875. 8. E. Czypnianski, Mechanisch-chemische Theorie der sinnlichen Welt. Kra- kau 1876. 8. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. N. IX. November 1875. Cal- eutta 1875. 8. Journal of the Asiatic Society of Bengal. Part I. N. III. Part II. N. II. III.. 1b. 31879. 8. Bibliotheca Indica. New Series. N. 327 & 329. ib. eod. 8. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 52. Heft 1. Görlitz 1876. 8. A Magyar Kir. Földtani intezet Evkönyve. IV. Köt. III. Füz. Budapest 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Mittheilungen aus dem Jahrbuche der k. ungarischen geologischen Anstalt Bd. IV. Heft 2. ib. eod. 8. Desgl. rpommern 18. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Riefs las: Über die Erregung von Elektricität durch gleitende Reibung. Von den Gesetzen der Elektrieitätserregung!) durch Reibung, dieser so unzählig oft ausgeführten Operation, ist Weniges bekannt; ich habe im Folgenden das Bekannte zusammengestellt, um es der Beachtung zu empfehlen, und versucht, es durch neue Erfahrungen zu ergänzen. 1!) Das Wort Erregung wird hier überall in dem weitern Sinne ge- braucht, in welchem es mit dem Worte Gewinnung gleichbedeutend ist. Es ist also nicht von den Elektricitäten die Rede, welche durch die Reibung von einander getrennt werden, sondern von den Elektricitäten, die nach ihrer Trennung und theilweisen Wiedervereinigung übrig geblieben sind. 302 Gesammtsitzung Die elektrische Spannungsreihe nach Reibung. Alle Körper sollen in der Art in eine Reihe gestellt werden können, dass die Stellung jedem Körper die Elektrieitätsart anweist, die er bei seiner Reibung mit einem andern Körper erhält. Es sind viele solche Reihen gebildet worden, die wenn auch im Grossen und Ganzen übereinstimmend, in vielen Fällen von einander abweichen. Selbst bei einfachen Körpern kann von verschiedenen Beobachtern die Stellung der Körper in der Reihe verschieden angegeben sein. So fand Wilcke Metalle mit Schwefel gerieben negativ el. und Gaugain hat dies neuerdings bestätigt, Faraday hingegen fand die Metalle positiv und ich habe die geprüften Metalle (Alumin, Kupfer, Zink, Silber, Platin) ebenfalls positiv gefunden. Bei zu- sammengesetzten Körpern kommen solche Widersprüche häufiger vor. In manchen Fällen mag die verschiedene Oberflächenbeschaf- fenheit daran schuld sein, wovon ich das auffallendste Beispiel an der Guttapercha gefunden habe. Bei brauner Oberfläche wird diese Substanz mit fast allen Körpern bei der Reibung negativ elek- trisch; hat sie aber, wie es nach einiger Zeit stets geschieht, einen bläulichen Anflug erhalten, so wird sie mit fast allen Körpern ge- rieben positiv. In andern Fällen kann die verschiedene Art des Reibens das Resultat bedingen. Bei Schellack,* Siegellack, Hart- kautschuk, Paraffin, Glas, Schreibfedern ist es nachgewiesen, dass diese Substanzen häufig entgegengesetzte Elektrieitätsarten anneh- men, je nachdem sie unter starkem oder schwachem Drucke mit der Hand oder Batist gerieben werden. Ich halte im Allgemeinen das unter schwachem Drucke erhaltene Resultat für das normale, wenn auch Schellack und Siegellack zuweilen bei schwachen Drucke mit Batist gerieben positiv gefunden werden. Auch bei mit grösster Vorsicht ausgeführten Versuchen kom- men Widersprüche gegen die Spannungsreihe vor, von welchen ein noch nicht hervorgehobenes Beispiel das folgende ist. Eine reine Glasfläche an einer reinen Quecksilberfläche gerieben, wird positiv elektrisch, an einer oxydirten Quecksilberfläche negativ. An einem mit Kienmayers Amalgam bekleideten Lederballen gerieben, wird jedes Glas positiv und ebenso, wie Poggendorff gefunden hat, jedes Hartkautschuk (Ebonit). Aber Hartkautschuk mit glänzen- der Oberfläche an der reinen Quecksilberfläche gerieben, wird ne- gativ, an der oxydirten positiv. Das amalgamirte Leder verhält sich also gegen Glas wie eine reine Quecksilberfläche, gegen Hart- vom 18. Mai 1876. 303 kautschuk wie eine oxydirte, und Glas, Hartkautschuk, reine, oxy- dirte Quecksilberfläche, sind zu keiner Spannungsreihe zusammen- zustellen. Der Grund hiervon ist in der Änderung zu suchen, welche die reine Ebonitfläche beim Reiben mit dem Amalgam erleidet, analog der Änderung einer Glasfläche durch. Bestrei- chen mit einer Flamme, und der oben angeführten, durch die Zeit bewirkten Änderung der Guttapercha-Fläche. Die Verände- rung der Ebonitfläche lässt sich leicht aufzeigen und längere Zeit festhalten. Eine glänzende Ebonitplatte, die mit dem Finger oder mit Leinwand gerieben, stark negativ elektrisch war, wurde durch Reibung mit amalgamirtem Leder stark positiv und darauf über einer Gasflamme unelektrisch gemacht. Jetzt wurde sie durch leichte Reibung mit dem Finger positiv elektrisch und dieser Versuch wurde mit gleichem Erfolge zehnmal angestellt, ehe ich ihn abbrach. Dies rührte nicht etwa davon her, dass der Finger mit Amalgam bekleidet und mit diesem das Ebonit gerieben wurde. Gewöhnlich wurde die nicht sichtbare anomale Beschaffenheit der Ebonitfläche durch heftiges Reiben mit Leinwand fortgeschaftt, aber es kam vor, dass sie fortbestand nach vielen Versuchen mit Anwendung starker Reibung, von welchen ich einige am fol- genden Tage ausführte und dass sie erst durch Waschen der Platte mit Alkohol beseitigt wurde. Trotz der Unsicherheit, welcher die Prüfung des Gesetzes der Spannungsreihe unterliegt, wird das Gesetz als ein theoretisch rich- tiges betrachtet werden müssen. Bei der Reibung werden je zwei aneinanderhaftende Punkte zweier Körper durch die Fortbewegung des einen Punktes von einander gerissen. Je nach der chemischen Natur der beiden Körper wird der Punkt des einen Körpers von seiner Lage weiter fortgeführt als der des andern, und es wird eine längere Zeit dauern, bis er in seine Gleichgewichtslage zurück- gekehrt ist. Hängt, wie es wahrscheinlich ist, von dieser relativen Zeit der elektrische Zustand ab des Punktes, ob positiv oder ne- gativ, so folgt das Gesetz der Spannungsreihe mit Nothwendigkeit. Denn ein Körper D, dessen Punkte eine längere Zeit zur Rück- kehr in ihre Ruhelage gebrauchen als die Punkte eines Körpers A, und der, mit diesem gerieben negativ wird, dessen Punkte können eine kürzere Zeit gebrauchen als die eines Körpers C und müssen mit diesem gerieben, positiv werden. Alsdann wird A mit C ge- rieben, noch stärker positiv werden, als früher. Ein Körper D 304 Gesammtsitzung kann nun zu Ü in dasselbe Verhältniss treten, wie B zu 4A, und so fort alle chemisch verschiedenen Körper. Damit ist die ideelle Spannungsreihe hergestellt, die durch die physikalische Beschaffen- heit der Oberfläche der Körper wesentlich geändert wird. Es leuch- tet ein, dass die Punkte einer rauhen Oberfläche eine andere Ge- schwindigkeit haben, als die einer glatten, die Punkte einer oxy- dirten Oberfläche eine andere, als die einer reinen. Nimmt man dazu, dass hier die Bewegung einer äusserst dünnen Schicht be- trachtet wird, und die Änderungen derselben viele unaufhörlich fortwirkende Ursachen haben wie z. B. die Niederschläge aus der Luft, so kann es auffallen, dass die Zahl der sichern Versuche über die Spannungsreihe, obgleich gering, nicht noch geringer ist. Das am häufigsten bemerkte Beispiel der Änderung einer Oberfläche durch den Einfluss der Luft gibt Glas und Glimmer, welche ganz verschiedene elektrische Eigenschaften haben je nach der Zeit, während welcher sie der Luft ausgesetzt waren. Häufig tritt auch die Änderung einer Oberfläche durch die Reibung selbst ein, und dann, den Versuch wesentlich ändernd, plötzlich. Ich besass lange Zeit eine rothe Siegellackstange die, mit Batist gerieben, nur posi- tiv elektrisch wurde, bis sie einmal während eines Versuchs, ihren normalen negativen Zustand annahm und diese Erregung ferner bei- behielt. Ich habe, der logischen Ordnung zuwider, das Gesetz der Spannungsreihe vorangestellt, weil es allgemein bekannt ist, ein mehr theoretisches als praktisches Interesse besitzt und trotz der grossen Anzahl darüber vorhandener Versuche, nicht sicher experi- mentell bewiesen ist, vielleicht auch nicht bewiesen werden kann. Ich gehe jetzt zu Gesetzen der Elektrieitätserregung durch gleitende Reibung über, die grösstentheils noch nicht ausgesprochen, eine praktische Wichtigkeit haben und aus vorhandenen Versuchen ab- geleitet, oder sicher experimentell nachgewiesen werden können. $ 1. Bei Erregung der Elektrieität durch Reibung treten stets beide Klektricitätsarten auf. Dies Wilcke’sche Gesetz!) unter- !) Franklins Briefe übersetzt von Wilcke Leipz.1758. S.272. Ich be- merke, was ich früher versäumt habe, dass die Seitenzahl zweimal vorkommt und hier die zuerst stehende Zahl gemeint ist. Nach 272 fängt die Pagini- rung wieder von 257 an. vom 18. Mai 1876. 305 scheidet sich von dem der Spannungsreihe darin, dass es eben so sicher nachweisbar ist, wie jenes unsicher. Von zwei an einan- der geriebenen Flächen, von welchen Eine schlechtleitend ist, zeigt sich die eine positiv, die andere negativ elektrisch. Bei ungleich- artigen Flächen ist hiervon niemals eine Ausnahme beobachtet wor- den, und bei gleichartigen Flächen eine so äusserst geringe An- zahl abweichender Fälle, dass diese nur als scheinbare Ausnah- men betrachtet werden dürfen. 8 2. Von beiden Elektricitäten wird eine völlig gleiche Menge erregt. Dies Gesetz wird gewöhnlich als selbstverständlich still- schweigend zugegeben. Es sind aber darüber Versuche vorhanden die Erwähnung verdienen. Für Flächen gleicher Grösse folgt das Gesetz aus Aepinus Versuchen. Es wurden zwei gleichgrosse Scheiben aus Glas, oder einem andern isolirenden Stoffe, oder auch die eine aus isolirendem Stoife, die andere aus Metall ange- wendet und central an einander gerieben. Von einander getrennt, waren die Scheiben stark elektrisch, die eine positiv, die andere negativ; an einander liegend, bildeten sie einen unelektrischen Kör- per. Dies ist nur möglich, wenn die beiden Scheiben Elektrieität in völlig gleicher Menge besitzen. Als der positiv-elektrischen Scheibe ihre Elektrieität durch Berührung mit einem Leiter genom- men war und beide Scheiben wieder mit einander gerieben waren bildeten sie an einander liegend, einen negativ-elektrischen Körper. Von einander getrennt war wiederum die eine Scheibe positiv, die andere negativ. (Tentam. theor. el. 65.) Für die Reibung von Flächen ungleicher Grösse folgt das Gesetz aus einem Versuche des Hrn. Righi in Bologna (nuovo Cimento 9. 141). Schellack wurde mit einem Seidenkissen gerieben und jedes von beiden in eine isolirte mit einem Deckel versehne Metallbüchse gelegt. Als der Schellack in der Büchse lag, zeigte sich diese negativ, als das Kissen, positiv elektrisch; als aber beide zugleich hineingelegt waren, unelektrisch. Dies lehrt, dass die Ober- fläche des Schellacks und des Seidenkissens gleiche Mengen von . Elektricität besassen. 8 3. Wenn zwei Flächen gleicher Grösse an einander gerieben werden, so kann, so lange sie sich decken, keine der beiden Elektrici- taten abgeleitet werden. Dies folgt aus dem Gesetze der Influenz. Jede Portion die von der einen Elektricitätsart fortginge, würde sogleich durch die 306 Gesammtsitzung in gleicher Menge vorhandene andere Rlektrieitätsart zerstört und wieder ersetzt werden. Das Gesetz lässt sich leicht durch Ver- suche nachweisen. Ein langer Messingstab war an einem Ende durch einen Glasstab verlängert, am andern Ende mit einem Metall- stempel versehn der mit einer amalgamirten 74 Linien langen Leder- manschette bekleidet war. Der Stempel wurde in eine 84 Linien weite Glasröhre gepresst und nachdem er mehrere Stunden darin geblieben war, oft um seine Axe gedreht. Der Stiel des Stempels, durch den angesetzten Glasstab isolirt, blieb unelektrisch, wenn nur darauf gesehn war, dass der Stempel sich nicht nach der einen oder andern Seite verschob. In diesem Falle würden ungleich grosse Flächen an einander gerieben worden sein. Als ich eine zwei Zoll lange, der Länge nach durchgeschnittene Glasröhre be- nutzte und nach dem Versuche die Röhrenhälften vorsichtig vom Stempel abhob, zeigte sich der Stempel negativ, die Röhre positiv elektrisch. Ein kleiner hohler Glaseylinder, etwa 14 Zoll weit und hoch, mit Kupferboden, dessen 13 Linie hoher Rand über das Glas griff, wurde mit Quecksilber gefüllt auf ein Säulenelektroskop gestellt. Man kann auch statt des Glasgefässes eine flache Eisenschale an- wenden. Ein Stab aus Glas, Schellack, Hartkautschuk in das Quecksilber getaucht, lässt das Goldblatt des Elektroskops unbe- wegt, obgleich durch Reibung des (uecksilbers am Stabe Elektri- eität erregt worden ist. Bei der Trennung der geriebenen Flächen, also bei dem Herausziehn des Stabes aus dem Quecksilber, schlägt das Goldblatt heftig nach der einen Seite aus und nach der andern, wenn man den Stab dem Instrument nähert. Bei Anwendung des Glasgefässes wird nicht nur am eingetauchten Stabe Elektrieität erregt, sondern auch an der innern Glaswand des Gefässes durch das Aufsteigen des Quecksilbers. Aber von den beiden Portionen der im Quecksilber erregten Elektrieität kann keine abgeleitet wer- den, weil jedes Paar der vier geriebenen Flächen einander gleich ist und vollständig deckt. Um sich vor Täuschung zu schützen, ist darauf zu sehn, dass die von einem frühern Versuche an der Glaswand zurückgebliebene Elektrieität nur sehr schwach sei. Man muss deshalb eine längere Zeit zwischen zwei Versuchen verfliessen lassen oder stark in das Gefäss hauchen, während sein Rand vom Finger berührt wird. Der grösste Theil der erregten Elektriecität wird hierdurch abgeleitet. vom: 18. Mai 1876. 307 In dem zuletzt beschriebenen Versuche werden zwei gleich grosse Flächen nicht wie im ersten Versuche axial, sondern da- durch an einander gerieben, dass an der Glaswand des Gefässes die eine der geriebenen Flächen, an dem eingetauchten Stabe beide Flächen fortbewegt werden. Von dem Quecksilber, das an der Glas- wand eines Gefässes (durch Eintauchung eines Metallkörpers) auf- steigt, kann keine Elektrieität abgeleitet werden, weil die beiden geriebenen Flächen gleicher Grösse sind. Anders ist es mit Queck- silber, das in einer Uförmigen (oder sonst wie gestalteten) Glas- röhre in Bewegung gesetzt wird. Während das Quecksilber in dem einen Schenkel steigt, sinkt es in dem andern, und die geriebene Glasfläche ist grösser als die geriebene Quecksilberfläche. Dann kann, wie der folgende $ zeigt, ein Theil der negativen Elektrieität des Quecksilbers abgeleitet werden. Es ist hier gezeigt worden, dass von den durch Reibung einer leitenden an einer isolirenden Fläche gleicher Grösse erregten Elek- trieitäten, die Elektrieität der einen (leitenden) Fläche nicht abge- leitet werden kann. Um zu zeigen dass auch die Elektrieität der andern Fläche nicht abzuleiten ist, auch beide Elektrieitäten nicht gleichzeitig zu entfernen sind, muss statt des Isolators ein Halb- leiter benutzt werden. Ein trockner Korkeylinder, an einem in der Hand gehaltenen Metalldrahte befestigt, wurde in das Quecksilber des Glasgefässes getaucht und einige Zeit darin gelassen. Das Goldblatt des Elektroskops zeigte keine Bewegung, die hätte ein- treten müssen, wenn die Hand die Elektrieität des Korkes abge- leitet hätte. Herausgezogen war der Kork positiv elektrisch. Bei ungleich grossen, an einander geriebenen Flächen wird die kleinere Fläche der Reiber, die grössere: geriebene Fläche genannt, ohne Rücksicht darauf, welche Fläche bei der Reibung fortbewegt wird. $ 4. Bei Reibung von Flächen verschiedener Grösse erhält der Reiber eine grössere Blektricitätsmenge als ein ihm gleich grosser Theil der geriebenen Fläche und während der Reiber an der Fläche anliegt kann der Überschuss an Blektrieitätsmenge, den er besitzt, von ihm abgeleitet werden. Dies folgt aus den voranstehenden Erfahrungen. Flächen un- gleicher Grösse erhalten durch die Reibung gleiche Elektrieitäts- mengen ($ 2). Der Reiber besitzt also eine grössere Rlektrieitäts- menge als die von ihm bedeckte Stelle der geriebenen Fläche. 308 Gesammtsitzung Diese Elektrieität des Reibers kann nur so lange abfliessen, als ihre Menge grösser ist, als die der bedeckten Stelle; ist sie ihr gleich, so hört der Abfluss auf, weil von zwei gleichgrossen Flächen die durch Reibung erregten gleichen Elektrieitätsmengen nicht ab- geleitet werden können ($ 3). Durch Verschiebung des oben beschriebenen Stempels in der Glasröhre nach dem Stielende zu, wird der Stiel negativ elektrisch und zwar um so stärker, ein je längeres Stück der Röhre dabei gerieben worden. Durch Verschiebung des Stempels nach dem freien Röhrenende zu, kann vom Stiele weniger negative Elektriei- tät abgeleitet werden, weil er dann innerhalb der positiv elektri- schen Röhrenwand zu liegen kommt, die auf ihn influeneirend wirkt und positive Elektricität nach dem Stielende treibt. Durch ablei- tende Berührung wird der Stiel unelektrisch, obgleich der Stempel negativ elektrisch geblieben ist. Man kann sich davon überzeugen durch Benutzung der früher erwähnten der Länge nach aufge- schnittenen Glasröhre. Werden nach dem Versuche die Hälften derselben vom Stempel normal abgehoben, so findet man den Stem- pel stark negativ, die Glasröhre positiv elektrisch. $ 5. Durch fortgesetzte Reibung wird desto weniger Elektricität erregt, je grösser die vorangegangene Reibung war. Nach kurzer Reibung einer Fläche bringt die Fortsetzung derselben einen Zu- wachs der gewonnenen Elektricitätsmenge, wie Versuche mit dem Lederstempel in der Glasröhre gezeigt haben. Nach längerer Rei- bung tritt aber keine weitere Vermehrung der Elektrieitätsmenge ein, sie hat ihr Maximum erreicht, das nicht zu verwechseln ist mit dem durch den Elektrieitätsverlust an die Luft bedingten Maxi- mum. Das letzte ist von der Art der Reibung unabhängig, zu derselben Zeit für denselben Körper stets das gleiche, während das erste Maximum sehr verschieden sein kann. Hiernach kann die Richtigkeit des oben stehenden Satzes vermuthet werden, be- darf aber des experimentellen Beweises. Theoretisch wird der Satz anders lauten. Bei der hier allein betrachteten gleitenden Reibung bringt die kleinste Bewegung der einen der beiden an einander liegenden Flächen eine Reibung des Reibers und eines grösseren Stückes der geriebenen Fläche hervor, durch welche Elektrieität erregt wird, so dass bei endlicher Bewegung elektri- sirte Flächen an einander gerieben werden. Der Satz heisst also: vom 18. Mai 1876. 309 Durch Reibung elektrisirter Flächen an einander wird desto we- niger Elektrieität erregt, je stärker elektrisch die Flächen sind. Der Nachweis des Satzes stösst auf grosse Schwierigkeiten. Er macht die Messung von Elektrieitätsmengen nöthig, die durch Reibung von gleicher Stärke erregt wurden. Dazu muss der Druck unter dem die Flächen an einander liegen und die Beschaffenheit ihrer Oberflächen unverändert erhalten werden. So leicht die erste Bedingung zu erfüllen ist, so schwer ja unmöglich ist es die zweite. Nicht nur, dass eine grosse Fläche, die mit einer kleinen gerieben wird, nicht an allen Stellen, welche die Reibung trifft, von genau gleicher Beschaffenheit ist, so ist jede Fläche einer be- ständigen Änderung durch Luft und Reibung ausgesetzt. Mit der Beschaffenheit der Fläche ändert sich nicht nur die durch Reibung freiwerdende Menge von Elektrieität beider Art, sondern auch die leichtere oder erschwerte Wiedervereinigung dieser Mengen, so dass die resultirende Elektrieitätserregung auf das Bunteste wechselt. Es geschieht selten, dass ein sogleich wiederholter Versuch die gefundene Elektricitätsmenge wiederfinden lässt, und zwar ist der Unterschied desto grösser, eine je längere Reibung angewendet wurde. Versuche dieser Art sind weitaus die unsichersten der ganzen Elektricitätslehre, und scheinen bisher abgeschreckt zu ha- ben, die hier vorliegende Aufgabe in Angriff zu nehmen. Dennoch lassen sich, wie ich zu zeigen hoffe, mit einiger Geduld Versuche darüber anstellen, aus welchen sichere Resultate von Interesse ab- geleitet werden können. Es wurde ein einfaches Reibzeug hergestellt aus einem glocken- förmigen Messingstücke mit aufgesetztem conischen Halse, von 29 par. Linien Höhe, das mit einer ebenen kreisförmigen Basis von 174 Lin. Durchmesser abschliesst. Der Metallkörper wurde mit 3 Lagen Flanell und einem Stücke Wildleder bekleidet, die Zeuge wurden an der ebenen Basis straff angezogen und am Halse der Glocke durch einen Messingring festgeklemmt. Das eingefettete Leder der Basis war mit einer dünnen Lage von Kienmayers Amalgam möglichst gleichförmig bedeckt, so dass eine amalgamirte Kreisfläche von etwa 14 Zoll Durchmesser den Reiber bildete. In den Hals des Metallstücks ist, normal auf dem Reiber, ein etwa 5 Zoll langer, mit geschmolzenem Schellack bekleideter Glasstab einge- lassen, auf dessen Ende eine kreisrunde Bleiplatte horizontal auf- 310 Gesammtsitzung gesteckt werden kann. Das Gewicht des Reibzeugs allein beträgt 485, mit aufgesteckter Bleiplatte 868.2 Gramm. Das unbeschwerte Reibzeug wurde auf eine (27 x 12 Zoll) grosse Tafel aus Hartkautschuk mit glänzender Oberfläche gestellt und am Glasstiele in gerader Linie um einen Zoll behutsam fort- geführt. Die dadurch geriebene Fläche des Kautschuks beträgt. (1 >< Durchmesser des Reibers + Reiberfläche) 3,267 Quadratzoll, und die dabei stattgefundene Reibung wird zur Einheit der Rei- bungsmenge genommen. Dann wurde das Reibzeug behutsam " abgehoben, auf eine frische Stelle der Platte gestellt, wiederum einen Zoll weit fortgeführt und so fort. Die Anzahl dieser Opera- tionen bestimmt den Werth der Reibungsmenge. War die ge- wünschte Menge erreicht, so wurde mit dem Reiber der Knopf des von mir angegebenen Sinuselektrometers berührt und die erregte Elektrieitätsmenge gemessen (Poggend. Ann. 96.513. Gesammelte Abhandl. 3). Erst nach Verwerfung vieler Versuchsreihen gelangte ich da- hin, solche zu erhalten, aus welchen sich übereinstimmende Re- sultate ziehen liessen. Nach der sorgfältigen Behandlung beider geriebenen Flächen war ein Haupterforderniss zu vergleichbaren Versuchen die parallele Fortführung des Reibzeugs auf der Kaut- schuktafel und das parallele Abheben desselben. Folgende sind die Mittel aus 3 Beobachtungen und die aus ihnen berechneten Verhältnisse der erregten Elektriceitätsmengen. I. Reibungsmenge. Ablenkung des Erregte Elektrieitäts- Sinuselektrometers. menge. 1 1392 1 2 28,8 1,45 4 39,4 1,67 8 58,4 1,93 Die Reibungsmengen konnten auch so gewonnen werden dass das Reibzeug in Einem Zuge um 1 bis 8 Zoll auf der Kautschukfläche fortgeführt wurde. Dadurch wurden folgende Resultate bei ein- maliger Beobachtung erhalten. Für jede Reibungsmenge wurde ein frisches Stück der Kautschuktafel benutzt. Das Reibzeug war mit der Bleiplatte versehn. vom 18. Mai 1876. all 11. { Reibungsmenge. Ablenkung des Erregste Elektricitäts- Sinuselektrometers. menge. 1 19-9 1 2 ZT 1,54 4 44,5 1,60 6) 89,5 1,92 Jede von beiden Versuchsreihen bestätigt den Satz $ 5. Die zweite Reibungsmenge hat eine weit geringere Wirkung als die erste aber sie vermehrt die Elektricitätsmenge in grösserem Ver- -hältnisse, als zwei Reibungsmengen nach der Reibung 2, als vier Reibungsmengen nach der Reibung 4. Wenn man die Reibung 1 nach den Reibungen 1, 2 und 4 gebraucht hätte, so würden die drei Werthe der Zunahme der erregten Elektricitätsmenge eine schnell abfallende Reihe bilden. Die Erregung geht demnach mit steigender Reibungsmenge einem Maximum zu, das aber nicht sicher zu erreichen ist, weil bei stark elektrisirten Flächen die Wiedervereinigung der getrennten Elektricitäten leicht eintritt. In den angeführten Versuchen kamen bei grösseren Reibungen als 8 entweder geringe Zunahmen der Elektricitätsmenge zum Vor- schein, oder es entsprach sogar der grösseren Reibungs- die kleinere Elektrieitätsmenge, ein deutliches Zeichen der Wiedervereinigung eines Theils der getrennten Elektrieitäten. Daraus war zu schlie- ssen, dass die Erregung bei der Reibung 8 schon nicht weit von ihrem grössten Werthe entfernt sein konnte. In einer späteren Ver- suchsreihe wobei das Reibzeug mit Bleiplatte gebraucht und die Reibung in Einem Zuge ausgeführt wurde, erhielt ich im Mittel aus 3 Beobachtungen bei den Reibungsmengen I.8 144 die Elektrieitätsmengen 1. 1,93 2,38 Für Versuche solcher Art sind zwar die in den Reihen I und II erhaltenen Verhältnisse der erregten Elektrieitatsmenge als ge- nügend übereinstimmend zu betrachten, um so mehr, da Reihe II mit aufgesteckter Bleiplatte, I ohne dieselbe ausgeführt war. Doch ist ‘ein anderer Grund dafür vorhanden, dass die bei gleichen Rei- [1876] 23 312 Gesammtsitzung bungsmengen erlangten Verhältnisszahlen durchgängig kleiner sind in Reihe II als in Reihe I. Die in beiden Reihen mit gleichen Zahlen bezeichneten Reibungen sind nämlich zwar einander gleich, aber nicht unter denselben Bedingungen ausgeführt. In Reihe I ist jede Einheit der Reibung in derselben Weise auf einer unelek- trischen Kautschukfläche genommen, in Reihe II hingegen jede Einheit nach der ersten auf einer Kautschukfläche, von welchen der grössere, der Reiberfläche gleiche, Theil durch die vorange- gangene Reibung bereits elektrisirt war. Dass aber an zwei vor- läufig elektrisirten Flächen die Reibung eine geringere Elektricitäts- menge erregt als wenn die eine Fläche unelektrisch ist, wird der folgende Paragraph zeigen. Nur durfte, wenn die Versuche sicherer wären, ein grösserer Unterschied der beiden Reihen in dem ange- gebenen Sinne erwartet werden. $ 6. An zwei vorläufig elektrisirten Flächen erregt die Reibung eine kleinere Elektricitätsmenge als wenn die eine Fläche unelek- trisch ist. In Reihe I des vorigen $ war nach der Reibung mit der Menge 1 nur der Reiber elektrisch, in den folgenden Versuchen sind es beide geriebenen Flächen. Das Reibzeug wurde auf die Kautschukplatte gestellt, einen Zoll weit gerade fortgeführt und die Bewegung an derselben Stelle der Platte wiederholt. Es fand also bei Mengen, welche die Einheit übertrafen die Reibung zwischen zwei vorläufig elektrisirten Flächen statt. Es folgen die Mittel aus 3 Beobachtungen Reibungs- Ablenkung Erregte Elektrieitätsmenge menge am Sinuselektrom. an derselb. Stelle an verschied. Stell. 1 1297 1 1 2 16,5 1,14 1,45 4 16,7 1,14 1,67 3 15), 1,09 1,93 In der letzten Spalte sind aus $ 5 die Verhältnisszahlen wie- derholt, die erhalten wurden als jede Einheit der Reibung auf einer frischen Kautschukfläche ausgeführt wurde. Der grosse Unterschied der Erregung durch beide Arten der Reibung fällt in die Augen. Bei Benutzung derselben Stelle der geriebenen Fläche für jede Rei- bungseinheit hat schon die erste Verdoppelung der Reibung die vom 18. Mai 1876. 313 Erregung auf ihren grössten Werth gebracht, der viel kleiner war, als bei Benutzung verschiedener Stellen, wo jener Werth erst nach einer grossen Reibungsmenge eintrat. Leichter liess sich die wiederholte Reibung derselben Flächen ausführen, als der Stiel des Reibzeugs in die bequem passende Durchbohrung eines festgestellten Holzstücks gesteckt und um seine Axe gedreht wurde. Es wurde dadurch der Reiber stets mit einer ihr an Grösse gleichen Kautschukfläche gerieben. Die runde Blei- platte, in 6 gleiche Theile getheilt, war dazu auf den Stiel des Reibzeugs gesteckt. Durch Drehung des Stiels um 1, 2, 4, 8 mal 60 Grad, jede Drehung an einer frischen Stelle der Kautschuk- fläche, erhielt ich im Mittel aus zwei Beobachtungen Ablenkungen am Sinuselektrometer von 7,6 7,5 8,1 und 7,0 Grad. Es war also hier bei der centralen Reibung welche durch Drehung des Reib- zeugs um 60 Grad bewirkt war, schon der grösste Werth der Er- regung erreicht. Geschah die Reibung genau central, so brauchte das Reibzeug bei der Drehung nicht isolirt zu sein, da nach $ 3 bei Reibung von zwei Flächen gleicher Grösse, so lange sie an einander liegen die Elektricität keiner Fläche abgeleitet werden kann. 8 7. Elektricitätserregung bei Reibung verschieden grosser Flä- chen und Ableitung des Reibers. Nach $ 4 kann von einem Reiber diejenige Elektrieitätsmenge abgeleitet werden, die er mehr als das von ihm bedeckte Stück ‚der geriebenen Fläche besitzt. Es lässt sich also durch Ableitung des Reibers und Messung seiner Elektrieität die Elektricitätsmenge eines ihm an Grösse gleichen Stückes der geriebenen Fläche be- stimmen. Führt man die Reibung mit abgeleitetem Reiber aus, so wird das letzte geriebene Flächenstück unter denselben Bedingun- gen erregt, wie jedes frühere Stück (mit Ausnahme des ersten, wenn die Reibung in Einem Zuge geschieht). Die Elektrieitäts- menge des Reibers muss also dieselbe sein, nach welcher Einheit der ganzen Reibungsmenge sie auch gemessen sein mag, sie ist unabhängig von der vorangegangenen Reibung. Anders ist es, wenn der Reiber bei der Reibung isolirt gewesen und erst nach ihrer Vollendung abgeleitet worden ist. Je mehr Reibungs- einheiten benutzt worden sind, desto stärker elektrisch ist der Reiber, und desto schwächer hat er nach $ 5 das von ihm bedeckte Stück der geriebenen Fläche erregt. Bei dieser Art der Ableitung 23° 314 Gesammtsitzung wird der Reiber desto schwächer elektrisch sein, je län- ger er gerieben worden. Hat der Reiber das Maximum seiner Elektrisirung erreicht, so wird er durch Ableitung seine ganze Elektrieität verlieren, er wird unelektrisch sein. Dieses durchaus verschiedene Verhalten des Reibers, je nachdem er während oder nach der Reibung abgeleitet wird, lässt sich jederzeit nachweisen, wie schwankend auch die erregten Elektrieitätsmengen sein mögen. So fand ich im Mittel aus zwei Versuchen (Reiber mit Bleiplatte) Reibungsmenge Reiber isolirt u. abgeleitet durchweg abgeleitet Ablenkung am Sinuselektrometer 1 1593 12° 9,2 8,5 oo) 3,0 9,9 24 1,2 1159 Die zweite Spalte zeigt, dass ein Stück von bestimmter Grösse auf der geriebenen Fläche durch Reibung desto weniger Elektrici- tät erhält, je länger der Reiber vorher gerieben, also je stärker er elektrisch war. Aus der dritten Spalte geht zur Genüge hervor, dass bei durchweg abgeleitetem Reiber die Erregung des Flächen- stücks unabhängig von der vorangegangenen Reibung bleibt. Diese Versuche liefern für den Satz $ 5 dass durch fortge- setzte Reibung desto weniger Elektrieität erregt wird, je länger die vorangehende Reibung war, einen neuen und zwar den experimen- tell leichtesten Beweis. Nebenbei machen sie die Nothwendigkeit anschaulich, an der Elektrisirmaschine das Reibzeug abzuleiten. Wenn es isolirt ist, nimmt die Erregung der gedrehten Glasscheibe mit ihrer Bewegung schnell ab, wie die zweite Spalte zeigt, und hört auf, wenn das Reibzeug nicht mehr erregt wird. Ist es ab- geleitet, so dauert die Erregung fort, bis die Glasscheibe selbst die Elektrieitätsmenge besitzt, die sie erhalten kann. $ 8. Über den Einfluss den das Gewicht des Reibzeugs (483 und. 868 Gramm) also der Druck mit dem die Flächen bei der Reibung an einander gehalten werden, auf die Elektricitätserregung übt, bin ich zu keinem endgültigen Resultate gekommen. Häufig. lieferte das leichte, zuweilen das schwere Reibzeug die grössere Elektrieitätsmenge. Es hängt dies wahrscheinlich von dem zufälli- gen Zustande ab, in dem sich die geriebenen Flächen befinden, da vom 18. Mai 1876. 315 vergrösserter Druck in doppelter, entgegengesetzter Weise auf die Gewinnung von Elektrieität wirkt. Er befördert die Trennung der entgegengesetzten Elektricitäten bei der Reibung, aber zugleich ihre Wiedervereinigung. Es ist daher auch erklärlich, wenn bei gegebe- nen Flächen innerhalb bestimmter Gränzen die Elektrieitätserregung unabhängig von dem Gewichte des Reibzeugs bleibt. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über die Pelzrobbe von den Inseln St. Paul und Amsterdam und über die von 8. M. S. Gazelle mitgebrachten Flederthiere. In dem vorigen Jahre (s. Monatsberichte 1875 p. 393) hatte ich die Ehre, der Akademie eine Mittheilung zu machen über eine Pelzrobbe von Kerguelen, welche eine durch ihren Schädelbau eigenthümliche Art bildet und welche nach einem vollständigen jungen Weibchen und dem Felle eines ausgewachsenen Männchens beschrieben wurde. Ich bemerkte, dass zu dem letzteren leider der Schädel fehle, zweifelte aber um so weniger daran, dass es dersel- ben Art angehöre, da die Färbung ähnlich und der Fundort der- selbe zu sein schien, da es mit See-Elephanten aus Kerguelen in demselben Fasse ohne eine besondere Notiz zusammengepackt war. Es hat jedoch nach einer Mittheilung, welche mir Hr. Dr. Studer nach seiner Rückkehr gemacht hat, in dieser Beziehung ein Irr- thum stattgefunden, indem das Fell des männlichen Thiers nicht von den Kerguelen, sondern von der Insel St. Paul oder Am- sterdam herstammt. Es war mir nun von der grössten Wichtig- keit, durch die Untersuchung des Schädels zu erfahren, ob diese Art mit der von Kerguelen oder der Otaria Forsteri aus Neusee- land, welche neuerdings von Hrn. Clark in Cambridge genauer untersucht ist, übereinstimmt. Durch die grosse Güte des Hrn. Milne Edwards habe ich nun diese Untersuchung machen kön- nen und stellt sich dabei heraus, dass die Pelzrobbe von St. Paul und Amsterdam weder mit der ©. gazella von den Kerguelen noch mit der Otaria Forsteri aus Neuseeland übereinstimmt, so weit sich 316 Gesammtsitzung wenigstens nach Vergleichung mit der Abbildung und Beschreibung des Schädels dieser letzteren erkennen lässt. Die Pelzrobbe von St. Paul und Amsterdam ist in der Färbung ganz verschieden von der ©. Forsteri und in der Schädelbildung scheint sie in der Mitte zwischen dieser und der ©. gazella zu stehen. Ich schlage daher für die schöne Ohrenrobbe von St. Paul und Amsterdam den Namen Otaria (Arctophoca) elegans vor und werde mir erlauben, in näch- ster Zeit eine ausführlichere Mittheilung über diesen Gegenstand zu machen. Was die von S. M. S. Gazelle mitgebrachten Flederthiere betrifft, so ist ihre Zahl (7) zwar eine geringe. Dieselben sind aber theils wegen des Fundorts, thels wegen ihrer Eigenthümlichkeit von grossem Interesse. 1. Pteropus capistratus n. sp. (Taf.) Pt. auriculis longitudine rostri, apice rotundatis; stramineus, pilis basi ferrugineo-fuscis; facie alba, margine oculari, ingluvie, vittis tribus, media a rostro ad frontem, lateralibus ad malas decurrenti- bus fasciaque temporali conjunctis fuscis. Long. tot. ca. 0,190; antibr. 0,103 ad 0,110. Habitatio: Nova Hibernia. Diese schöne Art erinnert sogleich durch ihre auffallende Ge- sichtszeichnung an den Pf. personatus Temminck von Ternate und Celebes. Während diese letztere Art aber nur zwei seitliche braune Gesichtsbinden hat, welche von den Seiten der Schnauze ausgehen und das Auge einfassen, hat die vorliegende drei, welche von dem Rücken der Schnauze ausgehen: eine mittlere, welche zur Stirn hinaufsteigt, und zwei seitliche, welche bogenförmig sich vor dem Auge krüm- mend über die Backe zu der Wange verlaufen, um sich mit der Querbinde zu vereinigen, welche von dem Unterkieferwinkel zur Schläfe hinaufsteigt um in der Stirnmitte mit der mittleren Ge- sichtsbinde und der der andern Seite zusammenzutreffen. Diese Art ist auch grösser, die Behaarung reichlicher, namentlich auch sehr auffallend auf der Bauchseite der Schulter- und Schenkelflug- haut. Sämmtliche Haare sind an dem Grundtheile dunkel rostbraun, was in der Kreuzgegend, auf den Schenkeln und am Hinterbanch mehr hervortritt. Von den vorliegenden beiden Exemplaren zeich- vom 18. Mai 1876. 317 net sich das Männchen durch eine glänzendere fast goldgelbe Fär- bung des Oberkopfes und Nackens, das Weibchen durch die fast ganz braune Färbung der Kreuz- und Schenkelgegend aus. Die Flughäute erscheinen hellbraun, schwarz geadert und genetzt. Bei der folgenden Angabe der Malse beziehen sich die speciellen An- gaben über Mittelhand- und Fingerglieder auf das Weibchen. EN © Hotallanesyeas 2 aan. al. went ee. 10,190. (0,190 Kopläauser 3.002,08, 008 en.ee nan eier a8 fer 40,060; 40,060 Ohchoher me u. 00 u en les en sa ler 010914, 0,091 Mord Ohrrandy a. ee er nes 8 0.0125.0,019 Ohrbreiter 22. 0.0. ers Se 0,015, 0,015 Oberarm Pe a 00T WVorderaum a or a N EOVE ET E SSHRSE N 1103220110 al. ER. Mhr 0.01% 1. Gl. 0094525 Gl. 050155... - ner 9 221% 325 0,047 E20 0.057553... 0.018 -20,0095 3. G1:.0,00959.° 2 ... 20,062 193.8. 020,075; =. 0,0575 = 0,088 L.4.E. - 0,075; - 0,0465 - 0,0435 1.5.R. 009; -, :0,08555 - 0022 Obexschenkel, 0 nn. 2 ns en, 70,035, Unterschenkel 2 0.000 0 0 en 2. oe 280,043 7.0,047 HussanachWe u ee 2101037. 0,040 Spore ee se 2 ..0,09,%0,0115 Die beiden abgebalgten einzigen Exemplare, ein Männchen und ein Weibchen, wurden auf Neu-Irland erlegt. 2. Pieropus melanopogon Schlegel var. neohibernicus. Männchen und Weibchen aus Neu-Irland stimmen in der Form der Ohren, der Körperproportionen, der Entwickelung der Flug- häute, der Behaarung und in der Schädelform so vollkommen mit den typisch gefärbten Exemplaren dieser Art aus Öelebes und Am- boina überein, dass sie sich nicht davon trennen lassen. Mas. Gesicht und Vorderkopf dunkel rostbraun, Vorderhals rostroth, Nacken mehr blasser, Rücken dunkler, Brust und Bauch heller rostbraun. Die sparsame wollige Behaarung der Ventralseite der Schulter- und Lendenflughaut rostroth. Fem. Gesicht heller, mehr gelblich rostfarbig, ebenso Vor- derhals, Brust und Bauch; Nacken und Rücken vorwiegend gelb, am hellsten auf dem Hinterrücken. Behaarung der Flughäute wie bei dem Männchen. 318 Gesammtsitzung Vorderarm 0,125; Ohrhöhe 0,028; vorderer Ohrrand 0,024; OÖhrbreite 0,018. Zwei Bälge, ein Männchen und ein Weibchen, ebenfalls aus Neu-Irland; erlegt von Hrn. Dr. Hüsker.!) 6) 3. Pteropus alecto Temminck. Ein männliches in Weingeist aufbewahrtes Exemplar dieser auch von Celebes, Bawean, Batjan, Ternate, Gebeh und Morotai bekannten Art von der Insel Pinon?) vor der Mac-Cluer-Bai im Westende Neu-Guineas. 4. Macroglossus minimus Geoffroy. Ein Männchen dieser weit verbreiteten Art von der Insel Pinon vor der Mac-Cluer -Bai; in Weingeist. 1) Unter der Bezeichnung Pteropus aruensis hat das zoologische Mu- seum kürzlich ein altes Männchen einer Art erhalten, welche von dem Pt. melanopogon und allen seinen Varietäten, namentlich auch von der von mir (Monatsber. 1867. p. 330) als Pt. aruensis beschriebenen bei sonstiger Über- einstimmung durch die sehr viel kleineren Ohren in auffallender Weise ab- weicht und die ich für eine besondere Art halten möchte. Pteropus degener n. sp. Das Gesicht ist mit kurzen weisslichen Haaren bekleidet. Am Oberkopf, Nacken, an der Kehle, Brust und Bauch sind die Haare schön rostgelb, am Grunde weisslichgelb. Der ganze Rücken ist kahl, auf dem Kreuze nur mit wenigen greisen Haaren versehen. Die wollige Behaarung an der Bauchseite der Schulter- und Schenkelflughaut ist ebenfalls rostgelb. Die Entfernung der : Ohren von den Augen ist zweimal, die Länge der Schnauze dreimal so gross wie die Ohrhöhe. Totallänge ca. 0,380; Kopflänge 0,095; Ohrhöhe 0,022; vord. Ohrrand 0,020; Ohrbreite 0,015; Vorderarm 0,195; Tibia 0,085; Fuss 0,060; Sporn 0,027. — Länge des Schädels 0,090. Nach der Angabe des Naturalienhändlers Gerrard durch Cockerell von den Aru-Inseln. 2) Nach einer gütigen Mittheilung des Capitains zur See Hrn. Freiherrn von Schleinitz ist dieses eine kleine, nur 500 Schritt lange und 150 Schritt breite Coralleninsel, in 1°46’0"S. B. und 131°5'0" Ö.L. Gr. ge- legen. Dr ( eropüs ı f D vom 18. Mai 1876. 319 5. Nyctinomus norfolkensis Gray. 1840. Molossus norfolkensis Gray, Ann. Nat. Hist. IV. p.7; Zoolog. Erebus et Terror. Mammalia. Taf. 22. Fig. 2. 1866. Nyctinomus planiceps Peters, Monatsber. Akad. Wissensch. p. 23. Ein einziges weibliches Exemplar aus der Moreton-Bai (Nordaustralien). Die von Gray gegebene Abbildung ist nach einem getrockne- ten Exemplar gemacht und gibt daher von dieser Art keine ganz richtige Vorstellung, so dass ich sie auch darnach nicht erkannt hatte. Erklärung der Abbildune. Pteropus capistratus Ptrs.; Fig. 1. Männchen, 2. Weibchen, zwei Drittel natürlicher Grösse. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: F. Plateau, Note sur une secretion propre aux coleopteres dytiscides. 8. Sep.-Abdr. vom Verf. Verhandlungen des naturhistorisch-mediceimischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. 1. Bd. 3. Heft. Heidelberg 1876. 8. R. Sturm, Sulle Forze in equilibrio. Sep.-Abdr. 4. A. Genocchi, Intorno al tre problemi aritmetici di Pietro Fermat. Torino 1876. 8. Vom Verf. D. Chelini, Intorno al principii fondamentali della Dinamica con applica- zioni al pendolo ed alla percussion de' corpi secondo Poinsot. Bologna 1376. 4. Vom Verf. Sitzungsberichte der mathem.-phys. Klasse der k. bayr. Akademie der Wissen- schaften zu München. 1876. Heft 1. München 1876. 8. Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. XIII. Bd. 1874. Mit 2 Tafeln. Brünn 1375. 8. Mit Begleitschreiben. Katalog der Bibliothek des naturforschenden Vereins in Brünn. Brünn SO 8: [1876] 24 320 Sitzung der philosoph.-histor. Klasse vom 22. Mai 1876. Bulletin de la societe Imp. des naturalistes de Moscou. Annee 1875. N.4. Moscou 1876. 8. (Tome XLIX. 2 Part.) Lotos, Zeitschrift für Natur- Wissenschaften. 2. Jahrg. Prag 1852. 8. J. F. Delgado, Sobre a existencia do terreno siluriano no baixo alemtejo. Lisboa 1876. 4. Vom Verf. OÖ. Roeder, Directe grosse Kanal-Verbindung des Schwarzen Meeres mit der Nord- und der Ost-See. Berlin 1875. fol. F. Calloud, Scioglimento del problema della quadratura del circolo. Parmo 18.406418. 22. Mai. Sitzung der philosophisch- historischen Klasse. Hr. Kuhn las die Fortsetzung seiner Abhandlung über die aus kj entstandenen Lautentwickelungen. Am 26. Mai starb Hr. Franz Palacky, correspondirendes Mitglied der Akademie in Prag. MAYNARD M, METOAL MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Juni 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Kummer. 1. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Pertz las über eine Ausgabe des Lebens der Churfürstin Sophie in Hannover. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Atti dell’ Accademia pontificia de nuovi Lincei. Anno XXIX. Sess. III. del 20 Febr. 1876. Roma 1876. 4. Abhandlungen herausgegeben vom maturwissenschaftlichen Vereine zu Bremen. 5. Bd. 1. Heft. Bremen 1876. 8. Beilage N. 5 zu den Abhandlungen. Sep.-Abdr. aus dem Jahrbuch f. d. amt- liche Statistik. ib. 1875. 4. Acta de la Academia Nacional de ciencias ewactas existente en la Universidad de Oördova. Tomo I. Buenos Aires 1875. 4. Von der Argentinischen Republik. F.W.C. Trafford, Amphiorama ou la vue du monde. Lausanne 1875. 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 47. 48. Mai 1876. Paris. 4. E. Fergola, Dimensioni della Terra. Napoli 1876. 4. Vom Verf. Revue archeologique. Nouv. Serie. 17me annee. 4 avril 1876. Paris. 8. Von dem vorg. K. Ministerium. [1876] 25 Pan 322 Gesammtsitzung vom 1. Juni 1876. The quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXXIL. Part. 2. N. 126. May 1, 1876. London. 8. H. Munk, Die elektrischen und Bewegungs - Erscheinungen am Blatte der Dionaea muscipula. Mit 3 Tafeln. Leipzig 1876. 8. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Gennaio 1876. Roma 1876. 4. Bibliotheca indica. New Series. N. 330. 331. Calcutta 1875/76. 8. records of the geological survey of India. Vol. VIII. Part. 1—4. Calcutta 1875. 8. Mit Besgleitschreiben. Memoirs of the. geological survey of India (Palaeontologia Indica). Ser. IX. 1.29, 1b..18.09.004. Rajendraläla Mitra, Notices of Sanskrit Mss. Vol. III. Part. III. ib. 1876. 8. The Journal of the Bombay Branch of the R. Asiatie Society. N. XXXI. Vol. XI. 1875. Bombay 1875. 8. E. Quetelet, La tempete du 12. Mars 1876. Extr. 1876. 8. Zusammenstellung der Literatur der Gradmessungsarbeiten. Herausgegeben von dem Centralbureau der europ. Gradmessung. Berlin 1876. 4. M. Herold, Untersuchungen über die Bildungsgeschichte der wirbellosen Thiere im Ei. Herausgeg. von Dr. A. Gerstäcker. Mit 8 Kupfertafeln. Ber- lin 1876. fol. 2 Ex. Sitzungsberichte der philosophisch-philol. und hist. Classe der königl. bayr. Akademie der Wissenschaften zu München. 1876. Bd. 1. Heft 1. Mün- chen 1876. 38. 12. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. W. Peters las über Epigonichthys cultellus, eine neue Gattung und Art der Leptocardüi. Unter den zoologischen Entdeckungen, welche wir dem allge- meinen wissenschaftlichen Interesse des Hrn. Capitän z. S. Frei- herrn von Schleinitz, bisherigen Commandanten S. M. S. Ga- zelle, so wie den Bemühungen des Hrn. Dr. Studer zu verdan- ken haben, ist die einer neuen Gattung der Leptocardii von her- Sitzung der phys.-math. Klasse vom 12. Juni 1876. 323 vorragendem Interesse. Diese Abtheilung der niedrigsten Wirbel- oder Rückgratsthiere beruhte bekanntlich bisher auf einer einzigen Gattung, deren europäischer Repräsentant zuerst vor mehr als hun- dert Jahren von Pallas (Spie. Zool. X. 1774. p. 19 Taf. 1 Fig. 11) beschrieben und abgebildet wurde. Gegen seine sonstige Gewohn- heit hatte dieser geistreiche und genaue Forscher keine anatomische Untersuchung des Thierchens vorgenommen, so dass er es seiner äusseren Form nach als „Limax lanceolatus“ den Nacktschnecken 'anreihte. Erst im Jahre 13534 wurde es in Neapel von Costa wieder entdeckt und unter dem Namen Branchiostoma lubricum, zwei Jahre später in England von Yarrell unter der Benennung Amphiozus lanceolatus als eine besondere zu den Fischen gehörige Gattung wieder beschrieben. Das in so hohem Grade neuerweckte Interesse für dieses wunderbare Thierchen hat eine Anzahl von Arbeiten hervorgerufen, unter denen die hervorragendste von J. Müller der Akademie am 6. Dec. 1841 vorgelegt wurde, welche erst 1867 durch Kowalewski’s Untersuchungen über die Ent- wickelung des „Amphioxus lanceolatus“ eine wesentliche Ergän- zung erhielt. J. Müller fasste am Schlusse seiner Abhandlung die Resul- 'tate seiner Untersuchungen in den Bemerkungen über die Natur des Branchiostoma und seine Stellung im System zusammen. Er weist auf die nächste Verwandschaft desselben mit den Cyclosto- ‚men hin, wenn auch die Unterschiede von denselben grösser seien, ‚als die eines Fisches und nackten Amphibiums. Durch die herz- artigen Blutgefässe und den Mangel einer Absonderung des Gehirns vom Rückenmarke weiche es von allen Wirbelthieren, durch die grosse Zahl der Kiemenöffnungen, durch die Vereinigung der Kie- menhöhle mit der Bauchhöhle und die Verschmelzung der äusseren 'Kiemenöffnung mit der Bauchöffnung weiche es von allen Fischen ab. Es dürfte jetzt kaum ein Thier geben, welches allgemeiner ‚bekannt und berühmter wäre, als das Branchiostoma, da es bei al- len allgemeinen Fragen über die Entwickelung der Thierwelt ei- tirt wird, besonders seitdem Kowalewsky verwandtschaftliche Beziehungen desselben zu den Tunicat« hervorgehoben hat. Es ist hier nicht der Ort, auf alle Arbeiten einzugehen, die eine ge- 'nauere Erforschung des Branchiostoma zum Gegenstande haben und erlaube ich mir in dieser Beziehung nur auf die neueste sorg- 25* 324 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse fältige Arbeit von Hrn. Dr. Rolph (Morphologische Zeitschrift. Il. p-. 57) hinzuweisen. Genauere Untersuchungen sind bisher ausschliesslich an Exem- plaren der europäischen Meeresküsten gemacht worden. Die Gat- tung ist aber nicht auf dieselben beschränkt, denn sie ist auch in Westindien, an der brasilianischen, der peruanischen Küste, im ostindischen und im südaustralischen Meere gefunden worden. So beschrieb Gray bereits im Jahre 1837 (Proc. Zool. Soc. Lond. p. 35) ein Branchiostoma (Amphiowus) Belcheri von Borneo, Sundevall (Öfversigt Kgl. Vetensk. Ak. Förhandl. Stockholm. IX. p. 147. Ra p- 11) in den Jahren 1852 und 1853 Br. elongatum von Peru und Br. caribaeum (= ?Br. Mülleri Kröyer) von Brasilien und West- indien. Die Ähnlichkeit dieser Arten mit der europäischen ist aber, wie sich das bei der einfachen äusseren Körperform auch nicht anders erwarten lässt, eine so grosse, dass nicht allein in allgemeineren Werken (z. B. Carus, Handbuch d. Zoologie 1. 1875. p. 607), sondern auch in umfassenden Specialwerken über Ichthyo- logie (z. B. Günther, Catal. Fish. Brit. Mus. vırr. 1870. p. 515) alle auf eine einzige cosmopolitische Art zurückgeführt wurden. Die Fischsammlung unseres zoologischen Museums besitzt aus- ser europäischen Exemplaren von Branchiostoma eins von Ceylon durch den verstorbenen J. Nietner (No. 4707 Cat. M. B.) und zwei Exemplare durch Hrn. Prof. Dr. v. Martens aus Rio Ja- neiro (No. 6165 Cat. M. B.). Ich finde, dass das erste in der Körpergestalt und dem Rückenflossensaum die Eigenthümlichkeiten zeigt, welche Gray als Unterscheidungsmerkmale für Dr. (A.) Bel- cheri angeführt hat und bei den letzteren die von dem so genau beobachtenden Sundevall für Dr. caribaeum angegebenen Unter- schiede wieder und bin daher der Meinung, dass man nicht be- rechtigt ist, dieselben ohne hinreichende Begründung mit einander zusammenzuwerfen. Ich erlaube mir noch zu bemerken, dass die Unterscheidung des Br. Belcheri zwar nur auf zwei, die von Dr. caribaeum aber auf einer ganzen Reihe von Exemplaren beruht. Unter den von der Kaiserlichen Admiralität der Akademie übergebenen Gegenständen befand sich auch ein Gläschen mit eini- gen dem Branchiostoma auf den ersten Anblick sehr ähnlichen Thier- chen, welche in der Moreton-Bai bei Peale Island in 8 Fa- den Tiefe gefischt wurden. Ich betrachtete sie anfangs, da ich mit dem Ordnen und Sortiren der Sammlungen vollauf zu thun vom 12. Juni 1876. 3218 hatte, um so weniger mit grosser Aufmerksamkeit, da nach Hrn. Günther’s Angabe (l. c. p. 514) das Britisch Museum das euro- päische Dr. lanceolatum (oder eine schwer davon zu unterschei- dende Art?) in zahlreichen Exemplaren aus der Bass-Strasse, also ebenfalls aus dem australischen Meere besitzt. Als ich aber nach einigen Tagen die Thierchen in einem Gläschen mit frischem Wein- geist genauer untersuchte, wurde ich sehr überrascht zu finden, dass sie zwar durch die allgemeine Körperform und Bildung, auch, soweit sich an Weingeistexemplaren noch erkennen lässt, in der inneren Öonformation dem Branchiostoma sehr nahe stehen, sich aber sogleich in auffallender Weise durch eine von Anfang an sehr hohe strahlige Rückenflosse, durch die mediane Lage der Analöff- nung, den gänzlichen Mangel einer häutigen oder strahligen Schwanz- flosse u. a. von dieser Gattung unterscheiden, so dass es mir nö- thig scheint, sie als eine besondere Gattung Epigonichthys!) von den Branchiostoma-Arten zu trennen. Epigonichthys nov. gen. Pinna dorsalis radiata alta, caudalis analisque nullae; apertura analis mediana; religqua Branchiostoma. Epigonichthys cultellus n. sp. (Taf.). E. pinna dorsali antice corporis altitudinis dimidio aequali; cauda duodecimam fere corporis longitudinis partem confieiente. Long. tota 0,025; caudae 0,002; alt. corp. 0,002; pinnae dors. 0,001. Habitatio: Mare australiense (Moreton Bai). Die äussere Gestalt ist lanzettförmig, zusammengedrückt, im Profil betrachtet, am hintern Ende zugespitzt, am vorderen Ende abgerundet. Die hohe durchsichtige zugeschärfte Rückenflosse, de- ren erster Strahl vor dem Augenfleck liest, erhebt sich rasch nach dem ersten Sechstel ‘der Körperlänge zu ihrer grössten Höhe, wel- che der Hälfte der Körperhöhe gleich kommt, um von da an all- mählig wieder niedriger werdend sich ungefähr auf der Basis des Schwanzes zu verlieren. Das Kopfende ist, so wie die Rücken- 1) Zmiyovos, ixQus. 326 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse flosse, fast schneidend zusammengedrückt und das Schwanzende im senkrechten Querdurchschnitt elliptisch. Hinter der Schnauze findet sich, wie bei Branchiostoma, ein länglich elliptischer Lippen- rand, welcher die zehn bis zwölf Paar Mundtentakel, ähnlich wie bei jener Gattung einschliesst. Auch bilden zwei seitliche Haut- falten, wie bei jener, einen Bauchcanal, der hinter dem Porus bran- chialis durch Vereinigung derselben geschlossen wird. Die Bauch- flosse!) ist rudimentär und nur in der Mitte zwischen der Athem- öffnung und der Analöffnung durch ganz niedrige Strahlen reprä- sentirt. Eine After- und Schwanzflosse fehlt. Bei stärkerer Ver- grösserung nimmt die Epidermis der Rückenflosse das Ansehen von unregelmässigen Schüppchen an, welche vielleicht aber nur in Folge der Einwirkung des Weingeistes entstehen. Das Skelet ist ganz ähnlich wie bei Branchiostoma, nur ha- ben die Knorpelstrahlen der Rückenflossen nicht eine würfelförmige sondern eine verlängerte stäbchenförmige Gestalt. Die Stäbchen erreichen nicht die halbe Höhe der Rückenflosse und sind in ihrem jetzigen Zustande oben und unten verdickt. Der Bau der Kiemenbo- gen, des Darms (so weit es sich erkennen lässt) und der des Ner- vensystems zeigt die grösste Übereinstimmung mit Branchiostoma, abgesehen davon, dass der After nicht eine laterale, sondern, we- nigstens bei ausgewachsenen Thieren, eine mediane Lage zeigt. Die Geschlechtsorgane zeigen dieselbe Lage und Entwickelung wie bei .Branchiostoma. Diese Art scheint nicht die Grösse zu erreichen, wie die Ar- ten von Branchiostoma, obgleich nach der Entwickelung der Ge- schlechtsorgane anzunehmen ist, dass die Exemplare von 23 Mil- limeter Länge ausgewachsen sind. Die Sammlung enthält zehn Exemplare, von dreizehn bis drei- undzwanzig Millimeter Länge, die in ihrem Bau keine irgend we- sentlichen Unterschiede von einander zeigen. Dieselben wurden, wie erwähnt, im nordöstlichen Australien, in der Moreton-Bai bei Peale Island in einer Tiefe von 15 Kilometern (8 Faden) gefangen. !) Die bei Branchiostoma zwischen dem After und der Athemöffnung befindliche Flosse muss ebenfalls als Bauchflosse betrachtet werden, wenn sie auch mit der Analflosse ununterbrochen zusammenhängt. > % Be Ye ER, a RS Cerce.e es Ace 775 yal Te Se c £ #3 les Sgeet, [23 er sc Epigonichtihys culfellus Pirs. Kunst anstaltv.C.Böhm, Berlin. vom 12. Juni 1876. 327 Obgleich diese Gattung durch den Mangel einer Anal- und Schwanzflosse gegen Dranchiostoma zurücksteht, dürfte sie doch wegen der mehr vorgeschrittenen Entwickelung der Rückenflossen- strahlen als die höher stehende zu betrachten sein. Hoffentlich werden weitere Entdeckungen die zwischen Dranchiostoma und den übrigen Fischen bestehende Kluft immer mehr ausfüllen. Bei der Reise S. M. S. Gazelle war ursprünglich gar nicht auf naturwissenschaftliche Sammlungen Bedacht genommen. Ohne Zweifel wird daher die nach allen Seiten hin mit so reichen Mit- teln ausgestattete und für die Erforschung der Fauna des Meeres- bodens speciell bestimmte englische Expedition des Challenger noch mehr den Lepiocardiü sich anschliessende Wesen des Meeres- grundes zu verzeichnen haben. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Epigonichthys cultellus Ptrs. Von der Seite gesehen. Viermal ver- grössert. i 2. Vorderes Körperende, von der Seite. ch. Chorda dorsalis; i. Augen- punkt am vorderen Ende des Rückenmarks; f. Mundtentakel. 3. Vorderes Körperende, von unten gesehen. 4. Hinteres Ende desselben, von unten; p. Athemporus; v. Strahlen der Ventralflosse; @&. Anus. Achtmal vergrössert. »„ 9. Fünf einzelne Zellenstrahlen der Rückenflosse mit ihren stabförmigen Knorpelkernen r, 7. n Hr. W. Peters legte ferner eine Abhandlung vor: Beiträge _ zur Kenntniss der Seebären oder Pelzrobben. Hr. Virchow las über die Bildung von Knochencysten (s. Nachtrag zu diesem Heft). 328 Gesammtsitzung 15. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Lepsius las über die beiden Meroe und die Aegyptischen Längenmaasse des Herodot und Erostoschones. I. Th. Hr. Curtius legte Photographien aus Olympia zur Ansicht vor, An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1876. XXVI Bd. N.I. Jan.— März. Mit Tafel 1—4. Wien. 8. Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. N. 1—6. 1876. ib. 8. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. 4. Bd. N.1.2. 1876. 8. M. R. Lipschitz, Generalisation de la theorie du rayon osculateur d’une surface. Extr. 1876. 4. Delesse, Le fond des mers. Extr. 8. Vom Verf. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 49. 50. Juin 1876. Pa- ris. 4. Bulletin de la societe de geographie. Avril 1876. Paris 1876. & W. F. G. Behn, Leopoldina. Heft XII. N. 9. 10. Dresden Mai 1876. 4. C. W. Borchardt, Journal für die reine und angewandte Mathematik. Bd. 81. Berlin 1875. 1876. 4. Verhandlungen der K. K. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1875. 25. Bd. Mit 10 Tafeln. Wien 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Verhandlungen der physikal.-mediein. Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge. 9. Bd. 1. u. 2. Heft. Würzburg 1875. 8. Un fiore a Maria Madre nostra per il sacerdote Orazio Rotundi. Foggia 18:46. 8. B. Boncompagni, Bullettino. 'Tomo IX. Febb. 1873. Roma 1876. 4. Atti del R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. 'Tomo I. Ser. V. Disp. 10. Tomo II. Serie V. Disp. 1. 2.4. Venezia 1874—1876. 8. Revue archeologique. Nouv. Ser. 17. Annee. 5. Mai 1876. Paris. 8. Annales de chimie et de physique. V. Serie. Mai 1876. T. VIII. ib. 1876. 8. vom 15. Juni 1876. 329 P. Gervais, Journal de zoologie. Tome V. N. 2. ib. eod. 8. Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der K. K. zoologisch-botani- schen Gesellschaft in Wien. Mit 20 Tafeln. Wien 1876. 4. Mit Be- gleitschreiben. (W. Schlötel), Zum 4. Mai 1876. — Kleine Bausteine zu einem. Denkmale. Zur Privatmittheilung an Gelehrte bestimmt. Freiburg i. Br. 1876. 8. Vom Verf. Rad jugoslavenske Akademijo znanosti ü umjetnosti. Knjiga XXXV. Zagrebu 1876. 8. Mit Begleitschreiben. G. Luvini, Presentazione di un modello di dieteroscopio. 3e. comunicazione, Torino 1876. 8. —, — in franz. Übersetzung. Extr. ib. eod. 8. Bulletin de l’ Academie R. des Sciences, des lettres et des beaux-arts de Bel- gique. 45. Annee. 2e. Serie. Tome 41. N. 3. 4. Bruxelles 1876. 8. Annales des mines. VII. Ser. Tome VIII. Livr. 6 de 1875. Paris 1875. 8. Vom vorg. K. Ministerium. The annals and magazine of natural history. Vol. 17. N. 97”—102. London Jan. — June 1876. 8. ’ Monthly notices of the R. astronomical Society. Vol. XXXVI. N.7. May 1876. London. 8. Verhandlungen des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung zu Ham- burg. 1875. Bd. II. Mit 2 Tafeln. Hamburg 1876. 8. Mit Begleit- schreiben. Memoires de l’Academie R. de Copenhague. \V. Serie. lasse des sciences. Vol. XI. N. 2. Vol. XH. N. 2. Kjobenhavn 1875. 4. Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Neue Folge. Wien 1876. 4. 19. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Zeller las über den Streit Theophrast’s gegen Zeno in Betreff der Ewigkeit der Welt. 330 Gesammtsitzung 22. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Curtius machte Mittheilungen über die architektonischen und epigraphischen Funde in Olympia. Hr. Kummer legte folgende Mittheilung des Hrn. Ernst Schering in Göttingen vor: Verallgemeinerung des Gaussischen Criterium für den quadratischen Rest-Oharacter einer Zahl in Bezug auf eine andere. Sehr merkwürdig ist es mir immer erschienen, dass Gauss (in Art. 135, Disquisitiones Arithmeticae) von der Eigenschaft einer Zahl, ob sie quadratischer Rest oder nicht-quadratischer Rest für eine Primzahl als Theiler ist, übergeht zu der Untersuchung eines nicht ganz nahe liegenden Rest-Characters der ersten Zahl für eine zusammengesetzte Zahl als Theiler, nemlich diejenige Eigen- schaft derselben betrachtet, die sie als nicht-quadratischer Rest zu einer geraden oder einer ungeraden Anzahl der gleichen und der verschiedenen Primtheiler der zusammengesetzten Zahl auftreten lässt. Der Nutzen dieser Betrachtung wird nemlich erst durch die Kenntniss des quadratischen Reciprocitäts-Gesetzes oder durch an- dere auf höherem Gebiete liegende Untersuchungen ersichtlich. Es bietet also die Frage sich dar, ob es zwischen den beiden Zahlen nicht eine einfachere Beziehung gibt, welche mit jener Eigenschaft eng verbunden ist. Eine solche besteht in der That und die dafür ge- fundene Form erscheint mir um so beachtenswerther, als sie eine Verallgemeinerung des von Gauss bei seinem dritten Beweise des quadratischen Reeiproeitäts-Satzes „Theorematis arithmetici demon- stratio nova“ Gottingae 1808 gegebenen Criterium für den quadra- tischen Rest-Character bildet. Handelt es sich nemlich um den Rest A und den Theiler P, welcher eine Primzahl oder eine zusammen- gesetzte Zahl sein kann, aber zu 2A als relativ prim vorauszusetzen ist, und stellen wir die von Gauss be- vom 22. Juni 1876. 331 trachtete Eigenschaft nach der von Jacobi so zweck- mässig eingeführten Verallgemeinerung des Legendre- schen Zeichens durch den Werth +1 oder —1 dar, so wird ()-- worin #» die Anzahl der negativen Reste bedeutet, wel- che entstehen, wenn man von den Producten P—1ı 1-4.,2. 4, 3.4 5.40 A 9 u die absolut kleinsten Reste für den Theiler P bildet. Hr. Kronecker knüpfte hieran die folgende Mittheilung: Im Verlaufe der an der hiesigen Universität im Winterseme- ster 1869/70 gehaltenen Vorträge bin ich auch meinerseits auf die von Hrn. Schering gefundene Ausdehnung des Gaufs’schen Lem- ma’s geführt worden, und ich benutze die heutige Gelegenheit, um die bezüglichen Entwickelungen hier vollständig darzulegen. San Es seien r und s beliebige positive oder negative ganze Zah- len; 1, m undsn seien ungraddeunddy=- t1, 89 #1, : & =+ı seien deren Vorzeichen, so dass yl,om und en positiv werden, Setzt man nun nach Eisenstein’scher Weise allgemein: 5 N Sn (2) (2) —- II - — (k=1,2,..3(n—1)), so ist zuvörderst zu bemerken, dass das Product, ohne dass sein Werth geändert wird, auch auf irgend welche 4(en — ı) Zahlen k erstreckt werden kann, welche so zu sagen „ein halbes Resten- system“ mod.n bilden, d. h. auf 4(en—1) solche Zahlen k, deren absolut kleinste Reste mod. n ihren positiven Werthen nach die 332 Gesammtsitzung sämmtlichen unter ten liegenden Zahlen ergeben. Das durch die Gleichung (0 definirte Zeichen (-) hat nun folgende Eigen- n schaften: Ä r I. Das Zeichen (2) hat den Werth 0 oder =1; und zwar n hat es den Werth Null, wenn r und n einen gemeinsamen Theiler haben, da alsdann offenbar Factoren des Zählers verschwinden; es hat aber den Werth =1, wenn r und n relative Primzahlen sind, da alsdann jeder Factor des Zählers mit je einem Factor des Nen- ners abgesehen vom Vorzeichen übereinstimmt. Il. Unmittelbar aus der Definition folgen die Relationen: Deo, en | ee 5 ES wenn r=r mod.n, N al) N N = 1 al I (en -ı) -l = — a a) ö Be 2 n und die Anzahl der negativen Factoren rechts 4(en & 1) und diese Zahl gleichzeitig mit L(n’—1) grade oder ungrade ist, so folgt: 2 Ba. N ll. Der obigen Bemerkung gemäss (pag. 331 Zeile 5 v. unten) kann Da ferner ok ) — 1200 (&k=1,%:.4(n—1)) k n Irskrn Sin 8 2: n () De II —— (k=1,2,...3(eR —1)) Ko sın ’ gesetzt werden, und es ist daher: “. . 00- IV. Nimmt man r = m und an Stelle der Zahlen k die Zah- len 5z(n+1)k, so kommt: vom 22. Juni 1876. 333 . mkr sin wo die Zahlen %k ein halbes Restensystem mod. n bilden, und mit Benutzung der Relationen . sinmdv N eis Sellhr —] [2 sin —+9»]-2sin 05 m m m galen =) m u m an dm ann 2 FREE erhält man daraus die Gleichung: om hr kr hr kr B — 2sin| — -2sin | — — > &) (=) Il as (+ ") (= ") wo das Product auf irgend welche 4(&m —ı) Zahlen h zu er- strecken ist, die ein halbes Restensystem mod. m bilden und ebenso auf die 4(en—ı) Zahlen % eines halben Restensystems mod. n. Die Gleichung (B) gilt, beiläufig bemerkt, auch noch wenn m grade ist; doch sind alsdann für £ nur grade Zahlen zu nehmen ‚und für A ist nur in einem der beiden Factoren rechts der Werth Im zu setzen, während im Übrigen in beiden Factoren A irgend welche 4öm — ı Werthe zu durchlaufen hat, die sowohl positiv als negativ genommen mod. m unter einander und mit 4m incon- gruent sind. Aus der Gleichung (B) resultirt unmittelbar die Reciprocitäts- gleichung: () (7) = & ne n m oder m n 1m-1)n-)+1@8-1)(-1 oa (Gen | V. Setzt man 2 =r+mn oder 1=r, je nachdem r grade mn l I ( (2) (i) wird eine Potenz von — 1, deren Exponent MN © » l mn oder ungrade ist, so ist / ungrade und das Product le — oder 354 Gesammtsitzung + —- U) (mn — 1) +4(y— 1) (de — 1) s A l ( ist. Ebenso wird das Product („) 76) (5) eine Potenz von ı)\1)\n — 1, deren Exponent Il —ı)(m+n—2)+141y—-)(-+:— 9) ist, und da die Differenz dieser Exponenten HEN) m )a-)+4W-)6E-1)E-1 offenbar grade ist, so folgt die Relation a EN . Cold: VI. Bilden die Zahlen k ein halbes Restensystem mod. n, so entspricht jeder Zahl % eine Zahl X' für welche rk==%X' mod. n und also: rim sine rk= k. — mod. n e kn sin —— N ist. Hieraus folgt: I(en-1) 7 r? * Ik=|-—|Ik mod.n, k n] k und da, wenn n Primzahl ist, das Product Ik nicht durch n theil- bar ist, so kommt für diesen Fall: i es (D) (-) a mol N Die zuletzt hergeleitete Congruenz (D) zeigt, dass für den Fall einer Primzahl n das durch die Gleichung (A) definirte Zei- iR > ; a . R . : chen (2) mit dem Legendre’schen übereinstimmt, und die Glei- n chung (C) ergiebt alsdann für eine beliebige Zahl n die Identität % q > Ö > der Bedeutung von () mit derjenigen, welche Jacobi dem Zei- n chen beigelegt hat. vom 22. Juni 1876. 335 so Werden m und n als relative Primzahlen vorausgesetzt, so ge- langt man durch die arithmetische Interpretation der Gleichung (U zur Verallgemeinerung des Gauls’schen Lemma’s. Wenn nämlich die Zahlen X’, k"... ein halbes Restensystem mod. n bilden und für eben diesen Modul rk = ok" u — ek" 3 teens (=#l,Pf=H1,..) wird, so definirt die Gleichung (N) conform mit Hrn. Schering’s Ri 2 r ; Entwickelung das Zeichen (#) als das Product der Zeichen o, n und die arithmetische Definition: @) ()-% ist völlig äquivalent derjenigen, welche bei (N) in transcendenter Form erscheint. — Die arithmetische Interpretation der Gleichung (8) definirt, wenn h=1,2,..30m— 1) und .k—=1,2,..4(en— 1) : \ dm . genommen wird, das Zeichen De als das Vorzeichen des Pro- N duets also durch die Bedingungen (Do ala) n n J) mk\0m en oder, wenn man — wie der Einfachheit halber von jetzt an ge- schehen soll — die Vorzeichen ©&= == +1 d.h. m und n po- sitiv nimmt, N h k ®) (") gleich dem Vorzeichen von IH ie — n mn wo das Product auf alle Werthe Mon m a) und k—=1,9,.2.2(n 1) zu erstrecken ist. Das Product bei (B’) verschwindet ebenso wie der unter (B) o95P BP) Gesammtsiüzung gegebene Ausdruck, sobald m und n nicht relative Primzahlen sind, 2 8 T > und auch die unter (N) gegebene Definition von (2) kann in n Übereinstimmung mit dem Ausdrucke bei (Il) so gefasst werden, dass sie für den Fall, wo r und n einen gemeinsamen Theiler ha- ben, den Werth Null ergiebt. — Die mit (W) bezeichnete arith- metische Definition des Zeichens (-) führt ebenso wie die Defi- n nition (II) ganz unmittelbar zu denjenigen Eigenschaften, welche in den Gleichungen (A) und (A’) ausgedrückt erscheinen. Andrer- seits setzt ebenso wie die Definition (B) auch die rein arithmeti- sche Erklärung (B’) die Reciproeitätsgleichung (B) in Evidenz. Um also auch an die arithmetischen Definitionen (A) und (9) die gesammte im $ 1 enthaltene Deduction anknüpfen und damit die Theorie des Zeichens (£) vollständig absolviren zu können, n bedarf es nur noch einer ebenfalls arithmetischen Herleitung der einen jener beiden Definitionen aus der andern. Dies geschieht wohl am einfachsten in folgender Weise: Nimmt man in der Definition (W) für die Zahlen X’, K", ... die ungraden Zahlen von 1 bis n— 1, so wird jedes Product km dem positiven oder negativen Werthe einer der Zahlen k congruent : len . km mod. n, je nachdem die in — enthaltene grösste ganze Zahl 2() n n 3 N m 2 ; 5 grade oder ungrade ist. Das Zeichen (*) wird hiernach gleich n einer Potenz von — 1, deren Exponent s(s)+e{n)+e{2) + le) n n N N ist, und diese Summe kann wegen der Relation 2() +2(72*) = m-—]1l (0 —— (k=1,2,..4(R—1)) k n ersetzt werden. Eben dieselbe Potenz von — 1 ist aber offenbar km das Vorzeichen des Products bei (B’), da r( n ) die Anzahl der vom 33. Juni 1876. 337 Werthe von A bestimmt, für welche die Differenz rZ B= negativ ist. Der hier angegebene Übergang von der Definition (A) zur Definition (B’) ersetzt in rein arithmetischer Weise denjenigen von der Definition (X) zu (B), welcher oben im $ 1, IV nach Eisen- stein’scher Weise durch die Formel für sinm» vermittelt worden ist; er ersetzt ebenso jede der verschiedenen Deductionen, durch welche man von dem Gaufs’schen Lemma zum Reeiprocitätsgesetze gelangt. Aber der eigentliche Kern der Entwickelung in dieser ganzen Kategorie von Reciproeitätsgesetz-Beweisen tritt deutlicher hervor, wenn man — wie jetzt geschehen soll — das Gaufs- sche Lemma selbst bei Seite lässt und nur von der mit (9) be- zeichneten Definition Gebrauch macht. 83. B m ae RE Definirt man (*) für positive ungrade Zahlen m und n als n das Vorzeichen des Products er Ge (m 1) man k=1,2,..43n— 1) so folgt aus der Definition ebenso unmittelbar die Reciprocitäts- gleichung («) (*) (%) u ee (n-1) wie die Relation Mm SE \ (*) a — 1)* N. (k = 1,25 ln N). n ‚Hieraus folgt wiederum, dass für positive ungrade Zahlen Z und m, welche nach dem Modul n also auch nach dem Modul 2n einander eongruent sind, . O0 ist, während für den Fall Z= — m mod. n 0. Be [1876] 26 338 Gesammtsitzung wird. Wenn ferner km = = k' mod. n ist und, je nachdem das obere oder untere Zeichen gilt, die Zahl X' oder n— k' durch r bezeichnet wird, so ist Ir non und E &) Di ee | ee, n N ; k } {/ also E ei = # na +E E mod. 2, N n n und folglich Im I\ (m 2 a = () 2) D n n Wird auf jedes der drei Zeichen in dieser Formel die Reciproci- tätsgleichung («) angewendet und alsdann / mit n vertauscht, so folgt wie im $ 1, V die Relation Z ee welche zeigt, dass das oben definirte Zeichen mit dem Legendre- Jacobi’schen übereinstimmt, sobald nur für Primzahlen n das N m\. Zeichen (*) je nach dem quadratischen Charakter von m mod. n n positiv oder negativ ist. Nun ergiebt zuvörderst die Gleichung (Y) für Z= m in Verbindung mit der Gleichung (2), dass für jeden l i quadratischen Rest ! in der That (-) —.1 ist. Wenn ferner nur n Q . : 3 Q m für eine Zahl m, die also nothwendig Nichtrest sein muss, 2 n negativ wird, so folgt dies aus den Gleichungen (2) und (y) für alle Nichtreste, da unter der gemachten Voraussetzung für jeden | “ der quadratischen Reste I! die Gleichung (2) resultirt und /m hierin die sämmtlichen Nichtreste repräsentirt. Es bedarf daher nur noch des Nachweises, dass für jedes n eine ee vom 22. Juni 1876. 389 ’ =; ar rk. m Zahl m existirt, für welche die Gleichung 6 — —1 stattfindet. n Ist erstens n=— 1 mod. 4, so folgt aus (£'), dass für Dip m h ; roh m — 2n— 1 das Zeichen [| — | negativ wird. Wenn zweitens n n=5 mod. 8 ist und m = #(n+1) genommen wird, so ist ge- mäss der Gleichung (£') Was drittens die Primzahlen n von der Form 8v + 1 betrifft, so möge angenommen werden, dass für alle, die unter n’ liegen, in der That zugehörige Zahlen m von der verlangten Eigenschaft existiren. Es folgt alsdann aus den bisherigen Entwickelungen die m _ Übereinstimmung des Zeichens (2) mit dem Legendre-Jacobi- n schen Zeichen für je zwei beliebige Zahlen m und n, die beide kleiner als n’ sind. Nun giebt es aber, da n =1 mod. 8 ist, nach dem Gaufs’schen Theorem (Disqu. Arithm. Sectio IV. Art. 129) wenigstens eine unter 2Vn' liegende Primzahl m, von wel- cher n’ quadratischer Nichtrest ist; für ein solches m ist daher, weil beide positiven Zahlen m und n— 2m kleiner als n’ sind, ı U U : ö . 5 . ( ==) mit dem Legendre-Jacobi’schen Zeichen identisch m also negativ, und die Gleichung (2) ergiebt hiernach (" _ =) (2) — — — — —]ı 5 m m m _ ee 1 m folgt. Auch für die Zahl n’ existirt also eine Zahl m von der ver- langten Eigenschaft, und es ist durch diesen Inductionsschluss der zu führende Nachweis vervollständigt, dass das Vorzeichen des Products 26* 340 Gesammtsitzung m Rh, k ee) m 77 Mo 1,2,..3(n — 1) . . . Mm . . mit dem Legendre-Jacobi’schen Zeichen | — ) übereinstimmt. n Die vorstehende Entwickelung bildet einen Beweis des Reei- proeitätsgesetzes, welcher seinem wesentlichen Inhalte nach derje- nigen Kategorie angehört, die durch den dritten und fünften Gaufs- schen Beweis bezeichnet wird. Die Entwickelung hat dabei mit der des ersten Gaufs’schen Beweises den Vorzug gemein, dass sie nicht über das Gebiet des zu beweisenden Satzes hinausgeht, ') aber sie entlehnt dieser freilich in jenem Theorem der Disqu. Arithm. (Art. 129) ihre hauptsächlichste Grundlage und wenigstens theil- weise auch die Methode der Induetion. Natürlich kann auch der dritte und fünfte Gaufs’sche Beweis selbst sowie jeder, der eben derselben Kategorie angehört, in der Weise der obigen Entwicke- lung umgestaltet und von der Herbeiziehung des Lemma Art. 106 der Disqu. Arithm. befreit werden. So würde, um an den fünften Gaufs’schen Beweis?) anzuknüpfen, von dessen Art. 1 gänzlich abzusehen und nur der Inhalt des Art. 2 zu benutzen sein, in welchem nachgewiesen ist, dass die oben mit («) bezeichnete Re- eiprocitätsgleichung stattfindet, wenn für irgend zwei relative Prim- h m“ j zahlen m,n das Zeichen (2) als das Product der Vorzeichen er- n klärt wird, welche die positiven oder negativen absolut kleinsten Reste der Zahlen m,2m,3m,..4(n — 1)m ; RR 2 m mod. n haben. Da aus dieser Definition des Zeichens (*) auch n sanz unmittelbar die Gleichungen (P), (2'), (y) folgen, so sind alle Mittel gegeben, um in der oben ausgeführten Weise die Über- WE m 5 5 s einstimmung von (2) mit dem Legendre-Jacobi’schen Zeichen n 1) Man vergleiche die Einleitung zu der Dirichlet’schen Abhandlung im 47. Bande des Crelle’schen Journals S. 139. 2) Gaufs’ Werke, Bd. II. S. 51 bis 54. nt ?* R ’ an ’ 4 Mnnatsbericht 1876. er ».ı TYMBONMENÖN. NONIES/AEEFS TED SAIRSEDUN DT er OL ZONFTAPEXKPATIETOELIH\ TPNNEMAEONMANTNAN TOZEONTSONAANONESO KOSESTITAIKONSYAKH AEKPEOENNNMTAMENHM. TAAAIMONAZANANOYE HN. 1 |OEZHNAIEIZAENMAKAPN. AANEAQD-IAAOIKAIMOI NAZENOENNAKOLDITON/ POISEN: NYNFAP®OEIOTE PHNMOIPANEXEIZSBIOTO. AZIONNSIAMAEAGAPET TMONEAAAXESALCHT IHTOPIHSESOXEKAIE ISEAPAL Ne 2er 91 e Om @ N) Alk. SA Unze rl Oak Rrlin. en Sokemioena . _|f IXxAIPETYNAIMANB®EIA MAPANEPOZOZMETAMOIPAN ZHNOAOOYBOANATOYNENOOS ANAZTONEXNR- OYFTAPNATOI HANOXONZYFTIHNIAENHPH EIAOZKAIMIN YTHNHAEZAOGPO ZYNHN-AYTHMOIKAIMAIAAZETE NAONMANTAZOMOIOFZ-AY THKAI TAMETOYKHAEOKAI TEKENN KAIBIOTHZOIAKAKATEYOYNEIKEE IENOIKNKAIKNEOLYYNIAZEY NONIHTOPIHE:OYAEFYNHNEP EOFEAEMHZANEAEIMEOTEXNHE ıTOYNEKAZOITYMBONTEX ZETAY KNANTAMETHEZ -OLFEKAIAO! TOIOAEMAZKEYOEIÖIAAAE. "I, .KIAYTOSETOKEITOI I MY f = - «INNE TOI Aloz ulelN.. 2, OrEAF EIOANENIMMOKPATHEANZF .Y SEOTAMPENOE N. TOYEZOYAENATZHMOTE POS PeI- OIONAEFTMNDN EP EYOETAIAN®EAMHN TONOERA N EKTEONK KAAZSEX BON INFEND AYNAMAIOAPPQNEFAAI NAKAHZEIN-OABIERATZ HZOANBIEKAIOANATOYSD TOYTANAIINMON (AANETYMONYYXHMENEI HÖIAAAEABOYENMAAE. ONDOSSN EB IR ATENE a BRD AN AKEOAI LE ZOIEKOINDNHEKATZeTM OAEAEKAZYNHNI-INTAIANEPE ZAMENOZ b HT. vom 22. Juni 1876. 341 darzuthun, ohne zu diesem Zwecke, wie im Art. 1 des fünften Gaufs’schen Beweises, das Lemma Art. 106 der Disqu. Arithm. zu Hülfe zu nehmen. Es tritt dabei an die Stelle dieses Lemma’s die wichtigste von den Betrachtungen, auf denen der erste Gauls- sche Beweis beruht; und dass es durch diese grade ermöglicht wird, die in jenem Lemma vorkommenden Congruenzen höheren Grades zu vermeiden, giebt neuen Aufschluss über die tiefe Be- deutung jener merkwürdigen und scharfsinnigen Deduction, wel- che überhaupt zum ersten Male zu einer strengen Begründung des Reeiprocitätsgesetzes geführt hat, und welche ganz direet mit Über- windung aller Schwierigkeiten auf das Ziel losgehend fast wie eine Art Kraftprobe Gauls’schen Geistes erscheint. Hr. Curtius legte vor von Hrn. Dr. Carl Curtius in Lübeck: Griechische Epigramme aus Kleinasien und dem Archipelagus. In den Abhandlungen zu den Alterthümern der Heilkunde bei den Griechen bemerkt Welcker (kl. Schriften III 233), es könne allein aus den griechischen Grabepigrammen auf Ärzte eine kleine Sammlung gebildet und aus dieser ein Beitrag zu einer Skizze über die Stellung der Ärzte in den griechischen Städten unter der Rö- merherrschaft geschöpft werden. Diesem Zwecke mögen auch die hier folgenden Epigramme dienen, welche ich 1870 auf einer Reise im Orient abgeschrieben habe. (S. die beiliegende Tafel.) 342 Gesammtsitzung la. y \ 28 ’ , > Tunßov nev Bılaaderde TAvzwv] vor deineT era[i2os, J »Y. n m El S U Ov 7 Erımes 795 [ons EEoyov] vie FEyuns. J \ \ u > m „ ’ Orssov yao ou H@rıSTos Inrowv EmAzo mavru, / m 2 YVr , 2 Torsov rwv aAAwv EG0%,06 esrı Tryzwv. J \ 2 IV. 5 Yuyn 6° 8x eIewv mrapzvy wlelre Sarmovaes @AroUS e)] ’ 7 \> ’ \ U Hi[v]Se 9, varsıs 8° Ev rareow[v] damedw. [77 J „7 ’ „ \ , Dası zal mo omale vorwv ars WS 70 magaıDev, n N J m „7 J Niv yao Serorepyv noldav EX,eıS Bıorofv. „ 5 ROERT, > > n J 3. E) Afıov, w Biraderd, ager[ns ro |r1.o0v EIAEYES aan a , 10 [Tas 7 ]mrogns eGoye zer alopıns. Ov yag on VOoDolc rn Ila. a RER, Een a EN. E Tov....@..... m vleür)s zAu[ee nelvos. Otov de Umvwelvros] Egev Sera avSea uma[av; Tolos za virus wv »[er0] zere [R]exewv. (?) 5 Niv ols, biros],t) van Fargowv südeumn[o]v« z2.ngew, "Orßıs cr Cuns, or zu Savarov. Ei Savev “Inmorgarns DA nt re ROVON 0 eyu yE To) mar Irrox[ge]rous oudeEv ErnlaoTegos. AN Erumov Lux never [eSavern BiraderAdov, re \ e 1 Zune de [Ivyrev 2]ov XIwv icon zarey el. !) Vielleicht hiess es hier auch vuv ole news] “TA. vom 22. Juni 1876. 345 Ib. & ı EN 3 »ıI A \ n “ Xcige yuvaı, IavSea, mag avegos, 05 Wera Mmorgav Si! b) wi ’ ERS: HR „ Iyv 0A00oV TavaTov TEVI0OS AAAETTOV EYW. B) / I EZ ’ „ J [0797 yap mW ro|v] Aoy,ov Suyin ıdev Han ey N \ BENNY 7 Eidos zu mwuryv 902 Faodbaoruvnv. nv £ A > \ IN 57 ’ NY 5 Alm mar zu maldas Eyeivao TaVTr@S Ol0laus, EN \ ’ IQ \ a Avury zaı YalErov Andso za Tezewv, \ m „ a!’ „7 Kaı Pioras oIaza zarsuSuverzes Ev oizw 1 b \ ’ J \ > JR Kaı zrEoS udweas Euvov inrogins. sat ’ >». >» .m > J: ’ Ovde yuy Med EOUTR EMNS MMEAsımso TEXung* „7 ’ ’ n J U 10 Tevvezae vo runßov revle Mvzwv Yanerng en) ar As 7] q mn Ü sn ’ /r- Os ye zaı aS[avalroo Öeues zu I8 Pırade[rdov [E)[Se] za aUrOS EyW HEITO|NEE 4 > ARE N a De Rökarsen eitente lo ne 112. 6/7 mn BONS IENNSET EU len SRLORN ZI ENTSICRUNN ke en ST \ I ee. 2a0L eromlwung zen El) ir. wos d8 za[ı(?) E]uvnv yarav Zpso[e]&uevos. 344 Gesammtsitzung In Pergamon fand ich zwei Steine, welche, wie sich zeigen wird, dem Grabmal ein und derselben ärztlichen Familie, vielleicht sogar demselben Denkmal angehören. Der eine Stein (Iab) be- findet sich im Hofe des T’oyyogıos Tewgyiou im Innern der moder- nen Stadt; er ist oben und an beiden Seiten vollständig, unten dage- gen abgebrochen und auf zwei an einander stossenden Seiten (ab) beschrieben. Von Seite «a sind oben rechts einige Buchstaben zer- stört. Die Stele ist viereckig und hat oben capitellartig vorsprin- sende Ränder, deren verticale Flächen, wie die Tafel zeigt, we- nigstens auf Seite « mit beschrieben sind. Den andern Stein (Ilab) fand ich auf einem Felde westlich von der Stadt, so viel ich mich erinnere, in der Nähe der Pfeiler, welche E. Curtius und Adler neuerdings als Einfassung der vom Markt nach dem Asklepieion und seiner Heilquelle führenden Feststrasse erkannt haben.!) Beide Steine sind ohne Zweifel von ihrer ursprünglichen Lage verschleppt, da die Nekropolis südlich von der Stadt am Flusse Selinus lag. Der letztgenannte Stein (II) ist oben abgebrochen, unten und rechts etwas beschädigt und hat gleichfalls zwei beschriebene Seiten. Wie auf I oben, so sind auf II die unteren Ränder mit zur Schrift be- nutzt. Während von Seite IIa aus diesem Grunde unten nur einige Zeilen fehlen können, ist von IIb nur wenig erhalten. Diese Gleich- artigkeit in Gestalt und Beschreibung der beiden Steine legen den Gedanken nahe, dass dieselben zusammengehören. Nimmt man hinzu, dass II unten 0,47, oben 0,57 Meter, I 0,54 breit und dick ist, so wird man geneigt II als die untere Hälfte von I anzusehen. Damit steht auch der Inhalt im Einklang. Die Inschrift Ia be- zieht sich auf einen berühmten Arzt Philadelphos (v. 1. 9) und ist von Glykon, dessen Schüler und Genossen (v. 4), abgefasst. Wenn nun ein Philadelphos auch in IlIa (v. 9) genannt, und, wie der Vergleich mit Hippokrates zeigt (v. 7), ebenfalls als Arzt bezeich- net wird, so werden beide Epigramme demselben Grabsteine an- gehören, wenn auch der Verlust des Mittelstücks den Zusammen- hang unterbricht und wahrscheinlich mehrere Disticha dazwischen ausgefallen sind. Die Inschrift auf der Seitenfläche des oberen !) Vgl. E. Curtius, Beitr. z. Gesch. u. Topogr. Kleinasiens. Berlin 1872. S. 48, 52, 58. vom 22. Juni 1876. 345 Steines Ib gilt nicht dem Philadelphos, sondern ist auf Hav9sıc, die Frau des Arztes Glykon, von diesem verfasst. Auch diese wird sich auf dem unteren Steine (Ilb) fortsetzen, wo freilich die wenigen Buchstabenreste keine sichere Lesung gestatten. Dass Pantheia erst nach Philadelphos verstorben, aber in demselben Grabe beigesetzt ist, sagt Glykon in Id v. 11. Hier will auch er einst neben seinem Lehrer und seiner Frau ruhen (v. 12). Trotz des hohen Ruhmes, den das Epigramm den beiden Ärz- ten beilegt, weiss ich keinen von ihnen mit Sicherheit nachzuwei- sen. Denn wenn auch seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. zahl- reiche griechische Ärzte nach Italien übersiedelten, so ist es doch wohl sehr zweifelhaft, ob der zur Zeit des mutinensischen Krieges lebende Arzt Glyco (Suet. Aug. 11) mit unserem identisch ist. Ein anderer Glykon, den Antipater von Thessalonich in einem Epigramm +0 Hesyauıvov "Arıdı #reos (Anth. Pal. VII 692) nennt, scheint nicht Arzt, sondern Athlet gewesen zu sein. Dass aber der hier erwähnte Glykon erst während der römischen Herrschaft oder kurz vorher gelebt hat, lässt sich aus den Schriftzügen der Inschrift entnehmen. In Bezug auf la bemerke ich zunächst, dass ich die Le- sung der beiden Schlussworte von v. 1 der gütigen Mittheilung von Dr. G. Kaibel verdanke. Die vorhergehende Lücke ist durch die Einsetzung der beiden Eigennamen, welche durch das Folgende hinlänglich motivirt wird, auszufüllen. Mit v. 5—4 ist die ganz ähnliche Wendung eines anderen Epigramms aus Pergamon zu vergleichen, ©. I. Gr. 3555 = Anth. Pal. VII 15. Im Grunde lobt hier Glykon sich selbst mehr als seinen Leh- rer; er benutzte die Grabinschrift auf letzteren wohl, um zugleich für sich Reclame zu machen. Dasselbe Bestreben finden wir auf der Aufschrift einer Statue, die der Arzt Thrason auf Kerkyra seinem Lehrer Theogenes errichtete (C. I. Gr. 1897 avr’ ayaS&s zolzo didaszarıes). V.5 ist in seiner grösseren Hälfte eine wört- liche Entlehnung aus der Ilias, wo es II 856 von Patroklos und X 362 von Hektor heisst Yuyn 8° & SeTewv mransun Ardorde Bely- zeı, und erinnert ferner an II 68 sowie an C. I. Gr. 6208 :x geIewv Ö avasreiyav Teuev &@n Arös oizov. Wenn es bei den Ver- fassern metrischer Grabinschriften überall Sitte war, beliebte Stel- len aus den epischen und Iyrischen Dichtern nachzuahmen und in 346 Gesammtsitzung oft formelhafter Art zu verwendent), so ist dieser pergamenische Grabstein besonders reich an homerischen Reminiscenzen. So weist Ib v.2 auf die Worte des Zeus zur Thetis 2 105, v.4 auf v 71, IIa v. 2 auf 1332 % 450, v. 4 auf 2703 hin. | Vom Elysion aus soll dann, wie es in unserer Inschrift (Ia v. 7) heisst, auch Philadelphos, der ein seiner Tugend würdiges Loos er- halten hat (v. 9), seinem Schüler Glykon die Heilmittel gegen Krankheiten verleihen. Von v. 11 ist nur so wenig erhalten, dass eine Ergänzung keinen sichern Anhalt mehr hat; doch war das letzte Wort wahrscheinlich vovzc[s]. Nieht minder verstümmelt ist der Anfang der unteren Hälfte (IIa) des Steins, indem in den ersten Zeilen nicht nur links und rechts ein Stück fehlt, sondern auch die Oberfläche stark beschä- digt ist. Der in Z. 2 befindliche Punkt, welcher auf diesem Grab- stein stets gesetzt ist, wo in der Mitte der Zeile ein Vers schliesst, zeigt, dass mit TOP ein neuer Vers anhebt, dessen völlige Her- stellung einer geübteren Hand vielleicht gelingt. Wenn ich in der zweiten Hälfte des Pentameters richtig v[oYr]os &Aufrs me]vos?) ge- lesen habe, so deutet: das wiederholte Vorkommen des Wortes voOros, welches sich auch in Ia v. 11 fand, wohl darauf hin, dass in dem verlorenen Mittelstück von der Krankheit die Rede war, die den Tod des Philadelphos herbeiführte. Auch das Folgende (v. 3—4) ist nicht ganz ohne Schwierigkeit, namentlich die zweite Hälfte des Pentameters; da aber in KATA/.EXERN nur 1—2 Buchstaben ausgefallen sind, so ist doch wohl zu lesen zar« [A]e- yzwv, indem der kurze Schlussvokal in z«r« durch die folgende liquida verlängert ist.?) Wie sich, heisst es dann, bei dem Schla- fenden die Farbe der Wangen röthet, so lagst du auch als Todter 1) Vgl. G. Kaibel in den commentat. in honorem Fr. Bücheleri et H. Useneri editae Bonn 1873 p. 20 ff. und im bullett. dell’ inst. 1874 p- 191, wo in einer Inschrift, die ein Lob auf die Stadt Athen enthält, der Vers aus Homer I 312 eingelegt ist; ferner C. I. Gr. 3283 —= 8, 230. 2) Vgl. Hom. Il. II 332 und Anth. Pal. VII 570 duoıg nv EAuoev | do xSovos. 3) So auch Hom. Il. Z 64 ovra xura Aamapıv. Vgl. la Roche Einl. zu Homers Ilias 1870 Heft 1 S. XXIII. Jahrb. f. Philol. 1875 S. 2. IE vom 22. Juni 1876. 347 noch auf dem Lager. Der Gebrauch von #7%« in der Bedeutung „Wangen“ findet sich auch sonst bezeugt; vgl. Hesych v. zUr« und Anth. Pal. IX 556 howiy,Seis WAR Tagnıadwv. Zu v. 6 lässt sich vergleichen A. P. VII 606 orßros Zv zanaroıs, orıos Ev Savarı. In v. 7 hat es mir nicht gelingen wollen, das nach ‘Irrozgerys fehlende Wort in Einklang mit den erhaltenen Buchstaben zu er- gänzen. Da dasselbe offenbar entweder ein Epitheton zu Hippo- krates oder eine Bestimmung zu Savsv war (z. B. areyswos), so wird der Sinn sein: Wenn auch Hippokrates starb, so bin ich (Philadelphos) doch nicht weniger berühmt als jener. Die Inschrift auf der Seitenfläche des oberen Steines Ib, wel- che sich auf Pantheia, die Frau des Glykon, bezieht, ist von die- sem erst später hinzugefügt, da jene erst nach Philadelphos gestor- ben ist (v. 11 s. oben). In v. 3 scheint eine kleine Correcetur ange- zeigt zu sein. Denn wenn Glykon ohne Zweifel sagen will, dass Hera noch nie eine an Schönheit und Verstand so ausgezeichnete Gattin sah, so ist nicht ro &?oyxor, sondern rorr[v] zu lesen, weil zom auf Hera bezogen keinen rechten Sinn hat. Andererseits möchte ich statt Juyin» lieber Zuyin schreiben; denn das ist ein von der Hera als Ehegöttin oft gebrauchtes Beiwort!). Im Fol- genden wird der Pantheia nachgerühmt, dass sie den Haushalt (Brorgs oreze) einsichtig verwaltet?) und namentlich, dass sie den Glykon auch in seinem Beruf als Arzt unterstützt hat. Wenn es auch bekannt ist, dass in den Griechenstädten, nachdem sie unter der römischen Herrschaft ihre politische Bedeutung verloren hatten, öffentliche Ämter öfters von Frauen bekleidet wurden3), so ist _ doch bemerkenswerth, dass hier eine Frau auch in der Heilkunde bewandert war und ihren Mann in der Ausübung seines Berufs unterstützte. Die Seitenfläche des unteren Steins (1Ib) ist so verletzt, dass die Abschrift auf keine unbedingte Genauigkeit Anspruch machen DIEVel: Anth. Pal. VII 138. Dion.‘ Hal. rhet.'.2, 2. Welcker, gr. Götterl. II 316 £. 2) Vgl. Aesch. Sept. 3 moAswg olaxa vonwv. Anth. Pal. XII 157. ’Epus Noioxa duidecei. Lob auf eine gute Hausfrau: Ross, inser. gr. ined. n. 111. 2) C. I. Gr. 2820, 5132. Rhein. Mus. XXII. 314. 348 Gesammlisitzung kann. Die Herstellung des letzten Pentameters ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass nach KA ein | ausgefallen ist und die Buchstaben HN durch ein Versehen vom Steinmetzen oder von mir doppelt geschrieben sind. Die Worte yalav Ebsrsausvos scheinen sich allerdings auf eine männliche Person zu beziehen, also wohl auf Glykon, der am Schluss der oberen Hälfte von sich sagt zvSa za avros &yw zeironer. Es ist also dadurch nicht ausgeschlos- sen, dass auch die untere Hälfte der Grabinschrift sich auf die Pantheia bezieht. Hieran reihe ich eine Votivinschrift auf Asklepios aus Smyrna, die zwar schon von G@. Hirschfeld in den Monatsber. der Berl. Ak. 1875 S. 10 edirt wurde, aber, wie mir scheint, zum Theil etwas anders zu lesen ist. Da meine Abschrift kleine Abweichungen hat, so füge ich auch diese bei. Der Stein (weisser Marmor hoch 0,26, breit 0,27, oben abgebrochen, in Z. 4—6 vollständig) ist nach Hirschfeld auf der Akropolis gefunden und befand sich 1570 im Besitz des ’ASavarıos Zeey,agias. 349 vom 22. Juni 1876. < nen % 12anokovoarin ahösıs[n]n uw f 07 £) / > (> zur; ; N 3 [2 2 ) [3 [3 “ anızıka gr Asın ano sog m “siozkg, € "Gwan asoney[2]z3 sm awıwyg “sor21 1dım BR lee Seo ai syur|: ) z 3. 5 \ szug]:a» shgmızlyaoy_ Snsrizoy noKowıorsygg “(bo aönsch3 Zorn] 8% skıgı 33 soasch[5Q, [7 I \ Ss l »öhıhı aorulya]V, amamogan Mm[z NIdVYVXILNAOJOVONWANHI431LI3 INOH IOY NVISIJAVOLISIANAZI3IEIOBPUZIONHVIN zVNVN3RZA3V A3ZONVIVUZOAFSLIIdLYVU INVZHVVIUHVARZVZAFSWINOVAOXIVLZISFVU N II SHIVISITONIIT , € worauf sich dann in Z.4 r 350 Gesammtsitzung Also Asklepiades, des Pleistarchos’ Sohn aus Dokimia oder Dokimeion in Phrygien (Strabo p. 577 St. Byz. s. v.) hat den Asklepios d. h. ein Denkmal des Asklepios geweiht, dem Vater (Apollon) den Sohn, wie es der Herrscher Paian!) befahl. Askle- pios wird demnach um seines Vaters Apollon willen geehrt, der hier gleichfalls als Heilgott zu nehmen ist. An Beide richtet sich daher in v.5 mit 420, & Boiße, züv vier rw üyieıev die Bitte, dem Weihenden Gesundheit zu verleihen.?) Dagegen ist kein Grund vorhanden, mit H. den Anfang von Z.5 für unvollständig zu hal- ten und yArzoıs statt des ganz unbedenklichen iAyzors zu schreiben, noch auch in Z. 6 domS’, welches sich mit einem leicht erklär- lichen Wechsel des Numerus auf beide Gottheiten bezieht, in Sorr[s] zu ändern. Auffallend ist allerdings in dieser Inschrift der Aceusativ 'ArzAyrıdv statt des bei Weihungen üblichen Dativs; doch wird ersterer durch das folgende r22es gefordert und auch durch einzelne Analogien bestätigt; so durch die in mancher Hin- sicht ähnliche Inschrift C. I. Gr. 6797: iyra[aı vorwv] passım[ Ogo]rw "Aro[Au]vı avassalı] Eberov Koyriev (Dianam) daespogler] suynv £Syzev Evzulyns] und ©. I. Gr. 481 Av "Alpsodıryv zn Yeu ave- Syzev. Vielleicht wurde das Monument von ’AszAyrıaöys in Folge der (enesung von einer Krankheit in dem bekannten Asklepieion zu Smyrna (Paus II 26, 9; VII 5,9) errichtet, wie so viele ähn- liche Denkmäler in den Heiligthümern des Heilgottes (C. I. Gr. 2292, 2429®, 3158). Der Name ’Aszrym«örs deutet zugleich dar- auf hin, dass derselbe selbst einem Asklepiadengeschlecht oder einer ärztlichen Familie angehörte. ?) 1) Über TMarav Zva& als Bezeichnung von Apollon vgl. Welcker, gr, Götterl. I 695 II 373. 2) Ts? in Z.5 kann man mit viel verbinden, so dass die in Rede ste- hende Statue des Asklepios gemeint wäre, oder mit öuvoAoyodvrı. Ich ziehe Letzteres vor. Hymnen auf Asklepios: C. I. Gr. 511. 3538. 3) Vgl. E. Curtius, Berl. Monatsber. 1870 S. 160 f. Beitr. z. Gesch. u. Topogr. Kleinasiens S. 66. vom 22. Juni 1876. 351 Ich schliesse noch zwei, soweit ich hier übersehen kann, un- edirte Inschriften an. Die Steine waren, als ich sie abschrieb, im Besitz des deutschen Consuls Klöben auf Syra und stammen nach dessen Angabe von der Insel Amorgos.!) Auf einem Grabstein von weissem Marmor (hoch 0,44 Meter, breit 0,47) befindet sich die Darstellung des sog. Todtenmahls, welche nach den Untersuchungen von Dumont (revue arch£olog. 1869 vol. 20 p. 233 ff.) ausser in Attika, Kleinasien und Thrakien gerade auch auf den Kykladen besonders häufig angetroffen wird. Auf einer Kline ruhen nach links (vom Beschauer) ausgestreckt ein Mann und eine Frau, beide auf den linken Ellenbogen gestützt, der Mann rechts an die Rücklehne, die Frau an den Mann ange- lehnt. Beide tragen Chiton und Obergewand, welches den Ober- körper und die l. Schulter bedeckt, beide in der Hand einen run- den Gegenstand (Apfel?); die Frau hält ausserdem noch einen länglichen. Vor der Kline steht rechts ein dreibeiniger Tisch mit Früchten (Trauben, Äpfel), links ein Knabe, der mit der rech- ten Hand nach der einen Traube greift, mit der linken einen un- deutlichen Gegenstand hält. Unter dem Relief steht in Typen aus später Zeit die hier folgende Inschrift: !) Dass die Inschriften nicht auf Syra selbst gefunden sind, wird auch dadurch wahrscheinlich, dass sie in der vollständigen und trefflichen Samm- lung der Urkunden dieser Insel (Emıypabal tns vncov Zupov vmo KAavos Ireda- vov Athen 1875) nicht verzeichnet sind. Die bisher edirten Inschriften von Amorgos stellt zusammen Bursian, Geogr. v. Griech. II 513. ung 57 “ Gesammtsit < n 0% 32 shansorikarl surla ars Shrlisy, f D euiert:e y7 x 3 { \ amamaL NLDYlALoD 4 RUN T »rlag Din Mm [2]2x ıS, [7 D1y7 = Shıerok voria Spmayz nogfanı assa[e:] ’H, “ansgonmg 2Qahı werspo[evz] “po KUSIE ZEN, NIGWX3 LIHNAIOWHNWIHWINISNIIIHWIISL NMNAILVYLVYWHLIVVSENM VVAVYWMVVLVAODLIIIIVO IHLIWVJIOW3IONISV#ZNOSNALNITADI FH NVIDAONVO3VNHLVYLISVOYV4ADVYIOVVWONDINHNANEIN "Al :hreiben, und in Z. 2 ET Zu SC [3 Wenn ich in Folge dessen nicht Nm Ös l ist ohne Zweifel [«o]o In der Mitte von Z.1 und am Anfang von Z. 2 ist die Ober- falsch gelesen habe, liegt ein Versehen des Steinmetzen vor; denn 2. fläche des Steins sehr beschädigt. in vom 22. Juni 1876. 353 liegt statt der sinnlosen Buchstaben HYCYIEN die Änderung in HTEYEZEN sehr nahe (vgl. die ähnlichen Worte in Ib v. 10). Ob KAEINOC in Z. 2 Adjectiv oder der Name des Mannes der Nei#n ist, muss ich unentschieden lassen. Zu v. 3 ist zu verglei- chen die ähnliche Wendung in Anth. Pal. VII 331 Asizw 6° iv Q ’ ) \ > ’ AN TAEAKMOLS YAMETOU „,ogav EUrAER madwv. V. Grabstein derselben Provenienz wie n. IV (hoch 0,44; breit 0,38) mit Giebel ohne Eckakroterien; innerhalb des Giebels ist ein Kranz dargestellt mit Bändern, die nach beiden Seiten vorsprin- gen. An den Seiten des Giebels ist eine blätterartige Verzierung. Unter demselben sitzt in Relief auf vertieftem Grunde ein Mann zu Pferde, das nach rechts gewandt ist. Der Reiter hat das Ge- sicht en face und trägt Chiton und die Chlamys, welche hinten nach links zurückflatter. Er fasst mit der linken Hand die Zügel und mit der rechten eine Schale, um eine Schlange trinken zu lassen, welche hinter dem Pferde sich an einem Baumstamme hinaufwindet. Unter dem Pferde liegt auf dem Boden ein mir nicht ganz deutlicher Gegenstand (Mütze?). Rechts steht vor dem Pferd ein Altar mit brennender Flamme, über den jenes den lin- ken Vorderfuss erhebt!). Unterhalb des Reliefs lesen wir KAAAIELTOLETTÄBPOAÄEITOY ETPÄTIWTHLETWN-M !) Eine ganz ähnliche Darstellung sah ich auf einem Grabstein der Sammlung Calvert auf den Dardanellen, wo ebenfalls ein Knabe zu Pferde die Rechte nach einer Schlange auf dem Baume ausstreckt. Doch befindet sich rechts neben dem Altare noch ein Schwein. Der Stein, welcher aus Lemnos stammen soll, ist von Stark (nach d. griech. Orient S. 173, 374 ff.) nicht erwähnt. [1876] 27 394 Gesammtsitzung Die Verdoppelung des Sigma ist auf Inschriften späterer Zeit nicht ungewöhnlich (vgl. zu C. I. Gr. 3268) der Name "Eradgo- Öeıros findet sich für Amorgos auch in ©. I. Gr. IH add. p. 1036 bezeugt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Revue scientifique de la Frrance et de ae N. 51. Juni 1876. Paris. 4 Polybiblion. Partie litteraire. 2. Ser. Tome 3. 6. Livr. Juin. Partie tech- nique. 2. Serie. T. 3. 5. Livr. Juin. Paris 1876. 8. R. Pott, Johann Heinrich Pott. — Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitalters der Phlogistontheorie. Jena 1876. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Tmstitites in Athen. 1. Jahrg. 1. Heft. Mit 4 Tafeln. Athen 1876. 8. Bericht über die Senkenbergische naturforschende Gesellschaft. 1874 — 1875. Frankfurt a M. 1876. 8. Abhandlungen, herausgegeben von der Senkenbergischen natunforschenden Ge- sellschaft. 10. Bd. Heft 1—4. ib. eod. 4. Zeitschrift des K. Preuss. statistischen Büreaus. XV. Jahrg. Heft4. (Oct. — Dec.) Berlin 1875. 4. The American journal of science and arts. 3 Series. Vol. XI. N. 66. Juni 1876. New Haven 1876. 8. Nederlandsch kruidkunding archief. 2 Serie. 2. Deel. 2. Stuk. Nijmegen 13028: Liste des membres de la societe geologique de France au 15. Mai 1876. 8. Ordonnance du Roi qui reconnait la Societe geologique comme etablissement d’utilite publique. Meulan. 8. Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 23. Heft 2. Würzburg 1876. 8. Mit Begleitschreiben. G. B. ©. Cav. Giuliari, Prose del Giovane Buonaccorso da Montemagno. Bologna 1874. 8. Mit Begleitschreiben. — —, Il libro di Theodolo. Bologna 1870. 8. — —-, L’Italia. Verona 1866. 4. — —, Nuova Serie di Aneddoti. N. UI—IV. Verona 1868 — 1875. 4 | — —, 26 Broschüren in 4. w. ®. Erster Jahresbericht der zoologischen Station in Neapel. Leipzig 1876. 8. Sveriges geologiska Undersökning. — 9 Abhandlungen von Gumaelius (2), Stolpe, Linnarsson, Hummel, Törnebohm. Stockholm 1875. 4. u. 8. Mit Atlas. : © [uby ; ort vom 29. Juni 1876. 29. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. G. Kirchhoff las über die Reflexion und Brechung des Lichts an der Gränze krystallinischer Mittel. Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über die von S.M. S. Gazelle gesammelten Säugethiere aus den Abtheilun- gen der Nager, Hufthiere, Sirenen, Oetaceen und Beutel- thiere. I. GULIRES. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Expedition, welche sich nur auf den Kerguelen-Inseln längere Zeit aufgehalten hat, keine Gelegenheit hatte, grosse Sammlungen aus einer Abtheilung von Säugethieren zu machen, die meistens ein verborgenes, unter- irdisches Leben führen und daher meistens auch schwer zu fangen sind. Die eingesandten Nager gehören sämmtlich der Familie der Mäuse an und sie vertheilen sich auf nur vier Arten; dennoch be- findet sich darunter eine ausgezeichnete neue Art der Gattung Ha- palotis, welche ebenso wie alle übrigen bisher bekannten Arten derselben dem australischen Continente angehört. 1. Hapalotis macrura nov. sp. (Taf. 1.) H. supra cano-brunnea, subtus alba; manibus pedibusque al- bis; cauda corpore multo longiore, parte basilari annulosa brevipilosa, religua villosa alba. Long. ad caudae basin 0,190; capitis 0,055; palmae 0,026; plantae 0,055; caudae 0,315. Habitatio: Australia borealis (Meermaid-Street). Die abgerundeten grossen Ohren sind inwendig oben und hin- ten, auswendig oben und vorn mit kurzen rostfarbigen Haaren be- kleidet, nicht halb so lang wie der Kopf, welcher in grader Linie ‚dieselbe Länge hat wie die Fuflssohle. Die Barthaare stehen in sieben Au 396 Gesammtsitzung kurzen Längsreihen und die längsten mittleren derselben überragen nach hinten die Ohren. Der obere behaarte Theil der Nasenkuppe überragt die Nasenlöcher und den zwischen ihnen liegenden unte- ren nackten Theil der Nasenkuppe, von deren Mitte eine schmale Längsfurche sich bis zur Spalte der Oberlippe hinzieht. Die Körperbehaarung ist weich und erscheint an der Rück- seite graubraun, indem die einzelnen Haare schieferfarbig, an der Spitze mattrostbraun sind. Die Lippen und der ganze Bauch sind mit einfarbig weissen Haaren bekleidet. Von den Rückenhaaren bedeckt sieht man eine kurze straffe glänzend rostbraune Behaa- rung mit sparsamen schwarzen Haaren, woraus hervorgeht, dass das Thier im Haarwechsel begriffen war. An der vorderen Extremität überragt der vierte längste Fin- ger kaum den dritten, der zweite ist merklich kürzer als dieser und etwas länger als der fünfte; die Krallen sind scharf und krumm, aber nur halb so gross wie die der Zehen, während der Daumenstummel von einem abgerundeten Plattnagel bedeckt wird. Die Handsohle ist durch fünf sehr grosse Ballen ausgezeichnet. An den Füssen ist die innere Zehe die kürzeste, dann die äussere, während an den mittelsten längsten drei Zehen die Länge pro- Sressiv von der vierten bis zweiten abnimmt. Die Fufssohle ist nackt und durch sechs Ballen ausgezeichnet. Die Oberseite der Hände und Füsse ist von kurzen, meist weissen Haaren bedeckt, welche sich nach den Krallen hin verlängern und diese fast ganz verdecken. Der Schwanz ist an seiner Einfügung von der Kör- perbehaarung bedeckt, dann erscheint er grob geringelt und nur sparsam mit kurzen Borstenhaaren bekleidet. Diese werden all- mählig immer länger, so dass sie von der Mitte an die Schwanz- rübe verdecken und nach dem Schwanzende hin eine Länge von drei Centimeter erreichen. Das erste Viertel des Schwanzes ist braun, während die drei Endviertel weiss sind. Die Zähne kommen in Gestalt und Grösse ganz mit denen von Hapalotis albipes überein; die oberen Schneidezähne sind oran- gefarbig, die unteren gelbweiss. In Bezug auf das Skelet bemerke ich, früheren unrichtigen Angaben entgegen (Ann. Mag.nat. hist. 1841. vr. p. 576), dass die Unterschenkelknochen, wie bei den übrigen Murini, fast von der Mitte an zu einem einzigen Knochen mit ein- ander verwachsen sind. Der Blinddarm ist sehr gross. vom 29. Juni 1876. 357 Meter Hänger bisszurf Schwanzbasis)i.".. 2!ar- asleieia wor. 0. 804190 'Kopflänge ET FE se. 20701055 Schnauzenspitzeäbisi Auges. nu. we u. REN 260,098 Siehnauzenspitze :bis"Ohr. 2... „viaa a. en .., 105049 ERTEILEN EA. Den. EEE I 2705012 Wlchoheses stay win. DU STE irn EB nen 151203023 WELDESItE Reh amaschleiiakktsuneeinaihe bt ar. 0,018 ODer ar Re N N Be 1.0208 Morderazm es ee u a a 0,032 Eiendeollewr em ea le Re ee 3805026 Eimtersehenkel 2... .0 u .cı NNRROL0R BRNulssohlen Kan. tesehse inas me widigeltsaien Sata. BT 0,055 Schwanzsohne Haarı sn ara le Weruar een Seth 03290 Schwanz Haar u san cl me re se 0,315 Das einzige vorliegende Exemplar, ein Weibchen, wurde auf dem Festlande von Nordwestaustralien an der Meermaidstreet an einem kleinen Creek im April 1875 von Hrn. Freih. v. Schlei- nitz, dem Commandeur S. M. S. Gazelle erlegt, als es eben im Begriff war, einen schräg stehenden Baumstamm hinaufzulaufen. 2. Mus alexandrinus Geoffroy. Es liegen junge Exemplare dieser Art vor, welche auf dem Schiffe gefangen wurden und welche nach Hrn. Dr. Studer’s Mit- theilung seit dem Aufenthalte der Gazelle in Mauritius in grosser Anzahl an Bord vorkamen. 3. Mus musculus UL. Exemplare von den Kerguelen-Inseln, welche in keiner Be- ziehung von europäischen Exemplaren abweichen, wenn nicht viel- leicht die Behaarung etwas stärker sein dürfte Durch Hrn. Dr. Studer. 4, Mus natalensis Smith. Ein ausgewachsenes männliches Exemplar fand sich unter den eingesandten Gegenständen ohne Angabe des Fundorts. Zu M. dolichurus Smuts, eine Art, die nach der Beschrei- bung von Smuts nicht sicher von M. natalensis zu unterscheiden ist, sich aber nach Sundevall’s Angabe durch einfarbige weisse Bauchhaare unterscheidet, kann es nicht gehören. 37 358 Gesammtsitzung Die Ohren sind von halber Kopflänge, kahl, nur an der Grund- hälfte des vorderen Randes mit einigen längeren Haaren besetzt. Schnurrhaare schwarz, über die Ohren hinausreichend. Oben schön | gelbrostbraun, auf der Mitte des Rückens wegen der häufiger ein- | gestreuten schwarzen Haare etwas dunkler; die Schnauze etwas dunkler braun; die ganze Bauchseite und die Innenseite der Glied- mafsen weiss, aber sämmtliche Haare am Grundtheile dunkel schie- ferfarbig. Hände und Füsse weiss. Der Schwanz ist verstümmelt, aber, soweit er vorhanden, glatt geringelt und mit sehr kurzen sparsamen Härchen versehen. Die oberen Schneidezähne sind sehr schmal und vorn gelb- lichbraun, die unteren weiss. Meter Bis: zur 'Schwanzbasis =. 27° 22°... „ehe oe 025 Kopflänge ae. Narr Tg El PETR06035 Schnauzenspitzejbis:.Auge. ls. vuasehunf, ener a ae 0,0165 Auge .bis Ohr: nr. any a nn ea ee Pe Öhrhöhe!‘.:..: m ne a Vorderer -Ohrrand » 2 re. nn 00016 Ohrbreite = ra TE EIER RD RENTE ONT3 Schwanz verletzt)... sn 2 ee a Vorderatm . 2... ee tl an Era 0050 Handsohle.. ;. :.. -. ... u were a. Re role Unterschenkel a go 0008 Fufsschle # 2:12.22 Bow ya DAR BTL SE 1023 Wahrscheinlich stammt das Exemplar aus Südafrica. IE. ZUNGULATA. 5. Cervus Peronü Cuvier. Das Geweih dieser noch nicht im Berliner Museum vertrete- nen Art aus Timor verdanke ich Hrn. Dr. Studer. 6. Sus (Porcula) papuensis Lesson. Ein Skelet dieser durch ihren Schädel eigenthümlichen zahmen Art aus Neu-Britannien. Ill. SIRENIA. 7. Halicore Dugong Gmelin. Ein verwitterter Schädel ohne Unterkiefer aus Neu-Irland. vom 29. Juni 1876. 359 IV. CEere. 8. Neobalaena marginata Gray. Zwanzig zusammenhängende Platten des schönen weissen, nur am äussern Rande schwarzen Fischbeins dieses kleinen nur 5 Me- ter langen Walthieres aus Neu-Seeland; geschenkt von Hrn. Kummer in Auckland. Diese durch ihre Schädelform sehr eigenthümliche Art war ursprünglich von Gray (Zoology. Erebus and Terror. Mammal. 1346. p- 48. Taf. 1. Fig. 1) nur nach dem sehr ausgezeichneten Fischbein aufgestellt worden. 9, Balaena australis Desmarest? Schwarze kurze Barten, von den Kerguelen-Inseln von Hrn. Dr. Studer mitgebracht, dürften zu der vorstehenden Art gehören, von welcher dort mehrere Skelete gesehen wurden, wel- che sich durch die Verwachsung sämmtlicher Halswirbel auszeich- neten. Diese Skelete stammen aus früherer Zeit, da jetzt kein Walfischfang mehr in jenen Gegenden betrieben wird. 10. Delphinus delphis Linne. Die Haut und das Skelet eines männlichen Exemplars wurde am 17. August 1874 bei Ascension harpunirt. Zähne 7; auf eine Länge von 25 Millimeter kommen sechs Zähne. „Die Testikel sehr entwickelt, aus dem Penis fliesst Sperma. Der Körper zeigt verschiedene Narben, eine Kugelnarbe links vom Spritzloch, die den Spritzsack durchbohrt, daneben zahlreiche Nar- ben, die sich durch ihre weisse Farbe auszeichnen. Der Magen war gefüllt mit Fischen, einem langen Scombroiden und Überresten von Dintenfischen. — Länge 2%50, bis zur Rückenflosse 1,10.* (Dr. Studer.) 11. ? Delphinus brevimanus Wagner. Ein schlecht erhaltenes und angeräuchertes Skelet, der Schä- del ohne Zähne, aus der Hütte eines Eingebornen in Neu-Hano- ver, scheint zu der vorstehenden Art zu gehören. Wenigstens stimmt der Schädel ziemlich gut zu der in der Voyage au Pol Sud (Mammiferes pl. 23. Fig. 7.5) gegebenen Abbildung. Die Zahl der Zahnalveolen in dem linken Unterkiefer, dessen Spitze nicht abge- 360 Gesammtsitzung brochen ist, beträgt 43, von denen 44 auf 25 Millimeter Länge gehen. 12. Delphinus (Steno) perspicillatus n. sp. (Taf. 2.) D. supra niger, subtus albus, lateribus flavidis; fascia lactea a pectorali versus oculum ducta; annulo oculari, fascia ocu- ' lari-rostrali fasciisque a pectoralibus ad angulos mandibula- res ductis fuscis. — Dentibus ss Vertebris 66, colli 7, thorac. 12, lumbar. 15, caudal. 32 Habitatio: Mare atlanticum. Nur das Skelet eines weiblichen Exemplars ist vorhanden, welches am 20. Septb. 1874 im atlantischen Ocean, in 32° 39’ 7" S. B. und 2° 1’ W. L. Gr. harpunirt wurde. Hr. Dr. Studer hat darüber folgende Aufzeichnungen in sei- nem Tagebuche gemacht: „Rücken schwarz, Bauch weiss; Seiten gelblich weiss, ebenso die Augen- und Schläfengegend bis zur Schnauze. Ein milchweis- ser Streifen von der Brustflosse bis zum Auge. Das Auge ist von einem braunen Ringe eingefasst, von dem ein schmaler braun- schwarzer Streifen bis zur Schnauze geht und ein ähnlicher Strei- fen geht an der unteren Körperseite, von dem der anderen Seite divergirend von dem Kieferwinkel nach der Brustflosse hin.“ Hiernach scheint die Zeichnung ähnlich gewesen zu sein, wie die von Delphinus fulvifasciatus Wagner (Dumont d’Urville, Voy. Pole Sud Mammif. pl. 21. Fig. 1), welcher aber nach dem (auf pl.23. Fig. 1.2) abgebildeten Schädel nicht zu der Untergattung- Steno, sondern zu Delphinus s. s. gehört. Die von Hrn. Dr. Studer genommenen Malfse sind: Meter Totallänge . a ee ka... ces Bis zur lagen ilossie a ni. O6 Bis zur Brustflosse . . en oc Von Schnauzenspitze bis Seriydken! DEE a RUN „ vorderen Stirnrand 2 RR Ro. Länge der Kieler ande Eee ehe Kl re er 02 Länge,des; Unterkiefers . Vu... 200.0 eo: Thänge ‚der Augenspalte” . Wu... v2 non Ohröffnuns his, Mundwinkel2" „mr un m rt LängenderJBasis';deri BRückenfllosse, ?.. ".1.,20.2 za u Een Vorderer’Randi.der, Kückenflosse: „ı...! 1.4) ans 20430 vom 29. Juni 1876. 361 Meter Eioherder Rückenflosse run va Disulsan elssleries ul .20,16 Heino dev Brustilosse, ulm aan ee an 0% 0428 Breite der Schwanzflosse . . ARE RR ER RR: . Breite des Schnabels an der Spitze BR EER SUN REN N 05015 „ am» Grunde sans na la SR en 0,075 Bo rumfarg hinter. der. Brustflosse 3: „=. 20is.enı #)0..028.0,86 “ 5 „.. uckenflosse”. . iersteiys uh:, 0,95 Der Schädel hat oben links 24, rechts 23, im Unterkiefer links 23, rechts 22 Zähne. Auf eine Länge von 28 Millim. kommen drei Zähne. Diese Zähne sind kräftig, mit ihrer Spitze nach ein- wärts gebogen, vorn und hinten (an der Krone) mit einer scharfen Kante. In der Mitte des Oberkiefers hat ihr aus dem Kiefer her- vorragender Theil eine Höhe von 141 und von vorn nach hinten einen Durchmesser von 6 Millimetern. Sie stehen im Allgemeinen fast um einen Durchmesser von einander entfernt. Die Länge der ganzen Zahnreihe ist oben links 0,240, rechts 0,248; unten an bei- den Seiten 0,242. Der Schädel hat im Allgemeinen, nach den Abbildungen zu urtheilen, mehr Ähnlichkeit mit Steno compressus Gray und D. ro- stratus Cuv. (= St. frontatus Gray), als mit D. sinensis Osbeck, ohne jedoch mit einem derselben eine hinreichende Übereinstimmung zu zeigen. Unter anderem erscheint das Ende sowohl des Ober- schnabels als das des 15 Millimeter vorragenden Unterkiefers merk- lich höher. Die Ossa pterygoidea stossen an einander und sind nur vorn durch eine kleine Spitze der Gaumenbeine von einander getrennt, Meter Totallänge des Schädels . . . Ä . 0,550 Länge der Schnauze (von der Gegend en den Ante- orbitalausschnitten gemessen)... u... m... 2 2.2.20. 029 reise des ‚Roramen: magnum = 2... .. Keme.o 0. 10,037 klöhe „ a ee 20.038 Breite der EA achocke ER EN ENTE 200 ..0.090 Breite in der Schläfengegend. . . ... “0,178 Me zwischen‘ den Lostfrontalforisätzen '. 1, 2. ..%.0,203 „Jr Anteorbitalfortsätzems +... 219%. B20621%0,189 Grösste Br in der Gegend der Gelenkgruben . . . .. 0,227 Breite der. vorderen. Nasenöffnungen : . ...r. . 2... 0,0515 Ps ider Choanen. . . RS 2, 02077,050575 Breite des Schnabels an der Bas TTS een. NOSTLO 7 5 nacht 4,@entimeter nat, 2. 220222705099 = es = nacha10. Gentimeter; 2. Basar en Eo,0r5 362 Gesammtsitzung Meter Breite des Schnabels nach 16 Oentimeter . . . 0,053 “ & = nach 22 Centimeter 0,036 Höhe „ nach. 10 Gentimeter = a7: 2130 229 30365 2 + “ ak 5 a a NER Pr HRRZZ y el +10, 20,036 Länge ee Unterkiefers einer Seite . 0,425 „ . der Symphysis ; 0,138 Höhe in der Gegend des Proe. od 0,089 Entfernung der Aussenseite der Gelenkhöcker von ander 0,200 Die Wirbelsäule wird aus 66 Körpern zusammengesetzt, von denen 7 Halswirbel, 12 Rückenwirbel, 15 Lendenwirbel und 32 Schwanzwirbel sind. Nur die beiden ersten grossen Halswirbel sind, wie nach Prof. Flower’s Untersuchung bei D. sinensis, mit einander verwachsen. Nur die fünf ersten Rückenwirbel haben Gelenkhöcker für den An- satz der Köpfchen der Rippen. Es sind zwölf Paar Rippen, dar- unter sechs Paar wahre vorhanden. Von den letzteren verbinden sich die 3. ersten mit dem Hauptstück, die 4. mit dem Mittelstück und die beiden letzten mit dem Endstück des Sternums. Die erste Rippe ist merklich breiter als die folgende. Die Rippenknorpel sind sämmtlich verknöchert. Das Sternum hat eine Länge von 23 und an der breitesten Stelle zwischen der ersten und zweiten Die 15 Lendenwirbel sind, wie gewöhnlich, durch die breiten platten, nach hinten allmählig Rippe eine Breite von 13 Centimetern. kürzer werdenden Querfortsätze ausgezeichnet. Von den 32 Schwanz- wirbeln tragen die ersten 25 ventrale Fortsätze; die der drei er- sten und der drei letzten sind nieht mit einander in der Mitte ver- einigt. Gesammtlänge der Wirbelsäule in ihrer natürlichen Verbindung 1,795 = der Halswirbel . .%% .. .. Sor eo 5 der Rückenwirbel . 0,350 # der Lendenwirbel 0,485 der Schwanzwirbel ö 0,895 Die Extremität ist äusserlich ähnlich, wie bei anderen Arten; der äussere Rand ist convex, der innere Rand von dem Winkel an unregelmässig wellenförmig. Die Ulna hat nur die halbe Breite von dem Radius und ist an der innern Seite ihres Endtheils durch einen zugespitzten Knorpel, welcher das Os pisiforme repräsentirt, Die Handwurzel besteht wie gewöhnlich aus fünf Knochen (cf. p. 366. Taf. 5.) und erscheint sehr verbreitert, in- ’ verbreitert. vom 29, Juni 1876. 363 dem der fünfte Finger ganz an der inneren Seite derselben liest. Es sind fünf Metacarpalknochen vorhanden. Der erste Finger hat zwei, der zweite sieben, der dritte fünf, der vierte zwei knöcherne Phalangen, während der fünfte nur eine einzige hat. Die Verknö- eherungen des 5. Fingers im Vergleich zu dem Knorpel sind we- niger ausgedehnt, als man es nach der übrigen Beschaffenheit des Skelets, welches die einem ausgewachsenen T'hiere zukommenden Eigenschaften zeigt, erwarten sollte. Die Scapula ist mehr ge- streckt als bei D. sinensis, und hat am meisten Ähnlichkeit mit der von Delphinapterus leucorhamphus (Cuvier Öss. foss. V. 1. Tf. 23. Fig. 20). Meter Hoheider ScapWlalı . 4.5 iz ee nel hei dir 29147 Länge „ A Re in Sa ee atte Dre,. 0% 05260 Hrangendes Neromion,, - %. ae ee Vene e 00 02078 Höhe „ 5 De EI A N BE SER a N .0.035 Ianoerdes kroc:-coracoıdeus ..: 2m. en ER 20,086 Länge der Flosse mit dem Oberarm in Linie.,\. :..00,410 Vorderer Rand der Flosse . . ae lee sven 1005425 Hinterer Rand der Flosse vom Winkel An u 02280 Grosste Breite, der Flosse am Winkel . . '. . 2.7015 Iramoerdes Oberarm nz... ca ee, 207. 1700110,088 Breite desselben am untern Ende. :. 2. un. .2.22228 2105055 Länge des Radius . . . ERENRS EHER et 76h. 10,100 Breite des Radius am oberen Ende, ee ee Ra it 0.040 5 5 A unteren Bnder . 22.2 0.22. 20,070 saaineder Mitte So .a 0 ne 2 0,056 ange der Dina SUR a .0,083 Breite der Ulna am oberen Binde KORB EIN DOESIINR..0,034 5 2 a »„ssünteren Endes. - 2.15. &0.0R wer ps 23340,038 = ...ın der Mitte. ,... 0... ses; 780,023 Uhse der Handwurzel . . . . De N ne 22102081 Breite der Handwurzel mit dem 5. Einger SE 0,148 In. HBinsers- mit der’ Mittelhand 13 2. 2 8 SIR! 0,075 EB. 2..R, ER „ le alaee Beslhner 822042.0:255 ii. 3. BR. Se e Er a tn 0,195 L. 4. E. Bus & EEE NN. 0,080 Ed EB: Br 5 ee REN E90 104095 „Der steile vorn gekielte Stirnhöcker ist bis zum Spritzloch ganz mit feinmaschigem Fettgewebe ausgefüllt. Das Spritzloch wird durch eine halbmondförmige Klappe dicht geschlossen. Die Spritzkammer ist relativ weit; die Seitensäcke reichen bis in die Gegend der Jochbeine; die untere Klappe wohl entwickelt; vor 364 Gesammlisitzung derselben das Divertikel auf dem Knochen 9 Centimeter lang, für den Finger gut durchgängig; der ganze Spritzapparat mit schwar- zer Schleimhaut ausgekleidet. Der sehr weite Schlund führt in einen weiten Oesophagus und dieser in den aus drei Abtheilungen besteheuden Magen. Die erste Abtheilung des Magens, in welche der Oesophagus ausmündet und in den sich die Schleimhautfalten dieses letztern fortsetzen, ist weit und bildet einen spitzen muscu- lösen Blindsack, welcher inwendig mit weisser dieker Haut beklei- det ist, die aus einer Muskel- und Bindegewebeschicht und einem sehr dicken Epithelium besteht. Die zweite_ Abtheilung des Ma- gens ist kugelig, mit der ersten Abtheilung durch eine fingerdicke Öffnung zusammenhängend und liegt dicht neben der Cardia. Die innere Haut dieser Abtheilung ist sehr dick, blutreich, roth, mit einer Menge tiefer Gruben, welche nach den strahlenförmig oder baumförmig von dem Ein- und Ausgange dieser Abtheilung aus- gehenden Falten geordnet sind; sie ist mit dichtgedrängten schlauch- förmigen Drüsen besetzt. Der Eingang in die dritte Abtheilung des Magens ist so eng, dass man kaum mit dem kleinen Finger hineindringen kann; sie hat eine darmförmige Gestalt von 24 Cen- timeter Länge und 8 Centimeter Dicke. Sie ist mit einer weichen sammetartigen, von einer dünnen Epithelialschicht überzogenen Haut ausgekleidet. Unter der Epithelialschicht bemerkt man kleine Lymphfollikel. Der ringförmige Pylorus ist sehr entwickelt. Der Anfangstheil des Duodenums ist weit und faltig, verengt sich aber bald und setzt sich ohne Absatz in den überall gleichen, am Ende nicht merklich erweiterten Darm fort. Die Länge des Darms vom Pylorus an ist 19,75 Meter. Im ersten Magen fanden sich Reste von Dintenfischen, im zweiten zahlreiche kleine dreilippige Nema- toden ohne Pharyngealbewaffnung. Das Pancreas ist compact, sehr gross, langgestreckt, mit grossem Kopfende, 17 Centimeter lang. Die grosse rundlich ovale Milz ist 7 Centimeter lang, 5 Centime- ter breit; die weissen malpighischen Körperchen sehr gross, vor- springend. Der zweihörnige Uterus klein, die Eierstöcke wenig entwickelt.“ (Dr. Studer.) Keine der bisher beschriebenen Arten stimmt mit der vorste- henden überein. Delphinus (St) rostratus Cuvier (Regne animal. 2. ed..1829. I. p. 289 —= D. frontatus Rech. Oss. foss. V. I. p. 296. 400. Taf. XXL Fig. 7.8 = D. bredanensis Fischer =D. pla- niceps Schlegel = D. planiceps Wagner, Schreber Säugethiere, vom 29. Juni 1876. 365 vo. p. 325. Taf. 360 — Steno frontatus Gray, Suppl. Cat. Seals and Whales. 1571. p. 65) mit 21 (bis 24) Zähnen jederseits oben und unten ist oben ganz schwarz, unten weiss, ohne Zeichnungen. D. (St.) frontatus Cuvier (Regne animal. 2. ed. 1829. I. p. 288 — De nontatus Cuvier, Oss. Joss. V..I. p. 278 u. p.A00 Zeile 1 u. 2 ' von unten), ebenfalls mit 21 Zähnen jederseits oben und unten, hat nach Cuvier eine ebenso niedrige Rückenflosse wie Platanista gangetica Lebeck, ist grau auf dem Rücken, weiss unter dem Bauche und um die Augen herum und weissröthlich an den Flos- sen, welche sichelförmig ausgeschnitten sind, wie bei dem gemeinen Delphin und Meerschwein. ‚Steno frontatus (Cuvier) Gray und Steno compressus Gray haben nach dieser Angabe so grosse Zähne, dass nur zwei derselben auf eine Länge von einem Zoll engl. (26 Millim.) kommen, während die Zähne von Steno capensis, lentigino- sus, tucuxi so klein sind, dass vier, bei St. atienuatus sogar fünf auf einen Zoll gehen, bei D. guianensis dagegen der Schnabel nicht comprimirt, sondern deprimirt ist. Bei dem von Hrn. Flower (Transactions Zool. Soc. Lond. 1869. p. 151) so genau beschriebenen St. sinensis stehen zwar, wie bei der vorstehenden Art, drei Zähne auf einem Raum von einem Zoll engl., aber sie sind zahlreicher, die Farbe des ganzen Thiers ist weiss und ausserdem ist es durch die Bildung der Ossa pterygoidea und die geringe Zahl von nur zehn Lendenwirbeln von der vorstehenden, wie von allen anderen bekannten Arten verschieden. Wie schon erwähnt, hat die vorste- hende Art mit dem Delphinus fulvifasciatus Wagner (Dumont d’Urville, Voyage au Pole Sud. Mammif. Taf. 21. Fig. 1) in der Färbung und Zeichnung eine grosse Ähnlichkeit, ist aber durch Schädel und Gebiss (l. c. Taf. 23. Fig. 1. 2) gänzlich von demsel- ben verschieden. Auch mit D. roseiventris Wagner (l. c. Taf. 22. Fig. 2. Taf. 23. Fig. 3. 4), den Gray zu seiner Gattung Steno zog, ist aus denselben Gründen keine Übereinstimmung möglich. In der Zeichnung ist auch einige Ähnlichkeit mit D. Morei Gray (Catal. Seals and Whales. 2. ed. 1366. p. 396. Fig. 99), welche durch Gebiss und Schädel in derselben Weise verschieden ist, obgleich ‚er ebenfalls aus dem südlichen atlantischen Ocean stammt. Die vorstehende Art gehört wegen der Länge der Symphysis des Unterkiefers und wegen der Schnabelhöhe offenbar zu derjeni- gen Gruppe, welche J. E. Gray als Steno von den übrigen Del- phinen unterschieden hat, zeigt aber so grosse Verschiedenheiten 366 Gesammtsitzung von dem ebenfalls zu Steno gezogenen D. sinensis, dass es fraglich sein dürfte, ob diese Abtheilung als eine natürliche Gattung zu betrachten sei. VI. MARSUPIALIA. 15. Hypsiprymnus (Bettongia) Grayi Gould. Ein todtes vertrocknetes Exemplar, welches in Dirk Hartog an der Westküste Australiens gefunden wnrde, gehört nach Schä- del und Gebiss ohne Zweifel zu der vorstehenden Art. Taf. 1. 2 » Erklärung der Abbildungen. Hapalotis macrura Ptrs., Fem., $ natürlicher Grösse. . Delphinus (Steno) perspicillatus Ptrs., Fem.; nach der Originalzeich- nung von Hrn. Dr. L. Weinek, welcher mir gütigst dieselbe zuge- sandt hat, mit der Erlaubniss, sie zu veröffentlichen. Auf dem Grunde befindet sich der Umriss der Brustflosse, von Hrn. Wagner nach der Natur, auf ein Drittel verkleinert, gezeichnet, um die eigen- thümliche wellenförmige Beschaffenheit des concaven Randes zu zei- gen. »„ 9. Fig. 1. Schädel desselben von der Seite; Fig. 2. derselbe von oben; Fig. 3. derselbe von unten; Fig. 4. Brustbein mit einem Theil der verknöcherten Rippenknorpel; Fig. 5. Extremität der rechten Seite: h. Humerus, r. Radius, «. Ulna; p. knorpeliges pisiforme, tr. mult- angulum majus, im. multangulum minus, i. intermedium (centrale), c. capitatum, ha. hamatum; m!. m?. m®. m*. m®. Mittelhandknochen; 1—3 Phalangen. Die von der bisherigen abweichende Deutung der Handwurzelknochen der Delphine werde ich bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher begründen. — Die Figuren dieser Tafel sind sämmtlich auf ein Viertel der natürlichen Grösse verkleinert. "sid e oe INAOBUL STFO fedepj a Tezıan JA n'ze) “ a SEREL eCIS ANEISUEI alus Ptrs icıll ölse spi Sie Anat.G hinus pe 1 Delp Vagner T Y N Ce LER {\ Ye ER = Gesammtsitzung vom 29. Juni 1876. 367 Hr. Joseph Heliodor Garcin de Tassy in Paris ist zum correspondirenden Mitgliede der historischen Klasse gewählt worden. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Proceedings of the London mathematical Society. N. 87. 88. 89. 90. London ld, 8: Studies from the physiological Society of the University of Cambridge. Part II. Cambridge 1876. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. 30. Bd. 1. Heft. Mit 5 lith. Tafeln. Leipzig 1876. 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 52. Juin 1876. Paris. 4. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 283. Bd. 1. Heft. Januar bis März 1876. Berlin 1876. 8. Codex Justinianus recogn. Paulus Krueger. Fasc. IV. Libri IX— XI. Bero- lini 1876. 8. Mit Begleitschreiben. ı« . ” = = » . „ se * ) h 5 f but a“ / Fre ir « r An ar | “ 2% AURSHEEE N “ 5 De: PR d Y nd zw He El ri A h N) ri 5 re % e j a i RE h ’ DAN NR | h Kir r D % rt I Du | N HR Br f Na i \ " PR ö ’ „ ar e je n ur 1870. EC 2 PIE: Toncatsb 7 Hemmer este os” en Re ee ee EB — dee Dnndkr Pr X a. k u Au In A & @ 107 Yo ER 1% Nachtrag. 12. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse. Hr. Virchow las: Über die Bildung von Knochencysten. In der Sitzung vom 6. December v. J. hatte ich die Ehre, im Anschlusse an eine der wichtigsten Arbeiten Johannes Müller’s einige Mittheilungen über die Entstehung von Knorpelgeschwülsten aus selbständig fortwuchernden Theilen ursprünglicher Knorpel, welche sich abnormer Weise als solche erhalten haben, vorzutra- gen. Heute möchte ich ein neues Glied in der Geschichte dieser - Entwickelungen besprechen, dessen Einreihung in ein bekanntes Gebiet um so mehr überraschend erscheinen kann, als es seiner ganzen Beschaffenheit nach zu den am meisten heterologen For- men gehört. \ Knocheneysten sind, wenn man diesen Ausdruck in strenger Weise anwendet und namentlich nicht den macerirten Knochen als genügendes Beweisstück für die Anwesenheit wirklicher Cysten zulässt, seltene Vorkommnisse. Nur die Kieferknochen werden öfter von ihnen durchsetzt, und daher hat sich das Studium der [1876] os 370 Nachtrag. Neueren auch hauptsächlich diesem Orte zugewendet. Nach zahl- reich ausgeführten Untersuchungen der verschiedensten Forscher, namentlich nach den verdienstlichen Arbeiten des Herrn Magitot, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Mehrzahl der Kiefer- eysten aus Zahnsäckchen oder aus Theilen derselben oder wenig- stens aus einem Zubehör der Zähne hervorgeht. Es liegt auf der Hand, dass ein ähnlicher Ursprung nicht für jene Knocheneysten gesucht werden kann, welche in den langen Knochen der Extremitäten oder in den platten Knochen des Beckens sitzen. Selbst für die Kiefereysten möchte ich keineswegs den ausschliesslich dentalen Ursprung zugestehen. Im Folgenden werde ich noch darauf zurückkommen. Jedenfalls ist es noch heute eine schwierige Aufgabe, zu erkennen, wie jene, mit besonderen, zum Theil recht starken Wänden versehenen, innen glatten und mit Flüssigkeit gefüllten Säcke entstehen, welche manchmal zu einer nicht unbeträchtlichen Grösse anwachsen und die Knochen so sehr zerstören, dass sie ihrer natürlichen Festigkeit gänzlich beraubt und im höchsten Maasse brüchig werden. Hypothesen darüber hat es genug gegeben. Allein wenn Cruveilhier seiner Zeit, in der Verfolgung einer jetzt schwer verständlichen Hypothese, eine grosse Cystengeschwulst des Beckens‘ mit der Mola hydatidosa verglich und die Cysten selbst aus einer Entartung von Blutge- fässen, und zwar venösen, entstehen liess (Anatomie pathologique. Atlas. Livr. 21, Pl. 2), so ist die neuere Vorstellung, dass erwei- terte Lymphgefässe der Ausgangspunkt derartiger Bildungen wer- den könnten, nicht minder willkürlich. Auch Müller (Archiv 1843, S. 440) sprach bei Gelegenheit seiner berühmten Untersuchung über die ossifieirenden Schwämme von den „oft ansehnlichen Osteocystoiden“, aber er enthielt sich, irgend eine Meinung über ihre Entstehung auszusprechen. Nur betonte. er, im Gegensatze zu den einfachen Cysten, das schon von früheren Beobachtern bezeugte Vorkommen von Eehinokocken in den Knochen, wovon er selbst in einem Hamburger (übrigens von Fricke beschriebenen) Falle sich überzeugt hatte. Die mei- sten der neueren Schrifsteller über Knochenkrankheiten schildern die Echinokocken-Geschwülste, welche sie gewöhnlich unter dem Namen der Hydatiden aufführen, sehr eingehend, und man könnte durch die Ausführlichkeit dieser Beschreibungen, gegenüber -1 es Nachtrag. 37 der Magerkeit der Angaben über eigentliche Knochencysten, fast verführt werden, mit den Herren Stanley (A treatise on diseases of the bones. London 1849, p. 194) und Holmes (A system of surgery. London 1870, Vol. Ill. p. 827) die Existenz der letzteren ganz in Frage zu stellen, und anzunehmen, es seien von denen, welche besondere Knocheneysten beschrieben haben, entweder Echinokocken als blosse Cysten angesehen, oder irgend welche andere Bildungen, wie Abscesse und Geschwülste, in späteren Stadien ihres Bestehens mit ursprünglich cystischen Bildungen verwechselt worden. Letzteres ist sicherlich mehrfach vorgekommen. Schon Du- puytren, als er, eigentlich zuerst, die Aufmerksamkeit auf die Knocheneysten lenkte, ist offenbar durch die Fähigkeit mancher, ursprünglich solider, namentlich myelogenischer Geschwülste, durch Erweichung ihrer Substanz Hohlräume in sich zu erzeugen, irre- geführt worden, und in der Geschichte der sogenannten fibro- eystischen Bildungen, welche aus Knochen beschrieben worden sind, laufen ähnliche Irrthümer unter. Aber ich möchte -auch um- gekehrt die Frage aufwerfen, ob nicht auch wirkliche Cysten für eystische Entozoen angesehen worden sind. Gewiss giebt es zu- weilen solche Entozoen im Innern von Knochen, und zwar nicht bloss Echinokocken, sondern, wie Robert Froriep (Chirurgische Kupfertafeln. Taf. 438, Fig. 1) in einem, in der Klinik von Jüngken!) operirten Falle nachgewiesen hat, auch den Oysti- cercus cellulosae. Indess genügt zu dem Nachweise cystischer Entozoen keineswegs das Auffinden doppelter oder mehrfacher Membranen. Man muss direkt darthun, dass die zweite oder dritte Membran eine wirkliche Entozoenhaut ist. Denn es giebt auch einfach organische Cysten im Knochen, welche einen geschichteten Bau ihrer Wand, somit dem Anschein nach mehrere Häute zeigen und welche nichtsdestoweniger nichts mit Blasenwürmern zu thun haben. Diese Cysten mit geschichteter Wand dürften hie und da mit entozoischen Hydatiden verwechselt worden sein. Der Fall, von welchem ich heute ausgehe und von welchem 1) Stanley (l. c. p. 189) und andere Chirurgen führen mit Unrecht Jüngken selbst als den Beobachter auf. 28* 372 Nachtrag. ich eine Abbildung!) vorlege, ist in jeder Beziehung ein muster- gültiger. Er betrifft eine ungewöhnlich grosse und diekwandige, ganz einfache Cyste des rechten Oberarmkopfes einer 56 jährigen Frau. Soviel bekannt geworden ist, hat keinerlei krankhafte Er- scheinung während des Lebens der Frau auf das Bestehen einer so grossen Veränderung hingedeutet. Sie litt an Geschwülsten der Hals-Lymphdrüsen, welche sich nach der Exstirpation als Riesen- zellen-Sarkome auswiesen. Bald nach der Operation starb sie und bei der Autopsie fanden sich nicht nur metastatische Riesenzellen- Sarkome in den Lungen, der Leber, der Milz und den Nebennie- ren, sondern auch, und zwar ganz zufällig, die erwähnte Cyste im Oberarm. Ein Zusammenhang zwischen dieser Cyste und der Sar- komatose war nicht erkennbar, so sehr auch die Fähigkeit des Knochens, Riesenzellen und Riesenzellensarkome zu erzeugen, auf eine solche Beziehung hinweist, und so sehr andere Umstände, wie wir noch sehen werden, diesen Hinweis unterstützen. Nirgends im Oberarm war eine Spur von Sarkombildung zu sehen, und wiederum keine der sarkomatösen Geschwülste liess eine cystische Höhle gleich dem Knochen wahrnehmen. Die Cyste hat in keiner Weise eine Anschwellung oder Auf- ireibung des Oberarmknochens herbeigeführt; sie stellt sich viel- mehr als eine einfache Substitution, gewissermassen als ein Defekt des Knochens dar. Auf dem Längsschnitt, durch welchen sie zu- fälligerweise getroffen und nahezu halbirt wurde, erscheint sie als ein scharf begrenzter Hohlkörper von umgekehrt flaschenförmiger Gestalt, 37 Mm. lang, am oberen dickeren Ende 16 Mm. breit, nach unten spitzrundlich zulaufend. Ihre innere, im Ganzen durch- aus glatt erscheinende Oberfläche bildet mehrere flache Vorsprünge und Ausbuchtungen, namentlich am obern Ende, wo sich von dem durch das Tuberculum majus gelegten Durchschnitt aus nach zwei entgegengesetzten Richtungen hin, einerseits gegen das Tuberculum minus, andererseits gegen die vordere und innere Fläche des Knochens, längere Buchten, gleichsam Hörner ausstrecken, die so weit sind, dass die Spitze des kleinen Fingers in sie eingebracht werden kann und 1) Präparat 19d. vom Jahre 1876 der Sammlung des pathologischen Instituts. Nachtrag. 378 die bis ganz nahe an die Knochenrinde reichen. Die grösste Ent- fernung von der Spitze des einen Horns bis zu der Spitze des an- deren beträgt 27 Mm. Durch diese Gestaltung des oberen Endes stellt sich die Oyste in höherem Maasse als ein Bestandtheil des Oberarmkopfes dar, als man nach dem ersten Eindrucke der Schnittfläche erwarten sollte. Denn in dieser erstreckt sich allerdings die Cyste mit ihrem dünneren Ende tief in den Schaft des Knochens herab, und zwar so, dass ihre untere Spitze fast in der Axe der Markhöhle liest, während ihr oberes Stück mehr excentrisch, dem äusseren Umfange des Knochens näher, gelagert ist. Indess eine genauere Betrachtung lehrt, dass die Cyste in der That mehr der Diaphyse, als der Epiphyse des Knochens angehört. Das, noch deutlich er- kennbare, quere Grenzblatt aus Knochengewebe, welches mitten durch die Spongiosa hindurch verläuft und die Stelle des früheren Intermediärknorpels bezeichnet, ist in der ganzen medialen Hälfte der Schnittfläche im Zusammenhang erhalten. Es liegt dicht ober- halb der Cyste. Weiter nach aussen (lateralwärts) verschwindet das Grenzblatt, welches von der Gegend der Cyste aus unter einem stumpfen Winkel schräg nach abwärts und aussen verlaufen sollte, in einer mässig groben Spongiosa, welche den Zwischen- raum zwischen Cyste und Knochenrinde ausfüllt. Die Oyste liegt - also streng genommen fast ganz im Gebiet der Diaphyse, und ihre Lage entspricht recht genau der Lage jener abgesprengten Knor- pelstücke, welche ich bei meiner früheren Besprechung der Enchon- drombildung geschildert (vgl. daselbst Fig. 1 u. 2) und als liegen gebliebene Stücke hinter der vorrückenden Ossifikationslinie er- wiesen habe. Die Vergleichung mit zurückgebliebenen Knorpelinseln drängte sich mir bei der Betrachtung der Cyste alsbald auf, und meine Aufmerksamkeit richtete sich daher um so sorgfältiger auf die Cystenwand selbst und deren Umgebungen. Hier zeigte sich denn wirklich eine Gruppe kleiner Knorpelstücke, fast in der Axe des Knochens, am medialen Umfange der Cyste, mitten in gelbes Mark eingesenkt; ihr bläulich durchscheinendes Aussehen liess schon bei der äusserlichen Betrachtung keinen Zweifel, dass sie aus wahrem Knorpelgewebe bestanden. Die mikroskopische Un- tersuchung bestätigte dies. Allein sonderbarerweise war es in 374 Nachtrag. der Hauptmasse kein hyaliner, sondern Netzknorpel, und zwar nicht etwa jener, in pathologischen Bildungen so häufig vorkom- mende, falsche Netzknorpel, in dem feine elastische oder Binde- gewebsfasern, die vom früheren Gewebe übrig geblieben sind, die Grundsubstanz durchziehen, sondern ganz ächter Netzknorpel mit harten, rauhen, stark lichtbrechenden und den Reagentien Wi- derstand leistenden Fasernetzen, welche die grossen runden Knor- pelzellen umschliessen. Ich habe schon früher (Onkologie I. S. 466) das Vorkommen von wirklichem Netzknorpel in grossen Enchon- dromen erwähnt. Diese Knorpelstücke waren etwa hirsekorn- bis hanfkorngross. Sie lagen zum Theil ganz isolirt in dem gelben Mark, aus dem sie sich mit einer Nadel leicht auslösen liessen. Andere hingen untereinander und mit der äusseren Cystenlläche zusammen. Von letzterer aus erstreckten sich überdies in mehreren Richtungen be- wegliche, platte Blätter von faserknorpeligem Aussehen in das Mark, ihrer Anordnung nach sehr ähnlich Knochenblättern der Spongiosa, jedoch kalklos. Endlich traten auch an einzelnen Orten höckerige, bis erbsengrosse Körner hervor, die nur aussen knorplig, innen dagegen aus wirklicher Knochen-Spongiosa mit fettigem Mark gebildet waren. In noch höherem Grade deutlich liess sich eine Fortsetzung der Wand vom unteren Ende der Cyste aus durch die Knochenaxe abwärts 40 Mm. weit verfolgen. Es ist ein oben dickerer und mit der Cystenwand zusammenhängender, unten ganz platter Strang, der lose im gelben Mark liegt. Beim Durchsägen des Knochens ist er durch die Säge neben seiner Mitte getroffen worden, so dass seine Hauptmasse in der vorderen Knochenhälfte (in der Abbildung links) stecken geblieben ist. Allein die Einwirkung der Säge hat ihn so gezerrt und zum Theil gerissen, dass er über die Schnitt- fläche hervorsteht und dass es nicht mehr möglich ist, an allen Abschnitten seine frühere Einrichtung genau zu beurtheilen. Wäh- rend nehmlich der untere Abschnitt mehr blattartig, wie eine senk- rechte Scheidewand in dem Mark steht, sieht der obere und mitt- lere Abschnitt fast wie eine Röhre oder Rolle aus, welche durch die Säge angeschnitten worden ist. Die Lage dieser Rolle in der Richtung der Arteria nutritia liess sie fast wie eine verdickte Scheide derselben erscheinen, indess war ich ausser Stande, etwas Nachtrag. 375 von einem Gefäss in ihr zu entdecken. Alle Abschnitte des Stran- ges hatten vielmehr ein dichtes, faserknorpeliges Aussehen. Dieses Aussehen zeigte auch die Cystenwand selbst. Sie ist eine sehr dieke und feste, geradezu steife Membran von durch- schnittlich etwa 0,5 — 0,8 Millim. Dicke. Nach aussen liegt ihr an gewissen Theilen gelbes Mark dicht, aber lose an; an andern setzen sich die erwähnten faserknorpeligen oder auch knöchernen Blätter an sie an. Ihre innere Oberfläche erschien gleich nach dem Durchschneiden, wobei der grösste Theil des Inhaltes ausge- flossen war, ziemlich glatt, jedoch nicht ganz frei; vielmehr be- merkte ich an mehreren Stellen, besonders des unteren Abschnittes, im Innern des Sackes eine lose, gallertartige, den Wandungen leicht adhärente Masse, aus welcher sich, wie aus einem Schwamm, eine klare, schwach gelbliche Flüssigkeit ausdrücken liess. Der grösste Theil des Innenraums muss wohl mit einer solchen Flüs- sigkeit gefüllt gewesen sein. Bei der mikroskopischen Untersuchung war ich ausser Stande, an irgend einem Theil der innern Oberfläche ein Epithel wahrzu- nehmen. Auch die gallertartigen Beschläge der Wand enthiel- ten keine zelligen Körper; ausser einzelnen Fettkörnchen, deren Menge jedoch unbedeutend war, zeigte sich in ihnen nur ein aus etwas steifen und mehr parallelen Fasern gebildeter Filz, der mit dem gewöhnlichen Fibrinfilz keine Ähnlichkeit hatte. Auch waren die Fasern desselben gegen die gewöhnlichen Reagentien viel mehr resistent. Sie erblassten nach Zusatz starker Essigsäure, aber verschwanden nicht. Nach der Einwirkung erinnerte die Masse lebhaft an gewisse Faserknorpel; wenn auch keine Zellen vorhan- den waren, so sah man doch an einzelnen Stellen grössere stern- förmige Zeichnungen. Die Wand selbst bestand aus einer sehr dichten, stellenweise fast homogenen und schwach glänzenden, an den meisten Stellen leicht streifigen, hie und da aus steifen, aber glatten Fasern zusammengesetzten Grundsubstanz. Die Fasern hatten weder in Bezug auf Anordnung, noch in Bezug auf Be- schaffenheit Ähnlichkeit mit den Fasern von Netzknorpel. In Essig- säure erblassten sie, verschwanden aber nicht gänzlich. Zwischen ihnen erschienen in grösseren Abständen Netzzellen von mässiger Grösse. Nach aussen in den ausstrahlenden Blättern fand ich meist einen osteoiden Gewebstypus: ganz kleine sternförmige Höhlun- 376 Nachtrag. gen mit Zellen in einer glänzenden, kalklosen, homogenen Grund- substanz. Aus dieser Übersicht geht hervor, dass die Cyste des Ober- arms nicht mit der gewöhnlichen Art von cystischen Bildungen der Weichtheile zusammengehört, denn bei diesen findet sich re- gelmässig eine innere Auskleidung mit Zellen und eine einfach bindegewebige, mit Gefässen versehene Wand. Vielmehr hat un- sere Uyste den Habitus einer sogenannten Erweichungseyste, bei der als Inhalt die Schmelzungsprodukte früher fester Oentralmassen auftreten. Diese Schmelzung entspricht dem Vorgange der Höhlen- bildung, wie man ihn an nicht wenigen permanenten Knorpeln bei der Entstehung sogenannter Halbgelenke verfolgen kann. Wenn demnach die Cystenwand selbst noch erkennbare cartilaginöse Eigen- schaften besitzt, und wenn im diehtesten Anschlusse an sie bei einer 56 jährigen Frau zerstreute Knorpelinseln im Mark der Diaphyse, jedoch in nächster Nähe der Epiphyse vorkommen, so wird man kein Bedenken tragen dürfen, die Cyste selbst als ein Neu- bildungs- und ihren Inhalt als Schmelzungsprodukt chondromatöser Knoten anzusehen. Dass Enchondrome central einschmelzen und eine cystoide Be- schaffenheit annehmen können, ist schon lange bekannt, und gewisse Formen sind deshalb geradezu als Cystenchondrome bezeichnet worden (meine Onkologie Bd. I. S. 496). Gerade die erste Knor- pelgeschwulst, bei der es mir gelang, die heterologe Entwickelung von jungem Knorpel ausserhalb der Knochengrenze zu beobachten (Archiv für pathologische Anatomie und Physiol. 1853 Bd. V 8. 216), war ein solches Cystoid. Indess sind die eystoid umgewandelten Enchondrome doch in vielen Stücken von dieser Cyste verschieden. Sie pflegen sich aus hyalinem Knorpel zu entwickeln und niemals habe ich aus ihnen Cysten mit einer so derben, dicken, fast leder- artigen Haut hervorgehen sehen, wie die vorliegende. Am wenig- sten zeigen ihre Höhlungen eine so glatte, ebene Beschaffenheit, wie die gegenwärtige Cyste sie besitzt. Ich habe daher früher immer geglaubt, die eigentliche Knocheneyste als eine besondere, vom Enchondrom zu trennende, selbständige Bildung, als ein Ky- stoma auffassen zu müssen, und wenn die eben mitgetheilte Er- fahrung mich in einer gewissen Beziehung eines Anderen belehrt Nachtrag. 317 hat, so möchte ich doch aus der nahen Verwandtschaft beider Vorgänge noch nicht ihre völlige Identität folgern. Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit dieser Cyste beruht in dem Vorhandensein längerer, in Form von Blättern und Röhren auftretender Anhänge der Cystenwand, von denen ich nicht finde, dass sie gleichfalls als ursprüngliche Knorpelbildungen gedeutet werden können. Vielmehr scheint mir Alles dafür zu sprechen, dass es sich hier um eine Recartilaginescenz ursprünglich knöcher- ner Theile handelt. Diese Auffassung wird erheblich gestützt durch Erfahrungen an anderen Knochencysten. Die Sammlung des pathologischen Instituts besitzt noch eine grössere Zahl von Präparaten !), welche zu jenem merkwürdigen und bis jetzt ganz isolirt stehenden Falle gehören, welchen mein würdiger Lehrer, Robert Froriep, in so meisterhafter Weise beschrieben hat (Chirurgische Kupfertafeln. Taf. 438, Fig. 2—8. Taf. 459 und Taf. 440, Fig. 1—2). Stücke davon sind damals in viele anatomische Museen übergegangen. Auch Joh. Müller (Archiv 1843, S. 441) gedachte dieses Falles beiläufig, Es war dies „eine über das ganze Knochensystem verbreitete Hydatiden- bildung“, wobei einzelne Theile, so namentlich die Knochen des Ellenbogengelenks und des Beckens, zu grossen, multiloculären Cystengeschwülsten aufgetrieben waren. Die Patientin hatte mehrere Jahre lang an unbedeutenden, scheinbar rheumatischen Schmerzen gelitten, dann Gelenkauftreibungen mit theilweiser Störung der Beweglichkeit bekommen, endlich bei einem Fehltritt auf der Treppe die Tibia gebrochen. Die Section ergab nichts Krank- haftes, als eben nur zahlreiche Oysten, von denen nicht nur die langen Knochen der Extremitäten und die Rippen, sondern auch die platten Knochen des Schädeldaches, des Beckens, und, was be- sonders bemerkenswerth ist, auch der Unterkiefer betroffen waren. Vorzügliche, zum grossen Theil von Froriep selbst gezeichnete Abbildungen erläutern seine Mittheilung. Unter den sonst bekannten Fällen steht am nächsten der so häufig eitirte und abgebildete Fall von Nelaton (vergl. Follin Traite el&mentaire de pathologie externe. Paris 1865 —67. T. Il. !) No. 1145 vom April 1837, 318 Nachtrag. p. 695, Fig. 144), wo fast die ganze Oberschenkel - Diaphyse in eine multiloculäre Oystengeschwulst verwandelt war. Herr Broca (Traite des tumeurs. Paris 1869. T. HI. p. 125) hat des Ausführ- lichen den Nachweis versucht, dass letztere nicht etwa aus der Umwandlung einer erectilen Geschwulst entstanden sein könne. Dies ist gewiss richtig. Aber schwerlich wird man diese Cysten aus Knorpelgeschwülsten gewöhnlicher Art ableiten können. In dem Falle von Froriep finden sich cystische Säcke in der Mitte der Diaphyse der 'Tibia, wo meines Wissens noch nie ein Enchon- drom beobachtet ist, fern von den Epiphysen. Aber ganz abgesehen davon, handelt es sich dabei auch keineswegs um blosse Cysten- bildung. Froriep selbst hat dies hervorgehoben, aber er kam unter dem Druck der zu seiner Zeit herrschend gewordenen Theorien über den cystischen Anfang mancher soliden Geschwülste zu der son- derbaren Auffassung, dass das Leiden mit Cystenbildung anfange und dass sich später von der Innenfläche der Cystenwand aus feste Auswüchse entwickelten, wodurch „die Hydatidengeschwülste in compakte, den CUhondromen oder Steatomen nicht unähnliche Massen umgewandelt würden.“ Ich will hier nicht in eine ausführliche Beschreibung der Prä- parate eingehen, aber ich muss zur Feststellung der Haupterschei- nungen hervorheben, dass ein grosser Theil der soliden’ Neubil- dungen nicht innerhalb, sondern ausserhalb der Cysten, wenn- gleich in nächster Nähe derselben vor sich geht. Hier zeigen sich die Knochen an manchen Stellen in grosser Ausdehnung in dichte, theils faserige, theils blätterige Massen umgewandelt, und nament- lich die Blätter bestehen aus festen, dichten Geweben von faser- knorpeliger Beschaffenheit, sehr ähnlich denjenigen, welche die blätterigen und strangförmigen Anhänge der Öystenwand in unserem Falle erkennen lassen. Nur liegen die Blätter in dem älteren Falle so dicht aneinander, dass von Mark im gewöhnlichen Sinne gar nicht mehr die Rede ist. Dagegen zeigen andere Stellen eine mehr netzartige, spongioide Beschaffenheit, wie sehr dichte Knochen- Spongiosa, nur dass die Balken der Netze kalklos und ihre Ma- schenräume mit faserigem Mark gefüllt sind. Ganz besonders schön sieht man dies an der macerirten Ulna, welche mit einem fast wolligen Schwammwerk von Knochengewebe erfüllt ist. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, soweit ich sehen Nachtrag. 379 konnte, nirgends Hyalin- oder eigentlichen Netzknorpel, sondern entweder Faserknorpel oder Bindegewebe. Ersterer enthält stellen- weise ungewöhnlich grosse Sternzellen; letzteres ist voll von grösseren Spindelzellen und an nicht wenigen Stellen so erfüllt mit vielkernigen Riesenzellen, dass es den Habitus des Sarcoma gigantocellulare erlangt. Dazwischen sieht man sehr weite Blut- gefässe, namentlich weite Capillaren mit verdickter Wand. Die Cysten entstehen, wie mir scheint, durchweg aus den faserknor- peligen Abschnitten durch Erweichung derselben, aber an ihrer Wand erhält sich noch lange die blätterige Beschaffenheit der faserknorpeligen Lagen, und stellenweise entsteht dadurch eine mehrschichtige, ziemlich lockere Anordnung der Wandschichten, welche stark an Echinokocken erinnert. Aber das Mikroskop zeigt, dass alle diese Schichten aus Faserknorpel mit sehr dicken und steifen Fasern bestehen. Man wird daher auch diese Geschwulstform den Knorpel- geschwülsten und zwar den Faser- (oder hier fast Blatt-) Knorpel- geschwülsten anschliessen müssen. Aber nicht ohne Bedeutung ist es, dass auch sie uns wieder auf Combinationen mit Riesen- zellen führt. Mögen dieselben auch hier zunächst als „Knochen- zerstörer* wirken, so ist doch nicht in Abrede zu stellen, dass die Bildung im Ganzen durch sie sehr wesentlich mit bestimmt wird, und dass gewisse Uebergänge zu Riesenzellensarkom ('Tumeur a myeloplaxes) deutlich zu Tage treten. Darin liegt die wissen- schaftliche Schwierigkeit, an welcher sogar Dupuytren’s Genie scheiterte. Nicht jedes Riesenzellenarkom, welches einzelne cysti- sche Theile enthält, ist deshalb den eigentlichen Knochencysten gleich zu setzen; nicht jeder myelo-cystic tumour, wie Herr Gray (Med.-chir. transact. 1856. Ser. III. Vol. XXI. p. 140) diese Form genannt hat, kann als Ausgang für die Bildung eines multiloculären Cystoides angesehen werden. Es ist hier derselbe Unterschied, wie bei den gewöhnlichen Cystenchondromen: die Höhlenbildung durch Erweichung ist ausser Stande, die besondere Beschaffenheit der Wand zu erzeugen, welche uns hier entgegen tritt. Darum habe ich das multiloculäre Cystoid stets als eine Geschwulstbildung aufgefasst, welche nicht erst zufällig, das eine oder andere Mal, sondern regelmässig und beständig zur Bildung eigenartiger Hohl- körper führt, und habe es der von mir unter dem Namen der Kystome 380 Nachtrag. zusammengefassten Gruppe angeschlossen (Onkologie II. S. 191, 328). Aber ich kann nicht leugnen, dass sich über diese Klassi- fikation streiten lässt; denn es giebt Oystenbildungen im Knochen, welche in noch höherem Grade auf den Namen der Kystome Anspruch erheben dürfen, insofern sie Träger eines besonderen Epithels sind, und welche neben neugebildetem Knorpel und Riesen- zellengewebe vorkommen. Ich habe einen solchen zusammen- gesetzten Fall als Teratom beschrieben (Archiv 1871. Bd. LIM. S. 452): es war eine grosse, vielfach mit quergestreiften Mus- keln durchsetzte Mediastinalgeschwulst, neben welcher ganz selbst- ständig ein eigrosser Knoten in der dritten Rippe vorkam. Ich habe letzteren, der in der Sammlung des pathologischen Instituts aufbewahrt ist (Präp. 185 b. vom Jahre 1870), jetzt wieder verglichen, und ich muss sagen, dass er für das blosse Auge eine solche Aehnlichkeit mit den Rippengeschwülsten des Froriep’schen Falles darbietet, dass ich es niemand übel nehmen könnte, wenn er beide für identisch erklärte. In der That ist nur die mikroskopi- sche Untersuchung geeignet, eine Diagnose herbeizuführen. Indess wird es bei der ungemeinen Seltenheit der eystischen Teratome in den Knochen wohl nicht nöthig sein, in der Ter- minologie auf sie grosse Rücksicht zu nehmen, und man kann daher den Namen der Kystome für die. besprochene Knochen- geschwulst vor der Hand immer noch fortführen. Aber man muss sich erinnern, dass es sich hier nicht um primäre Öystenbildung handelt, sondern dass die Primärbildung solid und organisirt ist. Wahrscheinlich stehen diese Primärzustände stets innerhalb der typischen Gewebsformen, aus denen sich der Knochen entwickelt, und sie schwanken daher hauptsächlich zwischen chrondromatösen und gigantocellular - sarkomatösen Formen. Der letzteren Kategorie gehört ein Fall an, von dem unsere Sammlung erst kürzlich ein Präparat (No. 46 vom Jahre 1575) erworben hat, wo die Grund- lage ein Riesenzellensarkom ist. Dasselbe stellt das Gelenkende der Ulna einer 29jährigen Frau dar, deren Arm Herr v. Langen- beck im vorigen November amputirte. Ein Durchschnitt des Prä- parats ist dem von Froriep gezeichneten Durchschnitt höchst ähnlich, namentlich ist die Wand der multiloculären und vielfach zusammenfliessenden Cysten überall ebenso diekwandig und auch mikroskopisch von faserknorpeliger Beschaffenheit. Die Geschwulst Nachtrag. 381 war kopfgross. Der jüngste Knoten im benachbarten Theil des Oberarmbeins hatte noch keine Spur von Cysten. Das wichtigste Ergebniss dieser Untersuchung ist meiner Mei- nung nach der Nachweis, dass in keinem Falle die Cystenbildung im Knochen das Primäre und Wesentliche ist, dass vielmehr alle Fälle dieser Art als Umbildungsprodukte früher solider Neubildungen anzusehen sind. Damit wird der Parallelismus dieser Form und ihre praktische Stellung in der Geschwulstreihe festgestellt. Als selbständige Erscheinung darf sie in der Pathologie nicht länger stehen bleiben. DIR RC > ı ne 5 Berichtigung. S. 292 Z. 13 v. unten statt: „unabhängig Länge“ lies „unabhängig von der Länge“. S. 293 Z. 12 v. unten statt: „Verdünnung“ lies „Gas-Verdünnung*. MAYNARNn Y MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Juli. 1.870. Vorsitzender Sekretar: Hr. Kummer. 6. Juli. Öffentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Der an diesem Tage vorsitzende Sekretar, Hr. du Bois- Reymond, eröffnete die Sitzung mit folgender Rede: Es war vor hundert Jahren, nach Tisch im Salon des Grand- “ Val. Da war beisammen jene geistreich übermüthige Gesellschaft, die wir aus Diderot’s Briefen an Mlle. Voland kennen, als wä- ren auch wir Gäste unter dem Holbach’schen Dache gewesen. Da war Diderot selber, der deutscheste der Franzosen, und Grimm, der französischste der Deutschen!; der grämliche Schotte Hoop und der kleine Neapolitanische Abb& Galiani, dessen lu- stige Beweglichkeit oft tiefen Sinn barg. Da waren jene Frauen, deren gefährlichen Reizen Rousseau’s Confessions Unsterblichkeit verliehen, wie Ilias und Odyssee denen der Helena. Die Glücklichen dieser Erde, besonders in Frankreich, hatten damals gute Zeit. Zersprengt schienen die Fesseln des Aberglau- bens, der siebzehn Jahrhunderte die Menschheit knechtete. Die Sonne des schönsten Tages erleuchtete und erwärmte die geistige Welt, während jenseit des Oceans eine Morgenröthe der Völker- freiheit und Menschenwürde anbrach. Der Despotismus in Staat und Kirche erbebte unter täglich kecker wiederholten Schlägen, und noch hatte Cazotte’s Prophezeiung nicht ihren blutigen Schat- ten über diesen glänzenden lebensfrohen Kreis geworfen?. End- [1876] 29 356 Öffentliche Sitzung lich was war dem Menschen unmöglich, seit Montgolfier in die Luft stieg und Franklin den Blitz bändigte? Man sprach von dem grossen Amerikanischen Bürger, dann vom grossen Friedrich, den man auch gelten liess, dann von Voltaire, mit welchem Friedrich ja ganz ausgesöhnt scheine. Bei aller Anbetung Voltaire’s, aller Anerkennung seiner Verdien- ste um die Aufklärung konnte man aber nicht darüber hinaus, dass er eigentlich unverbesserlicher Deist sei.’ „Wie kindisch ist nicht“, sagte der Herr vom Hause, „seine Auffassung der Welt als einer Uhr, die auf den Uhrmacher schlies- sen lasse. Da nichts gewiss ist, als das Dasein der Materie, wa- rum nach anderen Ursachen suchen, als nach deren Kräften? Was liest so Undenkbares darin, dass unendlich viel von Ewigkeit auf einander wirkende Atome in bestimmter Art sich ordnend Welten bildeten; dass wo auf diesen Licht, Wärme, Feuchtigkeit, gewisse Stoffe in richtigem Verhältniss sich fanden, der Vorgang, den wir Leben nennen, erst im Keim entstand, dann in immer weiteren Kreisen und immer reicher sich entfaltete; dass so allmählich die thierische und endlich auch die menschliche Maschine zu Stande kam, mit,ihrer Zweckmässigkeit, aber auch mit vielem Zweckwi- drigen, in ihrer Kraft und Schönheit, aber leider auch behaftet mit manchem traurigen Gebrechen, mit den ihr zugetheilten Freu- den, ja, aber auch bedroht mit noch weit mehr grausamer Qual!“ Alles rief Beifall. Da erscholl aus einer Ecke Galiani’s Stimmchen: „Meine Damen und Herren! Um’s Himmels willen heute keine Metaphysik. Sprechen wir von etwas Anderem. Hört was mir an der Marine in Neapel einst begegnete. Ein Taschenspieler hatte seine Bude aufgeschlagen, welche ein Trupp Lazzaroni und ande- ren Volkes umstand, unter den ich mich mischte. Nach mancher- lei Kunststücken, auf die ich mich nicht besinne, bietet uns der Bursche die Wette an, er werde mit seinen Würfeln jedesmal einen Sechserpasch werfen. Es finden sich auch ein, zwei Gaffer, wel- che die Wette annehmen. Richtig er wirft einen Sechserpasch, noch einen, zum drittenmal einen, zum viertenmal“ — „Aber, Monsignor, was erzählt Ihr uns für Possen. Ihr habt uns zum Besten, oder die Würfel waren falsch.“ „Natürlich“, erwiederte Galiani. Er war, wie er pflegte, auf sein Fauteuil geklettert, auf dem er mit untergeschlagenen Bei- vom, Jul‘ 1876: 337 nen kauerte, balancirte auf der Linken seine Perücke, denn es war heiss, und er gesticulirte heftig, nach Art seiner Landsleute, mit der Rechten. „Natürlich waren sie falsch, und das was ja eben der Spass. Der Taschenspieler hatte gar nicht gesagt, dass er mit richtigen Würfeln jedesmal einen Sechserpasch werfen werde. Wer seine Sinne beisammen hatte, konnte im Voraus rathen, dass die Würfel falsch seien, und die, welche erst darauf kamen, nachdem ihnen ihr Geld abgenommen war, wurden tüchtig ausgelacht. Aber da habt Ihr es. Fallen zwei Würfel viermal nacheinander auf die- selbe Seite, so haltet Ihr, denn Ihr seid keine Lazzaroni, für un- möglich, dass dies Zufall sei. Ihr schliesst mit zweifelloser Gewiss- heit, dass eine geheime, auf diese Wirkung berechnete Ursache in Gestalt von etwas Blei den Würfeln einverleibt wurde. Seht Ihr aber um Euch her dies Weltall mit seinen unzählbaren Sonnen, Planeten und Monden, die im Leeren aufgehangen rhythmischen Schwunges Jahrtausendelang ihre Bahn vollenden, ohne je einander zu treffen; seht Ihr auf diesem Erdballe Veste, Meer und Luft, ‚Sonnenschein und Regen so vertheilt, dass tausend Pflanzen, Land-, Wasser- und Luftthiere fröhlich wimmelnd gedeihen; seht Ihr den Wechsel von Tag und Nacht, von Winter und Sommer allen die- sen Wesen genau mit den nöthigen Bedingungen zu Thätigkeit und Ruhe, zu Stillstand und Wachsthum segensreich begegnen; seht Ihr in Eurem eigenen Körper jedes Thheilchen seines unsagbar ver- wickelten Baues gerade das leisten, was des Ganzen Wohl erheischt, wie umgekehrt es allein im Ganzen zu bestehen vermag; seht Ihr in Euren Gliedmaassen, Eurem Auge, Eurem Ohre, des Mechanikers, des Optikers, des Akustikers tiefste Weisheit soweit überflügelt, ‚dass Freund d’Alembert, dass dort in Petersburg der grosse Euler, e tutti quanti! wie Narren davor stehen; seht Ihr diese Maschine, neben welcher Eures Le Roy’s feinste Uhr wie ein ‚plumpes Mühlwerk, Eures Vaucanson’s sinnreichste Androide wie eine armselige Spielerei sich ausnehmen, durch Übung sich selber vervollkommnen; beschädigt, selber sich ausbessern; seht Ihr sie gar sich selber vervielfältigen, Mann und Weib auf das Reizendste, Mutter und Kind auf das Liebevollste einander ange- passt; zeigt Euch im Jardin du Roi Hr. von Buffon in hundert Thiergestalten, vom Elephanten bis zur Spitzmaus, eben so viel Eben- ‚bilder Eurer eigenen Organisation, alle in ihrer Weise befähigt, ihr ‚Leben zu geniessen, ihrer Beute nachzustellen, ihrer Feinde sich 29* 388 Öffentliche Sitzung zu erwehren, sich fortzupflanzen und ihre Brut zu pflegen; seht Ihr die Biene, trotz dem gelehrtesten Akademiker, ihr Zellenpro- blem lösen, die Spinne ihr Seilpolygon spannen, den Maulwurf seine Minen höhlen, den Biber seine Deiche ziehen; seht Ihr noch dazu in dem Allem mit dem Nützlichen das Angenehme verbunden, Pracht, Zier und Anmuth verschwenderisch darüber ausgegossen; Flora’s Kinder lieblich sich schmücken, den Schmetterling schim- mernd sie umgaukeln, den Pfau sein Rad schlagen; zeigt Euch endlich Hr. Needham unter seinen Linsen jeden Tropfen Essig oder Kleister wieder von so soviel Wesen belebt, wie Hr. von Oas- sini mit seinem Rohre Welten Euch erblicken liess: so sagt Ihr getrost, es ist Zufall. Und doch bietet uns Natur dasselbe Schauspiel, als würfe Einer mit unendlich viel Würfeln jeden Augenblick einen vorher angekündigten Pasch. Ich, meine Damen und Herren, ur- theile anders. Ich sage, die Würfel der Natur sind gefälscht, und dort oben spottet unser der grösste der Taschenspieler!* ® Wir wissen nicht, was dem Abb& auf dem Fleck entgegnet wurde. Von dem Eindruck aber, welchen der Apolog der Des pipes den En- cyklopaedisten machte, zeugt eine Stelle im Systeme de la Nature, je- nem Buche, welches dem jungen Goethe und seinen Strassburger Gesellen „so grau, so eimmerisch, so todtenhaft, als die rechte „Quintessenz der Greisenheit, unschmackhaft, ja abgeschmackt vor- „kam“; und von dem man doch nicht läugnen kann, dass es der Weltansicht des heutigen Naturforschers in den meisten Punkten ganz nahe steht. Dort windet sich Holbach vergebens, um des Neapolitaners Schlinge zu entkommen. „Die Molekeln der Materie“, sagt er, „können falschen Würfeln verglichen werden, d. h. sie bringen „stets gewisse Wirkungen bestimmter Art hervor; da diese Theil- „chen an sich und in Folge ihrer Verbindungen substantiell ver- „schieden sind, kann man sagen, dass sie auf unendlich mannig- „faltige Art gefälscht sind. Der Kopf Homer’s oder der Kopf „Virgil’s sind nichts gewesen als Aggregate von Molekeln, oder, „wenn man will, gefälschter Würfel, d. h. so zusammengefügte „und ausgearbeitete Wesen, dass sie die Ilias oder die Aeneis her- „vorbringen mussten.“ ® Abgesehen davon, dass Holbach vom Entstehen geistiger Vor- gänge aus materiellen Bedingungen als von etwas Selbstverständ- lichem spricht, kann es nichts Ungeschickteres geben, als die Art, vom 6. Juli 1876. 389 wie er seinem Gegner die Waife aus der Hand zu winden versucht. Indem er den Vergleich der Molekeln mit gefälschten Würfeln sich aneignet, giebt er, ohne es zu bemerken, zu, dass es in der Na- tur, wie in einer Spielhölle, nicht mit rechten Dingen zugehe, da es doch gerade darauf ankäme, begreiflich zu machen, wie nicht für einen bestimmten Zweck vorgerichtete materielle Theilchen dennoch zu diesem Zwecke zusammenwirken. Hier ist der Knoten; hier die ungeheure, den Verstand, der die Welt begreifen möchte, auf die Folter spannende Schwierigkeit. Denn einen Mittelweg giebt es nicht. Wer nicht schlechthin alles Geschehen in die Hand des Epikuraeischen Zufalls legt, wer der Teleologie auch nur den kleinen Finger reicht, langt folgerichtig bei William Paley’s verrufener Natural Theology an:” um so unvermeidlicher, je klarer und schärfer er denkt, und je unabhängiger er urtheilt. Die Wucht und Zahl der Thatsachen, die im teleologischen Sinne zu sprechen scheinen, sind aber so gross; diese Thatsachen drängen sich im gemei- nen Leben täglich so unwiderstehlich zu; die Endursachen sind so verflochten mit von Kindheit an uns eingeprägten, altehrwürdigen Wahnvorstellungen der Menschheit, dass auch abstractere Köpfe in ihrem gewöhnlichen Denken sich nicht enthalten können, davon Gebrauch zu machen. Der Physiologe mag immerhin seine Wis- senschaft definiren als Lehre von den Veränderungen, die in den Organismen aus inneren Ursachen geschehen. Er mag mit Lichten- berg die teleologischen Erklärungen einer früheren Zeit belachen.° Er mag sich noch so sehr vornehmen, die Vorgänge im Thierleibe nur als Wirkungen der Organe sich vor- und Anderen darzustel- len. Kaum hat er, so zu sagen, sich selber den Rücken gewendet, so ertappt er sich wieder dabei, von Functionen, Verrichtungen, Leistungen, Zwecken der Organe zu reden. Die wenn auch nur von ferne gezeigte Möglichkeit, die schein- bare Zweckmässigkeit aus der Natur zu verbannen, und überall blinde Nothwendigkeit an Stelle von Endursachen zu setzen, er- scheint deshalb als einer der grössten Fortschritte in der Gedan- kenwelt, von welchem in der Behandlung dieser Probleme eine neue Epoche sich herschreiben wird. Jene Qual des über die Welt nachdenkenden Verstandes in etwas gelindert zu haben, wird, so lange es philosophische Naturforscher giebt, Charles Dar- win’s höchster Ruhmestitel sein. 390 Öffentliche Sitzung Hrn. Darwin’s Origin of Species traf Zoologie, Botanik und Palaeontologie unläugbar in einer gewissen doctrinären Erstarrung. Die Kenntniss organischer Gestalten wuchs täglich in sinnverwir- render Weise. Alles war geschäftig, die überreiche Ernte, wenn es ging, in’s bestehende systematische Fachwerk einzuordnen, wo nicht, letzteres hie und da nach Bedürfniss zu erweitern und umzubauen. Die Naturgeschichte im engeren Sinne, d. h. die Lehre von der Lebensweise und den Instineten der Thiere, war fast nur noch in Kinderschriften zu finden. An Deutung der aufgespeicherten Thatsa- chen, an eine Theorie der organischen Wesen, wurde kaum je gedacht. Die alten Dogmen von der Unwandelbarkeit der Art, deren Be- griff doch Niemand zu bestimmen wusste, von der Unfruchtbarkeit der Bastarde, von den schubweise in die Welt gesetzten Schöpfun- gen, von der Unmöglichkeit einer Urzeugung, von der Jugend des Menschengeschlechtes, schnitten jeden solchen Versuch vorweg ab. Die älteren, seitdem hervorgesuchten Wagnisse Lamarck’s und Anderer, mit unzureichenden Mitteln, zum Theil vom naturphilo- sophischen Standpunkt unternommen, waren vergessen, und längst hatte man sich daran gewöhnt, das Problem als ein auf natür- lichem Wege nicht lösbares zu betrachten. Unabhängige Geister, welche nicht unter die Unfehlbarkeit der Schule sich beugten, wur- den vornehm zurechtgewiesen. Denn eine stille Gemeinde, meist nur Solche zu sich zählend, welche ausserhalb der zoologischen Schule standen, zu der jetzt aber auch innerhalb der Schule Man- che gehört- haben wollen, die sich damals Nichts davon merken liessen, hegte immer schon ihre geheimen Zweifel an der Untrüg- lichkeit jener Dogmen.” Johannes Müller selber, der sonst da- ran mit strenger Orthodoxie hing, auf dem Katheder seinen Schü- lern sie einprägte, und mit leidenschaftlichem Fleiss am Ausbau des Systemes sich betheiligte, verrieth bei Gelegenheit seiner Ent- deckung der Erzeugung von Schnecken in Holothurien ketzerische Neigungen, die ihm von der Schule nicht wenig verargt wurden.! Wie schade, dass er die Katastrophe nicht erlebte, die nur ein Jahr nach seinem Tode diese so sicher sich fühlende Schule ereilte. Es war ein Schlag, wie die Geschichte der Wissenschaft noch keinen sah: so lange vorbereitet, und doch so plötzlich; so ruhig geführt, und doch so machtvoll treffend; an Umfang und Be- deutung des erschütterten Gebietes, an Wiederhall bis in die fern- sten Kreise menschlicher Erkenntniss eine wissenschaftliche That vom 6. Juli 1876. 391 ohne Gleichen. Wie nach dem Umsturze von Königreichen in de- ren Grenzlanden noch lange Erregung und Wirrsal herrschen, wenn im Erschütterungsherde schon neue Gestaltungen sich zu befestigen anfangen: so ist in Folge der Darwin’schen Bewegung der stets unsichere Grenzstrich zwischen Naturwissenschaft und Philosophie noch in wilder Gährung begriffen, welche fast täglich in den trüg- lichen Farben dünner Blättchen schillernde Literaturblasen aufwirft. Im Lager der ernsten Wissenschaft ist indessen die erste Be- stürzung ruhigerer Überlegung gewichen. Schon beginnt ein neues, inmitten der Umwälzung erwachsenes Geschlecht frischen Muthes die Führung zu übernehmen. Ausgenommen von einigen Origina- len, über deren Wehruf man unbedenklich zur Tagesordnung schrei- ten darf, wird allseitig zugegeben, dass die alte Position unhaltbar war, und dass an Stelle von Cuvier’s und Agassiz’ schubwei- sen Schöpfungen Hrn. Darwin’s Abstammungslehre zu treten habe. Zugleich aber scheint immer mehr die Meinung um sich zu greifen, dass die Entwickelung der organischen Natur allein aus den sogenannten organischen Bildungsgesetzen zu erklären sei. Den Sieg der Abstammungslehre erfochten zu haben, sei Hrn. Darwin’s eigentliche Leistung. Die Lehre von der natürlichen Zuchtwahl dagegen lässt man bestenfalls für einen sinnreichen, ge- schickt vorgetragenen Gedanken gelten, dem in der Wirklichkeit keine Bedeutung zukomme. Diese Auffassung stellt meines Erachtens gerade den besten Theil der neuen Errungenschaft in Frage. Gegenüber der Lehre der systematischen Schule, wie sie bis zu Hrn. Darwin’s Werk in Lehrbüchern und Hörsälen unbestrit- ten herrschte, erscheint die Abstammungslehre an sich freilich schon als grosser Fortschritt. Niemand kann mehr bereit sein, dies anzuerkennen, als die, welche darin den Triumph ihrer eige- nen, im Stillen gehegten Überzeugungen sehen, und Niemand das Verdienst, der Abstammungslehre zur Herrschaft verholfen zu ha- ben, höher anschlagen, als diese vordarwin’schen Darwinianer. Doch ist von ihnen nicht zu erwarten, dass sie durch die Abstam- mungslehre an sich geistig so gefördert sich fühlen, wie die, wel- che vorher doch nicht ganz sicher waren, ob nicht Wallfische fer- tig dem Nichts entsprangen, und ob nicht jede Species, die zu fa- brieiren Ornithologen oder Entomologen beliebte, im Anfang ge- 392 Öffentliche Sitzung schaffen ward, und mit in die Arche wanderte. Wenn letztere Forscher, indem sie jetzt der Abstammungslehre huldigen, eigent- lich noch immer kein ganz gutes Gewissen haben, und über ihre eigene Kühnheit erstaunen, so ist andererseits natürlich, dass jene älteren Anhänger der Abstammungslehre sich nicht bei dem Sieg ihrer Ansicht beruhigen, sondern eifrig bereit sind, dem grossen Führer, der ihre Partei plötzlich zur herrschenden machte, auch in seinen ferneren Eroberungen zu folgen. Das Ziel, welches er unszeigt, liegt aber noch weit über die Abstammungslehre an sich hinaus, mit welcher, sofern sie die Entwickelung der organischen Natur allein durch deren Bildungsgesetze zu erklären gedenkt, uns in der That erst wenig geholfen ist. Zunächst ist zu bemerken, dass, was die Morphologen Gesetze nennen, keine Gesetze im Sinne der theoretischen Naturwissenschaft sind. Jene vermeintlichen Gesetze sind nichts, als von einer grös- seren oder geringeren Zahl von Fällen abgezogene Regeln, welche nach Art grammatischer Regeln nur vermöge eines Cirkelschlusses dienen, um andere, unter ihren Begriff fallende Erscheinungen zu rechtfertigen und verständlich zu machen. Waren doch auch die Keppler’schen Gesetze nur solche Regeln, bis Newton sie aus dem Gesetze der allgemeinen Schwere ableitete, und dadurch zu Gesetzen erhob. Wegen dieser inneren Begründung lässt sich aber jetzt aus den Keppler’schen Gesetzen die ganze Lehre von der Bewegung der Himmelskörper mit dem Grade von Sicherheit her- leiten, welcher unseren Schlüssen überhaupt erreichbar ist, und un- sere Sehnsucht nach den Ursachen findet sich durch diese Herlei- tung soweit gestillt, wie die Natur unseres Verstandes erlaubt. Wir wissen mit der Art von Gewissheit, welche wir absolut nennen, dass auch die Planeten ungesehener Sonnen in Ellipsen sich bewegen, deren Leitstrahlen gleiche Flächenräume in gleichen Zeiten beschreiben, und dass die Quadrate ihrer Umlaufszeiten dem Würfel ihrer Sonnenabstände proportional sind. Ganz anders steht es mit den organischen Bildungsgesetzen. Wenn uns in jurassischem Gestein ein Stückchen einer rhombi- schen Schmelzschuppe aufstösst, so sagen wir mit einem sehr ho- hen Grade von Wahrscheinlichkeit, dass der Fisch, zu dessen Pan- zer vor ungezählten Jahrtausenden diese Schuppe gehörte, einen selbständig schlagenden Aortenstiel besass.!! Decken wir beim Zer- schlagen eines unförmlichen Stückes fossilen Knochens eine ge- vom 6. Juli 1876. 395 wundene Gehörschnecke auf, so sind wir überzeugt, dass das Thier, zu dessen Schädel das Bruchstück gehörte, ein Säuger war.!? Es ist kein kleiner Triumph, solche und ähnliche Aussprüche wagen zu dürfen. Absolut sicher aber sind sie nicht. Auch den besten organischen Bildungsgesetzen steht immer nur grössere oder gerin- gere Wahrscheinlichkeit zu. Absolute Merkmale sind der Stein der Weisen in der Systematik.” In einigen Fällen zwar grenzt die durch organische Bildungsgesetze verbürgte Wahrscheinlichkeit an Gewissheit. Dass wir nie einen Kentauren, Pegasus, Greif, nie eine Engels- oder Teufelsgestalt lebend oder fossil antreffen wer- den, kann man fast mit derselben Sicherheit behaupten, wie dass ein nie beobachteter Planet den Keppler’schen Gesetzen gehorcht. Ob man eben so sicher behaupten könne, dass nie ein Wirbelthier entdeckt werde, bei welchem in Folge einer Umlagerung des Cen- tralnervensystemes hintere und vordere Wurzeln der Rückenmarks- nerven ihre Rollen vertauscht haben, möchte schon eher einem Zweifel unterliegen, wie ausserordentlich unwahrscheinlich auch sol- ches Vorkommen sei. Hätte wohl ein vergleichender Anatom «a priori geglaubt, dass es eine Bildung gebe, wie die der Pleuronectae? Vollends im wirbellosen Reich ist die Unsicherheit der organischen Bildungsgesetze in dem Maasse grösser, wie die wirbellosen For- ‚men, mit Ausnahme etwa der Glieder- und Strahlthiere, weniger ausgesprochen typisch, und physiologisch weniger verständlich sind. Diese Unsicherheit der organischen Bildungsgesetze rührt da- her, dass sie reine Erfahrungssätze sind, in denen kein solcher in den letzten Gründen wurzelnder, logisch zwingender Inhalt erkannt ist, wie in physikalisch - mathematischen Gesetzen. Im Abwei- chen der Natur von jenen Regeln liegt daher nichts Widersin- niges und Unmögliches, und was nicht unmöglich ist, ist eben möglich. Physikalisch-mathematische Gesetze bilden eine sichere Staffel, von der aus wir weiter schreiten dürfen, unbesorgt, dass sie uns unter dem Fusse versage. Was mussten wir dagegen nicht in der Entwickelungsgeschichte erleben! Eine immer noch sehr beschränk- te, nur durch Zufall geleitete Umschau machte uns binnen Kurzem mit einer Reihe von Thatsachen bekannt, welche allem Erhörten Hohn sprachen. Entdeckungen wie die der verkehrten Lage des Em- bryo’s bei einigen Nagern, des Verlaufes der Entwickelung beim Reh, des Generationswechsels, der Entwickelung der Echinodermen, der 394 Öffentliche Sitzung Entokoncha mirabilis, der Parthenogenese, der Hektokotylie sind wohl geeignet, uns die Gefahr vorzeitiger Verallgemeinerung in diesem Gebiete zu Gemüthe zu führen; und im Grunde sind sol- che Anomalien nur Seitenstücke zu anderen längst bekannten, wel che uns deshalb keinen Eindruck machen, weil wir sie schon in der Wissenschaft vorfanden, wie die Beutelthiere, lebendig gebären- den Fische u. d. m. Unter solchen Umständen ist die Anwendung des sogenann- ten biogenetischen Grundgesetzes im einzelnen Falle, wenn auch das Prineip im Allgemeinen zuzugeben sein möchte, doch sehr bedenklich. Den Schlüssen, welche Ontogenie, geleitet durch einige weit verstreute palacontologische Merkzeichen, auf Phylogenie er- laubt, wird stets nur sehr bedingte Wahrscheinlichkeit zukommen. Stets wird dem subjectiven Meinen überlassen bleiben, im Gewirr un- zähliger sich verzweigender Möglichkeiten den Weg nach Belieben zu wählen, und das Werden der organischen Natur, abgesehen von einigen unbestreitbaren, meist aber schon früher deutlichen Grundzügen, so oder so sich zu denken. Jene Stammbäume unseres Geschlechtes, wel- che eine mehr künstlerisch angelegte als wissenschaftlich geschulte Phantasie in fesselloser Überhebung entwirft, sie sind etwa soviel werth, wie in den Augen der historischen Kritik die Stammbäume homerischer Helden. Will ich aber einmal einen Roman lesen, so weiss ich mir etwas Besseres, als Schöpfungsgeschichten. Doch ist nicht dies der Punkt, auf den es hier ankommt. Gesetzt, das Schema der Abstammungslehre sei vom Protoplas- maklümpchen, mit welchem sie das Leben beginnen lässt, bis zum Menschen so sicher ausgefüllt, wie es dies nicht ist, so bleibt, wenn allein Bildungsgesetze die Entwickelung bestimmten, die Ge- staltung der organischen Natur in der Hauptsache so räthselhaft wie zuvor. Nicht, weil die Molecularmechanik, welche diese Gestaltung bewirkt, uns ein verschlossenes Buch ist, und wohl stets blei- ben wird. Die Molecularmechanik der Krystallbildung, der che- mischen Processe scheint zwar zugänglicher, als die der Zelle, ist uns aber vorläufig so verschleiert wie diese, ohne darum in derselben Art unbegreiflich zu sein. Die Zweckmässigkeit in Ent- wickelung und Thätigkeit der Zelle ist es, welche auch bei bekann- ter Abstammung aller Formen die organische Natur noch immer gleich geheimnissvoll erscheinen liesse. Durch Bildungsgesetze al- vom 6. Juli 1876. 395 lein erklärt sich kein zweckmässiges organisches Werden. Das alte, der Menschheit aufgegebene Räthsel bleibt also auch bei ganz fertiger Abstammungslehre, wenn nicht noch etwas Anderes hinzu- tritt, in unveränderter Dunkelheit bestehen. Unbezwungen dräut nach wie vor von ihrer Klippe die Sphinx der Teleologie. Was hilft es uns verstanden zu haben, warum alle Wirbelthiere aus stets denselben homologen Stücken gefügt sind, wenn wir nicht auch verstehen, welche natürliche Ursache diese Stücke so um- formte, dass sie den Zwecken jeder einzelnen Art genau entsprechen? Wenn, um letzteres zu erklären. immer noch ein supernaturalisti- scher Eingriff nothwendig ist, so sind wir so ziemlich auf dem alten Flecke. Früher war die Frage, warum bei den wiederhol- ten Schöpfungsacten die schaffende Allmacht au stets dasselbe Mu- ster sich hielt, und zuweilen schlechte Arbeit lieferte. Jetzt müs- sen wir fragen, warum sie vorweg sich selber die Hände band, sich dadurch zu fehlerhaften Anlagen zwang, und es sich unmöglich machte, z. B. ein Wirbelthier mit sechs Extremitäten zu schaf- fen, was doch eine ganz gute Einrichtung sein könnte. Wir sind also in der Hauptsache um nichts gebessert, sondern haben nur das Problem umgeformt, ohne es seiner Lösung näher zu bringen. In dieser Noth bietet sich uns nun zum ersten Mal in der na- türlichen Zuchtwahl eine einigermaassen annehmbare Auskunft. In Verbindung mit den Bildungsgesetzen würde sie mit Einem Schlage verständlich machen, warum die organischen Wesen ein- ander und der Aussenwelt so bewundernswürdig angepasst sind; warum sie in sich selber zweckmässig sind, und doch so manche Zweckwidrigkeit aufweisen; warum sie gruppenweise, scheinbar un- beholfen, aus stets denselben Stücken gefügt, diese aber dem jedes- maligen Zweck entsprechend umgeformt sind. Die geschlechtliche Zuchtwahl bietet weitere Mittel zur Vervollkommnung der Schutz- und Trutzwaffen der freienden Männchen, und beantwortet die Frage, wie die belebte Natur dazu komme, mit dem Feder- schmuck der Vögel Luxus zu treiben, da doch aus der todten Natur Maupertuis’ Satz von der kleinsten Wirkung jeden Luxus verbannt. Sogar die Farbengluth alpiner Blumen erklärt sich durch die Anziehung, welche lebhafter gefärbte Exemplare auf die zur Befruchtung nöthigen, in jenen Höhen seltenen Insecten üben. Der von Hrn. Arthur Wallace, dem ein wichtiger Antheil an der Auffindung des grossen Prineipes gebührt, unterschiedene Fall der 396 Öffentliche Sitzung Mimiery vervielfältigt noch die Bedingungen, durch welche neue Formen entstehen und sich fixiren können. Endlich auch in’s psychologische Gebiet trägt dies Princip seine Fackel, indem es über eine der ältesten Streitfragen, die Frage ob unsere Grund- vorstellungen angeboren oder erworben seien,!* ja über das Entste- hen ethischer Strebungen, Licht verbreitet. Mit einem Wort, an Stelle der Endursachen in der organischen Natur träte eine zwar höchst verwickelte, aber blind wirkende Mechanik, und das Welt- problem wäre auf die beiden Räthsel zurückgeführt, was sind Materie und Kraft, und wie vermögen sie zu denken. Der Einwendungen gegen die Lehre von der natürlichen Zucht- wahl sind wesentlich drei. Die erste Gruppe von Gegnern zieht die thatsächlichen Grund- lagen der Theorie überhaupt in Frage, also die Neigung zur Va- rietätenbildung, die Erblichkeit der Varietäten, die Fruchtbarkeit der Mischrassen, die Wandelbarkeit der Art, ferner und vor Allem Hrn. Darwin’s doch so scharfsinnige Erklärung des Aussterbens der Zwischenformen. Diese Gregner bringen indess wenig mehr vor, als die von Hrn. Darwin serade als unhaltbar erwiesenen Behauptungen, auf denen die Lehre der systematischen Schule aufgebaut war. Einen hierher gehörigen Einwand giebt es jedoch, dessen Bedeutung unverkennbar ist. Ich selber erhob von Anfang an diesen Einwand in meinen Öffentlichen Vorlesungen, in welchen ich in Deutschland wohl zuerst die neue Lehre verkündigte. Ge- druckt hat ihn meines Wissens viel später erst Hr. A.W. Volkmann." Es ist der, dass die minimalen Variationen, mit welchen Artenbildung beginnen soll, dem Einzelwesen noch nicht zu merklichem Vor- theile gereichen können. Doch trifft meiner Ansicht nach dieser Ein- wand nur in gewissen Fällen, und vielleicht nur vorläufig, zu. Im Falle der elektrischen Organe z. B. erscheint er gegenwärtig noch als unwiderlegbar, da wir nicht einmal irgend einen Nutzen der pseudoälektrischen Organe anzugeben wissen. Was dagegen die Flügel betrifft, so lehrt das Beispiel des fliegenden Beutelthieres, des fliegenden Lemurs, des von Hrn. Wallace entdeckten fliegenden Frosches,!# wie sehr man im Urtheile darüber sich irren kann, ob ein noch rudimentäres Organ einem Thiere schon nütze oder nicht. Es kommt hier schliesslich nicht darauf an, ob diese oder jene bestimmte Bildung, sondern darauf, ob irgend eine zweck- mässige Bildung auf die von Hrn. Darwin angegebene Weise er- vom 6. Juli 1876. 397 klärt werden könne. In vielen Fällen von Anpassung durch Mi- miery, von geschlechtlicher Zuchtwahl, wird dies von der über- wiegenden Mehrzahl der Forscher zugestanden; und mehr ist, wie wir sehen werden, vor der Hand nicht nöthig. Die zweite Gruppe von Gegnern bezweifelt zwar nicht die allgemeine Richtigkeit des Prineipes und die Wirkungsfähigkeit der natürlichen Zuchtwahl in gewissen Fällen. Sie stösst sich aber daran, dass das Prineip nicht alle Bildungen erkläre. Diese For- derung beruht auf Missverständniss. Nie war die Meinung, dafs die natürliche Zuchtwahl allein Rechenschaft von der Gestaltung der organischen Natur geben solle. Stets wurde gleichzeitige Wir- kung organischer Bildungsgesetze angenommen. Hr. Darwin selber hat diese Seite der Frage sogleich in’s Licht gesetzt, es liegt aber in der Natur der Dinge, dass sie, trotz ihrer Wichtigkeit, in seiner Darstellung literarisch zurücktritt.'” Wenn ich nicht irre, ist ın den zahllosen Erörterungen über die Darwin'sche Lehre der Ge- sichtspunkt nicht hinreichend scharf aufgefasst und festgehalten, dass die organischen Bildungsgesetze für Alles aufzukommen haben, was in den Organismen nicht zweckmässig oder gar zweckwidrig, die natürliche und geschlechtliche Zuchtwahl dagegen für das Mei- ste, was zweckmässig oder nur des Gefallens wegen vorhanden, also aus blossen Bildungsgesetzen unerklärlich erscheint. So sehr ist dies die richtige Auffassung, dass vielmehr die Bildung der Organismen überall als Compromiss zwischen den Forderun- gen der Bildungsgesetze und den Wirkungen der natürlichen Zuchtwahl sich darstellt, wie (um ein dem Physiologen geläufiges Beispiel zu wählen) die lebensgefährliche Kreuzung der Luftwege und des Verdauungsrohres bei den mit Lungen athmenden Wir- belthieren. Ich wies bei früherer Gelegenheit darauf hin, dass in dieser Anschauung die Darwin’sche Lehre mit dem Leibni- zischen Optimismus sich deckt.!® Übrigens bin ich weit davon entfernt, die Schwierigkeiten zu verkennen, welche hier übrig bleiben. Eine der grössten in meinen Augen erinnere ich mich nicht gedruckt gesehen zu haben. Sie wird dargeboten durch das in der Physiologie sogenannte Vermögen der Regeneration und die damit verwandte Naturheilkraft, mögen diese sich äussern in Heilung von Wunden, in Begrenzung und Ausgleichung innerer Krankheitsprocesse, oder, am äussersten Ende der Reihe, in Wie- derherstellung eines ganzen Süsswasserpolypen aus jeder der bei- 398 Öffentliche Sitzung den Hälften, in welche ein Polyp zerschnitten wurde. Dies Kunst- stück konnte nicht dureh natürliche Zuchtwahl erlernt werden, und hier scheint es unvermeidlich, zweckmässig wirkende Bildungsge- setze anzuerkennen. Sollte aber nicht der von Jordan!?, Lavalle?, Pasteur?!, Senarmont?2 und Anderen beobachtete Wiederersatz verstümmelter Krystalle ein ähnliches Phaenomen sein? Anch die Fähigkeit der Organismen, durch Übung sich zu vervollkommnen, scheint mir mit Rücksicht auf die natürliche Zuchtwahl noch nicht hinreichende Beachtung gefunden zu haben. Als dritter, und angeblich jede weitere Erwägung ab- schneidender Grund wird von Hrn. Darwin’s Gegnern zu- letzt immer vorgebracht, zweckmässige Umgestaltung eines Orga- nes durch Vererbung und Auswahl der meistbegünstigten Formen sei bisher in keinem einzigen Beispiele wirklich beobachtet worden. Was derartiges früher geschehen, könne Niemand wissen, und da auch künftig Beobachtungen und Versuche über- diesen Gegen- stand aus vielen Gründen unausführbar erscheinen, so sei die Lehre von der natürlichen Zuchtwahl nicht nur jetzt eine unbewiesene Hypothese, sondern für immer verurtheilt, eine solche zu bleiben. Auf diesem Standpunkt thut man sich dann gegenüber denen, welche dennoch dieser Hypothese anhängen, nicht wenig zu gut darauf, dass man die Fahne der strengen Methode emporhalte, welche gebietet, nur erfahrungs- oder rechnungsmässig Festgestell- tes als bewiesen anzunehmen. Hier steckt abermals ein Missverständniss. Sobald zuge- seben ist, dass mittels der natürlichen Zuchtwahl irgend eine zweckmässige Bildung erklärt werden kann, sobald also diese Lehre als aus richtigen Vordersätzen richtig abgeleitet anerkannt wurde, ist gar nicht mehr nöthig, das Wirken der natürlichen Zuchtwahl im einzelnen Falle wirklich nachzuweisen, um dies Wirken da annehmen zu dürfen, wo man dessen zur Erklärung der Erscheinungen bedarf. Es kann ausserordentlich schwer sein, im Spiel einer verwickelten Maschine den Antheil zu unterschei- den, der gewissen, überall nach bekanntem Gesetze wirksamen Kräften, wie Schwere und Trägheit, zukommt. Deshalb wird man nicht bezweifeln, dass Schwere und Trägheit in der Maschine mit- spielen, und keinen Augenblick anstehen, wenn sich eine nur durch Schwere oder Trägheit erklärbare Nebenwirkung findet, diese Wirkung jenen Ursachen zuzuschreiben. So auch hier. Die 99 3%) vom 6. Juli 1876. natürliche Zuchtwahl ist nicht, wie die vermeintlichen organischen Bildungsgesetze, eine morgen vielleicht als hinfällig sich erweisende empirische Regel. Sie ist freilich auch nicht, wie mathematisch- physikalische Gesetze, eine unfehlbare Richtschnur des materiellen Geschehens. Aber als ein durch eine Kette bündiger Schlüsse aus allgemein gültigen Thatsachen gefolgerter, mithin doch auch in sich nothwendiger Satz hält sie die Mitte zwischen Regel und Gesetz, und steht diesem zunächst. Von den beiden Entwiekelungsprin- eipien der organischen Natur, den Bildungsgesetzen und der na- türlichen Zuchtwahl, ist also in der Idee gerade letzteres das ver- lässlichere, wie wenig auch in der Ausübung damit anzufangen sei. Unstreitig wäre es sehr erwünscht, könnten wir im einzel- nen Falle das Wirken der natürlichen Zuchtwahl nachweisen und ihm von Stufe zu: Stufe nachgehen. Doch ist dies billig nicht zu verlangen. Zwischen jenem Wirken während einer Generation und dem Ergebnisse nach hunderttausend Generationen besteht etwa die Beziehung, wie zwischen Differential und Integral. Wie selten vermögen wir letztere Beziehung zu durchschauen, obschon wir sie der Rechnung unterwerfen. Bezweifeln wir deshalb die Richtigkeit unserer Integration? Hier würde die entsprechende Forderung sein, dass wir durch eine unermessliche Reihe von Generationen, unter wechselnden äusseren Umständen, das Werden einer Art verfolgen und begreifen, wenn noch dazu, wie schon hervorgehoben wurde, völlig dunkle, nicht oder nur zufällig zweckgemäss wirkende Bil- dungsgesetze, gleichsam als unbekannte Constanten, ja Functionen, in’s Spiel sich mischen. Weil diese Forderung unerfüllbar ist, brauchen wir aber doch nicht die Beziehung zwischen dem Diffe- rential und dem von’der Natur, gleichsam als Rechenmaschine, für uns gefundenen Integrale zu misskennen. Sofern es um Geltung des Prineipes überhaupt sich handelt, kann uns also gleichgültig sein, ob wir im einzelnen Falle das Wir- ken der natürlichen Zuchtwahl zu durchschauen und zu beweisen vermögen, oder nicht. Wie die Sachen stehen, muss sie eben wir- ken, und die Frage kann nur sein, ob sie neben den organischen Bildungsgesetzen in's Gewicht falle, oder ob übermächtige Ein- flüsse ihre Wirkungen verwischen, so dass die in der Natur waltende Zweckmässigkeit doch allein auf Rechnung jener Gesetze zu brin- gen sei. Dieser Frage gegenüber scheint mir die richtige Stellung für (den Naturforscher folgende zu sein. 400 Öffentliche Sitzung Dass die natürliche Zuchtwahl zu leisten vermöge, was wir ihr zuschreiben müssen, um die Zweckmässigkeit der organischen Natur zu erklären, ist so wenig bewiesen, wie das Gegentheil. Die Absicht des theoretischen Naturforschers ist, die Natur zu be- greifen. Soll diese Absicht nicht sinnlos sein, so muss er-die Be- greiflichkeit der Natur voraussetzen.” Die Zweckmässigkeit der Natur verträgt sich nicht mit ihrer Begreiflichkeit. Bietet sich also ein Ausweg, die Zweckmässigkeit aus der Natur zu verbannen, so muss der Naturforscher ihn einschlagen. Solch ein Ausweg ist die Lehre von der natürlichen Zuchtwahl; folglich betreten wir ihn bis auf Weiteres. Mögen wir immerhin, indem wir an diese Lehre uns halten, die Empfindung des sonst rettungslos Versinkenden haben, der an eine nur eben über Wasser ihn tragende Planke sich klammert. Bei der Wahl zwischen Planke und Untergang ist der Vortheil entschieden zu Gunsten der Planke. Galiani’s Apolog setzt uns nun nicht in Verlegenheit, wie einst die, Encyklopaedisten. Wir hätten ihm zu antworten gewusst, denn Hr. Darwin hat uns verstehen gelehrt, warum auch mit nicht gefälschten Würfeln Natur meist (nicht immer) ihren Pasch wirft. Und wie in unseren Augen die Systematik ihre wahre Be- deutung und ihr volles Interesse erst jetzt gewann, wo sie nicht mehr mit ihrem künstlichen Aufbau sich selber betrügt; so fahren wir sogar in der Physiologie fort, der Teleologie als heuristischen Prineipes uns zu bedienen, mit dem Vorbehalt, dass bei der nur scheinbaren Zweckmässigkeit der Organe auch Zweckloses, ja Zweckwidriges mit unterlaufen könne. Nun wir glauben, sie er- klären zu können, hat auch der anthropomorphische Name "Zweck- mässigkeit für uns nichts Unheimliches mehr; und wir sehen kei- nen Vortheil dabei, ihn jetzt noch mit dem von Hrn. Carl Ernst von Baer vorgeschlagenen Namen Zielstrebigkeit zu vertauschen.?* Auf der anderen Seite soll Niemand getadelt werden, der, unter der Herrschaft der früher geschilderten Eindrücke, es zu schwierig findet, sich zu denken, dass durch die Kräfte der Ma- terie aus einem chaotischen Nebelballe die heutige Natur, mit In- begriff des menschlichen Gehirnes, wurde. Was dem Protoplasma- klümpchen gegenüber allenfalls möglich scheint, kommt auch dem entschlossensten Monisten zuweilen hart an, wenn er es auf eine von Geist und Anmuth strahlende holde Menschenblüthe anwenden soll, obschon der Unterschied zwischen Protoplasmaklümpchen vom 6. Juli 1876. 401 und Menschenkind doch nur ein gradweiser ist, um so gewis- ser, als ja das Menschenkind einmal ein Protoplasmaklümpchen war. In diesen Dingen werden persönliche Neigungen, durch Na- turanlage, Erziehung, zufällige Einflüsse bestimmt, stets einen gros- sen Platz behaupten. Teeleologie und Vitalismus, in der einen oder anderen Form so alt wie die Menschheit, werden auch deren jüng- sten Tag erleben. Und so folge Jeder seiner Bahn; nur dürfen die Anhänger der Endursachen sich nicht einbilden, wie sie zu thun pflegen, dass sie eine bessere, oder überhaupt irgend eine Lösung des Problems bringen, die den Namen verdient, wenn sie supernaturalistische Eingriffe in irgend einer Gestalt zu Hülfe ru- fen. Leibniz, dessen Geburtsfest wir heute begehen, wusste dies wohl. Zwar glaubte er, eine dualistische Theorie der Welt überhaupt gefun- den zu haben; aber der Platz, den er den Endursachen darin an- weist, bestätigt gerade die eben ausgesprochene Behauptung. In der materiellen Welt verwarf Leibniz die Teleologie durchaus. Hier waltet ihm schlechterdings nur mechanische Causalität. Die Materie lässt er von Gott erschaffen, aber dabei mit ihren Bewe- gungskräften ein für allemal so ausstatten, dass es keines Stel- lens der Weltuhr bedarf, damit sie richtig gehe. Die Summe der Materie wie der Bewegungskräfte bleibt stets dieselbe. Was in der materiellen Welt je geschah oder geschehen werde, ist der Idee nach mathematisch bestimmbar. Mit Einem Wort, die ma- terielle Welt ist ein Mechanismus, nur dass sie, unendlich kunst- reicher als jeder Mechanismus von Menschenhand, aus unendlich viel in einander geschachtelten Theilen besteht. Neben der so ablaufenden Maschine der Körperwelt nahm Leibniz eine Geisterwelt an, die Welt seiner Monaden, deren Vor- stellungen von ihrer Erschaffung an mit den Veränderungen der Körperwelt gleichen Schritt halten und ihnen entsprechen, zwischen denen und der Körperwelt aber jede ursächliche Wechselwirkung unmöglich ist. Wenn wir nach Zwecken zu handeln, oder aus objectivren Gründen zu empfinden glauben, sind dies von Anfang au vorherbestimmte Traumbilder unserer Seelenmonade, welche stets genau das sich vorstellt, was um sie her, scheinbar durch sie, oder auf sie wirkend, in demselben Augenblicke vorgeht. Nur ein einziges Mal also (wenn wir die Wunder ausnehmen) ist in der Welt nach Zwecken gehandelt worden: als Gott sie so gut [1876] 30 402 Öffentliche Sitzung schuf, wie er konnte. Wie Leibniz seine Lehre mit Willensfrei- heit versöhnen zu können meinte, geht uns hier nichts an. Leibniz zweifelte also nicht daran, dass materielle Theilchen durch ihnen zugetheilte Kräfte eine scheinbar zweckmässige Welt aufbauen konnten. Ja es schwindet jeder Unterschied zwischen seiner und. unserer T'heorie der materiellen Welt, wenn Gott vor unendlicher Zeit die Welt schuf. Aber auch wenn er sie zur end- lichen Zeit — t schuf, deckt sich das materielle Geschehen nach Leibniz mit dem von uns gedachten vom Augenblicke —t an durchaus. Denn da Leibniz den Zustand der Welt in jedem Augenblick als Function der Zeit ansieht, konnte nach ihm Gott die Welt im Augenblicke — t nur in dem Zustand erschaffen, in welchem sie sich zu dieser Zeit auch nach unserer Annahme befand. Streifen wir von Leibniz’ Weltansicht das trügliche Beiwerk der Monadologie, der praestabilirten Harmonie und des Optimis- mus ab, so bleibt als sicherer Kern nur seine mechanische Auf- fassung der materiellen Welt, und die Einsicht in die Unmöglich- keit zurück, irgend ein materielles Geschehen supernaturalistisch, und umgekehrt irgend ein geistiges Geschehen mechanisch zu er- klären. Diese Einsicht, welche ihn zur verzweifelten Auskunft der praestabilirten Harmonie trieb, immer wieder klar und scharf aus- gesprochen zu haben, dürfte Leibniz’ eigentliches Verdienst in der Metaphysik sein, obschon er selber, und seine Nachfolger bis heute, es in jenen glänzenden Spielen seines Witzes sahen.?® Ge- wiss ist die Materie, wie wir in physikalisch-mathematischen Betrach- tungen damit umgehen, nicht Alles, nicht die Substanz. Aber was darüber hinaus sei, ist uns verborgen; und wenn wir der Materie gegenüber eine geistige Substanz objeetiv uns vorstellen wollen, thun wir nichts, als die durch die Sinne uns vorgetäuschten Eigenschaften der Materie negiren, daher das Erzeugniss unserer Phantasie sich als unfähig erweist, mit der Materie in ursächliche Wechselwirkung zu treten. In wie tiefem Irrthum also sind diejenigen befangen, welche, nicht selten im Tone wissenschaftlichen Pharisaeerthumes, unsere Verblendung beklagen, bei Erklärung der Welt ohne Endursachen auskommen zu wollen, wodurch doch Alles, mit Inbegriff der ethi- schen Probleme, so leicht und schön sich löse. Diese zeigen nur, dass sie im Grunde nicht wissen, was Erkennen sei. Es giebt für uns kein anderes Erkennen, als das mechanische, ein wie kümmer- vom 6. Juli 1876. 403 liches Surrogat für wahres Erkennen es auch sei, und demgemäss nur Eine wahrhaft wissenschaftliche Denkform, die physikalisch- mathematische. Es kann daher keine ärgere Täuschung geben, als zu glauben, dass man die Zweckmässigkeit der organischen Natur erkläre, wenn man eine nach unserem Ebenbilde gedachte, nach Zwecken thätige, immaterielle Intelligenz zu Hülfe nimmt. Es ist gleichgültig, welche Form man diesem Anthropomorphismus ertheile; ob man mit Platon’s Timaeus als Ausfluss der Gottheit in den lebenden Wesen bewegende Ideen annehme, bei denen nie Einer etwas sich zu denken gewusst hat; ob mit Anderen eine unbe- wusste Seele, welche den Körper nach der ihr vorschwebenden Idee der Gattung aufbaut und vor welcher alle Räthsel der Physik und Chemie enthüllt sind, welche also weit klüger ist, als die bewusste Seele; oder ob man mit Leibniz Gott nur ein- mal zu Anfang die Dinge zweckmässig ordnen lasse. Es ist, sage ich, gleichgültig, in welcher von diesen Formen man das Unmög- liche versuche. Sobald man das Gebiet mechanischer Nothwendig- keit verlässt, betritt man das schrankenlose Nebelreich der Specu- lation. Gewonnen hat man nichts, denn wenn die Zweckmässig- keit der Natur dem Monismus Dornen flicht, so bettet ihre stel- lenweise Zweckwidrigkeit den Dualismus auch nicht auf Rosen. Der Hinweis auf die Vortheile, welche der Dualismus für Erklärung der ethischen Probleme gewährt, verfängt beim Kundigen nicht. Muss erst wieder an das Dunkel erinnert werden, dessen Lich- tung Leibniz in der T'heodicee vergeblich unternahm ? Der Standpunkt des heutigen Naturforschers den letzten Grün- den der Dinge gegenüber kann nur Entsagung sein. Ich habe frü- her einmal an dieser Stelle, bei gleicher Gelegenheit, dargelegt, wie die augenfälligen Verirrungen solchen Denkers, wie Leibniz, aus seiner Zeit sich erklären.°® Zwischen ihm und uns liegt eine unermessliche Kluft, welche die durch Beobachtung und Versuch, durch Rechnung und Induction erstarkte Naturforschung grub. Vor Allem der sogenannte qualitative Versuch übt auf den wissenschaftlichen Sinn eine erziehende Wirkung wie das Le- ben auf den Charakter. Bei jedem Schritte von der Natur zu- rechtgewiesen, fortwährend der Schwäche seines Urtheils, der Trüglichkeit seiner scheinbar sichersten Schlüsse überführt; für jedes voreilige Meinen, jedes blinde Vertrauen in den Schein früher oder später unfehlbar bestraft; für Fleiss und Treue zu 30* 404 Öffentliche Sitzung Zeiten reich, wenn auch meist anders, als er hoffte, belohnt: in solcher Zucht gewöhnt sich der experimentirende Naturforscher, auf schnelle, glänzende Eroberungen zu verzichten; schrittweise der gesuchten Wahrheit sich zu nähern; so unparteiisch sie zu prüfen, als läge ihm Alles daran, das Gegentheil zu bewei- sen; und einstweilen eine gewisse Summe vielleicht einander wider- sprechender Thatsachen, zusammengehalten durch ein Geflecht viel- leicht noch sehr unklarer Beziehungen, das Ganze auslaufend in mehrere gleichberechtigte Möglichkeiten, zwischen denen nur Er- fahrung entscheiden kann, als das Beste, was er weiss, in gedul- diger Fassung sich gegenwärtig zu halten.?? Zwar scheint es, als könne auch die mathematische Unter- suchung, welche mehr, als man zu glauben pflegt, inductiv verfährt, ähnlich erziehend wirken. Auch sie besitzt, was dem metaphysi- schen Denken fehlt, das sichere Mittel zu entscheiden, ob sie rich- tig vermuthete oder nicht. Aber der Mathematiker schöpft die Ent- scheidung aus sich selber, und darum ist seine Beschäftigung min- der als der Versuch geeignet, das Vertrauen auf die Speeulation zu erschüttern. Daher konute die Menschheit zwei Jahrtausende Mathematik treiben, ohne dass dies ihren speculativen Hang zü- gelte; und daher waren zwei der grössten Mathematiker des sieb- zehnten Jahrhunderts, Descartes und Leibniz, auch noch des- sen kühnste Metaphysiker. Kaum zwei Jahrhunderte verflossen, seit Chemiker, Physiker, Physiologen stetig und planmässig arbeiten, und schon sind die Lehren, welche so Geschlecht um Geschlecht empfing, nicht un- fruchtbar geblieben. In dieser Schule entwöhnte sich der Menschen- geist kindischen Träumens und jugendlicher Schwärmerei, erstarkte er zu männlicher Besonnenheit, und lernte er unlöslichen Räthseln gegenüber sich bescheiden. Eine neue Phase seiner Geschichte macht sich theils im Stocken der speculativen Versuche, theils in der Gestalt bemerkbar, welche das Philosophiren in besseren Kö- pfen anzunehmen pflegt. Was der Naturforscher im kleinen Kriege des Laboratoriums übte, kommt seiner Haltung gegenüber dem grossen Weltgeheim- niss zu statten. Das bei Leibniz bemerkbare Streben, um jeden Preis eine Welt sich aufzubauen, in welcher aus der Kindheit des Menschengeschlechtes stammende Vorurtheile mit den Einsichten eines schon weit gereiften physikalisch - mathematischen Denkens vom 6. Juli 1876. 405 vermählt werden sollen, liegt ihm so fern, dass er in diese Anschauungsweise nicht besser sich zu versetzen vermag, als in die mythologische Weltansicht eines Hellenen oder Brahma- nen. Die selbstgefällige Zuversicht, mit welcher Leibniz sein Vorhaben für gelungen hält, erinnert ihn an ähnliche Täuschun- gen im Beginn der eigenen wissenschaftlichen Bildungsgeschichte: denn auch im Gebiete des Geistes gilt das biogenetische Grund- gesetz. Der unverrückbaren Grenzen kundig, die dem mensch- lichen Verstande nun einmal gesteckt sind, verlangt er nicht dar- über hinaus. Zwischen dem Problem, was Materie und Kraft seien, und dem, wie sie denken, erkennt er den Bereich seiner Thä- tigkeit; sonst weiss er nur, dass er nichts weiss, nichts wissen kann und wissen wird. Schwindelfrei auf dieser Höhe des Pyrrho- nismus, verschmäht er, die Leere, die um ihn gähnt, mit Ge- bilden seiner Phantasie auszufüllen, und blickt furchtlos in das unbarmherzige Getriebe der entgötterten Natur. Dass er vor ewi- gen Räthseln steht, entmuthigt ihn nicht. Weder stürzt er sich, wie Empedokles, verzweifelnd in den physischen Schlund, des- sen Geheimniss er nicht zu ergründen vermag, noch wie Faust in den moralischen Abgrund, dessen Lockungen zu folgen doch keine unwürdige Fessel ihn abhält. Denn er verachtet nicht, weil den Urgrund der Dinge zu erkennen ihm versagt ist, Vernunft und Wissenschaft. Gleich Lessing erscheint ihm nicht der Besitz der Wahrheit, sondern das Streben danach, als das höhere Gut.?® Und deshalb sucht und findet er Trost und Erhebung in der Arbeit, welche den Schatz menschlicher Erkenntniss mehrt, durch heilsame Anstrengung die Kräfte und Fähigkeiten unseres Geschlechtes stei- gert, unsere Herrschaft über die Natur ausdehnt, unser Dasein durch Bereicherung unseres Geistes veredelt und durch Vervielfäl- tigung unserer (renüsse verschönt. Von jenem niederschlagenden “/gnorabimus rafft sich der Na- turforscher wieder auf zu des sterbenden Septimius Severus mannhaftem Losungswort an seine Legionare:?® Laboremus! 406 Öffentliche Sitzung Anmerkungen. 1 Sainte-Beuve, Causeries du Lundi. 3m® Ed. t. II. 1858. p- 203. 2 Öeuvres choisies et posthumes de M. de La Harpe etc. Paris 1806. t. I. 'p.Lxo0. 3 E. du Bois-Reymond, Voltaire in seiner Beziehung zur Natur- wissenschaft. Berlin 1868. S. 19. 4 In den Memoires (inedits) de !’Abbe Morellet etc. (Faisant partie de la Collection des Memoires relatifs a la Revolution francaise. Paris 1825. t. I. p. 135) ist die Geschichte von Galiani s Apolog, und dieser selber, etwas anders erzählt. Kenner der damaligen Zustände, welche über die ge- schichtliche Genauigkeit meiner Erzählung mit mir rechten möchten, seien in aller Bescheidenheit auf Schiller's Anmerkung zu seinem „Grafen von Habs- ‘ verwiesen. burg‘ 5 Aus meinem Leben. Wahrheit und Dichtung. Eilftes Buch. Aus- gabe in 30 Bänden. Stuttgart und Tübingen 1851. Bd. XVIIL S. 39. 6 Systeme de la Nature ou des loix du monde Physique et du monde moral.e. Par M. Mirabaud. Seconde Partie. Londres 1771. p. 174. Rem. 41. 7 The Works of William Paley ete. vol. V.. London 1825. 8 Lichtenberg’s Vermischte Schriften. Neue vermehrte, von dessen Söhnen veranstaltete Original-Ausgabe. Bd. I. Göttingen 1844. S. 168. 9 Vergl. E. du Bois-Reymond, Gedächtnissrede auf Johannes Müller. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1859. 4°. 8.128 ft. 10 Vergl. ebenda, S. 131—133. — Anm. 163 auf S. 187. 11 Ebenda, S. 110. 12 Ebenda, S. 115. 13 Ebenda, S. 105. 12 E. du Bois-Reymond, Leibnizische Gedanken in der neueren Naturwissenschaft. In diesen Berichten, 1870. — Besonders abgedruckt in: Das Kaiserreich und der Friede. — Leibnizische Gedanken u. s. w. Zwei Festreden u. s. w. Berlin 1871. S. 28 ft. 15 A. W. Volkmann, Zur Entwickelung der Organismen. Aus den Sitzungsberichten der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle a.S. 4°. Se- paratabdruck. S. 3. 4. 16 Alfred Russel Wallace, The Malay Archipelago ete. London 1869. .vol. 1. p. 59. vom 6. Juli 1876. 407 17 Vergl. den Abschnitt „Correlation of Growth“ in: On the Origin of Species by means of natural Selection. London 1859. p. 143 —150. 15 E. du Bois-Reymond, Leibnizische Gedanken u. s. w. S. 23. 19 Müller’s Archiv für Anatomie, Physiologie u. s. w. 1842. S. 46. 0 Comptes rendus etc. 1853. t. XXXVI. p. 493. 1 Comptes rendus ete. 1856. t. XLII. p. 795; — Annales de Chi- mie et de Physique. 1857. 3 Me Serie. t. XLIX. p. 5; — Poggendorff's Annalen der Physik u. s. w. 1857. Bd.C. S. 157. 22 Comptes rendus etc. 1856. t. XLIII. p. 799. 23 Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft, u.s. w. Berlin 1847. [J [S} 24 Studien aus dem Gebiete der Naturwissenschaften. Th. II. St. Pe- tersburg 1876. 25 Vergl. E. du Bois-Reymond, Über die Grenzen des Naturerken- nens. Vierte vermehrte und verbesserte Auflage. Leipzig 1876. S. 7. 23. 39. 42. 26 E. du Bois-Reymond, Leibnizische Gedanken u. s. w. 8. 16 ff. IS} 7 Vergl. die Schilderung der Thätigkeit des Naturforschers in Helm- holtz’ „Populären wissenschaftlichen Vorträgen“. Zweites Heft. Braun- schweig 1876. S. 188. 28 Eine Duplik. 1778. — In @. E. Lessing’s Werken. Stuttgart 13092. Bd. x. Se 19. 29 Scriptores Historiae Augustae ab Hadriano ad Numerianum. Rec. Jordan et Eyssenhardt. Berolini 1864. t. I. p. 137. „Ultima ejus dieuntur haee fuisse... Jussit deinde signum tribuno dari “laboremus’, quia Pertinax quando in imperium adscitus est signum dederat “militemus’.* 408 Öffentliche Sitzung Hierauf hielt Hr. Waitz, als seit dem Leibniztage vorigen Jahres eingetretenes Mitglied, folgende Antrittsrede: Wenn ich, dem Herkommen gemäss, beim Eintritt als ordent- liches Mitglied in die Akademie, der in entfernterer Weise verbun- den zu sein ich schon länger als ein Menschenalter die Ehre hatte, ein Wort über mein Verhältniss zu derselben sagen soll, so bedarf es ja kaum der Erinnerung an das was der Akademie den Anlass gegeben hat, mich von auswärts her zu einer Stellung zu berufen, die zu dieser engeren Genossenschaft geführt, und was mich be- wegen musste, einen langjährigen, mir lieb gewordenen Wirkungs- kreis aufzugeben, um die Jahre, die mir noch vergönnt sein mögen, hier wissenschaftlicher Arbeit zu widmen. Dem grossen nationalen Werk der Monumenta Germaniae historica, unter der einsichtigen und energischen Leitung des Mannes, den ich mich freue jetzt hier als Collegen begrüssen zu dürfen, gehörten die ersten Jahre selbständiger Thätigkeit auf dem Gebiete der Geschichtsforschung an; hierdurch veranlasste glückliche Entdeckungen für die älteste Geschichte unseres Volkes, seiner Sprache und seines Glaubens, waren es, welche früh die wohlwollende Aufmerksamkeit der Akademie mir zuwandten; und nun soll es mir obliegen, wenig- stens einen Theil der umfassenden Quellensammlung Deutscher Geschichte weiter zu führen und zugleich eine gewisse geschäft- liche Verbindung unter den selbständig hingestellten und bewährter Leitung untergebenen Abtheilungen zu erhalten: gewiss eine Auf- gabe von grosser Bedeutung, der seine Kräfte zu widmen, wie eine Pflicht, so eine Ehre sein muss. Es kehren damit nothwendig meine Arbeiten vielfach zu dem zurück, was mich in jenen frühe- ren Jahren beschäftigt hat und was, wenn auch nie ganz auf- gegeben, doch zuletzt mehr in den Hintergrund getreten war. Die Kritik der Quellen, die Herstellung zuverlässiger Texte, die Prüfung der Echtheit, die Unterscheidung des Selbständigen und Ab- geleiteten, ist eine nothwendige Grundlage aller weiteren histori- schen Forschung; auf dem Gebiet des Mittelalters, dem die Mo- numenta angehören, vielleicht nothwendiger noch als in anderen Theilen der Historie, jedenfalls hier seit einer Reihe von Jahren mit besonderem Eifer gepflegt. Hat sich hie und da wohl eine gewisse Opposition gegen diese Art der Forschung erhoben, hat es auch, wie man gerne einräumen mag, an einzelnen Übertrei- bungen und Verirrungen auf diesem Gebiete nicht gefehlt, die dazu vom 6. Juli 1876. 409 einen Vorwand gaben, so muss es doch als überflüssig erscheinen, irgend etwas über den Werth und den weitreichenden Einfluss dieser Studien zu sagen. Sie sind aber allerdings nur Grundlage, nur Vorbereitung, und es kann kaum befriedigen, ihnen allein und immer seine Thätigkeit zuzuwenden. Ich glaube hier aussprechen zu sollen, dass ich mich dazu in meiner jetzigen Stellung auch nicht verurtheilt halte, dass ich gerade in der Theilnahme an dieser hohen freien Genossenschaft wissenschaftlicher Männer die Berechtigung finde, auch ferner meiner Arbeit noch andere Auf- gaben zu stellen. Als unter der Leitung hochverehrter Lehrer, von denen wenig- stens noch einen in rüstigster Wirksamkeit unter den Mitgliedern der Akademie zu finden, meine grösste Freude gewesen, Ranke und Lachmann, Savigny und Homeyer, ich hier in Berlin meine Studien betrieb, da schwankte ich wohl, ob der Deutschen Ge- schichte oder dem Deutschen Recht ich vorzugsweise meine Thätig- keit zuwenden solle: ich sage vorzugsweise; denn dass beide in Wahrheit sich nicht trennen liessen, nur in engstem Zusammen- hang betrieben werden könnten, davon war ich damals wie heute überzeugt. Ich habe vor 40 Jahren gewagt, auch auf das Vor- bild Niebuhr’s hinzuweisen, des grossen Mannes, dessen hundert- jährigen Geburtstag die nächsten Wochen bringen, von dem ich nicht zu sagen brauche, wie fördernd und belebend er auf die historische Wissenschaft eingewirkt, von dem ich aber auch an dieser Stelle gern bezeugen mag, welchen Einfluss schon auf den Schüler sein epochemachendes Werk geübt, wie er mich früh für das Studium der Geschichte, insbesondere der Verfassungsgeschichte begeistert hat. So schien mir, als ich auf dem weiten Gebiete Deutscher Geschichte zu arbeiten begann, keine Aufgabe lohnen- der, des Wetteifers würdiger, ich sage auch der Bearbeitung be- dürftiger, als eine Darstellung der staatlichen Verhältnisse unseres Volkes in älterer Zeit. Wenn ich das Buch, welches ich so be- gann, mit einer gewissen Kühnheit Deutsche Verfassungsgeschichte nannte, so war niemals meine Meinung, dass es mir oder irgend jemandem möglich sein werde, die Aufgabe, wie ich sie mir ge- stellt, für die ganze, reiche und wechselvolle Entwickelung des Deutschen Volkes auf staatlichem Gebiete durchzuführen: es han- delte sich darum, das vorhandene, aber sehr zerstreute Quellen- material für gewisse Zeiten einmal möglichst vollständig zu sam- 410 Öffentliche Sitzung meln und daraus ein Bild der Verfassung und des politischen Lebens, namentlich auch der Zeiten zu gewinnen, welche bis dahin fast ganz im Dunkeln lagen. Auch in der so auferlegten Be- schränkung habe ich die Arbeit noch nicht beendigen können — manches andere, die Beschäftigung mit der Geschichte der engeren Heimath oder was der Beruf des Universitätslehrers heranführte, trat dazwischen —; um so mehr hoffe ich hier die Musse zu finden, sie wenigstens zu einem gewissen Abschluss zu führen, und werde dann wohl Gelegenheit haben, auch die Theilnahme der Akademie für einschlagende Untersuchungen in Anspruch zu nehmen. Es sind dergestalt hauptsächlich zwei Gebiete Deutscher Ge- schichtsforschung, die mich bisher beschäftigt haben und weiter beschäftigen werden. Wer hätte nicht gern sein Ziel sich höher gesteckt? Wir entbehren einer Deutschen Geschichte, die irgend den wissenschaftlichen Forderungen der Gegenwart entspräche. Aber die Aufgabe ist gewaltig, vielleicht jetzt noch überhaupt nicht zu lösen. Was das mündliche Wort des Lehrers wagt und wagen muss, hat ja noch kein Recht einen Platz in der Literatur ein- zunehmen. Unserer Zeit ist es vergönnt gewesen, viel, unendlich viel für die bessere Kenntniss der Vergangenheit zu thun, durch Aufschliessung und richtige Verwerthung der Quellen, durch Fest- stellung der Thatsachen, durch Bearbeitung einzelner Zeiten und Seiten des geschichtlichen Lebens. Dabei nach Kräften thätig ge- wesen zu sein, mancherlei Arbeit gefördert zu haben, das mag, wo das Grössere nicht vergönnt war, wie es die Anerkennung der Akademie gefunden, zu einer gewissen Befriedigung gereichen. Mit diesem Gefühle und in diesem Sinne denke ich denn meinen Platz hier einnehmen, der Akademie meinen Dank für ihre Wahl bezeugen zu dürfen. Ferner hielt Hr. Schrader, als seit dem Leibniztage vorigen Jahres eingetretenes Mitglied, folgende Antrittsrede: Indem Sie mich in Ihre Mitte beriefen, thaten Sie es in der Absicht, mir dadurch Gelegenheit zu geben, mich in ausschliess- licherer Weise als bisher den Studien zu widmen, um deren För- derung ich in den letzten Jahren nach meinem Theile bemüht vom 6. Juli 1876. All gewesen bin. Sie wollten damit — so darf ich annehmen — zugleich, wie die hohe Wichtigkeit dieser Studien, so nicht minder die Wünschbarkeit eines gedeihlichen Fortschritts auf der eröffneten Bahn anerkennen. So sehr ich nun auch mir bewusst war, wie meine Leistungen auf diesem Gebiete noch der Verbesserung und der Vervollkommnung bedürftig wären, und so schwer es mir ward, meine frühere amtliche Thätigkeit mit einer theilweis andersartigen zu vertauschen, so folgte ich doch gern dem Rufe, der an mich erging, da ich mir nicht verschwieg, dass es auf die Dauer nicht wohl möglich sein würde, diese Studien neben den bisher für mich im Vordergrunde stehenden zu betreiben. Die Eigenthümlichkeit des Gegenstandes selber; die Schwierigkeiten, welche sich der Bewältigung des spröden Stoffes entgegenstellen, erheischen für den Forscher die grösstmöglichste Concentrirung; diese aber war in meiner früheren Stellung ohne Schädigung der anderweitigen Amtspflichten nicht wohl zu erreichen. Ich begrüsste aber den Ruf noch aus einem anderen Grunde. Der Deuter der keil- inschriftlichen Urkunden berührt bei diesem Geschäfte sehr ver- schiedenartige Gebiete. Eine Sonderung der Arbeitsfelder, wie sie auf anderen Forschungsgebieten längst durchgeführt ist, ist in der Assyriologie noch unausführbar, und würde, sollte sie vorschnell in’s Werk gesetzt werden, wesentliche Übelstände im Gefolge haben. Die Zeit, wo diese Abzweigung eintritt, wird auch hier kommen; dermalen aber sind die verschiedenen Gebiete noch so sehr mit einander verknüpft und in den Ergebnissen der Forschung noch so sehr das eine auf das andere sich stützend, dass eine möglichst zusammenhangsvolle Bearbeitung durchaus wünschens- werth erscheint. Um so mehr wird sich der Vertreter dieser Wissenschaft verpflichtet fühlen, wenn ihm Speeialforscher auf den angrenzenden und durch die Forschung gestreiften Gebieten ihre wohlwollende Unterstützung zu Theil werden lassen; und dass eine solche mir von meinen verehrten Collegen nicht werde versagt werden, dessen darf ich mich gewiss im Voraus versichert halten. Ein Deutscher, Carsten Niebuhr, brachte die ersten zu- verlässigen Abbilder der persepolitanischen Keilinschriften nach Europa; ein Deutscher, G. F. Grotefend, entzifferte das erste Keilschriftwort; ein geborener Deutscher endlich, Julius Oppert, gab nach den tastenden Versuchen Botta’s, Longperier’s, de Sauley’s und nach den folgenschweren Entdeckungen der 412 Öffentliche Sitzung Engländer Edward Hincks und Henry Rawlinson, in fran- zösischer Zunge die erste zusammenfassende Darstellung der durch seine Vorgänger und durch ihn selber gewonnenen linguistisch- paläographischen Ergebnisse der Entzifferung der assyrischen Keil- inschriften. Und wenn sich im Übrigen Deutschland an dem Ge- schäfte der Entzifferung selber lange Zeit hindurch nicht betheiligte, so wurden die wissenschaftlichen Bestrebungen der Genannten und anderer Männer doch auch hier mit theilnehmendem Interesse ver- folgt, und es ist unsere Akademie, in welcher — in Deutschland zum ersten Mal — von zuständiger Seite die linguistischen Ergeb- nisse der Entzifferung einer Prüfung unterstellt und auf die innere Folgerichtigkeit des wesentlichen Theiles der Entzifferungen hin- gewiesen ward. Sie haben gewünscht, dass die Akademie mit diesen Studien hinfort noch näher verknüpft und im engeren Sinne als bisher eine Stätte der Pflege auch dieser Studien werde. Mögte es mir vergönnt sein, zum ferneren Auf- und Ausbau die- ser Wissenschaft auch meinerseits einige brauchbare Bausteine zu liefern! Endlich hielt Hr. v. Sybel, als seit dem Leibniztage vorigen Jahres eingetretenes Mitglied, folgende Antrittsrede: Nachdem die Akademie mir vor Jahren die Ehre erwiesen, mıch unter ihre Correspondenten aufzunehmen — eine Ernennung, die ich, damals für mich, und jeder Zeit für jeden Gelehrten als eine hohe Auszeichnung betrachtet habe, — hat sie mich neuerlich bei meiner Übersiedlung nach Berlin als Leiter der preussischen Staatsarchive zu ihrem ordentlichen Mitgliede gewählt. Ich erfülle eine freudige Pflicht, indem ich dafür der verehrten Corporation meinen wärmsten Dank darbringe. Niemals wird mich der Ge- danke verlassen, dass ich mich hier an einer Stelle befinde, die seit anderthalb Jahrhunderten ein Sammelpunkt der Zierden und Grössen deutscher Wissenschaft gewesen ist: es kann keinen stärkeren Ansporn zu unausgesetzter Thätigkeit geben, als der Wunsch, der Berufung in einem solchen Kreis sich auch nur einigermaassen würdig zu zeigen. vom 6. Juli 1876. 413 Hier, auf einem Höhenpunkt meines wissenschaftlichen Lebens angelangt, darf ich wohl einen Moment bei der Erinnerung an den Anfang desselben, vor mehr als 40 Jahren ebenfalls hier in Berlin, verweilen. Unser verehrter College, der Altmeister der heutigen deutschen Geschichtschreibung, Ranke, hatte kurz zuvor mit einer kleinen Anzahl reiferer Schüler historischer Übungen be- gonnen, welche für die meisten der jetzigen historischen Seminare Anregung und Muster geworden sind, und somit dem historischen Unterricht wesentlich seine heutige Gestalt gegeben haben. Dem jungen Studenten, dem es verstattet wurde, in jene Gesellschaft einzutreten, ist der kräftige, geistsprühende und doch stets auf die exacteste Methode dringende Impuls, den er dort empfing, für alle Zeit unvergesslich und bestimmend geblieben, und auch heute noch bin ich noch der Meinung, dass diese Art, den Anfänger in die historische Wissenschaft einzuführen, in jeder Hinsicht die er- giebigste ist. Es versteht sich, dass bei der historischen Pro- duction, wie überall, das Beste nicht gelehrt werden kann: reicher Gehalt und schöne Form sind Geschenke des Genius, welchen der Lehrer wohl anzuregen, aber nicht zu überliefern vermag. Jedoch für das breite und feste Fundament, dessen der stolze Bau der historischen Meisterwerke bedarf, für die kritische Erforschung und Feststellung des geschichtlichen Thatbestandes, hat Ranke’s Lehrweise in Deutschland geradezu Epoche machend gewirkt. Auf allen unseren Universitäten hat seitdem die Geschichtswissen- schaft eine neue Stellung, und damit eine bisher ungeahnte Menge >) tüchtiger und wohlgeschulter Kräfte für die Aufhellung unserer Vergangenheit gewonnen. Früher wurden geschichtliche Collegien theils von Studenten aller Fächer als Quelle allgemeiner Bildung, theils von Juristen und Philologen als Hülfswissenschaft ihres Fachstudiums gehört: jetzt drängen sich in Vorlesungen und Se- minaren die Studiosen der Geschichte, als selbstständiger, nach eigenartigen Aufgaben auszubildender Fachwissenschaft. Nichts wäre nun verkehrter als die Meinung, dass deshalb der künftige Historiker es mit philologischer und juristischer Ausbildung weniger streng als früher zu nehmen hätte: im Gegentheil, er bedarf der- selben in gleichem Maasse, wie der Philologe und Jurist der histo- rischen Kenntnisse und Kritik. Immer aber ist dem Einen Haupt- sache, was dem Andern Hülfswissenschaft, ist dem Einen Hand- werkszeug, was dem Andern letzte Aufgabe der Forschung, und 414 Öffentliche Sitzung so sicher der Historiker ohne philologische oder juristische Schulung auch im eigenen Fache Dilettant bleibt, so rationell ist es wieder, dass für seine Zwecke das Studium der Nebenfächer eine andere Richtung nimmt und eine andere Answahl im Wissensstoffe trifft, als bei den Juristen und Philologen selbst. Wie gesagt, ich bin nicht der Meinung, dass von der Grün- dung und Vervielfältigung unserer historischer Seminare sofort eine entsprechende Vermehrung genialer historischer Kunstwerke zu erwarten wäre. Das Gebiet, auf welchem die neue Unterrichts- weise sich erprobt, ist die Sammlung und Sichtung des historischen Stoffes. Die Früchte des bisherigen Strebens werden erkennbar, wenn man sich an die Mühe erinnert, mit welcher vor 50 Jahren der Freiherr vom Stein seine Mitarbeiter an den Monumenten zu recrutiren hatte, und dagegen an die Leichtigkeit, mit der heute eine lange Reihe ähnlicher Publieationen zur Ausführung gelangt, und niemals eine Aufgabe wegen Mangels an fähigen Arbeitern hoffnungslos wird, sondern die bereiten Arbeiter nur nach der Stellung der würdigen Aufgabe ausschauen. Sie werden sogleich vernehmen, in wie rüstigem Fortgang die Herausgabe der Monu- menta in allen ihren Theilen begriffen ist. Sie wissen, mit wie bedeutendem Erfolge sich daran die mannichfaltigen Editionen der Münchener historischen Commission anschliessen; Sie haben es vor Augen, mit welchem Eifer fast in allen Territorien unseres Vater- landes locale Kräfte auf demselben Arbeitsfelde thätig sind. Die Akademie selbst hat vor Kurzem beschlossen, ihren grossen Leistun- gen auf dem Gebiete der alten Geschichte das vorlängst schon von unserem Üollegen, Herrn Duncker, beantragte patriotische Unternehmen, die Herausgabe der politischen Correspondenz Friedrich des Grossen, hinzuzugesellen: nun, mit grösster Genugthuung kann heute schon versichert werden, dass, wenn, wie wir hoffen, Se. Majestät der Kaiser unser Vorhaben autorisirt, eine durchaus tüchtige und würdige Redaction des Werkes ausser Zweifel steht. In diesem Zusammenhange darf dann auch viel- leicht die Mittheilung auf Ihr Interesse rechnen, dass die von der Archiv-Verwaltung veranlassten Unternehmungen ähnlicher Art sich in wünschenswerthester Entwickelung befinden, und ebenfalls keine Schwierigkeit gehabt haben, befähigte Arbeitskräfte für jede ihrer Aufgaben zu gewinnen. Es werden, wie ich hoffe, noch in diesem Jahre ein Band wichtiger Actenstücke zur Geschichte der preussi- om, Tui 1676: 415 schen Politik im Jahre 1813, sodann eine Sammlung der ältesten Gerichtsbücher Grosspolens, und endlich Documente über die lite- rarische Thätigkeit Friedrich des Grossen zum Druck gelangen, im Laufe des nächsten Jahres aber die höchst lehrreiche Cor- respondenz des Landgrafen Philipp von Hessen mit Bucer, ein Band neuer Materialien zur Geschichte der Gegenreformation in Westfalen, und eine Darlegung der bisher fast unbekannten Ver- hältnisse Preussens zur römischen Kirche in der Zeit Friedrich des Grossen an das Licht treten. Wenn ein Historiker die Fülle dieser Bestrebungen überblickt, wenn er sieht, mit wie unermüdlichem Fleisse an hundert Punkten neue Schachte angebaut und neue Ergebnisse zu Tage gefördert werden, wenn er inne wird, wie diese Thätigkeit gleichmässig allen Zweigen seiner Wissenschaft zu Gute kommt, so drängt es ihn zu dem Ausrufe: in diesem Jahrhundert ist es eine Lust zu leben. In der That, niemals früher sind die Quellen der histori- schen Erkenntniss der Wissenschaft so zugänglich geworden, wie heute; niemals früher hat ein so planmässiges und umfassendes Zusammenwirken wissenschaftlicher Kräfte stattgefunden, wie in unsern Tagen. Möge diese fruchtbare Vereinigung fort und fort in immer reicheren Erfolgen andauern! Und indem ich hier auf meine persönliche Stellung zurücksehe, sei es mir aus vollem Herzen auszusprechen verstattet: ich habe keinen lebhafteren Wunsch, als dass die eben erwähnten Unternehmungen unserer Archive die Sympathie und Billigung auch dieses verehrten Kreises finden, und kenne keine liebere Pflicht, als nach allen Kräften, nicht nur als Mitglied dieser Corporation, sondern auch in meinem amtlichen Wirken, den Zwecken der Akademie und damit den Zwecken der Wissenschaft, ein treuer und nützlicher Mitarbeiter und Diener zu sein. Hr. Curtius, als Sekretar der philosophisch - historischen Klasse, beantwortete diese Reden folgendermaassen: Wenn die akademische Sitte unseren neuen Genossen den etwas lästigen Zwang auflegt, öffentlich von sich selbst zu sprechen, so liegt ilır ein Gedanke zu Grunde, den wir um keinen Preis 416 Öffentliche Sitzung aufgeben möchten, der Gedanke nämlich, dass es sich beim Eintritt in die Akademie nicht bloss um einen gültig vollzogenen und be- stätigten Wahlakt handelt, sondern um ein persönliches Verhältniss, in welches der Gewählte eintritt, ein Verhältniss, bei dem Alles darauf ankommt, wie er es auffasst und frei gestaltet. Wir wollen ja nicht bloss das Talent, die Gelehrsamkeit, den Ruhm des Ge- wählten, sondern den Mann selbst; darum der Gruss und Gegen- gruss an der Schwelle des Hauses und der mündliche Ausdruck des gegenseitigen Verständnisses; es ist so zu sagen der Hand- schlag, mit dem nach deutscher Art der Bund geweiht wird, sei es ein neuer oder ein nur enger geschlossener aus alter Zeit. Zwei von Ihnen sind schon seit einer Reihe von Jahren un- serem Kreise verbunden und Ihnen darf ich wohl zuerst antworten, die Sie ja in mehr als einer Hinsicht ein so eng verbundenes Paar bilden, wie es selten in die Pforten der Akademie eintritt. Beide sind Sie nach segensreichem Wirken auf verschiedenen Hoch-_ schulen Deutschlands an die Stätte heimgekehrt, wo Sie die Grund- lagen Ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit gelegt haben, wo Sie Beide Theilnehmer einer historischen Gesellschaft waren, in deren Schosse sich still und unscheinbar so lebensvolle Keime entwickelt haben. Zwei Fackelträger historischer Forschung auf den ver-- schiedensten Gebieten der Menschengeschichte, zwei, von einer grossen Schülerzahl umgebene Meister, treffen Sie hier wieder zu- sammen, wo der Altmeister, unser ehrwürdiger Veteran, der Ihnen vor 40 Jahren Lehrer und Freund wurde, Ihnen heute noch das Vorbild unerschütterlicher Arbeitskraft giebt. Die reiche Entfal- tung vaterländischer Greeschichtsforschung, deren wir uns heute freuen, ist zum wesentlichen Theil Ihr gemeinsames Werk. Beide haben Sie nicht nur in Lehre und Schrift, sondern auch im öffentlichen Leben Ihre Überzeugungen persönlich vertreten. Beide kamen Sie, das eigentliche Lehramt mit einer verwaltenden Thätigkeit zu vertauschen, aber Beide nicht um von wissenschaft- licher Arbeit auszuruhen, sondern, soweit es Ihnen vergönnt ist, das volle Resultat Ihres Lebens zu ziehen und in diesem Sinne mit uns zu schaffen. Dass Ihnen, lieber Waitz, dieser Schritt kein leichter war, ermisst Niemand besser als ich, der ich dreizehn Jahre lang in Freud und Leid Ihnen zur Seite stand in einer durch keine Partei- segensätze gestörten Gemeinschaft. Ich weiss was Ihnen Göttingen vom 6. Juli 1876. 417 war und Göttingen an Ihnen hatte. Aber Sie durften Sich dem Rufe nicht entziehen, an die Spitze des nationalen Werks zu treten, das, frei und selbständig mit der Akademie verbunden, seine feste und bleibende Stätte da haben muss, wo das Deutsche Reich seinen Mittelpunkt hat. : Der Gedanke des Werks entsprang in dem Haupte Stein’s, als mit der Wiedergeburt in den Freiheitskriegen das Deutsche Volk wieder ein Volk der Geschichte wurde. Damals schien es geboten, auch für die Kenntniss seiner Vergangenheit alle Quellen zu eröffnen. Die Deutschen Regierungen haben das Werk zu einer Öffentlichen Angelegenheit gemacht und das Reich, das Ihnen die Leitung übergeben hat, wird es als eine Ehrenpflicht ansehen, das Vermächtniss Stein’s auf alle Weise zu fördern. Denn je inhaltsreicher die Gegenwart ist, je rascher die Bewegung, je höher und mannigfaltiger die Aufgaben eines Volks, um so unentbehrlicher ist ihm der ernste Rückblick und der bewusste Zusammenhang mit seiner Vorzeit, damit es vor allen Dingen sich selbst treu bleibe. Einer der emsigsten Mitarbeiter des grossen Urkundenwerks, haben Sie Ihre Forschung doch nie darauf beschränkt, die in den von Neuem an einander gereihten Jahrbüchern enthaltenen That- sachen zu sammeln. In Sprache, Sitte, Recht und Staatswesen haben Sie unermüdlich Alles an das Licht zu stellen gesucht, was zum Verständniss Deutscher Volksart beitragen konnte. Ihnen war es vor nunmehr 35 Jahren vergönnt, unsern Jacob Grimm durch ein Denkmal Deutscher Poesie aus heidnischer Vorzeit zu erfreuen und ebenso haben Sie mit den anderen von Ihnen genannten Aka- demikern, deren Andenken wir hoch halten, in geistigem oder per- sönlichem Verkehre fruchtbringender Art gestanden. Sie waren längst der Unsrige, und wenn Sie jeızt mit reicherer Musse daran gehen können, die Arbeiten Ihrer Jugend zn ergänzen und das Werk Ihres Mannesalters zu vollenden, so wird Ihnen ein Glück zu Theil, das Deutschen Universitätslehrern selten zufällt. Ihnen gönnen wir es von ganzem Herzen und wünschen Ihnen, dass Sie es voll geniessen. Auch für Sie, Herr College von Sybel, ist der Eintritt in die Akademie nur die Bestätigung einer seit Jahren bestehenden Verbindung, wie einem Verlöbniss die dauernde Lebensgemeinschaft [1876] BEI 418 Öffentliche Sitzung folgt, und Sie bringen ausser Ihrer Person, Ihren Verdiensten und Ihrem stets jugendlichen Eifer für die Förderung alles Grossen und Guten noch eine besondere Morgengabe mit, indem Sie die kräftige Mitwirkung der staatlichen Institute, deren Leitung Ihnen anvertraut ist, bei akademischen und wissenschaftlichen Zwecken in Aussicht stellen. Wir können uns nur Glück wünschen, wenn der Staat, dem die Akademie in ihrer jetzigen Gestalt seit Friedrich dem Grossen mit Allem, was sie zu seiner Ehre und Wohlfahrt thun konnte, zur Seite gestanden hat, auch seinerseits in immer nähere Beziehung zu uns tritt, wenn man immer mehr von dem Vor- urtheile zurückkommt, dass die Pflege der Wissenschaft ausschliess- lich die Aufgahe eines Fachministeriums sei, und wenn der Staat sich immer unmittelbarer an Allem betheiligt, was die mensch- liche Erkenntniss fördert. Wir freuen uns, wenn seine anwach- sende Flotte die Kenntniss von Himmel und Erde erweitern hilft, wenn die Technik seines Generalstabs sich auch in der Aufnahme solcher Länder bewährt, welche als Schauplätze alter Geschichte unvergängliche Bedeutung haben, wenn Kaiser und Reich die Mittel schaffen, um die Archive klassischer Länder zu öffnen. Darum vernehmen wir es mit Freude und Dank, dass auch die vater- ländischen Archive in einem neuen Sinne als Quellhaus dienen sollen, aus welchem die geschichtliche Kunde lauterer und voller hervorströmen soll. Was könnte doch zu Ehren der Nation er- reicht werden, wenn die verschiedenen Factoren des geistigen Lebens, die im Staat und Reich vorhanden sind, sich nicht so spröde gegen einander verbielten, sondern Alles zu gegenseitiger Handreichung in frohem Wetteifer zusammen wirkte! Diesem Ideal nachzustreben, dazu soll auch Ihr Eintritt in unsere Mitte als ein günstiges Vorzeichen gelten; so werden neben den Urkunden von Hellas und Rom und neben den Quellen des Mittelalters auch die Actenstücke der neueren Geschichte, die eine preussische Akademie an erster Stelle zu vertreten hat, zu ihrem Rechte kommen. Ihre persönlichen Forscherverdienste um Mittelalter und neue Zeit hier aus einander setzen zu wollen, würde ich mir als eine Unbescheidenheit anrechnen müssen. Nur Eines darf ich andeuten, dass Sie, der Sie die Entwicklung der neueren Geschichtswissen- schaft zu einem besonderen Fache hervorheben, gleichzeitig Alles vom 6. Juli 1876. 419 gethan haben, um die Wissenschaft denen zugänglich zu machen, welche nicht Fachmänner sind. Sie haben vor Andern durch Ihr Beispiel das unanständige Vorurtheil widerlegt, als wenn eine ge- wisse Schwerfälligkeit, Undurchsichtigkeit und Ungeniessbarkeit ein Kennzeichen deutscher Gründlichkeit sei. Sie haben gezeigt, dass bei kritischer Forschung und umfassender Gelehrsamkeit auch eine künstlerische Form möglich sei, welche nicht als äussere Zuthat gegeben wird, sondern bei klarem Denken und sicherer Herrschaft über den Stoff sich von selbst ergiebt und die, weil sie der Aus- druck eines wahrhaft gebildeten Geistes ist, auch alle Gebildeten des Volks ansprechen muss. Wenn die Studien der Herren von Sybel und Waitz seit alter Zeit bei uns heimathsberechtigt sind, so tritt mit Ihnen, Herr College Schrader, ein ganz neues Element in den gewohnten Kreis unserer akademischen Arbeiten, und mit Recht sagen Sie, . dass das Interesse, das wir an dem Gegenstand Ihrer Lieblings- studien nahmen, uns keine Ruhe liess, bis es uns gelang, Sie zu gewinnen, um aus der Nähe Ihren Arbeiten folgen zu können und Ihnen Gelegenheit zu geben, Sich denselben mit vollerer Musse zu widmen. Was man früher mit dem behaglichen Namen „Morgenland“* be- zeichnete, hat sich nach Ländern, Völkern und Sprachen immer mehr gegliedert; die alten Culturen von Indien und Aegypten sind längst Gegenstände besonderer Diseiplinen, und seitdem aus den formlosen Schutthügeln jenseits Mosul die alten Königspaläste hervorgetreten sind, auch Niniveh und Babel. Diese neuen Errungenschaften menschlicher Erkenntniss aber den Fachgelehrten ruhig zu über- lassen, ist unmöglich. Denn nicht Orientalisten sind es gewesen, sondern Männer des Westens, echte Hellenisten, die in exaktester Weise durch Messen, Wägen und Zählen nachgewiesen haben, dass das chaldäische Babel die Wiege einer Civilisation gewesen sei, aus welcher sich die griechische entwickelt habe; das allge- meine Hin- und Herreden über Abhängigkeit oder Unabhängigkeit des Oceidents vom Orient war damit zu Ende und es gilt nun die Summe dessen, was die Mittelmeervölker von den mesopotami- schen überkommen, und die Art, wie sie dies Erbtheil verwendet haben, nachzuweisen. Ein neuer Hintergrund für heilige und Profangeschichte war 31* 420 Öffentliche Sitzung gegeben und seit Entzifferung der Hieroglyphen ist kein grösseres Ereigniss geschichtlicher Wissenschaft eingetreten, als die Lesung der ersten Keilschriften. Aber noch ist die Geschichte dieser Schrift, das Verhältniss ihrer verschiedenen Gattungen zu einander und zu den vorderasiatischen Völkern ein vielfach dunkles Räthsel. Sie sind, nachdem Joh. Brandis nur von der metrologischen Seite demselben näher getreten war, unter den im Vaterlande lebenden Deutschen der Erste gewesen, welcher, vom Boden semi- tischer Sprach- und Volkskunde ausgehend, mit ganzem Ernste Sich dem Studium der assyrischen Alterthümer hingab, dessen Ma- terial lange nur in Händen von Franzosen und Engländern war. Ihr kühner Fleiss ist durch reiche und überraschende Ent- deckungen belohnt worden; aber während auf den anderen Gebieten die Wege geebnet sind und die Forscher ruhig fortarbeiten, wie der Landmann auf seinem wohl umhegten Acker, haben Sie die Wege zu bahnen, die Methoden zu finden, die Felder der Wildniss zu entreissen und urbar zu machen. Ihre Wissenschaft ist noch eine Eeclesia militans; Sie müssen in voller Rüstung jeden Augenblick bereit sein, Ihre Methode zu vertreten und jedes Resultat zu ver- theidigen. Sie können überzeugt sein, dass wir Ihren Forschungen mit gespanntem Interesse folgen und dass es der Akademie zu besonderer Befriedigung gereicht, die Erforschung der assyrischen Denkmäler in ihrer Mitte durch einen so hervorragenden Vor- kämpfer vertreten zu sehen. Wenn also, meine Herren, Ihre Thätigkeit in unserer Mitte eine so dauernde ‚und ungestörte sein wird, wie wir es Alle wünschen, so wird der heutige Leibniztag ein rechter Festtag für unsere Akademie sein, und in dieser Hoffnung heisse ich Sie heute im Kreise derselben von ganzem Herzen willkommen. vom 6. Juli 1876. 49] Sodann verlas Hr. du Bois-Reymond, als Sekretar der physikalisch-mathematischen Klasse, den Bericht über den Stei- ner’schen Preis. Die in der Leibniz-Sitzung 1874 erneuerte Preisfrage über die Theorie der Polyeder blieb abermals ohne Be- werber und wird zurückgezogen. An ihre Stelle tritt folgende: „Um die Geometer zu eingehenden Untersuchungen -über die Theorie der höheren algebraischen Raumcurven zu veranlassen, hat die Akademie beschlossen, zur Concurrenz um den im Jahr 1878 fälligen Steiner’schen Preis jede Arbeit zuzulassen, welche irgend eine auf die genannte Theorie sich beziehende Frage von wesent- licher Bedeutung vollständig erledigt.“ Die ausschliessende Frist für die Einsendung der Bewerbungs- schriften, welche in lateinischer, deutscher und französischer Spra- che verfasst sein können, ist der 1. März 1378. Jede Bewerbungs- schrift ist mit einem Motto zu versehen, und dieses auf dem Äus- sern eines versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 1800 Mk. erfolgt in der öffentlichen Sitzung am Leibniztage im Juli 1878. \ Den Statuten der Steiner’schen Stiftung gemäss hat ferner die Akademie den diesjährigen Preis derselben, um welchen sich kein Bewerber gefunden, dem Hrn. Heinrich Schroeter, ord. Prof. an der Universität zu Breslau, als Anerkennung für seine Verdienste um Erhaltung, Verbreitung und weitere Ausbildung der geometrischen Methoden Steiner’s zugesprochen. Derselbe verlas darauf den von der vorberathenden Com- mission der Bopp-Stiftung, bestehend aus den HH. Lepsius, A. Kuhn, Steinthal, Weber, abgestatteten Bericht: Die unterzeichnete Commission beehrt sich hiermit, gemäss $ 11 des Statuts der Bopp-Stiftung, für die bevorstehende Feier des Leibnizischen Jahrestages folgenden kurzen Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre und den Vermö- gensbestand derselben zu erstatten. 429 Öffentliche Sitzung Für den 16. Mai ist die Verwendung des Jahresertrages der Stiftung als Unterstützung wissenschaftlicher Unter- nehmungen beschlossen und der ganze Betrag desselben, von 1350 Mark, dem Professor Dr. Aug. Fick in Göttingen verliehen worden. Das Vermögen der Stiftung belief sich am 10. Februar d. J. auf 11800 Thaler (35400 Mark) mit einem jährlichen Zinsertrage von 850 Thalern (1590 Mark). Hr. Waitz, als Vorsitzender der Central-Direetion der Monu- menta Germaniae historica, verlas folgenden Bericht: Nach einem Beschluss der zur Berathung eines neuen Statuts für die Leitung der Monumenta Germaniae historica im Jahre 1373 versammelten Commission, mit dem die Königliche Akademie sich einverstanden erklärt, soll in der heutigen, dem Gedächniss an Leibniz gewidmeten Sitzung, dieser ein Bericht über den Fort- sang: des grossen Unternehmens abgestattet werden. Indem ich als Vorsitzender der neuen ÜCentraldireetion dieser Obliegenheit nachkomme, glaube ich mich um so eher kurz fassen zu können, als erst vor einigen Wochen eine ausführliche Nachricht über die Thätigkeit des letzten Jahres der Oeffentlichkeit übergeben und. auch der Akademie mitgetheilt ist. In den zwei bisher abgehalteneu Plenarversammlungen der Centraldireetion, Ostern 1875 und 1876, wurden die mannigfach bei der neuen Organisation erwachsenden Fragen eingehend ge- prüft und im Ganzen stets in erfreulicher Übereinstimmung gelöst. Die bewilligten Gelder sind in diesem Jahre von 30,000 auf 36,000 Mark erhöht, von denen das Deutsche Reich 30,000 und Oesterreich 6000 Mark gewährt. Wenn die eine Reihe von Jahren hindurch thätig gewesenen Mitarbeiter, Dr. Arndt, Prof. K. Pertz, Dr. Scheffer-Boichorst und Dr. Weiland, ausgeschieden, um in andere Stellungen überzugehen, so sind dafür jüngere Gelehrte ein- vom 6. Juli 1876. 423 getreten, und auch jene werden zum Theil ihre Thätigkeit den Mo- numenta erhalten. Fast alle Abtheilungen haben wesentlich ge- fördert werden können. Von einer neuen Section der Scriptores, welche die Deutsch geschriebenen Chroniken umfasst und in klei- nerem Format und zu ermässigtem Preise erscheint, ist der erste Halbband, von Dr. Weiland, jetzt Professor in Giessen, bearbeitet, ausgegeben; an der Fortsetzung wird gedruckt. Von Adam von Bremen ist eine neue, mit vollständigem kritischen Apparat ver- sehene und in den Anmerkungen, wo es nöthig schien, berichtigte Octavausgabe erschienen. Für die demnächst in Angriff zu neh- mende Publication der Seriptores rerum Langobardicarum et Itali- carum saec. VI—IX, wie für die in Vol. XIII ff. der Sceriptores zu gebenden Ergänzungen und die Fortsetzung der Geschicht- schreiber Staufischer Zeit in Vol. XXIV sind Reisen nach Nord- Frankreich, Belgien und Italien von Dr. Heller und mir gemacht, einzelne Arbeiten von Dr. Baist auf einer Reise in Süd-Frankreich, und A. Molinier in Paris ausgeführt. Die Auctores antiquissimi, unter Mommsen’s Leitung, sind, soweit dieser nicht selbst die Aus- gabe übernommen, an bewährte Arbeiter vertheilt, die meist schon rüstig Hand an’s Werk gelegt. Für die Diplomata sind der Leiter der Abtheilung Prof. Sickel in Wien und zwei jüngere Mitarbeiter, Foltz und Laschitzer, in Deutschen und Italienischen Archiven thätig gewesen. Die Römische Reise hat auch für die Capitularien manche Ausbeute gewährt. Die von den Professoren Boretius in Halle, Frensdorff in Göttingen, Loersch in Bonn und Sohm in Strassburg übernommene Bearbeitung der wichtigsten Theile der Leges stellt die beste Förderung dieser umfassenden Abtheilung in Aussicht. Für die der Epistolae unter Prof. Wattenbach’s Lei- tung und ebenso für die Geschichtschreiber der älteren und späteren Zeit haben wichtige Handschriften auswärtiger Bibliotheken hier von den DDr. Ewald, Holder-Egger, Oldenberg, Roediger sowie von mir persönlich benutzt werden können, und auch nach Wien und anderen Orten hin sind Prof. Sickel und den Bearbeitern ein- zelner Autoren Urkunden, Chartularien und Üodices mitgetheilt worden, wobei, so oft es nöthig war, die Vermittelung des Aus- wärtigen Amts bereitwilligst gewährt worden ist. Für die Ab- theilung der Antiquitates, zunächst eine Sammlung älterer histori- scher Gedichte, hat Prof. Dümmler in Halle an verschiedenen 424 Öffentliche Sitzung vom 6. Juli 1876. Orten, zuletzt in Rom, gearbeitet. Von dem neuen Archiv der Ge- sellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde unter Prof. Watten- bach’s Redaction, das bestimmt ist, über vorbereitende Arbeiten Rechenschaft zu geben, kleinere Stücke mitzutheilen und verwandten Arbeiten als Vereinigungspunkt zu dienen, sind zwei Hefte aus- gegeben, das dritte, Schluss des ersten Bandes, ist der Vollendung nahe; das erste des zweiten Bandes wird eben in Angriff ge- nommen. So darf gesagt werden, dass die Arbeiten sich in erfreulichem Fortgang befinden, wenn auch der Natur der Sache nach die grossen Publicationen, die meist eine längere Vorbereitung erfor- dern, nur allmählich zu Tage treten können. 10. Juli. Sitzung der physikalisch-mathemati - schen Klasse. Hr. Braun las über einige von Dr. Schweinfurth, Profes- sor Buchholtz, Dr. Ascherson und J. M. Hildebrandt ge- sammelten afrikanischen Pflanzen. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 10. Juli 1876. 425 Hr. Pringsheim las über vegetative Sprossung der Moosfrüchte. Die beiden Abschnitte, in welche der Entwickelungskreis der Laubmoose zerfällt, das beblätterte und geschlechtliche Moospflänz- chen und die blatt- und geschlechtslose Moosfrucht, scheinen wie fremdartige, morphologisch und anatomisch ungleichartige Genera- tionen einander gegenüber zu stehen. Eine beiden gemeinsame, gleichwerthige Vermehrungsform ist unbekannt. Sprossbildung und Generationstheilung sind nur am beblätter- ten Moospflänzchen, hier aber in reicher und mannigfaltiger Aus- bildung beobachtet. Nur selten dagegen und nur bei abnormer Entwickelung zeigt die Moosfrucht Verzweigungen, aus welchen aber wieder nur Zwillings- früchte hervorgehen. Eine Verzweigung der Moosfrucht oder eine Sprossung derselben, die unmittelbar zur Entstehung der beblät- terten Moospflanze führt, war bisher weder beobachtet noch er- wartet. Im Anschluss an die geläufigen Vorstellungen über den Ge- nerationswechsel der Thiere hat man daher auch die beiden Ab- schnitte des einheitlichen Entwickelungskreises der Moose und Farrn, wie selbständige, typisch ungleichartige, nur durch eine nothwendige Aufeinanderfolge verknüpfte, Generationen betrachtet. Die in allen Einzelheiten morphologischer und anatomischer Differenzirung fast gegensätzlich verschiedene, eigenartige Ausbildung derselben schien ja jede Übereinstimmung auch in der Fortpflanzungsweise auszu- schliessen und die allgemeine Annahme, dass der Übergang von der Moosfrucht zum Moospflänzchen ausschliesslich und allein durch die Keimung der Sporen erfolgen müsse, erschien wieder nur als eine einfache Consequenz dieser theoretischen Vorstellung. Dass dieser Annahme jedoch keine gesetzmässige Gültigkeit für ‘andere Formen des pflanzlichen Generationswechsels zukommt und dass daher die Vorstellung von der unbedingten, individuellen Verschie- denheit der Wechselgenerationen auch bei Moosen und Farren vor- aussichtlich eine zu enge sei, konnte schon aus meinen ältesten Untersuchungen über diejenigen Formen des Generationswechsels 426 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse bei Algen!), die sich an den Generationswechsel der Moose an- schliessen, gefolgert werden. Ich hatte daher, von diesen Vorgän- gen bei den Algen und von meiner Auffassung derselben geleitet, gehofft, dass es mir gelingen werde auch bei Moosen vegetative Sprossungen der Früchte zu beobachten und ich hatte sogar schon vor Jahren versucht, solche künstlich zu erzeugen, jedoch damals ohne Erfolg. Durch anderweitige Untersuchungen in Anspruch genommen hatte ich diese Versuche später liegen gelassen. Erst in der neue- sten Zeit und zwar jetzt wieder von Neuem angeregt durch die Beobachtungen von Farlow?) über Sprossung der Prothallien von Pteris cretica nahm ich meine alten Versuche über Sprossung der Moosfrucht — und diesmal mit Glück — wieder auf. Bei der Leichtigkeit, mit welcher alle Theile des beblätterten Moospflänzchens Protonema-Fäden und Brustknospenformen trei- ben, schien es mir nämlich wahrscheinlich, dass es gelingen dürfte auch aus der Moosfrucht gleichartige Neubildungen hervorzurufen. Ich habe deshalb im vergangenen und in diesem Jahre wiederum zerschnittene Fruchtkapseln und Fruchtstiele verschiedener Moose auf feuchtem Sand ausgesäet. Von diesen Aussaaten haben dieses Mal bis jetzt schon die von drei Arten meinen Erwartungen entsprochen und unmittelbar beblätterte Moospflänzchen erzeugt. Es sind dies Hypnum cupressi- forme, Hypnum serpens und Dryum caespitosum. Die Erscheinung ist folgende. Aus den Querschnitten durchschnittener, auf feuchtem Sand ceultivirter Fruchtstiele wach- sen unmittelbar Protonema-Fäden hervor, welche gleich nach ihrem Hervortreten aus der Schnittfläche des Fruchtstielstückes Knospen anlegen, aus denen die beblätterten jungen Moospflänzchen in der gewöhnlichen Weise der an Protonema-Fäden sich erzeugenden Laub- stämmchen hervorgehen. Beide Schnittflächen des Fruchtstielstückes, die der Kapsel und die der Basis des Fruchtstiels zugekehrte, kön- 1) Diese Berichte, 1856 8.234— 36. — Jahrbücher für wiss. Botanik, I. S. 60 f. und Bd. IL S. 25 £. 2) Bot. Zeit. 1874. S. 180 £. vom 10. Juli 1876. 497 nen in gleicher Weise Protonema-Fäden treiben und entwickeln diese sogar hin und wieder an demselben Fruchtstielstücke. Die Protonema-Fäden sind, wie es scheint, sowohl Zweige als auch unmittelbare Fortsetzungen der Zellen des Grundgewebes der Frucht- stiele. Jedoch treiben nach meinen bisherigen Erfahrungen nur die mehr nach Innen gelegenen, an Reservestoffen reichen, mit .weite- terem Lumen und dünneren Wänden versehenen Zellen diese Neu- bildungen. Die an Inhalt armen, oder an Inhalt leeren, mehr nach Aussen gelegenen Zellen des Grundgewebes, welche dickere Wan- dungen und ein engeres Lumen haben, ferner die äussersten, pe- ripherischen Randzellen und endlich die Zellen des Centralstranges scheinen diese Sprossungen nicht bilden zu können. Damit scheint auch in Zusammenhang zu stehen, dass es mir bisher nicht gelungen ist, die gleichen Neubildungen aus den Wan- dungen der Fruchtkapsel zu erzeugen. Noch hebe ich den Unterschied hervor, der bei dieser Sprossung der Fruchtstiele und bei der Rhizoid- und Pro- tonema-Bildung der Moosstämmchen zu Tage zu treten scheint. Hier sind es die peripherischen Zellen, welche Rhizoiden trei- ben, beim Fruchtstiel — soweit, wie gesagt, meine Erfahrungen bisher reichen — die inneren Zellen des Stielgewebes. Al- lerdings deutet die Brutknospen-Bildung an der Spitze mancher Moosstämmchen darauf hin, dass auch die inneren Gewebezellen der Moosstämmchen die Fähigkeit Sprossungen zu erzeugen besitzen und vielleicht würden ähnliche Versuche mit zerschnittenen Moosstämmehen die gleichen Ergebnisse haben, wie die von mir an zerschnittenen Fruchtstielen erlangten. Die Schlüsse endlich die aus dieser neuen Thatsache für die gegenseitigen genetischen Beziehungen und die Auffassung des morphologischen Werthes der beiden Abschnitte der Moospflanze sich ergeben, bedürfen hier kaum einer weiteren Ausführung. Ich werde an anderer Stelle darauf zurückkommen und zugleich dort — in einem der nächsten Hefte meiner Jahrbücher für wiss. Botanik — die analytischen Figuren über den Zusammenhang zwischen dem Protonema und dem Fruchtstielgewebe beibringen. Die hier bei- gefügten Abbildungen, von meinem Assistenten, Hrn. Stud. Zopf, nach meinen Präparaten ausgeführt, sollen nur im Allgemeinen die Erscheinung veranschaulichen, 428 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Fig. 1 zeigt die Sprossung des Fruchtstiels von Hypnum cu- pressiforme; Fig. 2 und 3 die von Hypnum serpens. Zum Schlusse sei hier jedoch noch erwähnt, dass die Spros- sung der Moosfruchtstiele für die Moose zu gleichen Anschauun- gen führt, wie die Beobachtung der Prothallien-Sprossung von Pteris eretica für die Farne. Bei dem morphologisch gegensätzlichen Ent- wicklungswerthe beider Gebilde ergänzen und: vervollständigen sich diese beiden Erscheinungen gegenseitig. Denn es erscheint jetzt fast nicht mehr undenkbar, aus dem Wedel eines Farrnkrauts den ge- schlechtlichen Proembryo unmittelbar hervorwachsen zu sehen — dies wäre nur die Sprossung der Moosfrucht auf die Farrn-Pflanze übertra- sen. Und ebenso scheint es nicht mehr undenkbar, dass ein Moos- pflänzchen — ganz abgesehen von Parthenogenesis — durch unmittel- bare vegetative Sprossung eine Frucht erzeugen könnte. Dieser Fall würde in der Entwickelung der Moose der Prothalliensprossung von Pteris eretica entsprechen. — Doch würden allerdings beide Fälle, dies darf nicht übersehen werden, noch das Neue hinzubringen, dass auch der Blattspross seinen normalen Entwickelungsgang verlassen kann, während in der Sprossung der Prothallien und der Moos- frucht nur der blattlose Abschnitt von der Entwickelungsregel ab- weicht. Während aber die zufällige und auf Pleris ceretica beschränkte Beobachtung die Sprossung der Farrnprothallien noch als eine ver- einzelte Ausnahme von der Regel erscheinen lässt und ihre Verifi- eirung durch andere Beobachter umständlich und erschwert ist, ist es von um so grösserem Werth, dass sich die Sprossung der Moosfruchtstiele willkürlich zu jeder Zeit hervorrufen lässt und bei einiger Geduld und Ausdauer leicht zu constatiren ist. Ob jedoch unter den natürlichen Verhältnissen der Fruchtbildung der Moose im Freien und Grossen die nöthjigen Bedingungen für die Sprossung der Fruchtstiele häufig eintreten, scheint allerdings fraglich, da eine derartige Erscheinung nirgends von den speciel- len Mooskennern erwähnt wird; freilich hat man aber bisher weder darauf geachtet, noch danach gesucht. Andererseits ist es vielleicht nieht unmöglich auch die Spros- sungen der Farrnprothallien künstlich hervorzurufen. Ein Mittel hierzu wäre, wie mir scheint, die Verhinderung der Befruchtung der Archegonien diöcischer Farrn. Ich habe wiederholt an Salwi- - Monatsbericht AI A.d.W 1876. Lig. 7: vom 10. Juli 1876. 429 nia die Beobachtung gemacht, dass unbefruchtete Prothallien eine ganz enorme Ausbildung erreichen und scheinbar unbegrenzt wei- ter wachsen. Man vergleiche Tafel XXVIN. Fig. 4 und die zuge- hörige Figuren-Erklärung S. 540 und 8.577 in meinem Aufsatz über Salvinia natans!). Eine Reihe in dieser Richtung unter- nommener Versuche mit weiblichen Prothallien, die ich begonnen habe, aber jetzt zu unterbrechen gezwungen bin, behalte ich mir vor später wieder aufzunehmen. 13. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Herr W. Peters las über Stenoderma Geoffroy und eine damit verwandte neue Flederthier-Gattung, Peltorhinus. Als ich vor 22 Jahren die Ehre hatte, der Akademie meine erste Abhandlung über Flederthiere vorzulegen, war die Kenntniss dieser Ordnung der Säugethiere eine so ungenügende und wenig befriedigende, dass man wohl sagen konnte, es gäbe keine, die einer genaueren Erforschung dringender bedürftig wäre. Nicht allein die benannten Arten waren meist höchst ungenügend bekannt, selbst über die Stellung einer Anzahl von Gattungen war man gänzlich im Unklaren. Seitdem ist unsere Kenntniss derselben so vorgeschritten, dass sie als eine der am besten gekannten der Ab- theilungen der Säugethiere bezeichnet werden kann. Nur über eine einzige von Geoffroy bereits im Jahre 1813 (Deser. Mammif. 1) Jahrbücher für wiss. Bot. Bd. III (1863) S. 484 ff. 430 (resammtsitzung en Egypte p. 114) aufgestellte Gattung konnte ich bisher zu keiner sicheren Entscheidung kommen. Es ist dieses die Gattung Steno- derma, nach einem einzigen verletzten Exemplare von unbestimmter Herkunft als St. rufum beschrieben, welches sich noch jetzt in der Säugethiersammlung des reichen Pariser Museums befindet. Ich habe dieses Exemplar im Jahre 1369 durch die Güte der Hrn. Milne Edwards untersuchen können und darüber in demselben Jahre eine Mittheilung gemacht (s. Monatsberichte. 1869, p. 399). Nach Vergleichung mit anderen Arten schien sie mir sowohl nach dem Äusseren, wie nach der Zeichnung, welche Geoffroy von. dem Gebisse und einem Theil des Schädels hinterlassen hatte, eine so grosse Übereinstimmung mit der von mir aufgestellten Gattung Vampyrops zu haben, dass ich glaubte, die Identität beider an- nehmen zu dürfen. Obgleich in der Zeichnung nur vier Back- zähne anstatt fünf angegeben waren, indem der sehr kleine obere und untere hinterste Backzahn fehlte, glaubte ich doch um so weniger hierauf Gewicht legen zu dürfen, da Geoffroy auch bei einer andern noch viel auffallenderen Gelegenheit die sehr grossen hintersten Backzähne von Phyllostoma hastatum weggelassen und so das Gebiss dieser allgemein bekannten Art ebenfalls nur mit 4 anstatt 2 Backzähnen gezeichnet hatte (Ann. Mus. d’hist. nat. 1810. XV. Taf. 11; Crane du Fer de Lance). Der Schädel war leider herausgenommen, nicht mit der Haut zusammen aufbewahrt und so. verloren gegangen. Wenn ich aber gelegentlich auf diesen Gegen- stand zurück kam, regten sich immer wieder neue Zweifel über die Richtigkeit meiner Conjectur. Denn erstens fand ich doch keine Art meiner Gattung Vampyrops, welche in der Kürze der Schenkel- flughaut, dem Mangel heller Gesichtsstreifen und in der Form und Proportion der Zähne mit Stenoderma rufum ganz genau überein- stimmte, und zweitens war mir immer an der von Blainville in seiner Osteographie (Cheiropteres pl. XIII) copirten Zeichnung Geof- froy’s, welcher den Gesichtstheil und den Unterkiefer in drei Viertel Profilansicht darstellt, die Convexität des Schnauzentheils auffallend, die so sehr von dem mehr concaven Profil dieses Theils bei Vampyrops abweicht. Hr. Gervais hatte nun in einer bemerkenswerthen Abhand- lung über die südamerikanischen Flederthiere (Zoologie de Ü Expedition ete. du Comte de Castelnau. Docum. zoolog. Cheiropt. Sud- Amerie, vom 13. Juli 1876. 431 Paris 1856. p. 35, Taf.9. Fig. 3) das Gebiss einer sehr, eigen- thümlichen Art von Blattnasen, Artibaeus undatus, abgebildet, die er dem A. (Vampyrops) lineatus anschloss, welche sich aber durch eine so eigenthümliche Schädelbildung von allen andern verwandten Gattungen unterscheidet, dass ich darauf eine besondere Gattung, Histiops, gründete (Monatsberichte. 1369. p. 399). Es war mir aber niemals gelungen, unter den vielen Hunderten von Flederthieren aus Süd-Amerika, welche durch meine Hände gegangen waren, eine mit einem solchen Schädel versehene Art zu bekommen, was ich um so mehr bedauerte, da zu dem in der Pariser zootomischen Sammlung befindlichen Schädel das Thier verloren gegangen war. Da mir aber daran lag, eine vollständige Abbildung des so merk- würdigen Schädels in meiner Monographie der Flederthiere zu geben, so wandte ich mich an Hrn. Gervais, der mir auch den- selben mit der grössten Bereitwilligkeit zur genaueren Untersuchung und Abbildung zusandte. Der Schädel (Taf. 1, Fig. 1--6) scheint vollständig zu sein bis auf die beiden Gelenkfortsätze des Unter- kiefers, welche vollständig fehlen, was aus der Zeichnung des Unterkiefers (Exped. de F. de Castelnau, Amerique du Sud. 7. Partie. Zoologie. Mammiferes. pl. 9. Fig. 3), in welcher ein vollständiger Gelenkfortsatz dargestellt ist, nicht zu entnehmen war. Betrachtet man denselben in der Stellung, welche die Geoffroy’sche Zeich- nung des Unterkiefers von Stenoderma rufum darstellt (Taf. 1. Fig. 7), so wird man überrascht von der Übereinstimmung mit derselben, um so mehr, da auch in dieser der Gelenkfortsatz weg- gebrochen erscheint !). Auch die Unterkieferzähne zeigen eine so grosse Übereinstimmung mit der erwähnten Zeichnung, dass man !) Die Blainville’sche Abbildung reproducirt die Geoffroy’'sche Zeichnung ohne Gelenk, während dagegen in der von Hrn. Gervais (Host. natur. des Mammiferes. Paris 1854. I. p. 197) gegebenen Copie der Unterkiefer- winkel den Anschein hat, als sei er mit einem ‚Gelenkkopf versehen. Die Ähnlichkeit mit der Geoffroy’schen Zeichnung ist auffallender, wenn man die entsprechenden Unterkieferhälften vergleicht. Es tritt dieses auf Taf. 1 zwischen Fig. 1 und 7 weniger hervor, weil die Geoffroy sche Zeichnung, um das Gebiss mit der darüberstehenden Fig. 5 besser vergleichen zu kön- nen, umgekehrt ist. 432 Gesammtsitzung der Vermuthung nicht widerstehen kann, dass dieses Präparat der- selben zu Grunde gelegen habe. Dass der hinterste sehr kleine Backzahn jeder Seite in der Geoffroy’schen Zeichnung fehlt, lässt sich um so eher aus Unachtsamkeit erklären, als, - wie er- wähnt, auch der sehr ansehnliche hinterste Backzahn von Phyl- lostoma hastatum in der Zeichnung des Gebisses dieser Art von (reoffroy nicht dargestellt ist. Die unteren Schneidezähne, welche in der Geoffroy’schen Zeichnung dargestellt sind, fehlen zwar in dem vorliegenden Unterkiefer; sie können aber leicht ausgefallen sein und liefern ausserdem keine merkbaren Unterschiede von verwaudten (rattungen. In gleicher Weisse zeigt die Geoffroy’sche Zeichnung des obern Gebisses, abgesehen von dem Mangel des hintersten kleinen Backzahns, eine solche Übereinstimmung mit dem von Artibaeus undatus, dass dieselbe sehr wohl nach dem in Rede stehenden Schädel gemacht sein könnte. Dazu kommt nun noch die Übereinstimmung in der Profilansicht des Schnauzentheils des Schädels, welche mir bisher von keiner andern zu der Gruppe der Stenodermen gehörigen Art bekannt geworden ist!). Es dürfte daher wohl die Annahme gerechtfertigt sein, dass der als „Artibaeus undatus“ bezeichnete Schädel der anatomischen Sammlung, von dem das Thier vermisst wird, in der That der vermisste Schädel des Exemplars von Stenoderma rufum in der Säugethiersammlung des Pariser Museums ist, da in früherer Zeit die Schädel der Säuge- thiere des Pariser Museums nicht, wie es sein muss und wie es auch jetzt der Fall ist, neben den aufgestellten Thieren aufbewahrt, sondern an die Sammlung „für vergleichende Anatomie“ abgegeben wurden. Es ist hiernach die Geoffroy’sche Gattung Stenoderma nicht mit Vampyrops (Taf. 1, Fig. S—14), sondern fast zweifellos mit Histiops zu identificiren, welche, wie ich 1. e. gezeigt habe, am meisten mit Phyllops übereinstimmt. 1) Die in der Geoffroy schen Zeichnung in Form eines Rüsselknochens von der oberen Nasenöffnung hervorragende Spitze kann nur als ein einge- trockneter Haut- und Knorpellappen gedeutet werden. Ob die Theilung des hintersten oberen Backzahns, welche in der Blainville’schen Copie so deut- lich erscheint, auch in der Originalzeichnung vorhanden ist, wäre in der Sammlung der Abbildungen des Pariser Museums nachzusehen. vom 13. Juli 1876. 433 In einer sehr sorgfältigen und schätzenswerthen Abhandlung über das Milchgebiss und die Zahnhomologien bei den Chiropteren von Hrn. W. Leche (Lund. 1876), welche ich der gütigen Mit- theilung desselben verdanke, wird (p. 41) eines Phyllops n. sp. des Museums in Kopenhagen erwähnt. Da bis jetzt nur eine einzige Phyllops-Art bekannt war und ich die Hoffnung hegte, dass darunter vielleicht ein vollständiges Exemplar von Stenoderma rufum stecken möchte, wandte ich mich um nähere Auskunft an meinen Freund, Hrn. Prof. Dr. Reinhardt. Durch dessen gewohnte Güte habe ich nun dieses Exemplar zu genauöerer Untersuchung und even- tueller Beschreibung erhalten, mit der Nachricht, dass es aus Jamaica stammen solle. Ich halte es für ein Exemplar der von Gosse (A. Naturalists sojourn in Jamaica. 1851. p. 270. 271. Taf. 6. Fig. 3. 4) als Artibeus jamaicensis, achradophilus und sulphureus sehr ungenügend beschriebenen Art, welche Hr. Tomes (Proc. Zool. Soc. Lond. 1861. p. 64) jedenfalls mit Unrecht zu Phyllostoma brachyotum Wied —= Ph. (Carollia) brevicaudum Wied gezogen hat. Das Gebiss desselben weicht, wie bereits Hr. Reinhardt bemerkt hatte, da- durch von Phyllops (und auch von Stenoderma) ab, dass oben nur vier Backzähne vorhanden sind, indem der hinterste kleine Back- zahn fehlt, während derselbe im Unterkiefer vorhanden ist. Auch in der Form der einzelnen Zähne unterscheidet es sich von Phyl- lops falcatus durch die beträchtlichere Breite des letzten oder zweiten wahren Backzahns. Ausserdem weichen die beiden innern oberen Schneidezähne sowohl von denen von Phyllops als Stenoderma ab, dass sie zweilappig, wie bei Artibeus, und nicht einspitzig mit einem kurzen äusseren Nebenzacken versehen sind. In der sehr tiefen Einbuch- tung des harten Gaumens steht diese Art dem Stenoderma näher, in der Vertiefung der vorderen Interorbitalgrube zwischen Phyllops und Stenoderma. In der Form der Ohren, der Ohrklappe, stimmt sie mit beiden, in der Form des Nasenbesatzes und in der Durch- sichtigkeit der Fingerflughaut zwischen dem zweiten und dritten Finger so wie durch die weissen Achselflecke mit Phyllops falcatus überein. Jedenfalls stimmen Stenoderma rufum, Phyllops falcatus und Artibeus achradophilus in so vielen Punkten mit einander _ überein, dass, wenn ich auch die letzte Art mit einem besonderen Gattungsnamen, Peltorhinus, zu bezeichnen mir erlaube, sie schon wegen ihrer Gaumenbildung eine zusammengehörige besondere kleine Gruppe bilden. [1876] 32 434 Gesammtsitzung Peltorhinus achradophilus (Taf. 2). Hufeisen vorn festgewachsen mit einer mittleren linienförmigen Wulst der Oberlippe zusammenhängend. Lanzette oval, vor der Spitze plötzlich verschmälert. Körperbehaarung fein und wollig, dehnt sich sparsamer auf den Vorderarm, die Flughaut zwischen Ellbogen und Fuss, auf die Schenkelflughaut und bis zu den Krallen der Hinterextremität aus. Oben schön braun, Haare an der Basis und Spitze braun, in der Mitte weisslich; am Bauche blasser, Haare mit dunklerer Basis und helleren Spitzen. Über der Schulter ein kleiner weisser Fleck. Malse eines Weibchens: Meter Totallänger 7, nn der eier Bene 00: Kopf "En. ee re 0022 Ohrhöhe: . ...:...... 2 le ses ce os Brain u SE 010165 Ohrbreite , 2. alten ER na N 11 Rragus en. ER N ae ae a 10:0055 En fernane von Schnauze bis Ohr: 2° 2 Ne 0 Höhe’:des Nasenbesatzes \. 'i.. ; »= ! # Luna 20 R 3ER ne 080035 Breite: des: Nasenbesatzes ';. “7... 2 1.22... 7 ae 0,0055 Oberarm .:..13l.41e 4 nis ee. dee el be res Ken ee 00215 Vorderarm . . Een 5 ae N L.1.F. Mh. 0,0045 1 Gh 0,0055 5 2 G1.'0,004 ©. EN ee 70,083 b.2.P. 0,0315 5 0,0065 5 DR NR 2 A SR 06038 L.3.F. - 0005 - 00155 - 0,02355 3G1.0,0135 Kpl. 0,006 1. 4.P) %'210,038500=.2.0,01452.2)- #, 0,01555 Kipl. 0,0022 1.9. Rs; ..-...0,04055 =. ,0,0115:50% 72°70,011752. 30-3 710,0025 Oberschenkel: -. .... 21 1. ur ee ve org Unterschenkel... ..; 1. rn. an, Date Se 04016 Kuss. 2.0 0 TE SO N 0 U SPOLDN nn ea nano On Schenkelfiughaut in der Mitte NER NS Bi SR 01003 Erklärung der Abbildungen. Taf. 1 Fig. 1—6. Schädel und Gebiss von Stenoderma rufum Geoffroy (— Artibeus undatus Blainv. Gerv.) nach dem Original- exemplar in dem Pariser Museum. Fig. 7. Stenoderma rufum Geoffroy; umgekehrte Copie der Geof- froy schen Originalzeichnung. Fig. 8S—14. Kopf, Ohr, Schädel und Gebiss von Vampyrops lineatus Geoffroy. Taf. 2. Peltorhinus achradophilus Gosse. er Ak Wissen: N ssarial RN ARCRN Ian EL re uuog wuyog') A jelsueisuny snjydopeayoe SNUTUAoNoT SE N vom 13. Juli 1876. 435 Herr W. Peters legte ferner vor: Übersicht der von Hrn. Prof. Dr. K. Möbius in Mauritius und bei den ne gesammelten Fische. Hr. Prof. Dr. K. Möbius, welcher vor zwei Jahren auf Empfehlung der Akademie eine Unterstützung erhielt zur Unter- suchung der Thiere und Pflanzen des tropischen Meeres bei der Insel Mauritius, hat dem zoologischen Museum zunächst die Fische zur Untersuchung und wissenschaftlichen Bestimmung zugesandt und demselben die zur Vervollständigung desselben wünschens- werthen Exemplare überlassen. Ich erlaube mir, eine Übersicht derselben zu geben, welche einen Beweis liefert von dem Reich- thum der dortigen Fischfauna und von dem Eifer des Reisenden, der in kurzer Zeit ein so grosses Material für wissenschaftliche Untersuchungen nicht allein in diesen, sondern auch in anderen Zweigen der Zoologie zusammengebracht hat. Ich habe noch zu bemerken, dass, wo kein besonderer Fundort angegeben ist, derselbe als Mauritius zu bezeichnen ist. Hr. Dr. Reichenow hat die Arten mit den in der Sammlung befindlichen zusammen- gestellt und mir dadurch diese Arbeit wesentlich erleichtert. In Betreff der Eintheilung der Acanthopteri habe ich mich der von Hrn. Günther und Day befolgten Anordnung angeschlossen. ACANTHOPTERI. PERCIFORMES. Percoidae. Serrani. 1. Serranus merra Bloch. 2. Serranus hexagonatus Forster. 3. Serranus flavoceruleus Lacepede. 4. Serranus guttatus Bloch. 4a. Serranus leopardus Lac&pede. 9. Serranus Retouti Bleeker. 6. Serranus cylindrieus Günther. 7. Serranus miniatus Forskäl. 3. ‚Serranus multinotatus n. sp. S. fuscus vel cinereofuscus, undique nigro punctatus vel maculatus. D.11,16; 4. 3,8. — L. lat, 140, tr. 24160. 436 Gesammtsitzung In der Gestalt, den Proportionen, der Bezahnung, der Bewaff- nung des Vor- und Kiemendeckels, in der Bildung der Flossen mit Serranus malabaricus Bloch ganz übereinstimmend (ef. Day’s gediegene Arbeit über die Fische Indiens, p. 19. Taf. IV. Fig. 2), verschieden durch die viel kleineren Körperschuppen und die Zeich- nung. Es sind keine Querbänder bemerkbar, die Grundfarbe ist am Rücken dunkel, nach dem Bauche hin hellgraubraun. Kopf, Kiefer und Flossen überall mit kleinen runden dunklen Flecken, welche auf dem Oberkiefer in 5 Längs-, auf dem Kiemendeckel in 6 Querreihen stehen. Der Rand der Maxillarfurche ist wie bei den verwandten Arten, S. malabaricus und salmonoides, durch einen schwarzen Streifen ausgezeichnet. ! Totallänge: 0,275. 9, Grammistes orientalis Bloch-Schneider. 10. Lutianus bengalensis Bloch. 11. Zutianus fulviflamma Forskäl. Priacanthi. 12. Priacanthus hamrur Forskäl. Apogonini. 13. Apogon semiornatus n. Sp. A. vitta nigra per oculum ad pectoralis basin, altera ab oculo ad marginem caudalis medium; margine praeoperculari postico serrato. D.6.— 1.93 A228: Linn lat 29172 218% Diese Art schliesst sich durch die Kieferform zunächst an A. sangiensis Blkr. an. Sie hat aber nur. den hinteren Theil des äusseren Randes des Präoperculums gezähnelt, während der untere Theil desselben, so wie der ganze innere Rand glatt ist. Die untere dunkle Binde, welche durch das Auge an die Basis der Brustflosse geht, verläuft tiefer, als die bei A. sangiensis an das Ende der Opereulums gehende, und die von dem hinteren Theile der Augen ausgehende breite Binde, welche sich über die mittleren Strahlen der Schwanzflosse ausdehnt, fehlt bei jener Art ganz. 14. Apogon (Apogonichthys) auritus Cuv. Val. l4a. Apogon frenatus Blkr. 15. Chilodipterus octovittatus Lacepede. vom 13. Juli 1876. 4537 Grystini. 16. Dules caudavittatus Lacepede. 17. Dules rupestris Lacepede. Theraponini. 13. Therapon jarbua Forskäl (= Th. servus Bloch). Auch bei den Seychellen gefunden. Pristipomatini. 19. Diagramma crassispinum Rüppell. — Seychellen. 20. Diagramma griseum Cuv. Val. — D. 12,19; 4. 3,7. 21. Diagramma gaterina Forskäl. 22. Diagramma pica Cuv. Val. 23. Dentex rivulatus Rüppell. 24. Dentex griseus Schlegel. 25. Pentapus aurolineatus Lacepede. 26. Caesio caerulaureus Lacepede. @Ferrini. 27. Gerres filamentosus Guv. Val. — Sehr junge Exemplare ohne Verlängerung des Rückenstachels. Squamipennes. 98. Chaetodon strigangulus Solander. 29. 5 vagabundus Linne. 0. » auriga Forskal. als Kleinii Bloch. 32. E gutiatissimus Bennett. 33. “ vittatus Bloch-Schneider. 34. hs unimaculatus Bloch. 35. " lunula Lacepede. 36. R melanotus Bloch. la 5 Blackburni Desjardins. | 38. s zoster Bennett. — D.11, 24; A.3,19. L.lat. 75, 1r.46. Ungeachtet der verschiedenen Strahlenzahlen möchte ich das vorliegende Exemplar für die von Bennett aus Mauritius beschrie- 438 Gesammtsitzung bene Art halten. Die silberweisse Mittelgegend erstreckt sich von dem 6. bis zum 9. Stachel der Rückflosse, schliesst die Afterflosse zwischen dem ersten und zweiten Stachel ein und wird durch die Kiemenspalte von dem schwarzbraunen Kopfe abgesetzt. Ausser- dem ist, wie Bennett angibt, die Schwanzflosse weiss. 39. Chelmo longirostris Broussonet. 40. Heniochus mocrolepidotus Artedi. 41. Zanclus cornutus Linne. 42. Holacanthus imperator Bloch. 43. P nicobariensis Bloch-Schneider. 44. n trimaculatus Cuv. Val. Mulli. 45. Mulloides flavolineatus Lacepede. 46. Upeneus multifasciatus Quoy et Gaimard. 47. Upeneus bifasciatus Lacepede. 48. Upeneus displurus Playfair. Nandi. 49. Plesiops nigricans Rüppell. Spari. 50. Sargus auriventris Ptrs. 51. Pimelepterus fuscus Lacepede. 52. Lethrinus nebulosus Forskäl. 53. Lethrinus mahsena Forskaäl. Cirrhitides. 54. Cirrhites Forsteri Bloch-Schneider. — Seychellen. 55. Cirrhites arcatus Parkins. 56. Cirrhitichthys maculatus Lacepede. Scorpaenae. 57. Scorpaena nesogallica Cuv. Val. 58. Plerois volitans Linne. 99. 60. 61. 62. 63. vom 13. Juli 1876. 459 Pterois zebra Cuv. Val. Caracanthus unipinna Gray. Pelor filamentosum Cuv. Val. Sımanceia verrucosa Bloch-Schneider. Teuthies. Teuthis Abhortani Cuv. Val. Beryeiformes. . Myripristis hexagonus Lacepede. . Holocentrum diadema Lacepede. . Holocentrum rubrum Forskäl. . Holocentrum sammara Forskäl. . Holocentrum spiniferum Forskäl. . Holocentrum diploxiphus Günther. — Proc. Zool. Soc. Lond. 1871. p. 660. Taf. 60. Diese Art war bisher nur aus dem stillen Ocean (Samoa- Inseln) bekannt und zeigt daher ebenso wie H. argenteum eine aus- serordentlich weite geographische Verbreitung. 70. relt: 72. 73. 74. 75. A. fuscus, maculis triangularibus scapularibus binis nigris, area Polynemiformes. Polynemus indicus Shaw. Cotto- Scombriformes. Acanthuri. Acanthurus triostegus L. var. polyzona Bleeker. Acanthurus matoides Cuv. Val. Acanthurus Dussumieri C.\. Acanthurus hepatus Linne. Acanthurus plagiatus n. Sp. acufera ocellata; pinna caudali furcata flavomarginata. D. 9,245; A. 3,23. 440 Gesammtsitzung Höhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:21. Schnauze sehr abschüssig, Entfernung des Auges vom Schnauzenende gleich 3 Augendurchmesser. Oben 15 bis 20, unten 16 Zähne, welche am Rande 9 bis 10Olappig sind. Kopf ganz mit kleinen Schüpp- chen bedeckt. Dunkelbraun; hinter dem oberen Ende der Kiemen- spalte ein länglich dreieckiger, nach hinten zugespitzter Fleck, über demselben, in der Höhe des Auges, ein zweiter ähnlicher; unter der Basis der Rückenflosse ein schwarzer Strich, über der Basis der Analflosse ein ähnlicher blauer; Schwanzstachel auf einem ovalen schwarzen Felde, welches von einem blauen Ringe um- säumt ist. Die gabelförmige Schwanzflosse ist am hinteren Rande von einem breiten, am oberen und unteren Rande von einem schma- len gelben Saum eingefasst. 76. Acanthurus strigosus Bennett. 77. Acanthurus velifer Bloch. 78. Naseus tuberosus Lacepede. 79. Naseus brevirostris Cuv. Val. 80. Naseus unicornis Forskäl. Carangi. 81. Caranz melampygus Cuv. Val., Day. 82. Chorinemus Santi-Petri Cuv. Val. 83. Trachynotus Baillonü Lacepede. 84. Psettus argenteus Linne. 85. Plataw vespertilio Bloch (et Pl. orbicularis Forsk.). Trachini. 86. Sillago sihama Forskäl. — Mauritius und Seychellen. Cataphracti. 87. Dactylopterus orientalis Cuv. Val. Gobiiformes. (Frobiini. 53. Gobius echinocephalus Rüppell. vom 13. Juli 1876. 441 89. Gobius grammepomus Bleeker. Ein junges, nur 52 Mm. langes Exemplar, mit einer Flecken- binde an den Körperseiten scheint mir zu dieser Art zu gehören. 90. Gobiodon rivulatus Rüppell. 91. Periophthalmus Koelreuteri Pallas. — Seychellen. 92. Bleotris ophiocephalus K. et v. H. — Seychellen. 93. Eleotris fusca Bloch-Schneider. — Seychellen. 94. Asterropterya semipunctatus Rüppell. — Seychellen. Blenniiformes. 95. Petroscirtes variabilis Cantor. — Seychellen. 96. Salarias quadricornis Cuv. Val. — Mauritius (Fouquet) und Seychellen. 97. Salarias Dussumieri Cuv. Val. 98. Tripterygium elegans n. Sp. Tr. rostro obtuso, concavo; linea laterali interrupta; brunnescens; labio superiore, genis, operculis, pinnae pectoralis basi annuloque caudali nigris, fasciüis dorsalibus quatuor carneis. Der3— 12 9: Ax18....2. lat. 335 17.317 Schnauze kürzer als das Auge, stumpf, mit concaver oberer Profillinie. Interorbitalraum gleich $ Augendurchmesser. Beide Kiefer gleich lang. Zähne vorn in breiter Binde, sammtförmig, an den Seiten eine Reihe conischer Zähne. Oberkiefer bis unter den vorderen Augenrand reichend. Körper vorn mehr eylindrisch, hinten zusammengedrückt. Kopf nackt, Kiemendeckel granulirt. Schuppen kammförmig; Seitenlinie geht in grader Linie bis zum Ende der zweiten Rückenflosse und setzt sich dann eine Reihe tiefer bis zur Schwanzflosse fort. Hellbräunlich. Die Oberlippe, die Backen, der Kiemendeckel und die Basis der Brustflosse schwarz, der Rand des Kiemendeckels, des Vordeckels und die Post- und Infraorbitalgegend heller. Auf dem Schwanze vor der Basis der Flosse ein schwarzer rosenroth umsäumter Ring, der jederseits in der Mitte unterbrochen ist. Ein Fleck auf der Basis der Brustflosse, ein anderer über dem Operkel und vier Querbinden auf dem Rücken, der erste an der Basis der ersten Rückenflosse, der zweite in der Mitte, der dritte hinter der 449 Gesammtsitzung zweiten und der vierte hinter der dritten Rückenflosse, fleischroth. Länge: 0,035. Mugiliformes. Sphyraenae. 39. Sphyraena obtusata Cuv. Val. (= Sp. flavicauda Rüppell). 100. Sphyraena agam Rüppell. Mugilini. 101. Mugil seheli Forsk. 102. Mugil oeur Forsk. (= cephalotus Cuv. Val.). 103. Mugil Buchanani Bleeker (= ceylonensis Gthr.) — Sey- chellen. Gasterosteiformes. Fistulariae. 104. Fistularia serrata Cuvier. — Seychellen. 105. Aulostoma chinense Linne. Labyrinthici. 106. Osphromenus olfax Commerson. Labriformes. Pomacentridae. 107. Dasceyllus aruanus Linne. 108. Pomacentrus littoralis K. et v.H. 109. Glyphidodon coelestinus Solander. — Mauritius und Sey- chellen. 110. Glyphidodon sculptus Peters. — Seychellen. 111. Glyphidodon septemfasciatus Cuv. Val. 112. Glyphidodon sordidus Forsk. 113. Glyphidodon wanthozona Bleeker. 114. Glyphidodon sparoides Cuv. Val. 115. Glyphidodon plagiometopon Bleeker. 1:16. 117. 118. 119. 120. Hzaalı 122. 123. 124. 125. 126. 127: 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 156. 157. 138. 139. 140. 141. vom 13. Juli 1876. 445 Heliastes lepidurus Cuv. Val. Labroidae. Pieragogus taeniops Ptrs. Cossyphus bilunulatus Lacepede. Labroides dimidiatus Cuv. Val. Chilinus trilobatus Lacepede. Epibulus insidiator Pallas. Anampses diadematus Rüppell. — Mauritius und Sey- chellen. Anampses caeruleopunctatus Rüppell. Anampses geographicus Cuv. Val. Hemigymnus melapterus Bloch. Stethojulis strigiventer Bennett. Platyglossus chloropterus Bloch. Platyglossus scapularis Bennett. Platyglossus marginatus Rüppell. Novacula taeniura Lacepede. Julis umbrostigma Rüppell. Julis trilobata Lacepede. Chilio inermis Commerson. Coris aygula Lacepede. Coris cingulum Lacepede. Scarichthys auritus K. et v.H. Scarichthys caeruleopunctatus Rüppell. — Mauritius und Seychellen. Callyodon viridescens Rüppell. Pseudoscarus harid Forsk. Pseudoscarus ghoban Forsk. Pseudoscarus maculiceps n. Sp. Ps. viridis, rostro rubrolineato, capitis lateribus rubromaculatis. Kinnladen grün; im Mundwinkel 1 oder 2 kleine conische Zähne. Oberlippe schmal, 4 des Kiefers deckend. Schuppen auf den Backen in zwei Reihen, Ein breiter Rand des Vordeckels 444 Gesammtsitzung nackt. Auge klein, mehr als zweimal in der Entfernung vom Mundwinkel enthalten. Profil der Schnauze fast senkrecht, in einem starken Bogen nach der Rückenflosse gekrümmt. Schwanz- flosse ausgeschnitten. Brustflossen mit 14 bis 15 Strahlen und einem kurzen Stachel an der Basis. Öffnungen der Seitenlinie verzweigt. Seitenlinie mit 24 Schuppen, oberhalb derselben zwei, unterhalb sechs Längsreihen. Mundwinkel roth; von demselben eine nach hinten und ab- wärts gekrümmte Linie, eine andere nach oben über die Schnauze steigend und sich mit der der anderen Seite vereinigend, eine dritte nach der Nasenöffnung hinaufsteigend, gabelförmig vor und unter dem Nasenloch sich theilend. Seiten des Kopfes, Wangen, Vor- deckel und Kiemendeckel mit zahlreichen runden rothen Flecken auf hellem olivengrünlichen Grunde. Brustflossen schwärzlich, Bauchflossen gelbgrün, am vorderen Rande dunkler. Analflosse mit hellem Rande und auf einem bräunlichgrünen Grunde mit zahlreichen, unregelmässig wurmförmigen, gelbgrünen Linien und Ocellenflecken. Schwanzflosse schwärzlichgrün. Rückenflosse mit hellem Rande und zerstreuten ocellenförmigen Flecken. Körper grünlich. ÄANACANTHINI. PLEURONECTIDES. 142. Rhomboidichthys pavo Bleeker. 145. Rhomboidichthys pantherinus Rüppell. 144. Pardachirus marmoratus Lac&pede. — D. 70—72; A. 55. 145. Solea tubifera n. sp. S. fuscocinerea, nigrofusco maculosa. D. 855.4.68.. Pi 95: 7.2. Lin.lat.102 Körperhöhe zur Körperlänge wie 1:2%, Kopf zu derselben wie 1:74. Augen übereinander, nur durch einen schmalen Zwischen- raum von einander getrennt. Zähne der breiten Platte der linken Seite sehr klein; rechte Seite zahnlos. Nasenrohr der rechten Seite länger als das Auge; Nasenlöcher der linken Seite beide klein. Beide Brustflossen wohl entwickelt. Bauchflossen nicht mit der Analflosse zusammenstossend. Rücken- und Ventralflosse endigen an der Basis der Schwanzflosse. »>eitenlinie macht anfangs einen or “| vom 13. Juli 1876. 445 kleinen sehr flachen Bogen nach unten und verläuft dann grade. Schuppen an beiden Seiten kammförmig. Graubraun, überall mit grossen dunklen Flecken bedeckt; Flossen in der Mitte weisslich, die Rücken- und Analflosse mit grossen schwarzen Flecken am Rande, die Schwanzflosse mit breitem schwarzen Saume; der äusserste Rand der senkrechten Flossen weiss. Totallänge des einzigen Exemplars: 0,168. OPHIDINT, 146. Fierasfer parvipinnis Kaup. 147. Fierasfer acus Brünnich. Es liegen zwei Exemplare vor, von denen das eine 87 Milli- meter lang ist, die ich mit denen aus dem Mittelmeer ganz über- einstimmend finde. MALACOPTERYGII ABDOMINALES. SCOMBRESOCES. 148. Belone choram Forsk. 149. Hemirhamphus Commersoniü Cuvier. 150. Hemirhamphus Georgi Cuv. Val. ÜYPRINODONTES. 151. Haplochilus Playfairiü Günther. — Seychellen. CLUPEINT. 152. Spratelloides delicatulus Bennett. 153. Chirocentrus dorab Forsk. 154. Engraulis boelama Forsk. — Ein schlecht erhaltenes Exem- plar. APODES. MURAENINT. 155. Anguilla labiata Ptrs. 156. Conger marginatus Valenciennes. 446 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. Gesammtsitzung Ophichthys colubrinus Boddaert. Muraena Petelli Bleeker. Muraena tessellata Richardson. Muraena Reevesii Richardson. Muraena pseudothyrsoidea Bleeker. Echidna variegata Forster. Gymnomuraena tigrina Lesson. PLECTOGNATHI. BALISTINT. . Balistes niger Mungo Park. 165. Balistes conspicillum Bloch-Schneider. 166. Balistes aculeatus Linne. — Mauritius und Seychellen. 167. Balistes fuscus Bloch-Schneider. 168. Balistes rectangulus Bloch-Schneider. — Fouquet. 169. Balistes erythrodon Günther. . Monacanthus pardalis Rüppell. ÖSTRACIONTES. . Ostracion eubieus Linne. Ostracion punctatus Bloch-Schneider. Ostracion cornutus Linne. — Mauritius und Seychellen. . Ostracion Fornasini Bianconi. GYMNODONTES. . Tetrodon immaculatus Lac&pede. — Mauritius und Sey- chellen. . Tetrodon nigropunctatus Bloch-Schneider. . Tetrodon lineatus Bloch. . Tetrodon hispidus Linne. . Anosmius Valentyni Bleeker. . Diodon atinga Bloch. vom 13. Juli 1876. 447 LOPHOBRANCHNH. 181. Hippocampus camelopardalis Bianeoni. 182. Gastrotokeus biaculeatus Bloch. — Seychellen. 183. Syngnathus spieifer Rüppell. — Seychellen. 154. Syngnathus conspicillatus Jenyns. 185. Doryichthys excisus Kaup. SQUALIDAE. 136. Triaenodon obesus Rüppell. RAJIDAE. 187. Torpedo fuscomaculata Ptrs. 188. Trygon polylepis Bleeker. 189. Aetobatis narinari Euphrasen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Marzo 1876. Roma 1876. 4. F. Napoli, Scritti inediti di Francesco Maurolico. ib. eod. 4. Extr. L. ©. Beziat, La vie et les travaux de Jean Hevelius. ib. eod. 4. Extı. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 1.2. Juillet 1876. Pa- ris. 4. OÖ. Blau, Nachlese orientalischer Münzen. Wien. 8. Sep.-Abdr. G. vom Rath, Mineralogische Notizen. 1876. 8. Sep.-Abdr. Bullettino dı Archeologia cristiana. 3. Ser. Anno I. Fasc. trimestrale. Roma 1876. 8. Vom Herausgeber. G. B. di Rossi, Indiei generali per gli anni 1870—1875 della seconda se- rie del Bulletino di Archeologia cristiana. ib. eod. 8. Desgl. Transactions of the Connecticut Academy of arts and sciences. Vol. III. P. 1. New Haven 1876. 8. J. C. Snellen van Vollenhoven, Pinacographia. Part 3. Afl. 3. 's Gra- venhage 1876. 4. Mit Begleitschreiben der K. Niederländischen Ge- sandtschaft hierselbst. 448 Gesammtsitzung C. De Candolle, Sur la structure et les mouvements des feuilles du Dionaea muscipula. 1876. 8. Sep.-Abdr. Vom Verf. The numismatic chronicle. 1876. Part. I. New Series. N. LXI. London 18.16.00 8. Proceedings of the California Academy of sciences. Vol. V. Part. III. 1874. San Francisco 1875. 8. Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwis- senschaften zu Hermannstadt. 36. Jahrg. Hermannstadt 1876. 8. The journal of the Bombay branch of the R. Asiatie Society, 1875. N. 32. Vol. XI. Bombay 1876. 8. Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1876. Bd. I. Heft. I. München 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Berichte über die Verhandlungen der K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaf- ten zu Leipzig. Mathematisch-physikalische lasse 18753. II. IV. V. VI. VI. 1874. 1. II. III. IV. V. 1875. I. Leipzig 1874. 1875. 8. Philologisch- historische Olasse 1873. 1. Bd. 25. 1874. 1.II. Bd..26. 1875. I. ib, „1870.: .8. Abhandlungen der K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig von Hansen, Fechner, Neumann, Hankel, Voigt, Lange, von Falkenstein. 12 Hefte. Leipzig 1874/75. 8. Mit Begleitschreiben. Verhandelingen rakende de natuurlijke en geopenbaarde godsdienst uitgegeven door Teylers godgeleerd genootschap. Nieuwe Serie. 4e. Deel. Haarlem 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Monthly notices of the R. astronomical Society. Vol. XXXI—XXXV. 1870 —1875. Lendon 1871—1875. 8. The Transactions of the Academy of science of St. Louis. Vol. III. N. 3. St. Louis 1876. 8. M. Garcein de Tassy, La langue et la litterature hindoustanies. 2. edit. Paris 1874. 8. Revue archeologique. - Nouv. Serie. 17. Annee. VI. Juin 1876. Paris. 8. Annales de chimie et de physique. 5. Serie. Juin 1876. T.VII. Paris 118710.1, 48: Mnemosyne. Nova Series. Vol. IV. Part. III. Lugd. Bat. 1876. 8. 9th Annual report of the prevost to the trustees of the Peabody Institute of the city of Baltimore. June 1. 1876. Baltimore 1876. 8. W. F. @. Behn, Leopoldina. Heft XII. N. 11. 12. Dresden Juni 1876. 5. Tableau general methodique et alphabetique des matieres cont. dans les publi- cations de U’ Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg depuis sa fon- dation. 1. Partie. St. Petersbourg 1872. 8. Von der K. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. ; vom 13. Juli 1876. 449 Nachrichten und gelehrte Denkschriften der Kaiserl. Universität zu Kasan. 42, Jahrg. 1875. N. 1—6. (Januar — December) Kasan 1875. 8. (russ.) Verein für die Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. — Forschungsreise nach Westsibirien. IV. Bremen 1876. 8. A. De Candolle, LD’age d’un arbre a-t-il une influence sur l’epoque mo- yenne de sa feuillaison? Ext. 1876. Vom Verf. Societe hollandaise des sciences « Harlem. 1. Janv. 1876. Harlem 1876. 8. Programme de la Societe holl. des sciences «& Harlem. Annee 1876. 8. E. H. v. Baumhauer, Archives Neerlandaises des sciences exactes et natu- relles. Tome XI. Livr. 2.3. Harlem 1876. 58. Mit Begleitschreiben. Die Triangulation von Java ausgeführt vom Personal des geographischen Dien- stes in Niederländisch Ost-Indien. 1. Abth. Vergleichung der Maassstäbe des Repsold’schen Basis-Mess- Apparates mit dem Normalmeter von Dr. J. A. ©. Oudemans. Batavia 1875. 4. Ofversigt af Kongl. Vetenskaps Akademiens Förhandlingar. 33d. Rene 1876. N. 1. Stockholm 1876. Stockholm 1876. 8. Baron di Letino Carbonelli, Dell’ angina difterica ete. Lugano 1876. 8.3 Ex. SVom Verf. Alterthümer. — Arbeiten der archäologischen Gesellschaft in Moskau, heraus- gegeben unter der Redaction von W. E. Rumjanzow. Bd. VI. Lief. 2. Mit dem Bildniss N. M. Potulow s (im Texte) und 40 Seiten Musiknoten. Moskau 1876. 4. (rvuss.) American oriental Society. Proceedings, May and Novemb. 1875, and May 1876. 8. Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. 32. Jahrg. 1—3. Heft. Stuttgart 1576. 8. Mit Begleitschreiben. B. Riemann's Gesammelte mathematische Werke und wissenschaftlicher Nach- lass. : Herausgeg. unter Mitwirkung von R. Dedekind von H. Weber. Leipzig 1876. 8. Annalen des physikalischen Üentralobservatoriums. Herausgeg. von H. Wild. Jahrg. 1874. St. Petersburg 1876. 4. Carte geologique coloricee du Lac de Como par M. M. Spreafico et Negri, La Brianza et & 1'Est par M. Stoppani. Bl. XXIV. 1Bl. fol. u. 1 Bl, kl. 8. Übersichtsblatt und Bericht der Commission. Mit Begleitschrei- ben. A. M. Ceriani, Monumenta sacra et profana ex Codd. praesertim biblio- thecae Ambrosianae. Tomus VII. Codex syro hexaplarıs Ambrosianus. Mediol. 1874. fol. ma). [1876] ; 33 450 Gesammtsitzung 17. Juli. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Harms las über den Begriff der Wahrheit. 20. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Buschmann las die Fortsetzung seiner Abhandlung über die Wortverändrung in der vornehmen Sprache von Java. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: j Proceedings of the philosophical Society of Glasgow. 1875 —76. Vol.X. N. 1. Glasgow 1976. 8. Societe des sciences physiques et naturelles de Bordeaux. — Extrait des pro- ces-verbaux des seances. Bordeaux. 8. Översigt over det K. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger og dets Medlemmers Arbejder i Aaaret 1876. Med Bilag. Kjobenhavn 1876. N=1.. 28, Polybiblion. — Revue bibliogr. univ. — Partie litt. 2. Serie. Tome IV. Livr. 1. Juillet. — Partie technique. 2. Serie. Tome III. Livr. 7. Juillet. Paris 1376. 8. tevue scientifique de la France et de l’etranger. N. 3. Juillet. Paris 1876. 4. J. Muir, Additional maxims and sentiments from the Mahäbhärata. Edin- bureh °1876. 8. A Ex. Ödipus Oribasius, Die entschleierte Sphinz. Bd.I. Lief. 5.6. Berlin. 8. Mit Begleitschreiben. Proceedings of the R. geographical Society. Vol. XX. N. IV. V. London 1876. 8. I! nuovo cimento. Serie II. Tomo XV. Gennaio — Maggio 1876. Pisa 1875. 1876. 8. vom 20. Juli 1876. 451 Monthly notices of the R. astronomical Society. Vol. XXXVI. N. 8. June 1876. London. 8. Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Bd. II. Heft 2. Neue Folge. Wien 1876. 4. Astronomische, magnetische und meteorologische Beobachtungen an der K. K. Sternwarte zu Prag im Jahre 1875. Herausgegeben von ©. Hornstein. 36. Jahrg. Prag 1876. 4. Mittheilungen des Vereins nördlich der Elbe zur Verbreitung naturwissenschaft- licher Kenntnisse. 1. Heft 1857. Kiel 1857. 4. 4.—9. Heft. Kiel 1861 — 1869. 8. Mit Begleitschreiben. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig- Holstein. Bd. I. Heft: 3. Bd.-II. Heft 1.:: ib. 1875/76. 8. Rendiconto delle sessioni dell’ Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna. Anno Accad. 18574—75. Bologna 1875. 8. Memorie dell’ Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna. Serie III. Tomo V. Fasc. 1—4. Bologna 1874/75. 4. Atti della Societa italiana di scienze naturali. Vol. XVII. Fasc. 22 a 30. Vol. XVII. Fasc. I. II. Milano 1875. 8. : Memorie del R. Istituto Lombardo di scienze e lettere. lasse di scienze ma- tematiche e naturali. Vol. XIII. IV della serie III. Fasc. II. Milano 1875. Olasse di lettere e scienze morali e politiche. Vol. XIII. IV della serie II. Fasc. II. ib. eod. 4. R. Istituto Lombardo di scienze e lettere. Rendiconti. Serie II. Vol. VII. Fase. XVII—XX. Vol. VII. Fasc. I—-XX. ib. 1874/75. 8. Schriften der Universität zu Kiel aus dem Jahre 1875. Bd. XXII. Kiel 1876. 4. Mit Begleitschreiben. 33* 452 Gesammtsitzung 27. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kronecker las: Zur Theorie der elliptischen Funktionen. Hr. W. Peters legte vor: Dr. Th. Studer über Echinodermen aus dem antarktischen Meere und zwei neue Seeigel von den Papua-Inseln, ge- sammelt auf der Reise 8. M. S. Gazelle um die Erde. Die hier angeführten Arten stammen von der Kergueleninsel im südindischen Ocean und der sie umgebenden Bank von 60 — 100 Faden, sowie von der Magelhaensstrasse und der Ostküste Pa- tagoniens. Kerguelen lieferte bis jetzt 26 Arten von Echinoder- men, von denen die meisten eigene Arten sind, aber doch zum Theil eine so nahe Verwandtschaft mit patagonischen und magel- haenischen zeigen, dass wir die Faunen beider Gebiete als antark- tische zusammenfassen können. Es werden deshalb hier die Ar- ten beider Gebiete nebeneinander angeführt, wobei für die bekann- ten die genaue Angabe des Fundortes beigegeben wird. Namentlich dem wissenschaftlichen Interesse des Hrn. Capi- tains z. S. Freiherrn v. Schleinitz, welcher überall an geeigneten Punkten das Schleppnetz aussetzen liess und mich beim Sammeln der Gegenstände in jeder Art nnterstützte, ist das reiche Material, welches die Gazelle zu Tage förderte, zu danken. HoLoTHURIAE. DENDROCHIROTAE. Öuvieria porifera n. sp. Dorsum medium alepidotum, suleis decussatis corrugatum, insterstitiüs 1—2- porosis, granulis raris munitis, margine squamis 1—2-porosis tectum. Facies ventralis mollis, am- bulacris marginalibus, mediano nullo. Color fuscus. Hab. Kerguelen. Das einzige Exemplar von 21 Mm. Länge und 9 Mm. Breite wurde vor dem Royal Sound (OÖstkerguelen) aus 65 Faden ge- vom 27. Juli 1876. 455 fischt. Der Umstand, dass der Rücken nicht mit Schuppen beklei- det, sondern nur durch sich kreuzende Furchen in unregelmässige, porenführende Felder abgetheilt wird, nähert die Form der von Verrill aufgestellten Gattung Lissothuria. Cuvieria antarctica Phil. fand sich in der Magelhaens- strasse in 42 Faden Tiefe. Die dort gefischten Exemplare stim- men in Zahl der Schuppenreihen zwischen Mund und After und der Grösse mit der Beschreibung Philippi’s. In der Tuesday- bay im westlichen Theil der Magelhaenstrasse erhielt ich aus 20 Faden Exemplare, die vielleicht die ältere Form darstellen. Die Thiere waren 40 Mm. lang, 20 Mm. breit, der Rücken mit flachen, polygonalen, an den Rändern sich berührenden Schildern bedeckt, die glatt sind oder nur vereinzelte Wärzchen tragen. Solcher Schil- der liegen 10—11 zwischen Mund und After. Den Mund umgeben fünf grosse dreieckige Schilder, kleinere in gleicher Zahl den After. Farbe zart rosenroth. Trachythyone n.g. Corpus fusiforme, uudique papillis coni- cis, singulos pedicellos gerentibus, aequaliter sparsis tectum. Tentacula decem, arborescentia, quorum duo minora. Anus dentibus quinque cal- careis munitus. Tabulae calcareae cribrosae in stratum continuum subceutaneum in papillas extensum coalitae. T. muricata n. sp. Tabulae calcareae ovales vel triangulares, octo-decem majoribus foraminibus, 2— 3 minoribus perforatae, tabulae papillarum minores. Color albicans. Hab. Kerquelen. Im Gegensatz zu der Gattung Thyone, deren Haut nur zer- streute Kalkkörper enthält, liegen hier dieselben dicht aneinander und bilden ein zusammenhängendes Skelet, dass sich auf die Pa- pillen fortsetzt. Das einzige Exemplar von 90 Mm. Länge wurde mit dem Schleppnetz aus 50 Faden gefischt in L. 70° 47’ O. und BASS. Pentactella laevigata Verrill. (Bullet. of unit. states Museum 1576) fand sich überall bei Kerguelen auf Tang und zwischen Flori- .deen in geringer Tiefe. Nahe verwandt damit scheint Pentacta crocea Less., die wegen des Fehlens des Kalkrings um den Schlund zu der- selben Gattung gerechnet werden muss. Sie fand sich in der Ma- 454 Gesammtsitzung gelhaenstrasse häufig zwischen Algen, von der Kerguelenform nur durch die Farbe verschieden, LIOSOMATIDAE. Molpadia violacea n. sp. . Corpus fusiforme, antice trunca- tum, postice in caudam teretem productum. Tentacula 15 brevia, tri- digitata. Corpuscula calcarea partim fusiformia, media parte inflata, 4 ad 5 foraminibus perforata, partim globosa, concentrica. Color vio- laceus. Kerguelen. Vielleicht würde die abnorme Form der Kalkplättchen und das Vorkommen concentrisch geschichteter Kalkkugeln in der Haut, welche an ähnliche Körper bei Embolus Sel. erinnert, zur Aufstel- lung einer neuen Gattung berechtigen. Den Schlund umgiebt ein Kalkring; für die Tentakel sind 15 lange schlauchförmige Ampul- len vorhanden, die Poli’sche Blase ist sehr gross. Zwei Wasser- lungen. Der Darm macht eine Schlinge. Das Thier ist bei star- ker Wasseranfüllung durchscheinend, im Leben stets von einer Schmutzkruste überzogen. Bis 11 Om. lang. Es fand sich ziem- lich zahlreich in 100 Faden Tiefe unter B. 47° 53,2’ S. und 66° 41,2 O.L. SYNAPTIDAE. Sigmodota n.g. Tentacula duodecim, digitiformia; cutis mollis, laevis, corpuscula calcarea rara sigmoidea. S. purpurea Less. Kerguelen, fretum Magelhaenis, ins. Falk- land. Eine Art, die der Lesson’schen Beschreibung von Chirodota purpurea entspricht, fand sich häufig im Schlamm auf 5 Faden bei Kerguelen, sowie in der Magelhaenstrasse. Das neue Genus be- rechtigt die eigenthümliche Form der Kalkkörper, die Stäbchen darstellen, deren beide Enden hackenförmig nach verschiedenen Richtungen umgebogen sind. ECHINIDAE. GFoniocidaris membranipora n. Sp. Testa globosa, supra complanata, tubercula primi ordinis in area interambulacrali 6. Area vom 27. Juli 1876. 455 tuberculorum ovalis, immersa; sulcus interradialis parum profundus, granulis munitus. Area abactinalis permagna, tabulae genitales mag- nae, pentagonae, in foemina ad apicem incisura trigona praeditae, po- rus genitalis in membrana hanc incisuram implente et inter scuta in- terradialia continuata situs. Duae ex tabulis ocellaribus areae anali contiguae, anales numerosae, tuberculis miliaribus munitae. Aculei ba- cilliformes, longitudine diametrum disci superantes, infimi spatulifor- mes, breves, margine dentati. Color purpureus. Vivipara. Kergue- len. Diese Art wurde zahlreich NW. von Kerguelen in 60 Fa- den gefischt. Die Höhe der Schale ist 13 Mm., Durchmesser 40 Mm. Bei dem männlichen Seeigel fehlt der Ausschnitt des Genitaltäfel- chens und der Porus durchbohrt die Kalkplatte. Die jungen Cida- ris bleiben auf dem Analfelde der Mutter bis zu ihrer völligen Entwicklung, von den obern Stachelreihen geschützt, die sich kreuz- weise darüber legen. Die 5 Eierstöcke sind traubig, jeder enthält nur an 10—15 Eier, die bis 2 Mm. gross, die ersten Entwicklungs- stadien noch in dem erweiterten Eibehälter durchmachen. G. vivipara n. sp. Testa globosa, supra complanata, paullum concava. Sulcus interradialis nudus, scutella interradialia suleis gra- nuliferis circumdata. Area abactinalis permagna, tabulae genitales parvae sese non tangentes, a tabulis ocularibus omnino separatae, trigo- nae, in foemina apice truncatae. Porus genitalis magnus, in membrana inter hume apicem et scutella interradialia prima expansa situs. Ta- bulae anales numerosae, parvae, tuberculis tribus munitae. Aculei ba- eilliformes, longitudine diametrum disei superantes, infimi spatulifor- mes, breves, margine dentati. Color purpureus. Vivipara. Hab. Mar. Patagon. orient. Auch in diesem Falle durchbohrt der Genitalporus beim männ- lichen Thier die dreieckige Kalkplatte. Der Schutz der Jungen ist derselbe, wie bei der vorigen Art. Auf zwei verschiedene Wei- sen ist hier der Zweck erreicht, den Genitalporus für den Durch- gang eines schon in einem höhern Stadium der Entwicklung be- findlichen Jungen passirbar zu machen. In einem Falle hat das Genitaltäfelchen einen dreieckigen Ausschnitt, in dem sich eine elastische Membran ausspannt, die der Genitalporus durchbohrt, im Andern ist das Genitaltäfelchen verkleinert und die Lücke zwi- schen ihm und den rechten Interradialplatten mit einer durchbohr- 456 Gesammtsitzung ten Membran ausgefüllt. Der erste Fall erinnert an das von Wy- ville Thomson bei Porocidaris purpurata beschriebene Verhältniss, wonach man schliessen darf, dass diese Art ebenfalls lebendige Jungen zur Welt bringt. D. vivipara fand sich in 63 Faden Tiefe unter 47° 1,6’ S. B. und 63° 29,6’ W. L., und in 60 Faden unter 43° 56,2’ S. B. und 60° 29,6' W. L. Arbacia Dufresnei Blv. fand sich in 30 Faden Tiefe unter 38° 10,1’ S. B. und 56° 26,6' W. L. Die Farbe der nackten In- terradialfelder dunkelgrün, der Stacheln violett. Arbacia alternans Trschl. Die Art, welche sich in der Tuesdaybay im westlichen Theil der Magelhaensstrasse vorfand, stimmt mit der von Troschel nach drei stachellosen Exemplaren des Berliner Museums beschriebenen überein. Sie unterscheidet sich von A. Dufresnei, mit der sie die grüne Farbe gemein hat, schon durch die schlankeren Stacheln. Oft fehlen im apicalen Theil des Interambulacralfeldes die kleineren alternirenden War- zen. Die kleinen Eier, die sich bei weiblichen Individuen aus dem Genitalporus ergiessen, gelangen zuerst auf das stachellose Inter- ambulacralfeld, wo sie auf der sculptirten Fläche haften bleiben, geschützt von den in queren Reihen geordneten Pedicellarien. Echinus diadema n. sp. Testa fragilis, depressa, lat. 40 mm. alt. 21 mm. _Areae ambulacrales dimidiam latitudinem interambula- cralium aequantes. Series tuberculorum majorum duplew in utraque area. Tubercula versus apicem magnitudine paullo decrescentia, co- rona multipla tuberculorum minorum circumdata, in area ambulacrali minora. Sulcus interradialis nudus. Zona abactinalis magna, anus excentricus, squamulis eircumdatus, tabulae genitales magnae, penta- gonae, tuberculis tribus ad marginem analem munitae, tabularum ocel- larium una squamas anales tangens. Aculei acuti, longitudine dimi- diam diametron testae aequantes, aculeis parvis selaceis et pedicella- riis longis eircumdati. Color roseus, tuberculis et aculeis albis. Ker- quelen. Die Art ist zunächst verwandt mit E. margaritaceus, an dem sich aber deutlich sekundäre Tuberkelreihen erkennen lassen. Letz- vom 27. Juli 1876. Nas terer wurde häufig an der Ostküste Patagoniens gefunden in 30 Faden unter 38° 10,1’ S. B. und 56° 26,6’ W. L. Abatus cordatus Verrill. Fand sich bei den Kerguelen auf Schlammgrund in 50— 60 Faden. Die Brutpflege in den vertief- ten Ambulaeren wurde häufig beobachtet. Ebenso bei A. ewcavatus Phil., der aus 60 Faden in 43° 56,2’ S. B und 60° 25,2’ W. L. gefischt wurde. ÄSTERIDAE. Von sechsstrahligen Asterias wurden drei Arten bei Kergue- len beobachtet und ein fünfstrahliger, A. rupicola Verill. Von ersteren fand sich in der Florideenzone A. Perrieri Smith von orangerother Farbe, in der Schlammzone A. meridionalis Perrier bis in 10 Faden Tiefe und die folgende in 60 Faden, westlich von Kerguelen: Asterias mollisn.sp. Radüi sex. Radius major ad minorem 4:1. Sulcus ‚ambulacralis latus, pedicellorum seriebus 4 ad 6. Spinae ambulacrales biseriatae, aequales, cylindricae, obtusae. Spinarum ven- tralium series una, prope apicem duae. Cutis dorsi mollis, coriacea, aculeis brevibus rare sparsa. Labidiasier radiosus Loven. Dieser schöne von Lütken 1871 beschriebene Seestern wurde unter 47° 1,6'8. B. und 63° 29,6’ W.L. in 63 Faden gefischt. Lütken erhielt denselben von dem Naturalienhändler Sal- min, der als Fundort Altata, Mexico angab, mit ihm eine Anzahl entschieden ostpatagonischer Echinodermen, die ebenfalls von Al- tata stammen sollten. Eine Verwechslung der Fundorte ist hier um so wahrscheinlicher, als derselbe Seestern von Professor Kin- berg im Jahre 1552 vor der La Plata-Mündung erlangt wurde. Das Thier ist im Leben oben braunroth, die dorsal scharf ab- gegrenzte Körperscheibe von einem schwarzen Ringe umgeben. Beim grössten Exemplar war der Durchmesser der Körperscheibe 35 Mm. bei einer Armlänge von 80 Mm. Die Zahl der Arme schwankt zwischen 29 bis 32. Letztere Zahl vorherrschend. Der Magen enthielt ganz verschlungene Serolis. Bei grösseren Exem- plaren ist die verschiedene Länge der Arme auffallend. Man fin- 458 Gesammtsitzung det neben grossen wohlentwickelten Armen nur halb so lange und ganz kleine, kaum entwickelte. Während diese sehr fest an der Scheibe haften, lösen sich jene sehr leicht, schon bei derbem An- fassen des Thieres und wohl auch freiwillig ab. Letzteres scheint zum Zweck der Fortpflanzung geschehen zu können. Man findet nämlich, dass die Geschlechtsorgane in Form von blinden, verzweigten Schläuchen zu beiden Seiten der Innen- wand des untern Drittels der Arme befestigt sind. In den gros- sen Armen sind die Schläuche mit von rosenrothem Dotter umge- benen Eiern erfüllt, die wohl durch Platzen der Schläuche oder Abschnüren eines Theils derselben in die Armhöhle gelangen und dann in der offenen Wunde des abgelösten Armes eine Ausgangs- öffnung finden. Die losgelösten Arme werden durch neue, an der Scheibe hervorknospende ersetzt. In den kleinen. Armen findet man die Anlage der Geschlechtsorgane in einem der Länge nach an die Innenwand des Armes angehefteten Schlauch mit kleinen blindschlauchartigen Aussackungnn, die mit Epithel ausgekleidet sind. Die Geschlechtsreife scheint erst einzutreten, wenn das Thier eine gewisse Grösse erlangt hat. Bei kleineren Exemplaren sind alle Arme gleich lang. Im Naturforscher 1792 beschreibt Schmidel einen Acanthaster, der aus der Magelhaensstrasse stammen soll, seither aber nicht mehr gefunden wurde. Schmidel erhielt ihn von einem pariser Na- turalienhändler mit einer Culcita, angeblich von demselben Fundort, die im Naturforscher 1793 beschrieben und abgebildet ist. Die Quleita lässt sich leicht als C. discoidea erkennen, der Acanthaster scheint A. solaris zu sein. Da beide bis jetzt nur aus dem indi- schen Ocean bekannt sind und sich nur auf Korallenriffen finden, so ist wohl hier eine Verwechslung des Fundorts als sicher anzu- nehmen. Othilia sexradiata n. sp. Radius major ad minorem 53:1. Facies supera parum convexa. Brachia sex, plana. Spinae ambula- crales uniseriatae, aeque longae, leviter spinosae, apice rotundato. Spinae ventrales biseriatae, ambulacralibus aequales; spinae dorsales cylindricae, magnae, in disco sparsae, in brachiis triseriatae. Fusca. Fand sich nur in einem kleinen, wahrscheinlich jungen Exem- plar in der Successfull-Bay, Kerguelen, in 14 Faden Tiefe auf Schlammgrund. vom 27. Juli 1876. 459 Porania magellanica n. sp. Discus magnus, d-radiatus, in- ferne planus, supra convexus, subtiliter verrucosus, tuberculis spinifor- mibus uno centrali, quinque interradialibus et subinde compluribus ra- dialibus munitus. Spinae ambulacrales biseriatae, interiores ewterio- ribus permulto minores, anus excentricus squamulis trigonis 5—6_cir- cumdatus. Color purpureus. Hab. in freto magellanico. Die Kerguelenart P. antarctica Smith gelang es nicht in Ker- guelen zu finden, nach der Beschreibung von Smith scheint sie der P. magellanica sehr nahe zu stehen, erstere hat aber einen cen- tralen After und die zweite Reihe der Ambulacralspinen ist halb so gross als die erste, während sie bei P. magellanica verschwin- dend klein ist. Die zwei Exemplare, die sich in Tuesdaybay zwi- schen rothen Florideen fanden, weichen von einander etwas ab, die eine hat stärkere Stacheln auf dem Rücken und eine Stachelreihe auf den Armen, welche der anderen fehlt. Ötenodiscus australis Loven fand sich unter 47° 1,6'S.B. und 63° 29,6' W. L. in 63 Faden, unter 43° 56,2’ S. B. und 60° 20, 20V. m 60: Baden, unter’ 39°:36'-8.:B. und 57° 53,3" W.L. in 45 Faden. In den beiden ersten Fällen zahlreich, im letzten nur ein Exemplar. Astropecten meridionalis n. sp. Radius maj. ad minorem 5:1. Papillae ambulacrales pluriseriatae, intimae majores planae, exteriores multo minores aculeis parvis circumdatae. Spinae laterales complanatae, apicem brachü versus curvatae. Laminae dorsales bra- chiorum 37— 538, granulatae, inferiores tres unispinosae, sequentes intermediae spina altera interiore accedente, sequentes (inde a 20) spi- na ewteriore nulla, interiore persistente. Color aurantiacus. Habitat Kerguelen. Ein Exemplar dieser Art mit einem Scheibendurchmesser von 40 Mm. und einer Armlänge von 80 Mm. fand sich N. W. von Kierguelen unter 47° 55,2’ S. B. und 66° 41,2’ O0. L. in 120 Fa- den Tiefe. Dasselbe ist schwer von A. aurantiacus zu unterschei- den, mit dem es die Bildung der Dorsalplatten der Arme gemein hat. Nur bleibt das obere Armfeld im Verhältniss zu der Breite der Platten bis an die Spitze sehr breit, in der Mitte 13 zu 4, 460 Gesammtsitzung ÜÖPHIURIDAE. Ophiacantha vivipara Ljgm. Wurde an der Ostküste Pa- tagoniens aus 60 Faden unter 43° 56,2’ S. B. und 60° 25’ W.L,., aus 63 Faden unter 47° 1,6' S. B. und 63° 29,6’ W. L. und in der Magelhaensstrasse aus 42 Faden in grosser Menge gefischt. O. vivipara var. Kerguelensis minor, verrucis disci pro ra- tione corporis majoribus, spinis brachiorum gracilioribus. Westlich von Kerguelen in 60 Faden und bei der Obser- vationshalbinsel in 5 Faden. Dieselbe ist zarter als die Form der Magelhaensstrasse und hat relativ zur Grösse höhere Scheiben- wärzchen. Die Farbe ist braungrau, bei ©. vivipara hell gelblich grau, Die Entwicklung der Jungen findet in Bruttaschen statt. Ophioglypha hewactis Smith war überall um Kerguelen auf Schlammgrund bis in grössere Tiefen häufig, ebenso Ophio- glypha brevispina Sm. OÖ. Lymani Ljgm. scheint diese Art in der Magelhaens- strasse zu vertreten, sie fand sich auch an der Ostküste Pata- goniens immer mit Ophiacantha vivipara zusammen. Ophiolepis carinata n. sp. Brachia disci diametrum 5 - plo superantia, leviter carinata. Scutella oralia altiora quam lata. Pa- pillae orales in series duas superpositas dispositae quarum superior 4, inferior 9 continet. Dentes 12, supremus unus, deinde 10 in series duas dispositi, denique unus infimus. Scuta .disci majora in rosae Jormam disposita, inflata, squamulis circumdata. Scuta radialia magna, squamulis disjuncta. Scuta brachialia lata, carinata. Spinae ambulacrales 3; spina brachialis una, brevis, squamiformis. Coceinea. Habit. Kerquelen. Fand sich in grosser Menge nordwestlich von Kerguelen in 60 Faden Tiefe und vor dem Royal-Sund in 65 Faden. Die dop- pelte Papillenreihe und Zahnreihe möchte ein eigenes Genus be- rechtigen. Er scheint durch die doppelte Reihe Mundpapillen der Gattung Ophiopus Ljungm. nahe zu stehn. Ophiogona n.g. Discus pentagonus, incisuris radialibus nul- lis. Cutis dorsi mollis, scutellis non contigquis parvis tecta. Scuta vom 27. Juli 1876. 461 oralia magna scutiformia in spatium interambulacrale prolongaia. Papillae orales 7, papillae dentales nullae, dentes biseriati; papil- lae ambulacrales 3— 5, spinae brachiales 7—9, appressae, breves. OÖ. laevigata n. sp. Brachia 3— 4-plo diametrum disci supe- rantia. Sceutella radialia non conspicua. Sceuta oralia pentagona, angu- lis rotundatis. Scuta dorsalia brachiorum lata, brevia, obtuse penta- gona, pori ambulacrales transverse fissi, utrinque papillis 6 planis mu- niti. Spinae ambulacrales 9, appressae, breves. Color supra cocci- neus, infra cinereus. Die Gattung steht zwischen Peetinura und Ophiolepis. Fand sich in 120 Faden N. W. von Kerguelen. Pectinura verrucosa.n. sp. Brachia diametrum disei 6- plo superantia. Discus pentagonus; brachia basi carinata, spinae brachia- les 7— 8 breves, planae. Scuta oralia magna, medio constricta, aeque alta ac lata. Papillae orales decem, intima majore. Discus scutis in verrucae formam elevatis inaequalibus, uno majore centrali, 5 item majoribus in rosae formam dispositis. Scuta radialia magna in ver- rucae formam elata, scutellis ternis disjuncta. Color laete aurantia- cus. Kerguelen. Aus. 150.,Faden in L. 69° 51,4" ©. und B. 47° 13,3’ S. Ophiactis magellanica Ljgm. fand sich in der Magel- haensstrasse in 42 Faden, bei Punta Arenas zwischen Algen und unter’ 43 56,2. 8. B. und 60° 25,2” W. L.’in 60'Faden. Die Exemplare von Punta Arenas sind dunkelpurpurn, die aus der Tiefe heller, blass violett. Vierstrahlige Individuen kom- men vor. Amphiura antarctica n. sp. Discus incisuris radialibus viw inceisus, supra ei infra squamis laevibus tectus. Scuta radialia per- angusta, 4 radü disci aequantia, seriebus squamularum 2 —3 disjunc- ta. Scuta oralia pentagona, longiora quam lata. Papillae orales 2, interior squamiformis, exterior dentiformis; papillae ambulacrales duae, minimae; spinae brachiales 4, apicem. versus 3. Longitudo brachio- rum ad lat. disci 3:1. Color albidus. Kerquelen. Fand sich selten auf Schlamm in 5 Faden Tiefe. Steht A. Eugeniae Ljgm. nahe. Diese fand sich an der Ostküste Patago- niens unter 47° 1,6 S. B. und 63° 29,6’ W.L. in 60 Faden Tiefe. 462 Gesammtsitzung Ophiomyza vivipara n. sp. Long. ad diam. disc. 1:9. Pa- pillae orales 4, subinde 5, inaequales, anteriores latae, posteriores acutae; dentes quatuor. Spinae brachiales 3—4, echinulatae, superior mazxima. Laete coccinea, aculeis albidis. Vivipara. Ad oras Patago- niae,. Die Entwickelung der Jungen geschieht in eigenen Bruttaschen von ovaler Form, in welche die grossen Genitalschlitze direkt mün- den. Jede Tasche, deren, entsprechend den 10 Genitalschlitzen, 10 sind, erstreckt sich von der Basis der Arme bis zum Centrum der Scheibe. In sie münden von unten gegen 10 birnförmige Eisäckchen, in deren Wand sich die Eier entwickeln und deren jedes nur 5 bis 6 von rothem Dotter umgebene, losgelöste Eier enthält. Jede Bruttasche enthielt bei dem untersuchten Exemplar 2— 3 vollstän- dig entwickelte junge Seesterne, deren Scheiben-Durchmesser 4 Mm. wie die Länge des Genitalschlitzes betrug. Die Jungen lagen dicht eines über dem andern, die Arme nach oben gerichtent, das dar- überliegende umfassend. Dasselbe Verhältniss findet sich bei Ophiacantha vivipara, Wo, der Vierzehnzahl der Genitalschlitze entsprechend, 14 Brutsäcke vorhanden sind. Die Ovarien sind hier abaetinal gelagert und be- finden sich, jedes nur wenig, 3— 4, Eier enthaltend, in der Basis der Arme. Nach Ljungman findet sich ein gleiches Verhältniss bei Amphiura magelhaenica Ljgm. und Ophiacantha marsupialis Lyman von Juan Fernandez. Es wird sich bei Vermehrung des Ma- terials aus den arktischen und antarktischen Meeren wahrscheinlich das Lebendiggebären von Echinodermen Kalter Zonen und vielleicht der Tiefenzonen als Regel herausstellen. Auffallend ist, dass es mir nie gelang, mit dem feinen Netz in den Gewässern um Ker- guelen freie Echinodermenlarven zu fischen. Ich hoffe über die- sen Punkt in einer spätern Arbeit noch genauere Angaben machen zu können. Bis jetzt sind 26 Arten Echinodermen von Kerguelen und der es umgebenden Bank gefunden worden. Davon sind identisch mit magelhaenischen und patagonischen Arten: Sigmodota purpurea Less. und Ophiacantha vivipara Ljungm. Nahe verwandt mit solchen: Pentactella laevigata Verr. mit P. crocea Less. Cuvieria porifera n. sp. mit C. antarctica Phil. Goniocidaris membranipora n. sp. mit @. vivipara n. sp. vom 27. Juli 1876. 463 Echinus diadema n. sp. mit E. margaritaceus Less. Abatus cordatus Ver. mit A. excavatus Wiegm. ' Asterias Perrieri Smith mit A. rugispina Stimps. Pteraster affinis Sm. mit Pt. Danae Verr. Porania antarctica Sm. mit P. magelhaenica n. sp. Amphiura antarctica n. sp. mit A. Eugeniae Ljgm. Auffallend ist, dass die mit den Kerguelenarten verwandten Arten der Magelhaensstrasse meist auch an der Ostküste Patago- niens vorkommen, während sie an der Westküste Südamerikas zu fehlen scheinen. Kerguelen bis jetzt eigenthümlich sind: Trachythyone muricata n. Sp. Molpadia violacea n. sp. Asterias rupicola Ver. Asterias meridionalis Perrier. Pedicellaster scaber Sm. Othilia spinulifera Sm. Othilia sexradiata n. Sp. Astrogonium meridionale Sm. Leptychaster kerquelensis Sm. Astropecten meridionalis n. Sp. Ophioglypha hexactis Sm. Ophioglypha brevispina Sm. Ophiolepis carinata n. sp. Ophiogona laevigata n. Sp. Pectinura verrucosa n. Sp. 2 Euryalidae, worunter 1 Euryale. Schleinitzia n. 8. Testa globosa, supra et infra complanata, poris sulco connexis, tubercula perforata et crenulata. Areola tuber- culorum paullum immersa, ovalis, circulo granulorum eircumdata. 464 Gesammtsitzung Zona ambulacralis angusta, paullum flewuosa. Area abactinalis per- magna, scutellis analibus numerosis, tabulae genitales ab ocellaribus plane sejunctae. Aculei primarii inaequales: infimi spatulati, margine crenulati; vicini bacilliformes, longi, apice excavati, suleis scabris; su- periores acuti, longi. Sch. crenularis n. sp. Altitudo 33 mm., diameter 43 mm. Tubercula primaria 6, areola parum profunda. Sceuta interambula- cralia suleis nudis circumdata. Areae ambulacrales quadriseriatae, series binae externae majoribus tuberculis obsitae. Color stramineus, ambulacra purpurea, spinis albis violaceo- annulatis. Hab. in pro- fundis sinus Mac Clueri, Novae Guineae. Die Bildung des Analfeldes erinnert bei dieser Gattung an Stephanocidaris Ag., die der Stacheln an Porocidaris Des., wäh- rend sie die crenulirten Stachelwarzen, verbunden mit den durch Furchen zusammenhängenden Ambulacralporen in die Nähe von der schon in der älteren Kreide in Europa aussterbenden Gattung Rhabdocidaris Des. stellen. Letztere unterscheidet sich aber na- mentlich durch die grossen, breiten Stacheln. Die Crenulirung der Stachelwarzen ist schwach und fehlt namentlich bei den obern häu- fig ganz, die Gelenkhöhlen der Stacheln, die einen grossen, glatten Hals haben, sind nicht erenulirt. Vier Exemplare dieser Art wurden am Ausgang des Mac Cluer- Golfes in West-Neuguinea aus 28 Faden Tiefe gefischt, zu- sammen mit eigenthümlichen Spongien und Murex tenuispina. Die Stacheln waren häufig überzogen mit Serpulen, Bryozoen, kleinen Austern u. dgl. Astropyga elastica n. sp. Testa depressa, epidermide viscosa tecta, flexibilis, elastica, scutis caleareis intervallis membranaceis conspieuis separatis, infra plana, apertura buccali incisa membrana nuda instructa. Corpus supra paullo convexum, area ambulacrali angusta elevata, areae interambulacralis parte nuda depressa. Area abactinalis magna, scutis genitalibus longis lanceolatis, aper- tura genitali apiei approximata, latit. long. 1:24, membrana anali nuda, scutellis irregularibus spiniferis a scutis genitalibus separata, scutellis ocellaribus latis a scutis genitalibus membrana sejunctis. vom 27. Juli 1876. 465 Color purpureus, spinis purpureis aut albis violaceo - amulatis. Hab. Nov. Britanniam. Dieser Seeigel, der durch die biegsame Beschaffenheit seiner Schale an die Grube’sche Gattung Asthenosoma erinnert, fand sich leider nur in einem Exemplar von 150 Mm. Durchmesser in Great harbour in Neu-Britannien auf 1 Faden Tiefe auf Sandgrund. Das Thier war im Leben mit einer dicken schleimigen Epidermis bedeckt, aus der die kurzen Stacheln hervorragten. Der Habitus des Thiers sowie die Vertheilung der Stachel- warzen stimmt mit Astropyga radiata überein, doch unterscheidet sich diese Art, abgesehen von der Grösse, durch die nackte Mund- haut, die Dünne der Platten, deren Ränder sich nicht berühren, sondern durch Membranen getrennt sind, wodurch die ganze Schale biegsam ist, endlich durch die auffallend kurzen Stacheln. Die Biegsamkeit der Schale ist am grössten im Abactinalfeld. Die Plättchen, welche die nackte Aftermembran umgeben, sind durch weite häutige Zwischenräume getrennt, ebenso die Genitalplatten von den Ocellartäfelchen. Mm. Dareimesserider£ Schale 2... nn. neun hal 2 328180 Eile "oo 2, a ee Fe a a re ee) Diüxwchmesser der .Mundöffnung: . u ws. 2: nn na.. 202 43 Dunchmesser des, Abactinalsystems . ı. .». .. .2.2....2.2.2086 Dunchmesser.des; Analfeldes =... 2. „er... 23 lemocgdersstächelns..... 0.2. 0% a. 00 nal [1876] S 34 466 Gesammtsitzung vom 27. Juli 1876. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: R. Comitato geologico d'Italia. — Bollettino. N. 5. 6. Maggio e Giugno 1876. Roma 1876. 8. Revue scientifigue de la France et de l’£tranger. N. 8. Juillet 1876. Paris. 4. Bulletin de l’ Academie R. des sciences. 45. Annee. 2. Serie. Tome 41. N.5. Bruxelles 1876. 8. The american Journal of science and arts. N. 67. Vol. XII. July 1876. New Haven 1876. 8. Annales de chimie et de physique. 5. Serie. Juillet 1876. Tomo VII. Paris OAG.E18. P. Gervais, Journal de zoologie. Tome V. N.3. Paris 1876. 8. G. Omboni, L’esposizione di oggetti preistorici. Estr. 1876. 8. Bijdragen tot de Taal- Land- en Volkenkunde van Nederlandsch - Indie. 3. Volgreeks. XI. Deel. 1. Stuk. 'S Gravenhage 1876. 8. G. Franchini, La terra non güra intorno al sole. Napoli 1876. 8. Vom Verf. mit Begleitschreiben. H. C. Schumacher, Astronomische Nachrichten. Bd.87. Kiel 1876. 4. “ E Aa) Ne) FR Ya WAYNARD M. M MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN wiNnaT® a HRS m. ep DEZ AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. August 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. Kummer. 3. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kiepert las über die geographische Bedeutung des Na- mens Athura (Syrien) in den Achämeniden-Inschriften. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1875. N. 878— 905. Bern 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Andermatt. 58. Jahresversamml. Jahresber. 1874/1875. Luzern 1876. 8. Desgl. G. Tremaux, Principe universel du mouvement et des actions de la matiere. - 3e. edit. Paris 1876. 8. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. 11.—13. Jahrg. 1874. 6. Lief. 12. Jahrg. 1875. 4. Lief. 13. Jahrg. 1876. 1. Lief. 4. J. Robinson, Check List of the ferns of North America North Mexico. Salem 1873. 8. Vom Herausgeber. Catalogue of painting, bronzes etc. exhibited by the Essex Institute, at Plum- mer Hall. Nov. 1875. 8. ib. 6 Annual report of the Trustees of the Peabody Academy of science, for the year 1875. ib. 1874. 8. Memoirs of the Peabody Academy of science. Vol. I. Number IV. ib. 1875. 4. Memoirs of the Boston Society of Natural history. Vol. II. Part. IV. Numb. II. III. IV. Boston 1875/76. 4. Occasional papers of the Boston Society of natural history. II. ib. eod. 8. Proceedings of the Boston Society of nat. hist. Vol. XVII. Part IH. IV. NoLIRNIELTBare LIE ib. 1875/76. 8. [1876] 35 468 Fesammtsitzung vom 3. August 1876. Proceedings of the American philosophical Society held at Philadelphia for promoting useful knowledge. Vol. XIV. Philadelphia 1876. 8. Annual Report of the Director of the mint to the secretary of the treasury for the fiscal year June 530, 1875. ib. 1875. 8. W. Taylor, A notice of recent researches in Sound. Extr. New Haven 1876. 48. G. M. Wheeler, Annual report upon the geogr. explorations and surveys west of the one hundredih meridian, in California ete. beringh appendix LL. Washington 13875. 8. Vom Herausgeber. Astronomical and meteorologieal Observations made during the year 1873, at the United States Naval Observatory. Washington 1875. 4. Archives of science. Vol. I. N. 8.9. Buffalo 1874. 8. G. F. Kittredge, The present condition of the earth's interior. ib. 1876. 8. Bulletin of the Buffalo Society of nat. sciences. Vol. III. N. 2. ib. 1876. 8. The American Naturalist. Vol. VIII. N. 2—12. Vol. IX. N. 1-4. 6—12. Salem 1874/75. 8. Garein de Tassy, Allegories, recits poetiques et chants populaires. 2e. ed. Paris 1876. 8. Vom Verf. Bulletin de la Societe geologique de France. Serie III. Tome IV. Feuilles 11 —16. Paris 1876. 8. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Aprile 1876. Roma 1876. 4. A. Weber, Indische Studien. Bd. XIV. Heft 1. 2.3. Leipzig 1875/76. 8. 2 Ex. G. vom Rath, Das Syenitgebirge von Ditro und das Trachytgebirge Har- gitta. Bonn 1876. 8. Jahrbuch des naturhistorischen Landes-Museums ron Kärnten. Heft 12. Kla- genfurt 1876. 8. 2 Ex. Mit Begleitschreiben. Arbeiten aus dem zoologisch-zootomischen Institut zu Würzburg. Bd. II. H. 1. Hamburg 1876. 8. Revue seientifigque de la France et de l’etranger. N. 5. Juillet. Paris 1876. 4. M. Messina, La letteratura latina in Italia nel secolo XIX. Napoli 1876. S. Vom Verf. mit Begleitschreiben. Records of the geological survey of India. Vol. IX. Part. 1. Calcutta 1876. 8. Mit Begleitschreiben. - NMemoirs of the geol. survey of Indie. Vol. XI. P. 2. Caleutta 1875. 8. — — (Palaeontologia Indica.) Ser. IX. 4. ib. 1875. 4. J. Steiner's Vorlesungen über synthetische Geometrie. 2. Theil: Die Theorie der Kegelschnitte, bearb. von Dr. H. Schröter. 2. Aufl. Leipzig 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Verein für die Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. — Forschungsreise nach Westsibirien. 1876. V. Bremen. 8. > ; Sitzung der phys.-math. Klasse vom 7. August 1876. 469 7. August. Sitzung der physikalisch - mathemati- schen Klasse. Hr. Beyrich las über das Oligocen im vicontinischen Tertiär- gebirge. Hr. W. Peters las über die von dem verstorbenen Pro- fessor Dr. Reinhold Buchholz in Westafrika gesammel- ten Säugethiere. Indem ich der übernommenen Verpflichtung nachkomme, über die von dem Professor Dr. Buchholz gesammelten Säugethiere der Akademie Nachricht zu geben, kann ich dieses nicht thun, ohne das lebhafteste Bedauern über den unerwarteten frühen Tod des rastlos thätigen und ausgezeichneten Forschers zu wiederholen. Obgleich dieser T'heil der Zoologie nicht in solchem Malse sein Interesse in Anspruch nahm, wie die Gliederthiere, zeigen doch sowohl seine Sammlungen, wie die brieflich an mich gerichteten Mittheilungen, dass er auch in diesem Zweige mit beschränkten Kräften und Mitteln Bemerkenswerthes geleistet hat. Es ist mir daher eine angenehme Pflicht, mit voller Berechtigung hervorheben zu können, dass die dem Verstorbenen bewiesene thätige Theil- nahme von Seiten der Akademie und die ihm von dem Curatorium der Humboldt- Stiftung gewährte Unterstützung eine wohlbegrün- dete und wohlverdiente war. Wenn auch die Mehrzahl der in der folgenden Übersicht enthaltenen Arten bereits bekannt waren, ha- ben doch die genauen Nachrichten über ihr Vorkommen in bis dahin wenig oder noch gar nicht erforschten Gegenden ein beson- deres Interesse. 470 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse SIMIAE. 1. Anthropopithecus troglodytes Gmelin.!) Troglodytes niger Geoffroy. Von dem .Schimpanse liegt mir aus der Sammlung die Haut und das Skelet eines jungen Männchens aus Cap Lopez vor, welches noch nicht vollständig die Zähne gewechselt hat. 5° 2. Anthropopithecus Gorilla Savage. Die Sammlung enthält eine Anzahl von Schädeln von dem Gabun, welche das Universitäts-Museum in Greifswald im Besitz hat. Im April 1875 schrieb Buchholz mir aus Gabun über einen jungen lebenden Gorilla, den Hr. C. Schulze aus Kamma mit- gebracht hatte und der für Hamburg bestimmt war. Es war ein etwa ein Meter hohes Exemplar von auffallend sanftem phleg- matischen Temperament und frass am liebsten eine rothe säuerliche Frucht, welche einen grossen Kernklumpen enthält und eine Art Amomum zu sein scheint. Es verschmähte anfangs ausser Früch- ten jede andere Nahrung; Bananen und Zuckerrohr waren seine grössten Leckerbissen. Eigenthümlich war es, dass es bei dem Zugreifen stets die Hand mit der Handfläche nach oben gewendet hielt, ebenso wenn es nach Jemand schlug. Wasser trank es bedächtig schlürfend, die Zunge wurde nur zum Belecken der Lip- pen gebraucht; aus einem Glase zu trinken gelang ihm nur selten, in der Regel kehrte es es um, ehe es zum Munde geführt war, so dass der Inhalt verschüttet war. Es schlief nie hockend, sondern entweder auf dem Rücken oder auf der Seite liegend mit angezo- genen Beinen, den Kopf meist auf einen der Arme gestützt. Die- ses schien dafür zu sprechen, dass es bisher meist auf dem Erd- boden geschlafen. Auch beim Klettern bewies es sich sehr unge- schiekt und langsam. Bei Sonnenaufgang war es meist noch sehr schläfrig. Das Thier befand sich, obgleich bereits einen Monat in o !) Da der 1812 von Geoffroy vorgeschlagene Name Z’roglodytus bereits 1306 für eine Vogelgattung, der von Leach angenommene Name NMimetes früher (1816) an eine Lepidopterengattung vergeben ist, nehme ich den von Blainville vorgeschlagenen Gattungsnamen an. N "we 4 vom 7. August 1876. 471 der Gefangenschaft, sehr wohl und schien täglich zahmer zu wer- den. Das einzige Übel, welches es sehr zu belästigen schien, waren zahlreiche Sandflöhe an den Pfoten, welche es von Kamma, wo es von denselben wimmelt, mitgebracht hatte. 3. Colobus satanas Waterhouse, Ein weibliches Exemplar dieses durch seine ganz schwarze Färbung ausgezeichneten Stummelaffen, welcher sich auch durch die ganz eigenthümliche Form seiner Ohren, welche von der zu einer hohen Leiste entwickelten Anthelix herrührt, auszeichnet, vom > Ogowe. 4. Colobus vellerosus Is. Geoffroy. Ein noch sehr junges Exemplar von Mungo (Cameruns). 5. Cercopithecus (Miopithecus) talapoin Erxleben. Im August 1875 erhielt Buchholz zwei Exemplare dieses kleinen Affen in Dongila (Gabun), wo derselbe von den Einge- bornen „Kilinga* genannt wird. 6. Cercopithecus cephus Erxleben. Von Limbareni am Ogowe. 7. Cercopithecus Martini Waterhouse. Im December 1874 in Vietoria und im August 1875 in Mbusu angetroffen. 8. Cercopithecus mona Erxleben. Sowohl in Mungo wie in Victoria häufig vorkommend. ). Cercopithecus Erxlebeni Dahlbom et Pucheran. Ein Exemplar vom Ogowe.t) !) In Vietoria wurde auch ein Mandrill oder Drill mit schwarzem BEN sicht und blauem Gesäss gesehen. 472 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Prosımm. 10. Perodicticus potto Bosman. Über ein im Januar 1874 in Abo erhaltenes Weibchen be- merkt Buchholz: „Ich hatte das Thier acht Tage lebend. Es nahm nur Bananen an, Insecten (grosse Käfer) verschmähte es. Es war indessen so ungeberdig und bissig, dass ich es nicht wa- gen mochte, es länger zu halten, da es bereits mehrfach die Leine, womit ich es fest gemacht hatte, zerbissen hatte. Die Neger be- haupten, es ginge dem Palmwein nach und trinke so viel aus der angehängten Calabasse, dass es in festen Schlaf verfalle. Ich glaube aber, dass sie meistens nur das gewöhnlich am Tage schlafende Thier überraschen, wenn sie zur Gewinnung des Palmweins die Bäume erklettern. Mir wollte es wenigstens nicht gelingen, das Thier zur Annahme von frischem Palmwein zu bewegen.“ 11. Otolienus apicalis Du Chaillu. Otolienus apicalis Du Chaillu, Proc. Boston Soc. N. H. 1860. VII. p. 361. Otogale pallida Gray, Proc. Zool. Soc. Lond. 1863. p. 140. Von dieser durch ihr Gebiss sehr ausgezeichneten Art erhielt Buchholz ein Männchen in Victoria, welches, wie das von Du Chaillu eine weisse Schwanzspitze hat. Die folgenden Malse sind von dem Exemplar in Weingeist genommen. Bis zur Schwanzbasis . . 0,21 Ohrbreite tm 0,017 Schwanz mit Haar ... . 0,32 V.orderextremität 2 zer: 0,10 B; ohne, Haar... .0,380. -Hander- wen 200020 Kopflänger. .. ...... .. -. 0,049: 24. Eingeryaru rc 0,027 en bis Auge 0,017 Hinterextremtau ze 07 0,165 5 Ohr 0,035, Buls ar ee 0,065 Olrhöhe N 2.25:33:050292 14 Zehe: a2 a 0,026 12. Otolicnus Alleni Waterhouse, nov. var. cameronensis. Galago Alleni Waterhonse, Proc. Zool. Soc. Lond. 1837. p. 87. Ich würde einen Galago, den nicht nur Buchholz, sondern auch Hr. Dr. Reichenow aus Cameruns (Aqua Town) einge- sandt haben, für die von Waterhouse beschriebene Art halten, wenn derselbe nicht ausser einigen geringen äusseren Verschiedenheiten: eine mehr gelbliche, statt bräunliche Färbung des Körpers, einen et- vom 7. August 1876. 473 was kürzer behaarten und heller grau statt schwärzlich gefärbten Schwanz, auch einige Verschiedenheit der Zähne zeigte. So ist na- mentlich der letzte obere Backzahn inwendig einhöckerig, nicht zweihöckerig, und merklich schmäler, als es die von Gray (Proc. Zool. Soc. Lond. 1872. p. 858) gegebene Abbildung von O. Alleni zeigt. Sonst stimmt sie in der Gestalt und in den Mafsen ganz mit jener Art überein.!) 13. Otolienus Demidoffii Fischer. Ötolienus Peli Temminck. In Cameruns, ganz übereinstimmend mit den von der Gold- küste durch Pel gesammelten Exemplaren. Mafse eines in Weingeist aufbewahrten Männchens aus Ca- meruns: Bis zur Schwanzbasis.. . 0,135 Vorderextremität ..... 0,079 Schwanzemit@klaar.' . .....0,190. « Hand!. 2... 0,025 Sehwanzilohne' Haar’... .. 0,175) 2-4: Fingers. wand wen. 0,017 Koplläuge in. .': ...%. 0,043 Hinterextremitäb... .,. 2.0127 Sehnauzenspitze bis Auge 0,0135 Fuls ........ 8.205050 Schnauzenspitze bis Ohr 0,029 4. Zehe ...... 22505019 Ohrhöhe ....% . . 0.022— 0,024 14. Otolicnus pusillus n. Sp. Galago Demidoffi Peters, Proc. Zool. Soc. Lond. 1863. p. 380. Taf. 35 (non Fischer). Diese bisher nur am Gabun angetroffene Art, von der Buch- holz ein Exemplar in Dongila, Hr. Dr. Reichenow in Gabun erhielt, ist nicht, wie ich früher angenommen hatte, mit der vor- hergehenden identisch, sondern durch die kürzeren Ohren, die Fär- bung und die im ausgewachsenen Zustande viel geringere Grösse von derselben verschieden. 1) Den von mir in meiner Reise nach Mocambique beschriebenen Ga- lago, den ich zu ©. senegalensis gezogen habe, halte ich jetzt für eine beson- dere Art, welche ich ©. mossambicus benenne, 474 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ÜHIROPTERA. 15. Pteroeyon stramineus Geoffroy. Diese in der Tropengegend Africas weit verbreitete Art wurde sowohl in Cameruns, wie am Cap Lopez eingesammelt. 16. Epomophorus macrocephalus Ogilby. Diese auch an der Goldküste und in Angola vorkommende Art wurde im September 1375 in Dongila am Gabun gefangen. 17. Epomophorus Franqueti Tomes. Ein Weibchen wurde in Cameruns (Aqua Town) im August 1874 gefangen. 18. Epomophorus gambianus Ogilby. Ein Weibchen mit einem Jungen aus Dongila am Gabun. 19. Epomophorus comptus Allen. Aus Mungo, auf dem Wege nach Cameruns gefangen. 20. Phyllorhina Commersonü Geoffroy. Ein Exemplar im Januar 1875 in Cameruns (Bell Town). 21. Phyllorhina fuliginosa Temminck. Zwei Exemplare, Männchen und Weibchen, in Mungo ge- fangen. 22. Phyllorhina gracilis Ptrs. Diese nach einem einzigen Exemplare aufgestellte Art hatte ich später mit Phyllorhina caffra Sundevall zusammengezogen. Sie ist aber verschieden und steht in der Mitte zwischen dieser und Ph. fuliginosa, indem sie jederseits eine rudimentäre Seitenzelle in der Quergrube des oberen Nasenblatts und auch schon im Ju- sendzustande das Mittelhandglied des 3. Fingers länger als das des 4. hat. Es wurde ein Weibehen in Agoncho und ein junges Männ- chen in Mungo gefangen. 23. Taphozous mauritianus Geoffroy. vom 7. August 1876. 475 Diese weit verbreitete Art wurde in Cameruns, Mungo (in Cocospalmen) und auf Fernando Po gefangen. 24. Vesperugo pusillulus Ptrs. Ein Weibchen dieser Zwergfledermaus fing Buchholz in Limbareni am Ogowe. 25. Vespertilio Bocagüi Ptrs. Ein noch sehr junges Männchen von demselben Fundort, Lim- bareni. INSECTIVORA. 26. Crocidura (Croc.) aequatorialis Pucheran. Ein Exemplar aus Victoria. 27. Crocidura (Croc.) dolichura n. sp. (Taf. 2. Fig. 1.) Cr. purpureo-fuscus, subtus pallidior; cauda elongata, tetragona, setis longioribus vie ullis. Long. tota 0,143; caud. 0,080; plantae 0,014. Habitatio: Bonjongo. Die zweite Abtheilung des ersten oberen Schneidezahns ist viel kürzer als die vordere und nicht halb so hoch wie der zweite Schneidezahn. Der Eckzahn ist nicht höher, aber merklich grös- ser als der zweite Schneidezahn. Der vordere Zacken des oberen Prämolarzahns ist sehr entwickelt, aber nicht so hoch wie der Eck- zahn. Der untere Schneidezahn zeigt auf der Mitte seiner Schneide einen stumpfen Vorsprung. Der Prämolarzahn ist einspitzig und die vordere innere Spitze des ersten unteren Backzahns wohl ent- wickelt. Die Körpergestalt ist schlank, die Schnauze zweispitzig, das Ohr kahl und ziemlich gross. Die Lage der Seitendrüse ist durch ein Büschel kürzerer und hellerer Haare kenntlich. Der Schwanz ist länger als der Kopf und Rumpf zusammen, dünn, viereckig, sehr fein geringelt (16 Ringe = 5 Millim.) und nur an dem ersten Sechstel desselben bemerkt man einige längere hervorstehende Haare unter der sparsamen kurzen Behaarung. Oben dunkel chocoladenbraun, unten graubraun; sämmtliche Haare zweifarbig, am Basaltheile schieferschwarz. Die langen Bart- 2 476 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse haare schwarz. Hände und Fülse heller braun. Schwanz dunkel- braun, unten graubraun. Fotsllänpee 972. .222%.0,143 Ohrbreite,. .. 2 222 29008 Bis Schwanzbasis ..... . 0,065 Fufssohle mit Krallen. . 0.014 Schwanz it... a0 22:.2307080 Länge der obern Zahnreihe 0,0079 Kopem., » See 207 2.20:020 5 „ untern > 0,0072 Schnauzenspitze bis Auge 0,010 „ des 1. obern Schnei- Nugesbi8- Ohr 7...2.2...20.0045 dezahns .:. 1........2200923 Nasenloch bis Ohröffnung 0,016 Höhe desselben ..... . 0,0016 Ohrhöhe:® 7°. 4:7 .9:472.05009 Länge d. 1. unt. Schneidez. 0,003 Ein weibliches Exemplar dieser ausgezeichneten Art aus Bon- jongo. FERAE. 28. Herpestes paludinosus Cuvier. Ein Exemplar dieser über Süd-, Ost- und Westafrica weit verbreiteten Art aus Vietoria, wo sie nach Buchholz sehr häu- fig ist. 29. Paradoxurus (Nandinia) binotatus Gray. Diese an der Küste von Ober- und Unterguinea ziemlich ge- meine Art wurde von Buchholz in Mungo angetroffen, wo die Eingebornen sie „ngjö“ nennen. 30. Felis pardus L. Buchholz erhielt ein Leopardenfell in Agoncho. GLIRES. Seiurini. 31. Seiurus calliurus Buchholz. (Taf. 1.) Sciurus calliurus (Buchholz) Peters, Monatsber. 1574. p. 707. Zwei ganz übereinstimmende Exemplare aus Mungo und ein drittes „aus dem Dorfe Mbusu am Eliva Sonanga am grossen See Ogowe, wo der Gorilla häufig vorkommt“, welches nur eine Ver- schiedenheit in der Färbung zeigt, indem die Ringe der Rücken- haare weniger roth und die queren Schwanzbinden rostroth, anstatt weiss, sind, Nach dem Schwanzende hin tritt aber Weifls an die vom 7. August 1876. 477 Stelle von Rostroth, woraus noch mehr die Übereinstimmung her- vorgeht. 32. Seiurus rufobrachiatus Waterhouse. Von dieser Art sandte Buchholz zwei Exemplare von Don- gila am Gabun, welche dort im August 1375 erlegt wurden, wäh- rend Hr. Dr. Reichenow dieselbe Art in Aqua Town (COame- runs) antraf. 33. Sciurus punctatus Temminck. Ein Weibchen aus Dongila und ein junges Männchen von Limbareni dieser von Temminck aufgestellten Art, welche sich nahe an die vorhergehende anschliesst. Beide haben aber die Grundfarbe der Schnauze weiss, während sie bei einem Exemplar aus Aburi, welches Hr. Dr. Reichenow mitgebracht hat, rost- farbig ist. 34. Sciurus pyrrhopus Fr. Cuvier. Diese sehr gemeine Art wurde aus Accra und Mungo, von Hrn. Dr. Reichenow aus Victoria eingesandt.!) 35. Anomalurus Fraseri Waterhouse. Ein Männchen aus Vietoria befindet sich in Greifswald. 36. Anomalurus Beecroftii Fraser. Von dieser Art erhielt Buchholz ein junges Männchen in Abo während des Märzmonats 1874. Murini. 37. Mus rattus Linne. In Bonjongo. 38. Mus alexandrinus Geoffroy. Ein Balg aus Bonjongo.?) !) Hr. Dr. Reichenow erhielt auch in Aburi (Accra) ein junges Exemplar des Xeros erythropus Fr. Cuv., von dem kein Exemplar in der Buchholz’schen Sammlung vorliegt. ?) Von M. decumanus Pallas befindet sich kein Exemplar in der 478 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 39. Mus hypozxanthus Pucheran. Ein ausgewachsenes Weibchen mit vier Paar, zwei an der Brust und zwei am Bauche, sehr entwickelten Zitzen aus Mungo. Länge bis zur Schwanzbasis 0,150, Schwanz 0,170, Fufssohle 0,032. Zwei junge Exemplare aus Dongila am Gabun, deren vorderster Backzahn erst zum Vorschein gekommen war, zähle ich ebenfalls zu dieser Art. 40. Mus rutilans n. sp. (Taf. 2. Fig. 2.) M. supra splendide rutilus, pilis bicoloribus, subtus flavido-albus, pilis unicoloribus; pedibus supra rufoflavidis; cauda longa fusca, ver- sus apicem pilis longioribus vestita. Ad caud. bas. 0,116; caudae 0,165; plantae 0,022. Habitatio: Limbareni. Etwas kleiner als Mus rattus. Ohren abgerundet, von $-Kopf- länge, kahl, inwendig sparsam mit ganz kurzen braunen Härchen. Schneidezähne an der vorderen Seite abgerundet. Backzäbne von gewöhnlichen Proportionen. Behaarung reichlich und weich. Das einzige vorliegende Weibehen hat nur zwei Paar Bauchzitzen, keine an der Brust. Die Proportion der Zehen ist die gewöhnliche, wie bei Mus. Handsohle mit fünf, Fufssohle mit sechs sehr entwickel- ten Ballen. Der Schwanz ist um die Hälfte länger als der Kopf und Körper zusammen, geringelt, mit kurzen schwarzen Borsten besetzt, welche am Ende des Schwanzes merklich länger werden. Oben schön gelbroth, an den Seiten der Schnauze und den Gliedmassen mehr braungelb. Hände und Fülse oben schön rost- gelb; Krallen gelblich. Unterseite gelblichweiss, mit einfarbigen Haaren, während die der Oberseite an dem Grundtheile schiefer- farbig sind. Die langen Schnurrhaare sind schwarz. Bis Schwanzbasis .... .. 0,110 Öhrbreite . 22... 2.00% Schwanz... ve 22..2.20,165. , Vorderarmar 2 0.02.0016 Kopf” .2...-. ...0.....0.:.0,.0882, Hand v2 eo Schnauze bis Auge .... - 0,0155- Tibia..... ........20:030 ss > Ohr?*2.2.72:0:028 Rufsıcz a. »88 2a .00,022 Ohrhöher 2. 222=2..22.0806 Buchholz’schen Sammlung, dagegen liegt mir ein junges Exemplar von Hrn. Dr. Reichenow aus Aqua Town vor. vom 7. August 1876. 479 Ein weibliches Exemplar dieser ausgezeichneten Art aus Lim- / bareni am Ogowe, im Gebüsche gefangen. 41. Mus natalensis Smith. Ein Pärchen dieser in Africa weit verbreiteten Art aus Bon- jongo. 42. Mus erythroleueus Temminck. Mus erythroleucus Temminck, Esq. zoolog. Guinee. 1853. p. 160. Diese Maus ist dem M. sylvaticus sehr ähnlich in der Gestalt und Färbung. Zu bemerken ist, dass der Fufsrücken bei jünge- ren Exemplaren ganz weils, bei älteren in der Mitte graubraun ist. Die Ballen, 5 an der Handsohle und 6 an der Fufssohle, sind ge- stellt wie bei M. musculus, aber viel mehr entwickelt. Die Haare sind sämmtlich an dem Grundtheile dunkel schieferfarbig. Buch- holz und Dr. Reichenow fanden sie in den Häusern in Aburi (Accra) und später fand Buchholz auch in Limbareni ein Weib- chen mit fünf Jungen, welches, wie die von Aburi vier Paar, zwei an der Brust und zwei am Bauche, Zitzen hat. Die folgenden Malse sind von zwei in Weingeist aufbewahr- ten Weibchen mit säugenden Jungen. Länge bis zur Schwanz- basis... .. . ... 0,070—0,085 Vorderarm.. . . . . 0,015—0,015 Schwanz ...... 0,110—0,110 Handlänge ... .... . 0,008—-0,009 Kopfer.. 2.2... .2.-0,02720,027 Tibia .. .. 2% : :.0,021°0,022 Ohrhöhe . . .. ... 0,014—-0,013.... Fufssohle .. .. ..... .0,019--0,019 Die erste Reihe bezieht sich auf ein Exemplar aus Limba- reni, die zweite auf eins aus Aburi. 43. Mus univittatus n. sp. (Taf. 2. Fig. 3.) M. auriculis modieis, rotundatis, digitis lateralibus brevioribus; supra ochraceorufus, nigro adspersus, vitta dorsali nigra, subtus ochra- ceus; pedibus ochraceis, cauda elongata supra fusca, subtus cinerea. Long. ad caud. bas. 0,110; caud. 0,105; plant. 0,029. Habitatio: Dongila (Gabun). Die Ohren sind dünn, nur mit sparsamen kurzen rostfarbigen Haaren bekleidet, etwa ein Drittel so lang wie der Kopf. Die Behaa- rung ist reichlich und weich. An der vorderen Extremität reicht der 450 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse äussere Finger mit der Kralle bis nahe an das Ende der ersten Phalanx des 4. Fingers, der ein wenig länger als der zweite, aber kürzer als der dritte ist. Die fünf Handballen springen sehr her- vor. An der hinteren Extremität ist die fünfte Zehe etwas länger als die erste und erreicht fast die Mitte der Phalanx der vierten Zehe; die dritte ist von allen die längste; nur fünf Ballen an der Fufssohle. Oben rostroth, schwarz besprengt und mit einem schwarzen Rückenstreifen; an der Schnauzenseite und der Basis der Ohren schön rostgelb, an der Schwanzbasis, auf dem Hintertheil des Rumpfes und der Aussenseite der Schenkel mehr rostroth, an der Bauch- seite blass ochergelb. Die Körperhaare zum grössten Theile schie- ferfarbig, mit einem gelben oder rostrothen Ringe und schwarzer Endspitze, seltener ohne schwarze Endspitze, und noch seltener einfarbig schwarz. Auch die Haare der Bauchseite sind zweifarbig mit dunklerer Basis. Der geringelte Schwanz ist oben und an den Seiten dunkel und mit kurzen, schwarzen Härchen, unten grau und mit weilsen Härchen sparsam versehen. Die Oberseite der Hände gelb und schwarz gemischt, die Füsse schön rostgelb. Bis: Schwanzbasis.. 7... .:,0,110, -Ohrbreite...r. „2: 2.280. 220x012 Schwanz. 22..2. . 2.2.» 0,105 Oberarm... 02202 2.20802020 Kopf. 0... ... 2.20. 2 2..°0,036°, ‚Vorderarm mer emo Schnauze bis Auge... . 0,015 Hand mit Krallen... . 0,0145 5 „. »Ohr . 2.423. .0;026 . ‚Oberschenkel... =... 2.7.50:022 Auge bis Ohr... . .....0,009. Unterschenkel .... . .....0,030 Öhrhöhes.. :.. 2... 2... 0,013 Rulssohler 2, 7 222 225:0%097 Ein männliches Exemplar aus Dongila. Diese zierliche Maus ist dem M. (Isomys) dorsalis Smith in der Färbung ähnlich, unterscheidet sich aber durch die weichere Behaarung und die grössere Länge der seitlichen Zehen, die kür- zeren Krallen, die dünneren kahleren Ohren und die mehr compri- mirten Schneidezähne sehr leicht. Sie bildet durch die Proportion der Zehen ein Mittelglied zwischen /somys Sundevall (Golunda Gray) und Mus. 44. Mus (Isomys) barbarus Linne. Sowohl in Accra wie am Cap Lopez angetroffen. 45. Mus (Nannomys) setulosus n. sp. (Taf. 2. Fig. 4.) M. supra fuscus, subtus canoalbus, pedibus brunneo-cams. vom 7. August 1876. 481 Long. ad caud. bas. 0,068; caud. 0,055; plant. 0,016. Habitatio: Victoria (Cameruns). Diese Art schlielst sich zunächst an Mus minimus P trs. (Mossamb. Säugethiere. 1352. p.153) an. Mit ihr übereinstimmend hat sie zwi- schen den feinen Haaren platte, längsgefurchte Borsten, feine, nur bis zu den Ohren reichende Schnurrhaare, und, was ich zur Be- Sründung einer neuen Untergattung, Nannomys, anführe, den ersten Backzahn viel länger, als die beiden andern zusammengenommen. Sie unterscheidet sich von ihr durch die längeren Seitenzehen (der 5. Finger reicht mit der Kralle über die erste Phalanx des 4. Fingers, die 5. Zehe über das zweite Drittel der 4. Zehe), die oben dunkler braune, unten mehr graue Färbung, beträchtlichere Grösse und noch straffere Behaarung. Die Haare der Oberseite sind an der Basis dunkel, an der Spitze braun. Die Borsten sind entweder zum grössten Theile in der Mitte oder ganz grauweils. Die feinen Haare und Borsten der Bauchseite sind weilsgrau. Der feingeringelte, mit sparsamen kurzen Härchen versehene Schwanz ist braun, unten grau. Bis Schwanzbasis. . .. . 0,068 Ohrbreite. ....%....0,008 Sehwanzeer. 2. zu. 252.0,053 Vorderarmisyr. asus %16:0,011 Kopf . re. 222.0,024,. Hand. mit, 3.2 Ringer! .....0;008 STehranze bis Auge = 2.20,010.0 Unterschenkel: ........0:019 = Ohr 2... ,0,019%,, Kuls mit. 3. Zehen... :..0,016 Olichoher 3835 2513%1.0.323...0:0115 Ein Männchen wurde im August 1374 in Vietoria gefangen, ein jüngeres Weibehen brachte Hr. Dr. Reichenow von Came- bes} runs. 46. Cricetomys gambianus Waterhouse. Von dieser in dem tropischen Africa weit verbreiteten Art wurde ein junges Exemplar in Bonjongo, ein älteres in Gabun erlegt. Hlystrices. 47. Atherura africana Gray. Das ostafrieanische Stachelschwein wurde in Aburi (Accra) und Balong erlegt. 482 Sitzung der physikalisch-mathemathischen Klasse EDENTATA. 48. Manis longicaudata Brisson. Von Aburi und Mungo eingesandt. UNGULATA. PROBOSCIDEA. 49. Elephas africanus Blumenbach. Ein trächtiges Weibchen wurde bei Malimba, nahe der Aus- mündung des Camerunflusses, von Camerunleuten erlegt. Der sehr schöne Schädel mit langen Stolszähnen befindet sich im Museum zu Greifswald. RUMINANTIA. 50. Cephalophus melanorheus Gray. Cephalophus melanorheus Gray, Knowsley Menagerie. Taf. 10. Ein junges Männchen von Dongila (Gabun), wo diese Art „nscheri“ genannt wird. dl. Cephalophus nigrifrons Gray. ©. nigrifrons Gray, Proc. Zool. Soc. Lond. 1871. p. 598. Taf. 46. „Diese Buschantilope wurde nach Cameruns gebracht. Sie war bei dem Durchschwimmen des Flusses lebend gefangen. Sie ist lebhaft rostbraun; von der schwarzen Muffel aus geht ein brei- ter schwarzer Streifen zur Stirn, der sich undeutlich über den Hals verlängert; sonst ungefleckt, Beine schwärzlich. Ein Paar beutel- förmige Drüsen ganz von der Form der Klauendrüsen liegen (jeder- seits eine) in der Inguinalfalte, wo sie mit einer weiten halbmond- förmigen Öffnnng münden. Hörner sehr kurz, conisch, fast unter den Haaren verborgen. Vor dem Auge eine schmale linienförmige schwarze Längsschwiele. — Bei Abo habe ich mehrfach Buschan- tilopen gesehen, es war mir aber nicht möglich, sie zu erhalten. In der Regenzeit werden sie durch das Wasser gezwungen, in die Nähe der Dörfer zu kommen und dann öfters gefangen. Es gibt jedenfalls zwei Arten dort. — Der einheimische Name dieser An- tilope in Cameruns ist „ngolo*. (Buchholz.) vom 7. August 1876. 483 52. Cephalophus callipygus n. sp. (Taf. 3 u. 4.) €. auriculis ovalibus, longitudine terliae capitis parti aequalibus; cauda capitis longitudine. Ochraceo-brunneus; fronte partibusque elu- nium lateralibus rufobrunneis; taenia dorsali, cauda margineque clu- nium postico nigris; regione submentali maculaque malari albis; collo, pectore ventreque cinereo-ochraceis; pedibus fuscis. Long. tota 1,17; cap. 0,21; caudae 0,19. Habitatio: Africa occidentalis (Gabun). Die abgerundeten Ohren, deren Länge nur ein Drittel der Kopflänge ausmacht, sind am vorderen Rande, auf der unteren Hälfte des hinteren Randes und auf den Längsleisten der inneren Seiten mit weissen Haaren besetzt, während der vordere Theil der Aussenseite und die Gegend zwischen dem hinteren Rande und der hinteren Längsleiste mit kurzen rostfarbigen Haaren versehen ist. Die Haare der Kopfseiten, des Halses und Vorderkörpers sind sehr kurz und anliegend, nehmen aber nach hinten hin allmählig an Länge zu, so dass sie in der Hinterschenkelgegend gegen 34 Cen- timeter lang sind. Die Seiten des Kopfes sind grau gelbbraun, die Muffel ist schwärzlich, der Nasenrücken anfänglich grau gelblichbraun, dann nach der Stirn hin allmählig glänzend rostbraun, von welcher Farbe auch die drei Haarbüschel sind, zwischen denen die kurzen nach hinten gerichteten Hörner hervorragen. Ein kleiner runder Fleck auf der Wange, der Rand der Oberlippe, die Unterlippe mit der ganzen Kinngegend und dem Anfange der Kehle sind weiss. Der Nacken, die Halsseiten und die Oberarmgegend sind grau gelbbraun, indem den gelbbraunen Haaren schwarze bei- gemengt sind. Die Körperseiten hinter dem Oberarm sind reiner gelbbraun, auf den Keulen allmählig glänzender rostrothbraun, und am hinteren Rande derselben schwarz. Der Nacken ist graubraun. Auf der Mitte des Vorderrückens treten immer reichlicher schwarze Haare auf, welche auf dem Hinterrücken eine Längsbinde bilden, die sich nach dem Schwanze hin allmählig verbreitert und mit der schwarzen Hinterseite der Keulen zusammenfliesst. Unterhals, Brust und Bauch gelbbraun. Die Vorderbeine und die Hinterbeine von der Mitte der Unterschenkel an mehr dunkelbraun, am dunkel- sten an der vorderen Seite von der Handwurzel an, in der Hacken- gegend und um die Finger- und Zehengegend. Der Schwanz ist [1876] 36 454 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse mit schwarzen Haaren bekleidet, nur die mittleren Haare der End- quaste sind dunkelbraun und die unteren derselben haben weisse Spitzen. Mafse, wie sie von Buchholz am frischen Thiere gefunden wurden: Meter Totallänge bis zur”Schwanzspitze\. , » ©. 2. Schwanz 2... MET MI 1 Kopf le er oarsthinhn. BEER EURE Hals bis zum Wadersiet RER, me her DERENNTO Vordere Extremität bis zum Schnliesselene a Hintere Extremität bis zum Hüftgelenk ne EEE NAT, Umfang des Cadavers hinter der Schulter . . . . . . 059 e 5 vor. der Hüfte: .1ERkr NeiBsEa Turn AG5 Ich finde die Schwanzlänge bis zu der Spitze der Haare höchstens; =». :, 1a. 2% 2. lee ee ee ehe Kopflänge ».... “2”. vu 2n Sea ee Ohrlänge . ...° 2 nun Su. u er Schädellänge iin f Dale SE RRE, RRER RE EEE Von der vorstehenden Art wurde dem Reisenden ein ausge- wachsenes Weibehen in Gabun am 13. Aug. 1574 lebendig gebracht. Es lebte aber nur zwei Tage. Buchholz führt noch an, dass der Name dieser Antilope in der Mpongwe-Sprache „mbindi* sei, dass die Iris braun, die Muffel schwärzlich ist und dass eine grosse beutelförmige Talgdrüse in der Inguinalfalte liegt. Sie scheint mir am nächsten dem Ceph. dorsalis zu stehen, unterscheidet sich aber durch die schmälere weiter hinten beginnende Rückenbinde, die schwarze Färbung der Hinterseite der Schenkel und eine verschie- dene Form des Schädels. 53. Tragelaphus Spekü Selater. Tragelaphus Spekü Sclater, Proc. Zool. Soc. Lond. 1864. p. 101. Tragelaphus Speki Sclater, Sir Vict. Brooke, ib. 1871. p.485. Ein Schädel, ohne Unterkiefer, von Cameruns, wo der ein- heimische Name des Thieres „mbuli“ ARTIODACTYLA. 54. Potamochoerus porcus (Linne). Sus porcus Linne, Syst. nat. ed. xır. p. 103. Sus penicillatus Schinz, Monogr. der Säugeth. Heft 18. 1847. p.12. Taf. 10. Aus Mbusu am Ogowe. Z SUydone © 'O) [suejsuny i snsomps'yy snyejaun pc "suejunasnpf'z eanyamop eanprooan | TR ar x \ x En u 'SnDAt 1897 d9)8] yasuac vn zed seubeyzuegTgf ‚snbAdıfpes snydopeydan) ya Ba BT SS ALLE vom 7. August 1876. 485 55. Hippopotamus amphibius Linne. Am Gabun und Ogowe angetroffen und Schädel und Zähne gesammelt. SIRENIA. 56. Manatus senegalensis Desmarest. „Ein junges Exemplar am 16. September 1874 in der Gegend von Wuri aus dem Camerunsflusse. Der Name des Thieres in Cameruns ist „manga“. Auch an der Mündung des Flusses bei Doctors Cap, sowie in einem der bei Mungo vorkommenden grös- seren Creeks wird es gefunden.“ Buchholz brachte auch das Skelet eines ausgewachsenen Thiers und mehrere Schädel heim. Bıklärung der Abbildungen. Taf.1. Seiurus calliurus Buchholz. Taf. 2. Fig. 1. Orocidura dolichura Ptrs. Fem. » 2. Mus rutilans Ptrs. Fem. „3. Mus univittatus Ptrs. Mas. „ 4. Mus setulosus Ptrs. Fem. Taf. 3. Cephalophus callipygus Ptrs. Fem. Taf.4. Schädel desselben. In natürlicher Grösse. 36* 486 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. Helmholtz legte folgende Abhandlung des Hrn. W. Holtz vor: Über die elektrische Entladung in festen Isolatoren. Vor einer Reihe von Jahren gelang es mir mit Hülfe beson- derer Apparate, den elektrischen Funken durch Glasstücke von 30—40 Mm. Dicke zu schicken, aber nur den Funken eines Con- ductors, nicht denjenigen einer Flasche.) Ich führte die Ursache dieser Erscheinung darauf zurück, dass die Entstehung elektrischer Funken nur von der Dichtigkeit, nicht von der Quantität abhängen könne, und dass an einem Conductor eine hohe Dichtigkeit jeden- falls leichter zu erreichen sei, als in einer Flasche. Der Grund war nicht ganz zutreffend, da es sich hier nicht eigentlich um die Entstehung, sondern um die Länge der Funken handelte, und die Funkenlänge in der Luft, wie man längst an der Wirkung ver- grösserter Conductoren sah, von der Quantität durchaus nicht un- abhängig schien. Dieselbe Abhängigkeit stellte sich später beim Gebrauch der Influenzmaschine mit und ohne Condensatoren heraus und regte von Neuem die Frage an, ob denn wirklich die Schlag- weite in verschiedenen Isolatoren verschiedenen Gesetzen folge, oder ob sie auch in festen, wenn auch weniger, von der Quantität abhängig sei. Ich habe hierüber, wie überhaupt über die elektrische Entla- dung in festen Isolatoren, im Laufe der Zeit viele Versuche ange- stellt, und möchte mir erlauben, die wesentlichsten Resultate mit- zutheilen. Die Apparate. Die Entladungsstangen einer Influenzmaschine seien mit einer Spitze und einer Kugel armirt. Über die Spitze werde (Fig. 1) im einen Falle ein De — Reagenzgläschen, im andern Falle ein Koch- fläschchen oder ein Glaskolben geschoben. Die Glasstärke sei dieselbe, und die Spitze möge in beiden Fällen die Rundung berüh- ren. Dann müsste, so scheint es, auch der Durchbruch der Elek- 1) Pogg. Ann. Bd. 96 S. 507 und Bd. 130 S. 118. vom 7. August 1876. 487 trieität in beiden Fällen bei gleicher mittlerer Dichtigkeit des Lei- ters erfolgen. Das Resultat ist jedoch anders, die kleinere Run- dung wird meistens eher durchbrochen, und zwar deshalb, weil nicht die Spitze, sondern die innere Glaswand selbst, da sie von jener geladen wird, die eigentliche Elektrode ist, und man an einer kleinen Rundung früher eine hohe Dichtigkeit erreicht, als an einer grossen. Die eigentliche Rlektrode hat aber bei solcher Anordnung überhaupt eine ganz unbestimmte Grösse, weil die Ansammlung der Elektrieität auf Isolatoren eine grössere Zeit beansprucht, und in dem Maasse, in welchem die Ladung beschleunigt wird, die Wirkung der Glasfläche vor derjenigen der Spitze zurücktritt. Soll die fragliche Elektrode also eine Spitze bleiben und zu- gleich eine bestimmte Grösse haben, so ist Sorge zu tragen, dass sich Glas und Metall in ein und derselben Fläche berühre, oder dass zwischen beide ein anderer möglichst vollkommener Isolator bei möglichst inniger Berührung eingeschaltet sei. Das Erstere ge- schähe, wenn man in ein massives Glasstück eine für die zuge- spitzte Stange genau passende Öffnung bohren liesse, das Letztere geschieht mit Hülfe von Harzmischungen, welche man geschmolzen zwischen die vorher erwärmten und mit derselben Mischung bereits überzogenen Flächen giesst. Allein es giebt keinen zweiten Kör- per, welcher der Elektrieität einen solchen Widerstand böte, als Glas, wenigstens keinen, welcher sich gleichzeitig mit diesem so eng verbände oder so geschmeidig wäre, als es der vorliegende Versuch erfordert. Die Folge ist, dass in der fraglichen Masse, bevor das Glas durchbrochen wird, von der Spitze des Leiters aus- gehend leicht eine eigenthümliche, langsam fortschreitende Büschel- entladung beginnt, durch welche die innere Glasfläche in grösserem oder geringerem Maasse elektrisirt, und die Wirkung der Spitze abermals illusorisch gemacht wird. Bei Anwendung eines Induc- tionsapparates wächst die Dichtigkeit des Leiters zu schnell, als dass jene Entladungsform ihrer langsamen Ausbildung halber einen nachtheiligen Einfluss hätte. Bei Anwendung einer Reibzeug- oder einer Influenzmaschine jedoch ist dieser Einfluss sehr störend, und man muss ihn auf das geringste Maass beschränken dadurch, dass man die fragliche Mischung nur in einer äusserst dünnen Schicht anwendet, weil jene Entladungsform in einer solchen einen grossen Widerstand findet. Dasselbe Mittel gewährt aber noch in anderer Beziehung einen grossen Vortheil. Man kann so nämlich jeden 488 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Versuch in wenigen Minuten arrangiren, während man stunden- langer Vorkehrungen bedarf, wenn man Harzmischungen von grös- serem Umfange benutzen muss. Nach diesen Grundsätzen construirte ich die Apparate, mit welchen ich jene anfangs bezeichnete Wirkung hervorbringen und überhaupt in festen Isolatoren eine einigermassen zuverlässige Schlag- weite erzeugen konnte.!) Der erste und bessere war ein massiver Glaseylinder mit einer plangeschlif- fenen Endfläche und einer feinen mitt- leren Öffnung, in welcher ein zu- gespitzter Draht verschiebbar war. Fig. 2 zeigt diesen Apparat wäh- rend seiner Anwendung bei eiuer Influenzmaschine. Der zweite, we- niger einfache, war ein hohles cy- lindrisches Glasgefäss mit möglichst starkem, aussen gleichfalls plange- schliffenem Boden, welcher fein durchbohrt mit einer eben so feinen Nadel armirt war, die am einen Ende eines längeren Stabes sass. Fig. 5 zeigt diesen Apparat mit an- gekittetem Glasstück. Ich habe bei- de Vorrichtungen und ihre Anwen- dung seiner Zeit ausführlich be- sprochen und namentlich auf die Vorzüge einer dünnen Kittschicht | aufmerksam gemacht. Ich glaubte jedoch bei dieser Gelegenheit noch einmal daran erinnern zu müs- sen, weil die HH. Terquem und Trannin unlängst einen ganz ähnlichen, aber weniger vollkommenen Apparat als etwas Neues beschrieben haben.?) !) In Betreff des Näheren, namentlich auch in Betreff der Anfertigung einer geeigneten Harzmischung verweise ich auf die bereits eitirten Mitthei- lungen. ?) Journal de Physique theorique et appliquee, t. IV, 1875. vom 7. August 1576. 439 Die Schlagweite. a) Beziehung zur Dichtigkeit. Da man bisher noch kein zuverlässiges Messinstrument für hohe Dichtigkeit kennt, die Schlagweite in der Luft aber eben als Maass für dieselbe nicht angesehen werden kann, so muss ich mich damit begnügen, die grössten Schlagweiten aufzuzählen, welche ich bei bestimmter Beschaffenheit der Elektroden mit Maschinen ver- schiedener Grösse erhielt. Ich stellte einmal eine Spitze einer grösseren Kugel gegenüber und erhielt, je nachdem die rotirende Scheibe eine Grösse von 300, 400, 500 Mm. hatte, eine Schlagweite von 8, 15, 19 Mm. Dann benutzte ich zwei Spitzen, indem ich beide Seiten des Glas- stücks mit zwei kürzeren, aber sonst gleich beschaffenen Vorrich- tungen versah. Die Schlagweite war nun in jedem Falle geringer. Endlich leitete ich die eine Spitze ab. Die Schlagweite wurde nun noch geringer, gleichviel ob die abgeleitete die negative oder die positive Elektrode war. Die grösste Schlagweite lieferte eine Influenzmaschine mit 750 Mm. grosser Scheibe, deren Construction, abweichend von der gewöhnlichen, namentlich auf einen hohen intensiven Effect berech- net war, zwischen Spitze und Kugel nämlich, trotz Ableitung der letzteren (diese Ableitung war durch die Construction der Maschine geboten) eine Schlagweite von 33 Mm. Eine noch grössere jedoch hatte ich bereits in der ersten Zeit meiner Versuche unter sonst gleichen Verhältnissen mit einer kräftigen Cylinder -Reibzeugma- schine erhalten. { Ich habe in meiner früheren Arbeit über denselben Gegenstand wohl einen Vergleich zwischen der Schlagweite in Glas und Luft gezogen und Zahlen aufgestellt, welche für eine Maschine das über- haupt erreichbare Maximum unabhängig von der Beschaffenheit der Elektroden bezeichnen sollten. Diese Zahlen sind jedoch für die neueren Maschinen mit zwei Hülfsconduetoren nicht mehr gültig, wo beide Rlektroden in beiden Fällen am besten isolirt bleiben. Wollten wir hier einen Vergleich ziehen d. h. Zahlen für das Ma- ximum aufstellen, das in beiden Fällen unter den speeifisch gün- stigsten Verhältnissen zu erreichen wäre, so würde jenen obigen Schlagweiten von 8,13, 19 Mm. in Glas die Schlagweiten von 150, 210, 270 Mm. in Luft entsprechen. Dort werden dieselben aber 490 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zwischen Spitze und Kugel, bier zwischen zwei kleineren Kugeln und mit Benutzung der Condensatoren gewonnen. Ein Anhalt für die Beziehung zwischen Schlagweite und Dichtigkeit würde sich aus diesem Vergleich daher nicht ableiten lassen. b) Beziehung zur Quantität. Um die fragliche Abhängigkeit der Schlagweite von der Quan- tität zu ermitteln, varlirte ich bei ein und derselben Maschine die Grösse der sich ladenden Fläche. Das einfachste war, die ge- wöhnliche Oberfiäche der Conductoren zu vergrössern, und hierzu benutzte ich sehr grosse andere Conductoren oder sehr dickglasige und sehr gut isolirende Flaschen, bei denen ich sicher war, dass mit ihnen auch das sonstige Maximum der Dichtigkeit erreicht wurde. Ich fand jedoch niemals, dass sich mit einer grösseren Oberfläche eine grössere Schlagweite erreichen liess. Hierauf stellte ich noch einmal die Glasdicke fest, welche mit den Polcon- ductoren allein durchbrochen wurde, wenn der eine sammt der Kugelelektrode abgeleitet war. Dann entfernte ich den andern und legte den Glascylinder so, dass das freie Drahtende die Elektrici- tät direct von der Scheibe empfing. Die sich ladende Fläche war jetzt keine andere, als die Oberfläche des Drahtes, und doch wurde genau dieselbe Glasdieke durchbrochen. Ich stellte hierauf noch andere Versuche an, welche zwar in so fern weniger beweisend waren, als sich in ihnen mit der Quan- tität der Ladung zugleich die Dichtigkeit an der Entladungsstelle vermindern musste, welche aber ein so überraschendes Resultat er- gaben, dass ich sie nicht unerwähnt lassen möchte. Zuerst ersetzte ich den Draht nämlich ganz oder theilweise durch einen Holzstift. Die Wirkung war eine schwächere, jedoch konnte ich auf diese Weise mit einer grösseren Maschine noch 20 Mm. dicke Glas- stücken durchbrechen. Dann ersetzte ich den Holzstift ganz oder theilweise durch eine Luftsäule, und die Entladung liess sich noch immer durch 10 Mm. dicke Stücke schicken. Hierbei interessirte es mich, dass eine Luftsäule nur dann die beobachtete Wirkung äusserte, wenn sie ganz wie ein anderer Leiter in Form einer Spitze endigte, und man der Elektrieität die nöthige Zeit gewährte, auf diesem Wege vorzudringen und sich hinreichend zu verdichten. Übrigens war bei derartiger Anordnung die Funkenbahn so aus- vom 7. August 1876. 491 serordentlich fein, dass sie mit blossem Auge kaum wahrzunehmen war. Ist nun die Schlagweite in Glas von der Quantität unabhän- gig oder nicht? Soweit das Experiment reicht, ist sie es, weil sich eine kleinere Oberfläche als diejenige eines Drahtes nicht gut herstellen lässt. Bedenken wir jedoch, dass diese Oberfläche im- mer noch eine grosse im Vergleich zu der ausserordentlich winzi- gen Lichterscheinung ist, so ist aus dem gewonnenen Resultat auf eine absolute Unabhängigkeit noch keineswegs zu schliessen. Dass unter solchen Verhältnissen, oder wo die Oberfläche noch grösser ist, die Quantität keinen wesentlichen Einfluss hat, scheint aller- dings erklärlich, wenn man bedenkt, dass dieselbe nur in so weit wirken kann, als sie während der Entladung entstehende Verluste ersetzt, solche aber bei der vorzüglichen Isolationsfähigkeit des Mediums und der Beschränktheit der Erscheinung nur geringfügig sind. c) Beziehung zur Polarität, Mit besonderem Interesse ging ich an die Frage, ob die Po- larität einen Einfluss auf die Schlagweite habe, eine Frage, wel- che natürlich nur bei ungleicher Beschaffenheit der Elektroden eine Bedeutung haben kann. Bei gleicher Form aber ungleicher Isoli- rung war, wie bereits oben beiläufig bemerkt, kein Unterschied hervorgetreten. Es blieb nun zu untersuchen, ob bei gleicher Iso- lirung, aber ungleicher Form ein solcher hervortreten würde. Ich glaubte dies am schnellsten auf die Weise zu ermitteln, dass ich eine Doppelschliessung herstellte und in beide Zweige ein Glas- stück zwischen Spitze und Kugel einschaltete, jedoch so, dass die Spitze hier nach links, dort nach rechts gerichtet war. Da beide Glasstücke gleich dick waren, so erwartete ich nach Analogie des Gaugain’schen Ventils und der parallelen Erscheinung in der Luft, dass dasjenige, auf welches die Spitze die positive Elektrici- tät leitete, leichter und darum früher durchbrochen würde. Dies fand nun nicht statt, es zeigte sich vielmehr nach längeren Ver- suchen, dass gewöhnlich dasjenige durchbrochen wurde, welches der Maschine anı fernsten lag, und als ich beide über einander legte, dasjenige, welches der Tischplatte am nächsten war. Da sich auf diese Weise kein reines Resultat erhalten liess, verwarf ich die Doppelschliessung wieder und versuchte nach einander, ob 492 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ich mit ein und derselben Maschine eine grössere Glasdicke bei der einen oder der andern Richtung der Elektroden durchbohren konnte. Ich habe jedoch auch hier keine entschiedene Beziehung zur Po- larität erkennen können, und wenn wirklich keine solche existirte, so würde es in hohem Grade wahrscheinlich sein, dass die Wir- kung des Gaugain’schen Ventils nur auf die Beweglichkeit des betreffenden Mediums basirt sei. Hierfür spricht auch der Um- stand, dass eine ähnliche Wirkung in isolirenden Flüssigkeiten wohl existirt, aber hier, vermuthlich wegen der geringeren Beweg- lichkeit derselben, weniger characteristisch auftritt, als in der Luft. Andrerseits haben mich meine Versuche von der fraglichen Bezie- hungslosigkeit noch nicht hinreichend überzeugt, um dieselben nach dieser Richtung hin schon als abgeschlossen zu betrachten. d) Beziehung zur Körpermasse. Zum Studium der elektrischen Entladung in festen Isolatoren ist kein Körper wegen seiner Durchsichtigkeit geeigneter, als Glas. Andrerseits ist es jedoch auch von Interesse, den Widerstand ken- nen zu lernen, welche verschiedene Isolatoren derselben Entladung entgegensetzen. Übrigens findet bereits zwischen verschiedenen Glassorten ein nicht zu verkennender Unterschied statt, in so fern die härteren, spröderen, besser isolirenden im Allgemeinen leichter durchbrochen werden, ich meine leichter bei derselben mittleren Dichtigkeit des Leiters, und hieraus folgt, dass die Ursache nicht auf einen Verlust an Elektrieität, weit eher auf eine Abschwächung der Spitzenwirkung basirt ist. Porzellan wird eben so schwer durchbrochen, wie Glas; Hartgummi leichter, vielleicht weil die Masse weniger gleichförmig ist. Schwefel, Siegellack, andere Harze und Mischungen von Harzen dürfen nicht unmittelbar dem Versuch unterworfen werden,. weil sie gewöhnlich vielfach mit feinen Ris- sen durchsetzt sind. Man schmilzt sie, formt sie in Platten und wendet diese vor völliger Erstarrung an. Sie werden ohne Unter- schied leichter durchbrochen, als Glas; die leichter schmelzbaren Mischungen jedoch nicht mehr momentan, sondern, wie ich schon zu Anfang dieser Mittheilung hervorhob, in deutlich fortschreiten- der Entladungsform, so dass hier von einer Schlagweite überhaupt kaum die Rede sein darf. Die Ursache liegt in der leichten Zer- setzbarkeit dieser Medien, der Ausscheidung von Kohlenstoff und vom 7. August 1876. 495 der Bildung hohler Röhrchen, welche für den Fortgang der Entla- dung wie eine Luftsäulenelektrode wirken. Ich halte dies Phäno- men von Bedeutung, weil es die Möglichkeit einer solchen Entla- dungsform dokumentirt und zugleich den Vorgang aller Büschel- entladungen veranschaulicht. Wie weit jede andere Entladung auf solche zurückzuführen, soll hier nicht näher erwogen werden. Andere Körper, welche mehr zu den Leitern gehören, werden im Allgemeinen schwerer durchbrochen, weil neben der Abschwä- chung der Spitzenwirkung zugleich der Elektricitätsverlust so be- deutend ist, dass bei Einschaltung derselben das sonstige Maximum der Dichtigkeit nicht erreicht wird. Will man sie trotzdem vom Funken durchbohren lassen, so muss man den bekannten Kunst- griff anwenden, dass man eine grössere Elektrieitätsmenge ruck- weise auf die Elektroden überschlagen lässt. Dies geschieht am einfachsten, wenn man den gewöhnlichen Einschaltungsapparat der Influenzmaschinen benutzt, und auf diesen die Entladungen grösse- rer Conductoren übergehen lässt. Die Luftstrecken müssen natür- lieh von möglichst grossen Kugeln begrenzt, und der Einschaltungs- apparat nebst der Durchbrechungsvorrichtung hinreichend isolirt sein. Man kann auf solche Weise leicht Holz, Steine, Kupfervi- triol und andere Stoffe durchbohren lassen und findet, dass sie am leichtesten in einer solchen Richtung durchbohrt werden, in wel- cher sie spalten. e) Beziehung zu besondern Körperformationen. Schichtet man verschiedene Körper, natürlich bei vollkommen inniger Berührung, übereinander und lässt die Entladung der Reihe nach durch alle Schichten gehn, so sollte man meinen, dass der Widerstand gleich der Summe der Widerstände sein müsse, wel- chen jede Schicht für sich der Entladung bieten würde. Ich habe nur abwechselnde Schichten von Glas und ein und derselben Harz- mischung versucht, hier aber gefunden, dass besagter Widerstand ein ungleich grösserer ist, und zwar um so mehr, je reichhaltiger die Schichtung, je dünner also bei derselben Gesammtdicke die einzelnen Schichten gewählt werden. Es scheint daher, als ob die Elektrieität beim Übergange aus einem in einen andern Isolalator ein besonderes Hemniss finde, und dies spricht sich, wie ich gleich zeigen werde, auch noch in einer andern Versuchsform aus, 494 Sitzung der physikalisch-mathemotischen Klasse Schichtet man schmale Glasstreifen mit derselben Harzmischung so neben einander, dass die hohen Kanten der Streifen zwei ebene Flächen bilden, kittet an eine derselben den Apparat, wie es Fig. 4 veranschau- licht, und versucht bei solcher Anordnung die Wirkung der Entladung, so findet man, dass der Funke ungern diejenige Schicht verlässt, auf wel- che ihn zuerst die Lage der Spitze führt, wäh- rend er in dieser Schicht, wie auch sonst ge- wöhnlich, manche grossen Umwege macht. Sind die Glasstreifen nicht fest zusammengepresst, so irrt er freilich leicht in eine Kittschicht hinein, weil diese an und für sich einen geringeren Widerstand bietet. Bei ganz engem Zusammenschluss jedoch bietet die Kittschicht wegen ihrer ausserordentlichen Dünn- heit mindestens denselben Widerstand, als Glas, und alsdann kann man der Entladung mit ziemlicher Sicherheit diejenige Schicht vor- schreiben, in welcher sie sich bewegen soll. Dass die Schlagweite bei einem solchen Zwange nicht dieselbe, als bei homogenen Stücken sein kann, sieht man leicht ein; trotzdem habe ich mit grossen Maschinen noch 5 Mm. dicke Streifen auf eine Breite von 25 und 1 Mm. dicke auf eine Breite von 12 Mm. durchbrechen können. Mit dem Gesagten in scheinbarem Widerspruch stehn einige anderweitige Erfahrungen, welche ich an Glasröhren machte, die vom Funken durchbrochen wurden. Um sie nämlich vor einem solchen Durchbruch zu schützen, hatte ich den Raum zwischen der Glaswand und dem dünnen hineingesteckten Leiter mit einer Harz- mischung gefüllt; fand aber nun grade, dass sie um so leichter durchbrochen wurden. Ich habe solche Versuche später noch in der verschiedensten Weise abgeändert, aber immer dasselbe Resul- tat gefunden. Schon wenn man die innere Glaswand lackirt, bricht der Funke leichter hindurch, noch leichter aber, wenn der hohle Raum mit einer Harzmischung gefüllt wird. Diese Erscheinung ist jedoch nach dem Früheren nicht schwer zu erklären. Bei einer unlackirten Fläche wird die maassgebende Elektrode meistens die innere Glaswand selbst, bei einer lackirten vielleicht zuweilen die Oberfläche des Drahtes sein. Die Rundung des letztern ist klei- ner, die Dichtigkeit wird also höher. Ist die hineingefüllte Harz- mischung spröde, so wird die Elektrieität durch irgend einen Riss dringen, und die Elektrode ist alsdann gewissermaassen eine dünne vom 7. August 1876. 495 Hohlscheibe mit scharfer Kante. Ist die Harzmischung endlich ge- schmeidig, so wird sie leicht in jener eigenthümlich successiven Form durchbrochen werden, welche hohle Röhrchen erzeugt. Ein solches Röhrenende, eine Hohlspitze, ist alsdann die wahre Elek- trode für den Verlauf der Entladung und auf ihr wird sich am leichtesten eine solche Dichtigkeit anhäufen, dass der Funke die noch fehlende Lackschicht sammt der Glaswand durchbricht. Der Funke und der Büschel. Die Entladung in festen Isolatoren weist nur Funken und Büschel auf. Man bemerkt zwar zuweilen an der Spitze ein dem bekannten Glimmlicht ähnliches Glimmen, auch darin ähnlich, dass es mit längeren Funken abzuwechseln pflegt. Eine Entladungs- form, wie sie dem wahren Glimmlicht entspräche, scheint mir je- doch wegen der Starrheit und Isolationsfähigkeit der Masse nicht gut annehmbar, und jenes beobachtete Glimmlicht eher eine Reihen- folge kurzer Büschelentladungen, sei es im Glase, sei es in der Kittschicht, zu sein. Aber auch der Büschel in festen Isolatoren ist von der ana- logen Lufterscheinung sehr verschieden. Es ist gewöhnlich nur ein Aufblitzen einzelner oder mehrerer, theils einfacher, theils wie- derverzweigter Linien, selten eine so reichhaltige Lichterscheinung, wie sie der momentane Anblick des positiven Büschels in der Luft gewährt, und niemals eine Erscheinung von anhaltender Dauer. Gleichwohl ist diese Erscheinung als eine Büschelentladung zu be- trachten, weil in ihr, wie in jeder andern Büschelentladung, die Elektrieität nicht von Leiter zu Leiter, sondern von einem Leiter nach Punkten eines Isolators wandert, vielleicht vorwiegend nach Luftbläschen oder einzelnen leitenden Partikelchen, in welchen sich die verbundenen Elektrieitäten leichter durch Influenz von einander trennen, aber auch jedenfalls nach solchen, welche sich für das Auge durch Nichts von der übrigen Masse des Glases unterschei- den. Diese Punkte müssen nun nothwendig die Elektrieität des Leiters annehmen und elektrisch bleiben, weil sie unbeweglich und zugleich in vollkommenster Weise isolirt sind. Und weil sie so- mit nicht nur selbst die Elektrieität des Leiters abstossen, sondern die benachbarten Theile auch in demselben Sinne influenziren, so 496 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ist es einleuchtend, dass die Erscheinung nur sporadisch und in- termittirend und ganz anders, wie in beweglichen Medien auftre- ten muss. Zugleich erklärt es sich, dass sie mit der Dauer des Versuchs immer beschränkter wird, wenn man die Polarität inzwischen nicht wechseln lässt, dass sie nach jedem Wechsel der letzteren jedoch wieder um so reichhaltiger beginnt, als die elek- trisirten und die ihnen benachbarten Punkte nun umgekehrt die Elektrieität des Leiters anziehn. Wie weit bei solchem Wechsel die früheren, wie weit neue Linien aufleuchten, ist schwer zu sa- gen, weil sie so fein sind, dass die zurückbleibende Spur mit blossem Auge nicht immer erkannt wird. Jedenfalls wächst die Zahl der Linien, wie man nach wiederholten Versuchen deutlich bemerkt, und ich besitze Spiegelglas von 35 Mm. Dicke, in wel- chem mehr als dreissig von ein und demselben Punkte abirrende Hauptzweige und mehr als die doppelte Zahl von Nebenzweigen zu zählen sind. Solche Zeiehnung, das Bild eines wirklichen Bü- schels, kann aber nur durch wiederholte Einkittung desselben Stücks erhalten werden, weil sich die Spitzenwirkung durch die Verände- rung der Harzmischung so schnell abschwächt, dass die Fortsetzung des Versuchs immer nur auf wenige Sekunden von Erfolg ist. Hatte sich bei der Schlagweite ein Einfluss der Polarität nicht constatiren lassen, so muss Dasselbe von Länge und Gestalt des Büschels behauptet werden. Ich habe an der positiven Spitze keine andere Erscheinung erkennen können, als an der negativen. Die Länge und Divergenz der Linien, die Art ihrer Verzweigung war immer dieselbe. So war es wenigstens in Glas und dies ist der einzige feste Isolator, in welchem sich der Büschel in körperlicher Ausdehnung beobachten lässt. Harzmischungen gestatten die Beob- achtung nur in dünnen Schichten, weil sie in stärkeren nicht mehr durchsichtig sind; und hier ist allerdings ein polarer Unterschied nicht zu verkennen. Die von der negativen Spitze ausgehenden Verzweigungen sind nämlich kürzer, unregelmässiger, verkrüppel- ter; aber man weiss nicht, ob hier bereits die grössere Beweglich- keit der Moleküle oder die Flächenform des Entladungsfeldes den polaren Unterschied begünstigt. Vielleicht hat der Umstand auch eine Bedeutung, dass man die verschiedenen Lichterscheinungen in festen Isolatoren immer nur unter Mitwirkung von Spitzen be- obachten kann, an welchen ja auch in luftförmigen Medien die po- laren Erkennungszeichen weniger hervortreten. vom 7. August 1876. 497 Ist die Büschelverzweigung in festen Isolatoren weniger reich- haltig, als in der Luft, so ist die Funkenverzweigung um so reich- haltiger, zumal bei grösseren Elektrieitätsmengen und wenn man dieselben bis zu einem gewissen Grade verzögert. Man kennt die reichhaltige Verzweigung, welche ein Inductionsstoss in Glas er- zeugt, in dicken Glasstücken natürlich, und von einem kräftigen Funkeninductor ausgehend. Man kann solche Wirkung theilweise nachahmen, wenn man die Entladung grosser Conductoren ein we- nig verzögert. Die Spaltungen sind übrigens, wie in der Luft, zwischen Spitze und Kugel am zahlreichsten, und divergiren als- dann immer nur nach ein und derselben Richtung. Zwischen zwei Spitzen sind sie seltner und divergirenden alsdann gegen einander. Die einzelnen Linien sind in beiden Fällen theils durchgehend, theils in der Masse verlaufend, sie sind also im ersten Falle als Funken-, im zweiten als Büschelverzweigungen zu betrachten. Was ihre Entstehung betrifft, so mag es wohl im Allgemeinen richtiger sein, anzunehmen, dass die Büschelzweige den Funkenzweigen der Zeit nach voraufgegangen sind. Wollte man dies jedoch für abso- lut nothwendig halten, so würde man irren, weil die verschiedenen Funkenzweige beweisen, dass eine Funkenbahn für den Verlauf der Entladung keineswegs immer als ein Leiter zu betrachten ist. Dies zeigt sich auch, wenn man Stücke, welche bereits durchbro- chen sind, von Neuem einkittet, indem man den Funken alsdann häufig genug eine neue Bahn wählen sieht. Ob das Eine oder das Andere. geschieht, hängt nämlich vor Allem von der Feinheit der früheren Bahn und diese wieder von der Elektrieitätsmenge oder deren Verzögerung ab. Schwache Elektrieitätsmengen oder grössere, welche man verzögert, erzeugen selbst bei höchster Dichtig- keit immer nur feine Bahnen, und solche sucht sich eine nachfolgende Entladung weniger häufig zu ihrem Wege aus. So sind Funken- verzweigungen also erklärlich, wenn man sich die einzelnen Linien nach einander entstanden denkt, und hierfür spricht der Umstand, dass ihre Zahl mit der Verzögerung der Entladung zu wachsen scheint. Vielleicht entstehen verschiedene aber auch gleichzei- tig und dann ist überhaupt keine weitere Erklärung nöthig. Die Form des Funkens sowohl, als der einzelnen Funken- und Büschelzweige ist im Allgemeinen derjenigen in der Luft entspre- chend. Die leuchtenden Linien und ihre zurückbleibenden Spuren sind ebenso zackig, gekrümmt und von der Verbindungslinie der 498 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Elektroden abweichend, als wir es bei analogen Erscheinungen ge- wohnt sind, und das zeigt, dass die Ursache der verschiedenen Irrwege nicht in der Elasticität oder der Zusammendrückbarkeit der betreffenden Medien zu suchen ist. Die Länge der Funken ist ausführlich bei Untersuchung der Schlagweite behandelt. Über die Dicke ist wenig zu sagen, da sie ungemein schwer zu bestim- men ist. Nach der hinterlassenen Spur zu schliessen, wächst sie nicht nur mit der Elektrieitätsmenge, sondern auch mit der Schnel- ligkeit der Entladung. Die Funkenbahnen jedoch können auch dadurch erweitert werden, dass man gleiche Elektrieitätsmengen nach einander durch dieselbe Öffnung schiekt. Ich habe Büschel- linien beobachtet, welche nach ungefährer Schätzung kaum eine Dicke von z1, Mm. erreichten, während die Funkenbahn, welche man bei Anwendung einer kleinen Flaschenentladung erhält, von den zahlreichen Glassprüngen abgesehen, etwa 1 Mm. dick sein mag. Dass jene Büschellinien so fein sind, darf uns eigentlich wenig wundern, wenn wir bedenken, wie ausserordentlich gering die hier- zu nöthige Elektrieitätsmenge ist, und welche grosse Arbeit sie nach einer andern Seite hin verrichten muss. Die Entladung in Glas bringt keinen Schall hervor, wie die- jenige in der Luft, höchstens ein puffendes Geräusch, wie wenn wir sonst eine Flaschenentladung durch eine feuchte Schnur ver- zögern. Fast gänzlich erstirbt jeder Ton, wenn wir das Glasstück an beiden Seiten einkitten, damit die Entladung nirgends eine wenn auch noch so kleine Luftstrecke zu passiren hat. Übrigens ist die Lautlosigkeit der Erscheinung bereits bei der Anwendung des In- ductionsapparats aufgefallen, obwohl sie hierbei weniger hervortritt, weil sich ein solcher auch in der Luft ziemlich lautlos entladet. Viel deutlicher fällt der Unterschied bei einer Flaschenentladung in die Ohren. Ist dieser Mangel an Geräusch vielleicht darauf zurückzuführen, dass sich die elektrische Kraft vollständig in chemischer oder calorischer Thätigkeit absorbirt, oder darauf, dass die Masse, welche tönen oder den T'on fortpflanzen soll, zu schwer- fällig und zu wenig akustisch gebaut ist? Umgekehrt weit intensiver, als in der Luft, ist die Lichtwir- kung der Entladung, wenn wir in beiden Fällen die Ausdehnnng der Erscheinung nicht in Betracht ziehn, sondern nur die Intensi- tät der leuchtenden Punkte vergleichen. Namentlich auffallend ist es, dass die feinsten Verzweigungen der Büschel oder Funken, vom 7. August 1876. 499 welche durch verzögerte Entladungen gebildet werden, immer ihre weisse Farbe behaupten, oder höchstens eine schwach gelbliche Nüancirung, niemals jedoch eine röthliche oder bläuliche Färbung annehmen. Mag der grössere Lichteffeet nun auch. theilweise durch den Umstand bedingt sein, dass sich die Wirkung in Glas auf einen viel kleineren Raum beschränkt, so möchte man den Haupt- grund doch wohl besser auf den grossen Widerstand dieses Isola- tors zurückführen, da man weiss, dass die Funkenentladung über- haupt einen gewissen Widerstand voraussetzt, und je mehr derselbe abnimmt, in festen und flüssigen Isolatoren wenigstens der dunklen Entladung ähnlicher wird. Die Wirkung auf den Isolator. Um die Wirkung der Entladung auf die Masse des Isolators genauer prüfen zu können, war es nöthig, die Funkenbahn der mikroskopischen Beobachtung zugänglicher zu machen, als sie es in grösseren Glasstücken ist. Dieser Absicht verdankten jene eigenthümlich geschichteten Körper, welche ich bei Untersuchung der Schlagweite besprach, in erster Linie ihre Entstehung. Hier konnten natürlich nur diejenigen gebraucht werden, welche aus an- einander gereihten Glasstreifen bestanden. Diese Glasstreifen wur- den nach dem Versuche wieder bei mässiger Wärme von einander getrennt, die durchbrochenen gereinigt und unter dem Mikroskope betrachtet. Nach längerem Studium glaubte ich drei Arten von Funkenbahnen unterscheiden zu müssen. Erstens solche, welche sich vor der übrigen Glasmasse nur durch eine matte und dunklere Färbung auszeichneten; dies waren meistens die Bahnen der Bü- schelentladungen. Zweitens solche, welche neben dieser Färbung eine mehr oder weniger zusammenhängende Reihe kleiner runder, schwach durchsichtiger Körperchen erkennen liessen; dies waren meistens die Bahnen sehr schwacher Funkenentladungen oder stär- kerer, welche verzögert waren. Drittens solche, welche sich als eine gleichförmige, scheinbar mit Glasstaub gefüllte und rings von Glassprüngen eingeschlossene Röhre kennzeichneten; dies waren im Allgemeinen die Bahnen stärkerer unverzögerter Entladungen. Hiernach scheint mir für die genannten Erscheinungen die fol- [1876] 37 300 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gende Erklärung zulässig zu sein.!) Sehr schwache Entladungen können das Glas wohl schmelzen, aber nicht so stark erhitzen, dass es sich chemisch zersetzt. Stärkere schmelzen und zersetzen es, und die sich entwickelnden Gase schmelzen in die Glasmasse ein. Bei noch stärkeren endlich treten die sich reichlicher ent- wiekelnden Gase mit solcher Gewalt auf, dass die Masse zerrissen oder zersplittert wird. Kann jeder Isolator auch nicht zersetzt werden, so können sich seine Moleküle doch in Dampf verwandeln, und die Dampfbildung wird überhaupt auch in solchen Fällen, wo sie leichter als die Zersetzung eintritt, vorherrschend sein. In je- dem Falle meine ich, dass die sogenannte mechanische Wirkung der Entladung auf einer plötzlichen Zersetzung oder Dampfbildung beruht. Der Druck, welchen die einzelnen in feine Bahnen einge- schlossenen Bläschen auf die umgebende Glasmasse äussern, ist im polarisirten Lichte leicht erkennbar. Bei stärkeren Entladun- gen manifestirt sich derselbe Druck, indem er dicke Glasstücke nach und nach zum Platzen bringt. Wir sahen oben, dass eine bereits gebrochene Bahn für eine nachfolgende Entladung nicht immer ein Leiter, und dass dies in gewissem Grade von der Verzögerung der Entladungen abhängig sei. Nach der gegebenen Erklärung ist leicht einzusehen, dass die beiden zuerst bezeichneten Arten nur so lange ein Leiter sind, als die Elektricität das Glas noch in geschmolzenem Zustande an- trifft, und hiernach dürfte die grössere Zahl von Funkenspaltungen bei verzögerter Entladung erklärlich sein. Für die fragliche Hypothese spricht ferner das Verhalten an- drer Isolatoren, welche leichter schmelzbar und zugleich reicher an Gasen sind, als Glas. Beobachtet man Harzmischungen nämlich unter denselben Verhältnissen, so findet man, dass hier schon die allerschwächsten Ladungen Gasbläschen erzeugen, während wenig stärkere bereits zusammenhängende hohle Röhren bilden, ganz, wie oben, nur dass hier die Erscheinung um eine Stufe verrückt ist. E Auch giebt sich die Zersetzung der Masse hier noch deutlicher durch die Ablagerung von Kohlenstoff zu erkennen. !) Ich erlaubte mir bereits im Jahre 1868 in der Gesellschaft naturfor- schender Freunde zu Berlin dieselbe Erklärung zu geben. vom 7. August 1876. 901 Für dieselbe Ansicht spricht endlich die Darstellung der künst- lichen Blitzröhren, wie Rollmann solche in pulverisirtem Schwe- fel und- andern pulverisirten Isolatoren erhielt.!) Auch hier erzeu- gen schwache Entladungen nur zusammenhängende Linien, aus an- einandergeschmolzenen Partikelchen bestehend, während stärkere, vermuthlich in Folge der gleichzeitig auftretenden Gas- oder Dampf- bildung, zusammenhängende hohle Röhren hervorbringen. Hr. Helmholtz legte ferner die folgende Abhandlung des Kirn SW. Hioktz vor: Uber die Hülfseonductoren der einfachen und zusammengesetzten Influenzmaschinen. Bereits in meiner ersten Arbeit über eine „neue Elektrisirma- schine* erklärte ich den Zweck und die Wirkung eines sogenann- ten dritten Conductors, welchen ich mit einem Poleonductor ein und derselben Belegung gegenübergestellt hatte.?) Die Scheibe sollte sich an diesem hinzugefügten Conductor unter allen Umstän- den laden, vielleicht auch gleichzeitig ihre frühere Elektricität ab- geben, wenn das Eine oder das Andere wegen zu grosser Entfer- nung dr Elektroden nicht schon an dem vorhergehenden Polcon- ductor geschehen konnte; und dies war nöthig, damit bei solcher Entfernung die Wirksamkeit der Maschine nicht verloren ging. Der hinzugefügte Conductor musste natürlich abgeleitet, oder mit einem andern entgegengesetzi wirkenden verbunden werden, und hierzu wurde bedingungsweise der zweite Poleonductor gebraucht. Später wandte ich zwei solche Conductoren an, welche ich alsdann überzählige Conductoren nannte, und schlug vor, sie entweder ein- zeln in ihrer Verbindung mit dem respectiven Polconductor, oder DTPogg. Ann. Bd. 131,.S. 605. 2) Pogg. Ann. Bd. 126, S. 165; 1865. 37° 902 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gleichzeitig in directer Verbindung zu gebrauchen.!) Ich legte ihrer gleichzeitigen Benutzung jedoch aus verschiedenen Gründen keine grössere Bedeutung bei, bis Poggendorff ihnen eine ge- wisse schräge, den Poleonductoren mehr genäherte Stellung gab.?) Ich setzte nun, indem ich ihre frühere Stellung und Isolirung, welche nur für eine feste Scheibe mit 4 Öffnungen und 4 Bele- gungen Werth hatte, verwarf, aus beiden Conductoren einen Dop- peleonductor in Form einer Röhre zusammen, der ich gleichzeitig durch einseitige Unterstützung der Axe eine centrale Befestigung gab, damit sie drehbar sei.?) Dieser Doppelconductor ist von Poggendorff und von Andern, „diametraler, neutraler oder Röh- ren-Conductor“ genannt worden, und es ist kein Zweifel, dass die Maschine, wie überhaupt durch die gleichzeitige Benutzung zweier überzähligen Conduetoren, so auch durch die Vereinfachung ihrer Form bedeutend an Wirkung und namentlich, mit Rücksicht auf beide Pole, an symmetrischer Wirkung gewonnen hat. Poggen- dorff hat jene Conduetoren auch Hülfsconductoren genannt, und ich habe diese Benennung adoptirt, weil sie mir am meisten be- zeichnend scheint. „Neutrale Kämme“, wie Riefs will, möchte ich sie deshalb nicht nennen, weil sie, wie ich eben zu zeigen be- absichtige, nicht immer neutral bleiben dürfen. Verbinden wir zwei galvanische Elemente constant mit ihren un- gleichnamigen Polen und prüfen die elektrische Dichtigkeit der beiden andern, so wird kein Unterschied sein, ob jene constante Verbin- dung nach der Erde hin abgeleitet ist oder nicht. Communieirt der eine Pol jedoch bereits mit der Erde, so muss die Dichtigkeit des andern natürlich sinken, wenn wir nun auch jene Verbindung mit einer Ableitung versehn und somit die Wirkung des einen Ele- mentes vernichten. Dasselbe muss der Fall bei zwei andern elek- tromotorischen Elementen sein, und als solche können wir die Be- legungen einer Influenzmaschine mit den vier gegenüber gestellten Conductoren betrachten, wenn wir nur nicht je zwei, welche ein und derselben Belegung gegenüberstehn, als zu ein und demselben Elemente gehörig ansehen wollen. Verbinden wir zwei der vier 1) »Plo@8. Ann. Bd: 127,.84323:.1869. 2) Akad. Ber. vom Febr. 1867. 2) Pogg. Ann. Bd. 136,8: 171; 1869; vom 7. August 1876. 503 Pole, nämlich die Hülfsconductoren, constant, so wird die Dichtig- keit der andern, so lange diese isolirt bleiben, nicht geändert, mag jene Verbindung mit der Erde communieiren, oder nicht. Ist einer der freien Pole jedoch bereits abgeleitet, so sinkt die Dichtigkeit des andern bedeutend, sobald nun auch jene Verbindung eine Ab- leitung erhält. Dass dies so ist, hat sich durch unzählige Versu- che herausgestellt, und mit Rücksicht hierauf werden die Axen aller normal gebauten Maschinen isolirt. Dass es so sein müsse, dürfte noch aus folgender Betrachtung hervorgehen. Die geringe Entfernung der Poleonductoren von den Öffnun- gen und Spitzen der festen Scheibe verleiht der Maschine eine eigenthümliche, aber sehr günstige Eigenschaft, dass sich ihre elek- tromotorische Wirksamkeit nämlich nur wenig mit der Grösse eines eingeschalteten Widerstandes verringert. Der Grund liegt darin, dass bei grösserem Widerstande, d. h. bei besserer Isolirung der Pole, mit der Dichtigkeit dieser zugleich die Dichtigkeit der Belegungen wächst, während umgekehrt deren Dichtigkeit bei bes- serer Ableitung der Pole abnimmt. Ist nun der eine Pol abge- leitet, während der andere isolirt bleibt, so wird die eine Belegung eine hohe, die andere eine niedere Dichtigkeit annehmen. Die Influenzwirkung beider kann sich daher in dem diametralen Con- ductor niemals aufheben, derselbe wird vielmehr im Sinne der stärker elektrischen Belegung fortwirken, und — so lange er iso- lirt bleibt — einen Überschuss der betreffenden Elektrieität erken- nen lassen. Leiten wir denselben ab, so wird derjenige Kamm, welcher der stärker elektrischen Belegung gegenüber liegt, aller- dings wirksamer; der andere jedoch wird dafür der Scheibe einen Theil ihrer Ladung nehmen, welche sie in so reichlichem Maasse durch den abgeleiteten Poleonductor empfangen hat, und welche nur so lange ungefährdet den betreffenden Kamm passirt, als die- ser seinen Überschuss von gleichnamiger Elektrieität behauptet. Die Scheibe wird also bei der fraglichen Ableitung nicht stär- ker elektrisirt, als sonst, und der freie Poleonductor kann hieraus keinen Zuwachs an Dichtigkeit gewinnen, wohl aber wird er leicht einen Theil derselben verlieren, weil jene Ableitung die Ausströ- mung nach dieser Seite hin begünstigt. Bei isolirter Axe nimmt der diametrale Conductor die Elektrieität des freien Polconduetors ‚an, und dieser Umstand muss die Ausgleichungen zwischen beiden erschweren; mit der Ableitung geht nicht nur die gleichnamige 504 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Elektricität fort, sondern es sammelt sich auch durch Influenz die ungleichnamige an, und die Ausgleichungen werden sich daher in jedem Falle vermehren. Man kann sich hiervon bei einer normal gebauten Maschine sehr leicht überzeugen, wenn man die Elektro- den möglichst von einander entfernt und bei constanter Ableitung des einen Pols den Erfolg der Ableitung oder Isolirung des dia- metralen Conductors prüft. Bei der Isolirung werden die Ausströ- mungen an der Elektrode und Entladungsstange des freien Pols, bei der Ableitung diejenigen in der Nähe der Scheibe grösser. Hiernach ist es natürlich, dass auch die Schlagweite unter sonst gleichen Bedingungen bei Isolirung des diametralen Conductors eine grössere ist. Hr. Prof. Riefs will durch Versuche das Gegentheil gefunden haben, wie aus einer Stelle seiner vor Kurzem erschienenen Mit- theilung über denselben Gegenstand hervorgeht.) Ich möchte je- doch annehmen, dass dies Resultat nicht unter normalen Verhält- nissen, oder vielleicht mit Elektroden von sehr ungleicher Grösse gewonnen ist, da ich seit Jahren keine andere Wirkung kenne, als diejenige, welche ich soeben beschrieben und begründet habe. Ich möchte nun hieran noch einige weitere Bemerkungen über die Hülfeonductoren an einfachen und zusammengesetzten Maschi- nen knüpfen. Bleekrode .hatte in seinem. Aufsatz über Elektromaschinen mit Ebonitscheiben die Behauptung ausgesprochen, dass sich Ebo- nitscheiben überhaupt nicht ohne den diametralen Conductor erre-. gen lassen,?) an einer andern Stelle jedoch angegeben, dass er seine Poleconductoren behufs stärkerer Wirkung nicht den Belegun- gen, sondern den Öffnungen gegenüberstelle.3) Riefs bemerkt nun sehr richtig, dass sich bei solcher Stellung der Conductoren eine Glasscheibe eben so wenig erregen lasse. Und in der That, sie lässt sich nicht nur nicht erregen, sondern sie könnte auch, wenn sie erregt wäre, nicht weiter wirken, weil Conductoren, welche nur der beweglichen und nicht gleichzeitig der festen Glasfläche gegenüberstehen, jene wohl entladen, aber ihr keine neue Ladung !) Akad. Ber. vom April 1876. 2); Pogg. Ann. Bd.196,'87299:71875. 3) Ebenda S. 294. vom 7. August 1876. 905 mittheilen können. Hier sind also in jedem Falle Hülfsconducto- ren nöthig, und bei Glasscheiben so gut, als bei Scheiben aus Ebonit. Jene Stellung der Polconductoren ist aber deshalb über- haupt keine empfehlenswerthe, weil der Ladungsstrom allemal voll- ständig verloren geht, während dies bei normaler Stellung nur so- weit der Fall ist, als der Ladungsstrom im Schliessungsbogen einen zu grossen Widerstand findet. Ich habe übrigens in meiner Ar- beit über Influenzmaschinen für hohe Dichtigkeit wiederholt darauf hingewiesen, dass man bei jener oder einer analogen Stellung wohl einen hohen intensiven, aber nur einen geringen quantitativen Ef- fect erzielt.) Was die viel besprochene Nothwendigkeit der diametralen Conductoren bei Doppelmaschinen anlangt, so muss man zwei Klassen von Doppelmaschinen auseinanderhalten, nämlich solche mit getrennten und solche mit zusammenliegenden Scheibenpaaren. Nur bei den ersteren, wozu die Poggendorff’sche Construction gehört,?) sind die diametralen Couductoren absolut nothwendig, weil die Scheibenpaare sonst leicht einander entgegenwirken und sich also in ihrer Gesammtwirkung aufheben, anstatt sich zu ver- stärken. Woher hier die Neigung zur Gegenwirkung kommt, und wie sie durch die diametralen Conductoren beseitigt wird, setzt Riefs sehr ausführlich auseinander. Aber nicht in allen Fällen, wo zwei von einander getrennte Apparate summarisch mit einander verbunden werden, lässt sich die Gegenwirkung absolut durch Hülfsconductoren vermeiden. Ist die Entfernung der beiden Schei- benpaare eine grosse, oder liegen sie so, dass sie sich nicht in ihren analog wirkenden Teilen decken, so ist es schwer erreich- bar, dass beide immer gleichzeitig ihre Stromesrichtung wechseln, wie dies bei der Poggendorff’schen Anordnung unfehlbar ein- tritt. Ich möchte deshalb annehmen, dass auch bei dieser bereits die verhältnissmässig nahe und analoge Stellung der Scheiben von günstigem Einfluss ist. Am schwersten von allen lässt sich die Gegenwirkung kettenartig verbundener Apparate verhüten, was sehr schade ist, weil dies ein Weg wäre, die Schlagweite ganz ausser- ordentlich zu vergrössern. Aber bei Combinirung von zwei Schei- 1) Pogg. Ann. Bd. 130, S. 287; 1867. 2) Ebenda Bd. 141, S. 204; 1870. 906 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse benpaaren bereits ist trotz aller Hülfsconductoren die Verniehtung der Wirkung vorherrschend, und das ermuntert nicht, die Versuche nach dieser Richtung hin fortzusetzen. Ganz anders verhält es sich bei Doppelmaschinen, deren Scheibenpaare eng an einander liegen, und welche deshalb auch nur summarisch verbunden werden können. Hier kann — voraus- gesetzt natürlich, dass sich die analog wirkenden Stücke deeken — in keinem Falle eine Gegenwirkung statt haben, weil mit der Po- larität des einen nothwendig zugleich die Polarität des andern wechseln muss. Die Hülfsconductoren können bei solcher Ma- schine also auch keine andere Bedeutung haben, als dass sie, wie bei der einfachen Maschine, die Wirksamkeit unabhängig von der Schlagweite erhalten, und allenfalls, so oft man sie unbelegten Glastheilen gegenüberstellt, auch den Eintritt des Polwechsels in Etwas erschweren. Man könnte eher behaupten, dass die Hülfs- conductoren hier weniger nöthig seien, weil die Schlagweite sol- cher Maschinen schon an und für sich grösser und die Neigung zum Polwechsel geringer ist. Zu dieser Klasse von Maschinen gehört zunächst die Kaiser- sche Construction,!) wenn man sie überhaupt eine Doppelmaschine nennen will, trotzdem ihr eine feste Scheibe fehlt. Derselben nach- gebildet, aber in die neue äussere Form der einfachen Maschine gekleidet, auch mit diametralen Conductoren ausgerüstet, ist die Construction von Bleekrode. Beide Maschinen liefern trotz des eben erwähnten Mangels und der hiermit nothwendig verknüpften Verluste, eine doppelt so grosse Elektrieitätsmenge, als eine ein- fache. Dies führte mich auf den Gedanken, dass in der nahen Lage der Scheiben ein neues Motiv der Verstärkung liegen müsse, und ich fand meine Vermuthung bestätigt, als ich zwei neue Dop- pelmaschinen mit zwei vollständigen Scheibenpaaren und in hin- reichend naher Lage, im einen Falle mit aussen, im andern Falle mit innen liegenden Conductoren, construirte und hiermit die drei- fache Elektrieitätsmenge einer einfachen Maschine erreichen konnte. Ich brachte diese Thatsache nebst ihrem vermuthlichen Grunde und einer Reihe sich hieran schliessender Versuche bereits vor län- gerer Zeit zur Kenntniss der Göttinger Akademie,?) erfuhr jedoch 1) Les Mondes 1869, t. XX, p. 665. ?) Göttinger Ber. vom 15. März 1876. vom 7. August 1876. 507 später, dass schon im Jahre 1870 Prof. Karl der Kaiser’schen Construction mit durchgehender Axe und ohne diametrale Conduc- toren eine zweite feste Scheibe hinzufügte.!) Um den Unterschied meiner Construction mit aussen liegenden Conductoren von den Constructionen der genannten Physiker übersichtlicher zu machen, und zugleich eine neue Befestigungsweise der hintern Hülfsconduc- toren zu veranschaulichen, lasse ich hier eine Abbildung der frag- lichen Maschine folgen. —GZ-_ = (> W !) Karl’s Repertorium Bd. IV, S. 129; 1870. 508 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die andere Construction mit innen liegenden Conductoren ist dadurch characteristisch, dass ich die Zahl der einfachen Kämme in eine halb so grosse Zahl von Doppelkämmen verwandelte, Röh- ren, welche nach hinten und vorn zugleich mit Spitzen besetzt sind. In allen fünf zuletzt genannten Maschinen nun spielen die Hülfs- conductoren genau dieselbe Rolle, welche sie in der einfachen Ma- schine spielen, und es ist leicht zu sehen, dass dasselbe auch bei weiterer Vervielfältigung der Scheibenpaare in so naher Lage der Fall ist. Hieraus folgt zugleich, dass jedes Scheibenpaar seine besondern Hülfseonductoren oder wenigstens die betreffenden Spitzen- reihen besitzen muss und ich habe dies auch in allen Fällen mit Ausnahme eines einzigen, einer besondern Organisirung der Kai- ser- oder Bleekrode’schen Construction nämlich, bestätigt gefun- den. Belegt man die einzige feste Scheibe hier nicht so, dass sich die hinteren und vorderen Papierstücke vollkommen decken, viel- mehr so, dass die einen die andern ein wenig überragen, so kann, je nachdem die vordern oder die hintern die längern sind, der hin- tere oder der vordere diametrale Conduetor bedingungsweise feh- len, und ähnlich verhält es sich, wenn nur die eine Seite der fe- sten Scheibe belegt ist. Was die günstigere Wirkung der schrägen Stellung betrifft, so resultirt dieselbe einfach daraus, dass weder die Conductoren selbst, noch die Belegungen, denen sie gegenüberstehen, den im Sinne der Rotation folgenden Öffnungen zu nahe treten dürfen. Die fragliche Stellung wird also einerseits durch die Länge der- Belegungen, andererseits durch die Grösse der Öffnungen bestimmt, und das günstigste Verhältniss scheint mir dasjenige zu sein, wo die Belegungen fast einen doppelt so grossen Winkel einschliessen, als die Öffnungen. Dies Verhältniss muss für die einfache, wie für die Doppelmaschine dasselbe sein, und hieraus folgt zugleich, dass sich die, verschiedenen Scheibenpaaren angehörigen, Hülfscon- ductoren ebenso, wie alle andern analog wirkenden Stücke, decken müssen. Auch was von der Nothwendigkeit der Isolirung behauptet ist, gilt für einfache Maschinen so gut, als für Doppelmaschinen. Nur so lange die Polconduetoren ganz isolirt bleiben, ist die Isolirung der Hülfsconductoren unnütz, sonst müssen die vorderen sowohl, vom 7. August 1876. 509 wie die hinteren, eine isolirende Befestigung haben, wenn die grösste Funkenlänge erreicht werden soll. Ob die hinteren Hülfsconductoren von den anderen getrennt sind, gleichviel, ob nur der Befestigung oder auch der Isolirung nach, ist für die Wirkung vollkommen gleich. Theoretisch mag die Trennung mehr Interesse bieten, und sie wird einfach so be- werkstelligt, wie ich es zuerst in der Maschine mit zwei vertikal gestellten entgegengesetzt rotirenden Scheiben veranschaulicht habe. !) Diese Befestigungsweise ist auch von Bleekrode adoptirt wor- den. In der obigen Abbildung sind beide Spitzenreihen vereinigt, und die Befestigung geschieht vor den Scheiben. Sie kann jedoch eben- sogut auch hinter oder gleichzeitig vor und hinter den Scheiben statt haben. Hr. Helmholtz legte folgende Abhandlung des Hrn. Julius Bernstein in Halle a. S. vor: Uber die Ermittelung des Knotenpunktes im Auge des lebenden Menschen. Die Lage des Knotenpunktes im Auge des lebenden Menschen hat Hr. A. Volkmann?) nach einer sehr einfachen Methode zu- erst experimentell zu bestimmen gesucht, indem er ein durch die Sclerotica im innern Augenwinkel durchscheinendes Flammenbild- chen mit dem Öbjecte durch eine gerade Linie verband und den Durchschnittspunkt dieser mit der Gesichtslinie construirte. Doch stellen sich einer genauen Bestimmung in dieser Weise die Schwie- rigkeiten entgegen, dass der Sehwinkel für das Object ein sehr grosser sein muss, für den die Abweichung der Strahlen schon zu bedeutend ist, um genaue Resultate zu geben, und dass die Beob- achtung sich nur an schwach pigmentirten etwas prominirenden Augen gut anstellen lässt. De Bo, 00. Ann. Bd:3136,-8..171.-.1809. ?) Wagner’s Handwörterb. d. Phys. Bd. 3. S. 286. 510 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die nachfolgende Methode soll die Aufgabe lösen, die Lage des zweiten Knotenpunktes herauszufinden, den man in praxi ja auch als den gemeinsamen Knotenpunkt des redueirten Auges be- trachten kann. Sie beruht im Allgemeinen darauf, dass Objecte durch eine feine Öffnung eines Schirmes betrachtet um ein Bestimm- tes vergrössert erscheinen, und dass der Werth dieser Vergrösse- rnng das Mittel giebt für den gesuchten Punkt im Auge eine Be- rechnung aufzustellen. vom 7. August 1876. Sll Es sei in nebenstehender Figur NN die Netzhaut in nahezu horizontalem Durchschnitte, in f der Fixationspunkt derselben. Es sei ferner % die Lage des hintern Knotenpunktes beim Accommodiren für die Ferne; und wir wollen zunächst die nicht richtige Voraus- setzung machen, dass seine Verschiebung beim Accommodiren für unsern Versuch unmerklich wäre (was wir nachher zu corrigiren haben). In der Entfernung des deutlichen Sehens stehe eine Milli- meterscala A senkrecht gegen die Fixationslinie /n, die wir zu- nächst beim Zusammenfallen beider Knotenpunkte in k als eine Gerade betrachten können. Verschiebt man auf der Scala einen Punkt bis ce, so trete sein Bild 5 eben in den Rand des blinden Fleckes ein. Während nun das Auge in derselben Stellung verharrt, wird ein Schirm op vorgesetzt, dessen feine Öffnung sich in o auf der Linie fn befinden möge, und alsdann wird nochmals bei ruhiger Fixation des Punktes n der beobachtete Punkt so weit verschoben bis er in dieselbe Stelle des blinden Fleckes bei b eintritt. Dies geschehe bei m; die gefundene Entfernung nm —= A ist dann um ein Stück kleiner als nc, weil A vergrössert erscheint. Die Construction für den Lichtstrahl mo ist nach den Listing- schen Regeln folgende. Man denke ihn verlängert bis er die erste Hauptebne A, trifit und fälle ein Loth von da auf die zweite Haupt- ebne A. Nun ziehe man eine Parallele mit mo durch den Knoten- punkt k. Schneidet diese Parallele die Netzhaut in 5, so trifft auch der Strahl mo von der zweiten Hauptebne her die Netzhaut in b aus dem einfachen Grunde, weil dieselbe beim Accomodiren in die Ferne zugleich die Brennebne ist; und da wir beim Sehen durch die feine Öffnung ohne jede Accommodationsanstrengung den Punkt m scharf erblicken, so beobachten wir, dass er in der Entfernung A von n in den blinden Fleck bei b eintritt. Nun denken wir uns, wir hätten die Entfernung ne gemessen, ebenso die Entfernung A. Wir messen ferner genau die Entfer- nung der Öffnung von der Skale: no — E, ebenso die Entfernung der Öffnung von der Hornhaut — e. Dann hätten wir in den recht- winkligen Dreiecken opk und mno, die Gleichung: Arm 09.:0% er 2 A A 512 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die Entfernung des Knotenpunktes von der Hornhaut wäre: JE: MC I — ER —e A Nun muss aber in dieser Berechnung noch eine wesentliche Cor- rektion angebracht werden, welche dadurch erfordert wird, dass der Knotenpunkt k beim Accomodiren in die Nähe etwas nach vorn in die Stellung %' rückt. Bei der Beobachtung mit freiem Auge, während wir in die Nähe accomodiren, befindet sich daher der verschiebbare Punkt nicht in ce sondern in c', sobald sein Bild in den blinden Fleck bei 5b eintritt. Der Werth der Grösse cc’ lässt sich nun durch eine Berech- nung bestimmen, wenn man, was nach den Listing’schen Berech- nungen ja keinem Zweifel unterliegen kann, die ungefähre Lage der Knotenpunkte in den hintern Abschnitt der Linse verlegt und die Entfernung kb zu ungefähr 15 Mm. annimmt. Setzen wir fer- ner voraus, dass die Verschiebung des hinteren Knotenpunktes beim Accommodiren nach den Berechnungen von Hrn. Helmholtz im Mittel 0,4 Mm. beträgt, ein Werth, der keinen beträchtlichen indi- viduellen Schwankungen unterworfen sein wird, so erhalten wir für die Grösse ce’ einen Mittelwerth, welcher unter den Versuchs- bedingungen E+ e = 110 bis 115 Mm. und Ac' = 24 bis 26 Mm. etwa gleich 0,35 Mm. beträgt. Diese Grösse ändert sich selbst wenn man relativ bedeutende Schwankungen der Werthe kb und kk' annimmt, nur um etwa 0,05 Millimeter, die hier kaum in Be- tracht kommen können. Nennen wir nun den experimentell gefundenen Werth mc = a und cc = u, so erhalten wir aus 1) die Formel: E(a-+u) se ———— ee, A Aus mehrfachen Beobachtungen haben sich für mein rechtes Auge auf diese Weise für « die Werthe 6,67 bis 6,3 Mm. ergeben, beim Eintritt des Bildes 5 in den innern Rand des blinden Fleckes, und der Werth 6,5 Mm., wenn die Beobachtung am äussern Rande angestellt wurde, wobei u = 1,29 Mm. wurde. Auch diese Werthe bedürften noch einer Reduction, weil die Gesichtslinie /n nicht mit der optischen Axe des Auges zusammenfällt. Will man diese aus- führen, so muss man den Radius der Hornhaut kennen, welcher vom 7. August 1876. 815 für mein Auge zu 8 Mm. angenommen sei. Die Berechnung er- giebt aber selbst bei einem Winkel der Gesichtslinie von 5° nur eine sehr unbedeutende Vergrösserung der Werthe von x in der zweiten Decimale, die man füglich vernachlässigen kann. Eine wichtigere Correktion der Werthe beruht darauf, dass man den vorderen Knotenpunkt mitberücksichtigt. Wird mit freiem Auge beobachtet, und ist % der hintere Knotenpunkt, so fällt der ins Auge gelangende Richtungsstrahl nicht mit ck (resp. c'k') zu- sammen, sondern mit einer Parallelen, die durch den vorderen Knotenpunkt geht. Der Strahl kommt also von einem Punkte der Skala, welcher näher nach n hingerückt ist. Wenn wir nun für die Entfernung der beiden Knotenpunkte von einander den Helm- holtz’schen Werth 0,416 Mm. beim Sehen in die Ferne annehmen, ein Werth, der sich mit der absoluten Lage der Knotenpunkte nur unwesentlich ändern kann, so lässt sich die kleine Grösse w be- rechnen, welche wir zu A+a-+ u hinzuaddiren müssen, damit diese Summe gleich dem verlangten Werthe nc werde (s. Figur). Alsdann ist die angenommene Bedingung erreicht, dass der Rich- tungsstrahl ckb eine gerade Linie bilde. Bei dieser Berechnung lässt sich auch die Abweichung der Gesichtslinie von der Augen- axe mitberücksichtigen. Nennen wir den Abstand des hintern Kno- tenpunktes von dem Scheitel der Hornhaut die „vordere Knoten- weite“ gleich v, so haben wir die Formel: 2. (a uw) = A e. I In der nachfolgenden Tabelle sind die so durch Beobachtung und Rechnung erhaltenen Werthe zusammengestellt: zung der physikalisch-mathematischen Klasse Pe % Sit 14 Sy A uopurd spp pur QOIISSNV sypopJ uopuıq | sop puey JOIDUUT | E ITeE| STos jeezı Ve oe emo Ce see. Eko 2 Kos 0%. 070% cu ion. umzeie,| selon: soon: wre) cha. 0e 0a A r h E » v | 2 | AH | vom 7. August 1876. 515 Die Übereinstimmung, welche die Zahlen für die vordere Kno- tenweite in den drei Versuchsreihen zeigen, geben wohl eine ge- nügende Bürgschaft für die Sicherheit der Methode. Zufällig da- gegen ist das nahe Zusammentreffen dieser Werthe mit denen des schematischen Auges nach Helmholtz), in welchem der Ort des hintern Knotenpunktes bei Fernsehen 7,573 Mm. beträgt; denn es werden wohl bei verschiedenen Individuen grössere Abweichungen vorkommen. Jedenfalls ergiebt sich aber eine befriedigende expe- rimentelle Bestätigung der Listing’schen Berechnungen, und es ist die Möglichkeit gegeben, nach der beschriebenen Methode indi- viduelle Schwankungen in der Lage der Knotenpunkte beim Leben- den festzustellen. 5 Der Apparat, welcher zur Untersuchung gedient hat, besteht aus einer auf einem festen Gestell horizontal ruhenden Metallplatte, auf welcher die Skala A senkrecht aufgestellt ist. Diese kann nach allen Richtungen bewegt und festgestellt werden. Das beob- achtende Auge wird zur Skala dadurch in eine unveränderliche Lage gebracht, dass die Zähne beider Kiefer in einen Abdruck des Gebisses eingreifen, welcher mit dem Apparat fest verbunden ist. Der Schirm op sitzt auf einem beweglichen Metallarm, der genau eingestellt werden kann. Die Entfernung der Skala vom Schirm und des Schirms von der Hornhaut wird an einer daneben ange- brachten Millimeterscala aus grösserer Entfernung mit Hülfe des Fernrohrs abgelesen. Der beobachtete Punkt, welcher auf der aus Glas bestehenden Skala A verschoben wird, lässt sich am besten durch eine feine Öffnung in einem schwarzen Papier herstellen, durch welche Lam- penlicht hindurchscheint. Das Papier verschiebt sich mit Hülfe einer Mikrometerschraube, so dass eine sehr exacte Einstellung möglich wird. Das Detail des Apparates und der Berechnungen soll in einer ausführlichen Abhandlung mitgetheilt werden. 1) Physiol. Opt. S. 111. [1876] 38 516 Gesammtsitzung 10. August. Gesammtsitzung der Akademie. Da Hr. Braun, welcher heut lesen sollte, wegen Krankheit nicht erschienen war, fiel der wissenschaftliche Vortrag aus. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: B. Boncompagni, Bullettino. Tomo VIII. Indice degli articoli e dei nomi. Roma 1875. 4. Bulletin de la Societe de geographie. Mai 1876. Paris 1876. 8. Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Moscou. Annee 1876. N. 1. Moscou 1876. 8. Melanges greco-romains tires du Bulletin de !’ Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. Tome IV. Livr. 1.2. St. Petersbourg 1876. 8. J. D. Hooker, The flora of British India. Part. IV. London. 8. J. de Witte, Noms des fabricants et dessinateurs de vases peints. Paris 1848. 8. —, La dispute d’ Athene et de Posidon. Extr. ib. 1876. 4. K. Svenska Vetenskaps Akademiens Handlingar. Bandet 11. N.7. Stockholm 18779: 074.7 ,(S8. Dowien, Etudes sur les Echinoidees. Atlas.) — — —, Ny Följd. 11. Bd. 1872. ib. 1873—75. 4. Mit Begleitschr. Öfversigt. Arg. 1875. ib. 1875/76. 8. Bihang. Bd. 3. Häfte 1. ib. 1875. 8. C. A. Virgin, Ä. Svenska Fregatten Eugenies Resa omkring jorden. Häft 13. 14. ib. 1858 — 1874. 4. Meteorologiska Sakttagelser i Sverige. Bd. 15. ib. 1876. 4. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N.6. Aoüt 1876. Paris 1876. 4. A. Reumont, Viaggio in Italia. Estr. 1876. 8. Mittheilungen des Deutschen archäologischen Institutes in Athen. 1. Jahrg. 2. Heit., Athen‘ 1826..8. W. J. G. Behn, Leopoldina. Heft XII. N. 13. 14. Dresden 1876. ‘4. D. Goubareff, La force morale. Paris 1876. 8. 20 Ex. Annalile Societatei academice Romane. Sess. annual 1875. Tomulu VIII. Bucuresci 1875. 8. Mit Begleitschreiben. A. T. Laurianu & J. C. Massimu, Diectionariulu limbrei romane. T. 1. 7 br 18768 8. vom 10. August 1876. 517 Revue archeologique. Nouv. Serie. 17. Annee,. VII. Juillet 1876. Paris. 8. Mittheilungen der kais. u. königl. geographischen Gesellschaft in Wien. 1875. XVII. Bd. (der neuen Folge VIII) Wien 1875. 8. (Von dem vorg. K. Ministerium.) Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. 1. Bd. 2. & 3. Heft. Hannover 1876. 8. 14. August. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Duncker las über die Zeit der Abfassung des Avesta. Eins der schwierigsten chronologischen Probleme der Ge- schichte des alten Orients ist die Bestimmung der Zeit, in welche die Reform der altarischen Anschauungen von den Göttern fällt, die mit dem Namen Zarathustra’s bezeichnet wird. Das Avesta verknüpft den Zarathustra mit König Vistacpa, der dem rechten Glauben weite Wege gebahnt und ihn hoch er- haben gestellt habe. Wenn nun auch aus dem Avesta genügend erwiesen werden kann, dass dieses Herrschers Reich dem Nord- osten Irans, speciell Baktrien angehört hat, so ist damit die histo- rische Existenz dieses Königs nicht ausser Zweifel gestellt, noch weniger aber ist aus dem Avesta zu bestimmen, in welche Zeit seine Herrschaft, jene Reform des alten Glaubens zu setzen ist. Was spätere morgenländische Quellen hierüber zu sagen wissen, hat kein Gewicht. Abgesehen von ihrem weit abliegenden Ur- sprung ermangeln sie jeder genaueren Kunde. Das Buch Arda Viraf behauptet, der gute Glaube habe dreihundert Jahre in Rein- heit bestanden bis Iskander Rumi nach Iran gekommen sei. Hier- nach würde Zarathustra um das Jahr 650 v. Chr. d. h. in die Zeit des Kyaxares von Medien zu setzen sein. Das Buch Arda Viraf ist frühestens in den letzten Zeiten der Sassaniden geschrieben. Der Bundehesch datirt aus noch jüngerer Zeit; da die Herrschaft 38* 515 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse der Araber über Iran wiederholt in dieser Schrift erwähnt wird, kann dieselbe erst nach der Schlacht von Nehavend geschrieben sein. Sie lässt die Sassaniden 460 Jahr, die Arsakiden 264 Jahr, den Iskander Rumi 14 Jahre, vor diesem die beiden Darai 26 Jahre, vor diesem die Huma 30 Jahre, vor dieser den Vohu Mano 112 Jahre und den Vistacpa nach dem Auftreten Zarathustra’s noch 90 Jahre regieren. Hiernach wären 996 Jahre zwischen dem Fall der Sassaniden und Zarathustra’s Auftreten verflossen. Von der Schlacht von Nehavend aufwärts gerechnet wäre Zarathustra hiernach im Jahre 354 vor Christus aufgetreten, das heisst zu der Zeit, als Artaxerxes Ochos Persien regierte. Es führt uns nicht weiter, wenn wir die falschen Einzelposten des Bundehesch nach unserer bessern Kenntniss corrigiren: die Sassaniden haben nicht 460 sondern nur 416 Jahre regiert, die Arsakiden nicht 264 son- dern 476 Jahre, die Herrschaft Alexanders und die der Seleueiden über Iran hat nicht 14 sondern $0 Jahre gewährt; und wenn wir dann für die 26 Jahre der beiden Darai, welche dem Bundehesch die Stelle der Achaemeniden vertreten, die Dauer des alten Perser- reichs mit 228 Jahren setzen, und diesen Ansätzen die Zahlen des Bundehesch für die Huma, den Vohu Mano und den Vistacpa nach dem Auftreten des Zarathustra mit 252 Jahren hinzufügen, so hätte Zarathustra sein Werk 1432 Jahre vor der Schlacht bei Nehavend, das heisst im Jahre 790 v. Chr. begonnen. Aber wie hätte Vis- tacpa nach dem Auftreten Zarathustra’s noch 90 Jahre, wie der Enkel Vistacpa’s nach diesem 112 Jahre regieren können, und was gestattet uns zu unterstellen, dass Kyros die Herrschaft der Me- der in dem Jahre stürzte als die Huma starb, die nach anderen Morgenländern überdies Schamiram, d. h. Semiramis hiess, deren Bruder Sassan, der Stammvater der Sassaniden, sein soll, die mit- hin selbst eine reine Fiktion ist. Andere Zeitangaben aus dem Orient sind nicht aufbehalten. Sehen wir zu, ob die Griechen besser unterrichtet sind. Xan- thos der Lyder soll berichtet haben, dass Zoroaster 6000 Jahre vor der Zeit gelebt, da Xerxes nach Hellas gezogen. Eudoxos von Knidos behauptete, Zoroaster habe 6000 Jahre vor Platons Ende gelebt. Aristoteles gab ihm nach des Plinius Versicherung dasselbe Alter und erachtete die Magier nach Angabe des Dioge- nes von Laerte älter als die Aegypter. Hermodoros, T'heopomp von Chios und Hermippos von Smyrna liessen den Zoroaster vom 14. August 1876. 519 5000 Jahr vor dem Troischen Kriege leben. Plinius erklärt die Magie, die Zoroaster gelehrt, für viele tausend Jahre älter als die des Moses. Alle diese Angaben führen etwa gleich hoch hinauf, in das siebente Jahrtausend vor Christus. Wenn bei Diogenes und Suidas die Handschriften neben 5000 und 6000 Jahren auch 500 und 600 geben, so wird darauf kein Gewicht zu legen sein, da die Reihe dieser Angaben ein in sich übereinstimmendes System erkennen lässt. - Es liegt diesem offenbar eine dem Griechen seit dem Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. zugekommene Überlieferung der Perser zu Grunde. Theopomp von Chios giebt uns den Schlüssel der- selben, indem er berichtet, dass nach der Lehre der Magier der Eine von den beiden Göttern Oromasdes und Areimanios 3000 Jahre lang herrsche, der Andere beherrscht werde; andere 3000 Jahre lang stritten und kämpften sie und der Eine zerstöre die Werke des Andern, zuletzt aber unterliege Areimanios, die Menschen wür- den glückselig und unsterblich, und der Gott der dies vollbracht, ruhe eine Zeit lang. Es handelt sich also sehr deutlich um drei- tausendjährige Perioden. Unsere Fragmente des Avesta enthalten dies System nicht, wohl aber wird die „Zeit“ als „Herrscherin der langen Periode“ angerufen. Der Mainyo-i-Khard, der in der letzten Zeit der Sassaniden geschrieben sein kann, sagt, dass Angromainyu einen Vertrag mit Auramazda geschlossen auf 9000 Winter, und wenn diese 9000 Winter vorüber, werde Angromainyu vernichtet werden und die Geschöpfe wieder so sein, wie Auramazda sie im Beginn geschaffen. Nach Angabe des Bundehesch besteht die Zeit aus 12,000 Jahren. Die ersten 3000 Jahre herrschte Auramazda allein; in den folgenden 3000 Jahren gingen die Dinge nach Auramazda’s Willen, in den dann folgenden 3000 Jahren in Mischung des Willens des Auramazda und Angromainyu; die letzten 3000 Jahre endlich werde Angromainyu ohnmächtig sein. Den Zarathustra lässt der Bunde- hesch mit dem Beginn des dritten Jahrtausends der Kampfperiode der beiden Götter auftreten. Der Sad-der- Bundehesch, ein späteres Buch der Parsen, bestimmt die Periode des Kampfes auf 6000 Jahre und stellt den Zarathustra genau in die Mitte derselben. Hieraus erhellt ausreichend, dass die Priesterschaft Irans nach eyklischen Pe- rioden von je 3000 Jahren rechnete, dass diesem Systeme gemäss den Griechen des vierten und dritten Jahrhunderts v. Chr. gesagt wurde, es seien bereits zwei solcher Perioden nach Zarathustra 920 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse verstrichen oder man befinde sich im Ablauf der zweiten 3000 Jahre nach Zarathustra. Aus der Reihe jener Angaben können wir so- mit höchstens den Schluss ziehen, dass die Perser gedachter Zeit dafür hielten, dass Zarathustra in ferner Vorzeit gelebt habe. Späteren Nachrichten der Abendländer liegen andere Gesichts- punkte zu Grunde. Pompejus Trogus erzählte, dass Ninos zuletzt mit Zoroaster, dem Könige der Baktrer, der die Kunst der Magier erfunden, Krieg geführt habe. Kephalion gab an, dass Zoroaster der Magier gegen die Semiramis gekämpft habe und ihr erlegen sei. Auch Theon von Alexandria sprach vom Kampf der Semi- ramis und des Baktrers Zoroaster;, Arnobius erzählt von demsel- ben Kriege, und ebenso kämpft bei Eusebios Zoroaster der Magier, König der Baktrer, gegen den Ninos. Auch hierin liegt ein be- stimmtes System. Man wusste nunmehr im Abendlande, dass Zoroaster nicht ein Perser, wie man zu Platons Zeit geglaubt, sondern ein Arianer wie Diodor sagt d. h. ein Mann Ostirans und genauer, dass er ein Baktrer gewesen, und man verknüpfte ihn als den hervorragendsten Namen Baktriens, den man kannte, mit dem ältesten Ereigniss der baktrischen Geschichte, von dem man wusste, mit dem Kampf des Ninos und der Semiramis gegen Baktrien. Die Kenntniss von diesen angeblichen Kämpfen des Ninos und der Semiramis gegen Baktrien beruht, wie ich nachgewiesen zu haben glaube, auf dem medopersischen Epos. Dass dieses jedoch den Zoroaster nicht zum Gegner des Ninos und der Semiramis gemacht hat, folgt aus Diodors Bericht, bei welchem der König der Baktrer, Gegner des Ninos, nicht Zoroaster sondern Exaortes oder Oxyartes heisst. Da wir zudem wissen, dass Ninos und Semiramis weder Kriege gegen Baktrien geführt noch überhaupt existirt haben, so fällt auch dieses chronologische System für die Zeit des Zoroaster zu Boden. Wollte man dem Ninos und der Semiramis die Könige Assurs unterstellen, von welchen wir aus ihren Denkmalen und Inschriften wissen, dass sie in den Osten Irans vor- gedrungen sind, den zweiten Salmanassar und den zweiten Tiglath Pilesar, und hiernach den Zoroaster auf das Jahr 850 oder 745 v.Chr. setzen, so entbehrte auch diese Unterstellung jeder Berechtigung. Am besten von den Abendländern sind Ammian und Agathias unterrichtet. Zoroaster der Baktrer, sagt der Erstere, habe die Lehre der Magier begründet; nach ihm habe Hystaspes, der Vater des Dareios, dieselbe erweitert. Bei Agathias heisst es: Zoroaster vom 14. August 1876. 921 oder Zarades, der Sohn des Oromasdes, der den Persern Lehre und Gesetz gegeben, habe, wie die Perser jetziger Zeit sagten, zur Zeit des Hystaspes gelebt; sie sagten dies aber so, dass man nicht wisse, ob dieser Hystaspes des Dareios Vater oder ein an- derer Hystaspes gewesen sei. Dem Ammian und Agathias ist mithin die Verbindung, in die das Avesta den Zarathustra mit dem Vist- acpa setzte, bekannt. Ammian substituirt diesem den ihm be- kannten Vater des Dareios, Agathias lässt offen, ob dieser oder ein andrer Hystaspes gemeint sei. Somit finden wir uns einfach wieder auf das Avesta zurück- gewiesen, d. h. auf den Versuch, vielleicht aus ihm selbst die Zeit seiner Abfassung ermitteln zu können, um dann aus dieser auf die Zeit zurückzuschliessen, in welcher Glaube und Lehre, die es enthält, den Ursprung genommen hätten. Die Schrift des Avesta wäre eine erwünschte Hülfe für die Bestimmung der Zeit der Ab- fassung. Allein die Handschriften der erhaltenen Bruchstücke datiren erst aus dem 14. Jahrhundert unserer Zeitrechnung; sie sind in einer der Ostpehlvi-Schrift der späteren Sassanidenzeit nahe verwandten Schriftart geschrieben, die der der Münzlegenden der Sassaniden auf der Scheide des sechsten und siebenten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung zur Seite steht. Wir wissen zudem, dass der Osten Irans früherhin eine andere Schrift gebraucht hat, die sogenannte arianische Schrift. Aber wir kennen diese erst aus der Inschrift des Acoka von Magadha zu Kapardi-Giri und aus den Münzlegenden der griechisch-baktrischen Könige, d. h. erst seit der Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. Wir können nur annehmen, dass diese Schrift -in Baktrien, dem Mittelpunkte der .ostiranischen Kultur, entstanden sein wird, aber für die Zeit ihrer Entstehung fehlt jeder Anhalt. Nur dass sie über die Herrschaft der Achaemeniden hinaufreicht, wird daraus zu schliessen sein, dass die arianische Schrift hier Bestand behalten hat als Baktrien den Achaemeniden gehorchte. Besass der Osten Irans nicht bereits vor dieser Zeit d.h. vor dem Jahre 550 v. Chr. eine in festem Gebrauch stehende Schriftart, so wäre mit der persischen Herrschaft die persische Schriftart wohl auch im Osten üblich geworden. Ebensowenig fördert die Betrachtung der Sprache des Avesta. Wie Lepsius und R. Roth nachgewiesen, hatten die alten Laute des Baktrischen als die Handschriften des Avesta, deren treue Copien wir besitzen, geschrieben wurden, bereits erhebliche Um- 522 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse wandlungen erfahren und jene Schriftart genügte auch dem Aus- druck der vorhandenen nicht. Wenn das Altbaktrische im Avesta somit nicht mehr durchweg feste Formen zeigt, so erlaubt dies keinen Schluss auf eine späte Abfassungszeit. Für die Bestimmung der Epoche derselben bleiben wir jedoch hiermit wiederum völlig im Dunkel. Lediglich auf den Inhalt hingewiesen, tritt uns auch hier zu- nächst hindernd in den Weg, dass wir nur Fragmente besitzen, Fragmente, die höchstens den fünften wenn nicht einen noch gerin- geren Theil des Gesammtumfangs bewahrt haben. Die Anzeichen für den Standpunkt des politischen und wirthschaftlichen Lebens, welche diese Fragmente ergeben, sind äusserst spärlich und wider- sprechend. Wohl ist von dem Glanze der Majestät der Könige, aber doch nur der Könige der Vorzeit die Rede, daneben tragen indessen die Anrufungen an Mithra, Vayu, Verethraghna noch sehr deutliche Spuren kriegerischen Geistes. Drei Stände des Volks, Priester, Krieger und Ackerbauer werden genannt und ausser die- sen Sklaven erwähnt. Die stete Voranstellung der Priester be- weist, dass diese den Vorrang einnahmen oder beanspruchten, die Nennung der Krieger, deren Standesbezeichnung auf den Streit- wagen zurückgeht (Kuhn, Zeitschrift f. vgl. Spr. 5, 235), dafs über die Bauern hervorragende Geschlechter vorhanden waren, was die Hergänge bei der Eroberung Baktriens und Sogdiana’s durch Alexander bestätigen. Die Bufssätze werden in Thieren gegeben, was auf ältere Zeiten deuten würde, aber zugleich wird bemerkt, dass sie in andern Gütern abgetragen werden könnten. Auch des Geldes geschieht Erwähnung. Paläste mit Säulen, Fenstern und Zinnen, Kunstarbeiten, Schmelz- und Glasöfen werden erwähnt, wie mehrere Classen von Ärzten. Folgt hieraus, dass das Avesta verfasst sein muss als sich Ost-Iran bereits auf einer vorgerück- teren Oulturstufe befand, so fehlt doch jeder weitere Anhalt, die Epoche dieser Cultur näher zu bestimmen. Fassen wir den religiösen Gehalt in’s Auge, so sind die Rein- heitsvorschriften, die Regeln der Aufhebung der Verunreinigungen zum Theil in sehr casuistischer Weise, die die analogen Vorschriften in dem nach Manu genannten Gesetzbuch überbietet, gegeben und zwar in der Form von Fragen und Antworten, die Zarathustra stellt, die der höchste Gott selbst ertheil. Man sieht deutlich, dass es in Priesterkreisen ventilirte Fragen waren, deren Lösung 9 5) IS) 2 vom 14. August 1876. B) dem höchsten Gotte in den Mund gelegt wird. Einen Niederschlag unmittelbarer religiöser Empfindung haben wir somit im Vendidad nicht vor uns (A. Weber Ind. Ltgsch. S. 6), und es musste doch nach dem Hervortreten der Grundlehren des Avesta schon geraume Zeit vergangen sein, wenn nicht mehr Anstoss daran genommen wurde, dass der höchste Gott selbst die Zahl der Streiche diktirt, die bei einer ansehnlichen Anzahl von Vergehungen die Sühnung erfordert. Dazu kommt, dass die Gebete des Avesta einen formalisti- schen Charakter tragen, der sich in häufigen Wiederholungen und Steigerungen, in starkem Gebrauch der Superlative zeigt, dass ge- wisse Schemata „die bekörperte und die unbekörperte Welt“, „das gute Sprechen, Denken und Handeln“ u. a. stetig hindurch gehen, dass der Mythus sichtbar verblasst und das Thieropfer zurückge- treten ist, dass der Himmel mit einer nicht unansehnlichen Zahl von Personifikationen abstrakter Begriffe, wie der „besten Wahr- heit*, der „gesetzlichen Ordnung“ und anderer erfüllt ist. End- lich zeigen grade die Stücke, welche allein das Versmafs bewahrt haben, die fünf Gäthä, eine entschieden spekulative Tendenz. Sie identifieiren den guten Gott und die guten Geister nicht nur mit dem natürlichen Heil, dem Leben und dem Gedeihen, sondern auch mit der Wahrheit und dem moralisch Guten, den bösen Gott mit dem natürlichen Verderben, zugleich aber auch mit der Lüge, mit dem moralisch Bösen. Das religiöse Leben beginnt weder mit Spekulation noch mit Casuistik und Formalismus. Man darf hiernach dreist behaupten, dass die Gestalt in der die Lehre Zarathustra’s in unsern Frag- menten des Avesta vorliegt, erst lange Zeit nach dem ersten Auf- treten derselben fixirt worden sein kann. Andererseits darf jedoch nicht ausser Acht bleiben, dass auch der Bruderzweig der Arier Östirans jenseits des Indus frühzeitig zur Meditation und Abstrak- tion kam, dass die Lichtgeister bereits im Rigveda Söhne der Aditi, das heisst der Unbegrenzten, der Ewigkeit hiessen. Und weiter, dass sich den eben hervorgehobenen Elementen zur Seite im Avesta die unzweideutigsten Spuren alter, ja primitiver Anschauun- gen finden. Die alten Götter der Arier, der gemeinsame Besitz der beiden Zweige im Westen und Osten des Indus, sind im Avesta keineswegs beseitigt, Auramazda hat den Tistrya, den Mithra er- schaffen, aber er hat diesen geschaffen „eben so gross, so preis- würdig, so anbetungswürdig wie er (Auramazda) selbst sei“ und an NS DD Sitzung der philosophisch-historischen Klasse der Anahita hat er „die Wasser anbefohlen.* Ja dieser Aura- mazda opfert den Göttern der alten Zeit, damit Zarathustra ihm folge und ihm gehorche. Die alten Götter, insbesondere Mithra, Haoma, der Gott des Lebens, Vayu, Anahita, behaupten im Avesta einen breiten Platz neben Auramazda; der direkte Kampf gegen die bösen Geister verbleibt ihnen. Und hart neben der Spe- kulation der Gäthä, in diesen selbst steht die alte Lehre vom Geisterzwang der rechten Sprüche. Auch die Gäthä verlangen, wie die Hymnen des Veda von den guten Geistern, von Auramazda den Lohn des Dienstes, zehn Stuten und wenigstens ein Kameel. Ein einheitlich gefasstes Religionssystem ist im Avesta nicht erreicht. Einige Züge des altarischen Glaubens, wie er vor der Trennung der beiden Zweige der Arier bestand, hat das Avesta sogar treuer bewahrt als der Veda: Gestalt und Bedeutung des Mithra, die Sage von dem ersten glücklichen Zeitalter Yima’s, die Vorstellung der Herabkunft der Pflanzen von dem Himmelsbaum und Anderes. So liegen Altes und Neues, die Anschauungen der alten Zeit und die Ergebnisse der neuen Lehre im Avesta nebeneinander. Der Kern der Reform, die den Namen Zarathustra’s trägt, besteht in der Erhebung des alten Geisterkampfes zu einem durch- greifenden System, in der Zusammenfassung der guten und der bösen Geister unter je ein Oberhaupt, unter je einen neuen Gott, die Zwillingsbrüder heissen. Der erste Mensch, welcher dem Aura- mazda opferte, so sagt das Avesta, war Zarathustra. Die beiden neuen Götter geben ihren jüngeren Ursprung durch vollständige Entbehrung jedes Mythus, durch ihre abstrakten Namen, die die allgemeine Wirksamkeit, die intellektuellen und ethischen Eigenschaften ihrer Träger ausdrücken, durch den Na- men des „weisen Herren“ oder des „heiligen Geistes“ und des „bösen Geistes* auf das Unzweideutigste zu erkennen. Da die Geisterschaaren von vorn herein aktiv gedacht waren, erhält Au- ramazda folgerecht die ursprüngliche schöpferische Aktion; er wird zum Schöpfer der Götter und der guten Welt erhoben; Angro- mainyu schafft dann das Üble hinzu. Die Reform ist kein Umsturz des altarischen Glaubens, dessen Mittelpunkt im Westen und Osten des Indus die Vorstellung der Ge- genwirkung der guten und der schlimmen Geister war, sondern eine Entwickelung desselben. Die Natur Irans, sein zwischen Frucht- land und Wüste, zwischen Hitze und Kälte, Schneefeldern und glü- vom 14. August 1976. 525 henden Sandstrecken getheiltes Gebiet steigerte hier die alten Vor- stellungen von diesem Kampfe, während dieselben bei den Ariern am Ganges im Gedeihen und in der Fruchtfülle dieser Natur er- blassen mussten. Hier wie dort wirkte der in allen Religionen zur Geltung kommende Trieb, die Einheit des göttlichen Wesens zu ergreifen. Er führte am Ganges zur Erhöhung des Brahman, zur Herabdrückung Indra’s und der alten Götter unter den neuen Gott; er führte in Ostiran, und hier zunächst in dem Lande, in dem die Gegensätze von Fruchtland und Wüste die gespanntesten waren, in Baktrien, zur Erhebung des Auramazda über die alten Götter; und wie die Erhöhung des Brahman eine neue Ethik in ihrem Gefolge hat, so führt auch die Erhöhung Auramazda’s in Iran zu einer neuen Moral. Von denselben Grundlagen der reli- giösen Anschauung aus erfolgt hier wie dort eine analoge Ent- wickelung. Erscheint der Schluss zu kühn, dass die von denselben Grund- lagen aus sich vollziehende analoge Entwickelung auch etwa um dieselbe Zeit erfolgt sein werde, dass mithin, wenn das Hervor- treten des Brahmabegriffs am Ganges um das Jahr 1000 v. Oh. zu Setzen ist, auch der neue Glaube an Auramazda in Baktrien um dieselbe Zeit geboren sein werde, so besitzen wir, wie ich vorhin erwiesen, schlechthin keinerlei Anlehnung: wir müssen uns dann mit dem Ergebniss begnügen, dass der Glaube an Aura- mazda bestand, bevor die Inschrift von Bagistan eingegraben wurde. Meine weiter hinaufreichende Annahme erhält durch andere Indicien, wie ich meine, nicht ganz gebrechliche Stützen. Mit denen, welche die Geltung der Lehre Zarathustra’s bei den Medern und Persern und deren Vertretung durch die Magier in Zweifel ziehn, streite ich nicht. Man braucht auf des Nikolaos von Damaskus Angabe, dass die Perser des Kyros die Sprüche Zoroasters kann- ten, kein Gewicht zu legen. Aber beim Platon wird der Thron- folger Persiens in der Magie Zoroasters, des Sohnes des Oroma- zes, unterrichtet. Herodots Angaben über die Religion der Perser stimmen, sogar bezüglich der Aussetzung der Leichen, mit den Vor- schriften des Avesta, er kennt die langen Anrufungen ihrer Prie- ster, er drückt dies dadurch aus, dass er sie beim Opfer die Theo- gonie singen lässt; er kennt selbst die Lehre des Avesta von der Auferstehung, die späteren Griechen auch den Dienst der Fravashi. Der Thron des Perserkönigs, von den sechs Stammfürsten umgeben, 526 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse ist das Abbild des Thrones Auramazda’s, den die sechs Amesha- cpenta umgeben. Wären trotzdem noch Zweifel möglich, die In- schriften des Dareios und seiner Nachfolger würden sie beseitigen. Wir finden die Magier in der Inschrift des Dareios zu Bagistan genannt, und vor ihm in Funktion beim Kyros und Astyages. Pli- nius sagt, dass nach dem Zoroaster in alter Zeit die Meder Apus- corus und Zaratus die Magie gelehrt hätten. Herodot nennt die Magier einen „Stamm“ der Meder, er stellt ihn in eine Reihe mit den übrigen Stämmen derselben, den Busen, Paraetakenern, Stru- chaten, Arizanten und Budeern. Er führt diese sechs Stämme im Gegensatz zu der Einheit des Medervolks auf, die Dejokes gegrün- det. Hiernach bestanden die Magier um das Jahr 700 als ein Stamm der Meder. Denn Herodots Dejokes gehört der Zeit um das Jahr 700 v. Chr., wie man auch sonst die Zeiten der Meder bei ihm berechnen mag. Und König Sargons von Assur Inschriften berichten, dass er im Jahre 713 v. Chr. gegen Beth Dayauku aus- gezogen, nachdem er schon 715 den Dayauku gefangen hatte., Die Magier konnten aber doch nur dann ein „Stamm“, ein „Geschlecht“ genannt werden, wenn sie ihre Kunde des Opferdienstes und der göttlichen Dinge auf ihre Nachkommen vererbten, wenn sie einen erblichen Stand bildeten. Diese Priesterfamilien mussten also aus den Geschlechtsverbänden und Stämmen ausgetreten sein, denen sie durch ihre Abkunft angehört hatten, sie mussten sich zu einem besonderen Stamm zusammengeschlossen haben und dieser musste ziemlich zahlreich geworden sein, wenn man ihn den übrigen Stäm- men des Medervolks gleich stellen konnte. Ein erblicher Priester- stand kann sich immer erst dann bilden, wenn der Cultus zu einer‘ gewissen Breite, zu bestimmten Anrufungen und Begehungen, zu einem complieirten Ritual gelangt ist, dessen Anwendung beson- dere, nicht jedem erreichbare Kunde verlangt. Und es bedarf auch dann noch immer einer längeren Frist, bis die Familien in denen sich diese Kunde vererbt, ihre natürlichen Geschlechtsverbände verlassen und zu einem besonderen Stand zusammenwachsen. Gab es aber bei den Medern um das Jahr 700 — oder immerhin erst ein halbes Jahrhundert später — einen geschlossenen Stand, der sich auf Grund der Lehre Zarathustra’s gebildet hatte (von einer Religionsveränderung in der Zeit von Dejokes bis auf Kyros weiss Herodot nichts) so muss diese Lehre doch spätestens um das Jahr 750 v. Chr. zu ihnen gekommen sein. Um in der vom 14. August 1876. 527 Mitte des achten Jahrhunderts zu den Medern zu kommen, musste der Glaube an Auramazda in Baktrien bestehen und nicht nur bestehen sondern hier bereits herrschend geworden sein. Hieraus ergiebt sich, dass der neue Glaube in Baktrien nicht später als um das Jahr 800 v. Ch. herrschend geworden sein kann. Sein erstes Auftreten werden wir, im Hinblick auf den Prozess der Zurück- drängung des alten Glaubens, der alten Götter wohl zwei Jahr- hunderte früher ansetzen dürfen, was dann meiner obigen Annahme zu Hülfe kommt. Demnach war der Glaube an Auramazda in Baktrien vorhan- den als Salmanassar’s II Heere um die Mitte des neunten Jahr- hunderts v. Chr. den Osten Irans betraten, als er die Tribute Ost- Irans, die Thiere Baktriens, das zweihöckrige Kameel und den Jackochsen auf seinen schwarzen Obelisken eingraben liess, als hundert Jahr später Tiglath Pilesar II Nishaa und Arakuttu, d.h. Arachosien betrat. Und wenn die alten Götter im Avesta noch einen so breiten Platz einnehmen, wie oben bemerkt ist, wenn der Vendidad nur die östlichen Gebiete Irans erwähnt, wenn Ragha der äusserste Punkt nach Westen hin ist, den er nennt, wenn weder Meder noch Perser, weder Egbatana noch Persepolis erwähnt wer- den, so wird doch auch hiernach angenommen werden können, dass. das Avesta, wenn nicht vor der Vormacht der Meder, wenigstens vor der Perserherrschaft, vor der Zeit des Kyros Abschluss gefunden haben wird. Der Zeitraum vom Jahr 800, als der Epoche des Durchdringens des neuen Glaubens in Baktrien, bis zum Jahr 600 v. Chr., d.h. die Zeit von zwei Jahrhunderten würde für den Niederschlag und die Zusammenstellung sehr umfang- reicher heiliger Schriften gewiss nicht zu gross angenommen sein. 528 Gesammtsitzung 17. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Ewald las über die Struktur geschichteter Gesteine. Hr. W. Peters las über die von 8. M. S. Gazelle mit- gebrachten Amphibien. Die Zahl der Amphibien, welche durch S. M. S. Gazelle heimgebracht wurde, ist, eben so wie die der Säugethiere, zwar keine besonders grosse, aber wegen der Fundorte, namentlich in den australischen Gegenden, vofi nicht geringem Interesse. Ich erlaube mir daher, nach den der Akademie von der Kaiserlichen Admiralität übergebenen Sammlungen eine Übersicht derselben vor- zulegen. PHOLIDOTA. LoRICATA. 1. Crocodilus porosus Schneider. — Maclure Bai, Neu- Guinea. TESTUDINATA. 2. Chelonia mydas (Linne). Junge Exemplare von Kupang (Timor), geschenkt von Dr. De Jong, und von den Dana-Inseln, sowie ein grosses Exem- plar von der Insel Ascension. SAURI. 6) 3. Gecko lugubris Dum. Bibron. — Ein Exemplar von Neu-Hannover, etwas dunkler und anders gefleckt als die typi- schen Exemplare, aber in der Pholidosis ganz mit ihnen überein- stimmend. 4. Hemidactylus frenatus Schlegel. — Amboina und Bai von Segar, Maclure Golf, Neu Guinea. 5. Gehyra oceanica (Lesson). — Von Bougainville (Salo- monsinseln) und Vawaw (Tongagruppe). en vom 17. August 1876. 529 6. Gymmodactylus (Cyrtodactylus) marmoratus (Kuhl). — Segar Bai, Maclure Golf, Neu Guinea. 7. Draco timoriensis (Peron) Kuhl. — Kupang (Timor), geschenkt von Dr. De Jong. 83. Amphibolurus imbricatus n.sp. 4. squamis homogeneis, carinatis, imbricatis, sensim increscen- tibus; poris praeanalibus femoralibusque minutis; crista nuchali hu- mili; naribus oculis approximatis, superis. Supra brunneus, nigro alboque punctatus; subtus flavescens, mento juguloque reticulatis; cauda annulata, linea mediana alba. Long. ad caudae bas. 0,046; long. cap. 0,014; lat. cap. 0,011; caud. 0,102; extr. ant. 0,023; extr. post. 0,044; plantae 0,019. Habitatio: Nova Hollandia borealis, Meermaidstreet. Kopf convex, mit abgerundeter Schnauze, welche um so viel als das Nasenloch absteht, länger als das Auge ist; die Nasen- löcher sind 3 Mal so weit von der Schnauzenspitze als vom Auge in dem Canthus rostralis gelegen und mehr nach oben als nach der Seite gerichtet; das grosse Trommelfell ist nicht von dornför- migen Schuppen umgeben. Die Schuppen der Schnauze sind viel grösser als die Körperschuppen, deutlich gekielt und dachziegel- förmig, die des Hinterhaupts mehr polygonal und um das deut- liche Oceipitale gelagert. Eine schräge Reihe grösserer Schuppen auf der Schläfengegend von der unteren Augengegend nach der oberen Gegend des Trommelfells. Jederseits 19 Supralabialschil- der. Oben jederseits 13, unten 12 zusammengedrückte dreieckige Zähne, von denen die hintersten des Unterkiefers die grössten sind. Vor der Kehle eine schwache (@Querfalte, jederseits mit einer tiefe- ren Antehumeralfalte zusammenhängend. Körperschuppen gekielt, dachziegelförmig, auf dem Nacken und den Seiten sehr klein, all- mählig nach der Rückenmitte und nach dem Kreuz hin, ähnlich wie bei Acanthodactylus boskianus, immer grösser werdend und hier un- gefähr so gross wie auf der Aussenseite der Gliedmafsen und auf dem Schwanze.. Auf dem Nacken ein niedriger Schuppenkamm. Auch die Schuppen der Kehle, Brust und des Bauches sind ge- kielt. Die vordere Extremität reicht bis zur Inguinalgrube und nach vorn gelegt mit dem kürzesten ersten Finger bis zur Schnau- zenspitze. Die hintere Extremität ragt noch mit der 4. Zehe über 530 Gesammtsitzung die Schnauze hinaus. Von der ersten bis 4. Zehe nimmt die Länge derselben schnell zu, während die 5. nur wenig die erste überragt. Auf jeder Seite vier Präanal- und 7 Femoralporen, welche nur mit der Loupe erkennbar sind. Der Schwanz ist anfangs abgeplattet, nachher mehr eylindrisch. Oben gelbbraun, mit schwarzen Flecken und Punkten, welche an den Hals- und Körperseiten zwei bis drei Länglinien bilden und mit weissen Fleckchen, welche zu weissen Querlinien zusam- mentreten. Unterseite gelblich, mit blauschwarzem Netzwerk am Unterkinn und an der Kehle. Grund der Antehumeralfalte schwarz- braun. Grliedmalsen unregelmässig schwarz und weiss gefleckt und quergestreift. Schwanz abwechselnd breit braun und schmal weiss gebändert, mit einer mittleren weissen Längslinie und jederseits auf den braunen (@uerbändern schwarze Flecken oder eine solche Längslinie. Zwei Exemplare dieser eigenthümlichen Art, welche sich zu- nächst an den A. maculatus Gray (= 4A. Gaimardi Dum. Bibr. — ?Gr. caudicincta Gthr.) anschliessen, von Grasland in der Ge- gend der Meermaidstreet. Ich würde diese Art, ungeachtet der Verschiedenheit der Fär- bung, nicht für verschieden von A. maculatus halten, wenn Du- meril-Bibron (Erp. IV. p. 471) nicht ausdrücklich bemerkt hät- ten, dass bei diesem letzteren „Les narines touchent presque aux bords orbitaires anterieurs“, dagegen nichts von der allmähli- gen Vergrösserung der Rückenschuppen erwähnen. 9. Bronchocele moluccana (Lesson). — Amboina. 10. Brachylophus fasciatus (Brongniart). — Ein Exemplar von Viti Levu und ein anderes von den Tonga- Inseln. 11. Monitor salvator (Laurenti). — Kupang (Timor), ge- schenkt von Dr. De Jong. 12. Monitor indicus (Daudin). 1801. Tupinambis indicus Daudin, Hist. nat. Rept. III. p. 46. Taf. 30. 1830. Monitor douarrha Lesson, Duperrey, Voy. Coquille, Zoolog. IL. I. p.53. 1831. ? Monitor chlorostigma Gray, Griffith Anim. Kingdom. IX. App. p. 26. 1836. Varanus chlorostigma Dum. Bibr., Erp. gen. IV. p. 489. Zwei Exemplare aus Neu Hannover, von denen das eine ee rn ie u vom 17. August 1876. Sal durch grössere gelbe Flecke ausgezeichnet ist, und eins aus Neu- Irland. Daudin’s Tupinambis indicus kann nicht mit Monitor dracaenaL. vom Festlande Ostindiens identisch sein, wie Dume&ril-Bibron angenommen haben, sondern gehört zu ihrem M. chlorostigma, wie dieses aus Daudin’s Beschreibung und Abbildung, namentlieh auch aus der Form und Stellung der Nasenlöcher hervorgeht. Ausser- dem gibt Daudin ausdrücklich an, dass sein T. indieus mit Emys amboinensis von Riche aus Amboina gebracht sei und wir haben durch Hrn. Prof. Dr. von Martens ein Exemplar dieser Art aus Amboina, welches keine wesentlichen Unterschiede von denen aus Neu Hannover und Neu Irland zeigt. 13. Monitor Gouldi Gray. — Ein Exemplar aus der Maclure Bai, Neu Guinea. 14. Monitor timoriensis (Gray). — Kupang (Timor), 15. Euprepes (Tiligua) carinatus (Schneid.). — Amboina. 16. Euprepes (Mabuia) cyanurus (Lesson), — Neu Han- nover; Salawatty; Amboina. 17. Euprepes (Mabuia) Baudinii Dum. Bibr. — Aus der Segar Bai ein altes und ein ganz junges typisch gefärbtes Exemplar mit 35 Querschuppen unter der vierten Hinterzehe. Aus Amboina ein oben und an den Seiten einfarbig braunes Exemplar, welches nur sehr sparsame weisse Pünktchen an den Körperseiten zeigt und 48 Querschuppen unter der vierten Hinterzehe hat. In un- serer Sammlung befinden sich aber andere Exemplare mit 40 und ‚45 Schuppen, wodurch die Extreme mit einander verbunden werden. 18. Euprepes (Mabuia) atrocostatus (Lesson). — Neu Han- nover. 19. Lygosoma (Hinulia) naevia Gray. — Ein Exemplar von Salawatty und eins aus der Bai von Segar. 20. Lygosoma (Keneuwia) smaragdinum (Lesson). — Neu Hannover. 21. Lygosoma (Mocoa) noctua (Lesson). — Neu Hannover. 22. Heteropus Schlegelii Ptrs. — Amboina. [1876] 39 532 Gesammtsitzung Coloscincus nov. gen. Pedes omnes monodactyli; religua Anomalopus. Diese Gattung schliesst sich eng an die anderen australischen Gattungen Rhodona, Anomalopus, Ophioscincus u. a. an und zeich- net sich nur durch die vier sehr kurzen ungetheilten krallenlosen Extremitäten aus. Man könnte sie alle auch als eine einzige Gat- tung betrachten, besonders da zu erwarten steht, dass noch mehr Zwischenstufen in der Entwickelung der Extremitäten gefunden werden. 23. Catrumcatus nsp. (Tat..Eie.’1.) C. squamis corporis per series 20 longitudinales dispositis; supra cinereo-fuscus, nigro punctatolineatus, lateribus nigricans, subtus albidus, mento caudaeque apice nigro adspersis. Long. tota 0,078; ad caud. bas. 0,042; cap. 0,0045; caudae 0,036; lat. corp. 0,003; dist. ped. 0,030. Habitatio: Australia orientalis, Insula Pealei (Moreton Bai). Vom Ansehen ganz wie Ophioscincus australis (Monatsb. 1373. p. 746). Oben graubraun, mit vier Längslinien dunkler Punkte, die Körperseiten, das Unterkinn und das Schwanzende dicht mit schwarz besprengt, welches an jeder Schwanzseite eine schärfer be- grenzte Längsbinde bildet. Rostrale viel breiter als lang, mit drei Fortsätzen, welche die vordere Hälfte der grossen Nasalia zwischen sich nehmen, nahe deren vorderem Rande das Nasloch ausmündet. Internasale viel breiter als lang; Frontale kaum länger als breit, die Präfrontalia weit auseinander drängend; Fronteparietalia länger als breit; In- terparietale gross, rhomboidal, hinten mit längerem spitzen Winkel; vier Supraorbitalia, von denen das erste klein; ein längliches Fre- nale; 4 Supralabialia, 5 Infralabialia; Ohröffnung versteckt. Körperschuppen glänzend glatt, in 20 Längsreihen (bei Ophio- scincus australis in 23); mittlere Präanalschuppen etwas grösser. Hintere Extremität 1 Millim., vordere nur halb so lang. Schwanz conisch, auf der unteren Seite mit einer Reihe sehr breiter Schup- pen. Ein einziges Exemplar von Peale Island in Moreton Bai. vom 17. August 1876. 935 SERPENTES. 24. Morelia argus (Linne) var. variegata Gray. — Peale Island, Moreton Baı. 25. Liasis amethystinus (Schneider). (Taf. Fig. 3.) Das Exemplar unterscheidet sich von dem typischen Exemplar aus der Bloch’schen Sammlung durch einige Verschiedenheit in der Bildung der Kopfpholidosis, namentlich auch durch die gerin- gere Zahl der Postorbitalia. Es dürfte aber doch nur als eine Varietät zu betrachten sein; zum Vergleich gebe ich eine Abbildnng des Kopfes von beiden. Kupang (Timor); geschenkt von Dr. De Jong. 26. Aspidiotus melanocephalus Krefft. — Ein Exemplar aus der Gegend der Meermaidstreet, N. W. Australien !). 27. Brachyorrhos albus Boie. — Ein Exemplar aus Amboina. 23. Elaphis nyctenurus (Schlegel) Jan. — Kupang (Timor); geschenkt von Dr. De Jong. 29. Psammodynastes pulverulentus (Schlegel). — Kupang (Timor); Dr. De Jong. 30. Dendrophis pietus Boie. — Kupang (Timor); Dr. De Jong. 31. Fordonia leucobalia (Schlegel). — In einem Mangrove- sumpf bei Atapupu, Timor. 32. Cerberus rhynchops (Schneider). — In einem Mangrove- sumpf in Tariti, Timor. 33. Pseudolycodon lividus. 1854. Lycodon lividum (S. Müller) Dum.Bibr., Erp. gen. VII. p. 381. 1870. Lycodon lividus Jan, Iconogr. Ophid. t. 36. livr. IV. 4. !) Hr. Dr. Hüsker, welcher von dieser Schlange gebissen wurde, theilt mir mit, dass er sich sehr unwohl gefühlt habe in Folge dieses Ereignisses. Es kann dieses vielleicht durch die Verwundung und die damit verbundene Aufregung verursacht sein; aber giftig ist diese Schlange eben so wenig, wie irgend eine andere der Riesenschlangen. 39" 534 Gesammisitzung Das einzige vorliegende Exemplar von Neu Hannover hat jederseits 3 Supralabialia, von denen das 4. und 5., anstatt das 3. und 4. ans Auge stossen, stimmt aber sonst ganz mit der Beschrei- bung und Abbildung von L. lividus überein. Ventralia 191, Anale ungetheilt, Subcaudalschuppen 87 Paar. Schuppen in 17 Reihen. Das Gebiss dieser und ihr verwandter Arten aus Neu- Guinea weicht von dem der eigentlichen Lycodon (aulicus) und Boo- don dadurch ab, dass die ersten Oberkieferzähne die kleinsten sind und hinten ein längerer ungefurchter Zahn steht. In der Körper- form, Pholidosis und der senkrechten Pupille stimmen sie aber äusserlich ganz mit den Zycodontes überein. Es scheint mir diese Gebissform aber zu wichtig, um sie mit Lycodon zusammen zu lassen und trenne ich sie daher von denselben als Pseudolycodon. Totallänge 0,665; Kopf 0,020; Schwanz 0,117. 34. Platurus laticaudatus (Linne). Diese Seeschlange variirt durch das Auftreten kleiner Schild- chen über dem Rostrale. Hr. Dr. Günther (Proe. Zool. Soc. Lond. 1874. p. 297) hat eine dieser Varietäten als eine besondere Art, Pl. schistorhynchus, aufgestellt. Die von der Gazelle mitgebrachten Exemplare enthalten noch zwei andere Variationen dieser Art, eine von Matuka (Fidji-Inseln) mit einem und eine von Amboina mit drei mittleren Internasalschildchen, während ein Exemplar von Bougainville (Salomons-Inseln) und ein anderes von Neu Han- nover eine normale Pholidosis zeigt. 35. Platurus FischeridJan. — Tonga Inseln. 36. Trimeresurus erythrurus (Shaw). — Kupang (Timor); von Dr. De Jong. BATRACHIA. ANURA. 37. Rana tigrina Daudin. — Ein Exemplar von Baong (Ti- mor), gesammelt von Hrn. Dr. Studer. 38. Pelodryas caerulea (White). — Ein Exemplar von Peale Island, Moreton Bai. unaog Wyoc 9) A yelsuejsuny SISUSTLIOMIT TEA UDPI iS 5 snumsAyfoum SsIset!'z . SNMJESUNAE “ges. doyer po UN nzab OUDe N ZUEHAL TIER SNIWOSOTON I 2 SUSSSL/NHY og zgsreug] I vom 17. August 1876. 555 Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Coloscincus truncatus Ptrs. »„ 2. Kopf von Liasis amethystinus Schneider. Nach dem Originalexem- plar No. 1485 Mus. Berol., welches wahrscheinlich aus Amboina stammt. „ 3. Kopf von Liasis amethystinus, aus Timor. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Vatalogue of sanskrit and pali books of the British Museum. By Dr. E. Haas. London 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Journal des Orientalistes. 2. Serie. N. 10. Aoüt 1876. Paris. 4. Bulletin de la societe geologique de France. 3. Serie. Tome III. Feuilles 42 — 44. Paris 1874 a 1875. 8. A. G. Bartoli, Sopra i movimenti prodotti dalla luce e dal calore e sopra il radiometro di Crookes. Firenze 1876. 8. O. Funke’s Lehrbuch der Physiologie. 6. Neu bearbeitete Aufl. von Dr. A. Gruenhagen. 1. Bd. Leipzig 1876. 8. Von dem Verleger (L. Voss). Societe Neerlandaise pour le progres de l’industrie. — Adresse a Sa Maj. le Roi. Haarlem 1876, 8. R. Fresenius, Analyse der fünf Eisen-Quellen in Bad Neudorf in Böhmen. Wiesbaden 1876. 8. Vom Verf. mit Begleitschreiben. —, Analyse der Mineral-Quelle bei Birresborn in der Eifel. ib. eod. 8. —, Analyse der warmen Quelle zu Assmannshausen. ib. eod. 8. —, Chemische Analyse der Mineral-Quelle bei Biskirchen im Lahnthale. ib. eod. 8. Comite international des poids et mesures. — Proces verbaux des seances de 1875—1876. Paris 1876. 8. Report on sanskrit Mss. 1874 —75. 8. Revue scientifique. N. 7. Aoüt 1876. Paris 1876. 4. Sitzungsberichte der philos.-philol. und histor. Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München. Memorias da Academia. Scienc. mathem. N. Ser. T. V.P.1. Lisboa 1875. 4. Scienc. mor. T.IV. P.1. ib. 1872. 4. Mit Begleitschreiben. 536 Gesammtsitzung vom 17. August 1876. Monumenta. Leges. Index. ib. 1873. fol. Diplomata. Vol.I. Fase.3.4. ib. 1870. 1873. fol. Scriptores. Vol. I. Fasc. 1. 2. 3. Jornal da sciencias math. 1.3.4. ib. 1871. 1873. 8. Historia dos Estabele cimentos scientificos. T. 1—4. ib. 1871—1874. Tratado elementar d’optica. ib. 1874. 8. da Silva, Corpo diplomatico. _ T. 1—4. ib. 1865—70. 4. Quadro elementar. T.1—11. 14—18. 8. Precis de thermometrie. ib. 1871. 8. Motta, La Anemia de cerebro. ib. 1374. 4. Barbosa, Memoria sobre a laqueagao. ib. 1874. 4. A. Todaro, Hortus botanicus Panormitanus. Tomus I. Fasc. II. IV. normi 1876. fol. Vom Verf. Pa- Bulletin de l’Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. Tome XXI. (Feuilles 28—36). N. 5 et dernier. St. Petersbourg 1876. 4. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1873 bis 1876 er- schienen: J. FRIEDLAENDER, Über einige römische Medaillons. 1873. Preis: 1M. Lirscnırz, Beitrag zu der Theorie des Hauptaxen-Problems. 1873. Preis: 1M. 50. Pf. Scnorrt, Zur Uigurenfrage. 1879. Breis: EM. 90,BE, Kuus, Über Entwicklungsstufen der Mythenbildung. 1873. Preis: 1 M. KIRCHHOFF & Currıvs, Über ein altattisches Grabdenkmal. 1873. ıM. Hasen, Messung des Widerstandes, den Planscheiben erfahren, wenn sie in normaler Richtung gegen ihre Ebenen durch die Luft bewegt werden. 1874. Breis: 1uMS90NBF. F. Harus, Über den Begriff der Psychologie. 1874. Breis:7 1, M.e90,BX. A. KIRCHHOoFF, Über die Schrift vom Staate der Athener. 1874. Preis: 2 M. 50 Pf. F. Harms, Zur Reform der Logik. 1874. Breis. 2’M. Havpt, Marei Diaconi vita Porphyrii Episcopi Gazensis. 1874. Preis: IM. G. Hırscnrenv, Kelainai-Apameia-Kibotos. 1875. Preis. 12M. Kummer, Über die Wirkung des Luftwiderstandes auf Körper von verschie- dener Gestalt, insbesondere auch auf die Geschosse. 1875. Preis: 4 M. A. KIRCHHOFF, Gedächtnissrede auf Moriz Haupt. 1875. Preis: 75. Pf. A. KIRCHHOFF, Über die Redaction der Demosthenischen Kranzrede. 1875. Preis: 2M. Scnort, Zur Uigurenfrage. 1875. Breis:2 IEME E. Röpiger, Über zwei Pergamentblätter mit altarabischer Schrift. 1875. Preis: 1 M. R. HERCHER, Über die Homerische Ebene von Troja. 1875. 2. Aufl. Preis: 1M. REICHERT, Zur Anatomie des Schwanzes der Ascidien-Larven. 1875. Preis: 5M. Bruns, Die Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden. 1876. Preis: 4M. Currius, Die Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen. 1876. Preis: 2 M. Dove, Die Witterung des Jahres 1875 und Anfang 1876. Preis: 2 M. 50 Pf. G. Kırcuuorr, Über die Reflexion und Brechung des Lichts an der Grenze krystallinischer Mittel. 1876. Breis:; 1 M. 0: Br. ZELLER, Über teleologische und mechanische Naturerklärung in ihrer Anwen- dung auf das Weltganze. 1876. Preis: 1M. Harus, Über den Begriff der Wahrheit. 1876. Preis: 1M. 50 P£. vouabanchl N £ ocanisiör BA MAYNARDM. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. September & October 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. du Bois-Reymond. Sommerferien. 16. October. Sitzung der physikalisch - mathemati- schen Klasse. Hr. Weierstrafs las: Zur Theorie der eindeutigen analyti- schen Funktionen einer Veränderlichen. 19. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rammelsberg las über die Zusammensetzung der phosphorigsauren Salze. Die Salze der phosphorigen Säure zeichnen sich dadurch vor vielen anderen aus, dass der Wasserstoff der Säure in ihnen nie- mals vollständig durch ein sogenanntes Metall ersetzt ist, oder dass sie, wie man früher sagte, chemisch gebundenes Wasser ent- halten. Während nun die krystallisirte phosphorige Säure H’PO? ist, hatte Berzelius eine Verschiedenheit in der Zusammensetzung [1876] 40 7% BEN \ B | VA. j Y h 538 Gesammtsitzung der Salze gefunden, insofern das Bleisalz HPbPO°, das Barytsalz aber H’Ba’P?O' sein sollte. Zu demselben Resultat gelangte später H. Rose, welcher das Mangansalz gleich dem Bleisalz, das Strontian- und Kalksalz aber gleich dem Barytsalz zusammen- gesetzt fand. Würtz, welcher 1845 seine Versuche bekannt machte, wies nach, dass auch die phosphorigsauren Salze der Alkalien und des Kupfers gegen 1 At. Phosphor nur 1 At. Was- serstoff enthalten, allein seine Behauptung, dass dies für alle Salze gelte, entbehrte der Begründung, da er die Angaben Berzelius’ und H. Rose’s, dass im Barytsalz 1 At. Phosphor gegen 2 At. Wasserstoff enthalten seien, nicht widerlegt hat. Meine im Jahre 1867 veröffentlichten Versuche!) über die Salze der phosphorigen Säure hatten zunächst den Zweck, jene Frage zu entscheiden, und zu sehen, ob sich das Barytsalz und die ihm ähnlichen bei vorsichtigem Trocknen in der Wärme in H’O und 2 HBaPO?’ zersetzen können. Durch Erhitzen bis zu einem Punkt, bei welchem die Salze noch keine Zersetzung erlei- den und durch Bestimmung des Metallgehalts, so wie durch die Menge des Phosphats, welche aus der Oxydation eines solchen Salzes mittelst Salpetersäure hervorgeht, suchte ich die Frage zu entscheiden. Das Resultat war, dass die Verschiedenheit im Wasserstoff- gehalt oder richtiger des Verhältnisses zwischen Phosphor und Wasserstoff bestehen blieb. Die Salze von Magnesium, Zink, Kobalt, Mangan, Blei, Kadmium, Kupfer, Eisen ergaben sich, ent- sprechend denen der Alkalien, als HRPO®. Dagegen musste ich die Salze von Baryum, Strontium, Calcium und Nickel für H'R?’P?O’ erklären. Hierbei hatte ich jedoch bemerkt, dass auch das Magnesium- und das Zinksalz zuweilen der zweiten Formel entsprechen. Die gezwungene Deutung der Beziehungen zwischen der phos- phorigen Säure und ihren zweierlei Salzen, welche hiernach allein möglich war, erschien allerdings nicht geeignet, alle Zweifel zu beseitigen. Die Un- oder Schwerlöslichkeit der Salze gewährt keine Garantie für ihre Reinheit; eine Beimengung von phosphor- 1) Pogg. Ann. Bd. 131, 263. 359. 132, 481. vom 19. October 1876. 1539 saurem Salz lässt sich direkt nicht erkennen, und nur Sorgfalt bei der Darstellung kann vor Verunreinigungen schützen. Im vorigen Jahre erschien eine Mittheilung von Kraut!), über die Bestimmung der phosphorigen Säure und die Zusammensetzung des phosphorigsauren Baryts, nach Versuchen von Prinzhorn und Precht, welche das grosse Verdienst hat, den Grund des bis- herigen Irrthums aufgedeckt zu haben. Es wird hier nämlich dar- auf aufmerksam gemacht, dass ein Gemenge von je einem Mol. phosphorigsauren und phosphorsauren Salzes von der Zusammen- setzung HRPO’ _ TE?pr?p?N ro ro sich nur durch ein Minus von 2 H von der Zusammensetzung un- terscheide, welche bisher für den phosphorigsauren Baryt etc. ge- funden sei. Wenn also behauptet werde, letzterer sei H'Ba’P?’O’, so müsse bewiesen sein, dass das Salz keinen phosphorsauren Baryt enthalte, und es müsse vor allem der Wasserstoff des Salzes bestimmt werden. Die Verfasser haben eine Auflösung von phosphoriger Säure, aus dem Trichlorid bereitet, fraktionirt mit Chlorbaryum (unter Zusatz von Ammoniak) gefällt, und die phosphorige Säure durch Quecksilberchlorid bestimmt. Es fand sich, dass in dem ersten Niederschlage (bei 150° getrocknet) 11,61 p. C. Phosphor als phos- phorige Säure, 2,89 p. ©. aber als Phosphorsäure enthalten waren. Hieraus kann man berechnen, dass in dieser ersten Fällung nur 81,27 p. C. eines phosphorigsauren Baryts HBaP O? steckten, mit- hin fast 20 p. ©. phosphorsaurer Baryt. In dem späteren Niederschlag ergaben sich jene Phosphor- mengen — 13,97 und 0,48 p. C., so dass hier 97,83 HBaPO? und nur 2,17 p. ©. Phosphat (H’BaP?’O°) vorhanden waren. Der Gehalt an Ba (in dem bei 150° getrockneten Salze) war in diesem Fall = 62,27 p. C., und die direkte Bestimmung des Wasserstoffs gab 0,53 p. C., während ein Salz H'Ba?’P?0' 0,88 p. ©. Wasserstoff enthalten muss. Nach diesen Erfahrungen musste man die Überzeugung ge- winnen, dass es nur eine Art normaler phosphorigsaurer Salze 1) Liebig’s Ann. d. Chem. Bd. 177, S. 274. / 40* 940 Gesammtsitzung giebt, in welchen P:H = 1:1 ist, dass die bei den Salzen von Baryt, Neontian, Kalk, Magnesia, Nickeloxyd gefundenen Abwei- chungen von einer Beimischung phosphorsaurer Salze herrühren, dass bei der Fällung des Barytsalzes das Phosphat besonders in dem ersten Niederschlag enthalteh ist, und dass nicht die Metall- menge, sondern nur der Wasserstoffgehalt und die Phosphorbe- stimmung durch Quecksilberchlorid entscheidend sind. Es war meine Pflicht, die von Kraut mitgetheilten That- sachen zu prüfen, und ich lege die Resultate dieser Prüfung im Nachfolgenden dar, gleich im Voraus bekennend, dass sie die Rich- tigkeit jener Mittheilungen vollkommen bestätigen, deren Verdienst es ist, einen von Berzelius, von H. Rose und von mir began- genen Irrthum aufgedeckt zu haben. Etwa 100 Grm. Phosphortrichlorid, über Phosphor destillirt, und von richtigem Siedepunkt, wurden durch Wasser zersetzt, wo- bei freilich eine Erhitzung nicht ganz verhütet wurde. Die geklärte Flüssigkeit, mit Ammoniak nicht ganz neutralisirt, wurde in drei Portionen mit Chlorbaryum gefällt. Zur Untersuchung diente die erste und die dritte Fällung. Erste Fällung. Hier wie bei den späteren Versuchen wurde das Salz im Wasserbade längere Zeit getrocknet. In diesem Zustande verliert es bei 200— 230° noch etwas am Gewicht, ohne eine Zersetzung zu erleiden. In meinen früheren Versuchen hatte dieser Verlust 1,5— 1,9 p. C. betragen; jetzt ergab er sich zu 0,88 — 1,15 — 1,48 9. C. Die Bestimmung der phosphorigen Säure durch Quecksilber- chlorid, welche wir H. Rose verdanken, hatte mir seiner Zeit nie- mals den ganzen Phosphorgehalt geliefert, im besten Fall 13,0 p. C. statt der für die Formel H’Ba’P?O’ berechneten 13,72 p. C., wo- raus ich, die Beimengung von phosphorsaurem Baryt nicht voraus- setzend, den Schluss gezogen hatte, dass die Methode keine genauen vom 19. October 1876. 541 Resultate gebe. Dass sie aber diesen Vorwurf nicht verdient, ist durch die Analyse des Phosphortrichlorids von Kraut erwiesen!). Die folgenden Zahlen beziehen sich auf das bei 200 — 220° getrocknete Salz. a) Baryumbestimmung 15%.61,92 9.6: 22.261,93, 32:01570: =, G) {3} b) Phosphorbestimmung durch Quecksilber- chlorid 4. 13,16 p.C. Da N Pe ec) Wasserstoffbestimmung 6. 2,405 wurden hinter Kupferoxyd und metallischem Kupfer im Luftstrom geglüht; es wurden 0,125 Wasser — 0,0139 —= 0,58 p. C. Wasserstoff er- halten. Sind gleiche At. Ba und P vorhanden, so erfordern Ba RB 107 0614,52 13.92 9.261,83 14,00 361.70 13,96 Mittel 61,68 13296 — 153,16 als phosphorige Säure 0,5 als Phosphorsäure Das Phosphat ist entweder HBaPO* (A) oder H'’BaP’O? (B) Ist nun der phosphorigsaure Baryt 1) Versuche, die phosphorige Säure des Barytsalzes durch salpetersaures Silber zu bestimmen, fielen ungenügend aus. Auf 3 At. Phosphor des Salzes waren 4 At. Silber reducirt worden. 542 Gesommtsitzung HBaPO’, 5 A a ST, ea u 3:0. As a2) 217 100 so enthält das untersuchte Salz, je nachdem man eine Beimengung von A oder von B voraussetzt, und davon absieht, dass sie durch das Trocknen in Pyrophosphate, jenes in Ba’P?O', dieses in H’BaP’O’ verwandelt sein können: Mit A. Mit B. HBaPO’ Wasserstoff 0,42 Baryum 58,16 Phosphor 13,16 Sauerstoff 20,38 92,12 HBaPO° H'BaP? 0° Wasserstoff 0,03 011 Baryum 3,92 3,92 Phosphor 0,80 1,60 Sauerstoff 1,64 3,29 5,99 8,52 in Summa 98,11 100,64 Diese erste Fällung von phosphorigsaurem Baryt konnte mit- hin 6 p. C. oder 8,5 p. ©. phosphorsauren Baryt enthalten. Der . Wasserstoff (gefunden 0,58 p. C.) musste 0,45 oder 0,535 p. C. ausmachen. Wie man sieht, sprechen die Zahlen dafür, dass saurer phos- phorsaurer Baryt (B) zugegen war. vom 19. October 1876. 54 © Dritte Fällung. Das letzte Drittel verlor bei 200— 220° 0,52 —0,66 p. C. In dem getrockneten Salze fanden sich Baryum Phosphor Wasserstoff (durch Hg CP) 1.36 62,33 14,08 0,66 2. 62,47 13,81 0,65 Mittel 62,40 Berechnung mit 62,4 Ba und 14,08 P. Mit A. Mit B. HBarO Wasserstoff 0,45 Baryum 62,22 Phosphor 14,08 Sauerstoff 21,80 98,95 Wasserstoff 0,001 0,005 Baryum 0,18 0,18 Phosphor 0,04 0,08 Sauerstoff 0,08 0,17 0,30 rent in Summa 98,85 98,98 Die berechneten Wasserstoffmengen sind 0,451 oder 0,455 p- C., während 0,66 und 0,65 gefunden waren. Auch aus diesen Versuchen ergiebt sich also, dass die Phos- phorsäure vorzugsweise im Anfang gefällt wird. Der phosphorigsaure Baryt aber ist HBaPO’, und ana- log müssen die übrigen Salze sein, deren alte abweichende Formeln durch beigemengtes Phosphat veranlasst waren. 544 GFesammtsitzung Wird phosphorigsaurer Baryt durch Erhitzen mit Salpetersäure in Pyrophosphat verwandelt, so muss HBa PO’ = 103,2 Ba’P?O’ sein. Gäbe es ein Salz H'Ba’P?’O’, wie bisher angenommen wurde, so würde ein solches nur 99,12 p. ©. Pyrophosphat liefern können. Da nun HBaPO* = 96,14 Ba’P?O’ und H’BaP?O0? — 89,1 BaP?O® sind, so wird ein Gemenge von HBaPO? mit einem dieser Phosphate eine Quantität von Oxydationsprodukten geben, welche unter Umständen 99 p. C. betragen kann. Aus der dritten Fällung habe ich 100,4 p. C. erhalten; aber man wird sich auch erinnern, dass ich früher die Gegenwart des Metaphosphats in dem Produkt nachgewiesen habe, worin mir ein Beweis zu liegen scheint, dass das mitgefällte Phosphat wirklich das Salz H* BaP? 0° ist, Ist nun der phosphorigsaure Baryt HBaPO*, so muss er, bei Luftausschluss geglüht, in Wasserstoff, Pyrophosphat und Phos- phormetall zerfallen, wie ich dies von den Salzen des Bleis, Mangans, Kobalts ete. bewiesen habe. Er kann kein reines Pyro- phosphat liefern, wie bisher verausgesetzt wurde, Der Glührückstand ist weiss, wird aber beim Abkühlen durch die eintretende Luft gelb, dann bräunlich. Bringt man ihn, nach- dem er im verschlossenen Gefäss erkaltete, an die Luft, so zeigt er eine Feuererscheinung und wird dunkler. Der wässerige Aus- zug (eine Entwickelung von Phosphorwasserstoff bemerkte ich nicht) enthält unterphosphorigsauren Baryt, wie sein Verhalten zu Silbersalzen zeigt. Zudem fanden sich in diesem Auszug Baryum und Phosphor in dem Atomverhältniss 1:2. Beim Auflösen des mit Wasser behandelten braunen Rückstandes in verdünnter Chlor- wasserstoffsäure bleibt rother feinzertheilter Phosphor, der frei von Baryum ist, und dessen Menge in einem Versuch 1,44 p. C. des angewandten Salzes betrug. Die Gegenwart eines Phosphorbaryums im Glührückstande ist hiernach wohl unzweifelhaft. vom 19. October 1876. 545 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: " The Journal of the Linnean Society. Zoology. Vol. XII. N. 57—63. Lon- don 1874—1876. 8. — — —, Botany. Vol. XV. N. 81— 84. ib. 1875/76. 8. Linnean Society. — Proceedings of the Session 1874—75. ib. 1875. 8. Additions to the Library of the Linnean Society. ib. eod. 8. Verein für die Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. — Forschungsreise nach Westsibirien 1876. Bremen 1876. 8. Journal des Orientalistes. Serie II. N. 11. 12. 13. Paris 1876. 4. Deutsches Sonntagsblatt. Bd.I. N. 1.2. Mexico 1876. 8. EI Correo germanico. Tomo I. N. 1—13. ib. 1876. fol. Societe entomol. de Belgique. Serie II. N. 29. Compte-rendu de l’ Assemblee mens. du 2e. Sept. 1876. Bruxelles. 8. A. Naccari e M. Bellati, Delle propriet@ termoelettriche del Sodio «a va- rie temperature. Padova 1876. 8. — —, Delle proprieta term. del Potassio etc. (Extr.) Venezia 1876. 8. Vom Verf. F. Rossetti, DUlteriori esperienze fatte col. radiometro di Crookes. ib. eod. 8. Programm des evangelischen Gymnasiums in Schäfsburg zum Schluss des Schuljahrs 1875]76. Hermannstadt 1876. 8. S. M. Dilettius, Joseph Despucheo. Messanae 1876. 8. Vom Ver- fasser. H. G. van de Sande Bakhuyzen, Verslag van den Staat der Sterren- wacht te Leiden. Amsterdam 1874. 8. Sp. de Mediei Dilotti, J dialetti greci ed il neo-ellenismo. Discorso litt. Palermo 1876. 8. Vom Verf. St. Maechiaroli, Z’Ambone della Cattedrale di Diano. Napoli 1874. 8. Vom Verf. Academie R. des sciences etc. de Belgique. — Notices biographiques et biblio- graphiques 1874. Bruxelles 1874. 8. Biographie nationale publ. par 1’ Academie R. de Belgique. Tome V. P.1. Bruxelles 1875. 8. O0. Ortmann, Die Statik der Gewölbe. Halle a. Ss. 8. Mit Begleit- schreiben. Armenica 1. — Das Altarmenische BD. — Anhang altarmenisch - baktrische Etymologien von OÖ. S. Dr. Dervischjan. Wien 1877. 8. Mit Be- gleitschreiben. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Bind I. H. 1.2. Kristiania 1876. 8. Mit Begleitschreiben. 546 Fesammtsitzung Das geographische Wörterbuch des Abu 'Obeid 'Abdallah ben ’Abd el- "Aziz el Bekri nach den Handschriften etc. herausgegeben von F. Wü- stenfeld. 1. Bd. 1 & 2. Hälfte. Göttingen, Paris 1876. 8. Bulletin de la Societe des sciences de Nancy. Serie II. Tome I. 6. Annee 1873. Nancy 1874. 8. 2 Hefte. Annales de la Societe entomologique de Belgique. Tome 19. Fase. 1. Bruxelles 1.80%, 8. Bulletin de la Societe geologique de France. 3. Serie. Tome III. Feuilles 45 —48. Paris 1876. 8. Melanges physiques et chimiques tires du bulletin de U’ Academie Imperial des sciences de St. Petersbourg. 'T. IX. 4% Fevrier 1876. 23. Mars, 4. Avril 18.16.78: R. Grassmann, Die Denklehre. Stettin 1875. 8. —, Die Wissenslehre. ib. eod. 8. —, Die Weisheitslehre. ib. 1876. 8. —, Die Erkenntnisslehre. ib. eod. 8. Polybiblion. — Revue bibl. univ. Partie techn. U. Serie. T. 3. Liv.9. Par- tie . litt... -IL::Ser. „T. 4:,.Livs.2, Paris 1876... 28 Bulletin de la Societe math. de France. Tome IV. Mars — Mai. N.3—5. Paris 1876. 8. F. Plateau, Note sur les phenomenes de la digestion chez la blatte amiri- caine (Periplaneta americana L.). Bruxelles 1876. 8. M. Tullü Ciceronis de natura deorum libri tres. Erklärt von G. F. Schoe- mann. 4. verb. Aufl. Berlin 1876. 8. Mit Begleitschreiben. A.Grabow, Die Musik in der deutschen Sprache. Detmold. (Lemgo 1876.) 4. Mit Begleitschreiben. The Transactions of the Linnean Society of London. II. Series. Botany. Vol. I. P.I.H. III. Zoology. Vol. I. P. 1.2. London 1875/76. 4. The Journal of the Bombay branch of the R. Asiatic Society. N. XXXIU. Vol. XII. 1876. Bombay 1876. 3. OÖ. Böttger, Bemerkungen über einige Reptilien von Griechenland und von der Insel Chios. Sep.-Abdr. 8. Deutsches Akademisches Jahrbuch. 1. Jahrg. Leipzig 1875. 8. Mit Be- gleitschreiben. Proceedings of the Boston Society of natural history. Vol. XVII. P.1—4. Vol. XVIH..P. 1. 27 ‚Boston 1876.....8. tepoot of the forty-feth meeting of the british association for the advancement of science. London 1876. 8. W. F. G. Behn, Leopoldina.. Heft XII. N. 17. 18. Dresden 1876. 4. Schriften der phys. ökonom. Gesellschaft zu Königsberg. XVI. Jahrg. 1875. Abth. 1. 2. Königsberg 1875. 1876. 4, vom 19. October 1876. 547 Repertorium für Meteorologie. Red. von HA. Wild. Bd. V. Heft1. St. Pe- tersburg 1875. 4. Memoires de l’Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. VII. Serie. Tome XXII. N. 1—10. Tome XXIII N.1. St. Petersbourg 1874 — RS EEE Bulletin de l’Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. Tome XXII. N. 1.2. St. Petersbourg 1876. 4. Abhandlungen der math.-phys. Classe der K. Bayerischen Akademie der Wis- senschaften. XII. Bd. 1. & 2. Abth. München 1875/76. 4. R.v. Lilieneron, Über den Inhalt der allg. Bildung in der Zeit der Scho- lastik. Festrede. ib. 1876. 1. E. Trumpp, Nünak, der Stifter der Sikh-Religion. Festrede. ib. cod. 4. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. XXIV. Bd. Lief. 2.3. XXV.Bd. Lief. 1. Berlin 1876. 4. ‘und Atlas zum 924. Bde. (Tafel 1—5.) ib. eod. fol. Zeitschrift des K. Preuss. Statistischen Büreaus. Jahrg. XVI. Heft 1.2. ib. 1876. 4. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Giugno 1876. Roma 1876. 4. C. Jelinek, Jahrbücher der K. K. Uentral- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Neue Folge. XI. Bd. Jahrg. 1874. Wien 1876. 4. Archives du Musce Teyler. Vol. IV. Fasc. 1. Harlem 1876. 8. Mit Be- gleitschreiben. Nederlandsch meteorologisch Jaarboek vor 1871. Utrecht 1875. 4. Mit Begleitschreiben. Annales accedemici. 1871/72. Lugd. Bat. 1875. 4. Mit Begleitschreiben. Annalen der Sternwarte in Leiden. Herausgeg. von H. G. van de Sande Bakhuyzen. 4. Bd. Haag 1875. 4. Mit Begleitschreiben. Memoires de l’ Academie R. des sciences etc. de Belgique. 'Tome XLI. P. 1. 2. Bruxelles 1575/76. 4. Mit Begleitschreiben. Memoires cour. et memoires des savants etrangers publ. par Ü’ Academie R. des sciences de Belgique. Tome XXXIX. P.1. ib. 1876. 4. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1872. Jahrg. XXVIII. Abth. 1. Ber- lin 1876. 8. The American Journal of science and arts. Vol. XII. N. 67—70. New Haven 1876. 8. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXIII. Afdel. 2.3.4. Batavia 1875. 1876. 8. Mit Begleitschreiben. ‚Notulen. Deel XIII. 1875. N. 3.4. Deel XIV. 1876. N.1. ib. 1876. -8. A. B. Cohen Stuart, Aawi Oorkonden. Leiden 1875. 8. Kawi Oorkondon in Facsimile van A. B. Cohen Stuart. ib. 4. P. Gervais, Journal de Zoologie. Tome V. N.4. Paris 1876. 8. 548 Gesammtsitzung Archivos do Museu nacional do Rio de Janeiro. WVol.I. Trim. 1. 1876. Rio de Janeiro 1876. 4. E. Robin, Compendio de Filosofia quimica. Santa Cruz de Tenerife 1865. 8. F. Plateau, Recherches sur les phenomenes de la digestion. Bruxellos 1879.04: V. Pagano, Primi elementi di enciclopedia universale. Vol. unico. Quaderno V. Filologia. Napoli 1876. 8. Vom Verf. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. 9. Heft. März 1576. Yokohama. 5. Das schöne Mädchen von Par. Aus dem Chinesischen übers. von Ü. Arendt. ib; J. Glainer, On a class of identical relations in the theory of elliptie func- tions. Extr. London. 4. Vom Verf. Memorie della Societ& italiana delle scienze fondato da Anton Mario Lorgna. Serie III. Tomo II. Firenze 1869 —76. 4. Mit Begleitschreiben. Documenti di storia italiana. — Cronache dei Secoli XIII e XIV. Volume uuico. ib. 1876. 4. = Collection de chroniques Belges inedites. Publice par Ordre du Gouvernement. Bruxelles 1874/75. 4. 4 Voll. Mit Begleitschreiben. A. Wauters, Table chronologique des chartes et diplömes impr. conc. l’hist. de la Belgique. ib. 1874. 4. Desgl. H. Hoffmann, Zur Speciesfrage. Haarlem 1876. 4. Sep.-Abdr. E. v. Paulus, Archäologische Karte von Württemberg. 4Bll. fol. mit Text. Mit Begleitschreiben. Geologische Karte der Provinz Preussen. Blatt 16. Königsberg i. Pr. 1876. 1 Bl. fol. Mit Begleitschreiben. Revue scientiique de la France et de l'etranger. N. 16. Octobre 1876. Paris. 4. vom 26. October 1876. 549 26. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kummer las über neue Versuche zur Bestimmung des Angriffspunkts der Resultante des Luftwiderstandes gegen recht- eckige schiefe Ebenen (Zusatz zu der Abhandlung: Über die Wir- kung des Luftwiderstandes ete., Jahrgang 1575 der Abhandlungen). Hr. Websky legte einen Aufsatz der HH. W. C. Brögger in Christiania und G. vom Rath in Bonn „über grosse Ensta- tit-Krystalle von Kjörrestad im Kirchspiel Bamle, südliches Norwegen, aufgefunden von W. C. Brögger und H.H. Reusch* vor. Wenige Mineralien bieten in der allmäligen Entwicklung ihrer Erkenntniss ein so hohes Interesse wie die beiden Magnesium - Si- licate, der Enstatit MgSiO, und der Olivin Mg,SiO,. Bekannt ist die wachsende Einsicht von der Verbreitung und Wichtigkeit des letzteren Minerals. Anfangs fast ausschliesslich in vulkanischen Gesteinen und in nur kleinen Krystallen bekannt, enthüllte sich seine wichtige Rolle in den plutonischen und krystallinisch schie- frigen Gesteinen, nachdem man die „Serpentin-Krystalle* von Sna- rum als Pseudomorphosen nach grossen Olivin-Krystallen richtig gedeutet. Die Gegenwart des Olivins in den Meteoriten und ge- ‚wisse Schlüsse auf sein herrschendes Vorkommen im Innern unse- res Planeten geben diesem merkwürdigen Mineral eine wahrhaft universale Bedeutung. — Kaum anders verhält es sich mit dem Enstatit, dessen Verbreitung und Wichtigkeit erst der letzteren Zeit zu erkennen vorbehalten war. Wenig mehr als 20 Jahre sind verflossen, seitdem Kenngott für das Mineral vom Berge Zdjar, Aloysthal, Mähren, dessen Zu- sammensetzung, der Analyse ©. von Hauer’s zufolge, einem nor- malen Silicate MgSiO, entspricht, den Namen Enstatit aufstellte (Berichte Ak. Wien, XVI. 162, 1555). Die in einem Serpentin ein- 550 Gesammtsitzung gewachsenen Körner sind nicht regelmässig begrenzt, besitzen in- dess zwei sich nahe unter einem rechten Winkel schneidende Spal- tungsrichtungen und wurden zunächst als ein Magnesia-Augit für monoklin gehalten. Des Cloizeaux wies durch optische Unter- suchung nach, dass der Enstatit rhombisch krystallisire und lehrte die Verschiedenheit zwischen Augit und Enstatit kennen (Bull. soe. geol. XXI, 105). Das Mineral wurde dann wiedergefunden am Berge Bresonars in den Vogesen durch Fournet und analysirt durch Damour (Des Cloizeaux, Miner. S. 45 und 540), ferner als Bestandtheil des Lherzolith’s der Pyrenäen sowie der Olivin- kugeln von Dreis in der Eifel (ib... Streng wies dasselbe Mi- neral im Schillerfels des Radauthals im Harze nach (N. Jahrb. f. Min. 1862. 513). Das Vorkommen des Enstatits in den Meteoriten (Stein von Bishopsville in Südkarolina) wurde zuerst durch eine Analyse Rammelsberg’s bewiesen (Monatsb. d. Ak. 1861; Abh. d. Ak. Berlin 1870, 121; s. auch Kenngott, Übers. min. Forsch. ind. J. 1862—65, S.166). N. Story Maskelyne fand den Enstatit im Meteoriten von Busti, Hindostan (Transact. R. Soc. 13, 146). Obgleich das Krystallsystem des Enstatits bereits durch Des Cloizeaux (1862) bestimmt war, so wurde doch erst durch V. von Lang’s mühevolle und scharfsinnige Untersuchung der Kry- stalle aus dem Breitenbacher Meteoreisen (Pallasit) die äussere Form des Enstatit ermittelt (1869) und das durch optische Unter- suchung gewonnene Resultat Des Cloizeaux’s durch krystallo- graphische Messungen bestätigt. Fast gleichzeitig, als v. Lang den kosmischen Enstatit, bestimmte einer von uns die Krystalle des Hypersthens von Laach, (Mg Fe), Si O°; beide so verschieden- artige Vorkommnisse erwiesen sich in ihren Winkeln als absolut identisch. So beschränkte sich der Unterschied zwischen den bei- den Spezies Enstatit und Hypersthen als ausschliesslich in der isomorphen Vertretung von Magnesium durch Eisen begründet. Diese Vorkommnisse sind theils vulkanisch, theils kosmisch; noch waren keine frei ausgebildeten Krystalle des Enstatit’s von plutonischer Lagerstätte bekannt. Man konnte sich der Zuversicht hingeben, dass wenn es gelänge, sie aufzufinden, ihre Grösse min- destens in gleichem Maasse überraschen würde, wie jene bis 20 Ctm. grossen Olivine von Snarum. Diese Erwartung sollte nicht ge- täuscht werden. Es fand sich im Herbste des J. 1574 auf der Apatit-Lagerstätte von Kjörrestad zwischen Kragerö und Lange- vom 26. October 1876. Hol sund der Enstatit in Krystallen von einer so bedeutenden Grösse, wie sie nur von sehr wenigen Mineralien (Feldspath, Quarz, Beryll, Kalkspath) erreicht und übertroffen wird. Die Fundstätte der grossen Enstatite ist einer jener zahlreichen Apatit- führenden Gänge des südlichen Norwegen. Das herrschende Gestein dieses Theiles der Küste ist Glimmer- und Hornblendschiefer, in wel- chen die Apatitgänge, deren Gangmineral vorzugsweise Hornblende ist, auftreten. In der Nähe dieser normalen Gänge findet sich am Haukedalsvand (-see) unfern Vestre Kjörrestad ein wohl ziemlich alleinstehendes Vorkommniss, nämlich ein mächtiger, im Streichen nur wenige Schritte verfolgter Gang, welcher hauptsächlich aus grossen Krystallen von Enstatit und bis kopfgrossen Klumpen und Krystallen von Rutil besteht. Diese Fundstätte lieferte nur wenig Apatit, ferner etwas grünlichweissen Glimmer und Talk. Eine Apatit-Gewinnung hat hier theils wegen der geringen Ausdehnung des Ganges, theils mit Rücksicht des untergeordneten Antheils, welchen das zur Darstellung des Superphosphats benutzte Mineral an der Gangausfüllung hier nimmt, offenbar nur kurze Zeit statt- gefunden. Die bis 0,5, ja bis 0,4 M. grossen Enstatite waren bei der Apatit- Gewinnung über die Halde geworfen worden und un- beachtet geblieben, bis sie von Brögger und Reusch bei ihrer Erforschung der Apatit-Lagerstätten Norwegens (s. Zeitschr. deutsch. geol. Ges. Bd. XXVII, 646; 1575) entdeckt wurden. Das nahe rechtwinklige, an seinen beiden Kanten abgestumpfte Prisma der grossen Krystalle, ihre prismatische Spaltbarkeit bedingen nament- lich bei den an beiden Enden verbrochenen Exemplaren eine gewisse Ähnlichkeit mit Skapolith (s. a.a. ©. S. 668), wobei es erwähnens- werth, dass auch die eingewachsenen Enstatitkörner vom Berge Zdjar in Mähren anfangs für Skapolith gehalten wurden (s. Kenn- &ott, Übers. miner. Forsch. im J. 1855). Da die Fundstätte von Kjörrestad nicht mehr zugänglich, so mussten die Entdecker ihre Beobachtungen über Vorkommen und Mineralassociation des En- statits auf die Halde beschränken. Die stets melır oder weniger prismatisch ausgebildeten und an einem Ende verbrochenen Krystalle waren offenbar ursprüng- lich sämmtlich anfgewachsen. Sehr wahrscheinlich gehörten sie einer mittleren Partie des Ganges an, in welcher sich auch grosse Krystalle von Rutil ausgebildet. Der Raum zwischen den Enstatit- Krystallen wurde durch silberweissen bis licht grünlichen Talk in en EN DD Gesammtsitzung grossen krummschaligen Blättern erfüllt. Auch im Innern und besonders in der verwitterten Rindenmasse des Enstatits finden sich kleine Schuppen von Talk; man bemerkt sie mit der Lupe zuweilen auf den prismatischen Spaltungsflächen, häufiger noch auf der unvollkommenen Absonderungsfläche parallel dem Brachypina- koid, diesen Ebenen parallel liegend; offenbar durch eine begin- nende Zersetzung des Enstatit's entstanden. Dies Vorkommen er- innert an die ähnliche Association des braunen Glimmers (Phlo- gopit; s. a. a. OÖ. S. 681) mit grünem „wasserhaltigen Enstatit* zu Oedegarden. Dies letztere Mineral, welches nach seinem haupt- sächlichen Vorkommen zu Oedegarden von Brögger und Reusch - ausführlich beschrieben wurde (s. a. a. O. S. 683—687 und Taf. XIX) findet sich auch auf der Lagerstätte von Kjörrestad. Durch ihre ungewöhnliche Grösse ziehen die Enstatite der senannten Fundstätte zunächst unser Interesse auf sich. Mehrere Krystalle — die Gesammtzahl der von Brögger und Reusch bisher auf der Halde gesammelten Enstatite beträgt etwa dreissig — erreichen eine Länge von 20 Ctm. bei einer fast gleichen Breite und einer Dicke von 10 bis 12 Ctm. Von den beiden grössten Exemplaren misst das eine mit ausgebildetem Ende 33 Otm. in der Länge, 26 in der Breite, 13 in der Dicke. Das andere ist sogar, obgleich an beiden Enden verbrochen, 40 Ctm. lang, muss also ursprünglich von wahrhaft erstaunlicher Grösse gewesen sein. Die Krystalle zeigen herrschend ein verticales rhombisches Prisma, dessen Kanten nur wenig vom rechten Winkel abweichen. Die stumpfe Prismenkante wird durch das Makropinakoid stark abgestumpft. Das Brachypinakoid tritt gewöhnlich zurück, fehlt zuweilen auch ganz. Die Endkrystallisation dieser mächtigen Ge- bilde lässt nur in seltenen Fällen eine deutlich rhombische Sym- metrie erkennen, meist ist sie mehr oder weniger deform und bie- tet ein pseudomonoklines Ansehen dar. Charakteristisch für unsere Krystalle ist die grosse Zahl der sich vielfach repetirenden Flä- chen, welche, meist wenig geneigt, eine flach gerundete Scheitel- begrenzung zu bilden streben. Wir werden zur Betrachtung der Krystallform zurückkehren, nachdem wir durch das Studium der physicalischen und chemischen Eigenschaften die Überzeugung ge- wonnen, dass die Bestimmung als Enstatit keinem Zweifel unter- liegt. Die Oberfläche der Krystalle zeigt ein glanzloses steatitisches vom 26. October 1876. 553 Ansehen, so dass — auch abgesehen von ihrer Grösse — keine Fläche sich zur Messung mittelst des Reflexionsgoniometers eignen würde. Diese steatitische Rinde reicht indess nur wenig tief, höchstens bis 10 Mm. in die Krystalle hinein und geht allmälig in die frische lichtgraulichgrüne Substanz des Enstatis über, deren prismatische Spaltbarkeit zuweilen selbst noch in der verwitterten Rinde bemerkbar ist. Eine dritte, unvollkommenere Spaltbarkeit geht dem Brachypinakoid parallel; sie erzeugt zuweilen 3 und mehr Ctm. breite Absonderungsflächen, welche sich indess durch ihren nur schimmernden Glanz sogleich von den perlmutterglänzenden prismatischen Spaltungsflächen unterscheiden. Die brachydiagonale Spaltbarkeit bedingt eine verticale Streifung, welche auf den durch Spaltung dargestellten Prismenflächen erscheint. Bemerkenswerth sind noch sehr feine wellig gekrümmte Sprünge, welche dicht ge- schart, im Allgemeinen horizontal verlaufen und die verticale Strei- fung der Spaltungsflächen quer durchschneiden. Diese Sprünge, welche weniger dem Innern, sondern vorzugsweise der, der ver- witterten Rinde nahen Zone der Krystalle angehören, hängen mit ‚der Umänderung des Enstatit’s in Steatit zusammen. Von dieser Umwandlung versuchen die Figg. 1 und 2 Taf. I eine Vorstellung zu geben. Beide Bilder (Vergrösserung -Y0fach) zeigen in dem- selben Gesteinsschliff vereinigt den unzersetzten Enstatit (durch blauen Farbenton bezeichnet) und den Steatit (gelblich). Fig. 1 stellt einen verticalen, Fig. 2 einen annähernd horizontalen Schnitt dar. Die sehr zahlreichen, nahe rechteckigen Felder der blauen Substanz in Fig. 2 werden durch die prismatische Spaltbarkeit gebildet. In Fig. 1 besteht die linke Hälfte des Feldes aus Stea- tit, die rechte aus Enstatit. Während, rings vom Steatit umgeben, einige Partien des ursprünglichen Minerals sich noch erhalten haben, dringt das wasserhaltige Magnesiasilicat auf Spalten in den Enstatit ein. Von jenen Spalten beginnt zunächst eine feine Fase- rung, welche der chemischen Umwandlung den Weg bahnt. Die Spalten und Risse sind auch noch erkennbar, wenn bereits die umgebende Masse steatisirt ist. Die Erscheinungen der Fig. 2 sind sehr ähnlich; es erfolgt hier die Umbildung theils auf den durch die Spaltungsrichtungen bedingten Absonderungen, theils auf neuen unregelmässigen Klüften. In der zersetzten Hälfte dieses Präparates sind die nahe rechteckigen Felder des Enstatit’s noch deutlich wahrzunehmen. Die hier vorliegenden Erscheinungen sind [1876] 4 554 Gesammtsitzung sehr ähnlich denen, welche der Monticellit bei seiner Umwandlung in Serpentin. darbietet (s. Monatsber. der Akad. Gesammtsitzung. 19. Nov. 1874). Die Härte des frischen Enstatit steht zwischen Apatit und Feldspath; die verwitterte Rinde besitzt die Härte des | Kalkspaths. V.d.L. nur sehr schwer an den Kanten schmelzbar; in Säuren unlöslich. Specifisches Gewicht = 3,153 (überein- stimmend fand Hr. C. Krafft in Christiania 3,15). Die chemi- sche Zusammensetzung ist zufolge einer Analyse von uns (I), sowie nach einer von Hrn. C. Krafft (ID) IB 17: Kieselsäure 58,00 Ox. = 30,93 57,64. 0x—30.16 Thonerde 1,35 0,65 1,21 0,56 Eisenoxydul 3,16 0,70 2,89 0,64 Magnesia 36,91 14:76 Et 15,16 Wasser 0,30 OA 1,67 1,48 100,22 101,35 Das reine Magnesia-Silikat würde bestehen aus 60 p. ©. Kiesel- säure, 40 p. C. Magnesia. — Zur Vergleichung mögen hier folgende Enstatit-Analysen eine Stelle finden: I vom Berge Zdjar in Mähren nach v. Hauer; Il aus dem Meteoriten von Bishopsville nach Rammelsberg; Ill aus dem Meteoriten von Busti nach N. Story- Maskelyne. T. II IM. Kieselsäure 56,91 58,84 57,60 Thonerde 2,90 2,78 — Eisenoxydul 2,76 — 1,29 Kalk — 0,67 —_ Magnesia 39,44 35,60 40,64 Kali = 0,71 0,59 Natron = 1516 0,90 Wasser 1592 u — vom 26. October 1876. 555 Die grossen Krystalle bieten uns also wesentlich dieselbe Mischung dar wie die meteorischen Enstatite sowie das mährische Vorkom- men, welches bisher als einziges terrestrisches Beispiel des fast reinen neutralen Magnesia-Silikats galt. Wir analysirten auch die steatitische Rinde der Enstatite von Kjörrestad. Spee. Gew. 2,867. Kieselsäure 57,62 Thonerde 1,48 Eisenoxydul 1596 Kalk 0,12 Magnesia 34,72 Wasser 4,38 100,28 Während die physicalischen Eigenschaften (Härte, spec. Gew. u. s. w.) der verwitterten Rinde wesentlich verschieden sind von denjenigen des unveränderten Enstatit’s, besteht der Unterschied in chemischer Hinsicht wesentlich nur in der Aufnahme einer an- . sehnlichen Menge von Wasser. Die Rinde, in welcher die Meta- morphose offenbar noch nicht vollendet ist, nähert sich der Zusam- mensetzung des Talks oder Steatit’s (Speckstein). Der optischen Untersuchung des Enstatit’s von Kjörrestad stellen sich erhebliche Schwierigkeiten entgegen, welche theils in der durch die beiden vollkommenen Spaltungsrichtungen erschwer- ten Darstellung der Präparate, theils in der ungenügenden Durch- sichtigkeit derselben begründet sind. Hr. Des Cloizeaux, welcher die Güte hatte, die Untersuchung auszuführen, bestimmte das Kry- stallsystem auf Grund des optischen Verhaltens als rhombisch. Es geschah dies zu einer Zeit, als wir in Bezug auf die Deutung der äusseren Form noch Zweifel hegten und namentlich eine Zurück- führung derselben auf die Krystalle des Enstatit’s und Hypersthen’s noch nicht gelungen war. | Nach Hrn. Des Cloizeaux liegen die optischen Axen im Brachypinakoid. Die spitze positive Bisseetrix ist parallel der verticalen Prismenkante. Eine Platte, normal zu dieser Kante ge- ‚schliffen, ergab in Öl: 41° 996 Gesammtsitzung Rechte Hyperbole zur Normalen 37° 30' Linke Hyperbole . 5 41°0! 32H... — UBER Wie bereits erwähnt, zeigen die meisten Krystalle in ihrer End- krystallisation eine merkwürdige Deformität, welche darin besteht, dass alle den Scheitel bildenden Flächen gleichsam eine Verschie- bung oder Drehung erfahren haben, deren Axe die Makrodiagonale ist. Die Brachydiagonale ist — so scheint es — zu einer Klino- axe geworden. Während die Krystalle in Folge dieser Deformität eine unsymmetrische Ausbildung auf der vorderen und hinteren Seite der makrodiagonalen Ebene zeigen, stellt sich die brachy- diagonale Ebene als Symmetrie-Fläche dar. Hat man nur einen oder wenige dieser deformen Krystalle vor Augen, so ist es schwer, an ihren rhombisceben Charakter zu glauben, bei Verglei- chung einer grösseren Anzahl überzeugt man sich indess bald, auch schon ohne Winkelmessung, dass das Maass jener Verschie- bung bei einem jeden Krystall etwas verschieden ist und dass demnach die ganze Erscheinung auf Störungen zurückgeführt wer- den muss. Nicht alle Krystalle sind indess deform, einige sind von durchaus rhombischem Ansehen und diese gestatten eine Iden- tifieirung ihrer Krystallform mit derjenigen des Enstatit’s von Breitenbach (nach v. Lang!)), und des Hypersthens vom Rocher du Capuein im Mont Dore und vom Laacher See (nach Des Cloizeaux?) und vom Rath?’)), welche drei Vorkommnisse in krystallographischer Hinsicht als identisch zu betrachten sind. Zur Vergleichung der Ausbildungsweise der genannten Vorkommen so- wohl unter einander als auch mit den Formen des Enstatit’s von Kjörrestad stellen wir in den Fige. 1, la, 2, 2a, 3, 3a Taf. II nochmals die Gebilde von Breitenbach (meteorisch), Laach und Rocher du Capucin in schiefen und graden Projectionen dar. Als Grundform wählen wir diejenige Pyramide, deren 1) Sitzb. Ak. d. Wissensch. Wien, Bd. LIX, II. Abth. Aprilheft. Jahr- gang 1869. ?) Des Cloizeaux, Manuel de Mineralogie III. POXIVEDSVEINE ?) vom Rath, Pogg. Ann. Bd. 138, S. 529 (Laach) und Bd. 152, S. 29 (Capuein, Mont-Dore). vom 26. October 1876. 557. makrodiagonale Polkante = 125° 52' \ brachydiagonle „ = 127° 36' | m aeiu von Lateralkante — A oder makrodiagonale Polkante = 125° 584 | brachydiagonale = — 127° 384! | an uperannen von Lateralkante — 18° 344 er Hieraus das Verhältniss der Axen: a (Brachydiag.) : b (Makrodiag.) : e (Vertic.) = 0,97016:1:0,57097 für den meteorischen Enstatit von Breitenbach; — 0,971326:1:0,57000 für den Hypersthen von Laach. Die in den Figuren dargestellten Flächen, bezogen auf diese Axen. erhalten folgende Symbole: Des Cloizeaux v. Lang v eo v2 112 i-= (da:b:ce) , 2P2 a, 122 e — (a:2b:c) , P2 n 124 u — (a:$b:e), $P4 x x — Alam ıb:c) , 2P 111 me (lasbi:icerc), op: m 110 z = (a:2b:oec), ©P2 120 h — (oa:4b:e) , IP e* kal—i(eo a&i2lb.:'C6), 4P e2 104 a — (a:0ob:»0c) , eP® h! 010 b — (ooa:b:ooc) , oPo gr 100 eG @sacoh:e),.oL p 001 558 Gesammlsitzung An den Krystallen von Kjörrestad liess sich mit dem Reflexions- goniometer nur ein einziger Winkel, derjenige der beiden prisma- tischen Spaltungsflächen messen —= 91° 25’ bis 91° 40’. v. Lang bestimmte diesen Winkel am Enstatit von Breitenbach — 91° 44’; für den Laacher Hypersthen ergab sich die Prismenkante — 91° 40’; während dieselbe nach Des Cloizeaux für den Hypersthen vom Capuein im Mittel mehrerer Messungen 91° 323’ beträgt. — Alle anderen Winkel des Kjörrestader Enstatit’s liessen sich nur mit dem Anlegegoniometer messen und auch dies — wegen Streifung, Rundung, Oscillation und Wiederholung der zuweilen verwitterten Flächen — nur annähernd. Unzweifelhafte rhombische Symmetrie besitzt einer der grössten Krystalle, im Besitze des Universitätsmuseum zu Christiania, in der Axe a 12 Ctm., in der Axe b 20 Ctm. messend. Es wurden, bezogen auf die obige Enstatit-Grundform, folgende Flächen be- stimmt: 2 | nn 8 peV) wa o = lo 5 = (wa:äb:c) , 2P m, —(arbi:.coo)e seo a = (a:ob: oc), oP&® b — (ea: bj:c0:0)5, Po 61 — (eoascob:c) „ob ‘Die mit lateinischen Buchstaben bezeichneten Flächen sind bereits beim Enstatit von Breitenbach und den Hypersthenen von Laach und Capuein bekannt, die mit griechischen Lettern signirten Flächen sind neu. An diesem Kıystall, s. Fig. 4 — welche den durch viel- fache Flächenrepetition und dadurch bedingte einspringende Kanten unregelmässigen Scheitel in einer symmetrischen Flächenausbildung vom 26. October 1876. ; 359 darstellt — wurde mittelst des Anlegegoniometers eine Reihe von Kanten gemessen, deren zum Theil sehr befriedigende Über- einstimmung mit den, aus den Axenelementen des Breitenbacher Enstatits berechneten Winkeln ein Vergleich mit den nebenstehen- den Werthen lehrt: gemessen berechnet mem (ub..b) = 88° 88° 16’ kb —109290) 105250’ ‘ge b — 110° 504’ y:b —8 9930. 995% 16, p:b u 30! 95° 26’ zk —11507730! 147% 31' 2) 1222 30) 123° 16) eb — 105° — 103° 49' e:a — ll, 119%.31' e:y — 451,845. 149° 49' e:@ —*150° — 148° 51' e:k 15a. 10 Von diesen Messungen zeigen nur zwei, nämlich z:k und e:y eine erhebliche Abweichung von den berechneten Werthen; es er- klärt sich dies indess durch die Schwierigkeit und Unsicherheit der Messungen von Flächen, deren Lage theils durch Oseillation, theils durch Wölbung gestört ist. Auch darf erwähnt werden, dass die Messung dieses grossen Krystalls in Christiania, die Be- stimmung der mit griechischen Buchstaben bezeichneten Flächen in Bonn geschah. Mit Rücksicht auf die unvollkommene Beschaf- fenheit der Flächen wäre es vielleicht möglich, Messungsresultate zu erhalten, welche sich den berechneten Werthen etwas mehr nähern. Fig. 5 stellt einen Krıystall des Poppelsdorfer Museum dar, d ist ein portraitähnliches Bild in grader Projection, 5a und b sind ideale Darstellungen in schiefer und gerader Projection. Der Krystall ist eine Combination folgender Flächen: 960 Gesammtsitzung r = (3a:3b:c) ,$P k — (oob:2b:c) , 4P« g'=Hlooa:$b::e) 2P g = (wa:6b:c) , 1P& m (a,:b : 00:6), coP b' = (coa:b oc) , oPo Gemessen Berechnet mi: mu 08 88° 16 k& b’—2106° 105°. 56’ gb ==. 11071307 0571095502 p2kı-——. 1092 169= 30 TR dr — 159= 512 sm 90! 118° 40’ An diesem Krystall macht sich bereits eine beginnende Unsymme- trie bemerkbar, wie aus folgenden beiden Messungen hervorgeht: berechnet k:m 101° 1 k:m 101° 57'1) 99° 24'2) das Oktaöder +, bisher an den Enstatit- und Hypersthen-Krystallen nicht beobachtet, wurde bestimmt durch die horizontalen Kanten, welche es mit dem Prisma m bildet, parallelismus r:qg:?. Die Dimensionen dieses Krystalls sind: 7 Ctm. hoch, 8 Ctm. in der Richtung der Axe b, 9 Ctm. nach a. Parallel zweien Pris- menflächen ist der Krystall verbrochen. Fig. 6 ist ein ähnlich gebildeter Krystall von annähernd gleicher Bildung. sowie durch den Kanten- 1!) Mittel aus 10 Messungen, zwischen 101% und 102° schwankend. 2) 994 und 994° ” n » ” » ” vom 26. October 1876. 561 Berechnet m:m' = 88°. r:m'’—= 118° 118° 40' ae 109 110° 84 Auch hier ist die Fläche k etwas verschoben: k:m- = 103° 10a k:m' = 99° 45’ Am Krystall Fig. 7 tritt gleichfalls in Combination mit k, 4P © das Oktänder r,2P auf. k ist in seiner Lage nicht gestört. k:m = 1003° k:m = 101° k:b = 106° -:m = 117° Berechnet z:a = 108° 2.2522 —1 1093! 1093731]! Bei den bisher aufgeführten und manchen andern Krystallen gelingt es leicht, wenigstens die Mehrzahl der Flächen auf die Formen des Enstatit’s zu beziehen, da die, eine pseudomonokline Ausbildung bedingenden Störungen nur 1 oder wenige Grade be- tragen. Bei andern Krystallen gelingt es nicht, ohne der Willkühr einen grossen Spielraum zu gewähren, da die Störungen d: h. die Differenzen der homologen Kantenwinkel bis 7° und in einzelnen Fällen vielleicht noch mehr betragen. Die beiden grossen Kry- stalle der Poppelsdorfer Sammlung, von denen der grössere aber weniger gut gebildete nach einem photographischen Bilde in der Fig. 9 dargestellt ist, haben einen solchen, durchaus monoklinen Habitus. Einer dieser Krystalle gestattet ziemlich genaue Messun- gen. Hätte uns nur dieser einzige Krystall zur krystallographi- schen Bestimmung vorgelegen, so würden wir nicht gewagt haben, denselben mit dem rhombischen System des Enstatit’s zu vereinigen. Dennoch bleibt auch hier kein Zweifel, dass wir es nur mit Stö- rungen zu thun haben. Wir gewinnen diese Überzeugung theils 562 Gesammtsitzung durch Vergleichung mit den weniger gestörten und den vollkommen rhombisch ausgebildeten Individuen, theils aber auch durch ein ge- naueres Studium des gestörten Krystalls selbst, wenn wir versuchen, ihn auf monokline Axenelemente zu beziehen. Wir erhalten näm- lich keine entsprechend einfachen Flächen-Symbole und sind ge- nöthigt, fast für jeden Krystall andere Axenelemente anzunehmen. An dem bestgebildeten der beiden grossen Exemplare der Bonner Sammlung konnten folgende Winkel gemessen werden: m:m’ über b = 89° 40’ m':y = 102° In 2%, 141097 Betrachten wir m als Prisma ©P, %, als Klinodoma (Poo), so er- halten wir folgende Axen-Elemente: a... bi e2— 0,99798.2212.04788% Axenschiefe (ß) = 94° 57". Für s, bezogen auf diese monoklinen Axen, lässt sich kein einfacheres Symbol berechnen als ($a':b:&c), $P#. Unter Vor- aussetzung dieser Formel ergibt sich Gemessen Berechnet m'ıc — 19.17 121° 564 yır = 152° 152.0 Ein Vergleich mit den andern Krystallen und ihrer pseudomono- klinen Ausbildung lässt indess keinen Zweifel, dass die Fläche %, identisch ist mit dem Brachydoma q — 2Po der normal ausge- bildeten Krystalle und dass die Verschiedenheit der Neigungen ,:m" = 102°, ,:m = 109° sich durch jene Verschiebung des gsesammten den Scheitel bildenden Flächenkomplexes erklärt. Jenen beiden Winkeln entprieht bei normaler Ausbildung unter Voraus- setzung der rhombischen Elemente des Breitenbacher Enstatit’s der Winkel q:m = 104° 202'. — Auch für die gestörte Fläche « lässt sich die wahre Bedeutung ermitteln; bezogen auf das System des Enstatit’s erhält sie den Ausdruck (a:$b:c), P3; für die Neigung dieser »Kläche, vergibt. sich: 4. m/;e —=+1124° 165 q sa —n ls vom 26. October 1876. 563 welche Winkel mit den obigen Messungen zu vergleichen sind, um das Maass der Störung zu erkennen. Wie es uns in Bezug auf die — beim Enstatit und Hypersthen bisher nicht bekannte — Fläche > gelang, so würde es vielleicht möglich sein, durch Studium der bestgebildeten unter den deformen Kıystallen noch einige neue Flächen aufzufinden, wenngleich eben in Folge der monoklinen Störung sowie der allgemeinen Unvoll- kommenheit dieser Flächen der bestimmte Nachweis für die Exi- stenz derselben in jedem einzelnen Falle schwer zu führen sein möchte. Die grosse Menge von Flächen, welche die Norwegischen Enstatite mit unvollkommenem Erfolge zur Erscheinung zu bringen streben, erinnert in hohem Grade an den Flächenreichthum der meteorischen Enstatite aus dem Breitenbacher Eisen, deren Ent- zifferung wir dem Scharfsinn v. Lang’s verdanken. Die Ursache der merkwürdigen pseudomonoklinen Ausbildung unserer grossen Enstatite ist noch völlig verborgen. Am nächsten liegt wohl der Gedanke, dass wir es hier mit einer durch Druck verursachten Störung zu thun haben. Indessen müssen wir diese Deutung sofort aufgeben, wenn wir bemerken, dass jene Verschie- bung sich nur an den Flächen der Endkrystallisation, nicht aber an den verticalen Flächen zeigt. Ein von aussen wirkender Druck müsste sich auch an diesen letzteren offenbaren. Es scheint dem- nach jene Anomalie durch innere krystallonomische Gründe be- dingt. Die zum Erliegen gekommene Apatitgrube von Kjörrestad bildet bisher die einzige Fundstätte der Enstatit-Riesen. Ohne Zweifel wird es gelingen, aufgewachsene Enstatite plutonischer Lagerstätten auch an andern Orten aufzufinden. Wenn es dann möglich sein wird, die Krystalle nicht auf einer Halde wie zu Kjörrestad sondern in den Gangdrusen selbst zu beobachten, so ‘erhalten wir vielleicht eine Andeutung über die jetzt noch voll- kommen räthselhafte pseudomonokline Verschiebung der Scheitel- flächen. Die Auffindung des Enstatit’s in riesigen Krystallen auf einem der mineralreichen Apatitgänge des südlichen Norwegen scheint eine nicht unerwünschte Ergänzung unserer Kenntnisse der Mag- nesia-Silicate darzubieten. 964 Gesammtsitzung Erklärung der Tafeln. Taf. I. Fig. 1 und 2. Mikroskopische Bilder (Vergrösserung 90, polari- sirtes Licht), die Umwandlung des Enstatits (blau) in Steatit (gelblich) dar- stellend. 1 ist ein Schnitt parallel der Hauptaxe; 2 ist annähernd normal zu derselben Axe geschnitten. Taf. II. Fig. 1, 1a. Enstatit aus dem Meteoriten von Breitenbach (nach Hrn. von Lang). Fig. 2, 2. Hypersthen aus einem Sanidin-Auswurfling von Laach. Fig. 5, 3a. Hypersthen vom Rocher du Capucin, Mont Dore; entdeckt von Hrn. Des Cloizeaux. Fig. 4. Enstatit von Kjörrestad, Projektion auf die Horizontalebene. Grösster horizontaler Durchmesser — 20 Ctm. Fig. 5. do. Kırystall der Bonner Sammlung, mit normaler rhombischer Ausbildung. 5a, 55 Idealdarstellungen desselben Krystalls in schiefer und grader Projektion. Figg. 6 und 7. do. Kıystalle der Univ. Sammlung zu Christiania, dem Krystall 5 in ihrer Ausbildung ähnlich. Fig. 8. Porträtähnliches Bild des grössten Krystalls der Bonner Samm- lung, 21 Ctm. in der Richtung der Verticalaxe messend. Die Scheitelflächen gewölbt und nicht bestimmbar. Fig. 9. Zweitgrösster Krystall der Bonner Sammlung (20 Ctm. in der Richtung der Queraxe) mit pseudomonokliner Ausbildung. 92 Projektion auf . die Ebene des Brachypinakoids. Day TER Te / nr A 4 Ar. nr ar chi HL r he ‚MNonatsherd KAkd.Wilsensch.Berlin October 1816. (5.7156) ‚ Tal WC.Brögger et.6 vom Ratlı del Laurent lith Lith.Inst.v. A.Henzy mı Bonn SITES > BD ae en a Ir = vom 26. October 1876. 565 Hr. Pringsheim legte eine Abhandlung des Hrn. J. Reinke vor: Über das Wachsthum und die Fortpflanzung von Zanar- dinia collaris Crouan. (Z. prototypus Nardo.) Diese Alge, welche an den atlantischen und besonders den mediterranen Küsten Europas verbreitet zu sein scheint, aber immerhin zu den selteneren Bürgern derselben gehört, wurde, be- vor man ihren Formenkreis und die Art ihres Wachsthums ge- nauer untersucht hatte, bald zu Padina, bald zu Zonaria gestellt, also der Dictyoteen-Gruppe eingefügt. Allein schon der um die Phycologie so hoch verdiente Meneghini!) erkannte, dass die von Agardh beschriebenen, der Oberseite älterer Individuen ent- springenden Thallome an ihrem Rande in derselben Weise in einen Kranz von Cilien ausstrahlen, wie es bei den Arten der Gattung Cutleria bekannt war, und machte mit Recht darauf aufmerksam, dass die Ähnlichkeit solcher junger Individuen mit der Cutleria adspersa diese im sterilen Zustande gar nicht unterscheiden lasse. Meneghini folgert aus diesem Umstande eine nahe Verwandt- schaft der in Rede stehenden Pflanze mit Cutleria, allein er vermag sich doch nieht zu einer Incorporation in diese Gattung zu ent- schliessen, weil es ihm so wenig wie J. Agardh hatte glücken wollen, die Fortpflanzungsorgane der Padina oder Zonaria collaris zu entdecken. Erst den Gebrüdern Crouan?) gelang es, an der Küste der Bretagne Exemplare mit Fructificationsorganen aufzu- finden, welche im höchsten Grade den Zoosporangien und Anthe- ridien von Cutleria ähnelten, aber nicht wie in dieser Gattung sich auf getrennte Individuen vertheilten, sondern durcheinander wach- send, dichte, verbreitete Sori auf der Oberseite alter Individuen bildeten, in welchen die auf längeren Stielen terminal stehenden, mehrfächerigen Zoosporangien über den Rasen der Antheridien emporragten, Hierdurch wird nun die so lange Zeit unsichere Alge unzweifelhaft an die Cutlerien angereiht, allein Crouan er- hoben sie doch zum Typus einer eigenen Gattung, Zanardinia, weil ihnen einmal das Vorkommen von Sporangien und Antheri- !) Alghe ital. e dalmat. p. 245 ff. ?) Bulletin d. 1. soc. bot. d. France 1857, p. 24. [2 566 Gesammtsitzung dien auf einem Individuum einen tieferen Unterschied zu begrün- den schien, dann aber besonders, weil es ihnen nicht gelang, Cilien am Rande der älteren Individuen zu finden und sie es für wahr- scheinlich hielten, dass die von Agardh beschriebenen, Cilien- tragenden Sprossungen epiphytische Cutleria adspersa sein möchten. Dieser Auffassung trat aber Zanardini!) durch den Nachweis randständiger Fäden entgegen, und indem er auch unter Hinweis auf die analogen Verhältnisse bei den Fucaceen den Hermaphro- ditismus für weniger bedeutsam erklärte, nannte er die Pflanze einfach Cutleria collaris. — Wenn ich dennoch an dem Gattungs- namen Zanardinia festhalte, so werde ich dies durch den, auf den folgenden Blättern in kurzen Zügen dargelegten Abschnitt aus der Naturgeschichte dieser hochinteressanten Alge zu begründen suchen. Da die morphologischen Verhältnisse auch der rein vegetativen Pflanze in den Beschreibungen von Meneghini und Zanardini noch keine völlig befriedigende Darstellung erfahren haben, so ist es nöthig, zunächst auf die Beschaffenheit des sterilen Thailus ein- zugehen. Als ich im October 1875 nach Neapel kam, bildete Zanardinia lederartige, schwarzbraune Lappen von meistens ganz formlosem Um- riss, welche an den Tufffelsen des Posilipo sich fanden und Spongien, Conchylien und Cirrhipeden-Gehäuse überwucherten. Diese dicken, braunen Thallus-Stücke besassen eine glatte Oberfläche, während auf- der ganzen Unterseite ein rostrother Filz von Wurzelhaaren sie fest mit dem Substrate verband; selten nur ragte ein Theil des Thallus, ohne auf der Unterseite Wurzelhaare gebildet zu haben, frei in’s Wasser. Bei allen Exemplaren hatte der Rand zu jener Zeit ein cor- rodirtes, ausgefressenes Ansehen; nirgends vermochte ich dort jüngere Zellen zu finden, von denen man eine Fortbildung des Thallus hätte erwarten können, oder die als ausgediente, ehemalige Fortbildungszellen anzusprechen gewesen wären. Der Ort, wo an den Individuen der beschriebenen Entwickelungsstufe nach Fort- bildungszellen zu suchen wäre, wird durch die Richtung eines Liniensystems angedeutet, welches man mit der Loupe wahrnimmt 1) Iconographia phycol. medit. adr. II, p. 71. vom 26. October 1876. 567 und das offenbar durch die Bildungsfolge der Oberflächen - Zellen erzeugt wird; diese Linien verlaufen nach der einen Seite eines Thallus divergirend, nach der anderen convergirend. Ausser die- sen, fest an ihrer Unterlage haftenden Exemplaren wurden mir zu jener Zeit noch andere gebracht, welche sich freischwimmend ge- funden hatten und die offenbar zu der gleichen Art gehörten. Sie waren heller gefärbt, zeigten die convergirenden Linien deutlicher und gestatteten mehrfach, dieselben bis zu einem gemeinsamen Mittelpunkt zu verfolgen, wo das Thallusgewebe dicker war, welche Bildung auch von Zanardini als Nabel der Pflanze be- schrieben wird; auch diese Individuen besassen keinen unverletzten Rand mehr, sie waren offenbar häufig durch die Brandung gegen die Klippen geschleudert und hierdurch zerfetzt worden; sie ent- behrten aber noch an ihrer Unterseite des Haarfilzes, wodurch die zuerst erwähnte Form sich auszeichnete. Mancherlei Übergänge zwischen beiden Formen zeigten jedoch zur Genüge, dass die erste Form aus der zweiten hervorzugehen vermag, indem letztere an einem Felsen strandet und durch Entwickelung des Wurzelfilzes sich fest mit ihrer Unterlage verbindet. Die anatomische Analyse ergab einen höchst einfachen Bau des Thallus, der auch bereits von den früheren Beobachtern be- schrieben worden ist. Die Oberseite besteht aus einer sehr klein- zelligen Rinde von meist drei Schichten, deren kubische Zellen dünne Wände besitzen und dicht mit Reservestoffen, namentlich Öltropfen, erfüllt sind; darunter liegen dann 5 bis 8 Schichten grösserer, in der Mitte recht’ grosser, Zellen mit verdickten Wän- den, die an der Unterseite wieder von einer Lage kleinerer Zellen begrenzt werden, aus denen die langen, gegliederten Wurzelhaare hervorwachsen. ' Über die Entstehung und das Wachsthum des Thallus-Gewebes blieb ich im Unklaren, bis im Januar diese formlosen Gewächse, abgesehen von anderen inzwischen verlaufenen und später zu er- örternden Erscheinungen, zu neuem Leben erwachten. Auf der Thallus-Oberfläche der alten, mit der ganzen Unter- seite festgewachsenen Exemplare zeigten sich an verschiedenen Stellen kleine, gelbliche Höker, die, wie das Mikroscop lehrte, aus kurzen zu einem sehr dichten Büschel gruppirten Haaren bestan- den. Diese Höker eutwickelten sich sehr bald zu kleinen Pexiza- ähnlichen Bechern, die einem kurzen Stiele aufsassen und deren 568 Gesammtsitzung Rand mit wimperförmigen Haaren garnirt war. Meist standen diese kleinen Becher gruppenweise beisammen, nicht selten wuchs auch aus der Mitte des einen ein zweiter hervor, die dann über einander liegende Etagen bildeten. Im Laufe des Winters entwickel- ten diese Becher sich zu weiten, zuletzt mehrere Centimeter im Durchmesser haltenden Schüsseln, sie zehrten dabei die in den Zellen des Mutter-Thallus noch vorhandenen Reservestoffe gänzlich auf, während die letzten Reste desselben vermoderten (Fig. 1). Hierdurch wurden, so scheint es, die neu hervorgesprossten Thal- lome zuletzt in Freiheit gesetzt, sie werden ein Spiel der Wogen und der Brandung, welche sie gegen die Klippen schleudert und dadurch zerfetzt, so dass die einzelnen Stücke meist erst in ge- theiltem und zerrissenen Zustande eine Unterlage finden, wo sie durch Entwickelung von Wurzelhaaren sich fest setzen. Dies soll aber nicht ausschliessen, dass dieselben auch gleich über den Resten ihrer Mutterpflanzen zu wurzeln vermögen. Jedenfalls ver- mochte ich bereits im März die Identität der Individuen dieser neuen Generation mit den noch im October freischwimmend ange- troffenen Stücken vollständig zu erkennen. Die an den jungen Exemplaren stehenden randständigen Cilien gehen zuerst verloren, dann zeigt der Rand ein corrodirtes Aussehen, allein der ursprüng- liche Stiel des Bechers lässt sich an vielen alten Stücken noch auffinden. Die Entwickelung der neuen Thallus-Becher auf- den alten Stücken bietet nun auch Gelegenheit, das Wachsthum und die histologische Fortbildung der Pflanze festzustellen. Bereits die früheren Beobachter machen darauf aufmerksam, dass an dem noch unverletzten Thallus die radial verlaufenden Zellreihen am Rande in einzelne lange Haare sich gleichsam auflösen, ohne aber auf den Zusammenhang dieser „Cilien* mit der Entwickelung der Pflanze einzugehen. Diese randständigen Cilien finden sich bereits an Bechern von nur 1 Millim. Durchmesser, aber auch noch an den grossen, 4—5 Centim. breiten flachen Schüsseln. Hier pflegen sie dann meistens abzufallen, doch findet man dies auch öfter bereits an kleineren Exemplaren; in letzterem Falle wird die Fortentwicke- lung des Thallus dadurch zum mindesten sehr gehemmt, und, wenn derselbe sein Ciliensystem nicht bald zu erneuern vermag, gänzlich sistirt. ar vom 26. October 1876. 569 Wenn wir uns bei der Beobachtung an normale, in kräftigem Wachsthum begriffene Becher von etwa 2—10 Mm. Durchmesser halten, so zeigt sich folgendes. Während die Stelle, wo ein Becher seinem Stiele aufsitzt, aus einer Gruppe unregelmässig angeordne- ter Zellen besteht (der Nabel, nach der Bezeichnung von Zanar- dini), so strahlen die Oberflächen-Zellen des übrigen Thallus von dort radienförmig gegen die Peripherie hin aus, um dort direct in die Cilien von 2—3 Millim. Länge auszulaufen. Da die Grösse dieser Zellen überall so ziemlich die gleiche ist, so folgt hieraus und aus der Gestalt des Thallus, dass. die Zahl der radialen Rei- hen mit der Entfernung vom Nabel sich vermehren muss, was denn auch durch fortgesetzte Spaltung geschieht; überall bemerkt man bei der Flächenansicht, wie diese Zellreihen dem Rande zu sich verzweigen und die Zweigreihen in dem gleichen Verbande wie ihre Mutterreihen der Peripherie zustreben: dass hier die eigentliche Fortbildungszone liegen müsse, wird durch den be- schriebenen Verlauf der Zellreihen bereits angedeutet. In der unmittelbaren Nähe des Randes bemerken wir bei der An- sicht von Oben, (Vgl. Fig. 2), dass je 2, selten je 3, Zellreihen durch zartere Zellwände mit einander verbunden erscheinen, was sich weiter nach rückwärts verliert. Jede dieser Doppelreihen läuft nun direet in eine freie Cilie aus, seltener vereinigen sich beide in eine Zelle noch vor der Auflösung des Thallus in die Cilien. Da nun die Cilien aus einer Zellreihe bestehen, deren äuserste (der Basis ab- gewandte) Zellen die ältesten sind, so müssen die Fortbildungs- zellen nothweudig in der Übergangsregion zwischen dem festen Gewebe und den Cilien sich befinden, und hier zeigen alle Prä- parate übereinstimmend auf das evidenteste, dass der Ort inten- sivster Zelltheilung, welcher dem Vegetations-Punkte bei anderen Pflanzen entspricht, dem bereits freien, nicht mehr verwachsenen Theil der Cilien angehört, und von hier aus vollzieht sich der peripherische Zuwachs des festen Thallus. Ein Blick auf die mit dem Prisma aufgenommene Fig. 2 lehrt, dass in der Basis der Cilien sich eine sehr lebhafte Zelltheilung vollzieht, wie man aus dem sehr verkürzten Längendurchmesser der Zellen ersieht. Die hierdurch erzeugten, neuen Zellen strecken sich dort, wo sie an den festen Theil des Thallus gränzen und spalten sich durch gleichsinnig gestellte radiale Wände in die oben erwähnten Doppel- reihen. Die hiermit verbundene Erweiterung der Zellen hat zur [1876] 42 570 Gesammtsitzung Folge, dass die anfänglich in Form von Cilien freien Zellreihen sich berühren, einen gegenseitigen Druck auf einander ausüben und dann fest mit einander verwachsen. So bildet sich also ein dichtes Zellgewebe durch unausgesetzte Verwachsung freier Zell- reihen, in deren freiem Theile diejenige Zellvermehrung statt- findet, welche das Wachsthum des Thallus in Richtung seiner Radien bedingt. Aber auch die Zellvermehrung in Richtung der Tangente, die sich am Thallusgewebe als Spaltung der radialen Zellreihen nach der Peripherie zu kundgiebt, wird da- durch hervorgerufen, dass sich die Cilien an ihrer Basis ver- zweigen, dadurch ihre Zahl vermehren; die Äste (Fig. 2a) schie- ben sich zwischen die bereits vorhandenen Cilien ein, wachsen schnell zu deren Länge heran, und liefern nun durch Zellenerzeu- gung in dem noch freien Theile ihrer Basis eine neue Doppelreihe für das Gewebe des Thallus. Die erste Anlage dieser Zweige finde ich immer an dem noch nicht verwachsenen Stücke der Ci- lien; sie entsteht dadurch, dass eine Zelle derselben eine seitliche Aussackung durch eine Scheidewand abgliedert; diese Ausstülpung wächst durch lebhafte Zelltheilung dann rasch zur neuen Cilie heran. Auf einem radialen, senkrecht zur Thallus-Fläche durch den Rand geführten Schnitte (Fig. 3) bemerkt man in der Kegel drei über einander gelegene Etagen von Cilien, selten und meist nur stellen- weise eine vierte; der Process der Zelltheilung und der nachträg- lichen Verwachsung der Fäden lässt sich hier in der gleichen Weise verfolgen, wie bei der Flächenansicht; nur tritt in dem gewebeartig verbundenen Theile bald eine lebhaftere Zellvermeh- rung ein, durch welche das Dickenwachsthum des Thallus und besonders die Bildung der kleinzelligen Rindenschichten an der Oberseite hervorgerufen werden. Ganz im Anschluss und Analogie zu diesem merkwürdigen Wachsthumsmodus erfolgt nun auch die erste Anlage der jungen Becher auf den alten Thallus-Oberflächen. Wie bereits hervor- gehoben, bestehen die jüngsten Zustäude aus einem kleinen dichten Haarbüschel. Diese Haare werden gebildet durch das Auswachsen einer Gruppe aneinander grenzenden Zellen der äusser- sten Rinderschicht. Die anfangs einfachen Ausstülpungen werden alsbald zu einer sich lebhaft theilenden Zellreihe, deren basale Zellen zuerst auswachsen, während die übrigen fortfahren, sich zu theilen. So wachsen diese Haare eine Weile fort, wobei die vom 26. October 1876. 9 in der Mitte der Gruppe befindlichen in der Regel einfach bleiben, grade empor wachsen und ihr Wachsthum bald sistiren, während die peripherischen einer unbegrenzten Fortentwickelung fähig sind, wobei ihr Spitzenwachsthum zwar erlischt, dafür aber in einer mittleren Region eine sehr lebhafte Zelltheilung eintritt. Diese peripherischen Haare verzweigen sich demnächst und bilden einen nach allen Seiten hin ausstrahlenden Kranz von Gilien. Auf dieser Stufe, wo der Habitus eines Bechers hervorzutreten beginnt, tritt dann auch eine feste Verwachsung der ganzen mittleren Haare und des basalen Theils der peripherischen zu einem Gewebe-Verbande ein; die weitere Fortentwickelung der jungen Anlage folgt dem oben dargestellten Wachsthums-Modus. Indem die mittleren Haare der Gruppe zu dem sogenannten Nabel verwachsen, ver- mögen dieselben nicht selten sich zu einer neuen Prolification zu entwickeln, wodurch zwei und mehr Thallus-Etagen über einander entstehen Können. Noch einen Einwand, der gegen die hier gegebene Darstellung vom Wachsthum des Zanardinia- Thallus erhoben werden könnte, will ich in Kürze beseitigen. Man könnte versucht sein zu glau- ben, dass die,.an der Basis der Cilien wahrzunehmende Zellen- Vermehrung ausschliesslich einen Zuwachs der Cilien selbst, nicht aber des Thallus-Gewebes bedinge. Allein dieser Deutung wider- spricht schon der Umstand, dass die Cilien an älteren Prolificationen nicht verhältnissmässig länger sind, als an jungen, ohne‘ dass man im Stande wäre, eine dem eventuellen Zuwachs an der Basis correspondirende Abwerfung der äussersten Zellen dieser Cilien nachzuweisen. Ganz unverträglich damit ist aber die Thatsache, dass ich die erste Anlage der Verzweigungen der Cilien an ihrem noch freien Theil entstehen sah, während diese Orte spä- ter in den gewebeartig verbundenen Theil aufgenommen werden. Diente die Theilung der basalen Zellen der Cilien nur zu einer Ver- längerung dieser letzteren, so müssten sie ihrer ganzen Länge nach mit Zweigen besetzt sein, sie sind aber stets in ihren älteren Theilen vollkommen einfach. Von den äussersten der sich theilen- den Zellen wird natürlich auch der unbedeutende Zuwachs der Cilien selbst versehen, die somit basales Wachsthum 1) besitzen. !) Auf das basale Wachsthum der Haare der braunen Algen wurde zuerst von Pringsheim hingewiesen (Beiträge zur Morphologie der Meeres- algen p. 9 u. 10, Taf. III A 1—5a, B 1 u. 2a). 42* 572 Gesammtsitzung Ausser dieser Verjüngung der Pflanze durch Prolification, welche zugleich eine ausgiebige Vermehrung der Individuen be- wirkt, findet man dann auf dem Thallus von Zanardinia (in Neapel im November und December) noch drei Formen von Fortpflan- zungsorganen, die wir nach der herrschenden Terminologie alle drei als Zoosporen bezeichnen können. Die erste dieser Formen findet sich in einzelligen Schläuchen, und soll von mir der Kürze halber ausschliesslich Zoospore genannt werden; die beiden an- deren wurden bereits von Crouan beobachtet und schliessen ihrer Gestalt nach sich ganz an die bekannten Fortpflanzungsorgane von Cutleria an. Die einfächerigen Zoosporangien (Fig. 4) bedecken die ganze Oberfläche eines alten Thallus oder doch beträchtliche, unregel- mässig abgegrenzte Theile desselben. Sie werden gebildet durch Auswachsen der oberflächlichen Zellen des Thallus, die sich zu vertical stehenden Schläuchen erweitern und dieselben dann durch eine Scheidewand abgliedern. Bilden alle an einander grenzende Rindenzellen Zoosporangien, so stehen dieselben sehr dicht, sie bleiben schmal ceylindrisch oder werden durch gegenseitigen Druck prismatisch. Entwickeln sie sich dagegen mehr weniger frei, in- dem benachbarte Rindenzellen nicht auswachsen, so wird die Ge- stalt der Zoosporangien keulenförmig, ihr oberer Theil kann sich sogar kugelig abrunden. Die Wand der Zoosporangien ist über dem Scheitel gallert- artig verdickt: sie öffnet sich hier durch Verflüssigung, um die Zoosporen austreten zn lassen. Die Zoosporen bilden sich in den schmalen Sporangien zu 4—6 in einer Reihe aus dem dichten, körnigen Plasma, welches den Schlauch erfüllt, in dem dicken Theil der keulenförmigen Schläuche liegen sie zu mehreren neben einander. Wenn die einzelnen Plasmaportionen als Zoosporen aus dem Schlauch hervorgetreten sind, nehmen sie eine birnenförmige Ge- stalt an (Fig. 5), die Pigmentkörner ziehen sich von dem spitzen Theile zurück, zwei Cilien werden hervorgestreckt und die Bewe- gung beginnt; nach Verlauf einiger Zeit setzt dann die Spore an der Wand des Gefässes, hineingestellten Objeetträger etc. sich fest, die Cilien werden eingezogen, die Spore nimmt Kugelgestalt an und binnen Kurzem ist an der Oberfläche eine Cellulose-Haut ab- geschieden. Sofort beginnt dann die Keimung. Dieselbe Kkennt- vom 26. October 1876. 573 zeichnet sich dadurch, dass die Kugel zur Eiform sich streckt und durch eine Querwand in zwei Zellen sich scheidet, deren untere, dem vorderen Ende der Zoospore entsprechende, eine flache Rhi- zomzelle mit wenig Inhalt bildet, während die obere Zelle durch fortgesetzte Theilung einen aufrechten Zellfaden erzeugt, der, sehr langsam fortwachsend, im Lauf von einigen Monaten eine beträcht- liche Länge zu erreichen vermag. Die beiden anderen Formen von Zoosporangien finden sich durcheinander wachsend constant auf anderen Individuen, als die einfachen. Sie sind gefächert und von sehr verschiedenem Aus- sehen: ich will sie der bequemeren Unterscheidung wegen als Oogonien und Antheridien, die in ihnen gebildeten Schwärmer als Eier und Spermatozoidien bezeichnen. Die Oogonien und Anthe- ridien bedecken in dichten Rasen einen grossen Theil der Ober- fläche der Thallusstücke, auf denen sie sich finden. Die Anthe- ridien sind kurz, die Oogonien lang gestielt, ihre Stiele haben un- gefähr die Länge der Antheridien, so dass sie über diesen letzteren eine zweite Etage in dem gemeinschaftlichen Rasen darstellen, was bereits von Crouan constatirt worden ist. (Vgl. Fig. 6.) Oogonien wie Antheridien entstehen durch Auswachsen der obersten Rindenzellen und sind insofern den Zoosporangien gleich- werthig. Was zunächst die Oogonien anlangt, so sind dieselben unverzweigt, der Stiel besteht aus zwei bis drei langen Zellen, der eigentliche Körper zeigt bei der Entwickelung alsbald eine Anschwellung gegen den Stiel und eine Fächerung in eine (nicht bestimmte, meistens 7 bis 8) Anzahl Segment-Zellen. Diese Quer- segmente theilen sich meistens wieder in zwei, z. Th. auch in vier Zellen durch Wände, die parallel oder an der Spitze auch wohl schräge zur Längslinie des Oogoniums stehen. (Fig. 7.) So enthält jede Querzone des Oogoniums 2—4 Fächer die sich mit dichtem, plasmatischem, braun gefärbtem Inhalt füllen; dieses Plasma zieht sich ein wenig zusammen und tritt durch eine an der Aussenseite in der Zellhaut resorbirte kreisrunde Öffnung ans Freie. Hier formt es sich rasch zu einem Schwärmer, welcher an Grösse und Aussehen (Länge 11 bis 14 Mikr.) ganz mit den ungeschlechtlichen Zoosporen übereinstimmt. Die Antheridien unterscheiden sich schon dadurch, dass sie grösstentheils nicht einfach sind, sondern auf einem kürzeren ein- zelligen Stiel oft zwei gabelförmig aus einander tretende Körper 974 Gesammtsitzung sitzen (Fig. 8). Dieselben, an und für sich auch schmäler, glie- dern sich in sehr flache Quersegmente, die ihrerseits sich wieder in zwei Zellen theilen; diese zur Längslinie des Antheridienkörpers parallel stehenden Theilwände liegen aber nicht alle in einer, son- dern meistens in zwei gekreuzten Ebenen angeordnet, so dass man bei der Seitenansicht keine durchgehende Theilungslinie sieht. In jeder dieser Zellen bilden sich, soviel ich ermitteln konnte, vier, im ganzen Quersogment also 8, sehr kleine (2—3 Mikr. lange) Primordialzellen, deren Protoplasma ausser einem braunen Pig- mentfleck farblos ist. Auch diese kleinen Plasmazellen treten, an- fangs zusammengeballt, seitlich aus ihrer Zellenhülle heraus, wickeln sich hier aus einander, strecken zwei lange Cilien aus und beginnen zu schwärmen. (Vgl. Fig. 10.) Die zugespitzt-birnenförmigen Schwärmer, welche ich oben Eier genannt habe, schwimmen eine Zeitlang im Wasser umher und setzen sich endlich mit der Seite an den Oberflächen der in das Wasser eingetauchten Glasplatten fest. Auch sie nehmen Kugelgestalt an, wobei das zugespitzte Vorderende seine beiden Geisseln verliert, und an dem nunmehr empfängnissfähig geworde- nen Ei einen farblosen Keimfleck darstellt. Ohne Weiteres wird in diesem Zustande keine Cellulose-Haut ausgeschieden, nur die gewöhnliche plasmatische Hautschicht ist sichtbar; nach einiger Zeit verschwindet aber auch diese, es bleiben nur die zusammen- geballten Pigmentkörnchen übrig, bis auch sie durch den fort- schreitenden Verwesungsprocess zerstört werden. Gelangt dagegen ein Spermatozoid in die Nähe eines zur Ruhe gekommenen Eies so tastet es sich mittels seiner Cilien an demselben hinauf bis znm Keimfleck (Fig. 11). Diesem schmiegt es auf das engste sich an, die Cilien verschwinden, es bohrt sich in die weiche Masse des Eies hinein, wo man dasselbe eine Zeitlang im Innern des Keimflecks als gesonderten Plasmakörper wahrnehmen kann, bis es durch eine beginnende Wanderung der Pigmentkörner verdeckt wird, welche in den Keimfleck eindriugen. Nach vollzogener Be- fruchtung!) erfolgt die Ausscheidung einer Cellulose-Schicht an der !) Ein Eindringen mehrerer Spermatozoidien in ein Ei habe ich nicht gesehen. Übrigens mache ich darauf aufmerksam, dass man bei der Beob- achtung dieses Befruchtungsprocesses besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit vom 26. October 1876, Hd Oberfläche, später Vacuolenbildung im Innern, Längsstreckung der Zelle und endlich @Quertheilung. Hierbei wird das ursprüngliche Vorderende zu einer kurzen, am Substrate haftenden Rhizom-Zelle, die obere Zelle erzeugt durch fortgesetzte Theilung einen aufrech- ten, frei von seinem Substrat sich emporhebenden Zellenfaden. Solche einfache gerade Fäden, die aus der keimenden. Oospore hervorgehen, stimmen ganz mit den aus der geschlechtslosen Zoo- spore entwickelten überein. (Fig. 12a, b.) Ich sah sie 10 Wochen hindurch langsam fortwachsen, ehe neue Bildungen an ihnen auftraten; sie mögen einstweilen als Larvenzustände von Zanardinia, und zwar, da sie die Stelle von Dauersporen vertreten, als Dauerlar- ven bezeichnet werden. Die geschlechtlich und die ungeschlechtlich erzeugten Dauer- larven gleichen sich ganz und gar; in der späteren Fortentwicke- lung scheint dagegen ein constanter Unterschied zwischen beiden aufzutreten, doch sollen diese Verhältnisse, da sie eine weitläufigere Auseinandersetzung erheischen, und besonders auch dem Vergleich mit Cutleria nicht entzogen werden können, erst in einer umfang- reicheren Arbeit, die sich auch speciell mit Cutleria befassen wird, zur Darstellung gelangen. Hier sei nur noch soviel bemerkt, dass ich wegen der ein- fächerigen Zoosporangien an der generischen Trennung von Zanar- dinia und Cutleria festhalte. Bei Cutleria, deren Arten alle diöcisch zu sein scheinen, sind die längst bekannten vielfächerigen Zoospo- rangien unzweifelhaft die weiblichen Geschlechtsorgane. Wenn Thuret beobachtete, dass dieselben ohne vorhergegangene Einwir- kung von Spermatozoidien keimten, so beweist das nichts dagegen, sondern zeigt nur, dass, da Cutleria keine besonderen geschlechts- losen Zoosporen besitzt, die Eier parthenogenetisch deren Stelle vertreten können und bei Abwesenheit der Antheridien auch eventuell geschlechtslos zu keimen vermögen. Übrigens besitzen die von mir erzielten geschlechtlich erzeugten Keimpflänzehen der anzuwenden hat. Da der Keimfleck seitlich liegt, so kann ein Spermatozoid leicht unter denselben sich begeben, was bei oberflächlicher Betrachtung aus- sieht, als sei es eingedrungen. Hiervon darf man sich aber nur überzeugt halten, wenn man bei scharfer Einstellung auf den Randeontour den optischen Durchschnitt des Keimfleckes sieht und in diesem das Spermatozoid. 876 Gesammtsitzung Cutleria multifida ein ganz anderes Aussehen als die von Thuret abgebildeten ungeschlechtlich entstandenen. Doch will ich auch hierin anderen ausführlichen Mittheilungen nicht weiter vorgreifen; es sollte die dargelegte Beobachtung über den Befruchtungsprocess von Zanardinia und über die beiden For- men ungeschlechtlicher Fortpflanzung durch Prolification und Zoo- sporen nur dazu dienen, den Kreis der Erscheinungen, welche zur Erhaltung der Art bei den Kryptogamen sich finden, etwas zu er- weitern und namentlich die bereits festgestellten Typen des Zeu- gungsprocesses dieser Gewächse noch inniger mit einander zu verknüpfen. Denn nicht spalten sollen wir, sondern verbinden, das ist die Aufgabe der vergleichenden Forschung; ein Gedanke, dem auch ganz besonders von Pringsheim Ausdruck verliehen wird in seiner denkwürdigen Arbeit über die Entwickelung von Pandorina, wo mit Recht die Paarung der Schwärmsporen dieser Pflanze als die morphologische Grundform der Zeugung im Ge- wächsreiche betont wird, aus welcher die übrigen Typen sexueller Differenzirung?) wie die Strahlen aus einer gemeinsamen Lichtquelle sich ableiten lassen. Etwas wesentlich Neues wird auch durch die Form des Zeugungsaktes von Zanardinia nicht geboten. Durch die grosse Reihe glänzender Entdeckungen über den Befruchtungs- process bei zahlreichen Algen, die wir Pringsheim verdanken, und welche ich mit den Ergänzungen, die sie durch die Beobach- tungen von Thuret und besonders von Cohn erfahren haben, für die bedeutendste Errungenschaft der Pflanzenphysiologie in den drei letzten Decennien halte, sind wir in den Stand gesetzt, die habituell so verschiedenartigen Erscheinungen von der Befruchtung bei Vaucheria und Oedogonium bis zur Zygosporenbildung von Mesocarpus als die morphologisch zu grosser Mannigfaltigkeit sich gestaltenden Formen eines und desselben Processes anzusehen, wo eine Zelle von zwei elterlichen Zellen diejenigen Eigenschaften ererbt, welche es ihr ermöglichen, sich fortzuentwickeln und die Formenreihe der Pflanzen-Individuen, von denen sie abstammt, zu durchlaufen. Der Zeugungsakt, den wir bei Zanardinia kennen lern- ten, besteht in einer Paarung von Schwärmsporen. Seine specifische Eigenthümlichkeit besteht aber in der eklatanten Differenzirung der !) Zunächst allerdings unter Reserve hinsichtlich der Pilze und Florideen. vom 26. October 1876. HL: beiden Geschlechter und darin, dass der weibliche Schwärmer in einen Ruhezustand übergeht, bevor er empfängnissfähig wird. — Vorstehende Mittheilung ist ein Bruchstück aus einer grösseren Reihe entwickelungsgeschichtlicher Untersuchungen, welche ich im vergangenen Winter in der zoologischen Station zu Neapel anzu- stellen Gelegenheit fand. Ich kann nicht unterlassen, den Herren Beamten der Station für das mir stets bewiesene Entgegenkommen, durch welches meine Arbeiten wesentllich gefördert wurden, schon hier meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Erst während der Correetur kommt mir der Aufsatz von Janczewski in dem soeben erschienenen Jahrg. 1575 der Me- moires etc. de Cherbourg über das Wachsthum des Phaeosporeen- Thallus zu Gesicht, welcher auch Bemerkungen über die Fort- bildungs-Region von Cutleria multifida enthält. Die Ansicht des Verfassers über das basale Wachsthum der-Cilien ist unzweifel- haft richtig, seine übrigen Deutungen werde ich an anderer Stelle zu besprechen Gelegenheit finden. Erklärung der Tafel. Fig. 1. Ein altes, aufgewachsenes Exemplar von Zanardinia collaris. Der grösste Theil der dunkellederbraunen Oberfläche war mit dichtgedrängten einfächerigen Zoosporangien bedeckt !), da- zwischen erheben sich mehrere Gruppen der hellgelb gefärbten Prolificationen in verschiedenen Entwickelungsstufen, die jüngsten bei a. — Natürliche Grösse. Fig. 2. Ein Stück der Randparthie einer becherförmigen Pro- lifieation von etwa 1 Centim. Durchmesser in der Flächenansicht von oben. Die randständigen Cilien gehen nach rückwärts in ra- dial verlaufende Doppelreihen von Zellen über, die Zellenvermeh- rung in radialer Richtung erfolgt in der noch freien Basis der Cilien. a Zweigbildung der Reihen. — Mittlere Vergrösserung. Fig. 3. Radialer Längsschnitt aus dem Rande derselben Pro- lifieation; a Zweigbildung, o Oberseite, u Unterseite des Thallus. — Mittlere Vergrösserung. /. my 37 518 Gesammtsitzung Fig. 4. Schnitt durch einen Sorus einfächeriger Zoosporan- gien. Bei « das Plasma der Schläuche noch ungetheilt, bei b die Zoosporen gesondert, bei c die Schläuche entleert. — Mittlere Ver- grösserung. Fig. 5. Zwei Schwärmsporen aus einfächerigen Sporangien. — Mittlere Vergrösserung. Fig, 6. Schnitt aus einem Sorus von Geschlechtsorganen. @ Oogonien, b Antheridien. — Mittlere Vergrösserung. Fig. 7. Oogonium, bei o die Fächer entleert. — Starke Ver- grösserung. Fig. 8. Antheridium, theilweise entleert. Fig. 9. Schwärmende Eizellen. Fig. 10. Spermatozoidien. Fig. 11. Befruchtung. Fig. 12. Keimung der Spore. Die vier letzten Figuren sind sehr stark vergrössert. !) Die geschlechtlichen Individuen haben das gleiche Aussehen und pro- liferiren in derselben Weise. Hr. Rammelsberg legte folgenden Auszug der von Hrn. Alexander Sadebeck mit Benutzung der von G. Rose vor- handenen Aufzeichnungen verfassten Abhandlung vor: Über die Krystallisation des Diamanten. G. Rose hat sich in den letzten Jahren seines Lebens vor- nehmlich mit dem Studium der Krystallisation des Diamanten be- schäftigt, wovon die zahlreichen und wichtigen interessanten Beob- achtungen, welche er über diesen Gegenstand hinterlassen hat, Zeugniss ablegen. Leider war er noch nicht dazu gekommen den Stoff zu ordnen und zu sichten, so dass kein eigentliches Manu- script vorliegt. Mit grosser Freude empfing ich von der Familie G. Rose’s die über den Diamanten vorhandenen Aufzeichnungen, um das be- gonnene Werk zum Abschluss zu bringen. Are, Lıith. ron L, 2b. 9 ‘ ILL 1.d. W! 1816: D “4 Moneatsbericht d.h De Peters u. Reinke del. vom 26, October 1876. 579 Je mehr ich nun über diesen Gegenstand arbeitete, desto mehr wurde mir klar, dass die Benutzung eines möglichst grossen Ma- terials zur Begründung eines sichern Urtheils unbedingt nothwendig sei. Reichliche Gelegenheit dazu wurde mir in Hamburg und Am- sterdam geboten. Die Fülle des Materials brachte mich schliesslich zu einer andern Auffassung, als G. Rose gehabt hatte, während nach ihm der Diamant als hemiödrisch zu betrachten ist, so scheint mir nun- mehr nach der sorgfältigsten Prüfung seine holo@drische Natur un- zweifelhaft. Der Diamant lehrt recht deutlich, dass man bei dem Studium der Formen dieselben nicht als fertige betrachten darf, sondern die Art und Weise ihrer Bildung erforschen muss, wes- halb auch schon G. Rose dem Bau des Diamanten besonders seine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Mir scheint es sehr wahrschein- lich, dass G. Rose im Verfolg des Studiums der Tektonik des Diamanten seine Ansicht über die Hemiödrie aufgegeben haben würde. Die Betrachtung der äusseren Formen und der Krystallote- ktonik einer krystallisirenden Substanz müssen Hand in Hand gehen, wenn man einen richtigen Einblick in die Gesetze der Krystallisa- tion erlangen will. Von den 7 Formen des regulären Systems sind nach dem jetzigen Stande unserer Kenntniss sämmtliche mit Ausnahme der Ikositetraöder beobachtet. Das Fehlen der letzteren betont schon G. Rose bei Gelegenheit der Besprechung der durch Verbrennung erhaltenen regelmässigen Eindrücke, welche von Flächen des Iko- sitetraäders (a:a: 4a) begrenzt sind. Dass jedoch Ikositetraäder, wenn auch nicht herrschend, so doch in Combination auch äusser- lich vorkommen, geht aus einer Zeichnung G. Rose’s hervor und auch ich habe öfters derartige Krystalle beobachtet, bei denen die Kanten des Hexakisoktaäders durch gekrümmte Flächen gerade abgestumpft sind. Die Krümmung der Flächen war leider hinder- lich, das Zeichen mit Sicherheit zu ermitteln, der Umstand jedoch, dass die Hexakisoktaäder meist Tetrakisdodekaöder sind, deutet anf (a:a: 4a). Dasselbe Ikositetraöder konnte ich dann mit Sicher- heit an einem treppenartigen Krystall des Kieler Museums messen und an demselben Krystall liess sich noch (a: a:4a) bestimmen. Die Feststellung der krystallographischen Zeichen der übrigen Formen stösst wegen der so häufigen Wölbungen der Flächen auf 980 Gesammtsitzung grosse Schwierigkeiten, woraus es sich leicht erklärt, dass die bis- herigen Angaben unzureichend sind. Die Hexakisoktaäder, welche beim Diamant eine so her- vorragende Rolle spielen, wie bei keinem andern Mineral, sind viel- fach vicinale Formen und zwar zunächst aus den durch die rhom- bo@drischen Axen bestimmten Zonen, so dass sie zu der Abthei- lung der Tetrakisdodekaäder gehören, wie das von Miller ange- gebene (a: 4a: 4a). Trotz der Wölbungen der Flächen versuchte ich die Winkel mit dem Reflexionsgoniometer zu messen, erhielt aber uatürlich keine scharfen Bilder, sondern konnte nur auf die deutlichsten Endreflexe einstellen. Es ergab sich daraus als das dem Okta&äder am nächsten stehende Tetrakisdodekaäder (a: 4a:4a) und als ein ferneres, häufiger wiederkehrendes (a: 4a: La). Diese letztere Form scheint eine grössere Verbreitung zu haben, da die ebenen Winkel des symmetrischen Sechsecks, welches die Combinationskanten auf den Oktaöderflächen bilden, nach annähernden, von G. Rose aus- geführten Messungen auch auf diese Form hinführen. Auf ähnliche Weise bestimmte G. Rose noch die Form (a:ta: 4a), welche sehr gut in die Reflexreihe passt. Die Form (a:$3a:-4a) scheint nicht mit dem Oktaäder direkt in Combination zu treten, da die Combinationskanten auf den Ok- taöderflächen nach G. Rose’s und meinen Beobachtungen nie re- guläre Sechsecke bilden. Die dreierlei Kanten der Hexakisokta@der sind verschieden beschaffen, die längsten scharf und so gekrümmt, dass sie mit den Dodekaäderkanten ihrer ganzen Länge nach in einer Ebene liegen, die kürzesten gleichfalls scharf, aber vielfach geknickt, so dass sie in ihrem Verlauf nicht mit den kürzeren Diagonalen der Dodekaöderflächen in eine Ebene fallen und die mittleren treten als Kanten nicht scharf hervor, indem in ihnen die Hexakisokta£- der in ihre Zwischenformen die Tetrakishexa@der übergehen. Je mehr diese Kanten zurücktreten, desto mehr erhalten die Formen das Aussehen von Tetrakishexaödern. Derartige Formen hat G. Rose als (a:$a: ooa) und (a:14a :ooa) bestimmt, von denen die erstere schon Levy angiebt. Die von Miller angeführte Form (a:3a: oa) konnte ich an dem schon oben erwähnten 'Treppendiamanten durch Zonenverband ermitteln. Je mehr sich in dem Zeichen (a: 1/ma:ooa) der Ooäfficient vom 26. October 1876. 58i 1/m 1 nähert, desto mehr erhalten die Tetrakishexaäder das Aus- sehen von Dodekaödern, wie es bei den brasilianischen Krystallen mit sphaeroidischen Flächen der Fall ist. G. Rose hebt hervor, dass die mit dem Hexaöder vorkom- menden Tetrakishexaöder, welche als Zuschärfungen der Hexaöder- kanten erscheinen, wesentlich anderer Art sind, als die eben er- wähnten. Ihr Zeichen konnte als (a:4a: oa) und (a:4a: oa) festgestellt werden. Von theoretischem Interesse sind noch die Beziehungen der Tetrakisdodekaöder und Tetrakishexaäder zu einander, indem in die Zonen eines bestimmten Tetrakisdodekaäders (a: La: l/ma) m mit dem Oktaöder immer die Flächen des Tetrakishexa@ders (a: a: ooa) fallen, so dass diese beiderlei Formen auch gleiche 101 Sechsecke auf den Oktaöderflächen bilden, z.B. (a:da:4a) und (a:$a: 00a) (a:la:4a) „ (a:3a:0oa) ete. Es ist also hier eine gegenseitige Abhängigkeit in den Para- meterverhältnissen je zweier mit dem Oktaöder in eine Zone fal- lender Formen vorhanden, welche sich auch weiter auf das Ikosi- tetraöder dieser Zone erstreckt, wie man sich leicht an einer Li- nearprojection überzeugen kann. Die Triakisoktaöder kommen, wenn auch. nicht häufig, so doch selbständig in Brasilien vor und nähern sich durch die Strei- fung parallel den längern Kanten den nach den längern Diago- nalen gestreiften Dodekaödern. Miller bestimmte ihr Zeichen als (a:da:4a). Bei weitem die meisten Krystalle sind in allen Oetanten gleichmässig oder doch nahezu gleichmässig ausgebildet, jedoch kommen auch hemiödrisch ausgebildete Formen vor, so Doltoid- dodekaöder in Brasilien, Hexakistetraäder in Süd-Afrika, dagegen sind einfache Tetraöder (abgesehen von den Spaltungsstücken) mit Sicherheit nicht beobachtet. Die hemiödrisch ausgebildeten Kry- stalle mussten zu der Frage führen, ob der Diamant hemi- drisch sei. Dass die Ausbildung allein nicht genügt, ein Mineral für he- miödrisch zu halten, dürfte kaum zu bestreiten sein. Es gehört zur Hemiödrie, dass ein Unterschied in den Formen 1. und 2. Stellung, in ähnlicher Weise, wie beim Borazit, der Blende ete, 552 Gesammtsitzung nachweisbar ist. Einen derartigen Unterschied konnte jedoch we- der G: Rose noch ich beim Diamant auffinden. Dafür, dass beim Diamant die Hemiödrie nur eine Ausbildungsform ist, spricht der Umstand, dass in Süd-Afrika Krystalle vorkommen, welche an dem einen Ende einer Grundaxe holoädrisch, an dem andern da- gegen hemiädrisch sind. Anderweitige eigenthümliche Ausbildungsformen sind dann noch die nach einer rhomboädrischen Axe so häufig verkürzten oder ver- längerten und die nach einer prismatischen Axe verlängerten Do- dekaöder aus Brasilien. Von grosser Bedeutung ist bei den Diamantkrystallen die Zwillingsbildung nach dem im regulären System so häufigen sog. Spinell- Gesetz „Zwillingsaxe eine rhomboädrische Axe*. In Brasilien kommen einfache Aneinanderwachsungszwillinge mit der Zwilllngsebene vor, bei denen das Oktaöder herrscht und die Kry- stalle in der Richtung der Zwillingsaxe stark verkürzt sind, so dass sie als kleine dreieckige Tafeln erscheinen. Ein recht charakteristisches Aussehen erhalten die Aneinander- wachsungszwillinge mit der Zwillingsebene dadurch, dass die Hexa- kisoktaöderflächen häufig herrschen. Da diese Tetrakisdodekaäder- flächen sind, so fehlen an der Zwillingsgrenze die einspringenden Winkel, es fallen je 6 Flächen beider Individuen in eine Ebene und bilden ein symmetrisch 6eckiges Prisma, bei welchem die spitzen Winkel deutlich hervortreten, so dass es ein allgemein dreieckiges Aussehen erhält. An den Enden der Zwillingsaxe liegen symme- trisch 6flächige Pyramiden, deren Endecken bei den Süd-Afrikani- schen Zwillingen meist durch die Oktaöderflächen abgestumpft sind. Zuweilen fehlen auch die Oktaöderflächen und es herrschen nur die Pyramiden, welche dann eine Doppelpyramide bilden. Durch Ausdehnen und Übergreifen des einen Individuums über die Zwillingsebene entstehen Ineinanderwachsungszwillinge, welche sich mitunter sehr den Durchwachsungszwillingen nähern. Bei den dodekaödrischen Krystallen mit sphaeroidischen Flä- chen aus Brasilien hat schon G. Rose wiederholte Zwillingsbildung beobachtet, indem mehr oder weniger breite Zwillingslamellen ganz in ähnlicher Weise, wie bei der Blende, die Krystalle nach einer oder mehreren Richtungen durchsetzen. Die dadurch entstehende Lamellarstructur hat Brewster bei einigen Rosetten auch optisch nachgewiesen. vom 26. October 1876. 583 Wieder eine andere charakteristische Art der Zwillingsbildung zeigen die hexa@drischen Krystalle, bei denen nur Durchwachsungs- zwillinge, wie beim Flussspath vorkommen. Ausser diesem Spinell-Gesetz nahm G. Rose noch das Ge- setz an „Zwillingsaxe eine prismatische Axe“, welches nur bei hemiödrischen Krystallen möglich ist. Zu dieser Ansicht wurde er durch einzelne Formen geführt, weiche wie zwei durcheinander- gewachsene tetraödrische Krystalle aussehen, und durch Okta&der aus Brasilien, welche eingekerbte Kanten haben. Sind derartige Oktaöder Durchwachsungszwillinge, so müssen alle äusserlich zur Erscheinung kommenden Oktaöderflächen gleicher Art sein. Auf diese Weise erklärte G. Rose den Umstand, dass es nicht mög- lich ist, einen Unterschied der Formen 1. und 2. Stellung aufzu- finden. Es müssten dann sämmtliche holoädrische Krystalle Durch- wachsungszwillinge sein und die Zwillinge nach dem Spinell-Gesetz Doppelzwillinge. Bei den Oktaödern mit eingekerbten Kanten könnte man dann aber erwarten einen Unterschied zwischen den äusseren Flächen und den die Kerben bildenden aufzufinden, was mir nie möglich gewesen ist und worüber sich auch in G. Rose’s Papieren nichts findet. Die Frage, ob man auf eine andere Weise, als durch das G. Rose’sche Zwillingsgesetz die Durchwachsungstetraäder und Ok- taöder mit gekerbten Kanten erklären kann, erheischt ein genaues Studium der Krystallotektonik des Diamanten. Schon auf den ersten Blick erkennt man bei den oktaedri- schen Krystallen einen deutlich schaligen Bau parallel den Oktaö- derflächen. Die Schalen sind seitlich theils von Oktaäöderflächen allein, theils von. Hexakisoktaöderfächen, deren Zwischenflächen Triakisoktaödern oder Ikositetraödern angehören, begrenzt. Geht man von der einfachsten Begrenzung durch Oktaäderflächen aus, so sind folgende Fälle der Schalenbildung möglich. 1. Die Schalen sind grösser, als ihre Unterlage und berühren sich in Oktaöderkanten, so dass das fortgebildete Oktaöder einfach umhüllt wird. 2. Die Schalen bedecken zwar die unterliegende Oktaöder- fläche, aber je zwei in benachbarten Oktanten liegende schneiden sich nicht in ausspringenden, sondern einspringenden Kanten, es entstehen also Oktaöder mit gekerbten Kanten und an den Ecken 9854 Gesammtsitzung rechtwinklig sich schneidende tetraädrische Kanten. „Je weiter die Bildung geht, desto tiefer wird die Kerbe, desto kleiner die äussern Öktaöderflächen und wenn schliesslich die letztern ganz zurück- treten, so erscheinen die Krystalle wie Durchwachsungstetraäder. 3. Die aufliegenden Schalen sind kleiner, als ihre Unterlage, verjüngen sich also nach aussen. Es findet dann eine Intermittenz von Oktaöderflächen statt und das Resultat derselben ist das Do- dekaöder, wenn die parallelen Kanten immer in eine Ebene fallen. Derartige Dodekaöder sind also nur Scheinformen und erkennbar an den Streifen parallel den längeren Diagonalen. G. Rose zeich- net derartige Dodekaäder aus Brasilien, deren Flächen durch her- ausragende Ecken von Schalen in Zwillingsstellung drusig sind. Findet eine zunehmende Verjüngung der Schalen nach den End- punkten der rhombo&@drischen Axen hin statt, so sind Triakisok- taöder das Resultat. Betrachtet man nun genauer die sg. Durchwachsungstetra&- der, so zeigen diese den schaligen Bau auf’s deutlichste, da sie nicht von wirklichen Tetraöderflächen, sondern von stark gestreiften, geknickten, treppenartigen oder gekrümmten Schein- flächen begrenzt sind. Die Schalenbildung ist bei einigen Bra- silianischen Krystallen eine so vollkommene, dass weder Ok- taöder selbst, noch die Kerben an den Kanten deutlich zur Er- scheinung kommen, sondern Krystalle ohne scharfe Begrenzung. Kommt dann noch Hypoparallelismus der Schalen hinzu, so ent- stehen rundliche und kugelige Gestalten. Ebenso wie bei der Begrenzung der Schalen durch Oktaäder- flächen erhält man die Ähnlichkeit mit Durchwachsungszwillingen wenn die Schalen von Hexakisoktaöderflächen begrenzt sind, die den angrenzenden Oktanten angehören, was bei oktaädrischer Be- grenzung immer der Fall sein muss. Man kann bei Süd -Afrikani- schen Oktaödern häufig den Schalenbau in der Weise beobachten, dass auf einer Oktaöderfläche bald Flächen aus den benachbarten, bald aus demselben Oktanten, bald aus den beiderlei Oktanten die Schalen begrenzen, die Bedeckung der Schalen bald eine grössere, bald eine kleinere ist und zuweilen warzenartig Ecken auf den Oktaöderflächen aufgesetzt sind. Eingekerbte Kanten treten hier nur selten deutlich hervor, es sind nur unregelmässig ver- laufende Rinnen als das Resultat einer schuppenartigen Auflagerung von Subindividuen auf den Hexakisoktaäderfiächen. Diese Flächen DE N a vom 26. October 1876. 585 selbst sind dann gekrümmt, mit warzen- und zitzenartigen, auch schuppenartigen Erhabenheiten bedeckt. Häufiger sind eingekerbte Kanten bei den oktaödrischen Kry- stallen aus Brasilien. Im Berliner Museum befindet sich auch ein Durchwachsungshexakistetraäder, welches den schaligen Bau deut- lich hervortreten lässt und im Innern der einspringenden Winkel die Kanten eines holoäödrischen Kerns zeigt. Eingekerbte Kanten kann man auch bei Oktaödern anderer Mineralien beobachten, welche unzweifelhaft holoädrisch sind, z. B. bei Bleiglanz, Rothkupfererz, ferner bei Hexaödern, z. B. beim Flussspath ete. Wie bei diesen Mineralien liegt auch beim Dia- mant kein zwingender Grund vor, die durch Schalenbildung sich erklärende Kerbung, auf Zwillingsbildung zurückzuführen. Mit dem Diamant würde somit das Hauptbeispiel für Durch- wachsungszwillinge von Tetraödern nach dem Gesetz „Zwillingsaxe eine prismatische Axe“ fallen. Da auch beim Fahlerz das Gesetz nicht mit Sicherheit nachgewiesen ist, so bliebe allein die Wismuth- blende übrig, deren hemiädrischer Charakter jedoch auch nicht zwei- fellos ist. Die kürzlich von P. Groth als Zwillinge beschriebenen Durchwachsungstetraäder des chlorsauren Natrons sind nur dann wirkliche Zwillinge, wenn erwiesen ist, dass beide Tetraöder glei- cher Stellung sind, kommt dagegen dem einen die 1., dem andern die 2. Stellung zu, so haben sie bei den Durchwachsungen beide ihre ursprüngliche gegenseitige Stellung. Die unvollkommene Bedeckung der Schalen findet nicht nur nach aussen in einspringenden Winkeln, sondern auch nach innen statt, wodurch die schon von G. Rose erwähnten dreieckigen Ver- tiefungen auf den Oktaöderflächen entstehen. Bei den sphaeroidisch dodekaödrischen Krystallen aus Brasilien, welche verschieden sind von den schon beschriebenen, nach der lan- gen Diagonale gestreiften Dodekaödern, tritt der Schalenbau sehr zu- rück, auch lässt sich die Wölbung der Flächen nicht durch einfachen Schalenbau parallel den Oktaöderflächen erklären. Denkt man sich nemlich auf die Flächen eines Oktaöders mit zugespitzten Ecken sehr dünne Schalen aufgelegt, welche immer kleiner und kleiner werden, so erhält man Hexakisoktaöderflächen, deren Krümmungs- axe ihre Combinationskante mit dem Oktaöder sein muss. Nun sind aber die Flächen nicht nur in dieser Zone gewölbt, sondern es ist auch eine Wölbungszone vorhanden, deren Axe eine rhom- [1876] 43 556 Gesammtsitzung boädrische Axe ist. Dies erklärt sich daraus, dass sich auf den durch Schalenbau gewölbten Flächen selbst wieder Subindividuen abgelagert haben, wodurch die Krystalle zuweilen fast kugelig er- scheinen. Eine durch mechanisches Abrollen entstandene Flächen- wölbung ist durch die Oberflächenbeschaffenheit und die scharfen Kanten ausgeschlossen. Auch die hexa@drischen Krystalle lassen den Schalenbau nach den Oktaöderflächen deutlich hervortreten, indem die Oktaäöderflächen glatt, die Dodekaöderflächen nach den längeren Diagonalen gestreift und die Hexaöderflächen stark drusig, mit mehr oder minder grossen, von Ikositetraödern herrührenden Vertiefungen bedeckt sind. Demnach muss man die Oktaöderflächen als tektonische Haupt- flächen betrachten und die in ihnen liegenden prismatischen Axen als Axen der tektonischen Hauptzonen. (Charakteristisch ist es, dass die Zwischenformen aus den Hauptzonen selbst, Triakisok- taöder und Ikositetraöäder, am häufigsten in den natürlichen und durch Verbrennung hervorgebrachten Vertiefungen auftreten, also bei den Subindividuen, während äusserlich, das ist bei den Haupt- individuen, Flächen aus vieinalen Zonen erscheinen, welche ihrer- seits die rhomboädrischen Axen als Zonenaxen haben. Schliesslich treten noch bei den hexaödrischen Krystallen mit zugeschärften Kanten die Grundaxen als Zonenaxen auf. Die prismatischen Axen sind unter anderm beim Bleiglanz tektonische Hauptaxen, trotzdem ist das Bleiglanzsystem wesent- lich vom Diamantsystem verschieden. Dieser Unterschied ist dadurch zunächst ausgesprochen, dass die Einigung der Subindividuen beim Bleiglanz nicht nur in den Ebenen je dreier prismatischer Axen, sondern auch in denen je zweier, sich rechtwinklig schneidender, also in Hexaöderflächen stattfindet, die Zwischenformen aus den Zonen der tektonischen Hauptaxen stark ausgebildet sind, ihre Endformen dagegen sehr zurücktreten und die rhomboädrischen Axen als Zonenaxen keine Bedeutung haben. Während beim Bleiglanz sg. regelmässige Verwachsungen und Skelettbildungen häufiger sind, so fehlen die ersteren beim Dia- mant gänzlich und die letztern sind grosse Seltenheiten, wie über- haupt die Anordnung der Subindividuen beim Diamant ausser- ordentlich wenig direkt hervortritt. Bee vom 26. October 1876. 587 Der Umstand, dass die meisten Diamantkrystalle vollkommen gleichmässig, abgesehen von den regelmässigen Vertiefungen, aus- gebildet sind, lässt auf eine sehr ruhige Bildung bei spärlicher Zufuhr schliessen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Revue scientifique de la France et de letranger. No. 17. Octobre 1876. Bagısıı 4 Boletin de la Sociedad geografica de Madrid. Tomo I. N.1. Julio 1876. Madrid 1876. 8. Sitzungsberichte der philos.-philol. und hist. Classe der k. bayr. Akademie der Wissenschaften. 1876. Bd.I. Heft III. IV. München 1876. 8. Mnemosyne. Nova Series. Vol. IV. Lugd. Bat. 1876. 8. Polybiblion. — Revue bibliographique univ. — Part. techn. II. Ser. T. II. Livr. 10. Octobre. Paris 1876. 8. Part. litt. II. Serie. T. IV. Livr. 4. Oct 2 1ber.eod. .8. Bulletin de la Societe de geographie. Sept. 1876. Paris 1876. 8. Atti della Societ@ italiana di scienze naturali. Vol. XVII. Fasc. I— IV. Milano 1875/76. 8. Memorie della Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna. Serie III. Tomo VI. Bologna 1875. 4. Rendiconto delle sessioni dell’ Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna. Anno accademico 1875/76. ib. 8. M. Marie, Theorie des fonctions de variables imaginaires. T. 3. Histoire de cet ouvrage. Paris 1876. 38. Öfversigt af Kongl. Vetenskaps Akademiens Förhandlingar. 33: dje Arg. 1876. N. 2.3. Stockholm 1876. 8. Bulletin de la Societe des sciences de Nancy. Serie I. T. I. Fase. III. 8. An- nee 1875. Paris 1876. 8. 15ter Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Mit 1 Steindrucktafel. Giessen 1876. 8. 43* 958 Gesammtsitzung vom 26. October 1876. Preisschriften gekrönt und herausgegeben von der Fürstlich Jablonowski’schen Gesellschaft zu Lelpzig. N. XI. XII der histor.-nationalökonomischen Sec- tion. Leipzig 1876. 8. . Blau, Die Orientalischen Münzen des Museums der K. hist. arch. Gesell- schaft zu Odessa. Mit 1 Münztafel. Odessa 1876. 4. .Von dem Ver- fasser. Am 7. October starb Hr. Georg Heinrich Pertz, Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Akademie. 30. October. Sitzung der philosophisch-historischen Klasse. Hr. Hercher las: Kritische Bemerkungen über Herodianos. Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 30. October 1876. 589 Hr. Mommsen legte folgende Abhandlung des Hrn. Ber- nays in Bonn vor: Philon’s Hypothetika und die Verwünschungen des Buzyges in Athen. Eusebios leitet die Mittheilung der Bruchstücke aus einer ver- lorenen Schrift des Philon, welche das sechste und siebente Kapitel des achten Buches seiner "evangelischen Vorschule fül- len, mit folgenden Worten ein (p. 355” Viger.): eure ds ou Piiwvos ra regt 175 am Alyurrov mogsiees rav Tovdaıo, nv memwoimvran Muceus Yyovmevov, ArO ToÜ meWToU FUYYOEMMRFOS Bv emeygonlev WroSerizuv, zvOe roV Umso Tovdausv, wg Moos HarNyogous aurov, moroUmevos Aoyov radr« usw‘ Der Verfasser des bisher einzigen Commentars zu dem Werke des Eusebios, der in philologischen Kreisen durch seine Arbeit über die griechischen Sprachidiome be- kannte Franciscus Vigerus, ward durch den Titel YroSerize in Verlegenheit gesetzt, und er sucht sich aus derselben durch ein Auskunftsmittel zu retten, das für einen vorwärts eilenden Com- mentarschreiber verzeihlich sein mag. Statt sich umzusehen, ob nicht YroSerizae auch sonst noch als Titel einer bestimmten Schrif- tengattung vorkomme, begnügt er sich mit einer vermuthungswei- sen Erklärung, wie sie aus der ersten besten Bedeutung des viel- deutigen Verbums üUroriSerSeı entsponnen werden kann; er sagt: si ex praesenti fragmento conieeturam ducere liceat, id ei placuisse no- men videtur, quod hoc in opere ze’ öroSerw ut plurimum dispu- taret ac frequenter dilemmate proposito, alterutrius partis optionem daret, sic tamen ut ex utraque postmodum zT öÖroSerw ingeniose tractata suam in rem argumenta duceret. Dieser Versuch, den Titel WroSerz« zu erklären, ist während der zwei seit Vigerus verflossenen Jahrhunderte, meines Wissens, durch keinen anderen ersetzt worden; noch Ewald wiederholt im Wesentlichen Vigerus’ Worte, nur mit dem Unterschiede, dass er apodiktisch hinstellt, was Vigerus bescheiden als eine blos "aus dem vorliegenden Bruch- stück geschöpfte Vermuthung vorgetragen hatte. Ewald’s Äus- serungen lauten (Gesch. des Volkes Israel 6°, 304): “Philon klei- “dete die Beweisführung in Vermuthungen ein, als müsse man so- 590 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse “gar nach blossem Muthmaassen und zweifelndem Forschen die ‘eigenthümlichen Ansichten und Sitten der Judäer für die besten ‘halten. So überschrieb er dieses Buch „Muthmassliches über die Judäer“. Wie ist es nun aber thatsächlich mit diesen "hypotheti- schen Einkleidungen bewandt? In dem zweiten, das jüdische Ge- setz besprechenden Abschnitt, welcher Eusebios’ siebentes Kapitel füllt und doppelt so gross wie der erste ist, finden sie sich gar nicht; und in dem ersten Abschnitt, welcher in dem kurzen sechs- ten Kapitel des Eusebios vorliegt, sind dilemmatische und 'muth- massliche Wendungen nur zweimal anzutreffen. Philon behandelt dort den Auszug aus Aegypten und die Eroberung Palästina’s; beide Ereignisse sollen, “den Widersachern der Juden gegenüber‘, deren Bekämpfung er, nach Eusebios’ eben (S. 589) angeführten Worten, unternimmt, in ihr wahres und damit zugleich in ein den Juden günstiges Licht gesetzt werden. Zunächst will er die Schmähsüchtigen zurückweisen, welche Moses, den Leiter des Aus- zuges aus Aegypten, einen Hexenmeister und pfiffigen Beschwätzer (yens zen zegrun) Acyav) gescholten hatten. Philons Verfahren hierbei ist nicht geschickt, weil er allzu oifen von der, freilich den meisten Apologeten eigenen, Voraussetzung ausgeht, dass die An- greifer nicht bibelfest sind. Als wenn die Bibel nicht deutlich und häufig genug von den Auflehnungen der aus Aegypten Befreiten gegen ihren grossen Führer berichtete, wagt Philon zu behaupten, dass der lange Zug durch die Wüste trotz aller Beschwerden und Gefahren in stets unerschüttertem Gehorsam des Volks gegen Mo- ses verlaufen sei. Und aus dieser Behauptung weiter folgernd, richtet er dilemmatische Fragen an den Gegner: vom 30. October 1876. Was beliebt dir nun? Sollen wir sagen, Moses habe solche Rede- kunst oder Redegewalt oder sol- che Einsicht besessen, dass er so unzähliger und grosser, mit allgemeinem Untergang drohen- der Fährlichkeiten Herr werden konnte? oder aber die ihm Un- tergebenen seien nicht rohen und widerspänstigen, sondern fügsa- men und besonnen die Zukunft erwägenden Sinnes gewesen? oder jene seien allerdings schlecht gewesen, Gott habe ihre Widerspänstigkeiten ausgeglichen und gleichsam als Lenker ihrer aber Gegenwart und Zukunft einge- griffen? Welche von diesen An- nahmen immer dir richtig schei- nen mag, jede muss offenbar al- len Betheiligten Lob, Ehre und Bewunderung eintragen. 591 2 , je) ’ m > 2 zamor ri Vovde; bwpev Exeivw N 7 7 G EN TIVE EI TOTAUTNV TEeyvyv N I A \ 7 I > c EIVOTNTE Aoywv N SUVETIV,. WG m Y \ v2 3 , TÜV TOTOUTWV AR TOLOUTWV KTO- \ N 7 Q u muWv Au mgoS oregov ATAVTAG 3 ’ £) vw \ 9 ayovruv Eemizgpareiw; n age (SO \ \ I m IE) statt yag) ras busas rwv Üm IE, RE 7 > > La, AUTOV AVIEWTWV DUR MARTUG > ‚1 \ FA e > = 27 000E ÖurzoAws a EUTEIIWE \ n Y > e) I Au FOV MEAAOVTOS OUR MTIOVON- Ey) A ’ \ © TWG EyEWw; N TOVTOUS MEV wc J \ St \ \ MATTE AUH0UG eEivaı, Tov de \ \ Ö ’ > n FEoV TRGS ÖUTHOALRG -AUTWV T9a- CR \ En 7 N: m Uva Aal TOV TALOVTOS Kal TOU LER J 3 59 J MEAADVTOG WISTWEO ENITTRTEIV: OMEQ % I N 3 77 yag To MATTER Av ER TOUTWV EN En Suz \ > ’ con co D Gr RANDTES Eva don, ng05 Emai- \ m \ I \ vov za runs zu SmAou megt Slers) ’ > ’ ’ AUTLIV TUMTAVTWV LIOY VE Dai- (p. 356% Viger.) VETAL. In ähnlichen Doppelfragen behandelt dann Philon noch die Ein- nahme Palästinas. Er will dem höhnenden Spötter gegenüber nicht die in den heiligen Urkunden (lege: avaygapai) aufbewahrte geschichtliche Überlieferung geltend machen, sondern sich auf die Erörterung der allgemeinen Wahrscheinlichkeit beschränken. Er ruft demnach dem Gegner zu: Welche von beiden Annahmen ziehst du vor? Sollen wir uns die in Palästina Eindringenden, trotz der in der Wüste erdulde- ten äussersten Noth, zahlreich, kräftig und gerüstet genug den- ken, um im Wege der Gewalt das Land erobern und die ver- und Phöniker, einigten Syrer I r RR 7 BR & e X Ey morsgov yao more Vovia; rw In m , U A TANTE TOV TOIMRTWV ETL TEQLOV- 7 Er J Tag, AMIMEQ EIS TEAOG HERAAU- 1 2 2) I N MEVOUG, Os Ö ICYVOVTaS, Aa \ Y > \ „ TE 0nAaR Ev NEOTIV ENOVTRS, [ey \ H ER \ I ET ART AORTOS EREID TYV Yw- , ei 59 \ ’ gav, DZugovs Te omov zum Bar- EIN m 3 4 n VIRARG v urn en EHELUDWV yn = au 29 \ \ [AEX ,OMEVOUS VIKWUTAG; N ToUc 592 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse . . .7. ! \ 7 \ ’ KR welche ihre Heimath vertheidig- | [EV ATOREWOUS Zu GVaVvogovs l 5 \ DS >»., r - eıvaı Aa TAVTE/) WG OANJOUS UMO- sollen wir sie uns als unkriege- | ER ’ Le \ nr > - | Vwneve zu TWwv EIG TOorEeMoV ten, besiegen zu können? Oder risch und schwächlich, in sehr . . Er 7) EAN geringer Anzahl und ohne Kriegs- | wuguszeuwnv wmogous, woereus arä X nd glaul lie S r \ VLEN geräth denken und glauben, die d2 ruyalv wagd redreis zur Fi alten Einwohner Palästinas hät- " er 8 z 5 B = | mv Habeiv Tag EZOVTUV, ZWEITE ten in einem Gefühl von Ehr- 3 an . a . .171° Re) r 5 , furcht ihnen freiwillig das Land 6 EUIUG oUr Eis Mazgav Tav abgetreten, in welchem sie dann Ma: Le abget at E S TE vewv olzodougra Aa Far).a rm alsbald den Tempel erbauten und EN 2 : > ec die übrigen gottesdienstlichen EIS EUGEITELRN ET RE . [2 * 3 | 3 N Einrichtungen trafen? TATTNFATTAL: t>) f 3 In dem ersten Falle würde ihre Tapferkeit, in dem zweiten, wie Philon dann weiter ausführt, ihre auch den Feinden Achtung ab- nöthigende Frömmigkeit Anerkennung verdienen. Der Leser kann nun selbst urtheilen, von welcher Art die Hypothesen’ sind, welche angeblich dem ganzen philonischen Werk, aus dessen "erstem Buch’ (aro so0 rawrov suyygaunaros oben $. 589) Eusebios schöpft, das mithin mindestens zwei Bücher umfasst ha- ben muss, den Titel YroSeriz« verliehen haben sollen. Es sind alltägliche stylistische Formen, wie sie sich bei jeder etwas leb- hafteren Polemik ungesucht einfinden; ihr zweimaliges Vorkommen in den ungefähr sieben Octavseiten einnehmenden Auszügen des Eusebios berechtigt nicht zu weiteren Schlüssen auf die gesammte Einkleidung des philonischen Werks; und sie als Anhalt für die Erklärung des Titels zu verwenden konnten nur diejenigen sich verleiten lassen, deren Kenntniss des Griechischen nicht ausreichte, um für YroSsrze eine andere Bedeutung als ‘Hypothesen’ in dem jetzt gangbaren Sinn aufzufinden. Nach einer solchen, für den vorliegenden Fall passenden, braucht man jedoch nicht lange zu suchen. Wie jedes vollständi- gere Wörterbuch ausweist, bedeutet öroriSsrSe, von Homer an durch alle Zeitalter der griechischen Sprache hindurch: "Rath an die Hand geben’ und das von diesem UroriTerTa: gebildete Sub- stantiv UroSyzn diente ebenfalls von früher bis in die späteste Zeit zur Bezeichnung der Schriften, die sei es in dichterischer oder ge- wöhnlicher Rede Rathschläge über sittliche Führung im Allgemei- vom 30. October 1876. 593 nen oder Anweisung für das Verhalten in bestimmten Lebenslagen ertheilten. In der hesiodischen Schriftensammlung befand sich ein paränetisches Gedicht, in welchem der Kentaur Chiron seinem Zögling Achilleus gute Lehren gab, unter dem Titel Xeigwvos Üro- Syzeı (Marckscheffel, Hesiodi fragm. p. 175); Solons Selbst- ermahnungen, aus denen so herrliche Reste erhalten sind, heissen VWroSyzar eis Zaurov (Diogenes Laertius 1,61); und in der isokra- tischen Schrift an den Nikokles ($ 3) wird die ältere gnomische Dichtung überhaupt ruv ramrav vUmoSyzu ws Xen Syv genannt. Auch Demokritos’ moralische Abhandlungen treten unter der Be- nennung "YroSnze: auf (Dionysios bei Eusebios praep. evang. 14, 27 p. 782 Viger.); und noch unter Galenos’ Werken finden sich ärzt- liche Verhaltungsregeln für einen unglücklichen Knaben mit der Aufschrift Ta "Eriyrrirs Iaıdı VroSy#n (11, 356 Kühn). Aus dieser bereits in der Litteratur eingebürgerten Bedeutung von Vro- Syn entwickelte sich nun zunächst in der akademischen und stoi- schen Philosophenschule UroSerizes Aoyos zu einer festen termino- logischen Bezeichnung für die philosophischen Vorträge, welche nicht die ethischen Fragen theoretisch behandelten, sondern die ethischen Theorien in praktische Vorschriften zu unmittelbarer An- wendung. umsetzten. Wie weit oder wie eng der Kreis für den UmoSerzos Aoyos zu ziehen sei, welche über- oder untergeordnete Stellung er im Verhältniss zu anderen Haupttheilen des vollständig ausgearbeiteten Systems einnehmen solle, darüber bestanden unter den Mitgliedern der genannten Schulen Meinungsverschiedenheiten, welche dann auch zu grösseren oder geringeren Abweichungen bei scharfer Abzirkelung einer Definition desselben führen. Jedoch über die Richtigkeit der eben angegebenen Grundbedeutung von UnoSerızos Aoycs innerhalb der akademischen und stoischen so wie überhaupt der späteren Ethik!) kann kein Zweifel obwalten. Zum Beleg genügt die Verweisung auf zwei Grundrisse einer systematischen Eintheilung der Ethik, welche Stobäus im sechsten Kapitel seiner ethischen Sammlung aufbewahrt hat. Der eine ist . . . . . . U 1) Dass in der stoischen wie in jeder anderen Logik vmoSerixot Aoyoı hypothetische Schlüsse’ bedeuten, soll natürlich nicht geleugnet und braucht kaum bewiesen zu werden. Eine Reihe sie behandelnder Bücher des Chry- sippos ist bei Diogenes Laertius 7, 196 verzeichnet. 994 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse entworfen von dem Lehrer und Freund Cicero’s, dem Begründer der sogenannt vierten Akademie (Sextus Hypotyp. 1, 220), Philon von Larisa. Er sucht einen Vergleich zwischen dem Verfahren des Arztes und des Sittenlehrers durchzuführen und gelangt auf diesem Wege zu einer Gliederung des ethischen Vortrags in sechs Haupt- theile. An die Spitze tritt der in zwei Unterabtheilungen zerfal- lende #gorgerrızos 20yos. “Denn wie es Aufgabe des Arztes ist, “erstlich den Kranken für sein Heilverfahren zu gewinnen und dann ‘die Unstatthaftigkeit der von Anderen gemachten Vorschläge dar- zuthun, so muss auch der wgorgerrizos 2.0ycs, welcher zur Tugend I ’ 83 e\ \ > N J \ x PR \ > m «A Jı\ \ gernv* TOUToU 0 uEV Emiodsizvureı 70 Meyanuberzs aUr7s, 0 de Toug „ ! x ) In > avaszzvalovras N zarmyogoüvras N TUC arms zaronGı ouEVoUS nv Pırorodiav amereyysı Stobäus ecl. eth. 6.2 p. 14 Meineke). Und den Schluss der sechsgliedrigen Reihe bildet eben der üUroSerızos 2.005, dessen Bestimmung ist, ‘allen denen, welche wegen Zeit- “mangels den weitläufigen theoretischen Auseinandersetzungen (d:e£- “odıza arern) nicht folgen können, in abgekürzter Form die zu “‘sicherem und richtigem Handeln in den verschiedenen Lebenslagen “dienlichen Rathschläge zu geben (Ersisevsrriov z0Vv UmoQeriızov Acdyov, I TS moos zu arparsıav zu Fnv 0 Iornre 775 Erasrou Aayreus Umo9yzas Ev Emıronais eEovsw p- 15 Meineke). — Der zweite Grundriss rührt von Eudoros, einem Zeitgenossen Strabons her, der zwar Akademiker heisst, aber wie die meisten späteren Akademiker eklektisch zu Werke ging und in diesem Eintheilungs- ‚versuch sich sehr eng der Stoa anschliesst, deren Definitionen er meist unverändert aufnimmt. Er zerlegt das Gebiet der Ethik in drei Haupttheile, insofern bei derselben “die Erkenntniss, die Wil- lensrichtung, das Handeln in Betracht kommt (Sewenrizovt), sgun- !) Diese Dreitheilung der Ethik findet sich in manchmal etwas schwer- fälliger Übersetzung aus dem Griechischen bei Seneca ep. 89, 14: moralem partem philosophiae in tria dividi placuit, ut prima esset inspectio suum eui-. que distribuens et aestimans quanto quidque dignum sit (dies ist ein nicht eben gelungener Versuch, den griechischen Ausdruck Sewpla ns na Exucrov dEiazs bei Stobäus p. 16, 25 Meineke wiederzugeben) ... secunda de ac- vom 30. October 1876. 595 zızov, meuzrıRov S.16 2.23 Meineke). Innerhalb der vielen Un- terabtheilungen, in welche sich diese Trichotomie verzweigt, wech- selt nun nach den verschiedenen Ansichten die Stellung des =20- Teemrı2ös Aoyos und sein Verhältniss zum UmoSerizos. Das eine Mal wird der mooTgEmTIXOS dem ersten, die theoretische Erkenntniss behandelnden Haupttheil eingeordnet, indem von der, jenem ersten Haupttheil zugewiesenen, Darstellung der Tugenden gesagt wird, sie sei eine allgemeine und eine besondere; die besondere bespre- che die vier Cardinal- und die übrigen Tugenden; die allgemeine sei das meoTgerTizoV; denn hier solle nur Tugend und Laster über- haupt vorstellig gemacht!) werden. Die Einfügung des mgorgerri- #°s in den ersten theoretischen Haupttheil war jedoch bestritten. Denn, wie Eudoros weiterhin berichtet,. setzten andere Philosophen den moorgenrinös in die nächste Verbindung mit dem UroSerzss, der begreiflicherweise dem dritten, das Handeln erörternden, Haupttheil zufällt. ‘Die erste Unterabtheilung dieses dritten praktischen Thei- “les soll dem Menschen gewisse Handlungen nahe legen, und dies ‘ist die Aufgabe des öroSsrız0s und auch des gorgerrizos, den “Einige hierher rücken, während die zweite Unterabtheilung von “gewissen Handlungen entfremden und abmahnen soll in einem, mit ‘wechselnder Terminologie, von Einigen rageuuSyrızes von Ande- ‘ren m@Soroyızos genannten Vortrage?). — Wie wesentlich der in tionibus, tertia de impetu. primum enim est, ut quantum quidque sit iudices. secundum, ut impetum ad illa capias ordinatum temperatumque. tertium, ut inter impetum tuum actionemque conveniat. Die Natur der Sache, die Vergleichung mit Eudoros und die bei Seneca selbst folgende Begründung lehrt deutlich, dass die von Fickert und Haase aus den Handschriften aufgenommene Zählung seceunda de actionibus tertia de impetu verkehrt, und die bereits in den älteren Ausgaben gemachte Änderung secunda de impetu, tertia de actionibus richtig ist. 1) Der gangbare Text bei Stobäus p. 16, 31 Meineke lautet freilich: sang pP : m \ \ ’ 29 \ \ ’ \ 2» \ \ ed \ j} Tov uEv mepl dperwv To ev xoıvov, Tod Lötov' xoıvov ev olov mepL dıxalocvung, v [ U Y x mepi dvdpsias, owbpocuvng, bpavyaeus, Twv aAAuy' Ldlov IE To mporpentixov‘ \ \ ’ pe NS \ % se Tovro yap eis To novwg EvdeigaoQar Tav dperyv nal tyv naxlav. Der obigen Über- setzung liegt die wohl von selbst einleuchtende Änderung idtov usv olov mepi ’ \ \ 2 dıxauoovvng und xoıvov O8 To nporpentixov zu Grunde. 2) P,17, 21 Meineke: 6 iv zepl zwv oixstovvrwv mEOG TIvag modEeıs m „ x c x \ \ ’ \ . Suaipeitai eis TE Tov UmoDSeriXov nal Tov nporpentixoy‘ Eyiol yap xul rovroy (näm- 596 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse diesen Angaben hinlänglich geschilderte öroSerzes ?0yos für die spätere stoische Ethik geworden war, erkennt man daraus, dass unter den Abweichungen, welche Zenon’s Schüler, der Chier Ari- ston, von dem schulmässigen System sich gestattete, seine Beseiti- gung des die einzelnen Handlungen vorschreibenden öroSerızos 7.5- yos von den Berichterstattern mit vorzüglichem Nachdruck hervor- gehoben wird. Solche Einzelvorschriften, meinte Ariston, der auch in der Ethik das Hauptgewicht auf die theoretische Erkenntniss legte, seien nicht Sache des Philosophen, sondern der Ammen und lich Tov nporpentinov) Und rovde (nämlich Tov mepl 775 mpdgews Aoyov) Tarroucıy. od: mept Tüv dmorpenovruv Kareltaı mapunuSrtıxgg, % »uhouusvog Eotı m005 Eviuv madohoyındz. Der mapuuuSnTıxog, welcher in der Bedeutung von "Trostschrift' allbekannt und in unserer plutarchischen Sammlung durch zwei Proben ver- treten ist, gelangt innerhalb der stoischen Schule zu der hier von Eudoros angegebenen weiteren Bedeutung vermittelst der stoischen, auch von Eudoros befolgten Definition von r&$oz als einer “übermässigen Willensregung’ (öpun mAeovaßouca p. 17, 14 Meineke). Indem nun der beschwichtigende Zuspruch des mapanuSytixog diese ungeregelte Aufwallung des leidenschaftlichen Wil- lens zur regelrechten Haltung zurückführt, kann er die ‘Abmahnung’ von je- der sittlich tadelnswerthen Handlung in seinen Bereich ziehen. Hiernach ist es auch begreiflich, wie r«$o%oyıxos ein von Einigen vorgezogenes Synony- mum zu mapauuSntixos sein konnte, — Seneca berichtet epist. 95, 65: Posi- donius non tantum praeceptionem ... sed etiam suasionem et consolatio- nem et exhortationem necessariam iudicat. Da Posidonius offenbar rapauv- Syrixos in der weiteren, von Eudoros erörterten Bedeutung gebraucht, so ist Seneca’s Übersetzung consolatio nicht zutreffend. Eher würde dissuasio, ent- sprechend dem arorpeneı des Eudoros, brauchbar sein. — Nur mit Hilfe der von Eudoros gegebenen terminologischen Erläuterungen lässt sich das einleitende Capitel zu dem Taıdaywyos des Alexandriners Clemens wirklich verstehen, indem man nämlich erkennt, dass Clemens auf seinen christlichen Royos, als auf die wahre Philosophie, die in den Philosophenschulen üblichen und mit festen Termini bezeichneten Aoyoı überträgt. Als kleine Probe ge- nüge folgender Satz, der für seinen IHaıdaysyss die Würde des philosophi- schen vroSerixd; und nagauvSyrıxosg in Anspruch nimmt: npabeuv te dnacuv 5 Aoyog imıcrarel o vmoSerixog, za d% nasn ö mapanvSnrixos idraı, eis dv müs 6 aurds odros Aoyos, ns auvrpobonv xal Koouıang cuvn9etag !Eapmabuv mov dv- Spwrov, eig d& env Movorpomov ang eis Sedv miotewg cwrnplav nadayuywv. Und bald darauf: vovi 38 (in der vorliegenden Schrift) Sepanevrixog re av xal UmoSe- \ a 7 TıRo5 aua audbw Ark. vom 30. October 1876. 597 Hofmeister; der Philosoph habe seine Aufgabe erfüllt und zugleich eine alle Einzelheiten umfassende Lebensregel mitgetheilt, wenn er das richtige theoretische Wissen von Gut und Böse bei seinen Schülern zur Überzeugung gebracht habe!). Eine derartige wis- 1) Für die Art, wie Seneca seine griechischen Quellen benutzt, ist es lehrreich; seine Berichte über Ariston mit einem bei Sextus Empirikus er- haltenen zusammenzustellen: Sextus adv. mathem. Seneca ® 7, 12: "Aplorwv 3: 6 Xlog ou epist. 89, 13: Ariston Chius non tan- ovov, Ws i eiro mn tum supervacuas esse dixit naturalem Hovov, ws bactı, napmrelto Tnv p S x t \ \ ’ . . . Te bucuxrv xal Aoyırnv Sewptav et rationalem [partem philosophiae] sed \ \ . . \ m Sud To avmbeits xal mpog xu- etiam contrarias (— Tpos xaxov Sextus nv wm 7 P 5 xov Tois dıkocobouciw vmdp- Z. 4). moralem quoque, quam solam re- 5 \ x x m ! . . 4° xeww, AAAR xal Tod NIıxo) To- liquerat, circumeidit. nam eum locum, \ | ‘ . ee S ° TTOUG TIvaG cvumepi£ypabev, xu- | qui monitiones continet, sustulit et pae- Sanep zov Te mapuıverixov xal dagogi esse dixit non philosophi OD ii De Al e \ 4 ’ ” . TOV UNOJETIKOV TonoV' TOouToug epist. 94, 1: eam partem philoso- 10 yap eig Tirdag xal maudayu- phiae, quae dat propria cuique perso- 10 yovg rimteiv (— Seneca epist. nae praecepta nec in universum com- 94, 9 haec paedagogus pue- ponit hominem .... quidam solam rece- ro, haec avia nepoti prae- | perunt... Sed Ariston Stoicus e con- cipit hat Sag statt rirSag | trario hanc partem levem existimat et 15 übersetzt), apxelv 98 mp0; 22) quae non descendat in pectus usque. 15 m \ I . . Naxapiwg Bumvaı Tov olxeiovıra ad illam habentem praecepta plurimum uev mpos dpermv Aoyov, anar- ait proficere ipsa decreta philosophiae Aorpiovvra OE xaxtaz xui. constitutionemque summi boni etc. Man sieht nun deutlich, dass bei Seneca sowohl die Umschreibung Z. 6 lo- eum, qui monitiones continet wie der schwerfällige Ausdruck Z. 16 partem illam habentem praecepta nur aus der Schwierigkeit entstanden sind, für die griechischen Termini rov mapaverinov nal vnoSerixov (Sextus Z. 8) gleich kurze lateinische zu finden. Zeller’s (Philosophie der Griechen 4, 51, 1) Vor- schlage, bei Seneca 2.16 statt ad illam habentem praecepta zu schreiben ad vitam beatam, kann ich daher nicht folgen. — In den Schlussworten bei Sextus ist wohl der unentbehrliche deutlichere Hinweis darauf, dass der gemeinte Aoyos Z. 17 ein Zmiornuovixos oder Sewpyrinog sei (Seneca Z. 17 ipsa decreta philosophiae) durch Kürzung der Vorlage ausgefallen. Denn nur von solchen wissenschaftlichen Lehren konnte nach Aristons Ansicht (s. 598 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse senschaftliche Vornehmheit blieb jedoch auch in den früheren Pe- rioden der stoischen Schule immer vereinzelt; und je weiter be- sonders in der römischen Zeit die stoische Speculation von der praktischen Sittenpredigt zurückgedrängt wurde, mit desto grösse- rem Eifer musste von den stoischen Tugendlehrern und Tugend- schwätzern der üroSerzos ?oyos gepflegt und desto gebräuchlicher musste dadurch auch ausserhalb des engeren Schulkreises für Vor- träge und Schriften praktisch moralischen Inhaltes diese Betitelung werden. So empfiehlt denn auch der Stoiker Musonius Rufus, des- sen von den Soldaten Vespasians verhöhnte unzeitige Friedenspre- digt Tacitus (hist. 3, 81) schildert, in einem Vortrage “über die beste Ausrüstung des Greisenalters, dass der zu philosophischer Selbstthätiskeit unfähige aber für das Gute empfängliche Greis die UmoSerizor Aoycı der berufsmässigen Philosophen anhöre (ed ao Inrnv royw v arovsv UmoIErızWv mac zuv memomaEvnV Eayov side- var Five heV Braßege, Tiva Ö8 where Evan mars bei Stobäus flori- leg. 117, 8 p. 89 Meineke); unter den verlorenen Schriften des Plutarch nennt das Verzeichniss des Lamprias (bei Fabrieius bi- blioth. gr. 5, 169° Harless) einen UroSerizos, 7 megL @gyns; und den die spartanische Gemeinde zur Eintracht ermahnenden Brief des korinthischen Bischofs Dionysios bezeichnet Eusebios in seiner Kirchengeschichte (4, 23, 2) als sigyvns zaı &vwssws UmoSerimy. Wenden wir uns nun, mit diesen Daten versehen, zu der phi- lonischen Schrift zurück, deren grösstes Bruchstück aus einem Ab- riss der mosaischen Gesetzgebung herrührt, so kann es wohl nicht länger zweifelhaft sein, in welchem Sinne für sie der Titel ‘Yro- Serizc, oder, was eben so möglich, YroSerizei, mit Bezug auf ?o- yo, gewählt ward. Wie ein Jahrhundert später der Alexandriner Clemens im Dienst der christlichen Lehre einen Ilgorgerrız0s schrieb und seinen Hadaywyes ausdrücklich für einen üUroSerzos erklärt (s. oben $. 595 Anm. 2 a. E.), so hat auch Philon für seine Dar- legung und Empfehlung der jüdischen Lebensvorschriften den sei- nen Zeitgenossen aus der philosophischen Litteratur geläufigen Ti- tel benutzt. Und wenn er in diese üroSerza ?oyc eine Zurück- weisung der Angriffe auf das Judenthum aufnahm (rgös zarnyogavs Galenus de dogmat. Hippoer. 5, 5 und 7, 2; vol. 5 p. 468, 595 Kühn) ge- . \ N Yelae m .. sagt werden, dass sie mpog To uaxapıwz Piavaı genügen. vom 30. October 1876. 999 moroynevos Aoyov, Eusebios oben S. 589), so liegt darin keine allzu kühne Grenzenerweiterung der in dem Titel angekündigten Schrif- tengattung. Denn wie nahe sich auch in der philosophischen Ethik mit dem ömoSerizos der moorgerrızös Aoyos berührt, haben die oben (S. 595) gegebenen Nachweisungen deutlich gemächt, und "Wi- derlegung der Ankläger' (zarmyogoüvres ATEIEYN,EW oben 8. 594) ist ja ein hauptsächlicher Bestandtheil des philosophischen gorge- wrı20s. Den Schwerpunkt seiner Arbeit wird jedoch Philon, wie schon die erhaltenen Bruchstücke erkennen lassen, in die eigent- lichen öroS7z«: verlegt haben d. h. in die Besprechung solcher jü- discher Gebote, deren Befolgung er auch einem nichtjüdischen Le- serkreis, an den sich die Schrift unverkennbar. wendet, anrathen’ konnte. Wie geschickt oder wie ungenügend hierbei die Scheidung der allgemein sittlichen von den eigenartig nationalen Elementen des mosaischen Gesetzes im Verlauf des vollständigen Werks voll- zogen war, darüber kann- freilich aus Bruchstücken nicht mit Sicher- heit geschlossen werden; dass jedoch eine solche Scheidung in Phi- lons Absicht lag und er nur die auch für Nichtjuden passenden (Gebote hervorheben wollte, darf aus der Erwägung des natürlichen Sachverhältnisses und, da nicht abzusehen ist, was einen Eusebios bewogen haben sollte bei seinem Excerpiren das specifisch Jüdi- sche zu meiden, auch aus der Beschaffenheit der Bruchstücke ge- folgert werden. Diese enthalten nämlich, ausser der Erwähnung des in siebenjähriger Periode wiederkehrenden Brachjahrs, dessen Nutzen für den Ackerbau betont wird, und einer ausführlichen Schilderung der zu Philons Zeit seit lange den Nichtjuden nicht mehr befremdlichen Sabbatfeier, durchaus nur solche Gebote, die in keiner Beziehung zu den nationalen Schranken stehen und von selbst unter einen allgemein juristischen oder moralischen Gesichts- punkt fallen. So wird im Gegensatz zu den Verschleppungen und Winkelzügen des griechischen Gerichtsverfahrens die bündige Strenge der mosaischen Criminaljustiz gepriesen; bei der peinlichen Ge- wissenhaftigkeit im Einhalten und Lösen von Gelübden und Wei- hungen wird länger verweilt; und in sehr grosser Anzahl werden die gesetzlichen Bestimmungen aufgeführt, welche die Reinheit des Familienlebens, die Nächstenliebe und die Mildthätigkeit befördern sollen. Dieser letztere Abschnitt erhält ein besonderes Interesse dadurch, dass Philon in einleitenden Worten als Quelle für seine Aufzählung "sowohl die ungeschriebenen Sitten und Volksgebräuche 600 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse - ‘wie das geschriebene Gesetz bezeichnet (ör« zu Emı aygapuv 2Suv za vonimuıv ZEV Tols vonors [so statt vowincrs] aurols p- 3584 Viger). Und in der That zeigen gleich die zwei an der Spitze stehenden Verbote: & TIs maSeiv Ey, Sarigeı, um mosiv würoV und & 17 zareInzev, und dvageisTa: eine freiere Behandlung des mosaischen Wortlauts. Das zweite, welches verbietet, für sich aufzuheben, was man nicht hingelegt hat, führt zwar auch Josephus in seinem der Schrift ge- sen Apion einverleibten Abriss des Nun Gesetzes wiederholt an (2,27 p. 255, 22 Bekker: 6 u7 zar2Iyz2 rıs, 002 Evangyo Gerat und 30 p. 256, 29: zav öperyrar rıs arAOFgLoV, 20V 6. 19 ZareInzev averyraı zrA); in so kurzer Fassung enthält es jedoch der Penta- teuch nicht; sondern man hat nur die ausführlichere Bestimmung des Deuteronomium (22, 1—3) über die Aufbewahrung gefundener Sachen, bis der Eigenthümer sich meldet, in jener dem ältesten hellenischen Recht angehörenden Formel zusammengefasst. Die- selbe wird in der freilich sehr a zu benutzenden Sammelei des Diogenes Laertius (1, 57 & #7 EScou, u9 av&rn) auf die soloni- sche Gesetzgebung zurückgeführt; aber auch Platon, der seine Abstammung von Solon herleitete und gern den Adel seines Ge- schlechts in Erinnerung bringt, scheint den solonischen Ursprung anzudeuten, indem er das von ihm selbst eingeschärfte Verbot der Aneignung gefundener Sachen verknüpft mit “dem schönsten und “einfachsten Gesetz, das ein wahrlich adelicher Mann erlassen habe: ‘was du nicht hingelegt hast, hebe auch nicht auf Cam von 21 GTAOUTTRTOS zu odaun Kyesvvoüs avögos vonoSerniaa, © ds aimev & u zarsSov, an avern legg. 11, 913%). Von Athen aus verbreitete sich dann das Gesetz nach anderen griechischen Städten. Aelianus fand es als ein stagiritisches erwähnt (Var. Hist. 3, 46 a Tov volsos cöToE zaL mavrm Errnvizos® ö 1 AGT 2Iov, bus, Ian Aam- Qevs); wahrscheinlich hatte Aristoteles, als sein Einfluss auf die makedonischen Herrscher den Wiederaufbau seiner zerstörten Va- . terstadt erwirkt hatte und er dem neuen Stagira Gesetze gab (Plutarch adv. Colot. c. 32), den solonischen Kernspruch in das von ihm entworfene Rechtsbuch aufgenommen. Und in die helle- nisirten Nachbarländer Palästina’s führt eine andere Notiz bei Aelianus, welche es als einen Vorzug der Einwohner von Byblos rühmt, dass sie es nicht für einen Fund sondern für ein Unrecht halten, aufzuheben was man nicht hingelegt habe (Var. hist. 4, 1 ’ DRIN E etw \ Qu‘ ® \ HE: > n he e) Bußruce an? Ev cöW MELTUNWV oudEv wv an ARTETETO RVALZELTCE ou vom. 30. October 1876. 601 yag Myeıraı 70 Fooürov sugnua ara adıznaa). Trotzdem hiernach die reinhellenische Herkunft der Formel ausser Frage steht, darf Philons und Josephus’ Versetzung derselben unter die jüdischen Gebote doch nicht lediglich für gelehrten Prunk und Willkühr an- gesehen werden. Denn dass gerade dieser althellenische Spruch auch in jüdisch hellenistischen Kreisen eingebürgert war, kann sein Vorkommen in der Parabel des Lucasevangeliums (19, 21 aıiseıs © o0z &Snzas) lehren, und Philon hatte ja ausdrücklich angekündigt, dass er neben dem mosaischen Buchstaben auch die "ungeschriebe- nen, im Volke lebendigen Gebote berücksichtigen wolle. — Noch sicherer lässt sich die Benutzung des “ungeschriebenen Gesetzes für den Spruch nachweisen, welchem Philon gewiss mit sehr be- wusster Absicht den ersten Platz in seiner Sammlung gegeben hat: & rı6 maDeiv Ey, Terigei, um moeiv aürov "Was man zu leiden hasst, soll man auch nicht einem Anderen thun. Hier zwingt schon der Ausdruck ra >erv 2%, Setze, welcher im Griechischen ebenso unge- lenk ist wie "hasst in der deutschen Übersetzung, zur Abweisung jedes Gedankens an eine unveränderte Herübernahme aus dem Schatz hellenischer Gnomen!); und auch Philon, der eine recht 1) In untadeligem Griechisch findet sich gegen das Ende der isokrati- schen Schrift “Nikokles oder die Kyprier’' folgender Satz: & ndexovres üb Eripwv Opyißsode, radra Tovg aAAovg un moreire ($ 61). Gibbon, der nichts ver- säumt um die Theologen mit oder ohne Fug zu ärgern, sagt in der 96. Anmerkung zu seinem 54. Kapitel im Hinblick auf Matthäus 7, 12: Calvin violated (bei der Verfolgung des Servet) the golden rule of doing as he would be done by; a rule, which I read in a moral treatise of Isocrates (in Nicoele) four hundred years before the publication of the gospel: & nd- oxovres xTA. Im Zustand eines abgerissenen Citats mögen freilich die iso- kratischen Worte den Schein erwecken, als drückten sie dieselbe weitumfas- sende “goldene Regel’ aus, welche Philon in negativer und das Evangelium in positiver Wendung aufstell. Wer jedoch die isokratische Schrift im Zusam- menhang gelesen und erkannt hat, dass sie nichts anderes sein soll und auch nichts anderes ist als eine im Geist monarchischer Polizei und im Namen des Königs abgefasste Anweisung an die kyprischen Beamten und Untertha- nen, der wird nimmermehr glauben, dass der schale Isokrates jenen Satz in vollem Bewusstsein seiner allgemein ethischen Tragweite niedergeschrieben habe. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte unmöglich in den übrigen Thei- len der Schrift das königliche ‘Ich und “Wir als der eigentliche Maafsstab [1876] 44 602 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse gute griechische Feder führt, kann sich diesen stylistischen Ver- stoss nur gestattet haben, weil er es, wie billig, scheute, von einem fest im Volksbewusstsein haftenden Satz die ursprüngliche orienta- lische Sprachfärbung aus Rücksichten auf griechische Eleganz ab- nn aim - om nn een zustreifen. Das aramäische Original nämlich 7=3sn x9 77257 3 =7=7 enthält ein Wort, welches allerdings in buchstäblicher Übersetzung ‘verhasst ergiebt, im lebendigen Sprachgebrauch jedoch alles Un- angenehme umfasst. Mit einigermaassen sicherer Datirung lässt sich jener aramäische Satz im ersten Jahrhundert v. Ch. als ein Spruch Hillels nachweisen. Jeder in der nachbiblischen jüdischen Litteratur nicht gänzlich Unbewanderter kennt die Erzählung von dem Heiden, der um die Rabbinen mit der grossen Anzahl der jü- dischen Gebote zu necken, sich zum Übertritt in das Judenthum unter der Bedingung bereit erklärte, dass die Unterweisung im "ganzen jüdischen Gesetz nicht länger dauere, als er auf Einem 'Fusse zu stehen vermöge.!) Von einem jähzornigen Rabbi barsch abgewiesen, kam er zu dem milden Hillel. Dieser liess sich auf die Bedingung ein, und ertheilte den Unterricht in folgenden kur- zen Worten: “Was Dir zuwider ist, das thue auch Deinem Neben- “menschen nicht. Dies ist das „ganze jüdische Gesetz“, alles "Übrige ist nur die weitere Ausführung; die magst du später ler- “nen (Talmud Babyl. Sabbat 31%). Ausserdem findet sich der aramäische Satz noch in der nicht sicher zu datirenden, sogenannt jonathanischen Paraphrase zu dem Gebot des Leviticus 19, 18: ‘Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, wie er ja wirklich nur in einer concreteren und gemeinverständlichen Form jenes Gebot ausdrücken soll, das eben so wie von Hillel auch von Rabbi Akiba, dem grossen Führer des jüdischen Aufstandes unter Hadrian, für der Unterthanenmoral so ungescheut hingestellt werden können. Hat man diesen die ganze Schrift durchziehenden monarchischen Grundgedanken ins Auge gefasst, so wird man wohl zugeben, dass der von Gibbon zu seiner Neckerei benutzte Satz im Sinn des Isokrates nicht viel mehr bedeutet als die Regel, welche er nicht lange vorher den König in unverhülltem monar- chischen Selbstbewusstsein den Beamten geben lässt: “Behandelt Andere so, wie ihr wollt dass ich euch behandle, Tolovroug eivaı xen mept Tous AAAovs olov mep Em& mepi undg aEiodre yıyverSaı ($ 49). !) Vgl. Horaz Satir. 1, 4, 10: stans pede in uno. vom 30. October 1876. 603 ein fundamentales Gesetz, ın= 51 555, erklärt wird (Sifra zu Levitic. 19, 18. Vgl. Matth. 22::50,99 Euro neyarn ev 7w voRw; Römerbrief 13,9 &v rourw ru Aoyw avezshermoürer; Galaterbr. 5, 14 5 mas vonos Ev Evı Roy m’mgoüre). In griechischer Übertragung ist .der Spruch auf reinjüdischem Gebiet ausser bei Philon nur noch nachweisbar in dem Buche Tobit, das in seiner ursprüng- lichen, freilich später vielfach überarbeiteten, Redaction keinenfalls tiefer als gegen das Ende des ersten christlichen Jahrhunderts hinabzurücken ist. Dort findet sich unter den Lehren, die Tobit seinem Sohne vor der Abreise nach Medien giebt, (4, 15) 5 nıreic, under: momsrs, wie die gangbaren!) griechischen Handschriften bie- ten, während der Alexandriner Clemens (Strom. 2 p. 503 Potter) 6 miceis, @2w 0) momreis citirt; noch greller als in dem philoni- schen ra«Ielv 2y,Saıgeı blickt hier in vıreis das aramäische so durch. Von dem Buche Tobit aus hat sich dann der Spruch in der eccle- siastischen Litteratur verbreitet; in lateinischer Form ist er unlängst auf einer älteren christlichen Inschrift entdeckt worden (seriptum est, quod tibi fieri non vis, alio [so] ne feceris, Rossi, bulletino di archeol. cerist. 1874, 137); zu Cyprianus’ Zeit galt er für so bedeutsam, dass lateinische Bibelübersetzungen ihn in der Fassung gquaecumque vobis fieri non vultis, alii ne feceritis (Cyprian. ad Quirin. 3, 119 vol. 1 p. 184 Hartel) dem apostolischen Schreiben ‘an die Heidenchristen von Antiochia anfügten, welches die uner- lässlichen Gebote zusammenfassen sollte (Apostelgesch. 15, 29). Auch auf den Kaiser Alexander Severus, der, wie sein Biograph meldet, diesen Spruch von Juden?) oder Christen vernommen hatte, !) Im codex Sinaitieus fehlt in diesem vierten Kapitel die ganze Vers- reihe von 7—18. ?) Vita Alexandri Severi ec. 5l: quod a quibusdam sive Judaeis sive Christianis audierat et tenebat. Casaubonus, der sich der Stelle aus "Tobit nicht erinnerte, macht hierzu eine untriftige Anmerkung, welche Hugo Gro- tius, ohne den Casaubonus zu nennen, folgendermaassen berichtigt (zu Mat- thäus 7, 12): Non frustra autem adiieit historieus “aut a Judaeis nam et illis in ore fuit hoc dietum 6 nıeeig underi moiesıs ut patet Tob. IV. Phi- lons Erwähnung des Spruches hat auch Hugo Grotius übersehen; aber der so leicht nichts der Art übersehende grosse englische Gelehrte und Staats- mann John Selden hat sie beachtet (de iure nat. et gentium 7, 12 g. A.). 44* 604 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse machte seine weittragende Einfachheit einen so tiefen Eindruck, dass er fortan bei öffentlichen Bestrafungen den Herold ausrufen liess: quod tibi fieri non vis, alteri ne feceris und diese Worte auch als Inschrift in seinem Palast und an Staatsgebäuden anzubringen befahl. Nicht zu. so eingehender Erörterung wie die zwei ersten ver- anlassen die übrigen von Philon aufgezählten Gesetze. Nach einem umfassenden Verbot jeglicher Entwendung fremden Guts erwähnt er die Pflicht, nicht bloss, der allgemeinen Völkersitte gemäss, Feuer und Wasser nicht zu versagen, sondern auch, wie es die bei den Juden als Religionssache angesehene Armenpflege verlange, ‘den Armen und Gebrechlichen, welche Nahrung heischen, diese in Ehrfurcht gegen Gott darzureichen (wn wugss ÖenSevrı DIoveiv, 17 vemarc Vocruv Emozr).eiew, AA. za: TEWY,OLS ze mngols Feocdyv Zgaevı- ovc: meos Tov Teov EVayas avey,sıv p. 3584 Viger.). Es folgen die Bestimmungen über Todtenbestattung (un rap7s vergov EEeipyew, @7.2.« zu yas aürois bcov yE Eis Tyv öciev [dieis causa] ‚moosemicr.reıv) und Schonung der Grabstätten; dass dem jüdischen Gesetz die Schuldhaft unbekannt sei, wird hervorgehoben (v7 dssus, 17 zazov undev mAEOV Tu) Ev avayzaıs meosemıpEgE1N), und im Gegensatz zu den geschlechtlichen Ausschreitungen, welche bei anderen Nationen im Schwange gingen, wird die jüdische Strenge durch gehäufte An- führung vieler dieses Gebiet betreffender Gesetze dargethan. Den Schluss des gesammten Abschnittes bilden die Verpönung falschen Maasses und Gewichtes nach Leviticus 19, 36 und das wohl an Leviticus 19, 16 anknüpfende feine Sittengebot, "nicht die Geheim- nisse früherer Freunde nach eingetretener Feindschaft zu verrathen (un bir amoganree ev ENTER (baivev). Und darauf folgt, gleichsam als epiphonematischer Abschluss, der fragende Ausruf: va 87, meos To Seod, smiv ra Bovguyıe Ezeive, der auf einen abgelegenen Theil des attischen Religionswesens hinweist und es wohl verdient, nä- her erläutert und verwerthet zu werden. Sehr spärlich und nur in Schriften später Zeit sind die Nach- richten erhalten, aus denen die bisherigen Behandler der attischen Cultusgebräuche es erfahren haben, dass bei einer Pflugfeier an einem, ungewiss an welchem, Demeterfeste (s. Hermann, gottesd. Alterth. 56, 23) ein Mitglied des Geschlechtes der Buzygen, dessen Stammheros zuerst den Stier vor den Pflug spannte, eine Reihe vom 30. October 1876. 605 feierlicher Verwünschungen gegen gewisse Gattungen von Vergehen aussprach. Die ergiebigste unter diesen Nachrichten, welche zu- erst von Valckenaer und Schweighäuser (zu Herodot 7, 231) gesammelt und seitdem nicht vermehrt!) wurden, findet sich in einer Sprichwörtersammlung schwankenden aber sicherlich späten - Datums. Dort wird die Bezeichnung Bovsvyns für einen das Flu- chen liebenden Menschen folgendermaassen erklärt: “Der Buzyges in Athen, welcher den heiligen Brauch des Pflügens vollzieht, spricht viele andere Verwünschungen aus und insbesondere auch gegen die, welche im gewöhnlichen Lebensverkehr Wasser oder Feuer versagen, oder Verirrten nicht den Weg weisen (5 yag Bou- guys ’ASyınaw 5 rov jegov gorov emırEerDv Ara TE MoM« agareaı za Tois um zawwvouct Zara rov lov Vdaros N TUg0s nm Örodan- vovsw 6dov mAavwMEvoSs paroemiogr. 1 p. 388). Für die Verwün- schung aller drei hier besonders hervorgehobener Fälle der Inhu- manität sind collaterale Zeugnisse aus viel früherer Zeit vorhan- den, die jedoch den Buzyges nicht ausdrücklich nennen. Der Dichter der neueren Komödie Diphilos liess in seinem "Schma- rotzer (IHegesıros)' den Vertreter dieser Titelrolle in Bezug auf die Hinderung eines Hochzeitsschmauses sagen: “Weisst Du nicht, wie “es in den Fluchformeln heisst: Sofern Jemand den Weg nicht “richtig zeigt, oder nicht Feuer anzünden lässt, oder das Wasser ‘verdirbt, oder — ein Diner hindert (ayvosis Ev rais agais "O Fi easıv ei Fıs um decesi ogQus ödev "H müg Evavaeı 4 ÖepSeiper Vörg H demueiv BERAoVrE zwAurcr rıva bei Athenäus 6, 238%). Die “öf- “fentlichen Verwünschungen zu Athen gegen verweigerte Angabe des Weges waren auch erwähnt in den griechischen Quellen, nach welchen Cicero die Controverse zwischen den Stoikern Antipater und Diogenes darstellt über die Pflicht des Verkäufers, die Fehler !) Ich meine, vermehrt durch solche Stellen, welche den Buzyges aus- drücklich nennen. Dass der von Aelianus Var. Hist. 5, 14 erwähnte attische Brauch, den Pflugstier nicht zu tödten, durch eine buzygische Verwünschung sanctionirt gewesen, ist eine Vermuthung Otto Jahn's (Giove Polieo in Atene p. 6, 4 des Separatabdrucks aus Memorie dell’ instituto vol. 2), die nichts Unwahrscheinliches, aber auch nichts Zwingendes hat. — Ohne auf Vermehrung des Materials auszugehen, hat zuletzt, meines Wissens, Haupt im Hermes 5, 36 die buzygischen Verwünschungen besprochen, 606 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse der zum Kauf gestellten Sache anzuzeigen (Offie. 3, 13, 55 quid est enim aliud erranti viam non monstrare, quod Athenis exeera- tionibus publieis!) sanctum est, si hoc non est, emptorem pati ruere et per errorem in maximam fraudem incurrere). — Auf ein anderes, von dem Sprichwörtersammler nicht berührtes Gebiet der Humanität führt das Scholion zu dem 255. Verse in Sophokles’ Antigone, wo von der eilfertigen Bedeckung des Leichnams des !) Valckenaer hat den Einfall hingeworfen, statt publieis sei Buzygis zu schreiben. Execrationes publicae ist jedoch ein durchaus untadliger Aus- druck und auch Diphilos nennt nur agat schlechthin. Zur Empfehlung von Valekenaer’s Conjectur beruft sich Haupt auf Ausonius epist. 22, 48: Tullianum Buzygen. Sollte dort auch wirklich Tullianum unverderbt und die Erklärung ‘der von Cicero erwähnte” richtig sein, so folgt daraus noch nicht, dass Ausonius gerade auf diese Stelle der Schrift de offieiis angespielt habe. In den vielen uns entzogenen und dem Ausonius noch zugänglichen Theilen der ciceronischen Schriftensammlung lassen sich Anlässe genug zur Erwähnung des Buzyges denken. Z. B. in einer Schilderung des Übergangs vom rohen zum gesitteten Leben, die füglich in jetzt verlorenen Partien der Schrift de republica oder de legibus gestanden haben kann, mochte die Rede auf den ersten Benutzer des Pflugstiers gekommen sein. — Isaac Vossius ist zwar keine Persönlichkeit, zu deren Ritter man sich gern aufwirft; aber man widersteht nicht leicht dem Antriebe, Sinn in das scheinbar völlig Sinn- lose zu bringen, wenn dies in der Kürze geschehen kann.‘ Die in den jetzt gangbaren Ausgaben des Ausonius vorliegende Lesung Bulianum Buzygen statt Tullianum hat nämlich Isaac Vossius verschuldet, dessen Worte Tol- lius ohne nähere Angabe mittheilt. Haupt sagt darüber: “Tullianum’ Isaa- cus Vossius in 'Bulianum mutandum esse censnit a Bulia, ut dieit, civitate Attica; somniasse videtur. In der That giebt es weder in Attika noch sonst- wo einen Ort Bulia. Aber Geographie war gerade Isaac Vossius’ starke Seite, und dass er einen nicht vorhandenen Ortsnamen bloss “erträumt haben sollte, ist ihm, wie verkehrt er gelegentlich sein mag, doch schwerlich anzu- sinnen. Vielmehr ging es ihm wohl wie manchem Anderen, und in seiner Handschrift war das kleine t von dem kleinen 1 nicht leicht zu unterscheiden. Er hatte nicht ein unauffindbares Bulia, sondern Butia Bovreia, den Demos der attischen Phyle Oeneis im Sinn, aus welchem die Butaden stammen (s. Harpokration u. d. W. Bovradys). Und die an sich ganz plausible Ver- knüpfung des Buzyges mit den Butaden führte ihn dahin, Butianum auch dem Ausonius zuzumuthen. vom 30. October 1876. 607 Polynikes mit einer dünnen Staublage die Rede ist. Seine längere Besprechung einer solchen nur der Form genügenden (veucv Yagır dieis causa) Bestattungsart beschliesst der Scholiast mit den Wor- ten: Es heisst auch, dass der Buzyges zu Athen Diejenigen ver- wünschte, welche einen unbestatteten Leichnam liegen lassen (7.- Yos d on Bovguyns ’ASyunaı zorngaFaro Tols mepLopusıv arcıbov FÜR). Dass endlich der Buzyges ausser solchen groben Vergehen gegen die Menschlichkeit auch eine feinere Verletzung der Moral mit sei- nem Fluche belegt habe, lässt sich aus einer zwar nur gelegent- lichen Anspielung des Alexandriners Clemens doch mit hinreichen- der Sicherheit entnehmen. Derselbe hatte auf den Widerspruch hingewiesen, in welchem die eigene Praxis vieler griechischen Phi- losophen zu ihren theoretischen Lehren über die Ehe stehe, und fährt dann fort: "Sie alle müssen demnach dem Buzygischen Flu- “che verfallen, welche Anderen das zu thun rathen, was sie für “sich selbst als unzuträglich erkennen, oder umgekehrt Anderen ‘von dem abrathen, was sie für sich selbst erstreben (o)z av ovv bye znv Bovguyıov agav era. 1 Somımalovres apiı Furhegsw za Erzgors TaÜTa« TRQOHENE Vovres moıeıv, N 10 Toommarı Strom. 2 p- 503 Potter). Wie frei hier Clemens mit dem Wortlaut der Fluchformel geschaltet haben mag, so muss man doch annehmen, dass er den Buzygischen Fluch’ nicht blos als einen allgemeinen sprichwörtlichen Ausdruck!) gebrauche, sondern auf eine ihm be- kannt gewordene bestimmte Verwünschung des Buzyges hindeute, welche gegen den untreuen Rathgeber gerichtet war. Denn erst- lich fügt Clemens, wie es ja seine Art ist, keine schöne Blüthe der hellenischen Ethik vorzuzeigen ohne ausdrücklich zu sagen, dass sie eben so schön und noch schöner im biblischen Garten !) Haupt scheint dies gemeint zu haben. Denn während er in den übrigen Fällen die verwünschten Handlungen erwähnt, begnügt er sich, von der Stelle des Clemens zu sagen: ut proverbium zuv Boufuyeıov apav dieit Clemens. — Sylburg, zu dessen Zeit die oben 8. 605 angeführte Sprich- wörtersammlung noch nicht gedruckt war, hat seinen sonst so trefflichen In- dex zum Clemens durch folgende T'horheit verunziert: Bov&vyıos deu, quae seilicet maledietum pronuntiat eım, qui bovem cum asino ad aratrum adiun- xerit. Er bezog also den Ausdruck des Clemens auf das Verbot des Deute- ronomium 22, 10. 608 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse wachse, unmittelbar darauf folgendes hinzu: Dies hat die heilige Schrift kurz ausgedrückt in den Worten: "was du hassest, thue keinem Andern (roörc Poayzws 4 yeapn Ö207 u2ev eionzuie 6 nızeis, 239 0) momcreis). Eine solche Anführung des glejghartigen To- bitverses (s. oben S. 603) hat nur dann einen genügenden Sinn, wenn der Inhalt des vorhergehenden Satzes nicht Clemens eigenes sondern fremdes Gut ist. Und zweitens wird auch bei Cicero das Gebot "treuen Rath den Rathsuchenden zu geben’ in die engste Verbindung gebracht mit zwei anderen, uns bereits als buzygisch bekannten, den Mitgebrauch des Wassers nicht zu versagen. und Feuer nicht zu verweigern: Office. 1, 16, 52 illa communia non prohibere aqua profluenti (v7 vanere Üdarsır amezr.siew Philon oben S. 604), pati ab igne ignem capere si qui velit, eonsilium fidele de- liberanti dare. Dass Cicero hier seiner griechischen Vorlage wört- lich und allzu wörtlich folgt, zeigt die etwas weitläufige Wendung pati ab igne ignem capere si qui velit, welche auch ältere Erklärer, z. B. den wackeren Hieronymus Wolf, zu wunderlichen Missver- ständnissen verleitet hat; im Griechischen stand offenbar =U3 Zvad- vw ru ovronzvu, gemäss dem bekannten Sprachgebrauch von ö Bovronevos für “Jeder (quilibet). Alle diese Nachrichten nun, aus wie späten Quellen sie uns zufliessen mögen, stimmen innerlich schr wohl zusammen. Man erkennt, dass an einem Feste, welches die Einführung des Acker- baues, der Grundlage menschlicher Gesittung feierte, diese Gesit- tung unter eine übermenschliche Sanction gestellt werden sollte. Solche Vergehen gegen die menschliche Gemeinschaft, welche die gewöhnliche Justiz schwer fassen und gar nicht verhüten kann — und von dieser Art sind alle in den erwähnten «ga: verpönten Begehungen und Unterlassungen — werden der göttlichen Justiz überantwortet und mit öffentlichem Fluche belegt. Wie fest nun auch die Alterthümlichkeit eines solchen, das antike Gepräge tra- senden Ritus aus inneren Gründen sich bewährt, so erwünscht ist es doch für die Forschung, über die bisher vernommenen sehr jun- sen Zeugen, von denen überdies der einzige sicher datirbare, näm- lich der Alexandriner Clemens, nicht eigentlich ein Zeugniss ab- giebt, sondern nur anspielt, einige Schritte hinauf zu einem chro- nologisch brauchbaren Anhaltspunkt zu gelangen. Und diesen Dienst leistet, indem er zugleich die sonst bekannten Angaben in- direet bestätigt, der von den bisherigen Forschern nicht beachtete vom 30. October 1876. 609 Ausruf des Philon, von dem wir ausgegangen sind. In einer Aus- wahl jüdischer Gebote der Humanität und Moral erwähnt er aus- drücklich drei von den vier anderweitig als buzygisch bezeugten: die freie Mittheilung von Wasser und Feuer (oben S. 604), die Pflicht, auch fremde Todten zu bestatten (oben S. 604), das Verbot einem Ändern zu thun, was man selbst nicht erleiden möchte (oben S. 601), welches auch Clemens, wie vorhin (oben S. 608) bemerkt wurde, der buzygischen Verwünschung des untreuen Rathgebers an die Seite stell. Aber zu diesen Bethätigungen der allgemei- nen Menschenpflicht tritt, weit über sie hinausgehend, innerhalb des jüdischen Sittengesetzes eine Reihe anderer das Familienleben nach seinen verschiedenen Seiten ordnender und das menschliche Elend mildernder Gesetze, und im Hinblick hierauf hält Philon sich berechtigt, seinen Gegnern, die wohl um die Moral der Griechen auf Kosten der jüdischen zu preisen, mit den buzygischen Ver- wünschungen geprunkt hatten, die Frage zuzurufen: “Wo bleiben, um des Himmels willen, im Vergleich mit diesen jüdischen Moral- geboten jene buzygischen? ra On, mads roü Seod, yulv ra Bovguyıe &zeiva; Unmöglich wäre es nicht, dass die gegnerischen Bemer- kungen, welche Philon zurückweist, in Schriften aus einer früheren Zeit als die seinige sich vorfanden; man würde dann einen noch etwas höher hinauf liegenden chronologischen Anhaltspunkt gewin- nen. Aber selbst wenn Philons Gegner seine Zeitgenossen waren, ist es bei der Spärlichkeit der sonstigen Nachrichten ein nicht zu verschmähender Zuwachs, dass wir aus jenem kurzen Sätzchen Philons lernen, wie verbreitet zu Anfang des ersten Jahrhunderts nach Ch. die Kunde von den 'buzygischen Flüchen” war, durch welche der attische Staat seinem Demetercult das scharfe Siegel einer ceivilisatorischen Einrichtung aufdrückte. Schon um dieses Einen Ertrages willen hätten die doch auch sonst mannigfach lehr- reichen Bruchstücke der philonischen Hypothetika wohl hinlänglich die Hervorhebung verdient, welche ihnen nach langer Vernachläs- sigung hier zu Theil geworden ist. [1876] 45 MiianFE AN > Surrudkar MAYNARD N MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. November 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. du Bois-Reymond. 2. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Borchardt las über das arithmetisch - geometri- sche Mittel aus vier Elementen. Die Abhandlung über das arithmetisch-geometrische Mittel aus zwei Elementen, welche ich im Jahre 1355 der Akademie vorzu- legen die Ehre hatte, war der Rückstand einer weiter gehenden Untersuchung, in welcher ich beabsichtigte, den bekannten Algo- rithmus, dessen fortgesetzte Anwendung als Grenze das arithme- tisch-geometrische Mittel aus zwei Elementen ergiebt, auf vier Ele- mente auszudehnen. Schon damals war ich im Besitz des Algorithmus, welcher für vier Elemente in Betracht kommt. Ich wusste von demselben, dass seine fortgesetzte Anwendung auf eine von der Anordnung der Elemente unahhängige Grenze führt, welche eine bestimmte analytische Function der Elemente ist; ich vermuthete überdies, däss diese Grenze mit Hülfe hyperelliptischer Integrale sich aus- drücken lasse. Nachdem ich in neuerer Zeit jene alte Untersu- chung wieder aufgenommen habe, ist es mir gelungen, die in der- selben früher noch unerledigten Schwierigkeiten zu beseitigen, in- dem jch mich dabei auf die von meinem Freunde, Hrn. Weier- strafs, aufgestellte Theorie der hyperelliptischen Functionen stützte, von welcher derselbe mir einige noch unveröffentlichte, namentlich auf die Definition der Perioden durch Differentialgleichungen be- zügliche Theile mitzutheilen die Güte hatte. [1376] 46 612 Gesammtsitzung 1. Der auf 4 Elemente bezügliche Algorithmus, mit welchem ich vor 18 Jahren beschäftigt war, wird auf folgende Weise er- halten: Es seien a,b,c,e vier reelle positive nach ihrer Grösse in absteigender Reihe geordnete Quantitäten, welche der Ungleichheit a—b—c-+e>0 genügen. Man bilde erstens das arithmetische Mittel aus den vier Elementen, zweitens ordne man die vier Ele- mente auf die drei möglichen Arten in zwei Paare, nehme aus je- dem Paar das geometrische Mittel und aus den beiden zusammen- gehörigen geometrischen Mitteln das arithmetische Mittel, so hat man aus den gegebenen Elementen a, b, c, e vier Functionen der- selben a,, d1, Cı, €, hergeleitet, welche durch die Gleichungen la= 4(a+b+c-+e) db, = 4(Vab-+Vece) 1 = Er “ a=4(lac+ Vbe) | & = 4(Vae+Vbe) gegeben sind. Eine Vertauschung von a,b,c,e unter einander führt nur zu einer Vertauschung der Grössen b,, c,, €, unter ein- ander. Die Analogie dieses Algorithmus mit demjenigen, welcher zu dem arithmetisch-geometrischen Mittel aus zwei Grössen führt, tritt zwar schon in diesen Gleichungen hervor, noch evidenter wird sie vielleicht in einer anderen Form der Darstellung. Wie nämlich die Gleichungen dı — I(a+b), b, = Vab des arithmetisch-geometrischen Mittels aus 2 Elementen sich in die eine Gleichung 2(1+eb) = Va+eVb) zusammenfassen lassen, wenn in ihr dem = der doppelte Werth e—= +1 beigelegt wird, so lassen sich die Gleichungen (1) in die eine Gleichung (2) ala +eb+:.c+e1e) = Va+:Vb-+eVe-+ee'Ve) vom 2. November 1876. 613 zusammenfassen, wenn in ihr jeder der Grössee e, e’ der doppelte Werth 2 = =£1,.' —= #1 beigelegt wird. Man wende den Algorithmus (1) wiederholt an, leite also aus Qı, di, Cı, € Vier neue Grössen as, d3, C9, & her, welche von Gı; di, Cı, &ı ebenso abhangen wie diese von a,d,c,e u.S. w. und erhalte nach nmaliger Wiederholung der nämlichen Operation C Dann nähern sich mit wachsendem n die Grössen a,, 5, Cns En: alle vier Grössen a,, d,, C„, €, der nämlichen Grenze g. Man be- N weist nämlich, dass die Differenz « — e zwischen der grössten und kleinsten der vier Grössen bei jeder Operation auf weniger als die Hälfte ihres früheren Werthes herabsinkt, sodass 41— 4 <$la—0), m — » 2 unmöglich ist, aus 2° Ele- menten eine Function zu bilden, welche bei Vertauschung der Ele- mente nicht mehr als 2?— 1 verschiedene Werthe annimmt. Für den so verallgemeinerten Algorithmus beweist man auf die näm- liche Weise, dass die Differenz zwischen der grössten und klein- sten der Grössen a’ kleiner als die Hälfte der entsprechenden Dif- ferenz für die Elemente a ist, woraus wiederum hervorgeht, dass bei Wiederholung des nämlichen Algorithmus die 2? Grössen (n) RjyMgQuelk, für n—= © ein und derselben Grenze g sich nähern. Für die Grenze 9 des verallgemeinerten Algorithmus geben die Abel’schen Funectionen mit 25 Perioden nicht mehr die voll- ständige sondern nur eine besondere Lösung. Bezeichnet nämlich S(vı , ®%.... 0,) das durch die Gleichung < e+Hry-1 (Ode) Ze Ko definirte Weierstrals’sche Haupt-Theta, wo ——n — n,vı m Ny,Ü%z — lalade, En No, = — Mr + Anna ++ nr; Te WEN vom 2: November 1876, 621 und die Summation für jedes der reihenden Elemente n,, nz... N; auf alle ganzen Zahlen von — oo bis + oo zu erstrecken ist, und setzt man 6) 12 a Se ae : ( ) Up yKgeeik, Se I 4 Br ’ 5; ORG 5 3 FllyPiQ or.» Too 2 Mı Ma 1% 15) a) =g9 22; IT Ir T ) 1 Koh 9 by Zip eree sho ’ A RATINE Bir ar ng : so genügen zwar die so definirten Grössen @,.«a' den durch (11) dargestellten 2° Relationen, aber sie geben nur eine besondere Lösung, da die durch (12) definirten Grössen a nur von den Not 1 I e ns + 1 Quantitäten 9, 11... 7; abhangen, also zwischen den 2° Elementen @ des Algorithmus (11) Relationen bestehen müssen, damit sie unter die besondere Lösung (12) fallen. Schon für z—=3 also im Fall von 8 Elementen « muss zwischen denselben eine Relation bestehen, damit die fort- gesetzte Anwendung des Algorithmus (11) auf eine Grenze führe, welche durch Abel’sche Integrale darstellbar sei. Bestehen jene u 9 u 2° Relationen zwischen den Elementen a des Algorithmus (11) nicht, so führt die fortgesetzte Anwendung des Algorithmus zwar noch immer zu einer Grenze, aber von welcher Art die transcendenten Funetionen sind, durch welche die Grenze sich darstellen lässt, dies ist eine Frage, deren Beantwortung der Zukunft vorbehalten bleibt. 622 Gesammtsitzung Hr. Websky machte eine Mittheilung über eingewachsene Diamante. Hr. Virchow las: Weitere Mittheilungen über friesische und niederlän- dische Schädel. In der Sitzung vom 24. Februar d. J. hatte ich die Ehre, der Akademie mehrere Schädel von Insulanern der Zuiderzee und aus Friesland vorzulegen und daran ausführliche Erörterungen über die Schädeltypen in Nordwestdeutschland und den Niederlanden anzu- knüpfen. Bei einem Besuche, welchen ich Anfangs vorigen Monats den Museen in Leiden und Amsterdam abstattete, fand ich wei- teres Material, welches geeignet ist, die damals angeregten Fragen mit grösserer Bestimmtheit zu beantworten und einige der von mir aufgestellten Sätze mit neueren Beweisen zu versehen. Ich erwähne zunächst zwei Schädel von der Insel Ter Schelling, welche sich im anatomischen Museum zu Amäterdam befinden. Diese Insel, welche ausserhalb der Zuiderzee an der Ausmündung des Fliestroms in die Nordsee gelegen ist, wird von einer Bevölkerung bewohnt, welche allgemein als friesisch aner- kannt wird!). Die ziemlich abgelegene Stellung, welche Ter Schelling in der Reihe der Ausseninseln einnimmt, macht es an sich wahrscheinlich, dass die Bevölkerung den ursprünglichen Ty- pus reiner bewahrt habe, als andere Theile des Friesenlandes. Allein, obwohl beide Schädel weibliche sind, so zeigen sie doch so erhebliche Verschiedenheiten untereinander, dass der Zweifel entstehen kann, ob sie demselben Stamme angehören. Die durch direete Messung gewonnenen Zahlen stelle ich mit denen einiger anderer Schädel am Schlusse in der Tabelle I zusammen. Hier theile ich nur einige der berechneten Verhältnisszahlen mit, wäh- rend ich wegen der übrigen auf Tabelle II verweise. !) D. Lubach, Natuurlijke historie van Nederland. Amsterd. 1868. Bl. 433. ' vom 2. November 1876. 623 1. 2. Längenbreitenindex . . . 779 84,0 Längenhöhenindex . . . 67,9 17,9 Breitenhöhenindex . . ..87,2 32,2 Nasenindex. au uns. zus. 32492 93,4. Es ist also der erste chamaemesocephal und leptorrhin, der zweite hypsibrachycephal und mesorrhin. So auffallend diese Verschiedenheit auch ist, so liegt sie doch innerhalb derjenigen Grenzen der individuellen Variation, welche schon in meiner grösseren Abhandlung dargelegt worden sind. Denn der erste Schädel entspricht den Verhältnissen, welche ich als die häufigeren und am meisten eigenthümlichen in Friesland nachgewiesen habe und für welche z. B. der männliche Schädel von Urk Nr. 18!) ein vortreffliches Beispiel bietet. Der zweite dagegen gleicht in hohem Maasse dem gleichfalls männlichen Schä- del von Urk Nr. 273, welchen Hr. Spengel aus dem Göttinger Museum beschrieben hat?). Ich setze zur Vergleichung die be- treffenden Zahlen hierher: Nr. 18... Nr.273. Längenbreitenindex . . . 76,8 81,9 Längenhöhenindex.. . . . 684 76,8 Breitenhöhenindex. . . . 89,0 93,8 Nasenindext 1.2 2 2.7 44.0 —. Der erste Schädel von Ter Schelling ist sehr wohlgebildet, zart und von weissgelblicher Färbung. Er macht in der Seiten- ansicht den Eindruck der Länge, weil er nicht nur an der Stirn, sondern auch am Scheitel sehr niedrig ist. Seine hintere Höhe, welche 124 Mm. misst, ist ungemein klein. Auch die senkrechte Höhe beträgt nur 125 Mm.; wenn er trotzdem einen Höhenindex von 67,9 hat, so erklärt sich dies aus der geringen Länge von "181 Mm. Trotz dieser geringen Gesammtlänge beträgt die hori- zontale Entfernung der Hinterhauptswölbung vom Hinterhaupts- loche 57 Mm. An dem letzteren sind die Gelenkhöcker sehr vor- tretend, namentlich der linke. Das Gesicht ist zart, von mässiger !) Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen. Abhandlungen der Akademie 1876. S. 84. ?) Ebendaselbst S. 96. 624 Gesammtsitzung Breite, die Nase schmal, der Alveolarfortsatz des Oberkiefers nie- drig, die noch wenig abgenutzten Zähne gross, der Gaumen etwas verletzt, aber dem Anscheine nach kurz, die Zahncurve schwach hufeisenförmig. Der zweite Schädel ist sehr leicht, an der Basis verletzt und von brauner Farbe. Er ist sehr kurz, denn er hat nur 169 Mm. in der Länge. Daher erscheint er ungewöhnlich breit, obwohl seine grösste Breite (142 Mm.) nur um 1 Mm. die Breite des er- sten Schädels übertrifft. Seine Scheitelhöhe (Entfernung des vor- deren Randes des Hinterhauptsloches von dem Höhenpunkte hinter der Kranznaht) ist der des ersten sogar gleich: 123 Mm., dagegen beträgt die senkrechte Höhe, deren oberer Punkt wegen der Kürze des Schädels weiter nach vorn fällt, 8 Mm. mehr, als bei dem er- sten Schädel, nämlich 151 Mm. Da auch der horizontale Abstand der Hinterhauptswölbung vom Hinterhauptsloche sehr gering ist (44 Mm.), so ist die Schädelform fast trochocephal. Das Ge- sicht ist niedrig, die Wangenbreite gering, die Augenhöhlen breit. Der hohe Nasenindex erklärt sich mehr durch die geringe Höhe der Nase (43 Mm.), denn die Breite der Nasenöffnung (23 Mm.) ist keineswegs beträchtlich. Der Alveolarfortsatz ist ganz niedrig und nicht prognath. Die Zähne sind abgeschliffen. Ich vermag den Grund dieser eigenthümlichen Schädelbildung, namentlich der auffälligen Kürze nicht anzugeben. Weder unter den früher von mir beschriebenen Schädeln der Zuiderzee-Insula- ner !), noch unter denen von Mittel-Friesland ?) findet sich ein so kurzer. Man wird ihn daher schon aus statistischen Gründen nicht als einen typischen ansehen dürfen. Indess habe ich schon in meiner Abhandlung den Nachweis geführt, dass die Mesocephalie der Friesen mehr zur Brachycephalie neigt, und was auch der Grund davon sein möge, so kann doch nicht in Abrede gestellt werden, dass die beiden Schädel von Ter Schelling dieses Verhält- niss in ähnlicher Weise wiedergeben, wie ich es früher von anderen Orten ermittelt habe. — Nächstdem erwähne ich, gleichfalls aus dem anatomischen Mu- seum zu Amsterdam, drei neue Schädel von Marken, einer der Da#370.. Sl. la. 3.20. 18..186. vom 2. November 1876. 625 Zuiderzee-Inseln, deren Craniologie ich eingehend erörtert habe. Sie haben ein besonderes Interesse, weil sie Landsleute des viel besprochenen Batavus genuinus von Blumenbach betreffen und weil sie, in Verbindung mit den zwei Schädeln des Museum Vrolik und mit den vier Schädeln des Museum Blumenbach, das Bild die- ser insularen Bevölkerung in erwünschter Weise vervollständigen. Einer dieser Schädel ist weiblich, ein anderer männlich, der dritte wahrscheinlich männlich. Ihre Indices lauten folgendermalsen: 2 1. weibl. 2. männl.(?) 3. männl. Längenbreitenindex . 73,0 1.3 83,3 Längenhöhenindex. . 69,5 70,1 75,4 Breitenhöhenindex. . 89,0 307 90,4 Nasenindex:.. . .. ..90,0 49,4 48,9. Die beiden ersteren sind demnach chamaemesocephal, der dritte hypsibrachycephal, alle drei aber mesorrhin. Im Einzelnen betrachtet, erweist sich der erste als sehr fest und schwer; seine Farbe ist gelblich. Die Zähne sind links stark abgeschliffen. In der Seitenansicht erscheint die Scheiteleurve flach, die Stirn sehr voll, hinter der Kranznaht ein kurzer Ein- druck. Nach hinten nimmt die Breite beträchtlich zu, so dass der tuberale Parietaldurchmesser 134,5 und der gerade Occeipital- durchmesser 113 Mm. beträgt. Nimmt man dazu die erheblichere Horizontallänge des Hinterhaupts mit 57 Mm., so ergiebt sich, dass gerade die Entwickelung des Hinterhauptes für die Schädel- form bestimmend war. Der hohe Nasenindex hängt auch in die- sem Fall mehr von der Niedrigkeit der Nase, als von der Breite der Nasenöffnung ab, obwohl die letztere immerhin nicht klein ist. Auch die Malar- und Orbitalbreite sind beträchtlich. Der zweite Schädel ist gleichfalls fest, schwer und braun. "Die Zähne etwas abgeschliffen. Die Stirnwülste sind wenig ent- wickelt, die Plana temporalia niedrig, die Schläfen sehr tief lie- gend. In der Seitenansicht erscheint der Schädel lang und flach, die Stirn voll, das Hinterhaupt gross. Die horizontale Länge des letzteren misst 62 Mm. Aber er ist zugleich in seinen vorderen und mittleren Theilen breit: der untere Frontaldurchmesser beträgt 97, der tuberale Parietaldurchmesser 135,5 Mm. Da auch die Malarbreite mit 94,5 Mm. recht ansehnlich ist, so berechnet sich ein ungewöhnlich hoher Frontal-Malar-Index: 97,4. Dagegen ist 626 Gesammtsitzung das Obergesicht niedrig: 63 Mm. und der Obergesichtsindex sehr klein: 66,6. Auch in der Breite der Nasenöffnung und der Augen- höhlen ist eine positive Zunahme bemerkbar. Die Zahncurye ist sehr weit und die Zähne selbst sind gross. Der dritte Schädel ist gross, schwer, von graugelber Farbe. Er hat ein massiges und eckiges Aussehen, obwohl die Tubera keineswegs stark entwickelt sind. In grosser Ausdehnung zeigen sich tardive Synostosen, namentlich in den Schläfengegenden, wo die unteren lateralen Theile der Kranznaht, die Sphenofrontal- und Sphenoparietalnaht betheiligt sind. Hinten sieht man eine Spur der Sutura transversa oceipitis, vorn eine schwache mediane Crista frontalis. Die Plana temporalia sind hoch. In der Seitenansicht dominirt der Eindruck der Höhe; in der Hinter- und Vorderansicht erscheint der Contour fast fünfeckig. Hinter der Kranznaht ist, wie bei dem ersten Schädel, eine kurze Vertiefung. Das Hinter- haupt. ist kürzer; seine horizontale Länge beträgt nur 5l Mm. Dafür ist die Breite, besonders in den unteren Abschnitten, sehr gross: die grösste Breite beträgt 152, die untere Frontalbreite 106,5, die Oceipitalbreite 118 Mm. Auch am Gesicht, obwohl es ziemlich hoch ist, prävaliren die Breitendurchmesser: die Jochbogen stehen weit ab, die etwas schiefen Orbitae sind in die Breite ge- zogen und haben einen sehr niedrigen Index: 81,7; auch die Nasenöffnung ist sehr breit. Die Zahncurve ist schwach huf- eisenförmig. Es wiederholt sich demnach bei den Marker Schädeln das- selbe, was wir bei den Schädeln von Ter Schelling erfahren. haben, nämlich dass gelegentlich ganz brachycephale Fälle vorkommen, bei denen dann in compensatorischer Weise die Höhe zunimmt. Als Regel bleibt jedoch die Chamaecephalie stehen. Es wird sich dies verhältnissmässig am besten übersehen lassen, wenn ich die Indices sämmtlicher Marker Schädel zusammenstelle: vom 2. November 1876. 627 Längenbreiten- Längenhöhen- Index. 1) Museum Vrolik Nr. 15 männl. : . 76,0 67,0 2) N Sun Ne: lo. weibl1] zah-445185% 63,2 3). Anat. Mus. Amst. Nr. 1 weibl. .. . 78,0 69,5 4) A = 5. Nry2 männl: 2% 4.2:...4.58 70,1 5) 3 a NE- 9, mänula a. 835D 75,4 6) Mus. Blumenbach Nr. 269 männl. . 74,7 65,9 DE, 2 Nr. 270 männl. . 74,5 67,5 Se R Nr. 241lsmännl. ... 73,3 66,7 ONE ae = Nrr272: männl... . 76,3 72,7 Mittel ‚+ 06,9 68,5. Dieses Mittel ist ausgesprochen chamaemesocephal. Von neun Schädeln haben sechs einen Höhenindex unter 70, einer einen solchen von 70,1, einer von 72,7 und nur ein einziger, eben der zuletzt beschriebene, überschreitet die Zahl 75. Dass er also einen Ausnahmefall darstellt, wird sich wohl nicht bezweifeln lassen. Von grösserer Bedeutung sind die neuen Schädel in Bezug auf den Längenbreitenindex. Nach meiner früheren Zusammen- fassung standen sich drei mesocephale und drei dolichocephale Schädel gegenüber. Der Umstand, dass die letzteren von Hrn. Spengel nach einer von der meinigen etwas abweichenden. Me- thode gemessen worden waren, konnte Zweifel an der Zulässig- keit einer directen Vergleichung erwecken. Wenn man indess darüber weggeht, weil in der That die Differenzen der Messmetho- den in diesem Falle keine grosse Abweichung bedingen können, so war doch das Verhältniss nicht klar, und ich konnte schliess- lich nur aus der Gesammtheit meiner Beobachtungen an den Nach- “ barorten folgern, dass die Mesocephalie auch für die Insel Marken die Regel darstelle. Gegenwärtig stehen den drei dolichocephalen Schädeln fünf mesocephale und ein brachycephaler gegenüber, und wir erhalten auch bei der Zusammenfassung aller ein rein meso- cephales Mittel von 76,9, also fast 77. Dadurch rücken die Mar- ker Schädel mit grosser Bestimmtheit in die Reihe der Friesen- schädel ein. Zugleich sehen wir aber auch, dass die Brachycepha- lie nicht etwa eine ausschliesslich weibliche Eigenthümlichkeit und die Dolichocephalie eine männliche ist, denn gerade der einzige [1876] 47 628 Tesammtsitzung Brachycephale ist hier ein Mann. Damit soll jedoch nieht geleug- net werden, dass der weibliche Schädel mehr zur Brachycephalie, der männliche mehr zur Dolichocephalie neigen mag. Ein viel mehr störender Umstand ist die in den neuen Schä- deln hervortretende Grösse des Nasenindex. Leider hat Hr. Spen- gel bei den Göttinger Schädeln die Maasse für die Nase nicht erhoben und ich bin daher auf die von mir selbst gemessenen Fälle angewiesen. Diese ergeben Folgendes: Höhe der Breite der Nasen- Nase. Nasenöffnung. index. Mm. Mm. 1) Mus. Vrolik Nr. 15 57 24 42,1 2) er NT [67248 24 50,0 3) Amsterdam I... . 46 23 50,0 4) > a 23-8 49,4 8) n BO 24,5 48,9 Mittel . 49,7 24 48.2. Hier ist nicht nur das Mittel mesorrhin, sondern es fallen auch von fünf Schädeln vier in diese Kategorie. Dieses Ergebniss stimmt mehr mit den älteren Beobachtungen des Hrn. Sasse, als mit der aus meiner Gesammtbeobachtung der nordwestdeut- schen und niederländischen Schädel abgeleiteten Formel!). Man darf jedoch nicht übersehen, dass die Grösse des Index bei den Marker Schädeln sich überall nicht aus der Weite der Nasen- öffnung, sondern vielmehr aus der Kürze (Niedrigkeit) der Nase (Kürze des Abstandes des Nasenstachels von der Nasofrontalnaht) erklärt. Aus diesem Grunde vermag ich darin keinen mongo- loiden Charakter zu erkennen. Immerhin erkenne ich an, dass es sehr wünschenswerth wäre, dass auch von den Göttinger Schä- deln die Nasenmaasse festgestellt würden. Ganz anders stellt sich übrigens das Verhältniss, wenn die ganze Zahl der von mir gemessenen Zuiderzee-Sehädel, also ausser den Markern noch die drei Urker und der Schokländer zusammen- genommen werden. Letztere ergeben folgende Zahlen: I) a.aOMS.1349.1352. vom 2. November 1876. 629 Höhe der Breite der Nasen- Nase. Nasenöffnung. Index. Mm. Mm. ; Ur, Mus. Vrolik Nr..17°;. .,;- 45 20 44,4 5 a, Ne 18.0.00.2:50 22 44,0 „.lÜtrecehter.Mus. ; - ı ».4.,.5.98 23 39,6 Mittel | 21,6 42,6 Schokland, Mus. Vrolik Nr. 19 54 26 48,1 Mittel aller Zuiderzee-Schädel (Marken, Urk und Schok- land. 0. 790,6 23,4 46,2. Mit 46,2 fällt der gemittelte Index schon in das leptorrhine Ge- biet, und sowohl der mittlere Index, als die Mittelzahlen für die Höhe der Nase und die Breite der Apertur stimmen fast genau mit den Zahlen, welche Hr. Broca für die heutigen Pariser be- . rechnet hat!). Aber dieses Ergebniss wird überwiegend durch die niedrigen Urker Zahlen hervorgebracht, für welche sich eine an die unterste Grenze der Broca’schen Scala (42) heranreichende Ziffer berechnet. Könnten diese Zahlen als sicherer Ausdruck des typischen Verhältnisses angesehen werden, so müsste man der Nasenbildung nach die Leute von Marken und Schokland mit ein- ander vereinigen und von den Urkern trennen, während doch Schokland räumlich ganz nahe an Urk liegt, Marken dagegen von den beiden anderen Inseln ziemlich weit entfernt ist. Ich möchte daher immer noch glauben, dass die bis jetzt ermittelten Zahlen noch nicht als endgültige anzusehen sind. Es stehen sich gegen- wärtig unter den Zuiderzee-Schädeln fünf mesorrhine und vier leptorrhine gegenüber, und zwar so, dass die Leptorrhinie in der stärksten, die Mesorrhinie in so schwacher Weise entwickelt ist, dass trotz der geringeren Zahl der Leptorrhinen das Gesammt- mittel leptorrhin ist. Nach Geschlechtern geordnet zeigen die männlichen Schädel einen Nasenindex von 42,0, die weiblichen einen solchen von 48,1, oder wenn wir nur die Marker nehmen, die männlichen 46,5, die weiblichen 50. Die Leptorrhinie der Männer ist also sehr deutlich. Schon in meiner Abhandlung?) 1) Meine Abhandlung S. 354. 2) as 3:20,81 890. 630 Gesammtsitzung bin ich zu ähnlichen Ergebnissen gekommen in Bezug auf die Ge- sammtheit der dort behandelten Schädel, und man wird daher bei einer weiteren Erörterung dieser Frage den Geschlechtsverhältnissen der zu untersuchenden Schädel in weit höherem Maasse- Rechnung tragen müssen, als bisher geschehen ist. Auf alle Fälle aber stellt sich zwischen den weiblichen Schädeln der Zuiderzee und denen von Ankum und den Vierlanden eine weit grössere Übereinstim- mung heraus, als nach den früheren Ermittelungen anzuneh- men war. Übrigens hat Hr. Sasse in seiner neuern Abhandlung über Schädel aus dem nordholländischen Westfriesland!) Zahlen für die Durchmesser der Nase geliefert, welche seine eigenen älteren Aufstellungen über den friesischen Nasenindex ganz in dem von mir gefundenen Sinne rectificiren. Da er selbst in dieser Ab- handlung die Nase ganz übergangen hat, so habe ich mir die Mühe genommen, aus den in seinen Maasstabellen enthaltenen Einzelzahlen die nöthigen Zusammenstellungen und Berechnungen zu machen. Er hat Schädel von zwei verschiedenen Localitäten in Westfriesland, von Broek und von Kolhorn, untersucht. Wenn man diese beiden getrennt zur Untersuchung stellt, so erhält man folgende Übersicht: !) Archiv für Anthropologie. 1876. Bd. IX. S. 21— 22. vom 2. November 1876. Höhe | Breite | | | Nasen- Westfriesische Schädel. | der der Index. | Nase. Apertur. ER | Broek I. öl 26,5 5149 Broek II 52 23,5 | 451 Broek V 60 27 45,0 Broek VI . 55 25 45,4 Broek X 49 22 44,8 Männer von Broek (5). 59,4 24,8 46,4 Broek III 48,5 25 51,5 Broek IV 56 28 50,0 Weiber von Broek (2). 52,2 26,5 50,7 Gesammtmittel von Broek (7) 58,0 21952, 47,6 Kolhorn I 63 26,5 42,0 Kolhorn IT. 57 5 dag Kolhorn IH öl 23 45,0 Kolhorn VII 48 23 2409 Männer von Kolhorn (4) . 54,7 24,3 44,6 . Kolhorn IV 50,5 23 45,5 Kolhorn V . ol 21 41,1 Weiber von Kolhorn (2) 50,7 22 43,3 Gesammtmittel von Kolhorn (6) I 235,0 44,2 Männer von Broek und Kolhorn (9). 54,0 24,6 45,6 Weiber von Broek und Kolhorn (4). 51,5 24,2 47,0 Gesammtmittel von Broek und Kolhorn (13) 53,1 24,5 46,0 632 Gesammtsitzung Hier ist also nicht nur das Gesammtmittel leptorrhin, sondern auch das Mittel der Männer und das der Frauen, letzteres freilich genau an der äussersten Grenze zur Mesorrhinie. Im Einzelnen ist die Differenz der beiden Localitäten recht erheblich. Der Index von Broek ist um 3,4 höher, als der von Kolhorn, ja der weibliche Index von Broek sogar um 7,4 höher, als der weibliche Index von Kolhorn. Letzterer ist stark leptorrhin, ersterer mesorrhin. Noch viel auffälliger wird die Differenz gegenüber den älteren Angaben des Hrn. Sasse, nach welchen der Index der nordholländischen Friesen 49,19 und der der Mittelfriesen 47,16 betragen sollte !). Zur besseren Übersicht stelle ich die Fälle von Broek und Kolhorn nach Gruppen zusammen: | [oHIN m = Zogto A a | AOUURTA N 1 TPRIN | 2 | zgem oil = | JOUUBN ae | | PHIM 0 = | > aoqlo Mm Bee m AOUURTA | Ben Indie es unter 41,99 (subleptorrhin) 42 — 47,99 (leptorrhin) 48 — 52,99 (mesorrhin) !) Meine Abhandlung S. 352. vom 2. November 1876. 633 Zwischen Broek und Kolhorn stellt sich hier ein ähnlicher Gegen- satz heraus, wie zwischen den Inseln Marken und Urk, zum Zei- chen, dass die individuellen und sexuellen Schwankungen im Nasen- Index eine ziemliche Höhe erreichen können, ohne dass man des- halb sofort aus dem Index eine andere Rasse oder eine wesent- liche Vermischung erschliessen müsste. Auf der Insel Marken fanden wir fünf mesorrhine und vier leptorrhine Schädel; in Broek haben wir vier leptorrhine und drei mesorrhine. Letzteres Ver- hältniss kann recht auffällig erscheinen, wenn man in Betracht zieht, dass aus Kolhorn gar kein mesorrhiner Schädel aufgeführt ist, dass vielmehr unter den zwei weiblichen Schädeln von dort ein subleptorrhiner ist. Indess auch diese Westfriesen-Schädel vom Festlande sind in zu geringer Zahl vorhanden, um ein abschliessen- des Urtheil zu gestatten. Namentlich gilt. dies von den Weiber- schädeln. Man wird sich daher gerade auch hier zunächst mehr an die Mittel halten müssen, und da ist es gewiss bemerkenswerth, dass die Mittelzahlen für die festländischen Westfriesen ganz nahe mit den vorher berechneten Mittelzahlen für die Zuiderzee-Insulaner zusammentreffen. Ich habe in den Museen zu Leiden und Amsterdam einen Theil der schönen Sammlungen von niederländischen Schädeln ge- sehen, welche Hr. Sasse nach territorialen Gruppen zusammen- gebracht und beschrieben hat. In meiner Abhandlung!) habe ich mich darüber beklagt, dass dieser überaus sorgfältige Sammler und Beschreiber meistentheils die von ihm durch direete Messung ge- fundenen Zahlen nicht mittheilt, sondern sich darauf beschränkt, ausser den Maxima und Minima nur die berechneten Mittel anzu- führen. Für sehr homogene Gruppen mag dieses Verfahren hin- gehen. So kann ich mit Vergnügen anerkennen, dass bei den see- ländischen Schädeln von Beveland, die Hr. Sasse nach Leiden geschenkt hat, die von ihm beschriebene hypsibrachycephale Form?) in auffälligster Weise hervortritt und zwar mit einer so beträchtlichen Höhe, dass auch die vereinzelten hypsibrachycephalen Friesen keine Ähnlichkeit damit haben. Nahezu dasselbe Einver- ständniss kann ich in Bezug auf die gleichfalls in Leiden befindlichen 634 Gesammtsitzung Schädel von Kolhorn und Broek in Westfriesland aussprechen, von welchen Hr. Sasse selbst die Einzelmaasse angegeben hat). Namentlich die Kolhorner stehen den von mir geschilderten Cha- maecephalen so nahe, wie es überhaupt bei verwandten Schädel- formen verschiedener Localitäten “nur möglich ist. Ein grosser Theil der Differenz, welche zwischen Hrn. Sasse und mir in Bezug auf den Schädelindex bestand, ist durch seine letzte Ver- öffentlichung ausgeglichen worden. Ich möchte jetzt nur noch darauf hinweisen, dass unter den anderen, von Hrn. Sasse beschriebenen Gruppen niederländischer Schädel sich durchweg sehr heterogene Formen befinden. In Be- zug auf die Geertruidenberger ging dies schon aus seinen eigenen Mittheilungen hervor. Für mich war es daher von besonderer Be- deutung, in Leiden die Schädel aus dem Oldeklooster bei Bols- ward in Mittelfriesland, auf welche Hr. Sasse hauptsächlich seine Opposition gegen mich gründete, prüfen zu können. Dass in Be- ziehung auf diese Schädel, welche aus verschiedener Tiefe und aus sehr verschiedenen Verhältnissen der Bestattung gesammelt sind, selbst schwer wiegende historische Bedenken bestehen, sie sämmt- lich zu identifieiren oder wenigstens einer Rasse zuzuschreiben, habe ich schon in meiner Abhandlung mitgetheilt?). Es war na- mentlich zweifelhaft, ob hier nicht fremde Wiedertäufer über älte- ren Gräbern von Mönchen und anderen Ortsangehörigen bestattet worden seien. Die Betrachtung der Schädel selbst hat mich in diesen Bedenken nur bestärkt, und auch die Herren Zaajer und Rosenstein, welche die Güte hatten, mich in meinen Studien zu unterstützen, haben sich von der Richtigkeit dieser Bedenken über- zeugt. Die Schädel sind ganz verschieden. Einige sind sehr nie- drig, so namentlich Nr. V, XIV und XVII. Andere dagegen sind lang, hoch und durch eine grosse Nase ausgezeichnet, so nament- lich der Schädel von Witmarsum und die von Oldeklooster VII und XVI. Im Ganzen, wenn man die letzteren abrechnet, sind es grosse, männliche Schädel von nicht beträchtlicher Höhe. Ich hatte in Leiden keine Zeit, diese Schädel zu messen, und ich verzichtete um so lieber darauf, als das offenbar gemischte 1) Archiv für Anthropologie. 1876. Bd. IX. S.1. 2) a.32.20.08.1162: er vom 2. November 1876. 655 Material an sich die Gefahr drohte, dass die verwendete Mühe sich nicht recht lohnen werde. Dagegen habe ich noch zwei Schädel aus den Sammlungen des Hrn. Sasse, die in das anatomische Museum nach Amsterdam gekommen sind, gemessen, weil sie wahre Typen von Chamaecephalie darstellen. Der eine ist ein weiblicher Schädel aus dem alten Ursuline- rinnen-Kloster von Amsterdam. Wie ich schon mittheilte !), sind unter den 29 daselbst gefundenen Schädeln 11 männliche, und die Verschiedenheit derselben ist so gross, dass meines Erachtens die Mittel keinen Werth haben. Hr. Sasse giebt den Längenbreiten- Index im Mittel auf 81, den Längenhöhen-Index auf 75,6 an. Das wäre also ein hypsibrachycephales Mittel. Das Speceimen aber, welches ich maass, ergab einen Längenbreitenindex von 75,8 einen Längenhöhenindex von 66,8 einen Breitenhöhenindex von 88,1 einen Nasenindex von 51,0. Er war also chamaemesocephal, ja fast chamaedolichocephal, denn die Zahl hat nur einige Decimalen über 75. Zugleich ist der Schädel mesorrhin, und zwar nicht nur wegen seiner Nie- drigkeit, sondern auch wegen der Breite ,der Nasenöffnung. Dies ist vielleicht deshalb von Wichtigkeit, weil, wie wir sogleich sehen werden, auch sonstige grosse Abweichungen daran vorhan- den sind. Der durchweg zarte und leichte Schädel hat eine stark braune, Farbe. Obwohl in der grössten Länge nur 178 Mm. messend, erscheint er doch wegen seiner Niedrigkeit lang und flach; die Stirn niedrig, weder mit Wülsten, noch mit Höckern versehen; das Hinterhaupt vorspringend. Wenig entwickelte Plana tempora- lia. Jederseits ein Processus temporalis ossis frontis, am stärksten rechts. Hier erreicht der Angulus parietalis die Ala nicht, indem ausser dem nach rückwärts gerichteten Fortsatze des Stirnbeins noch ein Schaltbein vorhanden ist. Der Angulus ist daher durch eine winklige Naht ganz hoch abgeschnitten, deren erste 2 dem Stirnbein, die hinteren # dem Schaltbein angehören. 636 Gesammtsitzung Die Sutura coronaria weicht schon von der Stelle ihrer Kreuzung mit der Linea semicircularis an nach hinten ab. Links fehlt das Schaltbein, daher ist der hintere Theil der Sutura spheno-parieta- lis in einer Länge von 5 Mm. noch vorhanden; der Schläfenfort- satz des Stirnbeins schiebt sich dagegen nun zwischen Ala und Angulus ein. Das Gesicht ist hoch und schmal, daher der Index sehr gross: 82,35. Die Jochbreite gering: 124 Mm., also der Frontal-Jugal- Index klein: 74,1. Orbital hoch: Index 96,2. Nase ganz gerade vorspringend, oben verhältnissmässig schmal an den breiten Nasen- fortsatz des Stirnbeins ansetzend, nach unten sehr verbreitert. Grosse Zähne, breiter Gaumen mit einem Index von 97,6. — Endlich erwähne ich noch einen wahrscheinlich männlichen Schädel von Langeraar in Nordholland, der sehr ähnlich dem von mir!) beschriebenen Schädel von Münster ist. Er ist schwer und fest, von gelber Farbe und mit einem grossen grünen Fleck auf der hinteren Sagittalgegend versehen. In der Seitenansicht erscheint er sehr niedrig, mit sehr langem Hinterkopf und niedri- ger, fast weiblicher Stirn. Seine Länge beträgt 195, die horizon- tale Länge des Hinterkopfes 74 Mm. Zugleich ist seine Breite nicht beträchtlich; er hat nämlich in der grössten Breite, die an den Schläfenschuppen liegst, 147 Mm. Die tuberale Parietalbreite misst 134, die untere Frontalbreite 103,5 Mm. Die Jochbogen liegen dicht an, so dass ihr Abstand nur 119 Mm. beträgt. Das Obergesicht ist von mässiger Höhe, auch die Malarbreite nicht stark. Die Nase ist hoch, schmal und vor- ‚springend, die Orbitae sind hoch, ebenso der Oberkiefer. Zähne ohne Abschleifung, aber cariös. Die Hauptindices lauten folgendermalsen: Längenbreitenindex 75,3 Längenhöhenindex 62,0 Breitenhöhenindex 82,3 Nasenindex 44,2. Der Schädel ist also chamaedolichocephal und leptor- rhin; seine typische Ähnlichkeit mit dem Amsterdamer Schädel 22.22. 0528.304: vom 2. November 1876. 637 aus dem Ursulinerinnen-Kloster liegt trotz der Verschiedenheit des Nasenindex zu Tage. Ich folgere daraus, dass die niedrige Schädelform, welche sich in so grosser Verbreitung durch alle friesischen Bezirke verfolgen lässt, auch über die Grenzen derselben hinaus in der niederländi- schen Bevölkerung vorkommt und dass ihr Erscheinen unter den Geertruidenberger und Amsterdamer Schädeln darauf hinweist, dass starke Beimischungen friesischer Elemente zu den nicht mehr cha- maecephalen Volksabschnitten stattgefunden haben. Das, wenn auch seltene Vorkommen wahrer Dolichocephalie unter den Friesen, wie bei anderen, niederköpfigen Individuen, könnte so gedeutet werden, dass auch bei ihnen eine Vermischung verschiedener Ele- mente, namentlich dolichocephaler und chamaecephaler, stattgefun- den habe. Denn an sich findet die Erniedrigung des Schädels bei der Chamaecephalie ihre natürliche Compensation nicht in einer allgemeinen Verlängerung, sondern vielmehr in einer allgemeinen Verbreiterung. Weitet sich zugleich das Hinterhaupt stärker aus, so entsteht eben die typische chamaemesocephale Form. Tritt da- gegen irgend eine Behinderung dieser oceipitalen Ausweitung ein, so kann die Verbreiterung bis zur Bildung chamaebrachycephaler Formen fortschreiten. Indess giebt es ein gewisses Maass der oc- eipitalen Behinderung, wie sie vielleicht durch prolongirtes Liegen der Neugebornen auf dem Hinterkopfe oder durch andere Druck- wirkungen, z. B. durch die Anlegung der „Ohreisen %, hervorge- bracht wird, wo überhaupt keine Erniedrigung zu Stande kommen kann: dann ist die Möglichkeit der Entstehung mässig hypsibra- chycephaler Formen selbst in einer an sich chamaecephalen Be- völkerung gegeben. Für die Annahme der Vermischungstheorie fehlen bis jetzt in Betreff der Brachycephalen die thatsächlichen Anhaltspunkte auf friesischem Boden gänzlich. Meines Wissens sind daselbst nirgends Spuren einer vorgermanischen brachycephalen Bevölke- rung aufgefunden worden. Die nächsten Punkte, wo dies statt- gefunden hat, sind die Grabhöhlen aus der neolithischen Zeit in den Thälern der oberen Maas, also in einer ziemlich weit abge- legenen Gegend. Ich habe bei einem vor wenigen Wochen (30. Sep- tember) stattgehabten Besuche des Musee d’histoire naturelle von Brüssel die Schädel von Scleigneaux von Neuem geprüft, welche Hr. Dupont die Güte gehabt hatte, von Namur für mich kommen 63 Gesammtsitzung zu lassen, und ich gebe in Nachstehendem eine Übersicht der Maasse, welche ich daran genommen habe. Der vielfach verletzte Zustand der Schädel erschwerte freilich eine genaue Präcisirung der Maassstellen sehr, und nicht wenige dieser Maasse müssen daher als mehr approximative genommen werden. Nr. 1. , Nr. 2.,, Nr. 3. Nr24.,N7799,3Nr796° Grösste Länge 185 191 175, ? 180,72195 — Grösste Breite 104. 7 1962. 191 15027 141 —_ Gerade Höhe 1398 2127 — — — — Auriculare Höhe 110 117. 1232: 1219 117? — Hintere Höhe 124 — — —_ — — Höhe der Nase 48.5 593,9 — — _ 46 Breite der Nasenöffnung 26 27 _- — = 23. Daraus berechnen sich folgende Indices, nach denen meine frühe- ren Angaben !) zu corrigiren sind: 1 2 3. 4. 507 26H Nittel. Längenbreitenindex 87,2 -81,62? 86,2 83,3? 71,9 — 82,0 Längenhöhenindex 71,5 66,4 — — —_— — Auricularhöhenindex 58,5 61,2 70,2? 63,3 59,62? — 62,5 Breitenhöhenindex 82,3 81,2 _ — a Nasenindex 53,6 50,4 — — —i 507518: Es sind dies also sehr ausgezeichnete mesorrhine Brachyce- fo) phalen. Ihr Höhenindex hat nur bei zweien festgestellt werden können, und hier war er so niedrig, dass darin ein sehr bemer- ’ 8) _ kenswerther Unterschied von den seeländischen Schädeln, die Hr. Sasse gleichfalls als brachycephal erkannte, hervortritt. In der !) In meiner Abhandlung über die belgischen Schädel (Archiv für An- thropologie. 1873. Bd. VI. S. 116) sind, wie ich erst jetzt sehe, bei den Schädeln von Sclaigneaux Nr. III und IV in der Tabelle die Zahlen für die grösste Länge in der Linie der grössten Breite, und die der Breite in der Linie der grössten Höhe aufgeführt. Auch im Text S. 97 sind die Höhen- zahlen unrichtig angegeben. Die richtigen Zahlen stehen in den Comptes rendus du congres international d’anthropologie et d’archeologie prehistoriques. 6. Session. Bruxelles 1872. p. 378. Nach der neuen Messung habe ich bei Nr. I und IV kleine Änderungen in der Länge für nothwendig erachtet. vom 2. November 1876. 639 That haben diese letzteren einen ganz verschiedenen Habitus. Die Leute von Sclaigneaux haben in Bezug auf ihre Höhenverhältnisse entschieden mehr Ähnlichkeit mit den Friesen, als mit den Zeeuwen, Betrachtet man in Ermangelung. des eigentlichen Höhenindex den Auricularhöhenindex, so steht die Mittelzahl 62,5, deren Werth freilich nicht unanfechtbar ist, der Mittelzahl der mittelfriesischen Schädel von Wargat), welche 61,9 beträgt, recht nahe. Ich kann überdies hinzufügen, dass es mir nicht gelungen ist, Spuren einer künstlichen Deformation an den Schädeln von Sclaigneaux zu ent- decken. Ihrer relativen Niedrigkeit entsprechend, zeigen sie sehr breit ausgelegte Seitentheile, namentlich an den temporalen Theilen des Frontale und der Parietalia, und auch darin kommen sie den friesischen Schädeln nahe. Die theoretische Möglichkeit, dass aus der Mischung einer so brachycephalen Bevölkerung, wie die von Scelaigneaux gewesen ist, mit einer dolichocephalen ein Mischtypus werden könnte, wel- cher dem friesischen ähnlich ist, lässt sich nicht leugnen. Aber von dieser theoretischen Möglichkeit bis zu dem factischen Nach- weise ist noch ein weiter Weg. Übrigens werden in diesem Augenblick im Auftrage der belgischen Regierung fünf neue Grab- höhlen aus der Zeit des polirten Steins in einem der Nebenthäler der Maas oberhalb Namur ausgebeutet, welche zahlreiche, gut er- haltene Schädel liefern; das genauere Studium derselben wird je- denfalls mit dazu beitragen, die Fragen, mit deren Beantwortung wir uns hier beschäftigen, zu beantworten. In ungleich grösserer Nähe, ja auf friesischem Boden selbst finden sich alte, wenngleich nicht im strengeren Sinne prähisto- rische Dolichocephalen. Ich habe in meiner Abhandlung nament- lich aus Ostfriesland solche Beispiele beigebracht. Ausserdem er- wähnte ich?) einen von Hrn. Harting beschriebenen und als keltisch gedeuteten Schädel von dem Wageninger Berg, den ich vielmehr als fränkisch ansprach, da er den Typus der Reihen- gräberschädel darbietet. In dieser Beziehung bemerke ich, dass ich in dem Rijksmuseum voor oudheden zu Leiden eine grosse Sammlung von Fundgegenständen von diesem Berge angetroffen !) Meine Abhandlung in den Denkschriften 1876. S. 185. rar a..0.. 8.229. 640 Gesammtsitzung habe, welche sehr verschiedenen Culturperioden angehören, und welche daher eine archäologische Bestimmung jenes Schädels, der ohne charakteristische Beigaben gefunden sein soll, eher erschwe- ren, als erleichtern. Da ist einerseits ein schöner geschlagener Dolch aus Feuerstein, andererseits sieht man geschliffene Stein- geräthe, zahlreiche Broncegegenstände, namentlich Hohleelte, Töpfe aus sehr hellem Thon mit schöner Verzierung, darunter auch Wellenlinien, u. s. w. Es geht daraus hervor, dass der Berg sehr lange Zeit hindurch bewohnt oder wenigstens benutzt gewesen sein muss. Jedenfalls steht nichts entgegen, anzunehmen, dass auch Franken auf ihm ihre Todten beigesetzt haben. Wie aber auch eine Mischtheorie über die Friesen construirt wird, so kann sie doch vorläufig nur die Erklärung der mehr brachycephalen oder der mehr dolichocephalen Schädelform ins Auge fassen. Die Chamaecephalie wird dadurch nicht getroffen, und deshalb scheint es mir, dass sie nicht bloss als die am mei- sten eigenthümliche Erscheinung zu bezeichnen ist, sondern dass sie auch mehr, als alle anderen, auf eine ursprüngliche Verschieden- heit der germanischen Nordstämme hindeutet. Dass irgend eine künstliche Druckeinwirkung auf den Kopf die Ursache der Chamaecephalie sei, habe ich auch bei meinem Besuche in Holland nicht ermitteln können. Insbesondere ist die Form der „OÖhreisen* bei den Frauen, soweit ich sie kennen ge- lernt habe, nicht der Art, um eine Erniedrigung des Schädeldachs herbeizuführen. Ich sah hauptsächlich grosse, schalenförmige Me- tallplatten, vielfach aus vergoldetem Silber, welche die Seitentheile und den Hinterkopf umfassen, an letzterem mit einem oberen Aus- schnitt für das sehr kurz geschnittene Haar versehen, an den Seiten über den Ohren getragen und ziemlich hoch heraufreichend, jedoch nirgends über den Scheitel oder auch nur über das Schädeldach übergreifend. Die vorderen Enden dieser Platten liegen an den Schläfen und üben hier zum Theil einen recht starken Druck aus, was seitlich und hinten nicht der Fall zu sein scheint. Gerade da aber, wo der stärkste Druck stattfindet, besteht bei den unter- suchten Schädeln keine Vertiefung, sondern im Gegentheil eine starke seitliche Ausbiegung. Man wird daher wohl kaum diesem Kopfschmuck einen bestimmenden Einfluss auf die Schädelform zuschreiben dürfen, und zwar um so weniger, als aus meinen vom 2. November 1876. 641 Mittheilungen hervorgeht, dass auch Männerschädel in charakteri- stischer Weise an der Chamaecephalie theilnehmen. — Schliesslich möchte ich noch kurz erwähnen, dass ich im Mu- seum Vrolik noch ein Paar vortreffliche Beispiele von basilarer Impression auffand. Beide Schädel sind Chamaecephalen der grossköpfigen Varietät mit deutlicher Rückwärtsbiegung des Ge- sichts 1). Von dem einen derselben (B. 98) ist diese Veränderung schon in dem Catalog erwähnt. Es heisst daselbst?): Cräne presque globuleux et a face tres-large, orthognathe, d’un homme Europeen adulte. Il y a synostose incomplete de la suture sagit- tale; un enfoncement profond et caracteristique distingue la partie basilaire et condyloide de l’os oceipital. L’oceiput est bombe en arriere; il y a une rangee non interrompue d’os Wormiens dans la suture lambdoide; les sutures sont en partie obliterees. Ce cräne a la forme generique, que Lucae nomme Bathycephale_ et dont il distingue une des especes par le nom de platycephale. In der That ist die Basis tief eingedrückt und zwar hauptsäch- lich in ihrem hinteren Theile bis zur Linea nuchae superior. Die Gelenkhöcker sind nicht nur abgeplattet, sondern sogar aus- gehöhlt. Die Apophysis basilaris sehr dünn, jedoch nicht gebogen oder erhaben; nur nach hinten bemerkt man jederseits eine tiefe seitliche Furche. Der zweite Schädel (B. 80), der einer alten Frau angehört hat, zeigt die grösste Ähnlichkeit mit dem Schädel aus dem Bre- mer Bleikeller?). Die Gelenkflächen am Hinterhaupt sind ge- trennt. Es heisst davon im Catalog: Cräne d’une femme adulte, tres large, regulierement bombe, a face large, presque orthognathe; la suture frontale persiste; l’oceiput est l&egerement eminent. Hier ist also die Impression nicht erwähnt, obwohl sie recht ausge- prägt ist. — In den nachstehenden Tabellen gebe ich die von mir genom- menen Maasse und die daraus berechneten Indices von den vorher im Einzelnen erwähnten Schädeln: 1) Meine Abhandlung S. 321. ?) Catalogue du Musee Vrolik, p. 142. 3) Meine Abhandlung S. 279. ung e % Gesammtsit 642 & ySIUUFTN | | "purf[oy | -PION | ‘ıeB -109UPT "yorqlo AM “10JSO]M -U9ULLL -Dummsin ‘wuep -ToJswuWV Srı GeI LEI 08 rel G'sıı LEI BT
    10 12401, 1.80 | 1.80 1.01 0:48! —.2.58 22—26 | — 6.41 |— 1.40 | — 1.40 — 3.02 | — 1.20 |— 2.08 2731-1 2.26° 125 | ° 125° 0.59 |— 1.04 | — 3.73 650 Gesammtsitzung Zürich | Basel Eu Chaumont | burg | November 1874 D8—1 4,144 41 0.78 0.06 3.65 | 3 671 1.1742 21:30 4.50 7414: .0.59 0.14 0.62 2.22 Ba era lar 3.812.592 3190 172291 0.96 1.90 1:07 2152048 N Me eh) PB | re | 0.13 0.98 December 1874 6 ah 0er. se 048 1.30 ze] 1.70 1.81 1.23), 10.88 12—16 1.30 1.34 0.51.,:-—31550 1791926290 ee N 5) | Ne 1500-29, 66 A 27 3111,2 4.992, 29:.02.|4.10808177038 Genf — 0.40 1.66 1.04 — 2.84 — 2.17 — 8.02 Bernhard Hospitz 1.42 1.89 — 8.87 — 4.94 —ı8.12 29.19 vom 9. November 1876. 651 Casta- Sils Maria el, Lugano segna November 1874 28—1 123 1.49. ,2.0,05 DE 0.85 0.86 0.21 71 1.14 0.45 0.16 12216 8422 14987 1.095 17.91 0,72: 19-2 0.80 0.91 22—26 04220225992, -.003702 9 — 1521 72.099, 127.,2859 December 1874 | 2—6 1.65 DEIN 2.14 ze 146.1 0.27 0.64 19-16 ATS 7 0-14 172291 = 3.92 221.50 022,039 99-196 a a N N eo) 91 — 1.02 0910.97 Lugano Lugano Lugano Lugano Januar 1875 Febr. 1875 März 1575 April 1875 5 0:031 | 91-247 | 0.98: | 26.229 0.91 Bde 094 | Zei) 1815006 10,2 9.74 jal 16) 0408 10214, 39:.705: 1122316: 20150, 45 1.57 16—20 DRUNTER 0:80. | 1721102 .1.70, W620, — 0:69 21—25 19704 202 941 3317 1222267 906.1191295 0.14 26—30 lo ol 2,14 9723102 70.938126-230 0.34 652 Gesammisitzung Paris Montsouris bei Paris Friedrichshafen Friedrichshafen Montsouris Nov. 1875 | Dec. 1875 Nov. 1875 Dec. 1875 — 2—6 |— 6.54 || 2-6 | — 3.60 26.000 N 711 |— 155 | ae N 12—16 | 7 1.72: 131216) 255 ee ze 0.14 id 91 | 1:16. 117 21er 3092 002706 2.15 92226 |, „1.439 E92 9600 0097 — | 27-31 2.09 27—1 |— 3.46 | 27—31 (= al | 7 | Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. März 1876 April 1876 Mai 1876 Juni 1876 ya ar a 2.8121. 12 52.7.1770, [32 29 Pa ze 0.98 | 6—10 1.882.12.6-10..— 3:22. 1592 21270 12716 1.47 | 11-151 247.21 11-150 4.340010 sa en 1721| 1:59. 1.16-20 0.29 616-901 .02.53 15-19 0.70 oe 90T 95 0.93 |21—25 0.39 |20—24 2.83 9731 2.95 |26—30 0.321 26—30 | —. 1.64. 12529 1.70 vom 9, November 1876. 653 Ne & Monat Kiel 7 En Altona Lübeck Krakau münster 1876 Juli 30—4 0.60 1:29 0.08 0.83 0.18 5—9 9:93 3:28 2.21 2.93 1.04 102.14, he 0.58 21.250,50 |ı—*:0.86. = 0:55 — 0.90 192.19. 4 1.66 12 1.282 642.12. 0.912.1°= 0,98 202941 ,0.59. | 9.461 --..0.45 2A 2.98 25--29 I — 0.62 0.59 0.32 0.75 | — 1.70 Meolntart Paris Rom Sonders- Montsouris | Observat.| hausen 1876 Juli 30—4 0.35 I— 1.15 1.02 5—)9 2.38 0.36 0.45 10—14 — 0.938 | — 0.44 121 15—19 3.80 | —:1.35 0.48 20—24 1.54 | — 1.34 1.66 25—29 1.46 0.49 2, 9.03 Gesammtsitzung Monat Kiel Den Altona | Lübeck | Krakau münster | | | | | 1876 August 30—3 0.76 are 0.85 1.65 | 1.12 A 8 0.01 0.26 |— 0.02 0.54 1.04 9-13, =240.03 1.25. |,2.0:61 23 9082 0.20 14—18 1.97 DE 2.32 | os | 15 19— 23 2.54 2.32: 172 122.20 3.10 0.84 2428 81.95 2.47 | =.2:61 1057| 1.82 —— s Bernhard | 0 i | Mro neat Brüssel } Graechen 'Sils Maria Chaumont Hospitz | | | | August 30—3 0.16 2.78 1.71 02 | 13 28 0.61 3.08.12. 2.640 est DAT 9—13 2.78 310.1, 2 re 9.96 14—18 4347) 9.86 een 6.20 19—23 3.50. 2 0.96. | 1698 1.01 0.70 223 | 2.29 4.60 | 4.00 | 8 or ne Casta- | ; re Paris onat | Lugano Basel | Affoltern segna 5 | Montsouris August 30-3 | 006 | 056 1.92 0.43 0.54 4—8 1.41 1.63 eat 1.51 1.92 9273 1.47 0.96 4.18 DO. 538 418 0.72 2.45 4.42 2.042 20 5592 ot || = | 2.46 0.75 0.28 242-238 | — 3.44 1 — 2.93 :) — 8.50.) 4.032 | = 300 vom 9. November 1876. 65 5 R Krems- Ban Monat Eger Lemberg | Salzburg | Gilli M münster 1876 August 30—3 2.16 0.39 0.92 0.91 0.75 A 1.28 0.99 1.34 1.78 1.42 913 2.34 1.39 0.91 1.25 | —. 0.75 14 18 2.13.00. 2:08 0.15 0.89 | — 0.16 19—23 3:40 | — 0.64 1.06 2.48 0.63 24280 — 9.1 1:03. — 3.31. 183: | — 2.76 Monat Triest Lesina Wien Gohrisch | Leipzig August 30—3 1.36 1.06 0.96 1.69 1.65 4—8 1.37 1.51 9.96 1.38 0.92 ge jn 0.46 0.26 2.20 1.74 1.65 14—18 0.49 9 0:15. 0.36 1.58 1.55 19— 23 0.64 OA 1.06 3.38 2.98 24—28 | — 3.91 | — 1.09 | — 6.10 |— 2.25 | — 2.85 ‘ d Werms- Monat Dresden |Zwenkau | Döbeln Bautzen dorf August 30—3 0.99 1.79 0.68 8.08 1.57 aus 0.58 0.96 | — 0.40 0.78 1.36 9—13 0.81 1.89 1.08 1.81 0.96 48 0.00 1.67 0.82 19 9.19 19—23 2.06 2.66 1.94 2.84 2.69 24- 28.1 2 2,6332.2.1621,2:232.| 316 | 2.64 656 Gesammtsitzung | | Monat Zittau | Zwiekau | Chemnitz | Plauen Bu | | ‚Hermsdorf 1876 August 30-3 1.90. | °% 1.31%) 0.59 Mkra6 2.21 4—8 1.39 817.1 10,84 0.07 | 0.94 0.48 gell 0.64 | 0.30 0.38 Hl LT 0.84 1418 0.01°]* 0.64%, 0.07% =807 0.61 1923 1.63 | 2.21 2.02 9.41 24—28 | — 2.83 |— 3.36 | — 3.35 | — 3.42 | — 2.71 | Monat rullen- sen | Freiberg Elster Annaberg burg grün | | August 30—3 U 1.76 0.75 0.88 1.72 4—8 1.19 0.88 0.27.10 8027 0.78 al 0.55 2.36 0.07 0.54 1.64 14 .182522032 3.91 1.01 0.35 1.30 19—23 9202 3.19 1.97 1.25 jez] 94-981 2.93% 3.922 5:652)- 38922 29.80 $ Ober- Monat Rehefeld Bazen, Wiesen- | Göttingen hain thal August 30—3 1.07 1.36 1.71 1.62 48113 20804 0.88 1.19 1.01 9132| 2.0.30 1.01 2.04 1.38 14—18 | — 1.54 1.16 2.08 2.43 19— 23 1.85 2.81 2:00 les 94= 9822 3.022: .3.60 | 4.13 = 22296 vom 9. November 1876. Monat Memel Tilsit | Claussen Be Hela berg 1876 Sept. 29—2 — 0.13 | — 1.06 | — 1.09 | — 0.86 0.26 3—7 0.89 1.10 0.93 0.78 1.41 8—12 0.44 0.24 | —- 0.52 | — 0.51 0.47 13—17 0.59 0.82 1.22 0.58 0.86 18—22 0.35 | — 0.23 0.14 | — 0.05 | — 0.28 23—27 | — 2.30. | — 2.79 | — 2.53 :| — 1.92 | — 0.79 „Monat Danzig Conitz Cöslin er Stettin walde Sept. 29—2 — 1.14 | — 0.43 | — 0.99 | — 1.49 | — 0.93 3—1 0.66 1.67 0.52 0.94 1.39 8—--12 | — 0.97 ! — 0.02 ! — 1.90 ! — 1.96 |! — 1.34 13—17 0.18 1.03 0.02 0.66 0.06 15—22 | — 0.55 | — 0.11 0.05: | — 1.29 | — 1.49 23—27 | — 1.65 | — 0.57 | — 0.65 | — 1.08 | — 0.44 Monat Putbus | Wustrow | Rostock Poel Schwerin Sept. 29—2 — 1.138 -:1.558&[. — 2.13 41. —4.390:— 1.98 3—7 0.25 0.60 0.70 0.91 0.81 8—12 | — 1.46 ! — 0.81 | — 142 | — 0.54 ! — 1.78 13—17:| — 0.69 | — 0.71 ..| — 0.87 | — 0,37.) — 0.80 18—22 | — 1.79 | — 0.52 | — 126 | — 0.95 | — 1.66 23—27 | — 0.44 | — 0.62 | — 0.35.| — 0.12 | — 0.16 Gesammtsitzung Monat Schönberg, Kiel | De | Hamburg | Altona | | münster | | | | 1876 Sept. 29—2 1.1.19 0.1.41 0 1.63 Een en 1.120 = 0.28. || 0.09 ar oe 8— 124: 1.081 2.0.95; = E10, en ee 1317. 0.70 | Zorro om en 18-22: 211.2 1.30 u. nel en 9397 0.51 | 0.02 0.41 | — — 0.18 Monat Lübeck Eutin ala Lüneburg Aunrichs; dorf hägen Sept.) 292 © 1.50. 2, — 2.13 4 2.03. ass Ar 3 0.01 0.08 | — 0.23 0.59 1.58 8120, 0.49 40. —.1,40 Su 2 1.00 So allg 13170 =-.0.78. 030 2- 1.61:. 0. 1.79% 30,99 2 10:63 18— 220.79 ii = 1.13 ,]|. 0.83 06 F0936 2 irgı 23-27 050,16 :0.28 0.45 1.09 | — Monat Berlin Brankart Posen |Bromberg | Ratibor ade. O®: Sept: 29—2 | —-134 | —1.34 | — 0.36 | — 0.76 0.28 37. 1.21 1.19 1.83 1.33 1.18 8— 12. >.1.30 2 221.32 \,=-.0.57€1.-029 2 10.80 13 IR ME 0550 0.09 0.53 0.12 1.15 18— 224. 1.188 1.29 ©) 10.4621 059 | 10:86 239707 2.0.338,2 0538.20 2700 Aoken 0.14 vom 9. November 1876. 659 Monat Krakau | Guhrau | Breslau |Eichberg | Wang 1876 Sept. 29 —2 — 0.12 — 0.32 — 0.75 0.35 — 1.59 3—17 0.06 1.25 1.08 1.68 1.60 8—12 0.83 | — 0.97 — 1.15 0.02 — 2.37 13—17 | — 0.02 0.21 0.53 0.84 0.17 18—22 — 0.94 — 0.79 — 1.36 — 0.47 — 1.87 9397 427.099. 0° 0.54. 0052.0.89 1° 2.0.95. 12.0.06 Monat Görlitz | Gohrisch | Leipzig Dresden Sept. 29—2 — 1.05 | — 0.74 — 0.74 0.10 3—7 2.41 0.67 0.67 0.70 8—12 I — 0.96 — 0.87 — 0.87 — 1.78 13—17 | — 0.28 —0.6 | — 0.76 — 0.83 18—22 | —1.43 | — 1.89 — 1.89 — 3.09 23— 27 = 0:29 0.83 0.83 — 0.72 Monat Zwenkau a Bautzen Zittau Zwickau or Sept. 29 —2 — 1.32 — 1.57 — 1.17 — 1.46 — 1.31 3—17 0.56 1.14 0.96 1.28 0.82 812° 19:97 0-93.00. 907 991, 9.39 13—17 | — 1.16 — 2.53 — 0.95 — 1.36 — 1.15 18—22 | — 2.16 | —2.91 | — 2.36 | — 2.19 | — 2.19 23—27 0.45 — 0.05 — 0.67 — 1.11 0.73 [1876] 49 660 (esammtsitzung _— - Monat Chemnitz | Plauen Hintern ‚ WGrällen zig Eoteenz \hermsdorf| burg grün | | 1876 Sept. 29—2 |— 1.75 | — 1.66 |— 1.47 | — 0.69 | — 3.02 DT 0:51 120976 0.94 1.39 | 0.8 8—12 [— 2.89 | — 2.42 | — 2.20 |! — 1.47 !— 3.39 13-17 1.76 12 1.07 00.8202 639 2.26 18—22 1.2.75 .|, 1.90 1 — 2.88 1 Sa e 2337. ,0.03, 1,129 ,098 0.63 |— 0.29 a Monat Freiberg | Elster [Annaberg | Rehefeld nn En: | hain Sept. ,29—21.|— 1.66 | — ;2.04. |: — 9.38: | ra 11869 37, 0.64 0.74 0.42 0.62 1.41 8—12- 1— 2.83. 71.06 2.35 2 one 13—17 | .1.06..,—.1.86. 42216) I ao en 18—22 |, — 2.16 112.86 |-—- 3.36 2207.12 2190 2327 1-0.120 12.045 12,046 or 0.10 Öber- Gross- Monat Wiesen- | Torgau Halle Erfurt Brei- thal tenbach Sept. 292 1 —.8.23 |s—- 1.16: |. — 1.32, |: 108, 81695 37 0.16 1.00 1.04 | — 0.06 |— 2.16 8-10 3.59 41.49, 1, 21734 19.299200 ars 4.36 1317121564 [0.41 1,2,048, 1 Soon ao 18-92: | 3:26: [7 31.60: |: 1.512 6 oAo | 79 23-2976. 20:090 150.02 0.30 1.03 0.57 vom 9. November 1876. 661 ee Monat Sonder | Aigen Clausthal Göttingen | Hannover hausen stadt 1876 Sept. 29—2 |— 1.69 | —123 | — 214 | —1.41 | — 1.63 3—7 0.13 | 0.82 0.28 0.43 0.48 8—12 | — 225 | —1.61 | — 0.39 | —1.86 | — 1.30 13—17 |— 155 | — 1.34 ! — 1.85 | — 1.89 | — 1.43 18—22 |— 2.03 | — 1.06 | — 2.17 — 1.55 — 1.61 23—27 0.16 1.44 0.27 0.67 0.30 Monat Elsfleth |Öldenburg| Jever Emden | Lingen Sept. 29—2 — 1.83 | —196 | — 1.74 | — 1.92 | — 2.07 3—7 — 0.16 0.25 ;, — 0.66 | — 1.01 | — 0.50 8—12 | —1.70 | — 1.52 | — 2.19 | — 0,97 | — 1.88 13—17 | — 2.03 |! — 1.97 | — 2.40 | — 1.62 | — 1.30 18—22 | — 1.739 | — 1.43 — 1.358 — 1.20 — 0.93 23—27 1.21 1.68 1.00 0.83 1.34 Monat Löningen | Münster | Gütersloh | Olsberg Cleve Sept. 29—2 — 1.98 | —1.63 | — 0.25 | — 1.26 | — 0.67 3-7 | — 0.13 | — 027 |— 3.14 0.70 3.89 8—12 | — 1.37 — 2.29 | — 2.12 — 2.17 | — 2.04 13—17 | — 2.16 — 1.48 | — 1.95 | — 1.34 |— 1.11 18—22 | — 1.25 — 1.17 0.380 I — 1.15 ala 23—27 1.41 1.43 | — 1.20 1.35 0.69 49* 662 Fesammtsitzung —— Monat Crefeld Cöln 3oppard | Brüssel Trier | | 1876. Sept. 29—2 |— 2.15 | —1.90 | — 0.84 | — 1.54 | — 1.51 Se] 0.19 | — 0.63 0.13 | 0.00 0.77 8-12. 2.54 1, —2.43 11 1.73, ME Ds 13—17 | — 1.63. |,— 1.92 1.72) 2.09 | = 2.00 18—--22 | — 0.27 — 0.77 —.0.32 — 0.28 — 0.64 23—27 2.03 1.03 1.70 | 0.86 1.86 'Frankfurt | | Monat Birkenfald|t e* \Darmstadt|Mannheim| Carlsruhe a. NM. | | Sept. "29— 2 — 155 | — — 2.52 — 9.49 — 2.95 ll — 0.17 | — | — 0.28 — 1.00 — 1.25 g1211279:02 — — 3.14 1, a5 a0R 13—17 | — 1.91 — — 1.94 — 2.69 — 3.54 18—22'| — 0.06 — — 1.51 — 0.85 -— 1.34 23—27 2:99 | ul 10 6.56 1.70 hen- den- Monat Hechingen E Stuttgard en zollern stadt Sept. 29=9% | 12.80.8106. |- - Sol. 1930 3—7 1.02 0.83 | — 0.17 0.08 en ee 3, 13 1u.| — 9480 9.81 280 0 am 15—22 — 0.41 — 1.31 | — 1.324 | — 21:00 23—27 2.05 1.28 1.16 1.45 vom 9. November 1876. 663 l Insenone I Hoiden: Monat Heilbronn) Calw Ulm” | Ra Aeisen loch ° | "heim 1876. Sept. 29—2 11 — 2.63: — 2.19: | — 2.04 | — 2.70: | - 11.92 37 0 0.728.112 0.62 1.240.839 10,27 8 1211 2.508, 2.2.84 2 9.94.1416 13.2] 3 7 2. TE 208% 2 1.995, 03.31 1 2.00 18299, .0.834 1.04 0.79 I 1.58: | 1.06 23—27 1.20 2.2 ae) 1.44 | | Frie- | | ı Klasen- | Budsi Monat Issny | drichs- | Kuss | a Wien ; 3 kurt | Pesth | hafen | | | | Be Sept... 29—2 -— 1.81 -|.— 2.91 RR 0.26 1.78 327 0.22 4. 0:67 074 0.08 b=00.35 | — 0.59 8—12 | — 2.85. |— 3.28 | — 2.45 |— 3.68 | — 3.18 13 10a 2.90 2.91%: &31:.46> 1 51.26 | — 224 1899| 000: 1.595, 0.70 9.28. 1:46 2327 1.1400 1.013, 010,1, 0.31 | — 086 Monat Fiume Eger Lemberg | Salzburg | Kart | | , münster | | Sept. 29—2 — la 0.6 A 1.49 3—7 = 0,39 I, 0.45 10.22 |) 0.17 8—12 — 410 1,37 20.75 2.3.50. | — 1.84 1317 =, | LOL 11). 5 0,88 S|,— 42.12 | — 0.54 1899 co ke ge 0 23—27 = 1190.87 in ee | 0,36 664 Gesammtsitzung I | Gilli | Triest I Bernhard Monat | Lesina ı Graechen | | ı Hospitz ER | | | 1876 Sept.) 29-2 | 2 3.24:| 2 2.18%) 0:04 | Dose, Den 3 33 |— 0.08 | 0.22 1.40 | — 0.08 8-12 2341 2.420 .0:902 = Haan 9 13—17 1— 0.42 |— 2.86 | — 1.87 | — 3.50 | — 4.82 18-22 | 0.70%. 2.058 E6.20585 1.46 | 7.018 23— 275% 1.03%): % ‚0.11 06 2,9ar 2 1.31 Monat Sils Maria Chaumont BE Lugano | Basel segna | | | | | | | Sept 292 | — 2,83: = 1.97 2 25 ons st 20:70 02722 10.98 1006 = ro s—12 | — 4.02 — 4.93 | — 4.16 — 3.55 — 3.07 1317 IE 3573 gr re 2906 18-99 lea 0.34 0.78 0.61 | — 0.67 nz 0.82 N 2.00 1.34 1.39 | 2.86 Monat Affoltern a Dom \ Montsouris | Observat. Sept." 292, 1 2.22. = 3.09 | 0.53 3-27 0.34 | — 38.18 0.53 8—12 | — 4.66 | — 6.62 | — 2.48 13171) 229.02 10.10 17.2.8 1899 1a 0.21 1° 2.89 0.29 Bon 1.97 0.45 0.98 vom 9. November 1876. 665 | | Monat Memel Tilsit | Claussen | ne | Hela | | erg | 1876 October 28—2 |— 1.21 | — 1.48 | — 0.89 | — 1.00 | — 0.54 ge 2.0060 2.41 - 1.58 1.160 — 0.57 8-19 3.49 4.65 5.30 | 5.02 3.94 13-17 4.11 2.0 EEE 5.00. 00302 4.24 18—22 | 430.22 4,39 |. 4.89: 4.9 | — 2.97 Da az 8.42 13.1711 4.08. 63,54 | = 0.99 | | Monat Danzig | Konitz Go De een walde Octobensy982 2; ie 1.39 ==: 0.73. | 0.99 | --:0:53: |" .0.79 37 1 1.96 40.07 | 0.74. 0.02 0.78 810 9.28 5.81 5.38 2.99. ,. 19:00 13—17 5.44..15.+.6.19 5.09 DRLON IN 29:88 Bro un 310 | 399 | 3a, nz a | 237 | 1564 > 1.10 1.0.50. |. 0.69 | Monat Putbus | Wustrow | Rostock Poel | Schwerin QetoberB 98225 1 157 1.0.92 | 1.16 | ..0.90.\ ce .1.34 37 0.50 0.39 1.17 1970 ° 1.28 8 19 4.04 3.98 19 (Ab 4.78 | 4.80 a 4.43 4.34 4.75 4.85 | 4.90 18— 22 In 2.20 21.06 509055 1, 5 02.36 2a al 123 1.05% | 00.93) 2 0162 | 0.06 666 Gresammtsitzung Monat Schönberg, Kiel Nr Hamburg | Altona | münster | | | | TREE 1876 October 28—2 |— 0.97 | — 1.71 | — 1.46 — |1— 118 3—7 1.52 1.05 1.93 —_ | 1.41 8—12 5,26 2 4.82 —_ 4.56 13—17 4.37 4.3 4,891 4.58 18 se ee: 2327 0|28 0.45 3 0.81 = rose ü | | | | Ba) ap 1: | Hinrichs- Monat Lübeck | Eutin Ötterndorf| Lüneburg | hagen | October 28—2 | — 0.85 0.98 | — 1.04 |— 0.90 | — 3 1.83 449 | 1.82 1.98 vn 8—12 5.03 4.81 4.16 6.47 — 13—17 5.53 | — 1.15 4.90. Ant 6.14 18—22 1 — 0.40 0:66 I 1.43 | — 1.92 | — 1.58 23—27 | — 0.16 0.36 | — 1.28 | — 0.42 | = 0:98 Monat Berlin ne Posen | Bromberg, Ratibor a. . October 28—2 — 0.58 | — 0.58 | — 0.62 | — 0.55 Oeaal, 3—7 — 1.83 1.49 0.42 | — 0.52 1.29 8—12 5.78 9.74 5.38 Do 5.18 13—17 9.64 9.82 9.96 9:02 4.54 18-22 BR 953,299] 317 | Aa Or, 27 |— 0.36 | — 0.42 | — 0.92 | — 2.08 0.47 vom 9. November 1876. 667 Monat Krakau Guhrau | Breslau | Eichberg , „ Wang 1876 October 285—2 — | -- 0.35 | — 0.47 MAI A176 3—7 — 0.88 | 0.85 0.82 2.30 ge = 4.12|\.-- 5.04 3.91 5.87 13—17 —_ 212,0) 4,24 ll 6.04 18 = = 9.06.) 8.4028 72.094 2.61 23—27 — Ne En Br ee alle, Monat Görlitz | Gohrisch | Leipzig | Dresden | Zwenkau October 28— 0a 9.80 0.90 OHNE a 2.01 1.77 DR) 1.19 3.16 Be 6.06 6.51 5.48 | 4.78 6.00 13 | 5.34 5.69 ARTE, 3.179 STEH a 18922 | - 8.88 |— 2.601 2.84 |. 3.19 | — 2.08 3 DIT > 0.64 |I'— 0.45 | 1.35 | — 1.60 | — 1.17 Monat Wen: Bautzen Zittau | Zwickau | Chemnitz dorf | October 23 — — 0.79 | — 0.96 | — 0.87 —: 0.48 | — 1.03 ge 2.80 2.36 1.95 3.10 3:30 Se 5.82 5.26 4.693 Hal al 19 4.97 Hs 4.59 3.93 4.56 18—22 | — 5.09 | — 2.71 |— 3.93 | — 1.53 | — 2.76 9 | - #1 N 0:58 | 0.34 °°10,97 | 21.69 668 Gesammtsitzung | | | BE | Artlle _ x EIER | Monat Plauen | Hinter [| | Freiberg Hermsdorf burg | grün | | | | | 1876 October 28—2 —- — — | _ — na! 3—7 u = | -- a) 1397 = a | 18—22 ER: | - en: la .. Et | ne Ober- Monat Elster Annaberg | Rehefeld | a Wiesen- | hain | thal | October 28—2 a er le 1.36 | — 1.75 3— 93081267 1.14 = 4.95 4.02 Bild) 4.94 3.63 5.022]E9.50 | 5.34 18217 4.63 4.71 3.63: 259 IE 18 —22 — 0.75 | — 0.90 | — 0.64 | — 0.86 |— 1.81 28—21 #-— 0.54 2.1.92 122 1.883 1.933 | — 2.43 Gross- | Sonders- Monat Torgau’ | Halle | Erfurt | Breiten es | hausen bach October 28—2 — 0.44 0.03 | — 0.70 | — 1.63 1.00 3—7 1.12 3.2121, 22:35 1929025 3.43 Sl 5.99 4.84 | 5.52.) > 6.01 I W/ 4.92 5.92 4.91 4.62 6.05 18—22 17 2.01 1202.52 1E-25D7 2 n9102 2 0208 23—27 | — 0.835 |— 0.68 |i-—- 113 | — 0.45 0.27 vom 9. November 1876. 669 Heiligen- ANY Monat | En Clausthal |Göttingen |Hannover | Elsfleth sta 1576 October 283—2 — 0.56 |— 1.61 | — 0.66 | — 0.78 | — 0.48 3—7 3.02 3.67 2.58 9.04 2.50 8—12 6.26 9.87 9.70 6.10 4.88 13-17 9.66 9.89 4.88 4.84 4.67 18—22 | — 1.49 |— 2.62 |— 1.37 |— 2.46 |— 2.26 23—27 | — 0.66 | — 1.40 | — 0.69 I 1.32 | — 0.91 Monat Oldenburg, Jever Emden | Lingen | Löningen October 23—2 — 0.97 | — 0.53 | — 1.06 | — 1.04 | — 0.93 3—7 2.44 2.99 2.02 2.88 2.99 8—12 4.90 4.63 4.04 4.50 4.79 13—17 4.69 4.66 4.57 4.56 4.70 18—22 | — 2.18 |— 1.35 |— 2.02 | — 2.62 | — 2.45 23—27 | — 0.97 | — 0.938 | — 1.31 | — 1.17 | — 1.36 Monat Münster |Gütersloh | Olsberg Cleve Crefeld October 28—2 — 111 |— 13 — 0.81 | — 0.35 | — 0.48 3—7 3. 3.05 3.49 3.13 3.01 s—12 8.61 9.62 9.0 4.20 9.02 1814 4.89 4.74 5:28 4.61 5.15 18—22 | — 1.64 Im 2.32 | — 1.03 | — 1.84 | — 1.46 22—27 | — 1L1l Be 1.79 | — 1.56 |— 1.21 | — 0.95 670 Gesammtsitzung Monat Cöln Boppard , Brüssel | Trier ‚Birkenfeld | | 1876 October 28—2 |— 0.86 | 0.39 0.20 | — 0.01 | 7004 2.44 2.34 2.59. 0 1885 2.44 8—12 4.62 4.74 4.08 4.35 | 4.34 13--17 1 — 5.27 4.81 | 4.86 499, As 18-22 1 0.45 | = 0:89 | 0.23 mon 0.12 23—=27 I— 1.06 | — 1.18 |= 1.39 ') —WE.17 | — 0.60 Monat a Darmstadt; Mannheim Carlsruhe Hechingen a.M. | | | | j | | October 28—2 == 2120.58, | 0:53 0 0.95 —7 — 2.14 | 1.82 | 7.83 3.64 8—12 -- 5.04 I 419 | 445 6.29 13—17 —eret 34:16 3.17 2ER? 4.71 1823 | el | — 1717 210199 0.99 | | 3—-27| — |-106)-135 | —Lıl |— 1.45 Monat ohne Stuttgard aaa Heilbronn Calw zollern | stadt | | | October. "28-9 | 1.16: 1227703 =: 0:01 0.47 | 0.06 37 3.30 1.69, 4.04 1.28 3.29 12 De DD | ee 3.94 8.90 il 3.41 5.00 A 2 ara) 3.88 18—22 | = 0.19 = 1.65 | = 055. 12709810896 23—27 | 2.75 | — 1.97 | — 1.68 | — 0,90 | — 1.17 vom 9. November 1876. 671 Frie- Monat Ulm Son udn Issny drichs- loch heim hatın 1876 October 23—2 0.17 | — 2.20 0.03 0.60 0.18 37 2.IM 4.81 1.99 3,93 | — 0.12 9810 4.49 2.022 27.79:96 4.10 2.08 1817 3.26 4.72 3.92 3.90 2.01 18—22 0.05 1.01 ı 0.14 — 0.10 —- 1.00 23—27 | — 1.05 1— 2.60 | — 0.87 | — 0.28 | — 1.60 Monat Klagen. Bulı Wien Fiume Eger furt Pesth | | October 23—2 — — 0.84 — 0.25 — — 3—7 —_ 0.23 | — 0.34 | 4.16 = 8—12 — 2.20 2.66 2 — 1917: — 1.80 2.34 |! 3.84 = 1829 —. 2.11. | — 1:8 2.64 — 23—27 — — 2.03 — 2.14 0.64 — | Monat Lemberg | Salzburg ng Gilli Triest münster October 283—2 — 1.10 — 0.68 1.27 0.61 2.283 3—7 — 1.37 1.49 1.16 0.85 0.29 8s—12 3.95 3.10 4.21 39 1.67 13—17 4.42 1.1 al 2.74 1.68 18—22 | — 5.80 0.78 0.93 — 0.05 — 0.41 23—27 | — 4.69 — 0.55 1.30 — 1.73 — 1.07 672 (Fesammtsitzung a erenag | Monat Lesina Bernhard | Graechen | Sn ıChaumont ı Hospitz | Maria j l | 1876 October 28—2 — 1:91 | ikea) | 2.00 1.31 1 = 6.60 | 6.001. 2.82 | 5.94 8—12 — 4.26 {| 124.13 19.222809) 7 997 18—17 — 3290 #492 2194 6:90 18—22 In 0.95 1.49 | 1.36 2.40 2927 | — 1.41 a1 0.67 je 2 2 Monat an Lugano Basel - | Affoltern segna | October 235—2 1.81 | 1.66 2.00 1.43 | 1.94012.02:58 4.45 4.43 810 2.78 2.74 4.10 5.10 3— 1X 2.90 0072.82 5.49 5.07 15—22 1128 1.28 0.45 | 0.90 23—27 0.48 0.83 — 0.16 — 0.40 Monat om Montsouris , Observat. October 235—2 E — BT — = 8—12 _ _ 13-17 — = 18—22 —_ — 23—27 — = vom 9. November 1876. 673 Monat | Memel Tilsit Claussen a Hela 1876 Nov. 28—1 — 0.60 1.56 |— 2.17 | — 155 | — 0.77 Sl | 9.74 14.50 1 BA 344 3.00 7-11 |— 6.58 | — 7.54 | — 4.95 | — 6.34 | — 9.54 12—16 |— 2.34 | — 1.70 | — 1.67 2.17 ı— 2.14 17211 5.23 | — 5.26 || 4.941 4.87 | — 4.22 992 96.1 79.84 | 0.693 1-2 5:644|)= 5:52| —.5.82 27—1 0.90 | — 1.72 0.62 0.59 | — 0.45 5 Een Sa Regen- 3 Monat Danzig Konitz Cöslin Stettin walde | Nov. 28—1 — 1.46 | — 1.07 — 1.00 | — 1.33 | — 1.02 ae ld 2A ll 9856| 221 7—11 | — 5.54 | — 5.19 | — 6.29 | — 6.55 | — 5.73 De je Dal 1.00 = 1.52 [eier | 1.16 17—21 |— 4.22 |— 194 |— 1.84 | — 0.63 | — 0.05 22—26 | — 5.82 | — 4.22 1 — 4.11 | — 3.73 | — 2.97 27—1 — 0.45 1.04 1.05 E= 1.69 Monat | Putbus | Wustrow | Rostock Poel Schwerin Nov. 28—1 — 1.00 0.05 | — 0.02 0.07 | — 1.21 2—6 — — 1.41 | — 1.41 | — 0.97 | — 1.82 7—11 _ 9.91 |:6.09 | 5.86 | — 5.74 12—16 — — 1.92 | — 152 |— 1.41 | — 1.06 17—21 — — 0.27 0.52 1512 192 22 —26 _ — 3.20 | — 2.68 | — 2.62 | — 2.74 27—1 _ 1.00 1.60 1.69 1.82 674 Gesammtsilzung | Monat Schönberg Kiel | Neu | Hamburg | Altona | münster = | 18767Noy5 >28 1.2 1. 2.02 96,212 00,89 | 1-11. 1625.68 | 10 1e160 | 17-21 0.93 | DIE DEE TO AA 1 1.57 Monat Lübeck Eutin |Ötterndorf Lüneburg Kun hagen Nov.7.281 — = 0.06 | — 0.33 0.14 2—6 — 1.27 i\2=°0.46: | 2 a1 002 2100 a! — — 4.41 | — 4.92: | — 5.23 | — 4.85 1916 — 0.13 |=-.1.09 1 2.078 7053 1721 = 2.13 2-IN, 22) 1.05 22—26 _ = 9.01 129.16 je Sonlar 9909 DT — 2.16 3.76 2.31 2.32 } Frankfurt | , Monat Berlin ao. Posen |Bromberg| Ratibor Nov. 28-1, = 0.15) 1-0.84 |e-20.92 | 2 2102 91E7089 96.722.038 12948 | 216 Ede 7—11 15.23 | 225.57 | — 2.42 25415 8.85 12—16 1= 3 0.06 30.39. | 20.25 2 alone 79 2.06 1.58 0.97.12 2309 1.96 9226 1222.99 1223.10. 8:28 | 2400. Seen, Du 2.15 1.65 |— 1.19 0.57 2.30 vom 9. November 1876. 675 Monat Krakau | Guhrau | Breslau | Eichberg | Wang 1876 Nov. 28—1 —_ — 0.85 |— 172 |— 143 | — 1.76 De 2199| 9,36, 270.1 18:.19, | 9:08 7125.68 |—4.070 15.641.407 0481 19 16. 9.97 0.23 0.91 0.31 2.33 eo | 1.40 1.201. 12.67 4.AT 999 92 | 26 | — 3.010120. — AO Oel = 1.09 3.25 3.07 328 | | | Monat Görlitz | Gohrisch | Leipzig Dresden | Zwenkau Nov. 28—1 — 1.43 6.1320 711 | - 5.00 12—16 | — 0.88 Te 2 38 22—26 | — 2.46 OT 199 Monat erms; Bautzen Zittau Zwickau | Chemnitz dorf Nov. 28—1 2—6 7—11 12—16 ro 22—26 De [1876] 50 676 Gesammtsitzung Hinter- | Grüllen- | Georgen- 3 Monat Plauen 5 | Freiberg Hermsdorf burg srün | | 1876 Nov. 28—1 | 2—6 | 7—11 | | | 12—16 | | | | 2] | 22—26 | 27—1 | | | | | | } Öber- 2 | | Reitzen- i Monat Elster |Annaberg, Rehefeld i | Wiesen- | | hain | | | thal Nov. 28—1 2—6 7—11 12-16 17—21 237226 27—1 , Gross- de Monat Torgau Halle Erfurt Breiten- ONSEIE hausen bach Nov. 28-1 |— 0.61 |— 0.35 | — 1.18 6.02 | — 0.26 96 | 2A 2.06 | 2.5 _ — 0057 7—11 | — 4.98 |— 5.28 | — 5.57 — — 5.12 12—16 |— 1.69 | — 0.23 | — 0.87 — — 1.21 17291 208 2.76 Dalkt, _ Dan 22—26 I —. 2:27. | — 1.35 | — 1.02 — — 2.24 oT] 1.84 2.62 3.21 2.35 vom 9. November 1876. 677 Heiligen- I Monat Clausthal |Göttingen Hannover | Elsfleth stadt 18767 Novs 282.1 | .043 | — 1.77 | — 0.67: 1 10.44. |, 0,28 2—6 |— 2.07 |— 2.96 |— 2.14 | — 0.98 | — 0.42 ze A, 9282.5.06420-,6.03 1 4.94 3.806 12—16 0.64 2.28 0.48 0.41 0.22 72 91 3.82 3.09 3 3.58 2:09 920 | 2191| 1665 Ali 1.02. 1 21549 2.89 271 3.21 2.54 2.98 3.20 1.74 i Monat Oldenburg| Jever Emden Lingen |Löningen Nov. 28—1 0.06 0.750 2054 0:02 2 0.15 year 280. 0:66 | — 0.45. | 0.47.122.093 Ze 916942912: 9.00 1 3.7011 27383 192-161 .0.06% | :0.92, | 2.0.78 1.60 0.81 eh 3.06 2.93 2.56 2.82 2.90 2 O6 DU 29.432 | — 1.89.17 .040,| 9419 Oo 1.78 1.74 1.97 2.43 1.95 Monat Münster | Gütersloh | Olsberg Cleve Crefeld Nov. 28—-1 |— 0.69 | — 2.98 | — 1.50 | — 0.59 | — 0.91 2681731654, .0.20. 0.208.102 0:99.| 221009 a 2556 1.32, 290921 5.52.| 5:09 12—16 2.10 2.67 2.68 2.74 3283 at 3.00 = 0.59 322 3.16 39 | a — 0.90 | — 0.59 | — 0.20 tl 2.37 — _ 2.36 3.16 678 (Fesammtsitzung Monat Cöln | Boppard | Brüssel | Trier ‚Birkenfeld | | | | | | | 1876 Nov. 28—1 |— 0.88 | — 0.84 -- — 0.77: — 1.14 26, 1=°1.64 19411 u. | Be 7=-11.'[1224.97..|2 24.89 I Ve ae er 12—16 2.10 /|°.%.1.19 Inc—.] Memo en 17—21 |. 53.65 11.23.24 Rd | Ivo 22 —26 0.16 | 037 | — |— 026 |— 0.3 De 1 2.68 | 3.26 —;i 1289 | 3.86 | Monat ie |Darmstadt|Mannheim|Carlsruhe Hechingen Nov. 98 = — 1.10 _ — — 2.19 2—6 _ — 2.70 a 3.03 7—11 — — 4.82 a — 5.68 12—16 — 0.95 _ _ 2.44 pi! — — 3.36 -— | — 4.49 32—26 = 201 = _ — 0.65 DI 1 ne oe re 4.07 vom 9. November 1876, 679 Monat Bones Stuttgard Beulen, Heilbronn! Calw zollern stadt | 1876 Nov. 28—1 |— 2.86 |— 2.46 | — 2.99 a 2a era el 7-11 | 9.68 | -—- 5.101 6.63 I 1916 5.63 0.72 2.88 ll em en 3.80 2:99 3:99 a 99a | 0,83 1 1.380 | 0.72 NN SE ] 3.64 = — _ | —_ | | SE R x Schopf- | Heiden- ae Monat Ulm | i Issny drichs- loch heim | hafen Nov. 28—1 | — 1.56 | — 3.37 |— 1.84 —_ — 2.50 2—6 | — 2.63 | — 3.99 | — 3.36 — — 3.25 7--11 | — 6.04 | — 6.03 | — 6.54 — — 6.08 12-216 1.25 2.60 | — 3.23 — — 2.10 21 9.44 9.64 219 —_ 1.95 22—26 | — 0.75 | — 1.59 0.95 —_ — 1.70 3 — — = — = 630 Gesammtsitzung Auch am Ende des Jahres 1876 zeigten die Witterungsver- hältnisse ungewöhnliche Erscheinungen. Furchtbare den nord- atlantischen Ocean aufregende Stürme, ungeheure Frankreich, Eng- land, das Rheinland, Belgien und Ostpreussen verwüstende Über- schwemmungen, intensive Temperaturerniedrigung, besonders im europäischen Russland, welcher unmittelbar eine ungewöhnliche Wärme folgte, erzeugten die bedeutenden Abweichungen, welche die Jahre 1875 und 1576 so erheblich von normalen Verhältnissen unterscheiden. Solche Störungen des gesetzmässigen Verlaufes sind seit fast 100 Jahren nicht dagewesen. Hr. Weierstrafs trug den folgenden Beweis eines Haupt- satzes der Theorie der periodischen Functionen von meh- reren Veränderlichen vor. de Eine Function g von n Veränderlichen (u, , u, ... u,) kann so beschaffen sein, dass für bestimmte Systeme constanter Grössen (P,, P,... P„) bei beliebigen Werthen von x, , uz.... u, die Gleichung ou FD, WB... u Fr 2.) = pU, wu) besteht !). Die Function heisst alsdann periodisch, und jedes ein- !) Diese Gleichung besagt, dass die Gesammtheit der zu einem be- stimmten Werthsystem (u; Ua u,) gehörigen Werthe von @ identisch ist mit der Gesammtheit der zu (u+P, w+P;z...u,+P,) gehö- rigen. Die gegebene Definition erstreckt sich demnach auf mehrdeutige wie auf eindeutige Functionen, vom 9. November 1876. 681 zelne Grössen-System (P,, P,... P,) ein Perioden -System dersel- ben. Aus dieser Definition ergiebt sich in bekannter Weise der Satz: Sind irgend > Perioden-Systeme (ES RER a ET a (BB. De) einer Function von rn Veränderlichen gegeben, so kann man aus ihnen beliebig viele andere (P,, P,... P,) ablei- ten, indem man > ganze Zahlen (m,, my... m;) willkürlich annimmt und (für@«=1...n) u fe Bi —,. Sm P=1 Setzt. Die Function besitzt also nothwendig unendlich viele Perioden- Systeme. Dabei ist es aber möglich, dass die Zahl derjenigen Sy- steme, in denen jede einzelne Periode ihrem absoluten Betrage nach eine willkürlich anzunehmende Grenze nicht überschreitet, endlich ist. In diesem Falle giebt es stets Perioden-Systeme der Function, aus denen sich alle übrigen in der angegebe- nen Weise ableiten lassen, und zwar ist die kleiuste Zahl der dazu hinreichenden Systeme niemals grösser als 2n. Der Beweis dieses Satzes!) kann folgendermassen geführt werden. Werden aus der Gesammtheit der Perioden-Systeme der be- trachteten Function irgend (ge +1) Systeme er. pi... (Perl) pe P&sD) willkürlich herausgehoben, und ist 3) Vgl. Hermite, Extrait de lettres a Mr. C. G. J. Jacobi (Crelle’s Journal Bd. 40, S. 310); und Riemann, Auszug aus einem Schreiben an Weierstrals (Borchardt’s Journal Bd. 71. S. 197), 682 Gesammtsitzung IR: ) = Paß Ir !Paß ’ wo P«%3 , Pa reelle Grössen bedeuten; so lassen sich im Falle, = 1S 5 3 6) rere\ a \nfac = dass oe 2n ist, stets.(g +1) reelle Grössen (1... %ayı) be- stimmen, welche die 2n Gleichungen e-+1 ER >> — Sum — 7 =PBPab = 0,5 HBPaß —z0 (@e=1...n) P= (= befriedigen und nicht sämmtlich gleich Null sind. Möglicher- weise ist dies auch noch der Fall firo=2n —1,9=2n-—2 u. 8. w., jedenfalls aber nicht für z—= 0. Daraus folgt, dass es nothwendig einen grössten, zwischen 0 und 2n +1 liegenden Werth von 5 giebt, bei dem es noch möglich ist, die vorstehen- den Gleichungen für beliebige (a +1) Perioden-Systeme in der angegebenen Weise zu befriedigen. Dieser Werth von a werde mit r bezeichnet. Dann existiren nothwendig Complexe von r Perio- den-Systemen, für welche den in Rede stehenden Gleichungen, wenn man g = r — 1 nimmt, nur dadurch, dass man jeder Grösse » den Werth Null giebt, genügt werden kann. Angenommen nun, es seien RE I Ge (Pi, Pf... P®) r Systeme, welche einen solchen Complex bilden, und (P,, P;...P,) ein ganz beliebiges System, so lassen sich (r-+1) reelle Grössen #, %ı... #,, die nicht sämmtlich den Werth Null haben, so be- stimmen, dass die Gleichungen bestehen. (Dabei ist der Fall, wo das System (P,, P,... P,) mit einem System des Complexes identisch ist, nicht ausgenommen.) Bei der angenommenen Beschaffenheit der r Systeme (P®9, P9 ... P\®) hat dann » einen von Null verschiedenen Werth; setzt man also mp = — Kl) vom 9. November 1876. 6853 so ergiebt sich; in welchen Gleichungen m, .... m, reelle Grössen bedeuten. Jetzt fasse man, unter ? eine der Zahlen 1,2... r verstehend, diejenigen Systeme (P,,P;... P,) in’s Auge, bei denen die zuge- ... na ARE Dar n n in ° hörigen Grössen m; folgenden Bedingungen genügen: VEmslzL, 9) IA MS IA 1, wenn B=R N mag —=0, wenn 8>}. Solche Systeme giebt es — es ist namentlich (P{?), P”)... P/P) eins von ihnen — sie sind aber, weil durch die angegebene Be- schränkung der Grössen m; für den absoluten Betrag jeder einzel- nen Periode eine Grenze, die er nicht überschreiten kann, festge- stellt wird, nur in endlicher Anzahl vorhanden, und es muss sich unter ihnen eins finden, für welches m, den kleinsten Werth hat. Die zu diesem System gehörigen Grössen mı ...m, mögen mit m\?) ... m{®) bezeichnet werden. Nach diesen Festsetzungen ist, wenn mı, my... m, reelle Grössen sind, welche die Bedingungen 0= m _—— [3 5 zu» “ A % R) reißss d. h. die definirten Periodensysteme (Bun Ba .. Re (ar92 Zielen 19) vom 9. November 1876. 685 sind so beschaffen, dass sich aus ihnen alle übrigen auf die oben angegebene Weise ableiten lassen; w. z. b. w. 2. Es fragt sich nun, wie eine periodische Function beschaffen sein muss, damit die Voraussetzung, auf welcher der vorstehende Beweis beruht, zulässig sei. Zunächst ergiebt sich, dass dieselbe gleichbedeutend ist mit der Annahme, dass die Function kein System unendlich kleiner Perioden besitze. Man setze BD um, (a — Ie..n) WO Pa; Pn+a reelle Grössen bedeuten, und nehme an, es lasse sich eine positive Grösse % so bestimmen, dass in jedem Perioden-System wenigstens eine der Grössen 9 ,P2+.. Ps)„ dem absoluten Betrage nach grösser als & ist. Wenn man dann 2n ganze Zahlen Vs VQ 2:. Von willkürlich annimmt, so kann es höchstens ein Perioden-System geben, in welchem die Grössen 9, , pP... Ps, den Bedingungen v,kZp, Ö, sein. Daraus ergiebt sich ’ } Yıl +++ Yır "lee. Pr und es müssen daher die Zahlen va, so gewählt werden, dass die Determinante Vi] »«+ Yjy — ee V1 os. Vor ist. Umgekehrt erhält man, wenn diese Bedingung erfüllt ist, die Grössen P,, durch die P,& so ausgedrückt, dass die va, ganze Zahlen sind, und kann daher sämmtliche Perioden - Systeme (PA, P,... P,) auch aus den r Systemen Bi Ben Di) NND». 2) ableiten. 3. Der im Vorstehenden bewiesene Satz gilt, wie ich jetzt zei- gen will, auch in dem Falle, wo (u ,% ... u,) eine m-deutige analytische Function ist. Bezeichnet man die m Werthe der Function, welche zu dem- selben Werthsystem (u, , u; ... u,) gehören, mit $, op (oo, und versteht unter x eine unbestimmte Grösse, so ist das Product 690 GFesammtsitzung . (= 9)(@— 9)... (@—9) eine eindeutige analytische Function von u, 4... u,, und eine : . = 1 2 mM ganze rationale Function von x; es können also $,9@...@ defi- nirt werden als die Wurzeln einer Gleichung mten Grades ER ll sun. U) nt fin (ds an) 0 deren Coöfficienten eindeutige Functionen von %, , u, ... u, Sind. n Diese Functionen von n Veränderlichen können nun so be- schaffen sein, dass sie sich alle als Functionen einer geringern Anzahl linear von den ursprünglichen abhängiger Argumente (v1, % ... v,) darstellen lassen. In diesem Falle kann man n Con- stanten Cı, Ca «.. C„, die nicht sämmtlich gleich Null sind, so be- stimmen, dass die Gleichungen befriedigt werden, und daher ®,,®, .... v,; sich nicht ändern, wenn man, unter Z eine unbestimmte Grösse verstehend, „tat; WW Gt... u, + c,t für u,%.. U, setzt. Es bestehen also die m Gleichungen (A) Amt ct, W+ 0t..u, + c,t) = Fu (U; Ur...u,), (P—1...m) und es sind demzufolge die m Werthe von p(Wu-+-C1l,U+Cyt...u,+C,t) identisch mit den m Werthen von p(u , sy ... u,). Die Function p besitzt also, wenn fi... f„ die angegebene Beschaffenheit haben, ein Perioden-System (ct, st... c„t), in wel- chem, wenn man Z unendlich klein annimmt, jede einzelne Periode einen unendlich kleinen Werth hat. Aus den Gleichungen (A) ergeben sich die nachstehenden: (B) S c fu (u 5 Ug y: er. u,) =) ( — ln) c=1 ou. ? 7 welche also eine nothwendige Folge der in Betreff der Funetionen Si... fm gemachten Annahme sind. vom 9. November 1876. 691 Umgekehrt haben diese Functionen die in Rede stehende Be- schaffenheit, wenn für irgend ein System constanter Grössen (1, 63... C,, die nicht sämmtlich gleich Null sind, die Gleichungen (2) bestehen. Denn dann ist fr at m; tot... wtCt) A 91 N also /, (u + Gl, W-+ &t...u,-+ c„t) von t unabhängig, und es gelten somit die Gleichungen (A). Setzt man aber in den letzteren wo A so zu wählen ist, dass c, nicht den Werth Null hat, so er- giebt sich U su Eu) fa, 00.0 0.) (lem) wo Ca Der rWan Ur 02 — 0% A Nun ist aber, damit p (uw, , u, ... w,) als Function von (n—1) linear durch %,%,... u, ausdrückbaren Argumenten betrachtet werden könne, nothwendig und hinreichend, dass sich /f, (u , U... u,):-.- ... m Ur, Uy...u,) sämmtlich als Functionen derselben (n—1) Grössen darstellen lassen. Wenn also, wie in dem zu beweisen- den Satze angenommen wird, p(% , U... u,) die angegebene be- sondere Beschaffenheit nicht besitzt, so ist es unmöglich, dass für irgend ein System constanter Grössen (Cı , € ... c„), wofern nicht jede von ihnen den „Werth Null hat, die m Functionen 1 Ms de Kalt sl U), [63 WO „(dr ... %,)a die erste Ableitung von f,(ü, , ü...u,) nach u. bedeutet, alle identisch gleich Null sind. Daraus lässt sich fol- gern, dass man n nicht singuläre Werthsysteme (RE er und n ganze Zahlen 1, , #2... %,, von denen jede einen der Wer- the 1,2...m hat, so auswählen kann, dass die Determinante [1876] 51 692 Gesammtsitzung Pu u a. Fu, (u +. u) e Suse u) sea Fu; (Ur »-. %)n Du en u einen von Null verschiedenen Werth erhält. Man bezeichne, unter s eine der Zahlen 1,2...n verstehend, mit D, die Determinate I, Gr) ee >), 2 (s P ( U a, en): so dass J ’ JDh m — Ian (u, ... U) und D, = Dist. Dann hat man, wenn s>1 Rn ’ ’ D, = DS, 9 u) + DS, u) +, wo D,_,, D}_, ... nur von den (s—1) ersten Werthsystemen (u[*)... u) abhangen. Sind nun diese und die Zahlen u,...%,.ı So gewählt, dass D,_, nicht gleich Null ist, so ist R Do, Ja (Ur. u) + Di Fu (u u) en nicht für jeden Werth von « identisch gleich Null; man kann also As und 3 (u... ul) so annehmen, dass auch D, nicht gleich Null ist. Da nun nicht alle Funetionen In (u Ara u,)ı gleich Null sind, so kann man zunächst Kunden „user, und dann weiter Da vom 9. November 1876. 693 so wählen, dass D,,D,... D, sämmtlich von Null verschiedene Werthe erhalten. Man kann dann ferner eine Grenze h so fixiren, dass für alle Werthsysteme (seh... 1) in denen jede einzelne Grösse dem absoluten Betrage nach kleiner als A ist, In, (u) + Ahr... u + h,) ln, (u) n [pi — = hg In, (u) + th... ud) + th„)g dt; (= 1...m) ie und zugleich die Determinante der als lineare Functionen von A, ... h, betrachteten Ausdrücke auf der rechten Seite dieser Glei- chungen, welche bei einem unendlich kleinen Werthe von h sich unend- lich wenig von D unterscheidet, ebenfalls nicht gleich Null ist. Dann sind die Differenzen auf der linken Seite der Gleichungen nur in dem Falle sämmtlich gleich Null, wenn sämmtliche Grössen Ah, ... A, es sind. Es ist also unmöglich, dass in einem gemeinschaftlichen Perioden-Systeme der Functionen /f (%, U... U.) ..... Tun, U. %,) jede einzelne Periode dem absoluten Betrage nach kleiner als Ah sei. Da nun die m Werthe von g (u-+ Ah, W-+ Rz... u,+h,) nur in dem Falle, wo (h,, Az... h,) ein gemeinschaftliches Perioden-System der Functionen /ı ... f„ ist, mit den m Werthen von (u, us...u,) identisch sind, so folgt, dass die Function p (u... u,), WO- fern sie nicht die besprochene besondere Beschaffenheit hat, kein System unendlich kleiner Perioden besitzt, und demnach der in (2) für eine eindeutige Function aufgestellte Satz bestehen bleibt, wenn das Wort „ein- deutig* in „m-deutig* umgeändert wird. 51* 694 Gesammtsitzung vom 9. November 1876. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Revue scientifigque de la France et de l’etranger. N. 19. November 1876. Paris. 4. Revue archeologique. Nouv. Serie. 17. Annee. V. Mai. IX. Sept. 1876. ib. eode 3: W.F.G.Behn, Leopoldina. Heft XII. N. 19. 20. Dresden 1876. 4. Öfversigt af K. Vetenskaps Akademiens Förhandlingar. 33. Ärg. Stockholm 1.8.16. 28; Bulletin de la Societe des sciences naturelles de Neuchatel. Tome X. Cah. 3. Neuchatel 1876. 8. Annales de chimie et de physique. 5. Serie. Sept. 1876. Tome IX. Paris 1181,0.28: Atti della Accademia fisico-medico - statistica di Milano. Anno acad. 1876. Milano 1876. 8. Jahrbuch für die amtliche Statistik des Preussischen Staats. Herausgege- ben vom K. Statist. Büreau. IV. Jahrg. Berlin 1876. 8. Mit Begleit- schreiben. Proceedings of the R. geographical Society. Vol. XX. N. VI. London 1187:6..° 8. The quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXXII. P. 3. N. 127. London 1876. 8. ‚“Annales des Mines. 7. Serie. Tome IX. Livr. 2. Paris 1876. 8. Von dem vorg. K. Ministerium. Bulletin de lu Soeiete geologique de France. 3. Serie. Tome 4. Feuilles 21 — 28.. »Parısu18762.18. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 13. November 1876. 695 13. November. Sitzung der physikalisch- mathe- matischen Klasse. Hr. C. Rammelsberg las: I. Über die Zusammensetzung des Nephelins. Die Frage nach der Zusammensetzung des Nephelins ist bei den Beziehungen des Minerals zu gewissen anderen, namentlich den Gliedern der Sodalithreihe, und seinem weitverbreiteten Vor- kommen in Gesteinen, von besonderer Wichtigkeit. Sie ist be- kanntlich durch die bisherigen Untersuchungen noch nicht als ge- löst zu betrachten, denn das einzige brauchbare Material ist der durchsichtige krystallisirte Nephelin vom Vesuv, während die Ab- änderungen aus den Nephelingesteinen vom Odenwald, von Meiches und von Löbau so wie die Eläolithe nicht rein und frisch genug für einen solchen Zweck erscheinen. Der vesuvische Nephelin ist von Scheerer und später von mir untersucht worden. Von den Analysen Scheerer’s kommt hier nur diejenige in Betracht, deren Material von besonderer Rein- heit war, sie ergab jedoch 1,2 p. C. Überschuss und einen Kalk- gehalt von 2 p. C. In ihr ist, wenn Ca = 2R gerechnet wird, Al:,Si=11:2,21 Al»R ='1:2,0 ReıNa 1 2953 Auf meine eigene ältere Analyse will ich keinen Werth legen, aus ihr folgte Al: Si = 1:2,3. Wenn nun auch zwischen Al und R das einfache Verhältniss von 1:2 besteht, so ist dies doch bei Al: Si nicht der Fall. Folgt man der Proportion 1: 2,2, so ist der Nephelin [2 R’sio® RA]? sı1ogr — R Sı" 0* ER ! \o Risio! Nimmt man aber 1:2,33 an, so ist er j2 R:sio RAR S70% — Ragj’ or \ 5 R’SiO* 696 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse In jedem Fall bestände er aus normalen (Bi-) und Halb- (Singulo-)silicaten. In eine sehr einfache Beziehung würde der Nephelin zum Sodalith und gewissen anderen Mineralien treten, wenn Al: Si ebenfalls = 1:2 wäre, denn dann würde er lediglich aus Halb- oder Singulosilicaten bestehen, R?A1S??O° — 2 R!SiOt. Wenn man die 1,2 p. C. Überschuss in Scheerer’s Analyse der Kieselsäure zuschreibt, so wird in ihr allerdings 1%.81. == 12.2515 also nahe = 1:2; jedoch ist eine solche Correction sehr gewagt, und sogar nach dem, was ihr Urheber mitgetheilt hat, nicht ein- mal gerechtfertigt. Ich bin daher bemüht gewesen, die Zusammensetzung des Ne- phelins durch neue Analysen festzustellen, und dabei von den Herren Roth und Websky durch möglichst reines Material unter- stützt worden. Doch möchte ich nicht behaupten, dass die mit Sorgfalt ausgesuchten Proben ganz frei von schwarzem Augit und braunem Granat gewesen seien, welche in den Nephelinkrystallen eingeschlossen vorkommen. Je sorgfältiger aber das Material aus- gelesen war, um so geringer war der Kalkgehalt, bei den reinsten Proben trat er nur in Spuren auf, so dass ich glaube, der Kalk ist dem Nephelin fremd, und rührt von Augit und Granat oder Vesuvian her. Das V. G. des Nephelins vom Vesuv ist nach Scheerer — 2,56, indessen ist diese Zahl zu klein, denn ich habe 2,600 und 2,6087 gefunden. Die Resultate der Analysen sind folgende: vom 13. November 1876. 697 l: 2. 3. 4. Kieselsäure 44,77 44,88 44,63 45,65 Thonerde 34.92 9 34.97-34.39: 2 34.97 Natron 15,38. ° 15,40%. 15:31: - 16,35 Kali Au, 0180.49 159 Kalk 0.50. .054 067% Spur 100,01 100,06 99,93 100,59 Oder Sir. ‚20,90 ...20,94 20,83 21,30 “li 19859. .1898. 1835, 18,93 Nas, 1130...11,43% 13,36.4.512,13 K TI 184,040 40.409 ah Ca 0,36 0,38, 048 Oder in Atomen Si 74,6 74,8 74,4 76 aa 33,5 33,6 33,4 Na 49,4 49,7 49,4 53 58,9 60,1 59,9 62 K 9,5 10,4 10,5 9 Ca 0,9 0,9 1,2 Hiernach ist (Ca= 2R) das Atomverhältniss R:Al:Si K:Na I 17,39.2.:31.:29 1Y:2952 2.21.85: 1: 2.23 14,8 3. 1,386 :;1 2,21 1.457 4. 1.86.21::52,2% 149.9 In allen Versuchen erreicht mithin das Verhältniss Al: R nicht das einfache von 1:2. Und doch kann man kaum umhin, dieses anzunehmen, denn es möchte wohl auch bei grösster Sorgfalt un- möglich sein, die im Gange der Analyse begründete Art und Weise 698 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der Alkalibestimmung so genau auszuführen, dass sie ohne jeden Verlust erfolgte. Wird dieser unvermeidliche Verlust dadurch ver- grössert, dass die gefällte Thonerde geringe Mengen Alkali zurück- hält, so werdsn die Analysen einen etwas zu hohen Gehalt an Thonerde ergeben. In der That finden wir das Maximum der Thonerde bei dem Minimum der Alkalien, und umgekehrt. Thonerde Alkalien Anal le 39,94 19,80 5% 34,27 20,67 Wenn nun das Atomverhältniss Al: Si, welches nach Scheerer —= 1:2,21 ist, in den neuen Analysen von 1:2,20 bis 1: 2,27 varüirt, so wird nach dem eben Gesagten die letzte Zahl der Wahrheit am nächsten kommen. Man darf daher wohl Al: Si= 142.358. — 3.77 annehmen: Demzufolge ist der Nephelin RA Si’ O* und je nachdem K:Na = 1:5 oder 1:6 ist, die berechnete Zu- sammensetzung: 781-1196, — Si 0245.17 3 AL 163,8, A102 33 10 5Na=115 NaO 16,67 Ko 639, 2R20 115.06 6.0. a6 100 999,8 Oder 7Si =19 =SiO? 45,28 3 Al = 163,8 AIO® 33,19 55 Na— 1183 .Na’0, 17,17 ‘K 33,4... KO. .4,36 0 =416 100 927,5 | | vom 13. November 1876. 699 Die Nephelinformel drückt eine Verbindung von Singulo- und Bi- silicaten aus, ag Qi Rs or | 3 R'SiO } 2 R’SiO? Man kann sie, K: Na = 1:5 gesetzt, schreiben: 5 (Na’A1Si?0°) ] R’AIS!OR Das erste Glied ist das Silicat des Sodaliths, Hauyns und Noseans (Singulosilicate), das zweite ist Leueit (Bi- silicate). Von Scacchi wurde ein Mineral vom Vesuv als Mikro- sommit bezeichnet, welches man früher z. Th. Davyn und Cavo- linit genannt hatte. Durch neuere Untersuchungen v. Rath’s!) und Scacchi’s?) ist es genauer bekannt geworden. Die Krystalle gleichen denen des Nephelins, und die von den Genannten gemes- senen Neigungen der Endfläche zu zwei Dihexaedern entsprechen gleichen Winkeln beim Nephelin. So weit die neueren Arbeiten Scacechi’s reichen, verbergen sich unter gleichem Ansehen zwei verschiedene Substanzen: die eine besteht aus Kieselsäure, Thon- erde, Kalk, Natron und Kali sowie Chlor und Schwefelsäure; die andere enthält dieselben Bestandtheile, jedoch keine Schwefelsäure. Scacchi’s Analysen ergeben, dass in den Krystallen der ersten Art mit Sulfaten und Chloriden von R ein Silicat verbunden ist, welches R?AI Si? O® 9 (CaAl Si?O°) } d. h. dass diese Krystalle die Form des Nephelins mit der Mischung der Sodalithgruppe vereinigen. 1) Pogg. Ann. Ergänzbd. 6, 372. 2) Atti d. R. Acc. d. sc. di Napoli VI u. Rendicot. 1876 Aprile. 700 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die schwefelsäurefreien Krystalle hingegen erscheinen als Ver- bindungen von RC] mit R’ALSPO® | 2 (Ca! AP Si’ 0%)J worin die Silicate basischer sind, und als Halb- und Drittelsilicate [2 ®siot) lawsiosl gedeutet werden können. II. Über den Silberwismuthglanz aus Peru. Von Herrn L. Flücker y Ries in Morococha in Peru erhielt ich ein Erz von der dortigen Grube Matilda, welches aus Silber, Wismuth und Schwefel bestehen sollte und demzufolge neu zu sein schien. Es ist nur in kleinen Mengen bemerkt worden, und wird von Fahlerz, Bleiglanz, Schwefelkies und Zinkblende beglei- tet. Die Gangart ist, der Probe nach zu urtheilen, Quarz. Das Erz stellt eine derbe graue Masse dar, ist weich, giebt ein hellgraues Pulver und hat ein V. G. = 6,92. Vor dem Löthrohr schmilzt es leicht, entwickelt schwelflige Säure, giebt auf der Kohle einen gelblich weissen Beschlag und hinterlässt nach längerem Blasen ein ziemlich geschmeidiges Sil- berkorn. Von Salpetersäure wird es aufgelöst, wobei sich Schwefel und ein wenig Bleisulfat abscheiden. Fällt man das Silber mit Chlor- ammonium, so liefert das Filtrat beim Verdünnen einen starken Niederschlag. vom 13. November 1876. 701 In Wasserstoff erhitzt, entwickelt es Schwefel und Schwefel- wasserstoff und schmilzt zu einer krystallinischen Legirung von Silber und Wismuth. 1. 2,2 gaben 0,043 Schwefel und 2,3503 BaSO' = S 0,3162; 0,752 AgCl = Ag 0,5659; 1,148 Bi?O? und 0,146 Bi? $°, sowie 0,083 PbS und 0,008 CaO. 2. 1,537 verloren in Wasserstoff 0,27. Der Rückstand war — 0,514 AgCl, 0,945 BiClO und 0,142 PbS. 3. Aus 3,97 wurden 1,581 AgCl, 2,47 BiClO und 0,21 PbS erhalten. iR 2. 3 Schwefel 16,33 17,56 Wismuth 52,17 49,28 49,90 Silber 25,02 2 25,17. 26,18 Blei 2,58 8,00 4,59 Kupfer 0,50 100,01 97,10 Das Schwanken des Bleigehalts, die Abnahme von Silber und Wis- muth bei steigender Menge desselben, und die stöchiometrische Rech- nung zeigen, dass das Blei der Verbindung fremd und als Bleiglanz beigemengt ist. Nach Abzug desselben erhält man: I 2. 3. Schwefel 16,91. 17,93 . 16,82 Wismuth 99,68 54,29 54,56 Silber 97,44 27,73 28,62 100. 100, 100. Das Erz hat also eine sehr einfache Zusammensetzung Ag’S) AgBisS’ = | BR? S: | 702 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 2 At. Schwefel = 64 = 17,0 1.#,), #2 Wismuth — 208 1547 17 ,Sılber — 032 25 3802°2.100. Ich schlage demnach vor, es Silberwismuthglanz zu nennen, Es gehört in eine Gruppe mit Miargyrit — AgSb$’ Kupferantimonglanz —= Cu Sb S? Kupferwismuthglanz — Cu Bi $? Skleroklas — PhAsS- Zinckenit — PbSb2s Ist das Erz neu? Klaproth untersuchte!) als „wismuthisches Silbererz“* ein von Widenmann und Emmerling beschriebenes Erz von der Grube Friedrich Christian im Schapbachthal, welches von Quarz, Kupferkies und Bleiglanz begleitet war. Seine Analyse Schwefel 16,3 Wismuth 27,0 Silber 15,0 Blei 33,0 Eisen 4,3 Kupfer 0,9 96,5 war bisher wegen ihrer Unvollständigkeit nicht geeignet, die Natur des Minerals aufzuhellen. Wenn man aber 33 Blei = 38,1 Blei- glanz, 4,3 Eisen — 6,8 FeS und 0,9 Kupfer = 1,1 CwWS ab- zieht, so bleiben 51 p. ©. eines Schwefelwismuthsilbers, welches, auf 100 berechnet 1) Beiträge 2, 291. vom 13. November 1876. 7053 Schwefel 17,6 Wismuth 53,0 Silber 29,4 Hr. Beyrich las über Pterichthys Höninghausii. (Erscheint später.) Hr. W. Peters las über eine von Hrn. Viceconsul L. Krug und Dr. J. Gundlach auf der Insel Puertorico ge- machte Sammlung von Säugethieren und Amphibien, so wie über die Entwickelung eines Batrachiers, Hylodes martinicensis Dum. Bibr., ohne Metamorphose. Hr. L. Krug, bisher deutscher Viceconsul in Mayaguez, hat seinen mehrjährigen Aufenthalt auf der Insel Puertorico in sehr anerkennenswerther Weise dazu benutzt, dieselbe wissenschaftlich zu erforschen und insbesondere zoologische und botanische Samm- lungen anzulegen. In dem letzten Jahre ist er darin unterstützt worden von dem durch seine Arbeiten über die Fauna von Cuba wohlbekannten Hrn. Dr. J. Gundlach, der leider verhindert wor- den ist, die Erforschung der ganzen Insel Puertorico, namentlich ihres höchsten gebirgigen Theils, zu Ende zu führen. Von den zoologischen Sammlungen, welche in liberalster Weise unserem Museum überlassen worden sind, habe ich die wissenschaftliche Bestimmung der Säugethiere und Amphibien übernommen und er- laube mir, die Resultate dieser Untersuchungen vorzulegen. 704 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse I. MAMmMALLA. Von den fünf Säugethieren, welche die Sammlung enthält, ist keine einzige der Insel eigenthümlich. Vier derselben, zu den Chi- ropteren gehörig, sind z. Th. auch auf anderen westindischen Inseln, z. Th. auch auf dem Festlande des tropischen Amerikas verbreitet und die fünfte Art, Mus rattus L., ist offenbar durch Schiffe eingeführt. l. Artibeus perspicillatus L. var. jamaicensis Leach. Diese fruchtfressende Art findet sich allenthalben in Hösdlen und fliegt Abends in die Zimmer. Sie ist nicht allein auf den meisten westindischen Inseln, sondern auch in Mexiko, Central- amerika und dem grössten Theil von Südamerika angetroffen worden. 2. Mormops Blaimvillü Leach. Ein einziges männliches Exemplar erhielt Gundlach aus Ponce und ein zweites sah er in Bayamon. Diese Art war bisher nur von Jamaica und Cuba bekannt; auf dem Continent von Mexico bis Venezuela wird sie durch eine andere Art, M. megaphylla, ver- treten. 6) 3. Chilonycteris Macleayi Gray. Ein Exemplar, im Zimmer in Mayaguez gefangen. Zuerst von Cuba bekannt, ist diese Art später auch in Jamaica gefunden worden. 4. Molossus obscurus Geoffroy. Diese ausserordentlich weit verbreitete Art ist auch auf Puer- torico allenthalben gemein. 5. Mus rattus L. Ein Exemplar in einem Hause in Mayaguez. ll. AmpHıBIa. Linne. Von den neunzehn in der Sammlung befindlichen Arten stimmen nur zwei, (Olemmys decussata und Typhlops lumbricalis (Richardi), mit denen von Cuba überein, während die meisten auch auf Hayti oder auf den kleinen Antillen vorkommen. Zwei der Insel eigenthüm- liche Schlangen sind bereits früher beschrieben worden, während zwei der so artenreichen Gattung Anolis angehörige Eidechsen bis- her noch nicht bekannt waren. Hr. Dr. Gundlach theilt mir mit, vom 13. November: 1876. 705 dass ausserdem noch eine leguanartige Eidechse (Metopoceros?) auf der Insel Mona vorkommen soll. Subel.e. PhmoLiwora. Merrem. Testudinata. 1. Clemmys decussata Bell. Die Oberschale eines alten Exemplars. Sie wird, wie auch auf Cuba, hicotea genannt. Saurüi. 2. Sphaeriodactylus macrolepis Günther. Heisst salamanquesa oder salamandra und wird in Häusern angetroffen. Zuerst von St. Croix beschrieben, ist diese Art später auch auf St. Thomas und Vieques gefangen. D) 3. Anolis velifer Cuvier. Zwei Exemplare, Männchen und Weibchen, dieser, chipojo ge- nannten Art wurden bei Quebradillas gefangen. Sie sind beide von grüner Farbe, zeigen aber in der Pholidosis keinen Unter- schied von den auf Vieques und Tortola gefangenen Exemplaren, welche Reinhardt und Lütken beschrieben haben. 4. Anolis Gundlachi n. sp. Ventralschuppen convex oder schwach gekielt, Seiten- und Rückenschuppen klein, körnig, die der beiden mittleren Reihen des Nackens und Rückens grösser und einen niedrigen Doppelkiel bil- dend; auf der Basalhälfte des Schwanzes ein hoher durch die ver- längerten Dornfortsätze gestützter Kamm, der mit einer Hautfalte, welche am Nacken beginnt, zusammenhängt. Die Halbkreise der Supraorbitalschilder durch zwei bis drei Schuppenreihen von einan- der getrennt. Supraocularscheibe aus 15 bis 17 gekielten Schuppen zusammengesetzt. Die Supraorbitalleisten setzen sich in zwei schar- fen divergirenden Suprarostralkielen bis zur Mitte der Schnauze fort. Suprarostralschuppen polygonal, meistens gekielt. Nasenlöcher seit- lich. Entfernung der Ohröffnung vom Auge wenig geringer als die Länge der Schnauze. Oeccipitale gross, etwas kleiner als die Ohr- öffnung, durch vier bis fünf Reihen flacher Schüppchen von den Supraorbitalia getrennt. Kopflänge bis zu der Ohröffnung so lang wie die Tibia. Kehlsack mässig gross, mit auseinanderstehenden grösseren Schuppen bedeckt. Vorderseite der Gliedmalsen mit 706 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse gekielten Schuppen, Unter- und Hinterseite des Oberarms und Ober- schenkels fein granulirt. Schwanz mit grösseren wirtelförmig ge- stellten Schuppen und eben so der Schwanzkamm mit grösseren Schuppen bekleidet. Graugrün, mit kleinen schwarzen Flecken, welche am Körper zu 3 bis 4 unregelmässigen Querbinden zusammentreten; an den Körperseiten und an der Basis des Schwanzes einige rundliche dunkelgerandete weissliche Flecke. Schnauze und Schwanzkamm schwarzgrün, jede Schuppe mit einem gelbgrünen Fleck. Schuppen des Kehlsacks eitronengelb, Haut desselben schwärzlich, Bauch und Unterkinn grüngelb. Totallänge 0,165; bis After 0,055; Kopf 0,0165; vord. Extr. 0,050; hint. Extr. 0,050. Zwei männliche Exemplare, von denen das eine einen Schwanzkamm von 8, das andere von 5 Millimeter Höhe hat, aus Utuado. Von der vorhergehenden Art unterscheidet sich diese, abge- sehen von der Grösse, sogleich durch die granulirte feine Beschup- pung der Unterseite des Oberschenkels, welche bei A. velifer eben so grosse Schuppen wie die Bauchgegend zeigt. d. Anolis eristatellus Dum. Bibr. Überall gemein. Die Männchen zeigen nur ausnahmsweise einen niedrigen Schwanzkamm, wie Hr. Reinhardt und Lütken bereits von den Exemplaren dieser Insel bemerkt haben. Sie ist auch von St. Thomas, St. Croix, St. Jan, Just v. Dyck, Vieques, Water-Island, Tortola bekannt und soll auch auf Martinique, Guade- loupe und Maria-Galante vorkommen. 6. Anolis stratulus Cope. Diese ebenfalls auf Puertorico häufige und der vorhergehenden sehr nahe stehende Art ist auch auf St. Thomas, Vieques, Tor- tola und Just v. Dyck gefunden. 7. Anolis pulchellus Dum. Bibr. Bereits früher ist diese ebenfalls nicht seltene Art auf Puer- torico eingefangen worden und man kennt sie ausserdem von St. Thomas, St. Croix, Tortola, Just v. Dyck, Vieques und Mar- tinique. Die Farbe der Augen ist im Leben, nach Hrn. Dr. Gund- lach’s Mittheilung, fast schwarz, die der Augenlidränder weiss. vom 13. November 1876. 707 Der Körper ist obenher hellbraun, mit einem mehr oder weniger deutlichem grünlichen Schein. Von der Schnauzenspitze entspringt eine anfangs gelbliche, dann weissgelbliche Binde, welche unter dem Nasenloche und unter dem Auge weg, das Ohr einschliessend bis auf die Schenkelwurzel geht. Unterseite blasser bräunlich. Auf dem Kopfe, Halse und Rücken schwarze, zuweilen zu kurzen Li- nien vereinigte Fleckchen. An den Seiten oberhalb und unterhalb der weisslichen Längsbinde gelbe schwarzeingefasste Querstreifen. Unterkinn und Kehle gelb, vor der Armbuge ein undeutlich be- srenzter weisser Fleck. Kehlhaut zwischen den weissen Schuppen rosenroth, sonst ziegelroth. Gliedmalsen von der Farbe des Kör- pers. Die Grundfarbe wechselt von braun in grün und zwei schwarze Flecke, einer hinter dem Auge, ein anderer über dem Trommelfell treten mehr oder weniger deutlich hervor. Die Mitte des Unterleibes wird durch feine schwarze Punkte verdunkelt. 8. Anolis Krugi n. sp. Ventralschuppen stark gekielt, Seiten- und Rückenschuppen körnig, mit Ausnahme der vier mittleren deutlich gekielten Reihen, welche in einer Längsfalte der Rückenhaut hervortreten. Auf dem Rücken des Schwanzes eine Reihe grösserer hexagonaler gekielter Schuppen. Die Bogen der Supraorbitalschuppen fast ganz von einander durch eine Reihe Zwischenschuppen getrennt. Die Su- praorbitalleisten verlängern sich auf der Schnauze in zwei Kielen, welche doppelt so weit von einander als von den Canthus rostra- les entfernt stehen. Die Supraocularscheibe wird von vier bis sechs grösseren gekielten und einigen kleineren Schuppen gebildet. Das deutliche Oceipitale ist grösser als die quere Ohröffnung und durch zwei bis drei Schuppenreihen von den Supraorbitalia getrennt. Die Frenalgegend zeigt in der Mitte fünf Reihen von Schuppen. Kopf bis zur Ohröffnung ein wenig länger als die Tibia. Olivengrün; auf dem Rücken und unter einer seitlichen gelben Längsbinde schwarz punktirt und vermiculirt; auf dem Nacken weissliche Punkte, Bauchseite grünlich gelb. Totallänge 0,170; bis After 0,046; Kopf 0,018; vord. Extr. 0,020; hint. Extr. 0,038. Von dieser zierlichen Art liest ein einziges Exemplar ohne genauere Angabe des Fundorts vor. Sie stimmt durch die gekielten [1876] 52 708 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Bauchschuppen und die helle Seitenbinde mit A. pulchellus, durch die kürzere und höhere Schnauze mit A. cristatellus überein. Wie die vorhergehenden Arten wird sie lagartija genannt. 9. Ameiva Plei Dum. Bibr. Kommt häufig vor und wird iguana genannt. Man hat sie bisher nur auf Hayti und Martinique gefunden. 10. Euprepes (Mabuia) spilonotus Wiegmann. Häufig in Baumhöhlen, in Häusern unter Gegenständen. Heisst lieia. Sie wurde von Gosse auf Jamaica angetroffen und als M. agilis, später von Cope ebendaher als M. fulgida beschrieben. Das Auge steht entweder über dem 5. oder 6. Supralabiale. 11. Diploglossus Plei Dum. Bibr. Ein einziges Exemplar dieser bisher nur von Martinique be- kannten Art, ohne genauere Angabe des Fundorts. 12. Amphisbaena caeca Cuvier. Ein Exemplar, culebra ciega genannt. Bisher nur auf Marti- nique und Hayti beobachtet. Serpentes. 13. Typhlops lumbricalis L. Ebenfalls als culebra ciega bezeichnet. Auf den Antillen weit verbreitet. 14. Chilabothrus inornatus Reinhardt. Ein Exemplar dieser auch auf Jamaica gefundenen Riesen- schlange; wird culebron genannt. 15. Dromicus parvifrons Cope. Culebra genannt. Ist von Hrn. Cope zuerst nach Exemplaren aus Hayti beschrieben worden. 16. Alsophis portoricensis Reinhardt et Lütken. Wie die vorige culebra genannt. Überall häufig. vom 13. November 1876. 709 Subel. BAarracHıa. Brongniart, Latreille, Merrem. Anur.a. 17. COystignathus typhonius Daudin. Mit Exemplaren des südamerikanischen Contiuents verglichen finde ich keine Merkmale, um sie als verschieden zu betrachten. Sie kommt überall auf der Insel vor und wird sapo genannt. Hr. Dr. Gundlach fand am 4. November die strohgelben Eier, umschlossen von einer schaumartigen Masse in einer nassen Ver- tiefung, also ganz ähnlich, wie Hr. Hensel dieses von Cystigna- thus mystacinus in Rio Grande do Sul beschrieben hat. Er sah die Entwickelung des Schwanzes und der Kiemen. Die Larven schwam- men im Wasser herum und frafsen begierig kleine Stückchen Fleisch. Am 25. November bemerkte er die erste Spur der Hinterbeine, am 3. December die der Vorderbeine und am 7. December hatten die Thierchen schon mehr Froschgestalt und kletterten am Glase in die Höhe. Der Schwanz schrumpfte dann nach und nach ein. 18. Bufo (Peltophryne) gutturosus Latreille. Diese Art war bisher nur von Hayti bekannt. Sie hält sich im Sumpfe und in sumpfigen Erdlöchern auf und wurde bei Ba- yamon und Vegabaja gefunden. Man kennt sie unter dem Na- men Sapo concho. 19. Hiylodes martinicensis Tschudi. Zur genaueren Bestimmung dieser Art, welche in der Färbung sehr variirt, hat mir eins der Originalexemplare aus Martinique gedient, nach welchen dieselbe zuerst beschrieben worden ist. Sie kommt nach den Angaben von Reinhardt und Lütken (Natur- hist. Foren. Videnskab. Meddelelser. 1862. p. 158) auch auf Hayti, St. Vincent und Barbados vor und ist auf Puertorico, wo sie nicht selten zu sein scheint, unter dem Namen coqui bekannt. Hr. Dr. Bello theilte vor fünf Jahren !) mit, dass in Puertorico 1) Zoologische Notizen aus Puertorico, nach dem Spanischen (Briefl. Mit- theilung an Hrn. Prof. Dr. Bastian) von E. v. Martens in: Noll, der Zoologische Garten. Frankfurt a. M. 1871. p. 351. 52* 710 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse eine Laubfroschart, cogui genannt, besonders dadurch merkwürdig sei, dass die Jungen schon in vollständig ausgebildetem Zustande und für das Leben an der Luft fähig aus den Eiern kommen, also keine Metamorphose (ausserhalb des Eis) zeigen. „Im Jahre 1870*, sagt er, „beobachtete ich im Garten ein Exemplar dieser Art auf einem Lilienblatt, in welchem ungefähr 30 Eier in einer baumwollenartigen Hülle zusammenge- klebt sich befanden und die Mutter hielt sich in ihrer Nähe, wie um sie zu bebrüten. Wenige Tage darauf fand ich die kleinen Frösche, 2—3 Linien gross, eben geboren, mit ihren vier vollkom- men entwickelten Füssen, mit einem Wort vollkommen ausgebildet, springend und das Leben in der Luft geniessend. Sie wuchsen in wenigen Tagen zu ihrer natürlichen Grösse heran. Dieser Garten ist von einer sechs Fuss hohen Mauer umgeben und es befand sich kein Wasser in demselben; die genannte Lilie enthält immer etwas Wasser (in den Blattachseln), ist aber keine Wasserpflanze*1). Der Übersetzer fügte mit Recht hinzu: „Das wirkliche Aus- schlüpfen aus den Eiern scheint aber doch nicht gesehen worden ‚zu Sein und in den wenigen Tagen, welche zwischen der Beob- achtung der Eier und derjenigen der jungen Frösche zwischen liegen, könnte doch möglicherweise eine abgekürzte äussere Meta- morphose stattgefunden haben, um so mehr, als auch das fernere Wachsthum ungewöhnlich rasch zu sein scheint“. Die kurze Mittheilung des Hrn. Bello hat um so weniger be- sondere Aufmerksamkeit erregt, als auch bei anderen Batrachiern tropischer Gegenden das Legen von Eiern in einer Schaummasse auf dem Trocknen und die Entwickelung der Larven auf gewöhn- liche Weise in dieser Schaummasse genau beobachtet und beschrie- ben worden ist. Vorher hatte Hr. Hensel?) bereits im Jahre 1867 seine interessanten Beobachtungen des Cystignathus mystacinus Burm. im Urwalde von Rio Grande do Sul veröffentlicht und ich hatte die Ehre, im vorigen Jahre Buchholz’s ausführliche Mit- theilungen aus Guinea über die auf Blätter gelegten Eimassen von 1) Nach Hrn. Krug's gütiger Mittheilung ist es eine in seinem Garten zu Mayaguez befindliche Art Crinum, eine wahrscheinlich eingeführte Pflanze, an welcher Hr. Dr. Bello diese Beobachtung machte. ?) Sitzungsberichte der Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin. 1867. p- 10; Archiv für Naturgeschichte. 1867. XXIII. I. p. 129. vom 13. November 1876. 711 Chiromantis guineensis vorzulegen!). Ausserdem war die Entwicke- lung von Alytes in den um die Hinterbeine des Männchens ge- wundenen Schnüren in gewöhnlicher Weise und durch Hrn. Wein- land’s schöne Untersuchungen die Entwickelung der Jungen in dem Rückensack der weiblichen Opisthodelphys (und Nototrema) mit glockenförmigen Kiemen so allgemein bekannt, dass eine von allen anderen Batrachiern abweichende Entwickelung ohne Meta- morphose sehr unwahrscheinlich erscheinen musste. Es ist daher im höchsten Grade interessant, zu erfahren, dass die Angabe Bellos durch die Beobachtungen des Hrn. Dr. Gund- lach und die von ihm eingesandten Präparate vollkommen bestä- tigt wird. Mein Freund Gundlach schreibt mir: „Am 24. Mai (1876) hörte ich sonderbare Töne, wie die eines jungen Vogels und ging dem Tone nach. Zwischen zwei grossen Orangeblättern sah ich einen Frosch, griff zu und fing so 3 Männchen und 1 Weibchen des Cogui. Ich steckte sie in ein nassgemachtes Glas mit durch- löchertem Stöpsel. Bald sass ein Männchen auf dem Weibchen und hielt es umklammert. Nicht lange darauf (ich sah immer nach wenigen Minuten hin) hatte das Weibehen 15 bis 20 Eier ge- legt, die aber bis auf drei sehr bald wieder verschwunden (aufge- fressen?) waren“. : „Es wurden nun: noch fünf runde mit einer durchsichtigen Schale versehene Eier gelegt, welche ich absonderte und auf nassen Schlamm legte. Die innere Dottermasse ist weisslich oder blass strohfarbig, zieht sich später etwas zusammen und dann sieht man durch die durchsichtige Schale den sich bildenden Schwanz, der nach 8 Tagen deutlich zu sehen war. Auch sah man die Augen deutlich und die rothen pulsirenden Blutgefässe. Später erkannte man deutlich die Spur von Beinen. Ich verreiste nun auf einige Tage und als ich am 6. Juni zurückkehrte, sah ich Abends noch die Eichen, aber am folgenden Morgen die ausgeschlüpften Jungen, die noch den Rest eines Schwänzchens hatten.“ „Später erhielt ich zwischen den Blättern einer grossen Ama- ryllidea (ganz so wie Dr. Bello) einen Haufen von mehr als 20 Eiern, worauf die Mutter sass. Ich schnitt das eine Blatt mit 1) Monatsberichte Berl. Akad. Wissensch. 1875. p. 204. 712 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse den Eiern ab, worauf die Mutter entsprang und steckte das Blatt- stück mit den anklebenden Eiern in ein Glas, dessen Boden mit feuchter Erde bedeckt wurde, um eine feuchte Atmosphäre zu er- halten. Etwa am l4ten Tage früh Morgens sah ich noch die Eier, etwa um 9 Uhr, als ich von einer Excnrsion zurückkehrte, sah ich alle Eier ausgeschlüpft und bemerkte an den Kleinen ein weisses Schwänzchen, das Nachmittags schon nicht mehr existirte*. Die Sammlung enthält vier Eier mit Embryonen. Sie bilden eine durchsichtige Blase von 4,5 bis 5,5 Millim. Durchmesser, wel- cher theilweise eine undurchsichtige flockige eiweissartige Masse anhaftet. Diese Blase ist angefüllt von einer wasserklaren Flüssig- keit, welche alle Theile des in derselben schwimmenden Embryos deutlich erkennen lässt. Der Embryo ist, wie bei dem der Säuge- thiere, nach der Bauchseite hin zusammengekrümmt, so das der Kopf den hinteren Extremitäten genähert ist, welche eben so wie die vorderen unter dem Bauche zusammengeschlagen sind und dem Körper dicht anliegen. Der Schwanz ist ebenfalls nach unten um- geschlagen und liegt mit seiner breiten Fläche dem Körper an, entweder mehr nach rechts oder nach links gebogen und so einen Theil der hinteren Extremitäten verdeckend. An drei Exemplaren sind die Extremitäten vollständig entwickelt und zeigen die cha- rakteristischen Haftscheiben an den Zehenspitzen. An einem vierten Exemplar bilden alle vier Gliedmafsen erst kurze Stummel und zeigen noch keine Spur von Zehen, während bekanntlich sonst bei den Batra- chia anura die hinteren Gliedmalsen und zwar die Fussenden derselben zuerst zum Vorschein kommen. Weder von Kiemen noch von Kiemenlöchern findet sich eine Spur. Dagegen ist bei diesem Exemplar der Schwanz merklich grösser, mit seiner breiten Fläche der inneren Wand der Blase dicht anliegend und sehr gefässreich, so dass seine Function als Athmungsorgan keinem Zweifel unterliegen dürfte. Bei der fortschreitenden Entwickelung wird der am Bauche vorspringende Dotter und zugleich der Schwanz immer kleiner, so dass der letztere, wenn das von der Schnauze bis zum After 5 Millim. lange Thierchen die Eiblase durchbricht, nur 1,5 Millim., nach we- nigen Stunden nur noch 0,3 Millim. lang ist und im Laufe desselben Tages ganz resorbirt wird. Exemplare desselben Geleges, welche erst $ Tage nach ihrer Geburt in Weingeist aufbewahrt wurden, ha- ben eine Länge von 7 bis 7,5 Millim., woraus hervorgehen dürfte, vom 13. November 1876. 713 dass das Wachsthum derselben nicht schneller vor sich geht, als bei anderen Arten von Batrachiern. Die Entwickelung dieser Art (und vermuthlich auch aller ihr nahe stehenden Arten) von Hylodes ohne Metamorphose, ohne Kiemen, mit gleichzeitiger Bildung der vorderen und hinteren Gliedmafsen wie bei den höheren Wirbelthieren, innerhalb einer dem Amnios und der Amniosflüssigkeit der höheren Amphibien ähnlichen, wenn auch nicht homogenetischen, Blase und Flüssigkeit ist höchst merkwürdig. Diese Art der Entwickelung dürfte aber nicht isolirt dastehen. Denn es ist seit langer Zeit bekannt, dass die Jungen der Pipa americana aus den in Rückenzellen der Mutter eingelagerten Eiern schwanzlos und vollkommen entwickelt hervor- gehen. Auch bei ihnen hat Niemand bisher Kiemen beobachtet und wir wissen nur aus den Beobachtungen von Camper (Com- ment. Societ. Reg. Scient. Gotting. Cl. phys. 1788. IX. p. 135), dass die Embryonen in einer früheren Periode mit einem schwanz- förmigen Anhange versehen sind, welcher auch hier nur als ein vorübergehendes (der Dotterplacenta der Haifische entsprechendes?) Athemorgan zu betrachten sein dürfte. Daher sagte auch schon Lau- renti (Synopsis Reptilium. 1768. p. 25) von der Pipa: „Pulli ex lo- culamentis dorsi prodeuntes, metamorphosi nulla?* Es würde von dem höchsten Interesse sein, diese merkwürdige Entwickelung an Ort und Stelle von Anfang an genau zu verfolgen. Die Entwickelung des Fötus dieser Batrachier in sehr ähnlicher Weise, wie die eines pholidoten Amphibiums, lässt vermuthen, dass auch die Untersuchung der Entwickelung der vergänglichen fötalen Gebilde von Hylodes und Pipa bemerkenswerthe Unterschiede von den bisher bekannten an- derer Batrachier ergeben werde. Die allgemeinen Folgerungen, welche aus dieser Entdeckung zu ziehen sind, liegen so auf der Hand, dass es überflüssig sein dürfte, sie besonders hervorzuheben. 714 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 13. November 1876. "Pat. 1. Big. 1. 219: Ra N Mh nz. AÜCBL Boy Erklärung der Abbildungen. Ei von Hylodes martinicensis Tschudi, 7 bis 8 Tage alt, von der Rückseite; o Auge, m vordere, p hintere Extremität, » Dot- ter, ce schwanzförmiger Anhang; 1a dasselbe im Profil. Dasselbe, ungefähr 12 Tage alt, von der Bauchseite; 2a das- selbe im Profil. Junges, welches eben das Ei verlassen hat. Junges, einige Stunden alt. Junges, 8 Tage alt. Ausgewachsenes Männchen. Dasselbe, anders gezeichnet. Ausgewachsenes Weibchen; 7a Maul desselben. Dasselbe, anders gezeichnet. Fig. 1—5 dreimal vergrössert, 6—9 in natürlicher Grösse. Taf. II. Schaumige Masse mit den Eiern von Chiromantis guineensis Behhlz. Ptrs., zwischen Blättern, nach einer Originalzeichnung von Prof. Dr. R. Buchholz. 16. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Mommsen las über das eäsarische Militärsystem. Fliylodes martinicensis. C.FSchnidt n.d. Nat. gez. u. lith. Drucky. Böhm Berlin. Monatsbr. Berl. Ak Wissensch.1876 p.714. Laichmasse von Chiromantis quineensis BP N.d Nat gez.vBuchholz, aSten v.JDL FranzWagner. Kunstanstaltv.C. Böhm, Berlin. ro r, Monsdtsbertoht 2876. Pag. VERG 8, EZ, e Tu p° Ger. u, Yibh. v. AL. Ochutze Wer: Gesammtsitzung vom 16. November 1876, 215 Hr. Virchow Jas: Über einen neuen Bronzewagen von Burg an der Spree. Der Wagen, welchen ich der Akademie vorzeige, ist vor Kur- zem bei Aushebung eines neuen Spreebettes, etwa 30 Kilometer oberhalb Burg im Spreewalde, 1 Meter unter der Sohle der Spree, ausgegraben worden. Nach einer, von dem Herrn Baumeister Otto R. Schultze in Guben, welcher die Regulirungsarbeiten der Spree leitet und welcher mir den Wagen zur Verfügung gestellt hat!), mir zugegangenen Skizze des Situationsplans liegt der Fundort an einer Stelle, wo die Spree die Grenze zwischen der Gemarkung Werben und den Lasszinswiesen der Gemarkungen Cottbus und Peitz bildet, nicht sehr weit von der Grenze gegen das Dorf Guh- row. Der ausgezeichnete Erhaltungszustand des Wagens, nament- lich der Mangel von Patina beweisen hinlänglich, dass das werth- volle Stück in nassem Moorgrunde gelegen haben muss, welcher die Oxydation hinderte.e Die Bronze hat noch stellenweise ein gelbliches Aussehen; an der Mehrzahl der Stellen zeigt sie jene etwas matte, bräunlichgraue Oberfläche, wie sie den Moorfunden eigenthümlich ist. Der Wagen ist einaxig und mit 5 Rädern versehen; zwischen dem mittleren und äusseren Rade setzt jederseits ein Arm der Gabel an, welche nach vorn in einen hohlen, zur Aufnahme einer Deichselstange bestimmten Stiel endigt. Rückwärts (in einem an- deren Sinne vielleicht richtiger, vorwärts) läuft jeder der beiden Gabelarme in einen langen und dünnen, leicht gekrümmten und aufwärts gerichteten Hals aus, an dessen Ende sich ein roher Stier- kopf mit zwei langen, weit gespannten Hörnern und einem enten- schnabelartigen Maul befindet. Am freien Ende des Stiels, gerade über dem Stielloch, steht auf einem geraden Stabe ein Vogel, ebenso auf jedem der Gabelarme ein ähnlicher von halb enten-, halb schwa- nenartiger Bildung. Alle diese Thiergestalten sind rückwärts ge- wendet. Im Einzelnen betrachtet, ergiebt sich Folgendes: 1) Die Länge der Axe, also die grösste Breite des Wagens beträgt 18 Cmt. Die grösste Länge, in der Horizontalebene ge- !) Ich habe denselben seitdem dem Königlichen Museum überlassen. 716 Gesammtsitzung messen, von der Mäulspitze der Stierköpfe bis zum Schwanzende des auf dem Stielende stehenden Vogels ist genau eben so gross. Die Entfernung der Axe von dem Stielende selbst misst 13,5 Cent. Damit stimmt wiederum genau überein die grösste senkrechte Höhe, gemessen von dem oberen Ende der Stierhörner bis zum Boden, natürlich einschliesslich der halben Radhöhe. Die Entfernung der Räder von einander beträgt 74 Mm., die der Stierköpfe 58, die der_ Vogelköpfe auf den Gabelarmen 73 Mm. Dabei ist jedoch zu be- merken, dass die Thiere etwas verbogen sind, 3) Die Axe ist ein starkes, drehrundes, gegossenes Stück, welches an einem Ende einen flachrundlichen Knopf, einem Nagel- kopf ähnlich, besitzt, der 15 Mm. im Querdurchmesser hat und den Axenstiel soweit überragt, dass ein Abstreifen des Rades un- möglich ist. Der Axenstiel selbst ist hier 8 Mm. dick, verjüngt sich aber nach der anderen Seite hin bis zu einem Durchmesser von 6 Mm. An dieser Seite läuft er in ein schwach zugeschärftes, jedoch stumpfes Ende ohne Vorsprung aus, und hier befindet sich in ihm ein scharfrandiges, genau rundes Loch von 2 Mm. Durch- messer zum Durchstecken eines kleines Pflocks, um das Abgleiten des Rades zu verhindern. Da die Axe sowohl, wie die Räder ganz lose sind, so lässt sich dieser Theil des Apparates leicht auseinandernehmen und wieder zusammenfügen. 3) Die Räder sind, abgesehen von einigen Biegungen und ein Paar, wahrscheinlich erst beim Auffinden entstandenen Brüchen von Speichen, im Ganzen gleichartig gebildet, und nur darin ver- schieden, dass bei den äusseren Rädern die Stellung der Speichen etwas schräg nach aussen geht, während bei dem mittleren Rade die Speichen ganz senkrecht gegen die Nabe stehen. Der Durch- messer beträgt 1 Cent. Der platte und ganz dünne Rand ist 14 Mm. hoch und an seinem innern Umfange etwa 1 Mm. dick, während der freie Rand fast linear und stellenweis ganz scharf ist. Die 4 Speichen sind sehr kunstvoll eingerichtet, indem sie da, wo sie an den äussern Rand ansetzen, von aussen nach innen, dagegen da, wo sie in die Nabe übergehen, von vorn nach hinten abge- plattet sind. Man kann daher sagen, dass sie im Allgemeinen eine viereckige Gestalt, jedoch mit gerundeten Kanten, besitzen und dass sie in der Mitte am regelmässigsten vierkantig sind. Ihre Länge beträgt 28 Mm., ihr Durchmesser an den platten Stellen 5, an den - dünnen 3 Mm. Die Nabe endlich ist recht geschickt gebildet. Es vom 16. November 1876. 717 ist eine starke, jederseits um 11 Millimeter die Mitte des Rades überragende, am Ende selbst mit einem verstärkten Rande ver- sehene und nach aussen ein wenig ausgeweitete Röhre, im Ganzen 23 Mm. lang, an den Enden 14 Mm. im Durchmesser, mit einer Öffnung von 10,5 Mm. Die Axenstange liegt also ganz lose darin. 4) Zwei ganz ähnliche Naben liegen, fest verbunden mit den Armen der Gabel, in derselben Richtung mit den Radnaben so unter den Gabelarmen, dass bei Einfügung der Räder und der Axen- stange eine ebenso geschickte Aufstellung des Wagens, als leichte Beweglichkeit der Räder gesichert wird. Ihre Länge (33 Mm.) ist um ein nicht unbeträchtliches Maass grösser, als die der Rad- naben selbst. 5) Der Deichselstiel ist 7 Cent. lang, am Deichselende 24 Mm., am Gabelende 14 Mm. im Querdurchmesser, nahezu drehrund und nur gegen die Gabel hin etwas von oben nach unten abgeplattet. Das Stielloch hat einen Durchmesser von 17 Mm. und ist mit einem leicht aufgeworfenen Rande eingefasst. 8 Mm. von dem Rande entfernt liegt jederseits eine etwas unregelmässige, rund- liche Öffnung, offenbar bestimmt, um den Deichselstiel durch einen durchgesteckten Pflock oder Nagel zu befestigen. Nach innen sind die Ränder dieser Löcher etwas vorgetrieben, so als wenn sie durchgeschlagen wären. Auf dem Deichselende des Stiels, und zwar unmittelbar auf dem Rande der Öffnung, steht ein Vogel. 6) Die Gabel setzt sich mit ihren Armen jederseits an das dünnere Ende des Stiels, ohne irgend ein Zeichen von Anlöthung, an. Sie besteht aus einem starken, durchschnittlich 8 Mm. dicken, scheinbar soliden Bronzeeylinder, der nach dem Stiel hin einen flachen Bogen von 64 Mm. grösster Spannweite bildet und dessen Arme sich nach der Axe zu ein wenig erheben. Auf jedem der- selben, 1 Cm. von der darunter befestigten Nabe entfernt, steht ein Vogel. An der Nabe selbst fügt sich der Gabelarm so ein, dass nur die obere Hälfte seines Umfanges zu Tage tritt, während die untere Hälfte einen Körper mit der Nabe selbst bildet. Hinter der Nabe erheben sich die Gabelarme wiederum frei, jedoch ein wenig verdünnt, und bilden unter einer schwachen Krümmung nach rückwärts, im Übrigen jedoch fast senkrecht aufsteigend, die von den Seiten her etwas abgeplatteten Hälse der beiden Stier- 718 Gesammtsitzung köpfe. Jeder Gabelarm hat von der Mitte des Stiels bis zu der Nabe 73 Mm. absolute Länge; der Stierhals ist 60 Mm. lang. 7) Die Vögel sind, wenngleich nicht in allen Einzelheiten ganz übereinstimmend, doch nach demselben Schema gebildet. Sie stehen auf senkrechten Stäbchen, von denen das vordere (am Stielloche) 14, die hinteren 17 Mm. hoch und 4—5 Mm. dick sind. Eine Löthung ist weder an dem unteren, noch an dem oberen Ende der Stäbchen wahrzunehmen. Die Form derselben ist drehrund, jedoch etwas roh und unregelmässig. Im Übrigen besteht jeder der Vögel aus einem platten, verhältnissmässig kurzen, nach hinten etwas zuge- spitzten, am Rücken mit einem schwachen, vorstehenden Graht versehenen Körper, der sich in einen langen, dünnen, runden Hals fortsetzt. Der Kopf ist nicht vom Halse abgesetzt, sondern nur durch eine steile Krümmung angedeutet. Er endet in einen ganz breiten und platten, vorn abgerundeten Schnabel. Das Ganze gleicht also mehr einem Schwan, obwohl einzelne Theile an an- dere Wasservögel (Gans, Ente) erinnern. Im Einzelnen ist zu be- merken, dass der Vogel am Stielende der kleinste ist, und dass der Körper aller Vögel etwa 32 Mm. lang und 15 breit, der Hals 13 Mm. lang und 3 Mm. dick, der Schnabel 5 Mm..lang und 6 Mm. breit ist. Weitere Ausführungen (Augen, Flügel) sind nicht vorhanden. Der Ansatz der Stäbchen am Bauche findet weit nach vorn, fast am Übergange des Körpers in den Hals, statt. 8) Die Stierköpfe haben gleichfalls keinen abgesetzten oder überhaupt ausgeführten Kopf, sondern erhalten ihre Andeutung nur durch den Ansatz der sehr grossen, zugespitzten Hörner, wel- che eigentlich in einander übergehen, und bei dem linken Kopfe eine kleine Erhöhung gegen die Stirngegend bilden. Sie sind je 32 Mm. lang, am Ansatze 3 Mm. dick, sehr stark gekrümmt, und ihre Spitzen haben eine Spannweite von 35 Mm. Ihre Krümmung ist eine doppelte, indem sie zunächst mit einer flachen Curve gerade nach aussen herausgehen, dann sich nach oben und zu- gleich ein wenig nach rückwärts krümmen. Die Form der Hörner nähert sich daher derjenigen der grosshörnigen südlichen Rasse. Jenseits der Hörner erhebt sich der Kopf mit einer flachen Krüm- mung, senkt sich dann wieder und geht endlich in eine, den Vogel- köpfen ähnliche, platte, entenartige, zugleich stark herausgebogene Schnauze über. Die Länge des ganzen Stückes vor den Hörnern vom 16. November 1876. 719 beträgt 23 Mm., wovon 7—8 Mm. auf die Schnauze (den Schnabel) kommen. — Die Zahl der diesseits der Alpen bekannten kleinen Bronze- wagen hat sich im Laufe weniger Jahre, wenn auch nicht sehr bedeutend, so doch in verhältnissmässig schneller Folge vermehrt. Ich habe daher vor einiger Zeit versucht, der Forschung über ihr Herkommen und ihre Bedeutung eine festere Unterlage zu geben, indem ich die einzelnen Kategorien derselben, welche bis dahin etwas bunt durch einander verhandelt wurden, genauer unterschied (Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft. 1875. S. 198. Zeitschrift für Ethnologie Bd. V). Eine sehr natürliche Trennung derselben lässt sich nach ihrer Bildung, welche wahr- scheinlich auch den Gebrauch bestimmte, vornehmen. Man ge- winnt so drei Gruppen: die Kesselwagen, die Plattenwagen mit darauf stehenden Figuren und die einaxigen Deichselwagen mit Stier- und Vogelköpfen. Mag man immerhin gewisse Beziehungen zwischen diesen Gruppen zulassen, so bleibt doch die Thatsache stehen, dass weder die Platten-, noch die Deichselwagen jemals Kessel getragen haben, und dass die mit zahlreichen, auch mensch- lichen Figuren geschmückten Plattenwagen, die zweiaxig und vier- räderig sind, keine Deichseleinrichtung haben, dagegen zuweilen eine kleine Schale tragen, von den einaxigen Deichselwagen so- wohl der Form, als dem Zwecke nach verschieden sind. Es wird daher für die heutige Besprechung genügen, die letztere Gruppe allein im Auge zu behalten. Diese Beschränkung erscheint um so mehr begründet, als nicht nur die zuletzt erwähnten Wagen, soweit bis jetzt deren bekannt sind, sich unter einander in höchstem Maasse ähnlich sind, sondern auch ihr Fundgebiet ein auffällig begrenztes ist. Am längsten bekannt ist der jetzt in der Sammlung des Gym- nasiums zu Neu-Ruppin befindliche, zuerst durch den Grafen Zie- then erworbene Wagen, der iS483 beim Bau der Chaussee von Frankfurt a. OÖ. nach Drossen gefunden worden ist und von dem eine Abbildung in den Jahrbüchern des Vereins für meklenburgi- sche Geschichte und Alterthumskunde. 1851. XV1. S. 262 gegeben ist. Derselbe gleicht dem hier vorliegenden in allen Beziehungen, nur dass auf der Deichselhülse (dem Stiel), nahe an der Gabel, noch ein vierter Vogel steht. Ich werde nachher noch eine ge- 720 Gesammtsitzung nauere Beschreibung desselben nach Notizen, die ich schon zu Östern 1867 bei einem Besuche in Neu-Ruppin genommen habe, liefern. Das zweite, hierher gehörige Stück wurde im Jahre 1860 beim Pflügen auf der Feldmark des Dorfes Ober-Kehle im Trebnitzer Kreise in Schlesien gefunden und befindet sich gegenwärtig im Breslauer Museum (No. 175. Katalog S. 3). Abbildungen ' dessel- ben sind in den Verhandlungen der Berliner anthropologischen Ge- sellschaft. 1873. Taf. XVIIl. Fig. 2 uud in dem 27. Berichte des Vereins für das Museum schlesischer Alterthümer (Schlesiens Vor- zeit in Bild und Schrift. 1575. October) Fig. 28 veröffentlicht worden. Dieser Wagen, der mancherlei Defekte zeigt, gleicht dem vorigen in allen Stücken so sehr, dass man versucht wird, anzu- nehmen, sie seien aus derselben Werkstatt hervorgegangen. Der dritte Wagen wurde von mir im Jahre 1867 in Burg an der Spree ganz zufällig aufgefunden, als er eben zu einem Spiel- zeug für Kinder hergerichtet werden solltee Er war schon im Jahre 1365 ausgegraben worden. Wahrscheinlich ist der Fundort desselben sehr nahe bei demjenigen, wo das jetzt vorliegende Stück gehoben worden ist. Wenigstens wurde mir damals in Burg ange- geben, dass er auf wüstem Lande in der Nähe eines der Spreearme gefunden sei. Dicht dabei, wie man versicherte, in unmittelbarer Nähe des Wagens sollte ein schlackenartiges Conglomerat, wohl 14 Ctr. schwer, Kohlen, Scherben und Knochenstücke enthaltend, gelegen haben, und Hr. Apotheker Kleefeld, der mir Stücke davon über- mittelte, vermuthete daher, dass hier eine Werkstätte gewesen sei. Die mir übersendeten Fuudstücke waren graue, sehr feste Thonscherben, ein geschlagener, länglich viereckiger Feuerstein, ein Beinknochen von einem Wiederkäuer und grössere Bröckel einer mürben, mör- telartigen Masse. Man könnte also auch an einen Opferplatz den- ken. Der Wagen, von dem ich eine Abbildung in den Verhand- lungen des Congr&s international d’anthropologie et d’archeologie prehistoriques. Paris 1867. p. 251 gegeben habe, unterscheidet sich von den beiden, oben erwähnten, sowie von dem neuen Wagen von Burg dadurch, dass er nur 2 Räder, dagegen 3 Stierköpfe auf der Axe hat; er gleicht dagegen darin dem neuen Wagen, dass nur 3 Vögel daran befestigt sind, einer an der Deichsel, je einer auf den Gabelarmen. vom 16. November 1876. 721 Das sind meines Wissens die einzigen, bis jetzt bekannten Wagen dieser Art. Alle anderen gehören entweder zu den Kessel- oder zu den Plattenwagen. Das Gebiet, auf welchem die Deichsel- wagen gefunden sind, ist ein sehr kleines. Zwei von ihnen, der von Frankfurt und der von Ober-Kehle, gehören dem rechten, die beiden von Burg dem linken Oder-Ufer an, aber dieses ganze Ge- biet ist sehr klein und nichts steht entgegen, alle 4 als zusammen- gehörig, sowohl der Zeit, als der Abstammung nach anzunehmen. Der Umstand, dass nirgends sonst ähnliche Wagen entdeckt worden sind, könnte als ein Beweis angesehen werden, dass es sich um Erzeugnisse einheimischer Kunst handle. Es wäre diess die- selbe Beweisführung, die man namentlich in Skandinavien häufig angewendet hat, um die Autochthonie der altnordischen Bronze- fabrikation darzuthun. Natürlich würde dabei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sein, dass fremde Vorbilder benutzt worden seien. Indess so verführerisch ein solcher Gedanke ist, so möchte ich ihn doch ohne weitere Beweise nicht vertheidigen. Die Kunst- fertigkeit, welche in diesen, wenn auch rohen, so doch nicht ohne grosse Kenntniss der Metallbearbeitung und ohne eine sichere Technik ausgeführten Gussstücken zu Tage tritt, ist zu sehr aus- gebildet, um uns nicht bedenklich zu machen, sie auf einheimi- sche Künstler zu beziehen. Wären die Stücke wirklich im Lande hergestellt, so hätte man wahrscheinlich auch andere, ver- wandte Objecte in grösserer Zahl hergestellt. Daran aber fehlt es sehr. Die wenigen Stücke, die wir besitzen, deuten fast alle auf südlichen Import. Ich habe in dem früheren Vortrage über Bronzewagen, wel- chen ich in der anthropologischen Gesellschaft hielt, eine grössere Reihe von Beispielen zusammengestellt, wo Vögel und Stiere, und zwar ganz ähnliche Formen, aus Bronze in Frage kamen. Nament- lich gestielte Vögel von Enten-, Gans- oder Schwanengestalt sind ungemein häufig auf Fibeln, Gehängen und anderen Ziergegen- ständen von Italien bis nach Skandinavien und Irland. Stiere finden sich seltener, aber ich möchte speciell hervorheben, dass im nordischen Museum zu Kopenhagen ein Stierkopf aus Bronze ist, der, ganz wie unsere Stierköpfe auf den Wagen, einen breiten Vogelschnabel trägt; derselbe ist von Skiernes auf der Insel Falster. Alle diese Formen aber deuten nach dem Süden. Die- 722 Gesammtsitzung selben Vogelgestalten, die wir hier in voller körperlicher Ausbil- dung sehen, finden sich gravirt in den mannichfaltigsten Combi- nationen auf altitalischen Bronzen, und man wird daher wohl kaum fehlgehen, wenn man auch für unsere Wagen an diesen Be- ziehnngen festhält. Der Trebnitzer Kreis, in welchem der dreirädrige Wagen von Ober-Kehle gefunden wurde, ist schon seit langer Zeit berühmt durch seine zahlreichen Alterthümer, namentlich durch die von Massel. Dort sind auch römische Kaisermünzen gefunden worden, und man hat geglaubt, daselbst eine alte Station des italischen Handels annehmen zu dürfen. Bei Burg ist ein nicht minder be- rühmter Punkt, der alte Schlossberg mitten in dem weiten Moor- gebiete des Spreewaldes, weit und breit der grösste Burgwall des Landes, und es liesse sich wohl denken, dass hier und dort alte Handelsstrassen, welche dem Oderlaufe folgten, ausgemündet haben. Aber kaum dürfte man daran denken können, in den Wagen rö- mische Produkte zu sehen. Styl und Ausführung haben so viel Alterthümliches an sich, dass man wohl nicht umhin kann, auf vorrömische Verbindungen zurück zu gehen. Die Frage nach dem Gebrauche dieser Wagen tritt vor der Frage nach ihrem Alter und ihrer Herkunft weit zurück. Immer- hin hat es ein um so grösseres Interesse, sie zu verfelgen, als es in der That nicht leicht ist, sich vorzustellen, was man damit ge- macht hat. Dass sie nicht dazu dienen konnten, um etwas auf sie zu legen oder zu stellen, lehrt die einfachste Anschauung. Alle die Erklärungen, welche in dieser Richtung ersonnen sind, passen nicht. Ebensowenig erscheint es möglich, dass so kunstvoll und schwer herzustellende Geräthe als blosses Spielzeug gedient hätten. Es bleibt dann scheinbar nur die Möglichkeit, dass sie einem religiösen Zwecke dienten. Stellt man sich vor, dass eine höl- zerne Deichsel in die Tülle des Stiels eingefügt wurde, so ergiebt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, dass die Wagen nicht gezogen, ‘sondern geschoben wurden und zwar in der Richtung, wohin die Stier- oder Vogelköpfe gerichtet sind, also „rückwärts“. In dieser Beziehung finde ich nur eine Analogie. Micali (Monumenti per servire alla storia degli antichi popoli italiani. Firenze 1332. Tav. CXII. Fig. 2) bildet aus einem etrurischen Grabe eine Zange von Bronze ab, welche sich auf 2 vierspeichigen Rädern bewegt und welche dazu bestimmt war, das Opfer aus dem Feuer zu nehmen. vom 16. November 1876. 725 So liesse sich recht wohl denken, dass an den Stierköpfen oder ihren Hörnern irgend etwas aufgehängt worden sei, um es dem Opferfeuer zu nähern. Auf alle Fälle wird man wohl nicht fehl- greifen, wenn man den Wagen die Bedeutung geheiligter Werk- zeuge beilegt. Es ist übrigens nicht ohne Werth, dass wir wenigstens eine nordische Überlieferung besitzen, wo ein Wagen ähnlicher Zusam- mensetzung im wirklichen Gebrauche dargestellt ist. Schon Hr. Lisch hat auf ein Bild des berühmten Kivik-Steins in Schweden aufmerksam gemacht, wo ein Mann auf der Gabel eines solchen einaxigen, jedoch nur zweirädrigen Wagens, ungefähr an der Stelle steht, wo unsere Wagen die Vogelgestalten tragen; vor den Wagen, der eine lange Deichsel hat, sind 2 Pferde vorgespannt. Hr. Nils- son hat seitdem dieselbe Darstellung wieder abbilden lassen (Skan- dinaviska Nordens Ur-Invänare. Lund 1872. Il. 8. 76. Fig. 7). Merkwürdig genug ist es, dass, wie ich schon früher durch Bei- spiele belegt habe, dieselben Darstellungen sich auf assyrischen Bildern im Louvre finden. Zum Schlusse füge ich noch eine kurze Beschreibung des Wa- gens von Frankfurt-Drossen an: Die Räder (3 an der Zahl) haben einen äusseren Durchmesser von 44 Zoll; davon fällt etwas mehr als 4 Zoll auf die Dicke des Reifens, 14 Zoll auf die Länge der Speichen. Von dem Mittelpunkt der Nabe bis zum inneren Umfange des Reifens maass ich 14 Zoll. Der Reifen selbst ist ganz platt und schmal, etwa 4 Zoll breit. An mehreren Stellen habe ich Gusshöcker notirt. Die Speichen sind gegen den äussern und innern Ansatz abgeplattet, in der Mitte rundlich. Die Naben sind 1 Zoll lang, die mittelste gegen die Räder stark ausgebogen, die seitlichen mehr glatt. Die Axe ist 4 Zoll diek und 7 Zoll lang, an dem einen Ende (rechts) mit einer dicken Endanschwellung, an dem anderen (links) mit einem Loch zum Durchstecken eines kleinen Pflockes. Die Räder haben wegen der Weite der Nabenlöcher durchaus freien Spielraum. Die Gabel misst von hinten nach vorn 3 Zoll im sagittalen Durch- messer; ihre Spannweite beträgt da, wo sie sich mit ihrem dreh- runden, 4 Zoll dicken Stiele an die Axe ansetzt, 2 Zoll. Die Deichseltülle hat eine Länge von 24 Zoll, einen Querdurchmesser am Ansatze von 3, am freien Ende von £ Zoll, und eine Aushöh- [1876] 53 724 Gesammtsitzung lung von # Zoll Durchmesser. Jederseits, einander gerade gegen- über gestellt, ist ein fast viereckiges Loch von etwa 2; Zoll Durch- messer, rechts etwas grösser als links. Von den Vögeln steht der erste ganz am JEinde der Deichseltülle, der. zweite auf der- selben dicht vor der Gabel, die beiden hintersten auf den Gabel- stielen, in 3 Entfernung der Axe von der Deichsel. Die Vogelstiele 7 Zoll hoch, fast + Zoll dick, verhältnissmässig stark, rundlich, jedoch nach der Längsaxe quergedrückt. Die Vögel selbst sind nicht gleich: die auf der Deichsel kürzer und am Hinterende stumpfer, £ Zoll lang, die auf der Gabel bis 1 Zoll lang. Die Breite des Rückens be- trägt 4 Zoll und darüber. Der Leib platt, oben und unten flach convex. Der Hals $ Zoll hoch, rundlich, von der Seite her etwas abgeplattet, Sförmig, ja fast schlangenförmig. Kein eigentlicher Kopf, auch keine Augen, dagegen ein langer, breiter und platter, vorn abgerundeter Schnabel von $ Zoll Länge und 4 Zoll Breite. Die ganze Entfernung der Schnabelspitze von dem hinteren Um- fange des Kopfes beträgt 1 Zoll. Seitlich sieht der Kopf ganz entschieden entenartig aus. Die Stierköpfe erheben sich 14 Zoll über die Axe. Ihr Hals, der glatt und gleichmässig aus dem Gabelstiel hervorgeht, ist zuerst stark nach rückwärts gelehnt, biegt sich dann schnell nach vorn und geht, ohne einen eigent- lichen Kopf zu bilden, fast unmittelbar in das Maulende über, welches denselben Vogelschnabel zeigt, wie die Vögel selbst; dieser Schnabel ist über 14 Zoll lang, $ Zoll breit, höchstens „1; Zoll dick und nach vorn stumpf. Die langen und starken, runden Hörner, welche an der Basis 4 Zoll dick sind, verjüngen sich gegen das Ende nur wenig; ihre Spannweite beträgt 1% Zoll. Als Unterschiede dieses Wagens von dem ersten Burger habe ich damals notirt: Sehr viel kürzere Axe mit nur linksseitigem Pflock. Kein Theil der Axe frei. Die Radreifen ganz platt, . Speichen mehr rundlich, äussere Naben ohne Erhebung des Randes. Gesammtlänge grösser, besonders die Länge der Axe und etwas auch die der Gabel, welche jedenfalls viel enger ist. Deichsellöcher sehr viel grösser. Vögel mit viel grösseren Schnäbeln, wie Enten, mit sehr kleinen Körpern, dicken, aber kurzen Hälsen; ihre Stiele viel grösser und dicker. Stiere viel grösser, mit dicken, runden Hälsen und grossen, stark auswärts gebogenen Hörnern, trotzdem mehr eine Combination von Vogel und Stier. vom 16. November 1876. 7125 Man sieht aus dieser Beschreibung, dass die Übereinstimmung nicht so gross ist, dass man geradezu an eine wiederholte Benut- zung derselben Gussform, also an Fabrikate eines einzigen Künstlers denken dürfte. Es sind so viele Verschiedenheiten im Kleinen da, dass jedes der Stücke als eine individuelle Leistung, wahrscheinlich ohne bleibende Gussform, angesehen werden muss, — eine Erfahrung, die allerdings sehr zu Gunsten der Annahme einer localen Herstellung zu sprechen scheint. Indess wird man sich in jener Zeit die ita- lische Fabrikation auch noch nicht so sehr auf Massenproducetion identischer Stücke gerichtet denken dürfen, dass solche kleine Ver- schiedenheiten als entscheidende Beweise gegen die Importirung angeführt werden dürften. Hr. Braun theilte einen Brief des im Auftrage der Humboldt- Stiftung reisenden J. M. Hildebrandt aus Zanzibar, datirt vom 16. October, mit. Der Reisende meldet, dass er durch skorbutische Geschwüre bisher an der Ausführung der beabsichtigten Reise ins Innere gehindert gewesen sei, aber seit Kurzem Dank der ausge- zeichneten Behandlung, welche ihm im Hospital Ihrer Britischen Majestät Schiff London auf der Rhede von Zanzibar durch Staff- Surgeon Henry Sedgwick und Surgeon Robert Bentham zu Theil wurde, vollständig geheilt sei und sich vorbereite, von Mom- basa aus die Reise nach den Schneegebirgen und Vulkanen nörd- lich vom Kilima Ndjaro anzutreten. Zugleich kündigt er eine neue Sendung naturgeschichtlicher und ethnographischer Gegenstände an. 53* 726 Gesammtsitzung An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: A. Franchini, Pane sanguinante etc. Bologna 1876. 8. G. Hellmann, Über die Veränderlichkeit der Luftwärme in Norddeutschland nach gleichzeitigen 25jährigen Beobachtungen. 4. D. Tommasi, Les bateaus hemi-plongeurs. Paris 1876. 8. Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins zu Magdeburg. Heft 7. Magdeburg 1876. 8. 6. Jahresbericht des naturw. Vereins zu Magdeburg. ib. eod. 8. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westfalens. 32. Jahrg. 4. Folge: 2. Jahrg. 1.2. Hälfte. 33. Jahrg. 4. F.: 3. Jahrg. 1. Hälfte. Bonn 1875. 1876. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 33. Heft 3. Leipzig 1876. 8.. Bulletin de la Societe des sciences de Nancy. Serie II. Tome II. Fasec. IV. 3. Annee. 1876. Paris 1876.- 8. Monthly Notices of the R. astronomical Society. Vol. XXXVI. N.9. Suppl. London 1876. 8. Programme de la SocietE Batave de philosophie experimentale de Rotterdam. 1876. 8. Rivers Pollution Commission (1868). — 6. Report of ths Commissioners ap- pointed in 1868 to inquire into the best means of preventing the pollution of Rivers. London 1874. fol. Mit Begleitschreiben. vom 23. November 1876. ToAr 23. November. Gesammtsitzune der Akademie. oO Hr. Olshausen legte vor: Parthava und Pahlav, Mäda und Mäh. Auszug aus Vorträgen in den Jahren 1872. 1874. 1875. 1876. Die frühzeitigste, vollkommen sichere Erwähnung des Namens der Parther, die bis jetzt bekannt ist, findet sich in den Inschrif- ten des Darius Hystaspis in Behistän, Persepolis und Nagschi Rustam. Denn der Name, mit welchem diese die von den Par- thern bewohnte Landschaft bezeichnen, fällt mit dem Namen des Volkes selber ohne Zweifel ebenso zusammen, wie dies bei den Persern, Medern, Ioniern und Saken der Fall ist, deren Namen in den Inschriften ganz unverändert auch zur Bezeichnung ihrer Heimatländer dienen. Der Name der Parther lautet in dem arischen Theile der In- schriften Parthava, mit aspirirtem ti. Die Form trägt echt-arisches Gepräge und darf für die ursprüngliche gehalten werden. Sie ist von einem Nomen parthu (oder dafür prthu) in regelrechter Weise abgeleitet. Die im Sanskrit bei Bildungen dieser Art übliche Ver- längerung des Vocals der ersten Sylbe ist auf dem Grebiete der eränischen Sprachen nicht erforderlich. Eine Pluralform, die Par- thavd gelautet haben müsste, erscheint in den Inschriften nicht, würde aber zur Bezeichnung des Landes ebenfalls haben dienen können, grade so wie der Plural jaund, Ionier, neben der Singu- larform jauna. In dem anarischen, d. h. weder arischen, noch semitischen Theile der Inschriften, heissen die Parther (nach Mordtmann, ZDMG. XVI. S. 14 n. 47) Par-thu-va. Die Umwandlung des a der zweiten Sylbe in u darf der Einwirkung des nachfolgenden weichen Labials zugeschrieben werden. In dem semitischen, und zwar babylonischen Theile end- lich heissen sie Pa-ar-tu-u (Beh. 64) oder Par-tu-u (NR. 12). Das t dieser Formen entspricht dem hebr. m und wird im unmittelba- ren Anschlusse an den vorhergehenden Consonanten vermuthlich als nicht-aspirirt zu fassen sein. Ob das doppelte u etwa als & gelten oder vielleicht die Lautgruppe uwu darstellen soll, lässt sich, wie es scheint, nicht mehr entscheiden; ein Überrest der 128 Gesammtsitzung Gruppe av oder u» ist ohne Zweifel darin enthalten, vielleicht ver- bunden mit der babylonischen Flexionsendung u. In allen diesen Formen ist der Dental hart geblieben und dasselbe gilt von den aramaeischen Formen des Namens, von dem armenischen Parthev, sowie von den verschiedenen griechischen Aequivalenten. In eben diesen ist auch die Gruppe av oder dafür wv noch deutlich erkennbar geblieben, in den griechischen Parthy- aios, Parthyene, freilich nur als blosser Vocal y. Schliesslich ist aber auch dieser verschwunden, in Parthos, Parthia. Obwohl in den bisher aufgeführten Formen der harte Dental sich durchweg und zwar vorherschend als Aspirata erhalten hatte, dürfte doch dessen Ersetzung durch einen Zischlaut, wenn sich ein solcher zeigte, mit Rücksicht auf anderweitige gleiche Über- gänge innerhalb der eränischen Sprachen durchaus nicht überraschen. Es scheint daher sehr wohl möglich, dass ein in den assyrischen Inschriften aus dem neunten und achten vorchristlichen Jahrhundert mehrfach erwähntes Volk des eränischen Hochlandes, die Bar-su-a (bei Salmanassar II. und Samsi-Bin, nach Schrader, die Keil- inschriften und das A. T., S. 297, zwischen 858 und 810) oder Par-su-a (bei Bin-nirar und Piglath-Pileser II., ebenda, zwischen 810 und 727), mit den Parthava oder Parthuva zu identifieiren sei. Das u wäre Überrest der volleren Lautgruppe und der Wech- sel von anlautendem 5 und p müsste zwar bedenklich erscheinen, wenn es sich um einen Vorgang auf eränischem Sprachgebiete han- delte, ist es aber in dem vorliegenden Falle nicht, wo es lediglich auf ungleichmässiger Auffassung eränischer Laute durch Nicht-Arier beruhen mag. Dass wirklich beide Formen ein und dasselbe Volk bezeichnen, geht aus der Stelle hervor, die sie in den Aufzählun- gen von Völkerschaften des Hochlandes einnehmen, mit welchen die Assyrer Krieg führten. Wenn somit Parsua (und minder correct Barsua) sehr wohl die den Assyriern einst geläufige Form des Namens der Parther ge- wesen sein kann, so muss doch eingeräumt werden, dass diese Zu- sammenstellung gewissen Bedenken unterliegt. Zunächst kann die Frage aufgeworfen werden, ob es sich nicht mehr empfehle, unter den Parsua die Perser zu verstehen, deren Name nicht blos aus- nahmsweise, sondern durchweg den Zischlaut zeigt, welcher in dem der Parther mit Sicherheit nicht nachzuweisen ist. Die Inschriften der Achaemeniden bieten im arischen Texte die Form Pärga oder vom 23. November 1876. 729 Pärsa, indem eine Unterscheidung zwischen ursprünglich palatalem und ursprünglich dentalem Zischlaute nicht mehr stattzufinden scheint; im anarischen Theile (nach Mordtmann, ZDMG. XVI. S.22f.) Parsi; im babylonischen gewöhnlich Parsu, einmal in einer Inschrift des Xerxes, Parsa. Über die Quantität des Vocals der ersten Sylbe in den zuletzt angeführten drei Formen lässt sich nicht entscheiden; für langes « spricht der bis in die Gegenwart fortgesetzte Gebrauch bei Persern und Arabern; für die Kürzung des Vocals kann die Auffassung des Lautes bei den Griechen gel- tend gemacht werden. In der anarischen Form Parsi ist die Ent- stehung des auslautenden Vocals unklar. Man möchte dabei an das neupersische pdrsi, persisch, ein Perser, denken; allein hier ist die Endung erst in viel späterer Zeit aus -ika, dann -ik, ver- kürzt und selbst die älteste dieser Formen scheint dem Alt-Persi- schen zu fehlen. Überhaupt lässt die Zusammenstellung mit der arischen Hauptform Parca oder Pärsa in dem anarischen Texte eine abgeleitete Form nicht erwarten. Das auslautende u in der üblichsten babylonischen Form lässt sich eher erklären, nemlich als die schon vorhin erwähnte Flexionsendung. Wie sich in allen hier aufgeführten Formen des Namens der Per- ser der Zischlaut zu Anfang der zweiten Sylbe zeigt, so hat sich der- selbe auch bei den fremden Völkern erhalten, die mit den Persern in Berührung kamen, bei Hebraeern, Aramaeern, Armeniern, Griechen. Es würde deshalb wohl näher liegen, bei den Parsua der .assyri- schen Inschriften an die Perser zu denken, als an die Parther, wenn nicht der Ausgang dieser Form auf -u@ entschieden dagegen sprä- che. Dieses erklärt sich aus der Endung -ava oder -uva des Na- mens der Parther ganz natürlich, bleibt aber unerklärlich bei der Ableitung von dem der Perser; denn auch die babylonische Form Parsu ist nicht geeignet darüber Aufschluss zu geben. Geringere Schwierigkeit hat gewiss die Annahme des Über- gangs aus th in s in dem Namen der Parther, und merkwürdiger Weise findet sich dazu allem Anscheine nach ein Seitenstück an der entgegengesetzten Grenze der €eränischen Welt, in Indien, und zwar ebenfalls in bereits sehr früher Zeit. Im Rigveda nemlich kommt einmal der Name Pargu vor; wie nach dem Zusammen- hange vermuthet werden darf, als Bezeichnung des Beherschers einer Völkerschaft im Westen oder Nordwesten des Induslandes. Derselbe wird im Qänkhäyana Crautasutra durch Päraravya wie- 730 Gesammtsitzung dergegeben, nach A. Weber, Ind. Studien IV, 379. Vorlesungen über ind. Lit.-Gesch. 2te Aufl. S. 3. 331. Nach mündlicher Mit- theilung desselben Gelehrten wird im Sanskrit von Parcu die pa- tronymische und gentilieische Form Pärgava gebildet, welche jedoch nur im Sing. und Dual üblich ist; im Plur. dagegen wird an ihrer Statt die direct von der Grundform Parcu ausgehende Pluralform Parcgavas gebraucht, welche unter der Voraussetzung, dass der Zischlaut ursprüngliches th vertritt, und mit der in alt-eränischen Sprachen üblichen Unterdrückung des auslautenden Consonanten der sanskritischen Nominativform genau der Form Parthava ent- spricht. Diese ist zwar als Singularform anzusehen, eignet sich aber als Collectivum sehr wohl dazu den sanskritischen Plural von Pärcava zu ersetzen. Die Vertauschung des Parcu im Rigveda mit dem erwähnten Paragavya verdeutlicht die Beziehung auf ein hervorragendes Individuum aus der Zahl der Parcavas. Paäraga- vya ist von Pärgava durch ein zweites Suffix abgeleitet, mit Ein- schiebung eines « hinter dem r vermöge eines auch sonst hinrei- chend bekannten euphonischen Einflusses. Im.Gebrauche mag es sich zu Pärcava etwa so verhalten haben, wie Parthicus zu Par- thus. ' Es möchte hiernach nicht sehr bedenklich sein, die ganze Reihe Parcu (mit dem Plur. Parcavas), Pargava und Pär(a)gavya, auf die Parther zu beziehen, obgleich diese Formen in der indi- schen Litteratur als Namen eines Volkes nicht — oder nicht mehr — vorkommen, sondern nur Päragava (= Pärcava), mit der Variante Parasava, als Bezeichnung einer Mischlingskaste. Die- ser Gebrauch schliesst aber eine Entlehnung von dem Namen des Parthervolkes keineswegs aus; ganz ähnlich ist es wenigstens mit dem Namen der Griechen, Yavana, gegangen, der gleichfalls Be- nennung einer Mischlingskaste geworden ist, obgleich er den In- dern als Volksname sehr wohl bekannt war. Auf die Perser können die hier besprochenen Formen schwer- lich gedeutet werden, deren Namen die Inder durch Pärasika wiedergeben, selten auch Paragika geschrieben; beides mit dem bereits erwähnten &ränischen Bildungssuffixe, dessen letzten Über- rest das noch heute übliche Wort Parsi zeigt. Dass die Inder mit den Parthern schon in der Zeit, welcher die Erwähnung im Rigveda angehören müsste, in Berührung kamen, also wahrschein- lich viel früher, als mit den Persern, wird mit Rücksicht auf die vom 23. November 1876. 31 geographischen Verhältnisse natürlich erscheinen, und wenn der Parther als eines Volkes unter ihrem ursprünglichen Namen bei den Indern sonst keine Erwähnung geschieht, so mag das verschie- dene Gründe haben. Theils nemlich haben die Parther in früher Zeit niemals eine politische Rolle gespielt, welche sie mit entfern- teren Völkern hätte in häufige Berührung bringen müssen; andern- theils ist die indische Litteratur gegen historische Vorgänge, wie dergleichen zur Zeit des parthischen Prineipats in Erän nicht ge- fehlt haben können, immer sehr gleichgültig gewesen, überdies auch uns natürlich nicht vollständig bekannt geworden. Andre Ursachen sind hinzugekommen, den parthischen Namen für die In- der zu verdunkeln, wovon nachher die Rede sein wird. Sollte durch die Zusammenstellung mit dem Parcu der Inder auch die Deutung der assyrischen Form Parsua durch Parther an Wahrscheinlichkeit gewinnen, so käme gegen diese immer noch ein anderes Bedenken in Betracht, das auf der geographischen Lage beruht, in welcher wir die Parsua nach den Inschriften finden. Diese lässt sich leider nicht genau ermitteln, und von den ihnen zugeschriebenen Städten ist keine bekannt. Salalfamanu (auf dem Obelisk von Nimrüd) erinnert zwar einigermassen an die am caspischen Meere belegene hyrkanische Stadt Saramanne oder Saramane bei Ptolemaeus, wozu auch die beachtenswerthe Vari- ante Zagayßearn angeführt wird, und bei Ammian (XXIII, 6, 52.); doch ist aus solcher Namensähnlichkeit natürlich kein sicherer Schluss zu ziehen, obgleich es nicht zweifelhaft ist, dass die assy- rischen Krieger das Ufer des caspischen Meeres erreicht haben. Dagegen scheint es nicht, dass sie in jener Zeit nach Osten zu bis dahin vorgedrungen sind, wo wir späterhin zuerst die Parther wiederfinden, und man würde daher bei Identifieirung der Parsua und Parther anzunehmen haben, dass die Nation zwischen dem achten und fünften Jahrhundert entweder, soweit sie mehr im Westen wohnte, von Fremden, etwa von Medern unterjocht, ihre Selbst- ständigkeit und damit ihren Namen verloren, oder auch überhaupt ihre Wohnsitze weiter nach Osten verlegt hätte. Gegen keine dieser beiden Annahmen möchte sich Erhebliches einwenden lassen, wenn wir auch über die Veranlassung und die näheren Umstände der eingetretenen Veränderung nicht das Geringste erfahren und auf blosse Vermuthungen angewiesen sind, wie solche Herr Fr. Lenor- mant in seinen Lettres assyriologiques, tom. I. p. 37. s., aufgestellt 132 Gesammtsitzung hat. Übrigens ist nicht ausser Acht zu lassen, dass die gleiche geographische Schwierigkeit auch bei etwaniger Deutung der Par- sua als Perser bestehen würde. Bei den Parthern jedoch ist die Schwierigkeit, wie es scheint, geringer, da diese sicherlich immer dem nördlichen Erän angehört haben, wo die eigentlichen Perser sich nirgend zeigen. Wie es sich nun auch mit den Parsua der Assyrier verhalten mag, immer lernen wir die Parther zuerst als Bewohner &ränischen Landes und unter einem Namen eränischer Bildung kennen. Die Griechen und Römer späterer Zeit hörten freilich, die Parther seien ein ausgewanderter skythischer Stamm; die Richtigkeit dieser An- gabe ist aber keineswegs hinreichend verbürgt, und wenn sie es wäre, würde sie für die Ermittelung der nationalen Beziehungen des Volkes von keinem Werthe sein. Dass der Name Skythen keine ethnographische Bedeutung hat, ist heutzutage nicht mehr zweifelhaft, und dass darunter auch indogermanische Völkerschaften mit begriffen wurden, zur Genüge nachgewiesen. Es will deshalb auch nichts besagen, wenn es heisst, der Name Parther gehöre der skythischen Sprache an, während freilich umgekehrt Suidas zu erzählen weiss, die von Sesostris nach Unterwerfung der Assyrier angesiedelten Skythen hiessen in persischer Sprache Parther. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass die den Skythen beige- zählten, an der Grenze von Erän, dann in Erän selbst wohnenden Parther nicht nur indogermanischen Ursprungs, sondern sogar den Eräniern nahe verwandt, wenn nicht gradezu selbst Eränier waren, wie ihre Nachbaren in Chärizmien und Sogdiana. Dass sie in Sitte und Lebensweise viel „Barbarisches und Skythisches* zeig- ten (Strabo 515) und zum Theil wenigstens noch lange Nomaden blieben (Plin. VI, 25), dürfen wir schon glauben. Unter allen Umständen ist es ganz gerechtfertigt, wenn ver- sucht wurde, den Namen Parthava zunächst aus dem Alt-Baktri- schen zu erklären, wie namentlich de Lagarde, Beiträge zur baktr. Lexikogr. S. 57 und gesammelte Abhandl. S. 221, gethan. Dabei hat die Angabe späterer griechischer Seribenten, dass die Parther von den Skythen ihren Namen als duya@dss (— exsules bei Justin) erhalten hätten, Veranlassung gegeben, die baktrische Wurzel pareth (= indogerm. parth) oder pereth (= prth) in der Bedeutung von fliehen heranzuziehen, und sehr wahrscheinlich liegt eben diese Ableitung der gedachten Angabe zum Grunde. Ob aber durch vom 23. November 1876. 133 diese selbst der Ursprung des Namens der Parther in Wahrheit richtig erklärt wurde, kann sehr zweifelhaft erscheinen und eine andere Erklärung des Namens aus derselben Wurzel vielleicht mehr Vertrauen verdienen. Ihr wird nemlich mit mindestens nicht geringerem Rechte auch die Bedeutung kämpfen zugeschrieben (Justi, Zendsprache S. 186), und eher mochten die Parther selbst sich den Namen Kämpfer, Krieger beilegen oder gefallen lassen, als den von Landflüchtigen. Sollten die Parther wirklich einen mit dem Baktrischen nahe verwandten, wo nicht identischen, eränischen Dialekt gesprochen haben, so erschiene auch die Angabe bei Justin (XLI, 2) voll- kommen glaubwürdig, wonach ihnen ein sermo inter Sceythicum Mediecumque medius et utrimque mixtus zugeschrieben wurde. Na- türlich stammt die Notiz aus einer Zeit, in welcher die Parther sich längst zu Herren ‘on Medien gemacht hatten. Ergiebt sich nun aus der angeblichen Einwanderung der Parther aus dem Skythenlande keinerlei Anzeichen einer türänischen, d. h. uralisch-altaischen Abkunft derselben, so lässt sich doch nicht leugnen, dass eine solche nicht deshalb undenkbar wäre, weil wir die Nation von früh her auf eränischem Boden finden. Oft genug sind türänische Stämme in Erän eingewandert und haben sich mit- ten unter den Eräniern dauernd angesiedelt, und selbst für die Annahme, dass in früher Zeit ein grosser, vielleicht der grösste Theil von Erän eine türänische Bevölkerung hatte, sprechen ge- wichtige Gründe. Solche Ureinwohner scheinen dann, ebenso wie manche eingewanderte Türänier, später in die überlegene eränische Nationalität völlig aufgegangen zu sein, wovon denn eine arge Ver- dunkelung der ethnographischen Verhältnisse die unausbleibliche Folge war. So könnte es namentlich auch mit den Parsua der assyrischen Inschriften im westlichen Erän ergangen sein, nur dass dann immer ihr Eeränischer Name unerklärt bliebe. Zu völliger Sicherheit über die Beschaffenheit der alten par- thischen Sprache gelangen wir freilich mit Betrachtungen, wie die vorstehenden, nicht. Dazu bedürfte es durchaus eines hinreichen- den Materials unzweifelhaft echter parthischer Sprachdenkmale. Aber wo wären diese zu finden? Die uns von Griechen und Rö- mern überlieferten, angeblich parthischen Glossen sind gering an Zahl; es wird deren kaum ein Dutzend geben. Darunter fin- den sich einige offenbar eränische, während andere dunklen Ur- 754 Gesammtsitzung sprungs sind. Und selbst das ist ganz unsicher, ob jene Glossen in der That echt-parthisches Sprachgut sind und ihnen nicht, nachdem die Parther Beherscher Eräns geworden, allerlei Aus- drücke beigemischt wurden, die gar nicht parthisch, sondern an- deren eränischen Dialekten, vielleicht auch türänischen Sprachen angehörten, die in Erän geredet waren oder noch geredet wurden; wie denn auch umgekehrt unter den zahlreichen angeblich persi- schen Glossen solche vorhanden sein können, die in Wahrheit ursprünglich parthisch waren. Die beiden Namen Parther und Perser wurden eben zur Zeit der parthischen Herrschaft im Aus- lande gewiss nicht streng aus einander gehalten. Auch eine Durchmusterung der Eigennamen von Parthern, ins- besondere ihrer Könige, führt zu keinem sichern Ergebniss. Eine Mischung verschiedener Elemente im Kreise der Personennamen ist nicht gerade befremdlich, wo mancherlei Volk neben einander wohnte, und was die Könige angeht, ist es ja nicht einmal un- zweifelhaft, ob nicht Anarier über Eränier oder umgekehrt Eränier über Anarier herschten. Der erste König Arsakes wird bald als ein Baktrier, bald als ein Skythe, der Parthien eroberte, also wohl die Parther unterjochte, bald wieder als selbst ein Parther darge- stellt, der sich gegen den Statthalter des syrischen Königs em- pörte. Sonach bleibt die Frage nach der Nationalität der Parther ohne entschiedene Antwort. Wenn man ihnen aber jedes Anrecht auf den Namen Arier deshalb hat absprechen wollen, weil ihr Name im Avesta nicht erwähnt wird, wozu namentlich der erste Fargard des Vendidäd hätte Veranlassung geben können, so wird das zurückzuweisen sein. Denn an dieser berühmteu Stelle han- delt es sich gar nicht um eine Aufzählung von Völkerschaften, sondern von Landschaften. Die Parther können sehr wohl zur Zeit der Abfassung des Vendidäd schon in der Landschaft Nigaya gewohnt haben, ohne dass Grund vorhanden war ihren Namen zu erwähnen. Späterhin freilich wurde, wie schon vorhin bemerkt worden, der Name des Volks Parthava auch Name seines Wohn- Sitzes. Hier mag noch angedeutet werden, dass ebenderselbe Name vermuthlich auch den einzelnen Parther bezeichnete, grade so, wie in den Inschriften der Achaemeniden Pärca nicht bloss Benennung vom 23. November 1876. 735 des persischen Volkes und Landes, sondern auch des persischen Mannes ist; anderer ähnlicher Beispiele nicht zu gedenken. Der Bezeichnung eines Volkes und des ihm angehörenden In- dividuums mittels der gleichen Namensform steht ein analoges Ver- fahren zur Seite, wenn der auch für das Heimatland gebrauchte Name auf enger begrenzte Punkte, wie eine einzelne Stadt, über- tragen wird. Ein Beispiel dieser Art kann auch an dem Namen Parthava nachgewiesen werden und seine Gültigkeit wird kaum anfechtbar sein. Um die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahr- hunderts bemächtigten sich die Arsaciden des Regiments in Ar- menien, welches darnach, einige kürzere Unterbrechungen abge- rechnet, Jahrhunderte lang unter der Botmässigkeit dieses Hauses blieb. Nun erwähnt die dem Moses von Choren zugeschriebene, in ihrer jetzigen Gestalt nicht vor dem 6. Jahrhdt. abgeschlossene armenische Geographie, an der äussersten Nordgrenze Armeniens gegen Albanien hin, zwischen dem Araxes und dem Kur, als die vornehmste Stadt der Provinz Utia die Stadt Partav, später vom Volke Perde gesprochen, bei Arabern und Türken Derda’a oder Berdha’a mit aspirirtem d. In der Mitte des 10ten Jahrhdts. war sie nach dem Zeugniss arabischer Geographen eine der grössten Städte des weiten Landes zwischen ’Iräq und Choräsän; jetzt ist nur ein elendes Dorf davon übrig. Da Partav von armenischen Geschichtsschreibern schon im dten Jahrhdt., nicht lange nach dem Falle der Arsaciden- Dynastie in Armenien als Sitz eines Erzbi- schofs erwähnt wird, kann es nicht füglich zweifelhaft sein, dass die Stadt eine Gründung der Parther und ihr Name mit dem die- ses Volkes identisch war. Auch wird daran kein Anstoss zu neh- men sein, dass die armenischen, der Gründungszeit schon fernste- henden Schriftsteller den Namen der Stadt nicht mehr, wie den des Volkes mit aspirirtem ? schreiben; hat sich doch die Ausspra- che naturgemäss successiv verändert, durch £ zum d und seinem Spiranten. Anf die Verhältnisse dieses Platzes ist weiter noch zurückzukommen. Als ein Seitenstück zu diesem Partav am Nordrande dereinst parthischen Gebiets, als eine vorgeschobene parthische Colonie, könnte vielleicht das von Ptolemaeus ganz im Süden der Persis namhaft gemachte Parta, in der Nähe von Teer, also in der Ge- gend des heutigen Abü Schehr, anzusehen sein; ein Ort, über den jedoch anderweitige Nachricht durchaus fehlt. — Auch das von 136 Gesammtsitzung St. Martin, Memoires sur l’Armenie I. p. 177, angeführte Par- thoughim im kurdischen Armenien könnte seinen Namen den Par- thern verdanken. In dem ursprünglichen Partherlande stossen wir ebenfalls auf einen geographischen Specialnamen, der hier erwähnt werden muss. Es ist das Parthaunisa des Isidor von Charax. Leider scheint der Text da, wo diese Örtlichkeit erwähnt wird, nicht in unver- derbter Gestalt überliefert zu sein. Die Worte lauten bei C. Mül- ler so: Zureüßev Hegdunvn, ay,oivor ze, 45 ld" Hegbaeuvıra N worıs demo Sy,alvuv s'- zuBa Bacrırızar rabal‘ "Errnves d2 Nircuev Neyovsw. In der Übersetzung heisst es: Hine Parthyena, schoeni 25, eujus est vallis et Parthaunisa urbs post schoenos 6. Das nackte «urwv ohne nähere Bezeichnung irgend einer Art muss jedoch sehr an- stössig erscheinen und in seinen Prolegomenis, p. LXxxIx, spricht daher Müller, den Mangel stillschweigend ergänzend, von der „Nisaea Parthyenes convallis* und von dem „aurwv Nisaeae*. Die Gestalt des Textes bleibt aber darum nicht weniger anstössig und kann auch durch die kurz vorhergehende Stelle nicht gerecht- fertigt werden, wo man liest: £vrsüßev iweolavruv res Karies wuras Eorıv aüduw za Xoagnvn. Hier macht sich dasselbe Be- denken nicht weniger geltend und der Verdacht einer Verstümme- lung des Textes oder vielmehr Text-Auszuges liegt nahe. Müllers Handschriften ergaben bei der Parthyene nur die Schreibung 7 sau- ?ov, an die sich Müllers Text nahe genug anschliesst. Hudson schrieb &v 7 Zavaum Iegavvıre, um einen besseren Sinn zu ge- winnen, wie es scheint, willkürlich einen Ortsnamen erfindend oder wenigstens erweiternd. Ein anderer Besserungsversuch, der aber ebensowenig befriedigt, nähert sich der Fassung in der Stelle über Choarene, indem geschrieben wird: &v 7 aurav zu Hegbevvıra. Das Wichtigste in der Stelle bleibt von dem erwähnten An- stosse glücklicher Weise unberührt, und dass Parthaunisa der einheimische Name war, der neben oder anstatt einer alten (bak- trischen) Form Nigedya zur Bezeichnung der Landes-Hauptstadt gebraucht wurde, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Auch ergiebt sich der Sinn dieses zusammengesetzten Namens, wie längst anerkannt ist, ganz von selbst. Parthaunisa ist das „Parther- Nisa“ oder „Parthisch-Nisa“, im Gegensatze zu andern gleich- namigen Örtlichkeiten in Erän, an denen es nicht fehlte, besonders zu der bekannten medischen. In der verkürzten Form Nisä, auch vom 23. November 1876. 7137 wohl Nasä geschrieben, führen die arabischen Schriftsteller ausser dem von Droysen auf Parthisch-Nisa gedeuteten Platze im nörd- lichen Choräsän noch mehrere Ortsnamen an, in Färs, in Kirmän und in dem Bezirke von Hamadän. Wenn sich nun auch der Name des Parthervolkes in einigen wenigen Ortsbezeichnungen, wie in Parthaunisa (bei Isidor) bis in den Anfang der christlichen Zeitrechnung und in Partav bis tief in die Zeit der muhammedanischen Herschaft hinein, wesentlich in seiner alten Gestalt erhalten hat, ist diese uns doch nach der Re- Sierungszeit des Darius Hystaspis direet von Erän aus nicht wie- der überliefert worden, sondern ausschliesslich durch Nachbarvölker vermittelt, mit denen die Parther in Berührung kamen, und die sich der alten Namensform während der ganzen Dauer der parthischen Herschaft in Erän und noch später für die Nation selbst bedienen und meist alles, was deren Reiche angehört, als parthisch bezeich- nen, auch dann, wenn es sich um Dinge handelt, die im Grunde nur abhängige Völkerschaften angehen. Dass wir aus Erän selber nichts mehr von Parthern erfahren, ist freilich insofern ganz natürlich, als uns von dort während des langen Zeitraums der arsacidischen und säsänidischen Herschaft, einige Inschriften von ziemlich dürftigem Inhalte abgerechnet, über- haupt nichts Schriftliches bekannt geworden ist. Als aber darnach muhammedanische, meist von Geburt dem eränischen Lande ange- hörende Schriftsteller begannen, historisches Material in zahlreichen Werken niederzulegen, von denen uns manche werthvolle erhalten sind, da muss der alte Name der Parther in Erän ganz verschollen gewesen sein, da sie denselben niemals nennen. Sie führen die einst so mächtige Dynastie immer nur als die Aschkänidn oder Aschgänidn, d.h. als die Nachkommen ihres Begründers Arsaces auf; die Zeit derselben heisst bei ihnen die der Theilkönige, d. i. der zahlreichen Fürsten, welche unter der Lehnshoheit der ar- sacidischen Grossherren die einzelnen Territorien des Gesammt- reiches selbständig verwalteten, ihrerseits den Königstitel führten und theils dem Hause der Oberkönige oder anderen parthischen Geschlechtern, theils aber auch anderen, von den Parthern abhän- gigen Völkerschaften angehörten. In den Augen der Nachbarvölker und in Folge davon auch später in den Berichten jener muham- medanischen Schriftsteller mag das Ansehen der parthischen Gross- könige, mehr und mehr abnehmend, gegen die selbständige Macht 138 Gesammtsitzung der Theilfürsten allmählich zurückgetreten sein; dennoch würde es höchst auffallend sein, wenn das Andenken an das einst so mäch- tige Volk in Erän sogar bis auf den Namen erloschen wäre, so dass zur Zeit der Herschaft der Araber und ihrer Nachfolger im Regimente von denselben nicht die geringste Kunde mehr vorhan- den war. Dem ist aber auch keineswegs so, sondern der Name ist er- halten, nur in seinem Lautbestande erheblich umgewan- delt, und daher in seinem neuen Gewande und bei zum Theil modifieirter Verwendung im Sprachgebrauche als mit der alten Form identisch nicht mehr erkannt. Das Richtige hier zu sehen war dem Forschergeiste neuerer Zeit vorbehalten. Dass alteräni- ‚sches Parthava und veupersisches Pahlav in der Bedeutung von Land und Volk der Parther zusammenfallen, ist von dem hochverdienten französischen Gelehrten Etienne Quatremäere zuerst erkannt und ausgesprochen in seinem denkwürdigen Artikel im Journal des Savans von 1840 p. 337 f. Ob ihm auch die sprachliche Identität beider Namen, d. h. die Entstehung von Pahlav aus Parthava durch Umwandlung nach €ränischen Lautge- setzen, klar geworden sei, ist mindestens sehr zweifelhaft. Diese ist aber von mehr als einem ausgezeichneten Forscher der neusten Zeit vollkommen richtig erkannt; so von Oppert (Journ. Asiat. 1551. Serie IV. tom. 17. p. 279), von Haug (introd. essay zu dem Pahlavi-Pazend Glossary p. 35). Die Umwandlung beruht be- kanntlich auf dem Tausch des Platzes zwischen r und dem un- mittelbar nachfolgenden aspirirten Dental, auf der nahen Verwandt- schaft und häufigen Vertauschung des th mit einem Zischlaute, endlich auf dem bekannten Übergange von Zischlauten in Hauch- laute und von r in !. Ein Beispiel gleiehartigen Lautwandels verdient jedoch beson- dere Erwähnung, nemlich das neupersische Wort pahlü, Seite, welchem die Sanskrit-Form pargu, Rippe, gegenüber steht, wäh- rend der Bedeutung nach im Sanskrit die abgeleitete Form pärgva, die Rippengegend, Seite, entspricht. Die Umwandlung des Zisch- lauts in Ah, die des r in /, sowie der Tausch des Platzes zwischen ! und A, sind dieselben wie in Pahlav neben Parthava. Auch hat man zwischen pahlö und Pahlav unmittelbare etymologische Ver- wandtschaft zu entdecken gemeint, doch, wie nicht zweifelhaft sein kann, irrthümlich, und wesentlich mit durch den Umstand verleitet, PR vom 23. November 1876. 739 dass in einigen wenigen Beispielen Pahlav in Pahlü verwandelt er- scheint. Während aber der Übergang von -av in -& durchaus nicht unnatürlich ist, wäre der von -Ö in -av in dieser Stellung als ganz willkürliche lautliche Änderung auf keine Weise zu rechtfertigen. Sie ist ebenso unzulässig, wie ein Zusammenwer- fen des Namens der Perser mit dem der Parther sein würde, In welcher Zeit die Umwandlung des Namens Parthava in die Form Pahlav vor sich gegangen sei, lässt sich nicht bestim- men; es versteht sich jedoch von selbst, dass sie sich nur allmäh- lich vollzog und nicht überall in Erän gleichzeitig durchdrang. Sie gehört ganz dem letzten Stadium der &ränischen Sprachbildung an; darauf aber, dass dieses schon frühzeitig begonnen hat, ist von de Lagarde mit Recht aufmerksam gemacht, z. B. Abhandl. 43, 10. Die erste Erwähnung der neuen Form, deren Zeitpunct sich eini- germassen bestimmen lässt, finden wir bei armenischen Schriftstel- lern, welche der Zeit der Arsaciden-Herschaft in Erän noch ziem- lich nahe standen und die nicht durch Lautversetzung abgeänderte Form Palhav neben Pahlav noch als gleichwerthig gebrauchen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Umwandlung zur Zeit des Übergangs der Herschaft an die Säsäniden bereits weit vorge- schritten war; vielleicht hatte sie schon hundert bis zweihundert Jahre früher begonnen. Dass die Umwandlung des Namens der Parther wesentlich dazu beigetragen hat, den alten Namen bei den Indern in Verges- senheit zu bringen, ist wohl sehr wahrscheinlich. Für eine nähere Zeitbestimmung jener Umwandlung leistet aber leider die häufige Erwähnung des Volkes der Pahlavas bei den Indern keine Dien- ste, theils weil es an ausreichenden chronologischen Angaben für die indische Litteratur überhaupt fehlt, theils weil fest zu stehen scheint, dass diese ursprünglich die Parther bezeichnende Form nach deren Sturze ohne Weiteres auf ihre Nachfolger in der Her- schaft, die Perser, übertragen worden ist. Wird aber nicht die Richtigkeit der ganzen Ausführung über die Identität der Namen Parthava und Pahlav dadurch hinfällig oder doch in hohem Maasse verdächtig, dass abgesehen von dem Gebrauche des Namens Pahlava für ein Volk bei den Indern, derselbe sonst in dieser Hauptform nirgend, weder in Erän noch im Auslande, in gleichem Sinne vorkommt? , Man ist vollberechtigt diese Frage zu verneinen; der Gebrauch theils abgeleiteter For- [1876] 2 54 740° Gesammtsitzung men, von denen später zu handeln ist, theils der Form Pahlav selbst, wie er sich in der That gestaltet hat, bürgt dafür. Hier ist es vor allem nöthig, die Aufmerksamkeit auf den merkwürdigen und von unzweifelhafter Sachkenntniss zeugenden Bericht des Moses von Choren, bei Whiston p. 129, zu richten, dessen Wichtigkeit auch anderweit Anerkennung gefunden hat, z. B. bei de Lagarde, Gött. gel. Anz. 1870. S. 1450. Der Ar- menier erzählt, wie nach dem Tode des (parthischen) Königs Ar- $avir von Persien, d. h. von Erän, die Hausangelegenheiten der arsacidischen Herscher geordnet wurdeu. Neben dem Zweige, des- sen Haupt der älteste, mit der Würde des Grosskönigs bekleidete Sohn des Arsavir, Namens Artases, war, wurden für und durch seine Brüder Karen und Suren, sowie durch den Gemal seiner Schwester und Oberfeldherrn der Eränier, drei andre Zweige des Königshauses begründet. Allen diesen wurde der Ehrentitel Pah- lav, unläugbar in dem Sinne von „parthischer Prinz“, der Vor- rang vor allen anderen Statthaltern des Reiches und das Recht der Thronfolge für den Fall des Aussterbens der königlichen Haupt- linie zugesichert. Moses lässt diese Auseinandersetzung in der er- sten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Chr. eintreten; die chro- nologischen Angaben sind indessen bei den armenischen Schrift- stellern sehr unzuverlässig und so muss auch die Richtigkeit der- selben in diesem Falle dahin gestellt bleiben. Aber gegen die Glaubwürdigkeit der Auskunft über die staatsrechtlichen Verhält- nisse des in die Geschichte Armeniens so eng verflochtenen arsa- eidischen Hauses lässt sich dieser Umstand ebensowenig geltend machen, als die auch hier auftretende Incongruenz der von Arme- niern und Römern überlieferten Königsnamen und die bei dieser Gelegenheit vorgetragene, den Armeniern geläufige, längst als ver- werflich anerkannte Ableitung des Namens Pahlav von dem der Stadt Balch, die ohne allen Grund für eine vormalige Residenz der Partherkönige ausgegeben wird. Die genannten Familien haben sämmtlich auch späterhin und zum Theil bis in die muhammedanische Zeit hinein eine bedeu- tende Rolle in Erän gespielt und aus dem Berichte des Moses er- giebt sich unverkennbar, in wie genauer Beziehung der Name Pah- lav zu dem parthischen Königshause stand. Durch die Beilegung des Titels als „Prinzen von Parthien“* wurde allen übrigen Statthaltern oder Unterkönigen gegenüber eine Schranke errichtet, vom 23. November 1876. 741 an der fortan festgehalten wurde. Dass der jedesmalige Gross- könig sich officiell, z. B. auf seinen Münzen, mit dem persönlichen Namen des Gründers der Dynastie benannte, hat mit dem hier be- sprochenen Hausgesetze natürlich nichts zu thun, mag aber wesent- lich schuld daran sein, dass unsre anderweitigen Quellen von der Bedeutung des Namens Pahlav für das königliche Haus gänzlich schweigen; nur der letzte parthische Grosskönig Artabän (Ardavän) führt bei den arabischen Schriftstellern den von Pahlav in adjecti- vischer Form abgeleiteten Beinamen al-Fahlavi = Pahlavi. Mit jenem Hausgesetze kann schwerlich beabsichtigt gewesen sein zu verhindern, dass sich Angehörige der parthischen Nation, zumal des parthischen Adels, als Parther oder, was dasselbe ist, als Pahlav bezeichneten, und wäre dies wirklich die Absicht ge- wesen, so ist sie zuverlässig nicht erreicht worden; die stolze, in gewissem Maasse über ganz Erän gebietende Nation hätte sich das nicht gefallen lassen. So erklärt es sich denn ganz natürlich, dass der Name des tapfern Parthers noch bis in später Zeit die Bedeu- tung eines Helden behielt und z. B. Rustam im Schähnäme T. Macan I. p. 213, 22, bei Mohl I. S. 454 v. 186, angeredet wird: (bei Mohl ‚gab) ‚ab alas (sl; oder dass Därä Boten sendet ae P> CAS RB des Reimes wegen mit pahlül statt pahlavt, „an jeden Berühmten und an jeden Helden“, Macan Ill. 1275. Z. 2; Mohl V. 76. v. 196, auch bei Vullers Chrest. S. 21. v. 272, und dass die gleichwerthige abgeleitete Form Pahlavän bis auf den heutigen Tag in Gebrauch geblieben ist. Die Übereinstimmung von Parthava und Pahlav erstreckt sich aber nicht bloss auf den Gebrauch für die Nation und deren An- gehörige, sondern sie wiederholt sich bei der Verwendung des Na- mens zur Bezeichnung von Örtlichkeiten, zunächst parthi- schen Landes. Zwar nicht die alte engere Heimat der Parther in Choräsän wird später Pahlav oder dafür Pahla (mit stummem h am Ende) und nach arabischer Aussprache Fahlav oder Fahla genannt, sondern ein andres, ausgedehutes Gebiet, dessen Umfang von verschiedenen (muhammedanischen) Schriftstellern verschieden angegeben wird. Im Fihrist des Ibn Abi Ja’qüb an -Nadim, p. 13., ist uns die Angabe des berühmten ’Abdalläh Ibn al-Mugqaffa’ über ‚diesen Gegenstand erhalten, dessen schriftstellerische Thätigkeit der ersten Hälfte des achten Jahrhdts angehört. Darnach ist Fahla 54* 742 Gesammtsitzung der Name für die Gebiete („1ak) von Ispahän, ar-Raj, Hamadän, Mäh Nihävand und Aderbaigän. Damit ist der Umfang des ganzen Medien, Media magna und Media Atropatene, bezeichnet. Dieselbe Angabe wird anderswo (bei Jägüt III, p. 925., der sich bekannt- lich nur in dem Namen des Verfassers seiner Quelle irrt,) auf Mas’üdi (Mitte des zehnten Jahrhdts) zurückgeführt. Es wider- spricht auch diesen Auctoritäten nicht, wenn im Burhäni Qäti’ als Geltungsbereich des geographischen Namens Pahla die Districte („>1s5) von Raj, Ispahän und Dinawar namhaft gemacht werden, indem damit nur die entlegensten Hauptplätze im Nordosten, Sü- den und Westen Mediens bezeichnet, nicht aber die dazwischen liegenden Gebiete ausgeschlossen werden. Auch Birüni (in der ersten Hälfte des elften Jahrhdts) spricht von Ispahän, ar-Raj und den übrigen Ländern („I) der Fahla; womit zu ver- gleichen ist, was Quatremere (Journ. des Sav. 1840. p. 544.) aus Mas’üdi anführt: die Perser waren in Färs, den beiden Mäh’s, (d. i. im westlichen Medien,) und den übrigen Ländern (23,) der Fahlüs, wal2s)), wofür wohl sicher (4Aes)l zu schreiben ist, wie bei Jägüt III, p. 925, 14. Hiernach kann über die weite Aus- dehnung des Landes Pahlav kein Zweifel bestehen, und wenn bei Vullers im Lexicon ohne Angabe der Quelle Pahlav auch als Na- me der Gegend von Ispahän aufgeführt wird, so ist dies eine Ver- wendung des Ausdrucks als Localname, auf die nachher zurück- zukommen ist. Keineswegs aber durfte Quatremere a. a. O. wegen derselben Mas’üdi und Birüni eines Irrthums zeihen, welche den Namen Fahla auf ganz Medien ausdehnen. Hier muss zunächst bemerkt werden, dass der Umfang des Landes Pahlav von Schiraweihi bin Schahrdär, einem persischem Schriftsteller, der zu Anfang des zwölften Jahrhdts starb, nach dem Zeugniss Jägüt’s (III, 925.) etwas anders bestimmt wurde, als von den vorhin angeführten Gewährsmännern. Er befasst un- ter jener Benennung sieben, dem alten Medien angehörende oder doch zeitweise demselben einverleibte Gebiete, die von Hamadän, Mäsabadän, Qumm, Mäh al-Bacra (d. i. Nihävand), as-Qaimara, Mäh al-Küfa (d. i. Dinawar) und @armisin, schliesst dagegen ar- Raj und Ispahän, also den nordöstlichen und den südlichsten Theil Mediens ausdrücklich davon aus, und ebenso andere ausgedehnte eränische Provinzen, die freilich auch die genannten älteren Zeugen gar nicht heranziehen, nemlich Qümis, Tabarastän, Choräsän, Si- vom 23. November 1876. 743 gistan, Kirmän, Makrän, Qazwin, Dailam und Talaqgän. Die Aus- schliessung von ar-Raj und Ispahän mag mit einer Veränderung in der Abgrenzung der eränischen Provinzen zusammenhängen, ob- wohl Pahlav nirgend als ein officieller, auf die staatlichen Verhält- nisse bezüglicher Name erscheint, sondern eher eine volksthümliche Benennung gewesen sein wird. Es steht aber auch hiernach fest, dass Pahlav zur Zeit der muhammedanischen Herschaft bis in das zwölfte Jahrhdt hinein wesentlich als Name Mediens erscheint, und es fragt sich nur, worauf diese Vertauschung des alten Na- mens mit einem jüngeren beruht. Die Antwort dürfte nicht schwer sein. Mas’üdi sagt (I. 133.): „die meisten der Statthalter (in den &ränischen Provinzen) unter- warfen sich den Aschgäniern (Arsaeiden), d. h. den Königen im Gibäl, in den Landschaften von Dinawar, Nihävand, Hamadän, Mäsabadän und Äderbeigan. Da alle Könige dieser Gegend gleich- mässig Arsaciden hiessen*, — Moses von Choren würde sagen: dem parthischen Königshause angehörten und Pahlav hiessen, — „so übertrug man diesen Namen auf die übrigen Theilkönige mit Rücksicht darauf, dass sie jenen unterworfen waren“. Ähnlich drückt sich Birüni aus, p. 112. Sachau: „die Aschkänier sind die- jenigen (Theilfürsten), welche in ’Iräq und al-Gibäl herschten“. Deshalb also erhielt, — wie auch de Lagarde, GGA. 1870. 8. 1452, nicht entgangen ist, — Medien den neuen Namen, weil es unter der unmittelbaren Herschaft des parthischen Königshauses stand, während Unterkönige, die wenigstens zum Theil nicht einmal dem parthischen hohen Adel angehörten, in den übrigen Eeränischen Provinzen herschten. In Medien regierten ohne Zweifel ausser den - Grosskönigen auch jene Seitenlinien ihres Hauses, von denen Moses von Choren uns Kunde giebt, die karenischen, surenischen und aspahbätischen Pahlav’s; vgl. darüber de Lagarde, GGA. 1870. S. 1450 f. In der That war Medien, nachdem es durch die Parther gewonnen war, die wichtigste Provinz ihres Reiches, das starke Bollwerk gegen mächtige Nachbaren im Westen, geeigneter Aus- gangspunkt für den Angriff, und wegen seiner nicht zahlreichen und schwer zugänglichen Pässe bequem zu vertheidigen. Seine Bedeutung für den Besitz der Herschaft in Asien hebt bekanntlich ‚auch schon Polybius treffend hervor, X, 24. Hier waren darum die parthischen Fürsten selbst mit ihrem streitbaren Heere auf dem 744 Gesammtsitzung Posten und zu den wechselnden Residenzen der Grosskönige ge- hörte, wie früher unter den Achaemeniden Ekbatana, wiederum Hamadän. Die Karenier, hatten ihren Sitz nach Tabari, wie von den Herren Nöldeke und Barth aus verschiedenen Handschriften des arabischen Textes gefälligst mitgetheilt wird, in Mäh Nihävand, die Aspahbäde in ar-Rej, die Sur@nier in Sigistän. Noch der letzte arsacidische Herscher in Erän, Ardavän Pahlavi, beherschte, wie Tabarıi (in der persischen Bearbeitung, bei Zotenb. II. p. 71) be- richtet, das ganze Gibäl. So war der Name der Parther in seiner neu-eränischen Form als Landesname von der alten Heimat des Volkes nach Westen vorgerückt. Den Völkern des Westens freilich blieb die Änderung der Namensform und die Verwendung desselben zur Bezeichnung Mediens, soviel wir wissen, unbekannt; selbst bei den Armeniern scheint sich von der letzteren keine Kunde erhalten zu haben. Auch sie belassen dem gesammten Volke den alten Namen und dem Lande Medien geben sie theils eben diesen, theils vertauschen . sie ihn in Folge der mittlerweile eingetretenen Herschaft der per- sischen Säsäniden mit dem Namen Persien. Dass der Name Pah- lav jemals auf das gesammte parthische Reich ausgedehnt sei, wird nirgend angedeutet. Wenn der Name Parthava einst nicht bloss zum Landesnamen wurde, sondern auch zum Eigennamen einer beschränkteren Ört- lichkeit, insbesondere einer Stadt, werden konnte, wie es die Exi- stenz der oben erwähnten Stadt Partava in der armenischen Pro- vinz Utia nicht zweifelhaft erscheinen lässt, so wäre es nicht grade auffallend, wenn auch der Name Pahlav in gleicher Weise verwen- det vorkäme. Und in der That behauptete Th. Hyde, Hist. reli- gionis vett. Persarum, p. 418 der ersten, p. 427 der zweiten Ausg,, Neschapür, die Hauptstadt Choräsän’s, werde zuweilen (aliquando) auch Pahla (= Pahlav) genannt, und fügte p. 420 (429) hinzu, die Pahlavi-Sprache habe vielleicht ihren Namen als die „lingua novae urbis ad latus veteris Neishäbur extructae*; meistens jedoch (ple- rumque) sei Pahla oder s,\2, Pahlava speciatim die Stadt Neishä- bur. Woher diese Angaben stammen, ist unbekannt; de Lagarde vermuthete, dass sie dem Farhangi Gahängiri entnommen sein möch- ten, doch scheint sich dies nicht zu bestätigen. Vielleicht war Hyde’s Quelle das oft von ihm eitirte Werk m ol;%s, dessen vom 23. November 1876. 745 Spur verloren gegangen sein mag. Für das seltsame salz, wird Ne» herzustellen sein. — Abgesehen von diesen Notizen geben aber auch die persischen Original-Lexica an, dass eine Stadt an der indischen Grenze den Namen Pahlav führte. Die angeführte Beweisstelle aus dem Schähnäme ist jedoch keineswegs ausreichend um die Richtigkeit der Angabe darzuthun; denn die Vergleichung mit anderen Stellen des Gedichtes macht es wahrscheinlicher, dass das Wort Pahlav wie in vielen anderen Stellen, so auch in den bei dieser Gelegenheit angeführten Versen als ein Appellativum aufzufassen sei. Wenn es z. B. anderswo von der Einholung ei- nes heimkehrenden Helden heisst: „von Pahlav zu Pahlav bewill- kommt man ihn* (vgl. Rückert, ZDMG. VIII. S. 315.), so ist sofort klar, dass es in Erän der Pahlav’s manche gab, und man wird nicht irren, wenn man den Ursprung eines solchen appellati- vischen Gebrauchs noch zu Firdösi’s Zeit darauf zurückführt, dass einst alle die Puncte, welche ihrer politischen oder militairischen Wichtigkeit halber Statthaltern und Befehlshabern parthischer Na- tionalität unterstellt waren, alle ihre festen Burgen, alle Stand- quartiere ihrer Krieger, als solche durch den Namen der Nation bezeichnet wurden. Jeder Punct dieser Art war gleichsam ein Parthieum, ein Parthien im Kleinen. Die Zahl derselben muss bei dem Umfange und der politischen Lage des Reichs nothwendig eine grosse gewesen sein, wie es auch Ammian beschreibt, iudem er 23, 6, 4 erzählt, der Begründer des parthischen Reiches habe Persien (d. h. sein Reich, nicht etwa die Provinz Persis) „civita- tum et castrorum castellorumque munimentis* angefüllt und das- selbe gewöhnt, den vormals gefürchteten Anwohnern selbst Furcht einzuflössen. Das sind jene Pahlav’s, deren Name auch nach der Zeit der parthischen Herschaft für die politisch und militairisch wichtigen Plätze unverändert im Gebrauch blieb. In wenig ver- änderter Form hat er sich sogar allem Anscheine nach bis auf den heutigen Tag erhalten, wie aus einem vortrefllichen Reiseberichte Sir Henry Rawlinson’s im Journal of the R. Geogr. Soc. von 1839. S. 97 geschlossen werden darf. Rawlinson reiste im Früh- jahr 1836 von den Ruinen der alten Susa in fast genau nördlicher Richtung durch Luristän über Churram-äbäd nach Behistän hinauf. Nach Übersteigung zweier grosser Bergketten erreichte er gleich südlich von Churram-äbäd eine dritte, von WNW. nach OSO. streichende, doppelte Kette, die eine der oberen Stufen jenes brei- 746 Gesammtsitzung ten Grenzgebirges zwischen Medien und Chüzistän abschliesst und „Köhi haftad pahlü* genannt wird. Rawlinson deutete diesen Namen als einen „seventy-sided hill, to denote its infinite ramifica- tions“. So mag ihm die befremdliche Benennung an Ort und Stelle erklärt sein. Allerdings heisst pahlü im Persischen Seite; aber der siebenzigseitige Berg (oder das Gebirge solches Namens) muss doch als eine Ungeheuerlichkeit erscheinen, die nur auf ei- nem Missverständnisse beruht. Pahlü ist in diesem Falle schwer- lich etwas anderes, als eine jüngere, im Volksmunde entstellte Form für Pahlav, wie dieselbe einmal auch bei Jäqut I. 239, 6 der alten genaueren substituirt ist. Die Gebirgskette wird eben das Gebirg der siebenzig Burgen heissen. Mit der Zahl 70 darf es freilich hier so wenig genau genommen werden, wie mit ähnlichen runden Zahlen, die der Orientale liebt; schreibt doch Ictachri, de Goeje p. 116, 11 sqq., bei Mordtmann S. 64, es gebe in der Provinz Färs angeblich mehr als 5000 Burgen, theils isolirt im Gebirge, theils innerhalb von Städten oder in deren Nähe. Auch ist wohl sehr zu bezweifeln, dass noch Überreste einer grö- sseren Zahl von Burgen oder Castellen längs des Gebirges vor- handen seien, obgleich dies durchaus nicht unmöglich ist. Dass aber diese Gegend schon seit uralter Zeit eines starken militairi- schen Schutzes bedurfte und die Anlage zahlreicher Forts verlan- gen musste, ist unzweifelhaft; theils galt es, die Grenze gegen Angriffe aus dem Tieflande auch in den oberen Linien des Ge- birgswalls zu decken, theils war das ganze Gebirge von jeher, wie noch heute, von kräftigen und unbändigen Stämmen bewohnt, die schwer im Gehorsam gegen die Herscher im medischen Ober- lande zu erhalten und zur Tributzahlung zu zwingen waren. Dies entging auch Rawlinson nicht, den der Anblick des sehr festen Forts von Churram-äbäd, obgleich er dem jetzigen Bau kein hohes Alter beimisst, zu der Äusserung veranlasst, „the fort of Khor- ram-äbäd, from its peculiar position, must always have been a place of some consequence and formed probably from remote anti- quity the abode of the ruler of these wild regions“. So mag auch, vielleicht schon von den parthischen „rulers“, eine Anzahl von Castellen auf den benachbarten Bergen errichtet sein, welche das Land nach allen Richtungen zu beherschen und gegen SW. zu schützen geeignet waren. — Für die Richtigkeit der vorgeschlage- nen Deutung des Namens sprechen die localen Verhältnisse sehr vom 23. November 1876. 747 entschieden und sie verdient gewiss den Vorzug vor einer anderen, ebenfalls möglichen, gegen welche die von Rawlinson mitgetheilte auch zurückstehen müsste. Wie es nemlich oberhalb des Köhi haftäd pahlü eine andre, bei Nihävand beginnende, von NW. nach SO. streichende, lange Bergkette Namens Köhi (ihil nä bäligän giebt, d. h. Gebirg der 40 Unmündigen, augenscheinlich auf Grund einer nicht näher bekannten Localsage, so könnte auch jenes andre Gebirg das der siebenzig Helden benannt sein; womit dann der Name des Passes Cihil Pahlavän, der vierzig Helden, in der Nähe von Sabzavär (bei J. B. Fraser, in Journ. of the R. Geogr. Soc. vol. VIII. p. 312. f.) zu vergleichen wäre. Aber auch dann wäre pablü — pahlav, der Sinn des Worts jedoch ein andrer und die Verwendung desselben ihrem Ursprunge nach nicht weiter nachweisbar. Die persischen Lexica gehen weiter, als im Vorhergehenden nachzuweisen versucht ist, indem sie behaupten, nicht etwa dass einzelne Städte (oder Burgen) appellativisch Pahlav’s genannt wur- den, sondern dass dieser Ausdruck mit dem gewöhnlicheren für jede Stadt (schahr) gleichbedeutend sei. So auffallend dies auf den ersten Blick erscheinen mag, wenn man sich die ursprüngliche Bedeutung desselben gegenwärtig hält, darf man doch nicht über- sehen, dass die Bevölkerung Erän’s jederzeit eine vorherschend ländliche war, die Verwaltung der Administrativbezirke aber natur- gemäss in den Mittelpuneten des Verkehrs ihren Sitz hatte, welche die verhältnissmässig wenig zahlreichen Städte bildeten; und so konnte es allerdings wohl dahin kommen, dass jede Stadt Pahlav genannt wurde, und nicht die Stadt allein, sondern auch in natür- licher Folge der Anwendung des Wortes auf die Centralstätten der Verwaltung, gleich dem arabischen Madina, der auf diese ange- wiesene grössere oder kleinere Bezirk, sei es eine Provinz, ein Gau oder ein Kreis. So ist es denn auch anzusehen, wenn von den Pahlav’s ar-Raj, Hamadän, Ispahän u. s. w. die Rede ist. Sie machen mit ihren Gebieten die Landschaften der Pahlavi’s aus, Wo sich die specielle Beziehung des Wortes auf irgend einen be- stimmten Bezirk aus dem Zusammenhang oder auf andre Weise von selbst ergab, bedurfte es auch nicht der ausdrücklichen Beifü- gung des Eigennamens des Bezirks-Hauptortes, und so dürften ein paar Stellen bei Jäqut, bezüglich eines Bezirks in der Gegend von Ispahän, ihre richtige Deutung finden. Jäqüt sagt I. 239, 748 Gesammtsitzung Isbid rustäg, d. i. das weisse Dorf, sei ein Bezirk (A>b) des Ge- bietes (Sure) vou Qöhistän; er gehöre zu dem Bezirke Fahlü (oder von Fahlü; so mit ü ist an dieser Stelle gedruckt). In demselben (d. h. wahrscheinlich: in dem zuletzt genannten Bezirke) gebe es Städte und Dörfer Err e) Mit dem Namen Fahlü seien nach Aussage Hamza’s (von Ispahän) die Bezirke von Ispahän gemeint. Hiernach erscheint Fahlü als ein grösserer, mehrere klei- nere umfassender Bezirk, und zwar als der von Ispahän. In eiuer zweiten Stelle, II. 152, sagt Jägüt: _&äwe>, von dessen Namen ihm die Aussprache nicht näher bekannt sei, sei ein Bezirk des Gebiets von @öhistän, der zu den Bezirken von Fahlav (so ist hier gedruckt) zu gehören scheine, und Fahlav seien die Bezirke von Ispahän. Die Quelle, aus der die Notizen entlehnt sind, war sich natürlich klar darüber, welcher Bezirk hier mit Fahlav ge- meint sei, und eben so wenig hatte der Ispahäner Hamza Schwie- rigkeit die Bezeichnung richtig zu deuten. Unter Umständen bleibt es unklar, in welchem Sinne das mehrdeutige Wort pahlav zu ver- stehen sei; so z. B. wenn es in dem Gespräche zwischen Isfen- diär und Rustam, Schähn. Macan III. 1195, 17, Mohl IV. 632 v. 3261 heisst: Be „LEER Aa gina (lies lea) [ar BE TE Mohl übersetzt: dans ton pays; es kann indessen eben so gut als Burg oder Residenz aufgefasst werden. Während das zusammenhängende, von dem parthischen Königs- hause unmittelbar regierte Gebiet allen Zeugnissen zufolge sich auf Medien und die demselben einverleibten Nachbarlandschaften im Westen, wie z. B. Mäsabadän, beschränkte, werden doch auch ein- zelne Pahlav’s (Distriets-Hauptorte mit ihrer Umgebung) ausser- halb Mediens erwähnt. In diesem Sinne wird es auch mit den vorhin erwähnten Notizen bei Th. Hyde seine Richtigkeit haben, wonach Neschapür in Choräsän, oder auch eine neue Stadt neben Neschapür, als Pahlav’s genannt waren; nicht Eigenname wird dies gewesen sein, sondern Appellativ-Benennung für die Burg bei der Stadt und für diese selbst. Ähnlich mochte es sich, wenigstens in späterer Zeit, mit jenen Pahlav’s an der indischen Grenze ver- halten, ‘welche die Lexica im Schähnäme erwähnt fanden. Merk- würdig ist, dass das schon oben erwähnte Partava im nördlichsten Theile Armeniens, in einer lehrreichen, aber bisher nicht ganz ver- vom 23. November 1876. 749 standenen Stelle in der Geschichte von Darön des armenischen Schrift- stellers Zenob von Glak (al. Klag, der dem ersten Drittel des vierten Jahrhunderts angehören soll,) als ein Pahlav (im appella- tiven Sinne) erwähnt wird, während der identische Eigenname des Platzes wesentlich in der alten Form fortbestand. Diese Stelle findet sich in der venetianischen Ausgabe jenes Werkes von 1852 S. 20 f. und lautet in der Übersetzung von Evariste Prud’homme, Journ. Asiat. 1863. 6e. serie, tom. 2, p. 426 s., mit welcher die in der Collection des historiens de l’Armenie von Langlois T. 1. wesentlich übereinstimmt, folgendermaassen: „Sur ces entrefaites un homme du nom d’Anag de la famille m&me des Arsacides pro- posa au roi* (de Perse) „d’aller tuer Khosrov* (roi Arsacide d’Ar- menie) „Aa la condition quil lui donnerait & titre de recompense Balhav de Bardav — bei Langlois: Pahl (Bahlav) de Parthie (Bardav) —. La proposition ayant ete agreece par le roi* (de Perse) „le Parthe* (l’Arsacide Anag) „ne recula point devant le meurtre de Khosrov. Il part done, emmenant avec lui son frere, sa femme et ses enfants, et s’en va trouver Khosrov, simulant Vamitie et feignant d’etre en fuite. Au bout de la seconde annee le roi manifesta le projet de faire une expedition en Perse. Un jour qu’ils etaient a la chasse, Anag prit Khosrov a part, comme s’il eüt eu quelque chose & lui dire en secret; puis levant tout ä coup sur lui son epee il etendit le roi mort par terre. Ses con- jures perirent submerges dans les flots avec lui et tous les siens avant d’avoir pu atteindre la Parthie. Quant au roi de Perse, il erigea en fete le jour de la mort de Khosrov et donna Bardav — bei Langlois: Pahl — aux membres survivants de la famille d’Anag.* Zu der Erwähnung des “Balhav de Bardav* macht der Über- setzer die Anmerkung: „Par le mot de Balhav ou Bahlav il faut entendre la ville de Pahla, capitale de la province du m&me nom des Arabes et des Perses. @uant a l’expression Bardav, je n’he- . site pas a y voir avec Mr. Patkanian (Essai d’une hist. de la dynastie des Sassanides etc., en Russe, p. 25) la transcription du mot Parthava des Insceriptions cuneiformes de l’ancienne Perse, c’est-a-dire la Parthie qui formait avant Ardeschir le domaine par- ticulier de la famille Sour&n Bahlav.“ Und am Schlusse des Pas- sus fügt er hinzu: „c’est-A-dire a Sour@n, qui en etait en Perse le representant unique.“ 750 Gesammtsitzung Woher die Herren Patkanian und Prud’homme wissen, dass die surenischen Pahlav’s vor der Zeit Ardeschir’s (Bäbegän) speciell im alten Parthien regierten, muss hier dahin gestellt blei- ben. Der armenische Schriftsteller nennt aber so wenig ein „Pah- lav in Parthien*, als die Araber und Perser von einer Hauptstadt Pahla in einer Provinz gleiches Namens sprechen, — welche dann von den genannten Herren für das alte Parthien gehalten wird. Augenscheinlich handelt es sich hier um einen Pahlav, d. h. um einen Verwaltungsbezirk, dessen Centrum die Stadt Partava war, — genau so geschrieben, wie früher angegeben wurde, — und die damals dem arsacidischen Könige von Armenien gehörte. Um in den Besitz dieser Landschaft, vermuthlich der ganzen Provinz Utia, zu kommen, scheute sich der Arsacide Anag nicht, unter Zustim- mung des mächtigen Nachbaren Ardeschir Bäbegän (vgl. St. Mar- tin Fragments d’une hist. des Arsacides I. 53. s. II. 286) seinen Stammverwandten zu ermorden, und er erreichte mit dessen Bei- hülfe zwar nicht für sich selbst, aber doch für seinen nächsten, ihn überlebenden Verwandten, seinen Zweck. Aus dem Berichte erkennt man, dass schon zur Zeit der Abfassung desselben das Wort Pahlav den Sinn hatte, der ihm oben vindieirt wurde. Das wesentliche Zusammenfallen des Eigennamens der Stadt und der jüngern, jedoch wahrscheinlich noch aus der Zeit unmittelbarer Herschaft der Grosskönige über einen Theil von Armenien stam- menden Bezeichnung eines Verwaltungsdistriets als solchen ist wahrscheinlich schon von dem Schriftsteller selbst nicht mehr er- kannt worden; und überhaupt hat auch er bei der ihm überliefer- ten Nachricht an das alte Partherland gedacht, sonst würde er den Mörder nach seiner That kaum nach Parthien (Parthev) haben eilen lassen, der doch vermuthlich suchte, sich sofort des nahe lie- senden Partava zu versichern. Der wahre Sachverhalt wird aber dadurch nicht verdunkelt. Ein unmittelbares Derivat von Pahlav ist bereits erwähnt wor- den: Pahlavan, (ursprünglich der parthische) Held, und in diesem Sinne von weit häufigerem Gebrauche, als die dabei zum Grunde liegende unvermehrte Form. Ungleich mannigfaltiger ist aber der Gebrauch eines andern Derivats von Pahlav, nemlich des Wortes Pahlavi, wofür im Schähnäme als eine dem Dichter bequeme Ne- benform auch Pahlüi vorkommt, verkürzt mit Rücksicht auf Reim und Metrum aus Pahlüi (vgl. F. Rückert in der ZDMG. VII. vom 23. November 1876. 51 S. 264 u. 295), und abgeleitet von der früher erwähnten jüngeren Form Pahlü für Pahlav. Die nächste Bedeutung von Pahlavi kann nach den vorstehenden Ausführungen nur sein: parthisch, auf Parther oder auf deren Land bezüglich. Am deutlichsten ist diese Beziehung auf die Parther, wenn arabische Schriftsteller, wie Mas’üdi und Schirawaihi, von den enaslesl} OU; sprechen, den Gebieten der Parthischen (Männer oder Herscher), im vormaligen Medien; was einer weiteren Erörterung nicht bedarf. An die aus der kriegerischen Tüchtigkeit der parthischen Na- tion abgeleitete Bedeutung von Pahlav (= Pahlavän) Held, schliesst sich der Gebrauch von Pahlavi in dem Sinne von stark an, wie 2 . . . in der Verbindung ‚sehe, »;& (wie zu schreiben ist statt E35) | Schähn. T. Macan II. p. 707 lin. 8; bei Mohl fehlt der Vers. Minder klar liegt die Beziehung auf die Parther vor bei der Anwendung des Wortes auf Schrift und Sprache. Zwischen beiden hat man aber wohl zu unterscheiden. Was zuvörderst die Pahlavi-Schrift betrifft, so ist uns unter diesem Namen zuerst von Indien her durch Anquetil Duperron jene Oursivschrift bekannt geworden, in der die schwerverständlichen ältesten Übersetzungen des Avesta und andere Bücher geschrieben sind, die sich auf die zoroastrische Religion beziehen. Über das 12te Jahrhundert reicht das Alter der ältesten bekannt gewordenen Handschriften in Pah- lavi-Schrift schwerlich hinaus. Dieselbe nimmt sich, wenn sorg- fältig behandelt, recht zierlich aus, ist aber nichtsdestoweniger von geringer Brauchbarkeit, da vielfältig ganz verschiedene Laute mit gleichen Zeichen ausgedrückt werden und überdies die grosse Zahl der Ligaturen eine Verwirrung erzeügt, die in sehr vielen Fällen eine sichere Deutung unmöglich macht. Diese schlimmen Eigen- thümlichkeiten haben sich aber erst bei allmählicher Umgestaltung eines älteren Schriftcharakters entwickelt, welcher von der alt-ara- maeischen Schrift abgeleitet, nach den scharfsinnigen Untersuchun- gen des verstorbenen M. A. Levy, ZDMG. XXI., besonders S. 459 f., schon in sehr früher Zeit nach dem Osten vordrang und demnächst in Erän in zwei verschiedenen, aber nahe verwandten Formen im Gebrauch war. An eine dieser Formen schliesst sich dann end- lich jene jüngere Cursivschrift an, welche wir durch die Parsen in Indien kennen lernten. Auf den Münzen lässt sich der Übergang in den Cursivcharakter deutlich verfolgen. Derselbe beginnt schon 752 Gesammtsitzung mehr als hundert Jahre vor dem Sturze der Säsäniden und die schönsten Muster der Schrift zeigen die Münzen von Tabaristän vom Beginne des zweiten Jahrhdts der Hig’ra an. Für das Auge gefälliger ist die neue Schrift geworden, aber deutlicher war die ältere Form, in der Ligaturen nicht vorkamen und nur wenige Zeichen für verschiedene Laute nach und nach einander so ähnlich geworden waren, dass Verwechselungen daraus hervorgehen konnten. Man hat sich gewöhnt, seit der Entzifferung säsänidischer Stein- und Münz-Inschriften durch Silvestre de Sacy auch die älteren, nach Erän verpflanzten Formen aramaeischen Ursprungs Pahlavi- Schrift zu nennen; insofern mit Recht, als sie und die jüngere Form nur verschiedene Entwickelungsstadien einer und derselben Schriftart repräsentiren. Es ist aller Grund vorhanden anzuneh- men, dass die neuere, in den Büchern der Parsen vorhandene Cur- sivschrift Jahrhunderte lang die einzige in Erän gebräuchliche Schrift war und den Namen Pahlavi führte, und dass eben sie ge- meint ist, wenn es im Schähnäme von der Zeit Chusro Anüschir- wu heisst: er za b> u; el Aus „es gab dazumal (in Erän) keine Schrift als Pahlavi“; s. Schähn., ed. Macan, IV. 1750, 11; ed. Mohl, VI. p. 454 v. 3549; Vullers, Chrestom. Schahn,, p- 84 v. 223. Und ebenso kann jenes seht ae Pahlavibuch, die Sagensammlung, die Firdösi seinem grossen Werke zum Grunde legte (bei Macan I. 8, 4; ed. Mohl T. I. p..20; ed. Vullers I. p. 10), nur in dieser Schrift geschrieben gewesen sein; womit natürlich nicht geleugnet wird, dass dem Worte Pahlavi zu Firdösi’s Zeit schon eine ungleich weitere Bedeutung zukanı, als ihm von Anfang an gebührte, worüber nachher mehr zu sagen ist. Hier ist zunächst die Frage zu beantworten, wie jene aramaeische Schrift Pahlavi-Schrift genannt werden konnte, wenn Pahlavi s. v. a. Par- thisch ist. Sicherlich haben die Parther die aramaeische Schrift nicht aus ihrer alten Heimat mitgebracht, wohl aber im westlichen Erän schon vorgefunden, als sie bis dahin vordrangen. Denn es ist nicht mehr zweifelhaft, dass dieselbe um jene Zeit bereits aus dem semitischen Tieflande auf das &ränische Hochland vorgerückt war. Wir besitzen eine ganze Reihe von Münzen mit aramaeischen Schriftzügen, welche der Persis angehören und an die Zeit der Diadochen hinan reichen. Darüber muss es hier genügen auf die vom 23. November 1876. 153 lehrreiche Abhandlung des verstorbenen Levy in der ZDMG. Bd. XXI. und auf die von Mordtmann in v. Sallet’s Zeitschr. f. Numismatik Bd. IV. Heft 1.2. zu verweisen. Der Verkehr Per- siens mit Susa und dem ganzen benachbarten Gebiete am untern Euphrat und Tigris erklärt die Erscheinung vollkommen. Nichts deutet darauf hin, dass in jener eränischen Landschaft von der Zeit der Achaemeniden her schon irgend eine andre Schrift bekannt war, als die wohl für monumentale Zwecke, aber nicht für den täglichen Verkehr des Volkes geeignete persische Keilschrift. Fehlte aber eine solche, so musste die von Westen her mitgetheilte einem fühlbaren Mangel abhelfen und bereitwillig Eingang finden. Dieses Eindringen aramaeischer Schrift in die Landschaft Persien macht freilich noch nicht erklärlich, weshalb sie demnächst unter dem Namen Pahlavi, d. h. der parthischen, auftritt. Ohne Zweifel aber wirkten dieselben Ursachen im Nordwesten Eräns ebenso, wie im Süden. In Medien wird die aramaeische Schrift, als die Parther bis an und bis in das Tiefland vordrangen, — gleich nach der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhdts, — längst bekannt und auch im Gebrauch gewesen sein. Sie kam vermuthlich von Babylon her, durch das Thal des Gyndes und die Pforte des Zagrus, in das Hochland hinauf, und als die Parther sich an den grossen Strömen Babyloniens festgesetzt hatten und ihre Herscher dort sogar ihre Winterresidenz aufschlugen, mussten sie mit der einheimischen Bevölkerung nothwendig in täglichen Verkehr treten und mit dem Gebrauche der vorgefundenen Schrift völlig vertraut werden. Zum officiellen Gebrauche auf den Mün- zen der Parther wurde sie jedoch erst spät, in den letzten Zeiten der Arsaciden-Herschaft, verwendet. Denn die Münzschrift der Parther war bekanntlich vom Anfang an die griechische; weshalb, möchte nicht schwer zu erkennen sein. Als die Parther ihre Macht begründeten und mehr und mehr ausdehnten, machten die in den &eränischen Städten zahlreich an- gesiedelten Macedonier und Hellenen einen wichtigen Theil der unterworfenen Bevölkerung aus. Sie waren kriegserfahren und an Bildung den Eräniern überlegen. Die Parther durften darum ihre Kraft nicht gering schätzen und konnten sich ihre Bildung zu Nutze machen, hatten also allen Grund ihre Freundschaft zu su- chen. Ihrer Kunstfertigkeit vertrauten sie die Münzprägung an und liessen. sich in den Aufschriften mit Östentation als Philhel- 754 Gesammtsitzung lenen bezeichnen. Allmählich jedoch gingen die macedonisch -hel- lenischen Colonien zu Grunde und mit ihnen die griechische Kunst in Erän. Die Überreste der Fremden gingen in die &ränische Na- tionalität auf und die alten Münzen mit griechischer Legende be- kamen immer mehr ein barbarisches Ansehen, die Kenntniss der Sprache, ja des Werthes und der Gestalt der Schriftzüge, ver- schwand vollständig. Doch erst die letzten arsacidischen Gross- könige fanden es nöthig oder gerathen, die Münzen mit einer all- gemein lesbaren Inschrift neben der alten entstellten zu versehen. Eine solche war die aramaeische und sie allein. Sich etwa der jenseit des indischen Kaukasus üblichen kabulischen Schrift zu be- dienen, die von dortigen griechischen Herschern schon vor langer Zeit bei der Münzprägung verwendet war, lag ganz fern; schwer- lich hat diese Schrift jemals Verbreitung in Erän gefunden. Ganz natürlich dagegen war es, dem Beispiele zu folgen, das die Beher- scher der Landschaft Persis längst gegeben hatten, indem sie sich auf ihren Münzen aramaeischer Schrift bedienten, und zwar um so mehr, da diese Provinzial-Münzen zum Theil schon das Bildniss des arsacidischen Grosskönigs neben dem des persischen Unterkö- nigs zeigten; vgl. Levy, ZDMG. XXI S. 450. Der Typus der aramaeischen Schrift, die wir auf den Münzen der letzten Arsaciden, z. B. auf verschiedenen mit dem Königsna- men Volagases bezeichneten, deutlich lesen, ist freilich nicht durch- aus derselbe, wie der auf den persischen Münzen, diesem jedoch nahe verwandt. Es ist aller Grund vorhanden, den Typus der Arsaciden-Münzen als den im oberen Babylonien, zumal in der Residenzstadt Ktesiphon, üblichen anzusehen, dessen man sich auch in Medien bedient haben wird, während der persische einstweilen auf den Süden beschränkt blieb. Dies Verhältniss änderte sich indessen, als die Arsaciden gestürzt wurden und die persischen Sä- säniden ihnen als Grosskönige folgten. Dass aber wenigstens noch unter den ersten Säsäniden beide Varietäten der aramaeischen Schrift, die medische, — wenn man die arsacidische so nennen darf, — und die persische, neben einander im Gebrauche waren, das zeigen deutlich die Inschriften des Königs Schähpür I., die sich in der Umgegend von Persepolis erhalten haben. Die erste nennt Levy West-Pahlavi, die zweite Ost-Pahlavi, andere, wie z.B. Thomas und Haug, nennen jene Chaldaeo-Pahlavi, diese Säsänisches Pahlavi. Am treffendsten würde man wohl sagen: vom 23. November 1876. 145%) Pahlavi, Partherschrift, d. h. die in Medien übliche, und Pärsı, d. h. die in Persien schon vor der Zeit der Säsäniden gebrauchte (aramaeische) Schrift. Doch ist der letzte Name nie auf diese Schrift wirklich angewendet worden, sondern im Gegentheil nur der erste in Geltung geblieben, obgleich die Säsäniden auf ihren Münzen sich nur der persischen Varietät bedienen, die sich dann nach und nach so modifieirt, dass schliesslich die an Ligaturen reiche Cursivschrift daraus wird. Man kann es wohl nur der be- deutend grösseren Verbreitung zuschreiben, welche die medische Varietät gewonnen hatte, dass dennoch der ganzen Schriftgattung der Name Pahlavi, Partherschrift, geblieben ist. Ob man diesen Namen unmittelbar auf die Nation oder vielmehr auf das nach ihr benannte medische Hauptland beziehen will, ändert an der Haupt- sache nichts: Pahlavi bleibt immer s. v. a. parthisch. In späteren Jahrhunderten freilich, als auch die Säsäniden vergangen und die Araber Herren von Erän geworden waren, war die Erinnerung an den ursprünglichen Sinn völlig verschwunden, und wie alles übrige, das aus der Zeit vor dem Islam stammite, so wurde auch jede ältere Schrift in Erän Pahlavi genannt, le- diglich in dem Sinne von alt-persisch; vgl. de Lagarde, GGA. 1870. S. 1445. 1450. Nur die Parsen, die der zoroastrischen Lehre treu blieben, zumal die in Indien, haben den Namen Pahlavi, al- lerdings ebenfalls ohne dessen Ursprung zu kennen, lediglich für die aramaeische Schrift in der Entwickelung zur Zeit der letzten Säsäniden beibehalten und unterscheiden davon namentlich auch die daraus abgeleitete Schriftart, die für die alten baktrischen hei- ligen Schriften verwendet wird. — Welcher Art die Pahlavi-Cha- raktere an einem Monument in Mäsanderän seien, von denen Dorn, Caspia S. 266 ff., handelt, wird sich erst bei Veröffentlichung der Inschrift beurtheileu lassen. In engem Zusammenhange mit der Frage nach dem Ursprunge des Namens Pahlavi-Schrift steht die andre nach der Berechtigung irgend einer vormals in Erän geredeten Sprache den Namen Pah- lavt beizulegen. Um diese Frage zu beantworten ist zunächst fest- zustellen, welche Sprachdenkmäler uns ausdrücklich unter dieser Benennung überliefert sind. Dies ist vor allem der Fall mit den in Pahlavi-Schrift jüngster Gestalt vorliegenden Übersetzungen der alten zoroastrischen Religionsurkunden und anderen mehr oder weniger damit in Zusammenhang stehenden Schriften. Die Parsen [1876] 55 756 Gesammtsitzung in Indien belegen die eigeuthümliche Sprache, die sich in diesen Büchern findet, nicht minder als den Schriftcharakter, in welchem sie aufgezeichnet sind, mit dem Namen Pahlavi. Ist aber, wie schon bemerkt wurde, die Schrift äusserst schwer zu lesen, viel- fältig einer sichern Deutung gar nicht fähig, so wirkt das natür- lich auch auf die Erkenntniss der Sprache nachtheilig ein, um so mehr, da auch die mündliche Tradition in Betreff der Lesung er- weislich seit vielen Jahrhunderten höchst unzuverlässig geworden und überaus häufig unrichtig ist. Die Sprache, wie sie vorliegt, hat ein wunderliches Aussehen und erscheint als ein Gemisch erä- nischen und semitischen Sprachguts, dem vielleicht auch noch an- dere fremdartige Elemente beigemengt sind. Da sich Aussprache und Formenbildung oft ebensowenig sicher erkennen lassen, als die Bedeutung der Wörter, ist es ganz begreiflich, dass in Bezug auf die Natur und den Ursprung der in so unvollkommener Ge- stalt überlieferten Sprache zur Zeit noch manches dunkel bleibt. Vor allem ist es das Verhältniss der zahlreichen semitischen Ele- mente, die in den Schriftstücken deutlich erkennbar sind — und unter denen im Grunde nur die in weit überwiegender Zahl vor- kommenden echt aramaeischen Wörter in Betracht kommen, — zu den übrigen Bestandtheilen, welches bis jetzt unklar ist. Die Frage ist: bilden diese semitischen Elemente wirklich einen we- sentlichen Theil der Sprache, wenn auch nur als einverleibtes Lehngut? oder sind sie als nur der Schrift eigne, ideographische Zeichen anzusehen, die nicht so gesprochen, wie geschrieben wur- den, an deren Stelle man Wörter einer andern Sprache las, die dann wohl nur eine eränische sein konnte? Die letzte Frage würde man angesichts einer Buchstabenschrift, wie die aramaeische ist, wohl kaum aufgeworfen haben, wenn wir nicht aus arabischer Quelle auf die unzweideutigste Weise Kunde davon erhalten hät- ten, dass ebendie Schrift, worin die Parsenbücher geschrieben sind, schon im zehnten oder, da die Nachricht anscheinend von Ibn Almugaffa’ herrührt, schon im achten Jahrhundert in der That so gelesen wurde, dass man die darin vorkommenden semitischen Wörter durch die entsprechenden persischen ersetzte; s. den Fih- rist $. 14. Auch in den Parsen-Büchern finden sich merkwürdige Anzeichen von der Absicht, die Umwandlung der aramaeischen Wörter in &ränische zu erleichtern und zu regeln, und die sog. Pahlavi-Glossare scheinen vorzugsweise die Bestimmung zu haben, vom 23. November 1876. 757 in dieser Beziehung als Leitfaden beim Lesen zu dienen. Im Fih- rist wird das Verfahren beim Lesen mit dem Ausdruck Zawäraschn oder Zawärasch bezeichnet, wofür anderswo, nemlich bei den Par- sen in Indien, auch die Formen uzwärasch oder huzwärasch vor- kommen, die dann später auch für einen andern und genaueren Namen der Pahlavi-Sprache gehalten wurden. Konnte man es nun nicht von Anfang an mit dem Lesen ebenso gehalten haben? Das wäre freilich sehr seltsam gewesen, da man ja damals eben- sogut wie später die Wörter einer eränischen Sprache in aramaei- scher Schrift hätte ausdrücken können. Betrachtet man die &ränischen Münz- und Steininschriften, welche einen älteren Typus der aramaeischen Schrift aufweisen, so ergiebt sich, dass eine Mischung semitischen und £ränischen Sprachguts sehr alt ist. Freilich wo man auf den älteren Münzen neben dem Namen des Herschers in aramaeischer Schrift nichts weiter liest, als das Wort malka, der König, liegt es nahe anzu- nehmen, dass hier nur beabsichtigt war, den Titel des Münzherrn ebenso in aramaeischer Sprache auszudrücken, wie derselbe von Anfang der Arsaciden-Herschaft an auf den Münzen in griechischer Sprache wiedergegeben war. Die Sache ändert sich jedoch, sobald Münzen erscheinen, die statt des einfachen malkd den vollen Titel des eränischen Grosskönigs malkän malkd, regum rex, aufweisen; eine Fassung, welche nicht mehr richtiges Aramaeisch darstellt. Die Pluralbildung auf -@n ist beim Masculinum dem Aramaeischen fremd und die Art der Verbindung des abhängigen Plurals mit dem nachfolgenden Singular in semitischer Sprache unzulässig. Letzteres gilt auch von einer zweiten Fassung des Titels, die z.B. in der sogenannten Chaldaeo- oder West-Pahlavi-Inschrift von Hagi Äbäd erscheint, nemlich malkin malkd, wo wenigstens die aramaeische Pluralendung -in beibehalten ist, welche aber in eben- dieser Inschrift auch für den Plural eines unzweifelhaft eränischen Wortes verwendet wird. Abgesehen von diesen Titeln &ränischer Herscher finden sich auf persischen Münzen aus der Zeit der arsacidischen Oberherr- lichkeit noch andere Aufschriften, die füglich als rein aramaeischer Sprache angehörend betrachtet werden dürfen, sehr bald aber auch solche, in denen eränische Ausdrücke vorkommen. In ausgedehn- tem Maasse sind beide Elemente schon in den Steininschriften der älteren Säsäniden gemischt; allein während die aramaeischen an 55* 758 Gesammtsilzung Zahl überwiegen, deuten andre Momente nach der Ansicht mehrerer Forscher auf den arischen Charakter der Sprache dieser Inschrif- ten hin. Andrer Meinung ist jedoch Westergaard, der überhaupt in allen officiellen Inschriften der Säsäniden auf Münzen und Stein keine eränische Sprache, sondern nur semitische anerkennt, in zwei nahe verwandten Dialeeten und mit einiger Einmischung persischer Wörter; s. Zendavesta I. Preface p. 19. Die in den Parsenbüchern enthaltene Sprache dagegen hält derselbe Gelehrte für eränisch, speciell für persisch. Die so überaus dunkle Sache möchte noch nicht spruchreif sein, bis zu einem gewissen Grade geben jedoch einige Notizen Licht, die im Fihrist p. 13 als von Ibn al-Mugaffa’ herrührend be- zeichnet werden. Ibn al-Mugaffa’ zählt fünf Sprachen der Perser auf, Pahlavi, Deri, Färsi, Chüzi und Surjäni. Aus der Erwähnung des letzteren, d. h. des Syrischen, folgt, wie de Lagarde mit Recht bemerkt, dass die Notiz aus einer Zeit stammt, in welcher noch aramaeisch redende Landstriche dem Scepter des Grosskönigs unterworfen waren. Die Sprachen der „Perser“ sind die innerhalb des persischen, nemlich wie man annehmen darf, des säsänidischen Reiches gesprochenen Sprachen. Das Syrische, heisst es weiter bei Ibn al-Mugaffa’, sei die Sprache der Bewohner des Sawäd, d. i. des babylonischen Tieflandes; der schriftliche Verkehr aber finde hier statt in einer Art Sprache, in welcher dem Syrischen Persisches beigemischt sei. Denn nur so kann der vermuthlich lückenhafte Satz verstanden werden: &&l) cp &> & &uläll, bu. Dass hier von dem schriftlichen Verkehr des Tieflandes mit dem Hochlande von Erän die Rede sei, ergiebt sich von selbst und es kann wohl nicht bezweifelt werden, dass mit jener „Art Sprache“ ebendie gemeint sei, die wir in der Zeit der Säsäniden auf Münzen und Denkmälern vorfinden. Demnächst folgen im Fihrist Notizen von Ibn al-Mugaffa’ über die verschiedenen Schriftarten, die bei den Persern gebräuch- lich seien oder vormals gewesen seien. Darunter wird die a) X&läs‘, die Geschäftsschrift, aufgeführt, von der er sagt, sie diene zum Theil zum Schreiben der älteren syrischen Sprache, welche die Bewohner Babels redeten, und werde persisch gelesen. Es kann kaum etwas anderes gemeint sein, als dass man die Wörter einer gewissen semitischen Sprache schrieb und sie beim vom 23. November 1876, 759 Lesen mit eränischen vertauschte, da der Bau beider Classen von Sprachen so wesentlich verschieden ist. Fasst man diese Notizen zusammen, so ergiebt sich das höchst wahrscheinliche Resultat, dass man sich bei dem Verkehr des Tief- landes mit dem eränischen Hochlande der ursprünglich aramaei- schen, sogenannten Pahlavi-Schrift bediente und sich bei der Grund- verschiedenheit der Sprachen beider Gebiete in der Art zu verstän- digen suchte, dass man vorzugsweise aramaeische Wörter schrieb, deren Bedeutung dem eränischen Leser allerdings hinreichend be- kannt sein musste, zugleich aber sich dem &eränischen Satzbau einigermaassen anschloss und gewisse Kunstgriffe anwandte, um dem Eränier das grammatische Verständniss zu erleichtern. Diese Art sich schriftlich zu verständigen eine Sprache zu nennen, erscheint unzulässig; nur wenn sich der Inhalt des schrift- lichen Gemisches auch sprechen liess, ohne entweder aramaeisch oder eränisch zu sein, hätte jene Benennung einige Berechtigung, ‚d. h. es würde damit ein Jargon seltner Art beehrt. Den Aeusse- rungen Ibn al-Muaaffa’s gegenüber kann aber von dem münd- lichen Gebrauche eines solchen schwerlich die Rede sein; kurz gesagt: im Unterlande sprach man dasjenige aramaeisch, was im Hochlande eränisch gesprochen wurde, und eine in dieser Art ge- mischte Pahlavi-Sprache hat es nie gegeben. Natürlich kann denn auch bei einem nicht gesprochenen und nicht zum Sprechen bestimmten Verständigungsmittel von einer Grammatik im eigent- lichen Sinne nicht die Rede sein, sondern lediglich von dem Schlüssel zu der richtigen Lesung einer ihrem Wesen nach ideo- graphischen Schrift in zwei grundverschiedenen Sprachen, deren Grammatik unverändert bleibt. Wie die Schwierigkeit überwunden werden konnte, die aus der Verschiedenheit des Satzbaues in den beiden Sprachen -nothwendig hervorgehen musste, bleibt freilich für jetzt noch und so lange nicht ausgedehntere Inschriften in Vertrauen erweekender Weise veröffentlicht werden, ein Räthsel. Im Übrigen hätte das Verfahren, welches hier bei der schriftlichen Verständi- gung zwischen zwei Völkern mit heterogenen Sprachen angewendet wurde, eine merkwürdige Ähnlichkeit mit der Behandlung, welche Bestandtheile der älteren Schrift einer nicht-semitischen Bevölkerung durch die semitischen Assyrier erfuhren, zu einer Zeit, wo diese noch nicht im Besitz einer Schrift waren. Sie nahmen die Schrift- züge jener als ideographische Zeichen auf, die sie mit den ihrer 760 Gesammtsitzung eigenen Sprache entsprechenden Lauten lasen. Dass in dem jetzt vorliegenden Falle von Assyrien aus ein direeter Einfluss geübt worden sei, lässt sich nicht nachweisen, ist aber nicht ganz un- denkbar, da wir jetzt durch einige, von G. Smith entdeckte da- tierte Privaturkunden, von denen er in seinen Assyrian discoveries p- 389. f. handelt, in vollkommen glaubwürdiger Weise belehrt sind, dass in Babylonien die Keilschrift noch am Ausgange des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts im Gebrauche war. Doch liegt immer ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden ähnlichen Erschei- nungen darin, dass in Babylonien neben der Keilschrift auch die aramaeische Lautschrift längst Eingang gefunden hatte; eine Schrift also, die ohne grosse Unbequemlichkeit direct zum Schreiben &rä- nischer Laute verwendet werden konnte; und grade diese hat man ja gewählt, um ihre Schriftzüge bloss als ideographische Zeichen zu benutzen. Sollte das hier Gesagte richtig sein, so würde es sich immer nur auf die älteren Münz- und Steininschriften beziehen, nicht auf die Sprache der Parsenbücher. In diesen finden sich zwar bekannt- lich ebenfalls semitische Wörter in grosser Zahl, allein sie werden beim Lesen fast durchweg durch &ränische ersetzt und erscheinen höchstens als Lehngut, das den Character der Sprache als einer eränischen nicht verändert. Diese Sprache, der die semitischen Wörter durchaus nicht als nothwendiger Bestandtheil angehören, mag denn auch Pahlavi-Sprache heissen und ist einer grammati- schen Analyse fähig. Für die ausreichende Herstellung einer sol- chen erscheint das uns bekannte Material vielleicht noch etwas zu dürftig; sie wird aber eine Sprache erkennen lassen, die um ein Geringes alterthümlicher ist, als das Neupersische, und sich we- sentlich mit derjenigen Sprachform deckt, die Spiegel in seiner Pärsi-Grammatik behandelt hat, wie Westergaard schon vor Jah- ren aussprach; s. Vorrede zum Zend-Av. p. XX. not. 2. Zu den Seltsamkeiten, welche die Untersuchung über diesen Gegenstand aufweist, gehört natürlich auch dies, dass die Parsen den aus den vormaligen Verkehrsverhältnissen Eräns erklärlichen Gebrauch semitischer Wörter in der Schrift nicht lieber ganz auf- gegeben haben, statt sie bloss beim Lesen mit eränischen zu ver- tauschen. Man hat vermuthet, es sei damit bezweckt worden, den Inhalt ihrer Bücher dem allgemeinen Verständnisse aus irgend einem Grunde zu entziehen; doch leuchtet die Richtigkeit einer solchen vom 23, November 1876. 761 Annahme nicht sonderlich ein und das eingeschlagene Verfahren hat wesentlich nur die Folge gehabt, den Parsen selbst das ohne- hin vermöge der Unvollkommenheit der Schrift nicht leichte Ver- ständniss des Inhalts noch mehr zu erschweren. Es möchte näher liegen, darin lediglich ein wenn auch nicht verständiges, so doch begreifliches Streben nach Erhaltung einer durch ihr Alter gehei- listen Sitte zu erblicken. Die Pahlavi-Sprache, von der Ictachri, de Goeje 137,19, bei Mordtmann $. 70, und Ibn Hauqal, de Goeje p. 205, 9 £., spre- chen, ist ohne Zweifel dieselbe, wie die der Parsenbücher; sie wurde von den Magiern, d. i. von den Anhängern der zoroastri- schen Lehre, in Büchern und schriftlichen Mittheilungen andrer Art gebraucht und bedurfte der Erklärung durch das Persische. Sie wird also auch in gleicher Weise an einem Überflusse semitischer Wörter gelitten haben. Es könnte leicht scheinen, als ob der Name Pahlavi nur von der Pahlavi-Schrift auf die Sprache der damit geschriebenen Bücher der Parsen übertragen sei. Unmöglich ist dies gewiss nicht; doch überblicken wir vorerst was wir durch Ibn al-Mugqgaffa’ und andre arabische und persische Schriftsteller von der Pahlavi-Sprache er- fahren. Ibn al-Mugafta’ zählt, wie oben bemerkt wurde, fünf Spra- chen auf, die in der persischen Monarchie geredet wurden. Eben- so, vermuthlich in Abhängigkeit von ihm, Mas’üdi bei Jäqüt, im Mu’gam al-buldän II. p. 925 und Maräcid al-ittilä’ II. p. 369, an welchen beiden Stellen aber statt seiner irrthümlich Hamza von Ispahän genannt wird. Mas’üdi bezeichnet jene Sprachen, als solche, die vor Alters von den Persern geredet wurden. Von den fünf Sprachen gehören zwei unzweifelhaft dem Tieflande an, die syrische und das Chüzi, die Sprache von Chüzistän, über deren Charakter wir nicht weiter unterrichtet sind, als durch die Aeusse- rung lIetachri’s, de Goeje p. 91, 10 f., und Ibn Haugal’s (ed. de Goeje, p. 173, 20 sq.), dieselbe sei weder hebräisch, noch syrisch, noch persisch; was denn ungefähr dasselbe sagt, wie sie sei weder semitisch, noch eränisch; also muthmaasslich anarisch, um nicht den Ausdruck türänisch zu gebrauchen, dessen Berechtigung sehr zweifelhaft ist. Doch ist es nicht unmöglich, dass er eben jene „Art Sprache* im Auge hat, von der Ibn al-Mugaffa’ sprach, während es sich doch nur um eine Schrift handelte. Sieht man 762 Gesammtsitzung vorläufig von dem Deri ab, welches für die Sprache in Madäin, der Residenz (der Grosskönige), erklärt wird, deren man sich am Hofe bediente, so bleiben für das eränische Hochland das Pahlavi und das Färsi übrig. Jenes wird für die Sprache von Fahla (Pahlav) erklärt, welches Ispahän, ar-Raj, Hamadän, Mäh Nihä- vand und Aderbeigän befasse, also ganz Medien; dieses für die Sprache von Färs und der Möbed’s. Beide sind somit Landes- sprachen in Provinzen. von grossem Umfange; sie stehen sich deutlich als Sprache des Nordens und des Südens von West-Erän gegenüber. Vom Pahlavi heisst es noch (bei Jägqüt), Jie Könige hätten sich desselben in ihren wilsWw, d. i. wohl in ihren officiellen Sitzungen, Audienzen u. s. w., bedient, während das Chüzi (so- wohl im Fihrist, als bei Jägüt), als die vertrauliche Umgangs- sprache der Könige und der Edeln bezeichnet wird- Das Pahlavi erscheint hiernach als die officielle Sprache des Reichs, was nicht auffallen kann, soweit die Zeit der Arsaciden in Betracht kommt, aber auch für die frühere Zeit der Säsäniden Gültigkeit gehabt haben mag, indem sie zunächst in die Stellung der Arsaciden ein- traten und weder Veranlassung, noch auch, wie man glauben darf, die Möglichkeit vorlag, in den administrativen Einrichtungen so eingreifende Veränderungen vorzunehmen, wie die Ersetzung der bisherigen officiellen Sprache durch eine andre. Dass neben der officiellen Sprache den Herschern und den regierenden Classen überhaupt noch eine andre geläufig war, ist an sich nicht auffal-. lend; eher freilich, dass dies grade die uns’ unbekannte Sprache von Chüzistän gewesen sein soll. Wie es damit zusammenhängt und auf welche Zeit die Angabe zu beziehen sein mag, muss da- hin gestellt bleiben und ist für den Gegenstand, um den es sich hier handelt, gleichgültig. Doch darf nicht unbemerkt bleiben, dass eine nahe Verwandtschaft des Chüzi mit anarischen Sprachen, die in Erän üblich gewesen, für höchst wahrscheinlich gehalten wer- den muss. Dasselbe lässt sich aber nicht sagen, wenn in den angeführten Quellen weiter gesagt wird, den Hauptbestandtheil des Deri, also der Sprache der Residenz und des Hofes, bilde eine Sprache, die dem Osten Eräns angehöre. Obgleich einer und derselben Quelle entstammend, stimmen doch die Notizen im Fihrist, im Mu’gam und in dem Buche Maräcid, in der Fassung nicht ganz überein; nur vom 23. November 1876. 763 der Einfluss einer Sprache aus dem Osten und insbesondere der von Balch auf die Bildung des Deri tritt klar hervor. Die That- sache darf auch als durchaus glaubwürdig angesehen werden und erklärt sich dann, und nur dann, vollkommen, wenn dieses wesent- liche Element der Sprache durch die Begründer der Residenz in Ktesiphon, einem Theile des nachmaligen Madäin, nemlich durch die Arsaciden, dorthin gebracht wurde und sich bleibend daselbst erhielt. Offenbar liegt die Annahme nahe, dass die in der parthi- schen Colonie und Residenz übliche Sprache, von denjenigen, die sie so weit nach dem Westen verpflanzt hatten, auch den Namen erhielt, — dass sie die Pahlavi-Sprache genannt wurde. Da hiernach in der dem Ibn al-Mugaffa’ entlehnten Notiz neben der officiellen und der vertraulichen Umgangssprache persi- scher Herscher auffallender Weise noch eine besondre Sprache zum Vorschein kommt, die am Hofe gesprochen wurde und davon so- gar ihren Namen erhielt, wird es rathsam sein, noch andere Zeu- gen über die Sprachen des alten Persien oder vielmehr Eräns zu vernehmen. Ein solcher ist der gelehrte, im eränischen Alterthum {2 mehr als gewöhnlich bewanderte Verfasser des Farhangi Gahängiri, Mir Gamäl-addin Husein Angut, der zwar erst um das Jahr 1600 schrieb, aber meist aus guten Quellen schöpfte. Ihm zu Folge hatte die persische — wir dürfen wohl sagen „eränische* — Sprache sieben Dialecte, von denen vier, die von Herät, Sigistän, Sogd und Zäbulistän, als jetzt aufgegeben bezeichnet werden, so- dass man darin nicht mehr Bücher und Briefe schreibt, noch Ge- dichte macht, wie in den drei anderen, dem Pärsi, Deri und Pah- lavi. Diese letzte Bemerkung möchte wohl den Quellen angehören und nicht auf des Lexicographen eigne Zeit zu beziehen sein. Für den Namen des Dialects oder der Sprache Pahlavi giebt er verschiedene Erklärungen an, die ihm bekannt geworden seien; darunter die als Sprache von Pahla, d. h. Raj, Ispahän und Dinavar, und die als städtische Sprache, von Pahlav in dem Sinne von Stadt.‘ Auch ‘ für das Deri sind ihm mehrere Erklärungen bekannt. Eine der- selben berücksichtigt die Abstammung ‘des Wortes Deri von der, die Pforte, d. i. der Hof, indem damit die am Hofe der Kajanier, also in der Sagenzeit, geredete Sprache gemeint sein soll. Andre weisen den Gebrauch der Sprache bestimmten Localitäten zu und erklären sie für die Sprache der Städte Balch Bämi, Mervi Schähi- 764 Gesammtsitzung &än und Buchärä, oder nach einer andern Angabe für die der Be- wohner von Badachschän. Beides verlegt also die Heimat des Deri gradezu nach dem Osten Eräns, was zu der Notiz bei Ibn al-Mugaffa’ nicht übel stimmt. Dem gegenüber ist es auffällig, wenn wieder Andere Deri für die Sprache erklären, deren Wörter keine Einbusse erlitten haben, und dann Beispiele angeführt wer- den, die keinen Zweifel darüber lassen, dass es sich hier um eine durchaus neupersische Sprachform handelt; und auf eine solche deutet auch eine von dem Lexicographen angezogene Tradition vom Propheten hin, worin die persische Deri-Sprache (Sm, X, AT) dem Arabischen an die Seite gestellt wird. Somit stehen sich in den verschiedenen, von dem Verfasser des Farhangs ge- sammelten Notizen zwei Ansichten gegenüber. Nach der. einen hängt das Deri seinem sprachlichen Charakter nach mit dem Nor- den Eräns zusammen, nach der andern ist es mit der Sprache des Südens wesentlich identisch. Die Divergenz beider erklärt sich leicht, wenn dieselben verschiedenen Zeiten angehören, und dies anzunehmen wird durch Betrachtung des geschichtlichen Verlaufes unbedingt angerathen. In früherer Zeit, zumal unter den Arsa- ciden, war die in ihrer wichtigsten Residenz übliche Sprache Deri, d. h. die des Hofes. Später, unter den Säsäniden, wurde die Hof- sprache persisch, vielleicht noch früher, als auch eine Umwandlung der officiellen Sprache eintrat. Nach einer im Orient erhaltenen Überlieferung soll Bahräm Gür (in der ersten Hälfte des fünften Jahrhdts) an seinem Hofe den ausschliesslichen Gebrauch der persischen Sprache anbefohlen haben; vgl. Chalil Süfi bei Hyde- p- 421 der ersten, p. 430 der zweiten Ausg., und Mordtmann, ZDMG. VII. S. 9. Verhielt sich die Sache in der That so, wie es den Anschein hat, nemlich dass Deri, die Hofsprache, wenigstens unter den Ar- saciden mit einer Sprache des östlichen Erän, später unter säsä- nidischen Herschern mit der neupersischen wesentlich übereinkam, so darf das Deri kaum als eine besondere Sprache aufgeführt, sondern nur etwa als eine feinere, gleichsam gebildetere Abart oder als ein Dialect jener Sprachen angesehen werden. Von dem Pah- lavi, das als die Landessprache von Medien bezeichnet wird, müssen sich der Dialect Madäins und die ihm zu Grunde liegende ost-Eräni- sche Sprache wohl in etwas unterschieden haben; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie nahe mit einander verwandt waren, näher vom 23. November 1876. 765 als mit der persischen Sprache des Südens. In Firdöst’s Zeit scheint der Name Pahlavi schon auf die ältere Sprache des Ostens über- gegangen zu sein, in der die in seiner Quellensammlung aufgezeich- neten Sagen der Vorzeit erhalten waren. Wenn Pindär, einer der [£ ältesten persischen Dichter, wie das Farhangi Gahängiri s. v. Gr) In) erwähnt, „Melodie von Oräman zu Pahlavi-bait* — url») wseles was, — rühmt, lässt sich nicht entscheiden, ob das, was er Pahlavi nennt, ebenso wie der Ort Öräman, von dem eine be- liebte Melodie ihren Namen erhielt, nach Ost-Erän gehört, oder nach Medien, dem der in Raj geborne Dichter entsprossen war, oder nach dem benachbarten Dailam, dessen Beherschern er ge- dient haben soll. In den an Dailam grenzenden Theilen Mediens sprach man noch in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts Pahlavi, nach dem von Quatremere im Journal des Savans 1840. p. 413. angeführten Angaben des Hamd-alläh al-mustaufi aus Kaz- win. Ihm zufolge sprach man in Zangän noch „richtiges Pahlavi“ Ka mt, ER —, in Marägha „arabisirtes* — WR Lenk > wo also in die einheimische Pahlavi-Sprache schon arabische Wör- ter eingedrungen waren, wie im Neupersischen; in Gustäsfi, einem District am kaspischen Meere, nahe der Mündung des Kurr, war das Pahlavi mit Giläni gemischt, — xäwgus BED ESS —, mit Ele- menten der Sprache des benachbarten Gilän. Über die Lage von Gustäsfi vgl. Sadik Ispahäni, ed. Ouseley, p. 130. Dorn, Geogra- phica Caucasia p. 39. — Nach Sir H. Rawlinson, im Journ. of the R. Geogr. Soc. IX. p. 109. Note, würde noch jetzt in dem Dorfe Dizmar in Aderbaißän „certainly* Pahlavi gesprochen; doch möchte die Richtigkeit dieses Urtheils nicht leicht zu erweisen sein. Ob etwa die Dialecte Ost-Eräns und nicht minder das medi- sche Pahlavi zu der alt-baktrischen Sprache in einem ähnlichen Verhältnisse gestanden haben, wie die neupersische zu der altper- sischen der Achaemeniden, lässt sich nicht mehr entscheiden; dass es sich so verhielt, ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich. Einen Fingerzeig. wenigstens giebt die Beziehung, welche nach Ibn al- Mugaffa’ zwischen der Sprache von Madäin und der von Baktrien (Balch) statt fand. Träfe die Voraussetzung einer Verwandtschaft des Pahlavi mit dem Alt-baktrischen zu, so könnte dasselbe — na- türlich noch frei von jeder Einmischung semitischer Elemente — 766 Gesammtsitzung sehr füglich die echte ursprüngliche Sprache der parthischen Nation gewesen sein, deren Name dann in Folge der durch diese veränder- ten politischen Verhältnisse Eräns auf alle die nahe verwandten norderänischen Dialeete, mit Einschluss der in Medien üblichen, übertragen wäre. Indessen würde es, um den Namen Pahlavi für die Sprache Mediens zu erklären, durchaus genügen, denselben nicht unmittelbar auf den Namen der Nation zu beziehen, sondern auf den abgeleiteten Namen der Provinz, welche der eigentliche Hauptsitz ihrer politischen Macht geworden war. In Folge des kräftigen und nachhaltigen Vordringens der neu- persischen Sprache nach dem gesammten eränischen Norden seit der Erhebung der Säsäniden sind die alten einheimischen Dialecte dort fast spurlos verschwunden, obgleich es nicht unwahrschein- lich ist, dass sich noch allerlei Überreste davon im Mäsanderäni, Gilänt, Tat und Talysch erhalten haben; man vergleiche darüber die interessanten Bemerkungen Dorn’s, Caspia S. 111. f. Es wäre eine verdienstliche Arbeit, den Wortvorrath dieser norderänischen Dialeete mit dem arischen in den älteren Parsenbüchern und dem- jenigen zu vergleichen, was arabische, persische und armenische Historiker, Geographen und Lexicographen an Versen und einzel- nen Wortformen als Pahlavi überliefert haben. Eine Sammlung der letzteren Art fehlt noch und die Sichtung des in Aussicht stehenden Materials würde mit nicht geringen Schwierigkeiten ver- knüpft sein. Denn einestheils wird in den Quellen, wenigstens in den muhammedanischen, vielfältig die Bezeichnung Pahlavi auf alles Alteränische übertragen, d. h. auf alles was nicht entschie- den neupersisch ist, und somit zweifelhaft bleiben, ob man reines medisches Pahlavi vor sich hat, oder etwa älteres Pärsi. Andern- theils nennen ja die Parsen die Sprache ihrer Bücher Pahlavi, ob- gleich es kaum zweifelhaft sein kann, dass dieselbe wesentlich eine ältere Form des Neupersischen ist, dem vielleicht medisches Pahlavi beigemischt wurde, welches jetzt schwer zu unterscheiden wäre, da es an einer sichern Controle fehlt und überdies bei der natürlichen Verwandtschaft beider Sprachen manches Sprachgut beiden gemeinsam gewesen sein wird. Aus eben solcher natür- licher Verwandtschaft könnte man sogar versucht sein, die miss- bräuchliche Übertragung des Namens der Nachbarsprache auf die ältere Pärsiform zu erklären; doch verdient es wohl den Vorzug, die Veranlassung dazu in der Übertragung des Namens der Pahlavi- vom 23. November 1876. 767 Schrift von Medien nach Persien zu suchen. Immer wird es aber dabei bleiben, dass Pahlavi trotz aller anderweitiger, selbst fern liegender Verwendung, an sich nichts anderes bedeutet, als par- thisch. Dass die muhammedanischen Schriftsteller den Ausdruck Pah- lavi häufig auf alles, was der gesammten &ränischen Vorzeit ange- hört, anwenden, ist anerkannt und bedarf keines weiteren Bewei- ses. Schon Firdöst (bei T.Macan Ill. p. 1248. Mohl VI. p. 16. v. 148. lässt Pahlavi-Sitte oder vielleicht Religion (cs sles 2) in der alten Zeit der Kajänier beobachtet werden, und wenn Häfiz die Nachtigal „Pahlavi* singen hört, ist natürlich nur an eine vorzeitliche Sprache zu denken, die sich der Dichter lieblich und ehrwürdig vorstellt, wenn er auch nichts von ihr weiss. Pahlavi ist eben die romantische Sprache, wie de Lagarde es treffend ausdrückt. Wie im Vorhergehenden nachgewiesen worden, bezeugen an- gesehene arabische Schriftsteller vom Sten christl. Jahrhdt an, dass man in Erän Medien, — das ganze oder doch den grössten Theil desselben, — Pahlav nannte und dass dieser Name, gleich- bedeutend mit Parthien, in Folge der Verlegung des Schwerpunc- tes der ‚parthischen Macht nach Westen hin, von dem alten Hei- matlande der Parther auf Medien übergegangen war. Es liegt nahe zu fragen, was denn aus dem alten Landesnamen Maäda, Medien geworden sei, und ob dieser in Erän gänzlich verschollen war. Letzteres wird nicht zuzugeben sein. Schon Th. Hyde sprach sich in der Hist. relig. vett. Persa- rum, p. 415. der ersten, 424. der zweiten Ausg., so aus: „Media in Arabum libris dieta sL,)} al-Mäh et lingua Medica au) al- Mahi. — — Alias in geographieis libris vocatur \u> Gjibäl, i. e. Montes seu montana regio.“ Er bezeichnet seine Quellen nicht näher, hätte aber statt sL.J} wohl richtiger si (ohne den Artikel) und dagegen statt Ju> mit dem Artikel Just geschrieben, wie es sonst Brauch ist. Der Ansicht Hyde’s in Betreff der Identi- tät von Mäh und Medien stimmt de Lagarde (GGA. 1870. S. 1449.) bei und weist zugleich die Berechtigung des Lautwandels in der Jüngeren Form nach. In schriftlicher. Mittheilung führt derselbe Gelehrte Hyde’s Angabe zunächst auf die arabische Übersetzung des Daniel in der Waltonschen Polyglotte zurück, wo ce. 5, 28. das 768 Gesammtsitzung Griechische 28061 Mydas zaı Iegrcus übertragen wird: us vr) Url und macht auf Avicenna I. 222, 38. aufmerksam, wo Mndsie (leg. Mndi«) bei Dioscorides, III. 85. Sprengel, ebenfalls durch s\o Als, d. i. das Land Mäh, wiedergegeben ist. Dieselbe Art den Namen Medien in arabischen Übersetzungen aus griechi- schen (Quellen durch Mäh auszudrücken wiederholt sich nach einer Mittheilung E. Sachau’s in einer Handschrift des Vatican’s, die er für eine arabische Übersetzung des sonst nicht mehr vorhande- nen Briefes des Aristoteles an Alexander regt Berırsies zu halten geneigt ist. Aber auch in andern arabischen Werken finden wir Mäh in eben diesem Sinne gebraucht. Hier ist vor allen der umsichtige Forscher Birüni zu erwähnen, ein geborner Charizmier aus dem zehnten und elften Jahrhdt, welcher p. 112. Sachau in einer auch anderweit höchst interessanten Stelle schreibt: „die Aschkänier (Arsaciden) herschten im ’Iräq (dem babylonischen Tieflande) und in den Just 2» s& 2%,, in den Landschaften von Mäh, d. i, al-Gibäl (das medische Hochland). In der That ist al-Gibäl, das Gebirgsland, und dann auch der auf das Hochland übertragene Name ’Irag al-'agam, das persische ’Iräq, die gewöhnliche und so zu sagen officielle Benennung Mediens bei den Arabern geworden. Der Name befasste aber, wie man z. B. aus Abu-Ifidä’s Geogra- phie ersehen kann, nicht etwa bloss das eigentliche Gebirgsland, sondern die ganze Media magna, mit Einschluss von Ispahän im Süden und ar-Raj im Nordosten. Birüni bezeichnet also hier die Gesammtheit dessen, was auch Pahlav heisst, mit dem Namen Biläd Mäh, die Landschaften von Mäh. Balädori (im neunten Jahrhdt) berichtet p. 308 de Goeje, im J. der Flucht 24., sechs Monate nach ’”Omar’s Tode, sei ein Statt- halter gesetzt „über Mäh und Hamadän“. Auch hier kann nur Medien gemeint sein, dessen Hauptstadt daneben noch besonders genannt wird, ohne dass dadurch an der Sache etwas geändert würde. — Auch Jägüt I. 251, 2. bezeichnet einen Distriet im Gi- bäl als „dem Lande Mäh“ angehörig, so 00,1 un. . Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, dass der alte Lan- desname in einer jüngeren Form, die den Gesetzen des €ränischen Lautwandels durchaus entspricht, in Erän noch Jahrhunderte lang nach der Invasion der Araber bekannt und im Gebrauche war, vom 23. November 1876. 769 zwar nicht als officieller Name, aber als geographischer im Munde des Volks. Wann derselbe aus dem officiellen Gebrauche ver- drängt worden sei, lässt sich nicht näher bestimmen; doch scheint es natürlich, die Veränderung der parthischen Zeit zuzuschreiben und die Geltung des Namens Pahlav bis in die der arabischen Herschaft ausgedehnt zu denken. Wenn der Landesname Parthava, wie es den Anschein hat, auch als Name einer einzelnen Stadt verwendet werden konnte, die als Mittelpunct eines ursprünglich parthischen Verwaltungsbe- zirks zu betrachten war, so dürfte man vielleicht auch versuchen, den Namen einer Stadt Mäh in Färs mit dem Namen Mäda in ähnliche Verbindung zu bringen. Einer solchen gedenkt Zamach- schart nach Jäqüt IV. 405, 19. f. Es fehlt indessen jede weitere Kunde von diesem Orte, sowie an jeder Andeutung etwaniger al- ter medischer Ansiedelungen oder Standquartiere in der Persis, so dass man über eine blosse Vermuthung nicht hinauskommen würde, und überdies ist es leicht möglich, dass der Angabe Zamachscha- ri’s ein Irrthum zu Grunde liegt. Er mochte von einem Bo slo, Mäh Färs, gelesen oder gehört haben und glauben, es sei von einer Stadt Mäh in Färs die Rede sein. Aber grade vor einer Deutung dieser Art wird von al Bakri (bei Wüstenfeld Il. p. 504.) gewarnt und gesagt, al-Mäh bedeute in der persischen Sprache die es Qacaba eines beliebigen Landes, und unter den Beispie- len Mäh Färs aufgeführt. Dann heisst es weiter: dies werde ge- sagt, „damit man nicht meine, Mäh sei an sich ein Ortsname in- nerhalb des Gebietes, dessen Name damit verbunden wird.“ Ohne Zweifel war der Schriftsteller, dem die Worte angehören — Abü ’Omar al-Zähid — wohl unterrichtet und Zamachschari höchst wahrscheinlich im Irrthum. Auch sonst ist ein Ort, der schlecht- "hin den Eigennamen Mäh geführt hätte, in Erän nicht bekannt. Wie in der angeführten Stelle bei al-Bakri wird auch von andern arabischen Schriftstellern Mäh als ein persisches Wort an- erkannt; Tabari in der persischen Übersetzung des Bal’ami, bei Zotenberg IV. 430, nennt es ein Pahlavi-Wort, wofür die Spren- gersche Handschrift desselben Werkes, eod. 44. in Berlin, vielleicht richtiger sagt: Pärsi und Pahlavi(-Wort). Abgesehen von dem Landesnamen Mediens wird das Wort durchweg als Appellati- vum gebraucht und ist als solches geeignet, im Arabischen den Artikel anzunehmen und den Plural wlol zu bilden. Dasselbe 770 Gesammtsitzung wird allgemein als Aequivalent des arabischen xuos aufgefasst und hatte ohne Zweifel eine dem entsprechende Bedeutung bei den Per- sern, als die Araber es von diesen übernahmen. Nach der von Zamachschari entlehnten Stelle bei Jägüt IV. 405, 20 soll der Ge- brauch des Fremdwortes von Bacra ausgegangen sein, dessen Trup- pen an der Eroberung des eränischen Hochlandes unter ”Omar's Chalifat einen hervorragenden Antheil nahmen. Die Bedeutung von @Qacaba giebt Jäqut IV. 104, 25 richtig, obgleich nicht ganz erschöp- fend an, nur bedarf der gedruckte Text bei Wüstenfeld einer durchaus unentbehrlichen Verbesserung. Es muss gelesen werden: Low» pa) X, Kyad,, und die ganze Stelle heisst: „die Qa- caba der Stadt ist die Burg in ihrer Mitte und die Qacaba der Provinz ist ihre Hauptstadt“; wofern man den Ausdruck Provinz als angemessene Übertragung des Wortes 351 gelten lassen will, welches jedenfalls einen Bezirk von erheblichem Umfange bezeich- net. Und mit Rücksicht hierauf erweitert auch Abu-lfath Naecr al-Iskandari, über welchen Wüstenfeld, Einleitung zu Jägqüt V. S. 32. ff. zu vergleichen ist, bei Jäqüt III. 165, 19 die Bedeutung von Qacaba ganz zutreffend, indem er sagt: „Qacaba heisst gemeinhin die angesehenste Stadt in der Provinz (5) oder dem (kleineren) Distriet (6 “. Denn unstreitig sind auch die befestigten Haupt- orte kleinerer Bezirke häufig als Qacaba — Mäh bezeichnet wor- den. So sagt Jäqüt IV. 406, 22. f. (wozu aber die Anmerkung V. 414. zu verg]).,) bei Erwähnung von Mäh Bistäm, er vermuthe, os dass damit (die Stadt) Bistäm gemeint sei, welche die Xs4> der Provinz >) Qümis sei, d. h. allem Anscheine nach s. v. a. die volkreichste Stadt; der Ausdruck wechselt jedoch, wie aus der Vergleichung verchiedener Stellen bei Ictachri und Jäqüt hervor- geht, auch mit @Qacaba oder Madina. Bistäm eignete sich zur Schutzwehr gegen Osten seiner Lage nach vorzüglich. Auch lag noch im zehnten Jahrhdt ihr gegenüber, nach Abu Dulaf bei Jä- qüt 1. 623, 17. f., auf einem Hügel eine überaus grosse Burg mit grossen Gebäuden darin. Die Erbauung der Burg schrieb man dem Säsäniden Schähpür Au-l’aktäf zu. — Ebenso mag es sich mit Mäh Sindän verhalten haben, das von Weil, Gesch. d. Chali- fen I. S. 443. Anm. 2, erwähnt wird und in der Gegend von Hul- vän gelegen haben muss. Dasselbe wird als befestigter Platz an einem wichtigen Puncte eine gewisse Bedeutung gehabt haben. vom 23. November 1876. va In diesen Beispielen, wie überhaupt in allen Fällen, wo das Wort Mäh nicht durch Anfügung des Namens eines grösseren Ter- ritoriums als dessen Hauptstadt bezeichnet wird, wie in dem oben angeführten Mäh Färs, sondern mit dem Eigennamen einer Ort- schaft verbunden wird, wächst es mit diesem zu einem Ganzen zusammen und verträgt dann im Arabischen den Artikel nicht. Das Verhältniss ist eben der Art, wie im Deutschen in Benennun- gen wie Burg-Steinfurt u. dgl. mehr. Das wesentlich zur Bezeich- nung des militairischen Charakters einer Örtlichkeit dienende Wort kann aber auch einestheils weggelassen, anderntheils, wenn auf ei- nen ohnehin hinreichend erkennbaren Platz angewendet, ohne Bei- fügung des örtlichen Eigennamens allein gesetzt und dann mit dem Artikel verbunden werden. Der Ortsname, in welchem die Verbindung mit Mäh am häufigsten beibehalten zu sein scheint, ist Nihävand oder Mäh Nihävand, (nach Anderen Nahävand oder Nu- hävand,) von welchem demnächst weiter zu handeln ist. Vorab muss hier einer Erweiterung des Sinnes von Mäh gedacht werden, worin die ursprüngliche Bedeutung der festen Burg, Citadelle, oder mit einer solchen versehenen und dadurch geschützten Stadt zurück- tritt und sich mehr die des Sitzes der Regierungsbehörden, der Hauptstadt, geltend macht. Das Wort ist nemlich von Puneten dieser Art unzweifelhaft auf den ganzen, dazu gehörenden, grösseren oder kleineren District übertragen, wie es auch die einheimischen Schriftsteller sehr wohl wissen und bestimmt aussprechen. So erklärt schon Tabari (nach Zotenberg Ill. 480) Mäh durch „province ou royaume*. Wie die persischen (oder arabischen) Ausdrücke lauten, wird von dem französischen Übersetzer nicht angeführt. Die Berliner Handschrift (cod. 44. Sprenger) giebt dafür: oläols, ws „Königreich und Kaiserreich“ (Reich des Grosskönigs). Letztere Bedeutung zeigt sich sonst nirgend, erklärt sich aber vielleicht daraus, dass das Hauptland des eränischen Reiches grade Medien — Mäh war. Für die Erklärung durch „Provinz oder Königreich“ fehlt es je- denfalls nicht an anderweitigen bestätigenden Zeugnissen. So stimmt damit überein, dass Hamza von Ispahän, bei Jägqüt IV. 407, 3, By sw Mäh Hrüm, im Anschluss an die armenische Schreibart für Rum, d. i. Rom, durch die Provinz (5,5) al Gazira erklärt, welche einst im Besitze der Römer gewesen war; dass derselbe ebenda Z. 1. und 394, 15. f£. um sw Mäh Sakän, wofür auch [1876] 56 772 Gesammtsitzung „ul Mäsakän geschrieben wird, als — Sigistän, Land der Saken, auffasst, auf welches die bei Tabari vorgefundene Benennung als Königreich passt; denn Sigistän ist eins der grossen Territorien, deren Beherscher vormals den Königstitel führten, der noch in späteren Zeiten selbst den Häuptern geringerer Landstriche nicht versagt wurde, die einer gewissen Unabhängigkeit genossen. So wird von Ictachri (de Goeje 206,1. Mordtmann S. 97) dem Ge- birgslande der Qadüsier die Eigenschaft einer „AX2, eines Königs- landes, zugeschrieben. Man darf sich deshalb nicht wundern, wenn auch die persischen Original-Lexica, wie z. B. das Farh. Gahängir!, Mäh durch BR (= de) und wnxl2 erklären. Übrigens verdient es hier bemerkt zu werden, dass Mäsakän nicht bloss als Territorialname gedeutet wird, sondern bei Abu ’Ifidä auch als Name einer Stadt vorkommt, die er zum Territorium Kir- män rechnet. Sicher beruht dies aber nur auf einer Veränderung des Besitzstandes in jener Gegend. Der Name zeigt deutlich, dass dieser Platz einst die Hauptstadt des Landes der Saken war, und Jägqüt IV. 394, 12 sagt auch in der That: „ich meine, dass Mä- sakän einer der Distriete von Sieistän ist*.. Man darf wohl ver- muthen, dass diese Stadt eben die ist, von der Ictachri, bei de Goeje 242, 8. ff., bei Mordtmann S$. 110, berichtet: „Man sagt, dass die alte Stadt“ — nemlich Hauptstadt von Sigistän — „zur Zeit der ersten Perser zwischen Kirmän und Sigistan lag, Räsik gegenüber, drei Stationen links auf dem Wege von Sigistän nach Kirmäu. Ihre Gebäude und einige ihrer Häuser stehen noch bis auf den heutigen Tag. Der Name dieser Stadt war Räm Schah- ristän. Man sagt, dass der Fluss von Sigistän bei dieser Stadt vorbeifloss und dass Dämme das Wasser aus dem Hindmand ab- hielten; das Wasser aber brach durch und verwüstete die Um- gegend, worauf die Einwohner abzogen (und Zarang' erbauten, d. i. die spätere Hauptstadt)“. Fast wörtlich dasselbe liest man bei Ibn Haugal, S. 300, 11. ff. bei de Goeje; nur nennt dieser als Eigennamen der alten Stadt, der dann, durch den Namen Mäsakän verdrängt, mehr und mehr in Vergessenheit gerieth, Abraschah- rijär. Hamza, bei Jäquüt IV. 406, 23 und 612, 16. fl, — wo aber ZT Sy sw zu lesen ist, statt BUS Wo, — betrachtet auch den Namen des ausgedehnten, an Kirmän angrenzenden Gebietes Em FE ee. wet vom 23. November 1876. 773 Mukrän als eine zusammengezogene Form für Mäh Karän und deu- tet sie nach dem persischen Karän — Kanär, Ufer, als die Ufer- landschaft am indischen Meere. Für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht wenigstens der Lautwandel nicht und es muss dahin gestellt bleiben, ob sie den Vorzug vor der Ableitung des Namens von den Maka der Inschrift von Behistän, den Macae der Alten, verdient, die auch nicht unbedenklich erscheint. Dagegen ist es nicht zu bezweifeln, dass die Benennung eines Mäh nach dem Hauptorte auf dessen Gebiet, wie bei grösseren Ter- ritorien, so auch bei kleineren Distrieten stattgefunden hat. Ein Beispiel bietet Mäh Bahrädän, welches Jäqüt IV. 406, 6 für den Distriet der beiden Rädän, des oberen und niederen, hält, welche I. 729, 22. f., als zwei Districte (hier BES genannt,) im Saväd von Bagdäd aufgeführt werden. — Eine andere Landschaft (3, ,5), unterhalb Hulvän im Gibäl gelegen, wird von Hamza bei Jäqüt IV. 406, 19. f. Mäh Schahrijärän genannt. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass derselbe diesen Namen einer Burg in seiner Mitte verdankte, die den Namen „die kaiserliche (oder königliche) Burg“ führte. Und Ähnliches möchte gelten von der ansehnlichen Land- schaft (&.5) Mäh Sabadän oder Mäsabadän, die Abu ’Ifidä zum Gibäl rechnet. Es ist die schon den Alten bekannte Masraßarımn, welche Strabo als einen Theil der Elymais betrachtet, Ptolemaeus der Persis zutheil. Nach Abu 'lfidä führt die Landschaft auch den Namen Siravän, die Hauptstadt aber nennt er nur Mäh Saba- öän. Dieser Name liesse sich wohl als die Heeresburg oder das befestigte Heereslager erklären, mit Beziehung auf das altpersische epäda; vgl. Justi, Beiträge zur alten Geogr. Persiens II. 11. Da- bei würde nur auffallen, dass der zweite Theil des Namens die alterthümliche Form (mit dem Dental, der neueren Form sn gegen- über,) bewahrt hätte, während der erste die ganz moderne Form Mäh schon in sehr früher Zeit aufwiese. Zu den Ortschaften im Gibäl, deren Name auf kleinere, von ihnen abhängende Distriete übergegangen ist, gehören auch das be- reits erwähnte Nihävand und Dinavar (oder ed-Dainavar). Diese Distriete erhielten aber bei den Arabern, nicht lange Zeit nach der Erobernng, unter dem Chalifate Mu’ävija’s eine andre Benen- nung. Mäh Nihävand wird Mäh al-Bacra, und Mäh Dinavar wird Mäh al-Küfa benannt; beide werden zusammengefasst in der Dual- 56* 774 Gesammtsitzung form al-Mähäni, die beiden Mäh’s. Die Veranlassung zu diesem Namenswechsel wird von den arabischen Geschichtschreibern aus- führlich erzählt. In den Einzelheiten stimmen sie unter einander nicht ganz überein, wohl aber in der Hauptsache; darin nemlich, dass den Truppen von Bacra und Küfa, welche durch die Schlacht bei Nihävand das Gibäl erobert hatten, durch eine Dislocirung ge- räumigere (Quartiere und ausreichende Verpflegung geschafft werden mussten, bei welcher die Truppen von Bacra in Mäh Nihävand verblieben, die von Küfa nach Dinavar verlegt wurden. Das Ge- biet beider Distriete wurde bald erheblich erweitert; wie denn nach Jägüt IV. 405, 15 mit Nihävand sogar Hamadän und Qumm vereinigt wurden. Dass die Bezeichnung beider Distriete als Mäh’s auf dem von den Arabern schon vorgefundenen Gebrauche des Wortes beruht, darf wohl als das einzig Natürliche und Richtige angesehen werden, obgleich die arabischen Schriftsteller dem Worte auch in diesem Falle die Bedeutung von @acaba zuschreiben und Nihävand und Dinavar sammt den Gebieten des Hochlandes, deren Mittelpuncte sie wenigstens anfänglich waren, als die schützenden Citadellen von Bacra und Küfa, d. h. des Unterlandes ’Iräg, be- trachteten. So al-Bakri II. 504, Zamachschari bei Jäqgut IV. 405, 20. f. und Jägüt selbst ebenda Z. 14. Deshalb nennt auch Mu- hammed b. Habib bei al-Bakri a. a. OÖ. die beiden Mäh’s Just, si.=, die beiden Bollwerke ’Iräg’s, mit gleichem Rechte, wie An- dre den Tigris und Euphrat so benennen; denn wie diese Ströme ’Iräqg im Westen schützen, so jene Gebiete im Osten, wo sie die wichtigen und schwierigen Gebirgspässe enthalten. — Welchem der beiden Mäh’s ausser dem angeführten Namen bei den Arabern auch noch der Name Mäh Dinär beigelegt wurde, steht nicht fest. Nach Jägüt IV. 406, 7 ist es Nihävand; nach Hamza, ebenda Z. 17. f£., dagegen der District G 5) Dinavar. Letztere Erklärung möchte den Vorzug verdienen und der leichten Umwandlung des Lautes nur eine scherzhafte Anspielung auf das behagliche Leben zum Grunde liegen, welches sich den an magere Kost gewöhnten Ara- bern in dem damals noch reichen Erän eröffnete. Nach einer schriftlichen Mittheilung Hrn. de Goeje’s erklärt übrigens der (von Jägqüt viel benutzte) Muhammed b. Ahmad al-Azhari Mäh Dinär für den Namen einer alten Burg (e> zwischen Chaibar und Medina, wo indessen die Bezeichnung als Mäh auffallend erschei- nen muss. vom 23. November 1876. 775 In vorstehender Auseinandersetzung sind die Anwendung der Form als Eigennamen für das alte Medien und der Gebrauch der- selben als Appellativum in dem Sinne von Burg, Citadelle, Feste, von Hauptort eines Distriets und endlich von dem zugehörigen Distriete selbst ganz auseinander gehalten. Es ist auch nicht ver- sucht worden, die Bezeichnung der zuletzt erwähnten beiden Di- striete als Mäh’s, ob sie gleich einen grossen Theil Mediens ein- nahmen, auf fortgesetzten Gebrauch des alten Landesnamens zu- rückzuführen, so nahe dies auf den ersten Blick zu liegen schei- nen könnte; vergl. de Lagarde, Gött. gel. Anz. 1870. S. 1449. Angesichts des Entwickelungsganges des appellativischen Gebrauchs des Wortes Mäh wird sich eine solche Combination nicht empfehlen. Hängt aber nicht dessen ungeachtet die Appellativ-Bedeutung mit dem alten Landesnamen irgendwie zusammen? Eine gewich- tige Thatsache spricht dafür: der auffallende und vollständige Pa- rallelismus zwischen den Bedeutungen, die der Name der parthi- schen Nation nach und nach angenommen hat, und denen, die so- eben bei dem Worte Mäh nachgewiesen sind. Ohne Zweifel haben einst die Meder, als sie im Besitz des Prineipats in Erän waren, ebensogut fester Stützpuncte ihrer Macht bedurft, wie nachmals die Parther, sowohl zur Ausübung ihres Einflusses innerhalb des Reichs, als besonders zur Sicherung desselben gegen Angriffe von aussen, in den östlichen, wie in den westlichen Grenzgebieten. Dass ihre Burgen und Festen gradezu mit dem Volks- und Landesnamen bezeichnet wurden und die Benennung dann von ihnen auf die umliegenden, von ihnen abhängigen und durch sie geschützten Landschaften überging, ist nicht unnatürlicher, als dass es grade so mit den parthischen Gründungen erging. Auch dass die alte Benennung sich nach dem Untergange der medischen Oberherrschaft erhielt und bis in ferne Zeit im Gebrauch blieb, ja auf Örtlichkei- ten übertragen wurde, die erst viel später eine ähnliche Stellung einnahmen, wie den Burgen der Meder einst zukam, findet sein Gegenstück in der gleichen Erscheinung bei den Pahlavs und darf um so weniger auffallen, da wahrscheinlich die Meder die ersten waren, welche in Erän mit staatlichen Schöpfungen dieser Art vor- gingen. Man könnte ein Bedenken darin finden, dass sich von einer ähnlichen Verwendung des Namens der Perser keine Spur zeigt, die doch nach den Medern in Erän herschten, Dies möchte sich 776 Gesammtsitzung jedoch daraus erklären, dass die persische Herschaft überhaupt weit mehr wie eine blosse Fortsetzung der medischen erscheint, als dies mit der parthischen den ihr unmittelbar voraufgehenden Zuständen gegenüber der Fall war. Die Perser schufen nicht in demselben Sinne Neues, wie die Parther, wie denn ja auch die Griechen noch lange fortfuhren, Persisches als Medisch zu bezeich- nen. Sonach könnte es wohl zulässig erscheinen, den Ausdruck Mäh, Burg, Hauptstadt, Laudbezirk, unmittelbar von dem alten Namen der Meder abzuleiten. Allein es zeigt sich noch die Mög- lichkeit einer andern Combination, die in hohem Grade Aufmerk- samkeit verdient. Diese bietet der Gebrauch des Wortes mat, matu, ım Assyrischen, ana, Plur. smuım2, im Aramaeischen des Talmud, mötho im Syrischen, welches gleichfalls, wie Mäh (und Pah- lav), den Sinn von Stadt (mit ihrem Bezirk) und von Land, hat. Ob- gleich wir das Wort in seinen, bloss dialectisch verschiedenen For- men über einen grossen Theil des semitischen Sprachgebietes ver- breitet finden, ist es doch allem Anscheine nach ebensowenig se- mitischen Ursprungs, als eränischen; auch wäre die Entlehnung einer Begriffsbezeichnung, ‘wie diese, von der einen Seite, wie von der andern, wenig wahrscheinlich. Nichts destoweniger liesse sich eine erträgliche Vermittelung des Zusammenhangs zwischen mat und Mäh in der Annahme finden, dass beiden Formen ein ursprüng- lich anarisches (gewöhnlich sog. türänisches) Wort zum Grunde liege, aus einer Zeit stammend, wo Semiten und Arier noch durch weite, von Anariern bewohnte Gebiete von einander getrennt wa- ren. Auf dem Hochlande, wie im mesopotamischen Tieflande woh- nend, hätten dann diese Anarier mit andern Elementen ihrer Spra- che auch jenen Ausdruck für Stadt und Land ihren Nachfolgern im Besitze der Länder hinterlassen; im Assyrischen hätte derselbe einen ursprünglichen Dental bewahrt, der später im Eränischen in den blossen Hauchlaut übergegangen wäre. Sollte mit einer solchen Hypothese nicht zugleich dasjenige in Nichts zerfallen, was soeben hinsichtlich eines Zusammenhanges zwischen der Ap- pellativbedeutung von Mäh und dem Namen der Meder angedeutet wurde, so müsste freilich noch Eins hinzukommen: die Ermittelung eines Zusammenhangs zwischen der alten anarischen Form mat und dem Namen der Meder. Ein solcher ist auch bereits angenommen worden, z. B. von Justi, Beitr. zur alten Geogr. Persiens, I. 25, vom 23. November 1876. 077 und neuerdings von Oppert, ZDMG. XXX. 5.2 f. und Fr. De- litzsch in den Beigaben zu Smith’s chald. Genesis S. 290. Nach Oppert’s Angabe findet sich schon in der sumerischen (sonst auch akkadisch genannten, altbabylonischen) Sprache, die weder semi- tisch, noch arisch ist, das Wort mada in der Bedeutung von Land, welches seiner Ansicht nach als Name speciell auf Medien, und somit auf das Volk der Meder, überging, als ein anarisches Volk daselbst den Ariern „seine Dynastie auferlegte*. Ob die Combi- nation Oppert’s sich vollständig begründen lässt, muss hier dahin gestellt bleiben. Zwar kann es auffallen, dass die älteste bekannte Form des in Rede stehenden Wortes, mada, den weichen Dental zeigt, wo sich später im Assyrischen und Aramaeischen der harte (n) findet. Doch lässt sich ein daraus etwa hervorgehendes Be- denken vielleicht beseitigen und die Ansicht Oppert’s behält einst- weilen ein Gewicht von grosser Bedeutung. Hr. Olshausen trug sodann Folgendes vor: Mazdorän und Mäzanderän. Ptolemaeus bezeichnet VI, 5, 1. als Grenze der Parthia gegen Areia das Mesdwgavov ogos. Der Name scheint später nicht wie- der erwähnt zu sein bis zum l5ten Jahrhundert, wo derselbe in dem Werke exist ex/ima des Abu’lhasan Cäid (Aslo) b. ’Alı al-Gurgäni vorkommt, aus welchem Herr Dorn in dem Bulletin de l’Acad. de St. Petersb. Tom. XIX. p. 210 ff. (Melanges Asiat. Tom. VII. S. 56. ff.) nach einer Petersburger Handschrift Auszüge gegeben hat. Es heisst daselbst p. 214. (S. 42.): „Die Hügel- kette von Masduran (obadjr Sue). Der Anfang dieser Mark ist Turan; es ist ein grosser und langer Berg; von Ghur aus zieht er sich nördlich von Herat und Fuschendsch und Dscham, sowie südlich von Serachs, Bawerd, Nesa und Bachers (?). Hierauf geht er nördlich von Kumis, d. h. Bostam und Dameghan vorbei, wo 778 Gesammtsitzung man ihn Kuh-Karen nennt, dann nach Rustemdar, und zieht sich dann in der Nähe von Tabaristan bis zum Meere hin.“ Wenn hier x4&2 durch „Hügelkette* wiedergegeben ist, so scheint der Ausdruck nicht glücklich gewählt zu sein. Treffender möchte es etwa „Steilabfall* heissen; auch würde wohl, wie das Folgende zeigt, der grosse und lange „Berg“ besser ein Gebirg genannt werden, und wahrscheinlich wird diesem, — nicht bloss seiner X4&2, — der Name Mazdurän oder Mazdorän zukommen, welcher dann auf die ganze umliegende &ränische Grenzmark über- ging. An den Namen knüpft Dorn bereits die Frage an: „ob mit Masöwgevos zu vergleichen?“ Diese Frage wird unbedingt zu be- jahen, die Identität der an derselben Stelle haftenden Namen an- zuerkennen und die Schreibung mit z (,) als die echte &ränische des von Ptolemaeus überlieferten Namens anzusehen sein. Wiederum fehlt es seit der Zeit des gedachten arabischen Geographen an Erwähnung des alten Namens, wie es scheint, bis zum J. 1832, wo Alexander Burnes im September von Buchära nach Meschhed reiste, drei Meilen von Serachs den kleinen Fluss Teg’end passierte, dann nach 7 bis 8 Meilen in Defileen und Berge hinein kam und schliesslich durch eine tiefe Schlucht nach Musderan oder Darbend, dem Grenzposten von Persien, 45 Mei- len von Serachs, gelangte. Nach Zurücklegung des Passes von Darbend lagerte er auf den Feldern jenseit des Forts Musderan, das auf einem isolirt vorspringenden Tafellande neben dem Passe liegt. Der Ort war einst bevölkert, die Einwohner aber vor eini- gen Jahren durch den Chän von Urgeng’ fortgeschleppt und die Festungswerke geschleift. „Wäre das Fort hergestellt“, fügt Bur- nes hinzu, „so könnte es die Strasse nach Persien schützen.“ Ein anderer Reisender, J. Baillie Fraser, der im J. 1834 das nördliche Choräsän besuchte, zog dort möglichst genaue Kunde über die Pässe ein, welche über das Grenzgebirge zwischen Turk- manen und den nördlichen Bezirken Persiens vom Atrak nach dem oberen Choräsän führen. Vom östlichen Ende dieser Gegend be- ginnend, zählt er neun Hauptpässe auf, darunter an zweiter und dritter Stelle Ak-derbend und Muzderän, beide auf dem Wege von Meschhed nach Serachs, vielleicht aber mit Burnes als identisch zu betrachten. Von Meschhed her ist der Aufgang zu den Pässen verhältnissmässig „equable*, der Abfall gegen Serachs an der Nord- vom 23. November 1876. 779 ost-Seite „more preeipitous*. S. Journ. of the R. Geogr. Soc. of London vol. VIII. p. 311. — Dieser Steilabfall nach NO. wird die Kuße des Qäid sein, das gesammte Gebirg das von Ptolemaeus genannte. Die Stelle des ruinierten Ortes Musderan ist auch auf den Kiepertschen Karten niedergelegt. Ausser dem Masdoran-Gebirg nennt Ptolemaeus auch VI, 17, 3 die Völkerschaft Masöwgavo (al. Magwgavor), welche zu Areia ge- rechnet wird und inne hat was an Parthia und die Karmanische Wüste stösst. Der Name wird von dem des Gebirges und der dazu gehörenden Mark entlehnt sein; aber die Wohnsitze der Mas- doraner reichten, wenn Ptolemaeus gut unterrichtet war, weit nach Süden hin. Indessen bleibt völlig unklar, wo sie die genannte Wüste berührt haben können. Den alten Namen Mazdorän zu erklären soll hier ein Versuch gemacht werden, der vielleicht auf Billigung Anspruch hat. Die Endung -dn, ein bekanntes eränisches Bildungs-Snffix, tritt hier an das Wort mazdör an, das sich leicht als Name der obersten Gott- heit in der zoroastrischen Lehre erkennen lässt, und zwar als eine aus mazda ahura zusammengezogene Form. Im Avesta selbst wechselt diese vollere Form nicht selten mit der uns geläufigeren ahura mazdä. Die Entstehung des o aus ä-+ahu dürfte keinen Sprachforscher befremden. Auch dass der Name eines imponieren- den Gebirges oder Berges an den einer hochangesehenen Gottheit angeknüpft wird, dürfte nicht auffallen. Lässt sich doch noch ein andrer Punet in Erän nachweisen, wo der Name des Ormuzd in seiner üblicheren Gestalt auf gleiche Weise verwendet worden ist, nemlich r« "Aguode, Kaguavias ErgwrngLov des Eratosthenes bei Strabo p. 765, das "Agnogov cergov des Ptolemaeus, Harmozöon pro- muntorium des Ammian, am persischen Meerbusen in unmittelbarer Nähe der noch heute Hormus oder Ormus genannten berühmten Insel; dasselbe Vorgebirge, auf welchem nach Plinius dem Alexan- ‚der (von seinem Heere) Altäre errichtet waren, neben dem „portus Macedonum“*. Dieser Hafen ist ohne Zweifel die mit dem Cap gleichnamige Stadt, die "Aguoufa wor:s desPtolemaeus, deren Bevöl- kerung nach Vincent’s und Andrer Untersuchungen, im Mittelal- ter zur Auswanderung nach der Insel gezwungen, auf diese den Namen der alten Heimat übertrug. Die benachbarte Landschaft hiess Aguogere nach Nearch bei Arrian, Ind. XXXIIH, 2., Armysia ‚regio bei Plinius VI, 107 Detl.; die dortige Bevölkerung Harmo- 780 Gesammlsitzung zaei, ebenda 110. Es dürfte nicht zweifelhaft sein, dass die Sylbe Har in diesen Namen als eine Verstümmelung von Ahura zu be- trachten ist und der jetzt üblichen in der Form Hor-muzd ent- spricht. Es wurde bereits erwähnt, dass Herr Dorn durch den Na- men des Passes Masduran sofort an das von Ptolemaeus genannte Gebirg erinnert wurde; derselbe Gelehrte hat aber noch ander- weitige Veranlassung gehabt, auf den alten Namen zurückzukom- men. In seinem reickhaltigen Werke Caspia bemerkt er S. 106: nr masdärun (Masanderan) und BES masdäruni-un klingen merkwürdig an Masdoranus und Masdorani an“. Gewiss ist diese lautliche Übereinstimmung sehr merkwürdig und schwerlich eine „die in masanderanischen Gedichten vorkommenden Formen bloss zufällige; wird es aber möglich sein, sich von dem Grunde derselben Rechenschaft zu geben und insbesondere das Verhältniss des Namens Mazdoran, Masdärun, zu dem bekannteren Mäzanderän festzustellen? Der Name Mäzanderän, mit welchem man jetzt vorzugsweise das Tiefland zwischen dem caspischen Meere und dem Hochge- birge Alburz bezeichnet, kommt in den älteren Quellen für die Geschichte und Geographie Eräns nicht vor, wahrscheinlich nicht vor dem neunten Jahrhundert. Auch der fleissige Sammler Jägqüt hatte ihn in Schriften nicht gefunden; er kannte ihn nur aus dem Munde des einheimischen Volks, III. 502, 10. f. IV. 392, 21. f., und hielt ihn für einen neueren Namen, von dem er nicht wusste, wann er aufgekommen sei; soviel aber sei unzweifelhaft, dass Mäzanderän mit dem (bekanntlich grösstentheils gebirgigen) Tabaristän iden- tisch sei. Ist Letzteres richtig, — und man darf es dem Jägüt, der selbst in Tabaristän gewesen war, schon glauben, — so war Mäzanderän zu seiner Zeit Name einer ausgedehnten und mächti- gen Gebirgsgegend, wie Masdorän es schon im hohen Alterthum war; vgl. darüber Dorn, Caspia S. 10. Anm. 2. Sollten nun etwa das östliche (nordöstliche) Grenzgebirge Eräns und das Ge- birge Mäzanderän’s, die ohnehin im Grunde nur eine grosse zusam- menhängende Kette bilden, ursprünglich denselben Namen geführt haben, entweder Mäzanderän oder Mazdorän? Dann müsste man wohl annehmen, Mäzanderän sei, obgleich so viel später bekannt geworden, doch der ursprüngliche Name gewesen, da sich die vollere Form weniger leicht aus der kürzeren entwickeln, als vom 23. November 1876. 781 umgekehrt diese aus jener hervorgehen konnte. Man kann sich versucht fühlen, die Sache auf folgende Weise zu erklären. Das ganze grosse Gebirg, dessen östlichen Endpunet der Gur- eänier Cäid bezeichnet, und das im Westen sich anschliessende hohe Gebirg Alburz führten einst, vor Zoroasters Zeit, einen ge- meinschaftlichen Namen, der von dem des „grossen Indra* — Ma- hendra im Sanskrit — abgeleitet war. Der indische Name des Gottes würde in eränischer Sprache Mazindra lauten und so fin- det man auch in den älteren Schriften der Parsen, wie im Bun- dehisch, den Namen Mäginderdn mit i geschrieben. Die Verlän- gerung des Vocals der ersten Sylbe erklärt sich wohl aus älteren Gesetzen der Wortbildung in den indo-europäischen Sprachen, und wenn das z in der Pahlavi-Sehrift durch das Zeichen für 9 wie- dergegeben wird, so ist das eine dort häufig wiederkehrende Er- scheinung. Nun aber tritt Zoroaster auf, dessen Lehre einen schroffen Gegensatz zu der älteren der indischen Arier bildet: die Götter der letzteren werden in der seinigen zu bösen Gei- stern, zu Dew’s. Seine Lehre geht vom fernen Osten aus, von einer Gegend, wo es zehn Monate Winter ist und nur zwei Monate Sommer, nach dem Vendidäd, und welche sicherlich nicht in den reizenden Landschaften am Südfusse des Kau- kasus gesucht werden darf. Bei ihrem Vordringen nach We- sten hin stossen Zoroasters Anhänger frühzeitig auf die öst- lichen Theile der grossen, nach Indra benannten Bergkette. Sein Name darf fortan nicht mehr in dem davon entlehnten Gebirgsna- men geehrt werden. Er ist ein Dew geworden, und einer der mächtigsten dieser Classe von bösen Geistern. Im Vendidäd, Farg. 10, 17., steht er an der Spitze einer ganzen Reihe derselben. An seine Stelle tritt als Eponymos Ormuzd und der Name Mazindr- än wird vertauscht mit Mazdor-än. Aber weiter nach Westen wird dem Fortschritte der Anhänger Zoroasters vorläufig Halt ge- boten, und das Gebirg im Süden des caspischen Meeres bleibt ihnen auf längere Zeit verschlossen. Hier vorzugsweise hausen, wie die Sagengeschichte im Schähnäme lehrt, die vormaligen Gott- heiten, die Dew’s; hier kann auch Indra noch lange seinen Platz behaupten, und als schliesslich auch hier Zoroasters Lehre Eingang erzwingt, lebt doch der alte, von Indra entlehnte Name in der Stille fort, bis ihn muhammedanische Schriftsteller wieder ans Licht ziehen. Mittlerweile war jedoch auch der neuere Name des 782 Gesammltsitzung „Ormuzd-Gebirges* weiter nach Westen vorgerückt, und allmählich wurde dieser neben dem alten, nicht mehr verstandenen, grade im Munde des Volks beliebt und fand so, wie uns Dorn lehrt, Ein- gang in die Gedichte mäzanderänischer Mundart. Dieser Versuch die Verhältnisse jener Namen zu erklären könnte vielleicht ansprechend erscheinen, wenn nicht ein schweres Bedenken dagegen erwüchse, und zwar gleichfalls aus dem Avesta und den sich an ihn anschliessenden Schriften der Parsen. Im Avesta werden wiederholt „mäzanische De&ew’s“, mäzainya daeva, erwähnt und die Parsen erklären den Ausdruck durchweg durch „mäzanderänische Dew’s“. Ist nun auch diese Erklärung nicht ohne Weiteres als richtig zu erklären, wie sie denn namentlich von Spiegel bezweifelt wird, so möchten doch die gewichtigsten Gründe für dieselben sprechen. Die adjectivische Form mäzainya führt auf ein Namen mäzana zurück, welches darnach der Name Mäzanderän’s gewesen sein müsste. Aber was besagt mäzana? Mit maz, gross, könnte das Wort allerdings zusammenhängen, wie auch Spiegel’ vermuthete, Avesta Übers. I. $S. 165. Anm. 3, aber wie daraus die neuere, erheblich vermehrte Form entstanden sein könnte, ist ganz unklar, und mit Indra’s Namen hat mäzana na- türlich nichts zu thun. Eine Lösung der Frage nach dem Verhältnisse der Namen Mäzana und Mäzanderän zu dem Namen Masdoran (und Masdärun) würde auch dann nicht erreicht werden, wenn man unter Verwer- fung der oben vorgeschlagenen Erklärung des letzteren einer an- deren den Vorzug geben sollte, die allerdings auch denkbar wäre, aber auf einer besser gesicherten Grundlage nicht beruht. Sie darf jedoch hier nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Herr Melgounof hat in der Zeitschrift der deutschen mor- genl. Ges., Band XXI. S. 195. ff., schätzbare Mittheilungen über die Dialecte von Mäsanderän und Ghilän nach der einheimischen Aussprache gemacht, worunter sich eine Liste mäsanderänischer Landesproducte befindet. In dieser wird aufgeführt: „mozoudor, mouzidor, „ds;Ww ch@ne“. Dieser Name der Eiche könnte, zumal in Berücksichtigung der Original-Schreibart, mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit von maz, gross, und baktr. däuru, Baum, abgeleitet werden und aus ihm der Name Masdoran in dem Sinne von Eichwaldgebirg zu erklären sein. Freilich wird kaum etwas darüber bekannt sein, ob sich das östliche Gebirge zu irgend einer vom 23. November 1876. 783 Zeit in gleicher Weise, wie das von Mäzanderän, durch vorzügliche Eichenwaldung ausgezeichnet hat, aber möglich wäre dies sehr wohl nnd dass es im oberen Guregänthale an Hochwald von Eichen, Buchen und anderem Laubholze nicht fehlt, wissen wir. Die an- geführte moderne Aussprache mit dumpferen Lauten für das lange a ist nicht auffallend und auch die Einschiebung eines Vocals zwi- schen den beiden Oonsonanten zd möchte nicht bedenklich sein. Eher könnte die Verlängerung des Vocals der ersten Sylbe an- stössig erscheinen, da in dem zusammengesetzten Worte „Gross- Baum“ keine Veranlassung zur Dehnung des Vocals ersichtlich ist, wenigstens so lange nicht vorhanden war, als die Sylbe eine geschlossene blieb. Wenn etwa diese Ableitung des Namens Masdoran wahr- scheinlicher dünken sollte, als der von dem Gottesnamen, so ist doch klar, dass dadurch für die Vergleichung mit den Formen Mäzana und Mäzanderän nichts gewonnen wird. Das hieraus er- wachsende Problem bleibt auch dann für jetzt noch ungelöst. Hr. du Bois-Reymond legte folgende Mittheilung von Hrn. Prof. Franz Boll in Rom, vom 12. Nov. d. J., vor. Zur Anatomie und Physiologie der Retina. Die zahlreichen Histiologen, welche im Anschluss an die be- kannten Arbeiten von Max Schultze neuerdings die als die Endorgane des Sehnerven betrachteten Stäbchen und Zapfen der Retina untersuchten und beschrieben, glaubten stets, diese interes- santen Gebilde „im absolut frischen“ oder „im überlebenden“ Zu- stande vor sich zu haben. Dennoch kann es keinem Zweifel unterliegen, dass bisher noch keiner von allen diesen Forschern auch nur eine einzige Retina irgend eines Wirbelthieres in wirk- lich physiologisch frischem Zustande untersucht hat: denn allen diesen Forschern sind übereinstimmend die höchst merkwürdigen Eigenschaften der wirklich lebenden Retina entgangen, die hier zum ersten Male beschrieben werden sollen. 7854 Gesammtsitzung Lässt man einen im Dunkeln aufbewahrten Frosch durch einen Gehülfen köpfen, (am Besten so, dass der Unterkiefer am Rumpfe zurückbleibt), und präparirt mit möglichst geringem Zeit- verlust einen Augapfel, halbirt ihn mit einer Scheere und zieht mit einer feinen Pincette die Retina von dem dunkeln Grunde des retinalen Pigments und der Chorioides ab, so erscheint sie im ersten Augenblick intensiv purpurroth gefärbt, so dass man denken könnte, ein Blutgerinnsel mit der Pincette gefasst zu haben. Während der nächsten 10, im günstigsten Falle 20 Secunden (I. Sta- dium) verblasst diese Farbe allmälig und ist nach Verlauf dieser Zeit gewöhnlich vollständig verschwunden. Die Retina zeigt dann, während der nächsten 30—60 Secunden, mitunter auch länger (1I. Stadium), einen atlasartigen Glanz. Allmälig verliert sich auch dieser und die Retina wird vollkommen durchsichtig, in welchem Zustande sie eine Viertelstunde und auch noch länger verharrt (III. Stadium). Dann wird sie allmälig trübe und undurchsichtig (IV. Stadium). Über die Ursachen dieser bisher unbekannten optischen Eigen schaften der physiologisch frischen Retina ergiebt die mikroskopi- sche Untersuchung, dass sowohl die Purpurfarbe des ersten wie der Atlasglanz des zweiten Stadiums ausschliesslich ihren Sitz haben in der Stäbchenschicht und zwar allein in den stark licht- brechenden und aus äusserst feinen übereinander geschichteten Plätt- chen aufgebauten Aussengliedern, welche im ersten Stadium pur- purroth erscheinen und innerhalb des zweiten Stadiums atlasartig glänzen. Gegen das Ende des zweiten Stadiums quellen die Stäb- chen auf und verlieren allmälig ihren Glanz, wie sie am Ende des ersten Stadiums ihre Purpurfarbe verloren haben. Ihr Brechungs- index nähert sich dem der übrigen Retinaschichten und die Netz- haut wird jetzt, im dritten Stadium, vollkommen durchsichtig. Die Trübung der Retina im vierten Stadium hat endlich ihren Grund nicht in Veränderungen der Stäbchenschicht, sondern in Gerinnun- gen von Eiweisskörpern, welche in den übrigen Netzhautschichten stattfinden. Diese Eigenthümlichkeiten der lebenden Retina finden sich bei allen Thieren, die überhaupt eine ausgebildete Stäbchenschicht besitzen. Unter den Wirbelthieren konnte ich sie ausser bei den Amphibien noch nachweisen bei den Knorpel- und Knochenfischen (von denen ich im Herbst d. J. in Viareggio eine grosse Auswahl vom 23. November 1876. 185 von Arten und Individuen untersuchte) und bei den Säugethieren. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Purpurfarbe des ersten Sta- diums sich im Allgemeinen besser und länger conservirt bei den Kaltblütern und bei den Arten mit stärkeren Stäbchen (Amphibien und Knorpelfischen) als bei den Warmblütern und bei den Arten mit sehr feinen Stäbehen (Knochenfischen und den meisten Säuge- thieren), bei welchen letzteren die Retina oft mit ausserordentlicher Geschwindigkeit aus dem Stadium der Purpurfarbe in das zweite Stadium übergeht. Inu den beiden übrigen Wirbelthierelassen der Vögel und Rep- tilien stösst das Studium der überlebenden Retina auf besondere Schwierigkeiten, indem die Netzhäute dieser Thiere bekanntlich schon an und für sich lebhafte constante Farben zeigen, die durch die Anwesenheit bunter Öltropfen bedingt sind und die natürlich die Feststellung etwaiger Farbenveränderungen des „ersten Sta- diums“ sehr erschweren. Dennoch ist es mir bei der Taube un- zweifelhaft gelungen, in den ersten 10 Secunden ein deutliches Ab- blassen des centralen rothgefärbten Theiles der Retina zu consta- tiren, sodass ich annehmen muss, dass die intensiv rothe Farbe der Taubenretina im ersten Stadium ausser in den rothen Öltropfen auch noch ihren Grund habe in einem von den Aussengliedern der Stäbchen ausgehenden optischen Effect. Der für das zweite Stadium charakteristische Atlasglanz ist auch in der Retina der Vögel stets sehr deutlich. — Hingegen vermisste ich in der Retina der Eidechse, die ich bisher von den Reptilien allein untersuchte, jede Andeutung der für das erste und zweite Stadium charakte- ristischen Erscheinungen, — ich will nicht entscheiden, ob weil mir die von den Öltropfen herrührende intensiv gelbe Farbe der Netzhaut sie verdeckte, oder weil die für diese Retina charakte- ristische äusserst rudimentäre Entwickelung der Aussenglieder nicht zur Erzeugung der beschriebenen optischen Wirkungen ausreichte. Auch ausserhalb des Wirbelthiertypus lässt sich dieselbe cha- rakteristische Purpurfarbe im Sehorgan nachweisen. Schon 1842 ‚hat Krohn angegeben, dass die mächtigen Stäbchen der Cephalo- poden-Retina im frischen Zustande purpurroth gefärbt sind. Das- selbe ist von den Stäbchen der Heteropoden bekannt, und ebenso ist bereits von früheren Untersuchern auf die rothe Farbe der Sehstäbe bei den Krebsen, Schmetterlingen und Käfern aufmerk- sam gemacht worden. Ich hatte in Viareggio Gelegenheit sowohl 186 Gesammtsitzung von Cephalopoden wie von Seekrebsen zahlreiche Species frisch zu untersuchen und constatirte bei allen ohne Ausnahme (bei den Cephalopoden in der Stäbchenschicht, bei den Krebsen in den plätt- chenstructurirten Sehstäben) ganz dieselbe Purpurfarbe, die ich in der Retina der Wirbelthiere aufgefunden hatte. Sie ist bei diesen Wirbellosen viel intensiver und erhält sich viel besser und länger als bei den Wirbelthieren. Es scheint also eine ganz allgemeine Regel zu sein, dass jene eigenthümliche aus übereinandergeschichteten Plättehen aufge- baute Substanz, welche in der Retina der Wirbelthiere die Aussen- glieder der Stäbchen und Zapfen und im Auge der Wirbellosen diesen physiologisch (und vielleicht auch phylogenetisch) äquiva- lente Organe (die Stäbchen der Cephalopoden und die Sehstäbe der Arthropoden) bildet, bei allen Thieren eine sehr charakteristi- sche purpurrothe Farbe zeigt, die während des Lebens sehr inten- siv ist und im Tode meist ausserordentlich schnell vergeht. Diese Purpurfarbe erscheint vollkommen identisch in den Augen aller Thiere, die bisher untersucht wurden. Mein Freund und College Hr. Blaserna, welcher, während ich die Retina eines Frosches präparirte, ihre Farbe mit einem kleinen Handspectro- skope untersuchte, constatirte zunächst ihre gänzliche Verschieden- heit von der Farbe des Haemoglobins und stellte ferner fest, dass sie keiner einfachen Spectralfarbe entspreche sondern als eine zu- sammengesetzte Farbe anzusehen sei. Eine Bestätigung für die Richtigkeit dieser Ansicht lässt sich aus der mikroskopischen Un- tersuchung entnehmen. Mitunter hält sich nämlich die Farbe des ersten Stadiums lange genug, um in einem mikroskopischen Prä- parat der Froschretina die Wahrnehmung zu gestatten, dass in der Mosaik der Stäbchenschicht, auf welche man das Mikroskop eingestellt hat, nicht alle Stäbcehenquerschnitte in rother Farbe er- scheinen, sondern dass zwischen einer überwiegenden Mehrheit rother Kreise eine Minderheit (nach oberflächlicher Schätzung etwa 10%) in grünlichem Blau schimmernder Stäbchenquerschnitte vor- kommt. Über die Natur dieser an die geschichtete Plättchensubstanz gebundenen Farbe hoffe ich in einer nächsten Mittheilung weitere Aufschlüsse geben und insbesondere die Frage entscheiden zu kön- nen, ob sie beruht auf einer der Substanz der Plättchen inhärenten Eigenfarbe, oder ob sie ihr Dasein verdankt dem optischen Effect a N En Der vom 23. November. 1876. 187 der selbst farblosen geschichteten Plättchen, in welchem letzteren Falle sie in die Kategorie der Interferenzerscheinungen einzureihen sein würde. In dieser bevorstehenden Mittheilung werde ich ferner aus- führlich einige physiologische Folgerungen entwickeln, die sich aus der eben auseinandergesetzten anatomischen Entdeckung ergeben haben und hier bereits wenigstens kurz angedeutet werden sollen. 1. Die rothe Farbe des Augenhintergrundes im ophthalmo- skopischen Bilde rührt nicht von den erleuchteten Blutgefässen der Chorioides her, sondern beruht wesentlich auf der purpurnen Eigen- farbe der Netzhaut. 3 2. Diese Eigenfarbe der Netzhaut ist nur innerhalb des Le- bens vorhanden und überdauert den Tod des Thieres — beson- ders bei Warmblütern — nur wenige Augenblicke. — Ophthalmo- skopirt man ein sterbendes Säugethier (am Besten, indem man es mit Chloroform tödtet), so wird der Moment des Todes durch ein plötzliches Erblassen des rothen Augenhintergrundes bezeichnet. Auf diese Thatsache wird unschwer eine vielleicht für forensische Zwecke brauchbare und leicht anzuwendende Methode zur Consta- tirung des Todes zu begründen sein. 3. Die Eigenfarbe der Netzhaut wird intra vitam beständig durch das in das Auge fallende Licht verzehrt. Diffuses Tages- licht macht die Purpurfarbe der Netzhaut erblassen. Längere Ein- wirkung directen Sonnenlichtes (Blendung) entfärbt die Retina vollständig. In der Dunkelheit stellt sich die intensive Purpur- farbe alsbald wieder her !). Diese objective Veränderung der Aussenglieder durch die Lichtstrahlen bildet unstreitig einen Theil des Sehactes. 1) Diese 'Thatsachen waren mir noch nicht bekannt, als ich im Juni d. J. zu Berlin den HH. du Bois-Reymond, Helmholtz und Prings- heim die rothe Retina des Frosches demonstrirte.e Die hierzu dienenden Frösche waren in einem mässig hellen Zimmer aufbewahrt gewesen, und die Demonstration gelang mir erst, nachdem wohl ein halbes Dutzend Frösche vergeblich geopfert waren. Hat man Sorge getragen, die Frösche im Dun- keln aufzubewahren, so gelingt bei einiger Geschicklichkeit die Demonstration unfehlbar schon bei dem ersten Auge. [1876] 57 188 Gesammitsitzung vom 23. November 1876. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: A. Todaro, Hortus botanicus Panormitanus. T.1I. Fasc. V. Panormi 1876. fol. Überreicht von Hrn. Braun. Verein für die Deutsche Nordpolfahrt in Bremen. — Forschungsreise nach Westsibirien. 1876. VIII 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 20. Nov. 1876. Paris. 4. El Correo Germanico. Tomo I. N. 27— 33. 1876. Mexico 1877. fol. The Journal of physiological medicine and mental pathology. New Series. Vol. II. Part. 2. London 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Bulletin of the Museum of comparative Zoölogy, at Harvard College. Vol. IH. N.11— 16. Cambridge 1876. 8. Memoirs of the Museum of comparative Zoölogy, at Harvard College. Vol. 1. N. 9. Cambridge 1876. 4. The American Journal of science and arts. 3. Ser. Vol. XII. N. 71. New Haven 1876. 8. R. Kossmann, Wissenschaftliche Ergebnisse einer Reise in die Küstengebiete des Rothen Meeres. Sep.-Abdr. 8. F. Winslow, Spiritualistic madness. London 1877. 8. Proceedings of the scientific meetings of the Zoological Society of London, for the year 1876. Part I. II. III. Jan.— Jane. London 1876. 8. Transactions of the Zoological Society of London. Vol. IX. Part 8. (ten Plates.) Part. 9. (six Plates.) London 1876. 4. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Luglio 1876. Roma 1876. 4. Polybiblion. — Revue bibliographique universelle. Partie litteraire. 2. Ser. T. IV. Livr. 5. Nov. — Partie technique. 2. Ser. T. III. Livr. 11. Nov. Paris 1876. 8. ; Proceedings of the Asiatie Society of Bengal. N. IIT— VI. March — July 1876. 8. Journal of the Asiatie Society of Bengal. Vol. 45. P.1.1. P.H. 1.2. Cal- eutta 1876. 8. Bullettino di Archeologia ceristiana. 3. Ser. Anno I. N. 2. Roma 1876. 8. Sitzung der philosoph.-histor. Klasse vom. 27. November 1876. 7189 27. November. Sitzung der philosophisch - histori- schen Klasse. Hr. Vahlen las: Über die Verse des Poreius in Sueto- nius’ Vita Terentii. Die Vita Terentii des Suetonius ist ein werthvolles Stück alter Litteratur, nicht bloss, weil sie einige zuverlässige Daten über des Dichters Leben aufgehoben hat, sondern mehr noch, weil sie deut- lich vor Augen stellt, wie früh um die litterarischen Grössen Rom’s sich der Nebel des Mythus gelegt hat und wie wenig die begin- nende litterargeschichtliche Forschung im Stande war, den Nebel zu zerstreuen. Ohne selbst in die Untersuchung einzudringen, stellt Suetonius mit bescheidenem Urtheil die Meinungen der für und wider streitenden Gelehrten zusammen und hat dadurch An- spruch auf unseren Dank. Unter den Belegen, mit denen er die- ser Art seine Erzählung verbrähmt, hat von jeher besondere An- ziehung geübt das Bruchstück aus einem Gedicht des Porcius Li- cinus, und hat, verderbt wie es ist, die Kritik zu wiederholten Malen gemüht. Zuletzt hat Ritschl, indem er mit reicherem Ap- parat und methodischer Schärfe die Vita einer neuen Revision unterzog und seine Diorthosen in eingehender und lehrreicher Dar- legung begründete, auch diesen Versen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Wiederholte Prüfung seiner Resultate hat mich in eini- gen Punkten zu abweichenden Ergebnissen geführt, die ich in Kürze darzulegen versuche, indem ich eine Bemerkung über die hand- schriftliche Tradition der Vita voraufschicke. Donat hat die Vita aus ihrem Zusammenhang in Suetonius’ Werk, wortgetreu wie der Augenschein lehrt, entlehnt und seinem Commentar zu Terentius’ Comödien vorangestellt. Nicht für den ganzen Donat, aber für diesen Theil seiner Aufzeichnungen sind genau bekannt eine alte, d. h. dem xı Jahrhundert angehörige, Handschrift, codex Parisi- nus 7920, und mehrere in der Zeit der Renaissance gefertigte Ab- schriften, die jedoch nicht jene sondern eine ihr nebengeordnete Handschrift zu ihrer Vorlage hatten. Dies aus sicheren That- sachen ermittelte Verhältniss ergiebt, dass, wenn der Pariser Hand- schrift mit Recht, um des höheren Alters willen, ein gewisser Vor- rang eingeräumt wird, doch auch die anderen Handschriften gehört zu werden verdienen, und wo innere Gründe dazu rathen, nichts o7* 790 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse wehrt, ihre Lesungen als ursprüngliche zu betrachten und zum Aus- gangspunkt der Verbesserung zu nehmen. Die drei ersten Verse, Dum lasciviam nobilium et laudes fucosas petit, Dum Africani vocem divinam inhiat avidis auribus, Dum ad Philum se cenitare et Laelium pulchrum putat, sind so aus Handschriften und nach Vermuthung restituiert und lassen kein Bedenken zurück: um so grössere erregt, was un- mittelbar folgt und in der Pariser Handschrift so lautet .. dum se amari ab his eredat erebro in albanum rapit ob florem aetatis suae | post sublatis rebus ad summam inopiam redactus est; wovon die übrigen darin abweichen, dass sie credit und rapi für credat und rapit, und für post entweder ipsis oder ipsus schreiben. Da der letzte Vers (mit post) ein vollständiger ist, das ihm vor- aufliegende aber um einen halben Vers für zwei zu wenig, für einen zu viel enthält, so ist die Annahme unabweisbar, dass die Überlieferung entweder lückenhaft sei oder interpoliert. Ritschl, der früher für die Lücke sich entschieden hatte, hat später Inter- polation angenommen: er scheidet die Worte se amari ab his cere- dat aus, behält rapitur mit dem Parisinus bei und gewinnt mit einer kleinen Umstellung (in Albanum crebro für crebro in Albanum) folgenden wohlgebildeten Tetrameter: Dum in Albanum crebro rapitur ob florem aetatis suae. Bergk hat dagegen eingewendet, die Vita habe überhaupt nicht sowohl durch Zusätze als durch Auslassungen gelitten: was zwar richtig scheint, aber in dieser Allgemeinheit wenig Beweiskraft be- sitzt. Doch wie dem sei: ich habe einen andern Grund, die von Ritschl empfohlene Schreibung für die ursprüngliche nicht zu halten. Porcius ist sichtlich bemüht, die subjective Stimmung zu kennzeichnen, in welcher Terentius den vornehmen Herren Rom’s sich anhängt: nobilium laudes petit; Africani vocem divinam inhiat avidis auribus; ad Philum et Laelium se cenitare pulchrum pulat. Reiht sich daran Ritschl’s Vers Dum in Albanum crebro rapitur ob florem aetatis suae, in welchem nicht der unbefangen sich hin- sebende sondern der seiner Jugendreize wegen von Jenen ange- zogene Jüngling in den Vordergrund gerückt wird, so ist die Ab- sicht des Dichters verdunkelt, die aus der überlieferten Fassung auch durch die Verderbniss hindurchbricht: dum se amari ab his credat (credit), crebro in Albanum rapi. Denn rapi der übrigen vom 27. November 1876. 791 Handschriften ist aus diesem Grunde gegen rapif des Parisinus zu schützen, zumal ein primitives rapi nicht schwerer in rapit als dieses in jenes umgewandelt ward. Aber das regierende Verbum credat (credit) kann das richtige nicht sein, nicht bloss, weil es den Vers nicht füllt, sondern weil es dem Gedanken nicht Genüge thut. Denn unwidersprechlich ist Ritschl’s Bemerkung, dass man wenigstens ein Verbum in der Bedeutung von gloriatur erwarte. Von den beiden Schreibungen credat und credit scheint letzteres den voraufgegangenen Indicativen willkürlich angeglichen, ersteres deutlicher die Spur des Richtigen zu wahren; und setzt man dafür mit nicht gewagter Änderung laetal, so ist Sinn und Metrum be- friedigt, und nur amari erregt noch ein kleines Bedenken, nicht weil in Versen, in denen Porcius nach Suetonius’ Ausdruck suspi- cionem de consuetudine facit, man amari ungern liest — für Ritschl das wichtigste Indicium, das die Hand des Interpolators verrathe —, sondern weil das Asyndeton der beiden gleichmässig von laetatur abhängigen Infinitive gleichartige Begriffe erwarten lässt. Mit un- merklicher Umbiegung eines Buchstaben behebt sich der Anstoss: Dum se ambiri ab his laetatur, crebro in Albanum rapi. Die übrig bleibenden Worte ob florem aetatis suae ergeben sich nunmehr als Rest eines verstümmelten Verses: sie selbst bilden den schönen Abschluss eines Tetrameters, und der Defect wird demnach die erste Hälfte des Verses treffen, die entweder einen neuen, den vorigen entsprechenden Vordersatz mit dum oder aber den Nachsatz zu jenen Vordersätzen enthielt; letzteres für das wahrscheinliche zu halten, bestimmt mich der erhaltene Rest des Verses, ob florem aetatis suae, worin nicht wohl ein Motiv des Te- rentius angedeutet sein kann. Daher auch diejenigen, welche diese Worte mit jenen dum se amari ab his credit (gleichgültig in wel- cher Form im Einzelnen) in Eins glaubten verbinden zu können, den Plan des Dichters, wie ich ihn zu erkennen meine, verfehlen. Doch den entscheidenden Grund dafür, dass die Worte ob florem aetatis suae dem Nachsatz zuzuweisen sind, entnehme ich dem Folgenden. Post sublatis rebus ad summam inopiam redactus est, in dieser Überlieferung der Pariser Handschrift, ist ein richtig ge- bauter Tetrameter, ipsus (ipsis) sublatis rebus der übrigen Bücher absichtlich oder irrthümlich erzeugte Entstellung. Ritschl’s Auf- fassung verlangte hier den Nachsatz, den jene Lesung der Pariser Handschrift nicht in angemessener Form darbot und da ihm die- 792 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse selbe überdies an einem Gebrechen zu leiden schien, besserte er auf diesem Grunde, und schrieb Suwis postlatis rebus ad summam inopiam redactus est, gewiss sinnreich, aber dennoch vielleicht ab- ändernd, was mögliche Erklärung zulässt. Denn post mit nach- folgender Erläuterung, cum res sublatae essent, scheint lateinischer Rede nicht entgegen, und rebus, das freilich von der res familiaris nicht verstanden werden kann (der Sprachgebrauch verbietet es und es ergäbe einen ärmlichen Gedanken, "nachdem er sein Vermögen verloren, gerieth er in Noth’), fordert vielmehr und verträgt den Rückbezug auf den in den vorangegangenen Versen gezeichneten Umgang des Dichters mit seinen Gönnern. So gefasst aber, post, sublata consuetudine, ad summam inopiam redactus est, kann der Vers selbst der Nachsatz nicht sein, gewährt aber in seiner gegensätz- lichen Beziehung einen Fingerzeig, den in der Lücke des vorigen Verses verschwundenen Nachsatz zu errathen. Nur Versuches halber und um dem Gedankenfortschritt, wie er sich mir darstellt, eine la- teinische Form zu geben, setze ich folgende Ergänzung: Dum ad Philum se cenitare et Laelium pulchrum putat, Dum se ambiri ab his laetatur, crebro in Albanum rapi, [Lautitüs vitae florebat] ob florem aetatis suae; Post, sublatis rebus, ad summam inopiam redactus est. Porcius fährt fort: Itaque ex conspectu omnium abit in Graeciam terram ultumam, Mortuos. Stymphalist Arcadiae oppido. So Ritschl. Die Überlieferung des ersten Verses schwankt, abit greciam in terram die Pariser Handschrift, abit (abüt) in graeciam ierram die übrigen; und metrisch lässt sich die Form des Verses in mehr als einer Weise richtig stellen, metrisch und sprachlich nur, wenn man nach Bergk’s triftiger Bemerkung, dass dieser Satz von dem folgenden nicht losgetrennt stehen dürfe, ubi vor abit einfügt: Itaque ex conspectu omnium ubi abit Graeciam in terram ultimam, Mortuus. Aber auch die sich anschliessenden Worte sind, wenn nicht alles irügt, noch nicht endgültig festgestellt. In der im Wesentlichen übereinstimmenden Überlieferung der Handschriften mortuus est in- /alo arcadiae oppido scheint est infalo nichts zu bergen als den Namen Stymphali, der mit dem vocalischen Vorschlag vor s impurum versehen (estimfali), dann in die vermeintlichen Bestandtheile auf- vom 27. November 1876. 793 gelöst, est in falo ergab in einer Weise, die nichts Befremdliches oder Singuläres hat, und überdies, da so ein unberechtigtes in zum Vorschein gekommen, ein metrisch unentbehrliches in vor oppido verdrängte; mortuus Stymphali Arcadiae in oppido ist aber ein be- friedigender Versanfang, und bedürfte man eines Verbum finitum statt des Partieipium, läge mortuusi nahe genug. Aber ob man es bedarf und ob man dem Dichter die wenig gefällige Genauigkeit in der geographischen Angabe Stiymphali Arcadiae oppido zuzutrauen habe, das lassen aus dem Folgenden zuwachsende Bedenken in Zweifel ziehen. In demselben Verse nämlich heisst es weiter: nihil Publius Scipio (ei) profuit nihil illi (ei) Laelius, nihil Furius, Tres per idem tempus qui agitabant nobiles facillime. So, Publius, die Aldina mit einer Handschrift, die meisten p., der Parisinus ?., das auf den Rand herausgerückt aber von derselben alten Hand geschrieben ist. Aber an diesem Publius nahm Ritschl nur zu gegründeten Anstoss: dass Seipio, früher durch Africanus bezeich- net, hier mit beiden Namen benannt werde so, dass der eine (Pub- lius) den Schluss, der andere (Scipio) den Anfang des Verses aus- mache, ist in alle Wege wenig glaublich; nicht Publius, schloss Ritschl, sondern Publio (d. i. Terentio), das in einer Handschrift (E) wirklich steht, in derselben allerdings auch Secipioni, sei in dem P. des Parisinus verborgen und dem Porcius zu restituieren. Ein Bedenken würde damit beseitigt, aber es drängen sich andere nach. Oder hat nicht etwas Neckisches dieses Publio vom Dichter Teren- tius unmittelbar vor Scipio, der selbst ein Publius war? Und die im Übrigen schön gewahrte Harmonie zwischen Satz und Vers wird erheblich verletzt, wenn der neue gewichtige Gedanke nicht mit dem Anfang sondern mit dem Schluss des Verses anhebt. Doch diese Erwägungen, aus denen allein kein Beweis herzustellen ist, gewinnen erst Bedeutung aus Folgendem. Jene beiden Verse mit den zwei nächsten werden noch ein zweites Mal in dieser Vita angeführt p. 33 Reiff. Reliquwit filiam, quae post equiti Romano nupsit, item hortulos xx iugerum via Appia ad Martis. quo magis miror Porcium scribere: Scipio nihil profuit, nihil Laelius, nihil Fu- rius, tres per idem tempus qui agitabant nobiles facillime. eorum. ille opera ne domum quidem habuit condueticiam, saltem ut esset quo referret obitum domini servulus. Ritschl sah putida diligentia, des Suetonius unwürdig, darin, dass hier, wo es nur auf die Meinung 794 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse des Porceius ankommt, die ganzen früher citierten vier Verse noch einmal wörtlich ausgeschrieben werden; er strich den zweiten und vierten und beliess dem Suetonius nur die Worte: Scipio nihil (ei) profuit, nihil Laelius, nihil Furius: eorum ille opera ne domum qui- dem habwit conducticiam, die so, von ei abgesehen, das hier wenig- stens handschriftliche Beglaubigung nicht hat, aus der Überlieferung sich ergeben. Aber einem blossen Referat des Sinnes sehen auch so die übrig gelassenen Worte wenig ähnlich: hätte sich ja der Gedanke, wenn es nur auf ihn ankamı, knapper und dem hiesigen Zwecke besser angepasst ausdrücken lassen; und vollends Prosa ist das nicht, sondern es sind zwei untadelige Tetrameter, Seipio nil profuit, nil Laelius, nil Furius: Eorum ille opera ne domum quidem habuwit condueticiam. Denn ei steht nicht in den Handschriften und dass sie nihil schrei- ben, wo das Metrum nil verlangt, ist Schreibernachlässigkeit, hier wie dort wo die Verse zum ersten Mal standen. ' Hat aber Sue- tonius Verse geschrieben, so war seine Absicht nicht, bloss den Sinn wiederzugeben, und es entgeht uns das Recht, da, wo zwei Verse stehen, ihm zwei weitere gegen die Überlieferung zu ent- ziehen. Wir nutzen vielmehr das Doppeleitat als eine unverächt- liche Handhabe der Kritik. Denn Übereinstimmung muss sein zwi- schen dieser und der anderen Anführung und es fragt sich nur, wie die gestörte wiederzugewinnen sei. Die Worte Scipio nil profuit, nil Laelius, nil Furius, wie sie an zweiter Stelle aus den Handschriften hervorgehen, sind ein so wohlgestalter, insbesondere in dem Wechsel der Stellung des nil so gefällig geformter Vers, dass es bedenklich wäre daran zu rücken; selbst ein Dativ ei scheint nicht streng gefordert, da die Beziehung des profuwit im Zusammenhang des Gedichts sich leicht ergab. Das Sinneitat, das Ritschl annahm, befriedigte ihn selbst in der Form, die er ihm gab, Scipio nihil ei profuit, doch nicht so, dass er nicht, wenn es die Handschriften zuliessen, jener Wortfolge die andere nihil ei Scipio profuit vorgezogen hätte: und in der That, wenn Suetonius Prosa schrieb und nur den Gedanken wiederholen wollte, wäre es unbegreiflich, da er die Wahl hatte, dass er diese dem hiesigen Zweck so viel besser zusagende Wort- folge nicht lieber als jene gewählt hätte; aber auch wenn Suetonius, wie wir glauben, die früher eitierten Verse wiederholte, wenn in diesen nach Ritschl’s Annahme der neue Gedanke mit nil Publio vom 27. November 1876. 195 Seipio profuwit anhob, bliebe es nicht minder unerklärt, dass er diese Stellung der Worte verliess. Was wir daraus schliessen? Nicht dass diese Wortfolge gegen die Überlieferung der zweiten Stelle aufzuzwängen, wie in Abschriften und Drucken mit Willkür und wenig Überlegung geschehen ist, sondern dass an erster Stelle die Überlieferung tieferen Schaden gelitten hat, als bisher geglaubt ward, dort, wo ohnedies mehr als ein Bedenken uns in den Weg trat. Nehmen wir auf Suetonius’ eigenes Zeugniss an, dass den Worten Seipio nil profuit nichts zu diesem Gedanken Gehöriges voraufging, so sind wir des ungeschickten Publius wie des neckischen Publio entledigt und gewichtvoll beginnt mit neuem Vers der neue Ge- danke. Die Zuverlässigkeit eines kritischen Resultats ist nicht bedingt durch den Nachweis, wie die Verderbniss entstand und er gelingt nicht immer; denn nur die Wahrheit hat Vernunft, der Irrthum ist unberechenbar. Dennoch wage ich einen Versuch zu zeigen, wie es möglich war, wenn Poreius und mit ihm Suetonius Seipio nil profuit nil Laelius nil Furius geschrieben hatte, dass daraus die Verunstaltung hervorging, welche die Handschriften an erster Stelle aufweisen: mihil P. Seipio (ei) profwit nihil illi (ei) Laelius nihil Furius. Das P. oder p. der Handschriften scheint die Spur des Hergangs anzudeuten. Ich nehme an, dass der Schreiber, der zu- erst abirrte, statt ‚Seipio nil profuit seiner Vorlage, durch die Ähn- lichkeit der letzten Silben von Seipio und der ersten von profuit verleitet, nur ‚Seipiofuit setzte und das Übersprungene in der Form nihilp (wie noch in der Pariser Handschrift pfuit geschrieben steht) an den Rand fügte®). Dass aber dann nicht nihil P. Seipio fuit blieb, sondern nihil P. Sceipio profuit geschrieben ward, diese halbe *) Dass es in Suetonius’ Vita selbst nicht an Beispielen ähnlicher Ab- schreiberirrung fehlt, mögen folgende Stellen zeigen: p. 28, 9 R. liest man in den übrigen Handschriften dussus ante cerio recitare ad cenantem cum we- nisset, dictus est initium quidem fabulae, quod erat contemptiore wvestitu, im Parisinus nur caerio ore vestitu, zum deutlichen Beweise, dass der Abschreiber von caerio re auf das Ende von contemptiore absprang; dass er aber nicht :caerio re sondern caerio ore schreibt, ergiebt nur, dass der Defect schon in der Vorlage der Pariser Handschrift vorhanden war und der Irrthum in dieser um einen neuen zufälligen Fehler vermehrt ward. P. 32, 8 steht in allen Handschriften egressus est neque amplius redüt; da dies aber nicht 796 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Besserung des Verderbten konnte aus dem Gedanken so gut, wie aus dem Citat der zweiten Stelle genommen sein. Die Dative aber, ei profuit, wie der Parisinus allein hat, illi Laelius, wie derselbe, ei Laelius, wie die übrigen haben, erachte ich sämmtlich für er- klärende Zuthaten, deren schwankende Überlieferung nicht in Be- tracht kommt gegen die fast einhellige Tradition au zweiter Stelle, die keinen Dativ kennt. Jetzt nachdem wir nihil Publius (Publio) beseitigt haben, ist der Vers, worin die Worte standen, Mortuus Stymphali Arcadiae in oppido, ein unvollständiger geworden, und dieser Verlust ist Gewinn. Denn es bedarf nun nicht an dem Partieipium mortuus zu ändern, und ist die Möglichkeit gegeben Stymphali von der beschwerlichen Appo- sition ÄArcadiae oppido zu erleichtern. Denn eine einfachere und mehr in der Natur der Sache gelegene Ergänzung ist schwerlich aufzufinden als sepultus est, womit Arcadiae in DE sich ebenso verbindet, wie mit Stymphali mortuus. Mortuus Stymphali Arcadiae in oppido sepultus est. Und der Sinn, dass der Dichter fern von der Heimath gestorben in fremder Erde begraben wird, entspricht der Absicht des Dich- ters. Denn wenn er nach jenem Verse fortfährt richtig sein kann, wird man, statt bloss urbe hinter egressus einzusetzen, dem erforderlichen Gedanken zu Liebe egressus [urbe in Graeciam profectus] est ergänzen müssen und damit zugleich den Anlass des Ausfalls deutlich machen. P. 32, 13 Q. Cosconius redeuntem e Graecia perisse in mari cum 6 et vıır fabulis conversis a Menandro, ceteri mortuum esse in Är- cadia Stymphali sinu Leucadiae tradunt, hat Fleckeisen richtig gesehen, dass sinu Leucadiae nicht zu dieser sondern zu der ersten Version über des Dichters Tod gehört: schreibt man redeuntem e Graecia perisse in sinu Leu- cadiae in mari, so ist mit dieser meines Erachtens sprachlich richtigen Form zugleich ersichtlich gemacht, wie in sinu Leucadiae an seiner Stelle über- sprungen, am Rande nachgetragen, an falschen Ort gerieth. Dass p. 35, 6 das mit zahlreichen Einfällen anversuchte retentibus nichts ist als der von seinem Platz gerückte Name Terentius ist eine einleuchtende Vermuthung Ritschls, dessen Anordnuug der Verse ich indessen die Fleckeisen’sche un- bedenklich vorziehe: Tuae, Terenti, quae vocantur fabulae, Cuiae sunt? non has iura qui populis dabat Honore summo affectus fecit fabulas? vom 27. November 1876. 797 Seipio nil profuit, nil Laelius, mil Furius, Tres per idem tempus qui agitabant nobiles facillime ; Eorum ille opera ne domum quidem habuit conducticiam, Saltem ut esset quo referret obitum domini servulus, so schimmert der Gedanke durch ‘geschweige dass sich Jemand um die ossa des einst geliebten Dichters gekümmert hätte‘. Die Verse des Poreius, um der kritischen Erörterung eine all- gemeine Bemerkung und die uns auf den Ausgang zurückleitet nachzusenden, selbst ein Bruchstück, das des Terentius’ Namen nicht einmal nennt, stellen doch ein abgeschlossenes Theilganzes dar, um deswillen vermuthlich Suetonius, der für seinen Zweck nur die ersten fünf oder sechs Verse bedurfte, sie vollständig aufge- nommen hat. Aber wieviel Wahres liegt der Darstellung zum Grunde, die Suetorius als Argument benutzt zum Beweise, dass Terentius jünger war an Jahren als Scipio Africanus, obwohl der- selbe Suetonius in anderem den Porcius in Widerspruch findet mit überlieferten T'hatsachen. Dass Terentius Altersgenosse des Scipio oder jünger gewesen, dass er mit ihm und Laelius (den Furius Philus fügt Porcius allein hinzu) freundschaftlichen Verkehr gepflogen und sich ihrer Beihülfe in seinen dichterischen Arbeiten bedient habe, ward im Alterthum vielfach erzählt und geglaubt. Aber auf wie schwankender Grund- lage die vermeintliche Altersgenossenschaft des Terentius und Scipio ruhe, hat Sauppe gezeigt”). Und kaum besser bewährt ist der Glaube an den Umgang und poetischen Verkehr des Dichters mit Seipio und dessen Kreise. Im Prolog des Hautontimorumenos ge- denkt Terentius des ihm gemachten Vorwurfs repente ad studium se adplicasse musicum Amicum ingenio fretum, haud natura sua, ohne ihn einer ernstlichen Entgegnung werth zu halten, und aus derselben Quelle floss die im Prolog der Adelphi erwähnte analoge aber schon bestimmter formulierte Verdächtigung homines nobilis Eum *) Welch weiten Spielraum die Bezeichnung aequales lässt, die hier den Anlass zu irriger Berechnung gegeben zu haben scheint, kann man an einer Stelle ermessen, wie diese in Cicero’s Brutus 74, 258, Mitto (©. Laelium P. Scipionem: aetatis illius ista fuwit laus, tam quam innocentiae, sic Latine lo- quendi — nec omnium tamen, nam illorum aequales Caecilium et Pacuwium male locutos videmus. 798 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse adiutare adsidueque una scribere. Aus dieser Wurzel stammt die Mähr und sie ist trotz dem Einspruch verständiger Männer statt- lich gewachsen. C. Memmius, der Freund der Dichter Catullus und Lueretius, durfte zu seiner Selbstvertheidigung sich auf das Beispiel des Africanus berufen, qui a Terentio personam mutuatus, quae domi luserat ipse, nomine illius in scaenam detulit, und während Cicero schrieb Terentii fabellae propter elegantiam sermonis putabantur a C. Laelio scribi, wusste Nepos auctore certo, wie sich versteht, eine Anecdote zu erzählen, welche den Laelius zum Dichter des Hau- tontimorumenos macht, gewiss nicht ohne Erinnerung an die Verse im Prolog. Was Wunder, dass nicht bloss Quintilian schrieb Zicet Terentii scripta ad Scipionem Africanum referantur, sondern Vagellius in Seneca’s Zeit Terentius’ Autorschaft mit der Frage bestritt Tuae, Terenti, quae vocantur fabulae, Ouiae sunt? non has iura qui populis dabat Honore summo adfectus feeit fabulas? In dieser Form und Fassung hat sich begreiflich der Fabel Nie- mand angenommen, aber an den Umgang, den poetischen Verkehr des Terentius mit dem Seipionenkreise glaubt man gern. Und doch lässt sich auch hierfür kein älterer und glaubwürdigerer Gewährs- mann als des Dichters Coneurrent Luscius namhaft machen. Dem Neidhart stand es an, die allgemeine Verdächtigung, dass Terentius sich auf Freundeshülfe stütze, auch ohne besonderen Anhalt hinzu- werfen, für den späteren, spezieller gewendeten Vorwurf aber fand er genügenden Grund in der Thatsache, dass Scipio, als er im Jahre 594 seinen Vater Aemilius Paulus durch Leichenspiele ehrte, zwei Lustspiele des Terentius (Hecyra und Adelphi) zur Aufführung brachte; eine Thatsache, die für uns zwar nicht schon ausreichend sein sollte, ein näheres persönliches Verhältniss zwischen Dichter und Festgeber vorauszusetzen, in einer Zeit zumal, in welcher kein irgend mit Terentius vergleichbarer Dichter für die Bühne thätig war, wohl aber geeignet scheint, die feine Weise in das rechte Licht zu rücken, in welcher Terentius, indem er dem Vorwurf ade- licher Beihülfe eine allgemeinere Wendung giebt, sich auch dem Festgeber verbindlich zu machen weiss. Auch Poreius folgt nur dem verbreiteten Ruf und hat von des Dichters Recht Gebrauch gemacht, wenn er der allgemein geglaub- ten Verbindung eine Seite abgewinnt, welche Theilnahme mit dem un- glücklichen Dichter zugleich und Abneigung gegen seine adelichen Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 27. November 1876. 799 Beschützer erwecken soll. Auf den Werth eines historischen Zeug- nisses hat seine freie Conception keinen Anspruch gemacht oder verdient. Am 283. November starb in Dorpat Hr. Dr. Karl Ernst von Baer, auswärtiges Mitglied der Akademie. 30. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Reichert las: Zur vergleichenden Anatomie des Schädels der Säugethiere mit Beziehung auf normale und anormale Hörner- bildung. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Bulletin de la Societe de geographie. Octobre 1876. Paris 1876. 8. P. Hunfalvy, Ethnographie von Ungarn. Im's Deutsch übertragen von Prof. J. H. Schwicker. Budapest 1877. 8. Memoires de l’ Academie de Stanislas 1875. IV. Ser. T. VII. Nancy 1876. 8. Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. Bd. I. Heft 4. Heidelberg 1876. 8. E. Plantamour, Resume meteorologique de l’annee 1874. Nov. 1875. — de l’annee 1875. Oct. 1876. Geneve 1875/76. 8. SD Gesammtsitzung vom 30. November 1876. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XXVIII. Heft 2. April — Juni 1876. Berlin 1876. 8. Revue scientifique de la France et de letranger. N. 22. Nov. 1876. Paris. 4. Atti della Societa Toscana di scienze naturali residente in Pisa. Vol.1I. Fasc. 3. Vol:/IT..Base..1.[ Pısa..1840.,08. Pubblicazioni del R. Össervatorio di Brera in Milano. N. XI. Milano 1876. 4. Atti dell’ Accademia Pontificia de nuovi Lincei. Ao. XXIX. Sess. IV. Roma 1876. 4. Atti della R. Accademia delle scienze di Torino. Vol. XI. Disp. 1. 2. (Nov. Die. 1875.) 3. 4. 5. 6. (Gen. — Giugno 1876.) Torino 1875/76. 8. Memorie della R. Accademia delle scienze di Torino. Ser. I. Tomo XXVII. ib. 1875. 4. Bollettino dell’ Osservatorio della R. Universita di Torino. Anno IX (1874). Anno X (1875). ib. 1875/76. 4. Nova Acta Reg. Soc. scient. Upsaliensis. Seriei III. Vol. X. Fasc. 1. Up- saliae 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Bulletin meteorologique mensuel de l’Observatoire de I’ Universite d’ Upsal. Vol. VOL. Annee 1875. ib. 1875/76. 4. .Desgl. R. Clausius, Über die Behandlung der zwischen linearen Strömen und Lei- tern stattfindenden ponderomotorischen Kräfte. Sep.-Abdr. 1876. 8. en In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1875 bis 1876 er- schienen: J. FRIEDLAENDER, Über einige römische Medaillons. 1873. Breisess le Lipscuitz, Beitrag zu der Theorie des Hauptaxen-Problems. 1873. Breis: 35M. o0’PF. ScHort, Zur Uigurenfrage. 1873. Preis: 1 M. 50 Pf. Kuns, Über Entwicklungsstufen der Mythenbildung. 1873. Preis: 1M. KIRCHHOFF & Currius, Über ein altattisches Grabdenkmal. 1873. IM. HAGEN, Messung des Widerstandes, den Planscheiben erfahren, wenn sie in normaler Richtung gegen ihre Ebenen durch die Luft bewegt werden, 1574. Preis:= EM. 90. Br. F. Harms, Über den Begriff der Psychologie. 1874. Preis: 1M. 50 Pf. A. KIRCHHOFF, Über die Schrift vom Staate der. Athener. 1874. Preis: 2 M. 50 Pf. F. Harms, Zur Reform der Logik. 1874. Preis: 2 M. HAupT, Marci Diaconi vita Porphyrii Episcopi Gazensis. 1874. Preis: IM. G. HirscHreLd, Kelainai-Apameia-Kibotos. 1875. reise] Mk Kummer, Über die Wirkung des Luftwiderstandes auf Körper von verschie- dener Gestalt, insbesondere auch auf die Geschosse. 1875. Preis: 4 M. A. KIRCHHOFF, Gedächtnissrede auf Moriz Haupt. 1875. Breis: 79. Rf. A. Kircnnorr, Über die Redaction der Demosthenischen Kranzrede. 1875. Preis: 2M. ScHoTf, Zur Uigurenfrage. 1875. Breis: LM! E. Röpiger, Über zwei Pergamentblätter mit altarabischer Schrift. 1875. Preis: 1M. R. HERCHER, Über die Homerische Ebene von Troja. 1875. 2. Aufl. Preis: 1M. REICHERT, Zur Anatomie des Schwanzes der Ascidien-Larven. 1875. Preis: 5M. Bruns, Die Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden. 1876. Preis: 4M. Currius, Die Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen. 1876. Preis: 2 M. Dovz, Die Witterung des Jahres 1875 und Anfang 1876. Preis: 2 M. 50 Pf. ZELLER, Über teleologische und mechanische Naturerklärung in ihrer Anwen- dung auf das Weltganze. 1876. Preis: 1 M. Harms, Über den Begriff der Wahrheit. 1876. Preis: 1 M. 50 Pf. Vırcnow, Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen, mit beson- derer Berücksichtigung der Friesen. 1876. Preis: 20 M. : el ANGE EReR og a Ü ann oe Kae Ay 5 R Be ku A Sa BSR a sb 3 1 & Sekridı a ‚te ” En) Baal) M € eigyt. BL. N Bo aTar Biuled ae . ercln sanll ni un Be Srlodien FÜR ea B.37 a, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. December 1876. Vorsitzender Sekretar: Hr. du Bois-Reymond. 7. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Weber las über ein synonymisches Sanskrit-Glos- sar aus dem Nachlass des Demetrios Galanos. Unter dem auf der Kön. Bibliothek zu Athen befindlichen literarischen Nachlass des Atheners Demetrios Galanos, der von 1786—1833 in Benares lebte und der, leider erst nach seinem Tode, durch seine aus diesem Nachlass eben publieirten Über- setzungen indischer Texte als ein ausgezeichneter und sorgfältiger Kenner des Sanskrit rühmlichst bekannt geworden ist, befinden sich auch einige Sanskrithandschriften, so wie ein von ihm selbst verfasstes polyglottes vergleichendes Wörterbuch. Durch die Ver- mittelung unsres verehrten Correspondenten, des Griech. Gesandten am hiesigen Hofe, Hrn. Rizo Rangabe Excellenz, wurden mir vor einiger Zeit von Hrn. C. Crokidas, Bibliothekar zu Athen, theils einige photographirte Faesimile’s einzelner Blätter aus jenen Handschriften, theils eine derselben selbst vollständig, zur näheren Bestimmung und Prüfung vorgelegt, und entspreche ich hiermit gern dem dieserhalb an mich gerichteten Wunsche der Griech. Re- gierung. Was zunächst jene Facsimile’s anbelangt, in Bezug auf wel- che es mir leider an einer Angabe über die Blattzahl der betref- fenden Mspte. gänzlich fehlt, so nimmt darunter das Hauptinter- [1876] 58 802 Gesammtsitzung esse von vornherein jedenfalls das Specimen jenes von Galanos selbst in englischer Sprache verfassten polyglotten Wörter- buchs in- Anspruch. (für den Wortlaut s. die nebenstehende Tafel.) Der Plan des Werkes ergiebt sich hiernach dahin, dass der Vf. das Persische, welches damals ja noch in Indien die Hof- sprache war, zu Grunde gelegt hat. Dazu giebt er denn zunächst, im vorliegenden Falle übrigens nur anhangsweise und nachträglich, eine Etymologie aus dem Sanskrit, stellt sodann die entsprechenden Wörter aus dem Arabischen, Türkischen und Hindi daneben, und führt diese letzteren je einzeln auf ihre Sanskrit-Wurzein zurück. Daran knüpft er schliesslich die synonymen Ausdrücke im Grie- chischen, und sucht auch diese letztern wieder, wo es angeht, mit dem Sanskrit zu vermitteln. — Dies ist in der That ein grossar- tiger Plan, der nicht blos von den ja freilich schon anderweit zur Genüge bezeugten gediegenen Sanskritstudien des Vfs., sondern auch von seiner umfassenden Sprachkenntniss und seinem richtigen prin- eipiellen Standpunkt ein ungemein vortheilhaftes Zeugniss ablegt. Ob es sich freilich lohnen möchte, das Werk selbst, das vermuth- lich doch wohl auch ziemlich umfangreich ist, jetzt noch zu pu- blieiren, das müssen wir allerdings bis auf Weiteres bezweifeln, da das Arrangement schliesslich doch im Ganzen nicht gerade ein wissenschaftliches, vielmehr ein durch rein äusserliche Momente bedingtes ist, zudem auch die Etymologieen selbst, wenigstens was die Vergleichung des Sanskrit mit dem Persischen und dem Grie- chischen anbelangt, dem vorliegenden Speeimen nach zu schliessen, nicht gerade besonders werthvolle Aufschlüsse in Aussicht stellen. Einige nähere Nachrichten darüber wären indess doch jedenfalls sehr wünschenswerth. ! Von den vier Sanskrit-Handschriften sodann, deren Faesi- mile’s mir vorliegen, enthält die eine (A), das Blatt zu 5 Zeilen a 26 akshara, einen metrischen Text, dessen vorliegendes Fragment (v. 1 Schluss — v. 6 Anfang) Vorschriften für den Dienst bei einem Fürsten enthält. Und zwar finden sich dieselben Verse im Panca- tantra I, 61. 65— 67. 62 ed. Kosegarten, I, 55 fg. ed. Kielhorn; Ss. auch Böhtlingk’s Indische Sprüche v. 336. 6889. 3030. 5645. 2992. Da sie indessen hier eben doch ganz anders gezählt sind, so liegt uns hier schwerlich eine Handschrift des Pancatantra, vielmehr wohl die eines andern niticästra, oder eines einen dgl. Abschnitt vom 7. December 1876. 8053 enthaltenden epischen Werkes, vor, zumal sich hier auch einige nicht ganz unerhebliche Varianten zu den Lesarten des Panca- tantra vorfinden. Es steht nämlich hier in v.2 särdham amaitrim na für särdham yo na mamtram; in v. 3 (prabhor,) matyä (vyatikra- met); in v.4 dvishi, als Locativ; in v.5 vidvän manyate; in v. 6 dütam irrig für dyütam, madyam für häläm. Von der zweiten Handschrift (B) sind leider nur die beiden Eingangszeilen (24 aksh. u. 27 aksh.) mitgetheilt, nnd lässt sich daraus der Inhalt derselben nicht entnehmen. Sie lauten: criganecäya namah | om namah crigurubhyah | surum cridakshinämürtim vibhum — vicvesvaram param | sarvajnam tam anädyamtam rätri(m)divam upäsmahe || ı || kätyaväcä. Dieses letzte Wort führt auf einen grammatischen Text, vor- ausgesetzt dass es als Kätyaväcä zu verstehen ist. Die dritte Handschrift (C), von der mir auch nur zwei Zeilen (zu 25 aksh.) vorliegen, scheint eine metrische kärik& grammatischen Inhalts zu enthalten. Die betreffenden Regeln beziehen sich auf Pan. 3,1, ıı (Bhäshya fol. 17b). Der Wortlaut ist der folgende: upamänät tathä kartur ärthe (!) kriyädvayam | ägau lope ’sya ca yathä garda — bho ’ceväyate ’evati | sa 0jo ’psaraso nityam paya ädec ca vä saluk | Von der vierten Handschrift (D) liegen mir vier Zeilen (zu 14. 13. 10. 11 aksh.), möglicher Weise also eine ganze Seite, vor; in der Mitte jeder Zeile ist ein grosser freier Raum, der in der ersten Zeile etwa für drei bis vier, in der zweiten für 7, in der dritten für 6 und in der vierten für 5 akshara ausreichen würde. Der Inhalt betrifft die verschiedene Verwendung einzelner Formen der Wurzeln sah und ish, die einander abwechselnd gegenüber gestellt werden. Der Wortlaut ist folgender: ähavakshobham || sähayati samgam |} ichati vyayam || sahati samgatim || anvishyati anyäyam || sahati yah || ishnäti svayam || sahyati unnatim | ishate. Alle diese Handschriften sind gut geschrieben, CD stammen etwa aus Anfang oder Mitte des vorigen Jahrh., und wäre es ganz dankenswerth, dieselben specieller zu untersuchen. 58* 304 Gesammtsitzung Von ganz besonderem Interesse ist denn nun aber die fünfte Handschrift, ein synonymisches Sanskrit-Glossar, die mir vollständig vorlag. Leider entbehrt dieselbe jedweder äusseren Bezeichnung in Be- zug auf Titel des Werkes, Namen des Vfs. oder des Schreibers, Datum der Abschrift. Auf einem voraufgelegten einzelnen Blatte steht blos: Ivdızov reEızov 45 rergeöıe, und dafür dass die Hand- schrift ganz modern ist, tritt zunächst schon ihr ganzer äusserer Habitus beweiskräftig ein. Es besteht dieselbe nämlich aus 360 in europäischer Weise neben einander stehenden Quartblättern in 45 gehefteten, numerir- ten, und je auf der letzten Seite auch nach der Blattzahl paginir- ten Lagen zu 8 Blättern. Die letzten drei Blätter (von 357a an) sind unbeschrieben. Jede Seite ist in zwei Columnen getheilt; die ersten 21 Lagen sind mit Bleistift schwach liniirt, zu 17— 22 Zei- len. Von Lage 54 ab ist das Format etwas schmäler. Die Schrift ist vortrefflich, die letzten elf Bogen von einer mehr liegenden und weniger dick auftragenden Hand, die indess auch schon in den früheren Lagen hie und da abwechselnd eintritt. Der Text ist sehr correct und sorgfältig geschrieben, auch vielfach und speciell durcheorrigirt. Es fehlt freilich auch nicht an einzelnen or- thographischen Eigenthümlichkeiten. So steht z. B. bei Ligaturen mehrfach der zweite Consenant voran, z. B. kavtı für katvi, kapla für kalpa, cinha für cihna, uptädakah für utpädakah, Saravyäh für Sarayväh; ech, ddh werden hie und da durch tch, tdh gegeben; dh steht gelegentlich für gh, z. B. dhattagä; sh steht hie und da für c, z. B. shäna, prishniparni. Die Nasale werden vor ihren homogenen Consonanten fast nur durch den anusvära gegeben. Die Verdoppelung nach r trifft fast nur t, dh, ist jedoch auch da nicht regulär durchgeführt. Auch die Schreibung des b ist nicht constant, da es in demselben Worte hie und da wieder durch v gegeben wird. Andrerseits freilich werden hie und da dieselben Wörter geradezu als verschiedene Wortformen aufgeführt, je nachdem sie mit b oder mit v geschrieben werden, so z. B. 248a unter den Synonymen von markati die drei Formen cü- kacimbih, °bi, °bä neben den drei Formen cuükacimvih, °vi, °vä. Und ganz ebenso stehen hie und da auch Formen mit c, sh oder s als Varianten neben einander, so cäntam und sän- tam sowie kucalam und kusalam 327a, caurih und saurih 3öla, vom 7. December 1876. 805 eitä und sitä 35la, sämkhyam und cämkhyam 344b, vasishthah und vacishthah 320a, äcädhah und äshädhah 325b, vicuvat und vishuvat 326a, parivecah und pariveshah 34la. — Das Papier ist leider sehr brüchig, und haben darunter besonders die ersten Lagen gelitten (speciell z. B. fol. 24), so dass sich auch ihre Ver- bindung gelöst hat, in Folge wovon die einzelnen Blätter unter einander gekommen waren; da sie nun bis auf das je letzte Blatt jeder Lage unpaginirt sind, kostete es einige Mühe, sie wieder in die richtige Ordnung zu bringen. Wir haben im Übrigen hier allem Anschein nach kein Ori- Sinal, sondern nur eine Abschrift, resp. eine Reinschrift vor uns, da sich darin mehrfach Lücken vorfinden, resp. Stellen, wo für die richtige Lesart, etwa weil das Original nicht recht leser- lich war (z. B. 109b), oder für anderweite Ergänzungen entweder geradezu Platz gelassen ist, so fol.79b. 90a. 92a. 107a. 264b, oder doch eine sonstige Markirung, durch einen wagerechten Strich näm- lich!), oder durch mehrere dgl. Striche, vorliegt, z. B. 50b. (eine anscheinend nicht unbedeutende Lücke). 260a;5 wie denn eben auch sonst noch mehrfach theils Umstellungen (z. B. 98a. 103 a) theils anderweite Correcturen und Glossen entweder wirklich sich vorfinden, oder doch durch Marken dafür, das in solchen Fällen allgemein übliche Zeichen, v nämlich, als zu suppliren indieirt sind. Und zwar ergiebt sich ferner, dass, wenn wir es auch hier mit einer durchcorrigirten Reinschrift zu thun haben, das Werk selbst seinerseits doch noch ein gänzlich unfertiges ist, dessen Inhalt sowohl wie dessen einzelne Theile noch nicht irgend in ein entsprechendes Verhältniss zu einander gebracht sind. Es geht dies einfach zunächst schon aus der äusseren Eintheilung des Werkes hervor. Der Schlussunterschrift zufolge nämlich zerfällt das Ganze in drei skamdha. Aus dem Innern jedoch lassen sich zwar dafür die drei Namen bhümiskamdha, svargaskamdha und nabhahskamdha entnehmen, nicht aber deren Begränzung im Ein- zelnen, da die letzten Abschnitte ganz durcheinander gewürfelt sind, insofern hinter dem dritten skamdha, dem nabhahskamdha noch zwei Abschnitte des bhumiskamdha, und diesem wieder zwei !) hie und da ist indessen der wagerechte Strich vielmehr wohl auch umgekehrt als Zeichen, dass nichts fehlt, obschon in der betreffenden Zeile kein Wort steht, als Abschlufsstrich also, so zu sagen, aufzufassen, 806 Gesammtsitzung des svargaskamdha folgen, woran sich dann noch, zum Schluss ein Cap. über die Adverbia, und zwar eben als Theil des drit- ten skamdha, anschliesst. Der Umfang der drei skamdha ist zu- dem ein enorm verschiedener. Der bhümiskamdha allein geht zu- nächst bis 298b, wozu dann nach dem so eben Bemerkten noch 3285a—339b hinzutreten; für die andern beiden skamdha zusam- men bleiben somit nur 46 foll. übrig, die sich aber auch wieder nicht genau unter sie vertheilen lassen, da die Angabe über den Schluss des svargaskamdha und den Beginn des nabhahskamdha fehlt. Und ganz das Gleiche gilt denn auch ferner für die Unterab- theilungen der drei skamdha, ihr Umfang ist enorm verschieden; es giebt im Übrigen auch gar keinen durchgehenden Namen dafür, dieselben heissen bald amkura (so drei dgl. im Eingang), bald kämda, und zwar als Masculinumo der Neutrum gebraucht, bald prakämda, bald varga, ja einmal (321b) sogar auch skamdha selbst (!). Und wie die äussere Eintheilung, so ist auch die innere Anordnung des Stoffes noch eine gänzlich unfertige, nur provi- sorische so zu sagen. Es erscheinen nämlich theils die einzelnen Synonyma eines Wortes nicht nur ohne irgend welches innere oder äussere Eintheilungsprineip pele mele durch einander gewürfelt, und zwar so sehr, dass meist nicht einmal die lautlich zunächst zu einander gehörigen Wörter, resp. Varianten eines und desselben Wortes, neben einander stehen; theils ist die Aufzählung selbst so wenig revidirt, dass sich sehr häufig dasselbe Wort doppelt, ja einige Male sogar dreimal!) aufgezählt findet. Auf die Reihen- folge der Stichwörter selbst ist zwar etwas mehr Sorgfalt verwen- det, doch schliesst sich dieselbe auch nur ganz im Allgemeinen an die in dgl. Texten überlieferte Ordnung an, geht im Einzelnen ganz ihre eigenen Wege und erscheint in einigen Abschnitten eben- falls gänzlich ungeordnet und eines jeglichen Fadens entbehrend. Dieser vollständig unfertige Charakter des Werkes nun beruht seinerseits offenbar wesentlich darauf, dass wir in demselben einen Versuch vor uns haben, die einheimische Methode der synony- mischen Glossare mit den europäischen Bedürfnissen gewisser- maassen zu verschmelzen. Die Darstellungsweise darin weicht 1) so kärttasvaram unter den Namen des Goldes 164b. 165a, vasuh unter denen des Feuers 303a—304a, khamdaparacuh unter denen des Civa 3lla—312a, mihira unter denen der Sonne 339b. 340a. vom 7. December 1876. 807 nämlich von der in den sonstigen Werken der Art üblichen voll- ständig ab. Es ist eben eigentlich gar kein Text, den wir hier vor uns haben, sondern vielmehr nur eine so zu sagen listen- förmige Aufzählung, nach Art etwa von Yäska’s Nighantu, aber doch auch wieder ganz anders eingerichtet, nämlich in der Weise, dass das zu erklärende Stichwort stets, eine Zeile für sich bildend, im Genitiv voransteht, und darauf dann die Synonyma, ebenfalls je eine Zeile für sich bildend, im Nominativ folgen, wo- ran sich nur hie und da ganz kurze Notizen, sei es über die Fi- nalis des Thema’s!), sei es über das Geschlecht?) und den Nu- merus®) des Wortes, anschliessen. Da nun diese Darstellungs- weise des Werkes, ebensowohl wie der ganze äussere Habitus der Handschrift überhaupt, völlig aus der Gewohnheit indischer Werke?) und Mss. herausfällt (— hie und da ragen noch einige Spuren der benutzten metrischen Quellen in die Darstellung hinein; so das api hinter phanavän 295a; ebenso hat der Schreiber hie und da, von der Gewohnheit die Wörter hinter einander fortlaufend zu schreiben geleitet, in einer Zeile ein zweites, nämlich das je fol- gende, Wort geschrieben oder doch zu schreiben angefangen, das er dann wieder ausgestrichen, und richtig in die nächste Zeile für sich allein gestellt hat—), so vermuthe ich, dass wir es hier mit einer Arbeit zu thun haben, die zwar nicht Galanos für sich selbst angefertigt hat, (denn däs wäre doch wohl auch über seine Leistungsfähigkeit hinausgegangen!), die jedoch nach sei- ner Anleitung in dieser leicht übersichtlichen Form von einem seiner brahmanischen Freunde in Benares für ihn angefertigt wor- den ist. Und zwar leider eben, ohne die letzte Feile zu erhalten und ohne wirklich eigentlich zur Perfektion zu gelangen. Sollte etwa auch in Benares noch eine ÜOopie liegen ? 1) bei den Wörtern nämlich auf n oder s wird, um dies eben zu mar- kiren, einfach ein n oder s, mit viräma darunter, danach aufgeführt. ?) bezeichnet durch na°, pum° (hie und da auch durch nä), stri°. Einige Male finden sich mehrere Wörter auf a hinter einander auf mh auslautend aufgeführt, ob etwa um sö in einfachster Weise zu markiren, dass sie so- wohl als Neutra wie als Masculina zu gelten haben? 3) wenn nämlich ein Wort etwa nur im Plural, bhümni, üblich ist. 2) zu vgl. immerhin ist die Aufzählung der Substitute in den Präkrit- Grammatiken, obschon dabei ja freilich stets die Form der Composition festgehalten wird. 808 Gesammtsitzung Und doch ist es ein wirkliches Missgeschick, dass dies Werk erst jetzt bekannt wird, ein Jahr nachdem das grosse Peters- burger Wörterbuch seinen Abschluss gefunden hat. Denn trotz aller ihrer in die Augen fallenden Unfertigkeit liegt uns hier doch eine Compilation von hohem Werthe vor, die ihrem Vf. alle Ehre macht, und unter deren ec. 25000 Wörtern!) sich eine ganz erhebliche Zahl von Wörtern, insbesondere technischen Ausdrücken, Pflanzennamen ete. vorfinden, die man vergeblich in jenem grossen Thesaurus suchen wird. So befinden sich z. B. gleich im ersten Artikel unter den 24 Namen Ganeca’s vierzehn Wörter, die da- selbst entweder gar nicht oder doch nicht in dieser Verwendung gerade aufgeführt sind. Vermuthlich war eben der doch wohl wie Galanos selbst in Benares lebende Verfasser im Stande daselbst eine ganze Zahl von koca zu benutzen, die wir annoch nicht ken- nen. Aber auch zu den uns bekannten dgl., mit denen er offen- bar gut vertraut war, bieten seine Lesarten mehrfach höchst dan- kenswerthe Varianten zu den Lesarten der uns davon bisher zu- gänglichen Texte, resp. Ausgaben. An einigen Stellen eitirt er bei Aufführung der Stichwörter zu deren näherer Erklärung ganze cloka, so 97b. 108ab. 143b. 260b (aus Sucruta). 263b. 325b. Man- che seiner Angaben mag er im Übrigen vielleicht gar nicht aus der einschlägigen Literatur, sondern aus dem lebendigen Usus des Sanskrit, wie es unter den Brahmanen gesprochen wird, genommen haben. Und es wird dabei denn auch wohl manches Gemachte und selbst Falsche mit unterlaufen, wie sich denn ja überhaupt einzelne Irrthümer und Missverständnisse sofort beim ersten An- blick herausstellen ?). Eine kritische Durchmusterung des hier vorliegenden reichen Materials, die im Wesentlichen auf eine Vergleichung mit dem bis- her Bekannten und auf eine Herausschälung des wirklich Neuen hinauszulaufen hätte, würde die darauf zu verwendende, freilich !) so viel kommt heraus, wenn wir im Durchschnitt auf jedes der 357 Blätter 70 Wörter rechnen. 2) der Schreiber hat z. B. hie und da falsch getrennt und aus einem Worte deren zwei gemacht, jedes derselben in aparter Zeile für sich auffüh- rend z. B. äcitam, gavinam 7b (auch später noch einmal), oder erimgäa, tekä unter den Namen der Vurgä 313b (wohl erimgätikä?). vom 7. December 1876. 809 sehr erhebliche Mühe allem Anschein nach auch wirklich reich be- lohnen und manchen wichtigen Beitrag u. A. auch schon für das richtigere Verständniss solcher Wörter liefern, die bisher nicht aus der Literatur, sondern nur aus den koca bekannt sind. Letzte- res darum, weil, wie bereits erwähnt, die Stichwörter hier mehr- fach so zu sagen commentirt sind, wie denn überhaupt manche Aufzählungen gar nicht den Charakter einer Aufführung von Sy- nonymen, sondern vielmehr von Epitheten und glossirend erklären- den Wörtern tragen. Hie und da sind es geradezu Aufzählungen verschiedener Kategorien, resp. Theile und Eigenschaften des durch das Stichwort bezeichneten Gegenstandes, dessen Genetiv dann ein ekaikam zu folgen pflegt, während jene danach einzeln, oft von zweiter Hand numerirt, aufgeführt werden. Ich gehe nunmehr zunächst an eine Gesammtübersicht über den Inhalt des Werkes und lasse sodann speciminis caussa einige Abschnitte daraus folgen. Der erste skamdha, Namens bhumiskamdha, zerfällt zunächst in 17 kämda (bis 298b). Dem ersten dieser Abschnitte, der mit diesem Namen bezeichnet wird, und welcher, zufolge der bei der nächsten dgl. Bezeichnung gemachten Angabe, als dritter derselben zu betrachten ist, dem narädikämda nämlich, gehen übrigens nicht zwei, sondern drei, besonders markirte, jedoch nicht als kämda, sondern als amkura bezeichnete Abschnitte voraus, eine Be- zeichnungsweise, die dann im weiteren Verlaufe nicht wiederkehrt. Nach Aufzählung der 24 Namen Ganeca’s werden nämlich als amkura 1 (bis 4b) die Synonyma für Erde, Himmel, Welt, als amkura 2 (bis 7b) die für Ort, Gegend, Land (Ländernamen), Feld, Getraidefeld, und als amkura 3 (bis 17a) die für Stadt (Städtenamen), Stadttheile, Mauer ete., Haus, Weg aufgezählt. Darauf folgt dann also das naradikämdam (bis 64a). Mensch, Mann, Eunuch. Weib, Mädchen, Dirne, Gattinn (22a), Schwanger- schaft, Embryo. Schwester (24a) und sonstige Blutsverwandte etc. Jugend (27a), Alter, Kindheit, Eltern. Körperliche Eigenschaften (29b), resp. Mängel. Leib (32b), Theile und Glieder desselben vom Kopf abwärts (33a). Schmuck (45a). Kleidung (48a). Vorhang (50b), Zelt. Hierbei denn eine dem Anschein nach nicht uner- hebliche Lücke, da 50b in der Aufzählung der Synonyma hiefür abbricht, wobei dann auf der letzten Zeile sich vier wagrechte 810 Gesammtsitzung Striche neben einander befinden, und 5la darauf mit dem Stichworte rogasya auf das wenn auch an und für sich hier ganz berechtigte, so doch gerade hiezu schwerlich in direktem Anschlusse stehende Gebiet der Krankheiten übergeht. Es folgen: Kost (56b), ärzt- liche Mittel, besonders Bad und dazu gehörige Salben und Duft- essenzen (bis 63a); Lager, Spiegel und andere Toilettengegen- stände. Der nächste kämda, am Schluss (S0b) als caturthah kämdah bezeichnet, heisst brahmakända. Namen der sieben rishi; vanca, gotra; Aufzählung der 15 samskära; brähmana; vedapätha; pam- dita, cishya. Opfer. Ehrenerweisung für den Gast. Namen alter rishi und sonstiger Weisen (Pänini, Patamjali bis Bhavabhüti). Sek- ten (77b). Askese. Es folgt das kshatrakämdam (bis 117a). kshatriya; König. Minister und Diener des Königs. Feind, Freund. Namen alter Kö- nige, Prithu bis Gälivähana (87a). Spion; Astrolog; Schreiber, Schreibutensilien; Boten. Schatz. Politische Hülfsmittel. Insignien. Streitwagen, Wagen. Elephant (95b bis 97b). Ross (bis 101b, hier auch die aus Hemacandra bekannten Fremdnamen auf °äha). Pan- zer, Rüstung, Heer (104a), Waffen; Auszug in den Krieg (111a), Kampf. Tod (115a). Leichnam. Hierauf der vaicyäkhyah shashthah kämdah (bis 175b). vaicya. Schulden, Zins, Zeuge. — Ackerbau, Ackersmann, Pflug. Reiss (119a) und sonstige Feldfrüchte; Sesam (124a); Mehl (125b). — Küche (126b), Koch, Küchengeräth. Gewürz, Gemüse, Zwiebel, Knoblauch. Zuckerrohr (139a). ghrita (140a), Butter, Milch, dadhi. Kuchen (142b). Fleisch (143b). Essen, Geschmack. Scharfe Ge- würze (l145b). Betel, Pfeffer; Lack (150a). Giftpflanzen (15la); offieinelle, Zier- und andere Pflanzen (151b). Salze (155b). Knol- lengewächse (154a). — Viehzucht (155b); Rindvieh (156a). Ka- meel (159b), Ziege, Schaf, Esel. — Handel (161a); Tausch. Zah- len durch Worte ausgedrückt (161b). Decimalzahlen. Aufzählung der 64 kaläs (162b, ganz anders, als im Pet. Wört.). Gewichte, vom Atom an (165b). Gold (164b), Silber und andere Metalle. Mine- ralische Substanzen (167b), Farben, Öle; Schwefel, Vitriol. Col- lyrium, Quecksilber, Talk. Perlen (170b), Korallen, Edelsteine. Honig (172b), Öl, Wachs. Es folgt der güdrädiprakämdah (bis 154a). cüdra, Misch- kasten. Handwerker (174b). Diener. Jäger (177b), Hund, Jagd. vom 7. December 1876. sll Dieb (178b). Fallen. Strick (179b), Riemen (180a). Baumwolle (181a). Werkzeuge. Bild (181b). Lohn (182a). Berauschendes Ge- tränk, Schänke. Bordellwirth (185b). Spiel, Würfelspiel etc. Der eriashtamakämdah (bis 206a) enthält die Eigenschafts- wörter p&le m&le durch einander; von 201b ab hauptsächlich solche, die die Form eines Part. Perf. Pass. haben. Das navamakändam (bis 217b) führt die Wörter für Hand- lungen und die Abstracta auf; auch hier geht Alles durch einan- der. Hie und da sind auch concrete Appellativa mitten darunter gestreut. s Es folgt der vanaushadhikämdo dacamah (bis 261b). Wald-, Frucht- und andere Bäume, Blumen (239a), Rohr, Gräser, Pflan- zen aller Art. Dem Anschein nach noch reichhaltiger als die im Cabdakalpadruma benutzte Räjanirghantu. Der carabhädi ekädacah kämdah (bis 227b) handelt von den Waldthieren, also den Raubthieren, Rehen, Affen, Mäusen, Eidech- sen, Spinnen (260a), Skorpion, Ameise, Wanze. Vogel (267a), Vogelarten. Insekten (274b). Es folgt der dvädacaprakämdah (bis 251at)). Berg. Berg- namen. Stein. Bergwerk. Der crisamudräditrayodacah kämdah (bis 295b) handelt von Meer, Wasser, Fluss. Flussnamen. Schifferei. Fischerei (287a). Fische. Muscheln. Teiche. Lotusblumen. Der pätälakämdah caturdacah (bis 295a) betrifft die pätäla- Welt und ihre Bewohner, die daitya. Der sarpädayah (!) pamcadacah kämdah (bis 297a) handelt von den Schlangen, den mythischen und den wirklichen. Es folgt der närakah shodacah kämdah (bis 297 b). Die Höllenwelt. Schmerz. Die preta. Endlich der erijinakämdah saptadacah (bis 298a) führt die Namen des Jina auf. Man könnte diese Bevorzugung desselben vor den Gestalten des übrigen Pantheons etwa auf die religiöse Stel- lung des Vfs. selbst zurückführen wollen, resp. darin einen Ein- fluss des Galanos auf denselben darin erkennen? Andererseits in- dessen ist doch im Auge zu behalten, dass vielmehr die Quellen des Vfs., die einheimischen koca selbst, ihrerseits zu einem guten !) 279b. 280a sind vom Schreiber leer gelassen, überschlagen, 812 Gesammtsitzung Theile auf buddhistische, resp. Jaina-Autoren zurückgehen. Beide Religionsformen sind ja eben in Folge davon, dass sie sich für ihre heiligen Texte der Volkssprachen bedienen, für die Entwicklung und Ausbildung der grammatischen, wie der lexikalischen Literatur von grosser Bedeutung geworden. Hiermit schliesst denn also, zunächst wenigstens (s. sogleich), der bhümiskamdha. Es folgt svargaskamdhe prathamah pra- kämdah (bis 303a). Gott; Götterschaaren; Halbgötter (vidyädhara, apsaras, etc.). Himmelsrichtungen (302a). Hierauf: devaprakämdo '"yam dvitiyah (bis 505b); agni als Gott und als Feuer. Feuerbrand, Feuererscheinungen. Der Schluss dieses zweiten skamdha ist nicht bezeichnet, eben- sowenig wie der des ersten Abschnittes des dritten Buches, des na- bhahskamdha. Die nächste Schlussbezeichnung ist nämlich die des zweiten skamdha (sic!) dieses letzteren (321b iti nabhaskamdhe dvitiyah skamdhah). Bis dahin werden behandelt: väyu als Gott und als Wind; indra, yama, varuna, kuvera; civa (310b) und sein Gefolge, gauri (303 a), skamda (314b). Hier schliesst vermuthlich der zweite skamdha und beginnt der nabhahskamdha; denn es folgen nunmehr: Wolke (315a), Blitz, Regen. Mond (316b); Sterne, nakshatra (317 b, natürlich mit acvini beginnend); Planeten (319a); grosser Bär (320a), Canopus (320b), Zodiakalbilder (321a). Nun kommt aber auf einmal wieder ein Abschnitt, der am Schluss (328a) als bhümiskamdhe kälakämdah bezeichnet wird. Zeit, Zeitabschnitte. Tag, Nacht. Vollmond. Feste. Neumond. Mo- nate (325a, mit märgacirsha beginnend). Jahreszeiten. Jahr, yuga (326b). Weltzerstörung; Frevel, Gutthat. Freude, Glück. Ursache. Seele. Absolutes. Geburt. Und ebenso heisst es dann auch am Schlusse (359b) des fol- genden Abschnittes: iti bhuvah skamdhah siddhim agät (!). Noten, Melodieen, Töne, Klänge, Gesang, Tanz, Musik, Instrumente. Schauspieler. Titulatur ete. im Drama. Die 10 rasa, Affekte und Gemüthsbewegungen aller Art, geistige Fähigkeiten und Thätig- keiten (337a). Sinnesobjekte. Elemente, Sinne, Sinnesthätigkeit. Farben. Hieran jedoch schliesst sich nun wieder ein Abschnitt, der am Schlusse (349b): iti svargaskamdhe brahmakämdah samäptah bezeichnet ist. Sonne als Gott und als Körper. brahman (341 b) und seine Demiurgen, die 14 manu, die 14 indra; brahman’s Tochter vom 7. December 1876. 813 väc (343b). Rede, Satz. Der veda (344a). Sonstige literarische Compositionen. Gegenstände der kävya (345a). Redeweisen (346b). Aussprache, Stimme, Thierstimmen (349). Darauf sodann folgt ferner wiederum (s. oben) ein devapra- kämdah dvitiyah (bis 554a). Vishnu, die beiden Räma, Krishna, Baladeva, Käma, Garuda, Lakshmi. Ä Den Schluss endlich macht (bis 357a) ein Abschnitt über die Adverbia, am Schlusse bezeichnet als: iti tritiyaskamdhe avya- yavargah. Ich lasse nunmehr als Specimen des Textes zunächst die ersten drei amkura folgen. ganecasya | vinäyakah, prienierimgah, gah, tridhätuh, tum- dilah, dvaimäturah, herambah, vighnah, lambodarah, ekaradah, ga- necah, vighnecah, mushavähanah, hastimukhah, simdüravallabhah, modakavallabhah, vakracumdah, shanmukhägrajah, vakrapädah, va- krabhujah, sadämadah, civaputrah, caturbhujah, pamcabhujah. prithivyäh | gauh, dharani, dhätri, bhüh, dharä, idä, avanı, sthirä, dharitri, bhütadhätri, urvi, kshmä, avanih, jyä, mahi, ksha- mä, dhärani, käcyapi, irä, kuh, medini, vasudhä, ratnagarbhä, acalä, anamtä, kshitih, vievambharä, ädhyä, jagatı, goträ, prithvi, rasä, kshoni, sarvamsahä, kshonih, kumbhini, nirritih, vasumdharä, vasu- mati, bhümih, mädhavi, püshä, krodakämtä, prithivi, mahih, sahä, aditih, niccalä, bijasuh, abdhivasträ, cyämä, bhütamätrikä, bhuüh(!), prithivi(!), bhümi, vasudhärini, gailädhärä, gamdhamätä, sudhä, vi- cvä, gahvari, ilä, parvatakilä. — sarvasasyayuktäyäh | urvarä, sar- vasasyädhyä. mridah | mridä, mrit, mrittikäl. — pracastamridah | mritsä, 01) mritsnä. — kshäramridah | kshäramrittikä, üshah pu°, üshä. äkäcasya| bhuvah cämtam” a°”, dyauh stri., äkäcah pum”., vi- häyäh pum. na.”, nabhah na., ambaram, pushkaram, vyoma, gaganam, anamtam, kham, divam, viyat, amtariksham, amtariksham, vishnu- padam, devamärgah, pakshimärgah, ishumärgah, väyumärgah, arka- » d.i. pumän oder pumlimgah. ) lies: säntam; im Verlaufe steht in solchen Fällen ein blosses s mit viräma. ) avyayam. » napunsakam. 814 Gesammtsitzung märgah, camdramärgah, nakshatramärgah, yogimärgah, digavasthä- nam. svargasya | suralokah, näkah, svargah, svah a°, devasadma, dyauh stri, tridivah, merucrimgam, trivishtapam. dyäväprithivyoh | vrihatyau, rodasyau, vrihati, rodasi, ghri- tavatyau, rodhasyau, rodhasi, dyäväbhümi, ghritavati, dyäväpri- thivi, divasprithivyau, dyäväprithivyau. Jagatah | jagati, jagat, vishtapah, pishtapah, bhuvanam, lokah. || iti bhümiskamdhe prathamdmkurah || decasya | nivrit, janapadah, jänapadah, vishayah, decah, prade- cah, räshtram, sthitih, avakäcakah, padam, upavartanam, sthänam. jalapräyasya ! anüpam na., kachah. — tadviparitasya'| jäm- galah. — ubhayalakshanasya | sädhäranah. - prägdakshinasya | präcyah. — paccimottarasya | udieyah. — madhyadecasya | madhyamah, madhyadecah. mlechadecasya | pratyamtah, anäryadecah. äryävarttasya | äryasthänam, äryävartab, äcäravedı. — Gam- gä-Yamunayor madhyasya | amtarvedi, camasthali. — Sarasvati- Drishadvatyor madhyasya | brahmävartah, brahmavedi. — pameä- rämahridämtarasya | Kurukshetram, dharmakshetram, vinacanam)), Kurujämgalam. decaviceshasya | pämdüdah, krishnabhümikah. — kumudädhi- kasya | kumudvän, kumudapräyah. — vetasädhikasya | vetasvän, bahuvetasah. — nadädhikadecasya | nadakiyah, nadapräyah, nadvän, nadvalah. — navatrinapracurasya | cädvalah, cädaharitah. — sakar- damasya | sajambälah, pamkilah. nadisampannavrihipälitasya | nadimätrikah. — vrishtisampan- navrihipälitasya | devamätrikah. — ubhayasampannasasyayuktasya | _ dvaimätrikah. üsharadecasya | üsharah, üshavän, üshah. — karparämcasya | garkarä&. — carkaräbahuladecasya | carkarilah, eärkarah, carkarä- vän. — välukäyäh | sikatä, välikä. — välukävahuladecasya | sika- tilah, saikatah, sikatävän. — sthalasya | sthali, sthalam.. svadharmapararäjayuktadecasya | räjanvän. — adharmapararä- jayuktasya | räjavän. ') yisacanam prima manu. vom 7. December 1876. 815 Vählikadecasya | Vahlikah, Vahlikah, Vählikah, Vählikah, Co- lah, Codah. — Yavanadecasya | Yavanah, Pärasikah, Pärasikah. — decaviceshasya | Vänävuh, Vänävukah. — decaviceshasya | Darat, Daradä. — Känyakubjasya | Kanyakubjah, Kucasthalam, Kanyä- kubjä, Känyakubjah. — Kosaladecasya | Kocalah, Kosalah. — de- cavigeshasya | Tirabhuktih, Tirabhuktah. — Mithiladecasya | Vide- hah, Mithilah. — decaviceshasya | Caidih, Caidyah. — decavice- shasya | Dahälah, Dähälah, Dähalah. — Käcidecasya | Käcih pum., Väränasah, Varänasah. — decaviceshasya | Cuklikah, Suklikah. — Komkanasya | Kaumkanah, Komkanah. — decaviceshasya | Kam- pillah, Kämpillah, Kämpilyah, Kaupillah, Kaupilyah. — Kämaroh | Kämarüpah, Kämaruh. — decaviceshasya | Crihattah, Harikelih, Chrihattah. yavodbhavocitakshetrasya | yavyam, yavakyam, yäveyam. — vrihyudbhavocitasya | shäshtikam, vraihikam. vraiheyam. — anüd- bhavocitasya | änavinam, änavam. — cäkodbhavo° | cäkacäkatam, cäkacäkatinam (!). — tilodbhavo° | tilyam, tailinam. — mäshodbha? | mäshyam, mäshinam (dentales n!). — umodbhavo° | umyam, aumi- nam, aumam. — mudgodbhavo° | maudginam, maudgam. — bham- godbhavo® | bhamgyam, bhämginam, bhämgam. — kodravo° | kau- dravinakam. uptasya | bijäkritam, uptam, krishtam. — halyasya | cityam (!si?), halyam, halekritam. — trigunäkritasya | trigunäkritam, tri- halyam, trisityam. — dvigunä° | dvigunäkritam, dvihalyam. — eka° | ekahalyam, cambäkritam. — dronaväpasya | draunikam. — ädhakavä° | ädhakikam. — khärtvä° | khärikam. kshetrasya | vaprah pum. na., kedärah, vätah. — kshetraga- nasya | kaidärakam. — halädy-akrishtasya | akritam, khilam, apra- hatam. — marudecasya | maruh, dhanvä. gosthänasya | goshtham, gosthänakam. — bhütapürvasya | gaushthinam. — puräcitasya | äcitam, gavinam. || iö bhümiskamdhe dvitiyamkurak || nagarasyä’tilambasya | sthäniyam, dramgah, vivacah. — dro- namukhasya | dronamukham, karvatah, kharvatah. — purasya | puram pu. na. — tadardhasya | khetah. — tadardhasya | pattanam pum. na. — tadardhasya | nigamah. — tadardhasya(!) | nivecanam, 1 . us . . ” ) als zwei Wörter, in zwei Zeilen. 316 Gesammtsitzung puri, püh, purayah, puram, nagaram, mamdiram, pattanam, patta- nam, katakah pu. na. cäkhänagarasya| abhishyamdi, ramanam”, upapuram, cäkhäna- garam. — karshukaväsabhuvah | grämah, samvasathah, nivasathah, parivasathah, upavasathah. — grämamukhasya | janyam, grämamu- kham. — simäyäh | äghärah, ghatah, avadhih, amtah, avasänam, simä, maryädä. — grämasimnah | upacalyam, kamtah, kamtakah. — grämämtarätavyäh | mälam. — nadyädisamipavartibhümeh | paryam- tabhüh, parisarah. — karmabhuvah | karmämtah, karmabhüh. Äbhiravasateh | Äbhirapalli, ghoshah, vrajah. — Bhillagräma- sya | pallih, palli, pakvanah, Cabaräväsah. veeyäcrayasya | vecah, vecyä. — dvijanmanäm niväsasya | agra- härah. — alpagrämasya | grämatikä. — vikrayasthänasya | vipanih, panyavithi. — cüdracäsanasya | kliptakilä, pattolikä. — eäsanara- hitasya | pämcukilä (!). Hastinäpurasya | Gajähvayam, Hastipuram, Gajähvam, Gajasä- hvayam, Hastinam, Hästinapuram, Hästinäpuram. — Ekacakranaga- rasya | Ekacakram, Harigriham, Qambhüvartanih. — Ayodhyäyäh | Säketam, Cäketam, Ayodhyä, Uttarakocalä, Kosalä. — Känyakubja- purasya | Kanyakubjam, Kanyäkubjam, Känyakubjam. — Gädhipura- sya | Mahodayam, Gädhipuram. — Dvärikäyäh | Kaucam, Dvärävatı, Dvärakä, Dvärikä, Kucasthali, Vanamälini. — Pätaliputrasya | Pushpapuram, Pätaliputrakam. -— Mithiläyäh | Videhä, Mithilä. — Cedipurasya | Cedipüh, Tripuri, Cedinagari. — Kaucämbyäh | Kau- cämbi, Vatsapattanam. — Prayägasya | Präjäpatyah, Prayägah, Asnihotragriham. — Mathuräyäh | Mathurä, Madhüpaghnam, Ma- dhurä. — Käcyäh | Givapüh, Puriereshthä, Tirtharäji, Jitvari, Ta- pa(h)sthali, Käci, Väränasi, Käcih, Varänasi, Varanäcı, Mahäcma- cAnam, Änandavanam, Avimuktakam, Civalimgam. — Ujjayinyäh | Ujhjhayini, Vicälä, Ujjayini, Pushpakaramdini, Avamtikä. — tad- udyänasya | Pushpakaramdakam. — Bänapurasya | Devikotah, Bä- napuram, Kotivarsham, Umävanam, Conitapuram. — Vriddhana- garasya | Camatkärapuram, Nagaram, Vriddhanagaram. — Mähish- matyäh | Siddhapuram, Särasvatam, Haihayapüh, Mähishmati. — Indraprasthasya | Indraprastham, Yoginipuram. — Nishadhäyäh | Nalapuri, Nishadhä. — Gayäyäh | Gayaräjarshipüh, Gayä, Pitri- ) als zwei Wörter, in zwei Zeilen. vom 7. December 1876. 817 tirtham, Räjagriham, Jaräsamdhapuram. — Karnapuryäh | Campä, Mälini, Karnapuri, Lomapädapuri, Tämaliptam, Dämaliptam, Ta- mälint. — Stambapurasya | Veläkülam, Stambapuram, Vishnupüh. — Kumdinapurasya | Vaidarbham, Kumdinam, Kumdinäpuram. nagaräbhyamtaräyatanasya | rathyä, pratoli, vieikhä, nagaräbhy- amtaram. — kottasya | kottah, vaprah, cälah, präkärah, varanah, durgam pum. na., äveshtakah, kamdhävärah (!). — präkärägrasya | präkärägram, kapicirah, kotacirah. — nemeh | präkärabhittimülam, nemih stri. — grämädivriteh | präciram, parivärah. — bhitteh | kudyam pum. na., bhittih stri, karabhah. — amtarnyastamritaka- dehasya | ardhakudyakam, edükam, edukam pum. na. gehasya | nivecanam, sadanam, sädanam, vecma, bhavanam, manıdiram, vitam, nicämtam, dhäma, caranam, kulam, geham, ni- ketanam, agäram, udavasitam, ägäram, adhiväsitam, cibiram, vica- yam, pastyam, okah, vastyam, cälä, sabhä, vasatih, vasati, griham pum. na., niketam pum. na., älayam pum. na., kutih pum. stri, kutirah, kecah(!), ävasathah, kshayah, adhiväsah, äväsah, niväsah, vicrämah, vasathah, ägrayah, ävasathyah (!), samstyäyah, grihäh pum. bbümni. — grihabhedänäm | dhruvam, dhänyam, jayam, nam- dam, kämtam, manoramam, uttamam, krüram, supakshakam, ksha- yam, sumukham, dhanadam, änamdam, vipulam, vijayam. galäyäh | gälä, stambhasamävritä. — vahirdväraprakoshthasya | praghänah, praghanah, praghänah, praghanah. — catuhcälagrihasya | Samjavanam, samjamanam, catuhcälam. — munigrihasya | utajah pum. na., pärnah, atajah pum. na. — yajnasthänasya | caityam, _ äyatanam. — devabhübhujäm grihasya | devagriham, präsädah. — dhaninäm grihasya | ädhyagriham, harmyam. — gajacäläyäh | hasticälä, caturam. — acvacä’ | väjigälä, mamdurä. — gocä® | gogälä, samdänini. — cilpi’ | ävecanam, cilpieälä. — märgastha- Jalapänacäläyäh | prapä, satri (l), praticrayah. — mathasya | sam- nyäsinilayam, chätranilayam, mathah. — ceitragäläyäh | eitracä- lä, jälini. — tailikagrihasya | tailacälikä, yamtrasadma. — tam- tuväyacäläyäh | tamtuväyacälä, gartaki. — pakshicä° | kuläyini, pakshieälä. — näpitagrihasya | cilpä, kharakuti, vapani, näpita- griham. — ästhänasya | ästhänam, grihabhadrakam. — kumbhakä- racä” | kumbhakäragälä, päkakufi. —- mallacramasthänabhuvah | khalürikä. cämtigrihasya | ätharvanam, cämtigribam, cämtigrihakam. — nibaddhabhuvah | kuttimah pum. na. — cirogrihasya | camdracälä, [1876] 59 818 Gesammtsitzung cirogriham. — bhämdägärasya | kocah, koshah, gamjah, bhämdägä- ram. — madyasamdhänasthänasya | surägriham, gamjä, gumjä. — sütikägrihasya | sütikägriham, arishtam, sütakagriham. — vecyägri- hasya | vecah, vecyam. — kupyacäläyäh | kupyacälä, samdhäni. — tamkacäläyäh | bhauriki, naishkiki, tamkacälä, lakshmigriham. — päkacäläyäh | mahänasam pum. na., päkacälä, rasavati. — pustaka- grihasya | lekhyasthänam, gramthakuti. — bamdisthänasya | kärä, bamdicälikä. — garbhagrihasya | bhogagriham, garbhagriham, vä- sagriham, apavarakam, cayanäspadam, nicärthakam, gojärih (!), guptagriham. — paträdikritachatrasya | väriträ, kärävi, bhramakuti, jamgamakumti (!), mürddhakholam, kharparikä, patrapicäcikä. — sugamdhatrinakritagrihasya | käyamänam, trinaukah na. — grihäm- tarbhümeh | västugriham, grihapotakah. — gaväkshasya | vadhüti- gayanam, vätäyanam, gaväkshakah, grihäkshah. — mamdapasya | mamdapah pum. na., janäcrayah, bahumänushasamkirnam, nirmu- tam, karärgalam. — dve(!)mamdapädiräjagrihasya | upakärikä, upa- käryä. räjasadanasya | saudhah pum. na., räjasadma, räjadhäma. — camdracäläyäh | camdracälä, valabhi, valabhih, camdracälikä, valu- bhih, vadabhih, eüdä, cülä, vimänam. — icvarasadmaprabhedänäm | vichamdakah, vichardakah, namdävarttah, namdyävartah, sarvato- bhadrah, vardhamänah, rucakah, svastikah. — räjadvärasya | sim- hadväram, pravecanam. — amtahpurasya | stryagäram, amtahpuram, avarodhanam, cuddhämtah, ästhänam, bhadrakam. jinagrihasya | jinasthänam, caityam, vihärah. — mattavärana- sya | apäcrayah, mattälambah, pragrivah. — jalayamtragrihasya | samudragriham, jalayamtraniketanam. — civavrishamamdapyäh | goputikam. stambhasya | sthünä, stambhah. — stambhadväroparisthitadä- runah | näsä. — grihoparibhümikäyäh | kshaumam, attälah. — de- halyäh | avagrahani, dehali, umbarah (damb°?), eili, udumbarah, ei- lä, coilih. — stambhadvärädha(h)sthitadärunah | eilädvärapimdikä. — saudhaguptadvärasya | prachannam, amtardväram. — pärcvadvära- sya | pakshadväram, pakshakah. — patalaprämtasya | valikam, ni- vram, nidhram, nidram, patalaprämtah. — imdrakoshasya | imdra- kocah, tamamgakah. — patalasya | chadih stri, patalam tri.” — » d. i. trilingam. vom 7. December 1876. 819 chädanärthavakradärunah | valabhi, gopänasi, ädhärah. — bhitti- nirgatakäshthasya | cüudädamtah, nägadamtakah. — kapotapälyäh | kapotapäli, vitamkam. dvärasya | dväh, dväram, pratihärah. — vedikäyäh | vitardih, vedikä, vätardih, vätardı. — bahirdvärasya | toranah, bahirdväram. — puradvärasya | puradväram, gopuram. — bahirvyamjakadvärävara- nasya | jälamälä. — vamdanamälikäyäh | mämgalyadäma, vamdana- mälikä. — vadhyäpanayanadvärasya | vardhamänam. — amärgara- citadvärasya | apadväram, morikä. — hastinakhasya | hastinakhamh, parikütakam. — kapätasya | dväh stri, kapätam, kavätam, kuväta- kam, ararih, araram. -—— argalasya | argalam, parighah. — alpär- galasya | sücikä, argalikä, kücikä, kumeikä, amkucah, nikumcah, väranl. — dväracrimkhaläyäh | crimkhalä, valgini. — tälakasya | dvärayamtram, tälam. — udghätanayamtrasya | pratitäli, täli. — päshänädinirmitasya | ärohanam, sopänam. — käshtharacitasopäna- sya — nihcrenih, adhirohini, nihereyani(!), nihereni. — märjan- yäh | ühini, samühini, samühanih, bahukarä, codhani, vyavahärikä, sammärjani, vaddhani(!), trinaküreikä, vimärgah pum.,- süharini, suharanam sai 'vä ’Ipikä. purädau grihädiracanäparichinnadecasya | nikarshanam, sam- sthänam, sannivecah. — kshiptadhülyädeh | avakarah, samkarah | kshiptakah. — nirgamanapravecamärgasya | mukham, nihsaranam. — pattanädiparichedasya | äghätah, maryädä. käshtä(!)diraeitaputrikäyäh — cälabhamjikä, putrikä, pämeäli- kä. — lepyamayyäh | amjalikärikä, lepyamayi. märgasya | märgah, adhvä, nigamah, pamthä, vivadhah, viva- dhah, padavi, saranih, sarani, sritih, padavih, vätah, pathah, pem- dah (!), vartani, ekapadi, padyä, vartanih, paddhatih, äpanam, var- tanam, vartma kli., caranih dva.’ — märgäbhävasya | acä- rah, avahah, apatham, apathah. — kumärgasya | vyadhvah, dur- adhvah, vipathah, kadadhvä, käpathah. — hastyacvarathapadäti- gamanasyä ’dhvanah | samkulah. — dvipathasya | dvimärgah, dvi- patham, cärapathah. — tripathasya | tripathamh | trikam. — catush- pathasya | catushpathah, catushkam. — bahumärgasya | samsthänam, bahumärgah, catvaram. — trimärgasamgamasya | crimgätam. — . düragünyamärgasya | prämtaram, düracünyo 'dhväl. — durgama- 1) d. i. dvilimgam, masc. und fem. 320 Gesammtsitzung märgasya | kämtäram, durgamärgah, durgamah. — suramgäyäh | samdhilä, suramgä, güdhamärgah. — räjamärgasya | ghamtäpathah, samsaranam, cripathah, mahäpathah, räjamärgah — tasya pura- madhyavartinah | upanishkaram, upanishkramanam. — ". — parvanah”) | amgulam. — hastah. — hasta- catusbtayasya | dhanuh, damdah. — dvisahasradamdasya | krocah. — madhyamämgulimadhyamasya dvädacämgulasya | vitastih. — vitastidvayasya krocadvayasya | gorutam, gavyüti, gavyä, gavyütih. || dhümiskamdhe tritiydmkurah || Es folge der Abschnitt über den Elephanten (93b bis 97b), vgl. Amara II, 8, 2, 2—11. Hem. 1217—32. hastinah | varämgah, väranah, mrigah, hasti, damtävalah, damti, simdhurah, dirghamärutah, mätamgah, räjilah, piluh, jala- kämtah, mahämrigah, mätamgah, sämajah, kumbhi, kumjarah, anekapah”, dvipah, nirlünah, karati, nägah, ibhah, stambheramah, gajah, kari, matamgajah, padmt, cürpakarnah, latäradah, pimdapä- dah, pushkart, cumdarikajah, vilomarasanärthah, dvidamtah, vishäna- kah, karenuh”, vetamdah, pecaki, pushkari”, jati, jaläkämkshah, ma- häyah (!°käyah?), prasvedah, sücikädharah, cumdälah, pieilah®, dhva- jah, asurah, kapih, gambhiravedi, kari. — karinyäh | karini, dhenu- kä, vacä, karenüh, karenüh, renukä, karenukä, kanerüh, ganerüh. — pamcavarshagajasya | bälah. — dacavärshikasya | potah. — vim- cäbdasya | dhikkah, dikkah. -—— trimeäbdasya | kalabhah. — sha- shtivarshasya | yuvä, cumdärah. — acitivarshasya | vriddhah. — yatpurato gajä na tishthamti tasya | gamdhahasti. — caturvidhaga- janäm ekaikam | bhadrah, mamdrah, micrah, mrigah. — käle ’py ajätadamto yah svalpämgac” ca tasya | matkunah — prabhinnasya | yüthapah, prabhinnah. — mattasya | mattah, garjitah, madotkatah, madakalah. — nirmadasya | udvämtah, nirmadah. — sajjitasya | kalpitah, sajjitah. — tiryagghätinah | tiryagghäti, parinatah. — ) zwei akshara, in eigner Zeile, ausgekratzt und weiss über- strichen; unlesbar; ob parva? ”) ebenso sind vor parvanah drei akshara behandelt; die gebliebenen Spuren führen auf dvädaca etwa. Sollte nicht etwa: „madhyamämgulimadhyamasya parvanah | amgu- lam* zu lesen sein? ° das erste a von zweiter Hand. * wohl: was für Staub machend! ° zum zweiten Mal. ° so sec. m.; was prima m. für ci stand, ist nicht klar. ” s. Hem. 1219. vom 7. December 1876. 821 dushtasya | vyälah. — gambhiravedinah | avamatämkucah, gambhi- ravedi. — räjavähyasya | räjavähyah, upavähyah. — samarocitasya | sannähyah, samarocitah. — ugradamtasya | ishädamtah, ugradam- tah. — gajasamühasya | samühah, ghatanä, ghatä, yütham. madasya | madah, dänam, pravrittih. — karasikarasya | vama- thuh, karasikarah. — cumdäyäh | karinäsä, hastah, cumdä, cum- därah. — cumdägrasya | cumdägram, pushkaram. — pushkarakar- nikäyäh | amgulam, pushkarakarnikä. — damtasya | vishänah pum. na., damtah. — äsanasya | skamdhah, äsanam. — karnamülasya | karnamülam, cüdikä. — akshikütasya | ishikä, akshikütakam. — apämgadecasya | apämgadecah, niryanam. — gamdasya | gam- dah, karatah, katah, katakah. — lalätasya | avagrahah, lalätam. — kumbhayor amtarasya | viduh. — cirasah pimdayoh | kumbhau, ci- rahpimdau. — kumbhasamdheh | vätakumbhah”. — tato ’py adhah- pradecasya | ärakshah. — tadadhodecasya | vähittham, pratimänam. — karinah pürvajamghädyavayavasya” | gätram. — paceäjjamghädy- aralam, pecakah. — avayavasya | avaram. — puchamülopämtasya pärcvasya | pakshabhägah. — bimdujälasya | bimdujälakam, pad- mam. — madayogavidhänasya | madayogavidhänam, vyästärah (!). — prishthavamcamämsasya” | talpanam. gajabamdhanasya | amdukah, nigadah, erimkhalam tri., päda- päcah, himjirah. — gajabamdhabhuvah | gajabamdhabhüh, värih, värl, präci, prärabdhih. — gätrabamdhasya | gätrabamdhah, tripa- di. — totrasya | totram, venukam®. — bamdhastambhasya’) | älä- nam, nirvänam, vainukam. — karnavedhinyäh | nälikä. — amku- gasya | amkucah pum. na., srinih dva., crinih dva., srini, erini. — amkucägrasya | apashthu. — amkucaväranasya | ghätam(!), amku- caväranam. — nishädinäm pädakarmanah | yatam, vitam. — ka- kshyäyäh | kakshyä, düshyä, varaträ, düshyä, cüshyä, kucah®. — ästaranasya | kuthah, pravenih, praveni, paristomah, varnah, ästa- ranam. — kamthabamdhasya | kamthabamdhah, kaläpakah. hastinah jvarasya | pittajvarah, päkalah, kütapürvah, tridosha- jah. — sthülahastasya | näsäpurvam, sthülahastam. — damtamü- lasya | damtamülam, karirikä. — damtamadhyasya | camkhah, kü- ) so sec. m.; prima m. unklar, anscheinend ghä°. ?” dya ist sec. m. eingefügt. *” shta Cod.; vamcaprishta prima m. * vai° pr. m. ° ausgestrichen, aber wieder hergestellt. © ausgestrichen, 822 Gesammtsitzung tah, damtamadhıyam. — caranaparvanah | prohah, caranaparya. — prajamghägrasya | ayaskärah, praja(m)ghägram. — ashthivato ’dhi- shthänasya | samdänam. gajabhakshyasya | vidhänam, gajabhakshyam, vidhä. — nishä- dinah | memtah, medhah, nishädih, sädih, sädi, nishädi. kece romni bäladhau karne netrayoc ca pämduromair dri- cyate yas tasya | airävatänvayah. — adhvakshamah särasadrik ” kshami yuddhavicäradah ajaromä sthülashirshas(!) tasya | pum- darikänvayah. — stabdhakarnah sudehagc ca krishnavarnah krigoda- rah sthülabimdur yas tasya | pushpadamtänvayah. — agnivarnah suvarnäksho vegavän jalalampatah äyato vistrito ’tyartham yas tasya | vämanänvayah. — pracamdakusumacchäyah kapotanaya- nakshamah medhävi tanuromä ca tasya | supratikänvayah. — snig- dhaväladhidamtah cvetabimdukaränvitah pecake ’lpah sthülakalo yas tasya | särvabhaumänvayah — raudro laghucirä hrasyah päta- läpushpanayano yas tasya | amjanänvayah. — kumbhasthuülatanu- snigdhalolalohitalocanah krishnavistirnahastägro yas tasya | ku- mudänvayah. Aus dem Abschnitt über das Pferd gebe ich hier, zur Ver- gleichung mit Hemacandra 1237— 1243 (Böhtlingk -Rieu p. 233), die Namen der bestimmt gefärbten Pferde (fol. 99a bis 100a); die Formen auf °äha, °üha machen unbedingt einen ausländischen Ein- druck (ebenso vorukhänah). sitasya | karkah, kekähah. — cvetapimgalasya | khämgähah, cvetapimgalah. — piyüshavarnasya | piyushavarnah, serähah. — pitasya | pitah, hariyah. — nilasya äntlah, nilakah. — kapilasya | triyühah, kapilah. — pämdukesarabäladheh | bollähah, pämduke- sarabäladhih. — manäkpämdoh krishnavarnasya | manäkpämdukri- shnavarnah. — gardhabhäbhasya (!) | surühakah, gardhabhä- bhah (!). — pätalasya | vorukhänah, pätalah. — manäkpitakri- shnajänoh | kulähah, manäkpitakrishnajänuh. — pitaraktachäyasya| ukanähah, pitaraktachäyah, krishnaraktachavih. — kokanada- chaveh | conah, kokanadachavih. — pitaharitachäyasya | haritah, pitaharitachäyah, hälakah. — sitakäcäbhasya | pumgalah, sitakä- cäbhah. — eitritasya | halähah, eitritah. ) mit viräma. ee heine > pm arng 9 gucken Bit Benin 2 E anlere, E ls Me Kr un “ a Grant » EI s BT 2 v M Pb Kaya ea. dern IT” Gor - ee Info EL) 0 I n.22 BT er ee, Te IH. er BEnjennm af. ug BET agä Ammann R If ae Aesridiuer ya ER | Am. /, Yo 1a T vr: vebsshr,- sıba cwat- Peparsler : A& spoyerr . et le E 7 H Geh ve ber Fr - ey N u vom 7. December 1876. 823 Und den Schluss mache das Capitel, welches die Namen des Jina aufzählt (297b bis 298b), s. Amaral, 1, 1, s-ıo. Hem. 24. 25. jinasya | jinah, kanishta(!)gah, buddhah, sarvadarci, mahäba- lah, sambuddhah, karunäkürcah, märajit, lokajit, dacärhah, crigha- nah, täpı, bahukshamah, gunäkarah, trimürttih, dacabhümicah, kha- cayah, vriddhavädi, mahämukhah, vievabodhä(!), mahäbodhih, aham- munih(!), dvädacäkshah, vitarägah, Qvetaketuh, mahämunih, dharma- cakrah, mahäräjah, sarvajnah, sugatah, suvit, vägäcatih (!), krica- dhanah, pamcajnänah, tathägatah, samamtabhadrah, bhagavän, dhar- makälah, subhäshitah, shadabhijnah, dacabalah, vyomäbhah, tirtha- krit, munih, Sarvärthasiddhah, samguptah, Gautamah, kalicäsanah, Cauddhodanih, Gäkyamunih, siddhah, cästä, vinäyakah, arkabam- dhuh, dharmadhätuh, jitärih, mahäcramanah, munimdrah, arhan, samah, Mäyädevisutah, cakri, dhareyah, bähulah, kshinäshtakarmä, devädhidevah, crämah, jinecvarah, tirthamkarah, tirthakarah, tirtha- päragatah, parameshthi, vitarägah, svayambhüh, purushottamah. || || 28% gröjinakamdah saptadagah samdptah || || An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Ch. Elam, _Winds of Doctrine. London 1376. 8. Revue scientifique de la France et de l’etranger. N. 23. Decembre 1876. Paris. 4. A. Favre, Notice sur la conversation des blocs erratiques. Geneve 1876. 8. Extr. Vom Verf. L. Martini, Die Anschwellungen und Verhärtungen der Gebärmutter sind nicht unheilbar. 4. verm. Aufl. Augsburg 1876. 8. Societe entomologique de Belgique. Ser. II. N. 31. Comptu rendu de U’ As- semblee mens. du 4. novbr. 1876. Bruxelles. 8. C. Morbio, VI. Catalogo dei Duplicati delle Raccolte. Milano 1876. 8. Vom Verf. 824 Gesammtsitzung vom 7. December 1876. Bibliotheca Indica. Old Series. N. 234. 235. New Series. N. 328. 332 & 333. 336. 338. 339 — 342. 344. 346 — 348. Calcutta. Benares. London 1.876. , 8: Räjendralala Mitra, Notices of Sanskrit Mss. Vol. III. P.IV. Cal- eutta 1876. 8. Atti della R. Accademia delle scienze fisiche e matematiche. Vol. VI. Na- poli 1875. 4. Rendiconto etc. Anno XII. XIII. XIV. 1873. 1874. 1875. ib. 4. Am 3. December starb in Triest Hr. Hermann Koechly, correspondirendes Mitglied der Akademie. Sitzung der phys.-math. Klasse vom 11. December 1876. 825 11. December. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. Kummer las über die Bewegung der Axe rotirender Geschosse. Hr. Siemens legte folgenden Aufsatz des Hrn. OFrö- lich vor: Über Himmelswärme, Temperatur des Weltraums und mittlere Temperatur der Atmosphäre. Fourier und Poisson haben bekanntlich die Theorie der Erdwärme in ihren Grundzügen entwickelt, und Poisson hat eine Formel gegeben, welche sich auf jede Stelle der Erdoberfläche an- wenden lässt. Der Grund davon, dass diese Formel noch so we- nig Anwendung in der Meteorologie gefunden hat, liegt hauptsäch- lich darin, dass die Bestimmung der wichtigsten Wärmequellen, ‘der Sonnen-, Sternen- und Luftwärme, namentlich der beiden letzteren, zu unsicher ist; wenn diese Grössen genauer bekannt wären, so müsste nach unserer Ansicht die Anwendung der Theo- rie auf die Meteorologie für die letztere einen Gewinn abwerfen, welcher durch kein anderes Mittel zu ersetzen wäre. Ich war desshalb seit längerer Zeit bemüht, einen Apparat zusammen zu stellen, welcher gestattet, die Himmelswärme (Luft- und Sternenwärme) sowohl, als auch die Sonnenwärme mit Sicher- heit und doch in möglichst einfacher Weise zu messen, und glaube diess Ziel erreicht zu haben; ausserdem gelang es mir, eine neue Methode zur Bestimmung der Temperatur des Weltraums und der mittleren Temperatur der Atmosphäre aus Messun- gen der Himmelswärme aufzustellen und dieselbe mittelst des Ap- parates praktisch durchzuführen. 826 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Der Apparat besteht in einer Thermosäule, deren Construc- tion dem vorliegenden Zweck angepasst ist, und bei welcher na- mentlich dafür gesorgt ist, dass die äusseren Einflüsse zum Theil vermieden, zum Theil genau bestimmt worden. (Die eingehendere Beschreibung desselben, sowie seiner Behandlung wird nächstens im Repertorium der Meteorologie von H. Wild erscheinen.) Jeder Apparat, welcher zur Messung der Himmelswärme taug- lich sein soll, muss folgende Bedingungen erfüllen: seine Angaben müssen in einem absoluten Maasse erfolgen, d. h. in einem sol- chen, das nicht von der Individualität des Apparates abhängt, und ferner müssen seine Angaben noch zuverlässig sein, wenn auch alle auf denselben einwirkenden Wärmegquellen sich fortwährend verändern — denn eine stete Veränderung der Temperaturen ist bei der Aufstellung des Apparates im Freien nicht zu vermeiden. Das absolute Maass, welches angewendet wurde, bestand in der Temperatur einer schwarzen Fläche. Der: Apparat wurde nämlich vor der Anwendung auf Himmelswärme folgender Normalbestimmung unterworfen: vor die Thermosäule, deren „Aus- sicht* eine beschränkte ist, wurde eine, die ganze Aussicht be- deckende schwarze Fläche gesetzt, deren Temperatur sich mög- lichst genau bestimmen liess; man ertheilte der Fläche nach einan- der verschiedene Temperaturen und mass die entsprechenden Aus- schläge der Thermosäule. Es liess sich alsdann umgekehrt aus den Ausschlägen der Säule die entsprechende Temperatur der schwarzen Fläche bestimmen; und wenn der Apparat gegen den Himmel gerichtet wurde, so konnte man die Wärme des auf die Säule einwirkenden Stückes Himmel ausdrücken als die Wärme einer schwarzen Fläche, von derselben Ausdehnung, von einer ge- wissen Temperatur, welche wir im Folgenden die Himmelstem- peratur nennen. Die Ausschläge der Thermosäule hängen ab: von der Tem- peratur des die Säule umgebenden Rohres, von der Temperatur . des Trichters und von derjenigen der schwarzen Fläche oder des Himmels. Die Einwirkung des Trichters, welche übrigens sehr bedeutend ist, kann proportional der Temperaturdifferenz zwischen Trichter und Rohr gesetzt werden, da diese Differenz stets nur einige Grade beträgt. Die Einwirkung der schwarzen Fläche müsste theoretisch nach dem von Duloug und Petit für den Wärmeaustausch zweier Körper gegebenen Gesetze erfolgen; nach- vom 11. December 1876. 827 dem die Versuche längere Zeit abweichende Resultate ergeben hat- ten, wurde schliesslich, durch grössere Sorgfalt, Übereinstimmung mit diesem Gesetze gefunden, ein Umstand, der die Überzeugung der Zuverlässigkeit des Apparates verstärkt. Die Sicherung der Angaben der Thermosäule vor den Tem- peraturänderungen des Rohres, des Trichters und des Him- mels geschah durch theoretische Aufstellung einer Relation, welche bei beliebigen Änderungen der äusseren Temperatur den dem betreffenden Augenblick entsprechenden Endausschlag der Säule aus dem momentanen Ausschlag derselben und dessen Veränderung mit der Zeit zu bestimmen lehrt. Um diese Relation zu prüfen, wurden Controllversuche angestellt, bei welchen die Temperaturen des Rohres, des Trichters und der schwarzen Fläche fortwähren- den Änderungen unterworfen wurden; es ergab sich beinahe voll- kommene Übereinstimmung zwischen den mittelst jener Relation berechneten Grössen und der Wirklichkeit. Mittelst dieses und ähnlicher Apparate habe ich bereits seit 1571 Messungen der Himmelswärme bei klarem Nachthimmel angestellt; die folgende Tabelle enthält die Beobachtungen des Jahres 1876, zu deren Berechnung die letzte, mit dem Duloug)- schen Gesetze übereinstimmende Normalbestimmung verwendet wer- den konnte. Jede dieser Beobachtungen sollte eine Art Aufnahme des thermischen Zustandes des Himmels bilden: dem Ap- parat wurden nach einander verschiedene Azimute gegeben, und bei jedem Azimut in allen 4 Himmelsrichtungen gemessen; die Azimute wurden so gewählt, dass der denselben entsprechende Weg durch die Atmosphäre (z) eine einfache numerische Bezie- hung zu der Höhe (R) der Atmosphäre hatte. Es ergab sich, dass die Himmelswärme bei klarem Nacht- himmel in verschiedenen Himmelsrichtungen, bei demselben Azi- mut, nur geringe Differenzen zeigt; in der Tabelle sind daher nur Mittelwerthe aus den in verschiedenen Himmelsrichtungen ange- geben. Zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Messungen ist ein Zwischenraum von 3 Stunde zu denken; die Tabelle gibt die Him- melstemperaturen, nach der oben mitgetheilteu Definition berechnet, in Oelsius’schen Graden. Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 828 eG gr 3: ve 00% c°0% 817 8:69 — 878 — 9°06— gFE— 99, — E6E— 60 — P8C— EL — GL — 03 — 0,09 8:19— 9°19— E91 — 68 — 68I— G91— 99 — LL— 8:69 — 01° — KIE— 79° — E69 — E08 — 18 — 1:68— ger — 1°6E— BLE— IIO un$G MO un16 IIO u406 PIO usPlI 'SUV undl ONVE as GH SOY url Pwwiggyoen wede]y 1994 “usanyerodwegsjowwımg "9281 anyeaodus jur] Bo en | vom 11. December 1876. 829 Wenn man voraussetzt, dass die Atmosphäre aus lauter ho- rizontalen, oder auch der Erdoberfläche parallelen Schichten be- stehe, so zeigt eine einfache Betrachtung, dass sich aus Messungen der Himmelstemperatur in verschiedenen Azimuten die Tempera- tur des Weltraums ableiten lässt, indem man die Curve, welche jene Messungen darstellt, bis z=o verlängert; der Werth der Him- melstemperatur bei Abwesenheit der Atmosphäre ist die Tempera- tur des Weltraums, d. h. die Temperatur, welche ein schwarzer Körper, ohne Atmosphäre, annehmen würde, wenn er sich an Stelle der Erde im Weltraum befände, bei Abwesenheit der Sonne. Aber auch das andere Ende der Curve, die Himmelstempera- tur fürz= ©, d.h. für eine Atmosphäre von unendlicher Dicke, hat eine einfache Bedeutung. Diese Temperatur ist die mittlere Temperatur der Atmosphäre; es ist der Werth, welchen die Himmelstemperatur erreicht, wenn der Weg der von der äussersten Schicht der Atmosphäre kommenden Strahlen zum Apparat so gross ist, dass dieselben beinahe gänzlich von den zwischenliegenden Schichten absorbirt werden und keine merkbare Einwirkung auf den Apparat ausüben. Es ist leicht zu zeigen, dass diese Bedeutung der beiden En- den der Curve für jede beliebige Lagerung der atmosphärischen Schichten, sowie für jede beliebige Veränderlichkeit der Absorp- tionscoeffizienten der Luft mit der Dichtigkeit, gilt ynd nur von der Voraussetzung paralleler Schichten abhängt; dass diese aber zulässig ist, zeigt die Übereinstimmung der Messungen in verschie- denen Himmelsrichtungen, bei demselben Azimut. Die Temperatur des Weltraums ist der Punkt, in welchem die Curven der Himmelswärme in verschiedenen Jahreszeiten, ver- schiedenen Breiten und verschiedenen Höhen über dem Meere zu- sammenstossen müssen; ihr Werth wird sich daher auch erst aus einer Reihe unter so verschiedenen Umständen angestellter Beob- achtungen ganz sicher feststellen lassen; ferner muss wahrschein- lich mit mehreren Apparaten zugleich gemessen werden, um die erforderliche Genauigkeit zu erzielen. Die mittlere Temperatur der Atmosphäre dagegen ist für° jede Curve eine andere; sie lässt sich aber aus einer einzelnen Curve auch besser bestimmen, weil die beobachteten Werthe der Himmelstemperatur diesem Ende der Curve näher liegen, als dem andern. 530 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Endlich lässt sich noch eine dritte Grösse, von praktisch me- teorologischem Interesse, aus obigen Beobachtungen berechnen, näm- lich die Temperatur, welche die Erdoberfläche annehmen würde, wenn sie berusst und bloss dem Einfluss der Himmelswärme ausgesetzt wäre, wenn sie also namentlich von den tiefer liegenden Schichten der Erde keine Wärme em- pfinge. Ich will nun die genannten drei Grössen aus der besten Som- mer- und der besten Winterbeobachtung 1876 berechnen, muss je- doch bemerken, dass, nach der Einrichtung der Beobachtungen, nur für die mittlere Temperatur der Atmosphäre und diejenige der berussten Erdoberfläche ein sicheres Resultat zu erwarten ist. Die Formel, welche die Messungen der Himmelswärme in ver- schiedenen Azimuten am besten darstellt und auch wenig von der theoretischen, für den Fall einer homogenen Atmosphäre geltenden abweicht, ist eine Exponentialfunktion; dieselbe gestattet auch, die oben erwähnten drei Grössen in einfacher Weise zu berechnen. Die Resultate sind: j7ten Aug. 23ten Okt. Kamen des Weltraums —151° —127° Mittlere Temperatur der Atmosphäre —17° — 36° Temperatur der berussten Erdoberfläche —34° —57° Lufttemperatur an der Erdoberfläche 2020 525 Zum Schluss habe ich Hrn. Dr. Siemens für die Freund- lichkeit zu danken, mit welcher er die Ausführung der vorliegen- den Arbeit in seinem Laboratorium gestattete. vom 11. December 1876. s3l Hr. W. Peters legte vor: Übersicht der während der von 1874 bis 1876 unter dem Oommando des Hrn. Capi- tän z. S. Freiherrn von Schleinitz ausgeführten Reise 8. M.S. Gazelle gesammelten und von der Kaiserlichen Ad- miralität der Königlichen Akademie der Wissenschaften übersandten Fische. ÄCANTHOPTERI. PERCIFORMES. Percoidae. Serranini. 1. Serranus merra Bloch. — Neu-Irland. 2. hexagonatus Forster. — Neu-Irland. 3% \ maculatus Bloch, Bleeker, Day. — Bougainville (Salomons-Inseln); Fidji-Inseln. 4. 5 salmoides Lacepede. — Amboina. 9. > miniatus Forskäl. — Neu-Britannien. 6. “ gutiatus Bloch. — Neu-Britannien. 7. 5 ongus Bloch. (S. bataviensis Blkr.) — Neu-Guinea. 8. Lutianus bengalensis Bloch. — meer (Neu-Irland). 9 = gibbus Forskäl. — Carterethafen (Neu-Irland). 10. n griseus Cuv. Val. — Congo (W.-Africa). „ Ehrenbergü Ptrs. Mesoprion Ehrenbergiüi Peters, Monatsber. Berl. Ak. 1869. 704. Neu-Irland (Carterethafen); Neu-Britannien. — Bisher nur aus dem rothen Meer bekannt. 12. Centrogenys (Myriodon) waigiensis Q. G. — Meermaidstreet; Neu-Guinea. Apogonini. 13. Apogon (Apogonichthys) auritus Cuv. Val. — Neu-Guinea. Theraponini. 14. Therapon jarbua Forskäl. — Amboina; Neu-Britannien. 332 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Pristipomatini. 15. Pristipoma hasta Bloch. — Neu-Britannien. 16. Pristipoma Perroteti Cuv. Val. — Congo. Ira r Jubelini Cuv. Val. — Congo. 18. Diagramma puntatum Cuv. Val. — Neu-Guinea. 19. Scolopsis affinis n. sp. D.10,93 A 53,7.-Eın. lat2 452251122 Ein 21 Centimeter langes Exemplar aus dem Carterethafen in Neu-Irland, welches eine silberige Binde zeigt, die unter dem Auge hingeht und bis zur Mitte der Oberlippe verläuft, sonst aber keine Zeichnungen, weder einen schwarzen Seitenfleck, noch einen helleren Streifen unter der Rückenflosse erkennen lässt, wie dieses bei Sc. bimaculatus der Fall ist, mit dem diese Art sonst am mei- sten Ähnlichkeit hat. Die Zähnelungen am Winkel des Vordeckels nicht stärker, sondern eher feiner als am hinteren Rande desselben. Der zweite Analstachel ist kürzer als der dritte. Zwischen der Seitenlinie und Rückenflosse 5, zwischen ihr und der Bauchflosse 12 Schuppen. Die Schuppen dehnen sich auf der Stirn etwas weiter nach vorn aus, als bei ‚Sc. bimaculatus. Ein zweites Exem- plar aus Neu-Britannien von 243 Centimeter Länge zeigt keine deutliche silberige Binde unter und vor dem Auge. 20. Scolopsis cancellatus Cuv. Val. — Neu-Hannover. 21. 5 ciliatus Lacepede. — Amboina. @errini. 22. Gerres filamentosus Cuv. Val. — Amboina; Neu-Britannien; Neu-Hannover. Squamipennes. 93. Chaetodon Kleinii Bloch. — Neu-Britannien. 24. 5 Rafflesiüi Bennett. — Neu-Hannover. 25. = oxycephalus Bleeker. — Neu-Hannover. 96. Holacanthus alternans Cuv. Val. — Neu-Britannien. vom 11. December 1876. 833 37. Heniochus macrolepidotus Linne. — Neu-Hannover; Neu- Britannien. 28. Scatophagus argus Linne. — Neu-Britannien. 29. Drepane punctata Linne. — Congo; Neu-Irland. Mwulli. 30. Upeneoides vittatus Forskäl. — Amboina; Neu-Britannien. Sparini. 31. Dipterodon capensis Cuv. Val. — Cap d. g. Hoffnung. 32. Sparus (Chrysophrys) heterodus n. Sp. D. 11, 13 ad 11, 14;- A; 3, 11. Lin. l. 53 ad 60; tr, 6/11. Höhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:24 bis 1:3, Kopflänge zu derselben wie 1:3; bis 1:34. Im Habitus ähn- lich dem Sargus annularis. Augendurchmesser bei grösseren Exem- plaren etwas kleiner als der Abstand der Augen und die Schnau- zenlänge. Obere Profillinie des Kopfes convexer und mit einer Hervorragung bei den älteren, flacher bei jüngeren Exemplaren. Dorsalstacheln vom 3. längsten an allmählig kürzer. Der zweite und dritte Analstachel gleich lang. Pectorale bei älteren Exempla- ren über den After hinausreichend, bei jüngeren kürzer. Vorder- zähne bei jüngeren Exemplaren sämmtlich conisch, die runden Back- zähne sämmtlich klein, unten in zwei, oben in drei Reihen; von ‚letzteren die der mittleren Reihe kleiner, Bei älteren Exemplaren oben 6 vordere schneidende an der Spitze abgerundete, unten zwei mittlere schmale conische und jederseits drei breite schneidende Zähne, ähnlich denen von Sargus; hinten jederseits oben drei, un- ten zwei Reihen von Backzähnen, von denen die der inneren Reihe sehr breit und gross sind. Farbe silberig, Sechs aus schwarzen Flecken gebildete Quer- binden: die erste vom Nacken zur Brustflosse, die beiden folgen- den von dem Stacheltheil, die vierte von dem Anfang und die sechste von dem Ende des weichen Theils der Rückenflosse herab- steigend. Der hintere Rand des Kiemendeckels und die innere Seite der Basis der Brustflosse ebenfalls schwarz. Die älteren [1876] 60 334 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Exemplare längs der Basis und längs der Mitte der Rückenflosse mit einer Reihe schwarzer Flecken. — Vier Exemplare, das grösste ohne Schwanzflosse 224 Oentimeter lang, aus dem Congo. 33. Lethrinus harak Forskäl. — Neu-Hannover. 34. „ rostratus Cuv. Val. — Neu-Britannien. 35. Monotaxis (Sphaerodon) grandoculis Forskäl. — Carteret-Har- bour (Neu-Irland). Scorpaenini. 36. Scorpaena tristis Klunzinger. — Fidji-Inseln. Übereinstimmend in der Form, Bewaffnung und Zeichnung, nur durch die weisse Grundfarbe der Unterseite des Kopfes ver- schieden. 37. Pierois volitans Linne. — Neu-Britannien. 38. Synanceia verrucosa Bloch. — Neu-Hannover. 39, Pelor maculatum Cuv. Val. — Neu-Britannien. 39a. Amblyapistus taenianotus Cuv. Val. — Atapupu (Timor). Ein sehr dunkel gefärbtes Exemplar, welches, wie dieses auch ein Exemplar aus Ceylon zeigt, über der Seitenlinie, hinter dem ersten Viertel derselben einen hellen Fleck zeigt. Teuthies. 40. Teuthis Studeri n. Sp. D21—13,.1054A. 3.7. Durch die verlängerte, in der obern Profillinie concave Schnauze, die ganze Körpergestalt, die tief ausgeschnittene Schwanzflosse der T. corallina Cuv. Val. am nächsten stehend. Den Kopf, den gan- zen Körper und die Basis der Schwanzflosse bedecken auf orange- farbigem Grunde blaue, dunkelgeränderte Flecke, welche grösser sind als ihre Zwischenräume. — Neu-Britannien. Diese ausgezeichnet schöne Art erlaube ich mir Hrn. Profes- sor Dr. Th. Studer zu Ehren zu benennen, welcher durch die auf Empfehlung der Akademie ihm gewährte Unterstützung in den Stand gesetzt wurde, mit so vielem Erfolge als Zoologe die Gazelle auf ihrer ferneren Reise von Mauritius an zu begleiten. vom 11. December 1876. 835 41. Teuthis marmorata Quoy et Gaimard. — Amboina; Neu- Hannover; Neu-Britannien. 42. „ margaritifera Cuv. Val. — Neu-Britannien. 43 n doliata Cuv. Val. — Neu-Britannien. BERYCIFORMES. 44. Myripristis murdjan Forskäl. — Neu-Britannien. 45. Holocentrum rubrum Forskäl. — Neu-Guinea. 46. n violaceum Bleeker. — Meermaidstreet (N.- Australien). 47. ® laeve Günther. — Neu-Irland. POLYNEMIFORMES. 48. Polynemus plebejus Gm. — Neu-Britannien. SCIAENIFORMES. 49. Corvina nigrita Cuv. Val. — Congo. 50. Otolithus macrognathus Bleeker. — Congo. TRICHIURIFORMES. 51. Thyrsites atun Cuv. Val. — Cap d.g. Hoffnung. ÜOTTO - SCOMBRIFORMES. Acanthuri. 52. Acanthurus triostegus Linne. — Neu-Hannover. 53. e matoides Cuv. Val. — Bougainville. 54. es rhombeus Kittlitz. — Neu-Britannien. 55. 5 ctenodon Cuv. Val. — Neu-Britannien; Neu-Ir- land. 6. 5 hepatus Bloch-Schneider. — Neu-Britannien. 7. > strigosus Bennett, — Neu-Britannien. 60* 836 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 58. Naseus lituratus Forster. — Neu-Irland. 59. „ Vlamingü Cuv. Val. — Neu-Britannien. Carangi. 60. Caranz carangus Bloch. — Congo. 61. »„ hippos Linne. — Amboina; Neu-Britannien. 62. „ oblongus Cuv. Val. — Neu-Britannien; Bougain- ville. 63. „ armatus Forskäl.— Amboina; Neu-Guinea; Neu- Britannien. 64. „» gallus Linne. — Neu-Irland. 65. Seriolichthys bipinnulatus Quoy et Gaim. — Neu-Britannien. 66. C'horinemus toloo Cuv. Val. — CGarterethafen (Neu-Irland). 67. Trachynotus ovatus Linne. — Congo. 68. a Bailloni Lacepede. — D.6—1, 24; A. 2—1, 22. Neu-Britannien. 69. Platax vespertilio Bloch. — Carterethafen (Neu-Irland). 70. Eguula fasciata Lacepede. — Neu-Britannien. 71. Gazza minuta Bloch. — Amboina; Neu-Britannien. Scombroidae. 72. Scomber australiensis Quoy et Gaimard. — Amboina. 73. » chrysozonus Rüppell. — Bougainville. 74. Echeneis naucrates Linne. — Bougainville; Meermaidstr. Trachini. 75. Sillago sihama Forskäl. — Bougainville. D. 111,21; A. 1,19, 5 lat. 200502012: Das einzige Exemplar stimmt, bis auf die geringere Zahl der Analstrahlen, mit S. sihama überein und dürfte daher nicht als davon verschieden zu betrachten sein, da auch bekanntlich die Zahl der gegliederten Strahlen der Rückenflosse von 20 bis 23 variirt. vom 11. December 1876. 837 Pseudochromides. 76. Notothenia cornucola Richardson. — Ponte Arenas, Ma- P) gelhaens-Strasse, in 1 bis 2 Faden Tiefe. (ER c cyanobrancha Richardson. — Kerguelen-Insel. 78. n antarctica n. Sp. D.3—30; A. 24. Lin. lat. 52; tr. 7/20. Kopflänge gleich der Körperhöhe, zur Totallänge wie 1:4. Backen zwischen Auge und Vordeckel beschuppt, unterer Theil der Backen nackt. Die Beschuppung auf dem Nacken endigt in einer Querlinie mit dem Hinterrande des Vordeckels. Oberseite des Kopfes mit kleinen zerstreuten Tuberkeln bekleidet. Braun, nach dem Bauche hin heller. Flossen dunkel; Bauch- flossen inwendig weiss, aussen schwarzbraun; Analflosse mit einem helleren Saum. Ein einziges Exemplar, 35 Centimeter lang, aus der Acces- sible-Bai in Kerguelen-Land von Hrn. Dr. Studer ge- sammelt. Diese Art scheint der N. purpuriceps Richardson am näch- sten zu stehen, ist aber durch die geringe Zahl der Stachelstrahlen (drei) der Rückenflosse und die geringe Zahl der Afterflossenstrah- len (24) nicht allein von ihr, sondern von allen anderen Arten un- terschieden. 79. Notothenia squamiceps n. Sp. D.7—28; A.30; Lin. lat. 51; tr. 3/13. Körperhöhe zur Totallänge wie 1:43. Der Kopf, dessen Länge die Körperhöhe kaum übertrifft, hat die Backen der Kie- mendeckel und die Interorbitalgegend bis vor der Mitte beschuppt. Hellbraun. Brustflossen gelblich, Bauchflossen in der Mitte der Oberseite schwarz. Die senkrechten Flossen schwarz gefleckt und gebändert, auf der vorderen Hälfte der Analflosse etwas un- regelmässige schwarze Längsbinden, auf der Schwanzflosse schwarze Querbinden. Ein Exemplar von Ponte Arenas in der Magelhaens- Strasse, in I bis 2 Faden Tiefe. Diese Art stimmt durch die Beschuppung des Kopfes am mei- sten mit N. tessellata Richardson überein, bei welcher aber die- 838 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse selbe vorn noch über die Augen hinausragt, und welche ausserdem viel kleinere Schuppen, 66 bis 70 in der Seitenlinie und eine an- dere Flossenstrahlenzahl hat. 80. Harpagifer bispinis Forster. — Kerguelen. Stigmatonotus n. gen. Körper elliptisch, mässig zusammengedrückt; Maul tief gespalten; Vordeckel gezähnelt, Kiemendeckel be- dornt; Suborbitalia schmal, mit grossen Poren, unbe- waffnet; eine Binde kleiner spitzer Zähne auf den Kie- fern, dem Pflugschar und den Gaumenbeinen; Schup- pen kammförmig, Seitenlinie unvollständig. Eine lange Rückenflosse mit weniger Stachel- als Glieder- strahlen; Afterflosse mit drei Stacheln; Bauchflosse etwas vor den Brustflossen stehend, mit einem Sta- chel und fünf Strahlen. Kiemenöffnung weit, mit sechs Kiemenstrahlen; drei und eine halbe Kieme; freie fa- denförmige Pseudobranchien. Untere Schlundknochen von einander getrennt. % = ERS IEB: Ic 81. Stigmatonotus australis n. Sp. B.:6.,D..115 17; A,,3,8: V15..LslaryAb, Höhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:3, Kopflänge zu derselben wie 1:24. Der Anfang der Rückenflosse steht hin- ter der Basis der Brustflosse; der stachelige, aus 11 Strahlen be- stehende T'heil ist niedriger als der weichstrahlige. Die Seitenlinie steigt in einem starken Bogen bis nahe zur Rückenflosse hinauf, vom 11. December 1876. 839 und ist in der Mitte nur durch zwei, von dem Anfang der Anal- flosse durch 13 Schuppen getrennt. Zwischen Kopf und Schwanz- flosse 46- Schuppen. Farbe braun, mit einer hellen Binde, welche von der Mittel- linie des Körpers hinter der Basis der Brustflosse bis zur Mitte des Bauchs herabsteigt. Ein einziges Exemplar, 17 Millimeter lang, aus 3 Faden Tiefe von Diek-Hartog (West-Australien). Pediculeati. 82. Dibranchus atlanticus Ptrs. — Atlant. Ocean. Diese neue Gattung ist bereits früher (Monatsber. 1575. p. 756) von mir genau beschrieben wordeu. 83. Antennarius marmoratus Bloch-Schneider. — Sargasso- 84. ei biocellatus Cuvier. — Timor. es 85. & pardalis Cuv. Val. — St. Jago. Cotti. 86. Platycephalus insidiator Forskäl. — Meermaid-Strasse. 57. serratus Cuv. Val. — Carterethafen (Neu- Irland). Cataphracti. ‚88. Pegasus draconis Linne. — Neu-Britannien. GOBIIFORMES. Gobiini. 89. Gobius papuanus n. Sp. D.6—1, 10; A.1,9. Kopflänge und Schwanzflosse 4 Mal, Körperhöhe 64 Mal in der Totallänge. Augendurchmesser 4 Mal in der Kopflänge. Schnauze etwas kürzer als der Augendurchmesser, convex und sehr abschüssig. Augen nur durch eine sehr schmale Brücke von ein- - ander getrennt. Kiefer gleich weit vorragend. Maul bis hinter die Mitte des Auges gespalten, etwas schräge aufsteigend. Zähne bil- den eine schmale Binde, unter denen vorn im Zwischenkiefer und 840 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse vorn an jeder Seite des Unterkiefers sich ein oder zwei stärkere hakenförmige Zähne befinden. Kopf schuppenlos, Vordeckel abge- rundet, ohne Dorn. Brustflossen kürzer als der Kopf; Strahlen der Rückenflosse nicht so lang wie die Körperhöhe. Analflosse der zweiten Rückenflosse gegenüber, ein wenig später anfangend und früher aufhörend; Schwanzflosse zugespitzt. Schuppen sehr klein, auf dem Schwanz etwas grösser werdend. Gelbgrün, braun gefleckt; eine braune Binde steigt von dem Auge bis zum hinteren Ende des Oberkiefers herab; auf den Backen kleine runde helle, dunkelrandige Flecke. Auf dem Körper vier quere Fleckenbinden und auf der Mitte der Basis der Schwanz- flosse ein runder Fleck. Die erste Querbinde hinter dem Nacken ‚fliesst mit der braunen Färbung des oberen Theils des Kiemen- deckels zusammen, die zweite steigt von der stachligen, die dritte wie die vierte von dem weichen Theile der Rückenflosse herab. Die Bauchflosse mit einem kleinen runden Fleck nahe dem vorderen Theil der Basis, der Stacheltheil der Rückenflosse längs der Mitte und vor der Spitze der hinteren Strahlen schwarz. Die zweite Rückenflosse an der Basis und am Rande weiss, in der Mitte schwärzlich; die Analflosse breit schwarz gerändert; die Schwanz- flosse in der Endhälfte schwärzlich. Ein Exemplar aus der Mac Cluers Bai (Neu-Guinea), von 5 Centimeter Totallänge. 90. Gobius echinocephalus Rüppell. — Timor. 90a. „ amiciensis Cuv. Val. — Corallenriff bei Hapai (Tonga- gruppe). 91. Gobiodon histrio Kuhl et v. Hasselt. — Timor; Neu-Irland. 92. Apocryptes borneensis Bleeker. — Timor. 93. Periophthalmus Koelreuteri Pallas. — Amboina; Meermaid- street. 94. & Schlosseri Bloch-Schneid. — Neu-Guinea. Callionymi. 95. Callionymus picturatus n. Sp. D. 4—1,8; A.8; P. 30 ad 32; V.1,5;:C.15. Kiemenspalte sehr klein, rundlich, nach oben gerichtet. Eine einzige Seitenlinie.e. Kopflänge 34, Schwanzflosse 33 Mal in der Totallänge enthalten. Der platte Präorbitalstachel hat am Ende vom 11. December 1876. 841 zwei und in der Mitte des oberen Randes eine dritte Spitze. Die Schnautze ist spitz und der hintere Rand des OÖberkiefers reicht nicht bis unter den vorderen Augenrand. Zähne sehr klein. Der vordere Körpertheil ist weniger zusammengedrückt als gewöhnlich bei den Arten dieser Gattung, so dass ich auf den ersten Blick ein Tripterygium vor mir zu haben glaubte. Die Seitenlinie ver- läuft oben, ungefähr zwischen dem 1. und 2. Viertel der Körper- höhe; keine Schuppen. Die wohlentwickelten Bauchflossen haben einen deutlichen Stachel und fünf gegliederte Strahlen. Die Brust- flosse besteht aus sehr zahlreichen kurzen Strahlen, von denen die oberen, wie dieses bei Gobius oft vorkommt, sehr dünn fadenför- mig sind. Grundfarbe rosenroth, geziert mit Ocellenflecken, welche in der Mitte schwarz und von drei Ringen, einem inneren rosenrothen, einem mittleren schwarzen und einem äusseren blauen umschlossen sind. Von der Augenpupille gehen blasse, schwarz eingefasste Li- nien strahlenförmig aus. Die Ocellen der Rückenseite sind kleiner als am Bauche: es stehen zwei hinter einander auf dem Nacken, vier Paar neben den Rückenflossen und eine auf dem Schwanze; an der unteren Seite geht eine grössere nierenförmige Ocelle von dem untern Theil des Vordeckels ab, eine zweite ähnliche befindet sich an der Basis jeder Bauchflosse, drei besonders grosse steigen an jeder Seite zu der Analflosse herab und die Basis der Schwanz- flosse wird von einer schwarzen vorn blau eingefassten Querbinde eingefasst. Das zweite Viertel der Schwanzflosse ist bläulich, das Ende schwarz. Die erste Rückenflosse ist mit einem Augenfleck geziert, die zweite Rückenflosse und die Analflosse sind schwarz mit schrägen blauen Linien; die Brust- und Bauchflossen sind hellblau, letztere an der Basis schwarz. Ein Exemplar von 21 Millimeter Länge von einem Corallen- riff bei Salawatty. 96. Callionymus calamopomus Richardson. — Neu-Irland. Iba. ee lineolatus Cuv. Val. — Ein kleines 26 Millimeter langes Exemplar von Bougainville, in 40 Faden Tiefe, am 28. Aug. 1875 gefangen. BLENNIIFORMES. 97. Salarias meleagris Cuv. Val. — Neu-Hannover. 842 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 98. Lycodes latitans Jenyns. — Magelhaens-Strasse. 99. Congrogadus subducens Richardson. — Neu-Guinea. MUGILIFORMES. Sphyraenae. 100. Sphyraena megalolepis n. sp. D.5—2,7; A.2,8; Lin. lat. 84; tr. 5/10 ad 6/11. Kopf zur Totallänge wie 1:3%, Auge zur Kopflänge wie 1:5. Hinteres Oberkieferende reichlich einen halben Augendurchmesser vor dem Auge gelegen. Bauchflosse in der Mitte zwischen Brust- flosse und erster Rückenflosse; zweite Rückenflosse und Analflosse einander gegenüberstehend. Kiemendeckel ohne Stachel. Silberig. Ein Exemplar von dem Cartaret-Hafen (Neu-Irland). 101. Sphyraena genie Klunzinger. — Bougainville, 102. Sphyraena afra Peters. Sphyraena afra Peters, Monatsber. Berl. Ak. 1844. p. 82. ? Sphyraena dubia Bleeker, Poiss. Guwinee. 1863. p. 17. Taf. 15. Fig. 2. D.5—2,8; A. 2,8. Lin. lat. 1355; tr. 12/20: Hr. Bleeker zählt nur 110 Schuppen in der Seitenlinie sei- ner Art, sonst würde ich sie nicht für verschieden halten. — Congo. Mugilini. 103. Mugil Richardsonü Smith. — Capd.g.H. 104. „ waigiensis Quoy et Gaimard. — Bougainville. 105. „ compressus Günther. — Meermaidstreet. GASTEROSTEIFORMES. Aulostomi. 106. Fistularia serrata Cuv. — Dana-Insel; Neu-Britannien; Neu-Irland. vom. 11. December 1876. 343 LABRIFORMES. Pomacentridae. 107. Dascyllus aruanus Linne. — Fidji-Inseln. 108. Pomacentrus moluccensis Bleeker. — Neu-Guinea. 109. Glyphidodon biocellatus Quoy et Gaimard. — Neu-Irland. LO. 8 assimilis Günther. — Neu-Hannover. 111. 5 coelestinus Cuv. Val. — Amboina. 112. Amphiprion percula Lacepede. — Neu-Guinea. Labroidae. 113. Choerops anchorago Bloch. — Neu-Hannover. 114. Hemigymnus melapterus Bloch. — Neu-Hannover. 115. Platyglossus trilineatus Bloch-Schneid. — Neu-Hannover. 116. Novacula (Xirichthys Blkr.) carneoflava n. sp. D. 2|7/12; A. 3, 12; Lin. lat. 25. Oberer Kopfrand scharf, Schnauze fast senkrecht abfallend. Einige kleine Schuppen unter und hinter dem Auge. Die zwei vorderen Dorsalstacheln ganz getrennt von der übrigen Flosse, biegsam und mit ihrer Endhälfte bis zur Mitte des folgenden Strahls reichend. Der äussere gegliederte Strahl der Ventralflosse ist bis zum After verlängert. Gelb, fleischfarbig schimmernd; mit einigen senkrechten helleren Linien auf den Backen, einer senkrechten hel- len Linie auf der Basis jeder Schuppe und einem grossen schwärz- lichen Fieck, dessen Mitte der Seitenlinie des Schwanzes entspricht. Sämmtliche Flossen gelblich, ohne besondere Abzeichnung. Iris silberglänzend. — Dana-Inseln. 117. Novacula (Novaculichthys) taeniura Lacepede. — Neu-Irland. 118. Julis trilobata Lacepede. — Neu-Hannover. 119. Julis dorsalis Quoy et Gaimard. — Neu-Irland. 120. Pseudoscarus pulchellus Rüppell. — Neu-Britannien. 121. 5 viridis Bloch, Bleeker. — Neu-Hannover. #2 844 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 122. Pseudoscarus frenatus Lac&pede, Blkr. — Neu-Britannien. Hr. Dr. Günther (Cat. Fish. Brit. Mus. IV..p. 220 u. 221) ver- einigt Ps. frenatus Lac. Blkr. mit Ps. viridis Bloch und trennt Ps. viridis Blkr. von Ps. viridis Bloch, was sowohl nach Verglei- chung des Bloch’schen Originalexemplars als seiner Abbildung nicht richtig erscheint. ANACANTHINI. Gadini. 123. .Dregmaceros MacClellandi Thompson. — Ein Exemplar aus Amboina. Ophidini. 124. Fierasfer parvipinnis Kaup. — Neu-Hannover. 125. ” Homei Richardson. — Lucipara-Insel; Neu- Britannien; Neu-Hannover Pleuromectides. 126. Pseudorhombus Russelli Gray. — Amboina. 127. Rhomboidichthys pantherinus Rüppell. — Bougainville. 128. Synaptura dicholepis n. sp. D. 66; A.55; C.145;-P:5;. V. 5. Lin. lata loraes120: Körperhöhe zur Totallänge wie 1:2-%, Kopflänge zu dersel- ben wie 1:6. Das obere Auge überragt nicht das untere nach vorn; der Interorbitalraum merklich breiter als ein Augendurch- messer. Oberlippe hakenförmig vorspringend; Nasentube einfach. Nackenschuppen nicht grösser als die Körperschuppen; die Schup- pen der rechten Seite etenoid, die der linken Seite eycloid und am hintern Rande tief eingebuchtet; an beiden Seiten werden die Schup- pen nach dem Schwanze hin grösser; Seitenlinie ganz grade, 115 bis 120 Schuppen enthaltend. Die rechte Brustflosse etwas länger als die linke, drei Mal in der Kopflänge enthalten. Schmutzig grün, unregelmässig schwarz gefleckt, links gelb- lich, oben und unten mit undeutlichen schwärzlichen Querbinden. vom 11. December 1876. 845 Ein Exemplar, 314 Centimeter lang; am 18. Juli bei Neu- Hannover gefangen. Diese Art steht der Synaptura heterolepis Bleeker aus Am- boina am nächsten, welche aber nur 93 Schuppen in der Seiten- linie hat und sich daher ebenso von der vorstehenden Art wie $. zebra Bloch von $. zebrina Schlegel unterscheidet. 128a. Solea (Achirus) melanosticta n. Sp. Der23 Au 54= v5: 0.18. L, lat. 70. Keine Brustflossen; Rückenflosse und Analflosse von der Schwanzflosse und Bauchflossen von der Analflosse getrennt. Kör- perhöhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 4:11; Kopflänge in derselben 4 Mal enthalten; Augen an der rechten Seite, nur durch einen kleinen Zwischenraum von einander getrennt, das obere ein wenig weiter nach vorn gerückt; die Spitze der Oberlippe nur schwach gekrümmt; das vordere Nasenloch röhrenförmig. Schup- pen auf beiden Seiten kammförmig; Seitenlinie jederseits einfach, grade. Bauchflossen beide wohl entwickelt, die der rechten Seite etwas länger. Die Rückenflosse beginnt über dem Schnauzenende. Graubraun, auf der rechten Seite mit zerstreuten kleinen Flecken, die undeutliche Querreihen bilden. Senkrechte Flossen dunkel mit hellerem Saum. Ein einziges Exemplar, neun ÜOentimeter lang, bei der Insel Bougainville, in 40 Faden Tiefe, gefangen am 25. Angust 1875. MALOCOPTERYGII ABDOMINALES. Siluroidae. 129. Chrysichthys furcatus Günther. — Banana (Congo). 150. Arius thalassinus Rüppell. — Meermaidstreet (N. Austr.). Characini. 151. Distichodus abbreviatus n. Sp. D.3,13; A. 2,17. L. lat. 39; tr. 719. Höhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:24, Kopflänge zu derselben wie 1:4. Schnauze etwas breiter als lang. 20 Zähne in der vorderen Reihe des Unterkiefers. Silberig, auf der Mitte der Schwanzbasis schwärzlich. Ein 144 Centimeter langes Exemplar von dem Congo. 346 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Der Distichodus notospilus Günth. (Ann. Mag. Nat. Hist. 1867. XX. p. 114) von dem Gabun scheint der vorstehenden Art am nächsten zu stehen, hat aber die Schnauze länger als breit, nur 15 bis 16 Strahlen in der Analflosse und 16 Zähne in der vorde- ren Reihe des Unterkiefers. Scopelini. 132. Saurida nebulosa Cuv. Val. — Amboina. 133. Scopelus spec. — Atl. Ocean. Es befinden sich in der Sammlung mehrere Exemplare, wel- che aber sämmtlich schuppenlos und auch sonst nicht wohl erhal- ten sind, so dass sich eine genaue Bestimmung derselben nicht hat machen lassen. | Stomiae. 134. Stomias boa Risso. — Ein Exemplar am 14. Januar 1876 aus dem Stillen Ocean gefischt, 42° 56’ 0". S. Br., 149° 26'353” W. L. Gr., welches mir bei dem Vergleich mit einem Exemplar aus Nizza keinen Unterschied zeigt. Idiacanthus nov. gen. Körper lang gestreckt, zusammengedrückt, bandförmig, viel niedriger als der Kopf, ohne Schuppen; Analöffnung hinter der Mitte des Körpers befindlich. Kopf zusammengedrückt, mit sehr kurzer Schnauze und sehr grosser Maulspalte. Spitze, ungleich lange Zähne, die des Zwischen- und Unterkiefers am längsten; Vomer mit langen hinter einander stehenden zusammengedrückten Fangzähnen. Gaumenbein und Zunge mit feinen spitzen Zähnen. Auge mässig gross. Ein langer fleischiger Bartfaden von der Mitte der Zungenbeingegend herabsteigend. Rückenflosse sehr lang, nur die hintersten Strahlen gegliedert, nahe bei einan- der stehend und durch eine Haut mit einander verbun- den, die vorderen sehr dünn, fast häutig, ungegliedert, getrennt, hinter der Basis eines gekrümmten spitzen Dorns stehend; Analflosse ebenfalls lang, die hintersten Strahlen ebenfalls gegliedert und durch eine Haut ver- bunden, die getrennten vorderen ungegliederten sehr dünnen Strahlen entweder hinter der Basis eines ein- zelnen Stachels oder zwischen einem Paar seitlich neben vom 11. December 1876. 847 einander stehender Stacheln befindlich. Keine Brustflos- sen. Bauchflossen aus sechs gegliederten Strahlen zu- sammengesetzt, ventral (hinter dem ersten Drittel der Totallänge inserirt). Keihen von phosphorescirenden Punkten an der Unterseite des Kopfes und Körpers. Kiemenöffnung sehr weit, Kiemenstrahlen zahlreich; vier Kiemen; keine Pseudobran- chien. Diese sonderbare Gattung hat an einem ganz mit dem -von Stomias übereinstimmenden Kopf einen bandförmigen, niedrigen Körper mit langer Rücken- und Analflosse von eigenthümlicher Beschaffenheit angefügt. Von Brustflossen kann ich an zwei vor mir liegenden Exemplaren keine Spur finden, auch keine Zeichen der Verletzung einer Stelle, wo sie etwa gesessen haben könnten. Es ist dieses der einzige mir bekannte Fall, wo bei der Anwesen- heit aller anderen oder auch nur der Bauchflossen ein Mangel der Brustflossen vorkommt 135. Idiacanthus fasciola n. Sp. BU18. .D. c. 70:.A. 41:5 B.0;,V. 6..0. /131: Kopflänge 75, Körperhöhe „|; der Totallänge. Die Schnauze ist kurz, ein wenig länger als das Auge, mit dem oberen Kopf- profil eine grade Linie bildend. Der obere Mundrand wird zum grössten Theil von den Zwischenkiefern gebildet, welche jederseits mit etwa 13 langen, spitzen Zähnen bewaffnet sind, von denen der 5. und 9. besonders lang sind; den äusseren oder unteren Theil des oberen Mundrandes bilden die ebenfalls mit einigen spitzen Zähnen bewaffneten Oberkiefer, deren längster Theil hinter dem Zwischen- kiefer befindlich ist. Die Unterkiefer haben an jeder Seite 16 Zähne, von denen der 3. und 12. besonders lang sind. Im Vomer stehen hinter einander zwei spitze zusammengedrückte mehr grade Fangzähne und die Zunge und Gaumenbeine zeigen eine Binde feiner spitzer Zähne. Der Bartfaden ist fast doppelt so lang, wie der Kopf. Der Körper ist zusammengedrückt, nur etwa #% so hoch wie der Kopf. Die Analöffnung liegt vor dem siebenten Zwölftel der Totallänge. Die Rückenflosse beginnt fast in der Mitte zwi- schen dem Kopfe und den Bauchflossen, dem ersteren ein wenig näher. Die meisten isolirt stehenden Strahlen sind äusserst dünn und ungegliedert, nur die letzten, näher aneinander gedrängten und mit einer feinen Haut verbundenen lassen eine Gliederung erken- 348 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse nen. Die Bauchflossen stehen hinter dem ersten Drittel der To- tallänge, seitlich und sind aus sechs gegliederten Strahlen zusam- mengesetzt, welche die Körperhöhe nur wenig an Länge übertref- fen. Die Analflosse beginnt gleich hinter dem After und hört, eben so wie die Rückenflosse, in einer kurzen Entfernung, welche der Körperhöhe gleich kommt, vor der Schwanzflosse auf. Sie ist ähnlich, wie die Rückenflosse gebaut, nur sind die vor den Strahlen stehenden Dornen im Allgemeinen kürzer und z. Th. durch zwei seitlich stehende ersetzt. Die Schwanzflosse ist nur halb so lang wie der Kopf und wird aus 13 gegliederten Strahlen gebildet, denen sich oben und unten eine Anzahl kurzer Strahlen anschliessen. Die Färbung ist ganz schwarz; die Leuchtflecke sind metal- lisch glänzend, die Flossen weisslich. Der Bartfaden ist schwarz, hat aber vor der Endspitze einen weissen Ring. In der Sammlung befinden sich zwei Exemplare. Das kleinere ist ca. 50, das grössere 150 Millimeter lang. Von dem letzteren füge ich noch in Millimetern einige Mafse hinzu: Kopflänge 10; Kopfhöhe 7,5; Schnauze bis After 74, bis zu den Bauchflossen 45; Körperhöhe 3; Länge der Bauchflossen 4; der Schwanzflosse 5. Das grössere Exemplar wurde am 5. Mai 1875 nördlich von Australien im 117° Ö. L. Gr., das kleinere am 30. Juni 1875 nördlich von Neu-Guinea im 1° 4' 5" L. Br., 136° 3' 6" Ö. L. Gr. an der Meeresoberfläche gefangen. Nach der Beschaffenheit der Rücken- und Analflossenstrahlen, welche etwas an die von den Syngnathen erinnert, könnte man vielleicht daran denken, dass die Exemplare noch nicht vollständig entwickelt seien. Dagegen spricht aber die vollständige Entwicke- lung und die Proportion der Kopforgane, so wie die Beschaffenheit der Bauch- und Schwanzflosse. Scombresoces. 136. Belone melanotus Bleeker. — Neu-Britannien. 137. „ choram Forskäl. — Amboina; Bougainville. 138. Hemirhamphus Buffonis Cuv. Val., Bleeker. — Segaar-Bai. Clupeini. 139. Chatoessus breviceps n. SP. vom 11. December 1876. 849 D. 19; A. 19. L. lat. 42; tr. 17. Der letzte Strahl der Rückenflossen nicht fadenförmig verlän- gert. Höhe zur Länge (ohne Schwanzflosse) wie 1:23, Kopflänge zu derselben etwas mehr als ein Viertel. Schnauze von der Länge des halben Augendurchmessers; der Oberkiefer ragt bis unter die Mitte des Auges. Die Bauchflossen entspringen gegenüber der Mitte der Rückenflosse. Die letztere beginnt viel näher dem Schnau- zenende, als die Schwanzflosse. Silberig, längs jeder Reihe der Rückenschuppen eine schwarze Fleckenbinde. Ein einziges 23 Centimeter langes Exemplar von Neu-Han- nover. 140. Dussumieria elopsoides Bleeker. Ein schlecht erhaltenes Exemplar von Amboina zähle ich deshalb zu vorstehender Art, weil es über 50 Querreihen von Schuppen gehabt zu haben scheint. Chirocentridae. 141. Chirocentrus dorab Forsk. — Amboina; Neu-Britannien. APODES. Muraenini. 142. Nemichthys scolopaceus Richardson. — Ein einziges Exem- plar, nördlich von Neu-Guinea gefangen. . Ophichthys colubrinus Boddaert. — Ein Exemplar von Am- boina. | ..- © 144. Ophichthys (Sphagebranchus) anguiformis n. Sp. Die Kopflänge (bis zu der Kiemenöffnung) ist 17 Mal in der Totallänge, reichlich 7 Mal in der Körperlänge bis zur Analöffnung enthalten. Der Körper ist wurmförmig langgestreckt und hat gar keine Flossen. Die Schnauze ist zugespitzt, über die Maulöffnung _ vorspringend. Das Auge liegt gleich weit um seinen doppelten Durchmesser von der Schnauzenspitze und von dem Mundwinkel, [1876] 61 850 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse um einen halben Durchmesser von dem vorderen Lippenrande ent- fernt. Die Zähne sind zugespitzt, auf allen Knochen in einfacher Reihe stehend. Fleischfarbig, mit kleinen schwarzen Pünktchen. Totallänge 260; Kopf bis Kiemenöffnung 15; Schnauze 2; Maulspalte 4; Entfernung des Afters von der Schnauzenspitze 110 Millimeter. Ein einziges Exemplar, am 29. Juni 1574 im atlantischen Ocean, 15° 40’ 1" N. B.. 23° 5’ 8" W. L. Gr., ‘südöstlich von dem Leton Rock in 38 Faden Tiefe gefangen. Diese Art unterscheidet sich von O©. quadratus Richardson und von O. rostratus Bloch durch den längeren, von O. acutirostris Barnev. durch den im Verhältniss zum Körper kürzeren Schwanz. OÖ. caecus L. unterscheidet sich durch die nicht sichtbaren Augen. OÖ. gracilis Kaup hat nur punctförmige Augen und soll keine Zähne auf dem Vomer haben. 145. Moringua abbreviata Bleeker. — Ein kleines 115 Millimeter langes Exemplar, dessen Kopf (bis zu den Kiemenöffnungen) 10 Millimeter lang ist, bei Pariti (Timor), 6 Faden tief im Schlick gefangen. 146. Muraena picta Ahl. — Mauritius; Amboina; Neu-Han- nover. 147. Muraena longicauda n. sp. ? Hintere Nasenlöcher nicht tubulös. Zähne spitz, in den Ober- und Unterkiefern zweireihig, die der inneren Reihe viel länger, wie die der einfachen Reihe des Vomer. Schwanz länger als der Körper. Rückenflosse hinter der Kiemenöffnung beginnend. Oben dunkelbraun, undeutlich heller quergebändert, Lippen und die heller braune Bauchseite weissgefleckt oder punctirt. Ein junges Exemplar, Totallänge 110, Kopf bis zur Kiemen- öffnung 13, Entfernung des Afters von der Schnauzenspitze 46 Mil- limeter. Vielleicht nur Jugendzustand einer Art, welche ausge- wachsen einreihige Zähne hat. Im Atlantischen Ocean mit dem vorher beschriebenen Ophichthys anguiformis zusammen gefangen. 148. Echidna variegata Forster. — Mauritius; Timor. vom 11. December 1876. s5l LEPTOCEPHALI. Von diesen räthselhaften Fischen sind eine Anzahl an der Meeresoberfläche gefischt, meist aber mit anderen Gegenständen verpackt und gedrückt worden, so dass ich bei der ohnehin schon grossen Zahl von ungenügend aufgestellten Arten eine genauere Untersuchung auf eine spätere Zeit versparen muss, um die Ver- öffentlichung dieser Übersicht nicht über Gebühr hinzuhalten. Sämmtliche gefundene Formen haben eine spitze Schnauze. 149. Leptocephalus spec. | Mit spitzer Schnauze und kürzerem Körper, ähnlich dem Z. brevirostris Kaup. — Aus dem stillen Ocean. 150. Leptocephalus spec. Dem vorhergehenden ähnlich, aber mit längerer spitzer Schwanz- spitze. — Aus dem Austral-Ocean. 151. Leptocephalus sp. Mit viel längerer Schnauze, sonst der zuerst angeführten Art ähnlicher. — Aus dem indischen Ocean. 152. Leptocephalus Dussumieri Kaup? — Aus dem stillen und südatlantischen Ocean. 153. Leptocephalus (Tilurus) spec. Mit spitzer Schnauze, langgestrecktem Körper und dünn aus- gezogenem Schwanze. — Aus dem stillen Ocean. 154. Leptocephalus (Tilurus) spec. Dem vorhergehenden ähnlich, aber mit kürzerer Schnauze und grösseren Augen. — Indischer Ocean. LOPHOBRANCHL. 155. Hippocampus guttulatus Cuvier. — Timor. 156. Hippocampus planifrons n. Sp. D. 25, PB. 19; 1.4, Dorsalflosse mit drei und zwanzig Strahlen, auf drei Körper- 64° 852 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse und zwei Schwanzsegmenten stehend. Körper aus elf Ringen zu- sammengesetzt, deren grösste Höhe fast gleich der halben Kopf- länge ist, mit mässig entwickelten Höckern. Die Kopflänge (16 Mil- limeter) ist 14 Mal in der Körperlänge (ohne den Schwanz) ent- halten; die Schnauze ist so lang, wie die Entfernung des hinteren Kiemendeckelrandes von der Mitte des Auges. Die postorbitalen Fortsätze haben eine horizontale Richtung; das Krönchen ist nie- drig und von den fünf Spitzen desselben sind die beiden vordern wenig entwickelt; ein Höcker vor seiner Basis ist mehr entwickelt als diese letzteren. Körper mit schwarzen Punkten besprengt, welche z. Th. zu kleinen Flecken, namentlich an den Seiten der Schnauze und des Schwanzes zusammentreten. Iris silberig, mit vier von der Pu- pille ausstrahlenden schwarzen Binden. Ein einziges Exemplar von Naturalists-Channel (N. W. Australien), im April in 10 Faden Tiefe gefangen. PLECTOGNATHN. Sclerodermi. 157. Balistes maculatus Gmelin. — Capd.g.H. 158. » niger Mungo Park. — Neu-Britannien. 159. „ tiridescens Bloch-Schneider. — Neu-Guinea. 160. „ aculeatus Linne. — Carteret-Hafen (Neu-Irland). 161. „ brasiliensis Bloch-Schneider. — Neu-Britannien. 162. = rectangulus Bloch-Schneid. — Meermaidstreet. 163. »„ undulatus Mungo Park. — Amboina; Neu-Bri- tannien; Neu-Irland; Neu-Hannover. 164. Monacanthus pardalis Rüppell. — Meermaidstreet. 165. ” megalurus Richardson. — Moreton-Bai. 166. > penicilligerus Cuvier. — Sargasso-Meer. Ostraciontes. 167. Ostracion eubieus Linne. — Neu-Britannien. os vom 11. December 1876. 85 Gymmodontes. 168. Tetrodon patoca Ham. Buch. — Amboina. 169. J immaculatus Bl.-Schn. var. manillensis Proce. — Amboina; Neu-Irland. 170. 5 punctatus Bl.-Schn. — Neu-Britannien. Ikztale reticularis Bl.-Schn. — Neu-Guinea; Neu-Bri- tannien. 102. h hispidus Linne. — Neu-Hannover, SQUALIDAE. 173. Scyllium capense Smith. — Capd.g.H. 174. Carcharias melanopterus Juoy et Gaimard. — Neu-Irland. 175. Carcharias lamia Risso. — Stiller Ocean. 176. Sphyrna zygaena Rafinesque. — Moreton-Bai. 177. Isistius brasiliensis Quoy et Gaimard. — Ein junges Männ- chen, am 6. Mai 1375 im indischen Ocean unter 14° 23' 7" S. Br. und 118° 16' 3" Ö. L. Gr. gefangen. RAJIDAE. 178. Rhinobatus Blochä Müll. Henle — Capd.g.H. 179. ” armatus Gray et Hardw. — Bougainville. 180. Trygon margarita Günther. — Congo. 181. „ sephen Forskäl. — Neu-Britannien. Io 2 uarnak Forsk. — Carteret-Hafen (Neu-Irland). 1835. ,„ XKuhlü Müll. Henle. — Neu-Irland. LEPTOGARDI. 184. Epigonichthys eultellus Ptrs. Über diese neue merkwürdige Gattung habe ich bereits im Juni d. Js. (s. Monatsberichte p. 322) berichtet. Hr. Professor 854 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 11. December 1876. Dr. Th. Studer schreibt mir über das Vorkommen auf meine Anfrage Folgendes: „Dass die Thiere massenhaft vorkommen, glaube ich. Der Tag, an welchem ich sie fischte, war der letzte unseres Aufenthalts in der Moretonbai und ich hatte das Boot nur zwei Stunden zur Verfügung. Ich wollte dieselben benutzen, um womöglich den Grund vom Schiff bis Peale Island zu untersuchen, ungefähr 4 engl. Meile. Der erste Zug mit einem kleinen Dreieck- netz brachte feinen Sand, in dem ich erst, nachdem ich ihn am Boden des Bootes ausgebreitet hatte, die milchweissen Thiere ent- deckte, welche ich sogleich als Amphioxus erkannte. In seichterem Wasser, 5 Faden, veränderte sich der Grund; der Sand wurde srober und endlich der Boden steinig. Mit dieser Veränderung verschwanden die Amphioxus.“ Er theilte mir ferner auf meine Anfrage über das Geruchsorgan eine Zeichnung mit, nach welcher der vordere Rand der Kopfhaut im frischen Zustande weiter von dem vorderen Ende der Chorda dorsalis absteht und ein von der vorderen Spitze des Rückenmarks abgehender Nervenfaden drei Zweige in diese Gegend sendet, von welchen einer in einem klei- nen geschlossenen Bläschen endet. Dieses kann jedoch kein Or- gan sein, welches der Nasengrube bei Dranchiostoma entspräche. Eher würde man an ein Gehörorgan denken können, wenn dage- gen nicht die Lage und der Mangel eines innern Kalkconcrementes spräche. Die vorstehend verzeichnete Sammlung der (188 Arten) Fische schliesst sich in ihrer Bedeutung den andern Sammlungen an, welche wir dem Eifer des Hrn. Studer und dem lebhaften allgemeinen wis- senschaftlichen Interesse des Hrn. Capitän Freiherrn von Schlei- nitz verdanken. Der Werth derselben liegt nicht allein in der Entdeckung neuer (20) Arten, obgleich sich darunter höchst merk wür- dige neue Gattungen, wie Dibranchus, Idiacanthus und Epigonich- thys befinden, sondern auch in dem genauen Nachweis des Vor- kommens und der geographischen Verbreitung bereits bekannter Formen, unter-denen einige, wie z. B. Dregmaceros, Stomias, Isi- stius als eine besonders erwünschte Bereicherung der zoologischen Sammlungen zu betrachten sind. Gesammtsitzung vom 14. December 1876. 855 14. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kirchhoff las zur Geschichte des Athenischen Staats- schatzes im fünften Jahrh. v. Chr. Hr. Braun legte die Beschreibungen einiger von J. M. Hilde- brandt in Ostafrika entdeckter Pflanzen vor. Unter den mancherlei Neuigkeiten, mit welchen der Reisende die Flora von Ostafrika bereichert hat, gehört zu den merkwürdigsten eine an der Zanzibarküste aufgefundene Cycadee aus der Gattung Encephalartos, von welcher die ersten lebenden Stämme im Jahr 1873 an den botanischen Garten gesendet wurden. Wiewohl die Stöcke verhältnissmässig jugendlich waren und Blüthen fehlten, so war die Gattung doch kaum zweifelhaft und die Art mit keiner der beschriebe- nen übereinstimmend, so dass sie im Anhang zum Samencatalog des botanischen Gartens von 1874 mit kurzer Beschreibung als neu unter dem Namen EP. Hildebrandtiüi aufgestellt werden konnte. Aber erst im verflosseneu Frühjahr entwickelte sich die Krone eines im Jahre vorher gesendeten alten Stammes, welche eine erhebliche Verschiedenheit der Blätter von denen der jüngeren Pflanzen zeigte. Gleichzeitig kamen getrocknete männliche und weibliche Blüthen an, so dass es jetzt möglich ist, eine vollständigere Beschreibung zu geben, so wie auch die von Regel geäusserten Zweifel über den specifischen Werth dieser Art zu beseitigen. In der That sind die Unterschiede der Hildebrandt’schen, das Küstenland von Zan- zibar bewohnenden Art von dem in der Blattbildung etwas ähn- lichen, in Natal heimischen E. villosus in der Blüthenbildung so erheblich, dass beide Arten nicht einmal in derselben Section der Gattung Platz finden können. Ich habe hierüber in der Gesell- schaft der naturforschenden Freunde (Ber. vom 17. Oct. d. J.) bereits einige Bemerkungen mitgetheilt, so dass es nicht nöthig ist, auf die Vergleichung beider Arten noch einmal einzugehen. Auch E. Barteri Carruth. und E. septentrionalis Schweinf., die beiden 856 Gesammtsitzung einzigen nördlich vom Aequator entdeckten Arten, von denen erstere von Miquel (Adansonia IX. 163) gleichfalls zu E. villosus Lem. gezogen wird, sind ebensowohl von diesem als von E. Hildebrandtii verschieden. Die zweite im Folgenden behandelte Pflanze ist eine pracht- volle Amaryllidee von der Comoren-Insel Johanna, Crinum Hilde- braudti, welches Hr. Vatke, wissenschaftlicher Assistent am bo- tanischen Garten, welchem die Bearbeitung der Hildebrandt’schen Pflanzen übergeben ist, nach der lebenden, im Frühjahr d. J. in mehreren Exemplaren im botanischen Garten zur Blüthe gelangten Pflanze beschrieben hat. Die dritte, nur in getrockneten Exemplaren: aus den Gebirgen des Somali-Landes eingesendete Pflanze ist ein kleiner, silber- blättriger Strauch, der erst bei genauerer Untersuchung als Con- volvulacee erkannt wird und eine neue, sehr eigenthümliche Gat- tung dieser Familie bildet, welche Hr. Vatke zu Ehre des Ent- deckers Hildebrandtia genannt hat. Eine vorläufige Ankündigung und kurze Characteristik dieser Gattung habe ich bereits in der Sitzung der naturf. Freunde vom 18. Jan. d. J. mitgetheilt; hier folgt die ausführliche Beschreibung derselben. Endlich schliesse ich den vorausgehenden die Beschreibung einer Oapparidee von höchst sonderbarem Blüthenbau an. Die betreffende Pflanze wurde von dem Reisenden zu Anfang dieses Jahres bei Mombassa gesammelt und leider in einem sehr zerfallenen Zustande eingesendet; doch sind die Exemplare aus- reichend, um die Beschaffenheit der Blüthe vollkommen zu ermit- teln. Dagegen fehlt leider die Frucht, von der es ungewiss bleibt, ob sie kapsel- oder beerenartig ist, so dass man zweifelhaft sein könnte, ob man es mit einer Cleomee oder mit einer Capparee zu thun habe. Der wie es scheint strauchartige Wuchs mit starren abstehenden Zweigen, die dreitheiligen Laubblätter mit sich abglie- dernden Blättchen und das Vorkommen kleiner mit Niederblättern versehener Achselknöspchen sprechen für das letztere. Der Blüthen- bau der neuen Pflanze schliesst sich einerseits an den von Gynan- dropsis unter den ÜCleomeen, anderseits an den von (adaba und Schepperia unter den Cappareen an. DBei diesen Gattungen ver- längert sich die Blüthenachse zwischen Blumenkrone und Staub- blättern in eine schlanke Säule (androphorum), während eine zweite Verlängerung (carpophorum) die Fruchtknospe trägt, so dass die vom 14. December 1876. 857 Blüthe ein durchwachsenes Ansehen erhält und drei von einander entfernte Stockwerke bildet. Ähnlich ist es dem Anscheine nach bei der Hildebrandt’sche Pflanze; die genauere Untersuchung zeigt jedoch ein etwas anderes Verhalten. Auch hier verlängert sich die Blüthenachse bedeutend und erhebt die Staubblätter hoch über die Blumenkrone; aber während dieselben bei den anderen genannten Gat- tungen einen regelmässigen geschlossenen Kreis bilden !), befinden sie sich bei der Hildebr. Pflanze sämmtlich auf der von der Achse abgewendeten (vorderen) Seite der Säule, so dass die hintere frei bleibt; dabei hängen sie mit den Filamenten unter sich dergestalt zu- sammen, dass sie am Grunde nur ein einziges, bandförmiges, den Stiel der Fruchtknospe halbseitig umscheidendes Stück bilden, welches zu- nächst nach jeder Seite, in gleicher oder häufiger ungleicher Höhe, einen einfachen Zweig abgiebt, dann sich gewöhnlich gabelig in 2 selbst wieder zweitheilige oder auch drei- bis viertheilige Abschnitte spaltet, so dass. im Ganzen 6—9 (meist 7—8) beuteltragende Spitzen entstehen. Die Theilungsweise ist übrigens vielen Modi- ficationen unterworfen, so dass kaum eine Blüthe der anderen hierin vollkommen gleicht. Zuweilen findet die letzte Theilung dicht unter den Antheren statt, so dass deren zwei auf gemein- samem Stiele stehen. Nach der Darstellung, welche Eichler (Flora 1565) von dem Vorgange der Vervielfältigung der Staub- gefässe bei den Oleomeen (namentlich bei Polanisia) giebt, ist die Entstehung verzweigter Staubgefässe in dieser Familie wohl er- klärbar, da sie aber bei keiner anderen Gattung derselben beob- achtet ist, mag der Name Cladostemon, den wir für die neue Gat- tung wählen, berechtigt erscheinen. Ein weiteres eigenthümliches Verhalten dieser verzweigten Staubblätter ist die fehlende Abelie- derung der Filamente.e Während nämlich bei Gynandropsis und Cadaba die einzelnen Filamente sich von der tragenden Achsen- säule scharf abgliedern, so dass man nach dem Abfallen derselben die entsprechenden Blattnarben an der Säule wahrnimmt, läuft der gemeinsame bandartige Stiel der Staubgefässe von Oladostemon an !) Bei Gynandropsis und Cadaba ist die Zahl der Staubblätter 6, von denen 2 nach vorn, 2 nach hinten, je 1 zur Seite steht; bei Schepperia sind es 8, 2 vordere, je 1 seitliches, 4 hintere. Die hinteren Staubblätter sind oft etwas tiefer inserirt als die vorderen. 858 Gesammtsitzung der Achse in der Weise herab, dass seine Ränder noch auf eine Strecke weit unterscheidbar bleiben und ganz allmählig nach unten verschwinden. Die verbundenen Staubblätter scheinen daher ihre eigentliche Insertionsstelle nicht oben, sondern am Grunde der. Säule zu haben und lediglich durch Anwachsung in so bedeutende Höhe emporgehoben zu werden. Diese Betrachtung wird bestä- tigt durch das Vorhandensein einer ergänzenden hinteren Hälfte des Staubblattkreises, welche sich am Grunde der verlängerten Blüthenachse, dicht über der Insertion des hinteren Kelchblatts und der zwei hinteren Blumenblätter befindet. Hier ist nämlich in der Blüthe versteckt und vom Grunde der nach vorn geneigten Säule abstehend eine abgesonderte Gruppe kleinerer steriler Staubblätter vorhanden, welche das Ansehen einer besonderen nackten männ- lichen Blüthe bietet. Die Staubblätter dieser Gruppe sind am Grunde in eine fleischige Masse verwachsen, welche man als eine kurze, nach der Seite des Carpophorums offene Röhre oder als eine nach dieser Seite hin ausgehöhlte Schiene beschreiben kann. Dieses Gebilde umfasst mit seinen Rändern die Basis des Carpo- phorums ein wenig und trägt 4—6 kurze Staubfäden mit äusserlich wohl ausgebildeten, aber sterilen Staubbeuteln, welche 3—4 mal kleiner sind als die fertilen von der Säule emporgetragenen. Die Filamente dieser kleinen Staubblätter gliedern sich von dem flei- schigen Fussgestell, das sie trägt, ab und gehen nach der Blüthe- zeit verloren. Man wird durch dieses fast röhrig geschlossene die Staubfäden tragende (sestell an den röhrigen Auswuchs („appen- dix tori*) erinnert, welcher bei /someris und Cristatella Nutt.!), so wie bei Cadaba?) und Schepperia®) an der gleichen Stelle auf- tritt*) und bei diesen Gattungen, welche einen nach hinten ge- !) Vergl. A. Gray, Gen. Fl. Amer. I. t. 77. 2) Deiilessert, Ic. select. SIT 1.79. 3) Bei dieser durch die apetale Blüthe und die Alchtzahl der Staub- blätter von Cadaba verschiedenen Gattung ist der Appendix nicht wie bei Cadaba und Cristatella walzenförmig verlängert, sondern kurz und bauchig, tief zweilippig, die Unterlippe kahnartig gewölbt, die kleinere Oberlippe deckel- artig über den Eingang hereingebogen. Die geräumige Höhle ist ohne Zweifel honigabsondernd. 4) Bei Polanisıa findet sich an derselben Stelle eine niedrige breite ab- gestutzte Drüse, bei Üleome violaceaw (Trachelopus Kl.) drei nebeneinander ausserhalb des Staubblattkreiscs stehende Drüsen, vom 14. December 1876. 359 schlossenen Staubblattkreis besitzen, den Gedanken einer Spross- bildung in der Blüthe erwecken könnte. Ich war in der "That anfangs nicht abgeneigt auch bei COladostemon das beschriebene Staminodienbündel als eine Aussprossung aus der Achsel des hin- teren Kelchblatts zu betrachten, allein die genauere Untersuchung musste mich zur Überzeugung bringen, dass dasselbe mit den im Halbkreis stehenden fertilen Staubblättern zusammengehört und als zweiter Halbkreis den vollen Staminalkreis herstellt. Cladostemon ist demnach diadelphisch! Das Conistium bildet 2 Phalangen, von denen die vordere mit fertilen Staubbeuteln dem Carpophorum an- wachsend durch die Dehnung des letzteren emporgehoben wird, während die hintere mit sterilen Beuteln im Grunde der Blüthe zu- rück bleibt. In Beziehung auf die säulenförmige Entwickelung der Blüthenachse, welche eme Länge von 10—135 Cm. erreicht, über- trifft Cladostemon nicht nur alle anderen Capparideen, sondern wahr- scheinlich alle mit solchen Verlängerungen versehenen Pflanzen über- haupt. Endlich ist noch die Krone durch ihre ansehnliche Grösse und die sehr ungleiche Ausbildung der oberen und unteren Blumen- blätter bemerkenswerth. Die beiden oberen Blumenblätter, welche die unteren an Länge und Breite weit übertreffen, haben eine eiför- mige sehr schön beaderte Spreite mit zurückgebogener Spitze und wellenförmig gekräuseltem Rande; sie erreichen eine Länge von '5—6 Cm., sind aufgerichtet und bilden gleichsam eine hohe dop- pelte Fahne. In der stärkeren Entwicklung der oberen Blumen- blätter stimmt Cladostemon mit Cristatella, Dactylaena und Steripho- ma überein, während bei Dianthera und einigen Üleome-Arten, na- mentlich O2. violacea, umgekehrt die unteren Blumenblätter die grösseren sind. l. Encephalartos Hudebrandtu A. Br. et Bouche, ind. sem. hort. Berol. 1874. Trunco demum elato, coronam (in planta adulta) polyphyllam gerente; frondibus novellis lanugine albida vestitis, serius praeter rhachin griseotomentosam denudatis saturate viridibus; foliolis nu- 360 Gesammtsitzung merosis paululum distantibus, versus basin frondis deerescentibus, infimis ad spinas palmatas vel 2—3 partitas reductis, mediis lan- ceolatis decies-duodecies longioribus quam latis superne sensim an- gustatis et in spinam elongatam acuminatis, parce dentatis, denti- bus utringue 3—4 erecto-patentibus angustis pungentibus, supremo ab apice folioli longe remoto; floris feminei strobilo oblongo crasso, squamis peltatis, apophyseos parte superficiali tranverse rhomboidea, margine superiore crenulata, inferiore integerrima, prope marginem inferiorem umbone transverso sessili truncato et subdepresso in- structa, versus marginem superiorem radiis binis parum elevatis percursa. Habitat ad oram Zanzibariensem, ubi ab insula Zanzibar usque ad insulam Mombassa vigentem primus observavit et col- legit J. M. Hildebrandt annis 1873—1875. Descript: Truncus ex observatione Hildebrandtii altitudinem 1,5 m. attigens, in specimine maximo hort. Berol. 1 m. altus, 0,32 m. crassus, junior subglobosus vel ovoideus, adultus eylindrieus, su- perne incrassatus, nonnunguam prope basin proliferus aut superne ramo uno alterove brevi instructus, rarius aequaliter bipartitus, ver- sus apicem residuis petiolorum stuposus, inferne demum, petiolis dejectis, phyllopodiis persistentibus more generis loricatus. Phyl- lades cum frondium cyclis alternantes et gemmam terminalem pe- rularum more vestientes e basi latiore carnosa in processum are- scentem linearem obtusum angustatae, dorso tomento denso pallide fuscescente tectae, ventre glabrae. Frondes coronam in truneis junioribus oligophyllam, in adultis polyphyllam constituentes, in trunco adulto horti Berol. 14 eodem tractu evolutae, 1,6-—1,3 m. longae, foliolis utringne 60—65 instructae, juveniles lanugine alba tectae, evolutae glabrescentes, nitidae, durae, saturate virides. Pe- tiolus brevis. Rhachis latere postico valde convexa, antico obtuse carinata et in sicco (praesertim in foliis plantae junioris) juxta carınam ventralem utrinque sulco levi exarata, apice inter foliola suprema in mucronem pungentem producta, tomento griseo longius persistente sed demum deciduo tecta. Foliola versus apicem et evidentius versus basin frondis longitudine sensim decrescentia, in regione media 23>—25 cm. longa, 20—22 mm. lata, lanceolata, basi ad 5—6 mm. angustata, non decurrentia, versus apicem sensim an- gustata et mucerone longo pungente terminata, utringue dentibus 3—4 inter se remotis erecto-patentibus spinescentibus 5—7 mm. h vom 14. December 1876. 861 longis instructa, dentibus supremis utringue ab apice longe (ec. 6—12 cm.) remotis. Foliola superiora dentibus paucioribus gaudent, duo suprema saepius omnino edentata integerrima. Fo- liola infima brevissima, ad spinas palmatas vel 2—3 partitas re- ducta. Margo foliolorum incrassatus, paululum deorsum inflexus, non revolutus. Nervi praesertim in facie antica parum conspicui, in basi folioli 5—6, supra basin mox divisi, in parte media folioli 22—25. Frondes exemplarium juniorum (trunco 0,20—0,30 alto) ab iis adultiorum pluribus notis discedunt, 0,5—0,3 m. longae, foliolis magis approximatis utrinque 36—50 instructae. Foliola in media frondis parte S—12 cm. longa, 10—16 mm. lata, versus apicem minus angustata, dentibus utringue 4—9 instructa, supremis ma- joribus et apiei approximatis. Flos femineus: Conus pedunculo brevi crasso insidens, ob- longo-eylindraceus, obtusiusculus, maturitate 0,26—0,28 m. longus, 0,10—0,11 crassus, squamis (foliis ovuligeris s. carpophyllis) in exemplaribus duobus examinatis c. 140, ad 44 (3, orthostichis versus $ inclinatis) dispositis, infimis et supremis depauperatis ste- rilibus. Squamae fertiles consistunt petiolo angusto ex axi sub angulo recto emergente et apophysi crassa infracto-peltata trans- verse extensa. Petiolus ec. 25 mm. longus, ventre sulco exaratus, dorso carina acuta instrietus, marginibus sub apophysi in eristam transversalem ad alas laterales apophyseos descendentem excurrens. Apophyseos pelta carina transversali dividitur in aream anteriorem in superficie coni positam et posteriorem refractam squamis ante- cedentibus teetam et occultam. Area anterior, quae sola in cono integro conspieitur, major, lato-rhomboidea, diametro transversali 40—45 mm., longitudinali 15—20 mm. gaudens, margine anteriore incrassato verrucoso -denticulato, posteriore (a carina transversali formato) integerrimo. In parte hujus areae media proxime ad marginem posteriorem umbo sessilis truncatus diseiformis, margini- bus elevatis eircumseriptus, medio paululum depressus, irregulariter hexagonus, transverse extensus, diametro transversali 15 mm., longitudinali 7—8 mm. Area posterior oceulta, petiolo fere paral- lela, diametro longitudinali breviore ($—10 mm.), margine inferiore calloso verrucoso. Area anterior aeque ac posterior radiis elevatis binis divergentibus ab umbone ad marginem usque percarsae. An- guli laterales apophyseos abeunt in alas oblique descendentes, 5—10 mm. longas et latas, seminum partem basalem amplectentes. 862 Gesammtsitzung Semina sub apophysi ad latus anterius cristae transversalis inserta, drupacea. Putamen lignosum, durum, oblongum vel subeylindri- cum, rarius ventricosum, costis s. lineis prominulis 11—12 longi- tudinaliter percursum, basi obligquum poris 20—30 perforatum, apice rotundato-truncatum, medio vertice area eireulari 11—12 ra- diata sub germinatione in dentes totidem dehiscente instructum. Tela spongiosa in basi putaminis parcissima, endospermio totum fere cavum occupante. Embryo eylindrieus, gracilis, cauliculo bre- vissimo, colyledonibus angustissimis subaequalibus, altera nonnun- quam super alteram uncinatim incumbente. Flos masculus: Conus pedunculo longiori squamis paucis remotis villosis praedito insidens, cono femineo gracilior et demum longior, omnino evolutus ad 0,45 m. longus, 0,05 erassns, squamis (androphyllis s. conidibus) numerosioribus (in specimine examinato c. 244) sub authesi laxius (ad 42) dispositis. Squamae pars in- ferior petiolo carpophylli respondens supra basin angustiorem lami- nae instar spathulato-dilatata, 20—25 mm. longa, 15 mm. lata, in junioribus plana, in adultis antice late canzlieulata, postice levi- ter et obtuse carinata. Area loculifera faciem posticam omino fere tegens, continua, versus apophysin biloba. Apophysis simili modo ac in carpophyllis in aream superiorem et inferiorem dividitur, sed magis complanata, vix peltata, alis lateralibus carens, petiolo dila- tato vix latior, in junioribus reetangule deflexa vel subreflexa, in adultioribus magis porrecta, apophysin Pini e sectione Pinastri aemulans. Carina transversalis apophyseos acuta, umbone truncato magis prominente coronata. Loculi polliniferi oblongi, utrinque subaecuti, ut in aliis Cycadeis stellatim congesti. Germinatione inter cotyledones statim frons prima protru- ditur (phylladibus, quae in aliis Encephalarti speciebus praecedunt, defieientibus), plerumque remote trijuga, rarius quadrijuga, foliolis e basi valde angustata late spathulato-lanceolatis, apice rotundatis vel subtruncatis, inferne integerrimis, superne serratodentatis, denti- bus I9I—11 circa apicem congestis. Affinitas proxima cum E. Barteri Carruth. ex Afriea tro- pica oceidentali (regione fluminis Niger) et E. septentrionali Schweinf. ex Africa centrali (regione Njam Njam), qui uterque trunco hu- mili, parum supra terram elato differt, prior insuper (sec. descrip- tionem Miquelii) foliolis inferioribus depauperatis non leni transitu sed subito in foliola normalia abeuntibus, dentibus foliolorum mi- vom 14. December 1876. 363 nus dure spinescenbus etc., posterior foliolis magis distantibus, basi evidenter decurrentibus, dentibus minoribus minus duris utrin- que 6—10, inferioribus approximatis, superioribus remotis. °F. vil- losus Lemaire ex Africa australi (Natal) longius distat. 2. Crinum Ehldebrandti Vatke. Bulbo columnari ovoideo-elongato crassitie pugni, foliis late lanceolatis margine tenuioribus superne undulatis patulo-subrecurvis, floribus 5—Stim sertulatis subsessilibus albis, perigonii tubo elon- gato, limbo 24 plo breviore erecto-patente demum horizontali, laci- niis oblongis acutiusculis apiculatis, staminibus limbo paullo bre- vioribus. In insula Comorensi Johanna (Anjoana) alt. 1000 m. supra mare detexit J. M. Hildebrandt, florentem coll. jun. ad aug. 1875 (n. 1700 in herb. reg. Berol.), vivum horto Berol. misit. Bulbus longe columnaris, ultra 2 dm. longus. Folia adulta 5,2—5,4 dm. longa, parte latissima 7,6—8 cm. lata. Scapus ter- minalis, ramo usurpatorio pseudolateralis more generis (A. Br.), erectus, compressus, 2,9—3,2 dm. altus, e brunneo rubescens, utro- que latere vitta angusta viridula percursus. Spatha diphylla ex albido subflavescens, phyllis demum reflexis 1,1 dm. longis, basi 2 cm. latis subtriangularibus obtusis striatis mox marcescentibus, altero alterum neutiguam obtegente. Bracteolae (florum prophylla) filiformes, primum candidae, ad 1 dm. longae, vix 1 mm. latae, enerviae. Flores 6-—3 cymoso-sertulati (pseudo-umbellati), sub- sessiles, pedicellis 3—d mm. longis. Perigonii tubus strietus cy- lindricus, limbo 6 partito, laciniis erecto demum horizontaliter pa- tentibus vel reflexis lineari-oblongis apieulatis, omnibus subae- qualibus 5— 7 nerviis, nervis parallelis plus minus obliterantibus. Stamina summo perigonii tubo inserta, filamentis filiformibus erec- tis demum declinatis ad medium fere candidis, inde ad apicem pur- purascentibus, ad 5,9 cm. longis. Antherae oblongae, 1,5 enı. lon- gae, dorso infra medium affıxae, versatiles. Ovarium eylindricum, 364 Gesammtsitzung obscure angulatum. Stylus filiformis, 2,6 dm. longus, parte exserta purpurascente 0,75 dm. longa, apicem versus parum attenuatus. Stigma manifeste trilobum. Species distinctissima sane, (©. Abyssinico Hochst., A. Rich. tent. fl. Abyss. II. 511 proxima, a quo nostram Speciem perigonii tubi longitudine et limbi laciniis a basi divergentibus (nee conniventibus) primo intuitu distinguis. Longius distat ©. Tinneae Kotschy et Peyritsch pl. Tinn. t. 21 (Tinneanum in tabula, Cordofanum- a beato Pritzelio in Ic. bot. thes. II. 94 erronee nuncupatum), quod flori- bus roseis longius pedicellatis etc. satis superque diversum. A ©. gracilifloro Kth. et Bouche, Kth. en. V 565, specie Americana, quoad florum configurationem simili foliis integerrimis recedit. (W. Vatke ad pl. vivam in horto Berol. cultam.) 3. Hhıldebrandtia Vatke.!) Novum genus Convolvulacearum et tribu Convolvulearum. Char. gen. Sepala 4 decussatim imbricata inaequalia, exteri- ora majora post anthesin in alas orbieulares in pedunculum decur- rentes valvatim adpressas et fructum mediö includentes accrescen- tia. Corolla tubo infundibuliformi, limbo quadripartito. Stamina quatuor longitudine inaequalia tubo inserta, demum exserta. Ova- rium biloculare, loculis sepalis exterioribus oppositis biovulatis. Styli duo distineti. Stigmata lobata. Capsula bilocularis, loculis ovulo altero abortivo plerumque monospermis. Affin: Genus Oressae et Sedderae proximum, habitu singu- lari, florum tetrameria et sepalorum mirifica indole distinetissi- mum. Nomen: Genus dieatum Johanni Mariae Hildebrandt, Dues- seldorfiensi, Africae peregrinatori indefesso. 1) non Fries, quae Hildebrandtia Nardo. vom 14. December 1876. 865 Species unica hucusque cognita: Hildebrandtia Africana Vatke. Locus natalis: In Africae tropicae orientalis ora Somäl dieta, in montium Ahl nuncupatorum regione montana prope Meid alt. 1000—1100 m. detexit J. M. Hildebrandt! (n. 1534 floribus, n. 1525 fructibus immaturis ornatam in herb. reg. Berol.) Descriptio: Frutex aridus 2. m. altus (ex Hildebrand in sched.) divaricato-ramosissimus, cortice rimoso einereo-fusco hine inde pilis raris subsolitaris instrueto ceterum glabro. Rami patentes vel erecto-patentes, apice spinescentes, novelli foliis alternis tecti, adulti ramulis lateralibus abbreviatis obsiti, foliorum fasciculum gerentibus. Folia parva, adulta 4—6 mm. longa, antice 1—1,5 mm. lata, obovato- vel cuneato-oblonga vel oblongo-sublinearia, basi in petiolum angustata, apice obtusa, obtusiuscula, acutiuscula vel api- culo inflexo pseudo-emarginata, pleraque plus minus eurvula undi- -que pilis longis sericeis unicellularibus medio aflixis antrorsum et retrorsum spectantibus tecta. Flores axillares in ramulis solitarii vel faseiculato-aggregati. Pedunculi per anthesin flore breviores usque ad 1 mm. longi subadpresse sericeo-pilosi ebracteolati, fructi- feri filiformes 5—6 mm. longi. Flores parvi. Calyx per anthesin c. 2 mm. longus, sericeo-vestitus. Corolla calyce triplo longior, tubo exserto, limbi laciniis subtriangularibus, ovatis ovalibusve ob- tusis acutiusculisve utrinque hine inde pilis solitariis adspersis vel glabriusculis. Genitalia exserta. Stylus fere limbi laciniarum lon- gitudine glabriusculus. Sepala exteriora accerescentia orbicularia, nunc apice retusa, nunc basi obligua, in petiolum decurrentia, '8—10 mm. diametro, flavescentia, reticulato-venosa Pteleae samaram aemulantia, facie margineque pilosa. Capsula obovoidea, 3 mm. longa, stylorum basibus apiculum emarginatum formantibus coro- nata, ad 2,5 mm. lata. Ovula in loculis 2, altero saepius abor- tiente. Semina (non satis matura) atrofusca, glabra. Cotyledones foliaceae, complicatae. Novum genus primus intellexit el. D. Oliver, professor Lon- dinensis, Florae Africae tropicae auctor sagacissimus, et summa hu- manitate me plantarum ab Hildebrandtio lectarum determinatione occupatum monuit in litteris. (W. Vatke.) [1876] 62 866 Gesammtsitzung 4. ÖOladostemon A. Br. et Vatke. Novum genus Capparidearum et tribu Capparearum. Char. gen. Calyx tetrasepalus, sepalis subaequalibus angustis non imbricatis. Corollae petala 4 imo toro inserta, unguiculata, inaequalia, posteriora majora in laminam dilatatam erectam expansa, anteriora minora angusta deflexa. Stamina diadelpha, phalangibus inaequalibus, anteriore gynophoro valde elongato alte adnata fertili, posteriore ad basin gynophori depauperata et sterili. Phalangis fertilis filamentum commune columnam superne semiamplectens, varie (subdichotome) in ramos divisum, ramis ultimis antheriferis 9—9; phalanx sterilis tubum sistens unilateraliter fissum versus columnam apertum brevem carnosum, filamentis 4—6 antheras mi- nores effoetas gerentibus coronatum. Antherae (fertiles et steriles) lineares, erectae, demum curvatae. Germen gynophoro ultra sta- minum fertilium ortum prolongato insidens, oblongum, uniloculare, placentis parietalibus binis multiovulatis. Stigma in stylo brevissimo obscure bilobum, subumbraculiforme. Fructus ignotus — Flores in axillis foliorum frondosorum. Prophylla non conspicua. Folia frondosa trifoliolata, petiolo foliolisque articulatim secedentibus. Stipulae minimae inconspicuae. Species unica: Cladostemon paradowus A. Br. et Vatke in ora Zanzibariensi ad insulam Mombassa m. maj. 1876 a cl. J. M. Hildebrandt detecta. Desecript. Planta ut videtur fruticosa, divaricato-ramosa. Rami hornotini rigidi, 4—5 mm. crassi, obtuse pentagoni, e viridi cinera- scentes, hine inde verrucis sparsis albis minimis obsiti, textura levi, medulla larga. Folia angulis ramorum insidentia, ad # dis- posita, petiolata, trifoliolata, membranacea, glabra, decidua. Petio- lus 3—5 em. longus, ima basi stipulis minimis vix conspieuis den- tiformibus munitus. Foliola breviter petiolulata, basi articulata, facile secedentia; terminale obovatum, leniter acuminatum, obtu- sinsculum, in foliis majoribus 5—7 cm. longum, 3—3,5 cm. latum; lateralia paulo minora, inaequilatera, latere inferiore magis dilatata et rotundata. Nervatura exquisite brochidodroma, nervis laterali- bus in foliolo terminali utringue 7—8, in lateralibus paucioribus. Flores axillares, solitarii. Peduneulus petiolo paulo longior, 4—7 cm. longus, prophyllis haud conspieuis. Calyx per anthesin (et diutius?) vom 14. December 1876. 367 persistens. Sepala erecto patentia, se inyicem non tegentia, e basi la- tiore sensim angustata et longe acuminata, S—10 mm. longa, basi 2— 2,5 mm. lata, inferne 5- superne 3- nervia, interjectis venulis nonnullis anastomosantibus. Sepalum infimum reliquis plerumque . paulo brevius. Corolla ut videtur alba, roseo tincta. Petala duo superiora majora, speciosa, 5—6 cm. longa, erecta et approximata, vexillum duplex quasi formantia, ex ungue 6—9 mm. longo in la- minam ovatam apice acuminatam 30— 33 mm. latam expansa, ad ba- sin laminae complicata et subinaequilatera, margine undulato-crispata, apice reflexa. Nervatura laminae elegans et valde conspieua, nervis lateralibus utringue 3—4 brochidodromis, venis ultimis intra macu- las majores dendroideo-ramosis liberis. Petala duo anteriora multo minora, nonnunquam calyce breviora, saepius calycem excendentia, 10— 30 mm. longa, deflexa et distantia, lamina lanceolata valde acuminata, nonnunguam angustissima ungue vix latiore. Staminum fertilium phalanx gynophoro elongato ad &— 7, adnata, parte su- periore libera gynophorum per intervallum breve amplectente, demum omnino soluta et in ramos vario modo divisa. Saepissime post abi- tum rami simplieis in utroque latere filamentum commune in par- tes duas denuo bi- vel tripartitas divitur, divisionibus ultimis (fila- mentis specialibus) 6—9 (plerumque 7—8) autheriferis. Antherae lineares, 8&—10 mm. longae, 1 mm. latae, obtusae, erectae, demum retrorsum arcuatae. Phalanx altera in postico floris latere ad ba- sin gynophori deflexi subocculta, erecta quoad pedunculi directio- nem, retrorsum patens quoad gynophorum, e staminibus 4— 6 mi- noribus effoetis composita. Pars inferior phalangis semitubulosa, carnosa, gynophorum ima basi paululum amplectens, 4 —4,5 mm, longa; filamenta non ramosa, 6—9 mm. longa, basi artieulata; an- therae 4 mm. longae, vix 1 mm. erassae. Gynophorum longissime e flore emergens, a calyce ad germen usque 10—15 cm. longum! e basi declinata leni curvatura adscendens; pars ultra staminum fertilium ortum prolongata sub anthesi 10O—20 mm. longa, stamini-- bus superata. Germen ovale 6—8 mm. longum, 5-—4 mm. cras- sum. Stigma 5—4 mm. latum. — In vertice ramorum et in axillis foliorum flore carentium gemmae minutae observantur phylladibus perminutis anguste squamiformibus instructae. 62* 868 Gesammtsitzung An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Proceedings of the London mathematical Society. N. 97—100. 8. Revue scientiique de la France et de l’etranger. N. 24. Dec. 1876. Pa- ris. 4. Sitzungsberichte der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrgang 1876...N.XXV.. 78. J. Lawrence Smith, Researches on the solid carbon compounds in meteorites. Louisville 1876. 8. Extr. —, Description d’une masse de fer meteorique etc. Extr. 4. Annales de chimie et de physique. \V. Serie. Octobre 1876. T. IX. Paris 1876. 8. OÖ. Chwolson, Über einen von M. H. von Jacobi construirten Quecksilber- Rheostaten. Extr. Petersburg 1876. 8. Vom Verf. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. Jahrg. XI. 1874. 7. (Schluss-) Lief. nebst Titel und Beilagen. Zürich 1874. Jahrg. XIII. 1876. Lief. 2. ib WAL Zeüschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preuss. Staate. Bd. XXIV. Lief. 4. Berlin 1876. 4. B. Boncompagni, Bullettino. T.IX. Agosto 1876. Roma 1876. 4. 33. und 34. Bericht über das Museum Francisco -Carolinum. Linz 1875/76. 8. Mit Begleitschreiben. L. Crahay, Coutumes de la Ville de Maestricht. Bruxelles 1876. 4. Vom vorg. K. Ministerium. vom 21. December 1876, 369 21. December. Gesammtsitzung der Akademie. Der vorsitzende Secretar las folgende Abhandlung des durch Krankheit verhinderten Hrn. Pringsheim: Uber den Generationswechsel der Thallophyten und seinen Anschluss an den Generationswechsel der Moose. In einer früheren Mittheilung habe ich meine Beobachtungen über vegetative Sprossung der Moosfrüchte kurz beschrieben. Sie führen zu Folgerungen, durch welche die Lehre vom Generations- wechsel der Moose in einigen Punkten eine berichtigende Ein- schränkung erhält, denn die Sprossung der Moosfrüchte liefert den Nachweis, dass im Generationswechsel der Moose die Sporenbil- dung unter Umständen übersprungen werden kann: Früher schon hat die Beobachtung der Prothalliensprossung von Farlow für die Farne einen Fall kennen gelehrt, in welchem im Gegensatz hierzu die sexuelle Zeugung im Generationswechsel ausfällt. In beiden Fällen kann daker unter Umständen dort durch Ausfall der Sporenbildung, hier durch Ausfall der Zeugung die sonst regelmässige Abwechselung von Sporenbildung und KEibil- dung unterbleiben. In soweit ergänzen die beiden Beobachtungen sich gegenseitig. Der wesentliche und thatsächliche Punkt, der durch beide Beobach- tungen noch ermittelt ist, liegt in dem Nachweise, dass die Wech- selgenerationen bei Moosen und Farn in ihren vegetativen Repro- ductionsformen mit einander übereinstimmen, dass sie daher auch einen gleichartigen morphologischen Oharacter besitzen. Für die Seta der Moose drückt sich ihre Übereinstimmung mit dem Stamme der sexuellen Generation schon im anatomischen Bau aus. Wie die Vergleichung der Querschnitte der Stämme und Seten derselben Moose in den Abhandlungen von Unger!) und Lorentz?) !) Über den anatomischen Bau des Moosstammes in: Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der Kais. Acad. d. Wiss. in Wien. Band 43. Abthlg. 2 (1861) pag. 497. ?) Grundlinien einer vergleichenden Anatomie der Laubmoose in: Jahr- bücher f. wiss. Bot. Band VI pag. 363 und Abhandlung. der Königl. Acad. d. Wiss, zu Berlin aus dem Jahre 1867 pag. 1. 870 Gesammtsitzung über den anatomischen Bau der Moose zeigt, und wie jede eigene vergleichende Untersuchung der Anatomie der Seten lehrt, befolgen Seta und Moosstamm in der Differenzirung Gestaltung und An- ordnung ihrer histologischen Elemente eine ihnen gemeinsame Re- gel. Sie sind offenbar nach demselben Plane gebaut. Die geringen Structurabweichungen zwischen den Seten und den anatomisch höher entwickelten Moosstämmen sind durch das Auftreten der Blattspuren bei den Stämmen verursacht und auf die Unterdrückung der Blattbildung bei den Seten zurückführbar. Sowohl nach ihrem anatomischen Bau, als nach ihrem mor- phologischen Character erscheint daher die Seta der Moose nicht als eine in ihrer Organisation von dem Moosstamme verschiedene Generation, sondern als eine dem beblätterten Moosstamme mor- phologisch gleichwerthige, nur kümmerlicher entwickelte, blattlose und ein Sporangium tragende Achse. Hierdurch erhält aber der Generationswechsel der Moose seinen natürlichen Anschluss an die Aufeinanderfolge freier Generationen bei den Thallophyten, von de- nen die einen die neutralen, die anderen die sexuellen Pflanzen darstellen; eine Aufeinanderfolge deren regelmässige Wiederkehr ich schon in meinen ersten algologischen Arbeiten an Saprolegnien, Vaucherien, Oedogonien, Coleochaeteen ausführlicher beschrieben habe). Die Erweiterungen, welche seitdem unsere Kenntnisse von der Sexualität und dem Entwickelungsgange der Thallophyten erfahren haben, weisen die Übereinstimmung beider Erscheinungen in wei- teren Fällen nach, und die Identität der Seta und des Moosstam- mes, wie sie aus der vegetativen Sprossung der Seta erschlossen werden darf, ist eine fernere Bestätigung derselben. Um diesen Gedanken an einigen Beispielen sofort klar zu machen, so steht, wie ich meine, das Moossporogonium zur Moos- pflanze etwa in dem Verhältnisse wie die Zoosporangien tragenden Saprolegnien-Exemplare zu denen, welche die Oogonien tragen; oder wie unter den Florideen die Exemplare mit Vierlings-Früch- !) Nova Acta. A,C.L.N.C. Vol. XXX. P. 1. pag. 428—433. Jahr- bücher f. wiss. Botan. Bd.I. pag. 59 —62; und II. pag. 23—27. Es fällt diese Aufeinanderfolge weder nothwendig noch immer mit den Reihen- und Übergangs- Generationen von Naegeli (Einzellige Algen Seite 25) zusammen, welche schon ausserhalb der Fructification liegende Vorgänge mitbegreifen, vom 21. :December 1876. 871 ten zu den Exemplaren mit Kapselfrüchten. Zugleich tritt in der Annäherung dieser beiden Erscheinungsreihen bei Thallophyten und Cormophyten die durchgehende Homologie der neutralen Sporangien und der sexuellen Früchte deutlich hervor, und auch die Homologie der Mooskapsel mit den Sporangien der Farnkräuter, oder mit den Pollensäcken der Gymnospermen und Phanerogamen, die bei der bisherigen Betrachtung mehr zurücktrat!), wird wieder in ihre schon früh erkannten Rechte eingeführt. Die Lehre vom sexuellen Generationswechsel?) der Pflanzen, durch Hofmeisters umfassende Untersuchungen für die Cormo- phyten begründet, bedarf daher in dieser Richtung eine die Ge- schlechtsverhältnisse und die Beziehung zwischen sexuellen und neutralen Pflanzen bei den Thallophyten berücksichtigende, ein- heitliche Behandlung. Bisher hat man, wie bekannt, die dem Generationswechsel der Cormophyten verwandte Erscheinung bei den Thallophyten 1) Man vergl. z.B. Sachs; Lehrb. d. Botanik IV Auflage pag. 341. ?2) Unter „sexuellen Generationswechsel“ verstehe ich im Gegensatze zur Sprossfolge alle Erscheinungen einer durch das Eingreifen des Geschlechts- actes bedingten Succession von geschlechtlichen und ungeschlechtlichen (neu- tralen) Individuen oder Stöcken. Gegen den Ausdruck „antithetischen Gene- rationswechsel“ (Celakowsky: Über die verschiedenen Formen und die Bedeutung des Generationswechsels der Pflanzen. Sitzungsber. d. math. na- turw. Classe d. böhmischen Gesellschaft d. Wiss. 6. März 1874) hat bereits Al. Braun (Gymnospermie der Oycadeen Monatsber. der Königl. Acad. d. Wiss. z. Berlin, April 1875 pag. 294) Einsprache erhoben. Er ist am aller- wenigsten für die Wechselgenerationen der Thallophyten in meinem Sinne anwendbar. Allein auch die Bezeichnung „embryonaler Generationswechsel“ (Braun a. a. O,) würde höchstens für die Cormophyten Geltung haben kön- nen, nicht für die Thallophyten, bei welchen von einem Embryo nicht die Rede sein kann. Die Bezeichnung der hierher gehörigen Erscheinungen als „sexueller Generationswechsel“ erscheint daher als die umfassendste und drückt zugleich den wesentlichsten Character aus, welcher sie hervorruft. Neben diesen eigentlichem Generationswechsel gibt es bei Pflanzen nur noch die Aufeinanderfolge verschiedenartiger Axen einer Generatiou, die Spross- folge, die man als „vegetativen Generationswechsel“ bezeichnen kann. Wäh- rend der sexuelle Generationswechsel, wie ich ihn begreife und in diesem Aufsatze für die Thallophyten festzustellen suche, ganz in die Sphäre der Fructification, fällt der Sprosswechsel ganz in die der Vegetation. 872 Gesammtsitzung nicht, wie ich es hier thue, in der Aufeinanderfolge ihrer freien (Generationen, sondern in dem Verhältnisse der weiblichen Pflanze zur Frucht gesucht. Hieraus ist dann für Florideen und Ascomy- ceten die meiner Ansicht nach unhaltbare Lehre von den sexuellen Sprossgenerationen entstanden. Die Wechselgenerationen der Thallophyten haben jedoch durch- weg einen viel selbständigeren Character als die der Cormophyten und ihre Früchte sind keineswegs die homologen Gebilde der neu- tralen Generationen der Cormophyten — des Moossporogoniums und der Farnpflanze. Diese von den geläufigen Vorstellungen abweichenden An- schauungen über den Generationswechsel, welche auch meinen Ver- suchen mit Moosen zu Grunde gelegen haben, will ich nun ver- suchen, im Zusammenhange mit den Modificationen der Befruch- tungsvorgänge und mit den Homologien der Sporangien und sexuellen Früchte ausführlicher zu begründen und, soweit dies schon jetzt thunlich erscheint, für die einzelnen Kreise der Thal- lophyten durchzuführen. Ich wende mich daher zunächst gegen die Vorstellung von den Fruchtgenerationen bei den Thallophyten überhaupt und im Besonderen gegen die Vorstellung von den „sexuellen Sprossge- nerationen“ bei Florideen und Ascomyceten. Unter den Früchten und Sporen der Oosporeen finden sich allerdings einzelne unzweifelhafte Anschlüsse an die Moosfrüchte. Schon einige Jahre nach Hofmeister’s Untersuchungen habe ich auf diese Homologie einiger Algenfrüchte mit der Moosfrucht bei Coleochaete und Oedogonium!) aufmerksam gemacht. Vaucheria, Oedogonium, Coleochaete sind seitdem wiederholt zum Ausgangs- punkt der Vergleichung der Thallophytenfrüchte mit den Moos- früchten geworden. An die Oosporen von Vaucheria und Oedo- gonium knüpfen wieder die anderen sexuell entstandenen Oosporen und Zyposporen an; diese sind theilweise wie einsporige Früchte angesehen worden, ein Punkt, auf den ich weiter unten zurück- kommen werde. So zeigt die zusammenhängende Reihe dieser Sporen durch Coleochaete einen natürlichen Übergang zu den Moosfrüchten. Denn die befruchtete Gonosphäre von Coleochaete ist offenbar einerseits der befruchteten Gonosphäre der Moose und !) Monatsbericht der Berliner Academie vom Mai 1856. Pag. 235. vom 21. December 1876, 873 andererseits den Oosporen von Oedogonium und Vaucheria und ebenso der durch Paarung entstandenen Oospore von Pandorina oder den Copulationssporen der Spirogyren gleichwerthig. Daraus folgt für Coleochaete die bereits in meiner ersten Veröffentlichung gegebene Deutung, dass der innere Gewebekör- per der Frucht, in welchem die Schwärmsporen entstehen, die zweite Generation im Sinne des Sporogoniums der Moose bildet, dass ferner das berindete Oogonium dem Archegonium der Moose aequivalent und endlich dass die ganze Coleochaete-Frucht daher auch der ganzen Moosfrucht gleiehwerthig ist, d. h. dem Sporogonium sammt Calyptra oder dem Sporogonium sammt Va- ginula und Haube. Diese Deutung schliesst sich genau an den Bau und die Ent- wickelung der einzelnen Theile der Moosfrucht an und ich halte sie noch heute für richtig. Nun hat man aber später die Vergleichung mit der Moosfrucht auf die Früchte aller Thallophyten ausgedehnt, indem man bei ihnen überall den Gegensatz der Wechselgenerationen in einem Gegensatz von Pflanze und Frucht hat finden wollen, während ich glaube, dass derselbe in dieser Form, soweit bis jetzt bekannt, nur bei Coleochaete und rudimentär vielleicht noch bei wenigen niedrigen Algen und Pilzen besteht. Zugleich haben die Befruchtungsvorgänge bei Florideen, bei welchen die Frucht sichtlich als ein Product des Sexualactes er- scheint, den Anstoss gegeben, hier nicht mehr, wie bei Coleochaete, zwischen Sporenkörper und Fruchtgehäuse genau zu unterscheiden, sondern die ganze Frucht als das homologe Organ des Sporo- goniums der Moose anzusehen, eine Anschauung, die ich gleich- falls nicht für zulässig halte, die aber allgemein verbreitet ist. So finden die neueren Mycologen in dem Verhältniss der Pilz- frucht zum Mycelium einen ähnlichen durch die Zeugung bedingten Gegensatz, wie zwischen dem neutralen Moossporogonium und der sexuellen Moospflanze. Hierin stimmen wenigstens alle diejenigen überein, die das Geschlecht der Ascomyceten anerkennen. Diese Auffassung theilen auch die Schriftsteller, welche in neuerer Zeit die Erscheinungen des Generationswechsels bei den Pflanzen zum Gegenstand vergleichender Betrachtungen gemacht haben und halten sie nicht nur für Ascomyceten und Florideen, 874 Gesammtsitzung sondern überhaupt ganz allgemein bei Algen und Pilzen aufrecht. So z. B. Celakowski!) und Alex. Braun?). Um die ganze Reihe dieser Fruchtbildungen in der Weise, wie es hier geschehen ist, an die Fruchtbildung der Moose anzu- schliessen, musste man nothwendig den wesentlichsten Character der Wechselgenerationen, die Entstehung aus einer freien Zelle, fallen lassen und gewann scheinbar den Anschluss, indem man die Früchte der Florideen und Ascomyceten als „Sprossgeneratio- nen“ den freien Generationen bei Moosen und Gefässeryptogamen an die Seite stellte. Diese Sprossgenerationen hat Sachs?) alsdann sogar auf Chara und Ooleochaete ausgedehnt. So erscheint nun bei Coleo- chaete gar nicht mehr das innere Sporengewebe, sondern die ganze Frucht als das homologe Organ des Sporogoniums. Wir stossen hier auf Abweichungen und Widersprüche in den Vorstel- lungen, die eine Klärung der Begriffe durchaus nothwendig machen, zumal wir sogar innerhalb der gemeinsamen Vorstellung der „Spross- generationen* bei denjenigen Schriftstellern, die sie theilen, zweien nicht nur ihrem Umfange, sondern auch ihrem Inhalte nach durch- aus verschiedenen Anschauungsweisen begegnen. Denn die Einen betrachten die ganze Frucht, wie sie als einheitliches Gebilde an der Pflanze in die Erscheinung tritt, die Anderen nur einen Theil derselben — etwa das aus den Fruchtanfängen sich entwickelnde fertile Gewebe — als den neuen Spross, die „Sprossgeneration“ der Pflanze und als dem Sporogonium der Moose gleichwerthig. Allein meiner Überzeugung nach hat die Einführung des Sprossbegriffes in die klaren Vorgänge des sexuellen Generations- wechsels den Blick von den realen Anfängen der neuen Genera- tionen überhaupt abgelenkt. Es ist kaum zu sagen und nirgends scharf und klar ausge- sprochen, was eigentlich unter dem Begriff der zum sexuellen . Generationswechsel gehörigen „Sprossgeneration* verstanden wer- den soll. In zahlreichen Entwickelungskreisen der Thallophyten sind die den Sprossen entsprechenden Bildungseinheiten unfassbar. Es 1) Sitzungsber. d. böhm. Gesellsch. d. Wiss. vom 6. März 1874. ?) Monatsber. d. Berliner Academie der Wiss, April 1875. Pag. 298 u.f. 3) Lehrbuch der Botanik. II. Auflage. vom 21. December 1876. 875 ist daher der willkürlichen Deutung allerdings ein weiter Spiel- raum gegeben. Allein man darf gewiss nicht jeden beliebigen Complex von Gebilden, Organen oder Theilen von Organen, der mehr oder we- niger den Eindruck einer abgeschlossenen Gestalt gewinnt, als Spross oder Sprossgeneration bezeichnen. Es muss doch verlangt werden, dass auch die Sprossgenerationen der T'hallophyten eine in der Entwickelung der Pflanze wiederkehrende Wachsthums- einheit repräsentiren. Und dies allein genügt auch nicht. Soll der Spross eine höhere, morphologische Einheit als die Zelle bean- spruchen — und sonst hat er keinen Sinn — so muss er offen- bar bereits eine gegliederte Wachsthumseinheit darstellen, inner- halb deren Sphäre differenzirte Theile als Organe des Sprosses erkennbar werden. Nun kommen zwar in vielen Thallophyten- kreisen Wachsthumseinheiten vor, die dem cormophytischen Sprosse sich nähern und ich selbst habe mich bemüht für einige Fälle nachzuweisen, dass das gegliederte Thallom durch zunehmende Wachsthumsabweichungen seiner ursprünglich gleichartigen Ver- zweigungen den Character von Sprossen gewinnen kannt). Allein dies ist für die Mehrzahl der Thallophytenkreise, in denen, wie ich es auffasse, die Differenzirung des Sprosses sich erst vorbil- det, noch nicht durchgeführt und die Existenz von Thallomen, die noch keinen cormophytischen Werth haben, gilt namentlich für die grössere Reihe derjenigen Formen, deren Früchte man als Spross- generationen bezeichnet hat. Endlich haben diese Früchte, selbst wenn man die Existenz von Sprossen überall supponiren wollte, und auch dort, wo sie wirklich anzunehmen sind, durchaus nicht nothwendig und nicht überall den Werth von Sprossen. Für die Characeen, deren Aufbau eine bereits deutlich-cormo- phitische Gliederung zeigt, mag das gelten. Bei ihnen kann die Fruchtanlage als Spross betrachtet werden, allein auch hier fällt der Fruchtspross gar nicht mit der neuen Generation zusammen. Wir haben es hier mit der Metamorphose eines ganzen Sprosses — sofern man die Fruchtanlage für einen solchen hält — in ein weib- liches Sporangium (Archegonium) zu thun. !) Über den Gang der morphologischen Differenzirung in der Sphace- larien-Reihe: Abhandl. d. Königl. Acad. d. Wiss. in Berlin vom Jahre 1873, 876 Gesammtsitzung Für Coleochaeteen, Florideen und Ascomyceten liegt das Ver- hältniss wieder anders. Hier repräsentiren die Früchte in den meisten Fällen nicht einmal eine einzige in sich geschlossene Wachsthumseinheit. Ihre Bildungsgeschichte zeigt, dass in ihnen, wie bei Coleo- chaete, drei mehr oder weniger ihrem Ursprung und ihrer Bedeu- tung nach wesentlich verschiedene Theile zusammentreten. Der Sporenkörper, seine Hülle und die neuen Generationen. Es bleibt hier nur der täuschende Eindruck der abgeschlossenen Gestalt, welcher diesen Früchten den Anschein von Bildungseinheiten giebt. Diesen Character theilen jene Früchte jedoch nicht nur mit den einfacheren Fruchtformen der Oosporen — den Oogonien, — bei welchen die Auffassung als sexuelle Sprossgenerationen ganz unhaltbar wäre, sondern überhaupt mit allen Fructificationsorganen — Sporangien- und Antheridienformen — derjenigen Thallophyten, deren Thallus eine über die einzelne Zelle hinausgehende Differen- zirung erreicht. — Die Übereinstimmung in Stellung und Anordnung und die Analogien im Bau und in der Entwickelung zwischen Kapsel- früchten, Vierlingsfrüchten und Antheridien der Florideen, oder zwischen den einfächerigen und den vielfächerigen Sporangien und den Antheridien der Phaeosporeen oder auch zwischen den Peri- thecien, den Pyeniden und den Spermogonien u. s. w. lassen die verschiedene Deutung der einen als Generationen, der anderen als Organe kaum zu. Denn Sporangien, Antheridien und weibliche Früchte bilden drei parallel laufende Reihen von Organen, die in jeder Reihe von einer einfachen, einsporigen oder mehrsporigen Mutterzelle zu complicirter gebauten Formen ansteigen und schon in ihren einfacheren Formen eine deutliche Abgeschlossenheit und Selbständigkeit gegenüber der Mutterpflanze annehmen. — Es ist kaum nöthig dies mit Beispielen zu belegen. Nur um den gleichartigen Gang dieser steigenden Differenzirung und Ge- winnung einer selbständigeren Gestalt in den drei Reihen anzudeu- ten, greife ich einige Formen heraus. Für die Sporangien: Mutterzellen der Schwärmsporen bei Oedogonium; Zoosporangien von Vaucherien, Saprolegnien, Codium; Oosporangien und Trichosporangien e. p. der Phaeosporeen; Vierlingsfrüchte und Schistidien der Flo- rideen; Pyeniden. vom 21. December 1876. ‘877 Für die Antheridien: Mutterzellen der befruchtenden Schwärm- sporen bei Coleochaete; Antheridien von Vaucheria, von Farn, Cutlerien, Polysiphonien, Laureneien; Spermogonien der Flechten; Antheridien der Characeen. Für die sexuellen Früchte: Oogonien von Vaucheria, von Dietyota, von Fucus, von Saprolegnia; Copulationsfrüchte der Zygnemeen, Desmidiaceen, Mucorineen; Oogonien von Zanardinia; Kapselfrüchte; Apothecien; Perithecien; Spo- renknöspchen der Characeen. — Überblickt man die vielseitigen Analogien dieser drei Reihen von Organen, so drängt sich von selbst die Deutung auf, dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben, dass sie nach drei Richtungen divergirende Gestaltungsreihen einer einzigen Grundform, eines ursprünglich einheitlichen Fructificationsorgans — des neutralen Sporangiums — darstellen, aus welchen sie bei der Differenzi- rung der Sexualität entstanden sein möchten. Wir können in diesem Sinne daher von sächlichen, männlichen und weiblichen Sporangien, als drei Reihen von Organen reden, die eine genetische Correlation zu einander haben und deren Ho- mologien über die Thallophyten hinausreichen. In den Cormophy- ten verkümmern die weiblichen Sporangien — Calyptra der Moose; Gewebepolster des Embryo bei Gefässeryptogamen — von den Moosen aufwärts, bis sie bei Gymnospermen nur noch spurweise vorhanden in den Phanerogamen verschwinden. In wie weit nun diesen Sporangienformen der drei Reihen der Werth von ganzen Sprossen, Theilen von Sprossen oder Spross-Complexen zukommt, oder in wie weit Theile verschiedenartiger Sprosse in ihre Bildung eingehen, muss für jeden einzelnen Fall genau unterschieden werden und hängt von der Höhe der sprossartigen Differenzirung ab, welche das Thallem auf dieser Stufe der Entwickelung über- haupt erreicht hat. — Es rechtfertigt sich daher unter keinem Gesichtspunkte, der ganzen Frucht von Coleochaete und den ganzen Früchten der Florideen und Ascomyceten den Character von einheitlichen Spross- generationen zu vindiciren, die unter jedem Gesichtspunkte wahre und volle Bildungseinheiten repräsentiren. Ebenso wenig können aber bestimmte Theile des Ge- webes der Früchte — etwa das fertile Gewebe, wenn man dasselbe für sich allein als Ganzes betrachten wollte — als die 878 Gesammtsitzung zweite Generation, und diejenigen Gewebselemente, welche den befruchtenden Einfluss direct erfahren haben, als die Anfänge dieser Generation gelten. Bei Florideen nimmt immer, bei den Ascomyceten zum Theil das direct befruchtete Organ — Trichogynehaar; copulirende Zelle des Carpogon — gar nicht an der Bildung des eigentlichen Frucht- körpers und des Sporenlagers Theil. Man könnte deshalb durch- aus nicht ohne Weiteres und ohne genaue Scheidung den ganzen Trichophor oder das ganze Üarpogon als die Anfänge der neuen Generation bezeichnen. Als solche müssten vielmehr bald die Basis der Trichogyne allein, bald diese mit einer oder mehreren Zellen des Trichophor, bald das ganze Ascogon, bald eine oder mehrere Zellen des Car- pogon gelten, sämmtlich oder vorwiegend Zellen, die den befruch- tenden Einfluss gar nicht direct erfahren haben. Die Scheidung zwischen befruchteten und unbefruchteten Zellen wäre hier, sobald man einmal über die Stelle, wo die Copulation stattfindet, hinaus- geht, in den meisten Fällen gar nicht scharf durchführbar. Und ebenso, wie diese Anfänge an sich, so würden auch ihre Producte schon in nächst verwandten Formen keine gleichartige, und am allerwenigsten eine morphologische Einheit repräsentiren. Das fertile Gewebe z. B. für sich allein aus seiner Hülle geschält, würde in den verschiedenen Formen äusserst verschiedene Gebilde begreifen und nicht einmal jene abgeschlossene Einheit der äusse- ren Gestalt besitzen, welche man für die Auffassung der ganzen Frucht als Sprossgeneration noch anführen kann. — In der That sind auch Trichophor mit Trichogyne und Car- pogon nicht die Anfänge neuer Generationen, sondern Sexual-Or- gane oder Anfänge von Früchten an der weiblichen Pflanze. Sie ha- ben morphologisch genau den gleichen Werth wie die Archegonien der Moose und Farn, die gleichfalls nicht Anfänge neuer Generatio- nen, sondern die Bildungsstätten der neuen Generationen sind. So auch hier. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Tri- chophore und Carpogone der Florideen und Pilze die Sporen nicht immer durch einen rein endogenen, sondern theilweise durch einen poliferirend endogenen Bildungsvorgang erzeugen. Einige, z. B. die Ascogone von Eurotium, die Trichophore der wahren Favellen und Favellidien, sind selbst hierin von den Oogo- nien und Archegonien gar nicht oder nur wenig verschieden. vom 21. December 1876. 879 Man hat die unleugbare Bedeutung der Früchte der Florideen und Ascomyceten als Organe der Mutterpflanze und ihre vorhin weiter ausgeführten Homologien mit den anderen Fructifications- organen — Sporangien und Antheridien — nur deshalb übersehen, weil hier die auffallende Erscheinung hinzutritt, dass das weibliche Organ direct und schon vor Anlage der neuen Generationen be- fruchtet wird. Allein es findet bei den Pflanzen gar keine nothwendige Be- ziehung zwischen dem Zeitpunkte der Befruchtung und der Zeit der Entstehung der neuen Generation statt und der Act der Be- fruchtung kann ebenso gut vor der Anlage der neuen Generationen erfolgen, als er in anderen Fällen nach der Anlage derselben erfolgt. — Man könnte daher selbst über Trichophor und Carpogon hin- ausgehen und die Mutterzellen der Kapselsporen oder die Asci der Ascomyceten als die neuen Sprossgenerationen bezeichnen und auch diese noch nirgends vertretene Ansicht könnte ebenso gut ihre Vertheidiger finden; allein es liegt Nichts näher, als der Hin- weis auf die wahren Anfänge der neuen Generationen in den Früchten. Nur sind dies nicht die ganzen Fruchtanfänge, auch nicht im Zusammenhange mit der Mutterpflanze verbliebene Ge- webezellen, die den Einfluss der Befruchtung erlitten haben, sondern sie sind — wie die Oosporen — isolirte, freie Zellen, die die auf einander folgenden Generationen scharf von einander scheiden. Es sind die Sporen der Kapselfrüchte und die Spo- ren der Aseci. Nach dieser Auffassung entstehen daher die Anfänge der Ge- nerationen bei den Thallophyten überall als freie Zellen, die einen ohne Beziehung zur Befruchtung in den Sporangien (neutrale Sporangien oder auch neutrale Früchte); die anderen mit Be- ziehung zur Befruchtung in den Oogonien oder in und an den Ar- chegonien jeder Art (weibliche Sporangien oder Früchte). Die Letzteren werden entweder, wie die wahren Gonosphären der eigentlichen Archegoniaten, direct befruchtet oder sie ent- stehen wie bei Florideen und Ascomyceten unter dem Ein- fluss der Befruchtung in den befruchteten Sporangien, d.h. der materielle Einfluss der Befruchtung wird bei diesen Pflanzen im Gewebe des weiblichen Sporangiums von der eigentlichen Co- pulationsstelle bis auf die Sporen fortgeführt. — 880 Gesammtsitzung Dieser Vorstellung liegen im Pflanzenreich weit verbreitete und allgemein bekannte Erscheinungen zu Grunde. Überall, wo es zur Entstehung einer höher entwickelten Frucht kommt, reicht der Einfluss der Befruchtung auch bei den Thallophyten über die Stelle, wo sie unmittelbar ausgeübt wird, hinaus und macht sich in zwei getrennten, von einander genau zu unter- scheidenden Wirkungen geltend. Der einen unterliegen die An- fänge der neuen Generationen; der anderen ihre Bildungsstätten (weibliche Sporangien im weitesten Sinne — Trichophore, Car- pogone, Archegonien). Durch die erstere werden die Anfänge der neuen Generationen sexuell vollendet; durch die zweite die verschiedenen Formen der sexuell beeinflussten Fruchtgehäuse!) hervorgerufen oder in ihrer Entwickelung gefördert. Ob zwar diese beiden Wirkungen in den meisten Fällen zusammenfallen und durch einen einzigen Befruchtungsact ausgeübt werden, so treten sie dagegen doch in anderen Fällen sichtlich in zwei getrennte Acte auseinander. Bei den Phaneroganen kann die Annahme eines sogenannten, von der Befruchtung unabhängigen Fruchtungsvermögens keines- wegs die Thatsache umstossen, dass die Entwickelung der Frucht so gut wie die des Embryo unter dem Einflusse der Befruchtung steht. Es hiesse die Ausnahme zur Regel machen, wollte man diesen Einfluss leugnen, denn Niemand wird doch, weil Partheno- genesis besteht, die Existenz der Befruchtung bezweifeln. Wie weit dieser Einfluss hier reicht, von welchen Bedingun- gen er abhängt, ob die Wirkung mittelbar durch den Embryo oder direct auf das Gewebe der Narbe, des Griffeleanals oder des Ovu- lums erfolgt, mag zunächst dahin gestellt bleiben. Ich verweise 1) Als sexuell beeinflusste Fruchtgehäuse gelten mir die Fruchthülle sammt Öogonium bei Coleochaete; das Sporenknöspchen der Characeen; die Kapselfrucht; die Perithecien; die Apothecien; die Calyptra mit einem Theil des Blüthenbodens bei den Lebermoosen; Calyptra, Vaginula und ein Theil des Blüthenbodens bei den Laubmoosen und das Gewebepolster, in welchem der Embryo der Gefässeryptogamen später eingebettet erscheint. In Gym- nospermen und Phanerogamen verschmelzen die neutralen und die sexuellen Fruchtgehäuse zu einer einzigen Bildung. vom 21. December 1876. ssi hierüber auf die älteren Erfahrungen von Gärtner und die neueren Untersuchungen von Hildebrand an Orchideen). Bei den Oryptogamen ist es dagegen unzweifelhaft, nicht nur dass die Befruchtung diese doppelte Wirkung hat, sondern dass dieselbe auch in verschiedenen Entwicklungsperioden und an ver- schiedenen Stellen des weiblichen Sexualorgans ausgeübt und hier von einer Stelle auf die andere übertragen wird. Hiernach lassen sich mehrere Modificationen des Befruchtungs- actes unterscheiden. In der einen grossen Reihe von Formen wird direct die Go- nosphäre befruchtet und die Wirkung überträgt sich von hier aus auf das Bildungsorgan, das Archegonium. Dies ist bei Coleochaete und bei allen eigentlichen Archego- niaten der Fall. Die Entstehung der Hülle bei Coleochaete, die Wucherungen und Neubildungen in den Archegonien und dem Blüthenboden, die bei den Moosen zur Entstehung der Calyptra oder Vaginula, sowie zur Erhebung des Blüthenbodens führen, bei den Gefässeryptogamen aber die Bildung des Gewebepolsters her- vorrufen, in welchem später der Embryo eingebettet liegt, sie alle stehen in gleicher oder ähnlicher Abhängigkeit vom Befruchtungs- act, wie die Entstehung des Sporogonium der Moose und des Em- bryo der Gefässeryptogamen. Sie unterbleiben, wenn die Be- fruchtung unterbleibt, treten dagegen in Folge derselben regel- mässig ein?). Bei den Florideen und Ascomyceten sehen wir nun das um- gekehrte Verhältniss. Die Einleitung der Befruchtung, die Copulation, wird hier an dem Primordium der Bildungsorgane der Sporen, d. h. an der 1) Man vergleiche hierüber: Gärtner, Beiträge zur Kenntniss der Befruchtung. (1844) Bd. I. Capit. X., XII. und: Über die Bastarderzeu- gung im Pflanzenreiche (1849). Cap. XIX. — Ferner Hildebrand: Die Fruchtbildung der Orchideen etc., in der Bot. Zeitung 1863. Nr. 44. — und Darwin: Das Variiren der Thiere und Pflanzen (Deutsche Übersetzung, Stuttgart 1868) Bd. I. pag. 511 u. £. 2) Wollte man hier an eine gleichzeitige directe Befruchtung des Archegoniums durch das Spermatozoid denken, wofür die unmittelbar beob- achteten Erscheinungen nicht sprechen, so würde hierdurch für die Auffassung des Sachverhaltes bei Florideen und Pilzen doch Nichts geändert. — [1876] 63 u. 882 Gesammtsitzung noch unentwickelten Anlage der Frucht ausgeübt, aber ihre Wir- kung pflanzt sich von hier aus weiter auf das Bildungsorgan selbst und auf sein Product, die Sporen, fort. Ich betrachte daher die Kapselsporen der Florideen und die Ascosporen der Ascomyceten nicht — wie man bisher pflegte — als geschlechtlos erzeugte, son- dern selbst als sexuell erzeugte Sporen, als wahre ÖOosporen. Während aber die durch Befruchtung von Gonosphären entstande- nen Oosporen direct befruchtete Oosporen sind, sind die Kapsel- sporen der Florideen und die Ascosporen der Ascomyceten mit- telbar, durch ihre Sporangien, befruchtete Oosporen. Tricho- phore und Carpogone aber sind nur unmittelbar befruchtete Ar- chegonien-Formen. Dass diese Betrachtung nicht etwa bloss eine morphologische Speculation, sondern der natürliche Ausdruck der Erscheinung ist, erweisen diejenigen Modificationen der Befruchtung, bei welchen sie deutlich in zwei, von einander getrennte Acte zerfällt, und ferner diejenigen Fälle, bei welchen die materielle Übertragung der Befruchtung von einer Stelle auf eine andere sogar äusserlich sichtbar wahrgenommen werden kann. Ich habe vor einigen Jahren den eigenthümlichen Befruch- tungsvorgang bei Saprölegnia und Achlya beschrieben!) und nach- gewiesen, dass die sonst in einen Act vereinigten Wirkungen der Befruchtung hier deutlich in zwei Acte getrennt in die Erscheinung treten. Bei den benachbarten Gattungen Pythium, Peronospora, Cystopus darf man den gleichen, nur in seinen Einzelheiten weni- ger durchsichtigen Vorgang voraussetzen. Hier findet zuerst eine Copulation zwischen Antheridium und, Oogonium, dann eine Befruchtung der Gonosphären durch die An- theridienschläuche statt. Die Befruchtung, wirkt hier unzweifel- haft gesondert auf die constituirenden Theile der weiblichen Frucht; zunächst auf die Mutterzellen der Gonosphären und von da wird sie durch die Antheridienschläuche weiter geleitet auf die Gonosphären selbst. Der Befruchtungsact ist sichtlich zerlegt in zwei gesonderte Processe, Copulation und Connubium. Die 1) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissensch. vom 23. Juni 1873, und: Über die Bedeutung der hellen Stellen im Protoplasma der Oogonien und über den Modus des Befruchtungsganges bei Saprolegnia und Achlya in: Jahrbücher für wiss. Bot. Bd. IX. pag. 203 u. £. vom 21. December 1876. 885 Copulation erscheint als eine befruchtende Beziehung der Mutter- zellen der Zeugungselemente, das Connubium als eine solche der letzten Zeugungselemente selbst. Eine sichtbare materielle Übertragung der Befruchtung durch Gewebezellen der weiblichen Pflanzen hindurch, von der Stelle aus, wo sie unmittelbar zuerst ausgeübt wird, auf weit ent- legene Fruchtprimordien , wird ferner in der überzeugendsten Weise auch durch den von Thuret und Bornet entdeckten, scheinbar ohne jede Analogie dastehenden Befruchtungsvorgang bei Dudres- naya dargethan. Ja selbst von der gegenwärtigen Annahme „sexueller Spross- generationen* ist man schon bei Florideen zu der Vorstellung ge- zwungen, dass die materielle Übertragung der Befruchtung vom Trichogynehaar aus in manchen Fällen durch eine oder mehrere Zellen hindurch, im Gewebe der weiblichen Pflanze fortgeleitet wird. Die Fortführung des befruchtenden Einflusses bis auf die Kapselsporen selbst erscheint hiernach, auch von diesem Stand- punkte aus, nur als eine folgerichtige Annahme. In consequenter Weise werden wir daher auch bei Ascomyceten den äusserlich differeneirten Befruchtungsact, soweit derselbe hier als constatirt erscheint, als eine blosse Copulation von Urmutterzellen der Zeu- Sungselemente betrachten dürfen, neben welcher gleichfalls noch ausserdem eine materielle Übertragung der Befruchtung auf die Sporen histologisch durch das fertile Gewebe fortgeleitet wird. Diese complieirten Vorgänge der Befruchtung bei den Pflan- zen werden einigermaassen verständlich, wenn man versucht sie in ihrem genetischen Zusammenhange, und in ihren Beziehungen zur Eintwickelung der Sexualorgane aufzufassen. Die wesentlichsten Unterschiede in den Erscheinungsformen der Befruchtung werden offenbar bedingt, je nachdem dieselbe vor oder nach vollendeter Gestaltung der letzten geformten Zeugungs- elemente (Schwärmsporen oder Spermatozoide einerseits und Go- nosphären oder Schwärmsporen anderseits) erfolgt oder eingeleitet wird. — Man kann die Befruchtung, wo sie unter dem einfachen Acte einer Vereinigung von Spermatozoid und Gonosphäre oder beide vertretenden Schwärmsporen erfolgt als „Connubium“ be- zeichnen. Innerhalb des Connubiums machen sich dann die wei- teren Unterschiede geltend nach dem Grade, in welchem die Be- 63* 854 Gesammtsitzung fruchtung ihren Einfluss über die Gonosphären hinaus auf die weiblichen Sporangien erstreckt. In den einfacheren Formen, bei welchen die Befruchtung ausserhalb des mütterlichen Körpers stattfindet — bei der eigentlichen Paarung von Schwärmsporen und einigen sich nächst anschliessenden Formen der Gonosphären- Befruchtung (Zanardinia, Fucus) ist ein weitergreifender Einfluss der Befruchtung auf die weiblichen Sporangien oder die Mutter- zellen der Gonosphären von vorn herein ausgeschlossen. Bei an- dern einfachen Formen der Gonosphären-Befruchtung (Oedogonien, Vaucheria selbst Chara), findet die Befruchtung zwar im Innern der weiblichen Sporangien, allein erst nach ihrer völligen Ausbil- dung statt, diese erleiden daher in ihrer Entwickelung gar keine oder eine kaum bemerkbare Einwirkung derselben. Dies sind die weiblichen Sporangien, welche als wahre Oogonien gelten können. Dagegen zeigt sich der Einfluss der Befruchtung auf die Spo- rangien deutlich in allen Fällen, in welchen die Befruchtung ein- tritt, während das weibliche Sporangium sich noch auf einem jugend- lichen Entwickelungszustande (Archegonium) befindet und erst das Primordium der künftigen Frucht darstellt. In diesen Fällen ge- langt die Pflanze zu einer wahren Fruchtbildung. Dem Connubium gegenüber steht die Copulation, als der- jenige Vorgang, bei welchem die Befruchtung schon eingeleitet wird vor vollendeter Gestaltung der männlichen oder selbst vor jeder Anlage geformter, männlicher und weiblicher Zeugungselemente. Hier nehmen schon die Bildungsorgane der Zeugungselemente einen directen Antheil an der Befruchtung, oder führen sie sogar selbständig aus. Die Copulationsphänomene sind daher combinirte Befruchtungsacte, bei welchen neben der Copu- lation der Mutterzellen noch die Verschmelzung ihrer geformten oder ungeformten Zeugungselemente als ein besonderer Vorgang besteht und zu unterscheiden ist. In der dem Connubium näher verwandten Modification der Copulation, wie sie. zum Theil bei Chytridien und Saprolegnieen, ferner bei Conjugaten und Mucorineen besteht, tritt die Befruch- tung der Gonosphären oder die Vermischung geformter Sporoblasten noch als ein besonderer und von der Copulation der Mutterzellen (Sporangidien, wenn diese gleich sind, oder Oogonium und Anthe- ridium, wenn sie ungleich sind) sichtbar getrennter Act in die Er- scheinung. vom 21. December 1876. 885 Dagegen zeigt die Copulation schon eine weitergehende Ab- weichung bei der Mehrzahl der Florideen und Ascomyceten, bei welchen die Befruchtung der Gonosphären nicht mehr als beson- ders sichtbarer Act, sondern durch eine Übertragung von Zelle zu Zelle, gleichsam histologisch ausgeübt wird, wobei sie bei Florideen zwischen dem schon gestalteten männlichen Zeugungselement und dem Primordium der Kapselfrucht stattfindet, während sie bei As- comyceten sogar noch vor Gestaltung der Spermatozoiden eintritt. In beiden Fällen aber steht, wie bei den wahren Archegonia- ten, die Entwickelung der Fruchtanlage unter dem Einflusse der Befruchtung, und führt zur Entstehung eines complieirten Frucht- körpers, während bei Saprolegnien, Conjugaten und Mucorineen (Ancylistes, Mesocarpus, Sirogonium, Pyptocephalis) nur Anfänge einer Fruchtgewebebildung bemerkbar sind, die in wenigen Fällen (Phycomyces, Mortierella) eine weitergehende Ausbildung erfahren. Die Paarung der Schwärmsporen bezeichnet, wie ich bereits in meiner Abhandlung über Pandorina!) nachzuweisen versucht habe, eine der frühesten Formen geschlechtlicher Zeugung?). Für die zweifellos aus derselben hervorgegangene, dem Connubium in meinem Sinne angehörige Reihe, habe ich das durchgreifende Vor- 1) Monatsbericht der Berl. Acad d. Wiss. October 1869. 2) Während dieser Aufsatz gedruckt wird, erhalte ich eine Abhand- lung von Cienkowski: „Zur Morphologie der Ulothricheen“ (Melanges biologiques t. d. Bullet. de l’Acad. Imper. d. sc. de St. Petersbourg . 20. Mars 1. Avril obachtung eines Befruchtungsvorganges an Cylindrocapsa (Reinsch), einer mit 1876), in welcher der Verfasser eine nicht ganz vollständige Be- Ulothrix verwandten Conferve, mittheilt. Daraus dass hier Gonosphären- Befruchtung stattfindet, will Cienkowski schliessen, dass die Befruchtung auch bei Ulothrix in derselben Form stattfinden müsse und dass deshalb die von Cramer und Dodel beobachtete Paarung der Microgonidien bei Ulo- thrix nicht als Befruchtungsact zu deuten sei. Dieser Schluss entbehrt je- doch jeder Begründung. Dass in verwandten Formen niedriger Organismen sehr verschiedene Modificationen des Befruchtungsactes auftreten, zeigen Chy- tridien und Saprolegnien (man vergleiche Seite 903 dieses Aufsatzes) und die Beobachtung von Cienkowski würde nur dafür sprechen, dass die Be- fruchtungsvorgänge der Conferven sich schon in der Ulothrix-Gruppe diffe- renzirt haben, gerade wie die der Pilze in der Gruppe der Chytridien und Saprolegnien. 386 Gesammtsitzung kommen eines Empfängnissfleckes!) an den Gonosphären geltend semacht. Ich war jedoch nicht im Stande einige Ausnahmen — wie z. B. das Fehlen des Empfängnissfleckes bei Saprolegnia, Pero- nospora ete. zu erklären. Auch liessen offenbar die Befruchtungsvorgänge der Florideen und Ascomyceten, worauf ich selbst aufmerksam machte, sich auf das Schema der Paarung nicht zurückführen’). Die hier dargelegten Gesichtspunkte über die Befruchtungs- vorgänge heben diese Schwierigkeiten zum Theil. Der dem farblosen Ende der Schwärmsporen entsprechende Empfängnissfleck der Gonosphären ist morphologisch homolog und seiner Funetion nach identisch mit dem Haar der Trichogyne bei den Florideen. Ganz so, wie bei denjenigen Florideen-Früchten von, ein- fachem Bau (Nemalion), bei welchen der gesammte Sporemcom- plex aus der durch den Isthmus begrenzten Basis der Trichogyne hervorgeht, die ganze Trichogyne, obgleich ursprünglich eine ein- zige Zelle, dennoch deutlich aus zwei getrennten Theilen besteht, dem für die Empfängniss bestimmten Organ (Trychogynehaar) und dem eigentlichen Primordium des Sporencomplexes (Trichogynezelle) Solms-Laubach’) so besteht jede Gonosphäre, welche einer direecten Befruchtung unterliegt, aus zwei Theilen, der eigent- lichen materiellen Anlage der künftigen Oospore und dem am Vorderende befindlichen, das Trichogynehaar vertretenden, für die Empfängniss bestimmten Organ. In allen Fällen nun, in welchen die Befruchtung in zwei Acte zerlegt und der einleitende Act der Empfängniss (Copulation) von 1) Ich gebrauche diesen später von Strasburger eingeführten Aus- druck an Stelle der ursprünglich von mir gebrauchten Bezeichnung „Be- fruchtungsfleck“ und „Keimfleck“, weil er keine Missdeutung zulässt. ?) In Bezug auf das Nähere hierüber verweise ich auf die Bemerkun- gen von De Bary zu meinem Aufsatz über Paarung (Bot. Zeit. 1870. pag. 90) und meine Erwiderung auf dieselben (Bot. Zeit. 1870. pag. 265). 3) Über die Ausdrücke „Isthmus“, „Trichogynezelle“, „Trychogyne- haar“, vergleiche man die genaue und detaillirte Unterscheidung bei Solms- Laubach. (Über die Fruchtentwiekelung von Batrachospermum. Bot. Zeit. 1867. pag. 165.) vom 21. December 1876. 837 der eigentlichen Befruchtung der Gonosphären getrennt ist, kann man daher auch den Empfängnissfleck nicht an der Gonosphäre fiiden, sondern muss ihn an der Stelle suchen, wo die erste Berüh- rung der männlichen Zeugungselemente mit dem weiblichen Organ stattfindet. Dies ist der Fall bei Saprolegnia und Achlya, wo das dem Empfängnissfleck der Oosporen oder dem Trychogynehaar der Florideen homologe Organ deutlich in den Copulationswarzen der Oogonien vertreten ist. Es liegt nahe, auch bei dem weniger durchsiehtigen Befruchtungsacte von Peronospora und Uystopus das Erscheinen des Empfängnissfleckes an den Oogonien zu ver- muthen. Soweit ich es bis jetzt übersehe würden daher die Gono- sphären von Fucus den einzigen Fall bilden, der sich dieser An- schauung noch nicht fügen will. Treten wir nun der Frage nach dem Generationswechsel der Thaliophyten wieder näher, so muss zunächst auch für diejenigen Thallophyten, deren Oosporen direct befruchtet werden und für diejenigen, welche Zygosporen haben, die Frage nach dem Anfange der neuen Generationen, so wie es für Florideen und Ascomyceten oben geschehen ist, genauer als bisher bestimmt werden. Sind z. B. die Oosporen von Vaucheria, Saprolegnia, Oysto- pus u. s. w.; die aus Paarung oder Gonosphären-Befruchtung her- vorgegangenen Sporen der Volvocineen; ferner die Zygosporen der Spirogyren, Desmidiaceen, Mucorineen u. s. w. als ein- oder mehr- sporige Früchte oder als Sporen zu deuten? So lange man den Generationswechsel der Thallophyten nach dem Schema der Moose im Gegensatz von Frucht und Pflanze suchte, erschien es, um den Anschluss an die Moose zu gewinnen, fast folgerichtiger sie für ein- und mehrsporige Früchte zu erklä- ren!). Doch drängte sich das Bedenkliche dieser Vorstellung schon früh auf und erhielt eine Milderung in der Annahme, dass hier nur eine Art Fruchtanfang, ein Rudiment einer Frucht vor- liege). 1) Al. Braun: Über Parthenogenesis bei Pflanzen in Abhandlungen der Berliner Acad. der Wiss. 1856 pag. 372—373. Celakowsky Sitz. d. math.-naturw. Classe d. Königl. böhm. Gesell. d. Wiss. am 6. März 1874. A) DAN Briaunsga.sa.n®; 388 Fesammtsitzung Allein‘ zugleich sollte die Spore doch den Schluss der alten, ihr Endosporium den Anfang der neuen Generation bilden. Die- ser Unterscheidung zwischen der Spore und ihrem Endosporium stehen aber schon die verschiedenen Keimungsformen der Oospo- ren entgegen, und weiter ausgedehnt führt sie zu unhaltbaren Consequenzen. Wenn wir in dieser Weise bei den Oosporen zwischen Spore und Endosporium unterscheiden wollen, warum nicht auch bei den Moossporen, den Farnsporen, den Pollenkörnern, die ja sämmtlich gleichfalls mit ihrem Endosporium auskeimen? Dies würde aber eine Verwirrung in die Lehre vom Generations- wechsel der Cormophyten hineintragen, die offenbar zu ganz un- natürlichen Vorstellungen hinführen müsste. Und doch ist die Erscheinung in allen genannten Fällen durchaus die gleiche und hat histologisch, physiologisch und morphologisch genau denselben Werth. In der That sind hier die Mutterzellen der Gonosphären, die Oogonien und bei den copulativen Formen der ganze Co- pulationsapparat — d. h. beide mit einander copulirte Mutter- zellen oder Sporangidien!) — die Früchte dieser Pflanzen; die Spore aber ist die erste, oder Anfangszelle der neuen Gene- ration. — Dass sie in den meisten Fällen bei ihrer Keimung ihre äussere Membran abstreift, ist ein für ihren morphologischen Werth an sich gleichgültiger Umstand. So erscheint alsdann das Endo- ‚sporium als das, was es ist, als die innerste Schicht einer Sporen- membran, die aufeinanderfolgenden Generationen treten scharf aus- einander und auch der Anschluss an die Moosfrucht gewinnt an Klarheit. Denn die befruchtete Oospore der Thallophyten erhält genau die gleiche Bedeutung wie die befruchtete Gonosphäre im !) Von dem Gesichtspunkte, dass die copulirenden Mutterzellen die homologen Gebilde derjenigen Organe sind, welche in anderen Fällen Go- nosphären und Spermatozoide oder die weiblichen und männlichen Schwärm- sporen erzeugen, also die homologen Organe der männlichen und weib- lichen Sporangien in meinem Sinne; kann man die copulirenden Mutterzel- len der rein copulativen Formen, wo sie einander ganz gleichen, geradezu „Sporangidien“ nennen, wie ich dies im Laufe dieser Abhandlungen schon mehrfach gethan habe. Man kann daher von Copulation der „Sporangidien“ reden. Durch Gewebebildung in oder aus den Sporangidien in Folge der Befruchtung können dann complicirtere Fruchtformen entstehen. vom 21. December 1876. 889 Archegonium der Moose und der ganze Unterschied besteht darin, dass sie bei den Thallophyten zu einer selbständigen, bei den Moosen zu einer mit der Muttergeneration im Zusammenhange verbleibenden neuen Generation auskeimt. Wir werden daher auch bei diesen einfachen Formen zu dem Schlusse geführt, dass die neuen, sexuell erzeugten Generationen mit den Oosporen beginnen und es kann daher auch hier, wie bei Florideen und Ascomyceten, von einem sexuellen Generationswech- sel nur in so weit die Rede sein, als derselbe zwischen Formen freier, selbständiger Pflanzen besteht. Es frägt sich daher nur, ob überhaupt ein Generationswechsel der freien Generationen bei den Thallophyten vorhanden ist, wel- ches Abhängigkeitsverhältniss er hier ausdrückt, und ob dasselbe gleich oder ähnlich ist dem Abhängigkeitsverhältnisse der Ent- wickelungsabschnitte der Moose und Farne. Dies führt nun wie- der zu dem Ausgangspunkte meiner Betrachtung, zu jener Reihe von Erscheinungen zurück, die ich schon in meiner Abhandlung über die Achlya prolifera beschrieben und später für Vaucherien, Oedogonien und ÜÖeleochäten nachgewiesen habe und damals als Generationsfolge der Sprossfolge der Phanerogamen anzuschliessen noch geneigt war. In dieser Generationsfolge finde ich bei Thallophyten dieselbe ‚Erscheinung wieder, die man bei Cormophyten „Generationswech- sel“ genannt hat. Sie ist nicht bloss auf die genannten Kreise beschränkt, sondern scheint bei denjenigen Thallophyten, welche neben Sexualität noch eine besondere Form ächter Sporangien und Sporen besitzen, weit verbreitet zu sein. Der Generationswechsel erscheint hier in seiner frühesten Form, in welcher die Wechselgenerationen noch als völlig von einander getrennte Entwickelungsglieder die Dimorphie oder — bei Spaltung des sexuellen Abschnittes — die Trimorphie der selbstän- 5 p digen, zu derselben Art gehörigen Pflanzenformen hervorrufen. Denn die freien Generationen der Thallophyten unterscheiden sich nicht nur nach ihrer Entstehung aus unbefruchteten und be- fruchteten Sporen, sondern auch dadurch, dass in zahlreichen Fäl- len eine nahezu streng durchgeführte Scheidung der Generationen in solche ınit ächten Sporen (neutrale Generationen) und solche mit Sexualorganen (sexuelle Generationen) vorhanden ist. In engem Zusammenhange mit dieser strengeren Scheidung findet 890 Gesammtsitzung dann auch eine mehr oder weniger regelmässige Succession neu- traler und sexueller Generationen im Entwickelungsgange statt. Ich unterscheide hier, wie man sieht — in diesem Punkte in voller Übereinstimmung mit Sachs!) und Celakowsky?), — die zum Generationswechsel gehörigen Sporangien und Sporen als ächte Sporangien und Sporen von den anderen, ungeschlechtlichen Propagationen der Art. Diese Unterscheidung erhält eine gewisse Berechtigung, wenn man annimmt, wie ich dies durch die hervor- gehobenen Homologien der drei Formen wahrer Frucetificationsor- gane — ächter Sporangien, Antheridien und Archegonien im wei- testen Sinne — habe andeuten wollen, dass zwischen diesen ächten Sporangien und den sexuellen Organen eine genetische Verwandt- schaft besteht d.h. dass sie wirklich aus einander hervorgegangen sind und dass diese Verwandtschaft im Generationswechsel sich dureh die stellvertretende, correlative Succession der Generationen mit Sporen und der Generationen mit Sexualorganen offenbart. In den beiden Formen des. Generationswechsels, denen wir bei Thallophyten und Cormophyten begegnen und die man bisher als Generationsfolge und Generationswechsel unterschied?) und für wesentlich verschiedene Entwickelungsvorgänge ansah, handelt es sich jedoch nur um genau die gleiche Erscheinung, um die Aufein- anderfolge von Generationen oder von Entwickelungsabschnitten 1) Lehrb. d. Botanik IV. Auflage, pag. 231, 234, 237. EIER 5 OR 3) Celakowsky a. a. OÖ. unterscheidet zum Beispiel TI. Antithetischen Generationswechsel. 1. Biontenwechsel bei Moosen und Gefässeryptogamen. 2. Sprosswechsel bei Florideen und Pilzen. II. Homologen Generationswechsel. 1. Biontenwechsel bei Algen und Pilzen. 2. Sprosswechsel bei Phanerogamen und Verhältniss von Pro- tonema zum Caulom bei Moosen u. s. w. — In meiner Auffassung fällt I. 2. ganz aus, soweit er nicht als wirkli- cher Sprosswechsel in die vegetative Sphäre fällt und daher unter II. 2. ge- hört. — I. 1. und II. 1. bilden den wahren sexuellen Generationswechsel in meinem Sinne. II. 2. umfasst alle Formen des Sprosswechsels oder vege- tativen Generationswechsels gleichgültig, ob die Wechselabschnitte T'hallome oder Caulome sind. vom 21. December 1876. 891 mit neutraler (ächter) Sporenbildung und Generationen oder Ent- wiekelungsabschnitten mit sexueller Sporenbildung (Oosporenbil- dung). Bei den Thallophbyten erscheint die Succession als eine Ab- lösung einer der Zahl nach unbestimmten Reihe neutraler Gene- rationen — die für sich allein schon einen mehrgliedrigen Gene- rationscyclus darstellt, — durch eine oder unter Umständen meh- rere sexuelle Generationen. Bei den Cormophyten ist auch der Cyclus neutraler Generationen auf eine einzige redueirt; neu- trale und sexuelle Generationen succediren in strengerer Abwechse- lung und treten in eine geschlossene Verbindung zu einander. Beide von diesem Gesichtspunkte schon wenig abweichende For- men werden noch durch Mittelglieder verbunden. Die verschiedenen Formen der Succession, wie sie sich nach den neuesten Beobachtungen thatsächlich gestalten, sollen nun so- weit möglich für die einzelnen Kreise kurz nachgewiesen werden. A. Cormophyten. Nachdem die Sprossung der Prothallien und die Sprossung der Moosfrüchte bekannt ist, kann der Generationswechsel der Moose und Farn zwar nicht mehr in jener unbedingt noth- wendigen Abwechselung beider Abschnitte gesucht werden, die früher für den Generationswechsel dieser Cormophyten maassge- 'bend erschien; allein nichtsdestoweniger besteht doch ein unleug- bares, wenn auch nicht unbedingt gegenseitiges Abhängigkeits- und Ablösungs-Verhältniss zwischen der neutralen und der sexuellen Fruchtform. Bei den Moosen ist zwar die Eibildung schon in so weit unabhängig, als die sexuelle Pflanze unter nicht normalen Verhältnissen unabhängig von den Sporen durch Sprossung der Früchte zur Eibildung zurückkehren kann. Allein die Moosfrucht gehört doch unfraglich als integrirender Theil der bestehenden Moose) in den Entwickelungsgang der Moospflanze. Die Existenz !) Ob künftige Moose denkbar sind, denen die Moosfrucht fehlen wird, kann hier füglich unberücksichtigt bleiben, 892 Gesammtsitzung der Moosfrucht ist aber nach gegenwärtiger Kenntniss unbedingt an den sexuellen Abschnitt und-an die Zeugung gebunden, selbst wenn man in einzelnen Fällen eine mögliche normale Verzwei- gung der Moosfrucht annehmen wollte. Dass übrigens die Sprossung der Moosfrüchte nicht wieder zur Moosfrucht führt, zeigt sogar mit noch grösserer Entschiedenheit, als dies früher bekannt war, die Abhängigkeit derselben von dem sexuellen Abschnitt der Moos- pflanze. Wiederum bei den Farn hat die Sprossung der Prothallien ganz in entgegengesetzter Weise wie bei den Moosen eine gewisse, unter Umständen bestehende, Unabhängigkeit der Sporen-Pflanze von der Zeugung nachgewiesen. Allein hier ist dagegen die Zeu- gung, d. h. die Bildung sexueller Organe und die Entstehung eines Embryo wieder zweifellos an die Existenz der Spore gebunden, so lange nicht jene zukünftigen Farne gefunden sind, auf die ich in meiner vorläufigen Mittheilung als denkbar möglich hinwies, bei welchen der Proembryo direct aus dem Wedel hervorsprossen wird. Unzweifelhaft besteht demnach trotz Sprossung der Prothallien und der Moosfrüchte noch eine Abhängigkeit und eine Ablösung von Sporenbildung und Zeugung bei den Cormophyten, die bei Gymnospermen und Phanerogamen so gross wird, dass hier über- haupt keinerlei normale Fruchtbildung ohne Sporenbildung mehr möglich ist. B. Challophyten. Bei den Thallophyten entspricht dagegen der freieren Gestal- tung ihrer dimorphen Entwickelungsabschnitte, die als selbständige, scheinbar von einander ganz unabhängige, sächliche und sexuelle Pflanzen auftreten, auch die unabhängigere und weniger strenge Form ihrer Ablösung und Succession im Generationswechsel. Hier tritt, wie mir scheint, in den seltensten Fällen (Sphae- roplea) der Wechsel der dimorphen, sächlichen und sexuellen Ge- nerationen in jener bestimmten Alternation zweier Glieder ein, die wie a. b. a. b.... auf einander folgen. Die Generationen lösen sich vielmehr gewöhnlich in einer ungebundeneren Folge ab, und der häufigste Fall scheint der zu sein, dass eine grössere, unbe- stimmte Reihe sächlicher Generationen durch eine einzige sexuelle abgelöst wird. vom 21. December 1876. 893 Abgesehen von der verschiedenen Fructification sind die di- morphen Formen der Thallophyten nicht nur anatomisch gleich, sondern stimmen auch morphologisch in den untergeordneten For- men ungeschlechtlicher Propagation — Theilung, Loslösung ent- wickelungsfähiger Zellen, Bildung adventiver Sprossen und Goni- dien ete. — soweit diese in den bestimmten Typen auftreten, mit einander überein. Durch diesen letzteren Umstand ist an sich schon, ganz abgesehen von ihrer eigentlichen, sächlichen und ge- schlechtlichen Fructification, ihre physiologische, wie es scheint von einander unabhängige Existenz gesichert und deshalb findet sich an vielen Stellen bald die eine, bald die andere Form allein vor. | Jede ausgesproche Di- oder Trimorphie der zu einer Thallo- phyten-Species gehörigen Formen begründet daher die Vermuthung einer existirenden oder entstehenden Generationsfolge im Ent- wickelungsgange. Wo die zweierlei, correlativen Früchte noch nicht scharf von einander getrennt auf besonderen Exemplaren auftreten, da erscheint die Generationsfolge noch nicht bestimm- ter geregelt (Ascomyceten). Wo aber eine Dimorphie überhaupt fehlt (Fucaceen, Characeen, Conjugaten), da fehlt auch der Ge- nerationswechsel, und man darf in einigen Fällen annehmen, durch Schwinden: der sächlichen Generationen erloschen. Diese Pflanzen wären hiernach bereits rein sexuell geworden. Dass aber die dimorphen Formen im Entwickelungsgange der Art sich wirklich einander ablösen und dass diese Ablösung sich unter normalen Verhältnissen mit einer gewissen Regelmässigkeit wie- derholt, ist eine Thatsache, die nicht geleugnet werden kann. Wer sich hiervon noch nicht überzeugt hält, darf nur die normale Ent- wickelung reiner Saprolegnia-Rasen auf Insecten vom Beginne bis zum Ende ihrer Entwickelung aufmerksam verfolgen. Nach einer unbestimmten Reihe neutraler Generationen (Zoo- sporangien-Exemplare) tritt eine sexuelle auf. Aus der Keimung ihrer Oosporen gehen normal wieder neutrale Generationen hervor. Allein dies ist, wie ich wiederhole, nicht so zu verstehen, als ob die Dimorphie der Formen hier eine absolute wäre, denn es kom- men auch Pflanzen vor, die beide Früchte, die sexuellen und neu- tralen, zugleich besitzen; gewöhnlich treten sie in der Reihe beim Übergang von den neutralen zu den sexuellen auf. Meist aller- dings ist die Scheidung eine so streng durchgeführte, dass man 894 Gesammtsitzung geneigt ist, sie für eine absolute zu halten. Als ich diese Er- scheinung bei Saprolegnia ferax zum ersten Mal genauer verfolgte und wochenlang vergeblich nach einem Zusammenhang zwischen Schläuchen mit Zoosporangien und Schläuchen mit Oogonien suchte, hielt ich diese Formen hier für streng geschieden!); allein ich habe mich später wiederholt bei verschiedenen Arten überzeugt, dass Zoosporangien und Oogonien doch auch an denselben Indivi- duen auftreten können und habe deshalb eine Pflanze, die beide Organe trägt, abgebildet?). Ganz das gleiche Verhalten zeigen die Species von Vaucheria, Oedogonium, Coleochaete. Auch hier treten bei unzweifelhafter Aufeinanderfolge sächlicher und sexueller Generationen, dazwischen auch Generationen mit beiderlei Organen (Zoosporangien und Oogonien) auf. Solche Fälle finden sich von mir und Anderen ausdrücklich erwähnt und auch abge- bildet?). Äusserst leicht kann man sich z. B. von der Bildung der Schwärmsporen in den vegetativen Zellen der weiblichen Oedo- gonien überzeugen. Ich führe diese bekannten Thatsachen hier so ausführlich an, weil sie die Grundlage meiner Auffassung des Generationswechsels der 'Thallophyten bilden und zugleich weil sie, wie mir scheint, mit Evidenz nachweisen, wie die ungeeignete Übertragung einer vermeintlichen absoluten Differenz der Wechselgenerationen von !) Man vergleiche meinen Aufsatz über die Achlya prolifera in: Nova Acta Vol. XXIII. T. I. Für die etwaigen Leser dieses Aufsatzes bemerke ich, dass die Pflanze jetzt Saprolegnia ferax heisst (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX. pag. 195); dass der Aufsatz mehrere Jahre vor Kenntniss des Geschlechtes bei den Thallophyten geschrieben ist; dass die Zoosporangien dort Kolbige; die Oogonien kugelige Sporangien heissen und dass ich die Generations- folge zwischen diesen auf äussere Bedingungen, unter welchen die Formen entstehen, zurückzuführen suchte. Man vergleiche auch Walz, Jahrbücher f. wiss. Botanik Bd. V. pag. 140. 2) Jahrbücher £f. wiss. Bot. Bd. II. Taf. XXII. Fig. 8. 3) Abgebildet sind z. B. solche Fälle für Vaucheria von Thuret (Ann. d. sc. nat. II. Serie Tome XIX. pag. 274. Pl. 13. fig. 39 u. fig. 41.) für - Coleochaete von mir (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II. Taf. V. Fig. 8.) wobei ich noch bemerke, dass es sich im letztern Falle nicht um die Zoosporen des Fruchtkörpers handelt, sondern um diejenigen, welche in den vegeta- tiven Zellen der Geschlechtspflanzen auftreten. vom 21. December 1876. 895 Moosen und Farn auf die Thallophyten, vereint mit der Vorstel- lung von sexuellen Sprossgenerationen nothwendig zu den grössten Missverständnissen und Fehlschlüssen führen musste. Die gleiche Aufeinanderfolge oder die Unterbrechung einer unbestimmten Reihe neutraler Generationen durch eine sexuelle findet sich auch bei den einzelligen, freien oder in Familien ver- einigten Volvocineen und Hydrodictyeen. Die Aufeinanderfolge beweglicher nnd ruhender Generationen ist auch hier bekanntlich schon vor Kenntniss des Geschlechts" der Thallophyten und ohne Beziehung zur Sexualität genauer zuerst von Al. Braun bei Chlamidococeus!) beschrieben worden. Allein diese Abwechselung beweglicher und ruhender Generationen fällt nicht zusammen mit dem durch die Sexualität hervorgerufenen Generationswechsel dieser Pflanze, den ich hier im Auge habe. Auch bei Sachs?) findet sich die Vorstellung, dass der Gene- rationswechsel der Volvocineen zwischen den beweglichen For- men und den aus Paarung oder Befruchtung hervorgegangenen ruhenden Sporen stattfindet, indem auch hier entsprechend der Vorstellung von Frucht- Generationen bei den Thallophyten die sogenannte Ruhe- oder Dauerspore als Frucht den beweglichen Generationen gegenüber gestellt wird. Nach meiner Ansicht ist dagegen die ruhende Spore auch hier nur die erste neutrale, hier natürlich gleichfalls einzellige Generation. Beginnt man mit der Bildung der ersten beweglichen Gene- rationen ‘aus der keimenden Dauer- oder Ruhespore, so sehen wir, wie bei Saprolegnia, Vaucheria, den Oedogonien u. s. w. einen Cyclus auf einander folgender, neutraler, hier beweglicher Gene- rationen entstehen; schliesslich wird von diesen eine einzige sexuelle, hier gleichfalls bewegliche Generation — die sich paarenden Schwärmsporen oder, wenn hier die weibliche Schwärm- spore ihre Mutterzelle nicht verlässt, Gonosphäre und Spermatozoid — erzeugt. Durch Paarung oder Befruchtung dieser sexuellen Generationen entsteht als erste neutrale Generation die soge- nannte Dauerspore. Sie beginnt daher nur den Cyclus der neu- !) Verjüngung pag. 219 u. £. ?) Lehrbuch der Botanik. IV. Auflage, pag. 238. 896 Gesammtsitzung tralen Generationen, welcher, wie die verschiedene Art der Ent- wickelung der Dauerspore von Chlamidococcus z. B. zeigt, sowohl aus Dauer-Generationen als aus beweglichen Generationen bestehen kann, Der Unterschied von Übergangs- und Reihen-Generationen fällt hier schon in den Oyelus der neutralen Generationen hinein. Der Gegensatz aber, welcher im sexuellen Generationswechsel sich ausspricht, liegt zwischen den beweglichen sexuellen Ge- nerationen und der ganzen Reihe der neutralen, den beweg- lichen und unbeweglichen. Dass die erste neutrale, hier ruhende Generation, sich von den folgenden, den beweglichen unterscheidet, ist eine weit ver- breitete, und wie wir später sehen werden, für die Fortbildung des Generationswechsels im Pflanzenreiche sehr wesentliche Er- scheinung. Für den Generationswechsel der Art dagegen nur von nebensächlicher Bedeutung. Der Vorgang entspricht bei diesen rein einzelligen Gewächsen genau dem Vorgange bei Saprolegnia, Vaucheria u. s. w., wo die erste neutrale Generation gleichfalls mit der Keimung einer ruhenden Spore (Oospore) beginnt, wäh- rend die folgenden neutralen Generationen mit der Keimung be - weglicher Sporen ihren Anfang nehmen. Wir haben es daher auch bei Volvocineen und Hydro- dietyeen mit einem sehr scharf ausgesprochenen Generations- wechsel zu thun, in welchem regelmässig ein langer Cycelus neu- traler Generationen durch eine einzige sexuelle unterbrochen wird. Derselbe wird hier äusserlich sofort erkennbar durch die Trimorphie der drei vorhandenen Schwärmsporen -Arten, der männlichen, weiblichen und der sächlichen. Die letzteren erschei- nen aber hier gewöhnlich nur bei der Bildung der ersten be- weglichen Generationen aus der Ruhespore als frei bewegliche Zellen; bei der Entstehung der späteren neutralen Generationen gelangen sie durch die Bildung der Coenobien nicht mehr zu selbständig freier Entwickelung!). Die Cultur der Meeres-Algen durch mehrere Generationen hindurch stiess bisher auf noch nicht überwundene Schwierigkeiten. 1) Man vergleiche z. B. die Entwickelung von Hydrodietyon, Pando-. rina ete. (Monatsberichte der Berl. Acad. d. Wiss. vom Dec. 1860 u. vom October 1869). vom 21. December 1876. 897 Es ist daher auch kein directer Nachweis über ihre Generations- folge vorhanden. Allein wir finden bei drei grossen Abtheilungen derselben, bei welchen die Sexualität sicher nachgewiesen, oder so gut wie nachgewiesen ist, bei Phaeosporeen, Dietyoteen und Florideen, eine so streng, wie kaum irgend wo anders bei Thallophyten, ausgesprochene und durchgeführte Di- resp. Tri- morphie der Formen. Und es ist kaum zweifelhaft, dass diese hier gleichfalls eine correlative, d. h. der Ausdruck einer stell- vertretenden Ablösung ist. Jedenfalls ist die Annahme die nächst- liegende, dass bei Florideen und Dietyoteen zwischen Exemplaren mit Kapselfrüchten und Exemplaren mit Vierlingsfrüchten eine ähnliche Abwechselung besteht, wie bei den eben besprochenen Süsswasser-Thallophyten. Dasselbe lässt sich nach der Entdeckung von Reinke!) an Zanardinia collaris für die Phaeosporeen ver- muthen. — Ob die Kapselsporen bei ihrer Keimung nur Exem- plare mit Vierlingsfrüchten erzeugen und umgekehrt, oder ob hier Cyclen von Kapsel- und Cyelen von Vierlings-Exemplaren sich ablösen, erscheint von geringerer Bedeutung. Ebenso wovon es abhängt, dass die Kapselexemplare an ihren Standörtern oft ohne Vierlings-Exemplare oder zu anderen Zeiten gefunden werden. Dies deutet auf .noch nicht genügend bekannte, aber deutlich vor- handene Beziehungen zwischen beiden. Auch liegen bereits einige Beobachtungen und Andeutungen vor, wonach die Keimlinge der Kapsel- und Vierlingssporen eine divergente Entwickelungsweise befolgen. Denn Niemand wird wohl geneigt sein anzunehmen, dass die Florideen mit Vierlingsfrüchten als selbständige Formen neben den Florideen mit Kapselfrüchten bestehen und sich von diesen etwa als rein ungeschlechtliche Formen abgelöst haben. _ Wäre dies der Fall, so hätten die beiden Formen längst ihre ge- meinsamen specifischen Charactere eingebüsst. Da es aber wohl kaum je zweifelhaft ist, zu welcher Kapselform eine Vierlingsform gehört, so erweisen diese durch die ganze Reihe zahlreicher Typen festgehaltenen Species-Charactere beider Formen wohl zweifellos, dass beide ihre Eigenschaften immer wieder gegenseitig ausgleichen und aufeinander übertragen. Auch kommen ja in selieneren Fällen 1) Über das Wachsthum und die Fortpflanzung von Zanardinia colla- ris Cr. in: Monatsberichte der Berliner Acad. der Wiss. vom October 1876. [1876] 64 898 Gesammtsitzung auch hier noch Kapsel- und Vierlingsfrüchte auf derselben Pflanze vor). Unter den übrigen Abtheilungen der Thallophyten fehlt eini- gen Kreisen jede Spur einer Dimorphie der Fructificationsorgane, die ja dem Generationswechsel nothwendig vorausgeht. Dahin gehören die Characeen und unter den Algen die Fucaceen und sämmtliche Conjugaten im weitesten Sinne mit Einschluss der Baecillarieen. Hier sind nur Geschlechtspflanzen, keine Sporenpflanzen vor- handen. Bei ihnen kann daher in meinem Sinne von einem Ge- nerationswechsel nicht die Rede sein. Diejenigen, welche bei den copulativen Formen die Sporen dieser Gewächse für Früchte ansehen, können bei diesen in ihrem Sinne eine Art rudimentären Generationswechsel finden. Allein dies ist schon für Fucaceen und Characeen an sich gar nicht mög- lich. Bei den Fucaceen beginnen, wie Jeder zugeben wird, die neuen Generationen mit der befruchteten Spore. Ihre Sporangien sind die Einzelfrüchte, in denen die Sporen gebildet werden. Die Ansammlungen derselben in den Conceptaclen (Scaphidia Ag.) tre- ten in den höheren Formen gleichfalls zu äusserlich sich abgren- zenden Thallomtheilen zusammen, die hier Niemand für besondere Generationen erklären wird. Ebenso beginnt bei Characeen die neue Generation mit der Spore. Kann hier — wie bereits früher bemerkt — die Frucht auch als Spross gelten, so ist dieser doch schon vor der Befruch- tung nicht nur angelegt, sondern sogar, abgesehen von Incrustation und Verholzung, seinem ganzen constituirenden Gewebe nach fer- tig. Von einer Frucht im Sinne einer Sprossgeneration kann mit- hin hier in keinem Falle die Rede sein. Aber auch bei den rein copulativen Formen bilden, wie ich mich oben zu zeigen bemüht habe, die copulirenden Mutter- zellen die Früchte dieser Gewächse, die Zygospore aber ist die erste Zelle der neuen Generation, ‘oder bei den einzelligen For- men, ganz so wie bei Chlamidococcus, die neue Generation selbst. Alle diese Pflanzen sind, wie gesagt, Pflanzen ohne jeden Generationswechsel, und es muss daher die Frage aufgeworfen 1) Siehe: Beiträge zur Morphologie der Meeresalgen von N. Pringsheim in: Abhandl. d. K. Acad. d. Wiss. zu Berlin 1862. pag. 21 Taf. IV. vom 21. December 1876. 899 werden, in welchem Verhältniss diese Pflanzen ohne Generations- wechsel zu den Pflanzen mit Generationswechsel stehen. So lange uns jede nähere Kenntniss der physiologischen Function des Generationswechsels im Entwickelungsgange abgeht, kann sich die Beantwortung dieser Frage selbstverständlich nur in Hypothesen bewegen. Auch dürfen hierbei offenbar nur dieje- nigen Entwickelungscylen zu Grunde gelegt werden, von denen es feststeht, dass sie bereits vollständig bekannt sind. Was sollen der Moospflanze, wenn die Fruchtstiele sprossen, die Sporen? Was, wenn Prothalliumsprossung allgemein wäre, den Farn die Zeugung? Dass beide auch ohne jede wahre Fructifi- cation sich durch zahlreiche Generationen erhalten können, ist durch viele Beispiele belegt. Das Problem der Bedeutung gleich- zeitiger geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Vermehrung für die Erhaltung und für die Fortbildung der Typen erhält für die Pflan- zen mit Generationswechsel eine Complication durch die Existenz der ächten Sporen, deren besondere von Zeugung sowohl, als von Knospen- und Brutzellenbildung unabhängige Function zu ermit- teln wäre. Die Erhaltung der Art erscheint durch jede Vermeh- rungsform für sich allein schon gesichert. Deshalb ist es aber doch nicht erlaubt, die verschiedenen Vermehrungsweisen als gleich- werthige Propagationsmittel, die ohne jede Beziehung zu einander, nur neben einander, bestehen, zu betrachten, denn es liegen Er- fahrungen genug vor, die eine vorhandene, functionelle Differenz geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Propagation nachweisen. Die grössere Anzahl der Propagationsformen jeder Art ist gewiss ein günstiges Moment für die Erhaltung der Art; allein dieses Moment erschöpft keineswegs ihre Bedeutung, und man darf wohl annehmen, dass dort, wo z. B. ächte Sporenbildung noch neben Zeugung besteht, die unbekannten besonderen Functionen dieser beiden Fructificationsformen sich in ihren Wirkungen ergänzen. Dafür spricht ihre genetische Verwandtschaft und ihre Correlation und Stellvertretung im Generationswechsel. Überblickt man nun die weite Verbreitung dieser im Generationswechsel vertretenen Polymorphie im Pflanzenreiche, so liegt wohl der Gedanke nahe und ist auch ausgesprochen worden!), sie sei ein die gesammte Pflanzenwelt beherrschendes Gesetz, gleichsam das reale Ziel der !) Man vergleiche Al. Braun a. a. O,, pag. 294. 64* 900 Gesammtsitzung Vegetation und daher nothwendig mit der Sexualität der Gewächse verknüpft. Allein die natürliche Entwickelung des Pflanzenreichs führt, wie ich es auffasse, nicht zur Polymorphie, denn sie schränkt dieselbe offenbar innerhalb sehr enger Grenzen ein, und lenkt selbst von der bereits entstandenen Polymorphie wieder ab, um, indem die beiden ächten Fructificationsformen in eine zusammen- gezogen werden, zu einer einzigen, der sexuellen Zeugung zu ge- langen. An sich wäre es gewiss bei der Zusammenziehung der beiden Fructificationsformen in eine einzige denkbar, dass in dem einen oder anderen Falle die Sporenbildung sich erhielte und die sexuelle Zeugung wieder verschwände. Allein dies scheint thatsächlich nicht vorzukommen und deshalb erscheint die Sexualität wie das noth- wendige Endresultat der Entwickelung. Denn unter den höher entwickelten Pflanzen findet sich keine einzige, die man mit voller Sicherheit als eine reine Sporenpflanze betrachten darf, wäh- rend höher entwickelte, rein sexuelle Formen schon mit Sicher- heit in den Characeen und Fucaceen vorliegen und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bei einigen Florideen-Typen vorhanden sind. Ferner ist man wohl berechtigt auch die Gymnospermen und Phanerogamen als Gewächse zu betrachten, die dem Zustande reiner Sexualität schon sehr nahe kommen, da bei ihnen Sporen- und Eibildung schon unter theilweiser Verkümmerung der ersteren untrennbar zu einem einzigen Vermehrungsact verbunden sind. Zur Erklärung des Generationswechsels oder doch zu seinem Verständnisse bietet sich daher die Hypothese gleichsam von selbst, dass derselbe trotz seiner weiten Verbreitung im Pflanzenreiche nur eine Durchgangsstufe zwischen ächter Sporenbildung und sexueller Zeugung, gleichsam der Umweg ist, auf welchem in zahlreichen Pflanzentypen die Sporenbildung zur geschlechtlichen Form gelangt und man darf daher auch annehmen, dass die be- sondere functionelle Bedeutung, die den ächten Sporen im Gene- rationswechsel noch zukommt, bei Erstarkung der Sexualität nach und nach auf die befruchtete Oospore übergeht. Ist diese Auffassung richtig, so lassen sich die rein sexuellen Formen wenigstens zum Theil aus dem allmähligen Schwinden der Sporen-Generationen oder, wie bei der in die Phanerogamen mün- denden Reihe, durch Übergang der Sexualität auf die Sporen- Generation erklären. Allein anderseits ist der Generationswechsel, vom 21. December 1876. 901 der ja nur eine, durch die Aufeinanderfolge bestimmte Form der Sporen-Dimorphie ausdrückt, nicht als eine durchaus noth- wendige Durchgangstufe zur Sexualität zu betrachten, denn diese könnte ja auch noch auf anderem Wege aus der Dimorphie der Sporen sich entwickelt haben oder selbst direet vor jeder Sporen- bildung entstanden sein. So liegt es nahe, die ausschliessliche Existenz sexueller Pflan- zen bei Batrachospermum, Lemanea, Helminthora und einigen ver- wandten Formen aus dem allmäligen Untergange der Exemplare mit Vierlingsfrüchten bei den Formen, aus denen sie entstanden sind, zu erklären. — Ebenso wird man vielleicht ein Schwinden der Sporenformen bei Fucaceen und Characeen annehmen dürfen. Dagegen erscheint für die Conjugaten die Annahme, dass ihre Sporenpflanzen geschwunden sind, schon wieder unwahrscheinlicher. Hier ist man gewöhnt, die Copulation als die ursprünglichste Form der Sexualität zu betrachten, welche bei den einzelligen Formen mit der Verschmelzung ganzer Individuen im Copulations- acte begonnen hat. Man müsste aber dann zugleich annehmen, dass die Sexualität sich hier überhaupt vor jeder neutralen Spo- renbildung entwickelt hat, Die Conjugaten würden dann eine For- menreihe repräsentiren, die ohne Durchgang durch den Genera- tionswechsel direct zur Sexualität gelangt ist. Man kann die Be- rechtigung dieser Anschauung zugeben, darf aber doch nicht ver- gessen, dass sie nur unangreifbar wäre, wenn wir behaupten dürf- ten, dass die schon bekannten, niedrigen, copulativen Formen der Reihe wirklich die frühesten waren, welche hier zur Fructification und Sexualität gelangt sind. Hierfür besitzen wir aber keine ge- nügenden Anhaltepunkte und bei der homologen, copulativen Reihe unter den Pilzen, scheint dies, wie ich unten zeigen werde, nicht der Fall gewesen zu sein; vielmehr erscheint dort die Copulation als die spätere, zur Zoosporenbildung hinzugetretene und aus ihr abgeleitete Fructificationsform. Auch der Befruchtungsvorgang der Phanerogamen ist offenbar eine spätere, aus dem Connubium abgeleitete Form der Copulation, durch Zurückgreifen der befruch- tenden Thätigkeit von den Spermatozoiden auf ihr Bildungsorgan, das Antheridium (Pollenschlauch) hervorgegangen. Es muss daher auch noch unentschieden erscheinen, ob die Copulation der Oon- jugaten wirklich als eine ursprüngliche Fruchtform zu betrachten ist. 902 Gesammtsitzung Unter den Pilzen, deren Entwickelung man als vollständig bekannt ansehen darf, sind rein sexuelle Formen ganz unbekannt und der Generationswechsel scheint wenigstens, soweit man es schon jetzt übersehen kann, auch hier weit verbreitet. Allein in manchen Kreisen scheinen die verschiedenen Sporenformen noch nicht deutlicher auf besondere Generationen vertheilt und es ge- winnt den Anschein, als ob eine strengere Form des Generations- wechsels — wie etwa bei den Algen — hier erst vorbereitet würde und noch nicht erreicht sei. Bei den einfachen Formen mit deutlich ausgebildeten Gono- sphären und Zoosporen, bei Chytridien und Saprolegnien, ist der Generationswechsel in Form der Suecession selbständiger, in Bezug auf ächte Fructification dimorpher Generationen, wie be- reits besprochen, unzweifelhaft. Das gleiche kann für Cystopus und Peronospora gelten. Durch die directe Keimung, ihrer Zoo- sporangien führt die letztere Gattung in die Reihe der Formen hinüber, bei denen die ächten Sporen nicht mehr Zoosporen, sondern nach der jetzigen Terminologie Conidien sind und durch Abschnürung gebildet werden. Zugleich tritt hier eine unter den Pilzen häufige, bei den Algen und auch bei Saprolegnien und Chy- ridien noch nicht allgemeine Erscheinung, die Abhängigkeit der Wechselgenerationen von dem Wohnorte, schon in ihren ersten Anfängen auf. Die neutralen Generationen sind wesentlich, we- nigstens nach ihrer Fructification, Luft- oder Wasserpflanzen, die sexuellen meist dagegen reine Gewebsparasiten. So grosse Bedeutung dies Abhängigkeitsverhältniss durch die Beziehungen der Wechselgenerationen zu besonderen Nährpflanzen später erhält und so wichtig es für die Verbreitung der Pilze wird; die thatsächlichen Beziehungen des Generationswechsels, der ja bei Algen und auch bei einigen Saprolegnien- ohne diese Ab- hängigkeit vom Standort vorhanden ist, scheinen hierdurch kaum beeinflusst. — In diesen niedrigen Pilzformen der Chytridien, Saprolegnien und ihren Verwandten, die man wohl mit Recht als die Wurzel der höheren copulativen Pilzformen betrachten darf, finden wir nun eine sehr bemerkenswerthe und erstaunliche Mannigfaltigkeit der Befruchtungsvorgänge. Es ist wahrscheinlich, dass bei genauerer Kenntniss der hierher gehörigen, zahlreichen Formen die für die Verwandtschaftsgrade der Thallophytenreihe wichtige und bereits vom 21. December 1876. 903 berührte Frage, was früher war, Sporenbildung oder Sexualität, Copulation oder Connubium sich für diesen Kreis der Entschei- dung wird näher bringen lassen. Sämmtliche Formen der Go- nosphären-Befruchtung und Copulation vereint mit ächten Zoospo- rangien finden wir hier in nächstbenachbarten Typen nebeneinan- der vor. So z. B. Paarung der Schwärmsporen bei Tetrachytrium!) Gonosphären - Befruchtung durch männliche Schwärmsporen bei Monoblepharis?); Copulation vereint mit Gonosphären-Befruchtung bei Saprolegnia, Pythium u. s. w., Spirogyra-artige Copulation bei Ancylistes?); wahre Mucor-artige Copulation noch in Verbin- dung mit ächten Zoosporangien bei Zygochytrium®). Diese Mannigfaltigkeit scheint darauf hinzudeuten, dass die Modificationen der Befruchtungsvorgänge sich von hier aus diffe- renzirt haben und die Betrachtung der Formen spricht, wie mir scheint, ferner dafür, dass die Copulation, welche in den höheren Typen die herrschende Form der Sexualität bei den Pilzen wird, als der spätere aus den Zoosporangien hervorgebildete Zustand zu betrachten ist. Für die Mucorineen, deren Zyposporen genau so, wie bei den Conjugaten, nicht Früchte, sondern Anfangszellen der neuen Generationen sind, ist der Generationswechsel in meinem Sinne, die Successiom dimorpher, neutraler und sexueller Pflanzen bei der Keimung von Syzygites melagocarpus gleichzeitig von Schacht?) und De Bary®) aufgefunden worden. Dass die Zygosporen der anderen Mucorineen bei ihrer Keimung gleichfalls Sporangien- oder Conidien-Fruchtträger bilden, ist dann später allseitig bestätigt worden. Aber auch hier hat schon Tulasne Copulation und Sporan- gien an derselben Pflanze, sogar an demselben Fruchtkörper ge- funden und dieses gemeinsame Auftreten beider Fructificationsfor- I) Sorokin. Einige neue Wasserpilze. Bot. Zeitung 1874. Nr. 20. 2) Cornu. Ann. d. sc. nat. V. Serie. Tome 15 (1872) pag. 72. 3) Pfitzer. Monatsberichte der Berliner Acad. d. Wiss. vom Mai 1872. 2). Sorokin a.a.!0. 5) Kölnische Zeitung vom 1. Juli 1867. Auszug aus den Sitzungsbe- richten der Niederrheinischen Gesellschaft in Bonn vom 7. April 1867. 6) Beiträge zur Morphologie u. Physiologie der Pilze. Heft 1. 904 Gesammtsitzung men ist später auch für andere Mucorineen constatirt worden!). Auch die von Herrn Dr. Brefeld?) neuerdings beobachtete Er- scheinung, wonach die Zygosporen von Sporodinia grandis unter Umständen, die nothwendig die Bildung der Sporangien ver- hindern, Mycelien mit Zygosporen bilden, gehört meiner Auffas- sung nach in die Reihe der eben genannten, schon bei den Algen angeführten Thatsachen, dass dieselben Pflanzen beiderlei Frucht- organe, die neutralen und sexuellen, bilden können. Dass schon die erste aus den Zygosporen entstehende Generation, wieder Zygosporen erzeugen kann, zeigt nur, dass auch bei den Mucori- neen unter nicht regelmässigen Verhältnissen auf den Öyclus der neutralen Generationen mehr als eine einzige sexuelle Genera- tion folgen kann. — Doch scheint auch bei den Mucorineen die Trennung beider Fruchtformen und die Abwechselung von Pflanzen mit Zygosporen und Pflanzen mit Sporangien oder Öonidien schon das regelmässi- gere und typische Verhältniss zu sein. — Bei den Ascomyceten erinnern die Vorgänge der beginnen- den Fruchtbildung, wie sie zuerst von De Bary°) für Peziza, FEurotium, Erysiphe nachgewiesen wurden; namentlich die Erschei- nungen, welche Tulasne*) bei Peziza confluens beschreibt; an die sich dann die Beobachtungen von Woronine°), Janczewski®) und Baranetzki’‘) anschliessen, sowie endlich die Entdeckung von Stahl°®) an den Apothecien der Flechten mehr oder weniger genau an die Vorgänge der Befruchtung bei Saprolegnien und Pythien einerseits und anderseits an die Copulationsphaenomene der Mucorineen und Florideen, sodass die gleiche Bedeutung bei- !) Zum Beispiel von De Bary und Woronine, Beiträge zur Mor- phologie und Physiologie der Pilze. II. pag. 30; von Brefeld, Untersuchun- gen über Schimmelpilze. Heft 1. pag. 30, 48. 2) Bot. Zeitschr. 1875, pag. 847. 3) Über die Fruchtentwickelung der Ascomyceten und Beiträge zur Morphol. u. Physiol. der Pilze. Heft III. *#) Ann. d. se. nat. Bot. V. Serie Tome 6 (1866). Pl. 11 u. 12. 5) Beiträge zur Morphol. u. Physiol. Heft II und III. 6) Bot. Zeitung 1871. Nr. 17. 7) Bot. Zeitung 1872. Nr. 10. ®) Bot. Zeitung 1874. vom 21. December 1876. 905 der Vorgänge allerdings als eine naheliegende und berechtigte Annahme erscheint. Der Vorgang ist bekanntlich auch bis vor Kurzem ganz all- gemein von allen, die ihn beobachtet haben, so gedeutet worden und welche Form der Befruchtung auch hier stattfinden möge, ob in dem einen Falle die der Florideen, im anderen Falle die den Saprolegnieen und Mucorineen verwandte, soviel scheint gewiss, dass die Entwickelung der Perithecien und Apothecien unter dem Einflusse eines Sexualactes steht, welcher an einem Primordium der Frucht ausgeübt wird. Vorausgesetzt nun dass diese Auffassung die richtige ist, haben wir jedoch, und dies ist für meine vorliegende Aufgabe die Haupt- sache, den Generationswechsel dennoch auch hier keineswegs in dem Gegensatze zwischen dem Mycelium, welches die Sexualorgane trägt, und dem Perithecium oder Apotheeium zu suchen. Perithe- cium und Apothecium sind nicht sexuell erzeugte Generationen die auf einem ungeschlechtlichem Wege Sporen erzeugen; son- dern sie sind, wenn hier Befruchtung stattfindet, doch nur sexuell beeinflusste Organe, ın welchen erst die Anfänge der neuen Ge- nerationen, die Sporen unter dem Einflusse der Befruchtung erzeugt werden. Der Generationswechsel kann daher auch, sofern er hier be- steht, was mir überaus wahrscheinlich ist, nur zwischen den die Perithecien oder Apothecien tragenden Pflanzen und anderen selb- ständigen Pflanzen gesucht werden, welche in unmittelbarer oder mittelbarer Folge aus der Keimung der Ascosporen entstehen und jene neutralen Sporangien oder Früchte tragen, die als die homologen und correlativen Fruchtformen der Perithecien und Avo- thecien zu betrachten sind. Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass diese neutrale Frucht- form die Pyeniden darstellen und dass der Generationswechsel in einer aus den bisherigen Beobachtungen noch nicht ganz durch- sichtigen, vielleicht erst sich vorbereitenden Form der Auf- einanderfolge und Abwechselung dieser Fruchtformen auftritt. Hierfür spricht nicht nur der Bau der Pyeniden, sondern es liegen in den vorhandenen Keimungsbeobachtungen, obgleich die Beobachter den Generationswechsel nicht in diesem Verhältniss ge- sucht haben, schon einige directe Andeutungen für diese Annahme vor. Dass die Ascosporen nicht immer sofort die Mycelien mit 906 Gesammtsitzung Pyeniden erzeugen, steht dem ebenso wenig entgegen, wie die be- kannte Thatsache, dass Pyeniden und Perithecien an demselben Mycelium auftreten und dass Generationen von Pyeniden in grösse- rer Anzahl ohne Perithecienbildung auf einander folgen können. Dem stehen ferner auch die neuesten Beobachtungen von Hrn. Dr. Brefeld!) nicht entgegen, bei welchen derselbe aus Theilen der Fruchtkörper von Ascomyceten und Basidiomyceten Mycelien oder neue Fruchtkörper erzogen hat und daraus die Unmöglichkeit der Sexualität der Ascomyceten erschliessen wollte. Herr Dr. Stahl?) hat bereits unter Hinweis auf die früheren Beobachtungen von Farlow gezeigt, dass dieser Schluss auch vom Standpunkte der alten Vorstellungen über den Generationswechsel der Pilze unstatt- haft ist. Aber dieser Schluss leidet ausserdem noch an der irr- thümlichen Voraussetzung, dass der (renerationsgegensatz durchaus zwischen Mycelium und Frucht bestehen müsse. Da die Frucht- körper der Pilze aber nach meiner Auffassung, ebenso wie die Kaspelfrüchte der Florideen, nur Organe der alten Generation, aber nicht selbst neue Generationen sind, so lassen die Versuche mit den Fruchtkörpern sowohl die Frage nach der Sexualität, als die nachı dem Generationswechsel der Pilze ganz unberührt. Fernere entscheidende Fälle eines Generationswechsels, d. h. einer vorhandenen Suecession freier Generationen bei Pilzen, ha- ben die Untersuchungen von De Bary an den Uredineen aufge- deckt. Die noch nicht direet nachgewiesene Sexualität darf hier wohl als wahrscheinlich supponirt werden, und die Polymorphie der Generationen würde auch hier wenigstens schon eingeschränkt erscheinen, wenn man sich von der Annahme eines Generations- (Gegensatzes von Mycelium und Fruchtkörper frei macht. Besteht nun, wie ich es mir denke, der Generationswechsel der Thallophyten durchweg in der Ablösung freier neutraler und sexueller Generationen, so bleibt nun nur noch die Untersuchung der Frage übrig, wie der Übergang dieses Generationswechsels zu dem der Moose, der doch seiner äusseren Erscheinung und der usuellen Auffassung nach, als ein Gegensatz von Pflanze und Frucht erscheint, sich vollzogen hat oder wie er denkbar ist. 1) Bot. Zeitung 1876. Nr. 4. 2) Bot. Zeitung 1876. Nr. 44. vom 21. December 1876 907 Hier bilden gewisse auffallende Keimungsvorgänge der Thallo- phyten und die Erscheinungen, welche die Fruchtbildung von Coleo- chaete begleiten, für mich die leitenden Übergänge. Die Keimung der Oosporen und Zygosporen der Thallophyten, welche Genera- tionswechsel besitzen, zeigt in vielen beobachteten Fällen die Eigen- thümlichkeit, dass die Keimpflanze mit bedeutender oder gänzlicher Unterdrückung der vegetativen, thallodischen Gestaltung schon sehr früh oder sogleich zur Bildung der neutralen Sporangien und Sporen schreitet. Es unterscheidet sich hierin die erste neutrale Genera- tion auffallend und bedeutend von den folgenden. In manchen Fällen besteht die Keimung der Oospore ganz allein in der Bildung eines Sporangiums, d. h. die erste neutrale Generation ist ganz und gar auf ein Sporangium reducirt. So zum Beispiel bei Oedo- sonium, Bulbochaete, Sphaeroplea, Hydrodietyon, Pandorina, Cysto- pus. In anderen Fällen ist die erste neutrale Generation auf einen blossen Fruchtträger beschränkt; so bei Mucorineen. Dass der. Unterschied an sich ursprünglich nicht gross ist, zeigen diejenigen Fälle, in welchen die Keimung der Oospore der- selben Pflanze bald mit, bald ohne Unterdrückung der thallodischen Gestalt stattfindet. Ausgezeichnete Beispiele dieser schwankenden Keimungsform zeigen die Saprolegnien und Achlyen !). In noch anderen Fällen zeigen benachbarte Gattungen sich hierin verschieden, die eine zeigt Sporangienkeimung (Cystopus ?), die andere Mycelienkeimung (Peronospora?®). Es kann daher als ein allgemeiner Erfahrungssatz unter den Thallophyten gelten, dass die erste neutrale Generation mit ge- ringerer oder grösserer Unterdrückung des vegetativen Theiles der Pflanze auf einem kurzen Wege zur Sporenbildung eilt. In den Fällen mit reiner oder fast reiner Sporangienkeimung gewinnt dann die erste neutrale Generation einen von den folgen- den neutralen entschieden differenten Habitus, so bei Ocdogonium, Pandorina, Cystopus, Saprolegnieen, Mucorineen. Diese äusserliche Differenz wird noch gesteigert in den Fällen, wenn die erste neutrale Generation schon im Oogonium selbst zur 1) Jahrbücher £. wiss. Bot. Bd. IX. pag. 227 u. f. Taf. XX. u. XXI. 2) Dr. Bary, Ann. d. sc. natur. IV. Serie, Tome II. (1863.) Pl. 2. 3) Dr. Bary, Beiträge zur Morph. u. Phys. der Pilze. Heft II. 908 Gesammtsitzung Keimung gelangt, wenn also diese neutrale Generation von der weib- lichen festgehalten uud in ihr aufgenommen wird. Dies geschieht bei Coleochaete. Bei Coleochaete seutata unterscheidet sich die im berindeten Oogonium zur Keimung gelangende, erste neutrale Ge- neration — das Muttergewebe der Schwärmsporen — von den folgen- den eigentlich nur durch den geringeren Umfang ihrer Gewebebil- dung), gewinnt aber doch schon hierdurch allein einen etwas ver- schiedenen Ausdruck. Bei Üoleochaete pulvinata erscheint diese Differenz gegen die ausgebildetere Gestalt der freien Generationen schon grösser. Es kann daher kaum auffallen, dass auch bei den Moosen die neutrale Generation, die auch hier im Archegonium festgehalten wird und sogleich zur Keimung gelangt, entweder nur ein Sporangium (Riccien) oder eine mehr oder weniger kümmerlich entwickelte Axe, die ein Sporangium trägt, bildet und dass daher der Habitus dieser Generation so sehr von dem der sexuellen Ge- neration abweicht. Es tritt hier nur noch der Umstand hinzu, dass diese neutrale Generation überhaupt die einzige neutrale ist, welche zur Ausbildung gelangt. Es ist nur der gerade, nächste Weg zur reinen Sexualität, der hier durch Reduecirung der neutralen Gene- rationen auf eine einzige, die in die sexuelle aufgenommen wird, eingeschlagen wird. Auch bei Thallophyten finden sich bereits ähnliche Fälle, in welchen die neutralen (Greneratiönen, die ja hier gewöhnlich einen ganzen Oyclus bilden, auf eine einzige reducirt sind, so z. B. bei Sphaeroplea. Der Generationswechsel der Moose erscheint demnach wie eine zusammengezogene Form des Generationswechsels der Thallo- phyten, in welcher die neutralen Generationen bis auf eine einzige unterdrückt sind, welche in ungetrenntem Zusammenhange mit der sexuellen verbleibt und es liegt daher kein Grund vor, die neu- trale Generation der Moose — das Sporogonium — die hier schon zum unselbständigen Entwickelungsabschnitt geworden ist, wie dies bisher geschah, mit den Früchten oder vielmehr den Fruchtgehäusen der Thallophyten zu vergleichen, deren homologes Organ vielmehr in der Calyptra der Moose vertreten ist. Die scheinbar so grosse Differenz im Habitus des Moossporo- goniums und der Moospflanze redueirt sich daher auf die kümmer- 1) Jahrb. f. wiss: Bot. Bd. IL, Taf. II. u. IV. vom 21. December 1876. 909 liche Ausbildung des vegetativen Theiles, d. h. der Axe, die mit der frühzeitigen Bildung des Sporangiums an derselben zusammen- hängt. Bei den Laubmoosen, bei welchen die Axe schon weniger kümmerlich als bei den Lebermoosen entwickelt ist, drückt sich die Übereinstimmung zwischen ihr und dem Moosstamm schon im anatomischen Bau aus. Von diesen Gedanken und von einer früheren Erfahrung aus- gehend, dass zerschnittene Charenzweige protonematische Sprossun- gen entwickeln !), unternahm ich meine Versuche mit den Moos- früchten und hoffte, dass es mir gelingen würde, auch an zerschnit- tenen Seten der Laubmoose Protonemafäden hervorzurufen und so die morphologische Übereinstimmung von Seta und Moosstamm nachzuweisen. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass diese Ansicht durch das Auffinden teratologischer Zustände von Moosfrüchten mit Blatt- rudimenten oder ausgebildeteren Blattanlagen eine weitere Bestäti- gung erhalten wird. Obgleich teratologische Fälle bei den Moos- früchten zu den Seltenheiten zu gehören scheinen, möchte es sich doch vielleicht lohnen, hierauf die Aufmerksamkeit zu richten. In wie weit etwa der hier durchgeführte Nachweis, dass das Moossporogonium eine in ihren Eigenschaften mit dem Moosstamm identische, nur kümmerliche Axe darstellt, für die Ansicht von Prantl spricht, dass die Farn sich von den Lebermoosen abge- zweigt haben, will ich hier, als zu weit abliegend, nicht erörtern. Nur bemerken will ich, dass die neueren Vergleichungen der Spo- rogonium-Anlage der Laub- und Lebermoose mit dem Embryo der Gefässeryptogamen den Umstand nicht berücksichtigen, dass mit Ausnahme von Riccia das Sporogonium in einen deutlichen Axen- theil und ein Sporangium, dessen morphologischer Werth noch zu bestimmen bleibt, differenzirt ist. Auf diesen sehr wesentlichen Punkt, auf den ich hier nur hinweisen wollte, gedenke ich an an- derer Stelle ausführlicher zurückzukommen. Hier aber will ich noch mit einer Hypothese schliessen, die um So ungefährlicher ist, als sie die Zukunft der Moose betrifft. Verfolgen wir die Reihe der Farnkräuter durch die Gefäss- 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. IIL, Taf. 9. u. 10. 910 Gesammtsitzung eryptogamen und Gymnospermen bis in die Phanerogamen, so scheint, wie dies ja seit Hofmeister vielseitig von Anderen aus- geführt ist, der eingehaltene Gang eine allmälige Verkümmerung der sexuellen Generation — oder vielmehr wie es richtiger heissen muss ihres vegetativen Theiles — nachzuweisen, bis schliess- lich bei Gymnospermen und Phanerogamen die sexuellen Organe zum Theil schon von der ungeschlechtlichen Pflanze aufgenommen werden, wodurch diese selbst den Character einer Geschlechts- pflanze erhält. Sehen wir vom Pollenschlauch ab, dem letzten Rest einer selbständigen, sexuellen Generation bei Phanerogamen, so kann man daher sagen, dass in dieser Reihe die reine Sexualität erreicht wird durch den Verlust des vegetativen Theiles der Ge- schlechtspflanze und den Übergang ihres Sexualcharacters auf die Sporenpflanze. Es wäre nun denkbar, dass in der Reihe der Moose die reine Sexualität durch Unterdrückung des Generationswechsels auf einem näheren Wege angebahnt wird, nämlich durch blosse Verkümmerung der Sporangien der neutralen Generation. Nehmen wir an, dass an diesen in einer fortgesetzten Reihe moosartiger Gewächse die Sporangien allmälig verkümmern, die kümmerliche Axe aber in irgend einem rudimentären Zustande zurückbleiben würde, so würde diese aus der befruchteten Gonosphäre der Moose sich entwickelnde kümmerliche Axe wie eine embryoartige Bildung erscheinen, aus welcher die Moose sich regelmässig durch Protonemasprossung, wie jetzt aus den Sporen, wiedererzeugen würden. So würde die Moosreihe rein sexuell werden und man könnte annehmen, dass die gegenwärtigen Moose, die offenbar in der Entwickelung der vegetabilischen Organismen eine jüngere Geschichte haben, als die Farnkräuter, erst auf dem halben Wege ihrer Entwickelung ange- langt sind. Die eigentliche Aufgabe, die ich mir in diesem Aufsatze ge- stellt habe, muss ich endlich noch mit einigen Worten hier am Schlusse kurz zusammenfassen. Sie liegt in dem versuchten Nach- weise, dass die Generationen der Thallophyten ganz so, ‚wie die der Cormophyten, in allen Kreisen mit einer freien Zelle, der Spore, beginnen, dass sie aber bei Thallophyten überall freie selbständige Pflanzen darstellen, während sie bei Cormophyten in organischem Zusammenhange bleiben und daher in ihrer unge- vom 21. December 1876. 911 trennten Aufeinanderfolge nur noch wie zwei selbständige Ab- ‚schnitte einer Entwickelungsreihe erscheinen. Hieraus folgt dann, dass die Früchte der Thallophyten nirgends einen Generations- werth besitzen und dass sie auch dort, wo ihre Entwickelung unter sexuellem Einfluss steht, wie bei den Kapselfrüchten der Florideen und wahrscheinlich bei den Perithecien und Apo- thecien der Ascomyceten sich durchaus nicht anders verhalten, wie die Calyptra der Moose und das Gewebepolster des Embryo der Gefässeryptogamen, sondern ebenso, wie diese, nur sexuell be- einflusste Organe der weiblichen Pflanze sind. Ich glaube daher Trichopor und Ascogon wie Archegonien betrachten zu dürfen, die einer directen Befruchtung unterliegen, in welchen aber die Be- fruchtung zugleich materiell im Gewebe von Zelle zu Zelle bis auf die Sporen fortgeleitet wird, gerade wie umgekehrt in den Arche- gonien der Moose und Farn der Einfluss der Befruchtung von der Gonosphäre aus auf das Gewebe des Archegoniums übertragen wird. Die Kapselsporen und Ascosporen sind mir daher nicht die geschlechtslos erzeugten Sporen einer sexuell erzeugten Generation, sondern selbst sexuell erzeugte Sporen, die in einem sexuell beeinflussten Organe der Mutterpflanze entstehen. Der Generations- wechsel der Pflanzen endlich zerfällt meiner Anschauung nach in zwei Reihen von Erscheinungen, die wohl zu trennen sind; in den sexuellen Generationswechsel, welcher eine durch das Ein- greifen und die Entstehung der Sexualität bedingte Beziehung zwi- schen genetisch correlativen Fructificationsformen ausdrückt und daher ganz in das Gebiet der Fructification fällt, und zweitens in den Sprosswechsel oder vegetativen Generationswechsel, der wiederum ganz der vegetativen Propagation angehört. In so weit aber Propagation und Fructification getrennte Erscheinungen der Vegetation sind, sind es auch diese beiden Formen des Generations- wechsels. — 912 Gesammtsitzung Hr. W. Peters machte eine Mittheilung über eine kleine Sammlung von Säugethieren, welche der Reisende Hr. J. M. Hildebrandt aus Mombaca in Ostafrica eingesandt hat. Eine kleine Sammlung des Hrn. Hildebrandt von Säuge- thieren und Hörnern aus Mombaca hat, obgleich sie nur zehn Ar- ten begreift, ein besonderes Interesse, weil sie einerseits den Ver- breitungsbezirk bereits bekannter Arten ausdehnt, andererseits ein paar neue Arten enthält, welche bisher weder südlicher noch nörd- licher gefunden wurden und welche auf eine eigenthümliche Fauna dieser, von den höchsten Gebirgen sich herabsenkenden Gegend zu deuten scheinen. SE 1. Galago lasiotis n. sp. (Fig. 1.) G. auriculis pilosis, capite dimidio brevioribus; supra rufocanus, subtus canus, pilis basi schistaceis; cauda villosa alba. Die Ohren sind halb so lang wie der Kopf, um den vierten Theil länger als breit, auf beiden Seiten mit bis zu 8 Millimeter langen weissen Haaren bekleidet, was bei keiner der bisher be- kannten Arten gefunden wird, welche sämmtlich kahle Ohren haben. Die Zehen und Finger sind im Verhältniss zur Grösse des Thieres ziemlich kurz, was nicht allein dem Jugendzustande des vorlie- genden Exemplars zugeschrieben werden kann. Die oberen Schneidezähne sind hoch und dünn, stehen an jeder Seite hinter einander nahe dem Eckzahn. Der vorderste obere Prämolarzahn ist nur wenig kleiner als der folgende und hat dieselbe Gestalt wie dieser. Pe vom 21. December 1876. 913 Oben roströthlichgrau, unten grau, die einzelnen Haare am Grunde grau. Der Schwanz ist, wie bei @. senegalensis, mit lan- gen Haaren bekleidet, welche einfarbig weiss sind. Meter Länge bis zur Schwanzbasis 0,015 Ohrbreite . ..........0,018 Schwanz ohne Haar . . 0155 Vorderextremität. . . . 0,080 Schwanz mit Haar . . . wo Hand mit 4. Finger . . 0,030 Roptlaneenw rn 02, .30.0,046,%, (4. Binger , 2. on 1 10,019 Schnauzenspitze bis Auge 0,125 Hinterextremität . . . . 0,18 Schnauzenspitze bis Ohr . 0,025 Fuls mit 4. Zehe . . . 0055 Ohrhohese.2..0072.02.22.240,095. 2: Au Zehe va. nen 05020 Ein junges Männchen, bei dem die wahren Backzähne noch nicht die Schleimhaut durchbrochen haben. 2. Epomophorus erypturus Ptrs. — Diese Art war noch nicht so weit nördlich gefunden und wird im nördlichen Abyssinien durch E. labiatus Temm. vertreten. 3. Megaderma cor Ptrs. — Bisher nur nach einem Exemplar bekannt, dessen Vaterland allgemein als Abyssinien angegeben war. 4. Triaenops afer n. sp. (Fig. 2.) Tr. persico simillimo; sella apice dupliei, margine auris anteriore rectangulariter ewciso. Auch von dieser höchst merkwürdigen Gattung, welche erst vor wenigen Jahren in Schiraz, in einer Höhe von 4750 engl. Fuss entdeckt und von Hrn. Dobson beschrieben wurde, wurde eine neue Art entdeckt. Dieselbe ist dem Tr. persicus Dobson aus- serordentlich ähnlich, etwas robuster und dunkler gefärbt, sonst aber so sehr mit ihr übereinstimmend, dass nur in der Form des Sattels und des Ohrs sich bemerkenswerthe Unterschiede zeigen. Bei Tr. persicus ist der Sattel an seinem zusammengedrückten Ende einfach zugespitzt, während bei der vorstehenden Art sich noch eine zweite niedriger stehende Nebenspitze vor der Endspitze ent- wickelt hat. Ferner ist der vordere Ohrrand bei Tr. persicus flacher stumpfwinkelig, bei der vorstehenden Art dagegen tiefer rechtwinkelig über der Mitte ausgeschnitten. Das einzige wohlerhaltene Exemplar ist ein Männchen. [1876] 65 914 Gesammtsitzung 5. Scotophilus borbonicus Geoffroy. — Ein Exemplar dieser über das ganze tropische Africa, östlich bis zu den Mascarenen verbreiteten Art. 6. Antilope (Tragelaphus) sylvatica Sparrmann. — Schädel und Fell. 7. Antilope (Eleotragus) bohor Rüppell. — Ein Paar Hörner. 5. Antilope (Hippotragus) nigra Harris. — Ein einzelnes Horn. 9. Bos aequinoctialis Blyth. — Ein Paar grosse, auffallend abgeplattete Hörner dieser Art oder Varietät. 10. Rhinoceros bicornis Linne. — Ein einzelnes Horn, welches offenbar der vorstehenden Art angehört. Berichtigung zu S. 533 und 8. 710. S.533. Da der Gattungsname Aspidiotus bereits im Jahre 1831 an eine Hemipterengattung vergeben ist, schlage ich nn den- selben in Aspidites umzuändern. S. 710. Es war mir entfallen, dass Hr. Bavay in Guade- loupe nach Hrn. Bello im Jahr 1872 (ef. Ann. des Scienc. natur. 9. Ser. 1575. XVIl. Art. No.16) ebenfalls die Entwickelung von Hy- lodes martinicensis beobachtet hatte. Nach seiner Angabe findet sich zu jeder Seite des Herzens eine aus einem einfachen Gefässbogen bestehende Kieme, welche am siebenten Tage nicht mehr erkenn- bar ist. Am neunten Tage findet sich keine Spur mehr von dem Schwanze und am zehnten Tage verlässt das Thierchen die Eihülle. Auch beobachtete er das gleichzeitige Hervorspros- sen der vier Extremitäten in Gestalt kleiner Stümpfe und weist auf die Function des Schwanzes als Athemorgan hin. Die Beobachtungen von Hrn. Dr. Gundlach weichen also in einigen Beziehungen von denen des Hrn. Bavay ab. Sehr wün- schenswerth wäre es auch, festzustellen, ob der Gefässbogen zu jeder Seite des Herzens wirklich als eine Kieme oder nur als der bleibende Aortenbogen zu betrachten ist. W. Peters. We) ja (sb) vom 21. December 1876. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Commentari dell’ Ateneo di Brescia per l’anno 1876. Brescia 1876. 8. Monthly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. XXXVI. N. 1. Nov. 1876. London. 8. Bulletin de la Societe mathematique de France. T.IV. Juin. N. 6. Paris 118:46.0.8. Annales de la Societe entomologique de Belgique. 'T. 19. Fasc. 2. Bruxelles 1876. 8. Revue de la France et de l’etranger. N. 25. Dec. 1876. Paris. 4. Annali del Museo civico di storia naturale di Genova. Dice. 1870. Aprile 1872. Vol. II. 1876. Vol. VII. Genova 1870. 72. 76. 8. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. 10. Heft. Juli 1876. Yokohama. 4. Das schöne Mädchen von Pao. ib. 4. Bulletin de la Societe geologique de France. 3. Serie. T. IV. Feuilles 24—27. Paris 1876. 8. Il nuovo Cimento. Ser. II. T. XVI. Sett. e Ott. 1876. Pisa. 8. A. Dimitz, Geschichte Krains. Bd.1I. Il. (Th. 1—4.) Laibach 1875/76. 8. Mit Begleitschreiben. Vierteljahrsschrift der astronomischen Gesellschaft. 11. Jahrg. 4. Heft. Leip- zig 1876. 8. Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. Annee 1876. N. 2. Moscou 1876. 8. Nouveaux Memoires de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. T. XIII. Livr. 5. ib. eod. 4. Annales de chimie et de physique. V. Ser. Nov. 1876. T. IV. Paris 1876. 8. The Annals and Magazine of nat. history. Fourth Series. Vol. 18. N. 104 —108. London 1876. 8. Neue Denkschriften der allg. schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. XXVII. Zürich 1876. 4. 65* Berichtigu ne 5 x {5 R Seite 558 Zeile 1 1 von unten muss in der Formel-1 statt ö stehen g. Nachtrag. Das vorgeordnete Ministerium hat die Akademie aufgefordert, über einen Blitzschlag sich gutachtlich zu äussern, welcher das Sandberger Schulhaus zu Elmshorn in der Provinz Schleswig-Hol- stein am 20. April d. J. getroffen hat. Dies in der Gesammt- sitzung der Akademie am 14. December vorgetragene Gutachten wird nach eingeholter Genehmigung seitens des Ministeriums nach- träglich hier abgedruckt. Ew. Excellenz haben unter dem 11. Nov. d. J. der Königl. Akademie der Wis- senschaften Berichte und Gutachten über den Blitzschlag, der am 20. April ec. das mit einem Blitzableiter versehene Schulhaus zu Elmshorn getroffen hat, mit der Aufforderung zugehen lassen, sich ebenfalls gutachtlich über diese Angelegenheit zu äussern. Indem die Akademie unter Zurückgabe der Anlagen dieser Aufforderung nachkommt, glaubt sie hauptsächlich einen Punkt hervorheben zu müssen, der nach den mitgetheilten Gutachten als nebensächlich erscheint, dessen Nichtbeachtung sie aber für den Hauptgrund der Beschädigungen hält, die der in Rede stehende Blitzschlag hervor- gerufen hat, und der bei sehr vielen Blitzableiter-Anlagen nicht genügend berücksichtigt wird. Aus dem Umstande, dass der Blitz an zwei Stellen die Lei- tung zerrissen hat, ist unzweifelhaft zu schliessen, dass diese einen zu kleinen Querschnitt besass; schwerlich aber hat dieser Umstand etwas beigetragen zu den übrigen Zerstörungen des Schlages. Die 918 Nachtrag. Zerreissungen beeinträchtigen die Wirkung der Leitung bei späte- ren Blitzen, nicht aber bei den späteren Phasen des Blitzes, der sie erzeugte, da die Lücken bei ihrer Entstehung mit glühenden Dämpfen sich füllen, die für den Augenblick die Rolle des Metalls zu übernehmen vermögen. Für den Strom, der in das Innere des Gebäudes drang, erscheinen dieselben um so mehr als gleichgültig, da dieser an einer tieferen Stelle erst sich abzweigte, an einer Stelle also, deren Verbindung mit der Erde durch sie nicht beein- flusst wurde. Dass ein Zweigstrom sich bildete, war eine Folge davon, dass diese Verbindung von Anfang an nicht genügte; der Grund hiervon ist aber weniger in dem zu geringen Querschnitt der metallischen Leitung, als darin zu suchen, dass das Ende die- ser Leitung, die Metallplatte im Brunnen, zu kleine Di- mensionen besass. Diese Dimensionen sind freilich in keinem der Berichte angegeben; in einem derselben ist aber von einer „kleinen Erdplatte* die Rede und man darf wohl annehmen, dass ihre Grösse ein Quadratmeter nicht überstieg. Setzt man diese Grösse voraus und legt einen mittleren Werth der Leitungsfähig- keit des Brunnenwassers zu Grunde, so zeigt ein ungefährer Über- schlag, dass der Widerstand, den die Elektrieität zu überwinden hatte, um von der Erdplatte aus so weit in der Erde vorzudringen, dass ihre Spannung verschwunden war, etwa das Zwanzigfache von dem Widerstande der metallnen Leitung betrug. Von der Summe dieser beiden Widerstände hängt hauptsächlich die Wirkung des Blitzableiters ab, in der Art, dass, je kleiner die Summe, um so sicherer der Schutz ist. Es gewährt wenig Nutzen den kleine- ren der beiden so ungleichen Summanden noch mehr zu verringern; dagegen ist es von der grössten Wichtigkeit den grösseren zu schwächen, und das geschieht, wenn die Erdplatte vergrössert wird. Kann man sie, wie in Elmshorn, in einen Brunnen versenken, so sollte man sie mindestens 5 Quadratmeter gross wählen; im feuch- ten Erdreich müssten ihre Dimensionen noch erheblich grösser sein. Mit einer kleineren Platte reicht man aus, wenn man sie in einen Haufen Coaks legt, der in einen Brunnen oder in ein tiefes Loch im feuchten Erdboden geschüttet ist. Die beste Ableitung zur Erde erhält man, wenn stärkere, eiserne Röhren einer Wasser- oder Gas-Leitung in der Nähe des zu schützenden Hauses vorhan- den sind, indem man diese mit dem Blitzableiter verbindet; für diese Leitungen ist dabei nicht die mindeste Gefahr vorhanden. Nachtrag. 919 In der ungenügenden Ableitung der Elektrieität zur Erde sieht die Akademie den Hauptgrund der Beschädigungen, welche der Blitzschlag in dem Schulhause zu Elmshorn hervorgerufen hat. Als ein wesentliches Moment kam aber noch der Umstand hinzu, dass der Elektricität eine unvollkommene Leitung durch den mit der Hauptleitung verbundenen Anker und die Drähte des Decken- putzes zu den eisernen Säulen des Schulzimmers und der Regen- rinne an der gegenüberliegenden Wand geboten war. Diese aus- gedehnten Metallmassen hätten mit der Hauptleitung, und zwar ihrem unteren Ende, verbunden oder direct zur Erde abgeleitet sein sollen; der Anker dagegen war isolirt zu lassen und die Leitung in grösserer Entfernung von ihm zu führen. Neuerdings werden die Leitungen der Blitzableiter gewöhnlich aus Kupfer verfertigt; verschiedene Gründe aber sprechen dafür, statt dieses Metalls Eisen zu benutzen, wie es früher geschah. Eine Eisenleitung muss, wenn sie denselben Widerstand als eine kupferne haben soll, einen 7mal so grossen Querschnitt besitzen. Auch dann aber sind die Kosten bei jener geringer als bei dieser. Dabei schmilzt jene erst bei höherer Temperatur, erwärmt sich weniger, wenn sie von einem Blitze getroffen wird, und ist weni- ger der zufälligen oder böswilligen Beschädigung ausgesetzt. Die- sen Vorzügen des Eisens gegenüber lässt sich die Anwendung des Kupfers in keiner Weise motiviren. Nach den zahlreichen Erfah- rungen zu schliessen, die über Blitzschläge vorliegen, die eiserne Telegraphendrähte getroffen haben, dürfte bei einer eisernen Lei- tung ein Querschnitt von einem, höchstens zwei Quadratcentimetern in allen Fällen genügen. Aus welchem Metall die Spitze der Auffangestange verfertigt wird, ist als ziemlich gleichgültig für die Wirksamkeit des Blitz- ableiters zu betrachten; denn, welches auch ihre Beschaffenheit sein möge, sie wird doch nichts Erhebliches zur Entladung eines so mächtigen Conduktors beitragen können, wie eine grosse Ge- witterwolke ihn bilde. Auch die Spitze in Elmshorn hat ihren Zweck vollständig erfüllt, da sie den ganzen Blitzschlag aufgenom- men hat. Dieselbe aus Platin herzustellen, kann nicht empfohlen werden. Namen - Register. (Die mit einem " bezeichneten Vorträge sind im Monatsbericht nicht aufgeführt.) Bernays, Herennius’ Metaphysik und Longinos, 55 — 63. — — — — , Philon’s Hypothetika und die Verwünschungen des Buzyges in Athen, 9889 — 609. E > Bernstein, Über. die Ermittelung des Knotenpunktes im Auge des lebenden . Menschen, 509 — 515. Beyrich, "Über das Oligocen im vicentinischen Tertiärgebirge, 469. ——— —, "Über Pterichtys Höninghausii, 703. Boll, Zur Anatomie und Physiologie der Retina, 783 — 787. Borchardt, Über das arithmetisch-geometrische Mittel aus vier Elementen, 611 — 621. Braun, “Über einige von Dr. Schweinfurth, Prof. Buchholtz, Dr. Ascherson und J. M. Hildebrandt gesammelten afrikanischen Pflanzen, 424. —— — , Brief des Reisenden Hildebrandt aus Zanzibar, 725. —— — , Beschreibung eimiger von J. M. Hildebrandt in Ostafrika entdeckter Pflanzen, 855 — 867. Broch in Christiania, zum correspondirenden Mitglied der physik.-mathem. Klasse gewählt, 3. Februar 1876. Brögger & vom Rath, Über grosse Enstatit- Krystalle von Kjörrestad, 949 — 564. Bruns, *Über die Unterschriften in den römischen Reehtsurkunden, 199. Buff, Verhalten dunkler Wärmestrahlen gegen Wasserstoff und Luft, 89. Buschmann, *Fortsetzung der Abhandlung über die Wortverändrung in der vornehmen Sprache von Java, 450. Chasles, Michel, in Paris, zum auswärtigen Mitgliede gewählt, bestätigt durch Allerhöchsten Erlass vom 15. März 1876, 3 922 Namen-Register. Clausius in Bonn, zum Correspondenten der physikalisch-mathemat. Klasse gewählt, am 30. März 1876. Curtius, Die Probleme der athenischen Stadtgeschichte, 39 — 55. ————, *Über die neuerdings in Olympia gemachten Inschriftenfunde, 86. ————, *Vorlegung von Photographien aus Olympia, 328. ————, *Mittheilungen über die architektonischen und epigraphischen Funde in Olympia, 330. Curtius, Carl, Griechische Epigramme aus Kleinasien und dem Archipela- gus, 341 — 354. Dove, Nachtrag zu S.56 der Abhandlungen der Akademie 1876, 647—680. ——— , *Über die Temperaturvertheilung im J. 1875, dargestellt durch fünftägige Mittel, 89. — ——, Doctor-Jubiläum, Zuschrift der Akademie, 190 — 194. —— —, *Über Witterungsverhältnisse von 1875 bis Ende April 1876, 300. du Bois-Reymond, *Über muthmaassliche Einerleiheit von Parelektronomie und terminaler Nachwirkung, 1. _—— m , “Über die angebliche Abnahme der Reizwelle im Mus- ———— ‚ Bericht über die Humboldtstiftung, 38. _—— ‚ Rede zur Leibnizfeier, 385. Duncker, *Über Friedrich Wilhelm II und Graf Hertzberg, 83. —— — — , Über die Zeit der Abfassung der Avesta, 517— 527. Ewald, *Über die Struktur geschichteter Gesteine, 528. Fritsch, Über den feineren Bau des Fischgehirnes, 26 — 29. Frölich, Über Himmelswärme, Temperatur des Weltraums und mittlere Temperatur der Atmosphäre, 825 — 830. Garcin de Tassy, Joseph Heliodor, in Paris, zum correspondirenden Mit- gliede der philos.-hist. Klasse am 29. Juni 1576 gewählt. Goldstein, Vorläufige Mittheilungen über elektrische Entladungen in ver- dünnten Gasen, 279 — 295. Hagen, “Über die gleichförmige Bewegung des Wassers in kleineren Canä- len und Gräben, wie in Flüssen und Strömen, 195. —— — , Über die gleichförmige Bewegung des Wassers, 243. Harms, Über die Lehre von Friedrich Heinrich Jacobi, 30. — — — , *Über den Begriff der Wahrheit, 450. Hegel, Fr. Wilhelm Carl, in Erlangen, zum correspondirenden Mitgliede der phil.-hist. Klasse am 6. April 1876 gewählt. Helmholtz, Bericht, betr. Versuche über die elektro-magnetische Wirkung elektrischer Convection, ausgeführt von H. A. Rowland, 211 — 216, _———— ‚ Bericht über Versuche des Hrn. Dr. E. Root aus Boston, die Durchdringung des Platina mit elektrolytischen Gasen betreffend, 217 — 220. Namen-Register. 923 Hercher, *Über die kritische Beschaffenheit des herodianischen Textes, 86. — — — — , *Über die Geographie der homerischen Flüsse, 243. ———— , "Kritische Bemerkungen über Herodianos, 588. Hofmann, Über die Länge der Funken einer Batterie von 600— 1200— 1800 und 2400 Chlorsilberstab-Elementen, 90—94. Holtz, Über die elektrische Entladung in festen Isolatoren, 486—501. ———, Über die Hülfsconductoren der einfachen und zusammengesetzten In- fluenzmaschinen, 501 — 509. Kiepert, *Über die geographische Bedeutung des Namens Athura (Syrien) in den Achämeniden-Inschriften, 467. Kirchhoff, A., "Über den angeblichen Zug des Themistocles, 1. —_————— ‚ Zur Geschichte des Athenischen Staatsschatzes im fünften Jahrh. v. Chr., 855. Kirchhoff, G., *Über die Reflexion und Brechung des Lichts an der Gränze krystallinischer Mittel, 355. Koechly, Hermann, in Heidelberg, Correspondent der phys.-math. Klasse der Akademie, gestorben 3. Dec. 1876 in Triest. Kronecker, Mittheilung, 242. =o— on ‚„ Mittheilung, 331 — 341. _—— ‚ "Zur Theorie der elliptischen Funktionen, 452. Kuhn, *Fortsetzung der Abhandlung über die aus Kj entstandenen Lautent- wickelungen, 320. Kummer, *Über neue Versuche zur. Bestimmung des Angriffspunkts der Re- sultante des Luftwiderstandes gegen rechteckige schiefe Ebenen, 549. —— — — , "Über die Bewegung der Axe rotirender Geschosse, 825. Lassen, Christian, in Bonn, auswärtiges Mitglied der Akademie, gestorben am 8. Mai 1876. Lepsius, *Bemerkungen über das neuste Werk des Herrn Eduard Naville in Genf, 1. — ———, *Über die beiden Meroe und die Aegyptischen Längenmaasse des Herodot und Erostoxenes. 1. Th. 328. Liouville, Joseph, in Paris, zum auswärtigen Mitgliede gewählt, bestätigt durch Allerhöchsten Erlass vom 15. März 1876. v. Martens, die von Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrica gesammelten Land- und Süsswasser-Mollusken, 253 — 274. Mommsen, Bericht über den Fortgang des C. I. Latinarum, 83. 84. en ‚ "Über das cäsarische Militairsystem, 714. Müllenhoff, *Über die Geographie von Kudrun, 224. Olshausen, "Weitere Bemerkungen über den Zusammenhang des persischen Wortes mäh mit den alten Namen Mediens, 175. Th ‚ Parthava und Pahlav, Mäda und Mäh, 727—777. _— ‚„ Mazdorän und Mäzanderän, 777—783,. 924 Namen- Register. Palacky, Franz, in Prag, correspondirendes Mitglied der phil.-hist. Klasse der Akademie, gestorben am 26. Mai 1876. Papadopulos, Beiträge zur inschriftlichen Topographie von Kleinasien, 227 — 232. Pertz, “Über eine Ausgabe des Lebens der Churfürstin Sophie in Han- nover, 321. Peters, Über die von Hrn. Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrika gesammel- ten Amphibien, 117 — 123. ——— , Über ein neues Argali-Schaf, Ovis jubata, aus dem östlichen Theile der Mongolei, im Norden von Peking, 177— 188. i — — — , Über eine merkwürdige von Hrn. Prof. Dr. Buchholz entdeckte neue Gattung von Süssmasserfischen, Pantodon Buchholzi, 195 — 200. — — — , Über die von Dr. R. Buchholz in West-Africa gesammelten Fische, 244 — 252. ——— , Mittheilung über neue Arten der Sauriergattung Gerrhonotus, 297 — 500. ——— , Über die Pelzrobbe von den Inseln St. Paul und Amsterdam und über die von S. M. S. Gazelle mitgebrachten Flederthiere, 315 — 319. —— — , Über Epigonichthys cultellus, eine neue Gattung und Art der Lepto- cardü, 322 — 327. — — — , "Beiträge zur Kenntniss der Seebären oder Pelzrobben, 327. ——— , Über die von $S. M. S. Gazelle gesammelten Säugethiere aus den Abtheilungen der Nager, Hufthiere, Sirenen, Cetaceen und Beutelthiere, 3099 — 866. —— — , Über Stenoderma Geoffroy und eine damit verwandte neue Fle- derthier-Gattung, Peltorhinus, 4239 — 434. — — — , Übersicht der von Hrn. Prof. Dr. K. Möbius in Mauritius und bei den Seychellen gesammelten Fische, 435 — 447. — —— , Über eine von Hrn. Viceeonsul L. Krug und Dr. J. Gundlach auf der Insel Puertorico gemachte Sammlung von Säugethieren und Amphi- bien, sowie über die Entwickelung eines Batrachiers, HAylodes martini- censis Dum. Bibr. ohne Metamorphose, 703 — 714. —— — , Über die von dem verst. Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrika ge- sammelten Säugethiere, 469 — 485. — —— , Über die von $. M. S. Gazelle mitgebrachten Amphibien, 528 — 535. — — — , Übersicht der während der von 1874 bis 1876 unter dem Com- mando des Hrn. Capitain z. S. Freiherrn von Schleinitz ausgeführten Reise S. M. S. Gazelle gesammelten und von der K. Admiralität der K. Akademie der Wissenschaften übersandten Fische, 831 — 854. — — — , Mittheilung über eine kleine Sammlung von Säugethieren, welche der Reisende Hr. J. M. Hildebrandt aus Mombaca in Ost-Africa einge- sandt hat, 912 — 914. ep) Namen-Register. 925 Pringsheim, Über vegetative Sprossung der Moosfrüchte, 425 — 429. = ‚ Über den Generationswechsel der Thallophyten und seinen Anschluss an den Generationswechsel der Moose, 869 — 911. Rammelsberg, Über die Zusammensetzung des Leukophans und des Me- linophans, 22 — 26. —— — . .—.—, Über die Zusammensetzung der phosphorigsauren Salze, —— ——— ‚ Über die Zusammensetzung des Nephelins, 695 — 703. vom Rath, die Zwillingsverwachsung der triklinen Feldspathe nach dem sog. Periklin-Gesetze, 147 — 174. Reichert, *Zur vergleichenden Anatomie des Schädels der Säugethiere mit Beziehung auf normale und anormale Hörnerbildung, 799. Reinke, Über das Wachsthum und die Fortpflanzung von Zanardinia collaris Crouan, 565 — 578. Riefs, Über die neutralen Kämme der Holtz’schen Maschine, 234 — 241. ———, Über die Erregung von Elektrieität durch gleitende Reibung, 301 — 815. Sadebeck, Über die Krystallisation des Diamanten, 578—587. Schering, Verallgemeinerung des Gaufsischen Criterium für den quadrati- schen Rest-Character einer Zahl in Bezug auf eine andere, 330 — 331. Schott, *Über gewisse Thiernamen mit besonderer Rücksicht auf das soge- nannte tatarische Sprachengebiet, 279. Schrader, *Über das lautliche Schwanken im Assyrischen, 227. Sickel, Theodor, in Wien, zum correspondirenden Mitgliede der phil.-hist. Klasse gewählt am 6. April 1876. Siemens, Über die Abhängigkeit der electrischen Leistungsfähigkeit des Selens von Wärme und Licht, 95 — 110. Studer, Über Echinodermen aus dem antarktischen Meere und zwei neue Seeigel von den Pagua-Inseln, 452 — 465. Torstrik, Adolf, in Bremen, zum correspondirenden Mitgliede der philos.- hist. Klasse gewählt am 10. Februar 1876. Vahlen, “Über Anagnorisis in Aristoteles Poetik, 177. ——— —, Über die Verse des Porcius in Suetonius’ Vita Terentii, 789 — 799. Virchow, "Über die Grundlagen einer Ethnographie Deutschlands mit be- sonderer Berücksichtigung von Friesland, 117. ———— , Über die Bildung von Knochencysten, 369 — 381. ———— , Weitere Mittheilungen über friesische und niederländische Schädel, 622 — 645. —— — — , Über einen neuen Bronzewagen von Burg an der Spree, 715—725. Waitz, "Über die handschriftlichen Überlieferungen und die Sprache der - historia Longobardorum des Paulus, 224. 926 Namen- Register. Weber, Über ein synonymisches Sanskrit-Glossar aus dem Nachlass des De- metrios Galanos, 802 — 823. Websky, Über Isomorphie und chemische Constitution von Liövrit, Humit und Chondrodit, 201—210. ————, Über die Relation der Winkel zwischen vier Krystallflächen in einer Zone und die der Winkel zwischen vier Kanten in einer Fläche, 421. ——— —, *Mittheilung über eingewachsene Diamanten, 622. Weierstrafs, *Zur Theorie der eindeutigen analytischen Funktionen einer Veränderlichen, 537. _—— ‚ Beweis eines Hauptsatzes der Theorie der periodischen Funk- tionen von mehreren Veränderlichen, 680 — 693. Wernicke, Über die Bestimmung der Constanten für die Absorption des Lichtes im metallischen Silber, 128 — 147. Zangemeister, Über eine an das hiesige Museum gelangte zweite Sen- dung von Schleuderbleien, 64—82. Zeller, *Über teleologische und mechanische Naturerklärung in ihrer An- wendung auf das Weltganze, 3. — —— , *Über den Streit Theophrast's gegen Zeno in Betreff der Ewigkeit der Welt, 329. Zincken gen. Sommer, Über die genaue Darstellung der Berechnung eines Strahls durch ein Linsensystem, 1235— 128. Sach - Register. Abhängigkeit der electrischen Leistungsfähigkeit des Selens von Wärme und Licht, 95 — 116. Abnahme, angebliche, der Reizwelle im Muskel, 297. Acanthurus plagiatus n. sp., 439. Amphibien, von S.M. S. Gazelle mitgebrachten, 528 — 535. ————— ‚ von Hrn. Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrica gesammelten, 117— 123. Amphibolurus imbricatus n. sp., 529. 530. Anagnorisis in Aristoteles Poetik, 177. Anatomie und Physiologie der Retina, 783 — 787. _————— ‚ vergleichende, des Schädels der Säugethiere mit Beziehung auf normale und anormale Hörnerbildung, 799. Angriffspunkt der Resultante des Luftwiderstandes gegen rechteckige ; schiefe Ebenen, Bestimmung desselben, 549. Anolis Gundlachi n. sp., 705. — —— Krugi n. sp., 707. Apogon semiornatus n. sp., 436. Argali-Schaf, ein neues, Ovis jubata, aus dem östlichen Theile der Mon- golei, im Norden von Peking, 177— 188. Aristoteles, Akademische Ausgabe der Schriften desselben, Sammlung und Herausgabe der sämmtlichen griechischen Scholien und Commentare des- selben, 223. Aspidites, 914. Athura (Syrien), geographische Bedeutung des Namens in den Achämeniden- Inschriften, 467. Avesta, Zeit der Abfassung, 517— 527. 928 Sach-Register. Begriff der Wahrheit, 450. Beiträge zur Kenntniss der Seebären oder Pelzrobben, 327. —— —— zur inschriftlichen Topographie von Kleinasien, 227— 232. Bemerkungen über den Zusammenhang des persischen Wortes mäh mit den alten Namen Mediens, 175. —————— über das neuste Werk des Hrn. Edouard Naville in Genf, 1. —————— ‚ kritische, über Herodianos, 588. Bericht, betr. Versuche über die elektromagnetische Wirkung elektrischer Convection, ausgeführt von H. A. Rowland, 211 — 216. ———— der Central-Direction der Monumenta Germaniae historica, 422 — 424. Beschaffenheit, kritische, des Herodianischen Textes, 86. Beschreibung einiger von Hrn. J. M. Hildebrandt in Ostafrika entdeckter Pflanzen, 855 — 867. Bewegung der Axe rotirender Geschosse, 825. ——— ‚ gleichförmige, des Wassers in kleineren Canälen und Gräben, wie in Flüssen und Strömen, 195. m ‚ gleichförmige, Bewegung des Wassers, 243. Beweis eines Hauptsatzes der Theorie der periodischen Functionen von mehreren Veränderlichen, 680 — 683. Bildung von Knochencysten, 369 — 381. Blitzschlag zu Elmshorn, 918. Bopp-Stiftung, 421. 422. Botanik, 424. 425 — 429. 725. 855 — 867. 869 — 911. Brief des Reisenden Hildebrandt aus Zanzibar, 725. Bronzewagen, neuer, von Burg an der Spree, 715 — 725. Callionymus picturatus n. sp., 840. Cephalophus callipygus n. sp., 483. Chatoessus breviceps n. sp., 848. 849. Chemie, 22—26. 89. 537— 544. Coloscincus nov. gen., 532. er truncatus n. sp., 992. Constanten für die Absorption des Lichtes im metallischen Silber, Be- stimmung derselben, 128 — 147. Corpus insceriptionum Atticarum, 222. —_——— Latinarum, 83. 84. 222. Crocidura dolichura n. sp., 475. Darstellung, genaue, der Brechung eines Strahls durch ein Linsensystem, 123 — 128. Delphinus (Steno) perspieillatus n. sp., 360. Diamant, Krystallisation des, 578 — 537. Distichodus abbreviatus n. sp., 845. Sach-Register. 929 Doctorjubiläum des Hrn. Dove, Zuschrift der Akademie an denselben, 190 — 194. Druckfehler-Berichtigung, 176. 226. 383. 916. Echinodermen aus dem antarktischen Meere und zwei neue Seeigel von den Papua-Inseln, 452 — 455. Einerleiheit, mnthmaassliche, von Paraloletronomie und terminaler Nach- wirkung, 1. Elmshorn, Blitzschlag zu, 917. Enstatit-Krystalle, grosse, von Kjörrestad, 549. Entladung, elektrische, in festen Isolatoren, 486 — 501. Epigonichthys cultellus, neue Gattung und Art der Leptocardii, 322—327. Epigramme, griechische, aus Kleinasien und dem Archipelagus, 341 — 954. Ermittelung des Knotenpunktes im Auge des lebenden Menschen, 509 — 515. ; Erregung von Elektrieität durch gleitende Reibung, 301 — 315. Ethnographie Deutschlands, Grundlagen einer, 117. Festreden, 31— 38. 222 — 224. 385 — 424. Fische, die von Dr. R. Buchholz in Westafrica gesammelten, 244 — 252. ——— , die von Prof. Möbius in Mauritius und bei den Seychellen gesam- melten, 435 — 447. —— — , die während der von 1874 bis 1376 ausgeführten Reise S. M. S. Gazelle gesammelten, 831 — 354. Fischgehirn, über den feineren Bau desselben, 26 — 29. Funken einer Batterie, Länge derselben, 90 — 94. Funktionen, zur Theorie der elliptischen, 452. _—————— ‚ zur Theorie der eindeutigen analyiischen einer Veränderli- chen, 537. Friedrich der Grosse, Herausgabe der politischen Schriftstücke desselben, 223. 224. Friedrich Wilhelm II. und Graf Hertzberg, 33. Galago lasiotis n. sp., 912. Geographie der homerischen Flüsse, 243. ee von Kudrun, 224. Generationswechsel der Thallophyten und sein Anschluss an den Ge- nerationswechsel der Moose, 869 — 911. Geologie, 469. 528. Geschichte des Athenischen Staatsschatzes im fünften Jahrh. v. Chr. 855. Gobius papuanus n. sp., 839. | Grundlagen einer Ethnographie Deutschlands mit besonderer Berücksichti- gung von Friesland, 117. [1876] 66 nr, 950 Sach- Register. Hapalotis macrura nov. sp., 355. Herennius’ Metaphysik und Longinos, 55—63. Himmelswärme, Temperatur des, Weltraums und mittlere Temperatur der Atmosphäre, 825 — 830. Hippocampus planifrons n. sp., 851. Holtz’sche Maschine, neutrale Kämme derselben, 234 — 241. Hülfsconduktoren der einfachen und zusammengesetzten Influenzmaschinen, 501 — 509. Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen, Bericht über die- selbe, 38. Hylodes martinicensis Tschudi (Entwickelung), 709. 914. Hyperolius fimbriolatus B.&P., 121. _————— fusciventris n. sp., 122. _————— olivaceus B. & P., 120. _————— vittiger n. sp., 122. Idiacanthus fasciola n. sp., 847. 848. Inschriftenfunde, Neuerdings in Olympia gemachte, 86. Institut, Kaiserl. Archäologisches, in Rom und Athen, Bericht über das- selbe, 222. 223. Isomorphie und chemische Constitution von Liövrit, Humit und Chondrodit 201 — 210. Jacobi, Friedrich Heinrich, über die Lehre von, 90. Kämme der Holtz’schen Maschine, über die neutralen, 234 — 241. Krystallisation des Diamanten, 578 — 587. Länge der Funken einer Batterie von 600—1200—1800 und 2400 Chlor- silberstab-Elementen, 90 — 94. Land- und Süsswasser-Mollusken, die von Prof. Dr. R. Buchholz in West- africa gesammelten, 253 — 274. Lautentwickelungen, Fortsetzung der Abhandlung über die aus kj ent- standenen, 320. Leben der Churfürstin Sophie in Hannover, über eine Ausgabe desselben, 321. Mathematik, 330— 331. 331— 341. 452. 537. 549. Mazdorän und .Mäzanderän, 777—1783. Meroe, über die beiden, und die Aegyptischen Längenmaasse des Herodot und Erastoxenes, 328. Meteorologie, 89. 300. Militairsystem, über das cäsarische, 714. Mineralogie, 4— 21. 147 —174. 201— 210. 549 — 564. 578 — 587. Mittel, arithmetisch-geometrisches, aus vier Elementen, 611—621. Mittheilung über neue Arten der Sauriergattung Gerrhonotus, 297— 300. Mittheilung (Kronecker), 242. Me über eingewachsene Diamanten, 622. Sach-Register. 931 Mittheilung über eine kleine Sammlung von Säugethieren, welche der Rei- sende Hr. J. M. Hildebrandt aus Mombaca in Östafrica eingesandt hat, 912 91A. — — — — —— vorläufige, über elektrische Entladungen in verdünnten Gasen, — — — — — — über die architecetonischen und epigraphischen Funde in Olym- —— He weitere, über friesische und niederländische Schädel, 622 — 645. Monumenta Germaniae historica (Bericht der Centraldirection), 422 — 424. Mormyrus grandisquamis n. sp., 250. Moosfrüchte, Sprossung der, 425 — 429. Muraena longicauda n. sp., 850. Mus rutilans n. sp., 478. — — setulosus n. sp., 480. — — univittatus n. sp., 479. Nachtrag zu S. 56 der Abhandlungen der Akademie 1876, 647 — 680. Naja annulata B. & P., 119. Nannomys.n.g., 480. Naturerklärung, teleologische und mechanische, in ihrer Anwendung. auf das Weltganze, 3. Notothenia antarctica n. sp., 8937. _—— squamiceps n. sp., 837. Novacula (Xirichthys Blkr.) carneoflava n. sp., 843. Oligocen im vicentinischen Tertiärgebirge, 469. Olympia, Inschriftenfunde, 86. ———— , Photographien aus, 8328. — — — — , architeetonische und epigraphische Funde, 330. Ophichthys (Sphagebranchus) anguiformis n. sp., 849. 850. Opsaridium Buchholzi n. sp., 251. Otolienus cameronensis n. v., 472. —_—— ——— pusillus n. sp., 475° Ovis jubata n. sp., 177. Pantodon nov. gen., 195. —_—— Buchholzi n. sp., 196. Parthava und Pahlav, Mäda und Mäh, 727 — 777. Pelzrobbe von den Inseln St. Paul und Amsterdam und über die von S. M. S. Gazelle mitgebrachten Flederthiere, 315 — 319. Personalstand der akademischen Veränderungen, 38. Pflanzen, africanische, gesammelt von Dr. Schweinfurth, Prof. Buchholz, Dr. Ascherson und J. M. Hildebrandt, 424. 66* 932 Sach-Register. Philon’s Hypothetika und die Verwünschungen des Buzyges in Athen, 589 — 609. Photographien aus Olympia, 328. Physik, 90—94. 95 — 116. 123— 128. 128 — 147. 195. 211— 216. 217 — 220. 234 — 241. 243. 279 — 300. 301— 315. 355. 486 — 501. Porecius, Verse des, 789 — 799. Probleme der athenischen Stadtgeschichte, 39 — 55. Pseudoscarus maculiceps n. sp. 443. Pteropus capistratus n. sp., 316. ———— degener n. sp., 318. ———— neohibernicus n. var., 317. Pterichtys Höninghausii, 709. Reflexion und Brechung des Lichts an der Gränze krystallinischer Mittel, 359. Relation der Winkel zwischen Krystallllächen in einer Zone und die der Winkel zwischen vier Kanten in einer Fläche, 4— 21. Retina, Anatomie der, 783 — 787. Säugethiere, von S. M. S. Gazelle gesammelt, 355 — 366. _— ‚ von dem verst. Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrika gesam- melt, 469 — 485. ee ‚„ von Hrn. Viceconsul L. Krug und Dr. J. Gundlach auf der Insel Puertorico gesammelt, 703 — 714. _———— ‚ von J. M. Hildebrandt aus Mombaca eingesandt, 912 — 914. Sanskrit-Glossar, synonymisches, aus dem Nachlass des Demetrios Galanos, 802 — 823. Schleuderbleie, zweite Sendung an das hiesige Museum, 64 — 82. Schwanken, lautliches, im Assyrischen, 227. Scolopsis affinis n. sp., 832. Seebären, Beiträge zur Kenntniss derselben, 327. Selen, Abhängigkeit der elektrischen Leistungsfähigkeit, 95 — 116. Serranus cruentatus n. sp., 244. ———— multinotatus n. sp., 4935. Sitzung, öffentliche, 31 — 38. 222 — 224. 385 — 424. Solea (Achirus) melanosticta n. sp., 845. ——— tubifera n. sp., 444. Sophie, Churfürstin in Hannover, Leben, 321. Sparus (Chrysophrys) heterodus n. sp., 839. Sphyraena megalolepis n. sp., 842. Sprossung, vcgetative, des Moosfrüchte, 425 — 429. Staatsschatz, Geschichte des Athenischen, 855. Stadtgeschichte, Athenische, 39 — 59. Sach-Register. 935 Stenoderma Geoffroy und eine damit verwandte neue Flederthiergattung, Peltorhinus, 429 — 434. Stigmatonotus.n. gen., 838. —_—— — ——— australis n. sp., 898. Streit Theophrast's gegen Zeno in Betreff der Ewigkeit der Welt, 329. Struktur geschichteter Gesteine, 528. Süsswasserfische, merkwürdige von Hrn. Prof. Dr. Buchholz entdeckte neue Gattung, Pantodon Buchholzi, 195 — 200. 'Synaptura dicholepis n. sp., 844. 845. ——_ puntatissima n. sp., 249. Temperaturvertheilung im Jahre 1875, dargestellt durch fünftägige Mittel, 89. Teuthis Studeri n. sp., 834. Themistocles, angeblicher Zug des, nach Rhoda, 1. Theophrast's Streit gegen Zeno in Betreff der Ewigkeit der Welt, 329. Theorie der eindeutigen analytischen Funktionen einer Veränderlichen, 537. — — — — der elliptischen Funktionen, 452. Thiernamen, gewisse, mit besonderer Rücksicht auf das sogenannte tatari- sche Sprachengebiet, 279. Triaenops afer n. sp., 912. Tripterygium elegans n. sp., 441. Übersicht der von Hrm. Prof. Dr. K. Möbius in Mauritius und bei den Seychellen gesammelten Fische, 435 — 447. Überlieferungen, handschriftliche, und die Sprache der historia Longo- bardorum des Paulus, 224. Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden, 190. Verallgemeinerung des Gaufsischen Criterium für den quadratischen Rest-Character einer Zahl in Bezug auf eine andere, 330 — 331. — ——, Mittheilung, betr. die vorhergehende Notiz, 331—341. Verhalten dunkler Wärmestrahlen gegen Wasserstoff und Luft, 89. Verse des Porcius in Suetonius’ Vita Terentii, 789—799. Versuche zur Bestimmung des Angriffspunkts der Resultante des Luftwider- standes gegen rechteckige schiefe Ebenen, 549. — — — — über die elektromagnetische Wirkung elektrischer Convection, aus- geführt von H. A. Rowland, 211— 216. — — — — des Hrn. Dr. Root aus Boston, die Durchdringung des Platina mit elektrolytischen Gasen betr., 217— 220. Wachsthum und Fortpflanzung von Zanardinia collaris Crouan, 565 — 578. Wirkungen des Blitzschlages im Schulhause zu Elmshorn, 917. Witterungsverhältnisse von 1875 bis Ende April 1876, 300. Wortveränderung in der vornehmen Sprache von Java, 450. 934 Sach-Register. Zoologie, 26—29. 117—123. 177—188. 195—200. 224—252. 233— 274. 297— 300. 315— 319. 322— 327. 355 — 866. 429—434. 452—465. 469 —485. 528—535. 831— 854. 9I2— 914. Zug des Themistocles nach Rhoda, 1. Zusammensetzung des Leucophans und des Melinophans, 22 — 26. _——— der phosphorigsauren Salze, 537 — 544. _————— des Nephelins, 695 — 703. Zuschrift der Akademie zum Doctor-Jubiläum des Hrn. Dove, 190 — 194. Zwillingsverwachsung der triklinen Feldspathe nach dem sog. Periklin- Gesetze, 147— 174. nee Fer — a, u E R | MAYHARD My MERDA Fr F Se DL MONATSBERICHT ie R | g S H 6 DER | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. x Januar 1876. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITATSSTR. 3. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *KIRCHHOFF, Über den angeblichen Zug des Themi- stoeles nach’ Rhoda 2.2.2.0... 207 Se *pu Boıs-REyMoOnD, Über muthmaassliche Einerleiheit von Peraloletronomie und terminaler Nachwirkung . *LEpsıus, Bemerkungen über das neuste Werk des Hrn. Bdonard Naville n Gent... m . . *ZELLER, Über teleologische und mechanische Natur- erklärung in ihrer Anwendung auf das Weltganze . WEBSKY, Über die Relation der Winkel zwischen vier Krystallflächen in einer Zone und die der Winkel zwischen vier Kanten in einer Fläche . . . . . RAMMELSBERG, Über die Zusammensetzung des Leuko- phans und. des, Melinophans u... „2.2077 ' Fritsch, Über den feineren Bau des Fischgehirnes . Harms, Über die Lehre von Friedrich Heinrich Jacobi... ern ee Re Currıvs, Die Probleme der athenischen Stadtgeschichte BERNAYS, Herennius’ Metaphysik und Longinos . . . ZANGEMEISTER, Über eine an das hiesige Museum ge- langte zweite Sendung von Schleuderbleien . . . Öffentliche Sitzung... wu. Lo Eingegangene Bücher . . ........ 2.8: 302281 59 5%) ed 64 31 Seite MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Februar 1876. Mit 4 Tafeln. \ BERLIN 1876. BUOHDRUOKRRHI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. BER“ HARRWITZ UND GOSSMANN. re m “ Ws Nr AR x Inhals Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *DUNCKER, Über Friedrich Wilhelm II. und Graf Hertzberg MOonMSENn, Bericht über den Mora N C. I. Latinarum *PIERCHER, Über die kritische Beschaffenheit des hero- dotischen Textes N Se *CURTIUS, Über die neuerdings in Olympia gemachten Inschriftenfunde . ae a E e *DovE, Über die Temperaturvertheilung im Jahre 1875, dargestellt durch fünftägige Mittel BurFF, Verhalten dunkler Wärmestrahlen gegen : stoff und Luft HOFMANN, Über die Länge der Funken einer Batterib von 600 — 1200 — 1800 und 2400 Chlorslie Elementen . _ SIEMENS, Über die Abhängigkeit der lei u tungsfähigkeit des Selens von Wärme und Licht . =VIRCHOW, Über die Grundlagen einer Eihnograpir Deutschlands mit besonderer PD von Friesland ; ‘ «PETERS, Über die von Hın. Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrica gesammelten Amphibien, . ZINCKEN gen. SOMMER, Über die genaue Darstelluhe der Brechung eines Strahls durch ein Linsensystem . . WERNIcKE, Über die Bestimmung der Constanten für die Absorption des Lichtes im metallischen Silber vom RArH, Die Zwillingsverwachsung der triklinen Feld- spathe nach dem sog. Periklin-Gesetze . i *OLSHAUSEN, ‘Weitere Bemerkungen über ‚den Te menhang des persischen Wortes mdh mit ‘den alten Namen Mediens a ee Beudhneume. . 2... 8 Eingegangene Bücher . .. 84, 85. 36. 87.80. Seite 83 83. 84 36 86 89 89 9094 Be. 117 | . 193-198. 128147 ara Ne 176% 1I6: NR D, " MONATSBERICHT KÖN IGLICH PREUSSISCHEN | AKADENIR DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. März 1876. Bi as Tafeln. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. vo@m) HER: NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. - IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BU CHHANDLUNG. : HARRWITZ UND GOSSMANN. 0 MAYNARDM. METOALE, - I Aahalı Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. = Seite #*VAHLEN, Über Anagnorisis in Aristoteles Poetik SITE PETERS, Über ein neues Argali-Schaf, Ovis jubata, aus dem östlichen Theile der Mongolei, im Norden von Peking . a” 177 —188 *BRruns, Über die Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden 5 BE 0? Zuschrift der Akademie zum Deeior: Jubiläum des Br. Dove RE ee Ne 2... 0,255 490- 194 “HAGEn, Über die gleichförmige Bewegung “ Wassers in kleineren Canälen und Gräben, wie in Flüssen und Strömen . ee 299 PETERS, Über eine ed, von Hrn. Prof. Dr. Buchholz entdeckte neue Gattung von Süsswasser- fischen, Pantodon Buchholzi ...00..195-—200 WEBSKY, Über Isomorphie und chemische Constitution von Lievrit, Humit und Chondrodit . 201—210 HermHsortz, Bericht, betr. Versuche über die elek | magnetische Wirkung elektrischer Convection, ausge- führt von H. A. Rowland 2 2 —, Bericht über. Versuche des Hrn. Dr. E. Root aus Boston, die Durchdringung des Platina mit elektro- lytischen Gasen betreffend Si; Se A220 *MÜLLENHOFF, Über die Geographie von Kuda 224 *Waıtz, Über die handschriftlichen Überlieferungen und die Sprache der historia Longobardorum des Paulus 224 Berichtigung . ; 226 Öffentliche a on Eingegangene Bücher . 189. 194. 195. 91. 225 MAYNARDM. METOALF, MONATSBERICHT KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. April 1876. Mit 6 Tafeln. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. I IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug.* *SCHRADER, Über das lautliche Schwanken im Assyrischen PAPADOPULOS, Beiträge zur inschriftlichen E von Kleinasien Rıess, Über die a, Ka a Holtz’ schen Ma- schine KRONECKER, Mittheilung . *HERCHER, Über die Geographie der homerischen Flüsse HAGEN, Über die gleichförmige Bewegung des Wassers PETERS, Über die von Dr. Reinhold Buchholz in Westafrica gesammelten Fische v. MARTENS, Die von Prof. Dr. R. Buknhalz in West- africa gesammelten Land- und Süsswasser-Mollusken Eingegangene Bücher . . . ..... 2832. 233. Seite 221 227 —232 234—241 242 243 243 944-252 253— 274 275—277 MAYNARD M, METOATF MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Mai 1876. Mit 1 Tafel. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT ° NW. UNIVERSITATSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. 4 HARRWITZ UND GOSSMANN. Iahalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *ScHOTT, Über gewisse Thiernamen mit besonderer Rück- sicht auf das sogenannte tatarische Sprachengebiet . GOLDSTEIN, Vorläufige Mittheilungen über elektrische Entladungen in verdünnten Gasen *pu Boıs-REYMoND, Über die Me Abnahme der Reizwelle im Muskel PETERS, Mittheilung über neue Arten a ee Gerrhonotus *Dove, Über Witerungsverbältniss von 1875 bis Ende April 1876 h Rızss, Über die Di von Rlektrieität dh ee tende Reibung ; PETERS, Über die Felsrobhe von en ae, St. Paul und Amsterdam und über die von S. M. S. Gazelle mitgebrachten Flederthiere *KunHn, Fortsetzung der Abhandlung über die aus e entstandenen Lautentwickelungen Seite 279 279 —295 297 297 —300 300 301—315 315—319 320 Eingegangene Bücher . . ..' 295. 296. 300. ‚301. 319. 320, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Juni 1876. Mit 6 Tafeln. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) . : NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. EIN an IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. : EN ha, Km OS URUE Inhalt. ' Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszu . ®Perrz, Über eine des Lebens. der rail ı in Hannover ; , Beiträge zur Kenntnis der Seebären oder. robben . NER ET 5 re R, - N ©. Betreff. der. a der Welt a nn =. -Ouratts, Vorlesung von Photographien. aus 2 a Mittheilungen ‚über die architektonischen and epis ‘ graphischen Funde in Olympia. HEHE SCHERING, & lee des ( h a Bezug n eine andere _ Knonnoren, ee betr. | MAYNARD M. METOALF,. MONATSBERICHT DER - KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Juli 1876. Mit 2 Tafeln. BERLIN 1876. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. SR IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BU CHHANDLUNG. 3 HARRWITZ UND GOSSMANN. ge Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträse sind ohne Auszug. > Seite *BRAUN, Über einige von Dr. Schweinfurth, Profes- sor Buchholtz, Dr. Ascherson und J. M. Hil- debrandt gesammelten afrikanischen Pflanzen . . 424 PRINGSHEIM, Über vegetative Sprossung der Moosfrüchte 425—429 PrrERS, Über Stenoderma Geoffroy und eine damit verwandte neue Flederthier-Gattung, Peltorhinus . . 429 —434 —, Übersicht der von Hrn. Prof. Dr. K. Möbius in Mauritius und bei den Seychellen gesammelten Fische 455—447 ®HARMS, Über den Begriff der Wahrheit . . . 450 *BUscHMANN, Fortsetzung der Abhandlung über die. Wortverändrung in der vornehmen Sprache von Java 450 "KRONECKER, Zur Theorie der elliptischen Funktionen 452 STUDER, Über Echinodermen aus dem antarktischen Meere 5 und zwei neue Seeigel von den Papua-Inseln . . . 452-465 Öffentliche Sitzung. 2... 385 —424 Eingegangene Bücher. . .... u 449. 150. 451. 466 In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung sind folgende, Ab- 2 handlungen aus dem Jahrgang 1876 erschienen: Bruns, Die Unterschriften in den römischen Rechisurkuude ni Preis: 4M. Currıus, Die Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen. Preis: 2M. Dove, Die Witterung des Jahres 1875 und Anfang 1876. Preis: 2 M. 50 Pr. @&. Kircuuorr, Über die Reflexion und Brechung des Lichts an der Grenze krystallinischer Mittel. ‚Preis: 1 M. 50 Pf. ZELLER, Über teleologische und mechanische Naturerklärung in ihrer Anwen- dung auf das Weltganze. ’ Preis: I7ML . MAYNARDM. METOALEF, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. August 1876. Mit 5 Tafeln. s BERLIN 1876. / BUOHDEDOIREREN DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. - IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. ; “ .. HARRWITZ UND :60SSMANN. A Bei. een. ‘ PL RLEHE Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug, ®KIEPERT, Über die geographische Bedeutung des Na- mens Athura (Syrien) in den Achämeniden-Inschriften #BEYRICH, Über das Oligoeen im vicontinischen Tertiär- gebirge . Be a PETERS, Über die von dem verstorbenen Professor Dr. Reinhold Buchholz in Westafrika a Säu- gethiere Houtz, Über die elekunieche Eatladung in en Isle toren , Über die Helen = einfachen nl zusam- " mengesetzten Influenzmaschinen BERNSTEIN, Über die Ermittelung des Knotenpunktes. im, Auge des lebenden Menschen { Bi Duncker, Über die Zeit der Abfassung des Ayeste *EwALD, Über die Struktur geschichteter Gesteine . PETERS, Über die von 8. M. Sn Gazelle es Amphibien Eingegangene Bücher re 407. 468, 516. 516. Seite 467 469 469—485 186-501 501-509 509 blu 99% 528 528-535 535. 886. MAYNARD M, METOALF, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. September & October 1876. Mit 3 Tafeln. BERLIN 1876. EB EuEn DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) | NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. AN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. \ HARRWITZ UND GOSSMANN,. Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug. *WEIERSTRASS, Zur Theorie der eindeutigen schen Funktionen einer Veränderlichen . RAMMELSBERG, Über die Zusammensetzung der rigsauren Salze analyti- phospho- “KUMMER, Über neue Versuche zur Bestimmung des Angriffspunkts der Resultante des Luftwiderstandes gegen rechteckige schiefe Ebenen BRÖGGER & vom RATH, Über grosse Enstatit- Krystalle von Kjörrestad im Kirchspiel Bamle, südl» Norwegen REINKE, Über das Wachsthum und die Fort pflanzung von Zanardinia collaris Crouan. (Z. prototypus Nardo). SADEBECK, Über die Krystallisation des Diamanten “HERCHER, Kritische Bemerkungen über Herodianos BernAys, Philon’s Hypothetika und die Verwünschun- gen des Buzyges in Athen Eingegangene Bücher . Seite 537 537 — 544 549 549—564 565—578 578—587 588 589609 545-548. 587. 58% x MAYNARD M. METCALF, MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. November 1876. Mit 4 Tafeln. BERLIN 1877. BUCHDRUCKERRI pr KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HARRWITZ UND GOSSMANN. Inhalt. Die mit einem * bezeichneten Vorträge ugs ohne Auszug. Ei. er E 5 © N { Seite BORCHARDT, Über das arithmetisch-geometrische Mittel aus: vier. Blementen“, eur... 0.0 eo *WEBSKY, Mittheilung über eingewachsene Diamante . 622 Vırcnow, Weitere Mittheilungen über a ünd nie- derländische Schädel . . . ... 622 —645 Dove, Nachtrag zu br 56 der Abhandlungen | der Aka- de 1816..20%: . 647 —680 WEIERSTASS, Beweis eines ee Theorie der periodischen Functionen von mehreren Veränderlichen 680—-693 5 RAMMELSBERG, Über die Zusammensetzung des Nephelins 695— 703 *BEyRIcH, Über Pterichtys Höninghausi . . . . ; 703 PETERS, Über eine von Hın. Viceconsul L. Krug u Dr. J. Gundlach auf der Insel Puertorico gemachte Sammlung von Säugethieren und nen so wie über die Entwiekelung eines Batrachiers, Aylodes martinicensis Dum. Bibr., ohne Metamorphose . . 703— 714 ®MoMMSEN, Über das cäsarische Militärsysteem . . 0 714 VIRCHoW, Über einen neuen N, von Burg an er ds en lee BrAun, Brief des Reisenden Hildebrandt aus Zanzibar 725 OLSHAUSEN, Parthava und Pahlav, Mäda und Mäh. .„ 727 —777 ‚ Mazdorän und Mäzanderän . . . a men ne Zur Anatomie und Physiologie der eins N eelko VAHLEN, Über die Verse des Porcius in Suetonius’ Vita Deren. et RASSE. ” #REICHERT, Zur erleh Anatomie des Schädels der Säugethiere mit Beziehung auf uns und anor- male Hörnerbildung. BE eg 199, Eingegangene Bücher .‘. . 646. 694. 726. 788. 799. 800 MAYNARD u. meroaR MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. December 1876. Mit 2 Tafeln. BERLIN 1877. BUCHDRUCKEREI DER KGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT) NW. UNIVERSITÄTSSTR. 8. 4 . IN COMMISSION IN FERD. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. HABRWITZ UND GOSSMANN. x von 1874 bis ehe ne Braun, Bee n ei in a De a eine kleine Sa n “ Slche der Reisende Hr. J - Mombaga in Ostafrica eingesar de Berichtigung . 2 Gutachten über einen Namen- Register “4 " ‚Sach-Register . wi “ "Eingegangene Bücher lg 4 SR AUT, EI we ii OL, HARE a; HE HI, EIREKENMN N u EN h 3 ae } N u ER ERR I RN, ) R „ h ! 2 Y BR e = * ne = 4 Shre > + = NEE HER { u u ee, „# eo