Fibrarn of the Museum OF ‚COMPARATIVE ZOÖLOGY, | | AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, Founded bp private subscription, In 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. No. 31% 0a null A WCHH IR ie MCZ LIBRARY HARVARD UNIVERSITY CAMBRIDGE. MA USA MONOGRAPHIE DER MEDUSEN. VON ERNST HAECKEL. ZWEITER THEIL. ERSTE HÄLFTE: DIE TIEFSEE-MEDUSEN DER CHALLENGER-REISE, ZWEITE HÄLFTE: DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. MIT 32 TAFELN UND MIT 8 HOLZSCHNITTEN, JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vormAıs FRIEDRICH MAUKE 1881. DIE TIEFSEE-MEDUSEN DER CHALLENGER-REISE UND DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. ZWEITER THEIL EINER MONOGRAPHIE DER MEDUSEN. VON Dr. ERNST HAECKEL AN DER UNIVERSITÄT JENA, MIT EINEM ATLAS VON ZWEIUNDDREISSI« TAFELN UND MIT ACHT HOLZSCHNITTEN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vorMmALSs FRIEDRICH MAUKE “ 1881. Ks Kr R ß = KEN Inhalts-Verzeichniss, Erste Hälfte des zweiten Theiles: Die Tiefsee-Medusen der Challenger -Reise. pag. Pag. Erste Legion: Craspedotae. Zweite Legion: Acraspedae. I. Ordnung: ANTHOMEDUSAE 1 | V. Ordnung: STAUROMEDUSAE . 41 Genus: Thamnostylus emzalkk)) 2 Genus: Tesserantha (Tesserida) 42 Species: Thamnostylus dinema 2 Species: Tesserantha connectens . 42 I. Ordnung: LEPTOMEDUSAE Far 5 Genus: Lucernaria (Lucernarida) 45 Genus: Ptychogena (Cannotida) . B) Species: Lucernaria bathyphila 46 Species: Ptychogena pinnulata 6 | VI. Ordnung: PEROMEDUSAE . . : 53 III. Ordnung: TRACHOMEDUSAE 8 Genus: Periphylla Besphnde) 53 Genus: Pectyllis (Trachynemida) 9 Species: Periphylla mirabilis . 54 Species: Pectyllis arctica 10 Genus: Periphema (Periphyllida) 71 Genus: Pectis (Trachynemida) 12 Species: Periphema regina . 72 Species: Pectis antarctica 13 | VII. Ordnung: CUBOMEDUSAR . 77 Genus: Pectanthis (Trachynemida) 17 Genus: Charybdea (Chamideida)e 78 Species: Pectanthis asteroides 17 Species: Charybdea Murrayana 79 IV. Ordnung: NARCOMEDUSAE.. . . 20 | VIII. Ordnung: DrscomEDUSAE 86 Genus: Cunarcha (Cunanthida) . 20 Genus: Nauphanta (Ephyrida) 87 Species: Cunarcha aeginoides . 21 Species: Nauphanta Challengeri . 87 Genus: Polycolpa (Peganthida) . 26 Genus: Atolla (Ephyrida) . 94 Species: Polycolpa Forskalii 27 Species: Atolla Wyvillei . 96 Genus: Pegantha (Peganthida) . al Genus: Drymonema (Cyaneida) . 105 Species: Pegantha pantheon 3l Species: Drymonema Victoria . 106 Genus: Aeginura (Aeginida) . 34 Genus: Leonura (Crambessida) . 112 Species: Aeginura myosura 3 Species: Leonura terminalis 113 Uebersicht über Fundorte und estematische Stellung der Tiefsee-Medusen . 120 Zweite Hälfte des zweiten Theiles: Der Organismus der Medusen. Grundriss einer vergleichenden Morphologie der Medusen. Pag. Pag. Erster Abschnitt ($ 1—38): | SA. UND 5 Br: en 3 $ 5. Hydropolypen und Scyphopolypen . . . 1) Generelle Morphologie der Medusen. $ 6 Polyplyletischer Ursprung der Medusen 125 $ 1. BEGRIFF DER MEDdUSE . . 2 2.2.2.0. 18 $ 7. Ordnungen der Craspedoten . . . . . 126 $ 2. Begriff des Polypn. . . 2 2... ..194 $ 5. Die beiden Legionen der Craspedoten . 126 $ 3 Meduse und Polyp . . 2 2.2..2...124 $ 9. Ordnungen der Acraspeden . . . . . 126 VI INHALTS-VERZEICHNISS. $ 10. Die beiden Legionen der Acraspeden $ 11. Polyphyletischer var der Craspe- doten HYPOTHETISCHER Semam DER (rasrar DOTEN (Polyphyletisch) HYPOTHETISCHER STAMMBAUM DER Domde- PEDEN (Monophyletisch) \ $ 14. Monophyletischer Ursprung der Name: peden Ege ÖONTOGENESIS DER MeDUSeN ; $ 16. Metagenesis oder indirecte Rot $ 17. Hypogenesis oder directe Keimung . MEDUSEN UND ACALEPHEN i 5 8 19. Eetocarpe und endocarpe Medusen 5 $ 20. Die beiden Stammäste der Acalephen . $ 21. InDIVIDUALITÄT DER MEDUSE & 22. GRUNDFORM DER MEDUSE . $ 23. PRIMÄRE GRUNDZAHL DER Mepusk s 24. Individuelle Abweichungen von der pri- mären oder typischen Grundzahl $ 25. Secundäre Grundzahlen . S $ 26. Centrale und periphere Zahlen 8 27. RADIEN ERSTER BIS VIERTER ORDNUNG . $ 23. Parameren und Antimeren . : : $ 29. Radial-Ebenen oder Meridian- Hbenen ö $ 30. Reguläre und amphithecte Pyramiden . $ 31. Dipleure oder zeugite Pyramiden $ 32. Perradien oder Kreuzaxen I. Ordnung . $ 33. Interradien oder Kreuzaxen II. Ordnung $ 34. Adradien oder Kreuzaxen III. Ordnung $ 35. Subradien oder Kreuzaxen IV. Ordnung $ 56. SCHIRMSCHEIBE UND SCHIRMKRANZ 37. Topographische Gegensätze s$ 38. Organ-Systeme . Zweiter Abschnitt ($ 39—56): Generelle Histologie der Medusen. URKEIMBLATT (Blastoderma) . $ 40. Primäre Keimblätter ar nd Entoderma) i s 41. Secundäre Keimblätter S $ 42. Mittelkeimblatt (Mesoderma) . 6 $ 43. DIFFERENZIRUNG UND TELEOSE DER GEWEBE $ 44. Primäre und secundäre Gewebe . EPITHEL-GEWEBE . \ $ 46. Aussendecke (Oo Heithelium) $ 47. Innendecke (Entoderm- zum) ÜONNECTIV-GEWEBE . eek $ 49. Stützgewebe (Fulerum) . $ 50. Füllgewebe (Maltha) . MUSKEL-GEWEBE . _ ; $ 52. Epithel-Muskelzellen : $ 53. Mesoderm-Muskelzellen $& 54. NERVEN-GEWEBE . $ 55. Sinneszellen (BpimelENervenzeilen $ 56. Ganglienzellen (Mesoderm-Nervenzellen) pag. 127 Dritter Abschnitt ($ 57—96): Neurodermal-System der Medusen. $ 57. ZUSAMMENSETZUNG DES NEURODERMAL-SY- STEMS . : $ 58. UMBRELLA ODER Smart : $ 59. Umbrella dorsalis . $ 60. Exumbrella $ 61. Umbrella ventralis . $ 62. Subumbrella . $ 63. Centraler und Harnhar San $ 64. Schirmstiel und Schirmkuppel $ 65. Magenstiel und Magenkegel $ 66. SCHIRMRAND $ 67. Schirmrand der en Welum) $ 68. Kragenlappen der Narcomedusen $ 69. Schirmrand der Acraspeden (Lappen- kranz) . : $ 70. Velarium der Ounemedusenn $ 71. Nessel-Organe $ 72. NERVENSYSTEM $ 73. Nervensystem der Saaperkren S 74. Nervensystem der Acraspeden $ 75. SINNES-ORGANE $ 76. Tentakeln . ; $ 77. Zahl und Stellung der Tentakeln. $ 78. Gestalt und Structur der Tentakeln $ 79. Tast-Organe . $ 80. Riech-Organe $ 81. Seh-Organe $ 82. Hör-Organe $ 33. Velare Hörbläschen $ 34. Hörkölbehen oder Cordylen $ 85. Cordylare Hörbläschen $ 86. Sinneskolben oder Rhopalien $ 37. MUSKELSYSTEM ; ; $ SS. Circular-Muskeln ar Subumbreile ; $ 89. Radial-Muskeln der Subumbrella $ 90. Muskulatur der Exumbrella $ 91. SCHIRMHÖHLE ODER SCHWIMMHÖHLE . $ 92. Nischen der Schirmhöhle 5 $ 95. Schirmkranzhöhle und Son eichier höhlle . . Ss 9. Trichterhöhlen mil an $ 95. Subgenital-Höhlen . ee $ 96. Subgenital-Saal . Vierter Abschnitt ($ 97—144): Gastrocanal-System der Medusen. $ 97. ZUSAMMENSETZUNG DES GASTROCANAL-SY- STEMS . ? $ 98. Hohlraum und Wände des Gore Systems $ 99. HAUPTDARM UND Kerken $ 100. CATHAMMEN ODER ÜONCRESCENZEN Pag. 172 173 174 175 176 176 176 INHALTS-VERZEICHNISS. $ 101. Cathammal-Platte $ 102. Die drei Hauptformen der nen $ 103. Cathammal-Spalten . & 104. GASTROCANAL-SYSTEM DER CR nn UND ACRASPEDEN : $ 105. TAENIOLEN ODER En . 8 106. Dorsale und ventrale Taeniolen . $ 107. Gastral-Filamente oder Magenfäden $ 108. Phacellen oder Filament-Gruppen . $ 109. DiE DREI KAMMERN DES HAUPTDARMES $ 110. MUNDMAGEN ODER MUNDROHR . $ 111. Mundöffnung (Actinostoma) $ 112. Backentaschen und Mundsäulen . $ 113. Mundlappen und Mundarme . : $ 114. Vieltheiliger Mund der Rhizostomen . $ 115. Gaumen oder Gaumenpforte . $ 116. MITTELMAGEN ODER ÜENTRALHÖHLE $ 117. Kreuzkammern und Kreuzsäulen $ 118. Magenspalten oder Gastral-Ostien . $ 119. Pylorus oder Magenpforte $ 120. GRUNDMAGEN ODER GRUNDROHR . $ 121. DiE BEIDEN HAUPTFORMEN DES Kan DARMES ! $ 122. CANAL-KRANZ DER non. pag. 177 177 178 178 179 179 179 180 181 '$ 139. $ 123. Radial-Canäle . 5 $ 124. Ringcanal der raspeloin $ 125. Festoncanal der Narcomedusen . $ 126. TASCHENKRANZ DER ACRASPEDEN $ 127. Radial-Taschen 2 & 128. Perradial-Taschen der me onien $ 129. Perradial-Taschen der Ephyronien . $ 130. Marginal-Taschen der Tesseronien $ 131. Marginal-Taschen der Ephyronien . $ 132. Typhloperien (ohne Annular-Canal) $ 133. Cyeloperien (mit Annular-Canal) $ 134. Ringsinus der Acraspeden $ 135. PERIPHERE AUSLÄUFER DES GASTROCANAL- SYSTEMS . . $ 136. Periphere Van kas em) Systems . A: $ 137. GESCHLECHTS-ORGANE "(Genitalia). $ 138. Gonochorismus und Hermaphroditismus GONADEN DER ÜRASPEDOTEN : $ 140. Gastral-Gonaden der Ornsmiliien 2 $ 141. Canal-Gonaden der Oraspedoten $ 142. GONADEN DER ACRASPEDEN $ 143. Bursal-Gonaden der Nameneikmn $ 144. Gastral-Gonaden der Acraspeden VORWORT. In der reichen und wunderbaren Tiefsee-Fauna, deren Entdeckung wir der Reise von „H. M. S. Challenger“ verdanken, bilden die Tiefsee-Medusen eine der kleinsten und wenigst bedeutenden Gruppen; die Zahl ihrer nachstehend beschriebenen Arten beträgt nicht mehr als 18, von denen die Hälfte Craspedoten, die Hälfte Acraspeden sind. Allein unter diesen 18 Species, welche ebenso viele verschiedene Genera repräsentiren, ist die Mehrzahl von hervorragendem morphologischen Interesse; und ausserdem dürften dieselben schon desshalb eine besondere Bedeutung in Anspruch nehmen, weil sie überhaupt die ersten Tiefsee- Bewohner aus dieser Thierklasse sind, welche wir kennen. Ich bin daher dem wissenschaftlichen Director der „Challenger“ -Expedition, Sir WyvirLe Tnomson, zu beson- derem Danke verpflichtet, dass er mir alle von dieser Expedition gesammelten Medusen in liberalster Weise zur Untersuchung übergab. Den ersten, 1877 übersendeten grösseren Tiefsee-Medusen konnte ich später noch einige andere hinzufügen, welche ich theils gelegentlich der Untersuchung der Chal- lenger-Radiolarien, theils während eines Besuches in Edinburgh (1879) bei genauerer Durchmusterung der Challenger-Sammlung selbst nachträglich auffand. Für die gütige Unterstützung, welche ich hier- bei von dem ersten Assistenten des „Challenger-Museums“, Mr. Jonw Murray, erfuhr, spreche ich demsel- ben hier meinen herzlichen Dank aus, und ebenso für die freundliche Zusendung der interessanten Lucernaria bathyphila, der ersten Lucernaride der Tiefsee; sie wurde von ihm auf der Expedition des „Knight Errant“ entdeckt, und ihre Beschreibung mit Bewilligung von Sir WyvirLe Tnoxson nachstehend einge- schlossen. Alle 18 hier beschriebenen Arten von Tiefsee-Medusen sind bereits in meinem 1879 erschie- nenen „System der Medusen“ durch vorläufige Species - Diagnosen characterisirt worden. Ausserdem hatte ich daselbst noch 2 andere Species mit aufgeführt, die Aeginide Aeginorhodus rosarius (System, p- 345, Nr. 379) und die Cyaneide Melusina formosa (System, p. 535, Nr. 500). Leider erwiesen sich aber die Fragmente des einzigen Exemplares, welches ich von diesen beiden schönen Medusen erhielt, bei näherer Untersuchung gar zu unvollständig und zu schlecht conservirt, so dass ich von einer spe- ciellen Beschreibung und Abbildung schliesslich lieber ganz absehen zu müssen glaubte. Auf der an- deren Seite erwuchs mir für die nachfolgende Darstellung einiger anderer Tiefsee-Medusen, deren ein- ziges Exemplar in der Challenger-Sammlung ebenfalls nur sehr ungenügend conservirt war, ein sehr wesentlicher Vortheil dadurch, dass ich dieselbe durch anderweit gesammeltes Material ergänzen konnte. Insbesondere erhielt ich von Pfychogena pinnulata und Peetyllis arctica durch die Güte der Herren Prof. Steenstrup und Dr. Lürken mehrere wohlerhaltene Exemplare aus dem zoologischen Museum von Ko- penhagen; von Drymonema Victoria mehrere vortrefflich conservirte Exemplare durch meinen Freund, Hrn. Gresor Buceicn, von der Insel Lesina in Dalmatien. Drei Species, von welchen die Challenger- X VORWORT. Sammlung nur ein dürftiges und unvollständiges Fragment enthielt, fing ich selbst lebend mit dem Schwebenetz und konnte sie demnach eingehend untersuchen: Pectanthis asteroides aus dem Mittelmeer, Cunarcha aeginoides von der canarischen Insel Lanzerote und Polycolpa Forskalü aus dem rothen Meere. Von der Mehrzahl der 12 übrigen Arten stand mir leider nur ein einziges Exemplar zur Verfügung und auch dieses war mehrfach unvollständig; trotzdem ist es mir, wie ich hoffe, mit Hülfe der ver- gleichenden Morphologie der nächstverwandten Medusen geglückt, ihren Organismus ziemlich vollstän- dig zu reconstruiren. Ob alle 18 nachstehend beschriebenen Tiefsee-Medusen wirklich ständige Bewohner der Tiefsee sind, lässt sich mit Sicherheit nicht behaupten; die Methode des Fanges mit dem Schwebenetze, durch welche solche zarte und zerstörbare Organismen aus grossen Meeres-Tiefen gelegentlich gehoben wer- den, ist gegenwärtig noch zu wenig ausgebildet, und es ist sehr möglich, dass mehrere scheinbar aus grossen Tiefen gehobene Medusen in Wirklichkeit in geringeren Tiefen schwebten und beim Herauf- ziehen des Netzes mit erfasst wurden. Dagegen können mit grosser Wahrscheinlichkeit als ständige und characteristische Bewohner grosser Meeres-Tiefen solche Medusen angesehen werden, welche ent- weder durch eigenthümliche Organisations - Verhältnisse für derartige Lebensweise besonders angepasst erscheinen, oder welche durch ihre primitive Structur ein hohes phylogenetisches Alter verrathen. Als solche betrachte ich unter den nachstehend beschriebenen 9 Craspedoten vor allen die 3 Pectylliden (Peetyllis, Pectis und Pectanthis); ferner Cumarcha und Aeginura. Unter den 9 aufgeführten Acraspeden dürften ebenso zu beurtheilen sein: Tesserantha, die beiden grossen Periphylliden (Periphylla, Periphema) und die beiden merkwürdigen Ephyriden (Nauphanta und Atolla). Indessen scheint aus den gelegent- lichen Mittheilungen einzelner Forscher hervorzugehen, dass auch andere Medusen-Formen (insbesondere Charybdeiden und Rhizostomen) grossentheils auf dem Meeresboden sich aufhalten und in ansehnliche Tiefen hinabgehen. Somit ist denn hoffentlich die nachstehende Abhandlung über Tiefsee - Medusen nur als der erste Anfang auf einem interessanten Gebiete anzusehen, von dem noch viele und wich- tige Aufschlüsse über die Organisation der Medusen zu erwarten sind. Aus der systematischen Uebersicht auf p. 119 ergiebt sich, dass unter den 18 Tiefsee-Medusen der Challenger-Expedition sämmtliche 8 Ordnungen dieser Classe vertreten sind, welche ich in meinem „System der Medusen“ 1879 unterschieden habe; und zwar kommen auf die l. Anthomedusen 1 Art (Thamnostylus, Taf. 1); auf die I. Leptomedusen 1 Art (Piychogena, Taf. 2), auf die IN. Tra- chomedusen 3 Arten (Pectylüs, Pectis, Pectanthis, Taf. 3—8), auf die IV. Narcomedusen 4 Arten (Cumarcha, Polycolpa, Pegantha, Aeginura, Taf. 9—14), auf die V. Stauromedusen 2 Arten (Tesserantha, Lucernaria, Taf. 15—17), auf die VI. Peromedusen 2 Arten (Periphylla, Periphema, Taf. 18—25), auf die VII. Cubomedusen 1 Art (Charybdea, Taf. 26), auf die VII. Diseomedusen 4 Arten (Nau- phanta, Atolla, Drymonema, Leonura, Taf. 27—32). Darunter befinden sich 13 von den 32 Familien ver- treten, welche ich 1879 im System der Medusen unterschieden habe (vergl. p. 119). Für die Chorologie unserer Medusen ergiebt sich aus der tabellarischen Uebersicht auf p. 120 Folgendes: Die geographische Verbreitung derselben erstreckt sich auf alle grösseren Meere, und zwar kommen im Ganzen 8 Species auf das atlantisch- mediterrane Gebiet, 10 Species auf das indo-paeifische Gebiet. Von den 8 ersteren gehören 7 der nördlichen, 1 der südlichen Hälfte des at- lantischen Oceans an (davon 2 zugleich dem Mittelmeer). Von den übrigen 10 Arten kommen 2 auf die nördliche, 3 auf die südliche Hälfte des pacifischen Oceans, und 5 auf den antaretischen Theil des indischen Oceans. Von den letzteren findet sich eine zugleich im südwestlichen Theile des atlantischen Gebietes. Bezüglich der bathygraphischen Verbreitung ergiebt sich aus der Tabelle p. 120, VORWORT. xI dass 7 Species in Tiefen von 80—600 Faden gefangen wurden, 6 Species in Tiefen von 1100—1600 Fa- den und 5 Species in Tiefen von 2000—2200 Faden. Indessen dürfen diese Tiefen-Angaben (wenig- stens zum Theil) aus den vorher angeführten Gründen wohl nur als mehr oder minder approximative angesehen werden. Was die Abbildungen unserer Tiefsee-Medusen auf den angehängten 32 Tafeln betrifft, so können sie selbstverständlich bei dem mangelhaften Conservations-Zustande der in Spiritus aufbewahr- ten Präparate auf absolute Naturtreue keinen Anspruch machen. Vielmehr hielt ich es für meine Auf- gabe, auch hier, wie bei denjenigen Abbildungen meines „Systems der Medusen“, welche nach Alko- hol- Präparaten entworfen wurden, meine ausgedehnte Kenntniss der Formen lebender Medusen zur annähernden Reconstruction eines möglichst naturgetreuen Bildes der lebenden Formen zu verwerthen. In diesem Bemühen wurde ich hier wie dort wesentlich unterstützt durch die geschickte Künstlerhand des Lithographen Herrn Avorr Girrscn. Für die Anfertigung einer grossen Anzahl von trefflichen microscopischen Schnitten durch eingebettete Präparate bin ich meinem verehrten Freunde Herrn Dr. Reın- HoLp Teuscher zu freundlichem Danke verpflichtet. Die vielen neuen morphologischen Thatsachen, welche die genaue Untersuchung der Tiefsee- Medusen ergeben hat, sind nicht allein an sich von speciellem Interesse, sondern zum grossen Theil auch von genereller Bedeutung für das vergleichend-anatomische Verständniss der ganzen (lasse; dies gilt namentlich von den Pectyllidae und Peganthidae unter den Craspedoten, von den Periphyllidae und Ephyridae unter den Acraspeden. Es schien mir daher angemessen, der speciellen anatomischen Beschreibung der 18 Tiefsee-Medusen als zweite Hälfte eine kurzgefasste Abhandlung über den „Or- ganismus der Medusen“ anzuhängen, welche gewissermaassen die morphologische Einleitung zu der ersteren darstellt und zugleich einen vorläufigen „Grundriss einer vergleichenden Mor- phologie der Medusen“ überhaupt. Ich habe darin den Versuch gewagt, ein zusammenhängendes und einheitliches Bild von der gesammten Organisation der Medusen zu entwerfen, wie dieselbe gegen- wärtig nach Abschluss meines „Systems der Medusen“ und der speciellen Untersuchung der „Tiefsee- Medusen“ meinem Blicke sich darstellt. Dieser Versuch soll zugleich als Grundriss für die ausführliche „Morphologie der Medu- sen“ dienen, welche ich im Vorwort zum „System der Medusen“ (1879, p. XIX) versprochen habe. In Hinblick auf dieses später auszuführende allgemeine Werk, welches zugleich die gesammte Medu- sen-Litteratur historisch und kritisch behandeln wird, habe ich in dem vorliegenden Entwurfe von jedem Eingehen auf die letztere vollständig abgesehen; dasselbe würde zu viel Raum weggenommen haben. Wenn dadurch einerseits dieser „Grundriss“ ein ganz subjectives Gepräge erhält und lediglich als der Ausdruck meiner gegenwärtigen Gesammtauffassung des Medusen -Organismus zu betrachten ist, so wird dieser Mangel vielleicht anderseits dadurch aufgewogen, dass das so gewonnene Bild — wenn auch im Einzelnen vielfach irrthümlich — dennoch im Ganzen eine einheitlichere und voll- ständigere Vorstellung von der Medusen -Organisation giebt, als bisher möglich war. Uebrigens ist unter der neueren Medusen-Literatur nur ein grösseres Werk zu nennen, welches den vorliegenden „Grundriss“ in vielen wesentlichen Punkten ergänzt und namentlich von dessen zweitem Abschnitte, von der „Generellen Histologie der Medusen“ eine eingehendere und genauere Darstellung giebt; es sind dies die werthvollen Untersuchungen der Gebrüder Oscar und Rıcnarp Herrwıs, welche theils in einer besonderen Monographie „das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen“ (1878) sehr ausführlich geschildert haben, theils in ihrer Abhandlung über den „Organismus der Medusen“ (1879) das Verhältniss desselben zur Keimblätter-Theorie vortrefflich beleuchtet haben. Viele wichtige Punkte XN VORWORT. sind in diesen Arbeiten der Gebrüder Herrwıs weit ausführlicher beschrieben und kritisch behandelt, als es in dem vorliegenden kurzgefassten „Grundriss“ möglich war. Die englische Ausgabe der vorliegenden Untersuchungen bildet einen integrirenden Bestandtheil des von Sır Wwvırıe Tuouson herausgegebenen „Report on the seientifie results of the Voyage of H.M. S. Challenger“. Die deutsche Ausgabe derselben kann als zweiter Theil meiner „Monographie der Medusen“ betrachtet werden, von welcher das 1879 erschienene „System der Medusen“ (mit 40 Tafeln) den ersten Theil bildet. Während die specielle Beschreibung der „Liefsee- Medusen der Challenger-Reise“ die erste Hälfte des zweiten Theiles darstellt, bildet dessen zweite Hälfte die vergleichend-morphologische Abhandlung über den „Organismus der Medusen“. Jena, am 14. September 1831. ERNST HAECKEL. DIE TIEFSEE-MEDUSEN CHALLENGER-REISE. ERSTE HÄLFTE DES ZWEITEN THEILES EINER MONOGRAPHIE DER MEDUSEN, VON ERNST HAECKEL. # in \ 5 ] { e ” 4 | } \ ne u. er an Kar u HER. Dr e antgt RN Ih Erste Legion der Medusen-Classe: CRASPEDOTAE, GEGENBAUR, 1856. CRYPTOCARPAR, Eschscholtz, 1829. GYMNOPHTHALMAR, Forbes, 1848. HYDROMEDUSAE, Carus, 1863. APHACELLAE, Haeckel, 1878. Character der Craspedoten-Legion: Medusen ohne Gastral-Filamente oder Phacellen,; mit exo- dermalen Gonaden (oder Geschlechts-Producten vom äusseren Keimblatte); mit echtem Velum (— stets ohne Velarium —); ohne echte Randlappen des Schirms; mit doppeltem, centralisirtem Nervenring. Phylogenetische Descendenz (wahrscheinlich allgemein!) und ontogenetische Descen- denz (noch heute bei der Mehrzahl?) abgeleitet von Hydropolypen ohne Gastral-Filamente oder von Hydrostomen. Ontogenese meistens Generationswechsel, oft mit Metamorphose verknüpft. Die geschlechtliche Craspedoten-Generation entsteht durch laterale Knospung aus der ungeschlecht- lichen Hydrostomen-Generation. I. Erste Medusen- Ordnung: (Erste Ordnung der Craspedoten:) ANTHOMEDUSAE, Hacckel (1877). Character der Anthomedusen-Ordnung: Craspedoten ohne Randbläschen und Oto- lithen, mit Ocellen an der Tentakel-Basis. Gonaden in der äusseren oder subumbralen Wand des Magens. Zahl der Radial-Canäle fast immer vier, sehr selten sechs oder acht. Ontogenese meistens Generationswechsel, oft mit Metamorphose verknüpft. Die Ammen der ungeschlechtlichen Gene- ration sind Hydropolypen aus der Tubularien-Ordnung. Familia: MARGELIDAE, Haeckel (1877). HAEcKEL, System der Medusen, 1879; p. 68, Taf. V, VI. Familien-Character: Anthomedusen mit vier oder mehr, einfachen oder verästelten Mund- griffeln, mit vier oder acht getrennten Gonaden in der Magenwand, mit vier engen und einfachen Radial-Canälen, und mit einfachen, unverästelten Tentakeln, welche bald gleichmässig vertheilt, bald in vier oder acht Bündel gruppirt sind. Haeckel, Tiefsee-Medusen. 1 2 ANTHOMEDUSAE. MARGELIDAE. Subfamilia: 'THAMNOSTOMIDAE, Harcker (1877). Margeliden mit verästelten oder zusammengesetzten Mundgriffeln, und mit gleichmässig vertheilten, nicht in Bündel gruppirten Tentakeln. Genus: THAMNOSTYLUS, Harerer (1879). Yauvog = Busch; orulog — Griffel. Genus-Diagnose: Margelide mit verästelten oder zusammengesetzten Mundgriffeln und mit 2 gegen- ständigen perradialen Tentakeln. Das Genus Thamnostylus, mit der einzigen Species T. dinema (Tat. I), ist zugleich die einzige Tiefsee-Anthomeduse, welche ich unter den Sammlungen der Challenger-Expedition gefunden habe. Sie gehört zur Familie der Margeliden, zur Subfamilie der Thamnostomiden und ist die einzige dissonemale Gattung dieser Subfamilie, mit nur 2 entwickelten gegenständigen Rand - Ten- takeln (gleich Cubogaster unter den Cytaeiden). Ausgezeichnet ist diese Gattung durch die ganz ausser- ordentliche Entwiekelung der Mundorgane; sowohl das lange centrale Mundrohr, welches unten weit aus dem Central-Magen hervortritt, als die 4 mächtigen, reich verästelten Mundgriffel, welche an dessen Basis entspringen, sind bei Thamnostylus im Verhältniss zum übrigen Körper weit grösser als bei den übrigen Margeliden. Auch in anderen Beziehungen erscheint Thamnostylus dinema auf den ersten Blick als eine sehr abweichende und sonderbar gebildete Anthomeduse. Indessen ergiebt eine nähere Be- trachtung und Vergleichung mit anderen Craspedoten dieser Ordnung, dass sie keinerlei ganz besondere und nur ihr eigenthümliche Bildung besitzt. Vielmehr finden wir in ihr nur eine Combination von auffallenden Merkmalen, welche bei anderen Anthomedusen in anderen Combinationen auftreten. Unter allen bisher bekannten Medusen scheinen die von Prron (1809) beschriebenen Margeliden Limnorea triedra und Favonia octonema ihr am nächsten zu stehen (Prron, Tableau des Meduses etc., Nr. 8; An- nales du Museum d’hist. nat. Tom. XIV, p. 329). Von Beiden hat Lesurur (auf Pl. III seines „Recueil des Planches inedites de Meduses“, Fig. 3, 5) eine recht gute Abbildung gegeben, welche deutlich die nahe Verwandtschaft mit Thamnostylus und Nemopsis nachweist. Auch hier tritt das Mundrohr in Gestalt eines langen Rüssels weit aus der Schirmhöhle hervor und ist von einem Busche blutrother, stark verästelter Mundgriffel umgeben, welche rings um seine Basis entspringen. Doch hatte L. Acassız auf Grund jener Abbildungen (die mehrfach, u. A. von Bramvırıe und Minne-Eowarns copirt sind) Limnorea und Favonia zu den Rhizostomen gestellt! Vergl. darüber mein „System der Medusen“ (1879, p. 87, sowie die Abbildung von Nemopsis heteronema, p. 93, Taf. V, Fig. 6, 9). Species: Thamnostylus dinema, Harcker. Tafel 1. Thamnostylus dinema, HAEckEL, 1879; System der Medusen p. 85, Nr. 95. Species-Diagnese: Schirm halbkugelig, doppelt so breit als hoch. Magen vierseitig-pyramidal, fast bis zur Velar-Ebene hinabreichend. Gonaden 4 eiförmige, gefiederte Wülste in der Magenwand. Mundrohr vierseitig-prismatisch, doppelt so lang als der Magen, weit aus der Schirmhöhle vortretend. 4 Mundgriffel wenig kürzer als das Mundrohr, von dessen Basis entspringend, 6—8mal dichotom. 2 gegenständige Tentakeln lang und stark, mehrmals länger als die Schirmbreite. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 16 Mm.; Vertical-Diameter 8 Mm. THAMNOSTYLUS DINEMA. 3 Fundort: Antarktischer Ocean, südlich von den Kerguelen-Inseln; Station 153 des Challenger- Cataloges, von 65° 42’ S. Br, 79° 49’ Ö.L. v. Gr. in 120 Faden Tiefe. Umbrella. Die Gestalt des Schirmes ist fast halbkugelig, seine Höhe halb so gross als seine grösste Breite, etwas oberhalb des Schirmrandes. Die Gallerte ist ziemlich dick, nach dem Rande hin allmählich und gleichmässig verdünnt. Die Exumbrella (oder die äussere, eonvexe Schirmfläche) erscheint fein punctirt, indem kleine runde Nesselwarzen gleichmässig über dieselbe zerstreut sind (Fig. 1). Die Subumbrella (oder die innere, eoncave Schirmfläche) zeigt eine kräftige Ring-Musku- latur, und ausserdem 8 schmale radiale oder Längs-Muskeln, von denen 4 perradiale (mp) die 4 Radial Canäle begleiten, 4 interradiale hingegen in der Mitte zwischen letzteren verlaufen (mi). Ihr proximales Ende geht über in die Längs-Muskulatur des Magens und des Mundrohres. Das Velum springt vom Schirmrande als eine ziemlich breite und muskulöse Membran nach innen vor und verengt den Ein- gang zur Schirmhöhle beträchtlich. Die Schirmhöhle selbst ist ziemlich flach und beschränkt, indem das centrale Drittel derselben von der ansehnlichen Magen-Pyramide mit den Gonaden eingenom- men wird. Der Schirmrand ist wulstförmig verdickt und roth pigmentirt. An den Stellen, wo die 4 per- radialen Canäle in den marginalen Ringeanal einmünden, schwillt der Wulst des Schirmrandes in 4 dicke, dunkelroth pigmentirte Ocellar-Bulben an. 2 gegenständige von diesen sind ohne Tentakeln, während die beiden anderen, mit jenen alternirenden, 2 sehr lange und starke Tentakeln tragen (Fig. 1). Diese sind mehrmals länger als der Schirm-Durchmesser, eylindrisch, an der proximalen Basis kolbenförmig verdickt und in ihrer ganzen Länge mit roth pigmentirten Nessel-Ringen besetzt. Gastrocanal-System. Der centrale Theil desselben besteht aus dem vierseitig- pyramidalen Central-Magen, an dessen Wand die Gonaden liegen, und aus dem doppelt so langen, weit vortreten- den Mundrohr, an dessen Basis die 4 vielverzweigten Büsche der Mundgriffel entspringen. Der peri- phere Theil des Gastrocanal-Systems besteht aus den 4 perradialen Canälen, welche aus der Basis des Central-Magens entspringen und am Schirmrande in den Ringcanal einmünden; von letzterem geht ein Canal in jeden der beiden Tentakeln hinein und durchsetzt diesen in seiner ganzen Länge. So- wohl diese beiden Tentakel-Canäle, als auch jene 4 Radial-Canäle und der sie vereinende Ringeanal sind ziemlich schmal und eng, bandförmig, und zeigen nichts Besonderes. Dagegen besitzt der Central- Theil des Ernährungs-Apparates eine ziemlich complieirte Beschaffenheit. Der Central-Magen (Fig. 1, 3 ge) hat die Gestalt einer vierseitigen Pyramide, deren Höhe ungefähr der Diagonale ihrer Grundfläche gleichkommt, und deren abgestutzte, nach unten gerichtete Spitze die Ursprungsstätte des langen Mundrohres und der 4 baumförmigen Mundgriffel ist. Die quadratische Basis der vierseitigen Magen-Pyramide nimmt das centrale Drittel der Subumbrella ein und wird von der unteren Fläche des Gallertschirmes gebildet; an den 4 Ecken des Quadrates münden die 4 Radial-Canäle in die Magenhöhle ein und setzen sich von da in Gestalt halbeylindrischer Rinnen auf die 4 perradialen Kanten der Magen-Pyramide fort. Die verdickte Wand dieser Rinnen bildet die Mittelrippe der 4 blattförmigen Gonaden oder der gefiederten „Geschlechtsblätter“. Gonaden. Jedes Geschlechtsblatt bildet einen eiförmigen Wulst, dessen abgerundete Basis nach oben, dessen abgestutzte Spitze nach unten gekehrt ist. Indem beiderseits der Mittelrippe 4—5 tiefe transversale Einschnitte die Gonade in eben so viele Lappen theilen, erhält sie die zierliche Form eines gefiederten Blattes. Die 5—6 Fiederpaare desselben nehmen von oben nach unten an Länge ab und sind an ihren Rändern zierlich gekerbt, wie bei manchen Farn- Wedeln (Fig. 6). Aus der Oberfläche der einzelnen Fiederblättehen treten zahlreiche grössere und kleinere Eier dicht gedrängt hervor. Die 1= 4 ANTHOMEDUSAE. MARGELIDAEF. Eier sind grosse, nackte, amoeboide Zellen von unregelmässig rundlichem oder polyedrischen Umrisse, welche ein grosses helles Keimbläschen einschliessen. In diesem Nucleus ist ein ansehnlicher dunkler Keimfleck (Nucleolus) sichtbar, welcher einen deutlichen Keimpunkt (Nucleolinus) enthält (Fig. 8). Scheinbar nehmen die 4 zierlichen Geschlechtsblätter den grössten Theil der verdickten Wand des Central-Magens ein, so dass nur 4 schmale interradiale Felder seiner Aussenfläche von ihnen frei bleiben (Fig. 3). Die genauere Untersuchung lehrt jedoch, dass nur die perradiale Mittelrippe und die aboralen Basal-Theile der Geschlechtsblätter integrirende Bestandtheile der Magenwand selbst sind, aus deren Kanten-Exoderm sie sich entwickeln. Hingegen ist die orale Spitze der Gonaden und der grösste Theil ihrer Seitenränder frei und liegt nur oberflächlich der äusseren Magenwand auf. Zwischen den farblosen Eiern finden sich, wie in den übrigen Theilen der Magenwand und am Schirmrande, zahl- reiche feine Körner desselben blutrothen (in Weingeist unlöslichen) Pigmentes, welches auch die rothe Farbe der Mundgriffel und der Nesselknöpfe der Tentakeln bewirkt. Mundgriffel (Stomostyli, Fig. 1, 5). Die characteristischen Mundgriffel bilden bei dieser Art, wie bei mehreren anderen Margeliden (Limnorea, Nemopsis, Rathkea ete.) äusserst zierliche, vielästige und durch blutrothe Farbe ausgezeichnete Büsche. Im Verhältnisse zum übrigen Körper sind aber diese Büsche hier umfangreicher und stärker entwickelt, als bei allen übrigen Margeliden. In völlig ausge- strecktem Zustande (wie er an unserem Weingeist-Exemplar vorzuliegen scheint) nehmen sie einen Raum ein, welcher den der gesammten Umbrella übertrifft. Die 4 perradialen starken Stämme der Mundgriffel sind ungefähr eben so dick als die angeschwollenen Basalstücke der beiden Tentakeln und entspringen aus der abgestutzten Spitze des Central-Magens, rings um die Basis des langen Mund- rohres, ungefähr in der Höhe der Velar-Ebene (Fig. 1). Jeder der 4 starken Stämme theilt sich als- bald in 2 dicke Hauptäste, die sich nach kurzem Verlaufe abermals gabeln. Diese Dichotomie scheint sich wenigstens 6—8mal (vielleicht noch öfter) zu wiederholen, so dass die Gesammtzahl der Endäste wohl über Tausend beträgt. Bei jeder neuen Gabeltheilung wird das Kaliber der Aeste kleiner, so dass die 4 basalen Hauptstämme wenigstens 6—8mal so dick sind als ihre letzten Terminal-Aestchen. Jeder der letzteren endigt mit einem kugeligen Nessel-Knopfe, der aus zahlreichen langgestreckten, radial gestellten Nesselzellen zusammengesetzt ist und lange feine Cnidocilien trägt (Fig 5 n). Der feinere Bau der Mundgriffel und ihrer Aeste ist derselbe, wie bei den übrigen Margeliden. Die Haupt- masse derselben bildet eine entodermale Zellen- Axe, bestehend aus einer einzigen Reihe von flachen, münzenförmigen, wie in einer Geldrolle über einander gereihten Entoderm-Zellen. Die Kerne derselben, von einem Protoplasma-Hofe umgeben, liegen in ihrer Mitte (Fig. 5 d) und bilden scheinbar in der Mitte der ganzen Zell-Säule einen zusammenhängenden Axenstrang (von früheren Beobachtern bei den soliden Mundgriffeln anderer Margeliden, wie bei den ähnlichen Tentakeln der Narcomedusen und vieler Hydroiden, irrthümlich für einen „Central-Canal“ gehalten). Diese solide entodermale Zellen-Axe der Mundgriffel ist rings umschlossen von einer dünnen, aber festen und sehr elastischen, stark licht- brechenden Stützlamelle oder Fulcral-Platte, durch deren Elastieität die Ausdehnung der contrahirten Mundgriffel bei Nachlass der Muskel-Contraction bewirkt wird (Fig, 52, 72). Die Muskeln, welche bei ihrer Zusammenziehung die Griffel in hohem Maasse verkürzen und gleichzeitig verdicken, bilden eine dünne Lamelle, zusammengesetzt aus parallelen longitudinal verlaufenden Fasern. Diese Muskelplatte ist hier, ebenso wie an den Tentakeln, ‘ein Product. des Exoderms, während die Fulcral-Platte vom Entoderm ausgeschieden wird. Der Exoderm-Ueberzug der Mundgriffel besteht aus platten Epithel- Zellen, welche theilweise Geissel-, theilweise Nesselkapseln bilden und ausserdem zahlreiche Körner des blutrothen Pigmentes enthalten. Die Nesselzellen der Endknöpfe sind nicht pigmentirt. THAMNOSTYLUS DINEMA. 5 Das Mundrohr oder „Schlundrohr“, welches auch als „Rüssel“ (Proboseis) bezeichnet werden kann und in der Mitte zwischen den 4 Stämmen der Mundgriffel aus der Oral-Oeffnung der centralen Magen -Pyramide entspringt, ist 2—3mal so lang als letztere und ragt aus der Velar-Oeffnung der Schirmhöhle weit hervor. Dasselbe ist vierseitig-prismatisch, in den beiden oberen Dritteln von gleich- mässiger Dicke, während das untere Drittel in einen eiförmigen muskulösen Schlundkopf (Pharynx) angeschwollen ist. Letzterer ist durch eine ringförmige Einschnürung (Strietura palatina) von dem untersten Theile des Mundrohres abgesetzt, welcher die quadratische Mundöffnung trägt (Fig. 4). Der wulstig verdickte Mundsaum trägt einen Kranz von Nesselknöpfen (Fig. 4 an). Die 4 perradialen Kanten des Mundrohres springen stark vor, während die concaven Seitenflächen desselben in Falten gelegt sind. Il. Zweite Medusen-Ordnung: (Zweite Ordnung der Craspedoten:) LEPTOMEDUSAE, Haeckel (1866). Character der Leptomedusen-Ordnung: Craspedoten theils ohne, theils mit Rand- bläschen, letztere aus der Velum-Insertion entwickelt, mit exodermalen Otolithen-Zellen. Ocellen an der Tentakel-Basis bald vorhanden, bald fehlend. Gonaden stets im Verlaufe der Radial- Ca- näle. Zahl der Radial-Canäle wechselnd, bald 4, 6 oder 8, bald sehr gross, 16— 32 —-80, oder selbst mehrere hundert. Velum dünn und zart. Ontogenese meistens Generationswechsel, oft mit Metamorphose verknüpft. Die Ammen der ungeschlechtlichen Generation sind Hydropolypen aus der Campanarien-Ordnung. Familia: CGANNOTIDAE, Haeckel (1877). HAEcKEL, System der Medusen, 1379; p. 140, Taf. IX. Familien-Character: Leptomedusen ohne Randbläschen, mit 4 oder 6 Radial-Canälen, welche verästelt, gabelspaltig oder gefiedert sind, und in deren Verlaufe die Gonaden liegen. Subfamilia: POLYORCHIDAE, Ar. Acassız (1862) s. a. Cannotiden mit 4 oder 6 Radial-Canälen, welche gefiedert oder mit blinden Seitenästen versehen sind, die den Ring- canal nicht erreichen, Genus: PTYCHOGENA, Ar. Acassız (1865). zevvyn = Windung;; yevn = Geschlechtsorsan. Genus-Diagnose: Cannotide mit 4 gefiederten Radial-Canälen, deren alternirende Fiederäste sämmtlich blattförmige, gespaltene, gekerbte oder zusammengesetzte Gonaden tragen. Magen eine flache weite Tasche, ohne eigentliche Mundlappen. Das Genus Pfychogena wurde 1865 von Ar. Acassız für die nordamerikanische Tiefsee-Canno- tide P. lactea aufgestellt (North American Acalephae p. 137, Fig. 220). Eine zweite, wenig verschiedene Tiefsee- Art aus dem nord-atlantischen Ocean (P. pinnulata) ist nachstehend beschrieben und wird die kurze Darstellung von Acassız ergänzen. Pfychogena ist das verbindende Zwischenglied zwischen 6 LEPTOMEDUSAE. CANNOTIDAE. den anscheinend sehr verschiedenen Gattungen Gonynema und Staurophora. Während bei ersterer der Magen ein langes Rohr, bei letzterer gänzlich verstrichen ist, stellt der Magen von Pfychogena eine flache, weit offene, quadratische Tasche dar, deren 4 Ecken konisch zugespitzt ohne scharfe Grenze in die 4 Radial-Canäle übergehen; und während die Fiederäste der Gonaden bei Gonynema ganz auf die Ra- dial-Canäle beschränkt, hingegen bei Staurophora centripetal bis zum Centrum des Canal-Kreuzes fort- gesetzt sind, erreichen sie bei Pfychogena einen mittleren Grad der Ausbildung; sie nehmen hier nur die Proximalhälfte der Radial-Canäle ein, setzen sich aber von da noch eine Strecke weit auf die eigent- liche Magenwand fort. Beide (nordatlantische) Arten von Piychogena scheinen echte Tiefsee-Medusen zu sein. Ar. Acassız sagt darüber Folgendes (l. e. p. 139): „This Medusa, like Tima, swims at a con- siderable depth below the surface. The action of the light and increase of temperature of the surface is sufficient to kill them in the course of half an hour; the moment they are brought to the surface, the spherosome loses its transparency, the genital organs become dull, and the Medusa is soon com- pletely decomposed. This action is much more rapid than any thing of the kind which I have noticed even in Ctenophorae, Mertensia being the only genus in which the decomposing effects of light and heat are at all equal to what is produced here. This Jelly-fish must be a deep-water species, as they have only been found during a single fall, and then only for a few days, when they seemed quite abundant.“ Wie für Pfychogena lactea, so werden diese Bemerkungen höchst wahrscheinlich auch für P. pinnulata gelten. Das Exemplar der letzteren aus der Challenger - Sammlung stammt aus 1250 Faden (= 2500 Meter) Tiefe. Species: Ptychogena pinnulata, Harcxer. Tafel II. Ptychogena pinnulata, HAscker, 1879; System der Medusen p. 148, Nr. 150. Species-Diagnose: Schirm flach gewölbt, 2—3 mal so breit als hoch. Magen quadratisch, sehr flach und weit (von 4 des Schirm - Durchmessers), mit niedrigem Mundrande, der an den 4 Ecken in 4 kurze Lappen ausgezogen ist. Gonaden 4 breite, fast kreisrunde, gefiederte Blätter, welche die Proxi- malhälfte der Radial-Canäle einnehmen und an deren konisch erweitertem Ursprung auf die Magenwand sich fortsetzen; jedes Blatt mit 20—30 Paar alternirenden Fiederästen, welche nicht gespalten sind, und einen blattförmigen, am unteren freien Rande tief gekerbten Geschlechtslappen tragen. 200 bis 300 lange Tentakeln, dazwischen viele Randkolben. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 50—60 Mm.; Vertical-Diameter 20—30 Mm. Fundort: Nord-Atlantischer Ocean. Ich konnte von dieser nord-atlantischen Species mehrere wohl erhaltene Spiritus-Exemplare aus dem zoologischen Museum von Kopenhagen unter- suchen, welche von Capitain Mogers zwischen Irland und Island gefunden worden waren (590 7’N. Br., 13° 32° W.L. v. Gr.). Mit dieser identisch erscheint ein Cannotiden-Fragment, welches ich in einem Glase der Challenger-Sammlung von Station 50 (vom 21. Mai 1873) entdeckte, demselben Glase, in welchem sich auch Peetyllis arctica fand (aus 1250 Faden Tiefe in der Nähe von Halifax gehoben, 42° 8’ N. Br., 630 39° W.L. v. Gr.). Obgleich dieses zerfetzte Fragment kaum einen Schirm - Qua- dranten umfasst, genügte es dennoch, um die Identität mit jenen Kopenhagener Exemplaren festzu- stellen, nach welchen die nachstehende Beschreibung und Abbildung entworfen ist. Umbrella. Ptychogena pinnulata zeigt im Ganzen dieselbe Schirmbildung, wie die nahe verwandte P. lactea (l. e.). Der Schirm ist flach gewölbt, in der Mitte etwas stärker vortretend. Die horizontale PTYCHOGENA PINNULATA. 7 Breite an der Mündung der Schirmhöhle ist 2—3mal so gross als die verlicale Höhe. Die Gallerte des Schirmes ist ziemlich fest, aber dünn, und nimmt von der Mitte nach dem Rande hin ziemlich rasch ab; in der Mitte beträgt ihre Dicke 5—6 Mm. Die Exumbrella ist glatt, ohne besondere Aus- zeichnung. Schirmrand. Derselbe ist dicht besetzt mit 2 Reihen von Anhängen, einer äusseren Reihe von langen Tentakeln und einer inneren Reihe von kurzen Randkolben (Fig. 3, 4). Die Zahl der Ten- takeln oder Randfäden beträgt 200—300; bei einem Exemplar zählte ich 320. Gewöhnlich kom- men auf jeden Quadranten 70—80. Sie stehen dicht gedrängt. Die angeschwollene Basis oder der Tentakel-Bulbus (Fig. 3 ıb) ist 1,8 Mm. lang, 0,6 Mm. breit und hat die Form eines halb ovalen Blattes, das in der Meridian -Ebene liegt; der abaxiale Rand ist stark gewölbt, von der Basis an allmählich ansteigend und dann plötzlich abfallend; der axiale Rand ist gerade oder ein wenig concav ausge- schweift. Der Randfaden selbst ist sehr dünn und an den vorliegenden Spiritus-Exemplaren ungefähr so lang als der Schirm-Durchmesser; am lebenden Thiere wahrscheinlich 3—4mal so lang. Die Randkolben oder Tastkolben (Fig. 3, 4 ok) sitzen an der Innenseite der Tentakeln, zwischen ihrer Insertion und der Velum-Basis. An einigen Stellen alterniren sie mit den Tentakeln, meistens aber sind sie unregelmässig vertheilt. Ihre Zahl scheint sehr variabel. An einem der vorliegenden drei Exemplare sind nur sehr wenige (20—30), am zweiten über 100 und am dritten über 200 vorhanden. Bei auffallendem Lichte erscheinen die undurchsichtigen Randkolben kreideweiss, bei durchfallendem schwarz; sie sind birnförmig, aus schmal gestielter Basis allmählich anschwellend, etwa 3—} so lang als die Basal-Bulben der Randfäden, 0,6—0,8, höchstens 1 Mm. lang, 0,3 Mm. breit. Das Velum (v) ist ziemlich breit, aber sehr dünn und zart, vielfach gefaltet. Auch die Ringmuskulatur der Subum- brella ist mässig entwickelt und zeigt keine besonderen Eigenthümlichkeiten. Die Schirmhöhle ist sehr flach, ihre obere Hälfte grösstentheils vom Magen und den 4 Gonaden ausgefüllt. Gastrocanal-System (Fig. 1, 2). Die weite Mundöffnung führt in einen kurzen flachen Magen- sack, dessen 4 Basal-Ecken in 4 konische Trichter ausgezogen sind. Diese setzen sich fort in die 4 Radial-Canäle, welche in ihrer Proximalhälfte gefiedert sind und die Gonaden tragen. Am Schirm- rande münden die engen Radial-Canäle in einen Ringcanal, welcher Ausläufer in die Tentakeln und Randkolben schickt. Die Mundöffnung (Fig. 1, 2 in der Mitte) ist quadratisch, sehr weit, mit unregelmässig ge- falteten Rändern, welche sich an den 4 perradialen Ecken in 4 kurze wellige Mundlappen ausziehen (Fig. 2 al). Sie führt unmittelbar in die weite und flache, fast kubisch gestaltete Magenhöhle, von 12—16 Mm. Durchmesser. Die dünne durchsichtige Wand des vierseitig-prismatischen Magenschlauches hängt ungefähr bis zur Mitte der Schirmhöhle herab; ihr unterer freier Mundrand ist sehr verdünnt. Im Magengrunde tritt an der Gastralfläche des Gallertschirmes sehr deutlich ein perradiales Kreuz her- vor (Fig. 2 9), dessen 4 Schenkel 0,5 Mm. breit und 8 Mm. lang sind. Dasselbe wird gebildet durch 4 enge Flimmerrinnen, welche centripetale Fortsetzungen der Umbral-Wand der 4 Radial-Canäle sind. Bei einem von den drei Exemplaren treffen die 4 Schenkel des Kreuzes im aboralen Mittelpunkt der Subumbrella zusammen, so dass der quadratische Magengrund in 4 congruente gleichschenkelige Drei- ecke zerlegt wird (Fig. 2). Bei den anderen beiden Exemplaren sind die Spitzen von 2 gegenstän- digen Dreiecken abgestutzt und berühren sich (bei dem einen Exemplar in der Länge von 2, bei dem anderen von 6 Mm.), so dass die gegenständigen Spitzen der beiden anderen, alternirenden Dreiecke um eben so viel aus einander stehen (Fig. 7). Die geometrische Form des Flimmerkreuzes ist mithin hier deutlich amphitheet, während sie bei dem ersten Exemplare völlig regulär ist (Fig. 2). 8 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAE. Die 4 perradialen Ecken des Magengrundes sind in 4 conische Trichter ausgezogen (Fig. 2 ck), deren Spitzen bis in die Mitte der Gonaden hineinreichen und die proximale Hälfte der Radial-Ca- näle einnehmen. Letztere sind sehr breit in dieser proximalen, dagegen sehr schmal in der distalen Hälfte, unterhalb der Gonaden. In der Mitte seines Verlaufes giebt jeder Radial-Canal an beiden Rän- dern unter rechten Winkeln eine Anzahl alternirender Fieder-Aeste ab, 20—30 jederseits (Fig. 5). Diese Aeste sind in der Mitte am längsten (bis 10 Mm.) und nehmen nach beiden Enden des Radial-Canals stufenweise an Länge ab; an beiden Enden sind sie sehr kurz. Aus ihrer unteren Wand gehen die Gonaden hervor. Gonaden (Fig. 5, 6). Die 4 Geschlechtsdrüsen haben, von der subumbralen Fläche be- trachtet, die Gestalt von breiten, elliptischen oder fast kreisrunden Blättern, welche die Mitte der Radial- Canäle einnehmen; sie hängen von diesen frei in die Schirmhöhle herab (Fig. 1, 2). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass jede Gonade ein zierlich gefiedertes Blatt bildet, dessen 20 —30 Paar Fiederäste senkrecht stehende Lamellen sind (s). Der obere Rand jeder Lamelle steht mit einem queren Fiederaste des Radialgefässes in Verbindung, dessen untere (subumbrale) Wand eine Falte bildet; der untere freieRand jeder Lamelle ist gesägt oder vielmehr in eine Anzahl fingerförmiger Zipfel gespalten. Die Anzahl dieser Zipfel ist am grössten (10—15) bei den breitesten Lamellen, in der Mitte jeder Go- nade, am geringsten bei den schmälsten Lamellen, an beiden Enden der Gonade. Jede Lamelle ist also eigentlich ein halb gefiedertes Blatt, dessen gerader oberer Rand an den Querast des Radial-Canals angewachsen ist, während der eingeschnittene untere Rand frei in die Schirmhöhle vorragt. IN. Dritte Medusen-Ordnung: (Dritte Ordnung der Craspedoten:) TRACHOMEDUSAE, Haeckel (1866). Character der Traehomedusen-Ordnung: Craspedoten mit Hörkölbchen, welche bald frei am Schirmrande stehen, bald in Hörbläschen eingeschlossen sind, mit entodermalen Otolithen- Zellen. Ocellen an der Tentakel-Basis meist fehlend. Gonaden stets im Verlaufe der Radial-Ca- näle. Zahl der Radial-Canäle bald vier, bald sechs, bald acht, niemals mehr; oft zwischen den- selben blinde Centripetal-Canäle. Velum derb und breit. Ontogenese — soweit bis jetzt bekannt — Hypogenese (oder „direete Entwicklung“, kein Generationswechsel), meist mit Metamorphose verknüpft. Familia: TRACHYNEMIDAE, Gegenbaur (1856). HAEcKEL, System der Medusen, 1879; p. 255, Taf. XVII. Familien-Character: Trachomedusen mit 8 Radial-Canälen, in deren Verlauf die 8 Gonaden liegen, mit langem schlauchförmigen Magen, ohne Magenstiel; mit Hörkölbchen, welche selten frei, meistens in Hörbläschen eingeschlossen am Schirmrande liegen. Subfamilia: PECTYLLIDAR, Harcker (1877). Trachynemiden mit Saugnäpfen an den Tentakeln; mit radialen Mesogonien oder Geschlechtsgekröser. PECTYLLIS ARCTICA. 9 Genus: PECTYLLIS, Harcrer (1879). IIsvöhlıs, Pectyllis, Derivativum von Pectis. Genus-Diagnose: Trachynemide mit 8 Gonaden im Verlaufe der 8 Radial-Canäle, ohne Centri- petal-Canäle. Gonaden durch 8 radiale Mesogonien oder blattförmige Geschlechtsgekröse halbirt und mit der Magenbasis verbunden. Mundhöhle ohne Mundtrichter und ohne Backentaschen. Tentakeln mit Saugnäpfen, äusserst zahlreich, am Schirmrande dicht gedrängt, in mehreren Reihen über einander. Zahlreiche (8 oder 16?) Hörkölbehen. Das Genus Pectyllis bildet zusammen mit den beiden folgenden Genera Pects und Pectanthis die besondere kleine Gruppe der Pecetylliden, welche ich im „System der Medusen“ (1879, p. 265) als Subfamilie in der Familie der Traehynemiden aufgeführt habe. Doch zeichnen sich die Pectylliden durch mehrere auffallende Eigenthümlichkeiten so sehr vor den übrigen Trachynemiden — den Mar- manemiden — aus, dass sie wohl besser als besondere Familie von diesen getrennt werden. In dem Besitze von 8 Radial-Canälen und 8 an diesen anhängenden Gonaden, in der Bildung des Nach- gewölbten Schirmes und dem Mangel eines gallertigen Magenstiels, stimmen die Pectylliden mit den Marmanemiden überein; dagegen unterscheiden sie sich von ihnen auffallend durch zwei eigenthüm- liche Merkmale, welche auch den übrigen Trachomedusen fehlen: durch den Besitz von 8 Mesogonien und von zahlreichen, am Ende mit Saugnäpfen versehenen Saug-Tentakeln. Auch sind die Hörkölb- chen des Schirmrandes frei, wie bei den Aglauriden; nicht in „Randbläschen“ eingeschlossen, wie bei den Marmanemiden. Die eigenthümlichen „Mesogonien“ oder „Genital-Mesenterien“ sind dünne, membranöse, vertical gestellte Blätter, welche in Radial-Ebenen zwischen dem centralen Magen- rohr einerseits und den 8 sackförmigen Geschlechtsdrüsen anderseits ausgespannt sind und sich in deren subumbraler Mittellinie inseriren, bisweilen auch längs der Radial-Canäle bis fast zum Sehirm- rande hin fortsetzen. Dadurch zerfällt der obere Theil der Schirmhöhle in 8 radiale Fächer oder Sehirmtrichterhöhlen (Infundibula subumbralia), — Die eigenthümlichen Saug-Tentakeln der Peetylliden sind hohle oder solide, sehr elastische und contractile Fäden, welche am freien Ende einen kräftigen Saugnapf tragen und zum Ansaugen benutzt werden. Ein Theil derselben hat in Form und Bewegungsweise die grösste Aehnliehkeit mit den „Ambulacral-Füsschen“ der Echinodermen. Bei allen 3 Peetylliden -Gattungen sind die Saug- Tentakeln äusserst zahlreich, bald dieht gedrängt am Schirm- rande vertheilt, in mehreren Reihen über einander; bald mehr oder minder deutlich in getrennte Büschel gruppirt; eigentlich lassen sich bei allen 16 (oder x > 16) Büschel unterscheiden, durch marginale Einschnitte mehr oder minder getrennt, so dass der Schirmrand selbst dadurch fast gelappt erscheint. — Eine weitere Eigenthümlichkeit der Pectylliden ist das ausserordentlich breite und kräftige Velum, welches wahrscheinlich bei allen drei Gattungen bis zum völligen Verschlusse der Schirm- höhle, einem Sphineter gleich, ausgedehnt werden kann; sie scheinen in dieser extremen Ausbildung des Velum alle anderen Craspedoten zu übertreffen. — Endlich zeichnen sich die Pectyl- liden auch noch durch eine eigenthümliche Bildung des Ringeanals aus, nämlich drüsige Falten oder Zotten seiner Entoderm -Auskleidung, welche von dem unteren Rande desselben in sein Lumen hineinragen. — Da alle drei bisher beobachteten Pectylliden-Genera (— jedes nur mit einer Species —) typische Tiefsee-Medusen sind, so ist es wahrscheinlich, dass die angeführten sonderbaren Eigen- thümlichkeiten theilweise oder ganz Folgen der Anpassung an das Leben in grossen Meeres- tiefen sind. Jedenfalls sind sie von solcher Bedeutung, dass sie die Trennung der Peetylliden von den Marmanemiden als besondere „Familie“ rechtfertigen. Unter den 3 Genera der Pectylliden zeichnet Haeckel, Tiefsee-Medusen. 2 10 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAE. sich Peetanthis dadurch aus, dass die Saug-Tentakeln in 16 getrennte Büschel gruppirt sind, während sie bei den anderen beiden Genera dicht gedrängt den ganzen Schirmrand säumen; Peetis ist durch den Besitz von blinden Centripetal-Canälen characterisirt, welche Pectyllis (und Pectanthis) fehlen. Species: Pectyllis arctica, Harcker. Tafel III, IV. Pectyllis arctica, HAECKEL, 1879; System der Medusen p. 266, Nr. 287. Species-Diagnose: Schirm fast halbkugelig, ungefähr 14 mal so breit als hoch. Exumbrella mit 16 vorspringenden radialen Rippen, welche mit 16 tiefen radialen Furchen alterniren. Magen vierseitig- prismatisch, ungefähr so lang als der Schirm-Radius. Mundrand fleischig verdickt, quadratisch, mit 4 perradialen spitzen Lappen und 4 interradialen starken Längsmuskeln. 8 Gonaden eiförmige Säcke in der Proximalhälfte der Radial-Canäle, durch breite radiale Mesogonien halbirt. Schirmrand wulstig- verdickt, dicht besetzt mit mehreren Reihen von Saugnäpfen, welche auf 16 grössere und 48 kleinere Gruppen vertheilt sind (in jeder Gruppe 16—20 Saugnäpfe). Dazwischen 16 längere und 32 kürzere Tentakeln (?) und zahlreiche (8<—16?) Hörkölbchen. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 18—24 Mm.; Vertical-Diameter 12—16 Mm. Fundort: Arktischer Theil des Nord-Atlantischen Oceans. Von dieser Art konnte ich mehrere wohl conservirte Spiritus-Exemplare aus dem zoologischen Museum von Kopenhagen untersuchen, welche an der Westküste von Grönland 1860 von Orr ge- sammelt waren. Damit identisch ist ein Exemplar von Station 50 der Challenger -Expedition (am 21. Mai 1873 in der Nähe von Halifax aus 1250 Faden Tiefe gehoben; Lat. N. 42° 8°; Long. W. v. Gr. 63° 39’). Mit dieser Species nahe verwandt scheint die Pectyllide zu sein, welche Arıman 1878 als Pfychogastria polaris beschrieben hat (in Nare’s Narrative Voyage Polar Sea Vol. I, p. 299). Ein unvollständiges Exemplar derselben sah ich 1879 im British Museum. Umbrella (Taf. II, Fig. 1, 2; Taf. IV, Fig. 3, 4). Der Schirm ist ungefähr halbkugelig gewölbt, so dass der grösste horizontale Durchmesser (an der Mündung der Schirmhöhle) den grössten verticalen (die Hauptaxe) fast um das Doppelte übertrifft (Fig. 1). Ersterer misst 18—24, letzterer 12—16 Mm. Die Gallerte des Schirmes ist dünn, aber fest, und scheint in der ganzen Ausdehnung des Schirmes nahezu von gleicher Dicke zu sein (Fig. 3). Die Exumbrella oder die äussere convexe Schirmfläche wird durch 16 leistenförmige Radial-Rippen, deren Distal-Ende am Schirmrande lappenartig vorspringt, in 16 vertiefte Radial-Felder oder Thäler getheilt (Taf. III, Fig. 1, 2). Von den 16 Radial-Rippen (Costae exumbrales, Fig. 10 er) entsprechen 8 den darunter gelegenen Gonaden und Mesogonien (4 per- radiale und 4 interradiale).. Diese 8 prineipalen Rippen vereinigen sich oben im Centrum der Exum- brella zu einem achtstrahligen Stern, während die 8 übrigen, mit ihnen alternirenden, adradialen Rippen nicht bis zum Scheitel des Schirmes hinaufreichen. Am Distal-Ende sind je 2 Rippen durch eine zwei- schenkelige flache Klammer verbunden, deren intercostale Mitte spitz nach innen und unten zurücktritt (Fig. 1, 2). Diese Einbuchtung bildet die Grenze zwischen je 2 von den 16 flachen Randlappen und liegt in der idealen Verlängerung der 16 intereostalen Radial-Furchen der Exumbrella (Sulei exumbra- les). Die letzteren bilden den tiefsten Theil der concaven Thäler zwischen je 2 Rippen, sind aber nur in einer mittleren Zone der Exumbrella scharf ausgeprägt, oben und unten verstrichen. Zwischen jeder Furche und jeder Rippe verläuft in der Exumbrella noch eine sehr zarte Radial-Rippe (Fig. 1). Schirmrand (Margo umbralis, Fig. 1, 2, 4, 10 etc.). Der Schirmrand ist sehr beträchtlich verdickt PECTYLLIS: ARCTICA. 11 und erscheint schon bei oberflächlicher Betrachtung mehr oder weniger deutlich in 16 flache, etwas convex vorspringende Lappen getheilt, deren mittlere Spitze das Distal-Ende einer radialen Exumbral- Rippe bildet. Ohne Unterbrechung ist der ganze Schirmrand dicht besetzt mit sehr zahlreichen (über tausend) Tentakeln, welche in mehreren Reihen übereinander stehen und zum grössten Theile in kurz- gestielte Saugnäpfe umgebildet sind. Zwischen ihnen sitzen einzelne (8 oder 16?) Hörkölbehen. Nach innen von dem Nesselringe des Schirmrandes entspringt ein sehr breites Velum. Tentakeln. Die Zahl der marginalen Tentakeln beläuft sich auf 1000—1200; alle tragen am Ende einen Saugnapf. Aber nur ein geringer Theil derselben tritt in Form längerer oder kürzerer Fäden hervor; bei der grossen Mehrzahl ist der Fadentheil des Tentakels so redueirt und der termi- nale Saugnapf so mächtig entwickelt, dass sie als kurzgestielte oder selbst ungestielte Saugnäpfe (Acetabula) erscheinen. Die Vertheilung dieser Anhänge ist sehr regelmässig und eigenthümlich. Jeder der 16 Randlappen trägt eine Hauptgruppe, die aus 3 grösseren Saugnäpfen und 3 dreieckigen, damit alternirenden Saugplatten zusammengesetzt ist, und in jeder Saugplaite lassen sich 16—20 Saugnäpfe von verschiedener Grösse unterscheiden (vergl. Fig. 1, 2, 4, 10). 16 colossale Saugnäpfe erster Grösse nehmen die höchste Lage ein, anı Ende der 16 Exumbral-Rippen (Fig. 7 za, Fig. 10 A). Zwischen ihnen liegen etwas tiefer 32 Saugnäpfe zweiter Grösse (Fig. 8 zb, Fig. 10 B). Zwischen ersteren und letzteren, wieder etwas tiefer (und etwas länger gestielt) finden sich 48 Saugnäpfe dritter Grösse (Fig. 5 xc, Fig. 10 C). Nach innen und unten von diesen endlich sitzen dicht gedrängt, in einer drei- eckigen Gruppe, die zahlreichen, länger gestielten, kleineren Saugnäpfe; ihre Zahl nimmt gegen die Velum-Insertion gleichmässig zu, ihre Grösse hingegen ab (Fig. 6 xd). Jede der so gebildeten „Saug- platten“ hat grosse Aehnlichkeit mit den Saugplatten am Ende der beiden langen Fangarme der zehu- armigen Cephalopoden (Sepia etc.). Die Zahl der längeren, am Ende einen kleinen Saugnapf tragenden Tentakeln liess sich leider nicht genau bestimmen, da die meisten abgerissen waren. Es scheint jedoch, dass 16 längere Tentakeln (kaum so lang als der Schirm-Radius) sich unterhalb der 16 obersten Saug- näpfe erster Grösse inseriren, und 32 kürzere Tentakeln zwischen diesen, unterhalb der Saugnäpfe zweiter Grösse (Fig. 1, 2). Die Structur dieser tentacularen Bildungen ist überall dieselbe: Die Haupt- masse bildet eine starke solide Axe von grossen Chordal-Zellen (oder hellen, blasenförmigen Entoderm- Zellen, yt). Diese ist rings überzogen von einer dünnen, aber festen und sehr elastischen Fulcral- Platte und über dieser liegt eine dünne Schicht von longitudinalen Muskelfasern. Das äussere, letztere bedeckende Epithel des Exoderms ist sehr reich an Nesselzellen, welche meistens an der abaxialen Seite der Tentakel-Basis in Gestalt eines starken Nesselpolsters angehäuft sind (Fig. 6 n, 8 n). Der Saugnapf, am abgestutzten Ende der Tentakeln, ist an seinem wulstigen Rande ebenfalls mit einem dicken Nesselringe ausgestattet, und trägt an seiner. concaven Fläche eine starke Muskelplatte (Fig. 7 za). Die Art und Weise, wie diese Saugnäpfe sehr regelmässig und zierlich am Schirmrande vertheilt sind, lässt sich am besten durch Vergleichung der Figuren 1 und 2 auf Taf. III, 4 und 10 auf Tal. IV, sowie der Durchschnitte des Schirmrandes in Fig. 5—8 ersehen (vergl. die Erklärung zu Taf. II und IV). Velum (Fig. 2, 30, Av). Das Velum ist sehr breit und kräftig und scheint die Schirmhöhle vollständig abschliessen zu können. Die innere axiale Hälfte, deren freier Rand (Fig. 3, 4 vm) den engen Eingang in die Schirmhöhle umgrenzt, ist viel dünner als die starke äussere oder abaxiale Hälfte: beide Hälften sind durch eine tiefe, in die Schirmhöhle vorspringende Ringfalte von einander geschieden (Fig. 3, 4). Die Muskeln des Velum bilden zahlreiche, zierliche Ringfalten. — Die Subumbrella trägt ebenfalls sehr kräftige Ringmuskeln, welche zahlreiche ringförmige Falten an der ganzen unteren ‘ Fläche des Schirmes bilden. — Die Schirmhöhle zerfällt (wie bei Pectanthis asteroides) in 8 tiefe 2° 12 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAEF. triehterförmige Fächer oder „Schirmtrichter-Höhlen“, indem $ breite verticale Scheidewände (4 perradiale und 4 interradiale) von den 8 Radial-Canälen und Gonaden zur Magenbasis herüberziehen („Meso- gonien“, Fig. 3 wr). Gastrocanal-System. Die centrale Mundöffnung führt in einen schlauchförmigen vierseitigen Magen, von dessen Basis im Grunde der Schirmhöhle 8 Radial - Canäle abgehen (4 perradiale und 4 interradiale). Diese tragen in ihrer Proximal-Hälfte die 8 sackförmigen Gonaden, welche durch die eben angeführten blattförmigen „Mesogonien“ an der Subumbrella fixirt werden. Der Magen ist ein sehr diekwandiger muskulöser Schlauch von der Form einer Quadrat-Pyramide, ist mit schmaler Basis im Centrum der Subumbrella befestigt und hängt ungefähr bis zur Mitte der Höhe der Schirmhöhle in diese hinein (Fig. 3 gp). An der quadratischen Mundöffnung gehen die 4 perradialen Kanten der Pyramide (ak) in 4 dreieckige Mundlappen (al) über, deren axiale Innenfläche durch eine (per- radiale) Längsfurche in 2 Lippenwülste getheilt ist (Fig. 2). In der Mitte zwischen je 2 Mundlappen tritt ein interradialer Längsmuskel-Wulst scharf vor (Fig. 2, 11). Die interradialen Mundränder, welche durch diese Längsmuskeln halbirt werden, sind rinnenförmig nach aussen umgeschlagen (gleich einer Hutkrempe). Die sehr kräftigen Ringmuskeln des Mundes wie des Magens sind in zahlreiche, innen vorspringende Ringfalten gelegt (Fig. 2, 12). Radial-Canäle (Fig. 3 cr). Die 8 engen Radial-Canäle, welche vom Magengrunde (Fig. 3 90) in gleichen Abständen zur Peripherie gehen, vereinigen sich daselbst in einen engen Ringcanal (Fig. 3 cc, 5—8 cc). Auf dem Querschnitt zeigt dessen Wand zahlreiche starke Falten und Zotten (dp), welche vom distalen Rande des Ringeanals abgehen und [rei in sein Lumen vorspringen. Wie ge- wöhnlich, ist die äussere oder umbrale Wand des Ringeanals, welche dem Marginal-Theil der Schirm- Gallerte (u) anliegt, von flachem Pflaster-Epithel überzogen (du), hingegen der übrige Theil seiner Wand von hohem Cylinder-Epitbel (dw). Dieses letztere bekleidet auch die Zotten und Falten der unteren Canal-Wand. Die sehr hohen Cylinder-Zellen der Zotten (dp) enthalten an ihrem basalen Ende (welches vom Canal-Lumen abgekehrt ist) schwarze Pigmentkörner, welche den daselbst gelagerten Kern umhüllen. Wahrscheinlich haben diese pigmentirten Zotten (welche den Darmzotten der Wirbel- thiere ähnlich sind) secretorische oder excretorische Funetionen- (vergl. Taf. IV, Fig. 5-8 und Erklärung). Gonaden (Fig. 2, 3 sc). In der proximalen Hälfte der 8 Radial-Canäle hängen als ansehnliche Aussackungen von denselben die 8 Geschlechtsdrüsen herab (4 perradiale und 4 interradiale). Die- selben erscheinen als weite, faltige und dickwandige Säcke von eiförmiger oder spindelförmiger Gestalt. In der Mitte der Subumbral-Wand jedes Sackes erhebt sich ein radiales Mesogonium (oder Genital- Mesenterium), eine dieke verticale Falte der Subumbrella, welche von der Magenbasis bis zum Schirm- rande geht (Fig. 3 wr). Durch diese 8 Mesogonien werden die Magen-Kanten fixirt, die 8 Gonaden halbirt und der Raum der Schirmhöhle in die 8 oben genannten „Schirmtrichter-Höhlen“ oder die peri- pherischen Nischen der Schirmhöhle getheilt. Genus: PECTIS, Harcker (1879). enasig — erstarrt, derb, gefroren, besaitet. Genus-Diagnose: Trachynemide mit 8 Gonaden im Verlaufe der 8 Radial-Canäle, zwischen denen blinde Centripetal-Canäle vom Ringcanale ausgehen. Gonaden durch 8 radiale Mesogonien oder blattförmige Geschlechts-Gekröse mit der Magen-Basis verbunden. Mundhöhle mit 8 eingestülpten PECTIS ANTARCTICA. 13 Mundtrichtern und 16 ausgestülpten Backentaschen. Tentakeln mit Saugnäpfen, äusserst zahlreich, am Schirmrande dicht gedrängt, in mehreren Reihen über einander. Zahlreiche (3—16?) Hörkölbehen. Das Genus Pectis unterscheidet sich von den anderen beiden Peetylliden - Gattungen sogleich auffallend durch seine blinden Centripetal-Canäle, welche in grosser Zahl vom Ring-Canal aus- gehen (ähnlich wie bei Olindias unter den Petasiden, Glossonus und Glossocodon unter den Liriopiden, Carmaris und Carmarina unter den Carmariniden). Die Saug-Tentakeln besetzen dicht gedrängt, in meh- reren Reihen über einander stehend, den ganzen Schirmrand, wie bei Pectyllis (nicht in getrennten Büscheln, wie bei Pectanthis). Die radialen Mesogonien sind viel schwächer entwickelt als bei den genannten Gattungen. Ganz eigenthümlich (und mir bei keiner anderen Craspedote bekannt) ist die Struetur des Mundrohres, mit seinen 8 sonderbaren, adradialen, exodermalen Mundtrichter-Höhlen und den 8 Paar damit alternirenden entodermalen Backentaschen. Species: Pectis antaretica, Harcker. Tafel V, VI. Pectis antarctica, HAEcKEL, 1879; System der Medusen, p. 266, Nr. 288. Species-Diagnose: Schirm fast halbkugelig, ungefähr 14 mal so breit als hoch. Exumbrella fein radial gerippt, gegen den Rand mit 32 stärker vortretenden Rippen. Magen vierseitig - prismatisch, ungefähr so lang als der Schirm-Radius. Mundhöhle mit 8 adradialen conischen Mundtrichtern und 8 Paar halbkugeligen Backentaschen. Mundrand fleischig verdiekt, quadratisch, mit 4 perradialen Mund- zipfeln. 8 Gonaden eiförmige, faltige Säcke in der Proximal-Hälfte der Radial-Canäle, durch 8 schmale radiale Mesogonien mit der Magen -Basis verbunden. Zwischen je 2 Radial-Canälen 11—13 blinde Centripetal-Canäle (3 grössere und 8—10 kleinere). Schirmrand wulstig verdickt, dicht besetzt mit mehreren Reihen von Saugnäpfen (über tausend), welche 32 zusammenhängende Gruppen bilden. Dazwischen zahlreiche (s—16?) freie Hörkölbchen. Grösse: Horizontaler Diameter der Umbrella 36 Mm.; verticaler Diameter 24 Mm. Fundort: Antarktischer Theil des indischen Oceans, südsüdöstlich von den Kerguelen-Inseln (600 52’ S. Br, 80% 20° Ö.L. v. Gr.); in 1260 Faden Tiefe, Challenger-Station 152 (am 11. Februar 1874). Von diesem Fundorte lag nur ein einziges, aber vollständig erhaltenes und gut conservirtes Exemplar zur Untersuchung vor. Umbrella. Der Schirm zeigte in unverletztem Zustande die eigenthümliche Hutform, welche Fig. 1 und 2 auf Taf. V, Fig. 11 auf Taf. VI darstellt. Ungefähr in der Mitte seiner Höhe läuft um den Schirm äusserlich eine tiefe eireulare, exumbrale Kranzfurche, durch welche derselbe in eine obere, fast halbkugelige Schirmkuppel und einen unteren, flach triehterförmigen Schirmkranz zerfällt. Der grösste horizontale Durchmesser des Schirmes (an der Mündung der Sehirmhöhle) beträgt 36—40 Mm. und übertrifft den grössten verticalen (in der Schirm-Axe) fast um das Doppelte. Die Exumbrella (oder die äussere, convexe Schirmfläche) ist in ihrer ganzen Ausdehnung von sehr zahlreichen und feinen Radial-Rippen durchzogen, deren Zahl in, der Peripherie des Schirmes 500—600 beträgt (Taf. V, Fig. 1; Taf. VI, Fig. 20). Ausserdem treten in der Exumbral-Fläche der unteren Schirmhälfte (oder des trichterförmigen „Schirmkranzes“) noch 32 durchgehende Radial-Rippen stärker hervor, und 32 mit diesen alternirende, etwas schwächere Costae erumbrales (Fig. 20 cs). Die Schirm-Gallerte (Fig. 2 ug) ist in der oberen, aboralen Hälfte des Schirmes ziemlich gleichmässig dick, auf dem Radial-Schnitt ungefähr eben so dick als die auf ihrer subumbralen Seite 14 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAE. befestigten Gonaden. Im Centrum des Scheitels ist dieselbe besonders verdickt und springt in Gestalt eines kurzen konischen Gallert-Zapfens in den Grund der Magenhöhle vor (Fig. 2 uk). In der unteren, oralen Hälfte ist hingegen die Gallerte viel dünner, kaum 4 oder # so dick als in der oberen Hälfte, welche von der unteren durch die exumbrale Kranzfurche (in halber Schirmhöhe) scharf abgeschnitten ist. Aeusserst zahlreiche geschlängelte elastische Fasern durchziehen die Schirmgallerte, indem sie von der exumbralen zur subumbralen Wand gehen, und verleihen ihr einen beträchtlichen Grad von Festig- keit; sie sind in zierliche Pyramiden zusammengestellt (Fig. 8 uf), deren Spitzen die Exumbrella /(e), deren Basen die Subumbrella berühren (w); zugleich bilden diese Pyramiden regelmässige Längsreihen, enisprechend den exumbralen Kadial-Rippen. Schirmrand (Margo umbralis, Fig. 1, 11, 12, 20). Derselbe ist bei dieser Peetylliden - Gattung nicht so auffallend gelappt, wie bei den anderen beiden, erscheint vielmehr in seiner ganzen Aus- dehnung ziemlich gleichmässig verdickt und mit sehr zahlreichen kurzen Saug-Tentakeln in mehreren über einander stehenden Reihen dicht besetzt. Die genauere Betrachtung lehrt jedoch auch hier, dass dieser Besatz des Schirmrandes keineswegs ganz gleichmässig vertheilt, vielmehr in 8 grössere und 32 kleinere Gruppen geordnet ist. Freilich hängen diese aber dicht zusammen und sind nicht durch Intervalle getheilt, wie bei Pectyllis und Pectanthis. Im Grunde ist also auch bei Pectis eine ähnliche Lappenbildung des Schirmrandes vorhanden, wie bei den genannten beiden Gattungen; nur tritt die- selbe äusserlich nicht so auffallend hervor. Jede der 32 kleinen Tentakel-Gruppen (Fig 20 ıd) besteht aus 30-40 ientacularen soliden Anhängen. Davon sind die 16—20 oberen (proximalen) kurzgestielte, birnförmige oder kolbenförmige Saugnäpfe, die 12—16 unteren (distälen) hingegen etwas längere Ten- takelu, die am Eude theilweise ebenfalls einen Saugnapf tragen, theilweise aber Fühler zu sein schei- neu. Diese „Tast-Tentakeln“, ohne Saugnapf (Fig. 17), waren meistens abgerissen, die längsten kaum über 1 Mm. lang. Wahrscheinlich sind dieselben jedoch beim lebenden Thiere viel länger (ähnlich wie bei Pectyllis arctica, Taf. Il, Fig. 1). Die zahlreicheren Saugnäpfe bilden 6—8 über einander sitzende, alternirende Reihen am Schirmrande; in jeder der 32 kleinen Gruppen, die einen fast rhom- bischen Umriss haben, stehen sie in 5—-6 Diagonal-Reihen, jede mit 4—5 Tentakeln (Fig. 20). Die Grösse der Saugnäpfe, welche eine ansehnliche konische, exodermale Saughöhle einschliessen, nimmt von oben nach unten allmählich ab (Fig. 12). Zwischen je 2 Gruppen sitzt etwas weiter oben am Schirmrande ein grösserer Saugnapl (Fig. 20 1s). Alle Tentakeln dieser Gattung sind solid; ihre Euto- derm-Axe bestelit aus grossen hellen Chordal-Zellen, welche bald in einer Reihe scheibenförmig hinter einander (Fig. 17 dt), bald mehrfach neben einander sitzen (Fig. 15 dt). Sehr kräftige innere Ring- muskeln bedecken dieses blasige Axengewebe und verdicken sich am Ende zu einem starken Ring- wulst; einzelne Bündel äusserer Längsmuskeln, die an der exumbralen Tentakel- Seite stark verdickt sind, ziehen über jene hinweg; unten am Saugnapfe laufen sie in 8—12 Radialstränge aus, die gegen das Centrum des Saugnapfs convergiren (Fig. 9, 10). Hörkölbehen (wahrscheinlich 8 oder 16) sitzen an der Axial-Seite des Schirmrandes, unter- halb der Velum-Insertion, nach innen von der untersten Tentakel-Reihe. Ich konnte auch bei sorg- fältigstem Suchen deren nur 2 oder 3 entdecken, sehr klein und ebenso gebaut wie bei den Aglauriden. Die dünne Entoderm-Axe des Hörkölbehens (Fig. 16) besteht aus wenigen Chordal-Zellen (4), deren letzte blasenförmig angeschwollen ist und einen grossen kugeligen, eoncentrisch geschichteten Otolithen enthält (ol). Die Exoderm-Zellen des Kölbehen-Epithels tragen sehr lange und feine Hörhaare (oh). Velum (Fig. 11—14). Bei Pectis ist das Velum dicker als bei allen anderen bisher bekannten Craspedoten und zeichnet sich durch ganz ungewöhnliche Entwickelung der Muskulatur aus. Die PECTIS ANTARCTICA. 15 Breite des Velum ist so bedeutend, dass es wahrscheinlich im Zustande grösster Ausdehnung die ganze Schirmhöhle, gleich einem Sphincter, völlig abschliessen kann. Die äussere, abaxiale Hälfte des Velum, welche an den Schirmrand anstösst, ist ungefähr so dick wie die Tentakeln und 3—6mal so diek als die innere axiale Hälfte, welche durch eine tiefe Ringfurche von der ersteren abgesetzt ist (Fig. 11, rechte Hälfte). Zieht man vorsichtig den frei vorspringenden Innenrand des Velum nach innen vor, so kann man ihn dem Centrum so weit nähern, dass der völlige Verschluss der Schirm- höhle durch Herüberziehen des Velum sehr wahrscheinlich wird, wie bei der vorigen Art. Auf ver- tiealen Schnitten durch das Velum (Fig. 12, 13) lassen sich (von oben nach unten bei natürlicher Lage des horizontal ausgespannten Velum) folgende Schichten unterscheiden: 1) das ventrale oder subumbrale Epithel des Velum (vw), gleich dem Subumbrella-Epithel dunkelbraunes Pigment enthal- tend; 2) eine ansehnlich dieke Schicht von hellem blasigen Bindegewebe (x); 3) die Muskelplatte des Velum, welche in Gestalt zahlreicher, sehr entwickelter Ringfalten in jenes Blasengewebe vorspringt; jede Falte sendet zahlreiche Nebenfalten oder Ausläufer in die helle Bindesubstanz - Platte (x) hinein, so dass sie auf dem Durchschnitt zierlich gefiedert erscheint (Fig. 13 mv); 4) eine dünne, aber feste elastische Stützlamelle, welehe Ausläufer in die Muskelfalten hineinschickt (zu); 5) das dorsale oder exumbrale Epithel des Velum (ve); die Epithel-Zellen des exumbralen Velum-Epithels sind viel kleiner und flacher, als diejenigen des subumbralen. Subumbrella. Das Exoderm-Epithel der unteren Schirmfläche besteht aus dunkelbraunen Pigment-Zellen, von welchem sich die milchweissen Wände der Canäle scharf abheben. Die darunter liegende Ring-Muskulatur der Subumbrella bildet zahlreiche derbe Ringfalten. Die Schirmhöhle ist bei Pectis einfach, ohne subumbrale Triehterhöhlen, da die 8 radialen, bei Peetyllis und Pectanthis so entwickelten „Mesogonien“ oder Genital-Mesenterien hier nicht zu auffallender Ausbildung gelangen ; sie werden nur schwach angedeutet durch 8 schmale Subumbral-Falten, welche von der Basis der 8 Gonaden zur Magen-Basis hinüberziehen (Fig. 2 wr). Gastrocanal-System. Im Ganzen demjenigen von Pectyllis gleichgebildet, unterscheidet sich das Gastrovaseular-System von Peetis hauptsächlich durch die blinden Centripetal-Canäle, welche vom Ringeanal ausgehen, sowie durch die eigenthümlichen Backentaschen in der Umgebung des Mundes und die mit diesen alternirenden Mundtrichter (Taf. V, Fig. 2—5; Taf. VI, Fig. 11). Das centrale Magenrohr hängt vom Grunde der Schirmhöhle bis über deren Mitte herab, in Gestalt eines vierseitigen Schlauches, welcher oberhalb der Mundöffnung mit 8 Paar Backentaschen besetzt ist. Die 8 Radial- Canäle, welche von der Magen -Basis ausgehen, vereinigen sich am Schirmrande in einen Ringeanal, von welchem zahlreiche kurze, blinde Centripetal-Canäle ausgehen (Taf. VI, Fig. 11). Die quadratische Mundöffnung (Fig. 3, 4 al, Fig. 11 in der Mitte) ist von einem sehr mus- kulösen, wulstigen Mundrande umgeben, auf dessen Oberfläche starke Ringmuskel-Falten vortreten (Fig. 3 mc). Dieselben zerfallen in 4 interradiale Gruppen durch 4 perradiale Längsmuskeln, welche in den 4 kurzen herzförmigen Mundlappen endigen (Fig. 3 al). Oberhalb dieses muskulösen (wahr- scheinlich sehr dehnbaren und zum Ansaugen geschickten) Mundrandes tritt ein Kranz von 16 Backen- taschen sehr auffallend hervor (Bursae buccales, Fig. 2, 3, 4, 5 bb). Dieselben bilden halbkugelige — oder richtiger halbeiförmige — Ausstülpungen der Magenwand und hängen paarweise dergestalt zu- sammen, dass die 8 Paare als orale gabeltheilige Endausläufer der 8 Magenrinnen (gs) erscheinen; jener longitudinaler Rinnen der inneren Magenwand, welche sich oben (im Grunde der Magenhöhle) in die 8 Radial-Canäle fortsetzen (Fig. 3, 4 cr). Je 2 Backentaschen-Paare werden getrennt durch einen zapfenförmigen Mundtrichter (Infundibulum orale, Fig. 2, 4, 5 io). Diese konischen, adradialen 16 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAE. Mundtrichter sind ganz eigenthümliche, bei keiner anderen Meduse mir bekannte Einstülpungen der Magenwand, gewissermaassen „innere Backentaschen“. Ihre kegelförmige Höhle, an der Spitze blind geschlossen, ist vom Exoderm ausgekleidet und mündet in die Schirmhöhle, während jene „äusseren Backentaschen“ (bb) vom Entoderm ausgekleidet sind und in die Mundhöhle münden. Solche „äussere Backentaschen“ sind mir auch von keiner anderen Craspedote bekannt, kehren aber unter den Acraspeden bei den Periphylliden wieder (vergl. unten). Die exodermale Aussenwand der äusseren Backentaschen von Pectis (Fig. 3 bb) ist violett-braun pigmentirt, in der Mitte mit einem breiten, milchweissen, ge- zähnten Längsstreifen. Hingegen ist der entodermale Ueberzug der Mundtrichter. milchweiss gefärbt und setzt sich scharf von der dunkel-violetten Umgebung der Mundhöhle ab. — Der obere Theil der Mageuhöhle, in welchen der Gallertkegel der Umbrella (Fig. 2 uk) lief hineinragt, erscheint auf dem Querschnitt (Fig. 6) achtstrahlig, indem 8 adradiale Längsfalten, von den 8 Mundtrichtern hinaufziehend, zwischen den 8 concaven Magenrinnen (gs) nach innen in das Lumen der Centralhöhle (g) vorspringen. (Vergi. den perradialen Längsschnitt Fig. 4.) Die 8 Radial-Canäle (Fig. 11, 20 cr), welche von der Magen-Basis zum Schirmrande gelien und hier in den Ringeanal einmünden, sind ebenso wie der Ringeanal selbst (cc) und wie die blinden, von diesem ausgehenden Centripetal-Canäle, nicht eylindrische Röhren, sondern bandförmige, abgeplattete Gefässe, welche sich durch ihre milchweisse Färbung scharf von der dunkelvioletien Sub- umbrella abheben. Der Ringcanal zeigt auf dem Querschnitte (Fig. 12 cc) an seinem unteren, margi- nalen, die Velum-Basis berührenden Rhande eine hohe bis zur Hälfte in das Lumen vorspiingende Ringfalte (yc), deren hohes, theilweise pigmentirtes Cylinder-Epithel wahrscheinlich drüsiger Natur ist, gleich den ähnlichen Falten und Zotten im Ringeanal von Peciyllis. — Die blinden Centripetal- Canäle, welche vom Ringcanal ausgehen (Fig. 11, 20 ce) zeichnen Pectis besonders aus, da sie den nahe verwandten Gaitungen Pectyllis und Pectunthis fehlen, obwohl sie bei der letzteren durch 8 ad- radiale, mit den 8 Radial-Canälen alternirende Vorsprünge des Ringcanals angedeutet werden (Fig. 8, 9, Taf. VID). Im Ganzen verhalten sich die Centripetal-Canäle von Pects ähnlich, wie diejenigen von Olindias unter den Petasiden, von Glossoconus und Carmarina unter den Geryoniden; nur sind sie kürzer und breiter, von der Form eines spitzen gleichschenkeligen Dreiecks (Fig. 20 ce). Ihre Gesammtzahl beirägt 80—100, indem zwischen je 2 Radial-Canälen 11—13 Centripetal-Canäle liegen, mit ihren breiten Basen beim Abgange vom Ringeanal sich berührend. Obwohl ihre Zahl und Anordnung nicht vollkommen regelmässig ist, so bleibt doch immer der (primäre) adradiale Centripetal- Canal (— in der Mitte zwischen je 2 durchgehenden Radial-Canälen —) der grösste. Demnächst folgen diejenigen (seeundären) Centripetal-Canäle, welche in der Mitte zwischen den ersteren und letzteren liegen, wäh- rend die übrigen bedeutend kleiner und unregelmässig vertheilt sind (vergl. Fig. 11 und 20 auf Taf. VI, Fig. 2 auf Taf. V). Gonaden (Taf. V, Fig. 2 bs, Taf. VI, Fig. 11). Die 8 Genital-Säcke von Pectis sind ebenso wie bei Pectyllis (Taf. IV, Fig. 3) weite, falige und diekwandige Beutel, welche die Proximal- Hälfte der Radial-Canäle einnehmen und durch einen weiten Spalt mit dem Lumen der 8 Radial-Canäle com- munieiren. Die 8 Mesogonien oder „Genital- Mesenterien“, welche bei Peetyllis und Pectanthis als breite radiale Lamellen die Gonaden mit der Aboral-Hälfte des Magenrohres verbinden, sind bei Pectis rudi- mentär (Fig. 2 wr). Die weite Höhle der Geschlechtsbeutel war bei dem einzigen untersuchten Exem- plare (einem Weibchen) grösstentheils leer und enthielt nur wenige Eier. PECTANTHIS ASTEROIDES. 17 Genus: PECTANTHIS, Haecker (1879). sunaris = erstarrt, derb; &v$og —= Blume. Genus-Diagnose: Trachynemide mit 8 Gonaden im Verlaufe der 8 Radial-Canäle, ohne Centri- petal-Canäle. Gonaden durch 8 radiale Mesogonien oder blattförmige Geschlechts-Gekröse halbirt und mit der Magen-Basis verbunden. Mundhöhle ohne Mundtrichter und ohne Backentaschen. Tentakeln mit Saugnäpfen, sehr zahlreich, auf 16 getrennte Büschel vertheilt (je 2 Büschel zwischen je 2 Radial- Canälen). 16 subradiale Hörkölbehen, eines in der Mitte jedes Tentakel-Büschels. Das Genus Peetanthis zeichnet sich vor den beiden anderen bis jetzt bekannten Pectylliden dadurch aus, dass die zahlreichen Tentakeln in 16 isolirte subradiale Büschel vertheilt sind, so dass jedes Büschel in der Mitte zwischen einem Radial-Canal und einer intercanalen Adradial-Rippe der Ex- umbrella steht. In der Mitte jedes Büschels steht ein freies Hörkölbehen auf einem Vorsprung an der Unterseite des Schirmrandes. Durch 16 Einschnitte (4 perradiale, 4 interradiale und 8 adradiale) er- scheint der Schirmrand deutlich in 16 vorspringende Lappen getheilt, deren jeder ein Tentakel-Büschel mit einem Hörkölbchen trägt. Die 8 Mesogonien, durch welche die Schirmhöhle in 8 Trichterhöhlen zerfällt, sind stark entwickelt, wie bei Pectyllis; und wie bei dieser fehlen die zahlreichen blinden Cen- tripetal-Canäle zwischen den Radial-Canälen, welche Peetis auszeichnen. Species: Pectanthis asteroides, Hazckeı. Tafel VII, VIII. Pectanthis asteroides, HAEcKEL, 1879; System der Medusen p. 267, Nr. 289. Species-Diagnose: Schirm flach gewölbt bis halbkugelig, 2—4mal so breit als hoch. Exum- brella mit 16 radialen Rippen. Magen vierseitig-prismatisch, ungefähr so lang als der Schirm-Radius. Mund vierlappig, in eine achteckige Saugscheibe ausdehnbar. 8 Gonaden eiförmig, im proximalen Drittel der Radial-Canäle, in Gestalt eines achtstrahligen Sternes die Magen -Basis umfassend, durch breite radiale Mesogonien halbirt. Schirmrand wulstig verdickt, mit 16 intercostalen Protuberanzen oder Randlappen, deren jeder ein subradiales Hörkölbehen und ein pinselförmiges Büschel von 12—16 Ten- takeln trägt. Tentakeln hohl, von ungleicher Länge, die längsten dem Schirm-Radius gleich, die mei- sten am Ende mit einer Saugscheibe. Grösse: Horizontal-Diameter 5 Mm.; Vertical-Diameter 2 Mm. Fundort: Mittelmeer. Ich selbst fing ein lebendes Exemplar dieser Tiefsee - Trachomeduse mit dem Schwebenetz im adriatischen Meere am 15. April 1878, in 200 Faden Tiefe, einige Meilen von Pola entfernt; nach diesem lebend untersuchten Exemplare (einem geschlechtsreifen Männchen) ist die nachstehende Beschreibung und die Abbildung auf Taf. VI, VII angefertigt. Ausserdem ent- deckte ich ein kleines Exemplar derselben Art, welches zwar keine eingehende Untersuchung, aber doch die Feststellung ihrer Identität gestattete, in einer Grundprobe der Challenger-Sammlung von Sta- tion IV, vom Eingange der Gibraltar-Strasse (in 600 Faden Tiefe, am 16. Januar 1873 gesam- melt323610525 EN Br, SIR WERE VG)! Umbrella. Der Schirm besass bei dem Exemplare, welches ich lebend in Pola beobachtete, in contrahirtem Zustande eine fast halbkugelige Glockenform. In dilatirtem Zustande hingegen erschien er bedeutend abgeflacht, so dass der grösste horizontale Durchmesser den grössten verticalen um das ö—4fache übertraf. Ersterer misst 4—5, letzterer 1—2 Mm. Haeckel, Tiiefsee-Medusen. 3 18 TRACHOMEDUSAE. TRACHYNEMIDAE. Die Exumbrella oder die äussere convexe Schirmfläche wird durch 16 vorspringende Radial- Rippen in 16 vertiefte Radial-Felder oder -Thäler getheilt, welche am Schirmrande lappenartig vor- springen (Taf. VII, Fig. 1, 2). Von den 16 Radial-Rippen (Costae exumbrales) sind 4 perradiale und 4 interradiale (in der Mitte zwischen ersteren) oberhalb der Mesogonien gelegen; diese 8 prineipalen Rippen sind durch dünne Streifen purpurrothen Pigmentes ausgezeichnet, welche am Schirmrande in 8 grosse rothe Ocellar-Flecken ausgehen, und welche den 8 übrigen, mit ihnen alternirenden, adradialen Rippen fehlen. Alle 16 Rippen aber sind ausserdem mit zahlreichen Nesselkapseln bewaffnet und mit Pigment-Flecken getüpfelt, welche bei auffallendem Lichte gelblich - weiss, bei durchfallendem schwarz erscheinen. Dieselben Pigment-Flecken bilden ein breites Band in der Peripherie der Exumbrella, oberhalb des Schirmrandes und sind durch einen farblosen Streifen von diesem getrennt. An den Distal-Enden der 8 roth pigmentirten Rippen sitzen die 8 rothen, vorher erwähnten, eiförmigen Ocellar- Flecken, welche vielleicht als echte Ocellen zu betrachten sind, eine Linse jedoch nicht zu enthalten scheinen (vergl. Fig. 1, Taf. VI). Ausserdem finden sich 16 grosse halbmondförmige goldgelbe Flecken am marginalen Ende der Exumbral-Rippen. Die mit letzteren alternirenden 16 concaven, intercostalen Radial-Thäler der Exumbrella (Valleculae exumbrales) nehmen nach dem Schirmrande hin an Breite und Tiefe zu, und sind in der Mitte von einer tiefen Radialfurche (Sulcus erumbralis) durchzogen. Am Ende dieser letzteren sitzt ein gestieltes subradiales Hörkölbehen (Taf. VIIL, Fig. 80%), in der Mitte des vorspringenden Randlappens und in der Mitte des Tentakel-Büschels, das dieser trägt. Schirmrand (Margo umbralis, Taf. VII, Fig. 8). Der eigentliche periphere Schirmrand ist be- trächtlich verdickt und mit einem zusammenhängenden, aus dicht gehäuften Nesselzellen bestehenden Nesselring bewaffnet (ne). Die 16 Protuberanzen oder flachen Lappen desselben, welche zwischen je 3 Radial-Rippen der Exumbrella vorspringen, sind bogenförmig abgerundet und zeigen bei der Be- trachtung von unten (also an ihrer Subumbral-Fläche), unmittelbar nach innen von dem Nesselring, eine schwarz - pigmentirte Flimmerschnur, welche geschlängelt ist und an jedem Lappen 8—10 vor- springende Buchten bildet (Fig. 8 ap). In der Einbuchtung des Schirmrandes zwischen je 2 Lappen, also am Distal-Ende einer Exumbral-Rippe, geht die schwarze Flimmerschnur auf einen zungenförmigen Vorsprung über, der in der Mitte eine trichterförmige Vertiefung zeigt (Fig. 8 x0); möglicherweise ist dies en Geruchs-Organ. In der Mitte jedes der 16 marginalen Lappen erhebt sich an seinem Aussenrande ein freies kleines Hörkölbchen, welches am freien Ende einen kugeligen oder ellipsoiden Otolithen (in der letzten Entodermal-Zelle) umschliesst (Fig. 8 ok). Das Hörkölbehen steht mehr am unteren Rande des Schirmes, der Velum-Insertion genähert, nach innen von der Tentakel -Insertion. Eine genauere Untersuchung desselben war leider nicht möglich. Die Tentakeln, deren Zahl sich auf 200—260 beläuft, sind auf 16 pinselförmige Büschel vertheilt, welche am vorspringenden Rande der 16 Randlappen sitzen, also paarweise intercanal, je 2 Büschel zwischen je 2 Radial-Canälen. Die Tentakeln sind auf dem Querschnitt hohl (Fig. 4), sehr dehnbar, beweglich und contractil, am Ende mit einer Saugscheibe bewaflnet und haben die grösste Aehnlichkeit mit den Ambulacral-Füsschen der Echinodermen. Die Meduse saugt sich mit- telst derselben an den verticalen Wänden des Glasgefässes an und klettert an demselben in die Höhe, gleich einem Seesterne oder Seeigel (Fig. 6, 10). Ferner nahm das Exemplar, welches ich lebend in Pola beobachtete, mehrmals die eigenthümliche Lage ein, welche in Fig. 7 auf Taf. VIII dargestellt ist. Die Meduse legte sich auf den Rücken, spannte ringsum einen Theil der Saugfüsschen straff aus und saugte sich am Boden des Glases fest, während sie einen andern Theil frei im Wasser spielen liess, wie tastend und nach Beute angelnd; der Mund wurde dabei vertical aus der Oefinung des trichter- PECTANTHIS ASTEROIDES. 19 förmig contrahirten Velum emporgestreckt und ebenfalls tastend nach verschiedenen Richtungen bewegt. Die Tentakeln sind ausgestreckt etwa so lang als der Schirm-Radius; zusammengezogen viel kürzer; in der Mitte sind sie ein wenig spindelförmig verdickt, nach beiden Enden verdünnt. Bei genauerer Untersuchung der Tentakeln wird sich wahrscheinlich herausstellen, dass zwei verschiedene Formen derselben zu unterscheiden sind; die Mehrzahl trägt am Ende eine roth pigmentirte Saugscheibe und wird zum Ansaugen und Kriechen benutzt; die Minderzahl endigt einfach zugespitzt, ohne Saugscheibe, und wird zum Tasten verwendet, gewöhnlich nach oben ringsum ausgestreckt und wurmförmig bewegt (Fig. 6—10). Velum (Fig. 3 vm, Fig. 7). Das Velum ist sehr derb, breit und kräftig. Seine Ringmuskel- Platte ist in zahlreiche, an der subumbralen Fläche vorspringende eirculare Falten gelegt, welche durch Interferenz einen irisirenden Glanz bewirken. Wahrscheinlich kann das breite Velum auch bei Pectan- this (wie bei Pectis und Pectylls) so sehr verbreitert und ausgedehnt werden, dass es gleich einem Sphineter die Schirmhöhle vollständig schliesst. — Die Ringmuskeln der Subumbrella bilden gleich denen des Velum vorspringende Ringfalten, sind aber in 16 Arcaden geordnet, entsprechend den 16 Exumbral-Rippen und den Einschnitten des Schirmrandes zwischen je 2 Lappen (Fig. 9 mw). Das Subumbral-Exoderm ist durch zerstreute Nesselknöpfe ausgezeichnet (Fig. 9 wn). Die Schirmhöhle zerfällt in ähnlicher Weise, wie bei Pectyllis arctica, in 8 getrennte Fächer oder „Trichterhöhlen“, indem 8 breite blattförmige Mesogonien (Fig. 9 wr) zwischen den Radial-Canälen und der Magen -Basis aus- gespannt sind (s. unten). Gastrocanal-System. Die centrale vierlappige Mundöffnung führt in einen schlauchförmigen vierseiligen Magen, von dessen Basis im Grunde der Schirmhöhle 8 Ikadial-Canäle abgehen (4 per- radiale und 4 interradiale). Diese tragen in ihrer Proximal-Hälfte als sackförmige Ausstülpungen die 8 Gonaden und vereinigen sich am Schirmrande durch einen Ringcanal, welcher Ausläufer in die hohlen Tentakeln schickt. Das centrale Magenrohr (Fig. 9 gt) hängt in der Mitte der Schirmhöhle als ein muskulöser Schlauch von goldgelber Farbe und vierseitig-prismatischer Gestalt herab. Zwischen den 4 abgerundeten perradialen Kanten sind die 4 interradialen Seitenflächen schwach rinnenförmig vertieft. In ausgedehntem Zustande ist das Magenrohr ungefähr so lang als der Schirm-Radius, zu- sammengezogen bedeutend kürzer. Die Mundöffnung ist durch 4 seichte Kerben in 4 kurze und stumpfe Mundlappen (al) gespalten, welche mit gehäuften Nesselknöpfen bewaflinet sind. Der Mund kann durch die Oefinung des Velum aus der Schirmhöhle vortreten und sich ausserhalb in Gestalt einer sehr dünnen und flachen achteckigen Saugscheibe ausbreiten (Fig. 3 am). Im Zustande grösster Ausdehnung erreicht die angesaugte, dann äusserst dünnwandige Mundscheibe fast den Schirmrand und zeigt am Mundrande 8 kleine dreieckige Zipfel (4 perradiale und 4 interradiale, Fig. 3 am). Von der Peripherie des Magengrundes gehen 8 enge Radial-Canäle aus, die sich am Rande des Schir- mes in einem Ringcanal vereinigen, und in deren proximalem Drittel die 8 Gonaden angebracht sind. Gonaden. Die 8 Geschlechtsdrüsen (4 perradiale und 4 interradiale) sind eiförmige, dickwan- dige, roth pigmentirte Säcke, welche sich mit ihren Seitenwandungen berühren und die Magen - Basis wie ein achtstrahliger Stern umgeben (Fig. 2 s, Fig. 9 s). Die Säcke sind halb so lang als das Magen- rohr, nehmen die obere Hälfte der Schirmhöhle ein und enthalten eine geräumige Ausstülpung des Radial-Canals (Fig. 5 sc). In der Mitte der Subumbral-Wand jedes Geschlechts-Sackes inserirt sich ein radiales Genital-Mesenterium oder Mesogonium, eine verticale, braun gefleckte Radial-Falte der Subumbrella, welche an der Magen -Basis beginnt und längs der subumbralen Medianlinie der Radial- Canäle bis zum Schirmrande geht (Fig. 9 wr). Durch diese 8 Mesogon-Blätter werden die Magen- 3* 20 NARCOMEDUSAE. CUNANTHIDAE. Kanten fixirt, die 8 Gonaden halbirt und der Raum der Schirmhöhle in die 8 oben erwähnten peri- pherischen Nischen (oder unvollständigen Triehterhöhlen) getheilt. Auf dem Querschnitt jeder Gonade (Fig. 5) zeigt sich, dass dieselbe eigentlich aus 2 völlig getrennten Hälften besteht, zwischen welche sich die Insertions-Basis der Mesogon -Falte (wr) als trennende Scheidewand einschiebt. Das von mir in Pola lebend beobachtete Exemplar war ein Männchen. Die beiden Sperma -Säckehen jeder Gonade (sm) waren durch eine starke Fulcral-Platte (2) von dem hohen Cylinder-Epithel des Entoderms (d) getrennt, und lagen unmittelbar unter dem Exoderm-Epithel, dem sie ihren Ursprung verdanken. IV. Vierte Medusen - Ordnung: (Vierte Ordnung der Craspedoten:) NARCOMEDUSAE, Haeckel (1877). Character der Narcomedusen-Ordnung: Craspedoten mit Hörkölbchen, welche stets frei am Schirmrande stehen, mit entodermalen Otolithen - Zellen. Ocellen an der Tentakel - Basis meist fehlend.. Tentakeln dorsal inserirt, mit dem entfernten Schirmrande durch Peronien ver- bunden, welche letzteren in eine Anzahl von Kragen-Lappen theilen. Gonaden ursprünglich in der unteren oder oralen Wand des Magens, von da oft peripherisch ausgebreitet, in radialen Magentaschen. Radial-Canäle bald fehlend, bald vorhanden, und dann in Gestalt flacher radialer Magentaschen ausgebreitet. Ringcanal bisweilen obliterirt, sonst immer durch die radialen Pero- nien in eine Anzahl von Bogen-Canälen getheilt, welche den Rand der Kragen-Lappen säumen. Zahl der Radial- Theile (Tentakeln, Lappen und Taschen) unbestimmt und wechselnd, selten 4, meistens 8 oder mehr, bis 32. Velum derb und breit. Ontogenese — soweit bis jetzt bekannt — meistens Hypogenese, selten Metagenese, oft mit Metamorphose verknüpft. Familia: CGUNANTHIDAE, Haeckel (1877). HaAECcKEL, System der Medusen, 1879; p. 310, Taf. XIX, Fig. 1-3; Taf. XX, Fig. 1—6. Familien-Character: Narcomedusen mit breiten, taschenförmigen Radial-Canälen (oder per- nemalen Magentaschen), welche bald einfach, bald in je zwei blinde Lappentaschen gespalten, stets aber durch doppelte Peronial-Canäle mit dem Ringcanal verbunden sind; mit Otoporpen oder Hör- spangen an der Basis der Hörkölbchen. Subfamilia: GUNOCTONIDAE, Hazckeı (1877). Cunanthiden, deren Radial-Taschen in je zwei blinde Lappentaschen gabelförmig gespalten sind. Genus: CUNARCHA, Haeckeı (1879). Cunarcha —= Wiegenanfang. Genus-Diagnose: Cunanthide mit 4 perradialen Tentakeln, inserirt in der Gabeltheilung von 4 perradialen Magentaschen, deren Distal-Theil in je 2 Lappentaschen sieh fortsetzt. Das Genus Cunarcka ist eine der einfachsten und ältesten unter allen Formen der Narcomedu- sen und schliesst sich unmittelbar an Cunantha, die hypothetische Stamm -Gattung dieser Ordnung an; CUNARCHA AEGINOIDES. 1 sie besitzt gleich dieser nur 4 Tentakeln und 4 damit alternirende Kragenlappen, unterscheidet sich aber von ihr dadurch, dass die 4 perradialen Magentaschen am Distal-Ende sich in 2 blinde Lappen- taschen fortsetzen. So liegen in der Peripherie des Schirmkragens 8 blinde Lappentaschen, paarweise zwischen den 4 Tentakeln. Dadurch bildet diese Gattung eine sehr interessante phylogenetische Ueber- gangsform von Cunantha zu Aegina. Durch Rückbildung der Hörspangen und des Proximaltheils der Radial- Taschen würde sie sich in letztere verwandeln. Gunarcha theilt den Besitz von Lappentaschen mit den Genera Cunoctona und Cunissa; sie bildet mit diesen zusammen die besondere Subfamilie der Cunoctonidae, während die andere Subfamilie der Cunanthiden, die Cunoctanthidae, einfache Radialtaschen, ohne Lappentaschen, besitzen. (Cunantha, Cunoctantha, Cunina, System, p. 314). Species: Cunarcha aeginoides, Hazckeı. Tafel IX. Cunarcha aeginoides, HAECKEL, 1879; System der Medusen p. 315, Nr. 329. Species-Diagnose: Schirm mützenförmig, 14 mal so breit als hoch. Schirmlinse biconvex. Schirmkragen mit 4 breiten eiförmigen Lappen, so lang als der Linsen-Radius. Mund mit langem ko- nischem Schlundrohr. 4 Magentaschen sehr breit und kurz, tief gespalten in 8 distale Lappentaschen, welche den grössten Theil der Kragen -Lappen einnehmen. 4 perradiale Tentakeln länger als der Schirm-Durchmesser. 12 Hörkölbchen (3 an jedem Lappen); das mittlere Hörkölbehen jedes Lappens doppelt so gross als die beiden seitlichen. Grösse: Horizontal-Diameter 4 Mm., Vertical-Diameter 2 Mm. Fundort: Westküste von Afrika. Ich beobachtete diese Art zuerst lebend (im December 1866) auf der canarischen Insel Lanzerote, und nach diesen lebend untersuchten Exemplaren sind die Abbil- dungen auf Taf. IX und die nachstehende Beschreibung entworfen. Später fand ich ein Exemplar in einem Glycerin-Präparate der Challenger - Expedition wieder, welches von Station 354 der Challenger- Liste herrührte und die schöne Phaeodarie Coelodendrum enthielt (südlich von den Azoren, westlich von den Canaren, 32° 41’ N. Br, 36 % 6’ W. L. von Greenw., in 1675 Faden Tiefe). Allerdings war dieses Glycerin - Exemplar der Challenger- Sammlung nur sehr ungenügend conservirt, genügte aber doch, die Identität mit den lebend untersuchten canarischen Exemplaren festzustellen. Freilich ist es aber möglich (oder wahrscheinlich), dass die Meduse nicht in jener bedeutenden Tiefe, sondern beim Heraufziehen des Lothes in geringeren Tiefen erfasst worden ist. Umbrella (Taf. IX, Fig. 1—3). Der Schirm hat die Form einer Mütze oder einer flachen Haube und ist ungefähr 14 mal so breit als hoch. Wenn das breite Velum schlaff herabhängt, kömmt die gesammte Höhe des Schirms (mit Einschluss des Velum) der grössten Breite (in der Mitte der Höhe) ungefähr gleich. Durch eine tiefe horizontale Ringfurche der Exumbrella, die Kranzfurche (Fig. 3ec) zerfällt der Schirm in zwei sehr verschiedene Theile, die obere „Schirmlinse“ und den untern „Schirm- kragen“. Die eentrale Sehirmlinse oder Schirmscheibe (Fig. 3u) wird bloss durch den Gallertkörper der Umbrella gebildet und besitzt die Gestalt einer dicken biconvexen Linse mit abgerundetem Rande; ihre obere Fläche ist vom flachen Exoderm-Epithel der Exumbrella bekleidet und ist etwas stärker ge- wölbt, als die untere, gastrale, welche vom Entoderm -Epithel des Magens überzogen ist. Beide Flä- chen werden durch sehr zahlreiche und feine, geschlängelte elastische Fasern mit einander verbunden, welche die Gallerte senkrecht durchsetzen (Fig. 6 uf, 7 uf). Die Consistenz der Gallerte ist ziemlich bedeutend, einem weichen Gallertknorpel ähnlich. 22 NARCOMEDUSAE. CUNANTHIDAE. Der Schirmkragen („Schirmsaum“ oder kurzweg „Kragen“), wie wir den Schirmtheil unter- halb der Tentakel-Insertion nennen, ist im Gegensatze zu der oberhalb liegenden einfachen Linse ein sehr zusammengesetztes Gebilde. Derselbe besteht aus einem Kranze von 4 Lappen, welche durch radiale, tief gehende Einkerbungen oder Einschnitte des Schirmrandes, die Peronial-Furchen, be- dingt werden; und diese ihrerseits sind wieder dadurch verursacht, dass die 4 Tentakeln ihre ursprüng- liche Stellung am Schirmrande verlassen haben und eine Strecke weit in der Exumbrella aufwärts ge- wandert sind. Diese eigenthümliche centripetale Wanderung der Tentakeln in der Exum- brella, welche wahrscheinlich mit der einseitigen Ausbildung derselben zu Fühlern in Zusammen- hang steht, halte ich für die erste „wahre Ursache“ der mannichfaltigen und sehr abweichenden Umbildungen, welche der Schirmrand nebst den anliegenden Organen bei allen Narcomedusen erleidet. Ursprünglich standen auch hier die Tentakeln unmittelbar am Schirmrande, wie bei den übrigen Craspe- doten. Indem sie aber in der Aussenfläche des Schirms später aufwärts wanderten, nahmen sie einen Nesselstreifen vom Nesselring des Randes mit, und dieser radiale centripetale Nesselstreif wurde zur Schirmspange oder „Mantelspange“ (Peronium) (Fig. 3, 4 en). Derselbe erhält die Basis des Ten- takels mit dem Nesselringe des Schirmrandes in continuirlicher Verbindung und bedingt zugleich eine mehr oder weniger tiefe radiale Furche des Schirmkragens, welche die Gallerte desselben durchschnei- det, die Subumbrella jedoch intact lässt. Auf Querschnitten (Fig. 5 en) zeigt sich, dass die Peronien ziemlich dicke, solide, spangenartige Stränge sind, welche aus einer eigenthümlichen Modification von Nesselgewebe bestehen; zahlreiche grosse, kugelige Nesselkapseln liegen in mehreren Schichten dieht über einander gehäuft. Das Distal-Ende der Schirmspangen steht mit dem Nesselring des Schirmran- des (Fig. 4nc) in continuirlicher Verbindung, während ihr Proximal-Ende sich an der Stelle inserirt, wo der Tentakel (2) von seiner conischen Wurzel (tr) abgeht. Die exumbrale Fläche jedes Peronium liegt frei in der Tiefe der peronialen Furche (zwischen je 2 Kragenlappen), während seine subumbrale Fläche von dem Längsmuskel (Fig. 5mp) bekleidet ist, welcher vom Schirmrand zur Tentakel - Basis emporsteigt. Die beiden lateralen Ränder des Peronium stossen an die benachbarten Peronial - Ca- näle (ck). Die 4 Kragen-Lappen (Lobi collares, Fig. 4), welche durch die 4 Peronien getrennt werden, haben eine breite einförmige Gestalt; ihre breite proximale Basis fällt in die Kranzfurche der Exum- brella, während ihre distale Spitze den am meisten vorspringenden Theil des Schirmrandes bildet (Fig. 2, 3). Der distale Aussenrand derselben, welcher an jedem Lappen 3 Hörkölbehen trägt, wird vom Velum gesäumt; die lateralen Ränder hingegen werden von den Peronien begrenzt. An der eoneaven inneren oder axialen Fläche der Kragen-Lappen liegen die Lappentaschen (mit den Sexual- Producten), während die äussere oder abaxiale Fläche stark eonvex gewölbt ist. Die dünne Gallert- Platte der Lappen ist in der Mitte beträchtlich verdiekt und in der interradialen Mittellinie springt eine scharfe Kante der Exumbrella rippenartig vor (Fig. 1, 4 er). Schirmrand. Wie bei allen Nareomedusen, so ist auch bei Cunarcha aeginoides der eigentliche Schirmrand durch die Bildung der Peronien, in Folge der dorsalen Tentakel - Wanderung, tief einge- kerbt, und von einem starken Nesselring (Fig. 4 ne, 7 ne) gestützt. Der letztere besteht, gleich den Peronien, aus dicht gehäuften, modifieirten Nesselzellen, und ist von flimmerndem Sinnes-Epithel über- zogen. Der Proximal-Rand des Nesselringes stösst an den Ringeanal (ce), sein Distal-Rand an das Velum (»). An der Grenze beider liegen die beiden dünnen Nervenringe, welche durch die Stützla- melle des Velum von einander getrennt werden (Fig. 7 re’ dorsaler oder exumbraler, rc” ventraler oder subumbraler Nervenring). Die specielleren Verhältnisse der Anatomie und Histologie des Schirm- CUNARCHA AEGINOIDES. 23 randes zeigt der Radial-Schnitt Fig. 7. (Vergl. die Erklärung.) Von tentacularen Organen besitzt der Schirmrand der Gunarcha aeginoides 16, nämlich 4 lange und starke perradiale Tentakeln, 4 interradiale grössere Hörkölbehen und 8 adradiale kleinere Hörkölbchen. Die 4 perradialen Tentakeln, welche Cunarcha mit der nächstverwandten Cunantha theilt, bleiben bei diesen beiden Gattungen permanent allein, während diese ursprüngliche Zahl bei allen übrigen Cunanthiden vermehrt wird oder nur in der ersten Jugend 4 beträgt. Wie bei allen anderen Narcomedusen, sind die Tentakeln solid und durch eine eigenthümliche „Tentakel- Wurzel“ in der Gallerte der Umbrella befestigt. An dem Insertions-Punkt der Tentakeln, wo die „Wurzel“ in die Gal- lerte, hineingeht, stehen beide in continuirlicher Verbindung mit dem Proximal-Ende des Peronium, dessen Distal- Ende in den Nesselring des Schirmrandes übergeht. An der Axial-Seite des Peronium verläuft der Spangen-Muskel und der Spangen-Nerv, welcher die directe Leitung zwischen dem Nervenring des Schirmrandes und dem Tentakel unterhält. Man kann daher auch sagen, dass die soliden, dorsal inserirten Tentakeln aus 3 wesentlichen Theilen zusammengesetzt sind, welche im Insertions- Punkte zusammentreffen, nämlich: 1. der Tentakel-Faden oder der frei vorragende Theil, 2. die Tentakel-Wurzel, welche als Stütze in der Gallerte eingeschlossen ist, und 3. das Peronium, welches die Verbindung mit dem Schirmrande unterhält. Der Tentakel-Faden oder der freie, vor- ragende Theil des Tentakels (Fig. 4, 6 f) zeigt ganz dieselbe Structur, welche wir oben von den soli- den Tentakeln der Pectylliden beschrieben haben. Die entodermale Axe, welche vom Entoderm des Ringcanals abstammt, bildet eine eylindrische Säule und besteht nur aus einer einzigen Reihe von grossen, hellen, scheibenförmigen Chordal-Zellen, die gleich den Münzen einer Geldrolle übereinan- der liegen. Aus denselben Zellen besteht die conische oder rübenförmige Tentakel-Wurzel (Fig. 4, 6 1) eine directe Fortsetzung der Entoderm-Axe, welche mehr oder weniger in die Gallerte der Umbrella vorspringt. Sie ist mit der Spitze centripetal gerichtet und liegt mit ihrer Unterseite der oberen (um- bralen) Seite der Magentaschen auf, diesen zugleich zur festen Stütze dienend. Eine structurlose Scheide trennt sie von der umhüllenden Gallerte und dem anliegenden Entoderm des Canal-Systems. Das Exoderm-Epithel des freien Tentakel-Fadens, welches theils aus Nessel-, theils aus Sinnes- Zellen besteht, setzt sich an der Insertion desselben nicht auf die Wurzel fort, sondern geht continuir- lich in das Nessel-Epithel des Peronium über. Die Vertheilung der Nesselzellen, welche kugelige Nessel- Kapseln enthalten, ist ziemlich gleichmässig, ebenso die der Sinneszellen, welche zum Theil Flimmer-Haare oder Tastborsten tragen. Nur an dem kolbenförmig angeschwollenen Distal-Ende der Tentakeln sind die kugeligen Nesselzellen dichter gehäuft und die Flimmerhaare des Sinnes -Epithels beträchtlich verlängert, so dass sie einen dichten Busch bilden (Fig. 3). Das Insertions-Stück der Ten- takeln, wo Faden, Wurzel und Peronium zusammentreffen, ist von einem dicken halbringförmigen Nes- selwulste kragenartig umfasst (Fig. 2, 4, 6.n). Die 12 Hörkölbehen dieser Art sind, wie bei allen Narcomedusen, als modifieirte „acustische Tentakeln“ zu betrachten (System der Medusen, p. 307). Die 4 interradialen (primären), welche an der Spitze der 4 Kragenlappen stehen, sind 2—3 mal so gross als die 8 adradialen (secundären) (Fig. 4 ok). Das frei vorragende Hörkölbchen ist keulenförmig und sitzt mit dünnerem kurzem Stiele auf einem flachen rundlichen „Hörpolster“ auf (Fig. 4, 6, 7, 8). Die solide Axe jedes Hörkölbchens besteht aus 3—4 kurzen und breiten, scheibenförmigen, entodermalen Chordal-Zellen, deren proximale die kleinste ist und mit dem Entoderm-Epithel des Ringcanals in Continuität steht. Die distale End-Zelle der Axe hingegen ist sehr gross und schliesst einen prismatisch-krystallinischen Otolithen ein (Fig. 8 ol). Das Sinnes-Epithel, welches den exodermalen Ueberzug des Hörkölbchens bildet, ist mit sehr langen und 24 NARCOMEDUSAE. CUNANTHIDAE. feinen Hörhäärchen ausgestattet, welche radial divergirend ein Büschel bilden, in dessen Axe das Kölbehen steht (Fig. 7, 8 oh). Von der Basis jedes Hörkölbehens geht eine Hörspange aus, auch als „marginale Mantel- spange“ oder „centripetaler Nesselstreifen“ bezeichnet (Otoporpa, Fig. 4 oo, Fig. 8 oo). Das ist ein brei- ter verdickter Streifen des Exoderm-Epithels, bestehend aus einer dichten Anhäufung von Nesselzellen und überzogen von flimmernden Sinneszellen. Die Längsaxe der Hörspange ist eine centripetale (bald gerade, bald geknickte) Verlängerung der Längsaxe des Hörkölbchens; beide liegen in derselben Me- ridian-Ebene. Die Hörspangen von Cunarcha aeginoides sind von ähnlicher Beschaffenheit, wie diejenigen von Crmoctantha polygonia (System, p. 317, Taf. XIX, Fig. 2). Sie sind kürzer und plumper, als bei den meisten übrigen Cunanthiden, fast keulenförmig-dreieckig, von dem dünnen Distal-Ende (am mar- ginalen Nesselring) gegen das breite Proximal-Ende hin allmählich verbreitert und endigen hier in einem dieken halbmondförmigen Nesselwulste, welcher demjenigen an der Tentakel-Insertion gleicht (Fig. 4, 8 op). Wie die 3 Hörkölbchen jedes Kragenlappens selbst, so sind auch ihre zugehörigen Hör- spangen von sehr ungleicher Grösse, die mediale (interradiale) 2—3mal so lang und breit, als die beiden lateralen (adradialen); während letztere nur wenig über den Proximal-Rand des Ringeanals centripetal vorspringen, reicht erstere bis zwischen die beiden Lappentaschen jedes Lappens hinein (Fig. 2, 3, 4 op). Subumbrella. Wie bei allen Nareomedusen, so bleibt auch bei Cumarcha aeginoides die eigent- liche „Subumbrella“ auf die eoncave Ventral-Seite des peripheren Schirmkragens beschränkt, weil die ganze Ventralfläche der centralen Schirmlinse von der breiten Magenscheibe eingenommen wird. Mithin bildet der circulare Kranzmuskel der Subumbrella einen breiten Muskelring, welcher lediglich die concave Fläche der 4 Kragenlappen auskleidet; seine obere oder proximale Grenzlinie fällt mit der Kranzfurche und der Magen-Peripherie zusammen, während sein unterer oder distaler Rand durch den Nesselring und Nervenring des eigentlichen Schirmrandes von dem starken Velum abgegrenzt wird. Das Velum ist von ansehnlicher Breite, dick und derb, an den 4 perradialen Peronial-Kerben des Schirmrandes beträchtlich breiter, als an den 4 interradialen Spitzen der Kragenlappen (Fig. 1, 3 »). Bald ist dasselbe straf! horizontal ausgespannt und verengt dann den Eingang in die Schirmhöhle so beträchtlich, dass nur eine enge Öeflnung für den Durchtritt des Mundrohres übrig bleibt; bald ist es nach unten trichterartig vorgestülpt (Fig. 3 v0); bald hängt es als ein faltiger derber Vorhang schlaff vertical vom Schirmrande herab. Gleich dem vierlappigen Schirmkragen gewährt demnach auch das breite Velum, als dessen distale Fortsetzung, je nach dem Zustande der Dilatation oder Contraction einen sehr verschiedenartigen Anblick, und dasselbe gilt somit auch von der Schirmhöhle, deren Wand sie bilden. (Vergl. Fig. 1, 3, 6.) Gewöhnlich erscheint die letztere nur als ein schmaler ring- förmiger Hohlraum, dessen innere (axiale) Wand von der eonischen Basal-Hälfte des Schlundrohres, dessen äussere (abaxiale) Wand oben vom Schirmkragen, unten vom Velum gebildet wird; der obere (proximale) Rand fällt mit dem peripheren Rande der Magenhöhle zusammen und entspricht der ex- umbralen Kranzfurche, während der untere (distale) Rand die Mündung der Schirmhöhle bildet. Gastrocanal-System (Fig. 1—4). Dasselbe zerfällt hier, wie bei allen Narcomedusen, in zwei wesentliche und scharf geschiedene Haupttheile, in den centralen Magen nebst Schlundrohr und in den peripheren Taschen-Kranz nebst Ringeanal; ersterer ist an der Ventral-Seite der centralen Schirmlinse, letzterer hingegen an derjenigen des peripheren Schirmkragens befestigt. Der centrale Magen (ge) ist eine flache kreisrunde Tasche, deren horizontale Decke oder obere (aborale) Wand von der unteren, schwach convex nach unten vorgewölbten Fläche der centralen Gallert-Linse der Umbrella gebildet. CUNARCHA AEGINOIDES. 95 wird. Hingegen bildet der Boden oder die untere (orale) Wand des Central-Magens nur einen schmalen Ring, dessen dicke Muskelwand sich nach unten kegelförmig auszieht und in ein langes kräftiges Schlundrohr fortsetzt (Fig. 3 gt). Dasselbe ist sehr beweglich und contractil, ungefähr so lang als der horizontale Schirm-Durchmesser, und in der oberen Hälfte konisch-trichterförmig, in der unteren Hälfte fast vierseitig- prismatisch; es endigt unten mit einer engen, bald quadratisch, bald kreisrund erschei- nenden Mundöffnung (Fig. 3 aa). Gleich der ganzen unteren Magenwand ist auch das rüsselförmige Mundrohr äusserst dehnbar und contractil. Der periphere Taschen-Kranz, welcher von der Peripherie der Magen-Basis (nach innen von der exumbralen Kranzfurche) abgeht, beginnt mit 4 breiten, perradialen, im Kreuze stehenden Magentaschen (Fig. 2—4 by), deren obere (adumbrale) Wand in ihrer perradialen Mittellinie durch die aufliegenden steifen Tentakel-Wurzeln gestützt wird (tr). Die Breite der 4 gastralen Radialtaschen nimmt nach aussen bedeutend zu und übertrifft ihre Länge beträchtlich; schon nach kurzem Verlaufe theilt sich jede gabelförmig in 2 halbeiförmige, blinde, spitze Lappentaschen (Fig. 2—4 bl). Diese erfüllen den grössten Theil der Subumbral- Wand der Kragenlappen und stellen zugleich die Gona- den dar, da sich aus dem Exoderm-Epithel ihrer Subumbral- Wand die Eier entwickeln (Fig. 4 so). In jeder Lappentasche liegen nur wenige (2—4) grosse reife Eier inmitten zahlreicher, sehr kleiner und unentwickelter. Zwischen den beiden Lappentaschen einer jeden perradialen Magentasche ent- springt aus der Mitte des Distal-Endes der letzteren ein doppelter Spangen-Canal oder Peronial- Canal (Fig. 4 ck). Dieser Doppel-Canal besteht aus zwei engen, parallelen Röhren, welche durch die tiefe Furche der Peronien oder Schirmspangen getrennt werden. Am Distal-Ende der letzteren, am Schirmrande, trennen sich die beiden parallelen Canäle, indem sie fast rechtwinklig in entgegengesetzter Richtung umbiegen und dem Distal-Rande des Schirmlappens entlang laufen, um in dessen Mitte sich mit den entgegenkommenden Hälften der entsprechenden Nachbar-Canäle zu vereinigen. So entsteht ein ganz eigenthümlicher Ringeanal von der Form einer Guirlande oder eines Festons, dessen Bogen die Peripherie der Schirmlappen säumen und dessen einspringende Winkel mit der Tentakel- Insertion zusammenfallen. Je mehr sich die Bogen der Lappenkragen bei den Cunanthiden abrunden, desto kürzer wird der Doppel-Canal, welcher den freien Bogenrand des Ringcanals mit der radialen Magentasche in Verbindung setzt; desto länger wird gleichzeitig der Feston-Canal, wie man den Ringeanal mit seinen bogenförmigen Einbuchtungen passend bezeichnen kann. So isolirt zunächst diese Bildung des Canal-Systems bei den Cunanthiden dazustehen scheint, so lässt sie sich doch leicht auf diejenige einiger nächstverwandten Trachomedusen (insbesondere Geryoniden) zurückführen. Bei den- jenigen Geryoniden, bei denen die flachen „Genitalblätter“ (oder die taschenförmig verbreiterten Radial- Canäle) bis zum Ringeanal heranreichen, braucht man sich bloss die Einkerbung des Schirmrandes an deren Einmündungsstelle tiefer eingeschnitten und die Schirmspangen an der Tentakel- Basis bis zum Canal durchschneidend vorzustellen, um die Bildung der Cunanthiden zu erhalten. Mithin entspricht der Ringeanal der Geryoniden (und der übrigen Craspedoten) dem ganzen „Feston-Canal“ der Cunan- thiden, welcher sich aus den doppelten Peronial-Canälen und dem peripheren, diese verbindenden (dem marginalen Nesselring anliegenden) „Randcanal“ zusammensetzt. Hingegen entsprechen die 4 breiten perradialen „Magentaschen“ von Cunantha und Cunarcha den 4 typischen „Radial - Canälen“ der Craspe- doten, welche auch bisweilen (z. B. bei Liriope und Glossocodon) bandförmig verbreitert sind. Auch können demgemäss die beiden lateralen Flügel der letzteren, in denen sich die Geschlechts - Producte entwickeln, den beiden sexuellen „Lappentaschen“ der Gumarcha verglichen werden (vergl. mein „System der Medusen“, 1879, p. 304, 306, Taf. XIX, Fig. 2, Taf. XX, Fig. 1, 2). Gleichzeitig sind offenbar die Haeckel, Tiefsee-Medusen. 4 26 NARCOMEDUSAE. PEGANTHIDAE. paarigen Lappentaschen von Cunarcha und Cunoctantha (. ce. Taf. XX, Fig. 1, 2) nichts Anderes als die „internemalen Magentaschen“ der Aeginiden (. c. Taf. XX, Fig. 11). Dadurch erscheint Cunarcha als eine sehr interessante phylogenetische Zwischenform zwischen Cunantha und Aegina, welche unmittelbar diese beiden tetranemalen Stamm - Gattungen der Cunanthiden und Aeginiden mit einander verbindet. (Vergl. die tabellarische „Uebersicht über die Homologien der Radial-Canäle einiger tetranemaler Tracho- medusen und Narcomedusen“ in meinem „System der Medusen“, 1879, p. 336.) Familia: PEGANTHIDAE, Haeckel (1877). HAECKEL, System der Medusen, 1879; p. 323, Taf. XIX. Fig. 4—7; Taf. XX, Fig. 14, 15. Familien-Character: Narcomedusen ohne Radial-Canäle und ohne Magentaschen in der Sub- umbrella; aber mit einem Festoncanal (oder einem Ringcanal, der einen Kranz von getrennten Lappencanälen bildet); mit Otoporpen oder Hörspangen an der Basis der Hörkölbchen. Subfamilia: POLYXENIDAE, Harckeı (1877). Peganthiden mit einer einzigen ringförmigen Gonade, welche einen einfachen oder gelappten Gürtel in der sub- umbralen Magenwand bildet. Genus: POLYCOLPA, Harexer (1879). zcoAöroAsre = mit vielen Buchten (am Schirmrande). Genus-Diagnose: Peganthide mit einfachem Geschlechts-Gürtel, der einen geschlossenen Ring in der unteren Magenwand bildet (ohne genitale Blindsäckehen in den Lappenhöhlen). Zahlreiche (10—30) Kragenlappen und eben so viele damit alternirende Tentakeln. Das Genus Polycolpa ist die einfachste und phylogenetisch älteste Gattung in der Familie der Peganthiden, jener sonderbaren Narcomedusen-Gruppe, welche sich durch den vollständigen Mangel der Radial-Canäle und die Ausbildung eines bogenförmigen Feston-Canals auszeichnet. Während die nächstverwandten Cunanthiden noch sämmtlich echte Radial-Canäle (in Form breiter pernemaler „Ma- gentaschen“) besitzen, verschwinden dieselben bei den Peganthiden gänzlich, indem die starken Ten- takeln bei ihrer dorsalen Wanderung den ganzen Schirmrand bis zur Magen-Peripherie, wo sie sich inseriren, mit hinaufnehmen. Dadurch wird sowohl der ursprüngliche Radial-Canal (die „Magentasche“) als der peroniale Doppel-Canal rückgebildet; beide gehen verloren. Der Ringeanal aber zerfällt in so viel isolirte Bogen, als Lappen des Schirmkragens vorhanden sind. Jeder hufeisenförmige Lappen - Canal oder Bogen-Canal säumt den Rand seines Lappens und mündet an dessen Basis mit 2 ge- trennten Oeffnungen unmittelbar in die Magenhöhle (neben der Tentakel-Insertion). Das ganze Gastro- canal-System besteht also bei den Peganthiden nur aus dem flachen linsenförmigen Magensack und dem Kranze von isolirten Lappen-Canälen, von denen jeder mit 2 Öeflnungen in die Peri- pherie des Magens mündet. Unter den 4 Genera der Peganthiden, welche alle sehr nahe verwandt sind, erscheint Polycolpa als die einfachste und älteste Form, da sie die primitivste Gonaden -Bildung besitzt. Der einfache Geschlechts- Gürtel bildet einen breiten, ungetheilten Ring in der unteren oder subumbralen Magenwand. Derselbe entsendet keine blindsackförmigen oder taschenförmigen Fortsätze in die einzelnen Lappenhöhlen, wie es bei der nächstverwandten Gattung Polyxenia der Fall ist, sowie bei den davon abgeleiteten Genera Pegasia und Pegantha. POLYCOLPA FORSKALIL 27 Species: Polycolpa Forskali, Harcker. Tafel X. Polycolpa Forskalii, HAECKEL, 1579; System der Medusen, p. 328, Nr. 350. Species-Diagnose: Schirm flach scheibenförmig, 2—3mal so breit als hoch. 25 Lappen fast fünfeckig, doppelt so lang als breit. Geschlechts -Gürtel sehr breit, fast die ganze untere Magenwand einnehmend. 25 Tentakeln 3mal so lang als der Schirm -Radius. 130 —170 Hörkölbehen (5—7 an jedem Lappen). Grösse: Horizontal-Diameter 20—30 Mm.; Vertical-Diameter S—10 Mm. Fundort: Indischer und pacifischer Ocean (?). Ich selbst beobachtete ein (weibliches) Exemplar dieser Art lebend im rothen Meere. Dasselbe wurde mit dem Schwebe-Netze in einer Tiefe von un- gefähr 60 Faden gefangen, und nach diesem sind die Abbildungen auf Taf. X entworfen. Dieselbe Species glaube ich in einem unvollständigen Fragmente wieder zu erkennen, welches von der Chal- lenger-Expedition in der Nähe der Philippinen-Insel Mindanao in 82 Faden Tiefe gefangen wurde (Chal- lenger-Station 201, in 7° 3° N. Br., 121° 48° Ö.L. v. Gr., am 26. October 1874). Ich benenne diese Art zu Ehren des verdienstvollen schwedischen Naturforschers Prrer Forskar, der nicht allein die werthvollsten Darstellungen der Medusen im vorigen Jahrhundert gab und zuerst die Medusen des rothen Meeres beschrieb, sondern auch (1775) die erste (und bisher beste!) Beschrei- bung und Abbildung einer Peganthide entwarf (Polyxwenia mollicina). Umbrella (Taf. X, Fig. 1—3). Der Schirm ist flach gedrückt, scheibenförmig, ungefähr 2—3 mal so breit als hoch, und zerfällt, wie bei allen Peganthiden, durch eine tiefe horizontale Kranzfurche (Fig. 3 ec) in eine obere Hälfte, die massive Schirmlinse, und eine untere Hälfte, den gelappten Schirm- kragen. Die dicke Schirmlinse („Schirmscheibe“ oder „Gallertmantel“) besteht aus einer plancon- vexen oder biconvexen Gallertmasse von knorpelähnlicher oder selbst kaoutschukartiger Consistenz. Die Festigkeit der Gallertscheibe, verbunden mit einem hohen Grade von Elasticität, erreicht in dieser Familie das Maximum unter den Craspedoten. Die Ursache dieser ausserordentlichen Consistenz sind sehr zahlreiche, verästelte und netzförmig anastomosirende, elastische Fasern, welche quer durch die Gallerte von der äusseren zur inneren Schirmfläche gehen. Die verticale Dicke der Schirmlinse ist ein Drittel so gross als ihr grösster horizontaler Durchmesser. Die Exumbrella ist glatt, ohne beson- dere Auszeichnung (Fig. 2). Der Schirmkragen, welcher durch die tiefe ringförmige Einschnürung der Kranzfurche scharf von der darüber gelegenen Schirmlinse abgesetzt ist, besteht aus einem Kranze von 25 dicken Gallertlappen und aus dem breiten Velum, welches nicht nur die Zwischenräume zwischen diesen oder die pernemalen Einkerbungen der Subumbrella vollständig ausfüllt und sie gleich einer Schwimmhaut verbindet, sondern auch eine bedeutende Strecke weit über den äussersten Rand der Lappen nach innen vorragt. Die Grenze zwischen Schirmkragen und Schirmlinse wird durch eine Ringlinie markirt, in welcher sich die Tentakeln inseriren, und in welcher die Einmündungs -Stellen des Feston-Canals in die Magen-Peripherie liegen (vergl. Fig. 2, 3, 6). Die Schirmlappen — oder genauer „die Gallertlappen des Schirmkragens“ — bestehen aus einer Fortsetzung der Linsen-Gallerte, welche nach aussen, gegen den Lappenrand hin, immer dünner wird. Trotzdem die Dicke der Gallerte in den Lappen weit hinter derjenigen der centralen Linse zurücksteht, so ist sie doch beträchtlich, und die Lappen sind von sehr grosser Festigkeit. Daher gelingt es nur schwer, die Randlappen, welche sowohl an lebenden als an todten Thieren stets stark nach innen eingerollt sind, flach auszubreiten. Der Kranz von eingerollten Lappen giebt dem Schirm 4* 28 NARCOMEDUSAE. PEGANTHIDAE. hier (wie noch mehr bei anderen Peganthiden) Aehnlichkeit mit der Blüthe der Türkenbund -Lilie (Lilium martagon). Die Gestalt der Kragenlappen ist im Umrisse bald mehr rechteckig, bald mehr fünf- eckig, je nach dem Contraetions-Zustande (Fig. 1, 2, 6). Stets sind dieselben sowohl mit den Seiten- rändern als auch besonders mit der Spitze stark einwärts gekrümmt; daher ist ihre exumbrale Aussenfläche sowohl in radialer (longitudinaler) als in tangentialer (transversaler) Richtung stark con- vex. Entsprechend dieser äusseren Wölbung ist die subumbrale Innenfläche stark concav und bildet eine schützende Höhle, welche nur in axialer Richtung gegen die Schirmhöhle geöffnet ist. Wir wollen diese Höhlen, welche eigentlich peripherische Nischen oder Nebenhöhlen der Schirmhöhle sind, und diese gleich den Altar-Nischen eines Rundtempels (Pantheon) umgeben, als Lappenhöhlen bezeich- nen; sie dienen bei den meisten anderen Peganthiden (wie bei der folgenden Art, Pegantha pantheon) zur Aufnahme und zum Schutze der Genitalsäckchen, welche vom gastralen Gonaden-Ring sich ab- zweigen. Die centrale Schirmhöhle selbst (Fig. 3 h) ist sehr flach und niedrig, wie bei allen Pegan- thiden, und wird oben von der subumbralen Magenwand und der darin liegenden Gonade begrenzt, während sie unten sich weit öffnet (Fig. 1). Die Subumbrella wird im centralen Theile — an der unteren Fläche der Schirmlinse — durch die muskulöse subumbrale Magenwand vertreten, da diese bis zur Grenze von Linse und Kragen reicht. an der unteren Fläche des Schirmkragens — bildet die Sub- Im peripherischen Theile hingegen umbrella einen Kranz isolirter Muskelplatten, welche die innere, concave Fläche der Lappen auskleiden. Da nämlich der eigentliche Schirmrand (mit Nerven- und Nessel-Ring) zwischen je 2 Lappen tief ein- geschnitten ist, so erscheint auch der Muskelring der Subumbrella dadurch im unteren Theile gelappt. Das Velum füllt gleich einer Schwimmhaut die Zwischenräume zwischen diesen Lappen bis zum Schirmrande vollständig aus und springt ausserdem noch eine Strecke weit als zusammenhängender Fing-Saum nach innen gegen die Axe der Schirmhöhle vor. Das Velum ist sehr dick und derb, viel- fach in Falten gelegt, und wird fast immer, gleich den Lappen, mehr oder minder eingerollt angetroffen. Im inneren oder axialen Theile des Velum herrschen eoncentrische Ringfalten vor, im äusseren oder abaxialen Theile hingegen, der in Gestalt dreieckiger Zipfel zwischen die Lappen hineingeht, vorwiegend Radial-Falten (Fig. 6, 8 v). Der Contractionszustand des Velum lässt die Form und Beschaffenheit des- selben oft sehr verschieden erscheinen. Die Subumbrella ist zwischen je 2 Lappen so tief eingeschnit- ten, dass die dreieckigen Zipfel des Velum zwischen denselben bis zu ihrer Basis und bis zur Ten- takel-Insertion emporsteigen (Fig. 2, 6). Die Structur der Subumbrella und des Velum ist dieselbe, wie bei der nächstfolgenden Art (vergl. Taf. XH, Fig. 12). Schirmrand. Da der eigentliche Schirmrand (im morphologischen Sinne) nicht durch den freien Axial-Rand des Velum (— die Grenze zwischen Exumbrella und Subumbrella —) bestimmt wird, sondern vielmehr durch den marginalen Nesseliing und den doppelten, diesem anliegenden Nerven- ring, so erscheint der wahre Schirmrand bei Polycolpa Forskalü, wie bei allen Peganthiden, tief einge- schnitten. Er bildet einen continuirlichen Saum der Kragenlappen und zugleich die Grenzlinie zwischen diesen und dem Velum (Fig. 6 ce). An dem inneren Rande des Nesselringes liest der Feston - Canal (Fig. 6 cf), welcher ihn in der ganzen Länge begleitet. Die feinere Structur des Schirmrandes ist die- selbe wie bei der folgenden Art (vergl. Taf. XI, Fig. 12). Von tentacularen Organen trägt der Schirm- rand 25 Tentakeln und eine grosse Anzahl Hörkölbehen (5—7 an jedem Lappen). Die Tentakeln, deren Zahl bei allen Peganthiden derjenigen der Kragenlappen gleicht, alter- niren mit letzteren regelmässig und sind zwischen den Basen von je 2 Lappen in der Kranzfurche der Exumbrella inserirt (Fig. 1—3, 6). Die 25 Tentakeln unserer Polycolpa Forskalii sind 14—2 mal so lang POLYCOLPA FORSKALN. 99 als der Schirm-Durehmesser und bald kronenartig nach aufwärts gekrümmt (wie bei Pegantha pantheon, Taf. XI, Fig. 1), bald unter den Schirm nach abwärts geschlagen (Taf. X, Fig. 2); sie sind eylindrische knorpelähnliche Fäden, an der Basis etwas verdickt, gegen die Spitze allmählich fein zugespitzt und verbinden einen hohen Grad von Steifheit und Festigkeit mit bedeutender Biegsamkeit und Elasticität. Die solide Chordal-Axe gleicht mehrfach der Chorda dorsalis der Wirbelthiere und besteht aus grossen und hellen diekwandigen Entoderm-Zellen, die eine derbe elastische Membran, wasserklaren Inhalt und einen grossen Kern besitzen. Die Chordal-Axe jedes Fadens bildet eine einzige Reihe oder Säule solcher „münzenförmigen“ Chordal-Zellen (vergl. Taf. XII, Fig, 10, 11). Ihr Exoderm-Epithel enthält zahlreiche kugelige Nessel-Kapseln, besonders an der Abaxial-Seite des Fadens. Dickere Chordal- Zellen setzen auch die helle konische Tentakel-Wurzel zusammen, welche von der Tentakel- Insertion aus in die Gallertscheibe des Schirmes eine Strecke weit radial (centripetal) hineingeht und mit ihrer unteren (oralen) Seite, oft hakenförmig gekrümmt, der Peripherie der Magendecke aufliegt (Taf. X, Fig. 3 o, Fig. 7). In jeder Chordal-Zelle der Wurzel ist ein Netz von verzweigten Protoplasma- Fäden sichtbar, welche von der den Kern umgebenden Schicht ausstrahlen (Fig. ). Die entodermale Stützlamelle, welche die Chordal-Axe der Tentakeln röhrenförmig einschliesst, setzt sich auch auf die Wurzel bis zur Spitze fort, die ectodermale, nach aussen daran liegende Schicht der longitudinalen Muskelfasern hingegen nicht. — „Schirmspangen“ oder Peronien, welche bei Cunarcha und Aeginura sehr entwickelt erscheinen, sind bei Polycolpa und Pegantha, wie bei den meisten Peganthiden, rudimen- tär. Da die tiefen Schirmrand-Einschnitte zwischen je 2 Lappen bis fast zur Tentakel-Basis hinauf- gehen, werden die Peronien natürlich so verkürzt, dass sie fast verschwinden. Durch die Rückbildung derselben bleibt hier die Tentakel-Insertion mit dem Nesselringe des Schirmrandes in continuirlichem direeten Zusammenhang, weil ja der letztere in die erstere an der Lappen -Basis unmittelbar über- geht. Desshalb geht auch das Velum hier mit interlobaren Zipfeln zwischen je 2 Kragenlappen bis zur Tentakel-Wurzel hinauf (Fig. 6). Hörkölbchen besitzt Polyxenia Forskali 130—170, da auf jeden der 25 Lappen deren 5—7 kommen (Fig. 6). Eines davon sitzt an der Spitze des Lappens, die anderen (paarweise gegenständig) an dessen unterem Seitenrande. Ihre Structur ist dieselbe, welche oben (p. 23) von Cunarcha beschrieben wurde. Gewöhnlich enthält aber hier jede der 3—4 entodermalen Axen-Zellen einen Otolithen (Fig. 8 02). Die Otoporpen oder „Hörspangen“ an ihrer Basis (Fig. 8 oo) sind kolbenförmige Nesselstreifen der Exumbrella, überzogen von flimmerndem Sinnes-Epithel, mit grösseren und kleineren kugeligen Nessel- kapseln (Fig. 8 n). Ihr sonstiges Verhalten ist wie bei Peguntha pantheon (vergl. Taf. XI, Fig. 4). Gastrocanal-System (Fig. 1, 3, 6, 8). Dasselbe besitzt die sonderbare, allen Peganthiden eigen- thümliche Bildung, welche diese Medusen-Familie von allen anderen unterscheidet. Es besteht aus zwei Hauptabschnitten, dem centralen Magen und dem peripherischen Feston-Canal (Fig. 6 cf, 8 cf). Der letztere läuft gleich einer Guirlande dem Rande der Lappen entlang und mündet überall zwischen je 2 Tentakeln doppelt in den Umkreis des Magens ein. Der Magen ist eine ganz flache, kreisrunde oder polygonale Tasche, und nimmt die ganze untere Fläche der Schirmlinse ein (Fig. 3 ge). Ent- sprechend der letzteren bildet die obere Wand oder die Decke des Magens eine ebene oder nur wenig convexe, seltener etwas concave kreisrunde Fläche, deren Peripherie bei gewissen Contractions-Zustän- den ein reguläres Polygon darstellt; jede vorspringende Ecke desselben entspricht einer Tentakel- Insertion, jede Seite der Basis eines Kragenlappens. Die vorspringenden Ecken bilden bisweilen drei- eckige Taschen, deren Spitze gegen die Tentakel-Insertion gerichtet ist (letzte Rudimente von Radial- Taschen). Die untere Wand oder der Boden der Magentasche ist eine kreisrunde oder regulär - poly- 30 NARCOMEDUSAE. PEGANTHIDAE. gonale, dicke Muskelplatte, oben vom Entoderm, unten vom Exoderm überzogen. In der Mitte findet sich die Mundöffnung, die in ein kurzes, cylindrisches, frei herabhängendes „Schlundrohr“ ausge- zogen ist (Fig. 3 at). Der verdickte Mundrand ist einfach, nicht in Mundlappen gespalten. Die Muskel- platte erscheint an demselben beträchtlich angeschwollen (Fig. 5 m im Längsschnitt). Zwischen den hohen Cylinder-Zellen des gastralen Entoderms /(dg) sind zahlreiche Drüsenzellen zerstreut (gd), 2—3 mal so breit als die ersteren, mit einem doppelt so grossen Kern, und durch die trübe körnige Beschaffen- heit des Protoplasma ausgezeichnet. Wie bei allen Narcomedusen, ist die muskulöse Magenwand sehr bedeutender Contraction und Dilatation fähig. Der eigenthümliche, bei den Peganthiden zur höchsten Ausbildung gelangende Feston-Canal (Canalis festivus, Fig. 6 cf, 8 c/) und der damit in Zusammenhang stehende völlige Mangel der Radial-Canäle genügt allein, um diese Familie als solche zu characterisiren und von allen anderen Medusen-Familien zu unterscheiden. Phylogenetisch ist dieses merkwürdige Verhalten einfach von demjenigen der Cunanthiden abzuleiten, und zwar dadurch, dass der Magen durch peripherisches Wachs- thum sich bis zur Tentakel-Insertion (oder bis zur Grenze von Schirmlinse und Schirmkragen) aus- dehnt, und so die breiten taschenförmigen Radial-Canäle in sich aufnimmt. Die tiefen Buchten, welche bei den Cunanthiden zwischen je 2 Radial-Taschen sich finden, sind bei den Peganthiden gewisser- maassen versirichen. Daher sind auch die „dreieckigen Zipfel“ der Magen-Peripherie, welche bei einigen Peganthiden zur Insertion der Tentakeln hingehen (schon von Esenscnourz bei Polyxenia als „lange dreiseitige Fortsätze des Magens“ beschrieben), in der That als letzte rudimentäre Ueberbleibsel von Radial-Canälen zu deuten. Während diese letzteren bei den Cunanthiden noch die Verbindung des Magens mit dem Ringcanal vermitteln, mündet nunmehr bei den Peganthiden der letztere unmittelbar in die Peripherie des ersteren ein, und zwar an so viel Stellen, als Tentakel-Insertionen vorhanden sind, zwischen je 2 Kragenlappen. Der Ringeanal hat demnach eigentlich dieselbe Beschaffenheit, wie bei den nächstverwandten Cunanthiden; er verläuft längs des velaren Randes der Kragenlappen, unmittelbar über dem Nesselring des eigentlichen Schirmrandes; zwischen der Basis je zweier benach- barter Lappen aber wird er durch die Tentakel-Insertion unterbrochen und mündet neben derselben in den Magen ein. Man könnte das Verhältniss auch so ausdrücken: Der Ringeanal der Peganthiden ist in viele (10—20) einzelne bogenförmige oder halbkreisförmige Lappen-Canäle zerfallen, welche am Rande der Gallert-Lappen, nach innen von der Velum-Insertion verlaufen und an der Lappen - Basis in den Magenumkreis münden. Uebrigens ist der Ringcanal keineswegs redueirt, vielmehr ein geräu- miges Rohr, dessen Lumen bei den grösseren Arten oft über einen Millimeter Durchmesser hat und leicht die Einführung einer Sonde gestattet. Das Entoderm desselben ist häufig verdickt und in Falten gelegt, bei einigen Arten sogar in zahlreiche Zotten oder Papillen erhoben (ähnlich Darm- zotten). Bei unserer Polycolpa Forskalii liess sich auf dem Querschnitt des Feston -Canals keine solche Falte erkennen, während bei der nächstfolgenden Art eine niedrige Ringfalte am Distal-Rande desselben deutlich nachzuweisen war, ähnlich wie bei Pectis (vergl. Taf. VI, Fig. 12 yce und Taf. XN, Fig. 12 ye). Gonaden. Die Geschlechtsdrüse tritt bei Polycolpa Forskalüi in der einfachsten Form auf, als ein breiter kreisrunder Gürtel, welcher den grössten Theil der unteren, subumbralen Magenwand einnimmt (Fig. 1 sf, Fig. 3 sf). Bei dem weiblichen Exemplare, welches ich lebend im rothen Meere beobachtete, war derselbe schön himmelblau gefärbt, ebenso auch die Tentakeln und der Nesselring des Schirm- randes; die Spitze der Tentakeln war dunkelblau. Die subumbrale, eonvexe Aussenfläche des Ge- schlechts-Gürtels ist ziemlich glatt, nur von unbedeutenden und unvollständigen Radial- Falten durch- zogen (Fig. 1 sf). Auf dem radialen Querschnitt (Fig. 3 s/, Fig. 4) zeigt sich zwischen dem hohen PEGANTHA PANTHEON. 31 gastralen Entoderm-Epithel des Eierstocks (Fig. 4 dg) und dem flachen subumbralen Exoderm - Epithel (Fig. 4 q9) eine dicht gedrängte Masse kleiner Eizellen, zwischen denen einzelne grosse Eier zerstreut sind. Subfamilia: PEGASIDAE, HacckEL. Peganthiden mit einem Kranze von mehreren getrennten Gonaden, welche Aussackungen der subumbralen Magenwand bilden und einzeln in den Lappenhöhlen des Schirmkragens liegen. Genus: PEGANTHA, Harcrer (1879). zenyn = Quelle; &v9 = Blume. Genus-Diagnose: Peganthide, deren gastraler Geschlechts-Gürtel in einen Kranz von getrennten bläschenförmigen Genital-Säckchen zerfallen ist, eben so viel als Tentakeln und mit diesen alternirend (ein einfaches oder mehrlappiges Blindsäckchen in jeder Lappenhöhle). Zahlreiche (10—30) Kragen- lappen und eben so viele damit alternirende Tentakeln. Das Genus Pegantha stellt die vollkommenste und phylogenetisch jüngste Gattung in der merk- würdigen Familie der Peganthiden dar, in welcher der Familien-Typus zu seiner höchsten Ausbildung gelangt. Während bei der vorhergehenden Gattung Polycolpa, der Stamm-Gattung der Familie, die Gonade als ein einfacher Gürtel in der unteren Magenwand auftritt, der bei Polyxenia und Pegasia zu einem peripherischen Lappenkranz sich entwickelt, ist dieser letztere bei Pegantha in einen Kranz von völlig getrennten, perigastralen Genital-Säckehen zerfallen, von denen je eines frei in eine jede Lappen- höhle des Schirmkragens hinabhängt (vergl. System der Medusen, 1879, p. 327, Taf. XIX, Fig. 4—7). Species: Pegantha pantheon, Harcxeı. Tafel XI, XII. Pegantha pantheon, HAECKEL, 1879; System der Medusen p. 332, Nr. 359. Species-Diagnose: Schirm kronenförmig, doppelt so breit als hoch. 18 Lappen eiförmig, 14 mal so lang als breit. In jeder Lappenhöhle eine einfache Gonade von der Form eines breiten, rundlichen, zierlich gewundenen Blattes. 18 Tentakeln doppelt so lang als der Schirm - Radius. 400—450 Hör- kölbehen (23—25 an jedem Lappen). Grösse: Horizontal-Diameter 20 Mm.; Vertieal-Diameter 10 Mm. Fundort: Südpacifischer Ocean; in der Nähe der Philippinen-Insel Mindanao. Das vortrefflich erhaltene (männliche) Exemplar dieser Art, nach welchem die Abbildungen auf Taf. XI und XII ent- worfen wurden, fand ich in demselben Glase der Challenger-Sammlung, welches auch das Fragment der vorhergehenden Art enthielt (gefunden in 82 Faden Tiefe, Station 201, in 7° 3’ N. Br., 1210 48° Ö.L. v. Gr., am 26. October 1874). Umbrella (Taf. XI, Fig. 1, Taf. XII, Fig. —9). Der Schirm hat die Gestalt eines Diadems oder einer Krone, ist ungefähr doppelt so breit (20 Mm.), als hoch (10 Mm.), und zerfällt durch eine tiefe horizontale Kranzfurche in eine obere massive Hälfte, die Schirmlinse, und eine untere gelappte Hälfte, den Schirmkragen. Die massive Schirmlinse oder Schirmscheibe besteht, wie bei der vorigen Art, aus einer ziemlich festen, bieonvexen Gallertlinse, deren horizontaler Durchmesser mehr als das Dop- pelte ihrer Dicke beträgt (Fig. 7ug). Die Exumbrella ist ausgezeichnet durch verzweigte, stark vor- springende Radial-Rippen, zwischen denen tiefe radiale Furchen die äussere Oberfläche durchziehen (Fig. 1, 8). Die Rippen der Schirmlinse, vom Centrum nach der Peripherie an Stärke zunehmend, 32 NARCOMEDUSAE. PEGANTHIDAE. sind derartig vertheilt, dass zur Mitte eines jeden Kragenlappens eine stärkere Hauptrippe hinläuft, von welcher sich seitlich mehrere schwächere Nebenrippen abzweigen. Der Schirmkragen besteht aus einem Kranze von 18 eiförmigen Schirmlappen (Fig. 7, 8). Diese „Gallertlappen des Schirmkragens“ standen an dem untersuchten Exemplare dicht gedrängt, waren stark einwärts gerollt, und dabei von solcher knorpelartiger Festigkeit, dass sie sich nur mittelst starken Druckes flach ausbreiten liessen (Fig. 8, rechte Hälfte). Sie erscheinen dann breit eiförmig, 14 mal so lang als breit. Die convexe Aussenfläche jedes Lappens (Fig. 2) ist stark gewölbt und von 5 vorspringenden Längsrippen durchzogen, von welchen die mittlere bedeutend stärker ist als die seit- lichen. Die concave Innenfläche jedes Lappens (Fig. 3) umschliesst eine geräumige Lappenhöhle, in welche ein faltiges Genital-Säckchen hineinhängt. Diese 18 Lappenhöhlen (Fig. 3 hl) bilden einen Kranz von Nischen oder Nebenhöhlen um die centrale Schirmhöhle und umgeben diese gleich den Altarnischen eines Rundtempels (Pantheon). Die centrale Schirmhöhle selbst ist flach und niedrig, unten weit geöffnet, während sie oben durch die subumbrale Magenwand begrenzt wird (vergl. Fig. 1,7, 9). Die Subumbrella mit ihrer Ringmuskelschicht zerfällt, wie bei der vorigen Art, in zwei sehr verschiedene Theile, deren Grenze der Gonaden-Kranz bildet (Fig. 9). Der Central-Theil der Subum- brella, in seiner Ausdehnung der unteren Fläche der Schirmlinse entsprechend, wird von der unteren, faltigen, sehr muskulösen Magenwand gebildet und erscheint in der Mitte vom Mundrohr durehbohrt (Fig. 7). Der periphere Theil hingegen setzt sich aus dem Kranze der isolirten Muskelplatten zusam- men, welche die innere concave Fläche der 18 Kragenlappen auskleiden. Das Velum füllt die schma- len Zwischenräume dieser Lappen vollständig aus und springt ausserdem noch eine Strecke weit über die Lappenspitzen frei vor als zusammenhängender Ringsaum (Fig. 1», 9 rechte Hälfte, v). Auf senk- rechten Schnitten durch das derbe Velum (Fig. 12 links) zeigt sich das obere (subumbrale oder ven- trale) Epithel desselben (vw) 3 mal so hoch und stark als das untere (exumbrale oder dorsale Epithel, ve). Dem ersteren liegt eine starke Ringmuskel-Schicht an (mw), dem letzteren eine dieke elastische Stützplatte (zw). Schirmrand. Wie bei den übrigen Peganthiden, ist der eigentliche Schirmrand (durch den Nes- selring und Nervenring charaeterisirt) tief eingeschnitten und bekleidet als zusammenhängender Saum den Rand der Kragenlappen. Demnach bildet derselbe bei Pegantha pantheon 18 tiefe Buchten, welche bis zur Insertion der Tentakeln hinaufreichen (Fig. 2, 3, 8, 12). Auf dem radialen Querschnitt des Schirmrandes (Taf. XII, Fig. 12) zeigt sich der Nesselring (nc) von Sinnesepithel mit langen Flimmer- haaren überzogen. Der dorsale Nervenring (rc’) wird durch die Stützlamelle des Velum () vom ven- tralen Nervenring getrennt (rc”); beide liegen unmittelbar nach aussen (abaxial) von der Insertion des Velum (vergl. die Erklärung von Fig. 12). Unmittelbar daran stösst der Distal-Rand des breiten Feston- Canals (cf). Von tentaeularen Organen trägt der Schirmrand 18 Tentakeln und sehr zahlreiche (über 400) freie Hörkölbchen. Die 18 starken Tentakeln, welche mit den 18 Kragen-Lappen regelmässig alterniren und an deren Basis in der Kranzfurche inserirt sind, waren an dem untersuchten Exemplare sämmtlich nach aufwärts geschlagen, wie es so häufig bei den Narcomedusen geschieht (Fig. 1). Sie sind eylindrisch, gegen die Basis ein wenig verdickt, gegen die Spitze verdünnt, ungefähr so lang als der Schirm- Durchmesser. In der Mitte der entodermalen Axe, welche aus einer einzigen Reihe münzenförmiger Chordal-Zellen (von einem Millimeter Breite!) zusammengesetzt wird, bilden die Kerne der letzteren eine centrale Kette (Fig. 11). Ueber der starken Stützplatte (Fig. 10 2) liegt aussen eine ansehnliche Schicht longitudinaler Muskelfasern (m). Die kugeligen Nesselkapseln (n) im Exoderm -Epithel sind PEGANTHA PANTHEON. 33 hauptsächlich an der Abaxial- Seite der Tentakeln angehäuft, am dichtesten an der Spitze. An der Tentakel-Insertion findet sich ein dicker, fast geschlossener Nesselring, der nur innen an der Axial- Seite eine Lücke besitzt (Fig. 2, 3 nd). Nach innen davon setzt sich der Tentakel in die spitze koni- sche Wurzel fort (fr), welche in die Gallerte der Umbrella centripetal hinein geht. Die Hörkölbchen sind bei Pegantha pantheon sehr zahlreich, 400—450, da auf jeden der 18 Kragenlappen 23—25 kommen (Fig. 1, 2). Sie sind regelmässig längs des bogenförmigen Saumes der Lappen vertheilt und sitzen mit verdünnter stielartiger Basis auf dem Nesselringe des Schirmran- des auf, nach innen unmittelbar in die Hörspange sich fortsetzend. Die kolbenförmigen Otoporpen oder Hörspangen (Fig. 2, 400) sind alle von gleicher Länge, ungefähr 3 mal so lang als die Hörkölb- chen; ihre Axen convergiren mehr oder minder gegen den Mittelpunkt der Lappen -Basis (Fig. 2). Ihr inneres Ende ist verdickt und keulenförmig abgerundet; ihr Exoderm-Epithel enthält viele grössere und kleinere Nesselzellen. Die Hörkölbehen selbst sind grösser als bei den meisten übrigen Narco- medusen und enthalten eine Axe von 3—5, meistens 4 grossen Entoderm-Zellen, deren jede einen Krystall einschliesst. Der proximale Otolith (an der dünnen Basis des Kölbchens) ist der kleinste, der distale (im keulenförmig abgerundeten Ende) der grösste, und zwischen beiden (in den mittleren Ento- derm-Zellen) liegen ein oder zwei Krystalle von mittlerer Grösse. Ein dichter Busch starrer Hörhäär- chen (oh), vom Exoderm des Hörpolsters (op) ausgehend, umgiebt das Kölbehen. Nach Behandlung mit Essigsäure und Carmin wurde im Centrum der Otolithen ein roth gefärbter Kern sichtbar (vielleicht der ursprüngliche, bei der Otolithen - Bildung eingeschlossene Zellkern? Fig. 12 ol). Die Lagerungs- Verhältnisse der Hörkölbehen und ihrer Hörspangen am Schirmrande und ihre Beziehungen zu den benachbarten Organen des letzteren ergeben sich am besten durch vergleichendes Studium der Figu- ren 2 und 4 auf Taf. XI, 7 und 12 auf Taf. XII. Insbesondere ist in Fig. 12 ersichtlich, wie sich das Hörkölbehen vom conischen Hörpolster (op) des Nesselringes (nc) mit dünnem Stiel erhebt, und wie die Fulceral-Lamelle (2) zwischen den beiden Nervenringen (rc) hindurch zur Basis des Hörkölbehens tritt, um sich hier in dessen Stützplatte fortzusetzen. Gastrocanal-System (Taf. XI, Fig. 1, 3; Taf. XI, Fig. 7, 9, 12). Im Ganzen ist dasselbe dem- jenigen von Polycolpa Forskalü gleich gebildet (vergl. oben p. 29 und Taf. XI, Fig. 1, 3, 6, 8). Der Magen bildet auch hier eine weite und flache, kreisrunde Tasche, welche die ganze Unterseite der Schirmlinse einnimmt (Fig. 7 gc). Während die schwach convexe untere Fläche der letzteren die Decke der Magenhöhle bildet, wird deren Boden von dem sehr muskulösen und dehnbaren Central - Theile der Subumbrella hergestellt, welche in viele radiale Falten gelegt ist (Fig. 9). In der Mitte der letz- teren geht ein kurzes und weites Schlundrohr ab, dessen einfache Mundöffnung einen wulstig ver- dickten Mundrand zeigt (Fig. 7 gg). Den peripherischen Theil des Gastrocanal-Systems bildet der breite Feston-Canal, welcher sich bei unserer Art aus 18 einzelnen Lappen-Canälen zusammensetzt (vergl. oben p. 30). Diese letzteren laufen an der Innenseite des Nesselringes (nc) den Rand der eiför- migen Kragen-Lappen entlang und münden an deren Basis unmittelbar in die Peripherie der Magen- höhle ein (Fig. 3 90). Die beiden Mündungen eines jeden Lappen-Canales nehmen also den Stiel des Genital-Säckchens zwischen sich, welches in die betreffende Lappenhöhle hinabhängt (Fig. 3 sc). Die bandförmig abgeplatteten Canäle sind ungefähr 4 so breit, als die grösste Breite der Lappen. Ihr sub- umbrales Entoderm -Epithel (Fig. 12 dw) ist, wie gewöhnlich, aus sehr hohen und schmalen Cylinder- Zellen zusammengesetzt, während dasjenige ihrer umbralen Wand (du) aus viel kleineren flachen Geis- selzellen besteht. Aehnlich wie bei Pectis (Taf. VI, Fig. 12 yc), jedoch schwächer entwickelt, erhebt Hoeckel, Tiefsee-Medusen. 5 34 NARCOMEDUSAE. AEGINIDAE. sich am Distal-Rande des Feston-Canals eine niedrige Entoderm -Falte, welche in dessen Lumen frei hineinragt (Taf. XI, Fig. 12 yc). Gonaden. Im Gegensatze zu der vorhergehenden Polycolpa, bei welcher die Geschlechtsdrüse in der einfachsten Form, als ein ringförmig geschlossener Gürtel in der unteren Magenwand auftritt (Taf. X, Fig. 1 s, 3 s), zeigt uns Pegantha die differenzirteste, am weitesten entwickelte Form dieses Or- gans. Der ursprünglich einfache und zusammenhängende Genital-Gürtel ist hier in einen Kranz von getrennten Geschlechts-Säckchen zerfallen, welche von der Peripherie der Magenhöhle frei herabhängen. Jede Lappenhöhle des Schirmkragens nimmt ein solches Genital-Beutelchen auf, welches von der con- caven Subumbralfläche des Kragenlappens schützend umgeben wird (Taf. XI, Fig. 3, Taf. XII, Fig. 7, 9). Die Peganthiden-Genera Polyxenia und Pegasia stellen vermittelnde Zwischenformen zwischen den beiden Extremen Polycolpa und Pegantha her, so dass der Zerfall des einfachen subgastralen Geschlechts - Gür- tels in einen Kranz getrennter Säckchen uns hier auf 4 verschiedenen phylogenetischen Stufen ent- gegentritt (vergl. mein „System der Medusen“, 1879, p.327—332). Die Höhlen der einzelnen Genital- Säckchen von Peyantha pantheon (Fig. 5 sc) ecommunieiren mit der Peripherie der Magenhöhle (Fig. 7, 9 se). Jede von den 18 Gonaden hat die Gestalt eines dicken rundlichen Blattes, dessen beide Ränder den Rändern des Kragenlappens zugekehrt sind, während die Oberfläche zierlich gewunden oder gefaltet ist (Fig. 3 s). Auf dem Querschnitt (Fig. 5, 6) zeigt sich, dass das gastrale Entoderm-Epithel der Säckchen-Höhle (sd) aus hohen Cylinder-Zellen zusammengesetzt und durch eine starke Stützplatte von der Masse des Sperma (sm) völlig getrennt ist. Dagegen steht letztere in continuirlichem Zusam- menhang mit dem gastralen Exoderm-Epithel der Subumbrella, aus welchem sie hervorgeht. Bei stär- kerer Vergrösserung zeigt sich hier dasselbe Verhalten, welches Herrwıs (1878) von Cunina latwentris geschildert hat. Die oberflächliche Exoderm -Zellenschicht (Fig. 5, 6 sw), welche den subumbralen Ueberzug des Hodens bildet, schickt kernhaltige Stützfasern (zs) in die darunter gelegene subepitheliale Zellenschicht. In dieser sind die grössten Zellen (sm) am meisten nach innen gelegen, stossen an die entodermale Fulcral-Platte (2), und sind als „Sperma- Mutterzellen“ zu betrachten, während die klein- sten, am meisten nach aussen gelegenen Zellen bereits reifes Sperma bilden (Fig. 6 s2). Familia: AEGINIDAE, Gegenbaur (1856), p. p. HAEcKEL, System der Medusen, 1879; p. 334, Tafel XIX, Figur 8, 9; Tafel XX, Figur 11—16. Familien-Character: Narcomedusen mit einem Randcanal, welcher durch doppelte Peronial- Canäle unmittelbar mit dem Magen communicirt; mit internemalen Magentaschen (welche aus den distalen Lappentaschen rückgebildeter Radial-Canäle entstanden sind); ohne Otoporpen oder Hör- spangen an der Basis der Hörkölbchen. Subfamilia: AEGINURIDAR, Harcrer (1879). Aeginiden mit 8 peronialen Doppel-Canälen (4 perradialen und 4 interradialen). Genus: AEGINURA, Harckeı (1879). Aeginura, Nomen proprium. Genus-Diagnose: Aeginide mit 8 peronialen Doppel-Canälen und 8 Tentakeln (4 perradialen und 4 interradialen), sowie mit 16 internemalen Genital-Taschen, welche paarweise mit den 8 Tenta- keln alterniren. AEGINURA MYOSURA. 35 Das Genus Aeginura zeigt die doppelte Zahl von Tentakeln und Genital-Taschen, wie die be- kannte Stamm-Gattung der Aeginiden, Aegina. Die nachstehend beschriebene Aeginura myosura ist bisher die einzige Art dieser Gattung, und zugleich die einzige Aeginiden-Species der Challenger-Sammlung, von welcher ich eine genügende Beschreibung geben kann. Eine zweite, viel grössere und compli- eirter gebaute Species dieser Familie, welche ich in meinem „System“ 1879 als Aeginorhodus rosarius aufgeführt habe (p. 345), zeigte sich leider bei näherer Untersuchung zu sehr zerstört und zu schlecht erhalten, um davon eine genügende Darstellung geben zu können. Ich bin selbst zweifelhaft gewor- den, ob die angeführte, nach diesem Fragment daselbst entworfene Diagnose richtig ist. Species: Aeginura myosura, Haecker. Tafel XILL, XIV. Aeginura myosura, HAEcKEL, 1379; System der Medusen, p. 343, Tafel XIX, Figur 8, 9. Species- Diagnose: Schirm mützenförmig, doppelt so breit als hoch. Mund quadratisch oder vierlappig, mit cylindrischem Schlundrohr, halb so lang als der Schirm -Radius. 16 Genital- Taschen fast rechteckig, die beiden medialen jedes Quadranten kleiner als die beiden lateralen. 8 Tentakeln alternirend verschieden; die 4 perradialen grösser und höher inserirt als die 4 interradialen; erstere ungefähr doppelt so lang, letztere eben so lang als der Schirm-Radius. Grösse: Horizontal-Diameter 30 Mm., Vertical-Diameter 15 Mm. Fundort: indischer Ocean, südlich von Australien. Ein etwas verletztes, aber sonst ziemlich gut gehaltenes männliches Exemplar dieser Art fand ich in einem Glase der Challenger - Sammlung, welches zahlreiche Phaeodarien (Aulosphaera, Coelodendrum etc.) enthielt und welches von Station 159 stammt (10. März 1874; in 47 ® 25’ Südl. Br., 130 0 32” Oestl. L. von Greenw.). Die Probe scheint aus 2150 Faden Tiefe gehoben zu sein. Im „System der Medusen“ (p. 343) ist irrthümlich durch ein Versehen „Weber“ statt „Challenger“ angegeben. Umbrella (Taf. XIII, Fig. 1, 2; Taf. XIV, Fig. 11). Der Schirm hat die Gestalt einer flachen Mütze oder eines Barettes; die obere Fläche ist fast horizontal abgeplattet (in der Mitte ein wenig ver- tieft), während die Seitenwände fast vertical abfallen (ein wenig nach unten erweitert). Der grösste Horizontal-Durehmesser, nahe dem Schirmrande, beträgt 30 Mm., das Doppelte der verticalen Schirm- höhe (15 Mm.). Da der Schirmrand an dem untersuchten Exemplare ziemlich stark eingezogen ist, dürfte die Höhe am lebenden Thiere im Verhältnisse beträchtlicher sein (20 Mm. und darüber). Von der oberen oder unteren Fläche betrachtet, erscheint der Schirm deutlich achteckig, indem die 8 prin- eipalen Radien (mit den Peronien und Tentakeln) stärker nach aussen vorspringen, als die 8 Seiten- wände zwischen ihnen (Fig. 2); daher hat eigentlich der Schirm (der todten Meduse) die Form eines kurzen, regulär-achtseitigen Prisma. Die Gallerte des Schirms ist (— wie bei allen eigentlichen Aeginiden —) ziemlich weich, nicht so fest wie bei den Cunanthiden und Peganthiden; obwohl sie auch dort, wie hier, von zahlreichen elastischen Fasern durchsetzt wird. Die Dicke des Gallertschirms ist sehr beträchtlich (gleich 4 der Schirmhöhe) in der ganzen abgeplatteten Scheitelfläche, dagegen sehr gering (und nach unten gleichmässig abnehmend) an den dünnen Seitenwänden (Fig. 11 ug). Die Exumbrella ist glatt, ohne besondere Auszeichnung, nur von 8 seichten Peronial- Furchen durchzogen (Fig. 7 es); diese gehen vertical von der Insertion der 8 Tentakeln zum Schirm- rande herab und sind durch dünne „Peronial-Platten“ mit den darunter liegenden Peronien oder „Schirmspangen“ (en) verbunden. Die 8 Peronial-Platten (Laminae peromiales, Fig. T em, 12 em) 5* 36 NARCOMEDUSAE. AEGINIDAE. bestehen aus einer doppelten Lage des exodermalen Platten-Epithels der Exumbrella und sind offenbar dadurch entstanden, dass die beiden Gallertwände des Schirms, welche bei den Cunanthiden seitlich die offene Peronial-Rinne begrenzen (Taf. IX, Fig. 5es), bei den Aeginiden über derselben sich aneinan- dergelegt haben und verwachsen sind. Daher liegt hier das Peronium (Taf. XIII, Fig. 7 en) ganz ein- geschlossen von der Schirmgallerte (an seiner abaxialen) und von der Subumbrella (an seiner axialen Seite), während die Abaxial-Seite desselben bei den Cunanthiden ganz frei im Grunde der offenen Peronial-Rinne liegt (Taf. IX, Fig. 5 en). Unten am Schirmrande trifft bei Aegimura das Distal-Ende des Peronium mit demjenigen der Peronial-Platte zusammen; beide gehen hier continuirlich in den margi- nalen Nesselring über (Taf. XII, Fig. 1, 2, 4 nc; Taf. XIV, Fig. 11 ne). Die Sehirmhöhle und die sie auskleidende Subumbrella zeigt bei Aeginura, gleichwie bei den übrigen Aeginiden, nicht die auffallenden Eigenthümlichkeiten, welche die beiden Narcomedusen-Fami- lien der Cunanthiden und Peganthiden auszeichnen; vielmehr weichen die Verhältnisse derselben nicht wesentlich von den gewöhnlichen der Craspedoten ab. Das hängt damit zusammen, dass der Schirm- Kragen hier nicht durch tiefe peroniale Einschnitte in getrennte Lappen getheilt und der Schirmrand daher fast ganzrandig ist. Mithin fehlen auch die besonderen Lappenhöhlen der Cunanthiden (Taf. IX, Fig. 6 hl) und der Peganthiden (Taf. XII, Fig. 7 hl). Vielmehr ist die Schirmhöhle bei Aeginura ein ein- facher eylindrischer oder fast achtseitig prismatischer Hohlraum, in dessen Axe das Schlundrohr herab- hängt, und dessen horizontale Decke der subumbrale Magenboden bildet (Taf. XIV, Fig. 11 gw); wäh- rend sie sich unten weit öffnet und seitlich von der verticalen Seitenwand der Subumbrella begrenzt wird. Letztere besitzt eine ununterbrochene breite Schicht von Ringmuskelfasern, welche durch die 8 Peronien zwar in 8 viereckige Tafeln getheilt, aber nicht von denselben durchschnitten wird (vergl. Fig. 7, 11, 12 mw). Das Velum () ist bei Aeginura, gleichwie bei den übrigen Aeginiden, ziemlich breit und stark, jedoch nicht so muskulös und dick, wie bei den Cunanthiden und Peganthiden. Auch bildet es nicht, wie bei diesen letzteren, die eigenthümlichen, vertical aufsteigenden Seitenzipfel, welche in tiefen pero- nialen Einschnitten des Schirmrandes zwischen je 2 Kragenlappen emporsteigen. Da diese letzteren bei den Aeginiden nicht getrennt, sondern bis unten zum Schirmrande durch die Peronial-Platien ver- einigt sind, so ist das Velum hier überall von ziemlich gleicher Breite und an den 8 prineipalen Punk- ten, wo die Peronien von den 8 Ecken des Schirmrandes abgehen, nur unbedeutend breiter (Taf. XII, Fig. 2», 4 v). Schirmrand. Durch die eben erwähnten schwachen Einkerbungen an den 8 Prineipal-Punkten, an welchen die Distal-Enden der Peronien und Peronial-Platten vom Nesselring des Schirmrandes ab- gehen, erscheint dieser regulär-achteckig (Fig. 2). Der eylindrische Nesselring desselben grenzt unten an das Velum, aussen an den Distalrand der Exumbrella, oben an den Ringcanal und innen an den doppelten Nervenring. An der abaxialen Aussenfläche des Nesselringes, zwischen dem unteren Bande des Gallertschirmes und dem oberen des Velum, sitzen die 16 subradialen Hörkölbehen, während die 8 Tentakeln viel weiter oben an der Exumbrella (in der Höhe der Magendecke) inserirt sind. Die 16 Hörkölbchen (Cordyk, Taf. XII, Fig. 1—3 ok) sind genau subradial gestellt; d. h. sie sitzen in den 16 radialen Meridian- Ebenen vierter Ordnung, genau in der Mitte zwischen den 8 adradialen Ebenen dritter Ordnung und den 8 prineipalen Ebenen, in welchen die 4 interradialen Tentakeln (zweiter Ordnung) und die 4 perradialen Tentakeln (erster Ordnung) sich befinden. Die Hörkölbchen sitzen auf einem halbkugeligen Hörpolster auf (Fig. 3 op), einer warzenförmigen An- schwellung des Nesselringes, in welcher ein Ganglion acusticum verborgen zu sein scheint; wenigstens AEGINURA MYOSURA. Sam sind die Ganglien -Zellen des dorsalen Nervenringes in demselben viel dichter gehäuft (Fig. 10) und hängen durch zahlreiche feine Nerven-Fibrillen unmittelbar mit den hohen eylindrischen Sinneszellen zusammen, welche das Hörpolster bedecken. Von letzterem strahlt ein dichter Busch von sehr langen und feinen Hörhäärchen aus (Fig. 3 oh). In der Axe dieses konischen Büschels steht das keulenförmige Hörkölbchen, welches an der Basis sehr dünn, am Distal- Ende beträchtlich verdiekt ist. Seine entodermale Axe besteht aus 5—6 Chordal-Zellen, von denen die 2—3 proximalen sehr klein und ohne Otolithen, die 3—4 distalen hingegen sehr gross sind und Otolithen einschliessen. Der grösste Otolith, in der terminalen Entoderm-Zelle, ist bisweilen fast halb so lang als das ganze Hörkölbchen. Der exodermale Ueberzug des letzteren ist durch eine zarte Fuleral-Lamelle (z) von der Entoderm-Axe getrennt und besteht aus flachen Sinneszellen (Fig. 3 g). Die 8 Tentakeln sind hoch oben an der Exumbralfläche, weit vom Schirmrande inserirt, und hängen mit diesem nur mittelbar durch die 8 langen und starken Peronien zusammen. Vom Insertions- Punkte aus (am Proximal-Ende der Peronial-Furche) geht eine conische Tentakel- Wurzel (Fig. 11 ir) horizontal und centripetal nach innen in die Schirm-Gallerte hinein, während das Peronium (en) fast rechtwinkelig nach abwärts zum Schirmrande hinabsteigt. Alle 8 Tentakeln sind von gleicher Gestalt und Structur, die 4 primären, perradialen jedoch doppelt so lang, als die 4 secundären, inter- radialen; auch sind die ersteren etwas höher inserirt als die letzteren, deren Spangen in Folge dessen etwas kürzer sind. Die 4 perradialen Tentakeln sind etwas länger als der grösste Schirm-Durchmesser, die 4 interradialen nur ungefähr halb so lang. Der freie eylindrische Tentakel-Faden (Fig. 5 im Längs- schnitt, Fig. 6 von aussen) ist an der Basis über einen Millimeter dick, gegen die Spitze pfriemlich verdünnt, von der Gestalt eines Mäuseschwanzes („Myosura“). Seine solide Axe gleicht einer Geldrolle und besteht aus einer einzigen Reihe münzenförmiger Chordal-Zellen, deren Kerne in der Mitte einer hinter dem anderen liegen (Fig. 5yn; vergl. auch Taf. XI, Fig.10, 11). Die elastische, structurlose Stütz- platte, welche diese chordale Zellsäule einschliesst (z), ist von einer Schicht longitudinaler Muskelfasern (Fig. 6. mt) überzogen, und über dieser liegt aussen das einschichtige Epithel des Exoderms (d). Die kugeligen Nesselkapseln (n) in letzterem sind auf der dorsalen (abaxialen) Seite des Tentakels dicht gedrängt und bilden ein vortretendes Nesselband (Fig. 6 n), während sie auf den übrigen Seiten des Tentakels nur spärlich und in geringer Grösse zerstreut sind. Die Peronien oder „Schirmspangen“, welche die Tentakel-Basis mit dem Nesselringe des Schirmrandes in Verbindung erhalten, sind 8 dicke Nesselstreifen, deren Breite von oben nach unten allmählig abnimmt (Fig. 1, 2, 4en). Auf dem Querschnitt (Fig. 7 en, 12 en) erscheinen sie eirund, und zeigen sich bei starker Vergrösserung aus jenem eigenthümlichen „Peronial-Gewebe“ oder „Nes- sel-Skelet-Gewebe“ zusammengesetzt, welches im Nesselring, wie in den Peronien und Otoporpen der Narcomedusen als deren wichtigster Bestandtheil dominirt. Dasselbe (Fig. 12 en) besteht aus dicht gedrängten exodermalen Nesselzellen von sehr verschiedener Form und Grösse Die rundlichen, in denselben enthaltenen Nesselkapseln schliessen einen langen, dicht spiralig aufgerollten Nesselfaden ein, sind sehr dickwandig und zum Theil viel grösser (3—4mal so gross) als die gewöhnlichen grössten Nesselkapseln der Tentakeln. Offenbar können diese Nesselkapseln ihren Faden nicht nach aussen entladen, sondern mit ihrer verdickten Wand nur als feste „Stützzellen“ fungiren; denn die innere Axial-Seite der Peronien ist gegen das exodermale Epithel der Subumbrella (Fig. 7, 12 qw) durch eine dicke Stützplatte abgeschlossen (zw), und ebenso gegen die seitlich anstossenden Peronial-Canäle (ck), während ihre äussere Abaxial-Seite an die Schirm-Gallerte (ug) anstösst. 38 NARCOMEDUSAE. AEGINIDAE. Die Tentakel-Wurzeln (Fig. 111r) sind, wie gewöhnlich, eonische Zapfen, welche mit ihrer Spitze centripetal gerichtet sind und aus wenigen grossen Chordal-Zellen des Entoderms bestehen, einer centripetalen Verlängerung der Tentakel-Axe. Sie sind überzogen von einer structurlosen Stützlamelle, aber ohne Exoderm-Epithel. Während ihre dorsale und die seitlichen Flächen von der Schirm-Gallerie eingeschlossen sind, liegt ihre ventrale Fläche unmittelbar der Magendecke (oder der dorsalen Magen- wand) auf, welcher sie zugleich als Stütze dienen. Gastrocanal-System (Taf. XII, Fig. 1, 2, 4, 7; Tai. XIV, Fig. 8, 11, 12). Wie bei den übrigen echten Aeginiden, so besteht auch bei unserer Aeginura das Gastrovaseular-System aus zwei verschie- denen Haupttheilen, welche den beiden Haupttheilen des Schirms entsprechen und durch dessen Kranz- furche (ec) getrennt werden. An der Subumbral-Seite der centralen Schirmlinse liegt die centraie Magen- höhle nebst Schlundrohr und Mundöffnung, während an der Subumbral- Seite des peripheren Schirm- kranzes ein Kranz von 16 internemalen Genital- Taschen sich findet, sowie von 8 peronialen Doppel- Canälen, welche am Schirmrande durch einen achteckigen Rand-Canal zusammenhängen und mit ihm zusammen den „Feston-Canal“ bilden. Die centrale Magenhöhle ist flach und weit, im Umriss regu- lär achteckig (entsprechend den 8 Tentakel- Wurzeln und Peronial-Furchen). Die Magendecke, oder die obere umbrale Wand, wird durch die ebene oder schwach convexe Gastral-Fläche der gallertigen Schirmlinse gebildet, in welcher die anliegenden Tentakel-Wurzeln (ir) als 8 stützende Leisten centri- petal vorspringen. Der Magenboden, oder die untere subumbrale Wand, besteht aus einer dicken Schicht von Ringmuskelfasern, welche an ihrer unteren Fläche unmittelbar mit dem Exoderm - Epithel der Subumbrella (w) zusammenhängt, an ihrer oberen Fläche hingegen durch eine dicke Stützplatte (z) von dem hohen Entoderm-Epithel des Magens getrennt wird. In der Mitte hängt ein cylindrisches Schlundrohr herab (gl), ungefähr halb so lang als der Schirm-Radius (beim lebenden Thiere wahr- scheinlich bedeutend länger). Dasselbe ist fast eben so breit als lang und wird nach unten vierkantig- prismatisch; hier (reten 4 interradiale Längs-Furchen auf, welche die 4 breiten ausgerandeten Mund- lappen trennen (Fig. 8). Der Kranzdarm, welcher aus der Peripherie des centralen Hauptdarms entspringt, ist zusam- mengesetzt aus einem Kranze von 16 Genital- Taschen, welche paarweise mit 8 peronialen Doppel- Canälen alterniren, und aus dem achteckigen Marginal-Canal, der mit den letzteren zusammen den Feston-Canal bildet. Dieser Feston-Canal (Canalis festwus) ist dem oben beschriebenen Feston-Canal von Cunarcha, Polycolpa und Pegantha homolog und besteht eigentlich aus 8 internemalen „Lappen- Canälen“, welche den Rand der 8 viereckigen „Kragen-Lappen“ des Schirm-Kranzes säumen. Da aber diese letzteren hier bei Aeginura mit ihren Seitenrändern (in den 8 Peronial-Furchen, es) verwachsen sind, so zerfällt jeder Lappen-Canal in ein horizontales Mittelstück (einen Octanten des Randeanals) und zwei verticale Seitenschenkel (die beiden zugekehrten Hälften von 2 peronialen Doppel - Canälen). Auf den ersten Blick könnte es scheinen (Taf. XII, Fig. 1, 2, 4), als ob ein einfacher „Ringcanal“ am Schirmrande existire, welcher durch 8 einfache breite „Radial-Canäle“ mit dem Magen zusammenhänge (wie bei vielen Craspedoten, z. B. den Pectylliden, Taf. II—VIN). Allein auf Querschnitten (Fig. 7, 12) zeigt sich sofort und unzweifelhaft, dass die 8 breiten, scheinbar einfachen „Radial-Canäle“ aus je 2 isolirten, durch das Peronium völlig getrennten „Peronial-Canälen“ bestehen (ck). Jeder der beiden benachbarten Peronial-Canäle oder Spangen-Canäle mündet oben (neben der Tentakel-Insertion) selbst- ständig in die Magen-Peripherie ein, während er unten fast rechtwinkelig in das zugehörige Stück des Randeanals umbiegt. Der Randcanal (Canalis marginalis, cm), welcher an der Proximal-Seite des Nes- selringes entlang läuft, ist mithin keineswegs der gewöhnliche marginale „Ringeanal“ des Medusen- AEGINURA MYOSURA. 39 Schirms (Canalis cireularis, cc), sondern besteht vielmehr aus 8 völlig getrennten Stücken, welche durch die Distal-Enden der Peronien von einander geschieden werden. Jeder dieser selbständigen „Oetanten des Randeanals“ läuft an beiden Enden in einen Peronial-Canal aus und bildet mit diesen beiden Schenkeln zusammen einen hufeisenförmigen „Lappencanal“. Jeder Lappencanal mündet zwischen je 2 Tentakeln, neben deren Insertions-Basis, mit 2 getrennten Oeflnungen in die Magenhöhle. Die beiden Peronial-Canäle jedes Doppel-Canals und ihre beiden Gastral-Oeffnungen (zu beiden Seiten eines Ten- takels) gehören somit 2 verschiedenen „Lappen -Canälen“ an; alle 8 Lappen-Canäle zusammen aber bilden den achtlappigen „Feston -Canal“ und dieser ist phylogenetisch nur eine eigenthümliche Modifi- cation des ursprünglichen einfachen „Ringeanals“, bedingt durch die dorsale Tentakel- Wanderung und die damit verknüpfte Peronien-Bildung. Gonaden. Die 16 subradialen Genital-Taschen von Aeginura zeigen im Wesentlichen ganz dieselbe Bildung, welche schon Mertens von Aeginopsis Laurentü abgebildet hat (1838, 1. c. Tab. VI). Sie sind viereckig, fast rechteckig und dergestalt vertheilt, dass auf jeden der 8 Kragen-Lappen eine grössere und eine kleinere Tasche kömmt (Taf. XII, Fig. 1, 2). Mithin liegen die Taschen paarweise internemal, ein Paar zwischen je 2 Tentakeln und Peronien. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich ferner, dass ebenso wie bei Aeginopsis Laurentü alle 16 Taschen eigentlich 4 primären Gruppen ange- hören. Zu beiden Seiten der 4 grösseren perradialen Tentakeln stehen 2 kleinere Taschen, hingegen zu beiden Seiten der 4 kleineren interradialen Tentakeln 2 grössere Taschen. Wenn man demnach den ganzen Schirm in 4 Quadranten theilt, deren Mittellinien die 4 perradialen Peronien, deren Grenz- linien die 4 interradialen Peronien bilden, so kommt auf jeden der 4 Quadranten eine Taschengruppe, welche aus 2 kleineren medialen und 2 grösseren lateralen Taschen besteht. Dasselbe Verhältniss tritt auf, wenn man sich die 8 oben beschriebenen Lappen-Taschen von Cunarcha (Taf. IX, Fig. 2—4 bl) durch einen centripetalen Einschnitt ihres Distalrandes in je 2 Täschehen von ungleicher Grösse getheilt denkt, und wenn man gleichzeitig die 4 proximalen (perradialen) Magentaschen, durch deren Gabel- theilung die 8 Lappentaschen entstehen, sich rückbilden lässt. Hierdurch wird es klar, dass jede Gruppe von 4 zusammengehörigen Genitaltaschen der Aeginura nichts Anderes ist, als der doppelt gabelspaltige Distal- Theil einer perradialen Magentasche, deren ungetheilter Proximal- Theil rückgebildet (oder im „Central-Magen“ aufgegangen) ist. In der That ist nur durch diese morphologische Vergleichung das phylogenetische Verständniss für die merkwürdigen und so abweichenden Canalisations-Verhältnisse der Narcomedusen zu gewinnen. Das sonderbare, scheinbar so isolirt stehende Gastrocanal-System der Aegimidae lässt sich dann ganz naturgemäss aus dem der Cunoctonidae ableiten, derjenigen Cunanthiden (Cunarcha, Cunoctona, Cunissa), bei welchen jeder Radial-Canal (oder jede „pernemale Magentasche“) am Distal-Rande in 2 blinde Lap- pentaschen gespalten is. Wenn diese paarigen Lappentaschen sich vergrössern, während gleichzeitig das ungetheilte Proximal-Stück der pernemalen Magentaschen rückgebildet wird, so entstehen aus ersteren die characteristischen „internemalen Magentaschen“ der Aeginiden, welehe ursprüng- lich paarweise zwischen je 2 Tentakeln stehen (so bei der tetranemalen Aegina, System, 1879, p. 337, Taf. XX). Die beiden Taschen, welche einen Tentakel zwischen sich nehmen, sind daher zusammengehörige Distal-Hälften einer vormaligen pernemalen Magentasche, d. h. eines Radial-Canals, an dessen Ende jener Tentakel ursprünglich stand. Die beiden Taschen aber, welche zwischen je 2 primären Tentakeln stehen, sind gegenständige Distal-Hälften zweier benachbarter Radial-Canäle. Diese Auffassung wird dadurch gerechtfertigt, dass bei allen älteren und einfacheren Formen der Aeginiden immer 2 Magentaschen zwischen je 2 Tentakeln stehen. Bei unserer Aeginura (wie bei Aeginopsis) hat 40 NARCOMEDUSAE. AEGINIDAE. sich jede der 8 Lappentaschen dann nochmals gespalten. So allein erklärt sich auch die eigenthüm- liche Bildung des Feston-Canals der Aeginiden. Derselbe zeigt im Wesentlichen keine anderen Verhältnisse als bei den Cunanthiden. Auch hier, wie bei letzteren, zerfällt der ursprünglich einfache Ringeanal in so viel einzelne Bogen oder „Lappen-Canäle“, als Schirmlappen vorhanden sind; und jeder Lappen-Canal mündet mit 2 Oeffnungen neben der Basis zweier benachbarter Tentakeln. Wäh- rend aber bei den Cunanthiden die Einmündung der Lappen-Canäle in die Mitte des Distal- Randes eines Radial -Canals geschieht, so erfolgt sie bei den Aeginiden unmittelbar in die Magen - Peripherie. Denn das ungetheilte Proximal-Stück oder Hauptstück der Radial-Canäle (oder der pernemalen Magen- taschen) ist ja hier verschwunden und nur die internemalen Lappentaschen (als Reste des getheilten Distal- Stückes) sind übrig geblieben. Auch hier sind die zugekehrten Hälften je zweier benachbarter Lappen-Canäle zu einem „Doppel-Canal“ oder doppelten „Peronial-Canal“ verbunden. Da nun aber bei den Aeginiden die Proximal-Hälfte der Schirmlappen rückgebildet, die Distal-Hälfte um so stärker entwickelt ist, so erscheint hier der Doppel-Canal sehr verlängert und hat den täuschenden Anschein eines „einfachen Radial-Canals, der zwischen je 2 internemalen Magentaschen in die Magen- Peripherie mündet“. So ergeben sich ganz einfache und klare Homologien zwischen scheinbar so ver- schiedenartigen Bildungen, wie ich bereits in meinem „System der Medusen“ gezeigt habe (1879, p- 305, 336 etc.). Das untersuchte Exemplar von Aegimura myosura war ein Männchen und seine 16 Hoden (— die 16 „internemalen Magentaschen“ —) enthielten Massen von reifem Sperma. Dasselbe erfüllte jedoch nicht die Höhlung der Taschen, sondern befand sich an der Aussenseite von deren subumbraler Wand. Auf Querschnitten zeigt sich an der Innenseite ihrer Subumbral-Wand dasselbe hohe Cylinder-Epithel, wie an derjenigen der Peronial-Canäle (Fig. 7, 12), während das Entoderm -Epithel der entgegenge- setzten Umbral-Wand hier wie dort aus flachen Plattenzellen besteht, die in dünner Schicht die Schirm- gallerte überziehen. Das Sperma hingegen liegt als dicke Platte unmittelbar unter dem Exoderm-Epi- thel der Subumbrella, aus dem es hervorgeht, und bleibt durch eine deutliche Stützplatte vom hohen Cylinder-Epithel des Entoderms getrennt. Auch bei Aeginura, wie bei Peyantha (p. 34, Taf. XI, Fig. 5, 6) sendet das subumbrale Exoderm kernhaltige Stützfasern in das darunter gelegene und davon abgeleitete Sperma hinein. Demnach ist auch hier, wie bei allen Craspedoten, das Exoderm die Keimstätte der Geschlechts - Producte, während sie bei den Acraspeden umgekehrt das Entoderm bildet; und zwar ebenso beim männlichen, wie beim weiblichen Geschlechte. Das reife Sperma und die reifen Eier werden daher bei den Craspedoten oder „Cryptocarpen“ unmittelbar nach aussen entleert, wäh- rend sie bei den Acraspeden oder „Phanerocarpen“ nach innen in das Gastrocanal-System und aus diesem erst durch die Mundöffnung ausgeworfen werden; erstere sind somit eigentlich „Eefocarpae“, letztere „Entocarpae“ (Herrwıs, 1879). Indem schon Escuscnortz, der verdienstvolle Begründer des Medu- sen-Systems, 1829 die beiden Hauptabtheilungen dieser Classe nach der verschiedenen Bildung; ihrer Geschlechts-Organe als „Cryptocarpae“ und „Phanerocarpae“ unterschied, gab er prophetisch einer bedeu- tungsvollen Differenz Ausdruck, deren eigentliches Wesen erst 50 Jahre später genauer erkannt wurde. ll. Zweite Legion der Medusen-Classe: ACRASPEDAE, GEGENBAUR, 1856. PHANEROCARPAE, Eschscholtz, 1829. STEGANOPHTHALMAR, Forbes, 1848. SCYPHOMEDUSAE, Ray-Lankester, 1877. PHACELLOTAE, Haeckel, 1878. Character der Acraspeden-Legion: Medusen mit Gastral-Filamenten oder Phacellen; mit ento- dermalen Gonaden (oder Geschlechts-Producten vom inneren Keimblatte); ohne echtes Velum C— oft mit Velarium —); mit echten Randlappen des Schirms; ohne doppelten centralisirten Ner- venring. Phylogenetische Descendenz (wahrscheinlich allgemein!) und ontogenetische Descendenz (noch heute bei der Mehrzahl?) abgeleitet von Scyphopolypen mit Gastral-Filamenten oder von Scyphostomen. Ontogenese meistens Generationswechsel (— in Form der Strobilogenesis —), oft mit Metamorphose verknüpft. Die geschlechtliche Acraspeden-Generation entsteht durch terminale Knospung aus der ungeschlechtlichen Scyphostomen-Generation. V. Fünfte Medusen-Ordnung: (Erste Ordnung der Acraspeden:) STAUROMEDUSAE, Haeckel (1877). Character der Stauromedusen-Ordnung: Acraspeden ohne Sinneskolben, an deren Stelle mit einfachen Tentakeln oder mit Randankern (adhaesiven Tentakel-Rudimenten), Ausser diesen 8 Principal- Tentakeln oft noch kleine Succursal-Tentakeln (meist in Büscheln auf 8 ad- radialen Randlappen). Magen mit 4 weiten perradialen Magentaschen, welche durch 4 schmale interradiale Septa oder Verwachsungs-Leisten geschieden werden und am Schirmrande durch einen Ring-Sinus in Verbindung stehen. Gonaden 4 interradiale hufeisenförmige Wülste oder 4 Paar adradiale Wülste, welche in der Subumbral-Wand der Magentaschen aus deren Entoderm sich entwickeln und theilweise oder ganz in deren Höhle hineinragen. Familia: TESSERIDAE, Haeckel (1877). HAEcKEL, System der Medusen, 1379; p. 371, Taf. XXL Familien-Character: Stauromedusen mit einfachem, ungetheiltem Schirmrand, ohne hohle Randlappen oder „Arme“. 8 princeipale Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale) stets vorhan- Haeckel, Tiefsee-Medusen. 6 42 STAUROMEDUSAE. TESSERIDAE. den, nicht in Randanker oder Sinneskolben verwandelt; ausserdem bisweilen noch zahlreiche suc- cursale Tentakeln. Kranzmuskel des Schirmrandes ringförmig, nicht in 8 isolirte Randmuskeln zerfallen. Auf dem Scheitel des Schirms entweder ein Scheitel-Aufsatz oder ein Schirmstiel. Subfamilia: TESSERANTHIDAE, Harcker (1879). Frei schwimmende Tesseriden ohne Stiel, aber mit Scheitel- Aufsatz auf der Kuppel des Schirms; mit einfachen soliden Tentakeln ohne terminalen Nesselknopf. Genus: TESSERANTHA, Haecker (1879). Tesserantha = Würfelblume, Vierseitige Blume. Genus-Diagnose: Tesseride ohne Schirmstiel, mit Scheitel-Aufsatz, und mit 16 einfachen soliden Tentakeln ohne terminalen Nesselknopf (4 perradialen, 4 interradialen uud 8 adradialen). Das Genus Tesserantha ist eine der einfachsten und ältesten Medusen-Formen aus jener bedeu- tungsvollen Familie der Tesseriden, welche wir als die gemeinschaftliche Stammgruppe sämmtlicher Acraspeden anzusehen haben. Im Wesentlichen ist diese uralte Acraspeden-Form nichts Anderes als ein Sceyphostoma mit 16 Tentakeln, welches durch Anpassung an frei schwimmende Lebensweise seine Mundscheibe in eine Subumbrella, seinen Basal-Stiel in einen Scheitel-Aufsatz verwandelte, durch 4 interradiale Verwachsungs-Knoten den peripherischen Gastral-Raum in 4 Radial-Taschen theilte und in dieser Form geschlechtsreif wurde. Tesserantha unterscheidet sich von der octonemalen nahe ver- wandten Tessera zunächst dadurch, dass zu den 8 prineipalen Tentakeln (4 perradialen und 4 inter- radialen) noch 8 neue, adradiale Tentakeln (dritter Ordnung) hinzugekommen sind. Während ferner bei Tessera nur 4 einfache Gastral-Filamente von den 4 Septal-Knoten ausgehen — als terminale freie Fortsetzungen der 4 interradialen Taeniolen — sind diese letzteren hier im grössten Theile ihrer Länge (nur das proximale Basalstück ausgenommen) mit einer Doppelreihe von Filamenten besetzt. In dieser und in anderen Beziehungen, namentlich auch durch die Bildung von 4 perradialen Mesogon - Falten und 4 damit alternirenden interradialen Trichterhöhlen schliesst sich Tesserantha mehr an Depastrella an und bildet somit eine interessante Uebergangsform zwischen Tessera und Depastrella. Bis jetzt ist nur eine einzige Species dieses Genus bekannt, die nachstehend beschriebene Tiefsee-Meduse. Species: Tesserantha connectens, Harcker. Tafel XV. Tesserantha connectens, HAECKEL, 1879; System der Medusen p. 375, Nr. 402. Species-Diagnose: Schirm helmförmig, 14 mal so hoch als breit, oben mit conischem Scheitel- -Aufsatz und Stieleanal. Exumbrella mit 8 längeren und 8 kürzeren exumbralen Nessel-Rippen. 4 Dop- pelreihen von Gastral-Filamenten längs der 4 interradialen Taeniolen innerhalb des Central-Magens. Mundrohr vierseitig-prismatisch, halb so lang als die Schirmhöhe. Mundöffnung mit 4 kurzen gekräu- selten Mundlappen. 4 einfache Gonaden hufeisenförmig, mit der Concavität des Bogens die kleinen Septal-Knoten umfassend. Die 8 prineipalen Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale) von gleicher Länge, ungefähr so lang als die Schirmhöhe; die 8 suceursalen (adradialen) Tentakeln nur halb so lang. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 6 Mm.; Vertical-Diameter 9 Mm. Fundort: Südöstlicher Theil des pacifischen Oceans, unweit der Insel Juan Fernandez; 33 ° 31’ S. Br., 74° 43’ W. L. v. Gr.; am 14. December 1875 aus 4320 Meter (= 2160 Faden) Tiefe gehoben; Station 299 der Challenger-Expedition. TESSERANTHA CONNECTENS. 43 Umbrella (Fig. 1—3). Der Schirm ist hochgewölbt, glockenförmig oder helmförmig, an der Mündung unten gleich über dem Schirmrande etwas eingeschnürt, und oben mit einem spitzen coni- schen Scheitel-Aufsatz versehen, dessen Länge ungefähr ein Drittel der gesammten Schirmhöhe beträgt. Letztere ist ungefähr um die Hälfte grösser, als der grösste Horizontal-Durchmesser des Schirms, oberhalb des Schirm-Randes. Die Exumbrella ist durch 8 vorspringende starke Nesselrippen aus- gezeichnet, 4 perradiale und 4 interradiale (Fig. 1 er, 6 er‘). Dies sind scharfe, auf dem Querschnitt fast dreieckige Kanten der äusseren Schirmfläche, welche mit einem breiten Streifen von Pigment- und Nessel-Zellen bewaffnet sind und ununterbrochen von der Spitze der Schirmkuppel bis zu den 8 Ocel- len des Schirmrandes herabziehen, von wo sie sich auf die Dorsalfläche der 8 Prineipal- Tentakeln fortsetzen. Mit diesen 8 prineipalen und vollständigen Längs-Rippen der Exumbrella alterniren 8 suc- eursale und unvollständige, welche viel schmäler und kürzer sind, und von der Insertions- Basis der 8 adradialen Tentakeln nur bis zur halben Höhe des Schirmes hinaufgehen (Fig. 1 er”). Der Schirmrand ist durch eine ringförmige Marginal-Strietur etwas eingezogen und mit 16 Tentakeln besetzt, zwischen denen die Umbrella- Gallerte in Gestalt kurzer, rundlicher, solider Galiert-Lappen ein wenig vorspringt (Fig. 1, 42). Die 8 prineipalen Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale) sind ungefähr so lang als die Schirmhöhe, während die 8 adradialen oder succursalen, damit alternirenden Tentakeln nur halb so lang sind. Auch fehlt diesen letzteren der schwarze rund- liche Augenfleck (Ocellus, Fig. 1 oc), welcher an der Basis der 8 prineipalen Tentakeln sich findet. Die 8 Öcellen bestehen aus Anhäufungen schwarzer Pigmentkörner im Exoderm der Tentakel-Basis. Alle 16 Tentakeln sind solide eylindrische Fäden, welche gegen das spitze Distal-Ende sich allmählich verdünnen. Sie gleichen in ihrer Structur den oben beschriebenen Mundgriffeln der Margeliden (p. 4, Taf. I, Fig. 5) und den soliden Tentakeln der Peganthiden (p. 32, Taf. XI, Fig. 10, 11 etc). Demnach besteht jeder Tentakel aus 4 verschiedenen Schichten: 1) einer soliden eylindrischen Entoderm-Axe, ge- bildet aus einer einzigen Reihe von hellen münzenförmigen Chordal-Zellen; 2) einer dünnen, aber festen und sehr elastischen Fuleral-Platte; 3) einer dünnen, aus parallelen Längsfasern zusammengesetzten Muskelplatte; und 4) einem Exoderm-Epithel, welches theils Nessel-, theils Pigment-Zellen trägt. Die letzteren enthalten schwärzliche Pigment-Körner und finden sich vorzugsweise auf der abaxialen oder dorsalen Tentakel-Seite; sie bilden hier einen schwarzen Längsstreifen, der die directe Fortsetzung der Ocellen und der exumbralen Pigment-Rippen darstellt. Die Tentakeln mit ihren basalen Ocellen sind die einzigen Sinnesorgane von Tesserantha, wie von allen Stauromedusen; besondere Sinneskolben, wie die übrigen Acraspeden besitzen, sind nicht vorhanden. Subumbrella. Die tiefe Schirm-Höhle besteht aus einer unteren einfachen Schirmkranz-Höhle, deren verticale Axe das Mundrohr einnimmt (Fig. 2 at), und aus einem oberen vierfächerigen Theil, welcher durch 4 Mesenterien in 4 conische Trichterhöhlen zerfällt (Fig. 6@). Diese Mesenterien (oder Mesogonien, Fig. 2 wr) sind 4 dünne perradiale Membranen, welche in verticaler Richtung zwischen den 4 perradialen Kanten der Magen-Basis einerseits und den Mittellinien der 4 Radial-Taschen ander- seits ausgespannt sind. Sie dienen hauptsächlich zur Befestigung des Magenrohres, sind am unteren freien Rande halbmondförmig ausgeschnitten und gehen am oberen etwas verdünnten basalen Rande unmittelbar in das Gewebe der Subumbrella über. Im Wesentlichen sind die Mesenterien als Falten der Subumbrella aufzufassen, deren Struetur sie theilen. Sie finden sich in ähnlicher Form bei den Charybdeiden, Tiariden und Pectylliden wieder (Taf. IV, Fig. 3 wr, Taf. VII, Fig. 9 wr). Die 4 inter- radialen Triehter-Höhlen (Infundibula subumbralia, Fig. 6 ü), welche durch die 4 Mesenterial-Blätter getrennt werden, sind conische Vertiefungen, welche unten offen in die Schirmhöhle münden, oben 6* 44 STAUROMEDUSAE. TESSERIDAE. aber mit ihrer blinden Spitze mehr oder weniger weit in die centrale Magenhöhle vorspringen ; ihre aborale Ausdehnung war nicht sicher zu bestimmen; vielleicht gehen sie so weit als die Taeniolen mit Filamenten besetzt sind, bis zum Anfang des Basal-Magens. Die Muskeln der Subumbrella werden durch zwei verschiedene Systeme gebildet, welche bei allen Acraspeden sich mehr oder minder modifieirt wiederfinden; ein distales System von cireularen und ein proximales System von radialen Muskel-Fasern. Die ersteren bilden den typischen Kranz- muskel (M. coronarius, Fig. 2—4 mc), einen breiten achteckigen Ring am Schirmrande, dessen 8 Ecken durch die Basen der 8 Adradial-Tentakeln fixirt werden. Das System der radialen oder longitudinalen Muskeln setzt sich aus den 8 dreieckigen Delta-Muskeln zusammen, welche mit ihrer breiten Basis den Proximal-Rand des Kranzmuskels berühren. Die 4 perradialen Delta-Muskeln (Fig. 3, 4 md’) sind schmäler und länger und setzen sich oben in die Mesenterial-Blätter fort. Die 4 interradialen Delta- Muskeln (Fig. 3, 4 md’) sind breiter und kürzer und inseriren sich mit ihrer abgestutzten Spitze an den 4 Septal-Knoten (kn): Gastrocanal-System. Wie bei allen Acraspeden besteht das „Gastrovaseular-System“ auch bei Tesserantha aus zwei Haupttheilen, dem centralen Hauptdarm und dem peripheren Kranzdarm. Der Central-Theil oder der axiale Hauptdarm (Gaster principalis) communicirt mit dem peripheren Kranz- darm durch die 4 Perradial-Ostien, und zerfällt selbst in 3 verschiedene Abschnitte, den basalen, cen- tralen und oralen Magen. Der aborale Basal-Magen oder Stiel-Canal (Gaster basalis, gb), auch als „Scheitel- Canal“ zu bezeichnen, ist ein enger, fast cylindrischer Hohlraum, welcher die ganze Kuppel des Schirms einnimmt und oben in deren Spitze blind geschlossen endet, während er unten durch den Pylorus (gy) sich in den Central-Magen öffnet. In seinen Hohlraum springen von der Innenfläche 4 longitudinale Gallertleisten vor, die wichtigen interradialen Taeniolen, welche auch bei den nahe verwandten Lucernaridae den hohlen basalen Schirmstiel in seiner ganzen Länge durchziehen (Fig. 2, 3, 8 f). Dadurch zerfällt der periphere Theil des Basal-Magens in 4 perradiale Rinnen (Fig. 3, 8 gb). Der Central-Magen oder Mittelmagen (Gaster centralis, ge) hat im Ganzen eine halbkugelige oder fast vierseitig-pyramidale Gestalt, die jedoch dadurch complieirt wird, dass sich von unten her die 4 interradialen exodermalen Trichterhöhlen (x) in denselben einsenken. Auf der entodermalen Gastral-Fläche der letzteren verlaufen als vorspringende Leisten die distalen Fortsetzungen der 4 Tae- niolen, deren jede innerhalb des Central-Magens 2 Reihen von Gastral-Filamenten trägt (fl). Oben öffnet sich der Central-Magen durch die Porta pylorica (gy) in den Basal-Magen, unten in der Mitte durch die Porta palatina (gp) in den ÖOral-Magen, und rings herum durch die 4 spaltförmigen Gastral- Ostien in den Kranzdarm. Die Gastral-Ostien (Fig. 6 go) sind schmale, fast horizontale Spalten, welche von einander durch die 4 interradialen Septal-Knoten (Nodi cathammales, kn) getrennt werden, jene bedeutungsvollen Concrescenz-Stellen, in welchen die umbrale und die subumbrale Wand des Magen- raums mit einander verwachsen sind. Dass wirklich hier eine Verwachsung vorliegt, geht daraus her- vor, dass eine entodermale Epithel-Schicht (— „Entoderm-Lamelle oder Gastral-Platte“ —) mitten durch die knorpelharte Gallertmasse des Septal-Knotens hindurchgeht. Der Oral-Magen oder das Mundrohr (Proboscis, ga) bildet ein vierseitig- prismatisches Rohr, dessen Länge ungefähr der Schirmbreite gleich kommt (Fig. 1, 2 at). Dasselbe ist Amal so lang als breit und besitzt 4 vorspringende perradiale Kanten, welche sich oben in die 4 Mesenterien fortsetzen, während zwischen ihnen die Aussenfläche rinnenartig vertieft ist (Fig. 6 a). Die Mundöffnung (aa) ist von einem welligen, mit Nesselzellen gespiekten Mundrande umgeben und läuft in 4 kurze per- radiale Mundlappen aus (Fig. 4 in der Mitte). TESSERANTHA CONNECTENS. 45 Der periphere Kranzdarm (Gaster coronaris), welcher bei den meisten Acraspeden in 4—16 ra- diale Taschen oder Canäle zerfällt, ist bei Tesserantha, gleichwie bei Periphylla, ein einfacher weiter Ring-Sinus (Sinus coronaris, cs). Derselbe nimmt den ganzen Raum zwischen Septal- Knoten und Schirmrand ein (Fig. 2, 3, 5 cs). Als Homologa von 4 Radial-Taschen (bp) können daher nur die breiten Gastral-Ostien selbst angesehen werden; in der That entsprechen die 4 kurzen Septal-Knoten, durch welche dieselben getrennt werden, den 4 längeren Septen oder interradialen Leisten, welche bei den Lucernariden die 4 breiten Radial-Taschen scheiden (vergl. Taf. XVL XV). Gonaden (Fig. 2, 3, 4, 6 s). Die 4 Geschlechtsdrüsen bilden in ähnlicher Weise, wie bei Tessera und Depastrum (= Carduella), auch bei Tesserantha A hufeisenförmige Wülste in der Subumbral- Wand des Ring-Sinus. Ihr centraler Bogen umfasst mit seinem eoneaven Distal-Rande die 4 Septal- Knoten, während sein convexer Proximal-Rand oben in die centrale Magenhöhle vorspringt und mit den untersten Distal-Gruppen der Gastral-Filamente gesäumt erscheint. Die beiden Schenkel der Uför- migen Genital-Bogen laufen schwach divergirend in der Subumbral-Wand des Kranz-Darms nach ab- wärts und berühren mit ihren auswärts gekrümmten Schenkeln den Proximal-Rand des Kranzmuskels. Wie bei Tessera, so scheint auch bei Tesserantha in der ganzen Ausdehnung der Geschlechtswülste eine verdickte Gallertleiste von der Fuleral-Platte der Subumbrella in den Hohlraum des Ring-Sinus vorzu- springen, und auf der Axial-Fläche dieser Genital-Leisten scheinen sich aus dem Entoderm-Epithel des Sinus die Sexual-Zellen zu entwickeln. Doch gestattete das untersuchte Weingeist-Exemplar (ein Weib- chen) keine nähere Untersuchung der feineren Struetur. Auf der entodermalen Oberfläche der Gonaden sind schwache Querfalten sichtbar (Fig. 5, 4 s). Familia: LUCGERNARIDAE, Johnston (1847). HAECcKEL, System der Medusen, 1879; p. 379, Taf. XXI. Familien-Character: Stauromedusen mit gelapptem oder eingeschnittenem Schirmrande, welcher durch 8 concave Buchten (— 4 perradiale und 4 interradiale —) in 8 hohle adradiale Lappen oder „Arme“ zerfällt; am Ende jedes Armes ein pinselförmiges Büschel von hohlen, geknöpften Tentakeln. 8 principale Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale) entweder in adhaesive Rand- anker verwandelt oder fehlend (rückgebildet oder ausgefallen). Kranzmuskel des Schirmrandes in 8 isolirte Randmuskeln zerfallen. Auf dem Scheitel des Schirms ein Stiel zum Anheften. Subfamilia: HALICLYSTIDAR, Harckeı. (ELBEUTHEROCARPIDAR, Crarx). Lucernariden ohne Mesogon-Taschen in der Subumbral-Wand der vier Radial-Taschen. Genus: LUCERNARIA, 0. F. MüLrer (1776). Lucernaria — leuchterähnlich; Derivatum von Lucerna = Leuchter. Genus-Diagnose: Lucernaride ohne Mesogon-Taschen in der Subumbral- Wand der 4 Radial- taschen, und ohne Randanker oder Randpapillen (— Lucernaridae eleutherocarpae inaurieulatae —). Schirmstiel einkammerig, mit 4 getrennten Taeniolen. Das Genus Lucernaria, die älteste bekannte Form unter den Stauromedusen, gründete schon vor mehr als hundert Jahren 0. F. Müruer für jene grosse und weit verbreitete Acraspede des nord- atlantischen Oceans, welche er L. quadricornis nannte (Prodrom. Zool. Dan. 1776, p. 227). Diese ansehn- liche und wohlbekannte Form kann daher allein als typische Species den Character des Genus 46 STAUROMEDUSAE. LUCERNARIDAE. Lucernaria bestimmen. Die späteren Autoren haben zum grösseren Theil auch alle anderen, später bekannt gewordenen Lucernariden in diese Gattung eingereiht, so namentlich Krrerstein, Leuckarrt, Tascnexgere u. A. Indessen halte ich aus Gründen, welche ich im „System der Medusen“ (1879, p. 380, 387) erörtert habe, die Vertheilung der eigentlichen Lucernariden auf 4 Genera für angezeigt, und beschränke daher hier das Genus Lucernaria auf die Formen ohne Mesogon - Taschen und ohne Randanker (Eleutherocarpidae inauriculatae). Von dem nächstverwandten Genus Halichystus ( — welches Crark in seiner Monographie von H. auricula (1878) sehr ausführlich geschildert hat —) unterscheidet sich die Gattung Lucernaria durch den Mangel der Randanker oder Randpapillen; von den beiden anderen Gattungen der Familie (Halicyathus und Craterolophus) durch den Mangel der eigenthümlichen „Mesogon- Taschen oder Mesenterial-Taschen“, welche bei den letzteren vom Magen aus in die Subumbral-Wand der 4 perradialen Magentaschen eindringen. Die nachstehend beschriebene Species (aus 3240 Fuss Tiefe) ist die erste Tiefsee-Lucernaride, da alle anderen, bisher beschriebenen Arten dieser Familie littoral sind oder nur in geringe Tiefen (von 20 bis höchstens 50 Fuss) hinabgehen. Durch manche Eigenthümlichkeiten (insbesondere die schwache Entwickelung der 8 Arme und den verwickel- ten Bau der Gonaden) unterscheidet sich übrigens diese Species mehrfach von den 4 anderen, bisher bekannten Arten der Gattung, so dass es vielleicht richtiger ist, sie zum Repräsentanten eines beson- deren Genus zu erheben: Lucernosa. Species: Lucernaria bathyphila, Harcarı. Tafel XVI, XVIL Lucernaria bathyphila, HAEcKEL, 1880; System der Medusen p. 640, Nr. 597. Lucernosa bathyphila, HAEcKEL, 1830; in litteris. Species-Diagnose: Schirm glockenförmig (ausgebreitet ungefähr eben so breit als hoch). Schirm- stiel fast rudimentär, conisch, einkammerig, kaum 4 so lang als die Schirmhöhe, mit 4 starken linearen interradialen Längsmuskeln. 8 Arme paarweise verbunden. Die 4 perradialen Buchten des Schirm- randes 3 mal so breit und tief als die 4 interradialen. Jeder Arm mit 80-120 Tentakeln. 8 Gonaden sehr breit, sowohl vom Ansatz des Schirmstiels (oder vom Pylorus) als vom Ende der Arme durch einen breiten Zwischenraum getrennt. Jede Gonade aus sehr zahlreichen (über 200) getrennten Säck- chen zusammengesetzt, von denen jedes wieder aus vielen einzelnen Follikeln besteht. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 50—60 Mm.; Vertieal-Diameter 60—80 Mm. Fundort: Nord-Atlantischer Ocean, zwischen den Far-Öer- und Shetland-Inseln (60,3 ® N. Br., 5,51 ° W. L. v. Greenw.), in 540 Faden (= 1080 Meter Tiefe), Jous Murray. Diese Species, die erste Lucernaride der Tiefsee, wurde nicht von der Challenger -Expedition erbeutet, sondern von Mr. Jon Murray gelegentlich der Expedition des „Knight Errant“. Ich verdanke seiner Güte die Mittheilung des einzigen, im Ganzen recht gut conservirten Spiritus- Exemplares, und nehme mit der gütigen Er- laubniss von Sir Wwvire Tnomson dessen Beschreibung in diese Monographie der „Tiefsee - Medusen des Challenger“ mit auf, weil sie in mehrfacher Beziehung von besonderem Interesse ist, namentlich als Mittelglied zwischen der vorhergehenden Tesserantha und der nachfolgenden Periphylla. Umbrella (Taf. XVI, Fig. 1—8). Der Schirm ist rundlich glockenförmig oder fast birnförmig, nur wenig länger als breit und am Aboral-Pol durch einen sehr kurzen Stiel angeheftet. Die ganze Länge (oder Höhe) des untersuchten Spiritus - Exemplares (mit dem Stiel) betrug 60 Mm., die grösste Breite (in der Mitte der Höhe) 50 Mm. Da dasselbe jedoch stark eontrahirt war, so wird beim leben- LUCERNARIA BATHYPHILA. 47 den Thiere die erstere mindestens 70 — 80, die letztere 55— 60 betragen haben. Es gehört demnach diese Art zu den grössten Species der Lucernariden-Familie, sowie die beiden nächstverwandten Arten: Lucernaria quadricornis und L. pyramidalis; die letztere hat zwar einen viel längeren Stiel, aber einen kleineren Becher. Der Sehirmstiel (Pedunculus, p), durch welchen der glockenförmige Becher am Meeresgrunde angeheftet wird, ist bei Zucernaria bathyphila rudimentär nnd weniger entwickelt, als bei allen anderen Arten der Familie. Er gleicht mehr dem conischen „Scheitel- Aufsatz oder Kuppel - Aufsatz“ der Tes- seriden, aus dem er wahrscheinlich hervorgegangen ist (System der Medusen, 1879, p. 365, Taf. XXI, XXI. Seine Länge beträgt höchstens # von der gesammten Körperlänge, ist aber nicht scharf zu bestimmen, da das diekere Oral-Ende des kegelförmigen Stiels ohne scharfe Grenze in den Becher übergeht. Das dünnere Aboral-Ende ist abgestutzt und zeigt bei der Betrachtung von der Anheftungs- Fläche eine kleine rundliche Fussplatte (Fig. 8). Dieselbe enthält in ihrem verdickten Exoderm zahlreiche Klebzellen (Colletocystae), ist unregelmässig gefaltet und zerfällt durch 4 interradiale tiefe Furchen in 4 perradiale wulstige Läppchen (Fig. 8). Jene Furchen setzen sich auch noch eine Strecke weit auf die Exumbrella des Stiels fort, so dass derselbe auf dem (Querschnitt oberhalb der Fussplatte ebenfalls vierlappig erscheint (Fig. 13). Den 4 interradialen Längsfurchen der Exumbrella des hohlen Stiels entsprechen an dessen Innenwand die 4 gastralen Taeniolen (Fig, 1, 2, 21 ft); das sind jene wichtigen longitudinalen Gallertleisten, welche schon Scyphostoma besitzt, und welche den Stiel seiner ganzen Länge nach durchziehen und sich unten unmittelbar in die 4 interradialen Septen der Magentaschen fortsetzen (Fig. 12 ks). Auf dem horizontalen Querschnitt (Fig. 13, 14) zeigen sich diese Taeniolen fast eiförmig, lateral comprimirt, und nur durch eine sehr dünne Gallertplatte (Fig. 14 ft) stielarüg mit der Wand des Schirmstiels im Zusammenhang, von welcher sie centripetal nach innen vorspringen. Dadurch zerfällt der gastrale Hohlraum desselben in 4 perradiale Stielrinnen (Fig. 13cp), welche mit dem centralen Basal- Magen (gb) durch engere Spalten communieiren und auf dem Quer- schnitt ein reguläres Ordenskreuz bilden. Der Stiel ist demnach bei unserer Art einkammerig, wie bei allen Species der Gattung Lucernaria (im engeren Sinne! System der Medusen, 1879, p. 389). Die 4 starken Taeniolen enthalten einen sehr entwickelten Längsmuskel (Fig. 13m, 14m). Derselbe ist von einer voluminösen Gallert-Scheide umschlossen (ff), welche an der Axial-Seite bedeutend dicker ist, als an der Abaxial-Seite, und welche inwendig zahlreiche, dendritisch verzweigte Falten bildet. Auf diesen Falten der gallertigen Stützplatte breitet sich die Muskelplatte des Stielmuskels aus (m), welche einen centralen (— in der Axe des Taeniols gelegenen —) Axenstrang von Exoderm-Zellen (g) einschliesst; das sind die „Epithel-Muskelzellen“ der Exumbrella, welche von deren Aussenfläche in die Gallertleiste centripetal eingewandert sind. Die zierliche Figur, welche jedes Taeniol auf seinem eiför- migen Querschnitt (Fig. 14) darbietet, besteht demnach, von der Axe desselben nach seiner Peripherie hin, aus folgenden Schichten: 1. der centrale Zellenstrang der exodermalen Epithel -Muskelzellen (9); 2. die daraus entsprungene faltige Muskelplatte (m); 3. die Fuleral-Lamelle (z) mit ihren dendritischen Stütz-Falten und der dieken umhüllenden Gallertscheide (ff), und 4. der entodermale Ueberzug des Gastral-Epithels (d). Der Becher (Calyx) oder der eigentliche „Schirm“ unserer Lucernaria (— nach Abzug des Stiels —) ist fast eiförmig, in der Mitte am breitesten, nach oben allmählig in den conischen Stiel übergehend, nach unten (gegen den Schirmrand und die 8 Arme) schwach eingezogen (Fig. 1—3). Wie bei allen Stauromedusen, besteht auch hier die Umbrella aus zwei dünnen Wänden: äusserer convexer Exumbrella und innerer eoncaver Subumbrella. Beide Wände schliessen den Hohlraum des 48 STAUROMEDUSAE. LUCERNARIDAE. Gastrocanal-Systems zwischen sich ein, gehen am Schirmrande in einander über, und hängen ausserdem nur noch durch die 4 interradialen Septa („Verwachsungsstreifen oder Cathammal -Leisten“, ks) mit einander zusammen. Beide Wände bestehen dem Volum nach grösstentheils aus einer dünnen, aber festen Gallert-Platte (Fuleral-Lamelle, 2); die Innenseite derselben ist vom gastralen Entoderm (d), ihre Aussenseite vom dermalen Exoderm (g) überzogen. Die äussere convexe Fläche des Schirms, oder die eigentliche Exumbrella (e) ist glatt, ohne besondere Auszeichnung, nur von 4 schwachen inter- radialen Längsfurchen durchzogen (den distalen Fortsetzungen der Stiel-Furchen). Die Gallerte (ug) unter derselben ist von geringer Dicke, aber bedeutender Festigkeit, von zahlreichen elastischen Fasern durchzogen, welche von der äusseren zur inneren Fläche der Gallert-Platte gehen (Fig. 13 uf); diesel- ben finden sich ebenso zahlreich auch in der dünneren Gallert-Platte der Subumbrelia wieder (Fig. 18 uf). Das exodermale Epithel dieser letzteren ist ebenso wie das jener ersteren mil zerstreuten Nessel-Organen bewaffnet (vergl. mein „System der Medusen“, 1879, p. 382). Schirmhöhle (Taf. XVI, Fig. 2—7, Tafel XVII, Fig. 21). Das Antrum oder die Schirmhöhle (R), vom Exoderm der Subumbrella (qw) ausgekleidet, zerfällt bei unserer Art, wie bei allen Lucernariden, in zwei Abtheilungen, die untere (distale) einfache Schirmkranzhöhle und die obere (proximale) vierthei- lige Schirmtrichterhöhle. Die Schirmkranzhöhle (Fig. 5he, Antrum coronarium) ist ganz einfach, ey- lindrisch oder fast kubisch, und nimmt die ganze untere Körperhälfte ein; in ihrer subumbralen Wand liegen die 8 Delta-Muskeln und die Distal-Hälften der Gonaden. Die Schirmtrichterhöhle (Anirum infundibulare, i) wird durch die orale Grenzlinie EF (Fig. 2, 3) von der ersteren getrennt und ist zu- sammengesetzt aus 4 interradialen grubenförmigen Vertiefungen (Fig. 6, 7 ü), welche durch 4 perra- diale verticale Falten der Subumbrella von einander geschieden werden (Fig. 3 wr). Letztere sind die „Mundstrebepfeiler oder Gircumoral buttresses“ von Crark; sie spannen sich in Form von 4 freien Mesen- terial- Lamellen von den 4 perradialen Kanten des Mundrohres zur Mitte der subumbralen Radial-Ta- schen-Wand hinüber und werden am besten als Geschlechtsgekröse oder Mesogon-Falten (Meso- gonia) bezeichnet. Die 4 vertieften, vom Exoderm der Subumbrella ausgekleideten Gruben zwischen ihnen sind die Triehterhöhlen (Infundibula, Fig. 2, 6%). Diese conischen oder dreiseitig-pyramidalen Hohlräume dringen mit ihrer blinden Spitze von der Schirm -Kranzhöhle aus tief in die centrale Ma- genhöhle ein und haben zu vielen Missverständnissen Veranlassung gegeben. Crark nennt sie „Ur- cumoral pouches“, Tascuengere „Genitaltaschen“, Krine „pyramidenförmige Räume“ und Herrwic „Inter- genitaltaschen“. Da diese Trichterhöhlen nur vom Exoderm ausgekleidet sind und mit dem Gastro- canal-System keinerlei Zusammenhang haben, vielmehr dem System der subumbralen Schirmhöhle angehören, dürfen sie nicht als „Taschen“, sondern nur als „Höhlen“ bezeichnet werden. Sie keh- ren in gleicher Weise auch bei vielen anderen Acraspeden als „Subgenital-Höhlen“ wieder. Bei un- serer Lucernaria dringen sie so tief in die centrale Magenhöhle ein, dass die Oral-Hälfte derselben dadurch in 4 perradiale periphere Nischen oder „Central-Kammern“ zerfällt. Die conischen Trichter- höhlen zwischen den letzteren werden durch die Phacellen von ihnen abgegrenzt und gehen oben direet in die soliden Taeniolen über (Fig. 21 fh). Die Muskelplatte der Subumbrella liegt unmittelbar unter dem Exoderm-Epithel, von dem sie ausgeschieden ist, und besteht aus einem marginalen achttheiligen Kranzmuskel und aus 8 einzelnen Radial-Muskeln. Der Kranzmuskel (M. coronaris) oder der Ringmuskel des Schirmrandes ist homolog dem einfachen marginalen Ringmuskel der Tesseriden und dem grossen achttheiligen Kranzmuskel der Pericolpiden, welcher bei den Periphylliden in 16 Muskelfelder zerfällt. Wie bei den achtlappigen Pericolpiden, so besteht auch bei den nächstverwandten achtarmigen Lucernariden der Kranzmuskel LUCERNARIA BATHYPHILA. 49 aus 8 einzelnen Muskelfeldern, den 8 „Marginal-Muskeln“, von denen 4 längere (Fig. 2, 3, 12 mm‘) in perradialen, 4 kürzere (mm”) in interradialen Octanten liegen; da nun aber die 8 „Arme“ (oder „Randlappen“) adradial sind, so versorgt jedes Kranzmuskel-Feld (oder jeder Marginal-Muskel) die zu- gekehrten Hälften je zweier benachbarter Arme. Er breitet sich an diesen und an den davon aus- gehenden Tentakeln auf deren äusserer oder Abaxial-Seite aus. Die einzelnen Muskelbündel, welche hier an die Tentakeln gehen, werden demnach dieselben strecken oder nach aussen umbiegen (Exten- sores). Wenn hingegen alle 8 Randmuskeln gleichzeitig sich eontrahiren, werden sie gleich dem ein- fachen Ringmuskel des Schirmrandes der Tesseriden die Schirm-Mündung verengern. Uebrigens ist bei allen Lucernariden der Kranzmuskel viel schmäler als bei den Pericolpiden und hat nicht die Form eines breiten Bandes, sondern eines dieken Stranges. Bei unserer Art zeigt derselbe 6—8 tiefe Pa- rallel-Furchen, durch welche ebenso viele Ringfalten von einander getrennt werden (Fig. 20 im radialen Querschnitt). Die Höhe dieser Falten nimmt von oben nach unten (vom proximalen zum distalen Rande des Randmuskels) zu. Jede Falte wird durch eine Erhebung der Stützplatte (z) gebildet, welche selbst wieder Nebenfalten bildet und daher auf dem Querschnitt zierlich dendritisch verästelt erscheint (Fig. 20 2). Die Ringfasern der Muskelplatte (m) überziehen dieses Falten -Sysiem im Zusammenhang und werden ihrerseits von den exodermalen Epithelzellen der Subumbrella (qw) bedeckt, von denen sie ausgeschieden sind. Als Antagonisten dieser 8 eircularen Randmuskeln wirken die 8 longitudinalen Delta-Muskeln (Fig. 2, 3, 4, 12 md). Von diesen sind bei unserer Art die 4 perradialen (md’) auf- fallend schwach, aber sehr breit, hingegen die 4 interradialen (md’) viel schmäler, aber um so stärker entwickelt. Die letzteren erscheinen als die directen Fortsetzungen der starken Taeniolen - Muskeln, begleiten die Taschen -Septen (Fig. 12 ks) in ihrer ganzen Länge und spalten sich unten an deren Distal-Ende in je 2 kräftige Schenkel (Fig. 12 md”), von denen jeder an ein Tentakel-Büschel tritt (1). Der Schirmrand zeigt 8 seichte concave Vertiefungen oder „Marginal-Buchten“, zwischen wel- chen (wie bei allen Lucernaridae, und ebenso bei allen Pericolpidae) acht adradiale hohle Randlap- pen liegen; die S adradialen hohlen Randanhänge, welche bisher bei den Lucernariden allgemein als „Arme“ bezeichnet und mit Unrecht als eine ganz besondere Eigenthümlichkeit dieser Familie betrach- tet wurden, sind in der That nach Lage, Bau und Bedeutung nichts Anderes, als die 8 adradialen „Randlappen“ der nahe verwandten Pericolpiden; und als solche sind sie zugleich homolog den 8 Sinneslappen (oder „Augenlappen“) der Periphylliden. Dagegen besteht ein wesentlicher Unter- schied von den Pericolpiden, der die Lucernariden allerdings auffallend auszeichnet, darin, dass hier jeder der 8 Randlappen oder „Arme“ an seiner Spitze ein pinselförmiges Büschel von zahlreichen kleinen, hohlen geknöpften Tentakeln trägt. Morphologisch betrachtet gehören diese Tentakeln zur Kategorie der accessorischen oder succursalen Tentakeln und sind bloss langgestielte Nesselknöpfe. Hingegen sind die 8 Prineipal-Tentakeln der Tessera (4 primäre perradiale und 4 secundäre interradiale) bei den Genera Lucernaria und Craterolophus verschwunden (während sie bei Halichystus und Halicyathus in adhaesive „Randanker“ verwandelt sind). Bei unserer Art sind die 8 Arme nur sehr klein und schwächer entwickelt als bei den meisten übrigen Lucernariden; sie springen als breite dreieckige Zipfel nur sehr wenig am Schirmrande vor und sind paarweise dergestalt genähert, dass die 4 perra- dialen Buchten des Schirmrandes 3 mal so gross sind als die 4 interradialen (Fig. 1—4). Jeder kurze Arm oder Randlappen trägt ein Büschel von S0—120 Tentakeln. Tentakeln (Taf. XVIl, Fig. 15, 16). Alle Tentakeln eines jeden Büschels sind in ihrer basalen Hälfte völlig mit einander verwachsen, so dass nur ihre distale Hälfte frei und beweglich ist (Fig. 15). Sie sind eylindrisch, in zusammengezogenem Zustande 2—3 Mm. lang (in ausgedehntem Zustande Haeckel, Tiefsee- Medusen. 7 50 STAUROMEDUSAE. LUCERNARIDAE. vermuthlich mehr als das Doppelte) und gegen 4 Mm. dick. Wie bei allen echten Lucernariden, stel- len dieselben hohle diekwandige Röhrchen dar, deren blindes und etwas verdünntes Distal-Ende einen dickeren Nesselknopf trägt. Dieser gestielte Knopf ist bei unserer Art zu einem kräftigen Saugnapf entwickelt, welcher in seiner Mitte eine vertiefte Sauggrube zeigt (Fig. 16 2). Das hohle Cylinder- Epithel des Exoderms (g) ist am Saugnapfe 4—6 mal so hoch als am Tentakel-Stiele, und von eigen- thümlicher Beschaffenheit, für deren nähere Untersuchung jedoch die Tentakeln nicht gut genug conservirt waren. In den centralen Sauggruben sind die Exoderm-Zellen viel flacher und ohne Nessel - Kapseln (Fig. 16 x). Unter dem Exoderm (g) liegt unmittelbar die Muskelplatte, aus kräftigen Längsfasern be- stehend (m). Darauf folgt eine dicke gallertige Stützplatte (z), welche als elastischer Extensor dem Zuge der longitudinalen Muskelfasern entgegenwirkt und die contrahirten, durch Wirkung der letzteren verkürzten Tentakeln wieder streckt. Im Saugnapfe bildet die gelatinöse Fulcral-Lamelle eine besondere dicke Kappe (Fig. 16 7), welche das blinde Ende des Tentakel-Canals umfasst und sich durch eine deutliche Grenzlinie (Z’) scharf von der dünneren Gallert- Platte des Stiels absetzt (7). Das Ento- derm (d), welches das Epithel des Tentakel-Canals (et) bildet, besteht aus hohen dunkelbraun pigmen- tirten Cylinder-Zellen, zwischen welchen zahlreiche einzellige Drüsen vertheilt sind. Ein ganz eigen- thümliches Verhalten, wie es mir bei keiner anderen Lucernaride bekaunt ist, zeigt das blinde Distal- Ende des Tentakel-Canals. Der letztere ist nämlich hier durch einen kegelförmigen Keil verstopft, welcher den Distal-Theil des Röhren-Lumen vollständig ausfüllt und vom Entoderm rings umschlossen wird. Dieser Axen-Keil des Saugnapfes (Fig. 16 y) färbt sich durch Carmin dunkelroth, viel intensiver, als alle übrigen Theile des Tentakels. Er setzt sich ganz scharf von den gelbbräunlichen Entoderm-Zellen ab, welche ihn rings einschliessen, und scheint aus rundlichen, dicht gedrängten Kör- perchen zusammengesetzt zu sein, welche das Licht stark brechen und Nesselkapseln ähnlich sehen. Vielleieht dient dieser Axen-Keil der Saugnäpfe bei deren Anheftung als feste Stütze. Gastrocanal-System (Taf. XVI, Fig. 2—7; Taf. XVII, Fig. 13—16). Die Bildung des Gastro- canal-Systems weicht bei unserer Lucernaria nicht wesentlich von der bekannten Form ab, welche das- selbe bei den anderen Species dieses Genus besitzt; sie steht in der Mitte zwischen der einfacheren Bildung der Tesseriden (Taf. XV) und der verwickelteren der Periphylliden (Taf. XVII—XXI). Wie bei diesen zerfällt es zunächst in einen centralen Hauptdarm (Gaster principalis) und einen peripheri- schen Kranzdarm (Gaster coronaris); beide communiciren durch 4 perradiale Gastral-Ostien (go). Der Hauptdarm besteht aus 3 Abschnitten, dem aboralen Grundmagen im Schirmstiel, dem Central-Magen und dem frei vorragenden Buccal-Magen oder Mundrohr. Der Central-Magen wird durch die Magen- pforte (Pylorus) vom Grundmagen, durch die Gaumenpforte (Palatum) vom Bucecal-Magen getrennt. Der Grundmagen (Gaster basalis, gb) ist der oben genannte „Stielcanal“, durchzieht den Schirmstiel in seiner ganzen Länge und endigt in dessen aboraler Basis blind geschlossen, während er sich am ora- len Stiel- Ende durch den Pylorus (gy) in den Central-Magen öffnet. Ursprünglich stellt der Grund- magen einen einfachen eylindrischen oder vierseitig-prismatischen Hohlraum dar, welcher dem „Schei- tel-Canal“ der Tesseriden entspricht. Indem die 4 interradialen Taeniolen (fl) von der Wand des Schirmstiels in den Grundmagen vorspringen, theilen sie seine Peripherie in die 4 perradialen, oben schon beschriebenen Stielrinnen oder Halbcanäle (Fig. 13 cp). Dadurch bekömmt der Basal-Magen auf dem Querschnitt die characteristische reguläre Kreuzform, welche Fig. 13, Taf. XVII zeigt. Der Cen- tral-Magen (Gaster centralis) ist im Allgemeinen von conischer oder vierseitig-pyramidaler Gestalt und mündet mit der abgestutzten, aboralen Spitze durch die Magenpforte (Pylorus, gy) in den Stiel- Magen, mit der quadratischen, stark eingeschnürten, oralen Basis durch die Gaumenpforte (Pala- LUCERNARIA BATHYPHILA. 51 ium, gp) in den Buecal-Magen. 4 perradiale Spalten, die Gastral-Ostien (Fig. 2, 3 go, 21 90) füh- ren aus dem Central-Magen in die 4 Radial- Taschen hinein (bp). Da die 4 conischen, oben schon beschriebenen, interradialen Triehterhöhlen (ü) zwischen den 4 Gastral-Ostien gewölbt in den Central- Magen vorspringen, so wird die Gestalt desselben ziemlich eomplieirt. Die beiden Ränder der spalt- förmigen Gastral-Ostien werden fast in ihrer ganzen Länge von einer Reihe feiner Gastral-Fila- mente gesäumt (Fig. 21 f); dieselben fehlen nur am unteren (oralen) Viertel der Gastral-Ostien, wo deren Rand die knorpelartig verdickte Gaumen -Rinne bildet (Fig. 21 gs). Oben gehen die Filament- Reihen oder Phacellen bis zur Spitze der Trichterhöhlen, setzen sich aber nieht auf den soliden Theil der Taeniolen fort. Im Verhältnisse zu anderen Tucernariden und zu der ansehnlichen Körpergrösse unserer Art erscheinen die Filamente derselben schwach entwickelt, sehr fein und ziemlich kurz; auch bleiben sie hier auf den Seitenrand der Gastral-Ostien beschränkt, während sie sich bei anderen Arten oft weit distalwärts auf die Seitenränder der Gonaden fortsetzen, oder proximalwärts auf die basalen Taeniolen. Ebenso wie die Filamente erscheint bei Lucernaria bathyphila auch das Mundrohr oder der „Buccal-Magen“ schwach entwickelt (Proboseis, Fig. 2—4 ga). Dasselbe bildet einen niedrigen, flei- schigen Hautsaum von quadratischem Umrisse, welcher von der Gaumenpforte (gp) nur sehr wenig in die Schirmhöhle vorspringt. Die verdiekten drüsigen Ränder der Mundöffnung sind nur schwach ge- kräuselt (Fig. 9). Die 4 perradialen Kanten des Mundrohres gehen an der Gaumenpforte in die 4 sub- umbralen Mesogon-Falten über (wr). Der periphere Kranzdarm (Gaster coronaris), welcher nur durch die 4 perradialen Gastral- Ostien mit dem Central-Magen communiecirt, wird bei Lucernaria bathyphila (wegen der schwachen Ent- wickelung der 8 Arme) fast ausschliesslich durch die 4 voluminösen Radialtaschen (Bursae radiales) gebildet, dp (von Urarx als „Quadrant-Kammern“ bezeichnet, von Krrerstein als „breite taschenförmige Radiär-Gefässe“, von Tascnensgere als „Radiär-Canäle“, von Krine als „Radiär-Kammern“ und von Herr- wıc als „Radial- Kammern oder Radial- Taschen“). Dieselben stellen 4 flache taschenartige Hohlräume dar, welche sich zwischen Umbrella und Subumbrella bis zum Schirmrande ausdehnen. Sie werden nur durch die 4 interradialen Septal-Leisten oder „Verwachsungs-Streifen“ getrennt, lineare Scheide- wände, in denen die Umbrella mit der Subumbrella verwachsen ist (Limites cathammales, ks). Da diese Verwachsung aber nicht bis zum Schirmrande reicht, communieiren die 4 Taschen hier, unterhalb des Distal- Endes der Septen, durch 4 interradiale Circular-Ostien, so dass am Schirmrande eine ringförmige Communieation, eine Art „Ringeanal“ hergestellt wird (Fig. 12 ce). Der Proximal- Theil der 4 Radialtaschen mündet durch die Gastral-Ostien in den Central- Magen; von ihrem Distal-Rande hingegen gehen 8 Lappentaschen oder „Armtaschen“ (Bursae lobares) in die 8 Arme ab. Das Ende jeder Lappentasche entsendet wieder einen Tentakel-Canal in jeden Tentakel (Fig. 15, 16 ct). Da die 8 Arme oder Randlappen bei unserer Art so wenig über den Schirmrand vortreten, so gelangen auch deren Lappentaschen (b/) zu keiner selbstständigen Ausbildung. Um so grossartiger ist hier die Ent- wickelung der 4 Radialtaschen, deren Länge fast 2 von der gesammten Schirmlänge beträgt, und von welcher die ansehnlichen, in ihrer Subumbral-Wand liegenden Gonaden nur einen Theil einnehmen (vergl. Fig. 2—7 bp). Gonaden (Taf. XVI, Fig. 2—7 s, 10, 11; Taf. XVII, Fig. 17—19, 21). Das untersuchte Exem- plar war ein geschlechtsreifes Weibchen und zeigte mit besonderer Deutlichkeit, dass die Eier sich bei den Lucernariden (wie bei allen Stauromedusen) in der Subumbral-Wand der Radial-Taschen aus deren Entoderm entwickeln, dann in deren Höhlung hineinfallen, aus dieser durch die Gastral- Ostien in den Central-Magen gerathen und endlich durch den Mund entleert werden; alle die genann- 7* 52 STAUROMEDUSAE. LUCERNARIDAE. ten Theile des Gastrocanal-Systems enthielten bei der Öeflinung der unverletzten Meduse zahlreiche abgelöste reife Eier. — Die 8 Ovarien (Fig. 2, 3 sf) bilden 8 breite Platten, welche den grössten Theil der Subumbral-Wand der 4 perradialen Magentaschen einnehmen und dergestalt paarweise auf dieselben vertheilt sind, dass die beiden, durch ein interradiales Septum getrennten Gonaden ein zusam- mengehöriges Paar bilden. Die beiden Ovarien, welche in einer und derselben Radial- Tasche liegen, gehören demnach 2 verschiedenen Paaren an (vergl. mein System der Medusen, 1879, p. 386). Das interradiale Intervall zwischen je 2 Geschlechts-Blättern ist beträchtlich kleiner als das perradiale Inter- vall; ebenso ist ihr Abstand vom Distal-Rande der 4 Radial-Taschen bedeutend geringer als ihr Ab- stand vom Proximal-Rande derselben (vergl. Fig. 2, 3 sf). Ihr Umriss ist halbeiförmig oder fast lan- zetförmig, mit einer Verbreiterung im distalen Drittel. Die Struetur der Ovarien ist bei Lucernaria bathyphila ganz eigenthümlich und verwickelter als bei allen anderen, bis jetzt bekannten Stauromedusen. Schon mit blossem Auge betrachtet erscheint die Oberfläche der 8 Geschlechtsblätter körnig, wie gepflastert; und schon bei schwacher Vergrösserung (Fig. 21 sk) zeigt sich, dass jede Gonade aus einer sehr grossen Anzahl (ungefähr 200 — 250) völlig getrennten Säckchen zusammengesetzt ist. Dieselben sind von unregelmässig rundlichem oder poly- gonalem Umrisse, durchschnittlich von einem Millimeter Durchmesser (die kleinsten etwas unter 4 Mm., die grössten etwas über 14 Mm.). Während nun diese Geschlechts-Säckel (Sacculi genitales, sk) bei allen anderen, bis jetzt bekannten Lucernariden einfache Drüsen (mit einem einzigen Hohlraum und Ausführgang) darstellen, sind dieselben bei unserer Tieisee-Art gelappte Drüsen, zusammengesetzt aus mehreren einzelnen Läppchen oder Follikeln, von denen ein jeder seine eigene Höhle und sei- nen eigenen Ausführgang besitzt. Jeder einzelne Säckel (Fig. 10 von der Fläche gesehen, Fig. 18 im senkrechten Längsschnitt) ist demnach gewöhnlich aus 30—50 Follikeln zusammengesetzt (sb). Jeder einzelne Follikel (Fig. 11 von der Fläche, Fig. 19 im Längsschnitt) enthält einen Sinulus (sc,) oder eine Nebenhöhle, welche durch einen Duczulus oder Neben-Ausführgang (sl) in den Sinus genitalis oder die Haupthöhle des Säckels mündet (Fig. 18 sc); letztere aber mündet wiederum durch ihren Ductus oder Haupt- Ausführgang (sl) in die Radial- Tasche ein (sa). Die Eier (Fig. 19 so), welche sich aus dem Entoderm-Epithel der Follikel entwickeln, gelangen also zunächst aus deren Sinulus (sc,) in ihren Ductulus (s/,), aus diesem in den Sinus des Saceulus (Fig. 18 sc) und dann erst aus letzterem durch dessen Ductus (s!) in die Radial- Tasche. Somit liefert das Ovarium von Lucernaria bathyphila in der Ordnung der Stauromedusen das erste Beispiel einer vielfach zusammengesetzten Geschlechtsdrüse mit gelappten Säckchen und verästelten Hohlräumen, und diese, sowie andere vorher angeführte Eigen- thümlichkeiten unserer Tiefsee-Species berechtigen vielleicht dazu, sie zum Typus eines besonderen Genus: Lucernosa, zu erheben. — Sowohl die einzelnen Säckel, als die sie zusammensetzenden Follikel sind von einer dünnen, structurlosen Membrana propria umhüllt, einer directen Fortsetzung der galler- tigen Fuleral-Platte der Subumbrella. Die Säckel (Fig. 17, 18 sk) ragen von der Subumbral- Wand der Radial - Taschen, deren Entoderm-Fläche sie aufsitzen, frei in den Hohlraum der Taschen hinein; ihre freie Abaxial-Fläche ist von deren flimmerndem Entoderm-Epithel überzogen, während ihre ange- heftete Axial-Fläche durch die dicke Gallert-Platte der Subumbrella (Fig. 17, 18 ug) von deren Exo- derm-Epithel getrennt ist (qw). Somit kann es hier gar nicht zweifelhaft sein, dass sich die Eier aus den Entoderm-Zellen der Säckel entwickeln, welche gar keinen Zusammenhang mit dem subum- bralen Exoderm besitzen. PERIPHYLLA MIRABILIS. 58 VI. Sechste Medusen-Ordnung: (Zweite Ordnung der Acraspeden:) PEROMEDUSAE, Haeckel (1877). Character der Peromedusen-Ordnung: Acraspeden mit 4 interradialen Sinneskolben, welche ein Hörkölbchen mit entodermalem Otolithen-Sack und ein oder mehrere Augen enthalten. 4 perradiale Tentakeln oder 12 Tentakeln (4 perradiale und 8 adradiale). 8 adradiale oder 16 sub- radiale Randlappen. Magen von einem mächtigen subumbralen Ring-Sinus umgeben, dessen Thei- lung in 4 perradiale Magentaschen nur durch 4 kleine interradiale Septal-Knoten angedeutet wird. Am Distal-Rande des Ring-Sinus 8 oder 16 Kranztaschen, von denen jede 2 seitliche Lappenta- schen und in der Mitte zwischen diesen eine Tasche für den Tentakel oder den Sinneskolben ab- giebt. Gonaden 8 adradiale hufeisenförmige Wülste, welche in der Subumbral-Wand des Ring- Sinus aus dessen Entoderm sich entwickeln und in dessen Höhle theilweise hineinragen. Familia: PERIPHYLLIDAE, Haeckel (1877). HaAEcKEL, System der Medusen, 1379; p. 415, Tafel XXIV. Familien- Character: Peromedusen mit 12 Tentakeln (4 perradialen und 8 adradialen), mit 4 interradialen Sinneskolben und mit 16 subradialen Randlappen (8 tentacularen und 8 ocularen). Exumbrella mit 16 Pedalien und Kranzmuskel mit 16 Kranz-Feldern (4 perradialen, 4 interradia- len und 8 adradialen); zwischen jedem Pedal und jedem Kranz-Feld eine Kranztasche. Margina- ler Feston-Canal aus 32 Lappentaschen gebildet. Subfamilia: PERIPHEMIDAE, Hazcker (1880). Periphylliden, deren 4 interradiale Trichterhöhlen nicht auf den Central-Magen beschränkt sind, sondern auch den Basal-Magen ganz oder theilweise durchsetzen. Genus: PERIPHYLLA, Sreenstrur (1837). seegipihla = ringsum mit Blättern besetzt. Genus-Diagnose: Periphyllide mit 4 perradialen Backentaschen des Mundrohrs und mit 4 per- radialen, völlig getrennten Nischen des Basal-Magens. Zwischen letzteren bilden die 4 subumbralen Trichterhöhlen (oder die 4 hohlen interradialen Taeniolen des Basal- Magens) hohle Kegel, welche in ihrer ganzen Länge mit 2 Reihen von Gastral-Filamenten besetzt sind und oben in der Kuppelspitze zusammenstossen. Das Genus Periphylla ist ebenso wie das nächstfolgende, nahe verwandte Genus Periphema in der Challenger-Sammlung nur durch ein einziges Exemplar vertreten. Allein die ansehnliche Grösse desselben und sein guter Conservations-Zustand gestatteten mir eine genauere und eingehendere Unter- suchung, als bisher von irgend einer Peromeduse gegeben werden konnte. So gestaltete sich denn die nachstehende Beschreibung der Periphylla mirabilis, begleitet von 6 Tafeln (XVIT—XXII) zu einer festen Grundlage für die anatomische Kenntniss der ganzen Ordnung der Peromedusen. Diese aus- 54 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. gezeichnete und sehr merkwürdige Acraspeden-Gruppe war bis vor Kurzem so gut wie ganz unbe- kannt. Einerseits behalten dieselben die primitive Bildung der Stauromedusen vielmehr bei und schlies- sen sich sowohl an die Tesseriden als an die Lucernariden enger an, als die beiden Ordnungen der Cubomedusen und Discomedusen; namentlich gilt das von der merkwürdigen Bildung des centralen Gastrocanal- Systems. Anderseits aber erheben sie sich durch eigenthümliche Complieationen im ana- tomischen Bau, und namentlich durch verwickelte Taschenbildungen, so sehr über die drei anderen Acraspeden -Ordnungen, dass man sie in mancher Beziehung als die höchst organisirten unter allen Medusen bezeichnen könnte. Jedenfalls sind sie als eine selbstständige Hauptgruppe, als eine beson- dere Acraspeden-„Ordnung“ zu betrachten, welche zu den Cubomedusen und Discomedusen gar keine directen Beziehungen besitzt, vielmehr als ein eigenthümlich entwickelter Ausläufer der Stauro- medusen zu betrachten ist. Alles, was bis zum Jahre 1879 von den wunderbaren Peromedusen be- kannt war, beschränkte sich auf die unvollkommene Abbildung von drei verschiedenen Arten der Gattung Periphylla. Aber zwei von diesen Figuren zeigen nur den leeren Schirm des todten Thieres, ohne alle inneren Organe: Ckarybdea periphylla, Prron et Lesueur (1809), und €. bicolor, Qvoy et Gaimarn (1833). Die Abbildung der dritten Art, Dodecabostrycha dubia, Branor (1838), ist zum Theil gut, zum Theil sehr unrichtig und unvollständig, und blieb bisher auch völlig unverstanden. Erst die genaue Untersuchung mehrerer, wohl conservirter Exemplare der stattlichen Periphylla hyacinthina, sowie einiger kleinerer Arten, welche ich auf die Genera Pericolpa, Pericrypta und Peripalma vertheilte, setzte mich 1579 in den Stand, die eigenthümliche, bis dahin unbekannte Organisation der Peromedusen näher zu schildern und sie als selbstständige Ordnung der Klasse aufzustellen (im „System der Medusen“, p: 396—422, Taf. XXIII, XXIV). Indessen wird die dort gegebene anatomische Darstellung durch die nachfolgende ausführlichere Anatomie der Periphylla mirabilis in vielen Punkten ergänzt und vervollständigt. Sowohl diese Art, als die nachfolgende Periphema regina gehören zur Familie der Periphyllidae, jener grösseren und höher organisirten Peromedusen, welche 12 Tentakeln, 16 Randlappen und 32 Lappen- taschen besitzen. Ihnen stehen gegenüber die älteren und einfacher gebauten Pericolpidae, welche sich näher an die Lucernariden anschliessen und nur 4 perradiale Tentakeln, sowie 8 Randlappen und 16 Lappentaschen haben. Jeder perradiale Tentakel der Pericolpiden ist bei den Periphylliden durch 3 Tentakeln und 2 dazwischen eingeschaltete Randlappen vertreten. Alle Peromedusen haben beständig nur 4 interradiale Sinneskolben oder Rhopalien und sind dadurch allein schon von allen anderen Me- dusen verschieden. Unsere Periphylla mirabilis unterscheidet sich von den übrigen Species des Genus namentlich durch den Besitz von 8 starken adradialen Bartfäden des Mundrandes und kann daher auch als Repräsentant einer besonderen Gattung angesehen werden: Periphenga mirabilis (rzgpiyya, Strahlende). Species: Periphylla mirabilis, Hacker. Tafel XVILI—XXIIl. Periphenga mirabilis, HAEcKkEL, 1879; System der Medusen, p. 422, Nr. 424. Speeies-Diagnose: Schirm kegelförmig, um 4 höher als breit. Pedal-Zone der Exumbrella etwas höher als die Lappen-Zone, beide zusammen ungefähr 2 so hoch als die Kegel-Zone. Rand- lappen eiförmig, spitz, ihre distalen Flügel dreieckig, halb so hoch als ihre proximalen Gallertwülste. Die 8 Tentakel-Lappen weniger am Schirmrande vorspringend als die 8 Rhopalien-Lappen. Tentakeln doppelt so lang als die Schirmhöhe, an ihrer Basis 4 so breit als die Randlappen. Mundrohr eubisch, PERIPHYLLA MIRABILIS. 55 4 so hoch als der Schirm, nur bis zum Kranzmuskel hinabreichend, am Mundrande mit 8 adradialen, langen, zerfaserten Bartfäden. Grösse: Horizontal-Diameter 120 Mm., Vertical-Diameter 160 Mm. Fundort: Süd-Pacifischer Ocean, in der Nähe der Ostküste von Neu-Seeland (40° 28° S. Br.; 1770 43° 6. L. v. Greenw.); Station 168 des Challenger-Cataloges. Das einzige erbeutete Exemplar, ein geschlechtsreifes Männchen, wurde am 8. Juli 1874 aus einer Tiefe von 1100 Faden (= 6600 Fuss) gehoben. Dasselbe war in Weingeist vortrefflich conservirt, ganz vollständig, und zeigte im Ganzen eine hell violette Färbung. Die innere oder entodermale Fläche des Gallertschirms war mit dunkelm, violett-braunem Pigment belegt, welches sich leicht ablöste und aus kleinen rund- lichen Körnern in den Entoderm-Zellen der Abaxial-Wand des Gastral-Raumes bestand. Die Tentakeln erschienen dunkler violett gefärbt, die Gonaden röthlich gelb. Nach mehrjährigem Liegen in Weingeist verblassten die Farben mehr und mehr. Umbrella (Taf. XVIN, Fig. 1; Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 12—20). Der Schirm von Periphylla mirabilis (— wie von den meisten Peromedusen —) ist hoch gewölbt, kegel- förmig, oben zugespitzt, unten trichterförmig erweitert oder fast helmförmig. Die Höhe (oder der verticale Durchmesser) des Schirms (inelusive der Randlappen, exclusive der Tentakeln) betrug an dem unverletzten Exemplare 16 Centimeter, also 4 mehr als die Breite an der Schirm - Mündung (12 Ctm., der grösste horizontale Durchmesser). Fast in der Mitte seiner Höhe (84 Ctm. von der Schirm- kuppel, 74 Ctm. vom Schirmrande entfernt) wird der Schirm durch eine horizontale Ringfurche tief eingeschnürt, die Kranzfurche (Fossa coronaris, ec). Dadurch zerfällt die Umbrella in den oberen, proximalen oder centralen Schirmkegel (Conus umbralis) und in den unteren, distalen oder peripheren Schirmkranz (Corona umbralis). Der Schirmkegel oder die „Kegelzone“ (Zona conaris) ist ein ganz einfacher glatter Kegel, oben zugespitzt und nach unten gleichmässig erweitert; seine feste Gallerte ist ziemlich gleichmässig dick, circa 8 Mm.; in der Kranzfurche (ec) sinkt ihre Dicke plötzlich auf 2—3 Mm. (Fig. 35). Die Aussenfläche des Kegels ist gleichmässig glatt, ohne jedes Ornament. Der Schirmkranz hingegen zeıfällt durch eine untere horizontale Ringfurche nochmals in zwei Gürtel, in den oberen Pedalgürtel und den unteren Lappengürtel. Der Pedalgürtel (Zona pedalis) wird durch 16 tiefe subradiale Längs-Furchen in eben so viele vorspringende keilföürmige Gallert-Sockel getheilt, die Pedalien. Von diesen sind die 4 interradialen beträchtlich kleiner (25 Mm. hoch; oben 12, unten nur 8 Mw. breit) und tragen unten die 4 Sinnes- kolben und deren Ocular-Lappen (Pedalia ocularia). Die 12 übrigen Gallert-Sockel (Pedalia tentacularia) tragen unten die Tentakeln und deren Lappen, und sind bedeutend grösser (85 Mm. hoch; oben 13, unten 17 Mm. breit). Somit stehen zwischen je 2 interradialen Ocular-Pedalien (Fig. 19 w) je 3 grös- sere Tentakel-Pedalien, von denen das mittlere (up) perradial, die beiden seitlichen (ua) adradial liegen (vergl. Fig. 18 und 19). Die feste Gallertsubstanz der Umbrella erreicht im oberen Theile der Pedalien die Dicke von 10—12 Mm., während sie sich im unteren Theile derselben auf 3—5 Mm. verdünnt. Am oberen eonvexen Rande wird jedes Pedal von einem halbmondförmigen Feldehen (Areola semilu- naris) (Fig. 34 xs) begrenzt, welches durch 8—10 kleine seichte Längsfurchen in ebensoviele kleinere Wülstchen (Gyruli) getheilt wird; sie enden oben in der Tiefe der grossen Kranzfurche und enthalten zipfelförmige Fortsätze des exumbralen Gürtel-Muskels (Fig. 34). Die Exumbrella des Schirmkranzes ist bei unserer Periphylla (— wie wahrscheinlich bei allen Peromedusen —) nicht allein durch die angeführten longitudinalen und transversalen Furchen ausge- zeichnet, welche bald mehr, bald weniger tief gehen und zu wichtigen inneren, anatomischen und 56 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. genetischen Organisations- Verhältnissen in Beziehung stehen; sondern auch durch besondere exum - brale Muskeln. In der tiefen Kranzfurche zwischen Schirmkegel und Schirmkranz (Fossa coronaris, ec) findet sich ein ringförmiger äusserer Gürtelmuskel (M. zonaris, mz), von dessen Distalrande unten 16 exumbrale Zacken vorspringen; dieselben sind dreieckig, mit der Spitze nach unten gerichtet und entsprechen den Radien der Randlappen; sie liegen mithin subradial und dringen mit ihrem Distal- Ende unten in die Furche zwischen je 2 Pedalien ein, in deren Verlängerung die Lappenspange liegt (Fig. 34 mz). Wie der Gürtelmuskel selbst, so bestehen auch die von ihm ausgehenden Zacken-Mus- keln aus starken Ringfasern. Schirmrand (Margo umbralis, um; Taf. XVII, Fig. 1; Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 22). Der eigentliche Schirmrand (im weiteren Sinne) wird durch den schon vorher angeführten Lappengürtel des Schirmkranzes gebildet (Zona lobaris) und setzt sich aus folgenden wichtigen Or- ganen zusammen: 4 interradialen Sinneskolben, 12 Tentakeln (4 perradialen und 8 adradialen), und 16 subradialen Randlappen, welche zwischen die ersteren und letzteren eingeschaltet sind. Diese Or- gane zeigen bei allen Peromedusen sehr eigenthümliche und verwickelte Structur-Verhältnisse, welche sie von den Stauromedusen sowohl als von den Cubomedusen durchgreifend unterscheiden. Trotzdem sind auch diese Bildungen phylogenetisch von denjenigen der Stauromedusen abzuleiten, und zwar zunächst die der Pericolpiden (vergl. mein „System“, 1879, Taf. XXIM). Die 4 perradialen Ten- takeln und die 4 interradialen Sinneskolben derselben sind aus den 8 Prineipal-Tentakeln der Tesseri- den entstanden und daher auch den 8 „Randankern“ der Lucernariden homolog; hingegen entsprechen die 8 adradialen, mit jenen alternirenden Randlappen der Pericolpiden den 8 hohlen „Armen“ der Lucernariden. Der Schirmrand der Periphylliden ist aus demjenigen der Pericolpiden offenbar da- durch entstanden, dass an die Stelle eines jeden perradialen Tentakels 3 Tentakeln und 2 zwischen diese eingefügte tentaculare Randlappen traten. So stieg die Zahl der Tentakeln von 4 auf 12 und die Zahl der Randlappen von 8 auf 16. Die ursprüngliche Zahl der 4 Sinneskolben bleibt bei allen Peromedusen erhalten und ist für die ganze Ordnung typisch. Randlappen (Lob: marginales; Taf. XVII, Fig. 1; Taf. XXI, Fig. 22; Taf. XXI, Fig. 29—32). Die 16 Lappen des Schirmkranzes sind im Ganzen von eiförmiger Gestalt, liegen subradial (in den Meridian-Ebenen vierter Ordnung) und zerfallen in 4 Paar Augenlappen (lo) und 4 Paar damit alter- nirende Fühlerlappen (!). Die beiden Augenlappen jedes Schirmquadranten (Lobi oculares) liegen exradial, indem sie das interradiale Auge zwischen sich fassen. Der Randeinschnitt zwischen den- selben bis zum Auge ist 17 Mm. tief, halb so tief als der Einschnitt zwischen jedem Augenlappen und dem benachbarten Fühlerlappen. Demnach bilden die beiden Augenlappen jedes Paares zusammen einen breiteiförmigen ocularen Hauptlappen, dessen freier Rand in zwei Nebenlappen zerfällt (Fig. 1). Jeder oeulare Nebenlappen ist durch eine tiefe longitudinale Furche in zwei Hälften getheilt, eine ad- oculare und eine exoculare. Die exoculare (oder äussere) Hälfte, welche an den adradialen Tentakel grenzt, ist flügelförmig verdünnt und läuft am Lappenrande in einen zarten häutigen Saum aus (Pata- gium, Ip). Die innere oder adoculare Hälfte hingegen, welche an das interradiale Auge grenzt, ist stark verdiekt, so dass sie zusammen mit derjenigen des benachbarten Nebenlappens einen dicken, aussen eonvex vorspringenden Wulst bildet, die direete Verlängerung des oeularen Pedalium (w). Jeder ocu- lare Hauptlappen erscheint demnach als ein breites eiförmiges Blatt, welches in der Mitte eine convexe, 1 Cim. breite Mittelrippe trägt, mit den Seitenflügeln 3 Ctm. breit und im Ganzen (in der Mittellinie) 4 Ctm. lang ist. — Die beiden Fühler-Lappen (Lobi tentaculares) jedes Schirm -Quadranten liegen eorradial, indem sie den perradialen Tentakel zwischen sich fassen und nach aussen durch den ad- PERIPHYLLA MIRABILIS. 57 radialen Tentakel vom Augenlappen getrennt werden. Jeder der beiden Tentakel-Lappen stellt ein länglich eiförmiges Blatt von 4 Ctm. Länge und 2 Ctm. Breite dar, welches durch eine tiefe subradiale Längsfurche in zwei seitliche Wülste getheilt ist; diese Furche bildet die directe Fortsetzung der cor- radialen Furche, welche die adradialen Pedalien der Furchenzone von den perradialen trennt. Jeder der beiden Wülste eines jeden Fühlerlappens ist 3 Ctm. lang, 6 Mm. breit, fast linear. Ein sehr dün- ner, faltiger, flügelförmiger Hautsaum (Patagium, Ip) von 5—8 Mm. Breite umgiebt den Rand auch die- ser Lappen; am breitesten ist er an der Spitze, am schmälsten an der Basis derselben (Fig. 1, 22 ete.). Lappenspange (Loboseptum, Cathamma lobare, kl; Taf. XXII, Fig. 22; Taf. XXI, Fig. 29). Der exumbralen Längsfurche jedes Lappens, welche dessen beide Gallertwülste trennt und sich oben in den Suleus interpedalis fortsetzt, entspricht im Inneren des Lappens eine Lappenspange (kl). Die- selbe ist eine geradlinige radiale Gallertleiste von knorpelartiger Härte, Festigkeit und Elastieität. Sie entspringt mit verbreiterter Basis (Fig. 29 kl’) vom Proximalrande des Kranzmuskels und reicht bis zur Grenze des mittleren und distalen Drittels des Lappens, woselbst sie verdickt endet (Fig. 22%l”). Ihre eigentliche Struetur ist in Fig. 10, Taf. XXV bei starker Vergrösserung dargestellt. Die Spange ent- steht dadurch, dass das umbrale oder abaxiale (Fig. 10 du,) und das subumbrale oder axiale Ento- derm-Epithel (Fig. 10 dw,) im peripherischen Theile des Ring-Sinus in 16 subradialen geraden Linien mit einander verwachsen; dadurch zerfällt der letztere im Bereiche des Kranzmuskels in 16 Kranz- taschen (be). Die Lappenspange trennt 2 benachbarte Kranztaschen vollständig, hingegen nur unvoll- ständig die von ihnen ausgehenden Lappentaschen (Taf. XXV, Fig. 10 bl), welche am verdickten Distal- Ende der Spange hufeisenförmig in einander umbiegen (bu, Fig. 22, 29). Sowohl die diekere Gallert- piatte der Umbrella (Taf. XXV, Fig. 104g), als die dünnere Gallertplatte der Subumbrella (zw) erleiden im Bereiche der Verlöthung beider Entoderm-Epithel-Schichten eine beträchtliche Induration und eigen- thümliche histologische Veränderung. Das weichere Gallert-Gewebe geht in festen Faserknorpel über, dessen zahlreiche rundliche Zellen durch fibrilläre Zwischensubstanz getrennt werden. Die Faser- züge der Intercellular-Substanz durchkreuzen sich nach allen Richtungen, ähnlich wie bei dem ana- logen Cathamma der Septal-Knoten (Taf. XXV, Fig. 4 kn). Tentakeln (Taf. XVII, Fig. 1; Taf. XIX, Fig. 6, 7; Taf. XXI, Fig. 21; Taf. XXI, Fig. 22). Die 12 Tentakeln sind starke, hohle, eylindrische Schläuche, welche sich gegen die distale Spitze all- mählig conisch verdünnen. Alle 12 Tentakeln (4 perradiale und 8 adradiale) sind von gleicher Grösse. Ihre Länge beträgt 30—40 Ctm., mithin das Doppelte der Schirmhöhe, und darüber; beim lebenden Thiere mögen sie 50—60 Ctm. lang sein. An der sehr verdickten conischen Basis sind die Tentakeln 8 Mm. dick; 3 Ctm. unterhalb der Insertion beträgt ihre Dicke 5 Mm., 6 Ctm. unterhalb nur 3 Mm.; und so nimmt dieselbe allmählig ab bis gegen die fadenförmig auslaufende Spitze. Durch zahlreiche Ringfalten erscheint die glatte Oberfläche der eylindrischen Röhren vielfach eingeschnürt; nur durch die Längsmuskeln werden die Falten unterbrochen (Fig. 1, 6, 7). Die geräumige Höhle der Tentakeln wird von einer dünnen, aber sehr festen lederartigen Wand umschlossen. Die Tentakel-Wand wird aus 4 Schichten gebildet (Taf. XXI, Fig. 21): 1. Entoderm-Epithel (d) des Canals, ct; 2. Stützplatte, 2; 3. Muskelplatte, m; 4) Exoderm-Epithel der Aussenfläche, q. Die feinere Structur der Wand ist sehr eigenthümlich, liess sich jedoch an dem einzigen untersuch- ten Spiritus-Exemplare nicht genügend eruiren. Das Exoderm-Epithel (g) enthält zahlreiche Nessel- kapseln. Die Muskelplatte (m) erscheint an den beiden Seitenflächen des Tentakels sehr verdünnt, dagegen an der inneren und äusseren Seite ausserordentlich stark verdickt, so dass sie hier in Gestalt zweier kräftiger bandförmiger Längsmuskeln vorspringt. Der äussere oder axiale TLängsmuskel Haeckel, Tiefsee-Medusen. 8 58 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. entspringt vom Pedal und nimmt gewöhnlich nur das proximale Drittel oder Viertel der Tentakel- Länge ein. Der innere oder axiale Längsmuskel geht durch die ganze Länge des Tentakels hindurch und spaltet sich oben in zwei conische Wurzel-Muskeln (mk, Fig. 22, 29). Diese stülpen den Distal-Rand der betreffenden Kranztasche ein, theilen sie in äussere Velartasche und innere Avelar- tasche, und gehen in der so gebildeten „Triehterhöhle des Tentakels“ (i) zwischen ersterer und letz- terer divergirend bis zum Proximal-Rande des Kranzmuskels, woselbst sie sich inseriren (vergl. unten). Wenn der innere Längsmuskel stark contrahirt ist, so erscheint der Tentakel spiralig aufgerollt und in tiefe Querfalten gelegt (Fig. 7). Unter der Muskelplatte (m) liegt eine structurlose, dünne, aber sehr feste, elastische Stützplatte (Lumina fwleralis, Fig. 21 2) und unter dieser das Entoderm-Epi- thel des Tentakel-Canals (d). Dieses letztere zeigt eine sehr auffallende Beschaffenheit, besteht aus grossen Blasen-Zellen und erhebt sich an der Abaxial-Seite der Canal- Wand in Gestalt eines dicken schwammigen Stranges (Fig. 21 d’). Derselbe besteht aus gehäuften, sehr grossen, blasigen Zellen und füllt markähnlich fast die Hälfte des Röhren-Lumens (ci) aus. An lebenden und gut conservirten Thieren bedarf derselbe einer genaueren Untersuchung. Dasselbe gilt von einer anderen, höchst eigen- thümlichen Einrichtung der Tentakeln; innerhalb der Tentakel-Basis, gleich unterhalb des Abganges der divergirenden Tentakel-Wurzeln, liegt ein starkes doppeltes Klappenventil (Tal. XXI, Fig. 22 yk). Die elastische Fulceral-Lamelle (2) ist hier zu einer dieken, zellenhaltigen Gallertplatte angeschwollen und bildet zwei horizontale, über einander liegende Ventil-Klappen, durch welche die Höhle des Ten- takels völlig abgeschlossen werden kann. Auch bei kräftiger Injection von der Tentakelhöhle aus gelingt es nicht, den Widerstand der Doppel-Klappe zu überwinden. Die Ventil-Höhle (Fig. 22 cx) zwischen der distalen Klappe (yk’) und der proximalen Klappe (yK) ist ungefähr eben so hoch als breit. Sinneskolben (Rhopalia, Taf. XVII, Fig. 1—5; Taf. XXIL, Fig. 22 or; Taf. XXIII, Fig. 31, 32 or). Die marginalen Sinneskolben von Periphylla habe ich schon in meinem „System der Medusen“ (1879, Taf. XXI, Fig. 9—12) von Periphylla hyacinthina abgebildet. Dieselben scheinen auch bei P. mirabilis im Wesentlichen dieselbe Bildung zu besitzen und sehr zusammengesetzte Sinnesorgane darzustellen, welche unter den bisher bekannten Formen sich am nächsten einerseits an die Sinnes- kolben der Cubomedusen, anderseits an diejenigen der Nausithoiden anschliessen. Wie bei allen Pero- medusen, sind nur vier interradiale Sinneskolben vorhanden, welche also in den Radien der Septal-Knoten und Taeniolen liegen. Leider waren dieselben an dem untersuchten Weingeist- Exemplar sehr schlecht erhalten; eine vollständige und richtige Einsicht in ihren feinen und sehr zu- sammengesetzten Bau wird sich nur durch Untersuchung und geeignete Präparation frischer Rhopalien gewinnen lassen. Schon mit blossem Auge werden sie als weisse Körnchen in den Einschnitten zwischen je 2 oeularen Randlappen erkannt. Jeder Sinneskolben besteht aus einem conischen Basal-Theil, dem Sinneshügel, einer grossen, an dessen Axial-Seite befindlichen Sinnesblase und aus einer Sinnesfalte oder Deckschuppe, welche am Distal- Ende des Sinneshügels steht und das Hörkölbehen nebst den Augen umschliesst (vergl. Taf. XVII, Fig. 2 Ansicht von innen, Axial-Seite; Fig. 3 Ansicht von aussen, Abaxial-Seite; Fig. 4 Profil-Ansicht, und Fig. 5 schräge Ansicht, halb von innen, halb im Profil). Der Sinneshügel entspricht dem Basal- Theile des sehr verkürzten und verdickten Tentakels, aus wel- chem der ganze Sinneskolben phylogenetisch entstanden ist. Er tritt zwischen der Basis der beiden zugehörigen Sinneslappen hervor, ist im Allgemeinen von conischer Gestalt und trägt an seiner inneren oder axialen Seite die grosse kugelige oder eiföürmige Sinnesblase (Ampulla rhopalaris, oa), eine blinde Ausbuchtung der Sinnestasche (bo). Gleich unter der Ampulle ist der Sinneshügel halsförmig einge- schnürt und von dem grossen, dunkel-pigmentirten Sinneskragen umgeben (op). Dieser letztere PERIPHYLLA MIRABILIS. 59 bildet einen Exoderm- Wulst mit einer starken Anhäufung von braunem oder schwarzem Pigment; er hat ganz die Gestalt eines hohen Rockkragens, welcher den Hals des Sinneskegels an der abaxialen (äusseren oder dorsalen) Seite geschlossen umgiebt, während er an der axialen (inneren oder ventralen) Seite schräg abfällt und in zwei seitliche, symmetrisch gestellte Arme oder Aufschläge übergeht (Fig. 2, 3 0p). Die beiden Arme des Sinneskragens bleiben hier durch eine tiefe und breite Furche von einander getrennt; nur unten, am Distal-Rande des Kragens, wird diese Furche durch ein schmales queres Pigment-Band überbrückt. In der Tiefe der Furche scheint zwischen beiden Armen ein un- paares axiales Auge mit Linse (oc) und Pigmentbecher zu liegen, und gleich darunter erhebt sich auf dünnem Stiele das keulenförmige Hörkölbchen (ok), das Distal-Ende des akustischen Tentakels. Dasselbe ist solid und besteht aus einer Axe von Entoderm-Zellen, deren letzte (distale) einen grossen kugeligen Otolithen-Sack bilden; dieser ist dicht gefüllt mit zahlreichen, scharfkantigen Krystallen (02). Der Exoderm-Ueberzug des Hörkölbehens trägt wahrscheinlich Hörhäärchen, welche frei in die Nische der Hörschuppe hineinragen (os). Letztere bildet eine Deckschuppe von ovaler oder dreieckiger Form, welche nach aussen convex, nach innen concav gewölbt ist, so dass sie das Hörkölbchen von der abaxialen (äusseren) und distalen (unteren) Seite schützend umgiebt. Innerhalb der Schuppen- Nische (on) scheinen auf der Abaxial-Seite des Hörkölbchens (zwischen Otolithen-Sack und Sinneskra- gen) zwei Augen zu sitzen, welche eine planconvexe oder biconvexe Linse in der Mitte eines braunen oder schwarzen Pigmentbechers enthalten (2). Leider waren aber alle diese Verhältnisse an dem mangelhaft conservirten Spiritus-Exemplare nur undeutlich und unvollkommen zu erkennen, und ich musste die Sinneskolben einiger anderer Periphylliden zu Hülfe nehmen, um mit deren Vergleichung die auf Taf. XVII, Fig. 2—5 wiedergegebenen Figuren zu entwerfen; dieselben können nur auf annähernde, vielleicht nur auf entfernte Richtigkeit Anspruch erheben. Mit Sicherheit lässt sich nur behaupten, dass die Sinneskolben der Periphylla modihieirte interradiale Tentakeln sind, welche gleichzeitig als aku- stische und als optische Sinnesorgane fungiren; in einigen Beziehungen scheinen sie mehr den Sinnes- kolben von Charybdea, in anderen Beziehungen mehr denjenigen von Nausithoe sich anzuschliessen. Wahrscheinlich sind bei unserer Art oberhalb des Hörkölbehens 3 kleine, mit Pigment, Linse und Ner- ven ausgestattete Augen vorhanden, von denen das unpaare (obere) axiale nach innen sieht, die beiden paarigen (unteren) abaxialen hingegen nach aussen. Des Nervensystem der Periphylla ist gleich dem der anderen Peromedusen zur Zeit noch unbekannt, und es ist mir leider trotz vielfacher Bemühungen an dem allein untersuchten Spiri- tus-Exemplare nicht gelungen dasselbe nachzuweisen. Es bedarf dazu neuer Untersuchungen an leben- digem und besonders präparirtem Materiale. Allein in Erwägung der hohen Stufe von Differenzirung und Vollkommenheit, welche sowohl die Bildung des Muskel-Systems als der Sinnes-Organe bei dieser hochentwickelten Meduse erreicht hat, ist anzunehmen, dass auch das Nervensystem einen bedeutenden Grad der Ausbildung besitzen wird. Diese Vermuthung ist um so mehr gerechtfertigt, als auch bei den nahe verwandten Cubomedusen ein sehr entwickeltes Nervensystem mit centralisirtem Nervenring besteht und gerade die Sinnesorgane in beiden Ordnungen viel Analogie zeigen. Wahrscheinlich ver- läuft in der Kranzfurche ein Nervenring, als wichtigstes Central-Organ, welches zu den 4 in- terradialen Sinneskolben in unmittelbarer Beziehung steht. Ein zweiter Nervenring dürfte vielleicht am Rande des Kranz-Muskels, ein dritter möglicherweise am Mundrand oder am Gaumenring sich finden. An besser eonservirten, mit Osmium und anderen entsprechenden Reagentien behandelten Periphyllen dürfte es bei der ansehnlichen Grösse dieser Medusen wohl gelingen, diese wichtigen Verhältnisse befriedigend aufzuklären. 8 * 60 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. Schirmhöhle (Antrum; Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 12—19). Wie bei allen Peromedusen, so zerfällt auch bei unserer Periphylla die subumbrale Schirmhöhle (im weiteren Sinne!) in zwei verschiedene Abschnitte, die distale einfache Schirmkranzhöhle und die proximale viertheilige Schirmtriehterhöhle ; die Grenze zwischen beiden bildet der Gaumenring. Die distale (untere oder orale) Schirmkranzhöhle (Antrum coronare, Fig. 19 hc) ist einfach, hat im Ganzen die Form einer Halb- kugel oder eines abgestutzten Kegels und ist ringsum vom Schirmkranze eingeschlossen; sie hat 7 Ctm. Höhe, bei 12 Ctm. Durchmesser, öffnet sich unten nach aussen durch die Schirmöffnung und enthält in der Mitte das Mundrohr. Die obere Grenze der Schirmkranzhöhle gegen die Schirmtrichterhöhle wird durch den Gaumenring gebildet (Annulus palatinus, wp). So nenne ich den wichtigen subum- bralen Grenzring zwischen Mundrohr und Ring-Sinus, in dessen Ebene die 4 perradialen Gaumen- knoten (gk) sich an der Wand des letzteren inseriren. Zwischen den 4 Gaumenknoten bleiben 4 weite horizontale Oeffnungen, die Trichtermündungen (Ostia infundıbularia, Fig. 18 if). Diese führen aus der Schirmkranzhöhle in die 4 interradialen Trichterhöhlen hinein (x). Die Trichterhöhlen (Infundibula) sind conische exodermale Einstülpungen der Subumbrella in den Central-Magen. Sie entsprechen vollständig den „Trichterhöhlen“ der Lucernariden, sind aber viel stärker entwickelt und spielen eine viel grössere Rolle. Während sie bei Pericolpa und Peripalma nur bis zur Grenze von Central- und Basal-Magen (bis zum Pylorus-Ring) hinaufgehen, höhlen sie hingegen bei Perierypta und Periphylla die kegelförmigen Taeniolen vollständig aus und setzen sich nach oben auch in den Basal-Magen bis zu dessen conischer Spitze fort; hier berühren sich ihre blin- den Kegelspitzen im subumbralen Centrum der Schirm-Kuppel. Jedes Infundibulum stellt einen sub- regulären Conus von 8 Ctm. Höhe und 4 Ctm. Durchmesser der Basis dar, und zerfällt durch die hori- zontale Grenzlinie der Magenpforte (gy, Fig. 12, 13) in zwei verschiedene Abschnitte von gleicher Höhe, eine untere distale und eine obere proximale Hälfte. Die untere oder distale Trichterhälfte (oder der „Central - Trichter“, Fig. 16, 17 ic) liegt an der Aussenfläche des Central- Magens (ge); ihre innere oder axiale Wand wird durch dessen Öbelisken-Platten gebildet (g2), ihre äussere oder abaxiale Wand durch die Subumbral- Wand des Ringsinus (cs). Die obere oder proximale Trichterhälfte (oder der „Basaltrichter“, Fig. 14 ib) wird rings von den 4 Nischen des Basal- Magens (gn) eingeschlossen und ist nur an der Interradial-Linie an die Innenwand des Gallertschirms angewachsen (Fig. 14 ug). Die 4 Trichterhöhlen der Peromedusen sind homolog denjenigen der Stauromedusen und der Cubo- medusen, und sie können auch den Subgenital-Höhlen der Discomedusen, den „Athemhöhlen“ älterer Medusologen verglichen werden. In der That dürften sie sowohl respiratorischen als locomotorischen Zwecken dienen, da sie bei jeder Systole des Schirms entleert und bei jeder Diastole mit frischem Wasser gefüllt werden; ihre Wand ist zwar fest, aber sehr dünn. Muskeln der Subumbrella. Die innere concave Schirmwand oder „Subumbrella“ zeigt ein selır entwickeltes System von kräftigen Schwimm -Muskeln, hervorgegangen aus den einfacheren Muskeln, die ich bei den Stauromedusen als distalen Kranzmuskel und proximalen Glockenmuskel unterschieden habe (vergl. mein „System der Medusen“, 1879, p. 366, 382, 399, 456; Taf. XXI—XXX etc.). Der Kranzmuskel (Musculus coronaris, mc) ist bei Periphylla zu einem mächtigen breiten Bande ausge- bildet und stärker entwickelt als bei allen anderen Acraspeden. Er besteht aus kräftigen Ringmuskel- Blättern, deren dicke Stützplatte sich über der Subumbral-Fläche in Gestalt von 10—12 starken Ring- falten erhebt; die Höhe dieser Ringfalten (mc,) nimmt von oben nach unten ab, ihre Breite zu (Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XXI, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 22 mc). Der obere oder proximale Rand des Kranz- muskels (Fig. 8, 22 mc,) bildet eine einfache Kreislinie und fällt mit dem Distalrande des grossen PERIPHYLLA MIRABILIS. 61 Ringsinus zusammen. Der untere oder distale Rand des Kranzmuskels hingegen (Fig. 8, 22 mc,) bildet 16 dreieckige, subradial vorspringende Zacken, welche bis zur Mitte der Randlappen hinabgehen. Der ganze Kranzmuskel zerfällt nämlich durch 16 Leisten in 16 viereckige Felder, die Kranztafeln (Ta- bulae coronares). Die 4 interradialen (ocularen) sind etwas schmäler als die 12 übrigen (tentacularen). Dieselben werden getrennt durch die Lappenspangen (Lobosepta, kl), jene longitudinalen Concere- scenz-Leisten, welche jeden Randlappen in zwei Hälften theilen (vergl. p. 57); sie dienen zugleich als feste knorpelartige Leisten zur Insertion der circularen Muskelfasern. Jede viereckige Kranztafel ent- spricht mithin den benachbarten Hälften zweier Randlappen und verbindet diese auf das Engste. 4 von den Muskelfeldern eorrespondiren zugleich den 4 interradialen Sinneskolben, während die 12 anderen den Tentakeln entsprechen. Die beiden lateralen Ränder jedes Muskelfeldes (durch die Lappenspangen gebildet) sind gerade und convergiren nach oben; der untere oder distale Rand ist der grösste und concav ausgeschweilt; der obere oder proximale Rand ist convex und berührt abwechselnd die Basis der Delta-Muskeln und das Distal-Ende der Gonaden. Glockenmuskel (Musculus codonoides). Während der grosse Kranzmuskel mit seinen Circular- Fasern den Distaltheil der Subumbrella contrahirt, versorgt das System des Glockenmuskels mit seinen Longitudinal-Fasern den Proximaltheil der Subumbrella. Die wichtigsten Längsmuskeln dieses Systems sind die acht starken Delta-Muskeln (M. deltoides, md; Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XX, Fig. 8). Die- selben sind sehr kräftig, gleichschenkelig-dreieckig, und berühren mit ihrer breiten Basis den Proximal- Rand des Kranzmuskels, während ihre abgestutzte Spitze nach oben gerichtet ist, und ihre longitudinalen Fasern somit centripetal convergiren. Die 4 schwächeren perradialen Delta-Muskeln (md) inseriren sich mit ihrer abgestutzten Spitze am Distal- Ende der Gastral-Ostien, an der Subumbral- Wand der 4 knorpeligen Gaumenknoten (gk). Die 4 stärkeren interradialen Delta- Muskeln hingegen (md’) sind länger und inseriren sich weiter oben an der Subumbral-Wand der 4 Seplal-Knoten (kn), in der Mitte der Länge jedes Gonaden -Paares, zwischen dessen beiden Hälften. Zwischen letzteren bildet der Delta-Muskel auch noch oberhalb des Septal-Knotens eine dünne bandförmige Verlängerung, die cen- tripetal bis zum Pylorus geht: M. intergenitalis (Fig. 8 ms). An den beiden Seitenrändern jedes der 4 Gastral-Ostien, zwischen ihnen und den angrenzenden Genital- Bändern, verläuft ausserdem in der Subumbrella ein kräftiger Längsmuskel, den ich M. congenitalis nennen will (Fig. 8 mn). Derselbe ent- springt mit breiterer Basis von dem zugekehrten Seitenrande des perradialen Delta-Muskels, läuft sich verschmälernd zwischen Gastral-Ostium und Gonaden-Schenkel in die Höhe, und inserirt sich oben mit schmälerem Ende am Pylorus-Ring (Fig. 8 gy). Endlich verläuft auch noch in der Mitte der 8 Gona- den, und zwar auf der Mittelrippe zwischen den beiden Schenkeln jeder Gonade (Fig. 38 mx) ein schmaler, aber nur sehr schwacher Längsmuskel, der als M. axogenitalis bezeichnet werden kann. Im Ganzen zerfällt also das System des Glockenmuskels (M. codonoides) in 4 stärkere interradiale und 4 schwächere perradiale Felder; zu den ersteren gehören die 4 interradialen Delta-Muskeln, die 4 Inter- genital-Muskeln und die 8 Axogenital-Muskeln; zu den letzteren die 4 perradialen Delta-Muskeln und die 8 Congenital-Muskeln. Lappen-Muskeln (Musculi lobares, mh). Obgleich das Circular-System des distalen Kranz- muskels und das Longitudinal-System des proximalen Glockenmuskels weitaus den bedeutendsten Theil der subumbralen Muskulatur bildet, so ist dieselbe doch auch noch an anderen Stellen der Subumbrella durch schwächere Muskeln vertreten. Dahin gehören einerseits die schon angeführten Ringfasern in der Wand der basalen Trichterhöhlen, anderseits Längsfasern an der concaven Axial-Seite der Rand- lappen, welche wir kurz als „Lappenmuskeln“ bezeichnen wollen. Jeder der 16 Randlappen ent- 62 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. hält in seiner dünnen Subumbral-Wand ein Paar solcher longitudinaler Muskelbänder, welche zu beiden Seiten der medialen (subradialen) Lappenspange (X) verlaufen und offenbar den bekannten stärkeren Lappenmuskeln der Discomedusen entsprechen. Gastrocanal-System (Taf. XX, Fig. 8—11; Taf. XXI, Fig. 12—20; Taf. XXI, Fig. 22; Taf. XXI, Fig. 293— 31). Das Gastrovascular- System unserer Periphylla mirabilis zeichnet sich gleich demjenigen aller anderen Peromedusen durch viele, höchst eigenthümliche und verwickelte Einrichtungen aus, welche erst nach längerem eingehendem Studium vollständig zu verstehen sind. Unter den bisher bekannten Formen des Medusen - Gastrocanal-Systems ist es allein dasjenige der Lucernaridae, welches nähere Vergleichungspunkte darbietet; und gleich dem letzteren ist auch das erstere phylogenetisch von demjenigen der Tesseridae abzuleiten (vergl. die allgemeine anatomische Darstellung der Stauro- medusae in meinem „System“, 1879, p. 3653 — 395; Taf. XXI, XXI). Allein während das wesentliche Verhalten des centralen Gastrocanal-Systems bei diesen Stauromedusen demjenigen der Pero- medusen gleicht, weicht das Detail desselben und besonders die Bildung des peripheren Theiles bei den letzteren durch sehr bedeutende und eigenthümliche Complicationen ab. Im Allgemeinen lassen sich zunächst bei allen Peromedusen zwei Hauptabschnitte des Gastrocanal-Systems unterscheiden, der centrale Hauptdarm (Gaster principalis) und der periphere Kranzdarm (Gaster coronaris); beide hängen nur durch 4 schmale, spaltenförmige, perradiale Gastral-Ostien unmittelbar zusammen und blei- ben im Uebrigen völlig getrennt. Centraler Hauptdarm (Gaster principalis). Dieser nimmt den Axial-Raum des Körpers in seiner ganzen Länge ein und reicht von der Schirmkuppel bis zum Mundrande. Er zerfällt durch zwei ring- förmige Einsehnürungen oder horizontale Strieturen in drei Hauptabschnitte: Basal-Magen (gb), Central- Magen (gc) und Buceal-Magen (ga). Die obere oder aborale Ring-Strietur, zwischen Basal- und Cen- tral-Magen, bezeichne ich als Magenpforte oder Pylorus (Porta pylorica, gy); die untere oder orale Ring - Strietur, zwischen Central- und Buceal-Magen, nenne ich Gaumenpforte oder Palatum (Porta palatina, gp). Um im Allgemeinen eine richtige Vorstellung von den verwickelten Form-Verhältnissen dieser 3 Hauptdarm - Abschnitte zu erhalten, ist es gut, die Grundform derselben auf einfache mathe- matische Gestalten zu beziehen; der Grundmagen ist ein Kegel (oder genauer eine Quadrat-Pyramide), der Central-Magen ein Obelisk (oder eine abgestutzie reguläre vierseitige Pyramide), der Buccal-Magen ein Würfel (oder ein vierseitiges Prisma). Der Central-Magen eommunieirt durch 4 grosse, lanzetförmige Perradial-Mündungen (Ostia gastralia) mit dem peripheren Ring-Sinus des Kranzdarmes. Buccal-Magen (Gaster buccalis, Tubus oralis, Proboscis; eventuell auch als „Rüssel, Mundrohr oder Schlundrohr“ zu bezeichnen; Taf. XIX, Fig. 6 im Centrum; Taf. XX, Fig. 9—11; Taf. XXI, Fig. 19). Der Buccal-Magen oder „Rüssel“ bildet das unterste, orale Drittel des axialen Prineipal-Darms, hat im Ganzen würfelförmige Gestalt und hängt völlig frei im Centrum der Schirmkranzhöhle, indem er nur oben durch die 4 perradialen Gaumenknoten (gk) an der Subumbrella befestigt ist. Die Kantenlänge des Würfels beträgt ungefähr 5 Ctm.; Taf. XX zeigt denselben isolirt in natürlicher Grösse, und zwar Fig. 9 die interradiale, Fig. 10 die perradiale Aussen-Ansicht und Fig. 11 den perradialen Durchschnitt. Die untere (orale) Wand des Würfels nimmt die quadratische Mundöffnung ein (aa), die obere (aborale) Wand hingegen die Gaumenpforte (gp); die 4 perradialen verticalen Seitenflächen des Cubus werden von den Backentaschen gebildet (bb), die 4 interradialen Kanten zwischen ihnen von den Backen- säulen oder Mundsäulen (ac). Die Mundöffnung (Osculum, aa) zeigt die Mitte der Fig. 6 auf Taf. XIX von unten; sie bildet ein Quadrat mit abgerundeten Ecken. Der zarte dünnhäutige Mundrand (am) ist horizontal nach innen PERIPHYLLA MIRABILIS. 63 eingezogen, gleich einem schmalen Velum, und erscheint an den 4 interradialen Ecken wulstig ver- diekt durch die halbmondförmigen (nach innen concaven) Oral-Enden der Buceal-Säulen. Jede der letzteren trägt hier am Ende der Halbmondhörner 2 dünne Bartfäden oder Mundfäden von 2 Ctm. Länge (Barbulae, Filamenta oralia, Fig. 9—11 af). Dieselben sind wahrscheinlich als die letzten oralen Ausläufer der 8 Taeniolen - Schenkel zu betrachten (s. unten). An der Basis eonisch verdickt, laufen sie an der Spitze in einen sehr dünnen zerfaserten Faden (oder in ein pinselförmiges Fadenbüschel?) aus; sie sind mit sehr grossen bohnenförmigen Nesselkapseln, deren Nesselfaden spiralig gedreht und mit Borsten bewaffnet ist, reichlich ausgestattet. Die Mundhöhle (Cavitas buccalis) zerfällt durch die 4 interradialen Buccal- Säulen in 4 perra- diale periphere Backentaschen (bb), welche nur durch 4 enge Schlundspalten (ae) mit dem axialen cen- tralen Mundraum (az) communieiren. Die 4 Mundsäulen (Columnae buccales, ac, Fig, 9—11, 19) sind fast rechteckige Leisten oder Tafeln von 5 Ctm. Höhe, 2—3 Ctm. Breite, welche in den interradialen Meridian-Ebenen einwärts in die Mundhöhle vorspringen. Sie werden durch eine ansehnliche, mehrere Millimeter dicke Schicht von Gallertsubstanz gestützt, die ihre grösste Dicke au beiden Seitenrändern und in der Mitte jeder Platte erreicht, so dass also an ihrer gastralen Fläche jede Platte von ein paar flachen, parallelen, longitudinalen Rinnen durchzogen wird (Querschnitt Fig. 19 ac). Zu beiden Seiten derselben springt der Lateraltheil der Buccal-Säulen Nügelförwig vor („Mundsäulen-Flügel“, Alae bucca- les, ad). Sie gleichen darin den Taeniolen des Scyphostoma und ich halte sie in der That für homolog dem Peristom-Stück dieser letzteren. Uebrigens sind sie bei Periphylla mirabilis bei weitem nicht so stark entwickelt, als bei der nächstfolgenden Art, P. regina (Taf. XXIV, Fig. 3) und als bei P. hyacın- thina (System, 1879, Taf. XXIV, Fig. 14). Zwischen den Buccalsäulen springen nach aussen gewölbt die 4 perradialen eiförmigen Backentaschen vor (Bursae buccales, bb, Fig. 9—11, 19). Nur der Mit- telraum jeder Backentasche öffnet sich frei in die Mundhöhle, die peripherischen Räume derselben be- sitzen Aussackungen oder Hörner, welche von Vorsprüngen der einschliessenden Wände grösstentheils verdeckt werden. Durch die vorspringenden Mundsäulen-Flügel (ad, Fig. 11, 19) zerfällt zunächst jede Backentasche in den offenen Mittelraum und die von ersteren verdeckten Seitenhörner oder Flügel- taschen (Ventrisuli laterales, Bursae alares, bd). Jede Flügeltasche geht oben in ein grösseres und tieferes aborales Eckhorn, unten in ein kleineres und seichteres orales Eekhorn aus; ersteres endigt blind im oberen, letzteres im unteren verdickten Ende des Mundsäulen-Flügels (Fig. 11 ad). Die Eckhörner sind bei dieser Species nicht so vertieft, wie bei der folgenden. Die perradialeu Schlundspalten (Fissurae buccales, ae), durch welche die 4 Backentaschen mit dem Centralraum der Mundhöhle commu- niciren, sind in der Mitte verengt. Von ihnen aus lassen sich die Backentaschen eiförmig aufblasen (Fig. 9, 10 bb). Die perradiale Wand der Backentaschen ist sehr verdünnt und von parallelen Längs- streifen durchzogen, welche durch feine Querstreifen in dunklere Würfelchen abgetheilt werden (Mund- drüsen? Fig. 10 ag). Oben verdickt sich diese Wand beträchtlich und geht hier direct in die 4 per- radialen Gaumenknoten über (gk), durch welche der Buccal-Magen an der Subumbrella befestigt ist. Gaumenpforte (Palatum, Porta palatina, gp; Taf. XX, Fig. S—11; Taf. XXI, Fig. 12, 13, 18 IK). Der Gaumen (oder die Gaumenpforte) bildet die wichtige Communicationsöffnung zwischen Buccal- Magen (ya) und Central-Magen (gc); sie wird bei der lebenden Periphylla wahrscheinlich durch Mus- kel-Contraction vollständig geschlossen werden können. Eigentlich bestelit sie aus dem weiteren cen- tralen Gaumenthor und den 4 perradialen, dasselbe umgebenden Gaumenrinnen. Das centrale Gau- menthor (Porta palatina, gp) ist quadratisch; seine interradialen Seitenränder werden von den oberen, wulstförmig verdickten Aboral- Rändern der Mundsäulen (ac) gebildet, welche hier unmittelbar in die 64 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAF. unteren, zarten Oral-Ränder der dünnen Obelisken -Platten (gz) übergehen. Seine perradialen Ecken dagegen communieiren durch einen schmalen (wohl verschliessbaren) Spalt mit den 4 Gaumenrinnen, die gewissermassen 4 Nebenpforten des centralen Hauptthores darstellen (Fig. 8, 11, 18 gs). Diese 4 perradialen Gaumenrinnen (Sulei palatimi, gs) führen aus der Mundhöhle unmittelbar nach aussen in den Ringsinus und bilden zugleich die erweiterten Distal-Enden der spaltförmigen Gastral-Ostien (go). Sie sind eingebettet in die Knorpel-Masse der 4 Gaumenknoten (Nodi palatini, gk). Es scheint, dass die Gaumenrinnen auch beim völligen Verschlusse des Hauptthores offen bleiben und dann durch Be- rührung der beiden Lippen ihres Spaltes in geschlossene kurze Canäle (von ca. 3 Mm. Durchmesser) verwandelt werden können. Central-Magen (Gaster centralis, „Obelisken-Magen“, ge; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 12—18). Der „Central-Magen“, die mittlere von den 3 Abtheilungen des axialen Prineipal-Darms, ist etwas klei- ner als der Buccal-Magen und hat im Allgemeinen die Gestalt eines „Obelisken“ oder einer abge- stutzten regulären vierseitigen Pyramide (Fig. 12, 13 gc). Demnach sind an ihm geometrisch 2 Grund- flächen und 4 Seitenflächen zu unterscheiden. Die untere (orale) Grundfläche bildet die eben beschrie- bene Gaumenpforte (Palatum, gp), durch welche der centrale in den buccalen Magen sich öffnet. Die obere (aborale) Grundfläche hingegen nimmt die quadratische Magenpforte (Pylorus, gy) ein, durch welche der centrale mit dem basalen Magen communieirt. Die 4 interradialen Seitenflächen des obe- liskenförmigen Central-Magens bilden 4 trapezoide oder fast rechteckige, dünne Lamellen, welche ich wegen ihrer besonderen Wichtigkeit ein für allemal (um Verwechselungen vorzubeugen) als die 4 Obe- lisken-Platten bezeichnet habe (Tabulae obelisci, gz). Die dünne Wand dieser viereckigen, mehr oder weniger subvertical stehenden Platten gehört eigentlich der Subumbrella an und wird durch eine zarte, aber feste Gallert-Platte oder Stützlamelle gebildet, deren innere oder axiale Fläche vom gastralen Entoderm, deren äussere oder abaxiale Fläche vom subumbralen Exoderm der Trichterhöhlen und einer dünnen dazu gehörigen Muskelschicht überzogen is. Von den 4 Rändern jeder Obelisken-Platte wird der obere oder aborale durch einen Quadranten der Pylorus-Strietur (gy), der untere oder aborale durch einen Quadranten der Palatum-Strietur (gp) gebildet, während die beiden lateralen (oder longitu- dinalen) Ränder mit einer Reihe von Gastral-Filamenten (fc) besetzt sind und den seitlichen Grenzrand von zwei Gastral-Ostien bilden (90). Die 4 Gastral-Ostien oder perradialen Spalten des Central-Magens (Ostia gastralia, go) sind 4 weite und lange Spaltöffnungen, durch welche der Central-Magen in seiner ganzen Länge mit dem Ring-Sinus communicirt, und deren ideale Mittellinie den 4 perradialen Kanten des Öbelisken entspricht, oder was dasselbe ist, den idealen Grenzlinien, in denen je 2 Obelis- ken -Platten zusammenstossen würden. Die Gastral-Ostien sind von schmal lanzettförmiger Gestalt, in der Mitte am breitesten (6—8 Mm.) und 36—40 Mm. lang (Fig. 8 go, 12 90). Das obere oder aborale spitze Ende jedes Gastral-Ostium berührt den Perradial-Punkt der Pylorus-Strietur (gy); hingegen das untere oder orale Ende berührt den Perradial-Punkt der Gaumenpforte (gp) und ist hier in Gestalt einer besonderen Rinne ausgeschnitten, der vorher beschriebenen, in den festen Gaumenknoten einge- betteten „Gaumenrinne“. Etwas oberhalb dieser letzteren endet der Besatz der Gastral-Filamente ( 19)- Magenpforte (Pylorus, Porta pylorica, gy, Fig. 8, 12, 13 gy, Fig. 15). Als „Pylorus“ oder Magenpforte bezeichne ich die quadratische Oefinung, durch welche der centrale mit dem basalen Magen communieirt. Die 4 perradialen Eeken dieses Quadrats bilden das Aboral-Ende der 4 Gastral-Ostien (90). Die 4 interradialen Seitenlinien des Quadrats, von 3 Ctm. Länge, bilden die oberen (aboralen) Grenz- linien der Obelisken -Platten, in welchen dieselben sich mit den Axial- Wänden der basalen Trichter- höhlen berühren. Da an der Magenpforte je 2 benachbarte Basal-Triehter sich mit ihren unteren Enden PERIPHYLLA MIRABILIS. 65 berühren, so stehen in jeder Ecke des Pylorus-Quadrates 2 Gastral-Filamente (Fig. 15 f). In diesen 4 Pylorus-Ecken allein (Fig. 15 gy,) berührt die Wand der Magenpforte die Gallertwand der Um- brella (ug), von welcher sie im Uebrigen durch die 4 interradialen subumbralen Trichterhöhlen (“) voll- ständig getrennt wird. Basal-Magen (Gaster basalis, Grundmagen, Stielmagen, gb; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 14). Der Grundmagen bildet das oberste oder aborale Drittel des axialen Prineipal-Darms und hat die Ge- stalt eines regulären Hohlkegels, dessen Basis der Pylorus, dessen Spitze die Schirmkuppel ist. Da derselbe aber die 4 interrradialen eonischen Trichterhöhlen einschliesst, so besitzt er eigentlich die geometrische Grundform einer vierseitigen regulären Pyramide. Diese hat 4 Ctm. Höhe, während ihre Kantenlänge 5 Cm. und die Seitenlänge der quadratischen Basis 3 Cim. beträgt. Die Spitze der Pyra- mide ist in ein enges Blindrohr verlängert, welches die aborale Kuppel des Gallertschirms durchsetzt und mit seiner Spitze beinahe deren Aussenfläche erreicht. Jedoch ist dieser „Kuppel-Canal“ (Fig. 8 cb) hier blind geschlossen, nicht durch eine Mündung auf der Oberfläche geöffnet, wie es zu- nächst den Anschein hat. Die Höhle des engen spindelförmigen Kuppel-Canals ist mit dunkelbraunem Pigment ausgekleidet und tritt daher auffallend in der hellen Gallertmasse hervor (Fig. 1 oben in der Spitze). Indem die 4 interradialen, conischen, oben schon beschriebenen, subumbralen Trichterhöhlen (tb) den Basal-Magen in seiner ganzen Länge durchsetzen und oben in seiner Spitze zusammentreffen, zer- fällt die Peripherie seines kegelförmigen Hohlraums in 4 perradiale Rinnen, die Basal- Taschen oder „srundmagen-Nischen“ (Bursae basales, gn). Dieselben sind in der Mitte am breitesten, nach oben und unten lanzetförmig verschmälert (Fig. $, 12 gn). Sie communieiren durch 4 engere Längsspalten mit dem einfachen Centralraum des Basal-Magens und entsprechen den 4 „Stielkammern“ von Lucer- naria (Taf. XVI, XVII, gn). Der Querschnitt ist daher in beiden Fällen derselbe und zeigt die Gestalt eines Ordenskreuzes; nur mit dem Unterschiede, dass die 4 interradialen Taeniolen bei Lucernaria (Taf. XVII, Fig. 13) — gleichwie bei Pericolpa und Peripalma — solide Leisten, hingegen bei Periphylla (Taf. XXI, Fig. 14) — und ebenso bei Periphema und Perierypta — hohle Kegel sind. 2 divergirende Phacellen (oder Längsreihen von Gastral-Filamenten) besetzen die hohlen Kegel in ihrer ganzen Länge und gehen unten am Pylorus dergestalt aus einander, dass die beiden zugewendeten Phacellen von je 2 benachbarten Kegeln unten in den 4 Perradial-Ecken des Pylorus zusammentreffen. Von da setzen sie sich divergirend weiter auf den Rand der Gastral-Ostien fort. Taeniolen (Taeniola gastralia, Gastrale Längsleisten, Längswälle, fl. Der axiale Hauptdarm von Periphylla, dessen 3 Abtheilungen vorstehend beschrieben sind, hat anscheinend eine äusserst com- plieirte Beschaffenheit, die sich von derjenigen anderer Medusen auffallend entfernt. Indessen ergiebt sich eine klare und einfache Auffassung desselben, wenn man ihn mit dem einfacheren Hauptdarım der nächstverwandten Lucernariden und Tesseriden vergleich. Wenn man dabei von secundären Dif- ferenzirungen abstrahirt und nur die primären Haupt-Verhältnisse hervorhebt, so gelingt es, alle diese Bildungen auf die einfache gemeinsame Ausgangsform, auf den Urdarm der Scyphopolypen, Scyphostoma, zurückzuführen (vergl. mein „System der Medusen“, p. 364, 367, 384, 403 ete.). An die- sem einfachen Urdarm sind bereits die 4 entodermalen interradialen Taeniolen entwickelt, welche dessen Peripherie in 4 perradiale Nischen oder Taschen trennen und welche in der ganzen Länge der Magenwand, von der aboralen Stiel-Basis bis zum Mundrande durchgehen. Sie sind es, welche die ganze Legion der Acraspeden in erster Linie characterisiren und welche die typischen „Gastral - Fila- mente“ derselben entwickeln. Schon bei ihrer gemeinsamen Stammform, Tessera, wie bei Scyphostoma, lassen sich an jedem Taeniol 2 Abschnitte unterscheiden, der umbrale an der Schirmwand und der Haeckel, Tiefsee-Medusen. 9 66 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. subumbrale an der Peristom-Wand; beide stossen am Schirmrande zusammen. Von Anfang bis zu Ende, von der aboralen Schirmspitze bis zum Mundrande zeigen die interradialen Taeniolen und ihre Producte eine festgehaltene Tendenz zu centripetalem Wachsthum, hingegen die perradialen Taschen zwischen ihnen umgekehrt eine beständige Tendenz zu centrifugalem Wachsthum. Bei unserer Peri- phylla gehören zum centripetalen System der 4 interradialen Taeniolen: I. die 4 Trichter des Basal-Magens nebst ihren Filament-Reihen, II. die Obeliskenplatten des Central-Magens nebst ihren Filament-Reihen, III. die Mundsäulen des Buccal-Magens nebst ihren Flügeln und Bartfäden (Oral-Fila- menten). Hingegen gehören zum centrifugalen System der 4 perradialen Taschen: I. die 4 Nischen des Basal-Magens, II. die Gastral-Östien des Central-Magens, welche in den peripheren Kranzdarm führen, III. die Backentaschen und Flügeltaschen des Buceal-Magens. Die Richtigkeit dieser Deutung ergiebt sich unmittelbar aus der Vertheilung der 8 Phacellen oder Filament-Reihen, von denen je 2 auf ein Taeniol kommen und gewissermaassen 2 divergirenden Schenkeln des Taeniols aufsitzen. Phacellen und Gastral-Filamente (Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 14—18; Taf. XXII, Fig. 23—28). Die Phacellen oder die Längsreihen der Gastral-Filamente zeigen bei unserer Periphylla mirabilis, wie bei der nachfolgenden Periphema regina (Taf. XXIV, Fig. 1) eine ausserordentlich mächtige Entwickelung. Die Zahl der Filamente beträgt mehrere Tausend, ihre Länge bis zu 30 und selbst 40 Mm. Anscheinend sind dieselben durch die ganze Ausdehnung des basalen und centralen Magens dergestalt vertheilt, dass sie 8 continuirliche Längsreihen oder „Phacellen“ bilden, welche oben von der Spitze des conischen Basal-Magens divergirend ausgehen. Die genauere Betrachtung ergiebt jedoch, dass die beiden Phacellen eines jeden Paares als divergirende Schenkel aus einem einfachen inter- radialen Phacellus tief im Grunde des Basal-Magens entspringen. Sie bilden hier eine einfache Reihe kurzer Fäden, welche frei auf dem interradialen Taeniole aufsitzen und in die basale Magenhöhle hineinragen. Bald aber theilt sich dieser einfache Phacellus in zwei divergirende Schenkel, welche anfangs wenig, dann aber weiter auseinander gehen. Am Pylorus divergiren sie so stark, dass sie sich mit den entgegenkommenden Schenkeln der benachbarten Taeniolen in den 4 perradialen Pylorus- Ecken berühren. Dann aber setzen sie sich längs der Ränder der Gastral-Ostien (go) bis nahe zum oberen Rande der Gaumenrinnen hin fort. Jedes perradiale Ostium ist also am Rande beiderseits von einer Reihe langer Magenfäden gesäumt, welche frei in die centrale Magenhöhle hineinragen. Dieselben sind meistens 1—2, viele aber auch 3—4 Ctm. lang; ihre Breite wechselt zwischen 4 und 1 Mm., beträgt aber oft auch 14—2 Mm. Ihre Gestalt ist bald mehr eylindrisch, bald mehr bandförmig abge- plattet, am Ende oft zungenförmig (Taf. XXII, Fig. 23; Querschnitt Fig. 24, 25). Die Struetur der Gastral-Filamente ist die gewöhnliche (Fig. 26). Eine gallertige Stützplatte (2), welche zerstreute Zellen einschliesst, ist von einem Entoderm-Epithel überzogen, das dreierlei Zellen enthält: I. schmale und hohe, eylindrische Geisselzellen (fe); Il. flaschenförmige Drüsenzellen mit trübem Inhalte, welcher theils aus feinkörnigem Protoplasma, theils aus grösseren stark lichtbrechenden Körpern besteht (fd); III. fadenförmige kernhaltige Epithel -Muskelzellen (fm). Diese Entoderm-Muskelzellen, welche bisher vergebens gesucht wurden, glaube ich hier an den grossen, contractilen und sehr beweglichen Gastral-Filamenten isolirt zu haben (Fig. 28). Peripherer Kranzdarm (Gaster coronaris). Dieser umfasst den gesammten peripheren Theil des Gastrocanal-Systems (im Gegensatze zum axialen Hauptdarm) und nimmt die ganze Subumbrella vom Pylorus bis zum Schirmrande ein. Er zerfällt in zwei Hauptabschnitte, welche durch den oberen oder proximalen Rand des Kranzmuskels geschieden werden. Den oberen oder proximalen Abschnitt nimmt PERIPHYLLA MIRABILIS. 67 allein der grosse Ring-Sinus ein, während den unteren oder distalen Abschnitt der peripherische Taschenkranz bildet. Dieser besteht aus 16 viereckigen Kranztaschen, welche den Kranztafeln oder den Feldern des Kranzmuskels entsprechen. Vom Distalrande jeder Kranztasche gehen wieder drei Taschen ab, zwei seitliche Lappentaschen und eine mittlere Tasche, die in einen Tentakel oder einen Sinneskolben hineingeht. Mit dem axialen Prineipal-Darme steht der periphere Coronar - Darm nur an 4 Stellen in offener Verbindung, nämlich an den 4 perradialen Gastral-Ostien (go). Ring-Sinus (Sinus coronaris vel Canalis coronaris, cs, Taf. XX, Fig. 8 cs; Taf. XXI, Fig. 12—18 cs). Der merkwürdige, ausserordentlich grosse Ring-Sinus oder Kranz-Sinus ist derjenige Theil des Gastrocanal - Systems, welcher die Peromedusen vor allen anderen Medusen am Meisten auszeichnet, und welcher bei keiner anderen Medusen-Gruppe in solcher Gestalt und Ausdehnung wiederkehrt. Er bildet eine colossale ringförmige Tasche, welche mehr oder weniger subvertical steht und bei unserer Periphylla mirabilis 80 Mm. hoch ist, mithin die Hälfte von der ganzen Höhe des Schirmes einnimmt. Wir unterscheiden am Ring-Sinus einen oberen oder proximalen und einen unteren oder distalen Rand, eine innere oder axiale und eine äussere oder abaxiale Wand. Der obere hand und die äus- sere Wand des Ring-Sinus sind ohne jede Oeffnung; dagegen communieirt er am unteren Rande durch 16 horizontale Spalten mit den 16 Kranztaschen, und an der inneren Wand durch die 4 verti- calen Gastral-Ostien mit dem Central-Magen. Der untere oder distale Rand fällt zusammen mit dem Proximal-Rande des Kranzmuskels (mc); und besitzt daher 16 subradiale vorspringende Ecken (Taf. XIX, Fig. 6). Der aborale oder proximale Rand (Fig. 15 cs,) ist ein einfacher kreisförmiger Ring der Subumbrella, welcher mit der Pylorus-Ebene zusammenfällt; der Hohlraum des Ring-Sinus ist hier völlig geschlossen und eommunieirt nicht mit der von ihm ringförmig umgebenen Magenpforte; viel- mehr bleibt der Proximal-Rand des Ringsinus (Fig. 15 cs,) von der Pylorus-Pforte (gy) durch die 4 grossen interradialen (sich hier berührenden) Trichterhöhlen (@) völlig getrennt und berührt dieselbe nur äusserlich in den 4 perradialen Pylorus-Eeken (gy,). — Die äussere, umbrale oder abaxiale Wand wird durch die glatte coneave Innenfläche des Gallertschirmes gebildet und ist von dunklem Pigment überzogen, welches in Gestalt schwarzbrauner Kugeln in den Entoderm - Zellen der Umbral- Wand abgelagert ist. Die innere, subumbrale oder axiale Wand des Ring-Sinus wird durch die Subumbrella gebildet, welche in Folge der mächtigen Entwickelung der 4 Trichterhöhlen hier sehr complieirte Verhältnisse annimmt. Genauer betrachtet, zerfällt diese Axial-Wand in einen oberen brei- teren und einen unteren schmäleren Abschnitt, deren Grenze durch den subumbralen Gaumenring oder die Insertion der 4 perradialen Gaumenknoten (gk) an der Subumbrella bestimmt wird. Der obere oder proximale Abschnitt der Axial-Wand, oberhalb der Gaumenknoten, ist in seiner ganzen Länge von den 4 perradialen verticalen Gastral-Ostien durchbrochen, jenen wichtigen, oben beschriebenen Spaltöfinungen, durch welche der Hohlraum des Central-Magens sich in den Ring-Sinus öffnet (go). Hingegen ist der untere oder distale Abschnitt der Axial-Wand ganz einfach, ohne Oeflnungen; auf seiner subumbralen Fläche liegen die Delta-Muskeln (md). Ausserdem liegen in den 4 Quadranten der Axial- Wand des Ring-Sinus, welche durch die 4 Gastral-Ostien geschieden werden, die 4 Paar Gonaden (Fig. 20 sm). Der eolossale Hohlraum des Ring-Sinus bildet eine gewaltige, ringförmig in sich geschlossene Tasche. Abgesehen von den 4 kleinen, gleich zu besprechenden Septal-Knoten ist derselbe ganz ein- fach, und dabei so weit, dass ich bequem mit 3 Fingern in denselben eingehen und ihn in seiner ganzen Ausdehnung umfassen konnte. Das gewaltige Volumen seines Inhalts wird wahrscheinlich sehr bedeutenden Schwankungen unterliegen, je nach dem Contraetions-Zustande seiner musculösen und sehr dehnbaren Subumbral-Wand. 9 3 68 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. Cathammal- oder Verwachsungsknoten (Nodi septales, Nodi cathammales, kn; Taf. XX, Fig. 8 kn; Taf. XXI, Fig. 17 kn; Taf. XXIIL, Fig. 33; Taf. XXV, Fig. 8). An 4 interradialen Punkten hängt die innere oder axiale Wand des Ring-Sinus mit seiner äusseren oder abaxialen Wand fest zusammen. Diese 4 Punkte liegen genau in den Radien der 4 Sinneskolben, im mittleren Drittel der Sinus - Höhe, wenig über deren Mitte (Fig. 8, 12, 13 kn). Das sind die bedeutungsvollen Septal-Knoten oder „Verwachsungs-Knoten“; sie entsprechen den interradialen Septen der Lucernariden und Cubomedusen, durch welche deren 4 Radial- Taschen ihrer Länge nach getrennt werden. Jeder der 4 Septal-Knoten bildet einen winzigen, aber knorpelharten Gallertwürfel von 2—3 Mm. Durchmesser. Bei starker Vergrösserung zeigt sich auf dem Querschnitt (Taf. XXV, Fig. 8), dass die Schirm-Gallerte der dicken Abaxial- Wand (ug) mit der gallertigen Stützplatte der subumbralen Axial- Wand (zw) hier fest verlöthet ist. Zwischen beiden Wänden bleibt aber in der tangentialen Mittelebene jedes Knotens eine doppelte Entoderm-Zellen-Schicht, die wichtige Cathammalplatte („Gefäss-Platte oder Entoderm- Lamelle“, dk). Die höheren Cylinder-Zellen der axialen Zellenschicht (dw,) bilden die directe Fortsetzung vom subumbralen Entoderm-Epithel der inneren Sinus- Wand (dw); ebenso setzen sich gegenüber die flacheren Platten-Zellen der abaxialen Zellenschicht (du,) unmittelbar in das umbrale Entoderm-Epithel der äusseren Sinus- Wand fort (du), und enthalten dieselben schwarzbraunen runden Pigmentkörner, welche letzteres auszeichnen. Somit ist nicht zu zweifeln, dass der Knoten wirklich durch Verklebung der beiden Gefässwände entstanden ist. Die Gallertmasse ist zu beiden Seiten der doppelten Gastral-Lamelle so bedeutend verdichtet, dass das Messer beim Durchschneiden derselben schartig wird. Bei starker Ver- grösserung (Taf. XXV, Fig. 8) zeigt sich hier dieselbe auffallende Induration und histologische Ver- änderung des Gallert- Gewebes, welche ich oben von’ der Umgebung der Lappenspange beschrieben habe, der Uebergang in harten Faserknorpel (vergl. oben p. 57 und Taf. XXV, Fig. 10). Wenn man sich die 4 Septal-Knoten centripetal bis zum Pylorus verlängert und zu 4 Leisten ausgebildet denkt, welche axiale und abaxiale Wand des Ring-Sinus in seiner ganzen Proximal-Hälfte verbinden, so zerfällt dieser dadurch in 4 weite perradiale Taschen, welche denjenigen der Lucer- nariden und Charybdeiden entsprechen; und wie bei diesen, so communieiren auch hier die 4 Radial- Taschen unten durch einen Ring-Canal, nämlich durch die einfache Distal-Hälfte des Ring-Sinus, unter- halb der Septal-Knoten. Man kann demnach auch sagen: die ideale horizontale Kreislinie, in welcher die 4 interradialen Septal-Knoten liegen, bildet die Grenzlinie zwischen einem oberen und einem unteren Ring-Sinus, welche beide zwischen den 4 Knoten in weiter offener Communication stehen. Der obere oder proximale Ring-Sinus (cs,) entspricht 4 weiten perradialen Taschen, deren Septen auf die Knoten reducirt sind und welche durch die Gastral - Ostien mit dem Central- Magen communiciren. Der untere oder distale Ring-Sinus (cs,) entspricht einem sehr erweiterten Ringcanal, welcher die 4 Radial-Taschen am Schirmrande in Verbindung setzt (wie bei den Lucernariden und Charybdei- den). Für die Richtigkeit dieser morphologischen Deutung spricht auch die Vergleichung mit der wichtigen gemeinsamen Stammgruppe der Tesseriden („System“, p. 369, Taf. XXI). Marginaler Taschenkranz (Corona bursarım; Taf. XXI, Fig. 12, 13, 19, 20; Taf. XXII, Fig. 22; Taf. XXIII, Fig. 29—32; Taf. XXIV, Fig. 1). Durch den oberen oder proximalen Rand des Kranzmus- kels wird der grosse Ring-Sinus von dem marginalen Taschenkranze abgegrenzt, welcher den zweiten Hauptabschnitt des peripheren Kranzdarms bildet. Derselbe setzt sich zusammen aus 16 Kranztaschen und den Canälen, welche von diesen aus in die 4 Sinneskolben, die 12 Tentakeln und die 16 Rand- lappen gehen. Die 16 Kranztaschen (Bursae coronares, bc), in welche sich der untere oder distale Rand des Ring-Sinus (am Proximal-Rande des grossen Kranzmuskels) öffnet, entsprechen in ihrer Zahl, PERIPHYLLA MIRABILIS. 69 Gestalt und Grösse den 16 Kranz-Tafeln oder den einzelnen trapezoiden Muskelfeldeın des grossen Kranzmuskels (me). Dieselben sind flache viereckige Taschen, deren innere oder axiale Wand vom fal- tigen Muskelfelde selbst, die äussere oder abaxiale Wand von der glatten Innenfläche des Gallertschirms gebildet wird; auf der Aussenfläche des letzteren entspricht jeder Kranztasche ein Pedalium. Den oberen oder proximalen Rand der Kranztasche bildet der horizontale schmale Spalt, durch welchen dieselbe mit dem Ring-Sinus communicirt; er entspricht der subumbralen Grenzlinie zwischen Kranz- muskel und Deltamuskel. Die beiden lateralen (oder radialen) Seitenränder bilden die Lappenspangen (kl), durch welche jede Kranztasche von ihren beiden Nachbarn der ganzen Länge nach getrennt wird. Da nun jede Lappenspange einen Randlappen der Länge nach in zwei Hälften spaltet, so gehört jede Kranztasche den benachbarten Hälften zweier Lappen an und sendet an ihrem unteren Rande in jede dieser Hälften eine Ausstülpung hinein, die Lappentasche (Bursa lobaris, oder den Lappencanal, Canalis lobarıs; Fig. 22 bl; Fig. 29 bl). Indem jedoch die Lappenspange (Kl) nur den oberen oder pro- ximalen Theil des Lappens halbirt, den unteren oder distalen Theil frei lässt, so stehen hier unterhalb der Spange die beiden Taschen jedes Lappens in offener Communication. Dieselben bilden mithin einen hufeisenförmigen Canal, dessen beide parallele Schenkel centripetal gerichtet und nur durch das Septum der Lappenspange getrennt sind (Hufeisen-Canal, Bursa hipposideri, Fig. 22 bu, Fig. 29 bu). Ihre proximalen Mündungen gehen in zwei benachbarte Kranztaschen. Bläst man von einer Kranztasche aus Luft in eine ihrer beiden Lappentaschen, so geht die Luft durch den Uförmigen Canal in die benachbarte Kranztasche über (Fig. 22 bu). Auf diese Weise entsteht eigentlich bei allen Peromedusen ein zusammenhängender Ringeanal am Schirmrande, der einigermaassen dem Feston-Canal der Narco- medusen gleicht, längs des Randes sämmtlicher Lappen entlang läuft, und sämmtliche Kranztaschen in peripherische Verbindung setzt. Bei den Pericolpiden setzt sich dieser weite Feston-Canal oder Rand-Canal (Canalis marginalis, cm) aus 8 Kranztaschen und 16 Lappentaschen zusammen, bei den Periphylliden hingegen aus 16 Kranztaschen und 32 Lappentaschen (vergl. mein System der Medusen, Taf. XXI, XXIV). Da die 4 interradialen, den Sinneskolben entsprechenden Tafeln des Kranzmuskels beträchtlich schmäler sind, als die 12 übrigen, den Tentakeln correspondirenden Tafeln, so gilt natürlich dasselbe auch von den Kranztaschen, deren subumbrale Wand die faltigen Muskel-Tafeln bilden. In der Mitte des unteren oder distalen Randes jeder Kranztasche, da wo ihre beiden Lappentaschen in sie einmün- den, geht zwischen beiden von ersterer ausserdem ein Canal ab, der in den daselbst inserirten Ten- takel oder Sinneskolben führt. Die 4 interradialen Sinnes-Canäle (Bursae sensilares, bo), welche die 4 Sinneskolben versorgen, sind kurz und einfach, und schwellen an der Basis jedes Sinneskolbens (— an dessen Axial-Seite —) in eine kugelige Blase an (Ampulla rhopalaris, oa; Taf. XIX, Fig. 2—5; Taf. XXI, Fig. 22; Taf. XXI, Fig. 31, 32 oa). Verwickelter ist die Bildung der 12 Tentakel- Canäle (von denen 4 perradial, 8 adradial sind). Dieselben sind an der Tentakel-Basis, unterhalb der beiden Tentakel-Wurzeln, durch das eigenthümliche, oben schon beschriebene „doppelte Klappen- Ventil“ absperrbar (vergl. p. 58 und Taf. XXII, Fig. 22 yK, cz). Diese verwickelten anatomischen Verhältnisse des peripherischen Taschen - Kranzes werden nun dadurch noch schwieriger zu verstehen, dass jede der 12 tentacularen Kranztaschen (— nicht aber die 4 ocularen Kranztaschen! —) durch ein unvollständiges tangentiales Septum in zwei Taschen zerfällt (Taf. XXII, Fig. 22; Taf. XXIN, Fig. 29). Diese beiden Taschen, die innere oder axiale Velar-Tasche (be) und die äussere oder abaxiale Avelar-Tasche (be”’), communieiren durch einen longitudinalen Spalt in der Mitte des breiten, sie trennenden Septum, Fissura septalis, be’). Diese eigenthümliche Com- 70 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAEF. plieation entsteht dadurch, dass jeder Tentakel an seiner Insertion (zwischen 2 Randlappen) nach oben 2 divergirende centripetale Muskeln ausschickt, die oben beschriebenen „Wurzel- Muskeln der Tenta- keln“, mk. Diese stülpen den unteren oder Distalrand der Kranztasche dergestalt ein, dass jede Ten- takel- Wurzel von einem eonischen exodermalen Hohlraum umgeben ist, der Trichterhöhle der Tentakel-Wurzel (i). Diese reicht mit ihrer blinden Spitze bis zum oberen oder Proximal - Rande des Kranzmuskels, wo sich die Spitze der Tentakel-Wurzel inserir. Zwischen den beiden gabelförmig divergirenden Tentakel- Wurzeln (mk) bleibt die Septal-Fissur, durch welche die axiale Velar - Tasche mit der abaxialen Avelar-Tasche communicirt. Mithin hat das Septum velare (wm), welches selbst hohl ist und beide Taschen trennt, eine sehr complieirte Bildung. Dasselbe wird durch 2 parallele Lamellen der Velar-Falte gebildet, welche nur oben am Proximal-Rande der Kranztaschen und an den beiden Rän- dern der Septal-Fissur in einander übergehen. Die Höhle zwischen beiden Lamellen, die Trichter- höhle der Kranztasche (Infundibulum coronare, ic), wird vom Exoderm der Subumbrella ausgekleidet und zerfällt in eine distale einfache „Triehterhöhle der Tentakel-Basis“, und in zwei divergirende, von dieser in proximaler Richtung ausgehende blinde Hörner, die beiden „Trichterhöhlen der Tentakel- Wurzeln“ (if). Die muskulöse Wand der zarten Membranen, welche diese Höhlen trennen, bildet einen Theil des eingestülpten Kranzmuskels und ist zierlich in feine Falten gelegt, wie am besten aus der Abbildung des theilweise geöffneten Kranzmuskels in Fig. 1, Taf. XXIV ersichtlich wird. Gonaden (Sezualia, s; Taf. XIX, Fig. 6; Taf. XX, Fig. 8; Taf. XXI, Fig. 17, 18; Taf. XXI, Fig. 33 —40). Das untersuchte einzige Exemplar von Periphylla mirabilis war ein geschlechtsreifes Männchen, dessen Hoden das Sperma bereits grösstentheils entleert hatten. Die Hoden (Spermaria, sm) bilden 8 hufeisenförmige oder Uförmige Drüsen, welche adradial in der Subumbral-Wand des Ring- Sinus liegen. Der convexe Bogen jedes Hufeisens ist distalwärts gekehrt und berührt beinahe den Proximal-Rand des Kranzmuskels (mc,), während die beiden parallelen Schenkel des Hufeisens proxi- malwärts (oder centripetal) gerichtet sind und mit ihren Spitzen beinahe die Pylorus-Strietur berühren (gy). Demnach erstrecken sich die 8 Uförmigen Geschlechts - Drüsen in adradialer Richtung fast durch die ganze Höhe des Ring-Sinus (cs) und lassen nur einen kleinen Theil von dem oberen (proximalen) und dem unteren (distalen) Rande seiner Subumbral-Wand frei. Die 8 Gonaden sind dergestalt paar- weise verbunden, dass zwischen je 2 perradialen Gastral-Ostien (yo) ein Paar liegt. Die beiden Go- naden jedes Paares werden in der oberen (proximalen) Hälfte durch den intergenitalen Längsmuskel getrennt (ms), in der Mitte durch den Septal-Knoten (kn) und in der unteren (distalen) Hälfte durch den interradialen Delta- Muskel (md’). Hingegen werden die 4 Paare in der oberen Hälfte durch die 4 Gastral-Ostien (go) getrennt, in der unteren Hälfte durch die 4 perradialen Delta-Muskeln (md’). Nur diese untere Hälfte liegt frei in der Schirmkranzhöhle (he), während die obere Hälfte tief in der Trich- terhöhle versteckt ist (ie). Die 4 Schenkel jedes Paares laufen in der oberen Hälfte (in der Trichter- höhle) fast parallel, während in der unteren Hälfte (in der Schirmkranzhöhle) die beiden Gonaden des Paares distalwärts divergiren, indem sie parallel den beiden Schenkeln des interradialen Delta-Muskels auseinandergehen. Die beiden Schenkel jeder Gonade aber convergiren an ihrem Distal-Ende und verbinden sich hier durch den Bogen des Hufeisens, dessen convexer Aussenrand den Innenrand des Kranzmuskels beinahe berührt (vergl. Taf. XX, Fig. 8 und Taf. XXV, Fig. 1). Hier unten sind die beiden Schenkel des hufeisenförmigen Genitalbandes am breitesten (1 Ctm.) und werden nach oben hin, gegen die proximalen Spitzen der beiden Schenkel, allmählig; schmäler (4 Cim.; Taf. XXIU, Fig. 38). Beide Schenkel sind bei Periphylla mirabils von gleicher Länge, während bei P. hyacinthina der laterale PERIPHYLLA MIRABILIS. 71 (dem Gastral-Ostium genäherte) Schenkel bedeutend kürzer ist, als der mediale (dem Septal- Knoten genäherte; vergl. mein „System“, Taf. XXIV, Fig. 13, 16). Structur des Spermarium (Taf. XXII, Fig. 383 —40). Jede von den 8 hufeisenförmigen Gonaden zeigt in der Mitte zwischen ihren beiden Schenkeln eine vorspringende, annähernd adradiale Leiste, die Gonaden-Rippe (Costa genitalis, Sterigma, st). Dieselbe besteht aus einer festen leisten- förmigen Verdiekung der Fuleral-Platte der Subumbrella und dem schwachen darauf liegenden axo- genitalen Längsmuskel (mx). Wie bei einem gefiederten Blatte, gehen von beiden Seiten dieser Mit- telrippe gelatinöse Querleisten ab, welche den einzelnen taschenförmigen Quer-Falten der Gonade zur Stütze dienen (Fig. 38). Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass der Hoden ein breites, U förmig gebogenes und in seiner ganzen Länge vielfach quergefaltetes Band darstellt. Der convexe und laterale Rand des Uförmigen Bandes ist an der Subumbral-Wand des Ring-Sinus angeheftet, während der concave und mediale Rand ein wenig in dessen Canal-Raum vorspringt. Die einzelnen, taschen- förmig ausgebuchteten Querfalten des Genitalbandes, deren Zahl an jeder Gonade ungefähr 50 — 60 beträgt, sind schmal eiförmig oder keulenförmig, und verhalten sich zur Mittelrippe, wie die Fieder- blättehen eines gefiederten Blattes. In jeder Querfalte liegen wieder zahlreiche secundäre Falten. Die Zwischenräume zwischen diesen Falten entwickeln sich vielleicht zu besonderen Genital-Sinus mit Ausführgängen, welche in den Taschenraum und aus diesem in den Ring-Sinus münden, und welche sich ähnlich verhalten mögen, wie bei den complieirteren Formen der Lucernariden. Indessen ist die verwickelte Structur der vielfach gefalteten Genitalbänder, wie bei den letzteren, sehr schwer zu erkennen. Auch waren bei dem einzigen vorliegenden Exemplare von Periphylla mirabilis die reifen Hodentaschen grösstentheils bereits geplatzt und das Sperma in den Hohlraum des Ring-Sinus entleert. Die kleinen Hoden-Follikel (Fig. 39 sb), welche dicht gedrängt das faltige Genital-Band zusammen - setzen, liegen in 3—4 Schichten über einander, sind von unregelmässiger rundlich polyedrischer Ge- stalt und von 0,1— 0,5 Mm. Durchmesser. Durch eine dünne kernhaltige Fulcral-Lamelle (zs) werden die einzelnen Follikel (Fig. 40) umhüllt und von einander getrennt. Auf dem (uerschnitt zeigt sich bei starker Vergrösserung, dass die grösseren Sperma-Mutterzellen (sd), welche vom Entoderm-Epithel der subumbralen Sinus-Wand abstammen, die Wand der Follikel auskleiden, während das reife Sperma deren Mitte ausfüllt (Taf. XXIII, Fig. 40 s2). Genus: PERIPHEMA, Haecker (1877). regipyuos —= sehr berühmt. Genus-Diagnose: Periphyllide mit 4 perradialen Backentaschen des Mundrohrs und mit 4 per- radialen Nischen des Basal-Magens, welche in dessen aboralem Grunde sich vereinigen. Zwischen letzteren bilden die 4 subumbralen Trichterhöhlen (oder die 4 hohlen interradialen Taeniolen des Basal- Magens) hohle Kegel, welche mit 2 Reihen von Gastral-Filamenten besetzt, oben aber davon frei sind und unterhalb der Kuppelspitze getrennt endigen. Das Genus Periphema gründete ich 1877 (im „Prodromus Systematis Medusarum‘“) für eine grosse Periphyllide, von der leider nur zerfetzte und unvollständige Fragmente eines einzigen, sehr grossen Exemplares in der Challenger- Sammlung vorhanden waren. Indessen gelang es mir doch, durch sorgfältige Untersuchung derselben, und mit Hülfe der übrigen, von mir untersuchten Periphyl- liden (namentlich durch Vergleichung mit dem vorstehend beschriebenen, grossen und vollständig con- servirten Exemplare von Periphylla mirabilis) aus jenen zerrisssenen Bruchstücken einen vollständigen 72 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. Quadranten der Meduse zusammenzusetzen, nach welchem die Abbildung auf Taf. XXIV in natürlicher Grösse entworfen ist. Die Zusammenstellung war um so schwieriger, als der colossal entwickelte Rüs- sel oder Buccal-Magen (Fig. 3) vollständig von der Gaumenpforte abgerissen und zerstückelt war, und als an dem einzigen erhaltenen Quadranten der Subumbrella (Fig. 1) — offenbar in Folge einer frü- heren, aber vollständig geheilten Verwundung — störende abnorme Verwachsungen bestanden, welche ich in der Abbildung natürlich weggelassen habe. Hiervon abgesehen, zeigte sich schliesslich unsere Periphylla regina der vorhergehenden P. mirabilis sehr nahe verwandt, und ich habe sie daher im „Sy- stem“ (1879, p. 421) unmittelbar an diese Art angeschlossen. Indessen halte ich es jetzt doch für zweckmässiger, sie von derselben als Periphema regina generisch zu trennen, wie ich schon im „Prodro- mus“ (1877) gethan hatte. Während nämlich bei der echten Periphylla (— P. mirabilis, P. hyacin- thina ete. —) die 4 conischen interradialen Trichterhöhlen der Subumbrella den centralen und basalen Magen der ganzen Länge nach durchsetzen und im Centrum der Schirmkuppel mit ihren Spitzen zu- sammentreflen, hören sie bei Periphema (regina) schon eine Strecke unterhalb derselben auf, so dass die 4 Spitzen der kegelförmigen Trichterhöhlen hier durch einen basalen Hohlraum getrennt bleiben, wel- cher die geometrische Grundform einer Quadrat-Pyramide hat und die Kuppel-Spitze ausfüllt. In Folge dessen stehen hier auch durch diese „Kuppelhöhle“ die 4 perradialen Nischen des Basal-Magens an ihren Aboral-Enden in offener Verbindung, während sie bei der echten Peripkylla völlig getrennt sind. Species: Periphema regina, Haeckeı. Tafel XXIV, XXV. Periphema regina, HAEcKEL, 1877; Prodrom. System. Medus. Nr. 339. Periphylla regina, HAEcKkEL, 1879; System der Medusen, p. 421, Nr. 423. Species-Diagnose: Schirm glockenförmig, ungefähr eben so hoch als breit. Pedal-Zone der Exum- brella etwas niedriger als die Lappen-Zone, beide zusammen ungefähr so hoch als die Kegel-Zone. Rand- lappen eiförmig, stumpf abgerundet, ihre distalen Flügel fast halbkreisrund, etwa halb so hoch als ihre proximalen Gallertwülste. Die 8 Tentakel-Lappen am Schirmrande weiter vorspringend als die 8 Rho- palien-Lappen. Tentakeln sehr diek, ungefähr so lang als die Schirmhöhe, an ihrer Basis 4 so breit als die Randlappen. Mundrohr kubisch, sehr gross und sehr diekwandig, fast halb so hoch und halb so breit als der Schirm; der Mundrand in der Ebene des Schirmrandes, ohne Bartfäden. Grösse: Horizontal-Diameter 180—200 Mm., Vertical-Diameter 180—200 Mm. Fundort: Antarktischer Ocean, südöstlich von den Kerguelen-Inseln (62° 26’ S. Br.; 95° 44° Ö.L. v. Greenw.); Station 156 des Challenger -Cataloges. Das grosse Exemplar, welchem die untersuchten Fragmente angehören, war ein geschlechtsreifes Weibchen und wurde am 26. Februar 1874 aus einer Tiefe von fast 12,000 Fuss gehoben (1975 Faden = 11,850 Fuss). Die Färbung der zerfetzten, in Spiritus übrigens gut conservirten Fragmente war schwach röthlich, die der Ovarien bräun- lich gelb, das Entoderm-Epithel der abaxialen Wand des Ringsinus (— oder der Innenfläche des Gal- lertschirms —) dunkel rothbraun bis schwarzbraun. Umbrella (Taf. XXIV, Fig. 1, 2). Der Schirm von Periphema regina ist, soweit sich aus den vorliegenden Bruchstücken erschliessen lässt, glockenförmig, beträchtlich flacher gewölbt als bei Peri- phylla mirabilis. Sein Scheitel ist oben flach abgestutzt, seine Höhe ungefähr gleich dem Durchmesser der Glockenmündung, 18—20 Ctm. Die Exumbrella zerfällt durch eine breite und tiefe Kranzfurche (Fig. 2 ec), ungefähr in der Mitte der Höhe, in einen oberen Schirmkegel und unteren Schirmkranz. PERIPHEMA REGINA. 73 Der Schirmkegel ist glatt, oben abgeplattet, sonst fast halbkugelig. Die Kranzfurche ist sehr breit und die Gallerte in derselben sehr verdünnt. Sie zerfällt durch 16 subradiale Längsfurchen (die sich unten auf die Lappenspangen fortsetzen) in 16 breite halbmondförmige Felder (Areolae semilunares, Fig. 2 ec). Zwischen denselben liegt am oberen Ende jeder Längsfurche ein zackenförmiger Fortsatz des exumbralen Gürtel- muskels (m). Der Schirmkranz kann wieder in einen oberen Pedal-Gürtel und unteren Lappen- Gürtel eingetheilt werden. Der Pedal-Gürtel (Zona pedalis) ist jedoch hier viel schwächer entwickelt als bei den meisten anderen Periphylliden und kaum 2 Ctm. hoch. Die Pedalien sind wenig gewölbt und im Verhältniss klein. Hingegen tritt der Lappengürtel des Schirmkranzes (Fig. 1, 2; Zona lobaris) bei P. regina stärker hervor und ist anders geformt als bei P. mirabilis. Die 16 subradialen Randlappen sind im Verhältniss zu den Pedalien viel grösser, abgerundet, nicht zugespitzt. Die Grössen-Differenz zwischen den 4 Paar Ocular-Lappen und den damit alternirenden 4 Paar Tentakel- Lappen ist beträchtlicher. Die beiden Gallertwülste, welche in jedem Randlappen liegen, sind nicht so dick, die Furche zwischen beiden nicht so tief, als bei P. mirabilis; die Lappenspange (Loboporpa, Fig. 2 Kl), welche in der Tiefe dieser Furche liegt und die Scheidewand zwischen je zwei Taschen- hälften stützt, ist viel schwächer, zeigt jedoch auf dem Querschnitt (Fig. 10) dieselbe Structur (vergl. oben p. 57). Dagegen sind die dünnen zarten Flügel (Patagia, Ip), welche den Lappenrand säumen, bei unserer Art viel breiter und länger als bei der vorigen. Wenn man von der Kreislinie der Exum- brella aus misst, welche durch die Insertion der Tentakeln zwischen den Randlappen bezeichnet wird, so sind die Tentakel-Lappen 50 Mm. (ohne Flügel 35 Mm.) lang, hingegen die Ocular-Lappen 45 Mm. (ohne Flügel 30 Mm). Die Breite der ersteren beträgt in der Mitte über 30, die der letzteren wenig über 20 Mm. (Fig. 1, 2). Die 4 interradialen Sinneskolben scheinen bei dieser Art sehr klein und fast rudimentär zu sein (Fig. 1 0); indessen war an dem vorliegenden Fragmente nur einer derselben erhalten und gestattete keine nähere Untersuchung. Von den 12 Tentakeln war nur die Hälfte erhalten (Fig. 17). Dieselben sind im Ganzen von derselben Beschaffenheit, wie bei der vorigen Art (vergl. oben p. 57); nur sind sie beträchtlich kürzer und dieker. Ihre Länge kommt ungefähr der Schirmhöhe gleich (18—20 Ctm.), während sie bei P. mirabilis das Doppelte derselben beträgt. Die Längsmuskeln scheinen weniger stark entwickelt zu sein. An der kegelförmig angeschwollenen Basis erreicht die Dicke der hohlen Tentakeln 10 Mm. Von da an verdünnen sie sich kegelförmig und laufen unten in eine feine Spitze aus (Fig. 2 1). Die eigenthümliche Insertion der Tentakeln mit 2 Wurzel-Muskeln (mk) innerhalb eines Tentakel-Trichters (it), sowie die merkwürdige Bildung des doppelten Klappen - Ventils an der Basis, ist hier dieselbe, welche oben von P. mirabilis beschrieben wurde (vergl. Taf. XXIL, Fig. 22 und Taf. XXV, Fig. 1). Subumbrella (Taf. XXIV, Fig. 1). Die innere concave Schirmwand zeigt bei P. regina im Gan- zen dieselbe Beschaffenheit, welche oben (p. 60) von P. mirabilis ausführlich beschrieben wurde. Nur ist die Muskulatur der Subumbrella bei der ersteren noch bedeutend stärker entwickelt als bei der letzteren, und die einzelnen Muskeln treten schärfer hervor. Namentlich erscheinen die 8 longitudinalen Delta-Muskeln (M. deltoidei) als gelblich- weisse, sehr derbe und feste, atlasglänzende Bänder auffallend kräftig. Der stärkste ist der interradiale Delta-Muskel (Fig. 1 md’), ein gleichschenkeliges Dreieck von 36 Mm. Höhe, 32 Mm. Grundlinie, dessen abgestutzte Spitze bis zur Mitte der Gonaden hinaufreicht und sich hier am interradialen Septal- Knoten (kn) inserirt. Die Muskelfasern, welche von seiner Spitze radial divergirend gegen die Grundlinie gehen, sind überall nahezu gieich stark. Eine schwächere Fortsetzung desselben bildet oberhalb der schmale M. intergenitalis (ms) zwischen den Beiden Haeckel, Tiefsee-Medusen. 10 74 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. Gonaden eines Paares. Schwächer als der interradiale ist der perradiale Delta-Muskel (md‘), ein gleich- schenkeliges Dreieck von 20 Mm. Höhe, 25 Mm. Grundlinie, dessen abgestutzte Spitze bis zum oralen Ende der Gastral-Ostien (go) hinaufreicht und sich hier unterhalb der Gaumenrinne (gs) am perradialen Gaumenknoten inserirt (gk). Die lateralen Muskelfasern (md”’) sind an diesem Muskel viel stärker ent- wickelt als die medialen. Zu beiden Seiten der abgestutzten Spitze des perradialen Delta-Muskels ent- springt ein bandförmiger Musculus congenitalis (mp), welcher corradial liegt und zwischen dem äusseren Rande jeder Gonade (s) und dem Gastral-Ostium (g0) bis zu dessen oberem Ende hinaufgeht. Unten ist dieser bandförmige Congenital-Muskel 10 Mm., oben 5 Mm. breit. Seine Länge beträgt 60 Mm. Seine parallel verlaufenden, nach oben nur wenig convergirenden Fasern entspringen von dem Seiten- rande des perradialen Delta-Muskels und inseriren sich oben am Pylorus (gy). Der breite Kranzmuskel (Fig. 1 mc) zeigt ebenfalls im Wesentlichen dasselbe, oben beschrie- bene Verhalten (p. 60). Sein Proximal-Rand (me,) dient den Delta-Muskeln zur Ursprungs - Basis. Seine subumbrale Fläche erhebt sich in Form von 10—12 starken Ringfalten (mce,), zwischen denen tiefe Furchen sich einsenken (me,). Durch die 16 subradialen Lappenspangen zerfällt der Kranz-Mus- kel auch hier wieder in 16 Felder oder „Kranztafeln“. Dieselben sind in ihrer Mitte (zwischen je 2 Randlappen) 25 Mm., seitlich dagegen (in der Mitte jedes Randlappens) 30 Mm. hoch. Die 4 ocu- laren Muskelfelder (von 25 Mm. Breite) sind nur wenig schmäler als die 12 tentacularen Kranztafeln (von 30 Mm. Breite). Die Lappenspangen zwischen denselben sind viel schwächer als bei voriger Art, zeigen jedoch auf Querschnitten dieselbe Struetur (Faserknorpel, Taf. XXV, Fig. 9, 10). Eigenthümlich abweichend ist die Bildung des unteren oder distalen Kranzmuskel-Randes (Taf. XXIV, Fig. 1 me,). Während dieser bei P. mirabilis ganz glatt ist, gleich einem Schirmdach rings über die Tentakel-Inser- tion nach innen vorspringt und einen einfachen Tentakel- Trichter bildet (st), ist er dagegen hier ge- franzt und in zahlreiche feine Falten-Läppchen oder Frenula zerfallen. Auf jedes der 16 Muskel- felder kommen ungefähr 20 solche Franzen oder Frenula von 2—3 Mm. Länge, welche den Distal-Rand des Muskels mit der darunter gelegenen Subumbral-Fläche der Randlappen verbinden. Zwischen die- sen Frenula dringen eben so viele subumbrale trichterförmige Vertiefungen 4—8 Mm. tief in den ver- diekten Distal-Rand ein .(Infudibula subcoronaria). Schirmhöhle. Die beiden Theile der Schirmhöhle, die untere einfache „Schirmkranzhöhle“ und die obere viertheilige „Schirmtrichterhöhle“, verhalten sich im Ganzen bei dieser, wie bei der vorigen Art. Die einfache Schirmkranzhöble stellt einen ringförmigen Hohlraum dar, dessen subum- brale Aussenwand der Schirmkranz mit dem Kranzmuskel und den oberhalb desselben gelegenen Deltamuskeln bildet. Der weite Hohlraum der Schirmkranzhöhle wird zum grösseren Theile durch den gewaltigen Buccal-Magen ausgefüllt, der mit seinem Mundrande bis zu deren Mündung herabreicht. Die viertheilige Schirmtriehterhöhle (— welche auch hier durch die 4 Gaumenknoten (gk) scharf von der einfachen Schirmkranzhöhle abgegrenzt wird —) zeigt jedoch bei unserer Art einen wesent- lichen Unterschied. Während bei P. mirabilis die 4 kegelförmigen interradialen Schirmtrichter den cen- tralen und basalen Magen seiner ganzen Länge nach durchsetzen, und oben im Mittelpunkte der Schirmkuppel zusammentreffen, hören sie bei P. regina schon eine beträchtliche Strecke unterhalb des- selben auf; die 4 Trichterspitzen inseriren sich hier getrennt an 4 interradialen Punkten der Umbral- Wand des abgeplatteten Basal-Magens, welche 4 Ctm. von einander entfernt sind. Dieser Umstand bedingt auch eine ganz verschiedene Gestaltung des Basal-Magens, welche hauptsächlich die Aufstel- lung des besonderen Genus Periphema rechtfertigt. PERIPHEMA REGINA. 75 Gastrocanal-System (Taf. XXIV, Fig. 1, 3). Abgesehen von der abweichenden Bildung des Basal-Magens, zeigt das Gastrocanal- System von P. regina im Wesentlichen dieselben Verhältnisse, welche oben von P. mirabilis ausführlich geschildert wurden. Nur die specielle Bildung der einzelnen Theile und ihre Grössen - Verhältnisse zeigen unbedeutende Abweichungen. Von den drei Hauptab- schnitten des axialen Hauptdarms ist der Buccal-Magen, der grösste, 8 Ctm. hoch; hingegen be- trägt die Höhe des Central-Magens nur 5 Ctm., und eben so viel diejenige des Basal-Magens. Der Buccal-Magen oder das Mundrohr (Fig. 3) ist ausserordentlich fleischig und diekwan- dig. In dem Glase, welches die unvollständigen Reste unserer Art enthielt, fanden sich die 4 Qua- dranten des Mundrohres als 4 isolirte Fragmente vor, theilweise noch mit abgerissenen Fetzen des Central-Magens im Zusammenhang. Ein solcher Quadrant ist in Fig. 3 in natürlicher Grösse dargestellt. Jeder Quadrant enthält eine vollkommene Backentasche (bb) und die einschliessenden Hälften der an- grenzenden Mundsäulen (ac). Beim Zerreissen des Thieres während des Fanges war demnach das Mundrohr in den interradialen Meridian-Ebenen geviertheilt worden. Die reconstruirte Gestalt des Buc- cal-Magens ist im Ganzen ein Würfel von 7 Ctm. Seitenlänge; genauer betrachtet ist dieselbe eher ein achtseitiges Prisma mit alternirend breiteren und schmäleren Seitenflächen; erstere durch die Backen- taschen, letztere durch Mundsäulen gebildet. Die Mundsäulen (Colummnae buecules, Fig. 3 ac) sind ausserordentlich stark und werden durch einen mächtigen fleischigen Gallert-Wulst gestützt. Besonders fleischig und innen in starke Längsfalten gelegt erscheinen die adradialen „Flügel der Mundsäulen“ (Alae buccales, ad), während ihre interradiale Mittelplatte dünner, besonders gegen den Mundrand hin verbreitert und verdünnt ist. Die Flügel springen innen über die Seitentheile der Backentaschen be- deutend vor, so dass diese beiderseits zu geräumigen „Flügeltaschen“ sich ausbuchten. Die Backen- taschen (Bursae buccales, bb) dürften aufgeblasen fast halbkugelig sein; ihre Wand wird durch eine dünne und elastische, aber feste Gallertplatte gestützt, welche nach unten verbreitert und am Mundrande stumpfwinkelig ausgeschnitten ist. Demnach springen unten am Mundrande (am) die Distal-Enden der 8 adradialen Flügel am meisten vor, ohne jedoch sich in Bartfäden fortzusetzen, wie bei der vorigen Art. Die ungewöhnliche Stärke dieses grossen Rüssels lässt auf eine räuberische Lebensweise schliessen. Der Central-Magen scheint vom Buccal-Magen vollständig abgeschlossen werden zu können, da die Gaumenpforte (gp) durch stark vorspringende Gaumenwülste verengt wird und auch die 4 perradialen Gaumenknoten (gk) und die anstossenden Seiten-Theile der Gaumenrinnen (gs) beträchtlich verdickt sind. Hingegen sind die 4 Obelisken -Platten des Central-Magens sehr zart und dünnwandig (grösstentheils zerrissen). Die 4 perradialen Ecken der quadratischen Magenpforte (gy) fallen mit den Proximal-Enden der 4 spaltförmigen Gastral-Ostien zusammen. Der Basal-Magen (gb) zeigt eine wesentlich andere Bildung als bei der vorhergehenden Art. Bei dieser letzteren sind die 4 perradialen peripheren Nischen desselben (yn), welche seinen conischen Axial-Raum umgeben, völlig von einander getrennt, weil die 4 interradialen Triehterhöhlen der Sub- umbrella oben bis zur Spitze des conischen Grundmagens hinauflaufen und hier im Centrum der Schirmkuppel zusammenstossen. Bei P. regina hingegen endigen letztere 2 Ctm. unterhalb des basalen Mittelpunktes des Grundmagens. Dieser bildet mithin im Grunde der Nacheren Kuppel- Wölbung eine quadratische ungetheilte Grube, von deren 4 Ecken erst die Trichterkegel mit den Phacellen entspringen. Die Distanz dieser 4 Punkte (die Seitenlänge des Quadrats) beträgt 4 Ctm. Leider liess sich wegen des zerfetzten Zustandes des vorliegenden Fragmentes die Gestalt des Basal-Magens nicht vollständig reconstruiren. Indessen war doch der Central-Theil der Schirm-Kuppel mit den 4 Trichterspitzen an 10 * 16 PEROMEDUSAE. PERIPHYLLIDAE. demselben erhalten und es liess sich deutlich erkennen, dass die 4 perradialen Nischen des Grund- magens hier oben in weiter offener Communication stehen. Diese Eigenthümlichkeit unterscheidet gene- risch Periphema von Periphylla. Die Phacellen oder die Längsreihen der Gastral-Filamente sind bei Periphema regina ausserordentlich gross und stärker entwickelt als bei jeder anderen, mir bekannten Meduse. Sie beste- hen aus mehreren tausend starken und sehr langen Fäden, welche in mehreren Reihen längs der Gastral-Taeniolen stehen (nicht in einer Reihe, wie bei voriger Art). In der Mitte der Phacellen sind die Fäden am längsten, bis 80 Mm. lang und 1 Mm. diek. Nach beiden Enden hin werden sie kürzer und dünner und haben hier meistens bloss 10—20 Mm. Länge, bei kaum 0,5 — 0,2 Mm. Dicke. Ihre specielle Bildung und Vertheilung ist wie bei der vorigen Art. Von der Kegelspitze jedes der 4 in- terradialen Trichter gehen 2 divergirende Phacellen aus, welche sich am Pylorus auf die Seitenränder der Gastral- Ostien fortsetzen und 1 Ctm. oberhalb der Gaumenrinne endigen (Fig. 1). Bald sind die Filamente mehr eylindrisch, bald mehr bandförmig abgeplattet, häufig knotig verdickt, am Ende zungen- förmig. Ihr Drüsen-Reichthum ist wie bei der vorigen Art (Taf. XXII, Fig. 23—28). Das Lumen des centralen sowohl als des basalen Magens wird grösstentheils durch diesen Filament-Wald ausgefüllt. Der periphere Kranzdarm zeigt bei Periphema regina ganz dieselbe Bildung, welche wir oben (p. 66) von Periphylla mirabilis ausführlich geschildert haben. Der colossale Ring-Sinus (cs), welcher nur durch die 4 perradialen Gastral-Ostien mit dem Central- Magen eommunieirt, wird etwas oberhalb seiner Mitte durch die 4 interradialen Septal-Knoten (Fig. 1 kn) in 4 Quadranten getheilt. Diese „Cathammal-Knoten“ sind zwar nur wenige Mm. gross, bestehen aber aus sehr festem Faser- knorpel (vergl. oben p. 57, 68; und Taf. XXV, Fig. 8). Der periphere Taschenkranz, in welchen sich der Ringsinus an seinem unteren Rande durch 16 Querspalten (am oberen Rande des Kranzmus- kels) öffnet, zerfällt auch hier wieder durch die 16 subradialen Lappenspangen in 16 Kranztaschen; und jede von diesen zerfällt wieder durch die Einstülpung der Tentakel- Trichter in eine innere und äussere Kranztasche (axiale Velar-Tasche und abaxiale Avelar-Tasche). Ausserdem giebt jede Kranz- tasche unten 2 Lappen-Taschen ab, welche zusammen den marginalen „Feston-Canal“ herstellen; und während jede der 4 interradialen Kranztaschen eine Ocular-Tasche zum Sinneskolben schickt, entsendet jede der 12 übrigen Kranztaschen einen weiten Tentakel-Canal in jeden Tentakel (vergl. oben p. 69, sowie die Tafel-Erklärung zu Taf. XXIV, Fig. 1). Gonaden (Taf. XXIV, Fig. 1 sf). Von den 4 Paar Geschlechtsdrüsen war an dem vorliegenden Fragmente, einem geschlechtsreifen Weibehen, nur ein Paar erhalten. Die beiden Ovarien dieses Paares zeigten die Lage und Gestalt, welche in der Mitte von Fig. 1 dargestellt ist. Sie liegen zwi- schen den Gastral-Ostien in der Subumbral-Wand des Ring-Sinus, dessen oberen und unteren Rand ihre beiden Enden fast berühren. Die beiden Eierstöcke des Paares liegen in der oberen Hälfte fast parallel neben einander, nur durch den schmalen (5 Mm. breiten) Intergenital-Muskel (ms) von einander getrennt. In der unteren Hälfte dagegen divergiren sie stark, indem hier der dreieckige interradiale Delta-Muskel (md’) zwischen Beide sich einschiebt. Der Abstand der unteren Enden beträgt 50 Mm. Jedes der 8 Övarien bildet ein schmales, hufeisenförmig gebogenes Genital-Band, dessen convexer Distal- Bogen unten nahezu den oberen Rand des Kranzmuskels (mc!) berührt, während die beiden parallelen, sehr genäherten Schenkel oben fast bis zum Pylorus (gy) hinaufreichen. In der Mitte zwi- schen beiden Schenkeln bildet die verdickte Stützplatte der Subumbrella eine vorspringende Mittelrippe (Sterigma, Costa genitalis, st). Zu beiden Seiten erhebt sich das Genital- Band in einer Reihe von Fal- ten, welche nach innen in die Schirmhöhle, nach aussen in den Ringsinus vorspringen (Fig. 5, 6). PERIPHEMA REGINA. 77 Die Zahl dieser breiten Falten, die selbst wieder in kleinere Falten fächerförmig getheilt sind (Fig. 5, 6), beträgt an jedem Ovarium 40—50 (an jedem Schenkel 20—25). Sie sind 4—6 Mm. lang, 2—4 Mm. breit, und prall mit kugeligen Eiern gefüllt. Die kleinsten Eier liegen am basalen Insertionsrande der Falten, die grössten am frei vorspringenden Rande, welcher der Costa genitalis (st) zugekehrt ist. An der Basis der Falten lässt sich nachweisen, dass die kleinsten und jüngsten Eier unmittelbar aus den Entoderm-Zellen entstehen, welche die Subumbral-Wand des Ring-Sinus auskleiden. Sobald die Eier eine gewisse Grösse erreichen, wird jedes Ei von einer gallertigen Fuleral-Hülle (Fig. 7 y) eingeschlossen, einer oberflächlichen (abaxialen) Wucherung der Stützplatte der Subumbrella (wz). Auf Querschnitten durch die Genital-Falten erblickt man die Eier, in diese Fulcral-Kapseln eingeschlossen, reihenweise neben einander (Fig. 7). Die Ausdehnung und Stärke der Fuleral-Kapsel nimmt mit der- jenigen des eingeschlossenen Eies stufenweise zu. Die reifsten Eier von Periphema regina erreichen die ausserordentliche Grösse von einem Millimeter und darüber. Sie bestehen zum grössten Theile aus einem undurchsichtigen Nahrungs-Dotter, welcher aus dicht gedrängten kugeligen Dotterkörnern von gleichmässiger Grösse (0,01 Mm. Durchmesser) zusammengesetzt ist (Fig. 4 yd). Jedes reife Ei ist ausserdem (innerhalb der Fuleral-Hülle) von einem dicken structurlosen (?) Chorion, Fig. 4yc, einge- schlossen, welches an einer Stelle eine vorspringende Mieropyle zeigt (Fig. 4 ym). Dieselbe hat die Form eines kurzen Flaschenhalses und gleicht der bekannten Miceropyle an den Eiern unserer Süss- wasser -Muscheln (Najaden). Unterhalb der Mieropyle ist mit blossem Auge schon am gelben Dotter ein weisses Fleckchen sichtbar (Cicatrieula), in welchem das grosse kugelige Keimbläschen einge- schlossen ist (Nucleus, yn). Dasselbe enthält einen ansehnlichen dunklen Keimfleck (Nucleolus, yf) und dieser einen grossen, doppelt contourirten Keimpunkt (Nucleolinus, Fig. 4 yp). Vil.. Siebente Medusen-Ordnung: (Dritte Ordnung der Acraspeden:) CUBOMEDUSAE, Haeckel (1877). Character der Cubomedusen-Ordnung: Acraspeden mit 4 perradialen Sinneskolben, welche ein Hörkölbchen mit entodermalem Otolithen-Sack und ein oder mehrere Augen enthalten. 4 interradiale Tentakeln oder Tentakel-Bündel. Magen mit 4 weiten perradialen viereckigen Taschen, welche durch 4 lange und schmale interradiale Septa oder Verwachsungs-Leisten getrennt werden. Gonaden 4 Paar blattförmige Wülste, welche mit einem Rande längs der 4 interradialen Septa befestigt sind, aus dem subumbralen Entoderm der Magentaschen sich entwickeln und frei in deren Hohlraum hineinragen. Familia: CHARYBDEIDAE, Gegenbaur (1856). HAEcKEL, System der Medusen, 1879; p. 433, Tafel XXV. Familien-Character: Cubomedusen mit 4 einfachen interradialen Tentakeln und mit 4 per- radialen Sinneskolben; ohne Randlappen im Velarium, aber mit 8 adradialen Randtaschen; ohne Taschen-Arme in den 4 breiten Perradial-Taschen. 78 CUBOMEDUSAE. CHARYBDEIDAE. Subfamilia: 'TAMOYIDAE, Harcker (1877). Charybdeiden mit Velar-Canälen und mit 4 perradialen Frenula des Velarium, Genus: CHARYBDEA, Pirox et Lesurur (1809). x«ovßdıg —= Strudel, Schlund, raubgierig. Genus-Diagnose: Charybdeide mit 4 einfachen interradialen Tentakeln, mit Pedalien; mit suspen- dirtem Velarium (mit Velar-Canälen und 4 perradialen Frenula). Magen flach und niedrig, ohne breite Mesenterien; Central- und Basal-Magen verschmolzen, ohne deutliche Pylorus -Strietur. 4 horizontale Filament-Gruppen einfach oder doppelt, büschelförmig oder pinselförmig, auf die interradialen Eeken des Magengrundes beschränkt. Das Genus Charybdea, die älteste bekannte Gattung dieser Familie und Ordnung, wurde 1809 von Pirox mit folgender niehtssagender Diagnose gegründet: „La concavite de l’estomae se confondant avec celle de l’ombrella; rebord garni de faux bras, on plutöt de faux tentacules“ (Tableau des Me- duses etc, Annal. Mus. H. N. Vol. XIV, p. 332). Pixrox vereinigte in dieser Gattung 2 gänzlich ver- schiedene Acraspeden, die ihm beide nur ganz oberflächlich und unvollständig bekannt waren, die mediterrane C. marsupialis und die aequatorial-atlantische €. periphylla. Letztere wurde später zuerst von Steenstrup abgetrennt und zum Repräsentanten des Genus Periphylla erhoben. Hingegen wurde die Gattung Charybdea von fast allen neueren Autoren für die bekannte €. marsupialis des Mittelmeeres bei- behalten, welche schon 1739 Prancus als „Urtica soluta marsupium referens“ beschrieben und abge- bildet hatte, und von der 1833 Mıuxe-Enwaros eine sehr ausführliche (obgleich grösstentheils verfehlte) Darstellung geliefert hatte. In neuester Zeit (1879) hat Cravs von diesem Typus der Gattung Cha- rybdea eine sehr eingehende histologische Monographie gegeben. Ich selbst konnte mehrere neue Arten desselben Genus untersuchen und danach den Character desselben näher umschreiben. In diesem hier beibehaltenen Sinne gehören zu Charybdea diejenigen Charybdeiden, welche ein suspendirtes Velarium (mit Canälen und Frenula) besitzen. Von der nächstverwandten Gattung Tamoya unterscheidet sich Charybdea durch den flachen und niedrigen taschenförmigen Magen, die schmalen Mesenterial-Falten und namentlich durch die Bildung der Gastral-Filamente. Diese sitzen horizontal ausgebreitet in den 4 inter- radialen Ecken des Magengrundes, als 4 einfache oder doppelte, pinselförmige oder bürstenförmige Fadengruppen; während sie bei Tamoya als 4 vertieale Bänder in den interradialen Seitenlinien des grossen herabhängenden Magensackes hinabziehen. Die nachstehend beschriebene Tiefsee-Speeies ist im Ganzen der mediterranen, nur halb so grossen €. marsupialis nahe verwandt, unterscheidet sich aber sogleich durch das breitere Velum, welches doppelt so viele Velar-Canäle enthält; auch sind diese viel reicher dendritisch verästelt. Ferner ist die Sculptur der Exumbrella verschieden. Ganz auffallend gebildet sind die Phacellen, zusammengesetzt aus vielen zierlichen gestielten Pinseln oder palmförmigen Bäumehen. Obgleich Craus in seiner Monographie der €. marsupialis den anatomischen Bau dieser Medusen-Gattung, wie gewöhnlich, höchst unklar und verworren beschrieben hat, und obgleich für die vergleichende Morphologie daraus, wie aus den meisten Arbeiten von Craus, nur sehr Wenig zu entnehmen ist, so hat er doch die histologischen Verhältnisse sehr ausführlich dargestellt; wir be- schränken uns desshalb hier auf eine kurze Schilderung der organologischen Eigenschaften, unter be- sonderer Hervorhebung der specifischen Unterschiede, welche €. Murrayanı von €. marsupialis zeigt. Vielleicht genügen diese, die Species als Repräsentanten eines besonderen Genus: Charybdusa, zu tren- nen. Ich benenne diese Species zu Ehren meines verehrten Freundes Jonw Murray, des ersten Assisten- ten der Challenger-Expedition. CHARYBDEA MURRAYANA. 719 Species: Charybdea Murrayana, Harckeı. Tafel XXVL, Charybdea Murrayana, HAEcKEL, 1879; System der Medusen p. 442, Nr. 436. Charybdusa Murrayana, HAEckEL, 1877; Prodrom. System. Medus. Nr. 408. Species-Diagnose: Schirm glockenförmig, fast würfelförmig, etwas höher als breit, oben flach gewölbt, nach unten etwas erweitert; Seitenflächen fast quadratisch. Magen ganz flach, mit 4 kurzen Mundlappen. 4 Phacellen buschförmig, zusammengesetzt aus grossen pinselförmigen gestielten Filament- Büscheln. Der verticale Abstand der herzförmigen Sinnesnischen vom Schirmrande halb so gross als der horizontale Abstand der Pedal-Basen. Velarium breit, in jedem Quadranten mit 12 baumförmig verästelten Velar-Canälen. Pedalien länglich eiförmig, 4 so lang als die Schirmhöhe. Tentakeln eylin- drisch, länger als die Schirmhöhe. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 50 Mm.; Vertical-Diameter 60 Mm. Fundort: Westküste von Afrika, unweit Sierra Leone, in 200 Faden (= 1200 Fuss) Tiefe. Lat. N. 3° 10', Long. W. v. Gr. 14° 51’. Challenger-Station 348. Es finden sich in der Challenger- Sammlung zwei wohl erhaltene weibliche Exemplare, gefangen am 9. April 1876. Umbrella (Taf. XXVI, Fig. 1—6). Der Schirm ist im Ganzen von annähernd kubischer Ge- stalt, wie bei den meisten Cubomedusen. Doch ist der verticale Durchmesser (60 Mm.) ein wenig grösser, als der grösste horizontale (50 Mm.). An den 4 verticalen Seitenkanten des Würfels springen 4 abgerundete, interradiale „Eckpfeiler“, (den Tentakeln entsprechend) mehr oder minder stark vor, während die 4 perradialen Seitenwände (den Taschen entsprechend) dazwischen zurücktreten und mehr abgeflacht erscheinen. Da dieselben nicht völlig vertical stehen, sondern nach unten ein wenig geneigt divergiren, so hat der Schirm eigentlich die Gestalt einer abgestutzten regulären vierseitigen Pyramide. Die obere Scheitelfläche derselben ist schwach gewölbt und durch eine horizontale Kranzfurche mützen- förmig abgesetzt (Fig. 1—3). | Die Exumbrella ist, wie bei den meisten Cubomedusen, durch longitudinale Furchen in eine Anzahl Felder getheilt, welche zwischen denselben convex vorspringen. Im Allgemeinen können 16 solche Exumbral-Furchen unterschieden werden, nämlich: erstens 8 adradiale (Fig. 1 ea), welche die 4 breiteren perradialen Seitenwände von den 4 schmäleren Kanten oder Eckpfeilern trennen; zwei- tens 4 perradiale Furchen, welche die 4 flach gewölbten Seitenwände in 2 Hälften theilen und von der Ocular-Crypta abwärts zum Velarium ziehen (Fig. 1 ep); und endlich drittens 4 interradiale Furchen, welche die 4 vorspringenden Eckpfeiler oder Kanten halbiren (ei). Diese letzteren Furchen sind die tiefsten, so dass die beiden Hälften jedes Pfeilers in Gestalt halbeylindrischer Wülste vorspringen. Unten gehen von ihnen die 4 Pedalien ab, welche die Tentakeln tragen. Mit diesen alterniren regelmässig die 4 perradialen Sinneskolben, welche hoch oberhalb des Schirmrandes in einer besonderen Höhlung der Exumbrella liegen, der Sinnesnische (Crypta rhopalaris, eo). Der äussere, herzförmige Eingang in diese tief ausgehöhlte Crypta wird theilweise verdeckt durch die Sinnesschuppe (Squama rhopalarıs), eine Deckschuppe der Exumbrella, die dachförmig von oben vorspringt. Da zahlreiche Nesselwarzen oder rundliche Gruppen von Nesselzellen reichlich über die Exumbrella zerstreut sind, so erscheint dieselbe fein granulirt. Die Gallerte der Umbrella zeigt einen ansehnlichen Grad von Festigkeit, trotzdem sie dünn und ohne alle zelligen Elemente ist. Entsprechend den verschiedenen Längsfurchen der Exum- brella und Subumbrella ist die Gallerte an verschiedenen Stellen von verschiedener Dicke, am dünnsten 80 CUBOMEDUSAE. CHARYBDEIDAE. längs der Interradial-Furchen (in der Mitte der Eckpfeiler), am dicksten zu beiden Seiten derselben und oben in der mützenförmigen Scheiteldecke des Schirmes (Fig. 1—3 ug). Die Subumbrella oder der „Schwimmsack“ ist nahezu würfelförmig. Die 4 Kanten dieses Würfels sind interradial und werden durch die schmalen Septa der 4 breiten Magentaschen gebildet, oder durch die „Verwachsungs-Streifen“, in denen die Subumbrella mit der Umbrella in Verbindung steht (Fig. 3 As). Die Muskelschieht der Subumbrella zerfällt dadurch in 4 rechteckige Muskel-Platten, welche in den interradialen „Verwachsungs - Streifen“ nahezu senkrecht auf einander stehen; sie ent- sprechen den 4 Seitenflächen des Würfels und bilden die Axial-Wand der 4 Radial-Taschen (Fig. 3 mw). In der perradialen Mittellinie jeder Muskel-Platte werden aber die Ringfasern derselben unterbrochen durch einen bandförmigen Längsmuskel, welcher von der Ocular-Crypta aufwärts zum Mesogon, ab- wärts zum Frenulum zieht (Fig. 3 mp). Eigentlich ist demnach der breite Kranzmuskel hier in 8 vier- eckige Kranztafeln zerfallen, wie bei Pericolpa (System Taf. 23). Während diese aber bei der letzteren in den Prineipal-Radien liegen (4 perradiale und 4 interradiale), haben sie bei Charybdea eine ad- radiale Lage. Schirmrand (Fig. 1, 5, 8). Der Schirmrand (im weiteren Sinne!) trägt 4 perradiale Sinneskolben und 4 interradiale Tentakeln; ein auffallender Nervenring von eigenthümlicher Structur setzt diese Rand- organe in Verbindung. Unterhalb dieses Nervenringes setzt sich aber der Schirmrand noch in ein breites Velarium fort, eine dünne Randmembran, welche dem Velum der Craspedoten zwar sehr ähnlich, aber doch wesentlich verschieden ist. Was die 8 marginalen Organe betrifft, so sind dieselben phylogenetisch unzweifelhaft aus den 8 Prineipal-Tentakeln der Tessera und Tesserantha (Taf. XV) ent- standen, und zwar die 4 Sinneskolben aus den 4 perradialen, die 4 Tentakeln aus den 4 interradialen. Mithin besteht bei den Cubomedusen in dieser Beziehung gerade das umgekehrte Verhältniss, wie bei den Peromedusen (speciell den Pericolpiden). Bei den Discomedusen sind alle 8 Principal - Tentakeln zu Rhopalien umgebildet. Das Velarium oder die Randmembran (Fig. 2, 5, 8 va) stellt eine membranöse, ıingförmige, distale Fortsetzung des Schirmrandes dar; sie wurde von den bisherigen Autoren ohne Weiteres als Velum bezeichnet und dem gleichnamigen Velum der Craspedoten an die Seite gestellt. Indessen sind beide Bildungen nur analog, nicht homolog; sie sind unabhängig von einander entstanden, und ihre Struetur ist zwar ähnlich, aber keineswegs identisch; namentlich das Verhalten zum Nervenring ist wesentlich verschieden. Wie bei allen Charybdeiden, welche zur Subfamilie der Tamoyiden gehören, ist das Velarium von besonderen Canälen durchzogen und wird in ganz eigenthümlicher Weise durch 4 perradiale Frenula (Suspensorien oder Stützfalten) an der Subumbrella befestigt (Fig. 2, 8 vf). Diese Frenula sind museulöse verticale Gallertleisten, entstehen durch eine ansehnliche perradiale Ver- diekung der gallertigen Stützplatte und ziehen von der Sinnesgrube bis zum freien Rande des Velars hinab; sie halten das Velarium horizontal suspendirt und können es vermöge Contraction ihrer Längs- muskeln noch höher heben. Durch die 4 perradialen Frenula einerseits, durch die 4 interradialen Pe- dalien anderseits zerfällt das Velarium in 8 adradiale Oetanten oder „Velar-Lappen“. Diese sind nach Stellung und morphologischer Bedeutung homolog den 8 freien Randlappen der Pericolpa und den 8 „Armen“ der Lucernariden (vergl. Lucernaria, Taf. XVI, XVII, sowie mein „System“, Taf. XXII, XXI). Daraus ergiebt sich, dass das Velarium der Cubomedusen einem Kranze von 8 verwachsenen adradialen Randlappen entspricht. Die Schirmhöhle (Fig. 2—6) ist der Subumbrella entsprechend fast würfelförmig. Die 4 ver- tiealen Seiten derselben werden von den Subumbral-Wänden der 4 Radial-Taschen gebildet, die obere CHARYBDEA MURRAYANA. 81 Fläche von der subumbralen Magenwand; die untere Fläche nimmt die Schirmöffnung ein, welche durch das vorspringende Velarium stark verengt wird. In den Axial-Raum der Schirmhöhle hängt oben der Magen herab; ihr peripherischer Raum zerfällt oben in 4 kleine interradiale Trichter- höhlen (Infundibula). Dieselben werden im oberen (proximalen) Theile der Schirmhöhle dadurch ge- bildet, dass sich die 4 perradialen (unten zu besprechenden) Mesogonien in Gestalt verticaler Lamellen von den 4 Magenkanten zur Mitte der 4 Radial-Taschen hinüberspannen. Diesen proximalen Suspen- sorien entsprechen im unteren (distalen) Theile die Frenula des Velarium, zwischen denen 4 entspre- chende Nischen als „Velar- Trichter“ sich vertiefen. Demgemäss ist der horizontale Durchmesser der Schirmscheibe in den 4 centripetal vorspringenden Perradial-Linien am kleinsten, in den centrifugal vorspringenden Interradial-Linien (längs der Cathammal-Septen) am grössten; jene entsprechen den Seitenlinien, diese den Diagonalen des Quadrates. Die Pedalien oder „Gallertsockel“ (Fig. 1—5 w) sind 4 interradiale Gallert- Anhänge des Schirmrandes von eigenthümlicher Form. Sie tragen am Distal-Ende die Tentakeln und setzen sich scharf von diesen ab. Von Gesexsaur werden die Sockel der Charybdea als „Randblätter“, von Frırz MüLrer als „Fortsätze der Eckwülste“, von Craus als „Schirmlappen“ bezeichnet. Ganz irrthüm- lich vergleicht Craus sie mit den „Randlappen“ der übrigen Acraspeden. Denn diese echten „Rand- lappen“ liegen niemals in den Prineipal-Radien — erster und zweiter Ordnung — (Perradien und Interradien), sondern vielmehr stets zwischen ihnen. Hingegen liegen die eigenthümlichen Gallertsockel der Cubomedusen stets interradial und sind nur den Pedalien zu vergleichen, welche bei den Peromedusen sowohl Tentakeln als Sinneskolben tragen (vergl. oben p. 55). Bei unserer Charybdea Murrayana (Fig. 1—5 wi) sind die Pedalien im oberen Drittel keilförmig oder dreiseitig - prismatisch, in den beiden unteren Dritteln lateral comprimirt, von der Gestalt eines dünnen, länglich eiförmigen Blattes, ungefähr ein Drittel so lang als die Schirmhöhe; ihre axiale Kante ist concav, die abaxiale convex ge- krümmt, während die Seitenflächen unsymmetrisch verbogen erscheinen. Von ihrem abgestutzten Distal- Ende entspringt der Tentakel; das dickere Proximal-Ende ist an seiner Axial-Seite concav ausgeschnitten und am unteren Theile der Eekwülste oberhalb des Schirmrandes so inserirt, dass zwischen beiden eine kleine „Achselhöhle“ oder ein „Pedal-Trichter“ bleibt (Infundibuum pedalü, Fig. 5 u). Die 4 Tentakeln sind starke, cylindrische, hohle Fäden von 4 Mm. Dicke, an der Basis keulen- förmig verdickt (bis zu 6 Mm.), länger als die Schirmhöhe (am unverletzten Thiere wahrscheinlich mehr- mals so lang). Ihre Aussenfläche erscheint dicht geringelt, wurmförmig. Auf dem Längs- und Quer- schnitte zeigt ihre dicke Wand dieselbe eigenthümliche und verwickelte Struetur, welche Craus von Charybdea marsupialis ausführlich beschrieben hat. Die 4 perradialen Sinneskolben oder „Randkörper“ (Rhopalia) liegen oberhalb des Schirm- randes in den vorher genannten exodermalen Sinnes-Nischen (Crypiae rhopalares vel oculares). Der Bau dieser hochentwickelten Sinnesorgane ist derselbe wie bei der mediterranen Charybdea marsupialıs, wo sie zuerst (1856) von Gecexsaur, später (1878) von Craus genau untersucht worden sind. Sie haben eine sehr zusammengesetzte Struetur und gleichen zwar im Wesentlichen denjenigen der Pero- medusen und Discomedusen, insofern sie optische und akustische Organe zugleich enthalten; allein ihr feinerer Bau ist mehrfach verschieden und zum Theil sehr eigenthümlich. Jeder Sinneskolben ist mit einem dünnen Stiel in der Sinnesnische der Exumbrella befestigt und wird nach aussen theilweise ver- deckt durch die Sinnesschuppe, welche dachartig von oben über die exodermale Apertur der Sinnes- nische vorspringt. Er enthält in seinem kolbenförmig angeschwollenen Endstücke einen grossen Oto- lithen-Sack, der zahlreiche krystallinische, entodermale Otolithen einschliesst. Oberhalb desselben liegen Haeckel, Tiefsee-Medusen. 11 82 CUBOMEDUSAE. CHARYBDEIDAE. 6 Augen, 2 grössere unpaare in der perradialen Mittellinie und 4 kleinere paarige zu beiden Seiten derselben. Jedes unpaare Auge besteht aus einem Pigmentbecher, einer dicken Linse und einem mäch- tigen, zwischen beiden befindlichen Glaskörper; den kleineren paarigen Augen fehlt die Linse Ein sehr grosses Ganglion opticum von höchst verwickelter Structur bildet das Nerven-Centrum des optischen Apparates. Das Nervensystem besitzt dieselbe hohe Centralisation wie bei den übrigen Cubomedusen und zeigt sich, entsprechend ihren hochentwickelten Sinnesorganen, in vollkommnerer und mehr cen- tralisirter Form, als bei den übrigen Acraspeden; es erreicht sogar in dieser Beziehung die höchste Bildungsstufe unter allen Acraspeden. Das Central- Nervensystem, welches Frırz MürzLer 1859 bei Tamoya entdeckte, besteht aus einem vollständigen Nervenring und aus 8 Ganglien, von denen die 4 grösseren perradialen an der Basis der Sinneskolben, die 4 kleineren interradialen an der Basis der Tentakel-Pedalien sich finden; von jenen begeben sich sensible Nerven zu den Sinnes-Örganen und motorische Nerven zu den Längsmuskeln; von diesen motorische Nerven zu den Tentakeln. Da die ersteren stets beträchtlich höher liegen als die letzteren, so steigt der Ringnerv in geschwungenem Bogen von den Sinnesnischen zur Basis der Pedalien hinab. Der ganze Nervenring (Fig. 2, 8 rc) bildet somit 4 grosse Bogen, die flach gewölbt sind. Ihr höchster Theil liegt perradial, ihr tiefster interradial. Der Nervenring liegt eingebettet in eine Rinne der Subumbrella, unterbricht deren Muskelplatte und besteht aus einem hellen Axenstrang und zwei trüberen angelagerten (oberen und unteren) Fibrillen- strängen, sowie einem darüber gelagerten eigenthümlichen Nerven-Epithel. Davon gehen ausgedehnte Fibrillen-Geflechte mit grossen multipolaren und spindelförmigen Ganglien-Zellen ab, welche sich vor- zugsweise an der Subumbrella ausbreiten. Der feinere Bau des Nervensystems und der Sinnes-Örgane ist in neuester Zeit von Craus bei Charybdeu marsupialis (1878, 1. ec.) ausführlich geschildert worden. Ganz haltlos aber ist dessen Versuch, diese Structur- Verhältnisse der Cubomedusen mit denjenigen der Craspedoten zu vergleichen; denn Beide sind ganz unabhängig von einander entstanden und daher nicht homolog. Auch entspricht der Nervenring der Cubomedusen nur dem unteren (subumbralen) Nervenring der Craspedoten, während der obere (exumbrale) ersteren ganz fehlt. Dagegen wird wahr- scheinlich das Central-Nervensystem der Peromedusen demjenigen der Cubomedusen im Wesentlichen sehr nahe stehen. Gastrocanal-System (Fig. 1—10). Der Gastrovascular-Apparat schliesst sich in der Einfachheit seiner Bildung an denjenigen der Stauromedusen an (Tesserantha, Taf. XV, Lucernaria, Tat. XVI, XV). Der Hauptmagen oder Axial-Darm steht durch 4 horizontale perradiale Gastral-Ostien mit 4 weiten viereckigen Radial-Taschen in Verbindung, welche durch 4 schmale interradiale Septal-Leisten der Länge nach getrennt werden und am Distal-Ende derselben durch einen engen Ringcanal communi- eiren. Der axiale Hauptdarm oder der Magen im weiteren Sinne (Gaster principalis) besteht eigent- lich bei den meisten Cubomedusen aus denselben drei Abschnitten, wie bei den Stauromedusen und Peromedusen, nämlich einem aboralen Basal-Magen, einem mittleren Central-Magen und einem oralen Buccal-Magen; die Grenze zwischen Basal- und Central-Magen bildet auch hier die Magenpforte (Py- lorus, gy), die Grenze zwischen Central- und Buccal-Magen hingegen die Gaumenpforte (Palatum, gp). Indessen ist die Magenpforte bei unserer Charybdea, wie bei manchen anderen Charybdeiden, sehr weit, die Pylorus-Strietur sehr wenig entwickelt, so dass basaler und centraler Magen zusammen eine ein- zige einfache, ziemlich flache quadratische Kammer zu bilden scheinen. Der Buccal-Magen oder das Mundrohr (Gaster buccalis, ga) — „Mundtrichter“ von Frırz Mürzer, „Mundstiel“ von Craus — ist bei unserer Art verhältnissmässig klein und bildet eine flache CHARYBDEA MURRAYANA. 83 Quadrat-Pyramide. Die abgestutzte Spitze derselben wird durch die enge Gaumenpforte gebildet (Fig. 9 gp), ihre Kanten durch die 4 perradialen starken Mundrippen, verdickte Leisten der dünnen Gallertplatte, welche dem ganzen Magen seine Consistenz giebt. An der quadratischen Mundöffnung springen die Oral-Enden dieser Buecal-Rippen beträchtlich vor und geben Veranlassung zur Bildung von 4 lanzettförmigen oder eiförmigen „Mundlappen“ An der axialen Entoderm-Fläche dieser gekräuselten dreieckigen Mundlappen verläuft eine tiefe perradiale Rinne, welche an der Gaumenpforte sich unter spitzem Winkel nach aussen umbiegt und in der Mesogon-Falte eingeschlossen an der Innenfläche der Subumbral- Wand des Central-Magens bis zur Mittellinie der Radial- Tasche verläuft (Fig. 4, 6 gs). Die verdickte Mundrippe selbst, welche zugleich die Mittelrippe des blattförmig zusam- mengefalteten Mundlappens bildet, setzt sich am Gaumen unmittelbar in die niedrige Mesogon -Falte fort. Die faltigen Mundlappen, welche an unserem Alkohol-Exemplare sehr stark contrahirt und an den Rändern dicht gekräuselt erscheinen, sind am lebenden Thiere wahrscheinlich grosser Ausdeh- nung fähig. Der Central-Magen ist bei unserer Charybdea, wie bei den meisten Charybdeiden, mit dem Basal-Magen vereinigt, indem die Pylorus-Strietur zwischen beiden nicht entwickelt und nur durch die wenig vorspringenden Pylorus-Klappen schwach angedeutet ist. Daher bilden diese beiden Magen- Abtheilungen zusammen eine weite, aber sehr flache Tasche oder eine niedrige Kammer von quadra- tischem Umriss. Ihr Boden oder ihre untere Wand stellt jene dünne Quadrat-Platte der Subumbrella dar, welche zugleich den Grund der kubischen Schirmhöhle bildet. In der Mitte ist diese muskulöse Platte von der Gaumenpforte durchbrochen, von deren 4 perradialen Ecken die vorher angeführten Magen-Rinnen (Fig. 4, 6 gs) zur Mitte der 4 Gastral-Ostien verlaufen. Die horizontale Decke der niedrigen Magenkammer oder ihre obere Wand wird durch die glatte Entoderm-Fläche des kappen- förmigen Schirmscheitels gebildet (Fig. 2, 3 gu). Ihre 4 interradialen Ecken werden durch die 4 Py- lorusklappen eingenommen, die schmalen „bogenförmigen Verwachsungs - Streifen“ (Craus), welche auf den Proximal-Enden der 4 langen Septal-Leisten senkrecht stehen. Hingegen werden die 4 per- radialen Seitenwände der Kammer zwischen ihnen durch die 4 Gastral-Ostien vertreten (Fig. 6 yo), 4 enge horizontale Spalten, welche aus dem Magen in die 4 Radial-Taschen hineinführen. Hier findet sich eine complieirte Klappen-Vorrichtung, durch welche der erstere von den letzteren zeitweilig ganz abgeschlossen werden kann. Diese 4 perradialen „Taschenklappen“ alterniren mit den inter- radialen Pylorusklappen (gy). Oberhalb jeder Pylorusklappe bildet der Magen eine besondere Aus- sackung in Gestalt einer niederen dreieckigen Tasche, und in dieser Pylorus-Tasche sitzen die Phacellen oder die baumförmigen Büschel der Gastral-Filamente /f). Die Gastral-Filamente (Fig. 7 f) sind bei Charybdea Murrayana viel stärker entwickelt als bei der nahe verwandten Ü. marsupialis; sie bilden in jeder der 4 interradialen Magen-Ecken einen an- sehnlichen Phacellus oder Busch, der aus 10—12 grösseren und mehreren kleineren Bäumchen zu- sammengesetzt ist. Die Stämme dieser Bäumchen hängen unten an der Wurzel, wo sie sich von der Aboral-Fläche der subumbralen Pylorus-Klappe erheben, zusammen und stellen sich so eigentlich als Hauptäste eines einzigen, sehr kurzen, mächtigen Stammes, eines primären interradialen Ur-Filamentes dar. Jedes Bäumchen besteht in seiner unteren (distalen) Hälfte aus einem starken, einfachen oder gabeltheiligen Stamme, in seiner oberen (proximalen) Hälfte aus einem pinselförmigen Büschel von zahlreichen Aesten, welche theils einfach, theils diehotom oder mehrfach gespalten sind (Fig. 9, 10). Die solide Axe der Filamente wird durch einen dicken eylindrischen oder bandförmig - abgeplatteten 1uE* 84 CUBOMEDUSAE. CHARYBDEIDAE. Gallertfaden gebildet (einen Fortsatz der Subumbrella-Stützplatte); ihr Entoderm-Epithel grösstentheils durch Drüsen-Zellen, zu denen an der Basis viele Geissel-Zellen, an der Spitze Nessel-Zellen kommen. Die 4 breiten viereckigen Radial-Taschen (Fig. 2—6 bp) nehmen den grössten Theil der Subumbrella ein und werden nur durch 4 schmale interradiale Septal-Leisten /ks) von einander geschieden. Letztere entsprechen den Septal-Knoten der Tesseriden und Peromedusen, den Septal- Leisten der Lucernariden und sind gleich diesen durch Verlöthung der umbralen und subumbralen Wand des ursprünglichen Seyphostoma-Magens entstanden (Cathamma, k). Daher zeigt sich auch auf dem Querschnitte der Leisten der Rest des Gastral-Epithels in Gestalt der „Entoderm-Lamelle, Catham- mal-Platte oder Gefäss- Platte“ (Fig. 10 kp), welche die dickere Gallertscheibe der Umbrella (uy) von der dünneren Stützlamelle der Subumbrella (zw) trennt. Die Gastral- Platte lässt sogar deutlich noch 2 Zellenschichten unterscheiden, von denen die äussere dem umbralen, die innere dem subumbralen Entoderm angehört. In der ganzen Länge der Septal-Leisten ist an deren subumbralem Theile jeder- seits eine blattförmige Gonade angeheftet, welche in die anstossende Radial- Tasche frei hineinragt (Fig. 10 s). An jeder Radial- Tasche sind 4 Ränder und 2 Wände zu unterscheiden. Während die beiden Seitenränder der viereckigen Tasche durch die interradialen Septal-Leisten gebildet werden, entspricht ihr unterer (oder distaler) dem proximalen Velar-Rande, ihr oberer (oder proximaler) dem Gastral- Ostium. Letzteres kann durch die perradiale Taschenklappe vollständig geschlossen werden; diese entsteht durch eine horizontale Falte der Subumbrella, welche am oberen Taschenrande sich er- hebt und als verdickte Gallertplatte frei in den Raum des Basal-Magens vorspringt. Die äussere oder abaxiale Wand der Radial-Taschen wird durch die glatte Entoderm-Fläche des Gallertschirmes gebildet, ihre innere oder axiale Wand durch die zarte Subumbrella. Diese ist dünnwandig und sehr dehnbar und besteht von innen nach aussen aus den gewöhnlichen 4 Schichten: 1) Entoderm-Epithel mit hohen, drüsigen Cylinder-Zellen (Fig. 10 dw); 2) dünne aber feste Stützplatte oder Gallert-Lamelle (zw); 3) Muskelplatte (mw) und 4) Exoderm-Epithel (qw). Obgleich ziemlich fest, ist die Subumbral - Wand doch so dünn, dass sie gleich einem zarten Schleier über die Taschen hinwegzieht und alle darin ge- legenen Organe klar durchscheinen lässt. In ihrer perradialen Mittellinie verläuft ein schmaler band- förmiger Längsmuskel (Fig. 3 mp). Derselbe geht oben in das Mesogonium oder das obere Suspen- sorium, unten in das Frenulum Velarü oder das untere Suspensorium über. Durch Letzteres zerfällt der Distal-Abschnitt der Radial-Taschen in je 2 breite adradiale Lappentaschen. Die 8 Lappentaschen oder Randtaschen (Bursae lobares vel marginales, Fig. 2, 3, 8 bm) entstehen dadurch, dass von jeder Sinnesnische ein perradiales Septum zum Velar-Rande herabgeht, welches den Distal- Theil jeder Radial-Tasche in 2 Hälften theilt. Dieses Septum ist nichts Anderes, als der Abaxial-Rand des Frenulum selbst, in welchem die umbrale und subumbrale Wand der Tasche mit einander verwachsen sind. Jede der so gebildeten Randtaschen ist rechteckig, ungefähr doppelt so breit als hoch. Von ihrem unteren oder distalen Rande gehen dendritische blinde Velar-Canäle in das Velarium hinein (Fig. 8 cv). Diese liegen vollständig in der verdickten Stützlamelle des letzteren und sind bandförmig abgeplattet; ihr Entoderm-Epithel ist, ebenso wie in den Radial-Taschen selbst, flach und hell an der umbralen, drüsig und hoch an der subumbralen Seite. Ihre Verästelung ist zierlieh baumförmig und wird nach dem Perradius hin schwächer, nach dem Interradius hin stärker. Im Ganzen sind 48 Velar-Canäle vorhanden, da auf jeden Quadranten deren 12 kommen. Der grösste Velar-Canal liegt dem interradialen Pedal am nächsten und zeigt 6—8 Paar Seitenäste, die theils ein- fach, theils gespalten sind. Hingegen nimmt die Zahl und Grösse der unregelmässigen Seitenäste nach CHARYBDEA MURRAYANA. 85 dem Frenulum hin beständig ab (Fig. 8). Die Velar-Canäle liegen frei in der gallertigen Fulcral- Lamelle des Velarium und hängen unter einander nicht durch eine Cathammal -Platte zusammen; sie sind daher secundäre Bildungen, welche erst nachträglich vom Distal-Rande der Lappentaschen in die solide Stützplatte des Velarium hineingewachsen sind. Die 4 perradialen Rhopalar-Canäle (oder Ocular-Gefässe) entspringen mit trichterförmiger Basis aus der Mittellinie der Radial-Taschen oberhalb der Velar-Frenula, gehen verengt unmittelbar in den Stiel der Sinneskolben hinein und enden mit ampullenförmiger Erweiterung in deren freiem Kopf- theile. Die 4 Tentakel-Canäle (oder die Pedal-Canäle, welche in die Tentakeln führen) entspringen an den 4 interradialen Schirm-Ecken mit doppelter Wurzel, indem jeder Tentakel aus der distalen Ecke jeder viereckigen Radial-Tasche einen Wurzel-Canal erhält. Jede Tasche giebt somit 2 Wurzel- Canäle ab, für 2 benachbarte Tentakeln. Die Vereinigung der beiden Wurzel-Canäle findet unmittelbar unterhalb des distalen Septum-Endes statt. Der daraus hervorgehende Tentakel-Canal durchsetzt den Tentakel in seiner ganzen Länge und ist wegen der beträchtlichen Dicke der Tentakel-Wand verhält- nissmässig sehr eng. Durch die Communication der Radialtaschen, welche die Wurzel-Canäle an ihrem Distalrande bewirken, entsteht eine Art marginaler Ringeanal. Gonaden (Taf. XXVI, Fig. 2, 6, 10 s). Die Geschlechtsdrüsen bilden 8 breite und dünne, halbeiförmige Blätter, sind paarweise längs der 4 interradialen Septal-Leisten angeheftet und ragen von diesen aus frei in die 4 Radial- Taschen hinein; sie füllen deren Hohlraum grösstentheils aus, so dass die beiden Geschlechtsblätter jeder Tasche in deren Mitte mit ihren freien Rändern sich berühren oder selbst über einander greifen (Fig. 2 s). Craus findet in dieser Bildung „eine höchst abweichende Ge- staltung“ (1879, Zoologie, p. 289). Im der That aber ist der Unterschied, den die Geschlechtsdrüsen der Cubomedusen von denjenigen der übrigen Acraspeden darbieten, nur geringfügig; und die ersteren lassen sich leicht auf die letzteren zurückführen. Die meisten Lucernariden zeigen in den gröberen anatomischen Beziehungen ganz dieselben Verhältnisse, indem auch hier auf jede der 4 breiten Radial- Taschen 2 Gonaden kommen. Diese gehören aber nicht der betreffenden Tasche an, sondern vielmehr dem interradialen Septum, das je 2 Taschen trennt. Die beiden Gonaden, welche 2 benachbarten Taschen angehören und durch ein Septum getrennt werden, gehören zu einem Paare und sind bei Halicyathus, wie bei Tesserantha (Taf. XV) noch am Proximal-Ende des Septum durch einen convexen Bogen zu einem Hufeisen verbunden. Bei den übrigen Lucernariden (Taf. XVI, XVII) ist dieser U-för- mige Verbindungsbogen rückgebildet, so dass nunmehr 8 getrennte adradiale Geschlechtsblätter neben einander liegen, und dasselbe gilt für die Peromedusen und Cubomedusen. Auch bei diesen letzteren ist es, wie bei den ersteren, das Subumbral-Entoderm der Radial-Taschen, welches die Ge- schlechtsproduete bildet (Fig. 10 dw). Denn die Geschlechtsblätter sind zwar meistens am Septum so angeheftet, dass sie unmittelbar die Umbral- Wand berühren; allein sie bleiben von dieser durch die Cathammal - Platte (ks) des Septum völlig getrennt, so dass sie trotzdem der Subumbral - Wand gene- tisch angehören. Jedes Genitalblatt ist eigentlich eine dünne Falte dieser Subumbral-Wand, indem die gallertige Stützlamelle der letzteren einen blattföormigen Fortsatz (Sterigma, Fig. 10 zs) bildet, der beiderseits vom subumbralen Entoderm-Epithel bekleidet ist. Aus diesem letzteren entwickeln sich auf beiden Seiten die Geschlechts - Producte, welche bei ihrer Reife frei in die Tasche hineinfallen; sie entstehen aus subepithelialen Entoderm-Zellen, welche beide Flächen des fuleralen Fortsatzes bekleiden. Dieser letztere entspricht dem Sterigma oder dem Fuleral-Gerüste in den Gonaden der Peromedusen (p. 71) und bildete in den vorliegenden beiden weiblichen Exemplaren eine breite faserige Axenplatte (Fig. 10 zs), welche mit jüngeren und älteren Eizellen dicht bedeckt ist (so). Auf beiden freien Flächen 86 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. sind die Geschlechtsblätter von dem zusammenhängenden Cylinder-Epithel des Entoderms überzogen (Fig. 10 sd). Aus den Radial-Taschen gelangen die reifen Geschlechts-Producte durch die Gastral- Ostien in den Magen und werden durch den Mund entleert. VII. Achte Medusen-Ordnung: (Vierte Ordnung der Acraspeden:) DISCOMEDUSAE, Haeckel (1866). Character der Discomedusen-Ordnung: Acraspeden mit 8—16 oder mehr Sinnes- kolben (stets 4 perradialen und 4 interradialen, ausserdem bisweilen noch mehreren accessorischen); in jedem Sinneskolben ein Hörkölbchen mit entodermalem Otolithen-Sack, und oft zugleich ein Auge. Randlappen stets 8 Paar primäre (Ephyra-Lappen), ausserdem oft zahlreiche accessorische (Velar-Lappen). Tentakeln bald vorhanden, bald fehlend. Magen von einem Kranze radialer Fortsätze umgeben (8—16—-32 oder mehr); bald breiten Radial- Taschen, bald schmalen Radial- Canälen. Gonaden 4 interradiale faltige Wülste in der subumbralen Magenwand, aus deren Ento- derm entwickelt (selten in 8 adradiale Wülste zerfallen); bald in Taschenform nach innen in die centrale Magenhöhle eingestülpt, bald in Hernienform nach aussen in die Schirmhöhle ausge- stülpt. Schirm abgeplattet, scheibenförmig. Gemeinsame Ausgangsform aller Discomedusen die octomerale Ephyra. VIII A. Erste Unterordnung der Discomedusen: CANNOSTOMAE, Hazckern (1879). Rohrmündige Scheibenquallen. Discomedusen mit einfachem, vierseitig-prismatischem Mundrohr, ohne Mundarme; mit einfacher centraler Mund- öffnung und mit kurzen soliden Tentakeln. Familia: EPHYRIDAE, Haeckel (1877). HAECKEL, System der Medusen, 1379; Taf. XXVIIL, XXVIIL, p. 450. Familien- Character: Cannostomen mit breiten Radial-Taschen, ohne terminale Ast-Canäle. [— Discomedusen mit einfachem vierkantigem Mundrohr, ohne Mundarme, mit einfacher centraler Mundöffnung. Meistens 16 breite Radial-Taschen (8 oculare und 8 tentaculare), seltener 32—64. Meistens 8 Sinneskolben (4 perradiale und 4 interradiale), seltener 16—32. Mit diesen alternirend eben so viele kurze solide Tentakeln. Meistens 16 (seltener 32—64) Randlappen, mit oder ohne einfache Lappentaschen, stets ohne verästelte Lappen-Canäle. 4 interradiale oder 8 adradiale Gonaden in der subumbralen Magenwand.| Subfamilia: NAUSITHOIDAE, Harckeı (1879). Ephyriden mit 8 Sinneskolben und mit 8 adradialen Tentakeln, mit 16 Randlappen und mit 8 getrennten adradialen Gonaden. NAUPHANTA CHALLENGERI. 87 Genus: NAUPHANTA, Harckeı (1879). Navparın = Schiffsname bei Aristophanes. Genus-Diagnose: Ephyride mit 8 Sinneskolben und 8 Tentakeln, mit 16 Randlappen und 32 Lappentaschen (16 ocularen und 16 tentacularen). Central-Magen durch 4 perradiale Gastral-Ostien in einen Ring-Sinus geöffnet, von dessen Distal-Rande 16 Kranztaschen abgehen. 8 getrennte, ad- radiale Gonaden gleichmässig vertheilt, nicht paarweise gruppirt. Das Genus Nauphanta ist bis jetzt bloss durch die merkwürdige, nachstehend beschriebene Tiefsee-Meduse vertreten. Unter den bisher bekannten Medusen steht sie der mediterranen Nausithoe am nächsten, unterscheidet sich jedoch von ihr mehrfach durch eigenthümliche Structur - Verhältnisse. Die Seulptur der Exumbrella mit ihrer tief einschneidenden Kranzfurche zwischen centraler Scheibe und peripherem Kranz, sowie mit den stark vortretenden Pedalien (polyedrischen Gallertwülsten zwi- schen den Radial-Furchen) erinnert auffallend an die Periphyllidae und Collaspidae; auch in anderer Be- ziehung erscheint sie als eine sehr alte, zwischen Peromedusen, Cubomedusen und Discomedusen vermittelnde Zwisehenform; indem sie nahe morphologische Beziehungen zu allen diesen Gruppen besitzt, deutet sie auf die gemeinsame Abstammung der Ephyronien und Tesseronien hin. Unter den 3 Gattungen der Nausithoiden nimmt Nauphanta den höchsten Rang ein und stellt überhaupt unter den achtzähligen Ephyriden die am meisten entwickelte Form dar. In mancher Beziehung nähert sie sich bereits den nachfolgenden, vielzähligen Collaspiden. Mit der nächst verwandten Zonephyra und mit Pelagia stimmt sie überein durch den Besitz von 32 Lappentaschen, während sie von Beiden abweicht durch die Bildung der Geschlechtsorgane. Diese verhalten sich ähnlich wie bei Nausithoe, und bilden 8 rundliche adradiale Säckchen von gleicher Form und gleichem Abstande. Die beiden vorliegenden Exemplare, ein Männchen und ein Weibehen, sind vollkommen geschlechtsreif. Die Ovarien sind 8 höckerige schildförmige Platten, deren entodermale Oberfläche mit sehr grossen Eiern bedeckt ist. Die Spermarien bilden statt deren zahlreiche fingerförmige Sperma-Beutel. Die entwickelten Pedalien des Exumbrella-Kranzes erinnern einerseits an die Peromedusen (Periphylla), anderseits an die Collaspiden (Atolla). Gleich dieser letzteren ist Nauphanta eine echte Tiefsee-Form von hohem phylogenetischen Alter. Species: Nauphanta Challengeri, Harcker. Tafel XXVI, XXVIL Nauphanta Challengeri, HaEckKEL, 1879; System der Medusen p. 487, Nr. 452. Species-Diagnose: Schirm mützenförmig, mit horizontaler Scheitelfläche und vertiealer Seiten- wand, 14 mal so breit als hoch. Exumbrella mit tiefer Kranzfurche und 16 tiefen Radial -Furchen. Schirmkranz mit 16 Pedalien (8 schwächeren rhopalaren und 8 stärkeren tentacularen). 16 Randlappen eiförmig, fast doppelt so lang als breit, mit tiefer Spangenfurche, etwa 4 so lang als der Schirm- Radius. Tentakeln eylindrisch, zugespitzt, etwa so lang als der Schirm-Radius. Gonaden 8 länglich- runde, adradiale, nierenförmige Wülste, doppelt so lang als breit; ihre Proximal-Hälften etwas breiter als ihre Intervalle, ihre Distal-Hälften vom Kranzmuskel verdeckt. Grösse: Horizontal-Diameter 12 Mm.; Vertieal-Diameter 8 Mm. Fundort: Süd-Atlantischer Ocean, unweit der Insel Tristan d’Acunha; Lat. S. 32° 24’; Long. W. v. Greenw. 13° 5’; in 8550 Fuss (= 1425 Faden) Tiefe. Station 335 der Challenger-Expedition. Die beiden untersuchten Exemplare (ein männliches und ein weibliches) sind gut conservirt und wurden 88 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. am 16. März 1876 gefangen. Die abgebildeten Quer- und Längsschnitte wurden von den beiden Hälften des halbirten weiblichen Exemplares angefertigt. Umbrella (Taf. XXVII, Fig. 1; Taf. XXVII, Fig. 12—14). Der Schirm von Nauphanta Chal- lengeri hat die Form einer Mütze oder eines Barettes und ist bedeutend höher gewölbt als bei den meisten anderen Discomedusen. Auch die specielle Conformation desselben, und insbesondere die eigenthümliche Sculptur der Exumbrella, erinnert vielfach an die Cubomedusen und Peromedusen, mit denen die ältesten Stammformen der Discomedusen offenbar noch sehr nahe verwandt sind. Die Höhe des Schirmes beträgt 2 von dessen Breite. Während die obere abgeplattete Scheitelfläche fast hori- zontal erscheint, fallen die steilen Seitenwände fast vertical ab. Zwischen erstem und zweitem Drittel seiner Höhe wird der Schirm durch eine tiefe horizontale Kranzfurche (Fossa coronaris, ec) einge- schnürt und zerfällt dadurch in eine obere (centrale) Schirmscheibe und in einen unteren (peripheren) Schirmkranz. Die Schirmscheibe (Discus umbrellae), welche in der Mitte oben napfartig vertieft ist, bildet die horizontale Decke des flachen scheibenförmigen Basal-Magens (gb); der Schirmkranz hin- gegen (Corona umbrellae) umschliesst den Kranz der Radial- Taschen und trägt unten am Rande den Kranz der Tentakeln und Rhopalien, sowie der mit diesen alternirenden Randlappen. Die Exumbrella (Fig. 1, 13) ist ausser der horizontalen Kranzfurche (ec) auch durch tiefe radiale oder longitudinale Furchen ausgezeichnet, welche in gleicher Weise wie bei Periphylla (Taf. XIX, XX) die äussere Schirmfläche in convex vorspringende Gallert-Wülste theilen. Im Ganzen können 16 tiefe subradiale und 16 seichtere, mit diesen alternirende Längsfurchen unterschieden werden. Diese letzteren durchschneiden fast die ganze Exumbrella und treffen sowohl die Schirmscheibe als den Schirmkranz, während die tieferen subradialen Furchen sich auf den Schirmkranz beschränken. Von den 16 seichten Längsfurchen sind 4 perradial, 4 interradial und 8 adradial. In der centralen Schirm- scheibe stehen dieselben in gleichen Abständen und theilen deren periphere, verdickte Hälfte in 16 gleiche subradiale Scheibenwülste, während ihre dünnere centrale Hälfte ungefurcht bleibt und zugleich beträchtlich verdünnt ist (Fig. 1, 13, 14). In dem peripheren Schirmkranze hingegen sind sie bloss im Distal-Stück der 16 Kranz-Wülste ausgeprägt. Zwischen letzteren liegen die tieferen 16 subradialen Längsfurchen, welche den ganzen Schirmkranz durchschneiden und paarweise dergestalt genähert sind, dass derselbe in 8 schmälere und 8 breitere Gallertsockel oder Pedalien zerfällt; jene tragen die 8 Rhopalien, diese die 8 Tentakeln (Fig. 1, 13). Jeder der 16 Gallertsockel besteht aus einem dickeren ungetheilten Proximal-Stück und einem dünneren, durch eine seichte Radial-Furche halbirten Distal- Stück; ersteres enthält eine Kranztasche, letzteres ein Paar Lappentaschen. Die 8 schmäleren, princi- palen Ocular-Sockel (Pedalia rhopalaria), 4 perradiale (up) und 4 interradiale (w), zeichnen sich da- durch aus, dass ihre Seitenlinien concav ausgeschweift sind und ihr schmäleres Proximal- Stück nur halb so lang als das gabeltheilige Distal-Stück. Die 8 breiteren, adradialen Fühler-Sockel (Pedalia tentacularia, ua) zeigen umgekehrt eonvex vorspringende Seiten-Linien, und ihr breiteres Proximal-Stück ist fast doppelt so lang als das tief ausgeschnittene Distal-Stück (Fig. 1, 13). Die Enden der Gabel- Hälften sind an allen 16 Pedalien stumpf abgerundet und setzen sich scharf von dem Randsaum der dünnen Randlappen ab (Patagium, Ip). Die Subumbrella (Fig. 12, 13) zerfällt durch den breiten Kranzmuskel (mc) in 3 Abschnitte, welche durch dessen beide Ränder von einander getrennt werden. Das innere oder obere, intra- coronare Drittel derselben reicht von der Magen-Insertion (bezüglich von den 4 Pylorus-Klappen oder interradialen Septal-Knoten) bis zum inneren oder proximalen Rande des Kranzmuskels (me}) und enthält die Proximal-Hälften der 8 adradialen Gonaden (s), sowie die 8 schmalen longitudinalen NAUPHANTA CHALLENGERI. 89 Delta-Muskeln, welche mit jenen alterniren; von diesen sind die 4 interradialen (Fig. 12 md”) bedeutend stärker und breiter als die 4 perradialen (Fig. 12 md’), ähnlich wie bei Afolla (Taf. XXIX). Das mittlere oder eoronare Drittel der Subumbrella wird lediglich von dem breiten Kranzmuskel (M. coronaris, Fig. 12, 14 mc) eingenommen. Dieser verhält sich ganz ähnlich wie bei Periphylla und zerfällt durch die 16 subradialen Lappenspangen (Fig. 12 kl) in 16 viereckige Kranztafeln. Von diesen sind die 8 adradialen (tentacularen) bedeutend breiter als die 8 prineipalen (rhopalaren); die ersteren bedecken zugleich die Distal-Hälften der Gonaden an ihrer Axial-Seite. Das äussere oder untere, extracoro- nare Drittel der Subumbrella reicht vom äusseren oder distalen Rande des Kranzmuskels (me,) bis zum eigentlichen Schirmrande und wird vom Lappenkranze eingenommen. An diesem sind 16 Paar longitudinale Lappenmuskeln zu erkennen, ein Paar für jeden Randlappen. Die Schirmhöhle (h) ist wegen der hohen Wölbung des Schirmes geräumiger und höher als bei den meisten anderen Discomedusen. Ihre Gestalt ist beinahe cylindrisch, indem ihre subumbrale Seitenwand fast senkrecht aufsteigt (Fig. 14). Jedoch wird sie dadurch, dass die 8 Gonaden stark ge- wölbt nach innen vorspringen, mehr achtseitig-prismatisch. Ihre obere Grundfläche wird von dem subumbralen Magenboden (gw) eingenommen, die untere Grundfläche von der weiten Schirm-Mündung, umgeben vom Kranze der Randlappen. Den axialen Mittelraum der proximalen Hälfte füllt das herab- hängende Mundrohr aus. Indem die subumbrale Magenwand oben in perradialer Richtung 4 schmale Mesenterial-Falten oder Mesogonien bildet, und zwischen diesen in interradialer Richtung weiter nach oben vorspringt, entstehen 4 flache interradiale Trichterhöhlen (Fig. 3 “); dieselben werden überwölbt von den 4 flachen Pylorus-Klappen (Fig. 2 gi), welche die Phacellen tragen (Fig. 2 f). Die specielle Bildung dieser Theile ist sehr ähnlich derjenigen vieler Cubomedusen (Charybdeiden). Schirmrand (Taf. XXVII, Fig. 1; Taf. XXVIN, Fig. 12—14). Wie bei Ephyra, der gemeinsamen Stammform aller Discomedusen, und wie bei den meisten Gattungen der Ephyriden-Familie (allen Pal- ephyriden und Nausithoiden) so setzt sich auch bei Nuuphanta der Schirmrand ganz regelmässig aus folgenden Rand-Organen zusammen: 8 Rhopalien (4 perradialen und 4 interradialen), 8 adradialen, mit diesen alternirenden Tentakeln, und 16 subradialen Randlappen, welche zwischen erstere und letztere eingefügt sind. Die Zahl der 16 Kand-Organe, welche mit den 16 subradialen Randlappen alterniren, ist demnach hier dieselbe wie bei Tesserantha (Taf. XV) und Periphylla (Taf. XVII ete.). Während aber bei der Stauromeduse Tesseruntha alle 16 Randorgane einfache Tentakeln bleiben, bei der Peromeduse Periphylla die 4 interradialen in Rhopalien verwandelt, die 12 übrigen Tentakeln geblieben sind, er- scheinen bei unseren Ephyriden nur die 8 adradialen Tentakeln permanent; hingegen sind die 8 prin- eipalen (4 perradiale und 4 interradiale) in characteristische Sinneskolben verwandelt, wie bei allen übrigen Discomedusen. Die 8 Sinneskolben oder Rhopalien (Fig. 12, 13 cr, Fig. 20) gleichen unter den bekannten Formen dieser Organe am meisten denjenigen der nächstverwandten Nausithoe, stimmen aber auch mit denjenigen von Periphylia (Taf. XVII) in den meisten und wichtigsten Beziehungen überein. Von den- jenigen der meisten anderen Discomedusen unterscheiden sie sich durch ihre breite gedrungene Ge- stalt. Die 8 Sinneskolben liegen verborgen zwischen je 2 Randlappen in 4 perradialen und 4 inter- radialen tiefen Einschnitten des Schirmrandes, welche mit den tieferen Tentakel-Einschnitten alterniren (Fig. 1, 12—14). Im Ganzen hat jedes Rhopalium (Fig. 20) die Gestalt eines breiten, zungenförmigen Blattes und ist ungefähr 14 mal so lang als breit. Bei der normalen Haltung des verticalen Schirm- randes ist dasselbe mit dem freien Distal-Ende dergestalt nach abwärts gerichtet, dass die convexe Abaxial-Fläche frei nach aussen, die concave Axial-Fläche nach innen gegen die Schirmhöhle sieht. Haeckel, Tiefsee-Medusen. 12 90 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. Von den 4 Sinnesorganen, welche in jedem Rhopalium vereinigt sind, liegt das Riechgrübchen an der convexen Aussenseite des Basaltheiles, das Auge gegenüber an dessen concaver Innenseite, die Tast- platte unterhalb des letzteren und das freie Hörkölbehen versteckt in der geräumigen Hörnische (Fig. 20 on). Das Riechgrübchen oder der Riechtrichter (Infundibulum olfactorium, oz) bildet eine flache kegel- förmige Vertiefung in der convexen Exumbral-Seite des verdickten Basaltheiles; ihr Exoderm - Epithel ist in zierliche Falten gelegt und besteht aus stäbchenförmigen Sinneszellen (Riechzellen?). Ihm gegen- über findet sich an der concaven Subumbral-Seite ein breites schwarzbraunes Pigmentpolster (Fig. 20 op), in dessen Mitte das unpaare axiale Auge eingebettet ist; dasselbe scheint ähnlich wie bei Nausithoö eine coneav-convexe Linse inmitten eines dunkleren Pigmenthügels zu enthalten (oc). Unterhalb des- selben setzt sich ein schmäleres, dunkel-pigmentirtes Band ab, welches stärker convex vorspringt, ein verschieden gestaltetes Epithel mit langen Tasthaaren trägt und wahrscheinlich eine Tastplatte dar- stellt (op). Nach aussen von dieser (an ihrer Abaxial-Seite) erhebt sich mit dünnem Stiel das keulen- förmige Hörkölbehen (ok); dasselbe hängt frei in die concave Rhopalar-Nische (on) hinab und wird nach aussen von der breiten, concav-convexen Deckschuppe oder Hörschuppe (os) schützend umgeben; der untere stumpfe Rand der letzteren ist nach innen und oben eingeschlagen (os,). Das solide Hör- kölbchen, dessen Exoderm-Epithel lange Hörhäärchen trägt, umschliesst in seinem freien angeschwol- lenen Distal-Ende einen kugeligen oder subsphärischen Otolithen (Fig. 20 ol, 21). Derselbe ist krystal- linisch, durchsichtig und zeigt an seiner Oberfläche viele unregelmässig polygonale, schwach convexe Facetten und ausserdem eine scharf vortretende Granulation. Am Proximal-Ende scheinen mehrere kleinere Otolithen an den grossen angesetzt zu sein. Die 8 Tentakeln (2), welche mit den 8 Rihopalien alterniren und demnach adradial liegen, entspringen weiter oberhalb in tieferen Einschnitten des Schirmrandes. Sie sind ungefähr so lang als die Schirmhöhe, eylindrisch, am Distal-Ende pfriemlich zugespitzt, an der proximalen Basis stark kegel- förmig angeschwollen. Hier geht auch ein kurzer Canal (ein Ausläufer der 8 adradialen Kranztaschen) eine Strecke weit in den Basal-Theil der Tentakeln hinein, welche im Uebrigen solid sind. Die Haupt- masse derselben bildet eine weiche, elastische Chordal-Axe, aus grossen blasenförmigen Entoderm-Zellen zusammengesetzt. Der Exoderm-Ueberzug besteht theils aus Nesselzellen, theils aus Tastzellen, theils aus Epithel-Muskelzellen. Die langen Muskelfasern der letzteren verlaufen longitudinal und bilden an der Axial-Seite der Tentakeln einen stärkeren Längsmuskel. Die 16 Randlappen (/m) liegen subradial, in der Mitte zwischen den 8 adradialen Ten- takeln und den 8 prineipal gelegenen Rhopalien. Sie sind schief eiförmig, ungleichseitig, da ihr ten- tacularer Rand fast doppelt so lang ist als ihr rhopalarer Rand. In seiner Proximal-Hälfte ist jeder Randlappen beträchtlich verdickt durch die zugekehrten Gabel-Aeste von je 2 benachbarten Pedalien, während seine Distal-Hälfte durch ein sehr zartes und dünnhäutiges, fast dreieckiges Patagium gebildet wird (Ip). Gastrocanal-System (Taf. XXVII, Fig. 2—10; Taf. XXVIII, Fig. 12—15). Das Gastrovascular- System von Nauphanta erscheint auf den ersten Blick sehr einfach gebildet und nicht wesentlich ver- schieden von demjenigen der Ephyrula, der bekannten gemeinsamen Keimform der Discomedusen. Bei genauerer Untersuchung zeigt dasselbe jedoch mehrere, sehr merkwürdige und wichtige Bildungs-Ver- hältnisse, welche bei der grossen Mehrzahl der Discomedusen heute nicht mehr zu finden und welche als uralte, von der gemeinsamen Stammform der Acraspeden vererbte Eigenthümlichkeiten aufzufassen sind. Dadurch nähert sich Nauphanta theilweise mehr den Tesseronien als den übrigen Ephyronien und verbindet diese beiden Sublegionen der Acraspeden in der interessantesten Weise. Vor Allem NAUPHANTA CHALLENGERI. 91 ist in dieser Beziehung bemerkenswerth, dass hier noch die 4 bedeutungsvollen interradialen Septal- Knoten oder Cathammen existiren, welche die 4 breiten perradialen Magentaschen von einander trennen und welche bei den meisten Discomedusen gänzlich verschwunden sind. Unterhalb derselben (— also viel weiter nach aussen als bei den meisten übrigen Discomedusen —) liegen in der Subumbral-Wand des Kranzdarmes die Geschlechtsdrüsen. Aber auch in der besonderen Beschaffenheit des centralen Hauptdarmes, ebenso wie in derjenigen des peripheren Kranzdarmes, finden sich mehrfache Eigenthüm- lichkeiten, welche mehr an die Tesseronien als an die Ephyronien erinnern, und welche als uralte Erbstücke von der gemeinsamen Stammform beider Legionen zu beurtheilen sind. Der axiale Hauptdarm (Gaster principalis, Fig. 2—7) scheint auf den ersten Blick, wie bei den übrigen Discomedusen, nur aus zwei Hauptabschnitten zu bestehen, aus dem oberen (aboralen) Central-Magen und dem unteren (oralen) Buccal-Magen; ersterer wird von der Schirmscheibe bedeckt und ist selbst flach scheibenförmig; letzterer ist mehr triehterförmig und hängt frei in die Schirmhöhle herab. Indessen ist der letztere in der Mitte durch eine Strietur eingeschnürt, welche wahrscheinlich dem Gaumenthor (Poriu palatina, gp) der Tesseronien entspricht, und in diesem Falle würden hier noch alle drei Magenkammern dieser Legion zu unterscheiden sein. Die Grenze zwischen den beiden Haupt- abschnitten bildet die horizontale Cathammal-Ebene, in welcher die 4 Septal- Knoten oder Cathammen (kn) liegen; diese würde dann als Magenpforte (Porta pylorica, gy) aufzufassen sein. Im Uebrigen sind alle drei Magenkammern von höchst einfacher Bildung. Wenn wirklich die vorstehende Deutung richtig ist, so beschränkt sich der Bueeal-Magen oder das Mundrohr (Proboseis) auf die unterhalb des Gau- mens (gp) liegende orale Hälfte, welche die Gestalt einer abgestutzten vierseitigen Pyramide hat. Die Basis der letzteren bildet die quadratische Mundöffnung, an deren 4 Eeken 4 perradiale kurze, drei- eckige Mundzipfel vorspringen (Fig. 12, 14 al). Sie reicht nur bis zum Proximal-Rande des Kranz- muskels herab; somit nimmt das Magenrohr nur die obere Hälfte der Schirmhöhle ein. Oberhalb des Palatum (gp) erweitert sich der Magen wiederum in Gestalt eines flachen Trichters, der wohl dem eigentlichen Central-Magen entspricht (ge). Derselbe mündet oben unmittelbar in den flachen Basal-Magen (gb) und erscheint von diesem nur durch die 4 interradialen Pylorus-Klappen getrennt (Valvulae pyloricae, gi). Das sind 4 flache, zungenartige Vorsprünge, welche von den 4 Septal-Knoten centripetal in den Magengrund hineinragen und an ihrer oberen freien Fläche die Gastral-Filamente tragen (Fig. 14 f); sie entsprechen vollständig den stärkeren Pylorus-Klappen vieler Cubomedusen (p. 83). Die ideale Horizontal-Ebene, in welcher dieselben liegen, entspricht dem Pylorus der Tesse- ronien und bildet daher eigentlich die untere Grenzfläche des Basal-Magens, dessen obere Decke durch die horizontale, fast ebene Entoderm-Fläche der centralen Gallertscheibe des Schirmes gebildet wird (Fig. 14 ug). Die 4 Septal-Knoten (Nodi cathammales, Fig. 3 kn, Fig. 14 kn) sind 4 interradiale, kleme aber feste, knorpelharte Knoten, in denen die subumbrale Magenwand mit der umbralen fest verwachsen ist. Zwischen ihnen bleiben 4 breite horizontale Spalten übrig, die 4 perradialen Gastral-Ostien, durch welche der Central-Magen mit dem peripheren Kranzdarme communiecirt. Offenbar entsprechen diese wichtigen Organisations - Verhältnisse vollständig denjenigen der Tesseronien. Insbesondere sind die 4 bedeutungsvollen interradialen Cathammal-Knoten denjenigen der Peromedusen ebenso homolog, wie der darunter gelegene Ring-Sinus; während anderseits mit vielen Cubomedusen eine besondere Ueber- einstimmung durch das Verhalten der 4 interradialen zungenförmigen Pylorus-Klappen hergestellt wird. Bei den meisten übrigen Discomedusen (wohl bei allen Semostomen und Rhizostomen) sind diese Tesse- ronien-Bildungen verschwunden, da die Septal-Knoten und Pylorus-Klappen rückgebildet wurden. Dos & 92 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. Die Gastral-Filamente (Taf. XXVII, Fig. 18) sind nicht sehr zahlreich, aber verhältniss- mässig gross und stark. Sie bilden 4 bogenförmige interradiale Phacellen, deren convexer Rand dem freien Rande der zungenförmigen Pylorus-Klappe (gi) entspricht. Jeder halbmondförmige Pha- cellus besteht aus einer einzigen Reihe von 20—24 Gastral-Filamenten, welche dicht gedrängt neben einander stehen. Dieselben sind eylindrisch und nehmen von der Mitte des Phacellus nach beiden Enden hin an Länge ab; die längsten sind ungefähr 4 so lang als der Schirm-Radius. Der periphere Kranzdarm (Gaster coronaris) reicht von der horizontalen Cathammal -Ebene der 4 Septal-Knoten (welche ein Stück oberhalb der exumbralen Kranzfurche liegt) bis zum Schirm- rande herab und besteht aus folgenden drei Kränzen oder horizontalen Abschnitten: A. ein proximaler oder oberer Kranz von 4 perradialen Magentaschen; B. ein mittlerer Kranz von 16 Kranztaschen und C. ein distaler oder unterer Kranz von 32 marginalen Lappentaschen. Bei genauerer Betrachtung lassen sich sogar 5 verschiedene Abschnitte des Kranzdarmes unterscheiden; denn zwischen die 4 per- radialen Haupttaschen und die 16 Kranztaschen ist noch ein besonderer Ringsinus (cs) und darunter ein Kranz von 8 Taschen eingeschaltet (Fig. 4). Vergl. die Querschnitte Fig. 2—10 und die Längs- schnitte Fig. 14, 15. Die 4 breiten Radial-Taschen oder „perradialen Magentaschen“ (Fig. 4), welche allen Tesse- ronien zukommen, sind auch hier unzweifelhaft vorhanden und werden zum Mindesten durch die 4 Gastral-Östien oder die breiten Spalträume zwischen den 4 interradialen Septal-Knoten (kn) reprä- sentir. Man kann jedoch auch den ringförmigen Hohlraum unterhalb der letzteren, zwischen ihnen und dem Proximal-Rande der Kranztaschen dazu rechnen, falls man diesen Hohlraum nicht lieber als besonderen Ringsinus (cs, Fig. 14) demjenigen der Peromedusen vergleichen will (Simus coronanis, p- 67, Taf. XXI, cs). In der That sind hier die Verhältnisse ebenso wie bei allen denjenigen Tesse- ronien, deren interradiale Septen oder Cathammen nur kleine kurze Knoten, keine langen Leisten sind (vergl. oben p. 45 und 68). Die 16 Kranztaschen (Bursae coronares), welche den mittleren Gürtel des Kranzdarmes bilden, gehen vom Distalrande des Ring-Sinus ab; sie sind abwechselnd breiter und schmäler und werden von einander durch 16 subradiale Septal-Leisten geschieden, welche die proximalen Fortsetzungen der 16 subradialen Lappenspangen bilden (Fig. —15 kl). Ihre innere oder axiale Wand bilden unten die 16 Kranztafeln des Kranzmuskels; ihre äussere oder abaxiale Wand hingegen die 16 Pedalien der Umbrella. Jede Kranztasche spaltet sich unten (am Distalrande des Kranzmuskels) in 3 blinde End- äste, von denen die beiden lateralen in die zugekehrten Hälften von 2 benachbarten Randlappen ein- treten, der mittlere hingegen entweder zu einem Rhopalium oder zu einem Tentakel hingeht. Die 8 schmäleren Ocular-Taschen (bo) (4 perradiale und 4 interradiale) gehen zu den 8 Rhopalien, in deren Ampulle ihr Mittelast blind endet. Die 8 breiteren Tentacular-Taschen (bt) sind viel weiter und enthalten die Distal-Hälften der Gonaden, welche an ihrer Subumbral- Wand befestigt sind; ihr mittlerer Endast geht in den Distal-Theil der Tentakeln hinein; sie springen beträchtlich weit in die Schirmhöhle vor (Fig. 5, 6). Von den 8 Ocular-Taschen sind die 4 perradialen etwas länger als die 4 interradialen; denn sie entspringen oben etwas höher aus dem Ring-Sinus als die letzteren. Daher erklärt es sich, dass auf dem Querschnitt des Schirmes gleich unterhalb des einfachen Ring-Sinus zu- nächst nur 8 Radial-Taschen erscheinen (Fig. 4). Die 4 schmalen perradialen Ocular- Taschen (bo |) alterniren hier mit 4 sehr breiten und weiten Taschen (br,), welche die oberen, proximalen Enden eines Gonaden-Paares enthalten; und welche sich etwas weiter unterhalb in 3 Taschen spalten, in eine mittlere, interradiale Ocular-Tasche und in 2 seitliche adradiale Tentakel- Taschen (Fig. 5). Aus der NAUPHANTA CHALLENGERI. i 93 vergleichenden Betrachtung der Längsschnitte (Fig. 14, 15) und der Querschnitte (Fig. 3—8) wird dieses Verhalten der Kranztaschen am besten ersichtlich. Bemerkenswerth ist noch, dass sich das sub- umbrale Entoderm der Ocular-Taschen in hohe Papillen und Falten erhebt, welche dem Sterigma der Tentacular-Taschen entsprechen (Fig. 4—8). Die 32 Lappentaschen (Bursae lobares, bl) erfüllen paarweise die Proximal-Hälfte der 16 Rand- lappen, während ihre zarte dünnhäutige Distal-Hälfte davon frei bleibt (Fig. 12, 14 bl). Die beiden Taschen jedes Lappens bleiben durch die subradiale Lappenspange (kl) getrennt und gehören zwei verschiedenen benachbarten Kranztaschen an, einer ocularen und einer tentacularen. Da die Rhopalien beträchtlich tiefer liegen als die Tentakel-Insertionen, so sind auch die 16 ocularen Lappentaschen be- deutend kürzer als die 16 tentacularen Lappentaschen. Die blinden Distal-Enden beider liegen aber in derselben Horizontal-Ebene. Der periphere Taschenkranz zeigt somit bei Nauphanta wesentlich die- selben Bildungs-Verhältnisse wie bei Pelagia. Gonaden (Taf. XXVII, Fig. 4—8 s; Taf. XXVII, Fig. 12—16 9). Die Geschlechtsdrüsen bilden in beiden Geschlechtern 8 getrennte bohnenförmige Drüsen, welche regelmässig adradial ver- theilt innen an der Subumbral-Wand des Kranzdarmes liegen, oberhalb der 8 Tentakeln. Indessen lehrt die genauere Untersuchung, dass dieselben paarweise zusammen gehören, wie bei den Cubomedusen und Peromedusen. Somit sind eigentlich 4 interradiale Gonaden-Paare vorhanden, welche ursprünglich zu den 4 Septal-Knoten in unmittelbarer Beziehung standen. Insbesondere auf Querschnitten durch die Proximal-Hälfte der Ovarien, ein Stück oberhalb des Kranzmuskels, zeigt sich deutlich, dass die 8 Gonaden eigentlich 4 interradiale Paare bilden, die von den 4 interradialen Septal-Knoten aus sich entwickelt haben. Da wo die 4 interradialen Ocular- Taschen noch mit je 2 Tentakel- Taschen vereinigt sind (Fig. 4), liegt je ein Gonaden-Paar in einer breiten Interradial-Tasche (br,); und etwas weiter unterhalb erscheint das Sterigma der beiden zusammengehörigen Gonaden dergestalt gekrümmt und eingerollt, dass ihre convexen und gelappten Oberflächen einander zugekehrt sind (Fig. 5). Mithin entsprechen die beiden Geschlechtsdrüsen jedes Paares den Bogenhälften der 4 interradialen Gonaden von Tesserantha.. — Die Gestalt der Ovarien, ebenso wie der Spermarien von Nauphanta ist bohnen- oder nierenförmig, an der Axial-Seite concav, an der Abaxial-Seite convex. Mit dem obersten Theile ihrer abgerundeten diekeren Proximal-Hälfte reichen sie oben bis in den Ring-Sinus hinein, bis in die Nähe der Septal-Knoten, während sie mit dem untersten Theile ihrer dünneren Distal- Hälfte beinahe den Distal-Rand des Kranzmuskels und die Tentakel-Basis berühren. Beide Hälften werden äusserlich von einander durch den Proximal-Rand des Kranzmuskels getrennt (Fig. 12, 14 mc,); dieser zieht schleierartig über die untere Hälfte hinweg. Bei oberflächlicher Betrachtung hat es den Anschein, dass die Gonaden in der Subumbrella — genauer in der Subumbral-Wand des Kranzdarmes — liegen und von da aus in die Schirmhöhle vorgestülpte Taschen bilden. Die Vergleichung der Längs- und Quer- schnitte lehrt jedoch, dass sie grösstentheils frei im Hohlraum der tentacularen Kranztaschen liegen und mit deren Subumbral-Wand nur an einer knotenartigen Stelle zusammenhängen, welche wir die @o- naden-Wurzel nennen wollen (Fig. 4—11, 15 st,). An dieser Wurzel geht von der gelatinösen Stützlamelle der Subumbrella das Fuleral- Gerüste (Sterigma) aus, welches das entodermale Keim -Epi- thel trägt. Das Sterigma (st) oder das Fuleral-Gerüste der Gonaden geht von der Wurzel als ein dicker kurzer Zapfen aus, welcher sich alsbald in Gestalt eines dünnen, stark gewölbten Schildes aus- breitet, vielfach faltet und an seiner convexen Oberfläche zahlreiche hohle Papillen von unregelmässiger Form treibt. Auf dem Querschnitt sowohl (Fig. 4—11) als auf dem Längsschnitt (Fig. 15) erscheint 94 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. daher dieses Fuleral- Gerüste der Gonade dendritisch verästelt; es entspricht der gefiederten Gonaden- Rippe der Peromedusen (Sterigma, p. 71, Taf. XXIII, Fig. 38). Die knotenartige Wurzel des Sterigma ist halbmondförmig, am oberen oder proximalen Rande concav ausgeschnitten. Zugleich wird sie hier von einer blindsackförmigen Ausbuchtung der Kranztasche dergestalt ausgehöhlt, dass sie auf dem Querschnitt (Fig. 6) mit 2 getrennten Wurzelästen zu entspringen scheint; das sind die beiden Hörner des Halbmondes (st). Die Gestalt des Sterigma ist somit eigentlich sehr complieirt (Fig. 2—15). Das knorpelartige Bindegewebe, welches das faserige Stroma des Sterigma bildet (Fig. 16 si), ist zellenreich, besonders gegen die entodermale Oberfläche. Da das Sterigma nur an seiner dünnen Wurzel mit der Subumbrella zusammenhängt, ragt es im Uebrigen ganz trei in den Hohlraum des Kranzdarmes hinein, und zwar mit der Proximal-Hälfte bis in den Ring-Sinus, mit der Distal-Hälfte in die 8 tentacularen Kranztaschen. An seiner convexen Aussenfläche ist das Sterigma von dem gewöhnlichen Entoderm der Subumbral- Wand des Kranzdarmes überzogen. An der eoneaven Innenfläche hingegen, welche einen vielfach ausgebuchteten Genital-Sinus umschliesst, verwandelt sich jenes Entoderm in Keim- Epithel, welches Geschlechts-Producte bildet. Das Keim-Epithel des Entoderms (Fig. 16 ds), welches beim Weibchen grosse Eizellen, beim Männchen ungefähr doppelt so grosse Sperma-Follikel bildet, findet sich ausschliesslich an der concaven Innenfläche des muschelförmig eingebogenen Fulcral-Schildes, als Auskleidung des „Genital-Sinus“, den dasselbe einschliesst. Dieser Sinus hat eine sehr complieirte Gestalt, da das schildförmige Sterigma nicht allein an seiner abaxialen (äusseren), sondern auch an seinen Seitenflächen stark convex ein- geschlagen und dabei vielfach ausgebuchtet ist. Ausserdem ist die eingeschlagene concave Axial- Hälfte desselben mit der convexen Abaxial-Hälfte dergestalt grossentheils verwachsen, dass nur ein enger Eingang aus dem Hohlraum des Kranzdarmes in denjenigen des Genital- Sinus hineinführt. Dieser enge Eingang ist die Apertura sinus genitalis (sa); sie ist schwer zu finden und scheint bei Nau- phanta, wie bei Atolla, an den beiden, zu einem interradialen Paare gehörigen Gonaden einander zuge- kehrt zu liegen, an der interradialen Seite der Sterigma-Wurzel. Die Apertur war an den beiden con- servirten Spiritus-Exemplaren um so schwieriger zu finden, als der Hohlraum des Sinus fast ganz mit geronnenem Schleim (?) erfüllt und das Epithel grösstentheils zerstört war. Die reifen Eizellen sowohl als die reifen Spermaballen gelangen aus dem Keim-Epithel in die darunter gelegene Gallertplatte des Sterigma und werden hier in dünnwandige Fulcral-Kapseln eingeschlossen. Später bersten diese; die reifen Geschlechts-Producte fallen dann’ wahrscheinlich nicht direct in den Hohlraum des Kranzdarmes hinein, sondern in den Genital-Sinus, aus dem sie durch dessen Apertur zunächst in den ersteren ent- leert werden; dann gelangen sie von da durch die Gastral-Ostien in den Magen und von hier durch den Mund nach aussen. Subfamilia: COLLASPIDAE, Harcker (1879). Ephyriden mit 16—82 Sinneskolben und mit eben so vielen Tentakeln, mit 32—64 Randlappen und mit 8 getrennten adradialen Gonaden. Genus: ATOLLA, Harcker (1879). Atolla = Insel mit ringförmigem Korallen-Gürtel. Genus-Diagnose: Ephyride mit 16—32 rudimentären Sinneskolben und eben so vielen Ten- takeln, mit 32—64 Randlappen und mit 64—128 Lappentaschen. Central-Magen durch 4 perradiale Gastral-Ostien in einen Ringsinus geöffnet, von dessen Distal-Rande 16—32 breite tentaculare Kranz- ATOLLA WYVILLEI. 95 taschen abgehen, und mit diesen alternirend ebenso viele rudimentäre Ocular-Canäle. 8 getrennte ad- radiale Gonaden paarweise gruppirt, nicht in gleichen Abständen vertheilt. Das Genus Atolla gehört gleich der vorhergehenden Nauphanta zu den merkwürdigsten und morphologisch interessantesten Tiefsee-Medusen, welche die Challenger- Expedition an den Tag geför- dert hat. Beide sind uralte Ueberbleibsel von einer ausgestorbenen Stammgruppe der Discomedusen, welche deutlich auf den innigen Zusammenhang dieser Ordnung mit den Cubomedusen und Pero- medusen hinweisen. Eine nächste Verwandte besitzt Atolla in der ähnlichen, ebenfalls die antarktische Tiefsee bewohnenden Collaspis, welche ich im „System der Medusen“ (1879, p. 489, Taf. XXVII) be- schrieben habe. Beide zusammen bilden eine besondere kleine Gruppe von Tiefsee-Cannostomen, welche ich zwar vorläufig noch als Subfamilie den Ephyriden anschliesse, welche aber künftig wohl besser als selbständige „Familie der Collaspiden“ von diesen getrennt werden dürfte. Im We- sentlichen sind diese beiden Genera als Ephyriden zu betrachten, «die sich durch verhältnissmässig colossale Grösse und eigenthümliche Complicationen in der Bildung des Schirmkranzes und des Kranz- darmes auszeichnen. Die centrale Schirmscheibe, welche durch eine tiefe Kranzfurche vom um- gebenden Schirmkranze getrennt ist, besitzt im Ganzen denselben Bau, wie bei den Nausithoiden , ins- besondere bei Nauphanta. Das weite, aber kurze, vierseitige und auf dem Querschnitt kreuzförmige Mundrohr ist von 8 Gonaden umgeben, welche bei Afolla (— wie bei Nausica« —) paarweise gruppirt, hingegen bei Collaspis (— wie bei Nausithoe oder Nauphanta —) in gleichen Abständen adradial vertheilt sind. Ganz abweichend ist die Bildung des peripheren Schirmkranzes, welcher sich durch ver- mehrte Zahl der Randorgane, sowie durch besondere Modifiecationen der Structur auszeichnet. Während bei sämmtlichen übrigen Ephyriden, sowohl Nausithoiden als Palephyriden, die Zahl der Sinneskolben, Tentakeln und Lappen-Paare beständig acht beträgt, steigt sie bei den Collaspiden auf 16—32, und scheint in ähnlicher Weise unbeständig und wechselnd zu sein, wie bei den meisten polyne- malen Narcomedusen. Letzteren sind diese sonderbaren Discomedusen überhaupt so ähnlich, dass ich sie beim ersten Anblick für Riesenformen derselben hielt. Eine andere Eigenthümlichkeit der Colla- spiden besteht in der ausserordentlich starken Entwickelung ihres Kranzmuskels. Dieser zerfällt in zwei verschiedene, scharf abgesetzte Ringe: einen inneren oder axialen, der zart und dünn, velum- ähnlich, und einen äusseren oder abaxialen, der unverhältnissmässig diek und in 16—32 Tafeln getheilt ist. Unmittelbar darunter finden sich an der Basis jedes kurzen Tentakels 2 dicke spindelförmige Wurzelmuskeln, ähnlich wie bei den Peromedusen. Diesen letzteren gleichen die Collaspiden auch auffallend in der Seulptur der Exumbrella, indem deren Kranztheil durch tiefe Furchen in dicke poly- edrische Gallertstücke oder Pedalien getheilt ist. Die Hälfte dieser Pedalien sind Träger der Sinnes- kolben, die Hälfte Stützen der Tentakeln. Die Sinneskolben und die dazu gehörigen Taschen sind bei Collaspis klein und dürftig entwickelt, bei Atolla ganz rudimentär. Wahrscheinlich ist diese Rückbildung der höheren Sinnes-Organe eine Folge der Anpassung an das Leben in grossen Meerestiefen. Sehr interessant und wichtig ist auch die Bildung des Kranzdarmes, indem dieser ähnlich wie bei den Peromedusen in seinem Proximal-Theil einen weiten Ring-Sinus bildet. Dieser eommuniecirt, wie bei Nauphanta, an seinem Distal-Rande mit dem marginalen Taschenkranz, an seinem Proximal - Rande hingegen durch 4 perradiale Gastral-Ostien mit dem Central-Magen. Bei den meisten übrigen Disco- medusen ist diese ursprüngliche Einrichtung verschwunden, indem die 4 interradialen Septal- Knoten zwischen den Gastral-Ostien rückgebildet und somit auch die 4 perradialen, durch sie getrennten Magentaschen nicht mehr vorhanden sind; diese sind nebst dem Ring-Sinus hier im Central-Magen in Folge dessen aufgegangen. 96 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAF. Species: Atolla Wyvillei, Harcker. Tafel XAXTX. Atolla Wyvillei, HAEckEL, 1879; System der Medusen, p. 488, Nr. 453. Species-Diagnose: Schirm ganz flach, scheibenförmig, etwa 6 mal so breit als hoch. Radius der centralen Schirmscheibe doppelt so gross als der des peripheren Schirm-Kranzes; beide durch eine sehr tiefe Kranzfurche getrennt. Mundrohr in der Mitte eingeschnürt, vierseitig - prismatisch, 2—3 mal so breit als hoch. Gonaden in dessen Umkreis 8 elliptische adradiale Taschen, paarweise gruppirt, ihre perradialen Abstände kleiner als die interradialen. 19—22 (16—32?) rudimentäre Sinneskolben und eben so viele kurze, damit alternirende Tentakeln (halb so lang als der Schirm-Radius). Ten- takel-Pedalien breiter und kürzer als die Rhopalar-Pedalien. Die rhopalaren Lappen-Canäle rudimentär, viel schmäler und kürzer als die tentacularen. Randlappen elliptisch, stumpf. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 58—66 Mm., Vertical-Diameter 10—12 Mm. Fundort: Antarctischer Ocean der östlichen und westlichen Hemisphäre, in Tiefen von eirca 12,000 Fuss. Von dieser merkwürdigen Species erbeutete die Challenger-Ex- pedition 5 Exemplare, welche ich in Alkohol conservirt untersuchen konnte. Leider war der Erhal- tungs-Zustand trotz der derben Körper - Beschaffenheit nur mangelhaft, die Epithelien fast sämmtlich verloren. Alle 5 Exemplare waren geschlechtsreife Weibchen. 3 derselben wurden am 3. März 1874 gefangen (Station 157 des Challenger-Cataloges: Lat. 53° 55° S. Br., 108° 35° Ö.L.). Diese Stelle des antarktischen Oceans liegt ungefähr in der Mitte zwischen Kerguelen-Inseln und Melbourne. Die Tiefe betrug 1950 Faden (11,700 Fuss). Die beiden anderen Exemplare wurden am 11. Februar 1876 aus 2040 Faden (= 12,240 Fuss) Tiefe gehoben (Station 318 des Challenger -Cataloges; 42° 32’ S. B., 56° 27° W.L.). Diese Stelle des Südatlantischen Oceans liegi unweit der Küste von Patagonien, S. Matias Bay. Die Boden-Temperatur betrug 0,4 C. Die 3 indisch -antarktischen und die 2 atlan- tisch-antarktischen Exemplare stimmen im Bau völlig überein und zeigen keinerlei specifische Unter- schiede. Der horizontale Schirm -Durchmesser der drei ersteren (von Station 157) betrug 66, 58 und 50 Mm.; der Durchmesser der beiden letzteren (von Station 318) betrug 40 und 38 Mm. Das kleinste Exemplar der letzteren (von 338 Mm.) hatte nur 19 Tentakeln und 19 Lappen-Paare; die 4 anderen Exemplare besassen sämmtlich 22 Tentakeln und 22 Lappen-Paare. Ich benenne diese höchst inter- essante Species zu Ehren von Sir Wivirıe Tuonson, des verdienstvollen wissenschaftlichen Direetors der Challenger-Expedition. Umbrella (Fig. 1—4). Der Schirm von Atolla Wyvillei bildet eine kreisrunde, dicke, ganz flache Scheibe, welche ungefähr 6mal so breit als hoch ist; sie hat 60— 70 (genauer 58—66) Mm. Durchmesser, bei 10—12 Mm. Höhe. Die Consistenz desselben ist sehr fest, knorpelartig. Die Ex- umbrella (Fig. 1, Fig. 4 rechte Hälfte) wird durch eine breite und sehr tiefe Kranzfurche (ec) in eine centrale Schirmscheibe und einen peripheren Schirmkranz getheilt. Der letztere umgiebt die erstere in ähnlicher Weise wie ein Wall die Festung, oder wie ein Atoll, ein ringförmiger Korallen-Gürtel, die ein- geschlossene Insel, die von ihm durch einen Lagunen-Ring getrennt ist. Die Central-Scheibe (Discus umbralis, uc) ist eine ebene, glatte, kreisrunde Gallertscheibe; ihr Radius ist doppelt so gross als die Breite des Schirmkranzes und beträgt mithin 3 des gesammten Schirm-Radius. Ihr Rand zerfällt durch 19— 22 radiale Einkerbungen oder Ausschnitte (es) in eben so viele Zacken oder Zinnen (er). Diese Scheiben-Zinnen sind viereckig, 5 Mm. breit und ungefähr eben so lang; ihre Höhe am äusseren, senkrechten Absturz in den Wallgraben beträgt 8 Mm. Die Scheiben-Zinnen liegen in denselben ATOLLA WYVILLEI. / 97 tadien wie die Rhopalar-Pedalien (wo); sie alterniren mit den Tentakel-Pedalien (ut), welche den Ra- dial-Furchen (es) zwischen den Zinnen entsprechen. Die exumbrale Kranzfurche /(Fossa cireularıs, ec) ist bei Atolla so tief, dass in ihrem Grunde die centrale Schirmscheibe mit dem peripheren Schirmkranze nur durch einen ganz dünnen Gallertring zusammenhängt (Fig. 4 ec’). Ihre Tiefe beträgt 6—7 Mm.; ihre grösste Breite (im unteren Drittel) 4 Mm. Sie gleicht einem Lagunen-Ring oder einem tiefen Graben, welcher die centrale Insel von dem umgebenden Atoll-Riffe trennt, wie die eingeschlossene Festung von ihrem Ring-Walle. Da aber die Zacken der ersteren, gleich überhängenden Felsen, nach aussen über den Wallgraben mit ihrer oberen Kante vorspringen, so erscheint der obere, spaltförmige Eingang in die Kranzfurche nur 1—2 Mm. breit. Der periphere Schirmkranz (Corona umbralis) ist halb so breit als der Radius der centralen Schirmscheibe und setzt sich aus 3 verschiedenen Gürteln zusammen: einem inneren Gürtel von Ten- takel-Pedalien (ut), einem mittleren Gürtel von Rhopalar-Pedalien (wo) und einem äusseren Gürtel von Randlappen (2). Der innere Gürtel besteht aus einem Kranze von 19 —22 Gallertsockeln der Tentakeln (Pedalia tentacularia, ut). Das sind dieke, beinahe würfelförmige Gallert- Stücke, welche dieht an einander stossen und nur durch seichte Radial-Furchen getrennt werden. Die Seitenlänge dieser Gallertwürfel beträgt ungefähr 6 Mm. Jedes Pedal bildet die Basis oder den Sockel eines Ten- takels, der von seiner Aussenfläche entspringt. Betrachtet man diese Gallertwürfel genauer, so ergeben sich fulgende Form - Verhältnisse. Die obere (aborale) Fläche (Fig. 1 ut) ist glatt, etwas convex vor- gewölbt und sechseckig; von den sechs Seitenlinien dieses Sechseckes stösst die innere an die Kranz- furche und steht gegenüber der Radial-Furche (es) zwischen je 2 benachbarten Zacken der Central- Scheibe (er). Die beiden inneren Lateral-Linien des Sechseckes stossen mit den entsprechenden der beiden benachbarten Würfel zusammen; von den drei äusseren Seitenlinien hingegen stösst die mittlere an die Tentakel-Basis, die beiden äusseren lateralen an je 2 benachbarte Rhopalien-Pedalien (wo). Die untere (orale) Fläche der Tentakel-Pedalien hat die Form eines Parallel-Trapezes und bildet die obere Wand einer Tentakel-Tasche. Ihre einander zugekehrten Seitenflächen werden durch eine Radial- Furche getrennt, welche der Mittellinie der Scheiben-Zinnen und der Rhopalar-Pedalien entspricht. Ihre axiale Fläche bildet die äussere, fast senkrechte oder nur wenig überhängende Wand der Kranzfurche. Ihre abaxiale Fläche hingegen dient zur Insertion des proximalen Tentakel-Bulbus. Die Gallertsockeln der Sinneskolben (Pedalia rhopalaria) alterniren regelmässig mit den Gallertsockeln der Tentakeln und bilden die zweite, mittlere Zone des Schirmkranzes (Fig. 1, 4 wo). Sie sind ungefähr eben so gross als die Tentakel-Pedalien, etwas länger, aber nicht so dick, und schieben sich mit ihrem Proximal- Theil zwischen die Distal-Seiten der letzteren hinein. Ihre obere, aborale Fläche ist fast fünfeckig, flach gewölbt (Fig. 1 wo). Ihre Seitenränder sind durch einen breiten Zwischenraum getrennt, welchen der Bulbus der Tentakeln ausfüllt. Ihr abgestutzter Distal-Rand trägt ein paar dünne Randlappen und in dem Einschnitt zwischen Beiden das Rudiment eines Sinneskolbens. Die Randlappen (Lobi marginales, Fig. 4 I) bilden die dritte oder äussere Zone des Schirm- kranzes. Ihre Zahl beträgt 33—44, indem je ein Randlappen zwischen einen Tentakel und ein Rho- palium eingefügt ist. Sie sind von länglich runder Gestalt, 2—3 Mm. breit, 5—6 Mm. lang. Das proximale Drittel jedes Randlappens besteht aus einem dicken halbeiförmigen Gallertstücke, welches nichts Anderes als der distale Gabelast eines Rhopalar-Pedalium ist. Das mittlere und distale Drittel des Randlappens wird dagegen durch eine sehr dünnhäutige und faltige Randborte (Patagium, Ip) ge- bildet. Dieselbe war durchgehends zerrissen und schlecht conservirt. Iaeckel, Tiefsee-Medusen. 13 98 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. Die Gallertscheibe (ug) von Atolla ist von sehr beträchtlicher Dicke und Festigkeit (Fig. 4, linke Hälfte, im verticalen Meridian-Schnitt). Sie hat die Consistenz eines ziemlich festen Faserknorpels. Ihre Dicke beträgt an der centralen Schirmscheibe (uc) 5 Mm., am dicksten Theile, an den Rand-Zinnen der letzteren (er) sogar 10 Mm.; hingegen unmittelbar nach aussen davon, an der dünnsten Stelle der Kranzfurche (ec’) nur 4 Mm. Die Gallerte der Pedalien ist 4—7 Mm. dick. Schirmrand (Fig. 1—4). Der Schirmrand von Aiolla umfasst alle Theile, welche ausserhalb des Kranzmuskels liegen und wird demnach zusammengesetzt aus 19—22 Tentakeln, eben so vielen mit diesen alternirenden Sinneskolben und doppelt so vielen Randlappen, welche zwischen erstere und letztere eingeschaltet sind. Die Rhopalien am Distal-Rande der Rhopalar-Pedalien sind aber so klein, und die beiden Randlappen am Distal-Rande der letzteren, welche die ersteren zwischen sich ein- schliessen, so eng verbunden, «dass es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat, als ob der Sehirmrand bloss aus alternirenden Tentakeln und Rhopalar-Pedalien sich zusammensetze. Genauere Untersuchung und Vergleichung mit dem vollständiger entwickelten Schirmrande der nahe verwandten Collaspis (System, Taf. XXVIH) lehrt, dass der Schirmrand im Wesentlichen ebenso wie bei letzterer zusammengesetzt ist; nur sind die Sinneskolben und ihre Taschen bei Atolla weit stärker rückgebildet. Die Tentakeln (Fig. 1—4 t) sind sehr schwach, kaum halb so lang als der Schirm -Radius und im Ganzen von pfriemlicher Gestalt, fadenförmig, gegen das dünne Ende fein zugespitzt. Ihr Basal-Theil ist stark verdickt und bildet einen konischen Tentakel-Bulbus, welcher den Zwischenraum zwischen je 2 Rhopalar-Pedalien ausfüllt und sich an der Distal-Seite des Tentakel-Pedalium mit breiter Basis inserirt. Dieser Basal-Theil ist auch hohl und enthält das blinde Ende des dünnen Tentakel- Canales, während der Distal-Theil der Tentakeln solid ist (wie bei Nauphanta). Sowohl an der oberen als an der unteren Fläche des Tentakels verläuft ein starker Längsmuskel. Der obere oder äussere, abaxiale Tentakel-Muskel (Fig. 4 mt’) ist kürzer und schwächer, nimmt nur das proximale Drittel des Tentakels ein und setzt sich am Aussenrande der oberen Fläche des Tentakel-Pedals an. Der untere oder innere, axiale Tentakel-Muskel (Fig. 4 mt”) ist länger und stärker, verläuft in der ganzen Länge des Tentakels und setzt sich mit 2 sehr starken spindelförmigen Wurzel-Muskeln (mk, Fig. 3 oben rechts) an der umbralen Fläche der tentacularen Kranztasche an (ähnlich wie bei Periphylla, Taf. XXI). Die Sinneskolben (Rhopalia, or) sind bei Atolla ganz rudimentär und schwächer entwickelt als bei allen anderen bisher untersuchten Discomedusen; sie können sogar leicht ganz übersehen wer- den, da ihre unscheinbaren Rudimente am Distal- Rande der Rhopalar-Pedalien, zwischen den Basen der beiden zugehörigen Randlappen ganz versteckt liegen. Nur mit vieler Mühe gelang es mir, über- haupt ihre Existenz zu constatiren; sie alterniren regelmässig mit den Tentakeln; ihre Zahl beträgt mithin ebenfalls 19—22. Ihre anatomische Beschaffenheit war leider wegen ihrer geringen Grösse und wegen des schlechten Conservations-Zustandes des Schirmrandes an allen 5 untersuchten Exemplaren nicht zu ermitteln. Da jedoch die Sinneskolben bei der nächstverwandten Collaspis (System, Taf. XX VII, Fig. 3, 4) unzweifelhaft an denselben Stellen und besser entwickelt sich finden, so kann über die Deu- tung der kleinen Rudimente bei Atolla (Fig. 3 or) kein Zweifel sein. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine phylogenetische Rückbildung dieser Sinnes-Organe, wie bei vielen Tiefsee-Thieren. Subumbrella (Fig. 2, 3, 4). Dieselbe zerfällt in gleicher Weise, wie die Exumbrella, durch die tief einschneidende Kranzfurche in zwei getrennte Haupt-Bezirke, welche nur durch den dünnen Gallert- ring (ec) am Grunde der Kranzfurche mit einander zusammenhängen. Der Central-Bezirk der Sub- umbrella ist demnach eben so gross als der Central-Diseus der Umbrella; er wird von der Gastro- ATOLLA WYVILLEL 99 genital- Membran gebildet, welche bis zum Distal-Rande des Ring-Sinus reicht, und enthält in seinem centralen Theile den Magen, in seinem peripheren Theile den Kranz der 8 Gonaden (s) und der mit diesen alternirenden Delta-Muskeln (md). Diese letzteren sind schmal und schwach entwickelt, ins- besondere die 4 perradialen (md’), während die 4 interradialen bedeutend breiter erscheinen (md”). Alle 8 Delta-Muskeln sind bei Atolla nur in der Distal-Hälfte dreieckig, hingegen in der Proximal- Hälfte (zwischen den Gonaden) rechteckig; die interradialen inseriren sich hier an der Grundlinie der Catham- mal-Tafeln (kt), die perradialen hingegen am Distal-Rande der Gastral-Ostien (yo). Der Kranz-Bezirk der Subumbrella beginnt am Distal-Rande der Gonaden und wird durch jenen dünnsten Ring der Gallertscheibe, welcher den Boden der tiefen Kranzfurche bildet, von dem Central- Bezirk abgegrenzt (ec). Mithin entspricht bei Atolla der Kranz-Bezirk der Subumbrella genau dem Schirmkranze der Exumbrella, und gleich diesem zerfällt er ebenfalls in 3 Gürtel, den inneren Gürtel des inneren Kranzmuskels, den mittleren Gürtel des äusseren Kranzmuskels und den äusseren Gürtel der Randlappen. Der breite, mächtig entwickelte Kranzmuskel (M. coronaris) besteht nämlich bei Atolla, gleichwie bei Collaspis (System, Taf. XXVII) aus 2 verschiedenen, scharf von einander ab- gesetzten Hälften. Der innere Kranzmuskel (M. coronaris internus, mc‘) ist 5 Mm. breit, zart und dünn und zieht schleierartig über den inneren Gürtel des Kranz -bezirkes der Subumbrella hin. Er lässt jedoch das proximale Drittel dieses Gürtels frei, indem er nicht bis zur Kranzfurche heranreicht; zugleich bildet er den Boden der Kranztaschen, welche diesen Gürtel grösstentheils einnehmen. Der äussere Kranzmuskel (M. coronaris externus, mc’) ist nur 4 Mm. breit, aber ausserordentlich dick; gleich dem inneren besteht er lediglich aus eireularen Muskelfasern; diese sind hier aber dergestalt in vielen Schichten über einander gehäuft, dass sie einen bandförmigen Ringmuskel von 2 Mm. Dicke herstellen. Es gehört diese ausserordentlich starke Fleischmasse zu den mächtigsten Muskel-Bildungen, die bisher bei Medusen beobachtet wurden (vergl. den Querschnitt Fig. 4 links, mc” und Fig. 7, 8 mc’). Durch 19—22 tiefe Radial-Furchen der subumbralen Oberfläche, welche den Tentakeln entsprechen, zerfällt der äussere Kranz-Muskel in eben so viele Abschnitte (Fig. 2, 3). Während derselbe scharf abgesetzt den mittleren Gürtel vom Kranz-Bezirk der Subumbrella bildet, nimmt dessen äusseren Gürtel der Kranz der Randlappen ein; an der Subumbral-Seite jedes Lappens ist ein schwacher Längsmuskel zu erkennen, welcher in den dünnhäutigen und faltigen Randsaum, das Patagium, ausstrahlt. Die Schirmhöhle ist bei Afolla, entsprechend ihrer flachen Scheibenform, nur sehr unbedeu- tend. Da das weite Mundrohr bis zu ihrer Mündung herabreicht und ihren Axial-Raum erfüllt, besteht eigentlich die Schirmhöhle hier nur aus dem schmalen ringförmigen Hohlraum zwischen der Aussen- wand des Mundrohres einerseits und dem Gonaden-Kranze anderseits. Zwischen den 4 perradialen Mesenterial-Falten des Magens (wr) vertieft sie sich in Gestalt von 4 konischen einspringenden Nischen, welche als interradiale Triehterhöhlen zu betrachten, obgleich nur von sehr geringer Ausdehnung und Tiefe sind (Fig. 2, 3 u). Gastrocanal-System (Fig. 3—6). Das Gastrovascular-System von Atolla schliesst sich in den meisten und wichtigsten Verhältnissen an dasjenige der vorhergehenden Nauphanta an, zeigt jedoch auch mehrfache Eigenthümlichkeiten, welche theils mehr an die Tesseronien (Peromedusen), theils mehr an die Semostomen erinnern. Von den beiden Hauptabschnitten erscheint der axiale Hauptdarm sehr einfach gebildet, in Gestalt eines vierseitigen, vertical herabhängenden Magenrohres; der periphere Kranz- darm hingegen zeigt sehr verwickelte Bildungen und ist in Gestalt eines horizontalen Taschenkranzes ausgebreitet, welcher durch 4 perradiale Gastral-Ostien mit ersterem communieirt. Der centrale Hauptdarm (Gaster principaks, Fig. 5—6 g) bildet ein kurzes und weites vier- 13 * 100 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. seitiges Magenrohr, welches vom Central-Theile der Schirmscheibe frei herabhängt und den grössten Theil der Schirmhöhle ausfüllt; sein Mundrand (am) reicht bis zur Mündung der letzteren herab. Seine Grundform ist ein reguläres vierseitiges Prisma, dessen untere Grundfläche die einfache quadratische Mundöffnung einnimmt, während die obere Grundfläche von der Entoderm-Fläche des centralen Gallert- schirmes gebildet wird. Ebenso wie diese beiden Grundflächen, so zeigt auch jeder horizontale Quer- schnitt des Magenrohres eine ausgesprochene reguläre Kreuzform, da in der ganzen Länge desselben 4 perradiale Kreuz-Schenkel centrifugal vorspringen, während dazwischen 4 interradiale Mundsäulen (ac) centripetal einspringen. Der grösste horizontale Durchmesser des gastralen Hohlraumes (in den Per- radien) beträgt an der Magen-Basis ebenso wie an der Mundöffnung 22—24 Mm., während der kleinste (in den Interradien) nur halb so viel beträgt, 11—12 Mm. Noch geringer ist die ganze Höhe oder Länge des Magenrohres; dieselbe beträgt von der Basis bis zum Mundrande nur 8—10 Mm. Die gallertige Fuleral-Platte (zw) ist in der oberen Hälfte der subumbralen Magenwand stark verdickt und bildet hier an der Innenfläche mehrere flach gewölbte Erhebungen (Fig. 5 gw). In der unteren, oralen Hälfte ist sie hingegen sehr zart und dünn. Auch die Ring-Muskelschicht des Magen- rohres ist nur schwach entwickelt. In der Mitte seiner Länge findet sich, ähnlich wie bei Nauphanta (Taf. XXVII, Fig. 14), eine ringförmige Einschnürung, durch welche das Magenrohr in 2 Kammern von abgestutzt-pyramidaler Form getrennt wird, die mit ihren engeren Grundflächen zusammenhängen. Vielleicht kann hier wie dort jene Ring-Strietur der Gaumenpforte der Tesseronien verglichen werden, und dann würde die untere (nach unten gegen den Mund erweiterte) Kammer als Buccal-Magen oder Mundrohr zu betrachten sein; die obere (nach oben gegen den Magengrund erweiterte) Kammer als Central-Magen, verschmolzen mit dem Basal-Magen. Auf dem Querschnitt durch die Ring- Strietur oder Gaumenpforte (Fig. 6) misst der grösste (perradiale) Durchmesser ihres kreuzförmigen Lumen nur 15 Mm., der kleinste (interradiale) nur 6 Mm. Unterhalb derselben treten die dünnen per- radialen Wände des Buccal-Magens aufgeblasen nach aussen vor und bilden Backentaschen (Fig. 3 bb), welche durch einspringende interradiale Mundsäulen (ac) getrennt werden; ähnlich wie bei Periphylla (Taf. XVIH—XX), nur nicht so mächtig entwickelt. Aber auch oberhalb der Gaumenpforte ist der Central-Magen in gleicher Weise perradial ausgebuchtet, entsprechend der characteristischen Kreuzform der Magendecke (Fig. 3, 6). Die Magendecke oder derjenige Theil der entodermalen Fläche des centralen Gallertschirmes, welcher die obere (aborale) Wand des vierseitig-prismatischen Magenrohres bildet, zeigt nach Entfernung des letzteren die ausgesprochene Kreuzform, welche Fig. 6 und das Centrum von Fig. 3 darstellt. Die 4 perradialen Schenkel des regulären Kreuzes sind fast kreisförmig abgerundet und werden durch 4 interradiale, dreieckige, einspringende Septa getrennt, welche wir wegen ihrer ganz besonderen Be- deutung als „Cathammal-Tafeln“ (kt) gleich näher beschreiben wollen. In der Mitte zwischen den letzteren bleiben am Distal-Ende der 4 Kreuzschenkel 4 breite (tangentiale) Querspalten übrig, durch welche der Central-Magen sich in den peripheren Kranzdarm öffnet: die 4 perradialen Gastral - Ostien (Fig. 3, 6 90). Die Septal-Tafeln (Tabulae cathammales, Fig. 3, 6 kt) sind 4 interradiale, gleichschenkelig- dreieckige Platten, in welchen umbrale und subumbrale Wand des Schirmes mit einander fest ver- wachsen sind, und welche somit als interradiale Scheidewände die 4 perradialen Kreuztaschen des Magenbodens und deren periphere Oeffnungen, die Gastral-Ostien (go), von einander trennen; sie ent- sprechen somit vollständig den 4 kleinen Septal-Knoten von Nauphanta und von den Peromedusen (kn), sowie den 4 langen und schmalen Cathammal-Leisten von Lucernaria und den Cubomedusen (vergl. oben). ATOLLA WYVILLEI. 101 Gleichzeitig sind sie homolog den gastralen Taeniolen von Scyphostoma; denn aus der Verlöthung des umbralen und subumbralen Theiles dieser Taeniolen sind ja alle jene Septal- oder Cathammal- Bil- dungen entstanden. Bei den meisten Discomedusen (Semostomen und Rhizostomen) sind die 4 pri- mären Cathammen ganz verschwunden, wesshalb hier die Gastral-Filamente an der subumbralen Magen- wand ansitzen. Bei Atolla zeichnen sich die Septen durch ihre breite Plattenform aus; jede Cathammal- Platte trägt hier einen zweischenkeligen Phacellus (wie bei Periphema) und bildet ein gleichschenkeliges Dreieck, dessen Spitze centripetal gegen das Magen-Centrum gerichtet ist, während die beiden concav eingebogenen Schenkel mit einer Reihe kurzer, dicht neben einander stehender Magenfäden besetzt sind (Fig. 3, 5 f). Die abaxiale (tangential gelegene) Basis des Dreiecks misst 12 Mm., seine (interradiale) Höhenlinie 6 Mm. Die Schenkel je zweier benachbarter Dreiecke gehen aussen in einem halbkreis- förmigen Bogen in einander über, welcher nur in der Mitte durch das perradiale Gastral-Ostium (go) durchbrochen wird. Parallel den concaven Schenkeln des Dreiecks (oder der Ansatzlinie der Gastral- Filamente /f)) verläuft, einen Mm. davon entfernt, nach aussen eine rostbraune Bogenlinie, in welche zahlreiche radiale, die Fläche des gleichschenkeligen Dreiecks bedeckende, rostrothe Linien einmünden. Diese feinen rostrothen Linien sind geschlängelte, einfache, schlauchförmige Drüsen, welche an der rostrothen concaven Schenkellinie in die Magenhöhle münden und wohl als centrale Leberdrüsen gedeutet werden können. Sie haben denselben Bau wie die rostrothen peripheren Adoeular - Canäle, welche wir unten als Rudimente von rückgebildeten rhopalaren Kranztaschen kennen lernen werden. Der enge Hohlraum der einfachen Schläuche ist von einer Schicht rostbrauner Drüsenzellen ausgekleidet, welche unregelmässig polyedrisch sind. Um den hellen kugeligen Keın herum liegen Massen von gelblichen und rothbraunen Pigmentkörnern und Fettkörnern, das ganze Protoplasma erfüllend. Die Gastral-Filamente /f) sitzen dicht gedrängt in einer Reihe an den beiden Schenkeln der dreieckigen Septal-Tafeln, die wir demgemäss als abgeplattete Taeniolen auffassen können. Denken wir uns diese letzteren von der Schirmhöhle her durch 4 interradiale konische Subumbral-Trichter aus- gehöhlt, so bekommen wir das Verhältniss von Periphema (Taf. XXIV, Fig. 1). Die 4 centripetalen Spitzen der Taeniolen, von denen die 4 Paar Phacellen so abgehen, dass die beiden Filament- Reihen jedes Paares von der Spitze an nach aussen und zugleich nach unten divergiren, verhalten sich in Beiden wesentlich gleich. Bei Atolla sind sie nur viel weniger entwickelt; an jedem Schenkel der Phacellen sitzen nur 15—20 Filamente in einer Reihe, so dass ihre Gesammtzahl sich nur auf 120 bis 160 beläuft. Die Filamente sind übrigens stark, drüsenreich, am freien Ende oft zungenförmig oder kolbenförmig angeschwollen, 2—3 Mm. lang, 0,1—0,4 Mm. dick. Die Gastral-Östien (Fig. 3, 6 go) sind 4 horizontale Quer-Spalten von 4 Mm. Breite, welche am Distal-Ende der 4 Kreuzschenkel des Magenbodens liegen und aus diesem in den Ring-Sinus (cs) hinüberführen. Die Oberlippe oder der obere (umbrale) Rand des Querspaltes ist leicht concav und wird durch eine schwach vorspringende Leiste der Entoderm-Wand des Gallertschirmes gebildet. Die Unterlippe oder der untere (subumbrale) Rand des Gastral-Ostium ist dagegen schwach convex und wird durch eine verdickte halbmondförmige Leiste der Subumbrella (am Proximal-Rande des Ring- Sinus) gebildet (Fig. 3, 6 90); diese kann sich klappenartig über die erstere herüberlegen und so den Ring-Sinus vom Magenrohr abschliessen; sie entspricht der perradialen „Taschenklappe“ der Cubo- medusen. An die beiden seitlichen Mundwinkel der Gastral-Ostien grenzen die dunkel- pigmentirten Insertions-Leisten oder Wurzeln der Genital-Fulera (Sterigmata, st, Fig. 3). Der periphere Kranzdarm von Atolla, welcher nur durch die 4 schmalen perradialen Gastral- Ostien mit dem centralen Hauptdarm eommunicirt, gleicht einerseits demjenigen von Nausithoe und Nau- 102 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. phanta, anderseits demjenigen von Periphylla und Periphema. Er zerfällt durch eine subumbrale Ring- furche, welche genau der exumbralen Kranzfurche (ec) entspricht und von dieser nur durch die dünnste Stelle des Gallertschirmes (ec) getrennt ist, in zwei Hauptabschnitte, in den proximalen Ring-Sinus und den distalen Taschenkranz. Der grosse Ring-Sinus (Sinus coronaris, Fig. 3, cs) entspricht dem schmä- leren von Nauphanta (Taf. XXVIN, Fig. 14 cs) und dem breiteren von Periphylla (Taf. XX— XXI cs). Während er bei diesen beiden aber vertical steht (mit oberem und unterem Rande, innerer und äus- serer Fläche), hat er bei Afolla, entsprechend der starken Depression des scheibenförmigen Schirmes, eine horizontale Lage angenommen (mit innerem und äusserem Rande, oberer und unterer Fläche). Er bildet hier einen kreisrunden ringförmigen Hohlraum von 6—7 Mm. Breite, 1—2 Mm. Höhe. Die obere oder umbrale Wand des Ring-Sinus bildet die glatte Entoderm-Fläche des Zinnen - Kranzes der centralen Gallertscheibe; sie zeigt nach aussen eine feine Ringfurche, von welcher sehr zahlreiche und feine Radial-Kerben centripetal nach innen vorspringen (Fig. 3 yu). Die untere oder subumbrale Wand bildet der Genital-Gürtel der Subumbrella, welcher sich zusammensetzt aus den 8 breiten adradialen Gonaden und den 8 schmalen mit diesen alternirenden Delta-Muskeln; 4 schmäleren perradialen (md) und 4 breiteren interradialen (md”). Der innere oder axiale Rand des Ring-Sinus wird gebildet durch die 4 perradialen Gastral-Ostien (durch welche derselbe mit dem Central-Magen communicirt) und durch die 4 abaxialen, mit ersteren alternirenden Grundlinien der 4 interradialen Septal-Tafeln (kt). Der äus- sere oder abaxiale Rand setzt sich aus den tangentialen Querspalten zusammen, durch welche sich die Taschen des Taschenkranzes in den Ring-Sinus öffnen. Der marginale Taschenkranz, der zweite Hauptabschnitt des peripheren Kranzdarmes, scheint bei Atolla auf den ersten Blick sehr eigenthümliche Bildungs - Verhältnisse darzubieten, welche von denjenigen aller anderen Cannostomen beträchtlich abweichen. Es gehen nämlich von dem distalen Rande des Ring-Sinus (cs) 19 —22 breite eiförmige Kranztaschen aus, welche sich zu den Tentakeln begeben (Fig. 3, links unten, bt). Ihre Distal-Hälfte spaltet sich in 3 schmale Aeste, von denen der mittlere (ci) als Tentakel-Canal in einen Tentakel eintritt, während die beiden seitlichen in die zuge- kehrten Ränder von den beiden benachbarten Rhopalar-Pedalien eintreten (ck). Zwischen je 2 Kranz- taschen aber geht vom Ring-Sinus eine Gruppe von 3 engen blinden Radial-Canälen ab, welche an der Subumbral-Seite der Rhopalar-Pedalien liegen; von diesen läuft der mittlere längere als Rhopalar- Canal (co) direet zu dem Rudimente des Sinneskolbens (or), während die beiden seitlichen kürzeren („Adocular-Canäle“, cx) schon vor dem Distal- Rande des Kranzmuskels enden, rostroth gefärbt sind und dieselbe Beschaffenheit zeigen, wie die vorher beschriebenen Drüsen-Canäle der Septal- Tafeln. Vergleicht man dieses eigenthümliche Verhalten mit demjenigen der nächstverwandten Genera Nau- phanta (Taf. XXVI, XXVIN) und Collaspis (System, Taf. XXIX), so ergiebt sich, dass die letztgenannte Gruppe von 3 engen parallelen Blind-Canälen eine rhopalare Kranztasche darstellt, welche rück- gebildet und bis zu ihrer Ursprungs-Basis hinauf in 3 Canäle gespalten ist; von dieser entspricht der mittlere (co) einer distalen Rhopalar- Tasche, während die beiden seitlichen (cx) rudimentäre „rhopa- lare Lappentaschen“, aber in Drüsen -Canäle umgewandelt sind; diese treten hier nieht einmal in die eigentlichen Randlappen ein, sondern bleiben auf deren gemeinsames Basal-Stück, auf das Rhopalar- Pedal beschränkt. Die tentacularen Kranztaschen (bi), welche von dem gewöhnlichen Verhalten viel weniger abweichen und ihre beiden Seitenäste bis in die Randlappen hineinschicken, bleiben von den rhopalaren durch eine breite Lappenspange (kl) getrennt, welche centripetal bis zum Distal-Rande des Ring-Sinus vorspringt. Wahrscheinlich steht diese eigenthümliche Modification des marginalen Taschenkranzes in Correlation zur Rückbildung der Sinneskolben. ATOLLA WYVILLEI. 103 Gonaden (Fig. 2—4, 9). Alle 5 untersuchten Exemplare von Atolla Wyvillei sind geschlechts- reife Weibchen; 3 derselben hatten ihre Eier bereits fast vollständig entleert. Die 8 Ovarien (s) bilden 8 adradiale, breite und flache, elliptische Taschen, liegen innen der Subumbral-Wand des Ring-Sinus an und alterniren mit deren 8 Delta- Muskeln; indessen sind sie nicht gleichmässig vertheilt, wie bei der verwandten Collaspis (System, Taf. XXVII, Fig. 1, 6). Denn da die 4 stärkeren interradialen Delta- Muskeln (md”) bedeutend breiter sind als die 4 schwächeren perradialen (md’), so liegen die beiden Gonaden, welche ursprünglich zu einem interradialen Paare gehören, weiter aus einander; hin- gegen gehören die beiden sich fast berührenden Geschlechtsdrüsen, welche zu beiden Seiten eines per- radialen Delta-Muskels liegen, zwei verschiedenen Paaren an. Auf den ersten Blick scheinen die 8 Ovarien plattgedrückte elliptische Taschen zu sein, welche frei an der äusseren, exodermalen Sub- umbral-Wand des Ring-Sinus liegen und als taschenförmige Ausstülpungen desselben in die Schirm- höhle frei vortreten (Fig. 2). Die genauere Untersuchung lehrt indessen bald, dass sie vielmehr in den Hohlraum des Ring-Sinus eingeschlossen sind und dass sie dessen innerer, entodermaler Subumbral- Wand (Fig. 9 w) anliegen; nur an einer einzigen beschränkten Stelle hängt jede Gonade continuirlich mit derselben zusammen; wir wollen diese wichtige Stelle, wie bei Nauphanta, die Gonaden-Wurzel nennen (Fig. 3 st, Fig. 9 st im Radial-Schnitt). Die feinere Anatomie ergiebt ausserdem statt der anscheinend einfachen Verhältnisse einen sehr verwickelten Bau der Ovarial- Taschen. Die sehr dünne Subumbral- Wand des Ring-Sinus (cs) zieht nur oberflächlich gleich einem zarten faltigen Schleier frei über die untere Fläche der Gonaden hinweg (Fig. 3 rechte Hälfte). Die Structur der Ovarien ist am nächsten derjenigen von Nausithoe und Nauphanta verwandt, zeigt aber auch nahe Beziehungen zu derjenigen der Peromedusen (Periphylla und Periphema); und anderseits eigenthümliche Complieationen, die schwer zu verstehen sind und bei anderen Discomedusen nicht wiederkehren. An jedem Ovarium sind als zwei Hauptbestandtheile zu unterscheiden das gallertige Fuleral-Gerüste oder Sterigma und das entodermale Keim-Epithel, welches dasselbe bekleidet und die Eier producirt; ersteres ist ein Fortsatz der gallertigen Stützplatte der Sub- umbrella des Ring-Sinus, letzteres eine locale Production von deren Entoderm-Epithel. Das Sterigma (st) oder das knorpelartige Fuleral-Gerüste des Ovarium giebt demselben seine characteristische Form und entspricht der Costa genitalis der Peromedusen, der „sexualen Axen- platte“ der Cubomedusen und der „Genital-Falte“ vieler Discomedusen. Dasselbe besteht aus einer starken, schildförmigen Gallertplatte von Knorpel-Härte und nierenförmiger Gestalt. Dieselbe ist 10— 12 Mm. lang (in tangentialer Richtung), 6—7 Mm. breit (in radialer Richtung) und 1—2 Mm. dick (in verticaler Richtung). Aehnlich wie das schildförmige Sterigma von Nauphanta (Tal. XXVIT, XXVII, Fig. 4—15) ragt auch dasjenige von Atolla grösstentheils frei in den Hohlraum des Kranzdarmes (und zwar hier des Ring-Sinus) hinein und hängt nur an einer einzigen Stelle mit dessen Subumbral-Wand eontinuirlich zusammen. Diese Stelle, die Wurzel des Sterigma (s‘), ist eine schmale, braun pigmen- tirte Leiste von 5—6 Mm. Länge, 4—3 Mm. Breite (Fig. 3 oben links, s/). Sie füllt nahezu den Zwischenraum aus zwischen dem Proximal-Ende eines perradialen und eines interradialen Delta-Muskels und bildet einen Theil der distalen Grundlinie einer interradialen Cathammal- Tafel (kl); während das mittlere Drittel dieser Grundlinie als die Insertions - Basis eines interradialen Delta-Muskels (md’) dient und somit eine complete Homologie zum Septal-Knoten der Peromedusen darbietet, werden dagegen die beiden seitlichen Drittel derselben von den Sterigma-Wurzeln zweier zusammengehöriger Ovarien eingenommen (Fig. 3 sl‘). Gleich der ganzen, gleichschenkelig-dreieckigen Cathammal-Tafel (kt) besteht auch deren Grundlinie aus einer Concrescenz der umbralen und subumbralen Schirmwand, und un- 104 DISCOMEDUSAE. EPHYRIDAE. mittelbar darunter erhebt sich die knorpelartige Gallertleiste, welche die Wurzel des Sterigma bildet und sich alsbald schildförmig ausbreitel. Aehnlich wie bei Nauphanta springt auch bei Atolla dieses Fulcral-Schild stark gewölbt in den Hohlraum des Ring-Sinus vor und biegt sich an seinem convexen Distalrande (wo es fast den Taschenkranz berührt) dergestalt nach unten um, dass ein beinahe ge- schlossener „Genital-Sinus“ entsteht (Fig. 9 ss). Dieser nimmt desshalb die Form einer flachen, beinahe geschlossenen Tasche an, weil die umgeschlagene ventrale Falte des Fuleral-Schildes sich axialwärts bis zur Wurzel des Sterigma ausdehnt und mit dieser grösstentheils verwächst. Nur an einer einzigen kleinen Stelle bleibt eine enge Oeffnung übrig, welche aus dem Hohlraum des Ring- Sinus (cs) in den Genital-Sinus (ss) hineinführt. Diese enge Oeflnung, die Apertura simus genitalis (Fig. 3 links, sa) liegt an dem Punkte, wo die Sterigma- Wurzel (s) an den proximalen Insertions-Rand des interradialen Delta-Muskels (md”) anstösst. Die beiden Sinus-Aperturen von 2 zusammengehörigen Gonaden (eines Paares) liegen also hier nahe bei einander und werden nur durch die Insertion des interradialen Delta-Muskels von einander getrennt. In der Höhlung des Sinus, an der concaven Seite des Schildes, entwickeln sich aus dem Keim-Epithel die Eier; und zwar wesentlich in derselben Weise, wie bei Nauphanta und den übrigen Cannostomen. Auch die mediterrane Nausithoe (— welche in dieser, wie in mehreren anderen Beziehungen, noch lange nicht genau genug untersucht ist —) zeigt darin keine wesentlichen Unterschiede. Das Keim-Epithel des Entoderms, aus welchem sich die Eier der Afolla entwickelu, liegt ausschliesslich innerhalb des Genital-Sinus, an der concaven Innenseite des taschenförmig gefalteten Sterigma, während dessen convexe Aussenseite nur von dem gewöhnlichen sterilen Entoderm der Subumbral-Wand des Ring-Sinus überzogen ist. Innerhalb des Genital-Sinus liegen die jüngsten Eier an dessen proximalem, die ältesten an dessen distalem Rande und zwar sowohl an der dorsalen als an der ventralen Wand desselben. Mithin findet sich hier eine doppelte fertile „Keim -Zone“, welche tangential nahe an der Wurzel des Sterigma liegt und eine auf dem Adradius senkrecht siehende Querleiste bildet. Zu beiden Seiten dieser neutralen Keimzone liegen die jüngsten tangentialen Eier- Ketten, welchen nach aussen hin, distalwärts, — (ebensowohl an der dorsalen als an der ventralen Wand des Fuleral-Schildes) — Reihen von älteren Eiern folgen. Die ältesten und reifsten Eier liegen am Distal-Rande (Radial- Schnitt, Fig. 9 so). Schon die jüngeren Eier (am Proximal-Rande) werden voll- ständig in die Gallert- Platte des Sterigma eingebettet und kommen so in geschlossene Fulcral- Kapseln zu liegen, ähnlich wie bei Periphema (Taf. XXV, Fig. 7). Auch bei der nächst verwandten Nausithoe und Nauphanta (Taf. XXVIH, Fig. 15) ist dasselbe der Fall. Die reifen Eier von Atolla sind sehr gross, kugelig, erreichen über einen Millimeter Durchmesser und enthalten einen sehr ansehnlichen Nahrungsdotter. Nach erlangter Reife fallen sie in den Genital-Sinus (ss) hinein, werden aus diesem durch die enge Apertur (sa) in den Ring-Sinus (cs) entleert und gelangen von da durch den Magen und Mund nach aussen. Leider waren die Ovarien von Atolla, ebenso wie von Nauphanta, schlecht conservirt, die Epithelien fast ganz zerstört, so dass der feinere Bau nicht genügend erforscht werden konnte. Es scheint aber, dass in der eigenthümlichen feineren Struetur und Entwickelung diese ur- alten Cannostomen sehr wesentliche Uebereinstimmung mit den Peromedusen darbieten. So- wohl bei den letzteren (Pericolpiden und Periphylliden) als bei den ersteren (Ephyriden und Linergiden) verdienen die merkwürdigen und verwickelten Structur-Verhältnisse der Gonaden an gut conservirtem Materiale noch eine viel genauere Untersuchung. DRYMONEMA VICTORIA. 105 VIII B. Zweite Unterordnung der Discomedusen: SEMOSTOMAE, L. Acassız (1862). Fahnenmündige Scheibenquallen. Discomedusen mit 4 grossen, perradialen, faitigen Mundarmen, mit einfacher centraler Mundöffnung, und mit langen hohlen Tentakeln. Familia: CYANEIDAE, L. Agassiz (1862). HAEcKEL, System der Medusen, 1379; p. 518, Taf. XXX. Familien-Character: Semostomen mit breiten Radial-Taschen und verästelten, blinden Lappen- Canälen, ohne Ringeanal. [— Discomedusen mit einfacher, kreuzförmiger, centraler Mundöffnung, umgeben von 4 perradialen faltigen Mundarmen. Magen mit 16 oder 32 breiten Radial-Taschen, deren Distalrand in 32 oder 64 verästelte Lappentaschen gespalten ist; Aeste derselben blind, nicht anastomosirend; kein Ringcanal. Gonaden 4 gewundene Bänder oder Krausen in der oralen Magenwand, meist in Gestalt weiter Säcke frei herabhängend, ohne Subgenitalhöhlen. 16-32 oder mehr Randlappen. 8 oder 16 Sinneskolben (4 perradiale und 4 interradiale, dazu bisweilen noch 8 adradiale). Tentakeln lang, hohl, 8 oder mehr. —| Subfamilia: DRYMONEMIDAE, Hazcrer (1879). Cyaneiden mit 8 Sinneskolben (4 perradialen und 4 interradialen), welche weit vom Schirmrande entfernt in tiefen Nischen der Subumbrella liegen; sowie mit zahlreichen Tentakeln, welche fast auf der ganzen Subumbrella zerstreut sind, in der marginalen Lappenzone aber fehlen. Genus: DRYMONEMA, Harckeı (1879). dovuög = Wald; vnue —= Faden. Genus-Diagnose: Cyaneide mit 8 Sinneskolben, welche weit vom Schirmrande entfernt in tiefen Nischen der Subumbrella liegen. Tentakeln sehr zahlreich, unregelmässig, fast über die ganze Fläche der Subumbrella zerstreut und zwischen zahlreichen, starken, dendritisch verästelten Radial-Rippen der- selben in tiefen Radial-Furchen inserirt. 16 breite Radial- Taschen sehr kurz; ihre 32 Lappentaschen und deren diehotome Canaläste um so stärker entwickelt. Das Genus Drymonema ist bis jetzt bloss durch die nachstehend beschriebene mediterrane Tief- see-Species bekannt und zeichnet sich durch mancherlei Eigenthümlichkeiten so auffallend vor den übrigen Cyaneiden aus, dass es eine besondere Subfamilie derselben repräsentirt, die Drymonemidae. Während nämlich bei allen übrigen Cyaneiden die periphere Tentakel-Zone durch einen breiten, ge- wöhnlich in viele Ringfalten gelegten Kranzmuskel vom peripheren Rande des Central-Magens ge- trennt bleibt, erscheinen sowohl dieser Kranzmuskel, als auch die 16 breiten Radial-Taschen, in deren Subumbral-Wand er liegt, bei Drymonema so stark rückgebildet, dass nur schwache Rudimente derselben zu entdecken sind. Dagegen erreicht der periphere Theil des Schirmkranzes, mit der Tentakel-Zone und den verästelten Lappentaschen, in dieser Gattung eine ganz ausserordentliche Entwickelung. Die Randlappen selbst verwachsen mit einander vollständig und bilden einen breiten Randsaum (gewisser- maassen ein Velarium), welcher durch eine tiefe marginale Ringfurche von der breiten Tentakel-Zone geschieden wird. Diese letztere nimmt ungefähr die Hälfte der ganzen Subumbrella ein und ist in ihrer ganzen Ausdehnung mit sehr zahlreichen zerstreuten Tentakeln besetzt. Die Tentakeln sind mit Haeckel, Tiefsee-Medusen. 14 106 DISCOMEDUSAE. CYANEIDAE. ihrem Basal-Theile in tiefen Radial-Furchen der Subumbrella inserirt, welche durch stark vorspringende, dichotom verzweigte Rippen derselben getrennt werden. Die 8 Sinneskolben liegen versteckt in tiefen Nischen der Subumbrella, an der marginalen Ringfurche, weit vom freien Schirmrande entfernt. So eigenthümlich diese Bildungs-Verhältnisse der Subumbrella und die entsprechenden Modificationen des peripheren Canal-Systems von Drymonema auch erscheinen, so lassen sie sich doch leicht von den wohlbekannten Verhältnissen der Cyanea ableiten; man braucht sich nur die 8 adradialen, hufeisen- förmigen Tentakel-Felder, in welchen die Tentakeln der Cyanea in mehreren Reihen hinter einander inserirt sind, so weit ausgedehnt zu denken, dass der breite Kranzmuskel an deren Proximal - Rande auf einen schmalen Saum reducirt wird. Dann werden mit dem letzteren auch die darunter gelegenen 16 breiten Radial- Taschen rudimentär und die zahlreichen Tentakeln zerstreuen sich einzeln auf der weiten Subumbral-Fläche. Frei von ihnen bleibt dagegen die breite marginale Lappen-Zone, deren Randlappen zu einem zusammenhängenden Velarium verwachsen. In Folge dessen treten auch die 8 Rhopalien, welche ursprünglich frei am Schirmrande zwischen den 16 Ephyra-Lappen lagen, nun- mehr ganz an die Unterfläche des Schirmes. Species: Drymonema Victoria, Harckeı. Tafel XXX, XXXL Drymonema dalmatina, HAECKEL, 1879; System der Medusen, p. 642, Nr. 606. Species-Diagnose: Schirm flach scheibenförmig, 4—5mal so breit als hoch. Marginaler Schirm- saum (Velarium) sehr breit, schwach gekerbt, fast ganzrandig, in jedem Öetanten (zwischen je 2 Sinnes- kolben) mit 8—10 tiefen exumbralen Radial-Furchen, zwischen welchen 8—10 Doppellappen des Gallertschirmes vortreten. 8 Sinneskolben an der subumbralen Velarfurche, in tiefen Nischen der Sub- umbrella, fast um 4 des Schirm-Radius vom Schirmrande entfernt. 4 perradiale Mundarme und 4 inter- radiale Geschlechts - Taschen gardinenförmig, zarthäutig, herabhängend, erstere ungefähr eben so lang, letztere halb so lang als der Schirm-Radius. Tentakeln sehr lang und sehr zahlreich (500 — 600), überall auf der Subumbrella (innerhalb der Velarfurche!) zerstreut und in tiefen Radialfurchen zwischen starken, geraden, dichotom verzweigten Radial-Rippen der Subumbrella inserirt. Nur die marginale Velar-Zone und das centrale Peristom-Feld bleiben von Tentakeln frei. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 120—160 Mm., Vertical-Diameter 30—40 Mm. Fundort: Mittelmeer. Die nachstehende Beschreibung und Abbildung ist nach 4 grossen und wohl erhaltenen Spiritus -Exemplaren angefertigt, welche ich der Güte meines Freundes Gregor Buceich in Lesina verdanke und welche dieser an der Küste von Dalmatien, in der Nähe der Insel Lesina fing. Identisch damit scheint ein kleines Medusen-Fragment zu sein, welches ich in einem Glase der Challenger-Sammlung entdeckte. Dieses Glas (welches auch das Fragment einer Pectanthis asteroides, p. 17, enthielt) war mit St. IV bezeichnet und schien demnach Tiefsee-Thiere von Station IV des Challenger-Cataloges zu enthalten (vom Eingang der Gibraltar-Strasse, in 600 Faden Tiefe, am 16. Januar 1873 gesammelt; 36° 25’ N. Br., 8° 12° W. L. v. Gr.). Weitere Untersuchungen müssen lehren, ob diese merkwürdige Cyaneide (— bisher die erste und einzige Cyaneide des Mittel- meeres —) wirklich eine Tiefsee-Meduse ist oder nicht. Umbrella (Taf. XXX, Fig. 1; Taf. XXXI, Fig. 8). Der Schirm bildet eine flache Scheibe von 12—16 Ctm. Durchmesser, 3—4 Ctm. Höhe. Die Exumbrella ist glatt, im Ganzen flach gewölbt und zerfällt durch eine seichte marginale Kranzfurche in eine dicke centrale Schirmscheibe und einen DRYMONEMA VICTORIA. 107 dünnen peripheren Lappenkranz (Velarium). Der Radius der ersteren misst 55, der der letzteren 25 Mm. In der glatten Oberfläche der centralen Schirmscheibe, deren Wölbung im Ganzen nur sehr gering ist, sind 16 dunkle Radial-Streifen zu unterscheiden, welche im inneren Drittel einfach, im mittleren Drittel in je 2 divergirende Schenkel gespalten sind, so dass eine ähnliche characteristische Sternfigur entsteht, wie bei Chrysaora (System, Taf. XXX). Der periphere Lappenkranz (oder das Velarium), welcher nach aussen stärker gewölbt abfällt, zeigt 64 tiefere Radial-Furchen, von denen die Hälfte als Fortsetzung der 32 Scheibenstreifen erscheint, die andere Hälfte in der Mitte zwischen diesen auftritt. Zwischen je 2 von diesen 64 tieferen Radial-Furchen sind ausserdem noch mehrere (gewöhn- lich 3) feinere Furchen in der Exumbrella des Schirmkranzes sichtbar, so dass der letztere an seiner ganzen Aussenfläche dicht gerippt erscheint (Fig. 8). Die Gallerte des Schirmes erscheint dieht und fest, beinahe knorpelartig. Sie ist in der centralen Schirmscheibe bis zu einem Centimeter dick und nimmt an der Kranzfurche plötzlich sehr stark ab, so dass ihre Dicke an dem schlaffen und sehr be- weglichen Schirmrande nur 1—2 Mi. beträgt. Der Sehirmrand erscheint auf den ersten Blick fast ganzrandig, nur schwach gekerbt; bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der ganze Schirmkranz (von 25 Mm. Breite) eigentlich aus 80 schmalen und langen, mit den Rändern verschmolzenen Randlappen zusammengeselzt ist, deren Distal- Ränder am Rande als schwache Bogen, durch seichte Kerben getrennt, ein wenig vortreien (wie bei vielen Rhizostomen). 16 von diesen 80 verwachsenen Kranzlappen gehen paarweise von den 8 Rho- palien aus und sind als 8 Paar verschmolzene Ocular-Lappen zu deuten; die 64 anderen sind ur- sprünglich tentaeulare Lappen gewesen und können auch als velare bezeichnet werden, da sie die Beziehung zu den Tentakeln aufgegeben haben. Mitbin kommen auf jeden Oetanten des Schirmes 8 Velar-Lappen zwischen 2 Ocular-Lappen, oder eigentlich 8 velare Doppel-Lappen, da jeder derselben durch eine feine Median-Furche in 2 Hälften getheilt erscheint. Diese 80 Kranzlappen consüiuiren zusammen das biegsame und sehr bewegliche Velarium, welches bis zur velaren Kranzfurche reicht und bei den meisten untersuchten Spiritus-Exemplaren auf die Unterseite des Schirmes zurückgeschlagen war. Da an seiner Subumbral-Fläche eine marginale Ringmuskel-Schicht entwickelt ist, so dient es als vorzügliches Schwimm-Organ, ähnlich wie bei vielen Rhizosiomen. Subumbrella (Taf. XXX, Fig. 1). Die untere Schirmfläche dieser Meduse ist durch eine höchst auffallende Beschaffenheit so ausgezeichnet, dass sie auf den ersten Blick sich von allen anderen Cya- neiden nicht allein, sondern von allen anderen bisher bekannten Medusen überhaupt unterscheiden lässt. Durch 2 tiefe Ringfurchen, eine innere Peristomfurche und eine äussere marginale Kranzfurche oder Velarfurche, zerfällt die Subumbrella in 3 getrennte Zonen, ein inneres Peristom -Feld, eine mittlere Tentakel-Zone und eine äussere Lappen-Zone; der Radius der mittleren Zone ist fast doppelt so gross als der der beiden anderen, die nahezu gleich sind. Das centrale Peristom-Feld der Subumbrella (Fig. 9) enthält das Mundkreuz mit seinen 4 perradialen Schenkeln und die davon herab- hängenden 4 mächtigen perradialen Mundgardinen, sowie die 4 interradialen, mit diesen alternirenden Gonaden. . Die peristomiale Ringfurche, welche das Peristom-Feld von der Tentakel-Zone trennt, schneidet tiefer ein in den Perradien, weniger tief in den Interradien. Die intermediäre Tentakel-Zone der Subumbrella wird an ihrem concaven Proximal- Rande durch die peristomiale Ringfurche von dem Peristom-Felde abgegrenzt, hingegen an ihrem con- vexen Distal-Rande durch die subumbrale Velar-Furche von der peripheren Lappen-Zone (Fig. 1). Sie ist in ihrer ganzen Ausdehnung von tiefen radialen Furchen dergestalt durchschnitten, dass zahlreiche dieke, dichotom gegen die Peripherie veräsielte Radial- Wülste dicht neben einander stehen (Quadrant 14 108 DISCOMEDUSAE. CYANEIDAE. links unten in Fig. 1). Allenthalben sind zwischen diesen Radial-Rippen oder Wülsten zahlreiche lange Tentakeln zerstreut, während die periphere Lappen-Zone der Subumbrella oder das Velarium von Ten- takeln ebenso völlig frei ist, wie das centrale Peristom-Feld. Bei genauerer Betrachtung lassen sich im Ganzen 40 solcher dicker Radial-Wülste der subumbralen Tentakel-Zone unterscheiden; es geht nämlich eine stärkere, ganz gerade, unverästelte Prineipal-Rippe in den 8 Haupt-Radien geraden Weges zu den 8 Sinneskolben hin, während zwischen je 2 solehen Prineipal-Rippen 4 Büschel-Rippen oder breitere, diehotom verästelte Radial- Wülste vom Centrum zur peripheren Kranzfurche verlaufen. Von den 8 Prineipal-Rippen (von welchen Fig. 1 links unten 2 zeigt) sind die 4 interradialen um 4 länger als die 4 perradialen, weil die ersteren zwischen den Schenkeln des Mundkreuzes weiter nach innen vorspringen. Die 8 Prineipal-Rippen sind fast linear, in der Mitte ein wenig breiter, ganz gerade und unverästelt, aber durch eine feine durchgehende Prineipal-Furche in 2 parallele, dicht an einander liegende Schenkel getheilt, so dass sie eigentlich Doppel-Rippen darstellen. Die 4 Büschel-Rippen, welche den ganzen Raum eines Schirm -Oectanten zwischen je 2 Principal-Rippen einnehmen, bilden schmale gleichschenkelige Dreiecke, deren Grundlinie (oder der breitere Distalrand an der Velarfurche) 3mal so breit ist als die abgestutzte Spitze (oder der schmälere Proximal-Rand an der Peristom- Furche). Die beiden medialen Büschel-Rippen, zu beiden Seiten der adradialen Subumbral -Furche, sind eben so breit, aber etwas kürzer als die beiden lateralen Büschelrippen, welche den einschliessen- den Prineipal-Rippen anliegen. Jede der 32 Büschel-Rippen der Subumbrella ist ungefähr 3—4mal dichotom verästelt, so dass die Zahl ihrer distalen Endäste (an der subumbralen Kranzfurche) 8— 12 beträgt; alle Gabeläste sind gerade gestreckt und divergiren nach aussen nur sehr wenig, unter sehr spitzen Winkeln, so dass die Endäste fast parallel neben einander liegen, nur durch schmale Radial- Furchen getrennt. Die secundären und tertiären Furchen zwischen den Gabelästen sind weit schmäler und seichter als die tiefen und breiten Furchen zwischen den einzelnen Büschel-Rippen (vergl. den Quadranten links unten in Fig. 1). Die Tentakeln sind sehr zahlreich (ungefähr 500—600); sie liegen zerstreut in der ganzen Ausdehnung der subumbralen Tentakel-Zone und entspringen aus deren Radial-Furchen, zwischen ihren Rippen. Auf den ersten Blick scheint es, dass die Tentakeln ganz unregelmässig in der ganzen Ausdehnung der breiten Tentakel-Zone der Subumbrella zerstreut sind; bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch eine gesetzmässige Vertheilung derselben erkennen. In jedem Octanten findet sich in der Mitte zwischen je 2 Prineipal-Rippen zunächst ein adradialer Tentakel, welcher am meisten proximalwärts inserirt ist, am Proximal-Ende der adradialen Subumbral-Furche; dieser ist wahrschein- lich der ursprüngliche Tentakel der Ephyrula, am meisten einwärts gerückt. Auf diesen folgen dann zunächst 2 subradiale Tentakeln, nur wenig weiter auswärts gelegen, im Distal-Ende der beiden subradialen Subumbral-Furchen, welche genau in der Mitte zwischen den 8 adradialen und den 8 prin- eipalen Furchen der Subumbrella liegen. Nach aussen von diesen 3 stärksten und innersten Tentakeln jedes Schirm -Octanten, welche dessen 4 Büschel-Rippen am Distal-Ende trennen, folgen sodann zu- nächst 4 weitere Tentakeln in den Gabelwinkeln dieser letzteren. Weiter nach aussen nimmt die Zahl der Tentakeln entsprechend der wiederholten Gabeltheilung der Büschel-Rippen zu; sie entspringen stets im Gabelwinkel in der Tiefe der Radial-Furche zwischen je 2 Gabel-Aesten. Im Ganzen mögen auf jede Büschel-Rippe 15—20 Tentakeln kommen, doch ist ihre Zahl nicht genau zu bestimmen, da sie gegen die periphere Kranzfurche hin kleiner und undeutlicher werden und zuletzt nur noch als unbedeutende bläschenförmige Ausstülpungen der Radial- Taschen zwischen den Rippen erscheinen. Legt man durch die Tentakel-Insertionen an der Subumbrella concentrische Kreislinien, so wird ein DRYMONEMA VICTORIA. 109 innerster proximaler Kreis durch die 8 adradialen Tentakeln gebildet; ein zweiter, nächst folgender Kreis durch die 16 subradialen Tentakeln; dann folgt ein dritter Kreis von 32 Tentakeln, welche in der ersten Gabeltheilung der 32 Büschel-Rippen stehen u. s. w. Nach aussen hin wird die Vertheilung unregelmässiger. Die Tentakeln sind sämmtlich eylindrisch, am Ende oft kolbenförmig angeschwollen und scheinen dieselbe Beschaffenheit wie bei Cyanea zu besitzen. Ihre Länge und Dicke erscheint sehr ungleich. An den vorliegenden Exemplaren sind die meisten Tentakeln kurz (offenbar abgerissen), die längsten sind länger als der Schirm-Durchmesser; die Dicke beträgt an den diekeren Tentakeln 1—2 Mm., bisweilen auch 3—4 Mm.; dazwischen sitzen aber auch viele kleinere fadendünne Tentakeln. Die periphere Lappen-Zone der Subumbrella (oder das Velarium, auch als „Rho- palien-Zone“ zu bezeichnen) ist 25 Mm. breit, nimmt also fast 4 des Schirm-Radius ein. Sie wird durch die Velarfurche (oder die „marginale Kranzfurche“) der Subumbrella, an welcher die 8 Sinnes- kolben anliegen, von der breiten Tentakel-Zone geschieden. Da die feste Schirm-Gallerte sich an der Velarfurche plötzlich sehr bedeutend verdünnt, so ist die Lappen-Zone sehr biegsam; sie ist mehr oder weniger herabgekrümmt und an den meisten der vorliegenden Exemplare gegen die Tentakel-Zone der Subumbrella zurückgeschlagen. Ihre Subumbral-Fläche ist fast glatt, mit einer Schicht Ringmuskel- Fasern belegt, trägt gar keine Tentakeln und wird nur von sehr seichten, fast unmerklichen Radial- Furchen durchzogen, welche den viel tieferen Radial-Furchen zwischen den Randlappen der Exumbrella entsprechen. Am Proximal-Rande der Velar-Zone, unmittelbar nach aussen von der velaren Kranz- furche, liegen in der Subumbrella die 8 Rhopalien oder Sinneskolben (Fig. 1 unten). Die 8 Sinneskolben (4 perradiale und 4 interradiale) sind durch diese völlig subumbrale Lage sehr ausgezeichnet; ihre Entfernung vom Schirmrande beträgt fast die Hälfte ihrer Entfernung vom Sehirm-Centrum, mithin fast 4 des ganzen Schirm-Radius. Die Sinneskolben liegen ganz ver- steckt in 8 tiefen subumbralen Sinnesnischen, am Distal-Ende der 8 prineipalen Radial-Furchen. Jede Sinnesnische (Antrum rhopalare, Fig. 2 on) ist von breit lanzetförmiger Gestalt und wird von einem Paar dieken und schmalen, bohnenförmigen Gallert-Wülsten, wie von ein paar fleischigen Lippen eingeschlossen; diese entsprechen offenbar den beiden „Sinnesfalten“ der übrigen Discomedusen oder den eingerollten medialen Innenrändern der Sinneslappen, der ursprünglichen „Ephyra -Lappen“ des Schirmrandes; sie sind hier dergestalt verdiekt und mit ihren concaven Medial-Rändern gegen ein- ander gekrümmt, dass sich sowohl ihre distalen als ihre proximalen Enden berühren und die Sinnes- nische zwischen ihnen nur unten offen bleibt (Fig. 2). Die obere Decke derselben (der „Deckschuppe oder Deckplatte“ der übrigen Diseomedusen entsprechend) bildet die Gallerte der Subumbrella. Der Sinneskolben liegt nun ungefähr in der Mitte dieser tiefen lanzetförmigen Sinnesnische (jedoch etwas näher dem Proximal-Rande) und ist an der Unterseite ihrer Decke dergestalt befestigt, dass seine radiale Längsaxe von innen und oben nach aussen und unten, also gegen den distalen Eingang der Nische, gerichtet erscheint. Die Rhopalien selbst sind im Verhältniss klein, ungefähr eichelförmig, und waren an den vorliegenden Spiritus- Exemplaren genügend conservirt, um mit Hülfe von feinen Quer- und Längsschnitten eine genauere Untersuchung zu gestatten (Fig. 2—7). Im Ganzen ist ihre Form und Structur nicht wesentlich von denjenigen der Cyanea verschieden. Jedes Rhopalium besteht aus einem diekeren proximalen und einem dünneren distalen Theile; beide sind durch eine schwache ring- förmige Einschnürung von einander getrennt; ebenso ist auch die Insertions-Basis des ersteren stark eingeschnürt (Fig. 5 Längsschnitt). Der Sinnes-Canal (co), welcher an dieser Basal-Strietur sehr stark verengt ist, erweitert sich alsbald wieder und beschränkt sich hier nicht auf die Proximal - Hälfte (— wie gewöhnlich von den Discomedusen angegeben wird —), sondern geht auch noch in die 110 DISCOMEDUSAE. CYANEIDAE. otolithen-haltige Distal-Hälfte hinein (Fig. 6). Das akustische Exoderm-Epithel der Sinneskolben ist ein- schichtig und besteht aus hohen flimmernden Cylinder-Zellen in der Basal-Hälfte, hingegen aus dünnen und flachen Platten-Zellen in der Distal-Hälfte. Die darunter gelegene, dünne aber feste Stützplatte ist in der letzteren sehr verdünnt. Das Entoderm-Epithel ist einschichtig in der weiten, ampullenartig angeschwollenen Basal-Hälfte, hingegen aus 4—5 über einander liegenden Zellen-Schichten zusammen- gesetzt in der Distal-Hälfte (Fig. 6, 7 ol1). Jede dieser Zellen enthält hier einen kleinen krystallinischen Otolithen (ol). Wegen der grossen Zahl dieser über einander liegenden Otolithen erscheint das eichelförmige Distal- Stück des Rhopalium bei auffallendem Lichte weiss, bei durchfallendem schwarz (Fig. 5). Sobald man durch einen Tropfen Säure die kalkigen Otolithen auflöst, erscheinen deutlich die geschichteten Otolithen -Zellen, sowie das blinde Distal-Ende des Sinnes-Canals, welcher doppelt ausgebuchtet bis in die Mitte der otolithenhaltigen Distal-Hälfte des Rhopalium hineinführt (Fig. 6 tadialer Längssehnitt, Fig. 7 Schräger Flächenschnitt). Gastrocanal-System (Taf. XXX, Fig. 1). Das Gastrovascular-System von Drymonema ist zwar im Wesentlichen nach demselben erblichen Familien- Typus gebaut, wie bei allen anderen Cyaneiden, unterscheidet sich aber im Einzelnen von demselben in sehr auffallender Weise, entsprechend der eigenthümlichen Umbildung des Schirmkranzes. Insbesondere ist die Bildung der verästelten Taschen des peripheren Kranzdarmes in letzterem höchst eigenthümlich, während die Conformation des centralen Principal-Darmes und seiner Mund-Organe nicht wesentlich von derjenigen der Cyanea abweicht. Der centrale Prineipal-Darm besteht aus einem flachen scheibenförmigen Central-Magen, in dessen Centrum unten das Mundkreuz mit seinen Anhängen sich befindet, während sein peripherer tand in den Taschenkranz des Kranzdarmes mündet. Entsprechend den 16 Radial- Taschen, welche hier einmünden, und den 16 subradialen Septen oder Cathammal-Leisten, durch welche dieselben von einander geschieden werden, zeigt der scharfe periphere Rand des Central-Magens 16 vorspringende Ecken. Sein grösster Durchmesser beträgt 4—1 von demjenigen des ganzen Schirmes. Seine obere, aborale Wand oder die Magendecke wird von der glatten Entoderm-Fläche der dicken und festen, knorpelharten, centralen Gallertscheibe gebildet; sie ist von feinen Radial-Furchen durchzogen, welche von einer centralen vierlappigen Ringfurche ausgehen und sich nach der Peripherie dichotom ver- zweigen. Die untere oder orale Wand des scheibenförmigen Central-Magens oder der Magenboden bildet die dünnere, aber ebenfalls sehr feste und knorpelharte „Peristom-Scheibe“. In der Mitte derselben öffnet sich das centrale „Mundkreuz“ (Fig. 1, 9), dessen 4 perradiale Schenkel in die tiefen Mundrinnen an der Axial-Fläche der Mundgardinen übergehen. Die Wand der kreuzförmigen Mund- öffnung bildet, wie bei Cyanea, ein sehr fester und dicker Knorpelring des Mundes. Dieser setzt sich an den 4 perradialen Schenkeln des Mundkreuzes einerseits nach unten in die knorpelige Abaxial- Wand der Armrinnen fort, anderseits nach aussen in die 4 starken knorpeligen Mundpfeiler. Durch diese letzteren zerfällt das centrale Peristomfeld in 4 interradiale Felder, welche von der zarten dünn- häutigen „Gastrogenital-Membran“ (gg) eingenommen werden, und von denen als 4 weite faltige Blind- säcke die 4 Genital-Taschen herabhängen (Fig. 9 s). Die Mundgardinen oder „Armgardinen“ („flowing courtains“) verhalten sich im Ganzen wie bei Cyanea und Desmonema (System, p. 522, Taf. XXX, Fig. 1—3). Sie bilden 4 mächtige, sehr breite und dünnhäutige Membranen von rundlich dreieckigem Umrisse, deren proximale Wurzel aus den 4 perradialen Mundpfeilern hervorgeht. Hier an der Wurzel bildet die verdickte und erhärtete Gallert- Lamelle jeder Gardine noch eine sehr feste und starre, knorpelharte Platte von gleichseitig-dreieckigem Umriss, welche gewissermaassen die periphere Ausbreitung des perradialen Mundpfeilers darstellt und DRYMONEMA VICTORIA. 111 an ihrer Axial-Fläche eine tiefe Rinne enthält, die „Armrinne“ oder die directe Fortsetzung eines Mund- kreuz-Schenkels.. Am Distalrande dieser dreieckigen Knorpelplatte der Armwurzel (— an der Grund- linie des gleichseitigen Dreiecks —) geht aber die dicke Knorpelmasse der subumbralen Gallertplatte plötzlich in eine sehr dünne und zarte Fuleral-Lamelle über. Diese breitet sich in Gestalt der mäch- tigen „Armgardine“ (aq) weit aus, legt sich in zahllose Längsfalten, gleich einem faltenreichen Vorhange und stellt eine äusserst zarte und durchsichtige Membran dar, deren Axial-Fläche vom Entoderm, die Abaxial-Fläche vom Exoderm überzogen ist. Beide Epithel-Platten stossen am krausen Distal - Rande der Arm-Gardinen an einander. Dieser Rand fällt an den flach ausgebreiteten Gardinen ungefähr mit dem Schirmrande zusammen, so dass dieselben also die ganze Subumbrella von unten schleierartig ver- hüllen können. Mithin kommt die Total-Länge der Mundarme ungefähr dem Schirm-Radius gleich. Der periphere Kranzdarm, welcher mit 16 breiten Spaltöffnungen in den peripheren Rand des Central-Magens einmündet, zeichnet sich bei Drymonema vor demjenigen der anderen Cyaneiden auf- fallend dadurch aus, dass die 16 breiten Radial- Taschen seiner Innenzone äusserst verkürzt und fast rudimentär erscheinen; hingegen sind die peripheren Verästelungen derselben, welche den „Lappen- taschen“ der übrigen Cyaneiden und deren „Asteanälen“ entsprechen, ganz ausserordentlich ausgedehnt; diese nehmen hier 2—3 der ganzen Subumbrella ein, indem die Radial-Septen oder Cathammal-Leisten zwischen ihnen eentripetal fast bis zur Peripherie des Central-Magens vordringen (vergl Fig. 1 Quadrant rechts oben). Die 16 breiten Radial-Taschen, welche von der Peripherie des Central- Magens ausgehen, sind äusserst kurz und kaum als selbständige Bildungen zu erkennen, weil sie sich alsbald diehoto- misch verästeln. Von den 8 schmäleren Ocular-Taschen (4 perradialen und 4 interradialen) geht ein gerade gestreckter Ocular-Canal (Fig. 3, 4 co) zu den 8 Sinneskolben, während ein paar schmale oeulare Lappentaschen parallel zu beiden Seiten desselben verlaufen und sich gegen die Peripherie dichotom verästeln (Fig. 4 cl). Die 8 adradialen Tentacular-Taschen, welche mit den 8 Ocular- Taschen alterniren, sind viel breiter und zerfallen alsbald durch wiederholte Gabeltheilung in zahlreiche periphere Astcanäle. Während diese „Astcanäle“ oder die verästelten Randgefässe, welche ursprüng- lich vom Distalrande der Lappentaschen abgehen, bei den übrigen Cyaneiden sich gewöhnlich durch bogenförmigen Verlauf und durch zierliche dendritische Seitenäste auszeichnen, bleiben dieselben bei Drymonema ganz gerade gestreckt und verlaufen fast parallel dieht neben einander, gegen den Schirm- rand nur sehr wenig radial divergirend. Es entspricht dieser gestreckte Verlauf der schmalen und geradlinigen Astcanäle der einfachen Leisten-Form der geradlinigen Radial-Septen oder der „Verwach- sungs-Leisten“, durch welche sie getrennt werden. Ebenso sind auch die 80 schmalen und langen Marginal-Taschen, welche den Lappen des breiten rhopalaren Randsaumes entsprechen, ohne dendri- tische Seitenäste. Anastomosen -Bildung zwischen den benachbarten Astcanälen findet nirgends statt und ebenso fehlt auch jede Spur eines Ringeanals (Fig. 1 Quadrant rechts oben). Gonaden (Taf. XXXI, Fig. 9—11). Die Geschlechtsdrüsen verhalten sich ähnlich wie bei Cyanea und Desmonema (System, p. 522, Taf. XXX). Sie bilden 4 lange bandförmige Krausen, welche an der entodermalen Innenwand von 4 mächtigen, faltenreichen „Gastrogenital-Taschen“ befestigt sind. Diese letzteren sind 4 interradiale Blindsäcke des Central-Magens, welche als Ausstülpungen des Magenbodens zwischen den 4 perradialen Mundpfeilern hervortreten und als weite dünnwandige Säcke frei herabhängen, ungefähr halb so lang als der Schirm-Radius (Fig. 1, 8, 9 99). Sie alterniren mit den 4 perradialen, doppelt so langen Arm-Gardinen und bestehen gleich diesen aus einer äusserst zarten und dünnwandigen, durchsichtigen Membran; diese „Gastrogenital-Membran“ legt sich gleich 112 DISCOMEDUSAE. CRAMBESSIDAE. den Arm-Gardinen in sehr zahlreiche Längsfalten, da der periphere Blindsack der Gastrogenital-Taschen eine viel grössere Ausdehnung besitzt als ihre schmale Insertions-Basis. Im Grunde des Blindsackes, seiner entodermalen Innenfläche angeheftet, liegt das lange und schmale Genitalband (Fig. 10 s). Dasselbe ist in zahlreiche Windungen zusammengelegt und dicht krausenartig gefaltet. Unweit seines Proximal-Randes breiten sich an der Innenfläche der Gastrogenital- Tasche die sehr zahlreichen und kurzen Gastral-Filamente aus (Fig. 11 f). Bei stärkerer Vergrösserung zeigt sich, dass jede Falte der Krause aus sehr zahlreichen kleinen Follikeln zusammengesetzt ist (Fig. 11 sb). Die Hohlräume dieser Follikel oder die „Genital-Sinus“ münden in die Gastrogenital- Tasche aus. In diese fallen zu- nächst die reifen Geschlechts-Producte hinein; sie werden von da aus in den Central-Magen und schliesslich durch den Mund nach aussen entleert. Wahrscheinlich gelangen sie hierbei, ähnlich wie bei Cyanea, durch die Armrinnen in die Falten der Armgardinen, welche die befruchteten Eier eine Zeit lang als schützende Brutbehälter beherbergen. VIIIC, Dritte Unterordnung der Discomedusen: RHIZOSTOMAE, Cuvier (1799). Wurzelmündige Scheibenquallen. Discomedusen mit 8 grossen adradialen, wurzelförmigen, einfachen oder verästelten Mundarmen, mit zahlreichen Krausen-Mündchen, ohne centrale Mundöffnung und ohne Tentakeln. Familia: CRAMBESSIDAE, Haeckel (1869). HAECKEL, System der Medusen, 1879; p. 614, Tafel XXXVIIL XXXIX. Familien-Character: Rhizostomen mit einem einzigen centralen Subgenital-Porticus und mit dorsalen sowohl als ventralen Trichterkrausen der 8 Mundarme. — [Discomedusen ohne Tentakeln und ohne centrale Mundöffnung, an deren Stelle zahlreiche Trichter-Mündchen auf den 8 Mund- armen Trichterkrausen bilden, und zwar sowohl auf ihrer ventralen (axialen), als auch auf ihrer dorsalen (abaxialen) Seite. 8 Sinneskolben (4 perradiale und 4 interradiale).,. 8—16 oder mehr enge Radial-Canäle, verzweigt und durch Anastomosen ein Gefäss-Netz in der Subumbrella bildend, gewöhnlich mit deutlichem Ringcanal. 4 interradiale Gonaden in der aboralen Wand eines cen- tralen Subgenital-Porticus, welcher durch centripetale Verschmelzung von 4 getrennten gastralen Subgenital-Höhlen entstanden ist.] Subfamilia: LEPTOBRACHIDAE, L. Acassız (1862). Crambessiden ohne freie Oberarme, sowie mit bandförmigen, sehr verlängerten und dünnen Unterarmen, welche grösstentheils nackt sind und nur am distalen Ende ein quastenförmiges Büschel von zottigen Trichterkrausen tragen. Genus: LEONURA, Harcker (1879). Agov = Löwe; o0o& = Schwanz. Genus-Diagnose: Crambesside ohne freie Oberarme, mit bandförmigen, sehr langen und dünnen Unterarmen, welche grösstentheils nackt sind und nur gegen das distale Ende, oberhalb eines nackten Terminal-Knopfes, ein Büschel von Trichterkrausen tragen. Mundkreuz-Nath achtstrahlig, mit 8 ad- radialen Trichterkrausen, die eine besondere Zotten-Rosette um das Centrum der Armscheibe bilden. LEONURA TERMINALIS. 113 Das Genus Leonura (oder Leontura) bildet zusammen mit der nahe verwandten Gattung Lepto- brachia die eigenthümliche kleine Gruppe der Leptobrachidae. L. Asassız führte dieselbe (1862) als eine besondere Familie der Rhizostomen auf, während es mir zweckmässiger erscheint, sie als Subfamilie der nächstverwandten Familie der Crambessiden anzureihen (System, 1879, p. 630). Bisher war die kleine Gruppe nur durch eine einzige Species bekannt, das Rhizostoma lepiopus (von den Radack-Inseln), von welchem Cnanısso und Eysexnarpr 1821 eine ziemlich gute Abbildung gegeben hatten (Nova Acta Acad. Leop. Carol. Tom. X, p. 356, Taf. XXVII). Ich selbst beschrieb dann 1879 als nahe verwandte Rhizostome die Crambesside Leonura leptura von Neuseeland (System, 1879, p. 631). Von der letzteren wenig verschieden ist die nachfolgend beschriebene L. ierminalis, die einzige Rhizostome der Challenger- Sammlung. Während der Bau des Schirmes nur wenig von Crambessa abweicht, zeichnen sich da- gegen die 8 langen und dünnen Arme durch die Rückbildung der verwachsenen Oberarme aus, sowie durch die Beschränkung der Triehterkrausen auf die Mundscheibe einerseits und die Distal-Hälfte der Arme anderseits; die dazwischen liegende Proximal-Hälfte der Arme ist nackt und krausenlos. Species: Leonura terminalis, Harckeı. Tafel XXXIL Leonura terminalis, HAECKEL, 1879; System der Medusen p. 646, Nr. 616. Species-Diagnose: Schirm flach gewölbt, mit 80 Randlappen (in jedem Octanten 8 spitze, drei- eckige Velar-Lappen zwischen 2 kleineu divergirenden Ocular-Lappen). Subgenital-Osiien 2—3 mal so breit als die Pfeiler zwischen ihnen. Mundkreuz-Naht der Armscheibe mit regulär achtstrahliger Zotten-Rosette. Arme mässig lang und dünn, bandförmig, dreikantig, ungefähr so lang als der Schirm- Durchmesser, mit einem quastenförmigen, dreillügeligen Zottenbüschel, aus welchem ein dreikantiger krausenloser Termiual-Knopf hervortritt. Grösse: Horizontal-Diameter der Umbrella 80—90 Mm.; Vertical-Diameter 30—40 Mm. Fundort: Südöstlicher Theil des pacifischen Oceans, unweit der Insel Juan Fernandez, 33% 31° S. Br., 74° 43’ W.L. v. Gr.; am 14. December 1875 aus 4320 Meter (= 2160 Faden) Tiefe gehoben (zugleich mit Tesserantha connectens, p. 42), Station 299 der Challenger-Expedition. Das Exem- plar war ziemlich gut gehalten, nur die Arme grösstentheils abgerissen. Umbrella (Fig. 1—4). Der Schirm bildet eine flach gewölbte Scheibe, deren Central - Theil (Diseus) fast eben ist, während der Kranz-Theil (Corona) sanft geneigt abfällt. Auf dem Radial-Schnitt (Fig. 2) zeigt sich, dass der Körper, wie bei allen Monodemnien (Versuridae und Crambessidae) aus zwei geirennten Haupttheilen besteht, welche nur durch die 4 perradialen Mundpfeiler zusammenhängen, der eigentlichen Schirmscheibe (nebst Magenhöhle und Schirmkranz), und der darunter gelegenen Arm- scheibe (nebst den daran hängenden Mundarmen). Beide Haupttheile werden durch den geräumigen Subgenital-Portieus (ir) getrennt, welcher sich durch die 4 breiten interradialen Subgenital - Ostien (Fig. 1, 7ig) frei nach aussen öffnet. — Die Gallerte des Schirmes gleicht an Consistenz einem weichen Knorpel und ist in der centralen Schirmscheibe von ziemlich gleichmässiger Dicke (ungefähr 10 Mm.), während sie nach dem Rande hin sich plötzlich verdünnt und an den Lappen nur sehr schwach ent- wickelt ist. Die Gallerte der Armscheibe ist ungefähr eben so dick als die der Schirmscheibe. Die Exumbrella (Fig. 1, 3) zeichnet sich durch eine zierliche und ziemlich regelmässige Tä- felung aus, dadurch hervorgebracht, dass netzförmig verbundene Furchen die ganze äussere Oberfläche des Schirmes in polygonale, etwas convex vorspringende Felder oder Tafeln theilen; sie entsprechen Haeckel, Tiefsee-Medusen. 15 114 DISCOMEDUSAE. CRAMBESSIDAE. den „Pedalien“ von Nauphanta, Atolla und anderen Discomedusen. Die Grösse dieser Exumbral- Tafeln nimmt vom Centrum gegen die Peripherie hin zu; der Durchmesser der inneren Tafeln beträgt 4—5, derjenige der äusseren 6—8 Mm.; die Form der ersteren ist mehr rundlich, die der letzteren mehr ge- streckt polygonal, viereckig, sechseckig oder achteckig. Ein achteckiges Central-Feld (in der Mitte des Schirm -Scheitels) umgiebt zunächst ein Kranz von 8 adradialen Tafeln; an diese schliesst sich ein zweiter Kranz von 16 subradialen an; die grössten und am deutlichsten vortretenden Tafeln sind 32 hexagonale, einen Ring bildend, dessen distale Peripherie dem Ringcanal an der Subumbrella entspricht (Fig. 3). Gegen den Lappenkranz hin werden die Exumbral-Tafeln undeutlicher; die Radial -Furchen zwischen denselben gehen hier in die Einschnitte zwischen den Randlappen über. Am Schirmrande (Fig. 3, 4) sitzen 8 Sinneskolben (4 perradiale und 4 interradiale), wie bei allen Crambessiden und überhaupt bei den meisten Rhizostomen. Jedes Rhopalium ist von den 2 kleinen, spitzen, lanzetförmigen Ocular-Lappen (oder Rhopalar-Lappen) eingeschlossen, welche nach aussen gespreitzt divergiren. Zwischen den 8 zurücktretenden Rhopalar-Einschnitten des Schirmrandes aber springen in Gestalt flacher Bogen die Octanten des Schirmrandes vor, welche das gelappte Ve- larium zusammensetzen. Zwischen je 2 Rhopalien finden sich 8 dreieckige, spitze Velar-Lappen oder genauer 4 Paare; denn die 8 adradialen und die 16 subradialen Einschnitte des Schirmrandes, ebenso auch die 8 prineipalen Einschnitte, in denen die Sinneskolben liegen, sind tiefer und stärker als die 32 seichteren Velar-Einschnitte, welche zwischen die ersteren und letzteren eingeschaltet sind. Da ausserdem die adradiale Mitte der 8 Velar-Bogen des Schirmrandes stärker vorspringt als ihre zurück- tretenden Seitentheile, so erscheinen die 16 Paare Velar-Lappen, welche zu beiden Seiten der 8 Ad- radial-Canäle liegen, grösser als die 16 Paare schwächerer Velar-Lappen, welche zu beiden Seiten der 8 Prineipal-Canäle (oder der 8 Rhopalien) liegen. Rechnet man zu diesen 64 Velar-Lappen noch die 16 kleineren Ocular-Lappen, so beläuft sich die Gesammtzahl der Randlappen auf 80, gleichwie bei vielen anderen Rhizostomen. Die 8 Sinneskolben zeigen nach Lage, Gestalt, Grösse und Structur im Wesentlichen die- selben Verhältnisse, welche Grexacuer und Norz (1876) von Grambessa Tagi sehr genau beschrieben haben (vergl. auch mein „System“, p. 458, 615, und Herrwic, die Sinnesorgane der Medusen, 1878). Dieselben sind eichelförmig und zerfallen durch eine ringförmige Einschnürung in einen kolbenförmigen Basaltheil und einen eiförmigen Distaltheil; ersterer enthält das blinde Distal-Ende des Ocular - Canales, letzterer den mit zahlreichen Krystallen erfüllten Otolithen-Sack. Sie liegen versteckt in einer sub- umbralen „Sinnesnische“ des Schirmrandes, welche oben von einer breiten Deckschuppe überdacht und seitlich von den vorspringenden „Sinnesfalten“ eingeschlossen wird; letztere sind die gewölbt vor- springenden Medial-Ränder der divergirenden Ocular-Lappen oder Sinneslappen, welche an ihrer Basis klappenartig über einander greifen. Oben auf ihrer Exumbral-Fläche ist die dachartig vorspringende Deckschuppe oder Deckplatte von einer blinden trichterförmigen Grube ausgehöhlt; diese Riechgrube ist von dendritisch verästelten Falten durchzogen („Riechfalten“). Tentakeln fehlen bei Leonura ebenso vollständig, wie bei allen anderen Rhizostomen. Subumbrella (Fig. 2, 4—7). Die Unterseite des Schirmes und die davon umschlossene Schirm- höhle zeigen bei Leonura dieselben eigenthümlichen und merkwürdigen Bildungs - Verhältnisse, welche bei allen Rhizostomae Monodemniae (— Versuridae und Orambessidae —) wiederkehren und welche zuerst (1849) von Huxey bei Crambessa mosaica, später (1876) von Grenacner und Norı bei Crambessa Tagi ausführlich beschrieben worden sind (vergl. mein „System“, p. 472, 615, Taf. XXXVIN—XL). Die subumbrale Schirmhöhle zerfällt in eine periphere Schirmkranzhöhle und einen centralen „Subgenital- LEONURA TERMINALIS. 115 Portieus“; beide communieiren nur durch die 4 breiten interradialen „Subgenital-Ostien“ (Fig. 1, 7 iq). Die letzteren werden geschieden durch die 4 starken Mundpfeiler (Fig. 2, 7 ap), die einzigen Verbin- dungsstücke zwischen Schirmscheibe und Armscheibe Die Sehirmkranzhöhle bildet eine ziemlich flache und breite Ringfurche von geringer Ausdehnung. Ihre axiale Innenwand wird durch die Aussen- fläche der Armpfeiler (ap) gebildet; ihre abaxiale Aussenwand durch die subumbrale Innenfläche des Velarium oder des gelappten Schirmkranzes. Der centrale Subgenital-Saal (Porticus subgenitalis, Fig. 2 ir) bildet eine geräumige, wenn auch niediige Kammer, deren Grundform ein Quadrat-Prisma ist. Die obere Wand oder die Decke des Porticus wird durch die kreuzförmige Gastrogenital- Membran gebildet und durch die 4 inter- radialen Intergenital-Tafeln (Fig. 4 wi), welche die Zwischenräume zwischen deren perradialen Schenkeln ausfüllen. Das Gastrogenital-Kreuz schimmert bei der Betrachtung von oben (Fig. 3) durch die Schirmscheibe hindurch, wie bei vielen anderen Rhizostomen. Die zarte Gastrogenital-Membran (Fig. 2, 4 yg), welche dasselbe bildet, scheidet den Porticus von dem darüber gelegenen Central-Magen, dessen Boden oder Unterwand sie zugleich darstellt. Sie besteht aus einer sehr dünnen, biegsamen und dehn- baren Fulcral-Platte, die oben vom gastralen Entoderm, unten vom subumbralen Exoderm überzogen ist; nur in der Mitte wird dieselbe durch das „gallertige Leistenkreuz“ (Fig. 4 gl) verstärkt, dessen 4 perradiale Schenkel die 4 hufeisenförmigen Gonaden von einander trennen und am Distal-Ende in die Axial- Wand der 4 Armpfeiler übergehen. Die interradialen Zwischenräume zwischen den 4 per- radialen Schenkeln des „Gastrogenital-Kreuzes“ werden durch die 4 dicken, knorpelartigen Intergenital- Tafeln ausgefüllt (Fig. 4 wi); das sind starke, gleichseitig-dreieckige Verdickungen des Gallertschirmes, in deren Mittellinie die Interradial- Canäle (ei) verlaufen und an deren Seitenrändern sich die zarte Gastrogenital-Membran inserirt. Die A Mundpfeiler (auch „Armpfeiler oder Saalpfeiler“ genannt, Pilastri, Fig. 2, 4, 7 ap) stellen die einzige Verbindung zwischen der oberen und unteren Wand des Subgenital-Porticus her und werden von einander durch die 4 weiten Saal-Portale oder Subgenital-Ostien getrennt. Die Saalpfeiler sind 4 starke perradiale Gallert-Platten von der Form eines Parallel- Trapezes (Fig. 7 ap). Sie ent- springen mit schmälerer, 10 Mm. breiter Basis vom Distal-Ende der Schenkel des Gastrogenital-Kreuzes und laufen schräg von oben und aussen nach unten und innen, sich bis 15 Mm. verbreiternd, gegen die Armscheibe herab, die durch ihren Zusammenfluss entsteht. Die Dicke der Armpfeiler beträgt 5—7 Mm., ihre Länge 15 Mm. Ihre innere Axial-Fläche ist concav, ihre äussere Abaxial-Fläche convex gekrümmt; erstere ist dem Porticus, letztere der Schirmkranz-Höhle zugewendet. Nahe ihrer Axial- Fläche verläuft in ihrer soliden Gallertmasse der breite perradiale Pfeiler-Canal (Fig. 2, 4, 6 cd), die distale Fortsetzung der Schenkel des Magenkreuzes. Die 4 Subgenital-Ostien oder „Saal-Portale“ (Fig. 1, 7 ig) stellen gewissermaassen die 4 breiten und niedrigen Thüren dar, durch welche man von aussen (von der Schirmkranz-Höhle aus) in den centralen Porticus hinein gelangt. Sie sind von rechteckiger Form (mit abgerundeten Ecken) und werden seitlich durch die 4 perradialen Armpfeiler von einander geschieden, liegen mithin interradial. Oben werden sie vom distalen Basaltheil der dreieckigen Intergenital-Tafeln begrenzt, unten vom Seiten- rande der Armscheibe. Die Breite oder der grösste horizontale Durchmesser der Saal-Portale in ihrer Mitte beträgt 25 Mm. und ist fast 3mal so gross als die geringste Breite der sie trennenden Pfeiler. Die Armscheibe oder Mundscheibe (Stomodiscus, Discus brachiferus, Fig. 2, 6, 7 ah) stellt den „Saalboden“ oder .die untere Wand des Subgenital-Porticus dar. Sie hängt nur durch die 4 Arm- pfeiler mit der darüber gelegenen Schirmscheibe zusammen und bildet eine dicke Gallertscheibe von der 1025 116 DISCOMEDUSAE. CRAMBESSIDAE. Grundform eines Quadrat-Prisma, fast halb so dick als breit (40 Mm. Seitenlänge bei 16—18 Mm. Dicke). Wenn man 2 benachbarte Armpfeiler an ihrer Basis durchschneidet und dann die halb abgelöste Arm- scheibe zurückschlägt, so wird deren obere oder aborale Fläche sichtbar, welche dem Porticus zuge- kehrt ist (Fig. 6). Dieselbe ist quadratisch und fast eben, gegen die Mitte hin nur wenig convex vor- gewölbt; gegen die Seitenränder hin fällt sie nach aussen nur schwach geneigt ab. Die 4 perradialen abgestutzten Ecken des Quadrates gehen in die Distal-Enden der Mundpfeiler über; und die Distal- Enden der 8 Gonaden-Schenkel (Fig. 6 sz) (welche paarweise an der Axial-Wand der Pfeiler-Canäle, cd, herabsteigen) setzen sich hier noch eine kurze Strecke weit divergirend auf die Oralfläche der Arm- scheibe fort. Die Seitenränder der letzteren sind in der Mitte schwach eingekerbt und bilden zugleich sowohl die unteren Ränder der Saal-Portale (iq), als auch die Distal-Ränder der 4 gleichseitig - drei- eckigen, schwach eonvexen „Subgenital-Klappen“ (Fig. 6 ww); letztere sind gewissermaassen an ihren Seitenrändern mit den oralen Fortsetzungen der Pfeiler verwachsen und stellen so die Armscheibe her. Die untere oder orale Fläche der Mundscheibe wird durch das krause Mundfeld (Area orealis) eingenommen; in seiner Mitte liegt die Mundkreuz-Naht und die dieselbe bedeckende achtstrahlige Zotten-Rosette (Fig. 5), während ringsum die 8 Arme abgehen (Fig. 7). Die eentrale Zotten-Ro- sette (Fig. 5) wird eigentlich durch 4 Paar Zotten-Krausen gebildet, welche den 4 Gabelästen der 4 Schenkel der Mundnaht entsprechen; allein die 8 Mundarme, welche paarweise aus der Gabeltheilung des Distal-Endes der 4 Armpfeiler hervorgehen, trennen sich an deren gabelspaltiger Basis so früh- zeitig, dass sie fast von Anfang an in den 8 Adradien liegen und dass auch die Zotten-Rose an ihrer oralen Axial-Fläche eine fast regulär achtstrahlige Form annimmt (Fig. 5). Die verästelten Zotten- Biüschel, welche die Rosette dicht gedrängt zusammensetzen, haben denselben Bau wie die Trichter- krausen am Distal- Theil der Arme. Schneidet man die Zotten ab, so erblickt man in der Mitte des Mundfeldes die reguläre Mundkreuz - Naht (Sutura staurostomalis, Fig. 7 as); wie bei allen Rhizostomen, so ist sie auch hier dadurch entstanden, dass die krausen, in der Jugend offenen Ränder der kreuz- förmigen Mundöffnung später mit einander verwachsen sind. Die 8 Mundarme zeigen bei unserer Leonura im Ganzen dieselbe eigenthümliche Bildung, welche bisher nur von Leptobrachiu leptopus (= Rhizostoma leptopus, Cnanisso, 1. e. Taf. XXVI) bekannt war. Sie erscheinen als 8 adradiale, schlanke, bandförmige Anhänge der Armscheibe, deren Länge ungefähr dem Durchmesser des Schirmes gleich kommt oder ihn nur wenig übertrifft (circa 10 Centi- meter). Wie bei allen Rhizostomae multierispae (Pilemidae und Crambessidae), so sind auch hier eigentlich an jedem Arme als zwei Haupttheile der einkrausige Oberarm und der dreikrausige Unterarm zu unterscheiden (System, p. 582). Allein der kurze Oberarm (Epibrachium) ist bei den Leptobrachiden ganz rudimentär und in der Bildung der dieken Mundscheibe durch Conerescenz aufgegangen. Der ganze freie Theil der Arme wird daher hier durch den Unterarm (Hypobrachium) gebildet. An jedem Unterarme ist die proximale (obere) Hälfte nackt, krausenlos und besteht aus einem dünnen, dreikantig- prismatischen Gallert-Bande, dessen 3 Kanten in 3 schmale Flügel auslaufen; jeder Flügel zeigt auf dem Querschnitt einen Canal (Fig. 8). Die untere, distale Hälfte des Unterarmes besteht aus einem krausen, quastenförmigen Zottenbüschel, aus dessen Ende ein spitzer, dreikantig-pyramidaler Endanhang oder Gallertknopf hervortritt. Der Zottenbüschel setzt sich aus 3 stark gekräuselten und vielfach ge- falteten Blättern zusammen, welche die distale Fortsetzung und Ausbreitung der 3 Armkanten bilden. Eine von diesen 3 Armkrausen liegt an der Innenseite des Armes, axial, und erscheint als das Distal- stück der ursprünglich einfachen Ventral-Krause, deren Proximal-Stück ein Arm der achtstrahligen Zotten-Rosette des Mundfeldes ist; beide werden durch den weiten Zwischenraum der nackten oberen LEONURA TERMINALIS. 117 Armhälfte von einander getrennt. Die beiden anderen Armkrausen liegen paarig an der Aussenseite des Armes und entsprechen somit den Dorsal-Krausen der „multierispen Rhizostomen“ (Pilemiden und Crambessiden; vergl. mein „System“, p. 464, 581). Von den 3 schmalen Flügeln der dreikantig- pyramidalen Terminal-Knöpfe liegt ebenfalls der eine axial, .die beiden anderen abaxial; sie sind die terminalen Ausläufer der 3 Krausen; aber die Trichterkrausen selbst sind auf ihnen verloren gegangen; sie erscheinen wie abgeschliffen. Die zahlreichen und unregelmässigen Mundöffnungen auf und zwi- schen den Falten der Krausen sind bald mehr spaltförmig, bald mehr trichterförmig; die Ränder dieser „Triehterkrausen“, der früher sogenannten „Saugmündcehen“, sind dieht mit zahlreichen mikro- skopischen Mundtentakelchen oder Digitellen besetzt. Gleichwie bei den anderen Rhizostomen sind dieselben auch hier bei Leonura „verlängerte Nesselpapillen des Exoderms“; solide, eylindrische Fortsätze der Arm-Gallerte, deren exodermales Epithel theils Nesselzellen, theils Epithel-Muskelzellen bildet (vergl. Orro Hamann, die Mundarıme der Rhizostomen und ihre Anhangs-Organe; Jena. Zeitschr. für Naturw. Bd. XV, 1881, Taf. IX—X]). Gastrocanal-System (Fig. 2, 4—8). Das Gastrovascular-System von Leonura stimmt fast voll- ständig mit demjenigen der nächstverwandten Leptobrachia überein, sowie in den meisten Beziehungen auch mit demjenigen von Crambessa, von welcher Grexacher und Norz (1876) eine sehr genaue und naturgetreue Beschreibung geliefert haben (vergl. mein „System“, 1879, p. 616, Taf. XXXVII—. XL). Wie bei allen Acraspeden lässt sich zunächst der centrale Hauptdarm von dem peripheren Kranzdarm unterscheiden. Der centrale Hauptdarm besteht aus dem grossen kreuzförmigen Central-Magen und aus dem kleineren, durch die 4 Pfeiler-Canäle mit ihm zusammenhängenden Buccal-Magen, sowie aus dem Canal-System der Arme, welches von letzterem abgeht. Der Central-Magen (Fig. 2, 4 ge) hat die kreuzförmige Gestalt und Ausdehnung der vorher schon beschriebenen Gastrogenital- Membran (99), welche seine untere Wand bildet; die obere Wand wird durch die glatte Entoderm-Fläche der eentralen gallertigen Schirmscheibe hergestellt. Am peripheren Rande des Central-Magens (gm), wo seine obere und untere Wand zusammenstossen, gehen nach aussen die 16 Radial-Canäle ab, welche den peripheren Kranzdarm zusammensetzen, während gleichzeitig nach unten die 4 perradialen Pfeiler- Canäle (Canales piastrales, cd) herabsteigen. Diese letzteren entspringen aus den Distal-Enden der 4 Kreuzschenkel des Central-Magens, unmittelbar unterhalb des Abganges der 4 perradialen Subumbral- Canäle, laufen an der axialen Innenseite der 4 Armpfeiler von oben und aussen nach unten und innen und münden hier in den Buccal-Magen (ga) ein. Als solchen bezeichnen wir den kleinen kreuz- förmigen Hohlraum, welcher in der Mitte der Armscheibe sich findet und von welchem nach unten die 8 Arm-Canäle abgehen (ch). Diese letzteren liegen adradial über den 8 Schenkeln der zottigen Mundrosette, sind aber paarweise als distale Gabeläste der 4 perradialen Pfeiler-Canäle aufzufassen. Jeder Armcanal spaltet sich alsbald in 3 enge Canäle, welche parallel in den 3 Kanten der Arme bis zu ihrem Ende herablaufen; einer davon liegt ventral oder axial, die beiden anderen dorsal oder ab- axial. Daraus geht hervor, dass der ganze freie, dreikantige Theil der Arme als Unterarm zu betrachten ist; dem Oberarm der multierispen Rhizostomen entspricht nur das kurze, mit der Armscheibe ver- wachsene Basalstück des Armes, welches einen einfachen Canal enthält. Von dem axialen oder Ven- tral-Canale der Arme gehen zahlreiche Aeste oben an die Zotten der Mund-Rosette ab (ab!), unten an die ventrale Trichterkrause des distalen Zottenbüschels (ab3). Die beiden abaxialen oder Dorsal- Canäle sind nur unten verästelt, und diese Aeste gehen an die beiden dorsalen Trichterkrausen des Zottenbüschels. Die Distal-Enden der 3 Arm-Canäle verlaufen in den 3 Flügeln der dreikantigen Ter- minal-Knöpfe bis zu deren Spitze, wo sie durch eine gemeinsame Endöffnung zu münden scheinen. 118 DISCOMEDUSAE. CRAMBESSIDAE. Der periphere Kranzdarm zeigt im Wesentlichen dieselben Verhältnisse, welche ich zuerst bei Crambessa Tagi 1869 beschrieben habe. Von der Peripherie des kreuzförmigen Central - Magens gehen 16 starke Radial-Canäle aus, welche in der Subumbrella zum Schirmrande verlaufen, sich dicht verästeln und ein zierliches Canal-Netz bilden. Von den 16 Canälen sind die kürzesten die 4 perradialen, welche aus den Distal-Enden der 4 Schenkel des Magenkreuzes (unmittelbar oberhalb der 4 Pfeiler-Canäle) entspringen; sie sind an ihrer proximalen Basis ampullenartig erweitert (Fig. 4 cp). Die längsten sind hingegen die 4 interradialen Canäle; sie entspringen aus dem Winkel zwischen je 2 Schenkeln des Magenkreuzes und sind mit blinden Divertikein besetzt (Fig. 4 ci). Kürzer als diese 4 letzteren, länger als jene 4 ersteren sind die 8 adradialen Canäle, welche paarweise von den beiden Ecken des distalen Schenkel-Endes entspringen und sich bogenförmig divergirend gegen den Schirm- rand wenden (Fig. 4 ca). Alle 16 Canäle verbinden sich durch einen starken Ringcanal (Fig. 4 cc). Dieser liegt in der subumbralen Kranzfurche, welche die centrale Schirmscheibe vom Velarium trennt. Das periphere Cänal-Netz zerfällt durch den Ringcanal in zwei verschiedene Abschnitte, von denen der schmälere innerhalb, der breitere ausserhalb desselben liegt. Das intracireulare Canal-Netz ist nur 4—6 Mm. breit, erfüllt in Gestalt eines schmalen Gürtels den Raum zwischen dem Ringcanal und den Distal-Enden der Kreuzschenkel, und besteht aus 3—4 Reihen lockerer Maschen von unregel- mässig polygonaler Gestalt. Das extracirculare Canal-Netz hingegen ist 3mal so breit (12— 16 Mm.), besteht aus einem äusserst feinen uud dichten Maschenwerk (dessen feinste Maschen mit blossem Auge kaum sichtbar sind) und erfüllt die ganze Subumbral-Seite des Velarium, vom Ringcanal bis zum dünnen Rande der Randlappen (Fig. 4). Gonaden (Taf. XXXIL, Fig. 1—6 s). Die Geschlechtsdrüsen von Leonura zeigen im Ganzen die- selben Form- und Structur- Verhältnisse, welche Grenacner und Nor 1876 von Crambessa (]. c.) aus- führlich geschildert haben. Sie bilden 4 schmale, dicht krausenartig gefaltete Bänder von der Gestalt eines Hufeisens, dessen convexer Proximal-Bogen im Interradius centripetal vorspringt (Fig. 4 s). Die 4 Geschlechtsbänder liegen in der zarten Gastrogenital-Membran, an der Innenfläche des centralen Magenbodens, und bleiben hier durch einen schmalen Zwischenraum von dessen Aussenrand (gm) einerseits, von den 4 Schenkeln des gallertigen Leistenkreuzes (yh) anderseits getrennt. Bei der Be- trachtung von oben (Fig. 3) oder von unten (Fig. 4) hat es fast den Anschein, als ob die Distal-Enden der zugekehrten Schenkel von je 2 benachbarten Hufeisen-Bogen am Distal-Ende der Magenkreuz- Schenkel in einander übergingen und einen zusammenhängenden kreuzförmigen Genital-Ring bildeten. Genauere Untersuchung lehrt indessen, dass die 4 interradialen Gonaden völlig getrennt bleiben, ob- wohl sich ihre Schenkel-Enden an der Axial-Fläche der perradialen Mundpfeiler fast bis zur Berüh- rung nähern. Die letzten Enden der Genital-Schenkel sind hier unten wieder divergirend seitwärts gekrümmt; sie liegen bereits in den 4 Ecken der Armscheibe (Fig. 6 sc). Das untersuchte Exemplar von Leonura ist ein Männchen. Die Hoden sind krausenartig dergestalt in quere Falten gelegt, dass das ganze Genital-Band aus einer grossen Anzahl von kleinen spindelförmigen Säckchen zu bestehen scheint. Diese Säckchen (— die Querfalten des hufeisenförmigen Hoden-Bandes —) stehen dicht ge- drängt neben einander, mit ihrer Längsaxe senkrecht auf derjenigen des letzteren; die Säckchen sind prall gefüllt mit reifem Sperma. Die Verhältnisse des feineren Baues, sowohl in den Gonaden als in den meisten übrigen Organen, gleichen denjenigen von Crambessa. 119 Uebersicht über die Familien des Systems, welche unter den Tiefsee-Medusen der Challenger-Collection vertreten sind. Ordnungen Nichtvertretene Vertretene Familien | der Familien des Beschriebene Species Medusen des Systems Systems der Medusen | I. Ordnung: Codonidae Anthomedusae Tiaridae Margelidae, Taf. 1 Thamnostylus dinema, p. 2 (1 Species) Cladonemidae II. Ordnung: Thaumantidae Leptomedusae Eucopidae \ Cannotidae, Taf. 2 Ptychogena pinmulata, p. 6 pP ychogena P 1% (1 Species) Aequoridae ) III. Ordnung: Petasidae Pectyllis arctica, p. 10 Trachomedusae Aglauridae Trachynemidae, Taf. 3—8 Pectis antarctica, p. 13 (3 Species) Geryonidae Pectanthis asteroides, p. 17 IV. Ordnung: ) Cunanthidae, Taf. 9 Cunarcha aeginoides, p. 21 Narcomedusae Solmaridae Peganthidae, Taf. 10—12 Füyeniıe Dura DEN 1 Spass) Pegantha pantheon, p. 31 Göpecies ’ Aeginidae, Taf. 13, 14 Aeginura myosura, p. 35 V. Ordnung: $ romedieae j | Tesseridae, Taf. 15 Tesserantha comnectens, p. 42 SE Lucernaridae, Taf. 16, 17 Lucernaria bathybia, p. 46 (2 Species) | j VI. Ordnung: ; EIN L: Peromedusae Pericolpidae \ Periphyllidae, Taf. 18—25 NOS URERIES, DR Ä Periphema regina, p. 12 (2 Species) J VII. Ordnung: Cubomedusae | Chirodropidae Charybdeidae, Taf. 26 Charybdea Murrayana, p. 79 (1 Species) Linergidae e Pelagidae : VII. Ordnung: Flosculidae Ephyridae, Taf. 27—29 { ee I Dad Discomedusae Ulmaridae | en USER en Cyaneidae, Taf. 30, 31 Drymonema Victoria, p. 106 ESpedies) EEE Crambessidae, Taf. 32 Leonura terminalis, p. 113 Pilemidae Versuridae 120 Uebersicht über die vorstehend beschriebenen 18 Tiefsee-Medusen, mit Angabe des Fundortes und der Stellung im System der Medusen. Genus und Species. Ocean Challenger- Station 120 165° 42° 8. = = | Fundort | B> | Breiten- | Länge von = | Grade | Greenw. 1. Thamnostylus dinema, Taf. 1. Antarct. Ind. EN Na al VER ARERRGEN. "1 153 79° 49’ 0. Ordo: Anthomedusae. Familia: Margelidae. Subfamilia: Thammnostomidae. | | 2. Ptychogena pinnulata, Taf.2. Atlant. Nord . en BRUN N. 50 11250420 8" N.| 63% 39’ W. Ordo: Leptomedusae. Familia: Cannotidae. Subfamilia: Polyorchidae. 3. Pectyllis aretica, Taf. 3, 4. Atlant. Nord ! 50 11250|42° 8’N. 630 39’ W. Ordo: Trachomedusae. Familia: Trachynemidae. Sueemilia: Peciyindaeı | 4. Pectis antarctica, Taf. 5, 6. Antarct. Ind. 152 | 1260 | 60° 52° 8. 80° 20’ 0. Ordo: Trachomedusae. Familia: Trachynemidae. Subramiha: Pech, yllidae, | 5. Pectanthis asteroides, Taf. 7, 8. Atlant. Medit. .. | 2IV | 6001360. 25’ N.| 80212’W. Ordo: Trachomedusae. Familia: Trachynemidae. Subfamilia: enpupeh 6. Cunarcha aeginoides, Taf. 9. Atlant. Nord . SE Bee 354 \1675|32° A1’N.| 36° 6’W. Ordo: Narcomedusae. Familia: Cunanthidae. Subfamilia: Ounoctonidae. 7. Polycolpa Forskalii, Taf. 10. Pacif. Philippin. . re 20192232] E70 3214 210024870 Ordo: Narcomedusae. Familia: Peganthidae. Subfamilia: Polyxenidae. 8. Pegantha pantheon, Taf. 11, 12. Pacif. Philippin. 2010 252] WE 32NS AO Ordo: Narcomedusae. Familia: Peganthidae. Subfamilia: Prgeidhe 9. Aeginura myosura, Taf. 13, 14. Ind. Austral. ; 159 |2150|47° 25’ S.|130° 327 © Ordo: Narcomedusae. Familia: Aeginidae. Subfamilia: Vene | 10. Tesserantha connectens, Taf. 15. Pacif. Chile . ER ER EEE re 299 121601330 317 8.| 74° 43’ W Ordo: Stauromedusae. Familia: Tesseridae. Subfamilia: Tesseranthidae. 11. Lucernaria bathyphila, Taf. 16, 17. Atlant. Nord . 2 — | 540/60° 3’N.| 5° 51’W Ordo: Stauromedusae. Familia: Lucernaridae. Sinmise Halich ne 12. Periphylla mirabilis, Taf. 18—23. Paecif, Neuseel. ae 168 1100/40 28’ S.|177° 43’ O Ordo: Peromedusae. Familia: Periphyllidae. Subfamilia: Dane 13. Periphema regina, Taf. 24, 25. Antarct. Ind. a ee RENATE 156 |1975|620 26° S.| 95° 44’ 0 Ordo: Peromedusae. Familia: Periphyllidae. Subfamilia: Periphemidae. 14 Charybdea Murrayana, Taf. 26. Atlant. Guinea . . . 2.2.2 2% 348 | 200, 3° 10’ N.| 14° 51’W. Ordo: Oubomedusae. Familia: Charybdeidae. Subfamilia: Tamoyidae. 15. Nauphanta Challengeri, Taf. 27, 28. Atlant. Süd . ie: 335 11425 32° 24° S.| 13° 5’W. Ordo: Discomedusae. Familia: Ephyridae. Subfamilia: Naesiho:dae, ER HL Antaret Ind. 0 1080 35’ 2, all Willen, Met 2D Antaret. Atlant. BE us 21 D : er ar W Ordo: Discomedusae. Familia: Ephyridae. Subfamilia: Collaspidae. 17. Drymonema Victoria, Taf. 30, 31. Atlant. Medit.. : } 2IV | 600|136° 25’N.| 8° 12’W Ordo: Discomedusae. Familia: Oyaneidae. Subfamilia: Dry Reg 18. Leonura terminalis, Taf. 32. Pac. Chile 299 |2160|133° 31’ S.| 74° 43’ W Ordo: Discomedusae. Familia: Orambessidae. Subfamilia: IEgotelpenahre: DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. GRUNDRISS EINER VERGLEICHENDEN MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. ZWEITE HÄLFTE DES ZWEITEN THEILES EINER MONOGRAPHIE DER MEDUSEN. VON ERNST HAECKEL. Haeckel, Tiefsee-Medusen. 16 S R ei t Y un cı URT Ä fi F N f 2 \ iD. Da y h) Kirps ü Z| F 1 wi Mn Ben Ä Br‘ A N UN v7 OR Ra Rn N = N m F ; N J & R DR Y dr AST 8 Er, ar j ) "Bl NIE Dh, j ren Ye i f A Ka ar re Di (, © q z Da x EN Y ? a iR L 0 gr N . 2 l Ü ! 2 ’ 4 \ j N i Erster Absehnitt. (Generelle Morphologie der Medusen. $ 1. Begriff der Meduse. Medusen sind Nesselthiere (Acalephae oder Cnidariae) mit gela- tinöser, radial gebauter, eoneav-convexer Umbrella, deren vertieale Axe die Hauptaxe der soli- tären Person ist; mit Schwimm-Muskeln auf der coneaven Oralseite der Umbrella, Nerven- Centren und Sinnesorganen am peripheren Schirmrande, mit radialen Fortsätzen (Canälen oder Taschen) der centralen Magenhöhle und einer einfachen (selten vieltheiligen) Mundöffnung am Oral-Pole der Hauptaxe, sowie mit Gonaden in der Subumbral-Wand des Gastrocanal-Systems (vergl. „System der Medusen“, 1879, p. XXl etc.). Von den übrigen Classen der Nesselthiere (Polypen, Corallen, Siphonophoren, Ctenophoren) unterscheiden sich die Medusen oder „Schirmquallen“ durch folgende Classen -Charactere: Die reife und völlig entwickelte Meduse erscheint als solitäre (nicht in Mehrzahl zu Stöcken vereinigte) Person, welche gewöhnlich frei schwimmend, selten kriechend im Wasser sich fortbewegt, noch seltener sich am Boden anheftet; (fast alle Medusen bewohnen das Meer, nur sehr wenige das Süsswasser). Die Hauptmasse des Medusen - Körpers (dem Volum und Gewicht nach) bildet ein coneav-convexer, wasserreicher Gallertkörper, der Schirm (Um- brella); derselbe dient als eigenthümliches Schwimm - Organ; für seine pyramidale Grundform sind stets maassgebend eine verticale Hauptaxe und zwei oder mehrere horizontale Kreuz- axen (mit doppelt so vielen Radien). Die convexe Aussenfläche des Schirmes (Exumbrella) trägt meist keine besonderen Organe; die concave Innenfläche hingegen (Subumbrella) ist stets mit einer Muskel- platte belegt, welche als wichtigstes Bewegungs-Organ bei ihrer Contraetion die Schirmhöhle ver- tieft und verengt und dadurch Wasser aus derselben ausstösst. Am Schirmrande (Margo umbrellue), wo Exumbrella und Subumbrella zusammenstossen, liegen die wichtigsten Empfindungs-Organe, Nerven-Centren- und differenzirte Sinnes-Organe, meistens auch Tentakeln. Die Ernährungs-Organe werden durch ein radiales Gastrocanal-System gebildet, welches sich an der Subumbrella aus- breitet und aus einem centralen Hauptdarm und einem peripheren Kranzdarm zusammengesetzt ist. Der Hauptdarm (im Centrum der Subumbrella) bildet eine einfache Magenhöhle, die oft nach unten rohrförmig vortritt und sich am Oral-Pole der Hauptaxe durch einen einfachen (selten vieltheiligen) Mund öffnet. Der Kranzdarm (in der Peripherie der Subumbrella) setzt sich aus vier oder mehr radialen Fortsätzen des Central- Magens zusammen, welche bald breite Taschen, bald schmale Canäle darstellen. Die Fortpflanzungs-Organe sind stets einfache Geschlechts-Drüsen /(Gonades) und entwickeln sich stets in der unteren (subumbralen) Wand des Gastrocanal-Systems, bald aus deren 16 * 124 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Exoderm, bald aus deren Entoderm. Fast alle Medusen sind Gonochoristen, nur sehr wenige Herma- phroditen. Für die Phylogenie der Medusen ergiebt sich aus ihrer vergleichenden Anatomie und Ontogenie als ursprüngliche Stammgruppe die Classe der Polypen. $ 2. Begriff des Polypen. Die Classe der Polypen, aus welcher die Classe der Medusen phylogenetisch abzuleiten ist, und welche demnach den Schlüssel für die morphologische Erkenntniss der letzteren liefert, ist zugleich die gemeinsame Stammgruppe aller Nesselthiere. Als deren einfachste und primitivste Vertreter sind in der Gegenwart der Süsswasser-Polyp (Hydra) und die nächstverwandten Genera Clava, Coryne ete. zu betrachten. Ihr ausgebildeter Organismus schliesst sich im Wesentlichen noch unmittelbar an denjenigen der Gastrula (— phylogenetisch Gastraea —) an und besitzt denselben einfachen Urdarm mit Urmund, dessen Wand aus den beiden primären Keim- blättern gebildet ist. Der Polyp unterscheidet sich von der Gastrula hauptsächlich durch beginnende histologische Differenzirung der beiden primären Keimblätter, sowie dadurch, dass der aborale Pol der Hauptaxe als Stiel zur Anheftung dient, während am oralen Pole derselben, um den Mund herum, ein Kranz von Fühlern oder Tentakeln sich entwickelt. Dieser Tentakelkranz bildet die Grenze zwischen dem stärker gewölbten Aboral-Theil des Körpers (Becher, Calyx) und dem flacheren oder selbst ver- tieften Oral-Theil (Mundscheibe, Peristomiun). $ 3. Meduse und Polyp. Der wesentlichste Unterschied zwischen dem Organismus der Me- duse und des Polypen besteht in der Bildung des characteristischen Schwimm -Organes der ersteren, des Schirmes oder der Umbrella, sowie der Cathammen oder theilweisen Verwachsungen zwi- schen der aboralen Becherwand (Calyx) und der oralen Mundscheibe (Peristomium); dadurch zerfällt der periphere Theil der einfachen Magenhöhle in radiale Taschen oder Canäle, welche regelmässig den einfachen Central-Raum derselben umgeben. Mithin entspricht die centrale Magenhöhle der Meduse nicht dem ganzen einfachen Gastral-Raum des Polypen (oder dem „Urdarm“ der Gastraea), sondern nur dessen centralem Theile; dagegen ist sein peripherer Theil homolog dem radialen (meistens vier- strahligen) „Kranzdarm“ der Meduse („Taschenkranz oder Canalkranz“). Die centrale Mundöffnung ist in beiden Thierklassen identisch, aus dem „Urmunde“ der Gastrula entstanden; und wenn dieselbe bei den Polypen in einen Mundkegel oder Rüssel (Proboscis) verlängert ist, so entspricht dieser dem frei vorragenden Mundrohr oder Mundmagen vieler Medusen. Das Peristomium des Polypen (oder die schwach concave „Mundscheibe“) ist homolog der Subumbrella der Meduse (oder der stärker ver- tieften unteren Schirmfläche). Ebenso entspricht anderseits die convexe Aussenfläche oder die dorsale Becherwand (Calyx) des Polypen der flacher gewölbten Rückenwand oder Exumbrella der Meduse. Mithin ist der Becherrand des Polypen (mit der Insertion des Tentakel-Kranzes) homolog dem Schirmrande der Meduse; während aber bei der letzteren sich hier neben oder aus den Tentakeln differenzirte Sinnesorgane entwickeln, ist das bei ersterem nicht der Fall. In Hinsicht auf histologische Differenzirung bleibt die ältere und niedere Polypen-Form weit zurück hinter der jüngeren und höheren Medusen-Form. Letztere ist aus der ersteren durch Anpassung an schwimmende Lebensweise ent- standen und hat sich dadurch wesentlich vervollkommnet. $ 4 Craspedoten und Acraspeden (System, p. XXIV, 1, 361). Die Classe der Medusen zer- fallt in zwei verschiedene Legionen oder Unterelassen: Craspedotae und Acraspedae. Beide Subelassen bilden natürliche Haupigruppen, welche sich in wichtigen Organisations- Verhältnissen wesentlich und I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 125 durchgreifend unterscheiden. Obgleich einzelne Gruppen in beiden Legionen zum Verwechseln ähnlich und auch thatsächlich vielfach verwechselt worden sind, so sind dennoch beide Hauptgruppen funda- mental verschieden und wahrscheinlich ganz unabhängig von einander aus verschiedenen Polypen- Gruppen entstanden; ihre wichtigsten Unterschiede sind am besten aus folgender Tabelle ersichtlich: I. Craspedotae oder Hydromedusae. Magenraum ohne Gastral-Filamente oder Phacellen (Aphacellae). Gonaden exodermal (Geschlechts-Producte vom äusse- ren Keimblatte). — (Oryptocarpae.) Schirmrand mit echtem Velum, ohne wahre Randlappen (Craspedotae). Sinnesorgane meist einfach, ohne besondere Deckplatte (Gymmophthalmae). Marginaler Nervenring doppelt, centralisirt (Cyelo- neurae). Abstammung von Hydropolypen oder Polypen ohne gastrale Taeniolen (Hydromedusae). II. Acraspedae oder Scyphomedusae. Magenraum mit Gastral-Filamenten oder Phacellen (Phacellotae). Gonaden entodermal (Geschlechts-Producte vom inne- ren Keimblatte). — (Phanerocarpae.) Schirmrand ohne echtes Velum, mit wahren Rand- lappen (Acraspedae). Sinnesorgane meist zusammengesetzt, mit besonderer Deckplatte (Steganophthalmae). Marginaler Nervenring einfach, meist nicht centrali- sirt (Toponeurae). Abstammung von Scyphopolypen oder Polypen mit gastralen Taeniolen (Scyphomedusae). $ 5. Hydropolypen und Scyphopolypen. Den beiden Legionen der Medusen-Classe ent- sprechen zwei verschiedene Legionen der Polypen-Classe: Hydropolypi und Scyphopolypi. Die niederen einfacher gebauten Hydropolypen haben einen ganz einfachen Gastral-Raum mit glatter Innenfläche beibehalten (Urdarm oder Archigaster der Gastraea). Die höheren und vollkommeneren Seyphopoly- pen unterscheiden sich von ihnen dadurch, dass an der Innenfläche der Magenhöhle sich 4 interradiale Längswülste oder Magen-Leisten (Taeniola) entwickeln und in Folge dessen ihr peripherer Theil in 4 breite perradiale Nischen oder Rinnen zerfällt (Antra gastralia). Von den Hydropolypi (Hydra, Clava ete.) stammen die Hydromedusae oder Craspedotae ab, sowie die von Letzteren abzuleitenden Classen der Sipho- nophoren und Ctenophoren; allen diesen Nesselthieren fehlen die Gastral-Filamente. Von den Scypho- polypi hingegen (Scyphostoma, Spongicola ete.) stammen die Scyphomedusae oder Acraspedae ab, sowie die Classe der Korallen oder Anthozoen; sowohl die letzteren als die ersteren besitzen Gastral - Filamente oder Mesenterial-Filamente, und diese sind aus den Taeniolen der Seyphopolypen entstanden. $ 6. Polyphyletischer Ursprung der Medusen. Mit einer Wahrscheinlichkeit, welche nahe an Sicherheit grenzt, lässt sich schon jetzt die phylogenetische Hypothese aufstellen, dass die Classe der Medusen zu den polyphyletischen Thierclassen gehört. Obgleich die Medusen einerseits nach ihrem ganzen characteristischen Körperbau so einheitlich organisirt erscheinen, dass sie im System des Thierreiches füglich am besten als eine einzige Classe aufgeführt werden, so folgt daraus doch ander- seits keineswegs, dass sie alle von einer einzigen gemeinsamen Stammform herzuleiten sind, welche bereits die Medusen-Form besass. Vielmehr ist es höchst wahrscheinlich, dass die beiden Subelassen oder Legionen dieser Classe, die Craspedoten und Acraspeden, getrennten Ursprunges sind und von Polypen-Gruppen abstammen, welche unabhängig von einander sich zu Medusen entwickelten. Dafür spricht vor Allem, dass die Seyphopolypen, die Stammformen der Acraspeden (Scyphostoma, Ste- phanoscyphus ete.), bereits die 4 wichtigen interradialen Taeniolen oder gastralen Längsleisten besitzen, aus welchen sich bei allen Acraspeden (oder „Seyphomedusen‘“) die 4 characteristischen Filament- Gruppen entwiekeln. Hingegen fehlen diese letzteren ebenso allgemein den Craspedoten (oder „Hydro- 126 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. medusen“), wie den Stammformen der letzteren, den Hydropolypen, die typischen 4 interradialen Taeniolen fehlen. Ferner entstehen die Geschlechts-Organe bei den Craspedoten (wie bei den meisten Hydropolypen) aus dem Exoderm, bei den Acraspeden (wie bei den Scyphopolypen und Korallen) aus dem Entoderm. Was die beiden Legionen oder Subelassen betrifft, so hat für die Craspedoten ein polyphyletischer, für die Acraspeden ein monophyletischer Ursprung mehr Wahrscheinlichkeit. $ 7. Ordnungen der Craspedoten (System, p. 2, 233, 360). Die Legion der Craspedotae oder Hydromedusae zerfällt in 2 Sublegionen und 4 Ordnungen. Die beiden Sublegionen, Leptolinen und Trachylinen, unterscheiden sich durchgreifend und in erster Linie durch Mangel oder Besitz der Cor- dylien oder tentacularen „Hörkölbehen“ Dies sind modifieirte „acustische Tentakeln“, bestehend aus einer soliden Axe von chordalen Entoderm -Zellen, deren letzte (distale) einen oder mehrere Oto- lithen enthalten; das Exoderm-Epithel derselben trägt starre Hörborsten. Die erste Sublegion, die Leptolinae (oder Acordyliae) hat keine Hörkölbchen; sie besitzt entweder überhaupt keine Hörorgane oder nur „velare Hörbläschen“ (Randbläschen am Velum mit exodermalen Otolithen), welche von den Cordylien ganz verschieden sind und bei keiner anderen Gruppe sich wiederfinden. Ausserdem sind bei den Leptolinen die Tentakeln meist hohle, sehr bewegliche und verkürzbare Fäden, und ihr Velum ist zart und dünn. Die zweite Sublegion hingegen, die Trachylinae (oder Cordylotae) trägt beständig am Schirmrande echte Cordylien oder Hörkölbehen mit entodermalen Otolithen; ausserdem sind ihre Tentakeln meist solide, ziemlich starre und wenig verkürzbare Fäden, und ihr Velum ist derb und diek. Die Leptolinen entwickeln sich meistens indirect (durch Metagenesis), die Trachylinen meistens direct (durch Hypogenesis). In beiden Sublegionen giebt es eine Ordnung mit gastralen Gonaden (Anthomedusae, Narcomedusae) und eine Ordnung mit eanalären Gonaden (Leptomedusae, Trachomedusae). Diese Differenzen werden durch folgende Tabelle übersichtlich: $ 8. Uebersicht über die beiden Legionen der Craspedoten: Leptolinae (Acordyliae). Trachylinae (Cordyliotae). Craspedoten ohne Hörkölbehen oder Cordylien, mit sehr | Craspedoten mit Hörkölbehen oder Cordylien, mit starren beweglichen und extensilen Tentakeln, welche und wenig extensilen Tentakeln, welche meist meist hohl sind. solid sind. I. Ordnung: Anthomedusae, Taf. 1. | III. Ordnung: Trachomedusae, Tal. 3—8. (System, p. 3, Taf. I-VN). (System, p. 234, Taf. XVI—-XVII). Gonaden gastral (Geschlechtsorgane ursprünglich in der | Gonaden canalär (Geschlechtsorgane ursprünglich in der subumbralen Magenwand), Abstammung von Tubularia- Subumbral-Wand der Radial-Canäle), meist keine Pe- Polypen. ronien am Schirmrande, niemals Peronial-Canäle. II. Ordnung: Leptomedusae, Taf. 2. IV. Ordnung: Narcomedusae, Taf. 3—14. (System, p. 111, Taf. VII—XV). | (System, p. 299, Taf. XIX—XX). Gonaden canalär (Geschlechtsorgane ursprünglich in der Gonaden gastral (Geschlechtsorgane ursprünglich in der Subumbral-Wand der Radial-Canäle), Abstammung von | subumbralen Magenwand), Peronien am Schirmrande, Campanaria-Polypen. | meist mit entwickelten Peronial-Canälen. $ 9. Ordnungen der Acraspeden (System, p. 362, 449, 632). Die Legion der Acraspedae oder Scyphomedusae zerfällt in 2 Sublegionen und 4 Ordnungen. Die erste, ältere und niedere Sublegion, die Tesseroniae (oder Tetraperiae) hat einen hochgewölbten, meist kegelförmigen Schirm und an dessen Subumbral-Seite 4 grosse perradiale Magentaschen, welche durch 4 interradiale Septen oder I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 127 Cathammen getrennt werden und in deren Subumbralwand sich die Gonaden entwickeln. Die zweite, jüngere und höhere Sublegion, die Ephyroniae (oder Octoperiae) hat dagegen einen flach gewölbten, meist scheibenförmigen Schirm, und an dessen Subumbral-Seite eine sehr weite und flache Magenhöhle, in welcher die 4 ursprünglichen Perradial- Taschen aufgegangen sind und in deren Subumbral- Wand sich daher die Gonaden entwickeln; die 4 interradialen Septen oder Cathammen sind hier rückgebildet und meist ganz verloren gegangen. Ein weiterer Unterschied beider Sublegionen liegt in der Zahl ihrer characteristischen Sinneskolben oder Rhopalien; alle Ephyronien oder Diseomedusen haben deren 8 oder mehr (4 perradiale und 4 interradiale, oft noch mehrere accessorische). Hingegen be- sitzen die Tesseronien entweder nur 4 oder gar keine Sinneskolben. Von den drei Ordnungen der Tesseronien haben die Peromedusen 4 interradiale, die Cubomedusen 4 perradiale, die Stauromedusen gar keine Rhopalien (an deren Stelle Tentakeln). Diese Differenzen erläutert folgende Tabelle: $ 10. Uebersicht über die beiden Legionen der Acraspeden. en T——————.———TT nn, FF Tesseroniae (Teiraperiae). Ephyroniae (Ocioperiae). Acraspeden ohne Sinneskolben oder mit 4 Sinneskolben | Acraspeden mit 8 oder mehr Sinneskolben (bis 32 Rho- (Rhopalien). Schirm meistens hoch gewölbt, kegelförmig. | palien). Schirm meistens flach gewölbt, scheibenförmie. 4 Perradial-Taschen des Magens gross, durch ent- 4 Perradial-Taschen klein, meist im Central-Magen auf- wickelte Cathammal-Septen getrennt. gegangen, durch Auflösung der Cathammal-Septen. ————————————— pp pp p11[1[ycycysss I. Ordnung: Stauromedusae, Taf. 15—17. IV. Ordnung: Discomedusae, Taf. 27—32. (System, p. 363, Taf. XXI, XXII) (System, p- 450, Taf. XXVII—XL.) 8 Rhopalien oder mehr (4 perradiale und 4 interradiale, Keine Rhopalien, an deren Stelle einfache Tentakeln. ERSTE 5 bisweilen noch mehrere accessorische). I. Ordnung: Peromedusae, Taf. 13—25. I. Unterordnung: Cannostomae. (System, p. 396, Taf. XXI, XXIV.) Mundrohr einfach, ohne freie Mundarme. Tentakeln meist kurz und solid. I. Unterordnung: Semostomae. Mundrohr in 4 grosse, perradiale, faltige Mundarme ge- II. Ordnung: Cubomedusae, Taf. 26. nalen. „ Ianakeln akt lung und hal, III. Unterordnung: Rhizostomae. (System, p. 423, Taf. XXV, XXVL.) - R x j _ Mundrohr durch 8 adradiale wurzelförmige Mundarme mit 4 perradiale Rhopalien und dazwischen 4 interradiale Ten- zahlreichen Trichter -Oeffnungen vertreten; Central- takeln oder Tentakel-Büschel. Mund zugewachsen. Keine Tentakeln. 4 interradiale Rhopalien und dazwischen 4 perradiale Ten- takeln (oft dazu noch 8 adradiale Tentakeln). $ 11. Polyphyletischer Ursprung der Craspedoten. Die Legion der Craspedoten oder Hydro- medusen ist wahrscheinlich eine polyphyletische Thier-Gruppe; mehrere verschiedene Craspe- doten-Gruppen sind unabhängig von einander aus mehreren verschiedenen Hydropolypen-Gruppen entstanden. Dafür spricht zunächst die Thatsache, dass alle Anthomedusen von Tubularia-Polypen abstammen, alle Leptomedusen von Campanaria-Polypen. Die phyletische Divergenz dieser beiden Polypen-Gruppen ist wahrscheinlich viel höheren Alters als die Entstehung der beiden entsprechenden Medusen-Ordnungen. Eine dritte selbständige Gruppe dieser Legion scheinen die Trachylinen oder Cordylioten zu bilden, die Trachomedusen und Nareomedusen. Doch sind vielleicht auch diese beiden Ordnungen unabhängig von einander entstanden. Innerhalb jeder der 4 Craspedoten - Ord- nungen ist der monophyletische Ursprung aller ihrer Formen aus einer einzigen gemeinsamen Stamm- form zwar nicht sicher, aber doch sehr wahrscheinlich (System, p. 359). 128 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 12. Hypothetischer Stammbaum der Craspedoten (Polyphyletisch). DT mn —— AEQUORIDAE GERYONIDAE I. Anthomedusae Polycannidae Carmarinidae IV. Narcomedusae N N Mn [Siphonophorae] Zygocannidae | [Ctenophorae] nt TIARIDAE Oetocannidae AGLAURIDAE SOLMARIDAE Pandaeidae Octocanna Persidae Solmundinae CLADONEMIDAE Camenman (Solmundus) Dendronemidae Be Aglanthidae Solmonetidae Otenaria | Pteronemidae yllots ı TRACHYNEMIDAE (Solmoneta) | Aenrenmdee EucoripAE Liriopidae Pectyllidae Solmissidae | | Polyotessae Liriantha | (Solmissus) | AEGINIDAE Polyorchidae Marmanemidae Aeginodoridae De Octotessae Aglantha | PEGANTHIDAE | ( rotiara) T | T „ (Polycolpa) I HAUMANTIDAE rachynema | ee Cladostylae | male | PETASIDAE | null ae | | Melicertidae | Olindiadae | | ah era | | | Haplostylae —_—— | Aeginetidae (Cytaeis) Laodicidae Petachnidae | (Aegina) | Eucopium | | Staurodiscus | | | nn nn B——— on { THAUMANTIDAE PETASIDAE CODONIDAE | CUNANTHIDAE Tetranemale Stammform der Anthomedusen: Codonium* Stamm-Polypen der Anthomedusen: Tubulariae | | II. Leptomedusae III. Trachomedusae Tetranemale Stammform der Leptomedusen: Tetranema* Stamm-Polypen der Leptomedusen: Campanariae | | Tetranemale Stammform der Trachomedusen: Petasus* Tetranemale Stammform der Narcomedusen: (Cumantha*) | | | Mn nn Stamm-Polypen der Trachylinen (Trachomedusen und Narcomedusen) Unbekannt (Trachylariae?) | m a m Hydropolypi Hydropolypi—— ee Scyphostoma Archydra (Stammform aller Nesselthiere) Gastraea (Stammform aller Metazoen) I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. m 129 $ 13. Hypothetischer Stammbaum der Acraspeden (Monophyletisch). IV. Discomedusae IVC. Rhizostomae I. m machen ÜRAMBESSIDAE II. VERSURIDAE Leptobrachidae PILEMIDAE Cubomedusae PERIPHYLLIDAE Stylorhizidae | Eupilemidae CHIRODROPIDAE Crossostomidae Himantostomidae Stomolophidae | Euerambessidae b Lychnorhizidae ee ee OREUMIDÄE Polyrhizidae | Polyclonidae | PERICOLPIDAE Haplorhizidae | ÜHARYBDEIDAE (Pericolpa) | Tamoyidae Archirhizidae IVB. Semostomae er wire * MT mn (Archirhiza”) ee Aurelidae CYANEIDAE | Sthenonidae Drymonemidae | | Pateridae 1 —— (NE DIEL — — Une Medoridae Stauromedusae (Ulmaris) (Procyanea) LUCERNARIDAE | | Halicyathidae FLOSCULIDAE A | (Floscula) IVA. annostomae Haliclystidae | LINERGIDAE | SER DL SEN ErHYRIDAE Linuchidae PELAGIDAE Collaspidae TESSERIDAE (Pelagia*) SL. | j f De | Be | I lokos] th lb li Pericolpidae Tesseranthidae Palephyridae Procharagmidae (Pericolpa*) (Tessera*) (Ephyra*) (Procharagma*) [Stammform der [Stammform der [Stammform der [Stammform der Peromedusen] Stauromedusen] Discomedusen] Cubomedusen] TESSERIDAE | Gemeinsame Stammform aller Acraspeden oder Scyphomedusen: Corallen: Anthozoa Dr | Hydropolypi Haeckel, Tiefsee-Medusen. Tessera | | Hydropolypi Gastraea (Stammform aller Metazoen) 17 Seyphopolypi (Stammform aller Scyphopolypen: Scyphostoma) Archydra (Stammform aller Nesselthiere) 130 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 14. Monophyletischer Ursprung der Acraspeden. Während die Legion der Craspedoten ‘ wahrscheinlich polyphyletischen Ursprungs und ihre Hauptgruppen unabhängig von einander entstanden sind, so sind dagegen die Verwandtschafts- Beziehungen der Acraspeden oder Sceyphomedusen so innige, dass für diese Legion die Annahme einer monophyletischen Entstehung die grössere Wahrscheinlichkeit für sich hat. In der heute noch lebenden Tessera ist sogar eine uralte primordiale Stammform erhalten geblieben, welche für die Legion der Acraspeden eine ähnliche Bedeutung besitzt, wie Hydra für den ganzen Stamm der Nesselthiere. Aus der Tessera hat sich zunächst die Ordnung der Stauromedusen entwickelt, bei denen die Sinneskolben oder Rhopalien noch völlig fehlen. Als zwei divergirende Hauptzweige sind aus der Stammgruppe der Stauromedusen die beiden Ordnungen der Peromedusen und Cubomedusen hervorgegangen; bei jenen haben sich die 4 interradialen, bei diesen umgekehrt die 4 perradialen Tentakeln in Sinneskolben oder Rhopalien verwandelt. Die vierte Acraspeden-Ordnung, die umfangreiche Gruppe der Discomedusen, ist dadurch ausgezeichnet, dass alle 8 Prineipal-Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale) in Rhopalien verwandelt sind; sie ist wahrscheinlich aus den Stauromedusen oder Cubomedusen entstanden, vielleicht jedoch aus den Pero- medusen. Unter den Discomedusen bilden die Stamm-Gruppe die Cannostomae; aus diesen sind später die Semostomae entstanden und aus letzteren noch viel später die Rhizostomae (System, p. 450). $ 15. Ontogenesis der Medusen. Die individuelle Entwickelung oder die Ontogenesis, welche uns nach dem biogenetischen Grundgesetze die sichersten Aufschlüsse über die Phylogenesis oder die ursprüngliche Entwickelung des Stammes gewährt, tritt bei den Medusen in zwei verschiedenen Haupt- formen auf: als Metagenesis und Hypogenesis. Die Metagenesis (oder die „indirecte Entwickelung“) umfasst den „generationswechsel“ der Medusen; hier entsteht die Meduse auf ungeschlechtlichem Wege, durch Knospung, aus einem festsitzenden Polypen; und aus den Eiern der freischwimmenden Meduse entwickelt sich nicht wieder die Meduse, sondern der Polyp, welcher als knospentreibende „Amme“ fungirt. Die Hypogenesis hingegen oder die „directe Entwickelung“ der Medusen (ohne Generationswechsel) besteht in einer unmittelbaren Entwickelung der Medusen aus den Eiern der Medusen; die Zwischenstufe der Polypen-Amme fehlt. Da nun die vergleichende Anatomie unzwei- deutig darauf hinweist, dass wir die vagante, höher entwickelte Medusen-Form phylogenetisch aus der sessilen, tiefer stehenden Polypen-Form abzuleiten haben, so ist im Allgemeinen die Metagenesis der Medusen als ihre ursprüngliche oder palingenetische Entwickelungsweise, hingegen ihre Hypogenesis als die modifieirte, abgekürzte und vereinfachte, cenogenetische Keimungs-Form zu betrachten. Nur jene Metagenese, nicht diese Hypogenese, wiederholt als kurzer Auszug die ursprünglichen Pro- cesse der Stammes-Entwickelung oder Phylogenese. $ 16. Metagenesis oder indirecte Keimung. Der Generalionswechsel oder die Meta- genesis der Medusen ist als ihre ursprüngliche Keimungsform oder primäre Entwickelungsweise, als Palingenesis, zu betrachten; sie tritt in den beiden Legionen der Classe in verschiedener Form auf. Die Craspedoten entstehen durch laterale Knospung aus Hydropolypen, die Acraspeden durch terminale Knospung aus Seyphopolypen. Beide Formen des Generationswechsels sind nicht auf einander zu beziehen und unabhängig von einander entstanden. Unter den Craspedoten ist der Generationswechsel die gewöhnliche Entwickelungs-Form der Leptolinen (oder Acordyliae); und zwar sind die Polypen-Ammen der Anthomedusen Tubularia-Polypen, hingegen die Polypen-Ammen der Leptomedusen Gampanaria-Polypen. Dagegen kommt unter den Trachylinen (oder Cordyliotae) I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 131 Metagenesis nur sehr selten vor (vielleicht ist Lovenella clausa die Campanarien- Amme einer Tracho- meduse? System, p. 653). — Unter den Acraspeden ist die Ontogenie der Tesseroniae noch unbe- kannt. Bei den Ephyroniae scheint der Generationswechsel die gewöhnliche Form der Keimung zu sein. Die besondere Form der terminalen Gemmation, durch welche die Diseomeduse aus der Scyphopolypen- Amme entsteht, ist aber wesentlich verschieden von der lateralen Gemmation, durch welche die Cras- pedote aus der Hydropolypen-Amme entsteht. $ 17. Hypogenesis oder directe Keimung. Die directe Entwickelung, ohne Generations- wechsel, die wir mit einem Worte Hypogenesis nennen, ist bei den Medusen nicht als die ursprüng- liche Keimungs-Form anzusehen, sondern als secundäre, abgekürzte und vereinfachte Entwickelungs- weise, als Cenogenesis; sie ist durch Ausfall des Generationswechsels entstanden. Unter den Craspedoten entwickeln sich auf diese Weise fast alle Trachylinae (Trachomedusae und Narcomedusae); dagegen nur sehr wenige Leptolinae (z. B. die Cannotide Dipleurosoma — Ametrangia, System, p. 637). Unter den Acraspeden entwickeln sich in ähnlicher directer Weise aus dem Ei wahrscheinlich (!) viele Tesseroniae (Stauromedusen, Peromedusen und Cubomedusen); jedoch ist deren Ontogenie bis jetzt unbekannt. Unter den Ephyroniae (Discomedusen) ist die Hypogenesis bis jetzt nur von Pelayia als constant bekannt (während die nächstverwandte Chrysaora Metagenesis besitzt). Aurelia entwickelt sich gewöhnlich mit Generationswechsel, in einzelnen Fällen aber ohne denselben, direct aus dem Ei. $ 18. Medusen und Acalephen. Für die Classification der Acalephen haben die Medusen besondere Schwierigkeiten bereitet, seit ihr Generationswechsel mit Polypen bekannt wurde; daher ist sogar die natürliche „Classe“ der Medusen, die so leicht und bestimmt begrifflich von den anderen Nesselthier-Classen zu trennen ist, von den meisten neueren Autoren aufgegeben worden. Vom Stand- punkte der Entwickelungslehre sind indessen jene Schwierigkeiten leicht zu lösen und zugleich die Medusen-„Classe“ als solche wiederherzustellen. Nach dem gegenwärtigen Zustande unserer Kennt- nisse erscheint es am meisten logisch und zugleich naturgemäss, folgende 5 Classen unter den Aca- lephen begrifflich zu unterscheiden: 1) die Classe der Polypen (Polypi) umfasst die gemeinsame Stamm-Gruppe aller Nesselthiere; sie zerfällt zunächst in 2 Legionen, die Hydropolypen und Scypho- polypen. Zu den Hydropolypi (ohne Taeniolen) gehören: a) die hypothetische Stammform selbst, Archydra (sowohl Gastraea als Hydra nahe verwandt); b) Hydropolypen ohne Medusen-Bildung, mit einfachen Gonaden (Hydra, Clava); e) Hydropolypen mit Sporensäcken oder medusoiden Gonaden (Tubu- lariae, Campanariae); die Sporensäcke oder „medusiformen Geschlechts-Gemmen“ dieser letzteren (Sporosacei) sind rückgebildete Medusen, ohne Mundöffnung und ohne Tentakeln und Sinnes- organe. — Zu den Scyphopolypi (mit Taeniolen) gehören a) die realen Stammformen der Acraspeden (Scyphostoma); b) die hypothetischen Stammformen der Corallen (Procoralkum); e) Sceyphopolypen, die wahrscheinlich als solche sich fortpflanzen, ohne Medusen-Bildung (Spongicola, Stephanoscyphus). — 2) Die Classe der Corallen (Corallia vel Anthozoa) ist phylogenetisch von den Scyphopolypen (Procorallium) abzuleiten, wahrscheinlich eine polyphyletische Gruppe (aus mehreren verschiedenen Gruppen der letzteren mehrmals entstanden). — 3) Die Classe der Medusen ist höchstwahrschein- lich polyphyletisch; die Legion der Craspedotae ist vermuthlich aus mehreren Gruppen der Hydropolypen entstanden (polyphyletisch, $ 11), hingegen die Legion der Acraspedae aus einer einzigen Gruppe der Seyphopolypen (monophyletisch, $ 14). — 4) Die Classe der Ctenophoren ist wahrscheinlich monophyletisch, aus einer Gruppe der Anthomedusae (Cladonemidae) hervorgegangen (Ctenaria, System, 7a 132 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. p. 107). — 5) Die Classe der Siphonophoren ist wahrscheinlich polyphyletisch, aus mehreren Formen von Anthomedusae hervorgegangen (Codonidae, Sarsiadae, System, p. 14, 20 etc.). Die Siphono- phoren sind polymorphe Medusen-Cormen oder Stöcke, deren gesellig verbundene Personen durch Arbeitstheilung sich stark differenzirt und sehr verschiedene Formen angenommen haben. $ 19. Eetocarpe und endocarpe Medusen. Da die Craspedoten durch die angeführten Unter- schiede (vor Allen durch den Mangel der Gastral-Filamente und durch die exodermalen Gonaden) sich von den Acraspeden weiter entfernen als von den Hydropolypen, Ctenophoren und Siphonophoren, so ist vorgeschlagen worden, die Classe der Medusen ganz aufzulösen und den ganzen Stamm der Nesselthiere (Acalephae vel Cnidariae) in zwei Hauptgruppen zu theilen, von denen die eine (Eeto- carpae) die angeführten Gruppen umfasst, die andere hingegen (Endocarpae) die Acraspeden, die Seypho- polypen und Corallen (mit Gastral-Filamenten und mit entodermalen Gonaden). Von phylogene- tischem Standpunkte aus erscheint dieser Vorschlag wohl vollkommen berechtigt, und wir würden ihn unbedingt annehmen, wenn wir im Stande wären, ein phylogenetisches System der Nesselthiere einigermaassen vollständig und sicher durchzuführen. Leider ist dies aber gegenwärtig noch nicht der Fall. Am wahrscheinlichsten ist zur Zeit freilich die Annahme, dass die Stammgruppe der Acalephen (die Urpolypen, Archydrae, $ 18) sich frühzeitig in die beiden divergirenden Stämme der ectocarpen Hydropolypen (ohne Taeniolen) und der endocarpen Scyphopolypen (mit Taeniolen) gespalten hat. Aus ersteren sind die Craspedoten (mit den späteren Seitenzweigen der Ütenophoren und Siphono- phoren) hervorgegangen, aus letzteren die Acraspeden und Anthozoen (Corallen). Allein da auch ausserdem für die Mehrzahl der genannten Nesselthier-Classen ein polyphyletischer Ursprung jetzt wahrscheinlicher geworden ist, so erscheint es für die scharfe Begriffsbestimmung dieser Classen und ihre logische Anordnung zur Zeit noch richtiger, auf die Ausführung eines phylogenetischen Systems zu verzichten und die genannten 5 Classen der Acalephen in dem bekannten Umfange zu definiren: 1) Polypi, 2) Medusae, 3) Siphonophorae, 4) Ctenophorae, 5) Coralla. Wenn man hingegen das phylogenetische Verhältniss derselben als Grundlage ihrer systematischen Classification vorzieht, so würde dieselbe nach folgendem Schema durchzuführen sein: $ 20. Uebersicht über die beiden Stammäste der Acalephen: I. Erster Stammast der Nesselthiere: II. Zweiter Stammast der Nesselthiere: (ohne Gastral-Taeniolen, mit exodermalen Gonaden) (mit Gastral-Taeniolen, mit entodermalen Gonaden) Acalephae ectocarpae Acalephae endocarpae (Intaeniolae) (Taeniolatae) 1. Hydropolypi (gemeinsame Stammgruppe aller Nessel- | 5. Seyphopolypi (Stammgruppe der Taeniolaten, abgeleitet thiere und zunächst der Intaeniolen). von einem Zweige der Hydropolypen). 2. Craspedotae (Hydromedusen, durch Anpassung an schwimmende Lebensweise aus festsitzenden Hydro- | © Acraspedae (Scyphomedusen, durch Anpassung an polypen entstanden). schwimmende Lebensweise aus festsitzenden Scypho- 3. Ctenophorae (ein frühzeitig abgezweigter Seitenast der Böhmen anstnden) Craspedoten — Anthomedusen). | 7. Coralla (Anthozoen, Hauptgruppe der festsitzenden Tae- 4. Siphonophorae (schwimmende Stöcke von Craspedoten niolaten, wahrscheinlich aus mehreren Zweigen der [Anthomedusen], mit Polymorphismus der Personen). Scyphopolypen entsprungen). I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 133 $ 21. Individualität der Meduse. Der tectologische Werth oder die „individuelle Form- Stufe“ der vollkommen entwickelten und geschlechtsreifen Meduse ist in allen Fällen derjenige einer „ungegliederten kreuzaxigen (oder radiaten) Person (Persona inarticulata stauraxonia). Demnach besitzt jede Meduse eine verlicale Hauptaxe (mit oralem und aboralem Pole) und zwei oder mehrere horizon- tale, darauf senkrechte Kreuzaxen, mit doppelt so vielen Radien. Der Zahl dieser Radien (gewöhnlich Vier) entspricht die Zahl der Strahlstücke oder Parameren, welche den Körper der ungegliederten Person zusammensetzen und welche mit ihrer Axial-Kante sämmtlich in der verticalen Hauptaxe des Körpers zusammenstossen. Diejenigen Medusen, welche Stöcke oder Cormen bilden, erleiden zugleich in Folge von weit gehendem Polymorphismus ihrer Personen beträchtliche organologische Differen- zirungen und sondern sich von den eigentlichen Schirmquallen (Medusae) als besondere Classe ab: Staatsquallen (Siphonophorae). $ 22. Grundform der Meduse. Bei allen Acraspeden und bei der grossen Mehrzahl der Craspedoten ist die geometrische Grundform des ausgebildeten Körpers die reguläre Pyramide, und zwar ist die Hauptaxe des Medusen-Körpers (welche in normaler Körperhaltung vertical steht) die Axe der Pyramide; ihr oberer (aboraler) Pol — oder die Schirm - Kuppel — entspricht deren Spitze; ihr unterer (oraler) Pol, mit der Mundöffnung, fällt in die Mitte der Grundfläche der Pyramide. Die Kanten der regulären Pyramide (— mindestens vier —) werden durch die primären Kreuzaxen (mit doppelt so vielen Radien erster Ordnung) geschnitten, während die Mittellinien der Seitenflächen der Pyramide den indifferenten Radien zweiter Ordnung entsprechen. $ 23. Primäre Grundzahl der Meduse. Bei allen Acraspeden und bei der grossen Mehrzahl der Craspedoten bleibt die ursprüngliche Grundzahl aller Nesselthiere — Vier — beständig erhalten (abgesehen von zahlreichen individuellen Ausnahmen). Demnach ist die geometrische Grundform der gewöhnlichen vierzähligen Medusen die Quadrat-Pyramide oder die „vierseitige reguläre Pyra- mide“; ihre Basis bildet ein Quadrat; es sind nur zwei primäre Kreuzaxen vorhanden (die beiden Diagonalen des Quadrates), und diese kreuzen sich unter rechten Winkeln. $ 24. Individuelle Abweichungen von der primären oder typischen Grundzahl. Nicht selten (in manchen Gruppen oder bei manchen Arten häufiger, bei anderen seltener) finden sich individuelle Abnormitäten der Grundzahl, so dass statt 4 Radien deren 6 oder 8 auftreten, seltener andere Zahlen (5, 7, 9 u. s. w.); bei einzelnen Arten (z. B. Aurelia aurıta) ist diese Neigung zur individuellen Varia- tion der Grundzahl sehr gross; in einigen Gruppen (z. B. Cannotiden, System, Taf. IX) wird dieselbe bei manchen Arten oder Gattungen constant, so dass hier von nahe verwandten Species oder Genera die einen vierzählig, die anderen sechszählig sind. In einigen anderen Gruppen (Aequoriden, Cunan- thiden, Peganthiden, Solmariden) wird die Grundzahl sehr gross und zugleich sehr unbestimmt; sie kann hier auf mehr als hundert steigen (z. B. Aequorea Forskaleı, A. ciliata, Mesonema caerulescens, M. dubium ete.). Je höher die Grundzahl steigt, desto unbeständiger wird sie, desto ungleicher bei den verschiedenen Individuen einer Species. $ 25. Secundäre Grundzahlen der Medusen. Neben der primären Grundzahl 4 sind bei den Medusen von hervorragender Bedeutung als secundäre Grundzahlen nur 6, 8 und 12. Sie vererben sich bei manchen Arten und Artengruppen constant und erlangen dadurch systematische Bedeutung. 134 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Hingegen kommen die ungeraden Zahlen 5 und 7 bei keiner einzigen Medusen-Art constant, sondern nur als individuelle Variation vor, ebenso 9, 10 und 11. Sobald die Zahl 12 überschritten wird, verliert die Grundzahl überhaupt alle morphologische und systematische Bedeutung, weil sie dann ganz inconstant und variabel wird, und zwar um so mehr, je höher sie steigt (Aequoridae, Cunanthidae, Pegan- fhidae, Solmaridae). Da ferner die häufig vorkommende und in vielen Gruppen constante Grundzahl 8 aus Dupplication von 4, und ebenso die seltenere 12 aus Verdoppelung von 6 entstanden ist, so bleibt als wichtigste secundäre Grundzahl neben der primären 4 eigentlich nur 6 bestehen; statt der normalen 2 Kreuz-Axen der regulären Pyramide haben sich hier abnormer Weise 3 gebildet, und damit ist an die Stelle der vierseitigen die sechsseitige reguläre Pyramide getreten. $ 26. Centrale und periphere Zahlen. Für die Bestimmung der wahren Grundzahl oder der „homotypischen Zahl“ sind bei allen Medusen nur die centralen Theile des Körpers entschei- dend, vor allen der Magen und Mund; niemals die peripheren Theile. Diese letzteren, und namentlich der Schirmrand mit seinen Anhängen, zeigen bei der grossen Mehrzahl der Medusen höhere Zahlen als die Central-Theile. In den meisten Fällen sind diese höheren Zahlen der peripheren Theile entweder durch Multiplication aus der niederen Grundzahl der Central-Theile entstanden oder durch gesetzmässige Vermehrung nach einem bestimmten Verhältnisse der Progression. Sehr selten tritt hin- gegen der Fall ein, dass der Central-Theil vierzählig, der periphere Schirm-Theil sechszählig ist (z. B. Polyelonia frondosa). Dass der centrale Schirm gewöhnlich die Grundzahl durch Vererbung beständig erhält, während der peripherische Theil sie vielfach abändert, erklärt sich daraus, dass der letztere der Anpassung in viel höherem Grade unterliegt. (Die Grundzahl aller Rhizostomen z. B. bleibt 4, mit 4 Mundpfeilern, 4 Gonaden etec., trotzdem sie alle 8 Arme und 8—12 Sinneskolben, sowie eine sehr wechselnde Zahl von Randlappen besitzen.) '$ 27. Radien erster bis vierter Ordnung. Der strahlige oder radiale Bau der Medusen (wie der meisten „Strahlthiere oder Radiaten“) entsteht dadurch, dass das Wachsthum des centralen (ur- sprünglich, bei der Gastrula, einaxigen) Körpers in verschiedenen Meridian -Ebenen verschieden ist. Indem in bestimmten Meridian -Ebenen oder Radial-Ebenen (— welche in der gemeinschaftlichen cen- tralen Hauptaxe zusammenstossen —) das Wachsthum energischer ist und zur Entstehung neuer Organe führt, verhalten sich die dazwischen gelegenen Radial-Ebenen indifferent oder entgegengesetzt, und zwar am meisten in der Mitte zwischen jenen energischen Wachsthums-Strahlen. So entsteht zunächst ein Gegensatz zwischen Radien erster und zweiter Ordnung, von denen wir jene kurz als Perradien bezeichnen, diese als Interradien. In der Mitte zwischen ersteren und letzteren entstehen sehr häufig besondere Organe, welche dann in den Radien dritter Ordnung liegen, in den Adradien. Endlich können in vielen Fällen noch Radien vierter Ordnung oder Subradien unterschieden werden, welche in der Mitte zwischen den 8 Adradien und den 8 Principal-Radien liegen. Als „Prineipal-Radien oder Haupt-Strahlen“ fassen wir die 4 Perradien und die 4 Interradien zusammen, während wir alle übrigen, noch möglichen Radien diesen gegenüber als „Succeursal-Radien oder Neben- strahlen“ bezeichnen. Unsere Unterscheidung jener 4 Strahlen-Ordnungen ist nicht nur für die Architectonik der Medusen, sondern ebenso für die Promorphologie der meisten anderen „Strahlthiere“ von grösster Bedeutung; sie gestattet, mit einem Worte die wichtigsten Lagerungs-Verhältnisse und Beziehungen der Organe mit mathematischer Schärfe und Genauigkeit zu bezeichnen. So hat z. B. Ephyra, die bedeutungsvolle Stammform aller Discomedusen (Fig. A), 4 perradiale Mundlappen und I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. Mundkreuz-Schenkel (as), 4 interradiale Gonaden /s) und Filamente oder Pha- eellen (f), 8 adradiale Tentakeln (ta) und 16 subradiale Randlappen (2). Brad. TI. 0): $ 28. Parameren und Antime- ren. Da bei sämmtlichen Acraspeden und bei der grossen Mehrzahl der Cras- pedoten Vier die normale typische Grundzahl des Körpers ist, so besteht derselbe 4 Parameren oder „Strahlstücken‘“, welche in der ge- meinschaftlichen verticalen Hauptaxe des Körpers zusammenstossen. Diese 4 Parameren sind ursprünglich eongruent, so dass auf jedes Para- mer ein Hauptorgan kommt, ein Mund- lappen, ein Magen-Quadrant, ein Radial- Canal oder eine Radial- Tasche, ein Fr L | (21.0) Jer rau. 1.0) aus Fig. 4. Zonephyra pelagica (Discomeduse, Ephyride), Subumbral- Ansicht. Die 4 Ordnungen von Kreuzaxen (mit doppelt so vielen Radien) sind angegeben. In den 4 Perradien (I. Ordnung) liegen das Mundkreuz (as) und die 4 perradialen Sinneskolben (01). In den 4 Interradien (II. Ord- Septum oder Cathamma zwischen letz- teren, ein primärer Tentakel u. s. w. Jedes Paramer hat eine dipleure Grundform (oder eine streng „bilate- ral-symmetrische“ Gestalt) und besteht daher selbst wieder aus zwei symme- nung) liegen die Gastral-Filamente (f), die Gonaden (s) und die 4 inter- radialen Sinneskolben (0?). In den 8 Adradien (III. Ordnung) liegen die 8 Tentakeln (a) und die tentacularen Kranztaschen (dt). In den 16 Sub- radien (IV. Ordnung) liegen die 16 Randlappen (2). Vom Centralmagen (g;) strahlen 16 gabelspaltige Kranztaschen aus, 8 tentaculare (d£) und 8 rho- palare (bo). trisch gleichen Hälften, den beiden „Ge- genstücken“ oder Antimeren. Diese beiden Antimeren oder Gegenstücke verhalten sich promorpho- logisch ganz ebenso wie die symmetrischen Körperhälften bei allen höheren (dipleuren) Thieren. Man kann also an jedem Paramere drei Richtaxen oder „Euthynen“ unterscheiden: die Längsaxe des Parameres fällt zusammen mit der centralen Hauptaxe des ganzen Körpers; die Sagittal-Axe (oder „Dorsoventral-Axe“) des Parameres ist der Perradius; seine Lateral- Axe (oder Transversal- Axe) liegt tangential und berührt mit ihren beiden Polen („rechtem und linkem Pole“) die beiden benachbarten Parameren. $ 29. Radial-Ebenen oder Meridian-Ebenen. Wie bei allen regulären oder ebenmässig radial gebauten Thieren, so sind auch bei den Medusen eine Anzahl von Radial- oder Meridian-Ebenen zu unterscheiden, welche hohe tectologische und promorphologische Bedeutung haben, und welche durch die Lage der verticalen Hauptaxe und je einer horizontalen Kreuz-Axe bestimmt werden. Da bei allen Acraspeden und bei der grossen Mehrzahl der Craspedoten der Körper die Grundform der Quadrat- Pyramide besitzt, so sind an demselben 4 prineipale Meridian-Ebenen zu unterscheiden, welche durch die Lage der 4 Perradien und der 4 Interradien bestimmt werden, und welche zu den 4 Parameren oder Antimeren -Paaren in bestimmten Beziehungen stehen (vergl. Holzschnitt Fig. A). In den beiden primären Meridian-Ebenen (— oder den „Radial-Ebenen erster Ordnung“ —) liegen die 4 Per- 136 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. radien, in den beiden seeundären Meridian-Ebenen (— oder den Radial-Ebenen zweiter Ord- nung —) hingegen die 4 Interradien. Demnach ist jede der beiden primären Meridian -Ebenen die Mittel-Ebene (oder Sagittal-Ebene) von je zwei gegenständigen Parameren und zugleich die Grenz- Ebene zwischen den beiden symmetrischen Antimeren jedes Parameres. Hingegen ist jede der beiden seeundären Meridian-Ebenen die Grenz-Ebene (oder Septal-Ebene) von je zwei benachbarten Parameren und zugleich die Grenz-Ebene zwischen den beiden anstossenden Antimeren derselben. Wenn die 4 Kanten der Quadrat-Pyramide den 4 Perradien entsprechen, so sind deren Diagonal-Ebenen (in denen je 2 gegenständige Kanten liegen) die primären Meridian-Ebenen; hingegen werden die secundären Meridian-Ebenen durch die Mittellinien von je 2 gegenständigen Seitenflächen der Pyramide gelegt. $ 30. Reguläre und amphithecte Pyramiden. Während bei allen Acraspeden und bei der Mehrzahl der Craspedoten die ursprüngliche, primäre Grundform der regulären Pyramide erhalten bleibt, geht dieselbe bei einem grossen Theile der Craspedoten (— aber bei keiner Acraspede —) in die secundäre Grundform der zweischneidigen oder amphithecten Pyramide über. Bei der ersteren sind alle 4 Parameren des Körpers vollständig econgruent, bei der letzteren hingegen nur paarweise, indem je 2 benachbarte symmetrisch-gleich sind. Während die Grundfläche der regulären vier- seitigen Pyramide ein Quadrat ist, stellt diejenige der amphitheeten vierseitigen Pyramide einen Rhombus dar. Da bei der letzteren die beiden primären Kreuzaxen von ungleicher Grösse sind, so sind von den 4 Parameren je zwei benachbarte symmetrisch-gleich, je zwei gegenständige congruent. Gewöhnlich ist es bei diesen amphithecten Craspedoten die ungleiche Ausbildung der Tentakeln, welche die Aenderung der regulären Grundform zunächst bedingt. Von den 4 primären perradialen Tentakeln sind 2 gegenständige viel grösser oder allein entwickelt, während die beiden anderen, mit ihnen alter- nirenden kleiner oder ganz rudimentär sind (z. B. Thamnostylus, Taf. 1; Dieodomium, System, Taf. I, Fig. 6; Cienaria, System, Taf. VII, Fig. 3, 5; Dissonema, System, Taf. VIII, Fig. 3; Dipetasus, System, Taf. XVII, Fig. 2; Aeginella, System, Taf. XX, Fig. 16). Die promorphologischen Verhältnisse der Rhomben-Pyramide sind bei diesen amphitheeten vierzähligen Craspedoten ganz dieselben wie bei den Ctenophoren. In einigen seltenen Fällen findet sich neben der vierseitigen auch die sechsseitige amphitheete Pyramide als Grundform vor, dieselbe Promorphe, welche die meisten Korallen auszeichnet (z. B. Dipleurosoma, System, Taf. IX, Fig. 9). $ 31. Dipleure oder zeugite Pyramiden. Viel seltener als die amphitheete kommt neben der herrschenden regulären die „Paar-Pyramide“ oder zeugite Pyramide als geometrische Grundform der Medusen vor. In diesem Falle hat die ganze Medusen-Person dieselben promorphologischen Ver- hältnisse wie bei der gewöhnlichen regulären Medusen-Person jedes einzelne ihrer 4 Parameren. Sehr ausgeprägt findet sich dieses Verhalten nur in der Anthomedusen-Familie der Codonidae und charaete- risirt hier die besondere Subfamilie der Euphysidae. Von den 4 perradialen Tentakeln sind hier 3 rudi- mentär und in einen marginalen Ocellus verwandelt; der vierte Tentakel ist allein, dafür aber um so stärker entwickelt. Bei Euphysa und Steenstrupia (System, Taf. Il, Fig. 8—14) ist derselbe einfach, bei Amphicodon hingegen in 2—3 Fäden gespalten (System, Taf. I, Fig. 7—9); während bei den ersteren dadurch die Grundform des Schirmes nur wenig alterirt wird, ist dieselbe hingegen bei den letzteren (wie auch bei Hybocodon) beträchtlich symmetrisch umgebildet und ausgesprochen dipleurisch oder zeugitisch. Der ganze Schirm ist hier bilateral comprimirt und zerfällt durch eine Sagittal- Ebene (in welcher die gekrümmte Magen -Axe liegt) in zwei symmetrisch gleiche Hälften, rechte und linke. I. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 137 Die laterale Kreuzaxe ist gleichpolig und kürzer als die ungleichpolige sagittale Kreuzaxe, an deren einem Pole der Tentakel liegt, oft an seiner Basis mit Medusen-Knospen besetzt. Je stärker dieser Tentakel und seine Knospen-Gruppe an dieser Stelle den Schirm herabzieht, desto ausgesprochener wird die Zeugiten-Form. Diese Grundform ist bei den Medusoid-Personen der Siphonophoren- Stöcke die herrschende geworden. Sie findet sich auch bei der parasitischen Mnestra wieder und bis- weilen schwach angedeutet bei einigen Cubomedusen (Charybdea). $ 32. Perradien oder Kreuzaxen er- ster Ordnung. Die 4 Perradien oder „Oberstrahlen“ liegen bei den gewöhn- lichen regulär-vierzähligen Medusen in den beiden auf einander senkrechten Kreuzaxen der Quadrat-Pyramide; in der sagittalen Mittellinie der 4 Parameren, zwischen deren beiden Antimeren. Bei den meisten Cras- pedoten liegen in den 4 Perradien die 4 Mundecken oder Mundlappen; die 4 Radial- Canäle, die 4 primären Tentakeln und die 4 Gonaden (oder bei dichotomen Gonaden die Mittellinien zwischen deren Hälften). Bei allen Acraspeden entsprechen den 4 Per- radien die 4 Schenkel des Mundkreuzes und des Magenkreuzes (Fig. B, wr), sowie die 4 Mundlappen und die 4 Mundpfeiler oder primären Mundarme (ab); ferner die Mittel- linien der 4 breiten primären Radial-Taschen; Fig. B. Cannorhiza connexa (Discomedusae, Versuridae). Sub- ausserdem lieven in den 4 Perradien bei Wwbral-Ansicht des Schirmes. Die Armscheibe nebst den 8 Mundarmen =) ist entfernt, indem die 4 perradialen Armpfeiler (ad) (welche Schirm- den Stauromedusen und Peromedusen 4 scheibe und Armscheibe verbinden) durchschnitten sind. oz Interradiale ; . N: Sinneskolben. um Schirmrand (nach unten eingeschlagen). s Gonaden. Tentakeln, bei den Cubomedusen und Dis- wx Gallertkreuz der Gastrogenital-Membran (gg). g% Perradiale Schen- comedusen die 4 primären Sinneskolben kel desselben. ug: Peripherer Schirmkranz. cc Ring-Canal. cd Pfeiler- ä ; h Canäle. ca Adradial-Canäle. cz’ Interradial-Canäle. cp» Perradial-Canäle. (Fig. B, op). Bei allen Medusen sind ursprünglich die Perradien die Zonen des activsten Lebens, des stärksten Wachsthums und der mannichfaltigsten Differenzirung, mit vorwiegender Tendenz zu centrifugaler Entfaltung der Organe. $ 33. Interradien oder Kreuzaxen zweiter Ordnung. Die 4 Interradien oder „Zwi- schenstrahlen“ liegen bei den vierstrahligen Medusen genau in der Mitte zwischen den 4 Per- radien und schneiden diese somit unter Winkeln von 45 Grad; sie liegen demnach zugleich zwischen den 4 Parameren, in den Grenz-Ebenen derselben. Bei den vierzähligen Craspedoten bilden die 4 Interradien die geometrischen Mittellinien der 4 einspringenden Mundbuchten (zwischen je 2 per- radialen Mundlappen), sowie der 4 breiten Cathammal-Tafeln (zwischen je 2 Radial-Canälen); bei den octonemalen Craspedoten (mit 8 Tentakeln) liegen die 4 primären Tentakeln in den Öberstrahlen, die 4 secundären in den Zwischenstrahlen. Bei allen Acraspeden liegen in den 4 Interradien die 4 ein- Haeckel, Tiefsee-Medusen. 18 138 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. springenden Mundwinkel und Mundsäulen, ferner die 4 fundamentalen Taeniolen oder Gastral - Leisten und die 4 primären Gastral-Filamente (oder Filament-Gruppen), sowie endlich die 4 wichtigen Catham- men (die primären Septal-Knoten oder Septal-Leisten). Ausserdem bilden die Zwischenstrahlen die Mittellinien der 4 Gonaden bei den meisten Acraspeden (Fig. B, s), sowie der 4 Gonaden - Paare bei denjenigen Acraspeden, bei welchen jene in 2 Hälften zerfallen sind. Nächst den Perradien sind die Interradien bei allen Medusen die Zonen des intensivsten Wachsthums und der bedeutendsten Diffe- renzirung; aber die Entfaltungs- Tendenz ist hier vorwiegend centripetal, während sie dort centri- fugal ist. $ 34. Adradien oder Kreuzaxen dritter Ordnung. In der Mitte zwischen den 4 Perradien und den 4 Interradien der vierzähligen Medusen liegen die 8 Adradien oder „Mittelstrahlen“; sie halbiren die Winkel zwischen ersteren und letzteren und schneiden beide unter einem Winkel von 224 Grad. Demnach liegen sie zugleich in den Mittel- oder Halbirungs-Ebenen der 8 Antimeren. Wenn wir die 4 Radien erster und zweiter Ordnung wegen ihrer hervorragenden morphologischen Bedeutung als Hauptstrahlen oder Principal-Radien bezeichneten, so gehören dagegen die Radien dritter und vierter Ordnung bereits zu den Suceursal-Radien oder Nebenstrahlen, welche jenen gegenüber nur einen untergeordneten Werth beanspruchen können. Bei den meisten Craspedoten sind die 8 Adradien ohne besonderen Werth, oft ohne alle Organe, oder sie tragen nur die 8 Tentakeln dritter Ordnung. Nur bei den vesiculaten Leptomedusen (Eucopiden und Aequoriden) sind sie dadurch aus- gezeichnet, dass in ihnen die 8 typischen „velaren Randbläschen“ dieser Gruppe liegen (Fig. C, o, System, Taf. XI, XII). Grösser ist die Bedeutung der 8 Adradien bei den Acraspeden. Hier liegen in denselben die 8 hohlen marginalen „Arme“ der Lucernariden und die homologen 8 Randlappen der Pericolpiden; ferner die 8 Randtaschen der Charybdeiden und die 8 Tentakeln der Ephyra, jener be- deutungsvollen Stammform aller Diseomedusen (Holzschnitt' Fig. A, ta). $ 35. Subradien oder Kreuzaxen vierter Ordnung. In der Mitte zwischen den 8 Adradien einerseits und den 8 Principal-Radien (— 4 Perradien und 4 Interradien —) anderseits liegen bei allen vierzähligen Medusen die 16 Subradien oder „Unterstrahlen“; zwischen ersteren und letzteren bleiben 32 Winkel von 114 Grad. Gegenüber der positiven Bedeutung der Prineipal-Radien, welche bei allen Medusen die activen Meridian-Ebenen der Entwickelung bezeichnen und die gesetzmässige Lagerung der wichtigsten Organe bestimmen, besitzen die Subradien allermeistens nur einen völlig negativen Werth; sie bezeichnen jene Meridian-Ebenen des Körpers, welche sich unter allen am meisten passiv und indifferent verhalten. Bei den allermeisten Craspedoten liegen in denselben gar keine besonderen Organe; eine Ausnahme davon machen einige Narcomedusen, wie denn z. B. bei Aeginura (Taf. 13, 14) die 16 internemalen Magentaschen (mit den Gonaden) und zugleich die 16 Hör- kölbehen des Schirmrandes subradial gelagert sind. Auch bei der überwiegenden Mehrzahl der Acras- peden zeichnen sich die 16 Subradial-Ebenen durch die Abwesenheit aller Organe aus. Nur in einigen Gruppen dieser Legion bezeichnen sie die Lage einzelner Marginal-Organe. So liegen z. B. subradial die 16 Randlappen der Periphylliden unter den Peromedusen (Taf. 18, 19) und der Ephyriden unter den Discomedusen (Holzschnitt Fig. A, !). Letztere sind insofern von Bedeutung, als aus ihnen die Randlappen aller Discomedusen entstanden sind; es ist sogar für die genauere Morphologie dieser Ab- theilung vortheilhaft, unter den 16 subradialen „Ephyra-Lappen“ derselben zwei Gruppen zu unter- scheiden: diejenigen 8 Lappen, welche die 4 Perradien paarweise einschliessen, sind corradial; die- jenigen 8 Ephyra-Lappen hingegen, welche die 4 Interradien paarweise einschliessen, sind exradial. Il. GENERELLE MORPHOLOGIE DER MEDUSEN. 139 $ 36. Schirmscheibe und Schirmkranz (Discus umbrellae et Corona umbrellae). Bei allen Me- dusen sind im Allgemeinen die wichtigsten Organ-Gruppen des Körpers dergestalt vertheilt, dass eine gewisse Gesetzmässigkeit Allen gemeinsam erscheint. Insbesondere lässt sich überall ein deutlicher Gegensatz zwischen zwei Haupttheilen des Körpers erkennen, zwischen der centralen Schirm- scheibe (Discus umbralis) und dem peripheren Schirmkranze (Corona umbralis); ersterer enthält den grössten und wichtigsten Theil der vegetativen Organe, letzterer umgekehrt den überwiegenden und bedeutendsten Theil der animalen Organe. Zum centralen Schirm-Diseus gehören Magen und Mund, sowie die mannichfaltigen und wichtigen Organe, welche sich am Munde entwickeln (Mundlappen, Mundarme etc). Die periphere Schirm-Corona hingegen wird durch den breiten Ringmuskel der Subumbrella und vor Allem durch den Schirmrand characterisirt, an welchem sowohl das centrale Nervensystem als die Sinnesorgane und Tentakeln liegen; bei den Craspedoten ausserdem das Velum, bei den Acraspeden der Lappenkranz. $ 37. Topographische Gegensätze. Für die klare und einheitliche anatomische Beschreibung der Medusen ist es unentbehrlich, die gebräuchlichen, aber unbestimmten und vieldeutigen Bezeich- nungen: „innere und äussere, obere und untere“ Theile u. s. w. zu vermeiden und statt deren be- stimmte topographische Bezeichnungen anzuwenden. Wir stellen uns zu diesem Zwecke die Medusen in ihrer natürlichen gewöhnlichen Haltung vor, mit verticaler Hauptaxe, die convexe Schirmfläche nach oben, die concave nach unten gekehrt; die Grenze zwischen beiden bildet der Schirmrand, und zwar im engeren Sinne bei den Craspedoten der freie Velum-Rand, bei den Acraspeden der Lappen -Rand. Alle Theile, welche oberhalb dieses freien Randes (an der oberen, convexen Fläche) liegen, nennen wir dorsale oder exumbrale; hingegen alle, welche unterhalb desselben (an der unteren concaven Fläche) gelagert sind, ventrale oder subumbrale; zwischen beiden am Schirmrande liegen die marginalen Organe. — Mit Bezug auf die beiden Pole der verticalen Hauptaxe bezeichnen wir alle centralen Theile, welche dem oberen Pole oder „Kuppelpole“ derselben zugekehrt sind, als aborale, hingegen diejenigen, welche dem unteren Pole oder „Mundpole“ zugewendet sind, als orale. Mit Bezug auf die beiden Pole der Radien oder Kreuzaxen endlich nennen wir alle Theile derselben, welche der centralen Hauptaxe genähert sind, proximale, hingegen diejenigen, welche dem peripheren Schirm- rande zugekehrt sind, distale Theile. $ 38. Organ-Systeme. Alle verschiedenen Organe, welche bei den Medusen überhaupt zur Entwickelung kommen, lassen sich auf zwei grosse Organ-Systeme vertheilen, das neurodermale und das gastrocanale System. Das Neurodermal-System umfasst vorzugsweise die animalen Organe und Apparate: die Umbrella mit ihrer exumbralen Schirmdecke und subumbralen Muskelplatte, den Schirmrand mit den wichtigsten Organen des animalen Lebens, das Central-Nervensystem, die Tentakeln und Sinnesorgane. Das Gastrocanal-System hingegen besteht hauptsächlich aus den vegeta- tiven Organen der Ernährung und Fortpflanzung, aus dem centralen Hauptdarm (mit Magen und Mund) und dem peripheren Kranzdarm (mit Taschen und Canälen); sowie aus den Gonaden oder Ge- schlechtsdrüsen, welche sich beständig in der subumbralen Wand des Gastrocanal-Systems entwickeln (bald aus dem Exoderm, bald aus dem Entoderm). Im Grossen und Ganzen findet das Neurodermal- System seine wichtigste Bildungsstätte im peripheren Schirmkranze, das Gastrocanal-System hingegen in der centralen Schirmscheibe; ersteres ist vorzugsweise exoblastisch, letzteres endoblastisch. 18 * 140 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Zweiter Abschnitt. Generelle Histologie der Medusen. $ 39. Urkeimblatt (blastoderma). Wie bei allen übrigen Metazoen, so sind auch bei allen Medusen sämmtliche Zellen des ausgebildeten Körpers Abkömmlinge von jenen gleichartigen indiffe- renten „Furchungs-Zellen“ (Segmentellae), welche aus der wiederholten Theilung der befruchteten Eizelle hervorgehen und welche zunächst den soliden vielzelligen „Maulbeer-Keim“ (Morula) zusammen- setzen. Indem im Inneren dieses soliden kugeligen Zellenhaufens sich Flüssigkeit ansammelt und die gleichartigen Zellen desselben an seine Oberfläche treten, entsteht jene bedeutungsvolle Hohlkugel, deren Wand aus einer einzigen einfachen Zellenschicht sich zusammensetzt: „Keimblase“ oder „Blasenkeim“ (Blastosphaera oder Blastula). Diese einfache Zellenschicht selbst ist die Keimhaut /(Blasto- derma) oder das „Urkeimblatt“. Indem nun an einer Stelle ihrer Oberfläche die Hohlkugel eine Grube bildet und diese sich immer mehr vertieft, wird die Keimhaut in sich selbst eingestülpt und differenzirt sich so in die beiden primären Keimblätter, welche die „Gastrula“ zusammensetzen. Da die Entstehung der Gastrula durch Invagination der Blastula bei Medusen aus sehr verschiedenen Gruppen nachgewiesen ist, so ist anzunehmen, dass sie auch in dieser Classe allgemein vorkommt, und dass angebliche Ausnahmen (z. B. Geryonia) auf irrthümlichen Beobachtungen beruhen. $ 40. Primäre Keimblätter (Exoderma und Entoderma). Die beiden primären Keimblätter, welche aus dem Urkeimblatte zunächst entstehen, haben für die Medusen dieselbe fundamentale morphologische Bedeutung wie für alle übrigen Metazoen (Gastraea-Theorie). Wie sie noch heute in der Gastrula aller Metazoen gleichmässig wiederkehren, so dürfen wir annehmen, dass sie von deren gemeinsamer „Stammform, der Gastraea, durch Vererbung auf alle Gruppen derselben übertragen sind. Sie er- scheinen daher nach dem biogenetischen Grundgesetze auch heute noch beständig bei der Gastrula aller Medusen, welche zunächst aus deren Blastula durch Invagination sich entwickelt. Das innere oder vegetative Keimblatt, das Darmblatt (Entoderma vel Endoblastus), begrenzt als einfache nutritive Zellen-Schicht die Höhlung des Urdarmes, während das äussere oder animale Keimblatt, das Haut- blatt (Exoderma vel Exoblastus), als einfache sensitive Zellenschicht die erstere von aussen bedeckt und schützt. Ursprünglich sind bei den Medusen allgemein die Zellen der beiden primären Keimblätter (ebensowohl des äusseren als des inneren) Geisselzellen, hohe Cylinder-Zellen, von denen jede ein einziges langes schwingendes Geisselhaar trägt. Während sich die flimmernden Geisselhaare an der Epithelfläche bei der Mehrzahl der Entoderm-Zellen beständig erhalten, gehen sie bei der Mehrzahl der Exoderm-Zellen verloren. — Wie die beiden grossen Organ-Systeme der Medusen auf die beiden Hauptabschnitte ihres Körpers, auf die centrale Schirmscheibe und den peripheren Schirmkranz vertheilt sind, so stehen sie auch in bestimmter Beziehung zu den beiden primären Keimblättern. Die meisten und wichtigsten Theile des Neurodermal-Systems entstehen aus dem Exoderm, diejenigen des Gastrocanal-Systems umgekehrt vorzugsweise aus dem Entoderm. Während der Entwickelung der Medusen aus der Gastrula tritt überall eine histologische Differenzirung der beiden primären Keim- blätter ein, welche in ähnlicher Weise wie bei den höheren Thieren zur Bildung verschiedener Gewebe führt, und diese Gewebe sind gesetzmässig in vier Schichten geordnet, welche in gewissem Sinne als „secundäre Keimblätter“ aufgefasst werden können. II. GENERELLE HISTOLOGIE DER MEDUSEN. 141 $ 41. Secundäre Keimblätter. Wenn man die histologische Differenzirung und die damit zusammenhängende Schichten -Struetur des Medusen - Organismus im Grossen und Ganzen betrachtet, und wenn man von dem innigen Zusammenhang der verschiedenen „Hauptschichten“ oder „secundären Keimblätter“ absieht, so können deren füglich allgemein Vier unterschieden werden, welche von aussen nach innen so auf einander folgen: 1) die Hautplatte oder die Hautdecke (Lamina_ chrotalıs, Chrotoderma), die Zellenschicht, welche in continuirlichem Zusammenhang die gesammte äussere Ober- fläche des Körpers bedeckt und am Mundrande in das Entoderm übergeht; 2) die Muskelplatte (Lamina muscularis, Myoderma), die dünnere oder diekere Muskelschicht, welche aus dem Exoderm her- vorgeht und hauptsächlich an der eoncaven Unterseite der Umbrella sich ausbreitet; 3) die Binde- platte (Lamina connectiva, Colloderma), die gallertige oder knorpelige, vom Entoderm ausgeschiedene Masse, welche als dicker „Gallertschirm“ dem Volumen und Gewicht nach die Hauptmasse des Körpers bei allen Medusen bildet, aber auch als dünnere „Stützlamelle“ in der Subumbrella und den Tentakeln sich findet; 4) die Darmplatte oder das Darm-Epithel (Lamina gastralis, Gastroderma), die einfache Zellenschicht, welche in ununterbrochenem Zusammenhang die gesammte innere Oberfläche des Gastro- canal-Systems auskleidet und am Mundrande in das Exoderm übergeht. Obgleich zum weitaus grössten Theile die Muskelplatte vom Exoderm, die Bindeplatte hingegen vom Entoderm erzeugt wird, so ist doch ausdrücklich hervorzuheben, dass in einzelnen Theilen umgekehrt Muskeln vom inneren und Stützplatten vom äusseren Keimblatt erzeugt werden. $ 42. Mittelkeimblatt (Mesoderma). Bei der histologischen Beurtheilung des Medusen - Orga- nismus können zwei entgegengesetzte Auffassungen geltend gemacht werden. Einerseits kann man die Medusen als zweiblätterige Thiere bezeichnen, weil bei der Mehrzahl derselben alle Gewebe, welche zwischen den beiden primären Keimblättern auftreten, mit diesen in innigem Zusammenhange bleiben, sich mit Sicherheit auf eines von beiden zurückführen lassen und nur geringe Selbständigkeit erreichen. Anderseits kann man aber auch einen Theil der Medusen (— und in gewissem Sinne, alle! —) bereits als mesodermale (dreiblätterige oder vierblätterige Thiere) betrachten, weil an ge- wissen Körperstellen (— und bei manchen Medusen in grosser Ausdehnung —) wirklich selbständige Gewebe zwischen dem äusseren und inneren Keimblatte sich absondern und ein Mittelkeimblatt (Mesoderma) constituiren. Als solche selbständige Mesoderm-Gewebe sind in erster Linie namentlich zu betrachten: 1) das Gallert-Gewebe des Schirmes, sobald es selbständige Zellen enthält; 2) das Chordal-Gewebe in der Axe der soliden Tentakeln; 3) das Muskel-Gewebe einzelner, besonders stark entwickelter Muskeln; 4) das Nerven-Gewebe in einem Theile der Nerven-Centren und Sinnes-Organe. In zweiter Linie, jedoch mit weniger Recht, könnten als mesodermale Gewebe auch angesprochen werden: 1) die Sexual-Gewebe; 2) ein Theil der Nessel-Gewebe (die subepithelialen Nesselorgane); 3) alle subepithelialen Muskeln und 4) alle subepithelialen Nervenplexus. Indessen fehlt diesen letzteren die volle histologische Selbständigkeit und die völlige Sonderung von ihren Mutter- Epithelien, welche die ersteren bereits erreicht haben. Im Allgemeinen finden sich autonome Mesoderm- Bildungen vorzugsweise bei den höheren und grösseren Acraspeden, bei welchen sowohl das Körper- Volum als auch die organologische Sonderung einen weit höheren Grad erreicht, während sie bei den kleineren und in jeder Beziehung niedrigeren Craspedoten auf einer tieferen Stufe stehen bleibt. Wenn nun dort an bestimmten Körperstellen einzelne Organe zu finden sind, in denen zweifellos die ver- schiedenen Gewebs-Formen des Thier-Körpers zu derselben hohen und selbständigen Ausbildung ge- langt sind, wie bei allen höheren Thieren, so steht Nichts im Wege, diese gesonderten Gewebsschichten 142 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. als wirkliche (wenn auch nur local entwickelte) „secundäre Keimblätter“ zu bezeichnen. Dann können aber auch die beiden mittleren, die exodermale Muskelplatte und die entodermale Connectiv-Platte als Mesoderm zusammengefasst werden, nach folgendem Schema: Zweiblätter-Theorie Vierblätter-Theorie | Dreiblätter-Theorie | 1. Secundäre Hautplatte Aussenkeimblatt I. Pri = nn s Hautblatt (Chrotoderma) Esxoderma Ss. st. Erobias IB I“ | 2. Muskelplatte Urkeimblatt (Myoderma) Mittelkeimblatt blastoderma N 3. Bindeplatte Mesoderma U. Primäres Darmblatt (Colloderma) ae Y 4. Secundäre Darmplatte \ Innenkeimblatt (Gastroderma) f Entoderma s. st. $ 43. Differenzirung und Teleose der Gewebe. Das grosse und allgemeine Interesse, welches der histologische Körperbau der Medusen darbietet, liegt nicht allein darin, dass sich hier die Ent- stehung der 4 secundären Keimblätter aus den 2 primären, und insbesondere die Ableitung des Mesoderms aus beiden primären Keimblättern klarer und sicherer nachweisen lässt als bei den höheren Metazoen; sondern auch darin, dass die mechanischen Ursachen dieser fundamen- talen Processe hier deutlicher zu erkennen sind als dort. Diese Ursachen sind einerseits die physio- logische Arbeitstheilung der Zellen und die daraus hervorgehende Differenzirung der Ge- webe; anderseits die physiologische Vervollkommnung der Zellen und die daraus resultirende fortschreitende Entwickelung oder Teleose der Gewebe. Wenn diese Entwickelungs - Processe gegenwärtig in der Öntogenesis der Medusen auch nur durch Vererbung übertragen erscheinen, so sind sie doch ursprünglich in ihrer pl osenssls durch Anpassung bewirkt worden, nach den Gesetzen der Selections-Theorie. $ 44. Primäre und secundäre Gewebe. Die Bedeutung der Medusen für die generelle Histo- logie liegt demnach vorzugsweise darin, dass innerhalb dieser Classe vor unseren Augen von den ein- fachsten Anfängen an eine lange Reihe von wichtigen histologischen Differenzirungen und Teleosen Schritt für Schritt sich entwickelt. Während an bestimmten Körperstellen (namentlich bei vielen der höheren und grösseren Medusen) bereits alle 4 Hauptformen der thierischen Gewebe als selbständige Schichten gesondert sind, erscheinen dieselben an anderen Körperstellen (namentlich bei vielen der niederen und kleineren Medusen) noch in unselbständiger Form, als blosse Anhänge eines einzigen Grundgewebes, des Epithelium. Auch lassen sich innerhalb dieser langen Vervollkommnungs- und Differenzirungs-Reihe die verschiedensten Stufen der Gewebsbildung neben einander in genetischem Zusammenhang darstellen, so dass namentlich die wichtigsten Formen der höheren Gewebe hier „in stalu nascenti“ zu finden sind. Ganz besonders liefern die Medusen in dieser Beziehung treffliche Be- weise für den jüngst in der Gastraea-Theorie aufgestellten Satz, dass es nur ein primäres Gewebe giebt, das Epithel-Gewebe, und dass alle anderen Gewebsformen aus diesem erst secun- där entstanden sind. Die einfachste und phylogenetisch älteste Form jenes primären Gewebes ist das Blastoderm der Blastula, jenes einfache einschichtige Epithelium, welches die Wand dieser Hohlkugel ebenso beim Keime aller Medusen, wie ursprünglich beim Keime aller anderen Metazoen-Gruppen für sich allein bildet. Indem durch Invagination der Blastula die zweischichtige Gastrula entsteht, zerfällt Il. GENERELLE HISTOLOGIE DER MEDUSEN. 143 das Blastoderm der ersteren (oder das einfache „Urkeimblatt“) in die beiden „primären Keimblätter“ der letzteren, die ebenfalls einfache Epithelien sind. Alle anderen Gewebs - Formationen (Connectiv-, Muskel- und Nerven-Gewebe) sind direct oder indireet aus diesen Epithelien entstanden, ebenso ontogenetisch wie phylogenetisch. $ 45. Epithel-Gewebe /(Tela epithelalis). Das Deckgewebe oder Epithelium, welches bei der Gastrula der Medusen, wie aller Metazoen, zunächst das einzige Gewebe des vielzelligen Keimes bildet, überzieht bei der reifen und ausgebildeten Meduse erstens als Aussendecke (Exoderma) die ganze Oberfläche des Körpers und zweitens als Innendecke /(Entoderma) die ganze Innenfläche des Gastro- canal-Systems. Beide Decken sind überall durch secundäre, zwischen ihnen ausgeschiedene Gewebs- Formationen von einander getrennt und gehen bloss am Mundrande ununterbrochen in einander über. Dieser Mundrand (am) ist bei den Medusen identisch mit dem „Urmund-Rande“ der Gastrula oder der „Invaginations - Öeffnung“ der eingestülpten Blastula. Von beiden Decken zeigt die Innen- decke /(Epithelium entodermale) bei weitem einfachere und einförmigere Bildungs - Verhältnisse. Doch finden sich auch in ihr die meisten Differenzirungen wieder, welche weit ausgeprägter und mannich- faltiger an der Aussendecke (Epithelium exodermale) zur Erscheinung kommen, entsprechend deren vielfältigen Anpassungen und Beziehungen zur Aussenwelt. $ 46. Aussendecke (Epithelium exodermale vel chrotale). Die Aussendecke oder das Chrotal- Epithel (auch als „Exoderma“ im engeren Sinne zu bezeichnen) überzieht bei allen Medusen als zusammenhängende Hautdecke die ganze äussere Oberfläche des Schirmes und geht nur am Mundrande (— sowie bei einzelnen Medusen an den Excretions-Papillen des Schirmrandes —) in das Entoderm- Epithel über. Entsprechend der Gestalt der concav-convexen Umbrella unterscheiden wir auch an deren Exoderm-Epithel zwei verschiedene Haupttheile, welche am Schirmrande in einander übergehen, das dorsale und das ventrale Chrotal-Epithel, oder „Exumbrella und Subumbrella“. Beide unterscheiden sich constant in ähnlicher Weise wie dorsales und ventrales Entoderm. Die Exumbrella oder das Dorsal-Exoderm (— auch als „Chrotal-Epithel der Notumbrella“ oder schlechtweg als „oberes Exoderm“ bezeichnet —) überzieht die ganze convexe Fläche des Gallertschirmes in Gestalt eines zarten und flachen Platten-Epithels von sehr einförmigem und indifferentem Character. Gewöhnlich sind die Zellen desselben äusserst dünne, aber sehr ausgedehnte, polygonale Platten, welche unmittelbar dem Gallertkörper aufsitzen und an ihrer Oberfläche von einer sehr zarten Cutieula überzogen sind; diese sieht oft wie getüpfelt oder granulirt aus, indem sie in bestimmten Abständen Verdiekungen in Form von Knötchen oder kleinen Papillen besitzt. Flimmernde Geissel-Zellen scheinen der dorsalen Exum- brella grösstentheils zu fehlen; indessen finden sie sich doch oft an bestimmten beschränkten Bezirken vor, insbesondere am Schirmrande und in dessen Nähe; die Geisseln sind hier gewöhnlich äusserst zart und fein. Häufiger sind Pigment-Zellen und Nessel-Zellen in der Exumbrella zu finden, besonders in der Nähe des Schirmrandes, und auf den vorspringenden radialen Rippen, Leisten, Knoten und Papillen, mit denen die convexe Aussenfläche des Schirmes bei vielen Medusen bedeckt ist. — Die Subumbrella oder das Ventral-Exoderm (— auch als „Chrotal-Epithel der Coelumbrella“ oder schlechtweg als „unteres Exoderm“ bezeichnet —) überzieht die ganze eoncave Fläche des Gallert- schirmes vom Mundrande bis zum Schirmrande (bei den Craspedoten bis zum freien Rande des Velum, bei den Acraspeden bis zum freien Rande des Lappenkranzes oder des Velarium). Dasselbe zeigt eine viel entwickeltere und mannichfaltigere Beschaffenheit als das Dorsal-Exoderm. Die Zellen desselben 144 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. sind meistens höher, mehr kubisch, theils von einer Cuticula bedeckt, theils nicht. An bestimmten Stellen trägt ein Theil derselben schwingende Geisselhaare, an anderen Tastborsten. Ebenso sind Nesselzellen und Drüsenzellen, oft auch Pigmentzellen, in manchen Bezirken reichlich entwickelt. Bei weitem am bedeutendsten und mannichfaltigsten ist die Differenzirung des Exoderm -Epithels am eigentlichen Schirmrande und dessen Anhängen, an den Tentakeln, Randlappen und Sinnesorganen, welche sich hier entwickeln (s. unten). Hier lässt sich häufig am Exoderm eine besondere „sub- epitheliale Zellenschicht“ von dem eigentlichen (nur die freie Fläche überziehenden) Epithelium trennen. Indem sich in dieser verdickten Subepithel-Schicht massenhaft Nesselzellen entwickeln, ent- steht oft ein besonderes Nessel-Gewebe /(Tela urticaria). Dasselbe bildet insbesondere bei den Trachomedusen und Narcomedusen oft am Schirmrande einen dieken „Nesselring“ und davon aus- gehende „Schirmspangen“ (Peronia). Die festen und dicht gehäuften Nesselkapseln verlieren hier ihre ursprüngliche Function als Schutzwaffen und gewinnen die Bedeutung eines stützenden Dermal-Skelets (Nessel - Skelet, $ 71). — Ein anderer Theil des ventralen Exoderms, und zwar derjenige, welcher die Subumbral-Wand des Gastrocanal-Systems bei den Craspedoten bedeckt, liefert eine subepitheliale Schicht, aus welcher die Sexual-Zellen dieser Medusen-Legion hervorgehen, eben sowohl die Eizellen als auch die Spermazellen. $ 47. Imnendecke (Epithelium entodermale vel gastrale). Die Innendecke oder das Gastral- Epithel (auch als „Entoderma“ im engeren Sinne zu bezeichnen) kleidet bei allen Medusen den Hohlraum des Gastrocanal- Systems in seiner ganzen Ausdehnung aus, besteht überall aus einer ein- fachen Schicht von Geisselzellen und geht nur am Mundrande in das Exoderm-Epithel über. Ent- sprechend der Gestalt der Umbrella, welche den Gastral-Raum umschliesst, unterscheiden wir auch an dessen Entoderm zwei verschiedene Haupttheile, welche am Schirmrande zusammenstossen, das dorsale und das ventrale Epithel des Gastrocanal-Systems; beide zeigen auffallende und constante Unterschiede. Das Dorsal-Entoderm (oder das „Gastral-Epithel der Notumbrella“, oft auch schlechtweg als „um- brales oder oberes Entoderm“ bezeichnet) kleidet die concave Innenfläche des dicken Rückenschirmes aus und überzieht dessen Gallertkörper in Gestalt eines flachen und einförmigen Platten -Epithels von sehr indifferentem Character (Taf. 4, Fig. 6—8 du; Taf. 9, Fig. 5—7 du; Taf. 25, Fig. 8—10 du). Das Ventral-Entoderm hingegen (oder das „Gastral-Epithel der Coelumbrella“, oft auch schlechtweg als „subumbrales oder unteres Entoderm“ bezeichnet) bedeckt die convexe Innenfläche des dünnen Bauchschirmes und überzieht dessen subumbrale Stützplatte in Gestalt eines hohen und differenzirten Cylinder-Epithels (Taf. 4, Fig. 6—8 dw; Taf. 9, Fig. 5—7 dw; Taf. 25, Fig. 8—10 dw). Die Zellen des- selben sind viel grösser als diejenigen des Dorsal-Entoderms, oft ausserordentlich hoch und schliessen mannichfache Plasma-Producte ein: Fett, Pigment-Körner, Krystalle, amyloide Körner und andere Pro- ducte eines lebhaften Stoffwechsels, namentlich aber zahlreiche Vacuolen, die nicht selten zusammen- fliessen. An vielen Stellen, namentlich am Mundrohr, verwandelt sich ein Theil dieser ventralen Ento- derm-Zellen in Drüsen-Zellen, ein anderer in Nessel-Zellen; auch Epithel-Muskelzellen und vielleicht selbst Sinneszellen scheinen hier an einigen Stellen daraus zu entstehen. Endlich sind es auch dieselben ventralen Entoderm-Zellen, welche die Sexual-Zellen bei allen Acraspeden bilden; sowohl Eizellen als Spermazellen gehen aus einer subepithelialen Schicht des Ventral-Entoderms hervor. Offenbar ist dieses ventrale Gastral-Epithelium von höchster Bedeutung für den gesammten Stoffwechsel der Medusen, während das entgegengesetzte indifferente Dorsal-Entoderm nur sehr geringe Wichtigkeit besitzt; übrigens tragen die Zellen sowohl hier als dort beständig ein schwingendes Geissel- II. GENERELLE HISTOLOGIE DER MEDUSEN. 145 haar (Flagellum), sind also „Geisselzellen“. Dieses Flagellum geht nur an jenen wichtigen Stellen, den Cathammen, verloren, an welchen dorsales und ventrales Entoderm mit einander verwachsen. Während nämlich der gesammte gastrale Hohlraum ursprünglich bei den Polypen eine ganz einfache becherförmige Höhlung ohne radiale Abschnitte zeigt, zerfällt er bei den Medusen im Laufe der Ent- wickelung dadurch in periphere radiale Abschnitte, dass in bestimmten Radien die beiden Wände des Hohlraumes (dorsale Aussenwand und ventrale Innenwand) mit einander verwachsen. So entstehen die bedeutungsvollen „Verwachsungsstellen oder Cathammata“, welche die Scheidewände oder Septen der radialen Kammern darstellen. Jedes Cathamma oder Septum besteht also eigentlich aus zwei Schichten des gastralen Entoderm-Epithels, welche an diesen Stellen sich fest an einander gelegt haben und mit einander verschmolzen sind. Bald sind diese beiden innig zusammenhängenden Schichten noch deutlich zu unterscheiden (so bei vielen Acraspeden, Taf. 25, Fig. $—10); bald sind sie zu einer einzigen einfachen Schicht verschmolzen (so bei den meisten Craspedoten). In beiden Fällen bezeich- nen wir diese einfache oder doppelte Zellenschicht als Lothplatte oder Cathammal-Platte (La- mina calhammalis, sonst auch „Entoderm-Laimelle, Gefässplatte oder Verwachsungsplatte“ genannt; vergl. unten Cathamma, $ 100, 101). $ 48. Connectiv-Gewebe (Tela connectwa). Das Bindegewebe (Füllgewebe oder Stützgewebe), dessen verschiedene Modilicationen wir sämmtlich unter, dem Begriffe des Connectivum zusammenfassen, erscheint unter den Medusen in zwei verschiedenen Hauptformen, als zellenlose Stützplatte (Fulerum) und als zellenhaltiges Füllgewebe (Maltha). Beide Formen entsprechen zwei verschie- denen phylogenetischen Entwickelungsstufen, indem die zellenlose Stützplatte oder Fulcral - Platte nur eine einfache Ausscheidung des Epithels darstellt, welche keine selbständige morphologische Geltung als Mesoderm besitzt; als solche kann nur das zellenhaltige Füllgewebe oder die Malthar-Platte ange- sehen werden, bei welcher Zellen aus dem Epithel ausgetreten und durch Zwischensubstanz gesondert sind („Seeret-Gewebe“). Beide Formen sind ganz überwiegend Producte des Entoderms; indessen werden beide Formen an einzelnen wenigen Stellen auch vom Exoderm gebildet. $ 49. Stützgewebe oder zellenfreies Connectiv (Fulcrum, Tela fuleralis, Lamina fulerahis). Unter diesem Namen fassen wir alle Formen des Connectiv-Gewebes zusammen, welche keine Zellen ent- halten und demnach nur structurlose oder faserhaltige Ausscheidungen von Epithelien sind. Dieselben erscheinen in zwei Hauptformen, welche jedoch durch Uebergänge untrennbar verbunden erscheinen, als dünne elastische Membranen und als dicke gallertige Massen. Die dünnen elastischen Stütz- Membranen finden sich überall im Medusen-Körper als Grundlagen des Epithels vor und zwar vor- zugsweise des Entoderms; doch kommen auch unter dem Exoderm an bestimmten Stellen sehr ent- wickelte Stützplatten vor, so z. B. im Velum der Craspedoten (Taf. 6, Fig. 13, 14 ww; Taf. 9, Fig. 7 zv); ebenso an den Tentakeln vieler Acraspeden. — Gewöhnlich sind die structurlosen Fuleral - Lamellen sehr dünn, dabei aber sehr fest; auf dem (Querschnitt bei starker Vergrösserung bald einfach, bald doppelt contourirt, meist stark lichtbrechend. Wegen ihrer bedeutenden Elastieität sind sie oft als Antagonisten der Muskeln (z.B. als Extensoren der Tentakeln und Mundgriffel) von physiologischer Wichtigkeit. Dasselbe gilt von dem dickeren zellenfreien Gallert-Gewebe, welches nur durch seine bedeutendere, oft sehr ansehnliche Volum-Entwickelung sich von den dünnen elastischen Stütz- Membranen unterscheidet. Dasselbe bildet die Hauptmasse des Gallertschirmes (und somit des ganzen Körpers) bei der Mehrzahl der Craspedoten, da in dieser Legion das Collosom meistens zellenfrei ist Haeckel, Tiefsee-Hedusen. 19 146 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. und als structurlose Ausscheidung des Entoderms erscheint; ebenso aber auch bei einem Theile der Acraspeden (z. B. Cubomedusen, Pelagiden, Cyaneiden). Uebrigens ist das zellenlose „fulerale Gallert- Gewebe“ meistens (oder immer?) von zahlreichen elastischen Fasern durchzogen, ebenso wie das zellen- haltige „malthare Gallert-Gewebe“. $ 50. Füllgewebe oder zellenhaltiges Connectiv (Maltha, Tela maltharıs, Lamina maltharıs). Unter diesem Namen fassen wir (— in Ermangelung eines besseren —) alle die verschiedenen Formen des zellenhaltigen Connectiv zusammen, im Gegensatze zu der zellenlosen Stützplatte, dem Fuleral-Gewebe. Zu diesem Füllgewebe oder Malthar-Gewebe würden bei den höheren Thieren alle die verschiedenen Formen des „zellenhaltigen Bindegewebes“ gehören (Knochen, Knorpel, Blasengewebe, Schleimgewebe u. s. w.); bei den Medusen tritt dasselbe eigentlich nur in zwei wesentlich verschie- denen Formen auf, als Gallert-Gewebe und als Chordal-Gewebe. Von diesen ist dem Umfange und der Verbreitung nach das wichtigste das zellenhaltige Gallert-Gewebe (Tela gelatinosa). Das- selbe bildet die Hauptmasse des Gallertschirmes (und somit des ganzen Körpers) bei der Mehrzahl der Acraspeden (namentlich der meisten grösseren Formen), während es bei der Mehrzahl der Craspedoten durch das zellenfreie .‚fulerale Gallert-Gewebe“ ersetzt wird. Die Zellen des „maltharen Gallert-Gewebes“ sind in der structurlosen Intercellular-Substanz meistens spärlich, in grossen Abständen zerstreut; bis- weilen aber (namentlich in der Nähe der Cathammen) auch in grösserer (Quantität (Taf. 25, Fig. 10). Sie stammen meistens aus dem Entoderm, aus dessen Epithel-Schicht sie in die darunter liegende Fulcral-Schicht ausgetreten sind („Entodermales Secret-Gewebe“; hauptsächlich in der Umbrella und Subumbrella). Viel seltener findet sich ähnliches „Exodermales Secret-Gewebe“, dessen Zellen aus dem Exoderm stammen (so z. B. in Velum der Pectylliden; Taf. 5, Fig. 7 x; Taf. 6, Fig. 13 x). Sehr ver- schieden ist die Consistenz des Gallert-Gewebes, welches einerseits in äusserst weiches und wasser- reiches Schleimgewebe übergeht (z. B. Umbrella der Aurelia), anderseits in sehr festen und harten Faser-Knorpel (z. B. Cathammen der Peromedusen, Taf. 25, Fig. 8, 10). Besonders in der Nähe der Cathammal-Platten, dieser festen Verwachsungs-Streifen, nimmt das Gallert- Gewebe vieler Acras- peden eine Beschaffenheit an, welche sowohl in Bezug auf histologische Structur, wie auf physikalische Qualität dem echten „Faser-Knorpel“ der Wirbelthiere zum Verwechseln ähnlich ist. In diesem Falle wird die ausserordentliche Festigkeit des zellenreichen Gewebes vorzugsweise durch Verdich- tung und durch faserige Differenzirung der Intercellular-Substanz gebildet, während gewöhnlich die weichere oder festere Beschaffenheit des Gallert-Gewebes von der qualitativen und quantitativen Ent- wickelung der elastischen Fasern in demselben abzuhängen scheint. Diese letzteren verhalten sich im zellenhaltigen Gallert-Gewebe ebenso wie im zellenfreien und gehen gewöhnlich von der exo- dermalen zur entodermalen Fläche des Gallertschirmes hinüber (Taf. 9, Fig. 5—7 uf). Sie sind ent- weder einfach oder verästelt, meistens drehrund, seltener bandförmig abgeplattet (Taf. 6, Fig. 19). Bis- weilen treten sie zur Bildung von elastischen Netzen zusammen oder sind büschelartig gruppirt (Taf. 5, Fig. 8 uf). — Die zweite Hauptform des Füllgewebes bildet das charaeteristische Chordal-Gewebe (Tela chordalis), welches mit dem Gewebe der Chorda dorsalis der Wirbelthiere die grösste Aehnlichkeit besitzt. Dasselbe findet sich überall in den soliden Tentakeln der Medusen vor und bildet deren cha- racteristische feste Axe. Diese ist gewöhnlich eylindrisch und besteht aus einer einzigen Reihe von grossen, scheibenförmigen, platten, kreisrunden Entoderm-Zellen, welche gleich den Münzen einer Geld- rolle über einander liegen (Taf. 1, Fig. 5, 7; Taf. 6, Fig. 17; Taf. 12, Fig. 11; Taf. 13, Fig. 5, 6). Jede Zelle ist von einer sehr dieken und festen elastischen Membran umgeben und umschliesst einen Il. GENERELLE HISTOLOGIE DER MEDUSEN. 147 wasserklaren Inhalt. Das Protoplasma der Zelle beschränkt sich gewöhnlich auf eine dünne, die kapsel- förmige Membran innen auskleidende Wandschicht und einen centralen Axenstrang, welcher die Mitte der proximalen und distalen Wandschicht verbindet; bisweilen hängen beide noch durch ein Netzwerk von feinen Protoplasma-Fäden zusammen, welche die Zellhöhle durchsetzen (Taf. 1, Fig. 7). Der Kern liegt bald in der Mitte des Axenstranges, bald an einem Ende desselben. Diese Chordal-Zellen gehören zu den grössten Zellen des Medusen-Körpers; sie sind oft mit blossem Auge sichtbar, gegen 1 Mm. breit (p. 32). Sie bilden bisweilen auch einen besonderen Chordalring am Schirmrande (Taf. 8, Fig. 8 y). In kurzen und dicken Tentakeln erscheinen die Chordal-Zellen der Tentakel-Axe bisweilen geschichtet (Taf. 4, Fig. 5—8 yi; Taf. 6, Fig. 12—15 di). Gewöhnlich hängt die Basis der Axe noch mit dem Entoderm des Ringeanals continuirlich zusammen; seltener trennt sie sich später vollständig von demselben und wird somit mesodermal (Taf. 4, 6, 12 ete.). Während beim Gallert- Gewebe die kleinen Zellen ganz gegen die mächtige Intercellular-Substanz zurücktreien, ist bei dem Chordal-Gewebe das Umgekehrte der Fall. $ 51. Muskel-Gewebe (Teia muscularis). Die Muskeln aller Medusen bestehen aus feinen, parallel gelagerten Muskellibrillen, welche irgendwo mit einem keruhaltigen Proioplasma - Klümpchen zusammenhängen und also als fadenförmige Ausläufer von Muskelzellen zu betrachten sind. Die Fibrillen sind meist sehr lang und dünn, bald drehrund, bald bandförmig abgeplattet; bei den meisten longitudinalen oder radialen Muskeln sind die Fibrillen glatt, nicht quergestreift; bei den meisten transversalen oder eircularen Muskeln hingegen mehr oder weniger deutlich quergestreift. Sowohl die glatten als die quergestreiften Muskel-Zellen stammen zum überwiegend grössten Theile aus dem Exoderm. Indessen werden an einzelnen Stellen beide Formen auch vom Entoderm gebildet (so z. B. am Mundrohr und an den Mundarmen). Bezüglich des Verhaltens der Muskelzellen zu ihrer Ur- sprungsstätte, dem Epithel, sind zwei Hauptformen des Muskel-Gewebes zu unterscheiden: Epithel- Muskelzellen und Mesoderm-Muskelzellen; die ersteren liegen noch in der eigentlichen Epithel-Schicht der Oberfläche oder unmittelbar darunter; während die letzteren sich von ihr gesondert haben und eine selbständige, wenn auch dünne, mesodermale Schicht bilden. $ 52. Epithel-Muskelzellen (Myoblasti epitheliales; Tela muscularis epithelialis). Die überwiegende Mehrzahl der Medusen-Muskeln, namentlich in der Legion der Craspedoten, setzt sich aus glatten oder quergesireiften Fibrillen zusammen, deren Muskelzellen keine selbständige Mesoderm-Schicht bilden, sondern entweder dem Exoderm-Epithel selbst oder einer unmittelbar darunter liegenden, subepithelialen Schicht angehören. Die Fibrillen dieser „Epithel-Muskelzellen“ oder „Neuro-Muskelzellen“ liegen mithin unmittelbar unter dem Epithel, von dem sie ausgehen, und auf der Stützplatte, welche sie trägt. Sie sind gewöhnlich parallel dergestalt in einer Schicht neben einander oder auch in mehreren Schichten über einander geordnet, dass sie flache Blätter oder Lamellen bilden. Bei weiterer Entwickelung des Muskels falten sich diese „Muskel - Blätter“, während die tragende Stützlamelle durch locale Ver- diekung entsprechend zusammengesetzie Falten bildet, so z. B. in den grösseren hohlen Tentakeln der Geryoniden, der Cyaneiden ete.; im Velum einiger Craspedoten (Taf. 6, Fig. 13, 14). An der Sub- umbrella bildet bei den kleineren und niederen Medusen der breite Ringmuskel eine einfache, glatte, bandförmige Platte; dagegen erhebt sich bei vielen grösseren und höheren Medusen die Stützplatte der Subumbrella in concentrischen Ringfalten, welche von entsprechenden Falten der Muskel-Platte über- zogen werden (z. B. Lucernaria, Taf. 17, Fig. 20; Periphylla, Taf. 22, Fig. 22). 19 * 148 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 53. Mesoderm-Muskelzellen (Myoblasti mesodermales; Tela muscularis mesodermalis). Wenn die faltigen epithelialen Muskel -Blätter durch energische Thätigkeit an Umfang zunehmen und sich weiter entwiekeln, so beschränkt sich ihr Wachsthum nicht mehr auf Faltenbildung, sondern es treten die epithelialen oder subepithelialen Muskel-Zellen aus ihrer Ursprungsstätte, dem Epithel, vollständig her- aus und gestalten sich zu selbständigen „mesodermalen Muskel-Zellen“. Indem sich diese in grösserer Zahl vom Epithel sondern und zu besonderen Platten oder Bündeln vereinigen, treten sie nach innen in das Conneetiv hinein und bilden ganz selbständige mesodermale Muskeln. Solche finden sich häufiger im System der longitudinalen, als in dem der eircularen Muskeln; unter den Craspedoten im Ganzen seltener und hauptsächlich nur bei grösseren Arten; dagegen häufig bei den Acraspeden. Da- hin gehören z. B. bei den grossen Peromedusen die mächtigen Delta-Muskeln der Subumbrella, die Längs-Muskeln und Wurzel-Muskeln der Tentakeln u. s. w. (Taf. 20—24 md, mk ete.). Hier schnüren sieh die Muskeln nicht selten so vollständig von dem Epithel ab, dass sie später durch eine beson- dere Stützlamelle oder selbst eine dicke Gallertplatte von ihm getrennt werden. Eine der stärksten mesodermalen Fleischmassen bildet der äussere Kranzmuskel von Afolla, welcher bei 4 Mm. Breite 2 Mm. Dicke erreicht und aus vielen über einander gehäuften Schichten von Ringmuskel-Fasern besteht (p. 99, Taf. 29, Fig. 4, 7, 8 mc”). Unter den Craspedoten giebt Pectis ein Beispiel von starken meso- dermalen Muskeln im Velum und der Subumbrella (Taf. 5, Fig. 7; Taf. 6, Fig. 12—14 m). $ 54. Nerven-Gewebe [(Telu nerven). Die beiden wesentlichen Bestandtheile des Nerven -Ge- webes, welche bei allen höheren Thieren als Nerven-Zellen und Nerven-Fibrillen unterschieden werden, sind auch bei den Medusen bereits differenzirt; beide setzen ebenso wohl die centralen als die peripheren Theile des Nervensystemes zusammen, wenn auch ihre Lagerung und Verbindung in dem centralen Nervenring des Schirmrandes anders ist, als in dem peripheren Nerven -Plexus der Subum- brella u.s. w. Sowohl die Nerven-Zellen als die von ihnen ausgehenden und sie verbindenden Nerven- Fibrillen sind zum überwiegend grössten Theile Producte des Exoderms, und sind bisher sogar aus- schliesslich als solche betrachtet worden. Dennoch finden sich bei einigen (— und vielleicht bei allen —) Medusen an einzelnen Körperstellen auch Nerven-Zellen und Nerven-Fasern, welche vom Entoderm abstammen, so namentlich an den sehr beweglichen und sehr empfindlichen Mundtheilen (Mundfäden, Mundlappen, Mundarmen, Mundtaschen ete.). Es ist wahrscheinlich, dass an der gastralen Innenfläche dieser Mundorgane (vielleicht überall) das Entoderm ebenso wohl Muskelzellen als Nerven- zellen bildet, unter welchen letzteren auch specifische Sinneszellen (Schmeckzellen?, Riechzellen?) zu suchen sein dürften. Doch bedürfen diese schwierigen Verhältnisse einer viel eingehenderen Unter- suchung. Jedenfalls steht sowohl dieses localisirte und wenig ausgedehnte entodermale, als auch das wichtigere und überall verbreitete exodermale Nerven-Gewebe noch im innigsten Zusammenhang mit dem Epithel, aus dem es hervorgegangen ist. Das gesammte Nervensystem behält bei den Medusen noch mehr oder weniger seinen ursprünglichen epithelialen Character. Indessen können doch auch hier, ebenso wie beim Muskelgewebe, rein epitheliale und subepitheliale Zellen unterschieden werden; erstere können wir allgemein als Sinneszellen, letztere als Ganglienzellen bezeichnen. Beide stehen in Zusammenhang durch sehr feine Fibrillen, fadenförmige Ausläufer, welche sich viel- fach verzweigen und zu Netzen oder Nerven-Plexus verbinden. $ 55. Sinneszellen oder Epithel-Nervenzellen /(Cellulae sensillares, Sensoblasti). Unter diesem Begriffe fassen wir alle diejenigen Nervenzellen (im weitesten Sinne) zusammen, welche im Epithel II. GENERELLE HISTOLOGIE DER MEDUSEN. 149 selbst liegen und welche an ihrer Basis feine fadenförmige Ausläufer oder Fibrillen besitzen, durch welche sie sich mit anderen Zellen des Nervensystems in Verbindung setzen. Bald sind diese Sinnes- zellen einzeln im Epithel zwischen dessen indifferenten Deckzellen zerstreut (z. B. an vielen Stellen der Tentakeln und des Mundrohres); bald bilden sie als zusammenhängender Ueberzug ein wirkliches Sinnes-Epithel (z. B. am dorsalen Nervenring der Craspedoten, am Velarium-Rande der Acras- peden). Als zwei Hauptformen der Sinneszellen können wir indifferente oder neutrale und differen- zirte oder speeifische unterscheiden. Indifferente Sinneszellen nennen wir diejenigen Epithel- Nervenzellen, an welchen eine specifische Sinnes-Funetion nicht nachweisbar ist und welche demnach die älteste und einfachste Form der Nerven-Elemente repräsentiren. Als solche sind vorläufig bei den Medusen zu betrachten alle diejenigen Geisselzellen und Borstenzellen des Exoderms, welche an ihrer Basis durch Ausläufer und Nerven-Fibrillen mit anderen Nervenzellen in directer oder indireeter Ver- bindung stehen, und bei welchen eine specifische Sinnesthätigkeit nicht bekannt ist (Taf. 14, Fig. 9). Alle diese neutralen Sinneszellen besitzen an ihrer freien Oberfläche einen feinen haarförmigen Fort- satz, welcher bei den empfindlichen Geisselzellen (z. B. am Sinnes-Epithel des Nervenringes) beweglich, bei den Borstenzellen hingegen starr ist. Zu den letzteren rechnen wir sowohl die eigentlichen Tast- zellen (ohne Nesselkapsel, mit einer Tastborste, Palpoeilium), als auch die Nesselzellen (mit Nesselkapsel und mit einer Nesselborste, Cnidocilium). Wie weit überhaupt die Geisselzellen und Nesselzellen des Exoderms in die Kategorie der indifferenten Sinneszellen gehören, hängt davon ab, ob sie an ihrer Basis in communieirende Ausläufer oder Nerven-Fibrillen übergehen (vergl. unten $ 79, Tastorgane). — Als differenzirte oder specifische Sinneszellen sind diejenigen Epithel-Nervenzellen zu be- trachten, bei denen aus ihrer Lagerung, Structur oder Verbindung irgend eine speeifische Sinnes- Funetion sich nachweisen lässt. Dazu gehören: 1) die Riechzellen (oder Schmeckzellen?) an den Clavellen der Craspedoten (Taf. 2, Fig. 8 g), an den Deekschuppen der Rhopalien bei den Acraspeden; 2) die Sehzellen der Augen, welche bisweilen in Pigmentzellen und Stäbehenzellen differenzirt sind; 3) die Hörzellen der Hörorgane (Taf. 6, Fig. 16); letztere tragen ein freies, meist sehr langes und dünnes Hörhaar und sind daher an sich in der Form von gewöhnlichen Tastzellen (mit einer Tast- borste) nieht verschieden, auch phylogenetisch von diesen abzuleiten; sie werden zu „Hörzellen“, indem sie mit „Otolithen-Zellen“ in functionelle Verbindung treten; diese letzteren enthalten ein Hörsteinchen und gehören nur in einer Ordnung (bei den Leptomedusen) zum Exoderm, bei allen übrigen zum Entoderm. In einigen Fällen (z. B. bei den meisten Leptomedusen und bei den Geryoniden) scheiden die Hörzellen aus dem freien Epithel, zu dem sie ursprünglich gehören, aus; sie verwandeln sich hier in mesodermale Binnen-Epithelien, indem die offenen Hörgrübchen sich von der Hautdecke abschnüren und zu geschlossenen Hörbläschen werden. $ 96. Ganglien-Zellen oder Mesoderm-Nervenzellen (Cellulae gungliosae, Neuroblasti). Aehnlich wie die mesodermalen Muskelzellen zu den epithelialen, verhalten sich die Ganglienzellen zu den Sin- neszellen. Die Ganglienzellen sind in der That subepitheliale Nervenzellen, ausgeschieden aus dem Epithel, aus welchem sie ebenso ontogenetisch wie phylogenetisch entstanden sind; sie hängen mit dieser Ursprungsstätte nur noch direct oder indireet durch ihre fadenförmigen Ausläufer, die Nerven- Fibrillen, zusammen (Taf. 14, Fig. 10). Alle Ganglienzellen der Medusen scheinen entweder zwei oder mehrere Ausläufer zu besitzen, und sind demnach entweder bipolare (spindelförmige) oder multi- polare (sternförmige) Zellen. Beide Formen kommen sowohl im centralen als im peripheren Nerven- System vor; jedoch überwiegen im centralen Nervenringe die bipolaren, im peripheren Nerven-Plexus 150 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. die multipolaren Gaänglienzellen; erstere liegen daher vorwiegend am Schirmrande, leiztere in der Sub- umbrella. — Die centralen Ganglienzellen zeigen ausserdem sowohl in den Nervenringen als in den Sinnesorganen bestimmte Verhältnisse der Lagerung und Beziehung zu den Nachbar -Organen, insbesondere zu den Sinneszellen des Epithels. Bei den Craspedoten ist der dorsale (oder exumbrale) vom Sinnes-Epithel überzogene Nervenring grösstentheils aus parallel gelagerten eircularen Fibrillen gebildet und bedeutend ärmer an Ganglienzellen als der ventrale (oder subumbrale) Nervenring, wel- cher kein Sinnes-Epithel besitzt und mehr motorisch ist. Bei den Acraspeden scheinen die Ganglien- zellen mehr an der Basis der Sinneskolben angehäuft zu sein und 4 oder 8 Ganglien zu bilden, welche bald durch einen centralisirten Ring von Fibrillen-Bündeln (Cubomedusen), bald durch mehr decentra- lisirte Fibrillen-Plexus zusammenhängen (Discomedusen). — Die peripheren Ganglienzellen sind bald nur sehr spärlich, bald ziemlich zahlreich in den Nerven-Plexus zerstreut, welche sich in Gestalt zarter, netzförmiger Fibrillen-Geflechte hauptsächlich in der Subumbrella ausbreiten; dieser subumbrale Plexus liegt zwischen der Muskelplatte der Subumbrella und dem Exoderm-Epithel, aus dem letztere entstanden ist. Sowohl diese peripheren Nerven-Plexus als jene centralen Nervenringe können bereits als mesodermale Nerven angesehen werden, da sie ihre selbständigen, aus dem Epithel ausgeschie- denen Zellen besitzen. Dritter Abschnitt. Neurodermal-System der Medusen. $ 57. Zusammensetzung des Neurodermal-Systems. Von den beiden grossen Örgan-Sysiemen, welche den Körper der Medusen zusammensetzen, umfasst das Neurodermal-System die Ge- sammtheit der animalen Organe, die Apparate der Empfindung und Bewegung. Dasselbe steht somit in physiologischer Beziehung dem Gastrocanal-System gegenüber, welches den Complex der vegetativen Organe bildet. Dieser Gegensatz zeigt sich auch histologisch mit Bezug auf die beiden primären Keimblätter, indem die meisten und wichtigsten Theile des Neurodermal-Systems von dem Exoderm (oder dem „animalen Keimblatte“) abstammen, diejenigen des Gastrocanal-Systems hingegen vorzugsweise aus dem Entoderm (oder dem „vegetativen Keimblatte“). Von den beiden Apparaten, welche das Neurodermal-System zusammensetzen, ist weitaus der ansehnlichste (jedoch der weniger differenzirte) der Bewegungs-Apparat, gebildet durch die Umbrella und die ausgedehnte, an der concaven Fläche der Schirmhöhle gelagerte Muskelplatte. Weniger umfangreich, aber stärker differen- zirt ist der Empfindungs-Apparat; derselbe hat vorzugsweise am Schirmrande seinen Sitz und umfasst das Nervensystem nebst Tentakeln und diflerenzirten Sinnes-Organen. $ 58. Umbrella oder Schirm (u). Das typische und amı meisten characteristische Haupt-Örgan der Medusen, welches sie von den stammverwandten Polypen sogleich unterscheidet, ist ihr eigen- thümliches Schwimm-Organ, der Schirm oder die Umbrella. Dasselbe bildet dem Volumen und Ge- wicht nach stets die Hauptmasse des Körpers und besteht aus einem voluminösen Gallert - Körper (Collosoma), der sehr wasserreich und bald fast schleimartig weich, bald fast knorpelartig hart ist. Seine Gestalt ist mehr oder weniger „schirmförmig“, oben convex, unten concav gewölbt. Die Gesammt- III. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 151 form der Umbrella ist indessen sehr wechselnd. Bald ist ihr verticaler Durchmesser (oder die cen- trale „Hauptaxe“) grösser als der grösste horizontale Durchmesser (oder die Kreuzaxe) und dann ist die Umbrella kegelförmig, glockenförmig, pyramidal oder obeliskenförmig (so bei den meisten Antho- medusen, Stauromedusen, Peromedusen und Cubomedusen (Taf. 15—26). Bald ist umgekehrt der Horizontal-Diameter grösser als der verticale, und dann ist die Umbrella mehr scheibenförmig, uhrglas- förmig, halbeiförmig oder halbkugelig (so bei den meisten Leptomedusen, Trachomedusen, Nareomedusen und Discomedusen; Taf. 1—14, 27—32). Der Gallertkörper ist gewöhnlich in der Mitte der Umbrella am dieksten und nimmt nach dem Schirmrande hin bald mehr gleichmässig, bald mehr plötzlich ab. Wenn man den Schirm mit den darin eingeschlossenen Theilen des Gastrocanal-Systems als ein Ganzes betrachtet, so kann man die äussere convexe Fläche als „Aussenschirm“ oder Exumbrella (e) be- zeichnen, die innere concave Fläche als „Innensehirm“ oder Subumbrella (w). Genauer genommen besteht jedoch der Schirm aus zwei verschiedenen Gallert-Platten, die als Rückenschirm (Umbrella dor- salis vel Notumbrella) und Bauchschirm (Umbrella ventralis vel Coelumbrella) unterschieden werden könnten; erstere entspricht dem Calyx oder der Rückenwand, letztere dem Peristomium oder der Bauchwand der Polypen. Beide Wände gehen nur am Schirmrande unmittelbar in einander über und werden sonst getrennt durch den Hohlraum des Gastrocanal-Systems, dessen beide Grenzflächen nur an be- stimmten Stellen mit einander verwachsen sind. Die Exumbrella ist die freie convexe Fläche der dieken Dorsal-Wand, die Subumbrella hingegen die freie concave Fläche der dünnen Ventral-Wand. $ 59. Umbrella dorsalis (Notumbrella, Oberschirm oder Rückenschirm). Dieser Theil des Schirmes wird gewöhnlich schlechtweg als „Umbrella“ im engeren Sinne bezeichnet, weil er die Haupt- masse derselben bildet und weil seine voluminöse Gallert-Scheibe viel dicker ist als die dünne Gallert- platte des Ventral-Schirmes. Seine obere, convexe Fläche, vom dorsalen Exoderm überzogen, ist die Exumbrella (e). Seine untere concave Fläche bildet die äussere oder abaxiale Wand (— Umbral- Wand —) des Gastrocanal-Systems und ist von dessen flachem „Dorsal-Entoderm“ überzogen. Beide Epithel-Schichten des Dorsal-Schirmes, die äussere exodermale und die innere entodermale, werden getrennt durch die gewaltige Masse des Gallertkörpers (Collosoma). Sie gehen nirgends in einander über, da sie sich am Schirmrande unmittelbar in die entsprechenden beiden Epithel-Platten des Ventral- Schirmes fortsetzen. Das Entoderm-Epithel des Dorsal-Schirmes besteht aus flachen Geissel-Zellen von indifferenter Beschaffenheit, während sein Exoderm-Epithel vielfach Nesselzellen bildet, seltener auch Epithel-Muskelzellen („Exumbral-Muskeln‘“). $ 60. Exumbrella. Die convexe Aussenfläche des Dorsal-Schirmes, welche wir mit einem Worte kurz als Exumbrella bezeichnen, ist bei vielen Medusen ganz glatt, gleichmässig gewölbt, ohne jede besondere Auszeichnung, und von dem einfachen Exoderm-Epithel gleichförmig überzogen. Bei vielen anderen Medusen hingegen ist dieselbe durch die Bildung mannichfaltiger Vorsprünge in Form von Knoten, Rippen, Leisten, Stacheln ete. ausgezeichnet. Meistens sind diese Vorsprünge durch An- häufungen von Nesselzellen, oft auch von Pigmentzellen ausgezeichnet und dienen somit als Schutz- waffen der Umbrella. Vorspringende radiale Nesselrippen finden sich unter den Craspedoten nament- lich bei vielen Anthomedusen, z. B. 4 perradiale bei mehreren Codoniden und Tiariden, 8 adradiale bei Eetopleura und Cienaria (System, Taf. VII, Fig. 7), 16 bei Pectyllis (Taf. 3, 4), Peetanthis (Taf. 7, 8) und Tesserantha (Taf. 15). Bei Corynetes ist die ganze Exumbrella mit einem Netzwerk von Leisten übersponnen, in dessen Knotenpunkten Nesselwarzen vorspringen; häufiger ist dieselbe gleichmässig 152 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. mit Nesselwarzen bestreut (z. B. Thamnostylus, Taf. 1). — Unter den Acraspeden sind weniger solche vorspringende Nesselrippen von morphologischer Bedeutung, als vielmehr tiefe Furchen der Exumbrella, durch welche dieselbe in eine Anzahl von Gallertplatten getheilt wird. Sehr häufig ist eine tiefe Ring- furche oder Kranzfurche ausgeprägt, welche die centrale Schirmscheibe vom peripheren Schirmkranze trennt. Während die erstere meistens glatt ist, zerfällt dagegen der leiztere häulig durch Radial- Furchen in vorspringende „Gallertsockel oder Pedalien“, welche als Träger der Tentakeln und Rho- palien dienen, so z. B. bei Periphylla (Taf. 18, 19), Nauphanta (Taf. 27, 28), Atolla (Taf. 29). Grosse konische Nesselpapillen trägt die Exumbrella von Cephea (System, Taf. XXXVD). $ 61. Umbrella ventralis (Coelumbrella, Unterschirm oder Bauchschirm). Dieser Theil des Scehirmes wird gewöhnlich schlechiweg als „Subumbrella“ (w) im weiteren Sinne bezeichnet, obgleich dieser Name eigentlich nur seiner unteren concaven Fläche gebührt, welche vom Exoderm überzogen ist. Seine obere convexe Fläche bildet die innere oder axiale Wand (— Subumbral- Wand —) des Gastrocanal-Systems und ist von dessen hohem „Ventral-Entoderm“ überzogen. Beide Epithel-Schichten des Ventral-Schirmes, das Exoderm der concaven Fläche (Subumbrella) und das Entoderm der con- vexen Fläche, gehen nur am Mundrande in einander über und werden sonst getrennt durch eine dünne aber feste Stützplatte (zw). Diese Fuleral-Lamelle der Subumbrella ist dem dicken Gallertkörper des Dorsal-Schirmes gleichwerthig, obgleich viel dünner, und setzt sich am Schirmrande unmittelbar in denselben fort. Das Enioderm-Epithel des Ventral-Schirmes besteht aus hohen Geisselzellen, die viel- fach auch Drüsenzellen bilden; während sein Exoderm-Epithel (— die Subumbrella im engeren Sinne —) den wichtigsten Theil der Medusen-Muskulatur erzeugt („Subumbral-Muskeln“). $ 62. Subumbrella. Die concave Innenfläche des Ventral-Schirmes, welche wir mit einem Worte kurz als Subumbrella (im engeren und eigentlichen Sinne!) bezeichnen, ist von hervorragender Bedeutung als die Trägerin der Muskulatur, welche die Schwimm - Bewegungen der Medusen bewirkt. Aber auch ausserdem ist sie durch mancherlei Differenzirungen des Exoderm -Epithels ausgezeichnet, welches die von ihr umschlossene Schirmhöhle auskleidet. So finden sich z. B. Drüsenzellen, Pigment- zellen, Nesselzellen oft in bestimmter Anordnung in ihrem Exoderm vor; und bei allen Uraspedoten bildet dasselbe ausserdem den Mutterboden der Geschlechts-Drüsen. Während bei den meisten klei- neren Medusen (namentlich Craspedoten) die Subumbrella platt und gleichmässig gewölbt erscheint, ist sie hingegen bei den meisten grösseren Medusen (hauptsächlich Acraspeden) vielfach gefaltet oder durch besondere Vorsprünge ausgezeichnet. Unter diesen sind namentlich Gallertleisten von Be- deutung, welche für eine grössere Flächen-Ausbreitung der subumbraien Muskulatur dienen. Meistens verlaufen dieselben in concentrischen Ringen (z. B. am Kranzmuskel der Peromedusen, Taf. 19, 22), seltener in radialen Büscheln (z. B. Drymonema, Taf. 30, 31). Als besondere Fortsätze der Subumbrella, welche in Gestalt von verticalen Radial-Septen in die Schirmhöhle vorspringen, sind die Mesenterien vieler Anthomedusen und Trachomedusen, Stauromedusen und Cubomedusen zu erwähnen; dieselben sollen unten bei der „Schirmhöhle“ besprochen werden, ebenso wie die mancherlei Nebenhöhlen und Nischen, welche von der letzteren aus in die Subumbrella eindringen ($. 91, 94). $ 63. Centraler und peripherer Schirm (Discus centralis et Corona peripherica). Bei allen Me- dusen lässt sich mehr oder weniger deutlich ein gewisser morphologischer und physiologischer Gegen- satz zwischen dem centralen und peripheren Theile des Schirmes erkennen; in jenem liegt der Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 153 wichtigste Theil des vegetativen Gastrocanal-Systems, in diesem der bedeutendste Theil des animalen Neurodermal-Systems. Wir bezeichnen den centralen Hauptabschnitt der Umbrella, welcher Magen und Mund nebst den Mundorganen einschliesst, ein für allemal als Schirmscheibe (Discus umbralis), hingegen den peripheren Hauptabschnitt, welcher den Schirmrand nebst den wichtigsten Theilen des Muskel- und Nerven-Systems (Sinnesorgane und Tentakeln) enthält, als Schirmkranz (Corona um- bralis). Beide Hauptabschnitte der Umbrella entsprechen zugleich den beiden Hauptabschnitten des Gastrocanal-Systems, insofern in der Schirmscheibe der centrale Hauptdarm, im Schirmkranze hingegen der periphere Kranzdarm seinen Sitz hat. Häufig ist die Grenze zwischen Discus und Corona auch äusserlich scharf bestimmt, indem eine exumbrale Kranzfurche (Fossa coronaris) mehr oder weniger tief zwischen Beide einschneidet, so namentlich bei vielen Narcomedusen (Taf. 9—12), Peromedusen (Taf. 18), Cubomedusen (Taf. 26) und bei einzelnen Discomedusen, sehr ausgeprägt bei vielen Canno- stomen (Taf. 27—29). Die centrale Schirmscheibe ist bei den flachgewölbten Medusen mehr scheibenförmig oder linsenförmig (,„Schirmlinse“, Lens umbralis), bei den hochgewölbten hingegen mehr kegelförmig oder glockenförmig („Schirmkegel“, Conus umbralis). Der periphere Schirmkranz endigt bei den Craspedoten in dem typischen Velum dieser Legion, bei den Acıaspeden hingegen in dem characteristischen Lappenkranze oder Velarium. $ 64. Schirmstiel und Schirmkuppel (Pedunculus umbralis et Cupola umbralis). Bei vielen Me- dusen — jedoch nur bei der grossen Minderzahl — ist der „Schirmscheitel“ (der oberste, aborale und proximale Theil der Notumbrella) nicht, wie gewöhnlich, gleichmässig gewölbt und abgerundet, sondern in einen vorspringenden Scheitel- Aufsatz oder einen konischen, stielarligen Fortsatz ausgezogen. Nur bei einer Ordnung, bei den Stauromedusen, ist derselbe zu einem wirklichen Schirmstiele (Pedun- culus umbrellae) entwickelt, dessen aborales Ende, die „Fussplatte“, zur Anheftung am Meeresboden oder au fremden Körpern dient (Taf. 16, 17; System, Taf. AXL AXI). Aber bei vielen anderen Me- dusen aus verschiedenen Ordnungen (namentlich Anthomedusen und Peromedusen) findet sich oben auf dem Schirm an dessen Stelle eine besondere Schirmkuppel oder ein kegelförmiger „Scheitel- Aufsatz“ (Cupola umbrellae). Derselbe ist jenem Anheftungsstiele gleichwerthig und enthält gleich ihm einen blind endigenden axialen „Scheitel-Canal oder Stiel-Canal“ (Tesserantha, Taf. 15, Fig. 13 p). An diese Theile knüpft sich ein besonderes morphologisches Interesse, insofern sie Erbstücke von den Polypen- Ahnen der Medusen sind, homolog dem Stiel und Stiel-Canal der Polypen, mittelst deren diese am Meeresboden befestigt sitzen. $ 65. Magenstiel und Magenkegel (Pedunculus gastralis et Conus gastralis). In ähnlicher Weise, wie der Schirmstiel oder die Schirmkuppel als aboraler Fortsatz der centralen Schirmscheibe auf deren convexer Aussenfläche sich entwickelt, entsteht auch häufig — jedoch nur bei den Craspedoten — ein ähnlicher oraler Fortsatz auf ihrer coneaven Innenfläche. Derselbe erscheint zuerst als flache, an- fänglich unbedeutende, kegelförmige Erhebung im Centrum der entodermalen Hohlfläche der Notumbrella und springt mehr oder weniger weit in die centrale Magenhöhle vor (System, Taf. XI, XIV, XV). Bei weiterem Wachsthum entwickelt sich aus diesem Magenkegel ein langer eylindrischer Gallertstiel, welcher weit in die Schirmhöhle vorspringt oder selbst aus deren Mündung heraustritt, und welcher die umgebenden Theile der Coelumbrella mit sich herabnimmt. Der Magensack sitzt dann nicht mehr, wie gewöhnlich, im Grunde der Schirmhöhle, sondern am Distal-Ende eines freien soliden Magen - stieles. In der exodermalen Aussenfläche des eylindrischen (oft auch vierkantig-prismatischen, pyra- Hacckel, Tiefsee-Medusen. 20 154 a - +07 Fig. ©. Octorchis germanica (Leptomedusae, Eucopidae), Profil-Ansicht. ug Gallertschirm. ws Solider gallertiger Magenstiel. v Velum. ov Velare Rand- bläschen. ip Perradiale Tentakeln. i In- terradiale Tentakeln.. s! Distale Hoden (an der Subumbrella). s? Proximale Ho- DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. midalen oder eonischen) Magenstiels laufen die Radial-Canäle, welche aus dem Magengrunde entspringen, zum Grunde der Schirmhöhle empor, biegen hier auf die Subumbrella um und verlaufen in dieser zum Schirmrande hin. Mit den aufsteigenden Radial-Canälen des Magenstiels alterniren Längsmuskeln, welche denselben bewegen. Häufig ist der solide Magenstiel dem hohlen, ebenfalls rüsselförmigen Mundrohr der Craspedoten sehr ähnlich und oft mit ihm verwech- selt worden (als „Rüssel“ oder „Mundstiel“). Unter den Acraspeden kommt der Magenstiel niemals vor, dagegen häufig bei den Cras- pedoten und zwar in allen vier Ordnungen derselben. Am stärk- sten entwickelt ist er bei einem Theile der Leptomedusen (Saphe- niden) und Trachomedusen (Geryoniden). (Vergl. System, Taf. IV, XH, XI, XVII, XX). Bei einem Theile der Geryoniden setzt sich nach unten hin der Centraltheil des Magenstiels noch weiter fort und bildet einen spitzen Kegel, welcher gleich einer Zunge frei in den Hohlraum des unten am Magenstiel befestigten Magens hinein- ragt (System, Taf. XVII, Fig. 5). Dieser Zungenkegel /(Conus lingualis, Glossoconus) ist vielleicht ein Geschmacks-Organ. den (am Magenstiel). cp Perradiale Ca- näle g Magen. al Mundlappen. $ 66. Schirmrand (Margo umbrellae, um). Der Schirmrand bildet die untere oder distale Grenz- linie der Umbrella, an welcher deren beide Wände, dorsale und ventrale Wand, in einander übergehen; zugleich setzt sich an dieser Grenzlinie das exumbrale Epithel des eonvexen Rückenschirmes (ge) direct in das subumbrale Epithel des concaven Bauchschirmes fort (qw). Bei allen Medusen ist der Schirm- rand sowohl in morphologischer als in physiologischer Beziehung der wichtigste Theil des Neurodermal- Systems, weil an demselben die werthvollsten animalen Organe: Sinnesorgane, Nerven und Muskeln, zur höchsten Ausbildung gelangen. Insbesondere sind die Central-Theile des Nervensystems und die Tentakeln ursprünglich stets am Schirmrande gelegen. Auch für die Systematik besitzt der Schirm- rand die grösste Bedeutung, weil an ihm vorzugsweise die Mannichfaltigkeit der Bildung zur Erschei- nung kommt, welche zur Unterscheidung der Genera und Species führt. Ja sogar die Unterscheidung und Benennung der beiden Hauptabtheilungen der Medusen-Classe, der beiden Legionen der Craspe- doten und Acraspeden, ist dem Schirmrande entnommen, da derselbe in beiden Legionen wichtige und durchgreifende Verschiedenheiten darbietet. Für die ersteren ist characteristisch das „Velum“, für die letzteren der „Lappenkranz“. $ 67. Schirmrand der Craspedoten: Velum (Diaphragma). Bei allen Craspedoten oder Hydro- medusen springt vom freien Schirmrande eine directe Fortsetzung desselben nach innen vor, welche allen Acraspeden oder Scyphomedusen fehlt: der Randschleier oder das Velum (auch als „Schwimm- haut“ oder Diaphragma bezeichnet, v). Das Velum bildet einen dünnen, membranösen, schmäleren oder breiteren Ring, welcher im Ruhezustande bald schlaff vertical vom Schirmrande herabhängt, bald straff horizontal ausgespannt ist und nach innen vorspringend den Eingang in die Schirmhöhle mehr oder weniger verengt. Bei den Pectyllidae (Taf. 3—8) ist das Velum so breit, dass es wahr- scheinlich im Zustande grösster Ausdehnung den Eingang in die Schirmhöhle völlig verschliessen kann. Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 155 Auch bei den meisten Narcomedusen ist dasselbe sehr breit, hingegen sehr schmal bei vielen Lepto- medusen; bei Obelia wird es rudimentär. Ueberall lässt sich am Velum ein freier Distalrand und ein basaler, am Sehirmrande inserirter Proximal-Rand unterscheiden; ferner eine ventrale innere und eine dorsale äussere Fläche. Die ventrale oder subumbrale Fläche des Velum ist vom Exoderm der Subumbrella, die dorsale oder exumbrale hingegen vom Exoderm der Exumbrella bekleidet; unter letz- terem liegt eine dünne Stützplatte, unter ersterem eine Muskelplatte, die aus Ringfasern zusammen- gesetzt ist, eine direete Fortsetzung der Ringmuskel-Schieht der Subumbrella (vergl. Taf. 4—6, 9—14). $ 68. Kragenlappen der Narcomedusen. Während bei den meisten Craspedoten das Velum in gleichmässiger Breite am Schirmrande ausgespannt ist, erleidet dasselbe bei der Ordnung der Nurco- medusae dadurch eigenthümliche Veränderungen, dass der Schirmkranz (oder „Kragen“) durch radiale, mehr oder weniger tiefe Einschnitte des Randes in eine Anzahl von getrennten „Kragenlappen“ zerfällt (mindestens 4, Cunarcha, Taf. 9; meistens 8 oder mehr, Taf. 10—14). Dieselben sind oft sehr ähnlich den echten „Randlappen“ der Acraspeden und gewöhnlich mit diesen verwechselt worden; sie sind aber nach Ursprung, Bau und Bedeutung davon ganz verschieden. Die Kragenlappen der Narco- medusen entstehen dadurch, dass die Tentakeln ihre ursprüngliche Insertion am Schirmrande aufgeben und in der Exumbrella mehr oder weniger weit aufwärts wandern. Dabei nehmen sie vom Nesselring des Schirmrandes einen Fortsatz in Gestalt eines radialen (centripetalen) Nesselstreifens mit, welcher als Schirmspange (Peronium) die Verbindung zwischen dem Exoderm-Epithel des Tentakels und des Scehirmrandes erhält. Die Peronien durchschneiden den Gallertkörper bis zur Subumbrella und bilden zugleich an ihrer distalen Basis mehr oder weniger tiefe Einkerbungen, die bei den Peganthidae (Taf. 10 —12) zu tiefen Einschnitten des Schirmrandes werden. Das Velum, welches dieselben ausfüllt, er- scheint natürlich hier bedeutend breiter als an dem Rande der dazwischen liegenden Kragenlappen; es verbindet die letzteren in ähnlicher Weise, wie das Velarium der Cubo- medusen die echten Randlappen dieser Ordnung ($ 70). $ 69. Schirmrand der Acraspeden: Lappenkranz (Corona loborum). Während bei allen Craspedoten oder Hydromedusen das Velum als characteristische Fortsetzung des Schirmrandes auftritt, fehlt dasselbe ebenso allgemein allen Acraspeden oder Scyphomedusen. Eine velum-ähn- RR Ei liche Membran (Velarium), welche sich bei einigen Familien der letzteren (Charybdeiden, Aureliden) am Schirmrande als schmaler oder breiter Hautsaum ausbildet (Taf. 26 va), ist nach Ursprung und Structur von jenem echten Velum ganz verschieden. Dagegen besitzen alle Acraspeden am et eneen URSTIER De Schirmrande einen Lappenkranz (Corona loborum). Der- (interradial). oa Ampulle an deren Basis. / Ten- selbe fehlt ebenso allgemein den Craspedoten; denn die fake" (perzadian, Di Bonn GE eisencanal derselben. Al Lappenspange zwischen des- gallertigen „Kragenlappen“, welche bei einigen Gruppen sen beiden Schenkeln. s Gonaden. mA Wurzelmus- 0 SR keln der Tentakeln. md! Perradiale Delta-Muskeln. der letzteren (Narcomedusen, Taf. 9—14) sich entwickeln, „42 Interradiale Delta-Muskeln. aA Mundkanten. aber durch das Velum verbunden werden, sind nicht den Mundrinnen an deren Innenfläche. al Mundleisten. tr Tentakel-Wurzelu. de Kranztaschen. me Kranz- echten Randlappen der Acraspeden zu vergleichen. Diese muskeln. 20 * 156 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. letzteren sind vielmehr wesentlich aufzufassen als flache, blattförmige „Ruder-Tentakeln“; sie be- sitzen an ihrer concaven Subumbral-Fläche einen oder zwei Längsmuskeln und können durch deren Contraction bei der Schwimm - Bewegung rudernd mitwirken. Aus der Ontogenie der Acraspeden (Aurelia!) wird es wahrscheinlich, dass ihre Randlappen wirklich phylogenetisch aus Tentakeln ent- standen sind. Ein dreispaltiger Scyphostoma-Tentakel kann bei der Ephyra-Bildung einem Rhopalium und den beiden einschliessenden „Ocular-Lappen“ den Ursprung geben. Die Zahl der Lappen ist sehr verschieden. Mindestens sind bei den Acraspeden 8 adradiale Randlappen vorhanden (Fig. D, Taf. 16, 17). Meistens aber finden sich an deren Stelle 16 subradiale (Taf. 18—28), und sehr häufig wird ihre Zahl seeundär beträchtlich vermehrt (Taf. 30—32). $ 70. Velarium der Cubomedusen. Während bei den meisten Acraspeden die Randlappen frei am Schirmrande vorspringen, mit den Tentakeln und Rhopalien alternirend, zeichnet sich die Ord- nung der Cubomedusae dadurch aus, dass dieselben mit einander verwachsen oder durch eine dünne Zwi- schenhaut, gleich einer Schwimmhaut, sich verbinden (Taf. 26; System, Taf. XXV, XXVD. So entsteht eine muskulöse, breite und dünne Randmembran, welche dem Velum der Craspedoten sehr ähnlich und bisher gewöhnlich für demselben homolog gehalten worden ist; sie ist aber sowohl durch ihre Entstehung wie durch ihren feineren Bau von letzterem wesentlich verschieden und wird daher zweckmässig als Velarium bezeichnet. Das wahre Velum der Craspedoten und das damit verwechselte Velarium der Cubomedusen sind ganz unabhängig von einander und auf verschiedene Weise entstanden; beide haben eine ganz verschiedene morphologische Beziehung zum Schirmrande und zu dessen Nervenring. Das Velarium der Cubomedusen wird gewöhnlich von Canälen (distalen Fortsätzen der Kranztaschen) durch- zogen (Taf. 26, Fig. 8); hingegen ist dies bei dem Velum der Craspedoten niemals der Fall. Ferner wird das Velarium bei den meisten Cubomedusen durch 4 perradiale Frenula (oder Gallertleisten der Subumbrella) suspendirt (vergl. oben p. 80 und Taf. 26, Fig. 2, 8 vf). In den beiden Familien der Cubomedusen ist das Velarium insofern verschieden, als es sich bei «den Charybdeidae aus 8 adradialen, bei den Chirodropidae hingegen aus 16 subradialen Randlappen zusammensetzt. In ähnlicher Weise, jedoch nicht so auffallend, verwachsen die Randlappen zu einem Velarium auch bei vielen Disco- medusen, namentlich Rhizostomen. Sehr breit wird dasselbe z. B. bei Drymonema (Taf. 30, 31). So- wohl von diesem Velarium als vom echten Velum der Craspedoten verschieden ist ein schmaler Ring- saum des Schirmrandes, welcher sich bei einigen Discomedusen unterhalb des Tentakel-Kranzes ent- wickelt (Aurelidae, System, Taf. XXXII, Fig. 8 va). $ 71. Nessel-Organe (Nematillae, Nematophora, Organa urticanlia, n). Bei allen Medusen, wie bei allen Acalephen oder Unidarien überhaupt, entstehen an bestimmten Körperstellen aus dem Epithel be- sondere Organe, welche wesentlich aus Nesselzellen (Cnidoblasti) zusammengesetzt sind und daher als Nesselorgane oder Nematillae bezeichnet werden. Dieselben sind bei den Medusen zum weitaus grössten Theile Produete des Exoderms; hingegen bildet das Entoderm nur an wenigen Stellen Nematillen, so z. B. an den Gastral-Filamenten und in der Mundhöhle. Die Nesselorgane dienen haupt- sächlich als Waffen zum Angriff und zur Vertheidigung (so namentlich an den Tentakeln), daneben aber auch als Skelet zur festen Stütze des weichen Körpers (so namentlich am Schirmrande). Die Nesselwäffen (Arma urticaria) treten in sehr mannichfaltiger Form auf, als rundliche Nesselknöpfe (in der gesammten Exoderm-Fläche), geschlossene Nesselringe (in der Aussenwand der Tentakeln), schmale Nesselstreifen und flache Nesselpolster (am Schirmrande), konische Nesselwarzen (in der Ex- II. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 157 umbrella und Subumbrella), zusammengesetzte Nesselkolben und Nesselbatterien (am Ende der Ten- takeln) u. s. w. Alle diese Nesselwaflen bestehen aus epithelialen Anhäufungen zahlreicher Nessel- zellen, welche gewöhnlich dicht gedrängt in der Oberfläche des Exoderms liegen und bei der Berüh- rung ihrer frei vorragenden Nesselborste (Cnidocilium) aus ihrer Nesselkapsel den eingeschlossenen Nesselfaden nebst Flüssigkeit entleeren. Sie entwickeln sich gewöhnlich in einer subepithelialen Schicht, dem „interstitiellen Gewebe“. Sobald jedoch die Nesselkapseln mit ihrem Faden in den Cnidoblasten ganz ausgebildet sind, richten sich letztere auf und treten aus der subepithelialen in die oberflächliche Epithel-Schicht ein. Wo diese letztere sehr dünn und flach ist (wie z. B. in der Exumbrella) entstehen die Nesselkapseln in den Epithel-Zellen der Oberfläche selbst. An manchen Stellen, hauptsächlich am Schirmrande, verlieren die Nesselzellen ihre ursprüngliche Bedeutung als Waffen, häufen sich dicht gedrängt zu festen Massen an und nehmen so die Function eines stützenden Skeletes an. Solche sub- epitheliale Nessel-Skelete (Sceleta urticaria) gelangen namentlich bei den Trachylinen (Tracho- medusae und Narcomedusae) zu bedeutender Entwickelung. Sie bilden hier theils einen festen Nessel- ring am Schirmrande (am Distalrande des Ringcanals, Taf. 3—14 nc), theils radiale Nesselstreifen, welche centripetal vom Nesselringe ausgehen und in der Exumbrella aufwärts steigen. Bald dienen diese centripetalen Nesselstreifen als feste und elastische Stützen für die frei vorragenden Hörkölbchen (— Hörspangen, Otoporpae, Taf. 9—14 oo —), bald für die dorsal inserirten Tentakeln, deren Basis sie mit dem Schirmrande in Verbindung erhalten (— Schirmspangen, Peronia, Taf. 9—-14 en; vergl. $68 —). Da die Cnidoblasten in diesen Nessel-Skeleten in vielen Schichten über einander gehäuft und tief unter der epithelialen Oberfläche liegen, so verlieren die eingeschlossenen Fäden, die nicht mehr austreten können, ihre Funetion als Armatur; hingegen entwickeln sich um so stärker die harien Nesselkapseln, welche die Stützfunction des festen und dabei elastischen Knorpelgewebes übernehmen (Taf. 14, Fig. 12 en). $ 72. Nerven-System. Bei allen Medusen steht das Nerven-System insofern noch auf einer sehr tiefen Stufe der Entwickelung, als dasselbe die unmittelbarsten Beziehungen zu seiner Ursprungs- siälte, dem Exoderm-Epithel, beibehält, und als weder die centralen noch die peripheren Theile desselben zu einer völlig selbständigen Sonderung (wie bei höheren Thieren) gelangt sind. Im All- gemeinen lässt sich bei allen Medusen ein centraler und ein peripherer Abschnitt des Nerven-Systems unterscheiden. Der ringförmige Central-Theil liegt entweder am Schirmrande oder oberhalb des- selben an der Subumbrella; der Peripher-Theil hingegen erscheint hauptsächlich an der Subum- brella in Gestalt eines diffusen Nerven-Plexus ausgebreitet. Sowohl im centralen als im peripheren Theile finden sich kleinere und grössere Ganglien-Zellen gemischt mit feineren und gröberen Fibrillen vor (Taf. 14, Fig. 9, 10). Dieselben stehen im innigsten Zusammenhang einerseits mit dem darüber gelegenen „Sinnes-Epithel“ des Exoderms (namentlich am Schirmrande und den Sinnesorganen), ander- seits mit der darunter gelegenen Muskel-Platte (namentlich an der Subumbrella und am Mundrohr). Selbständige, einheitlich gesonderte „Ganglien“ oder centralisirte Nervenknoten, sowie deutliche, aus Bündeln von gesonderten Nerven -Fibrillen bestehende „Nervenfasern“ gelangen nur an wenigen Stellen zur Ausbildung (z. B. Charybdea, Taf. 26). Doch ist zu bemerken, dass die zahlreichen und wichtigen Untersuchungen dieser schwierigen Verhältnisse aus der neuesten Zeit keineswegs ausreichen, um sich daraus erschöpfende und sichere Vorstellungen zu bilden. Denn einerseits ist von mehreren Haupigruppen der Medusen (— wie z. B. den beiden Ordnungen der Stauromedusen und Pero- medusen —) überhaupt das Nerven-System noch unbekannt; anderseits ist auch bei den übrigen 158 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Ordnungen dasselbe noch nicht untersucht an wichtigen Körpertheilen, an denen es wegen ihrer grossen Beweglichkeit und hohen Empfindlichkeit wahrscheinlich eine bedeutende Entwickelung erlangt, vor Allem am Mundrohr und den Mundorganen. Soweit sich bis jetzt übersehen lässt, scheint das centrale Nerven-System in den beiden Legionen der Ülasse wesentliche Verschiedenheiten darzubieten, insofern dasselbe bei den Craspedoten stärker centralisirt, bei den Acraspeden mehr diffus erscheint. $ 73. Nerven-System der Craspedoten. Bei allen Craspedoten, deren Nerven-System bis jetzt genauer untersucht wurde (— und unter denen sich Angehörige aller 4 Ordnungen befinden —) hat sich als wichtigstes Centrum desselben ein doppelter marginaler Nervenring herausgestellt, welcher am eigentlichen Schirmrande, unmittelbar nach aussen von der Insertion des Velum liegt. Derselbe ist äusserlich von einem flimmernden, aus kleinen Geisselzellen bestehenden Sinnes- Epithel überzogen und zerfällt durch die Stützplatte der Velum-Insertion in zwei getrennte Ringe, einen ex- umbralen und subumbralen Ring. Der dorsale oder exumbrale Nervenring (Taf. 9, Fig. 7 rc’; Taf. 12, Fig. 12 rc’) ist der sogenannte „obere“, in der normalen Lage des Velum aber äussere oder untere Ring und scheint vorzugsweise das sensible Central-Organ zu sein; er enthält kleinere und spärlichere Ganglien -Zellen, sowie feinere Fibrillen und versorgt besonders die verschiedenen Sinnes- Organe des Schirmrandes (namentlich die Hörkölbchen und die Tentakeln). Der ventrale oder subumbrale Nervenring (Taf. 9, Fig. 7 rc”; Taf. 12, Fig. 12 rc”) ist der sogenannte „untere“, in der normalen Lage des Velum aber innere oder obere Ring, und scheint vorzugsweise das moto- rische Central-Organ zu sein; er enthält grössere und zahlreichere Ganglien -Zellen, sowie gröbere Fibrillen, und versorgt besonders die Muskulatur des Velum und der Subumbrella. Beide Nervenringe stehen durch zahlreiche feine Fäden, welche die trennende Fulcral-Lamelle der Velum-Insertion durch- bohren, in unmittelbarem Zusammenhang und geben zahlreiche Fäden ab, welche sich plexusartig aus- breiten und mit vielen peripheren Ganglien-Zellen in Verbindung stehen. Bei vielen Craspedoten zeigt der Nervenring an den Insertions-Punkten der Tentakeln (insbesondere an den 4 perradialen und 4 interradialen) unbedeutende Anschwellungen, welche vielleicht „Radial-Ganglien“ sind. $ 74. Nerven-System der Acraspeden. Von den 4 Ordnungen dieser Legion sind die beiden ersten, die Stauromedusen und Peromedusen, bezüglich der Structur ihres Nerven-Systems noch so gut wie unbekannt; die beiden anderen Ordnungen scheinen sich ziemlich verschieden zu verhalten. Die Cubomedusen (— Charybdeiden und Chirodropiden —, Taf. 26; System, Taf. XXV, XXV)) zeichnen sich durch einen starken einfachen subumbralen Nervenring aus, welcher in beträcht- licher Distanz vom Schirmrande, oberhalb desselben, verläuft. Derselbe liegt eingebettet in eine Rinne der Subumbrella, deren Muskelplatte er unterbricht und besteht aus einem helleren Axenstrange und zwei trüberen angelagerten (oberen und unteren) Fibrillen-Strängen, sowie einem eigenthümlichen dar- über gelagerten Nerven-Epithel. An 8 Stellen ist der Nervenring in 8 principale Ganglien an- geschwollen. Die 4 perradialen Ganglien sind grösser und liegen höher an der Basis der 4 hoch entwickelten Sinneskolben; sie geben sensible Nerven an die letzteren und motorische Nerven an die Muskelplatte der Subumbrella ab. Die 4 interradialen Ganglien liegen tiefer, an der Basis der 4 starken Tentakel-Pedalien, und geben sowohl sensible als motorische Nerven an den Schirmrand und die Tentakeln ab. Ausgedehnte Fibrillen-Geflechte, in welche zahlreiche multipolare und spindelförmige Ganglien - Zellen eingelagert sind, liegen in der Subumbrella und dem Velarium und hängen mit dem Nervenring und seinen 8 Ganglien zusammen. Von ähnlicher Beschaffenheit, wie bei den Cubomedusen, Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 159 ist das Nervensystem wahrscheinlich bei den verwandten Peromedusen, wo der Nervenring in der Tiefe der exumbralen Kranzfurche oder am Kranzmuskel zu suchen sein dürfte. Dagegen ist das viel untersuchte Nervensystem der Discomedusen insofern von abweichender Beschaffenheit, als der Nervenring hier zurücktritt, hingegen die 8 prineipalen Sinneskolben (4 perradiale und 4 inter- radiale) als 8 getrennte marginale Nerven-Centren in den Vordergrund treten. Jeder dieser 8 Sinneskolben oder Randkörper enthält bei den Discomedusen die nachstehend beschriebenen Sinnes- Organe in sich vereinigt und umschliesst in seiner Basis ein selbständiges Nerven -Centrum, welches ebenso wie bei den Cubomedusen als Princeipal-Ganglion bezeichnet werden kann. Dasselbe be- steht aus einem dichten Polster von Nerven-Fibrillen und Ganglien-Zellen, welche unmittelbar mit den darüber liegenden Tastzellen des exodermalen Sinnes-Epithels, sowie mit den übrigen Sinnes-Organen des Rhopalium in Verbindung stehen. Andere Fäden verbinden dieselben mit dem Nerven-Plexus der Subumbrella, welcher zwischen deren Exoderm-Epithel und Muskelplatte sich ausbreitet und grosse motorische Ganglien-Zellen enthält. Die Fibrillen-Bündel, welche die 8 Prineipal-Ganglien der Rhopa- lien in unmittelbare Verbindung setzen und dem starken Nervenring der Cubomedusen entsprechen, dürften bei den Discomedusen mehr im Grunde der Schirmhöhle zu suchen sein. $ 75. Sinnes-Organe /(Sensillae). Alle Medusen besitzen am Schirmrande Sinnes-Organe. Der Schirmrand selbst ist grossentheils von Sinnes-Epithel überzogen; er ist der Mutterboden und die Ursprungsstätte verschiedener Sensillen. Dieselben erscheinen in einfachster Form (und fast allge- mein verbreitet) als Tentakeln, welche offenbar den marginalen Tentakeln der Polypen homolog und phylogenetisch aus diesen entstanden sind. Nur bei wenigen Medusen-Gruppen werden die Sen- sillen durch die Tentakeln allein vertreten. Bei den meisten finden sich ausserdem noch differenzirte Sinnes-Örgane am Schirmrande, welche theils aus ungebildeten Tentakeln hervorgegangen, theils un- abhängig von solchen entstanden sind. Soweit bis jetzt die schwierige physiologische Deutung der verschiedenen Sinnes-Organe gelungen ist, lassen sich überhaupt 4 Kategorien von Sinnes-Organen je nach ihrer specifischen Energie bei den Medusen unterscheiden, nämlich: 1. Tast-Organe, mecha- nische Werkzeuge zur Wahrnehmung von Berührung und Druck; solche sind vor Allen die Tentakeln, mit mancherlei exodermalen Zell-Bildungen, welche speciell für die Perception mechanischer Reize an- gepasst erscheinen: Tastborsten, Tastkämme etc. Aber auch ausserhalb der Tentakeln sind an vielen Stellen (namentlich am Schirmrande und Mundrande) besondere Tast-Organe vorhanden. I. Biech- Organe oder Geschmacks-Organe, chemische Sinnes- Werkzeuge für Empfindung der verschiedenen Mischung oder Verdünnung des Seewassers; solche sind wahrscheinlich allgemein vorhanden (vielleicht unter den angeführten Tast- Organen versteckt); vielleicht sind als besondere Riech-Organe die Cla- vellen der Craspedoten, die triehterförmigen Grübehen an der rhopalaren Deekschuppe der Acraspeden zu deuten. III. Seh-Organe, Ocellen oder Pigment-Augen, mit oder ohne Linse, hauptsächlich am Schirmrande und an der Tentakel-Basis sehr verbreitet; bald nur für thermische, bald zugleich für optische Perceptionen geeignet (Wärme-Augen, Licht-Augen). IV. Hör-Organe, in mehreren ver- schiedenen Formen am Schirmrande auftretend, unter denen sich zwei ursprünglich verschiedene Typen unterscheiden lassen, velare Hörbläschen mit exodermalen Otolithen und tentaculare Hörkölbehen mit entodermalen Otolithen. Alle 4 Arten von Sinnes-Organen können sich an einem und demselben „Sinnes- Tentakel“ vereinigt finden, wie es bei den „Sinneskolben oder Rhopalien“ vieler Acraspeden der Fall ist. Da der Schirmrand meistens der Sitz der verschiedensten Sensillen ist, so wurden dieselben früher bei den Medusen mit dem indifferenten, nur ihre Lage bezeichnenden Namen der Randkörper belegt (Corpuscula marginalia). 160 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 76. Tentakeln /t). Unter allen Organen des Schirmrandes der Medusen sind die weitaus wichüigsten die Tentakeln oder „Fühlfäden“, da sie nicht nur die ältesten und einfachsten Sinnes-Organe dieser Nesselthier-Classe darstellen, sondern zugleich auch deren Gliedmaassen. Dieselben sitzen ursprünglich am Schirmrande („Randfäden“) und werden ebenso wohl als Sinnes-Organe zum Tasten benutzt, wie als Waffen zum Angrifl und zur Vertheidigung; auch als Saugnäpfe zum An- saugen (Pectyllidae, Taf. 3—8), als Ruder-Organe zum Schwimmen oder als Manducations- Organe, um die ergriffene Nahrung in den Mund zu führen („Fangfäden“). Völliger Mangel der Tentakeln zeichnet nur die kleinen Gruppen der Amalthaeidae unter den Craspedoten, sowie die grosse Gruppe der Rhizosiomae unter den Acraspeden aus; hier sind die Tentakeln rückgebildet und verloren ge- gangen. Da der Tentakel-Kranz der Medusen demjenigen ihrer Stammeltern, der Polypen, entspricht und von diesen durch Vererbung auf jene übertragen wurde, so sind auch im Allgemeinen die Verhältnisse der Bildung und Structur in beiden Classen dieselben. Wie bei den meisten Polypen die Tentakeln in einem Kreise am Peristom-Rande oder Becherrande sitzen, so bei den meisten Me- dusen an dem entsprechenden Schirmrande. Gewöhnlich bilden sie hier nur eine einzige Reihe und sind in dieser nach Zahl und Anordnung gesetzmässig vertheilt ($ 77). Selten stehen zwei oder meh- rere Reihen von Tentakeln am Schirmrande über einander und dann gewöhnlich in sehr grosser Zahl, dicht gedrängt (Pectylis, Taf. 3, 4; Pectis, Taf. 5, 6). Bisweilen erscheinen die Tentakeln auch in Büschel oder Bündel gruppenweis am Schirmrande zusammengestellt, so unter den Craspedoten bei den Lizusidae und Hippocrenidae (System, Taf. V, VI), bei Pectanthis (Taf. 7, 8); unter den Acras- peden bei den Lucernaridae (Taf. 16, 17) und Chirodropidae (System, Taf. XXVI). Von der ursprüng- lichen marginalen Insertion finden bisweilen Abweichungen statt, indem die Tentakeln entweder nach aussen auf die dorsale oder nach innen auf die ventrale Fläche des Schirmes hinüber wandern. Exumbrale Insertion, auf der dorsalen Fläche, findet sich bei vielen Trachomedusae und den meisten Narcomedusae (Taf. 9—14); die Tentakeln können hier in der Exumbrella weit emporsteigen, bekunden aber doch meistens ihren ursprünglichen Zusammenhang mit dem Schirmrande durch die oben er- wähnten Nesselstreifen, die Schirmspangen (Peronia, $ 68; Taf. 9, 13, 14 en). Auch bei den Aurelidae sind die Tentakeln dorsal inserirt (System, Taf. XXXII, Fig. 8). Subumbrale Insertion der Ten- takeln, auf der ventralen Schirmfläche, zeichnet die Sthenonidae und Cyaneidae aus; bei den letzteren können sie sich sogar fast auf der ganzen Subumbrella zerstreuen (Drymonema, Taf. 30, 31). $ 77. Zahl und Stellung der Tentakeln. Obwohl die Tentakeln der Medusen sowohl hin- sichtlich ihrer Zahl als ihrer Stellung höchst mannichfaltige Verhältnisse darbieten, so lässt sich doch durch kritische Vergleichung derselben erkennen, dass gewisse einfache, primäre und ursprüngliche Verhältnisse existiren, aus denen alle übrigen als secundäre abgeleitet werden können. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ergiebt sich daraus, dass für die Craspedotae 4 perradiale Tentakeln (am Distal- Ende der 4 Radial-Canäle) die ursprüngliche Bildung darstellen, für die Acraspedae hingegen 8 prin- eipale Tentakeln (4 perradiale und 4 interradiale). In der Legion der Craspedoten finden sich tetranemale Formen (mit 4 perradialen Tentakeln) unter allen 4 Ordnungen vor: unter den Antho- medusen Codonium, Cytaeis etc., unter den Leptomedusen Tetranema, Eucopium ete., unter den Tracho- medusen Petasus, unter den Narcomedusen Cunantha (vergl. System, p. 359); die beiden letztgenannten können jedoch bereits als oetonemale betrachtet werden, da bei ihnen 4 interradiale Cordylen mit 4 perradialen Tentakeln alterniren, die Cordylen selbst aber ursprünglich nichts Anderes sind als modi- fieirte „acustische Tentakeln“ ($. 84, vergl. Taf. 9). Dies gilt auch für Pericolpa (Fig. D), eine der III. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 161 ältesten und einfachsten Formen unter den Acraspeden. Das umgekehrte Verhältniss zeigt hier Charybdea (Taf. 26), bei welcher die 4 Sinneskolben perradial, hingegen die 4 Tentakeln interradial ge- lagert sind. Sowohl Charybdeidae (Cubomedusen) als Pericolpidae (Peromedusen) sind abzuleiten von Tessera, der ältesten und einfachsten Form unter den Stauromedusen, welche zugleich als hypothetische Stammform aller Acraspeden gelten kann. Diese hat aber bereits 8 prineipale Ten- takeln (4 perradiale und 4 interradiale). Bei Pericolpa sind nur die 4 interradialen, bei Charybdea die 4 perradialen, bei Ephyra (Stammform der Discomedusen) alle 8 Prineipal-Tentakeln in Sinneskolben verwandelt worden. Bei der letzteren entwickeln sich zwischen diesen 8 adradiale Tentakeln (Fig. B ta); ebenso bei der nahe verwandten Nauphanta (Taf. 27, 28). Bei der grossen Mehrzahl der Medusen nimmt die Zahl der Tentakeln mit dem Alter zu, indem in der Mitte zwischen den ursprünglichen (4 oder 8) Tentakeln später neue gebildet werden. Diese Zunahme erfolgt nach bestimmten Gesetzen, welche in den verschiedenen Hauptgruppen verschieden sind. Die ontogenetische Reihenfolge im Auf- treten der verschiedenen Tentakel-Ordnungen lässt auf eine entsprechende phylogenetische Progression schliessen. Im Gegensatze zu den 8 prineipalen Tentakeln (— 4 perradialen und 4 interradialen —) können alle übrigen, später zwischen diesen auftretenden als succursale bezeichnet werden. Diese Unterscheidung ist desshalb wichtig, weil die 8 prineipalen Tentakeln die Ursache zu zahlreichen Um- bildungen und Fortbildungen geben. — Durch Rückbildung von 2 gegenständigen perradialen Ten- takeln entstehen oft aus tetranemalen Medusen dissonemale, z. B. Thamnostylus dinema, Taf. 1. Solche finden sich in vielen Gruppen der Craspedotae, dagegen nicht unter den Acraspedae. Gewöhn- lich persistiren zwischen .den beiden gegenständigen permanenten Tentakeln die Reste der rückgebil- deten als Bulben des Schirmrandes. Sehr selten hingegen findet sich bei den entwickelten Medusen nur ein einziger Tentakel, indem die 3 anderen rückgebildet werden; solche mononemale Medusen sind die Euphysidae, eine kleine Subfamilie der Codonidae (System, Taf. I). Durch vollständigen Verlust aller Tentakeln zeichnen sich die Amalthaeidae unter den Craspedoten aus, die Rhizostomae unter den Acraspeden. $ 78. Gestalt und Structur der Tentakeln. Bei den meisten Medusen sind die Tentakeln lange eylindrische Fäden, seltener bandförmig abgeplattet. Meistens sind sie an der Basis dicker und gegen das Ende konisch zugespitzt, seltener hier kolbenförmig angeschwollen. Fast immer sind sie einfach und unverästelt. Nur eine einzige Familie der Craspedoten, die Gladonemidae, zeichnet sich durch verästelte oder zusammengesetzte Tentakeln aus (System, Taf. VID); bald sind dieselben hier dichotom verästelt, bald mit Nebenfäden oder „secundären Fäden“ besetzt (halbgefiedert), wie bei den Siphonophoren und Ctenophoren. Bezüglich der Struetur der Tentakeln stimmen alle Medusen im Wesentlichen überein. Ueberall setzen sie sich aus denselben 4 wesentlichen Gewebs-Schichten (oder „secundären Keimblättern“) zusammen, wie der Schirm selbst, nämlich: 1) das äussere Epithel des Exo- derms; 2) die darunter gelegene Muskelplatte, aus Längsfasern gebildet; 3) die strueturlose elastische Stützplatte und 4) die innere Zellen- Axe des Entoderms. Als zwei Hauptformen der Tentakeln sind solide und hohle Tentakeln zu unterscheiden; beide kommen oft bei nächstverwandten Medusen vor, bisweilen bei einer und derselben Art neben einander (Geryoniden). Beide unterscheiden sich haupt- sächlich durch das Verhalten der Entoderm-Axe. Die soliden Tentakeln sind im Allgemeinen starrer und kürzer, weniger ausdehnbar und biegsam; sie finden sich hauptsächlich bei den Trachy- linen (Trachomedusae und Narcomedusae), sowie bei den ältesten Formen der Acraspeden (Stauro- medusae und Cannostomae). Ihre eylindrische Entoderm-Axe besteht meistens nur aus einer einzigen Haeckel, Tiefsee-Medusen. 21 162 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Reihe von scheibenförmigen Chordal-Zellen, welche gleich den Münzen einer Geldrolle über einander liegen (Taf. 6, Fig. 17; Taf. 13, Fig. 5, 6 ete.; Taf. 15). Seltener sind dieselben mehrfach geschichtet (Taf. 4, Fig. 5—8). Die hohlen Tentakeln sind im Allgemeinen biegsamer und beweglicher, länger und namentlich viel mehr ausdehnbar; sie finden sich hauptsächlich bei den Leptolinen (Anthomedusae und Leptomedusae), sowie bei der grossen Mehrzahl der Acraspeden. Sie enthalten einen Canal, der einen peripheren Ausläufer des Gastrocanal-Systems darstellt und von einer einzigen Schicht entoder- maler Geissel-Zellen ausgekleidet ist (Taf. 7, Fig. 4; Taf. 17, Fig. 15, 16; Taf. 21, Fig. 21 ete.). In beiden Tentakel-Formen, ebenso bei den soliden wie bei den hohlen Tentakeln, wird die Entoderm- Axe von einer structurlosen elastischen Stützplatte überzogen, welche sie von der darüber gelegenen Muskelplatte trennt und zugleich den Contractionen derselben als Antagonist, als elastischer Extensor, entgegenwirkt. Die Muskelplatte besteht aus longitudinalen Muskel-Fibrillen, welche meistens noch mit den darüber gelegenen Epithel -Muskelzellen des Exoderms zusammenhängen. Letzteres enthält ausserdem Nessel-Zellen und Tast-Zellen in mannichfaltigster Anordnung, oft auch Drüsen-Zellen und Flimmer-Zellen. $ 79. Tast-Organe (Organa palpantia). Da die Empfindung für Schwankungen der Temperatur und die Reaction gegen Berührung und Druck bei den Medusen allgemein verbreitet ist, so müssen auch Tast-Zellen (Cellulae palpantes) allgemein verbreitet sein. Als solche können zunächst mit Wahrscheinliehkeit alle indifferenten Sinnes-Zellen betrachtet werden, alle Exoderm-Zellen mit einem haarförmigen Fortsatz. Dieses Tasthäärchen kann entweder biegsam und beweglich sein („Geissel“, Flagellum) oder starr und unbeweglich („Tastborste“, Palpellım). Ob alle exodermalen Geissel-Zellen auch als Tast-Zellen anzusehen sind, ist noch zweifelhaft, indessen ist die Deutung wahrscheinlich wenigstens richtig für jene Geisselzellen, welche das „Sinnes-Epithel“ über dem Nerven- ringe des Schirmrandes und den „Randkörpern“ herstellen; sowie für jene Geisselzellen, welche bei vielen Medusen einen Theil des äusseren Tentakel-Epithels bilden (bald in Längsstreifen oder Ringe oder Spiralen geordnet längs der Tentakel-Seiten, bald als zusammenhängender Ueberzug der distalen Tentakel-Enden). Sicher erscheint die Deutung dieser exodermalen Geisselzellen als Tastzellen, sobald der direete Zusammenhang ihrer Basis mit Nerven-Fibrillen nachgewiesen ist. Dasselbe gilt auch von den „Tastborsten-Zellen“ des Exoderms, welche ein steifes, oft sehr langes und weit vorragendes Tasthaar, eine Tastborste oder Palpellum tragen. Solche Tastborsten-Zellen finden sich weit verbreitet überall im Exoderm vor, sowohl an der exumbralen (dorsalen) als an der subumbralen (ventralen) Fläche; hauptsächlich jedoch an den empfindlichsten Theilen, am Schirmrande und den Tentakeln, so- wie am Mundrande und den Mundarmen. In diese Kategorie gehören nach unserer Auffassung erstens sämmtliche Nesselzellen und zweitens die „Tastzellen“ im engeren Sinne oder die Palpozellen (ohne Nesselkapseln). Die „Nesselborste“ (Cmidocilium) der Nesselzellen ist, ebenso wie die Fühlborste (Palpo- eilium) der eigentlichen „Fühlzellen“, ein direeter, aussen frei in das Wasser vorragender Fortsatz des Protoplasma der Zelle, und da in beiden Fällen das Letztere an der Basis der Zelle mit Nerven- Fibrillen in Zusammenhang steht, kann auch in beiden Fällen der das Palpellum treffende Reiz durch Nervenleitung auf andere Theile (Muskeln ete.) übertragen werden. Mithin sind die Nesselzellen (mit Cnidoeilien und Nessel-Kapseln) und die Fühlzellen (mit Palpocilien, aber ohne Nessel-Kapseln) als zwei verschiedene Modifieationen von Tastborsten-Zellen (mit Palpellen) aufzufassen. Die Verthei- lung dieser Tastzellen auf die empfindlichen Organe des Schirmes und seine Anhänge ist äusserst Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 163 mannichfaltig. So finden sich z. B. bei den Trachomedusen und Narcomedusen besondere „Tastkänme“ am Schirmrande oder kammförmige Reihen von Tastborsten, Tastringe an den Tentakeln u. s. w. (System, Taf. XVII, Fig. 9, 10 ete.). $ 80. Riech-Organe (Organa olfactoria). In diese Kategorie gehören die eigenthümlichen che- mischen Sensillen der Medusen, die vielleicht mit gleichem oder besserem Rechte als Ge- schmacks-Organe (Organa yustatoria) bezeichnet werden könnten. Durch physiologische Beobach- tungen und Experimente lässt sich leicht nachweisen, dass die Medusen gegen Mischungs-Veränderungen des Seewassers sehr empfindlich sind, sogar gegen geringe Verdünnung desselben, so dass sie z. B. bei beginnendem Regen alsbald in die Tiefe sinken. Die Organe dieser chemischen Sinnes-Perception sind mit Sicherheit nicht bekannt und werden wahrscheinlich allgemein durch Sinneszellen des Schirm- randes, der Tentakeln oder auch des Mundrandes vorgestellt. Indessen lassen sich vermuthungsweise auch besondere Organe dafür in Anspruch nehmen, die nach Lage und Zusammensetzung den Ein- druck von Sensillen machen. Dahin gehören unter den Craspedoten die marginalen Clavellen, unter den Acraspeden die rhopalaren Riechgrübchen. Die „Riechkeulchen“ oder Randkeulchen, auch „Randkolben“ genannt (Clavelli marginales, ob) finden sich nur in der Legion der Craspedoten, uud zwar hauptsächlich in der Ordnung der Leptomedusen. Im „System“ 1879 (p. 118, 123, 143, Taf. VII, Fig. 7, 12; Taf. IX, Fig. 3, 8) wurden diese Clavellen als Randkolben (Cordyli marginales) bezeichnet, weil sie bei denjenigen Leptomedusen sich finden, welchen die Hörbläschen fehlen, also vielleicht deren Stelle vertreten können (Thaumanthidae, Cannotidae). Indessen fehlen ihnen meistens (oder immer?) die characteristischen „Hörhäärchen“, welche für acustische Organe vorzugsweise bezeichnend sind. Der birnförmige oder keulenförmige Clavellus (Taf. 2, Fig. 3, 4, 8) sitzt mit dünnem Stiele am Schirm- rande auf und ist daher mit den konischen Anlagen junger Tentakeln nicht zu verwechseln. Er ent- hält einen blinden, sehr engen Canalis clavellaris, welcher vom Ringeanal ausgeht und mit hohem Cy- linder-Epithel ausgekleidet ist (Taf. 2, Fig. 8 y). Dasselbe ist durch eine dünne Fulcral-Platte (z) von dem flachen Epithel des Exoderms (g) geschieden. Die Clavellen finden sich bei vielen Thauman- tiden und Cannotiden am Sehirmrande in sehr grosser Zahl zwischen den Tentakeln zerstreut (oft mehrere hundert) und dürften wohl jedenfalls als Sensillen zu deuten sein. Dasselbe gilt von den Riechgrübehen der Acraspeden (Fossulae olfactoriae, oz). Dieselben finden sich bei den Discomedusen als kleine blinde, trichterförmige Grübehen in der Dorsalfläche der rhopalaren Deckschuppen (oder „Trichterplatten“) und sind von einem faltenreichen, mit langen Geisselhaaren ausgestatteten Sinnes- Epithel ausgekleidet (vergl. unten die Rihopalien). $ 81. Seh-Organe (Organa optica). Aus physiologischen Versuchen ergiebt sich mit Leichtig- keit und Sicherheit, dass alle Medusen mehr oder weniger gegen die Einwirkung von Licht und Wärme empfindlich sind. Nach Analogie mit anderen Thieren ist der Schluss gestattet, dass die ein- fachsten Organe dieser Empfindung Pigment-Flecken (Ocelli) sind, hauptsächlich diejenigen, welche am Schirmrande sitzen. Dieselben bestehen theils aus Pigment-Zellen, theils aus optischen Sinnes- Zellen oder Stäbchen-Zellen, welche dem Sinnes-Epithel des dorsalen Nervenringes angehören. Wäh- rend diese Ocellen ursprünglich einfache Wärme-Augen sind, entwickeln sie sich weiterhin zu wirklichen Lieht-Augen. Vorzugsweise ist es, wie auch das Experiment bestätigt, die angeschwol- lene Basis der Tentakeln, welche solche Pigment-Augen trägt; und zwar vorzüglich in der Ordnung der Anthomedusen, sowie bei denjenigen Leptomedusen, welche keine Randbläschen besitzen (Ocellatae). a 164 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Seltener finden sich solche Ocellen bei den Trachomedusen, Narcomedusen und Stauromedusen. Da- gegen sind sie in den drei höheren Ordnungen der Acraspeden fast allgemein verbreitet und gewöhn- lich an der Basis der nachstehend beschriebenen Sinneskolben oder Rhopalien zu finden. Bei vielen Acraspeden und einzelnen Craspedoten (Anthomedusen) findet sich im Pigment-Körper des Auges auch eine Linse, und bei den Cubomedusen entwickelt sich sogar ein Glaskörper und eine Retina zwischen Linse und Pigment-Becher. Hier finden sich auch „zusammengesetzte Augen“ vor, indem z. B. bei Charybdea jeder Sinneskolben 2 grosse unpaare und 4 kleine paarige Augen trägt. Uebrigens sind auch ganz farblose Medusen, die weder marginale Ocellen noch sonstige Pigment-Flecken besitzen, gegen Licht empfindlich; hier ist es wahrscheinlich das Sinnes-Epithel des Schirmrandes, welches diese Function besorgt. Mithin findet sich in der Medusen-Classe eine lange Reihe von verschiedenen phy- logenetischen Entwickelungsstufen optischer Apparate vor, von den einfachsten Anfängen bis zu sehr zusammengesetzten Augen. $ 82. Hör-Organe (Orguna acustica). Bei der grossen Mehrzahl der Medusen finden sich am Schirmrande Sinnesorgane, welche wegen der gleichzeitigen Anwesenheit von Hörsteinchen (Otolithi) und von borstentragenden Hörzellen (Otocellae) unzweifelhaft als Hör-Organe zu deuten sind. Aber auch bei der Minderzahl von Medusen, welchen die Otolithen fehlen, ist es möglich (oder vielmehr wahrscheinlich), dass akustische Functionen niederer Stufe von einem Theile der vorher beschriebenen Tastborsten-Zellen (Palpocellae) ausgeübt werden. Da wir einerseits keinen bestimmten morphologischen Unterschied zwischen solchen borstentragenden Tastzellen und ebenfalls borstentragenden Hörzellen kennen, und da anderseits die Letzteren phylogenetisch nur als specielle Modificationen der Ersteren zu betrachten sind, so ist es sehr möglich, dass viele anscheinend indifferente Tastzellen nicht bloss Druckschwankungen, sondern auch Schallschwingungen empfinden. Bei dem grossen Nutzen aber, welchen die Hörthätigkeit (— z. B. die Wahrnehmung des Geräusches der tobenden Brandung bei der Annäherung an die Küste —) für die frei schwimmenden Medusen haben muss, ist es sehr wahr- scheinlich, dass niedere oder höhere Grade von Schall- Empfindung allgemein in dieser Classe ver- breitet sind. Als „niedere acustische Organe“ würden in diesem Falle Tastborsten-Zellen anzu- sehen sein, welche sich bei den der Otolithen entbehrenden Medusen finden: sämmtlichen Anthomedusen und Stauromedusen, sowie den Ocellaten (Thaumantiden und Cannotiden) unter den Leptomedusen. Alle übrigen Medusen hingegen würden „höhere acustische Organe“ oder wirkliche „Hör-Organe“ be- sitzen, bestehend aus Hörzellen und Otolithen; solche finden sich bei sämmtlichen Acraspeden (mit einziger Ausnahme der Stauromedusen) und bei der Mehrzahl der Craspedoten: sämmtlichen Tracho- medusen und Narcomedusen, sowie den Vesiculaten (Eucopiden und Aequoriden) unter den Lepto- medusen. Bei diesen Letzteren aber, bei den Vesiculatae, haben die Hörorgane einen ganz anderen Bau und eine andere Entstehung als bei den übrigen genannten Gruppen; die Vesiculaten haben velare Hörbläschen mit exodermalen Ötolithen, alle anderen hingegen tentaculare Hörkölbchen mit entoder- malen Ötolithen. Diese beiden Typen im Bau der Hörorgane sind so verschieden, dass sie eine ge- sonderte Besprechung verlangen. N 83. Velare Hörbläschen (mit exodermalen Otolithen, Vesicwae velares, auch „Randbläschen“, Vesiculae marginales genannt, ov). Diese eigenthümliche Form der Hörorgane findet sich ausschliesslich in der Ordnung der Leptomedusen und zwar nur bei der einen Unterordnung derselben, die wir dess- halb Vesiculatae nennen (den beiden formenreichen Familien der Eucopidae und Aequoridae, System, II. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 165 Taf. X—XV, p. 116, 165, 210). Die andere Unter- ordnung der Leptomedusen, die Ocellatae (die beiden Familien der Thaumanthidae und Cannotidae) besitzt keine Otolithen, also auch keine Hörbläschen, vielleicht aber Hörzellen auf der Subumbral-Seite des Velum. Diese Annahme liesse sich dadurch stützen, dass auch bei den Vesieulaten im einfachsten Falle (Mitrocoma) noch keine geschlossenen Hörbläschen vorhanden sind, sondern nur offene Grübchen an der Velum-Insertion, in deren Exoderm sich Hörzellen und Otolithen-Zellen entwickeln. Diese Hörgrübchen (Fossulae velares) finden sich wahrscheinlich ausser bei Mitrocoma (Sy- stem, Taf. X) auch noch bei anderen Leptomedusen (Phialis, Tiaropsis, Mitrocomella ete.). Sie bilden kleine Vertiefungen in der subumbralen oder ventralen Seite : ; des Velum (welche gewöhnlich als „untere“ bezeich- Fig. E. Eucope campanulata (Leplomedusae, Euco- net wird, bei normaler Haltung des horizontal aus- Do ee gespannten Velum aber die „obere“ ist). Ein Theil ov Velare Randbläschen (adradial). % Sehirmhöhle. rc Ner- der subumbralen Exoderm-Zellen, welche diese Grüb- entakan. Fe N Bari ger chen auskleiden und mit dem anstossenden ventralen Nervenring in Verbindung stehen, bildet im Inneren einen kalkigen Otolithen; ein anderer Theil der- selben trägt eine Hörborste. Indem diese „Hörgrübchen“ sich vertiefen, an der Dorsal-Seite des Velum gewölbt vortreten und endlich ganz von der Ventral-Seite sich abschnüren, verwandeln sie sich in geschlossene Hörbläschen (Vesiculae velares). Dieselben springen als kugelige oder rundliche Bläs- chen auf der Dorsal-Seite des Velum, nahe seiner Insertion am Schirmrande, mehr oder weniger vor, werden vom subumbralen Nervenring innervirt, äusserlich vom dorsalen Exoderm-Epithel des Velum überzogen und enthalten einen mit Otolymphe (— ursprünglich Seewasser —) gefüllten Hohlraum; dieser ist ausgekleidet von einem acustischen Epithel, welches ursprünglich dem ventralen Exoderm- Epithel des Velum angehört und theils aus borstentragenden Hörzellen, theils aus Otolithen-Zellen be- steht. Die Hörhäärchen der ersteren umgreifen die letzteren oder legen sich an sie an. Im einfachsten Falle enthält jedes velare Randbläschen nur einen einzigen Otolithen, oft eine grosse Zahl derselben. Das innere (subumbrale) Sinnes-Epithel und das äussere (exumbrale) Deck-Epithel werden durch eine structurlose Lamelle getrennt, welche genetisch der Stützplatte des Velum angehört. — Zahl und Ver- theilung dieser velaren Hörbläschen der Leptomedusen sind sehr mannichfaltig; indessen sind ur- sprünglich stets 8 adradiale Hörbläschen vorhanden, welche genau in der Mitte zwischen den 4 perradialen und den 4 interradialen Tentakeln liegen (Fig. E). Niemals finden sich weniger als 8 vor. Secundär wird bei den meisten Leptomedusen ihre Zahl beträchtlich vermehrt, oft auf mehrere Hundert; danach kann man als 2 Gruppen der Vesiculaten Octotessae und Polyotessae unterscheiden, erstere bleibend mit 8, letztere mit mehr als 8 velaren Hörbläschen (System, p. 117, Taf. X—XV). $ 84. Hörkölbchen oder Cordylen (Cordyli, ok), acustische Tentakeln mit entodermalen Oto- lithen. Diese Form der Hörorgane ist bei den Medusen die weitaus gewöhnlichste und findet sich bei der grossen Mehrzahl der Classe: unter den Craspedoten bei den Trachomedusen und Narcomedusen, 166 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. sowie bei sämmtlichen Aecraspeden, mit einziger Ausnahme der Stauromedusen. Die Hörkölbehen aller dieser Medusen sind modifieirte kleine acustische Tentakeln, welche entodermale Otolithen ent- halten, also nach Ursprung und Zusammensetzung gänzlich verschieden von den velaren Hörbläschen der Leptomedusen (mit exodermalen Ötolithen). In den beiden Legionen sind die Hörkölbehen unab- hängig von einander auf analoge Weise aus Tentakeln entstanden, bei den Craspedoten aus soliden, bei den Acraspeden aus hohlen Tentakeln. Demnach sind es bei den Ersteren die Chordal-Zellen der soliden Entoderm-Axe, welche die Otolithen erzeugen; bei den Letzteren die Entoderm-Zellen, welche das Epithel am Distal-Ende des Tentakel-Canals bilden. Ausserdem sind die Hörkölbehen der Acraspeden in eigenthümlicher Weise mit anderen Sinnesorganen (Ocellen, Riechgruben, Tastplatten) combinirt und bilden mit ihrer Umgebung zusammen die typischen Sinneskolben oder Rhopalien, die wir nachstehend gesondert betrachten. Dagegen erscheinen die analogen (und oft sehr ähnlichen) Hörkölbcehen der Craspedoten (der Trachomedusae und Narcomedusae) als einfachere Bildungen (Taf. 3—14 ok). Sie gleichen ganz einfachen und kleinen soliden Tentakeln, deren Axe aus einer Reihe von wenigen (meistens 2—4, seltener 5—10 oder mehr) Entoderm-Zellen besteht, Fortsätzen vom inneren Epithel des Ringeanals. Entweder nur die letzte derselben oder mehrere (2—4, seltener mehr) erzeugen in ihrem Inneren ein Kalk-Concrement, das als Otolith fungirt. Die Trachomedusae (und ein kleiner Theil der Narcomedusen, die Solmariden) besitzen in jedem Hörkölbehen nur einen einzigen runden Ötolithen, der concentrisch geschichtet, meistens kugelig, seltener ellipsoid, oft roth oder gelb gefärbt ist. Die meisten Narcomedusae hingegen (wohl alle mit Ausnahme der Solmariden) besitzen krystallinische Oto- lithen von prismatischer Form (gewöhnlich mehrere in jedem Hörkölbchen). Das acustische Exoderm- Epithel der Hörkölbchen ist durch eine dünne Stützplatte von der soliden Entoderm-Axe getrennt und trägt lange starre Hörhaare; ebenso auch das Exoderm des „Hörpolsters“ oder der „Hörpapille“, welche bei vielen Nareomedusen an der Basis des Hörkölbehens aus einer Anschwellung des dorsalen Nerven- ringes entsteht; letzterer versorgt stets den Cordylus. Bei einem Theile der Nareomedusen (den Cu- nanthidae und Peganthidae) finden sich an der Basis der Cordylen eigenthümliche feste Nesselstreifen, welche von da centripetal in der Exumbrella aufsteigen und von flimmerndem Sinnes-Epithel bedeckt sind (Hörspangen, Otoporpae, Taf. 9, Fig. 8 oo; Taf. 11, Fig. 4 oo). Ursprünglich scheinen meistens 4 interradiale Hörkölbehen vorhanden zu sein; später wird ihre Zahl oft sehr vermehrt und kann über Tausend steigen (z. B. Pegantha magnifica, System, p. 333). $ 85. Cordylare Hörbläschen (Vesiculae cordylares). Während bei sämmtlichen Narcomedusae, sowie bei den niederen und älteren Gruppen der Trachomedusae (— Petasidae, Pectyllidae, Taf. 3—8, Aglauridse —) die Hörkölbehen frei am Schirmrande stehen, ist das bei einigen jüngeren und höheren Gruppen der Trachomedusae nur in der Jugend oder überhaupt nicht mehr der Fall. Die ursprünglich freien Hörkölbchen werden hier in besondere „Hörbläschen“ eingeschlossen. Bei den Marmanemidae (System, Taf. XVII) geschieht das, indem an der Basis der freien Cordylen das Exoderm-Epithel des dorsalen Nervenringes sich in Gestalt einer ringförmigen Falte wallartig erhebt; die Ränder derselben wachsen oben über dem so gebildeten Grübehen zusammen und verwandeln dasselbe in ein geschlos- senes Bläschen; zwischen der Innenwand des Letzteren und der Oberfläche des eingeschlossenen Cor- dylus sind die Hörhäärchen saitenähnlich ausgespannt. Während diese „Hörbläschen“ der Marmane- miden frei am Schirmrande liegen, werden die ähnlich gebauten Hörbläschen der Geryonidae tief in den Gallertkörper des Schirmrandes eingesenkt. Sowohl hinsichtlich des Ursprunges als des feineren Baues Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 167 sind demnach diese cordylaren Hörbläschen der Marmanemidae und Geryonidae ganz verschieden von den „velaren Hörbläschen“ der Leptomedusen ($ 83), mit welchen sie früher allgemein unter dem Namen „Randbläschen“ verwechselt wurden. $ 86. Sinneskolben (Ahopalia, or). Mit diesem Namen bezeichnen wir die eigenthümlichen „zu- sammengesetzten Sinnesorgane“ oder „Randkörper“ der Acraspeden, welche in dieser Legion fast all- gemein verbreitet sind und nur den niedersten und ältesten Acraspeden, den Stauromedusen, fehlen. Bei diesen letzteren finden sich an deren Stelle einfache Tentakeln, und es geht schon hieraus, wie aus der ganzen Struetur, Lagerung und Vertheilung derselben unzweifelhaft hervor, dass die Rho- palien der Acraspeden modifieirte Tentakeln sind, ausgestattet mit mehreren verschiedenen Sinnesorganen. Wenn man annimmt, dass die einfachste und älteste unter den bekannten Acraspeden, Tessera, die gemeinsame Stammform dieser Legion (oder doch nicht wesentlich von der hypothetischen Stammform verschieden) ist, so erklärt sich die characteristische Stellung der Sinneskolben in den drei höheren Acraspeden-Ordnungen durch folgende Annahme: Von den 8 Principal-Tentakeln der Tessera sind bei den Peromedusen (Taf. 18, 19) die 4 interradialen, bei den Cubomedusen (Taf. 26) die 4 per- radialen in Rhopalien verwandelt, während die 4 anderen, damit alternirenden Tentakeln blieben; bei den Discomedusen hingegen sind alle 8 Tentakeln der Tessera zu Sinneskolben geworden; in der That hat die grosse Mehrzahl der Ephyronien 4 perradiale und 4 interradiale Sinneskolben (Taf. 27— 32); nur bei wenigen Gattungen ist deren Zahl secundär vermehrt, auf 12—16, selten auf 24—32 gestiegen (System, p. 364, 401, 427, 457). Da die Sinneskolben der Acraspeden in dieser Legion selbständig entstanden sind, und da selbst die 4 perradialen Rhopalien der Cubomedusen unabhängig von den 4 interradialen Sinneskolben der Peromedusen sich aus „acustischen Tentakeln“ gebildet haben, so bieten dieselben auch mit den ähnlichen Hörkölbehen oder Cordylen der Craspedoten keine Homologie dar, sondern nur eine nahe Analogie; sie unterscheiden sich von diesen auch durch ihren zusammen- gesetzteren Bau, sowie durch ihre geschützte Lage in besonderen Sinnesnischen (— daher Stegano- phthalmae —). Die Sinnesnischen (Antra rhopalaria, Taf. 30, Fig. 2—4 on) sind exodermale Höhlungen, welche bei den meisten Acraspeden am Schirmrande liegen, bisweilen aber auch ihre ursprüngliche marginale Lage später verändern und entweder auf die Dorsal-Fläche der Exumbrella hinüber wandern (Cubomedusae, Taf. 26) oder auf die Ventral-Fläche der Subumbrella (Drymonema, Taf. 30, 31). Zu beiden Seiten werden die Sinnesnischen oder Sinnesbuchten gewöhnlich an ihrer ventralen oder axialen Fläche von den paarigen „Sinnesfalten“ eingefasst, den axial vorspringenden medialen Rändern von ein paar Sinneslappen des Schirmrandes (Rhopalar-Lappen); diese Plicae rhopalares (of) können auch zu einer Platte verwachsen. Hingegen springt an der dorsalen oder abaxialen Seite der Sinnesnische als Schutzdach die unpaare Sinnesschuppe oder Deckschuppe vor (Squama rhopalaris, os), entstanden aus dem Randstückehen der Exumbrella, welches ursprünglich eine schmale Verbindungsbrücke zwi- schen beiden Sinnesfalten bildet. In der convexen Dorsal-Fläche der Deckschuppe findet sich meistens ein blindes trichterförmiges Rieehgrübchen (Fossula olfactoria, oz), dessen faltiges Epithel mit eigen- thümlichen Geisselzellen (Riechzellen?) ausgestattet ist. Der eigentliche Sinneskolben, der in der Nische verborgen liegt, entspricht einem kurzen, kolbenförmigen, hohlen Tentakel, dessen „Sinnes- Canal“ in einem Otolithen -Sacke oder „Krystall-Sacke“ endigt (Taf. 30, Fig. 4—7). Dieser besteht aus einem ansehnlichen, kugeligen oder eifürmigen Haufen krystallinischer Coneremente, welche in den distalen Entoderm-Zellen des Tentakel-Canals entstanden sind; er ist eingeschlossen in eine Fuleral-Hülle, welche aussen von dem exodermalen, mit langen steifen Hörhäärchen besetzten Epithel überzogen ist. 168 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. An der proximalen Basis des Hörkölbehens findet sich gewöhnlich auf der axialen Ventral-Seite eine eigenthümliche „Tastplatte“ (?), deren stäbchenförmige Tastzellen lange Geisselhaare tragen, auf der abaxialen Dorsal-Seite hingegen ein ansehnliches Pigment-Polster, welches als Auge anzusehen ist und bald eine Linse einschliesst, bald nicht. Die höchste Entwiekelung scheinen diese Augen bei den Pero- medusen und Cubomedusen zu erreichen; hier finden sich oft an jedem einzelnen Rhopalium mehrere Augen, bei denen sogar zwischen Linse und Pigment-Becher ein Glaskörper und eine Retina nebst srossem Ganglion opticum zur Entwickelung kommen kann (System, p. 401, 427; Taf. 23, 25 ete.). $ 87. Muskel-System. Bei allen Medusen setzt sich das Muskel-System aus zwei verschie- denen Haupt - Abschnitten zusammen, aus einem Ringfaser- und einem Längsfaser-System. Beide stehen nicht allein durch ihre locale Verbreitung und durch die Richtung ihres Faser - Verlaufs in einem durchgreifenden Gegensatz, sondern auch durch ihre histologische Beschaffenheit; die eireu- laren oder transversalen Fasern sind meistens deutlich quergestreift, die radialen oder longitu- dinalen Fasern hingegen grösstentheils glatt. Der weitaus grösste und wichtigste Theil beider Systeme gehört überall der Subumbrella an, welche hauptsächlich als Schwimm -Organ fungirt. Auch die Muskulatur des Schirmrandes und der Tentakeln nimmt fast überall von der Subumbrella ihren Aus- gang. Nur sehr unbedeutend ist dagegen die schwache Muskulatur der Exumbrella, die hie und da sich entwickelt. Sowohl die transversalen als die longitudinalen Muskeln sind fast ausschliesslich Producte des Exoderm-Epithels, mit dem sie zum Theil noch auf das Engste zusammenhängen (vergl. oben p. 51—53). Ausserdem kommen jedoch bei einem Theile der Medusen (— vielleicht bei allen? —) an einzelnen Körperstellen noch schwache (gewöhnlich nur sehr unbedeutende) Muskeln vor, welche dem Entoderm-Epithel des Gastrocanal-Systems entstammen. Zu diesen entodermalen, bisher noch sehr wenig bekannten und untersuchten Muskeln gehören namentlich gewisse Ringmuskeln des Mundrohres und die Muskeln der Gastral-Filamente. Obwohl beide Legionen der Medusen-Ülasse unabhängig von einander entstanden sind, zeigt dennoch die Differenzirung des Muskel-Systems in Beiden ganz analoge Verhältnisse. Sowohl an dem eireularen als an dem radialen Faser-Systeme der Subumbrella lassen sich im Allgemeinen drei Abschnitte unterscheiden, von denen der erste den centralen und proximalen Theil derselben einnimmt, der zweite den mittleren Theil (die eigentliche Subumbrella im engeren Sinne), der dritte den marginalen oder distalen Theil (nebst den Randanhängen). Uebersicht über die beiden Muskel-Systeme der Subumbrella. I. System der Circular-Muskeln II. System der Radial-Muskeln (zusammengesetzt aus quergestreiften Fasern von trans- | (zusammengesetzt aus glatten Fasern von longitudinalem versalem oder circularem Verlaufe). oder radialem Verlaufe). 1. Mm. orbiculares 1. Mm. proboscidales 1. Proximaltheil des Ring- Mundringmuskeln 1. Proximaltheil des Strahl- Rüsselmuskeln muskel-Systems (Ringmuskeln des Mundroh- muskel-Systems (Längsmuskeln des Mund- res und Magens) rohres und Magenstieles) 2. Mm. coronares ; 5 2. Mm. codonoides Kranzmuskeln > ie Ea Glockenmuskeln 2. Mitteltheil des N (Kranztaschen u. S. w.) Bey un: (Deltamuskeln u. s. w.) kel-Systems 3. Um. velares 3. Mm. marginales 3. Distaltheil des Ringmus- j Velarmuskeln | 3. Distaltheil des Strahlmus- Randmuskeln kel-Systems \ (Ringmuskeln des Velum und kel-Systems (Längsmuskeln der Tenta- Velarium) keln und Randlappen) Ill. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. $ 88. Circular-Muskeln der Subumbrella (Myosystema circulare). Das Ringmuskel-System der Subum- brella ist in beiden Legionen der Medusen -Classe ganz analog entwickelt und besteht aus quergestreiften Mus- kelfasern, welche in horizontalen Transversal-Ebenen (senk- recht auf der Hauptaxe) verlaufen. Dasselbe zerfällt in drei verschiedene Abschnitte: den proximalen Ringmuskel des Mundrohres und der Mundorgane (M. orbicularis), den mittleren Kranzmuskel (M. coronaris) und den distalen Ring- muskel des Velum (M. velaris). Der Mundring-Muskel (M. orbicularıs, mo) bildet den Proximal-Theil des Circular- Systems und ist im Allgemeinen der schwächste von des- sen drei Abschnitten, auch am ungleichmässigsten in den verschiedenen Gruppen entwickelt. Nur bei denjenigen Medusen, die sich durch ein starkes und bewegliches Mund- rohr auszeichnen oder durch grosse Mundlappen oder fal- tige Mundarme, erlangt derselbe eine ansehnliche Ent- wickelung; so unter den Craspedoten an den faltigen Mundlappen vieler Anthomedusen und Leptomedusen, an den wulstigen, in eine grosse Saugscheibe ausdehnbaren 169 Pericolpa quadrigata (Peromedusae, Fig. F. Pericolpidae). Subumbral-Ansicht. 0: Sinneskolben (interradial). oa Ampulle an deren Basis. / Ten- takeln (perradial). 5/7 Randlappen (adradial). bu Huf- eisencanal derselben. 42 Lappenspange zwischen des- sen beiden Schenkeln. s Gonaden. mk Wurzelmus- keln der Tentakeln. md! Perradiale Delta-Muskeln. md? Interradiale Delta-Muskeln. ak Mundkanten. ar Mundrinnen an deren Innenfläche. a’ Mundleisten. tr Tentakel-Wurzeln. de Kranztaschen. me Kranz- muskeln. Lippen vieler Trachomedusen (Taf. 3, Fig. 2; Taf. 5, Fig. 5, 4; Taf. 7, Fig. 3 am), an dem sehr contractilen und dehnbaren Magenrohr vieler Narcomedusen (Taf. 9 — 14); unter den Acraspeden an den Mundlappen der Stauromedusen und Cubomedusen (Taf. 15, 17, 26), an den Backentaschen der Peromedusen (Taf. 20, Fig. 9—11), an den Mundarmen vieler Discomedusen (Taf. 30— 32). — Weit bedeutender ist der zweite und mittlere Abschnitt des Ring- muskel-Systems, der grosse Kranz-Muskel (M. coronaris, mc). Derselbe ist ursprünglich bei allen Medusen als der wichtigste Schwimm-Muskel zu betrachten und nimmt bei den meisten den grössten Theil der Subumbrella ein, vom Distalrande des Orbicular-Muskels (oder bei Anderen des Glocken- muskels) bis zum Proximalrande des Velar-Muskels. Bald laufen die parallelen und dicht gedrängten Cireular- Fasern desselben als ununterbrochene Ringe an der ganzen Subumbrella hin; bald zerfallen sie durch 4, 8, 16 oder mehr radiale Septen in ebenso viele einzelne Tafeln. In 4 interradiale Kranz- tafeln zerfällt der Kranzmuskel bei sehr vielen Craspedoten, in 8 adradiale z. B. bei den Cubomedusen (Taf. 26), in 8 prineipale (4 perradiale und 4 interradiale) Tafeln bei Pericolpa (Fig. F), in 16 sub- radiale bei den Pectylliden (Taf. 4, 8); hingegen sind von den 16 Kranztafeln der Periphylla 8 prin- cipal, 8 adradial (Taf. 19). Häufig (namentlich bei den grösseren Acraspeden) erhebt sich die Stütz- platte unter dem Kranzmuskel in Gestalt einfacher oder zusammengesetzter Ringfalten, so dass der darüber liegenden Muskulatur im beschränkten Raum eine ausgedehntere Insertions- Fläche geboten wird (Taf. 19—22 mc). Bei den meisten Craspedoten ist der Kranzmuskel im Verhältniss breiter und überzieht als zusammenhängende Platte den grössten Theil der Subumbrella, während er bei den mei- sten Acraspeden schmäler ist und mehr auf deren Peripherie beschränkt bleibt; nicht selten wird er hier stark zurückgedrängt durch die radialen, auf seine Kosten sich ausdehnenden Delta - Muskeln (Fig. F md). — Den dritten, distalen Abschnitt des subumbralen Ringfaser-Systems bildet der Velar- Muskel (M. velaris). Er stellt bei den Craspedoten den wichtigsten Bestandtheil des Velum dar (Taf. 4 Hacckel, Tiefsee-Medusen. 22 170 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. — 14 mv) und wird durch den ventralen Nervenring vom anstossenden Distalrande des Kranzmuskels getrennt. Bei den Acraspeden wird er durch den analogen (aber nieht homologen!) Ringmuskel des Velarium vertreten; er ist hier am stärksten bei den Cubomedusen entwickelt (Taf. 26 mv). Vergl. oben $$ 66—70. $ 89. Radial-Muskeln der Subumbrella (Myosystema radiale). Während das Ringmuskel-System der Medusen fast beständig aus quergestreiften Fasern sich zusammensetzt, wird das Strahlmuskel- System der Subumbrella in beiden Legionen dieser Classe grösstentheils durch glatte, nicht quergestreifte Muskelfasern gebildet; dieselben verlaufen in verticalen Meridian-Ebenen, bald mehr radial, bald mehr longitudinal, parallel der Hauptaxe. Analog dem circularen kann auch das radiale Faser- System in drei Abschnitte geschieden werden: die proximalen Längsmuskeln des Mundrohres und der Mundorgane, sowie des Magenstiels (Mm. proboscidales), die mittleren Glockenmuskeln (Mm. codonoides) und die distalen Längsmuskeln des Schirmrandes (Mm. marginales). Das System der Rüsselmuskeln (Mm. proboscidales) bildet den Proximal-Theil des Radial-Systems; man kann in diesem Systeme sowohl die eigentlichen Längsmuskeln des Mundrohres und der verschiedenen Mundorgane (Mundlappen, Mund- arme) zusammenfassen, als auch die Längsmuskeln des gallertigen Magenstieles (z. B. bei den Octor- chidae, System, Taf. XII, XII; Geryonidae, System, Taf. XVII); je mehr hier der Magenstiel als be- weglicher „Rüssel“ entwickelt ist, desto kräftiger sind die 4, 6 oder 8 breiten longitudinalen Muskel- bänder, welche in dessen Oberfläche zwischen den aufsteigenden Radial-Canälen herablaufen. Unter den Längsmuskeln des Mundrohres selbst sind gewöhnlich 4 perradiale am stärksten entwickelt. Die- selben verlaufen an den 4 faltigen Mundlappen oder den grossen daraus entstandenen Mundarmen in der Abaxial-Seite ihrer Mittelrippe und strahlen oft büschelförmig gegen deren gekräuselten Mundrand aus. — Weit bedeutender ist bei den meisten Medusen der zweite und mittlere Abschnitt des Radial- muskel-Systems, dessen einzelne Theile wir unter dem Namen der Glockenmuskeln (Mm. codonoides) zusammenfassen. Es gehören hierher alle Längsmuskeln der Subumbrella, welche zwischen der Basis des „Rüssels“ und dem Schirmrande liegen. Nur selten (namentlich bei einem Theile der Narcomedusen und Stauromedusen) stellt der Glockenmuskel (gleich dem Kranzmuskel) eine einheitliche, glockenför- mig gewölbte Muskelplatte dar, die aus divergirenden Radial-Fasern besteht; gewöhnlich zerfällt er in eine Anzahl von (4, 8, 16 oder mehr) getrennten Längsmuskeln. Bei den meisten Craspedoten ver- laufen an der Subumbral-Fläche der Radial-Canäle 4 oder 8 solcher Längsmuskeln, oft aber auch 4 oder 8 andere in der Mitte zwischen ihnen (Taf. 1, Fig. 2 mi). Mithin finden sich gewöhnlich 4 per- radiale (mp) und dazwischen 4 interradiale (mi), oft ausserdem noch 8 adradiale Längsbänder vor, seltener mehr. Bald sind sie einfache, unpaare Bänder, welche genau in der Mittellinie der Radial-Canäle ver- laufen (z. B. Pectylidae, Taf. 3—8), bald paarige Bänder, welche deren beide Seitenränder einfassen (z. B. Tiaridae, System, Taf. IV, Fig. 2, 3). Am stärksten sind die subumbralen Radial-Muskeln bei denjenigen Craspedoten entwickelt, bei welchen sich Gekrösplatten (Mesenterien oder Mesogonien) aus- bilden. Viele Tiariden besitzen 4 solche perradiale Mesenterien, die Pectylliden hingegen 8 principale (Taf. 4, Fig. 3; Taf. 8, Fig. 9 wr). Dieselben liegen als 4 oder 8 dünne und breite Blätter in den prineipalen Radial-Ebenen und verlaufen in der Schirmhöhle frei ausgespannt von der Subumbrella zum Mundrohr hinüber; die longitudinalen Muskelfasern in denselben (M. mesenteriales) setzen sich am Proximal-Rande der Mesogonien in die Rüssel-Muskeln fort. — Unter den Acraspeden verhält sich der Glockenmuskel am meisten ähnlich demjenigen der Craspedoten bei den Cubomedusae (Taf. 26; System, Taf. XXV, XXVI). Die Subumbrella dieser Tesseronien ist im Ganzen fast kubisch; ihr Kranzmuskel II. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 171 besteht aus 4 breiten, viereckigen (oft fast quadratischen oder rechteckigen) Muskelplatten, welche in den Interradien unter rechten Winkeln zusammenstossen. Hier werden sie durch 4 schmale, längs der 4 Cathammal-Septen verlaufende interradiale Längsmuskeln geschieden, in der Mitte hingegen durch 4 breitere perradiale Längsmuskeln halbirt; die letzteren setzen sich unten auf die 4 Frenula velari fort (Taf. 26, Fig. 8 vf); oben auf die Mesenterien, welche zu den 4 Magenkanten hinübergehen (Taf. 26, Fig. 2, 3; System, Taf. XXVI, Fig. 2, 3 gm). Bei den übrigen Tesseronien (sowohl bei den Stauromedusae als bei den Peromedusae) liegen an der Stelle jener 8 schmalen, bandförmigen Längs- muskeln die 8 kräftigen und breiten, dreieckigen Delta-Muskeln (Taf. 15—29 md). Dieselben entspringen mit breiter Basis am Proximal-Rande des Kranzmuskels (mc) und verlaufen mit conver- girenden Fasern gegen den Grund der Schirmhöhle (Fig. F md). Gewöhnlich sind die 4 interradialen Delta-Muskeln (md”) beträchtlich stärker als die 4 perradialen (md’); erstere inseriren sich an den 4 interradialen Cathammal-Knoten (kn) und setzen sich oft darüber hinaus als „Intergenital - Muskeln“ fort (Taf. 20, Fig. 8 ms); letztere inseriren sich an den 4 perradialen Gaumen-Knoten (gk) und setzen sich von da auf die Mesenterien und die Kanten des Mundrohres fort. Bei den Ephyroniue oder Disco- medusae erscheinen diese Theile des Glockenmuskels weit unbedeutender als bei den Tesseroriue, was mit der Rückbildung der 4 Perradial-Taschen und mit der Ausdehnung des breiten Schirmkranzes zu- sammenhängt. Nur bei einigen Cannostomen bleiben die 8 Delta-Muskeln (und besonders die 4 inter- radialen) noch ziemlich entwickelt (so bei Atolla, Taf. 29, Fig. 3 und bei Nauphanta, Taf. 28, Fig. 12). Hingegen sind sie bei den meisten Discomedusen rückgebildet. Indessen lassen sich die 4 starken Pfeiler-Muskeln, welche viele Semostomen und Rhizostomen besitzen, als Fortbildungen der 4 per- radialen Delta-Muskeln auffassen; sie gehen an ihrem Proximal-Ende in die 4 perradialen Rüssel-Mus- keln über. — Den dritten und distalen Abschnitt des Strahlmuskel-Systems bildet das System der -Randmuskeln (M. marginales). Wir fassen unter diesem Namen alle longitudinalen oder radialen Muskeln zusammen, welche am Schirmrande, nach aussen vom Distalrande des eircularen Kranzmuskels, sich entwickeln. Dieselben sind höchst mannichfaltig und verschiedenartig differenzirt. Die_ wichtigsten sind die Muskeln der Tentakeln und der Randlappen. Die Muskelfasern der Tentakeln verlaufen sämmtlich longitudinal, in sehr mannichfaltiger Anordnung. $ 90. Musculatur der Exumbrella. Im Gegensatze zu der mächtigen und allgemeinen Eni- wickelung des Muskel-Systems an der unteren oder subumbralen Fläche des Schirmes scheint dasselbe an der oberen oder exumbralen Fläche ganz zu fehlen. Indessen ergiebt eine genauere Untersuchung, dass auch hier Muskeln (wenn auch nur schwach) an einzelnen Stellen entwickelt sind; wenigstens bei einigen Gruppen von Medusen (vielleicht bei allen?), und zwar ebenso wohl transversale als longitudinale Faserzüge Als exumbrale Cireular-Muskeln sind hervorzuheben: schwache Gürtel-Muskeln (Mm. zonares, mz), welche bei einigen Craspedoten oberhalb des Schirmrandes sich finden, bei anderen in der Ringstrietur zwischen Schirm und Kuppel - Aufsatz (z. B. Catablema, System, Taf. IV, Fig. 4). Stärker noch treten dieselben bei einigen Acraspeden hervor, so nament- lich der ansehnliche Gürtel- Muskel der Peromedusen, welcher hier den glatten Schirmkegel von der Pedal-Zone des Schirmkranzes scheidet und zackenförmige Ausläufer in die Furchen zwischen dessen Pedalien hinabschickt (Taf. 23, Fig. 34 mz; Taf. 24, Fig. 2 m). — Exumbrale Radial-Muskeln finden sich in einigen Gruppen (besonders bei den Trachomedusen und Nareomedusen) am Schirm- rande als Spangen-Muskeln entwickelt (Mm. peroniales, Taf. 13, Fig. 7 ml; Taf. 14, Fig. 12 ml). An- dere, obwohl noch schwächere Längsmuskeln, kommen hier und da am Schirmscheitel und an anderen 22 * 172 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Stellen der convexen äusseren Schirmfläche vor und zwar ebenfalls in beiden Legionen. Unter den Craspedoten finden sich 4 perradiale und 4 interradiale Längsmuskeln im peripheren (und bisweilen auch im eentralen) Theile der Exumbrella bei einigen Anthomedusen; ebenso unter den Acras peden bei den Cubomedusen. Ferner gehören zu diesem System die longitudinalen Muskelbänder der Tae- niolen und die kräftigen Stielmuskeln der Stauromedusen (Taf. 16, 17, Fig. 13, 14 m). $ 91. Schirmhöhle oder Schwimmhöhle (Antrum, Caverna umbralis, h). Die Schirmhöhle der Medusen ist für diese Classe von Nesselthieren ebenso characteristisch wie der Schirm selbst; sie wird oben von dessen unterer concaver Fläche (Subumbrella) eingeschlossen, während sie sich unten frei durch die Schirmhöhlen -Mündung öffnet (Apertura antri). Je nachdem die Umbrella flach oder hoch gewölbt, mehr schirmförmig oder mehr kegelförmig ist, erscheint auch die subumbrale Schirmhöhle flacher oder höher gewölbt; indessen ist ihre Wölbung, welche vom Exoderm der Subumbrella aus- gekleidet wird, stets flacher als die der äusseren Schirmfläche, welche vom Exoderm der Exumbrella überzogen wird; denn die gallerlige Wand des peripheren Schirmkranzes ist stets dünner als die der centralen Schirmkuppel. Da bei jeder Contraetion der schwimmenden Meduse die Wölbung der Schirm- höhle höher, ihre Mündung enger und Wasser aus derselben ausgestossen wird, bei jeder Dilatation der Umbrella hingegen frisches Wasser in die abgeflachte und erweiterte Schirmhöhle eintritt, so kann dieselbe physiologisch ebenso wohl als „Schwimmhöhle“ wie als „Athemhöhle“ betrachtet werden. Wahrscheinlich ist das Exoderm-Epithel der Subumbrella, welches die Schirmhöhle auskleidet, respiratorischer Function angepasst. Die Schirmhöhlen-Mündung (Apertura antri, ha) ist bei den Acraspeden ganz einfach und vom Lappenkranze umgrenzt; bei den Craspedoten hingegen wird sie dadurch verengt, dass das Velum gleich einem Diaphragma vom Schirmrande her nach innen frei vorspringt. Bei einigen Craspedoten ist das Velum so breit, dass wahrscheinlich die Mündung der Schirmhöhle durch dasselbe zeitweise völlig geschlossen werden kann, so namentlich bei den Pectyllidae (Taf. 3—8). Der centrale Axenraum der Schirmhöhle wird durch das Mundrohr und die verschiedenen Organe des Buccal-Magens, oft auch durch die Gonaden mehr oder weniger ausgefüllt. $ 92. Nischen der Schirmhöhle (Cavernulae subumbrales). Bei vielen Medusen entwickeln sich an der Subumbral-Wand der Schirmhöhle besondere Nebenräume derselben, theils durch Bildung von Falten oder Vorsprüngen der Subumbrella, theils durch Einsenkung einzelner Organe in grubenartige Vertiefungen, theils durch besondere Wachsthums-Verhältnisse des Schirmrandes und der hier gelege- nen „Randkörper“. Alle diese verschiedenen Nebenhöhlen der Schirmhöhle können als „Schirmhöhlen- Nischen oder Subumbral-Nischen“ (Cwernulae subumbrales) zusammengefasst werden. Bei vielen Narcomedusen, namentlich den Peganthiden, zerfällt die Schirmkranz -Höhle in einen peripheren Kranz von getrennten „Lappenhöhlen“ (Cavernulae lobares); dieselben umgeben die centrale Schirmhöhle gleich den Altarnischen eines Rundtempels (Pegantha pantheon, p. 32, Taf. 11, 12). Bei Pectis stülpen sich 8 adradiale „Mundtrichter oder innere Backentaschen“ (Cavernulae buccales) von aussen in das Mundrohr ein (p. 16, Taf. 4, 5, Fig. 4, 5 io). Bei vielen Cubomedusen und Peromedusen, namentlich den Periphylliden, ist jeder Tentakel an seiner Basis von einem subumbralen Tentakel-Trichter (Cavernula tentacularis) umgeben, über welchem der Distalrand des subumbralen Kranzmuskels dachartig vorspringt. Bei Periphylla (Taf. 19, Fig. 6; Taf. 20, Fig. 8) ist derselbe einfach, bei Periphema (Taf. 24, Fig. 1) durch viele kleine Frenula in Nebentrichter getheilt. Bei vielen Cubomedusen gehen 4 per- radiale dreieckige Subumbral-Falten als „Frenula velarü“ von der Basis der Sinnesnische und dem S III. NEURODERMAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 173 verticalen Septum der Randtaschen zur Subumbral-Fläche des horizontalen, nach innen vorspringenden Velarium hinüber (Taf. 26, Fig. 2, 3, S vf); so dass beiderseits desselben sich 2 kleine Velar- Nischen einsenken (Cavernulae velares). Bei den meisten Discomedusen bilden sich am Schirmrande 8 (seltener 16) Sinnesnischen zur Aufnahme der Sinneskolben oder Rhopalien (Antra rhopalaria, vergl. oben $ 86). Dieselben rücken bei Einigen, z. B. bei Drymonema, centripetal weit in die Sub- umbrella hinein (Taf. 30, 31 on). $ 93. Schirmkranz-Höhle und Schirmtrichter-Höhle. Bei einigen Craspedoten und bei vielen Acraspeden entwickeln sich im Grunde der Schirmhöhle, an der Basis des Mundrohres, 4 oder 8 ver- tieale Falten der Subumbrella, die Gekrösplatten (Mesenteria), und dadurch zerfällt der obere Theil der einfachen Schirmhöhle in 4 oder 8 getrennte Höhlen: die Schirmtricehter oder Triehterhöhlen (Infundibula, i). Wir bezeichnen dann die untere einfache Hälfte der Schirmhöhle, welche sich unten am Schirmrande frei öffnet, als Schirmkranz-Höhle (Antrum coronare); hingegen die obere, vier- theilige oder achttheilige Hälfte als Schirmtriehter-Höhle (Antrum infundibulare); die erstere com- municirt mit der letzteren durch 4 interradiale oder 8 adradiale Triehtermündungen (Ostia infun- dibularia). $ 94. Trichterhöhlen und Gekrösplatten (Infundibula et Mesenteria). Die 4 oder 8 Trichter- höhlen oder Schirmtrichter (Infundibula i), welche die Schirmtrichter-Höhle vieler Medusen zusam- mensetzen, sind mehr oder minder kegelförmige Hohlräume, ausgekleidet vom Exoderm der Subum- brella; oben im aboralen Grunde der Schirmhöhle sind sie stets blind geschlossen, während sie sich unten durch die rundlichen Trichtermündungen (Ostia infundibularia) in die Schirmkranz- Höhle öffnen. Getrennt werden die benachbarten Trichter durch dünne verticale Scheidewände, die Gekrösplatten (Mesenteria vel Mesogonia, wr). Nur bei einer Gruppe, bei den Pectyllidae (Taf. 3—8) sind deren 8 vor- handen (4 perradiale und 4 interradiale), dazwischen 8 adradiale Trichter. Sonst finden sich stets nur 4 perradiale Mesenterien und dazwischen 4 interradiale Trichter. Die Mesenterien oder Mesogonien entstehen dadurch, dass die 4 perradialen Mundkanten im Grunde der Schirmhöhle sich flügelförmig verbreitern und in Gestalt dünner Falten der Subumbrella erheben. Je weiter sich diese Falten nach aussen auf der Subumbral-Fläche fortsetzen und je höher sie anderseits nach unten auf den Mund- kanten sich erheben, desto tiefer werden die Triehterhöhlen zwischen ihnen. Bei den Craspedoten sind die Mesenterien stets dünne, zarte Membranen, welche hauptsächlich zur Fixirung des Mundrohres die- nen (so unter den Anthomedusen bei Tiara und Turris, System, Taf. IN, IV; unter den Trachomedusen bei Pectyllis und Pectanthis, Taf. 4, 8). Bei den Acraspeden hingegen sind die Mesenterien oft innen hohl, indem die centrale Magenhöhle taschenartig sich in dieselben ausbuchtet, so insbesondere bei einem Theile der Lucernariden („Mesogon-Taschen“, Bursae mesenteriales). Bei den Cubomedusen (Taf. 26) sind die Trichterhöhlen meistens unbedeutend und flach; dagegen sehr gross und tief bei den Pero- medusen. Hier dringen sie bei den Periphylliden (Taf. 21, Fig. 12, 13 ib) sogar bis zur Spitze der Schirmkuppel empor, so dass sich im Mittelpunkte des Basal-Magens die 4 Trichterhöhlen berühren (Taf. 20, Fig. 8 ib). In diesem Falle höhlen die Trichter zugleich die 4 interradialen Taeniolen in ihrer ganzen Länge aus, so dass diese soliden Leisten sich in hohle Kegel verwandeln. Eigenthümlich modifieirt erscheinen die 4 interradialen Trichterhöhlen bei den Discomedusen, wo sie als „Athemhöhlen“ oder „Subgenital-Höhlen“ eine besondere Bedeutung erlangen. 174 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 95. Subgenital-Höhlen (Demnia, sonst auch „Athemhöhlen, Genitalhöhlen, Schirmhöhlen der Geschlechts-Organe“ genannt, Infundibula subgenitalia). Diese eigenthümlichen 4 interradialen Höhlen finden sich nur in der Ordnung der Discomedusen und entwickeln sich hier zum Theil zu sehr son- derbar gestalteten und umgebildeten Hohlräumen. Im Grunde sind dieselben jedoch weiter nichts als subumbrale Trichterhöhlen, welche durch besondere Anpassungen (namentlich durch ihre Beziehungen zu den Gonaden) eine abweichende Form und Function erworben haben. Während bei den drei Ord- nungen der Tesseroniae, entsprechend der conischen oder pyramidalen Form ihres hochgewölbten Schirmes, die 4 Trichter meistens als schlanke hohe Kegel emporsteigen, breiten sie sich dagegen bei den Ephyroniae oder Discomedusae, in Correlation zu der flachen Scheiben - Gestalt ihrer niedrigen Um- brella, an deren unterer Fläche in Gestalt niedriger Taschen aus. Die Subumbral- Wand der flachen und weiten Magenhöhle ist bei dieser Medusen-Ordnung zugleich die Ursprungsstätte der Geschlechts- Drüsen und bildet eine zarte, dünnwandige „Gastrogenital- Membran“ (gg), in der sich A interradiale (oder bei den Cannostomen bisweilen 8 adradiale) Geschlechts-Bänder entwickeln. Rings um diese Gonaden verdickt sich häufig die gallertige Stützplatte der Subumbrella in Gestalt eines festen knorpel- artigen Subgenital-Ringes (Annulus subgenitalis). Wenn nun das Genitalband beträchtlich wächst und die zarte Gastrogenital-Membran in dessen Umgebung sich vielfach faltet, so kann die letztere eine doppelte Lagen - Veränderung eingehen. Entweder tritt sie durch den festen, nicht in gleichem Maasse sich ausdehnenden Subgenital-Ring nach unten in die Schirmhöhle heraus, stülpt sich gleich einer vorgetretenen Hernie aus und bildet so 4 herabhängende „äussere Gastrogenital-Taschen“, deren Höhlung vom Entoderm ausgekleidet ist (Extraversio Gonadum, System, p. 470); so z. B. bei den Cya- neidae (Taf. 30, 31 99). Oder umgekehrt, die wachsende und faltenreiche Gastrogenital-Membran sammt den daran befestigten Gonaden tritt nicht durch den Subgenital-Ring hervor, sondern stülpt sich um- gekehrt nach innen, in die centrale Magenhöhle hinein, gleich einer reponirten Hernie (so z. B. bei den Aurelidae, System, Taf. XXXIII, Fig. 7). Sie bildet dann 4 „innere Subgenital- Höhlen“, ausgekleidet vom Exoderm der Subumbrella (Intraversio Gonadum, System, p. 470). Diese sind aber nichts Anderes als abgeflachte „Trichterhöhlen“; die enge Oeflnung des Subgenital-Ringes, vergleichbar der „Bruch- pforte“ (Porta herniae subgenitalis), ist das Ostium subgenitale, welches aus der Schirmkranz -Höhle in die 4 Trichterhöhlen führt (vergl. die ausführliche Darstellung im „System der Medusen“, 1879, p. 467 —473). Während die 4 Subgenital-Höhlen bei den meisten damit ausgestatteten Discomedusen ge- trennt bleiben (Tetrademniae), verschmelzen sie bei einem Theile der Rhizostomen (Monodemniae) im Cen- trum zu einem einzigen gemeinschaftlichen „Subgenital-Saal“. $ 96. Subgenital-Saal (Porticus subgenitalis, Syndemnium, ir). Nur bei zwei Familien der Rhizo- stomen, die wir desshalb in der Section der Monodemniae vereinigen, bei den Versuridae (System, Taf. XL) und bei den Crambessidae (System, Taf. XXXVII, XXXIX), findet sich in der Mitte der Um- brella der sonderbare und höchst merkwürdige Hohlraum, den wir als Porticus subgenitalis bezeichnet haben (System, 1879, p. 472). Dieser centrale „Subgenital-Saal“ entsteht dadurch, dass die 4 inter- radialen, vorstehend beschriebenen „Subgenital-Höhlen“ centripetal bis zur Mitte der centralen Magen- höhle hineinwachsen und hier in unmittelbare Communication treten (Taf. 32 und Holzschnitt Fig. 6). Die zarten „Gastrogenital- Membranen“ (gg), welche die dünnen Wände der eingestülpten Subgenital- Beutel bilden, treten in der centralen Axe der Magenhöhle in Berührung und verwachsen mit ein- ander; diese entodermale Verwachsungsstelle wird sodann durchbrochen und somit verschmelzen die 4 ursprünglich getrennten Subgenital-Höhlen in eine einzige. Der kreuzförmige, so entstandene cen- IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 175 trale „Subgenital-Porticus“ (Taf. 32, Fig. 2 ir) ist ganz vom Exoderm der Subumbrella ausgekleidet und öfinet sich nach aussen nur durch 4 interradiale Portale, die „Sub- genital-Ostien“ (Fig. 1, 7 ig). Seine obere Wand oder die „Saaldecke“ (Paries porticus gastralis) bildet die zarte „Gastrogenital-Mem- bran“ (gg), welche ihn von der darüber ge- legenen Magenhöhle (ge) trennt und die 4 Gonaden (s) trägt; seine untere Wand oder der „Saalboden“ (Paries porticus brachiahs) bil- det die eigenthümliche „armtragende Scheibe“ (Discus brachiferus), von welcher unten die 8 adradialen Mundarme der Rhizostomen herabhängen, und in deren Mitte unten sich die „Mundkreuz -Naht“ befindet (Taf. 32, Fig. DEREN] ah). Beide Wände. der orale Fig. @. Cannorhiza connexa (Discomedusae, Versuridae), Ad- Has ® n 2 „. radial-Schnitt. ug Schirmgallerte. ge Central-Magen. gg Boden des- „Saalboden“ und die aborale „Saaldecke“ selben (Gastrogenital-Membran mit den Gonaden, s). ir Subgenital- m N : ; Portieus. ak Armscheibe. ap Armpfeiler. cd Pfeiler-Canal (Perradial). hängen nur zusammen durch die 4 DT ga Buccal-Magen. ab Mundarme (Adradial). cd Armcanal. ar Trichter- radialen „Saalpfeiler“ (Piastri, ap). Das krausen (Saugmündchen). sind 4 starke, verticale Gallertsäulen, welche zwischen den 4 engeren oder weiteren „Subgenital-Ostien“ liegen. In ihnen verlaufen perradial nach abwärts die 4 einfachen „Pfeiler-Canäle“ (Fig. 2, 4 cd), welche allein die Verbindung zwischen dem oberen Central-Magen (gc) und dem unteren Buccal-Magen (ga) nebst den davon abgehenden Arm- canälen (cb) herstellen. Vierter Abschnitt. Gastrocanal- System der Medusen. $ 97. Zusammensetzung des Gastrocanal-Systems. Von den beiden grossen Organ-Systemen, welche den Körper der Medusen zusammensetzen, umfasst das Gastrocanal-System (oder „Gastro- vaseular-System“) die Gesamtheit der vegetativen Organe, die Apparate der Ernährung und Fortpflanzung. Dasselbe steht somit in physiologischer Beziehung dem Neurodermal-System gegen- über, welches den Complex der animalen Organe bildet. Dieser Gegensatz zeigt sich auch histologisch mit Bezug auf die beiden primären Keimblätter, indem die meisten und wichtigsten Theile des Gastro- canal-Systems von dem Entoderm (oder dem „vegetativen Keimblatte“) abstammen, diejenigen des Neurodermal-Systems hingegen vorzugsweise von dem Exoderm (oder dem „animalen Keimblatte“). Von den beiden Apparaten, welche das Gastrocanal-System zusammensetzen, ist weitaus der ansehn- lichste und am meisten differenzirte der Ernährungs-Apparat, gebildet durch den centralen Hauptdarm (Magen nebst Mundorganen) und den von ihm ausgehenden radialen Kranzdarm (Canal- 176 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. kranz oder Taschenkranz). Weit einfacher und weniger differenzirt ist der Fortpflanzungs-Ap- parat; derselbe besteht lediglich aus den Sexual-Drüsen oder Gonaden, welche sich in der Subumbral- Wand des Gastrocanal-Systems entwickeln. $ 98. Hohlraum und Wände des Gastrocanal-Systems. Das einheitliche „Gastrocanal-System“ der Medusen lässt trotz seiner zahlreichen und bedeutenden Modificationen in den verschiedenen Gruppen dennoch überall einen und denselben wesentlichen Typus der Bildung erkennen. Ueberall erscheint dasselbe als eine weiter entwickelte Fortbildung jenes einfachsten gastralen Hohlraumes, den wir bei den niedersten Polypen antreffen (Hydra, Clava ete. unter den Hydropolypen; Scyphostoma, Spongicola ete. unter den Seyphopolypen). Die primitive, ganz einfache „Magenhöhle“ dieser ältesten Polypen ist nichts Anderes als der ursprüngliche Urdarm (Archigaster, Archenteron) der Gastraea, welcher noch heute in der Gastrula aller Metazoen die gemeinsame ontogenetische Grundlage für deren Darmsystem bildet; seine einzige Oeffnung ist der Urmund (Archistoma, Blastoporus). Die beiden Wände dieses einfachen Urdarmes der Polypen werden als aborale Becher- Wand (Paries calycinalis, Calyx) und orale Peristom-Wand (Paries peristomalis, Peristomium) unterschieden; beide gehen am Rande des Bechers (Margo calyeinalis) unmittelbar in einander über. Bei den Medusen entspricht dem Calyx einerseits die Notumbrella, dem Peristomium anderseits die Coelumbrella; daher bezeichnen wir hier die äussere oder Becher-Wand des Gastral-Raumes als Rückenwand (Paries umbralis vel dorsalis), die entgegengesetzte innere oder Peristom-Wand als Bauchwand (Paries subumbralis vel ventralis).. Das Entoderm -Epithel der ersteren wird beständig aus kleinen und flachen, dasjenige der letzteren aus grossen und hohen Geisselzellen gebildet ($ 47). $ 99. Hauptdarm und Kranzdarm (Axogaster et Perogaster). Bei allen Medusen zerfällt das Gastrocanal-System oder „Darmsystem“ zunächst in zwei verschiedene Haupt-Abschnitte, in einen cen- tralen und einen peripheren Theil; der Kürze halber bezeichnen wir ein für allemal den ersteren als Hauptdarm, den letzteren als Kranzdarm. Der centrale Hauptdarm (Gaster principalis, Awogaster) ist einfach und ungetheilt; seine Axe ist zugleich die Hauptaxe des ganzen Körpers; am Aboral-Pole derselben liegt die Schirmkuppel (oder das Centrum der gallertigen Schirmscheibe), am Oral-Pole hin- gegen die Mundöfinung. Der periphere Kranzdarm (Gaster coronaris, Perogaster) ist dagegen stets durch radiale Scheidewände (Cathammen oder Septen) in 4 oder mehr radiale Höhlen (Taschen oder Canäle) geschieden. Die ideale, kreisrunde oder polygonale Grenzlinie zwischen Hauptdarm und Kranz- darm wird demnach durch die Proximal-Enden der Septen oder Cathammen bestimmt; zwischen ihnen liegen die Magenspalten (Ostia gastralia, go). Diese engeren oder weiteren Spaltöffnungen sind die einzigen Oeffnungen, durch welche der centrale Hauptdarm mit den Fächern des radial-getheilten Kranzdarmes communicirt. $ 100. Cathammen oder Concrescenzen (Verwachsungen der beiden Schirmwände oder Ver- löthungen der dorsalen und ventralen Umbrella; Septen des Gastrocanal-Systems). Der einzige wesent- liche Unterschied zwischen dem einfacheren Gastrocanal-System der Polypen und dem zusammen- gesetzteren der davon abgeleiteten Medusen besteht darin, dass der periphere Theil des letzteren stets durch radiale Septen oder Scheidewände in eine Anzahl von mindestens 4 radialen Fächern (Taschen oder Canälen) zerfällt. Früher wurde irrthümlich angenommen, dass diese „Radial- Taschen“ und „Radial-Canäle“ sämmtlich Ausstülpungen der centralen Magenhöhle seien, welche von deren Rande IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 177 in den soliden peripherischen Theil der Umbrella hineinwachsen. Jetzt dagegen wissen wir, dass diese Radial-Höhlen vielmehr dadurch entstehen, dass an bestimmten Stellen (und zwar zuerst an 4 Inter- radial-Stellen) in der Peripherie des einfachen Gastral-Raumes die beiden Wände desselben (die umbrale Dorsal- Wand und die subumbrale Ventral- Wand) mit einander verwachsen oder sich ver- löthen. Diese Verwachsungen (Conerescentiae) oder Verlöthungen (Cathammata, k) bilden die radialen Scheidewände oder Septen des peripheren Gastrocanal-Systems, zwischen welchen die Reste der ursprünglich einfachen Höhle offen bleiben. Dieser Entstehung der Septen oder Cathammen ent- sprechend findet sich in der Mitte ihrer soliden Gallertmasse ursprünglich eine doppelte, eng verlöthete Zellen-Schicht des Entoderms, die „Cathammal-Platte“. $ 101. Cathammal-Platte (Lamina cathammalis, dk; Entoderm-Lamelle, Gastrale Lothplatte, Ge- fässplatte). Die „Entoderm-Lamelle“, welche wir ihrer Entstehung und Bedeutung gemäss als „Catham- mal-Platte“ bezeichnen, bleibt bei allen Medusen im Inneren der Cathammen oder Septen eonservirt und erhält die Hohlräume des Gastrocanal-Systems, welche durch diese letzteren getrennt werden, in eontinuirlicher Verbindung. Ursprünglich besteht die Cathammal-Platte stets aus einer doppelten Schicht von Entoderm-Zellen (Taf. 25, Fig. 8, 10); die äussere oder abaxiale Schicht (— die „umbrale Entoderm-Lamelle“, du2 —) gehört dem Dorsal-Epithel des Kranzdarmes an und kleidete ursprüng- lich die concave Innenfläche der Notumbrella aus (Fig. 8, 10 wg); hingegen gehört die innere oder axiale Schicht (— die „subumbrale Entoderm -Lamelle“, dw2 —) genetisch zum Ventral-Epithel des Kranzdarmes und bekleidete vordem die convexe Aussenfläche der Coelumbrella (Fig. 8, 10 zw). Bisweilen (so z. B. sehr deutlich in den festen Septal-Knoten der Peromedusen, Taf. 25, Fig. 8, 10) bleiben beide Schichten der Cathammal-Platte zeitlebens sehr deutlich erhalten und lassen sich selbst künstlich (durch passenden Druck) auf feinen Querschnitten wieder von einander ablösen. Gewöhnlich ist dies aber nicht der Fall. Vielmehr ist meistens im Connectiv des Cathamma nur eine einzige dünne Zellenschicht nachweisbar, indem die beiden ursprünglich getrennten Entoderm-Platten völlig mit ein- ander verschmolzen sind. Beiderseits derselben findet am Cathamma häufig eine beträchtliche Erhärtung und Verdichtung der beiden Connectiv-Platten statt, und bisweilen verwandelt sich hier sogar das weiche Gallertgewebe in festen, echten Faserknorpel (Taf. 25, Fig. 8, 10 uy?, zw2). $ 102. Die drei Hauptformen der Cathammen (k). Die Verwachsungen oder Verlöthungen der beiden Wände des Gastral-Raumes, durch welche die Cathammen oder Septen entstehen, können in drei Hauptformen auftreten, je nachdem sie in einem Punkte, einer Linie oder einer Fläche statt- finden. In allen drei Fällen beträgt die ursprüngliche Zahl der Cathammen 4, und diese 4 primären Septen liegen interradial (in der Mitte zwischen den 4 primären Tentakeln), während die 4 pri- mären, durch sie getrennten Radial-Höhlen perradial liegen (in denselben Meridian-Ebenen wie die 4 primären Tentakeln). Die Zahl der Cathammen kann aber secundär (entsprechend den oben angeführten Variationen der homotypischen Grundzahl, $$ 23—26) beträchtlich vermehrt werden. Im einfachsten Falle, wenn die Conereseenz in 4 Punkten geschieht, entstehen 4 Septal-Knoten (Nodi catham- males, kn), so bei einem Theile der Stauromedusen und bei allen Peromedusen; der periphere Hohl- raum des Gastrocanal-Systems erscheint dann als ein grosser Ring-Sinus (Sinus coronaris), dessen Viertheilung durch die 4 kleinen Knoten nur angedeutet wird (Taf. 15, 20 — 25). Im zweiten Falle, wenn die Verlöthung in 4 Linien geschieht, entstehen 4 Septal-Leisten (Limites cathammales, ks); so bei den meisten Stauromedusen, allen Cubomedusen und einem Theile der Discomedusen (Canno- Haeckel, Tiiefsee-Medusen. 23 178 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. stomen und die Hälfte der Semostomen: Pelagiden und Cyaneiden); der periphere Hohlraum des Gastrocanal-Systems bildet dann 4 breite Radial-Taschen (Bursae radiales), welche durch die schmalen Leisten getrennt werden (Taf. 16, 17, 26). Im dritten Falle endlich, wenn die Verwachsung in 4 Flächen geschieht, entstehen 4 Septal-Tafeln (Tabulae cathammales, kt), so bei den meisten Craspedoten und unter den Acraspeden bei einem Theile der Discomedusen (bei der Hälfte der Semo- stomen: Floseuliden und Ulmariden, sowie bei sämmtlichen Rhizostomen) (Taf. 1, 2, 32). $ 103. Cathammal-Spalten (Anira septalia). In der Ordnung der Anthomedusae (— und nur in dieser! —) tritt sehr häufig, wenn nicht allgemein, eine partielle Auflösung der Cathammen und somit eine locale Trennung der verwachsenen beiden Schirmwände ein; dadurch entstehen die eigenthüm- lichen „Cathammal-Spalten oder Septal-Höhlen“ dieser Craspedoten. In allen bisher beob- achteten Fällen treten dieselben als 8 adradiale Höhlen auf, welche vollkommen abgeschlossen sind und ein gallertiges Fluidum enthalten. Sie nehmen den grössten Theil der Subumbrella ein, grenzen unten an den Schirmrand, oben an die Basis des Mundrohres und werden von einander ge- trennt durch die 8 bandförmigen Längsmuskeln der Subumbrella, von denen 4 perradiale an der Axial- seite der 4 Radial-Canäle verlaufen, 4 interradiale in der Mitte zwischen diesen (Taf. 1, Fig. 2 mi). Die Abaxial- Wand der Cathammal-Spalten wird von der dünnen Zellenschieht der dorsalen Entoderm- Lamelle gebildet, welche der concaven Innenfläche der Notumbrella aufliegt. Ihre Axial- Wand hin- gegen bildet die Stützplatte der Coelumbrella, deren ventrale Entoderm-Lamelle verloren gegangen ist. Die Septal-Höhlen finden sich sehr ausgebildet z. B. bei Codonium und Sarsia unter den Codoniden, bei Tiara und Catablema unter den Tiariden, bei Cytaeis und Rathkea unter den Margeliden u. s. w. Sie wurden hier irrthümlich als „Coelom-Spalten“ betrachtet und der wahren Leibeshöhle (Coeloma) der höheren Thiere an die Seite gestellt. Eine solche existirt jedoch bei den Medusen eben so wenig als bei allen anderen Nesselthieren. Vielmehr entstehen die Septal-Höhlen jener Anthomedusen dadurch, dass die verschmolzenen beiden Cathammal-Tafeln zwischen den 8 prineipalen Radial-Linien secundär aus einander weichen und nur in diesen 8 Linien verwachsen bleiben. Das geht am deutlichsten daraus hervor, dass die Cathammal-Platte an den Seitenrändern der Septal-Höhlen, da wo sie an die Radial-Canäle anstossen, sich continuirlich in deren Entoderm-Belag fortsetzt. Hingegen bleiben dieselben vom Exoderm des Schirmes völlig getrennt, aussen durch den Gallertkörper der Notumbrella, innen durch die Stützplatte und Muskelplatte der Coelumbrella. $ 104. Gastrocanal-System der Craspedoten und Acraspeden. Die beiden Legionen der Me- dusen-ÜClasse zeigen zwar in der Bildung ihres Gastrocanal-Systems ganz analoge Differenzirungen, aber trotz aller Aehnlichkeit doch einen ganz constanten und daher sehr wesentlichen Unterschied. Bei allen Acraspeden nämlich finden sich an bestimmten Stellen desselben bewegliche Magenfäden (Filamenta gastralia) oder „innere Magen-Tentakeln“; während diese bei den Craspedoten niemals vor- kommen. Mindestens sind bei den Acraspeden 4 solche Gastral-Filamente vorhanden, welche regel- mässig interradial vertheilt sind. Gewöhnlich sind dieselben aber sehr zahlreich (meist über hun- dert, oft über tausend) und dergestalt regelmässig geordnet, dass sie 4 interradiale Filament- Gruppen /(Phacellae) bilden. Die beweglichen Fäden dieser Phacellen stehen bald in einer, bald in mehreren Reihen, sind bald einfach, bald verästelt, und werden stets aus einem soliden, eylindrischen oder bandförmigen Gallertfaden (— einer Fortsetzung des Fulerum —) gebildet, welcher vom Ento- derm-Epithel überzogen ist. Die Phacellen der Acraspeden (oder „Phacelloten“) sind desshalb von IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 179 grösster phylogenetischer Bedeutung, weil ihre Anlage bereits in den Polypen-Ahnen dieser Legion existirt. Die Seyphopolypen, von denen die Acraspeden abstammen, besitzen an der Innenfläche ihrer Magenwand sämmtlich ursprünglich 4 interradiale Magenleisten oder gastrale Taeniolen und aus diesen entwickeln sich bei den „Scyphomedusen“ die „Filamente“. $ 105. Taeniolen oder Magenleisten (Tueniola gastralia, ft). Für unsere phylogenetische Hypo- these ($ 6), dass die beiden Legionen der Medusen-Classe unabhängig von einander, aus zwei ver- schiedenen Polypen -Gruppen entstanden sind, ist vor Allem die Thatsache grundlegend, dass die wichtigen, vorstehend angeführten Unterschiede in der Magenbildung der beiden Medusen -Legionen (— mit oder ohne Gastral-Filamente —) bereits in den entsprechenden beiden Legionen der Polypen- Classe bestehen, von denen jene abstammen. Die niederen Hydro-Polypen, von denen die Cras- pedoten (oder „Hydro-Medusen“) abstammen, besitzen niemals jene characteristischen 4 interradialen Taeniolen der Seypho-Polypen, obwohl ähnliche Längsleisten der inneren Magenwand (in unregel- mässiger Zahl, Lage und Gestalt) auch bei einigen Craspedoten (Tubularien etc.) sich finden. Hingegen sind die höheren Seypho-Polypen, von denen die Acraspeden (oder „Scypho-Medusen“) abstam- men, sämmtlich ursprünglich durch den Besitz von 4 interradialen Taeniolen ausgezeichnet (auch „Gastral- Wälle, Mesenterial- Wülste, Längsleisten, Längswälle, Längswülste der inneren Magenwand“ genannt). Diese longitudinalen Magenleisten (welche auch bei den Corallen als sogenannte „Mesenterial- Filamente oder Mesenterial-Bänder“ — besser „Gastral-Bänder“ — allgemein verbreitet sind) erscheinen bei den Seyphopolypen ursprünglich als 4 interradiale, rippenartige Verdickungen der gallertigen Stütz- platte oder Fuleral-Lamelle; sie springen an der inneren Fläche der Magenwand frei in die Magen- höhle vor und theilen dadurch deren peripheren Hohlraum in 4 perradiale Nischen oder Rinnen (Taf. 15, kig 2, 3, 7%, 8 ft; Taf. 17, Fig. 13, 14 fü), "Gewöhnlich enthalten sie einen Längsmuskel (Taf. 17, Fig. 13 m) und stets sind sie vom Entoderm-Epithel überzogen. $ 106. Dorsale und ventrale Taeniolen (Taeniola notumbralia et coelumbralia). Da die Taeniolen oder Magenleisten der Seyphopolypen in der ganzen Ausdehnung ihrer Gastral-Fläche sich entwickeln und ursprünglich (bei Scyphostoma, Spongicola ete.) vom aboralen bis zum oralen Pole, von der Fuss- platte des Stieles bis zum Mundrande gehen, so müssen als zwei Hauptabschnitte derselben ein not- umbrales und ein coelumbrales Stück unterschieden werden; beide gehen am Peristomrande oder Becherrande des Seyphopolypen (entsprechend dem Schirmrande der Seyphomeduse) in einander über. Das notumbrale oder dorsale Taeniol reicht von der aboralen Basis oder Kuppelspitze bis zum Peristom-Rande oder Schirmrande und ist eine leistenförmige Verdiekung des Calyx oder der Not- umbrella (überzogen vom dorsalen Entoderm). Das coelumbrale oder ventrale Taeniol hingegen reicht vom Peristom-Rande bis zum Mundrande und ist eine leistenförmige Verdiekung der Coelumbrella (überzogen vom ventralen Entoderm). An den Stellen, an welchen die beiden Taeniolen-Stücke, dor- sale und ventrale Leisten, zur Berührung und Verwachsung gelangen, entstehen die Cathammen oder Septen der Acraspeden (k). $ 107. Gastral-Filamente (Magenfäden, Mesenterial-Filamente, Innere Magen -Tentakeln, f). Die characteristischen „Filamente“ (oder Gastral-Filamente) der Acraspeden, welche ihnen eben so allgemein zukommen, als sie den Craspedoten beständig fehlen, sind ursprünglich Papillen oder Ex- crescenzen der Taeniolen. Bei denjenigen Acraspeden, bei welchen Taeniolen in ursprünglicher Gestalt 23% 180 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. persistiren (insbesondere Stauromedusen), lässt sich unmittelbar nachweisen, dass die Filamente ursprüng- lich Theile der Taeniolen sind (Tesserantha, Taf. 15; Lucernaria, Taf. 16, 17). Dasselbe gilt bei der Strobilation der Diseomedusen, wo die einzelnen Stücke der 4 Strobila-Taeniolen unmittelbar zu den 4 primären Filamenten der von der Strobila sich abschnürenden Ephyrula-Medusen werden (Fig. A f, pag. 135). Diesem Ursprunge entsprechend besteht jedes Filament aus einem soliden (bald mehr eylindrischen, bald mehr bandförmig abgeplatteten) Gallert-Faden oder einer „Fulcral-Papille“, welche nichts Anderes ist als eine papillöse oder fingerförmige Excrescenz der Stützplatte des Taeniols. Das Entoderm-Epithel des letzteren setzt sich direct auch auf das Filament fort und besteht theils aus Geisselzellen, theils aus Drüsenzellen (Becherzellen); dazu kommen oft noch Nesselzellen und (vielleicht allgemein?) zarte Epithel-Muskelzellen (vergl. Taf. 22, Fig. 23—26). Meistens sind die beweglichen Gastral-Filamente der Medusen einfach, seltener diehotom verzweigt oder selbst baumförmig verästelt (Taf. 26, Fig. 7 f). $ 108. Phacellen oder Filament-Gruppen. Nur bei wenigen der einfachsten und ältesten Acraspeden-Genera (Tessera, System, Tal. XXI; Ephyra, Taf. XXVII) beschränkt sich die Filament- Production der Taeniolen auf 4 einfache Gastral-Filamente, welche unmittelbar an den 4 inter- radialen Cathammal-Knoten liegen; und auch bei den jungen Larven anderer Acraspeden, z. B. den Ephyrula-Larven von Aurelia, treten zuerst nur 4 solche einzelne Filamente auf (Fig. A f, pag. 135). Bei allen übrigen Acraspeden finden sich zahlreiche Filamente, welche gesonderte Filament-Grup- pen oder Phacelli bilden. Ursprünglich sind stets nur 4 interradiale Phacellen vorhanden (Fig. D f); sie sind durch Theilung von 4 ursprünglichen einfachen REN Filamenten oder durch wiederholte Filament-Production der Tae- niolen entstanden. Häufig finden sich aber statt deren 8 adra- diale Phacellen, entstanden durch Gabelspaltung der 4 inter- a a ---@l: radialen; genauer also: 4 Paar Phacellen. Gewöhnlich sind diese 77 er am Proximal-Ende paarweise vereinigt, während sie am Distal-Ende divergiren. Die distale Divergenz der 8 Phacellen wird am stärk- sten bei den Periphylliden, wo die 4 Taeniolen durch die 4 exo- dermalen konischen Trichterhöhlen der Subumbrella bis zu ihrem aboralen Ende ausgehöhlt werden (Taf. 20, 21). Bald bilden die Phacellen gerade Linien, bald mehr oder weniger geschwungene Fig. H. Procharagma prototypus Bogen, oft von eomplieirtem Verlaufe, so bei den Periphylliden (Cubomedusae, Charybdeidae). Horizon- Su : ‘ : 0 taler Querschnitt unterhalb des Magens, (Taf. 21, 22). Zwar können die Taeniolen in allen drei Kammern dessen Boden (oder Subumbral-Wand) (ge) des Hauptdarmes Phacellen bilden; bei den meisten Acraspeden vollständig sichtbar ist; in der Mitte die Er { Mundöffnung (a) mit den 4 perradialen bleibt jedoch deren Bildung auf den Central-Magen beschränkt. Im Mundlappen (al). Die Gastrel-Filamenie Pasal-Magen sind sie stark entwickelt namentlich bei den Pero- (f) sitzen auf den 4 interradialen Pylo- rus-Klappen (gy). gw Subumbral-Wand medusen und einigen Stauromedusen, am Buccal-Magen bei den Den a Cubomedusen und Peromedusen; die Bartfäden der letzteren sind ihre letzten Ausläufer (Taf. 20, Fig. 9—11af). Bei den Disco- medusen nehmen die Phacellen eine bestimmte topographische (und wahrscheinlich auch physiologische) Beziehung zu den Geschlechtsdrüsen an; sie liegen hier an der Innenfläche der subumbralen Magen- wand, am inneren oder axialen Rande der krausenförmig gefalteten Gonaden und folgen deren ge- wundenem Verlaufe, P- IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN, 181 $ 109. Die drei Kammern des Hauptdarmes (Gaster principalis). Der centrale „Hauptdarm“ der Medusen ist nur selten ganz einfach; gewöhnlich zerfällt er mehr oder we- niger deutlich in zwei bis drei Abschnitte oder Kammern, welche in der Hauptaxe des Körpers über einander liegen. Die unterste von diesen ist das Mundrohr oder der Mund- magen (Gaster buccalis, Fig. J ga); er enthält am Oral-Pole der Hauptaxe die Mundöffnung. Die mittlere Kammer ist die „Haupthöhle“ oder der Mittelmagen (Gaster centralis, ge). Die dritte und oberste Abtheilung ist das Stielrohr oder der Grundmagen (Gaster basalis, gb) und endet am Aboral-Pole der Hauptaxe blind geschlossen. Der Central- Magen eommunicirt unten durch die Gaumenpforte (Porta palatina, gp) wit dem Mundmagen, oben durch die Magen- pforte (Porta pylorica, gy) mit dem Grundmagen; ausser- dem liegen in den Seitenwänden des Mittelmagens gewöhn- lich die Magenspalten (Osta gastralia, 90), durch welche derselbe mit den Radial-Kammern des Kranzdarmes com- munieirt. Bei vielen Medusen aus beiden Legionen (na- mentlich Anthomedusen und Peromedusen) sind alle drei N ee Magenkammern wohl entwickelt; gewöhnlich ist aber die es Ringsinus (es! Proximal-Theil. cs? Distal-Theil). oberste (der Basal-Magen) rückgebildet. Bei der grossen | ad a ee a halle Ostien. md Delta-Muskeln. mc Kranzmuskel. ff Tae- Mehrzahl der Medusen ist der Buccal-Magen die längste, wielen. 35 Nischen des Basal-Magens zwischen den- a1 . : i selben. gy Pylorus. ge Central-Magen. gp Gau- der Central-Magen die breiteste von den drei Kammern, menpforte. ga Buccal-Magen (Mundrohr). am Mund- ER oal_M: a al ihr _ rand. 0‘ Sinneskolben (Interradial. oa Ampulle während “ar Basal-Magen die kleinste oder überhaupt ET a doc Mr, 0m Einlbtanme din Monaknpen schwunden ist. Alle drei Kammern sind auch bereits bei (/a). kl Lappenspange zwischen deren beiden Schen- S keln (bl). tp Tentakeln (Perradial). vielen Polypen (sowohl Hydropolypen als Seyphopolypen) a \ zu unterscheiden. Es entspricht der Buccal-Magen der Meduse dem frei vorragenden Mundrohr des Polypen (Tubus oralis), der Mittelmagen der ersteren dem eigentlichen „Bechermagen“ des letzteren (Cavitas calycina), und der Basal-Magen der Meduse dem Stielrohr des Polypen (Tubus peduncularis). >= > —=/: = $ 110. Mundmagen oder Mundrohr (Guster buccalis, auch Tubus oralis, Proboscis, Manubrium, Rüssel, Mundstiel, Magenrohr genannt, ga). Die erste und unterste von den drei Kammern des Haupt- darmes ist der Buccal-Magen oder das Mundrohr (ga). Derselbe ist aus dem „Mundrohr oder Rüs- sel“ der Polypen hervorgegangen und zeigt sich ausserordentlich verschiedenartig in Bezug auf Grösse, Form und Differenzirung entwickelt. Ursprünglich trägt er stets am Oral-Pole seiner verticalen Axe die Mundöffnung (aa), während er am Aboral-Pole derselben sich durch die Gaumenpforte (yp) in den Central-Magen (yc) öffnet; diese letztere Oeffnung ist bald ganz scharf abgesetzt, bald unmerk- lich verstrichen. Gewöhnlich findet sich die Gaumenpforte in der Mitte der Subumbrella, so dass das Mundrohr von derselben frei in die Schirmhöhle hinabhängt. Bei der grossen Mehrzahl der Medusen ist das Mundrohr die längste, aber nicht die breiteste von den drei Magenkammern. Ausnehmend stark ist es namentlich bei den Anthomedusen, Trachomedusen, Peromedusen und Discomedusen entwickelt, 182 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. während es bei den übrigen Ordnungen gewöhnlich schwach, oft ganz rudimentär ist. Selten bildet das Mundrohr einen einfachen Cylinder, ohne Radial-Theilung (so bei den Codoniden, System, Taf. I, II; und bei vielen Narcomedusen, System, Taf. XIX, XX). Bei der grossen Mehrzahl der Craspedoten und bei allen Acraspeden ist das Mundrohr ausgesprochen viertheilig, indem die 4 perradialen Mundkanten (Costae orales, ak) mit centrifugaler Wachsthums-Tendenz nach aussen vorspringen und sich unten in die Mittelrippen der Mundlappen verlängern; während dazwischen die 4 interradialen Mundsäulen (Columnae orales, ac) mit centripetaler Wachsthums-Tendenz nach innen einspringen und unten in den Buchten des Mundrandes endigen. $ 111. Mundöffnung (Actinostoma, Apertura oris, Osculum, aa). Bei allen Medusen ist ur- sprüngliech der Mund eine einfache, gewöhnlich quadratische oder kreuzförmige Oeflnung am unteren Ende des Buccal-Magens. Selten bleibt aber der Rand derselben ganz einfach; gewöhnlich entwickeln sich aus demselben verschiedene Organe, unter denen bei weitem die wichtigsten und häu- figsten 4 perradiale Mundlappen oder aus deren Verlängerung entstandene Mundarme sind ($ 113). Die terminale Mundöffnung selbst zeigt gewöhnlich bei den Medusen dieselbe characteristische Kreuz- figur, wie der Querschnitt des Mundrohres, das typische Mundkreuz (Stomostaurus), mit 4 perradial vorspringenden Schenkeln und dazwischen 4 interradial einspringenden Winkeln (Taf. 1, Fig. 2, 4; Taf. 15, Fig. 5, 6 ete.). Für die Orientirung der Kreuzaxen ist diese ganz constante Stellung des Mundkreuzes sehr wichtig. — Der freie Mundrand oder die Ränder der Mundarme sind gewöhnlich stark mit Nesselzellen bewaflnet, welche oft in besondere, regelmässig vertheilte Gruppen zusammen- gestellt sind (Taf. 1, Fig. 4). Indem sich die gallertige Stützplatte unter diesen Nesselzellen - Gruppen konisch oder halbkugelig vorwölbt, entstehen orale Nesselpapillen oder Nesselknöpfe (Mundwarzen, Papillae orales, z. B. bei Pelagia). Wenn diese letzteren in die Länge wachsen, entwickeln sie sich zu tentakelähnlichen, eylindrischen, beweglichen Fäden, welche gleich den echten (marginalen) Tentakeln sowohl zum Tasten als zum Ergreifen der Beute dienen. Diese Mundtentakeln oder „Mundfinger“ (Digitella) gleichen in ihrem Bau vollständig den inneren „Magententakeln“ oder Gastral-Filamenten ($ 107) und wurden früher damit verwechselt („Mundfilamente“). Allein das Epithel, welches die solide Gallert- Axe der beiden analogen Gebilde überzieht, gehört bei den gastralen Filamenten dem Entoderm an, bei den oralen Digitellen hingegen dem Exoderm. Die Digitellen besetzen in sehr grosser Zahl die Ränder der Mundarme bei vielen Semostomen (z. B. Aurelia) und allen Rhizostomen. — Aehnliche, aber wesentlich verschiedene Gebilde sind die Mundgriffel (Stomostyk). Dieselben sind hauptsächlich bei den Anthomedusen entwickelt und characterisiren hier die Familien der Margelidae und Dendronemidae (System, p. 70, Taf. V—-VIN). Sie gleichen im Bau vollständig den soliden Rand-Tentakeln und be- stehen aus einer eylindrischen Axe, die von einer einzigen Reihe entodermaler Chordal-Zellen gebildet wird (Taf. 1, Fig. 5 d); diese wird durch eine feste, elastische Stützplatte (<) von einer dünnen Muskel- platte (m) getrennt, deren longitudinale Fasern mit dem exodermalen Epithel (g) zusammenhängen; das freie Distal-Ende trägt einen kugeligen Nesselknopf (n). Ursprünglich sind nur 4 einfache Mund- griffel an den 4 perradialen Mundecken vorhanden (Cytaeis, Lizusa, System, Taf. VI, Fig. 13). Gewöhn- lich wird aber ihre Zahl vermehrt und häufig verästeln sie sich dendritisch (System, Taf. V—-VIM). Bisweilen verlängert sich das Mundrohr noch secundär in einen lang herabhängenden Rüssel, so dass die ursprünglich terminalen Mundgriffel an seine Basis zu stehen kommen (Thamnostylus, Taf. 1, Fig. 1; Limnorea, Nemopsis, System, p. 86, 92, Taf. V). IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 183 $ 112. Backentaschen und Mundsäulen (Bursae buccales et Columnae orales). Bei einigen Me- dusen aus beiden Legionen erweitern sich die dünnen und dehnbaren Wände des Mundrohres zu grossen Ausstülpungen, welche weit nach aussen (in die Schirmhöhle) centrifugal vorspringen und nach Gestalt und Funetion den „Backentaschen“ mancher Säugethiere vergleichbar sind (bb). Die diekeren Stellen der Mundwand, welche zwischen ihnen centripetal nach innen vorspringen, bezeichnen wir als „Mundsäulen“ (ac) Am stärksten entwickelt sind die Backentaschen unter den Acraspedae bei den Peromedusen, wo sie 4 mächtige perradiale Ausbuchtungen des grossen Buccal-Magens bilden und aufgeblasen halbkugelig oder fast kugelig erscheinen (so bei Periphylla, Taf. 18—25 bb). Jede einzelne aufgeblasene Backentasche ist hier bisweilen voluminöser als der ganze Central-Magen. Die 4 dicken interradialen Mundsäulen zwischen ihnen (ac) springen mit ihren flügelartig verbreiterien Axial-Flächen innen dergestalt vor, dass hinter diesen „Mundflügeln“ (ad) die adradialen Seitenräume der 4 Backen- taschen besondere Nischen oder „Flügeltaschen“ bilden (vergl. auch System, p. 405, Taf. XXIV, Fig. 14). — Unter den Craspedotae sind die Backentaschen am stärksten bei den Trachomedusen entwickelt, deren Mundrohr oft höchst dehnbar ist. Peetis (Taf. 5, Fig. 2—5; Taf. 6, Fig. 11) besitzt 16 subradiale Backentaschen, die paarweise aus 4 perradialen und 4 interradialen Ausstülpungen des Mundrohres hervorgehen und durch 8 adradiale subumbrale „Mundtrichter“ geschieden werden (Taf. 5, Fig. 5 io). Andere Trachomedusen haben 8 adradiale Backentaschen (hervorgegangen aus der Theilung von 4 perradialen). $ 113. Mundlappen und Mundarme /(Lobi orales, al; Brachia oralia, ab). Bei der grossen Mehr- zahl der Medusen ist der Mundrand nicht einfach, sondern au den 4 perradialen Ecken in 4 blatt- förmige Mundlappen oder Mundarme ausgezogen, während zwischen diesen 4 interradiale Mund- buchten oder Mundeinschnitte (Sinus orales) nach innen einspringen. Meistens haben die 4 Mundlappen die Form eines dünnen eiförmigen Blattes, dessen zarte Ränder mehr oder weniger, oft sehr zierlich gefaltet sind, während eine starke Mittelrippe (als Distal-Stück der perradialen Mundkante) in der Mitte vorspringt. Oft ist die Stützplatte dieser Mittelrippe gallertig verdickt, vinnenförmig, innen concav, aussen convex. Stets ist die axiale Innenseite der Mundlappen vom Entoderm bekleidet, ihre abaxiale Aussenseite vom Exoderm (vergl. im „System“, 1879, die Mundlappen der Anthomedusen, Taf. II, IV; der Leptomedusen Taf. VII, X, XI, XII; der Trachomedusen Taf. XVI, XVII; der Narcomedusen Taf. XIX, XX; der Stauromedusen Taf. XXI, XXI; der Peromedusen Taf. XXI, XXIV; der Cubo- medusen Taf. XXV, XXVI; der Discomedusen Taf. XXVII, XXX, XXXIL, XXX). Wenn die 4 per- radialen Mundlappen sehr gross und die Mundbuchten zwischen ihnen so tief werden, dass sie das Mundrohr grösstentheils oder selbst ganz viertheilen, so bezeichnet man die Mundlappen als Mund- arme. Zu ungewöhnlich kräftiger Entwickelung gelangen diese in der Ordnung der Discomedusen bei der Unterordnung der Semostomen, namentlich bei den „fahnenmündigen“ Pelagiden (System, Taf. XXXI) und Cyaneiden (System, Taf. XXX). Bei den meisten Cyaneiden gleichen sie zarten falten- reichen Vorhängen, die nicht selten grösser als der ganze Schirm sind und werden daher als „Mund- gardinen“ bezeichnet (Taf. 30, 31). $ 114. Vieltheiliger Mund der Rhizostomen. Durch eine ganz eigenthümliche Entwieckelung des Mundes, welche in ihrer Art im ganzen Thierreiche einzig dasteht, zeichnet sich die dritte und letzte Unterordnung der Discomedusen aus, die formenreiche Gruppe der Rhizostomen (System, 1879, p. 464, 560, Taf. XXXIV— XL). Phylogenetisch ist diese aus der zweiten Unterordnung, den 184 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Semostomen, entstanden (l.c. Taf. XXX— XXXIN), wie die letztere aus der ersten Un- terordnung, den Cannostomen, hervorge- gangen ist (l. ec. Taf. XXVIT—XXIX). Das beweist deutlich die Ontogenie der Rhizo- stomen, welche in frühester Jugend Canno- stomen sind, später Semostomen werden und zuletzt erst in Rhizostomen sich verwandeln. Das einfache vierkantige Mundrohr der Can- nostomen bildet zunächst am Mundrande 4 zarte, gekräuselte Mundlappen (Ephyriden, System, Taf. XXVII; Floseuliden, Taf. XXX). Indem diese ansehnlich wachsen und die 4 interradialen Mundbuchten zwischen ihnen sich zu tiefen Einschnitten gestalten, ver- wandeln sie sich in 4 kräftige perradiale Fig. R. Cannorhiza connexa (Discomedusae, Versuridae), Ad-- Mundarme, welche bei den meisten Ulma- radial-Schnitt. zg: Schirmgallerte. ge Central-Magen. gg Boden des- . ! 9 selben (Gastrogenital-Membran mit den Gonaden, s). ir Subgenital- riden sich zu langen Mundfahnen ausbilden ee eu Se sc em, Bon hu krausen (Saugmündchen). einer Ulmaride (Aurosa, System, Taf. XXXIL, Fig. 7, 8) spalten sich die 4 perradialen Mundarme am Distal-Ende gabelförmig in 2 Lappen. So entstehen die 8 adradialen Mundarme, welche allen Rhizostomen zukommen und welche nur an ihrer Basis paarweise zusammenhängen; meist sind sie hier zu 4 starken perradialen Mundpfeilern (ap) verbunden. Während nun die dünnen Blattränder der 8 Arme sich stark kräuseln, wird ihre dicke Mittelrippe an der eoneaven Entoderm-Seite rinnenartig vertieft (Armrinne, Sulcus brachialis, ar). Nun legen sich die einzelnen Falten der stark gekräuselten Mundränder dergestalt an einander, dass die gegenüber stehenden und sich berührenden Entoderm-Flächen der rinnenförmigen Falten an den Berührungsstellen verwachsen und sich in kurze Canäle verwandeln. Diese münden durch einen Trichter am Distal-Ende frei nach aussen, durch eine Spalte am Proximal-Ende nach innen in die perradiale Armrinne. Auch diese verwandelt sich in einen Canal (Armcanal), indem ihre Ränder verwachsen. Indem endlich auch die centrale Mundöffnung oben zwischen den Basen der 4 Armpfeiler zuwächst und sich durch eine kreuzförmige „Mundnaht“ schliesst (Taf. 32, Fig. K), treten an deren Stelle physiologisch die zahlreichen „Krausentrichter“ (Trichter- mündchen oder Saugmündchen). Eigentlich beruht also diese abweichende Polystomie der Rhizo- stomen auf einer cathammalen Vieltheilung des ursprünglich einfachen Mundes; der Centraltheil verwächst, während zahlreiche periphere Mundtrichter an seine Stelle treten. Die Verwachsung der Mundkrausen beruht ebenso auf entodermaler Conereseenz oder Cathammen -Bildung, wie bei den Septen zwischen den subumbralen Radial-Fächern des Kranzdarmes. Auch hier wie dort persistirt die entodermale Cathammal-Platte ($ 101). — Die Triehterkrausen der Rhizostomen, deren freier Mund- rand meistens sehr dicht mit zahllosen Digitellen besetzt ist, können mannichfache und ansehnliche Anhangs-Organe produeiren. Durch ringförmige Verwachsung (Conorescentia annularis) entstehen daraus die Nesselkolben (z. B. Cassiopea, Cotylorhiza, System, Taf. XXXVI); hingegen durch spaltförmige Ver- wachsung (Conerescentia longitudinalis) die Nesselpeitschen (z. B. Cephea, Lychnorhiza, System, Taf. XXXIV). 17 IN IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 185 $ 115. Gaumen oder Gaumenpforte (Palatum, Porta palatina, gp). Mit diesem Namen bezeichnen wir die ringförmige Einschnürung, durch welche sich bei den meisten Medusen das Mundrohr mehr oder weniger deutlich von dem Central-Magen absetzt. Während dieselbe oft nur sehr unbedeutend oder fast verstrichen erscheint, tritt sie in anderen Fällen als ein schlanker Hals sehr ausgeprägt her- vor (vergl. im System als Beispiele die Anthomedusen Taf. II, IV, VII, die Leptomedusen Taf. X, XII, XIII, die Trachomedusen Taf. XVI, XVII, die Narcomedusen Taf. XIX, XX, die Stauromedusen Taf. XXI, XXI, die Peromedusen Taf. XXIII, XXTV, die Cubomedusen Taf. XXV, XXVI, die Disco- medusen Taf. XXVII, XXVII, XXX, XXXI etc). Die Gaumen -Oefinung ist gewöhnlich der engste Theil des Prineipal-Darmes und scheint in vielen Fällen willkürlich geschlossen werden zu können, so dass der Eintritt von Wasser aus dem buccalen in den centralen Magen abgesperrt ist. Die Gestalt der Gaumen -Oeflnung ist meistens ausgesprochen kreuzförmig; die 4 perradialen Schenkel dieses „@aumenkreuzes“, welches das obere Endstück des „Mundkreuzes“ bildet, springen centrifugal nach aussen vor; ihre eoncaven Abaxial-Enden sind oft rinnenförmig vertieft (Gaumenrinnen, Sulci pala- tini, gs, Tal. 20, Fig. 11). Dieselben werden oft durch eine starke, knotenförmige Verdickung der Fulcral- Lamelle gestützt (Gaumenknoten, Nodi palatim, gk, Taf. 20, Fig. 9, 10). Zwischen ihnen liegen die 4 interradialen Gaumenlippen (Labia palatina, gl), welche centripetal nach innen einspringen (System, Taf. X, Fig. 6; Taf. XXIV, Fig. 14; Taf. XXVIN, Fig. 5; Taf. XXX, Fig. 3); die gallertige Fuleral-Platte der letzteren ist oft nicht minder stark verdickt als diejenige der ersteren, häufig knorpelartig erhärtet, besonders bei grossen Acraspeden. Bei vielen Cyaneiden bildet sie einen dieken und knorpelharten Gaumenring (Annulus palatinus, Taf. 30, 31 au). Die Cubomeduse Chirodropus zeichnet sich dadurch aus, dass an ihren Gaumenlippen sich 4 interradiale Gaumenklappen entwickeln (Valvulae palatinae, System, p. 429, Taf. XXVI, Fig. 3, 4 k); dieselben gleichen in ihrer Gestalt den „Semilunar-Klappen“ des menschlichen Herzens, wenden ihre Concavität dem Central-Magen zu und verhindern bei völligem Verschluss desselben seine Communication mit dem Mundrohr. $ 116. Mittel-Magen oder Central-Höhle (Gaster centralis, Cavitas centralis, ge). Die zweite und mittlere von den drei Kammern des axialen Hauptdarmes, der Central-Magen, ist bei den frei schwim- menden Medusen homolog der centralen „Becherhöhle“ oder dem „eigentlichen Magen“ der festsitzenden Polypen. Derselbe ist unten durch die Gaumenpforte (Palatum) von dem Buccal-Magen geschieden, oben durch die Magenpforte (Pylorus) von dem Basal-Magen. In den Seitenwänden des Central-Magens befinden sich 4 perradiale (seltener zahlreiche) Oefinungen (Ostia gastralia), durch welche derselbe mit den umgebenden Taschen oder Canälen des Kranzdarmes communieirt. Die allgemeine Gestalt und relative Grösse des Central-Magens ist äusserst mannichfaltig und oft schwer zu bestimmen. Gewöhn- lich bildet derselbe die weiteste und breiteste von den drei Kammern des Hauptdarmes, während der Buccal-Magen die längste ist. Bald ist der Central-Magen ganz in den Gallertkörper des Schirmes eingeschlossen, bald nicht; im ersteren Falle ist gewöhnlich seine horizontale Axe bedeutend grösser als die verticale, im letzteren Falle meistens umgekehrt. Im Allgemeinen lassen sich hiernach zwei Hauptformen des Central-Magens unterscheiden, die jedoch durch vielfache Zwischenformen verknüpft und nicht scharf zu trennen sind, der hohe Obelisken-Magen und der flache Linsen-Magen. Der hohe Obelisken-Magen (Guster centralis obeliscus) hat im Allgemeinen die Gestalt eines Öbelisken oder einer abgestutzten Quadrat-Pyramide (Taf. 15—24); die untere Grundfläche desselben bildet das Pala- tum, die obere Grundfläche der Pylorus; den 4 Kanten des Obelisken entsprechen die 4 perradialen Gastral-Ostien, den 4 Seiten die 4 interradialen Seitenwände des Central-Magens oder die Obelisken- Hacckel, Tiefsee-Medusen. 24 186 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Tafeln (Tabulae obelisei, g2). Die verticale Axe des Obelisken-Magens ist gewöhnlich grösser als der horizontale Diameter. Meistens hängt derselbe frei in die Schirmhöhle herab, oft sogar an einem kür- zeren oder längeren „Magenstiel“ befestigt (Pedumculus gastralis, us, s. oben); so bei der Mehrzahl der Anthomedusen (System, Taf. II, IV, VI), der Leptomedusen (System, Taf. XI—XV) und der Tracho- medusen (System, Taf. XVI—XVII); ferner unter den Acraspeden bei den meisten Tesseronien, so- wohl Stauromedusen als Peromedusen und Cubomedusen (System, Taf. XXI—XXV]). In vielen Fällen dienen zur Befestigung des frei herabhängenden Obelisken-Magens 4 perradiale Mesenterial-Falten oder Mesogonien, welche denselben an der Subumbrella fixiren; durch 8 solche Mesogonien (4 perradiale und 4 interradiale) sind die Pectylliden ausgezeichnet (Taf. 3—8). — Die zweite Hauptform des Central- Magens, der flache Linsen-Magen (Gaster centralis lenticula), ist nur in zwei Ordnungen die vor- herrschende, unter den Craspedoten bei den Narcomedusen (System, Taf. XIX, XX), unter den Acras- peden bei den Discomedusen (System, Taf. XXVII—XL). Hier ist die horizontale Axe des Central- Magens gewöhnlich viel grösser als die verticale, und der linsenförmige flache Central-Magen tritt nicht oder nur wenig in die subumbrale Schirmhöhle vor; sein peripherer Rand ist linsenförmig zugeschärft; da der Basal-Magen und somit auch der Pylorus hier fehlt, bildet die flache Oberwand oder die „Magendecke“ unmittelbar der scheibenförmige Gallert- Körper der Umbrella; die Unterwand oder der „Magenboden“ wird durch eine dicke Gallert- Platte der Subumbrella gestützt und communicirt in der Mitte durch das Palatum mit dem Mundrohr (Taf. 26—31). $ 117. Kreuz-Kammern und Kreuz- Säulen (Camerae eruciatae et Columnae erucia- - ee lae). Bei vielen Medusen aus verschiedenen Gruppen nimmt der quadratische Central- Magen eine mehr oder minder auffallende Kreuzform an, indem 4 perradiale Ausbuch- tungen in ähnlicher Weise mit 4 interradia- len Einbuchtungen alterniren, wie das beim Mundkreuz und beim Gaumenkreuz der Fall ist (Taf. 32, Fig. 3, 4). Wir bezeichnen dann die 4 perradialen Schenkel des centralen Magenkreuzes als Kreuzkammern; hin- gegen die 4 interradialen Gallertstücke der Umbrella, welche centripetal zwischen ihnen einspringen, als Kreuzsäulen. Letztere entsprechen morphologisch dem interradialen Mittelstück der Obelisken -Platten und zu- gleich dem Central-Abschnitt der Taeniolen. Fıg. L. Cannorhiza connexa (Discomedusae, Fersuridae). Sub- Sehr auffallend tritt die Kreuzform des Üen- umbral-Ansicht des Schirmes. Die Armscheibe nebst den 8 Mundarmen „, ER et: ist entfernt, indem die 4 perradialen Armpfeiler (ab) (welche Schirm- (l al-Magens z. B. hervor bei vielen Antho- scheibe und Armscheibe verbinden) durchschnitten sind. 0» Perradiale medusen (System, Taf. IV, Fig. Ko), Lepto- Sinneskolben. o7 Interradiale Sinneskolben. um Schirmrand (nach unten B ; eingeschlagen). s Gonaden. wir Gallertkreuz der Gastrogenital-Membran medusen (System, Taf. VII. Fig. 6), Stauro- (88). gh Perradiale Schenkel desselben. ug Peripherer Schirmkranz. edusen tem. Taf. XXI ı Diseo- ce Ring-Canal. cd Pfeiler-Canäle. ca Adradial-Canäle. ci Interradial- medusen (Systern, ‚ XXII) und Disco Canäle. ep Perradial-Canäle. medusen (System, Taf. XXVIIH, XXIX ete.). IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 187 Am stärksten entwickelt sind die Kreuz-Kammern in der Unterordnung der Rhizostomen, bei welchen sie oft bedeutend grösser sind als die centrale Kreuzhöhle (System, Taf. AXXVIH—XL). Besondere Bedeutung erlangen die Kreuzkammern dann, wenn sich die Geschlechtsdrüsen grösstentheils oder ganz in ihnen entwickeln; sie werden dann bisweilen zu selbständigen Genital-Taschen; so bei manchen Anthomedusen und Discomedusen. $ 118. Magenspalten (Ostia gastralia, go). Die Communication des centralen Hauptdarmes mit dem peripheren Kranzdarm wird bei allen Medusen ausschliesslich durch die radialen „Magenspalten“ vermittelt, welche gewöhnlich auf die Seitenwand des Central-Magens beschränkt sind. Die Zahl dieser Gastral-Ostien entspricht derjenigen der Kammern des Kranzdarmes, welche in den Central-Magen münden und beträgt demnach bei der Mehrzahl der Medusen Vier. Zu diesen 4 primären per- radialen Gastral-Ostien kommen aber häufig noch 4 secundäre interradiale hinzu, bisweilen noch eine grössere und dann meistens variable Anzahl von succursalen Magenspalten. Form und Grösse derselben sind sehr verschieden. Im Allgemeinen sind natürlich die Gastral-Östien grosse und weite Spalten bei denjenigen Medusen, deren Kranzdarm aus breiten Taschen mit schmalen Scheidewänden besteht (also bei den meisten Acraspeden und namentlich bei den Tesseronien, sowie bei den Canno- stomen und den Typhlocannen unter den Semostomen, Taf. 15—31). Hingegen sind die Gastral-Ostien kleine und enge Löcher bei denjenigen Medusen, deren Kranzdarm aus engen Canälen mit breiten Scheidewänden sich zusammensetzt, also bei den meisten Craspedoten, sowie bei den Cyelocannen und Rhizostomen unter den Discomedusen (Taf. 1—8, 32). Nach ihrer Lage stehen die Gastral-Ostien bald vertical, bald schräg, bald horizontal. Durch sehr grosse und weite Gastral-Ostien zeichnen sich die meisten Tesseronien aus; vertical oder subvertieal liegen sie hier bei den meisten Peromedusen und einem Theile der Stauromedusen (Taf. 16—25); hingegen horizontal oder subhorizontal bei den meisten Cubomedusen (Taf. 26) und einem anderen Theile der Stauromedusen; sowohl hier als dort sind die Ränder der Gastral-Ostien oft ganz oder grösstentheils mit Phacellen gesäumt (Taf. 17, Fig. 21). Bis- weilen (namentlich bei den Cubomedusen) finden sich Klappen, durch welche die Gastral-Ostien ge- schlossen werden können. Durch völligen Mangel der Gastral-Ostien zeichnet sich die kleine Narco- medusen-Gruppe der Solmonetiden aus, bei welcher der ganze Kranzdarm obliterirt ist (Solmaris und Solmoneta, System, Taf. XIX, Fig. 10—12; Taf. XX, Fig. 7—10). Das ganze Gastrocanal-System ist in Folge dieser Rückbildung bei Solmaris auf einen einfachen linsenförmigen Central-Magen redueirt. $ 119. Pylorus oder Magenpforte (Porta pylorica, gy). Bei den meisten Medusen, bei welchen der Basal-Magen entwickelt ist, erscheint derselbe durch eine ringförmige Einschnürung mehr oder weniger deutlich von dem Central-Magen abgesetzt. Diese Einschnürung bezeichnen wir als Magen- pforte oder Pylorus; sie verhält sich oben ähnlich wie unten die Gaumenpforte, fehlt aber natürlich allen Medusen, bei welchen der Basal-Magen rückgebildet ist. Bei den Anthomedusen, welche allein unter den Craspedoten einen Basal-Magen oder Scheitel-Canal besitzen, ist die Pylorus - Veffinung des- selben eine einfache kreisrunde Strietur und nur bei den Cladonemiden insofern von besonderem Inter- esse, als sie vielleicht der „Triehtermündung“ entspricht, welche bei den Ctenophoren den exodermalen „Schlundmagen“ von der entodermalen „Trichterhöhle“ trennt (Cienaria, System, p. 107, Taf. VII). Unter den Acraspeden fehlt gewöhnlich der Pylorus, ebenso wie der Basal-Magen, den Discomedusen oder Ephyronien, während er bei den Tesseronien meistens deutlich ausgeprägt ist. Bei den Stauro- medusen ist die Pylorus-Strietur bald verstrichen, bald tief einschneidend (Taf. 15, Fig. 2, 3 AB). Bei 24 * 188 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. den Peromedusen wird sie durch den Proximal-Rand des Ring-Sinus scharf markirt (Taf. 21, Fig. 12, 13 C D). Bei den Cubomedusen und bei den Cannostomen entwickeln sich oft besondere „Pylorus- Klappen“ (Valvulae pyloricae), welche von den 4 interradialen Ecken der quadratischen Strietur nach innen vorspringen und den Boden von 4 kleinen „Pylorus-Taschen“ bilden (Bursae pyloricae, by). $ 120. Grundmagen oder Grundrohr (Gaster basalis vel Tubus cupolaris, auch „Stiel-Canal, Stiel- rohr, Scheitel- Canal oder Kuppel-Canal“ genannt, gb). Das Grundrohr ist die dritte und oberste von den drei Hauptkammern des centralen Hauptdarmes, durch den Pylorus vom Central-Magen getrennt, und entspricht dem „Stielrohr oder Stieleanal“ der gestielten Polypen. Bei der Mehrzahl der Medusen ist derselbe verloren gegangen und hat sich nur in einigen Gruppen durch Vererbung erhalten. Unter den Craspedoten ist er nur bei einem Theile der Anthomedusae noch zu finden und erscheint hier als ein einfacher enger Canal, welcher die Axe des Scheitel- Aufsatzes der Schirmkuppel durchsetzt und in dessen Spitze blind endigt; ursprünglich hing durch diesen Stieleanal der Magen der knospen- den Anthomeduse mit dem Magen des ammenden Tubularia-Polypen zusammen (vergl. System, p. 5, Taf. I, I, IV, VII); bei manchen Cladonemiden ist derselbe zu einer geräumigen „Scheitelhöhle“ (Cavitas cupolaris) erweitert, die bisweilen die junge Brut aufnimmt (Pteronema, Eleutheria). Von weiterem mor- phologischen Interesse ist die erweiterte birnförmige Scheitelhöhle der Cladonemiden insofern, als sie wahrscheinlich der „Trichterhöhle“ der Ctenophoren entspricht (System, p. 99, 107, Taf. VII, Ctenaria). Unter den Acraspeden fehlt der Basal-Magen gewöhnlich ganz den flach gewölbten Discomedusen oder Ephyronien, während er bei den drei übrigen Ordnungen, den hoch gewölbten Tesseronien, fast beständig erhalten und meistens sehr entwickelt ist. Er erscheint hier bei den Stauromedusae (bei den Tesseriden, Taf. 15, und Lucernariden, Taf. 16, 17) als ein kürzerer oder längerer vierseitiger Canal, welcher den Scheitel- Aufsatz oder den Stiel des Schirmes durchzieht und an dessen aboralem Ende blind geschlossen ist. Die 4 interradialen Taeniolen (ff) theilen den Stiel-Canal in 4 perradiale Halb- canäle (Stielrinnen oder „Grundmagen-Nischen“, Semicanales basales, gn, Taf. 17, Fig. 13). Diese werden bei einigen Lucernariden zu 4 getrennten Stieleanälen (Canales basales), indem die 4 interradialen Tae- niolen in der Axe des Magens zusammentreffen und hier zu einem centralen Säulchen verwachsen (Columella). Bei den Peromedusae ist der Basal-Magen stets sehr ansehnlich entwickelt, durch den Py- lorus-Ring (welcher dem oberen Rande des „Ring-Sinus“ entspricht) scharf vom Central-Magen abge- setzt und durch die vorspringenden Taeniolen in 4 Nischen oder Halbeanäle getheilt. Wenn die 4 Taeniolen durch die subumbralen, bei Periphylla bis zur Kuppelspitze empor dringenden Trichter- höhlen (Taf. 21, Fig. 12—18 ib) in hohle Kegel verwandelt werden, so tritt dadurch die Viertheilung des konischen Basal-Magens um so auffallender hervor. Bei den Cubomedusae ist der basale Magen bald mit dem centralen verschmolzen, bald von ihm durch eine Pylorus-Strietur getrennt, bildet dann aber eine sehr flache und niedrige Höhle von quadratischer Form; die 4 interradialen Ecken derselben buchten sich bisweilen zu 4 niedrigen, dreieckigen „Pylorus-Taschen“ aus (Bursae pyloricae, by), welche durch 4 vorspringende „Pylorus-Klappen“ vom Central-Magen geschieden sind (System, p. 430). $ 121. Die beiden Hauptformen des Kranzdarmes (Gaster coronaris vel Perogaster). Unter dem Begriffe des „Kranzdarmes oder Coronar-Darmes“ fassen wir das gesammte periphere Gastrocanal- System der Medusen zusammen, welches den centralen Hauptdarm kranzförmig umgiebt und nur durch die Gastral-Ostien mit demselben eommunicirt. Obgleich dasselbe in beiden Legionen der Classe im Wesentlichen dieselbe Bildung besitzt, ist dennoch anzunehmen, dass es in beiden Legionen sich un- IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 189 abhängig von einander entwickelt hat. Die Verlöthung oder Concrescenz der beiden Wände des peri- pheren Gastral-Raumes, durch welche die radialen Kammern des Kranzdarmes entstehen, zeigt in beiden Legionen einen wesentlichen Unterschied. Bei den Craspedoten, welche von Hydro-Polypen (ohne Taeniolen!) abstammen, ist die concave Innenfläche der Notumbrella oder des Dorsal- Schirmes mit der convexen Aussenfläche der Coelumbrella oder des Ventral-Schirmes fast in ihrer ganzen Aus- dehnung dergestalt verwachsen, dass die Cathammen ursprünglich 4 breite Tafeln darstellen, zwischen welchen nur 4 enge Radial-Canäle übrig bleiben; diese treten dann am peripheren Schirmrande nachträglich durch einen seeundären Ringcanal in Verbindung. Bei den Acraspeden hingegen, welche von Seypho-Polypen (mit den 4 characteristischen Taeniolen) abstammen, sind diese Magen- leisten der Ausgangs-Punkt der Conerescenz; an 4 interradialen Punkten ist der Dorsal-Theil der 4 Taeniolen (an der Notumbrella) mit ihrem Ventral-Theil (an der Coelumbrella) dergestalt verwachsen, dass die Cathammen ursprünglich 4 kleine Knoten oder schmale Leisten darstellen, zwischen welchen 4 breite Radial-Taschen frei bleiben; diese communieiren am peripheren Schirmrande, unterhalb der 4 Knoten durch einen primären Ringcanal, den Distalrest des einfachen Gastral-Raumes. Ob- gleich nun diese beiden wesentlich verschiedenen Hauptformen des Kranzdarmes in beiden Legionen wahrscheinlich eine durchgreifende primäre Differenz in seiner Conformation ausdrücken, so kommen doch in beiden Legionen Modificationen desselben vor, welche die abgeleiteten Bildungen in Beiden zum Verwechseln ähnlich machen. Insbesondere nähern sich die Narcomedusen auffallend den Acraspeden, die Cubomedusen hingegen den Craspedoten. Trotzdem sind beide Gruppen genetisch ganz verschieden, und es ist daher zweekmässig, beide Hauptformen des Kranzdarmes hier gesondert zu betrachten; die erstere bezeichnen wir als Canal-Kranz, die letztere als Taschen-Kranz. $ 122. Canal-Kranz der Craspedoten (Corona canalıum). Bei der grossen Mehrzahl der Cras- pedoten erhält sich eine und dieselbe Form des Kranzdarmes, welche für diese Medusen-Legion als die typische und ursprüngliche anzusehen ist: der Canal-Kranz. Dieser ist zusammengesetzt aus 4 engen perradialen Canälen (Fig. M cp), welche von den 4 Ecken des Central-Magens abgehen, in der Subumbrella zum Schirmrande verlaufen und sich hier durch einen Ringeanal verbinden (cc), vergl. Taf. 1, 2. Dieser typische viertheilige „Canal-Kranz“ der „Uydro-Medusen“ ist aus dem einfachen Ga- stral-Raum ihrer Vorfahren, der Hydro-Polypen, dadurch entstanden, dass dessen beide Wände (Kelch- wand und Peristom-Wand) sich an einander legten und dergestalt verlötheten, dass nur 4 enge Radil- an) IL IE Canäle zwischen ihnen offen blieben. Die breiten > —n Ei Concerescenz-Flächen zwischen den 4 perradialen Ca- nälen enthalten auch bei der ausgebildeten Craspedote noch jene wichtige (ursprünglich doppelte) Schicht von Entoderm-Zellen, welche ihre Entstehung docu- H Fig. M. ee , ee 9 6 pidae), Subumbral-Ansicht. a Quadratische Mundöffnung. mentirt (Cathammal - Platte, $ 101). Der marginale s Ovarien. cp Perradial-Canäle. cc Ringcanal. v Velum. „Ring - Canal“ (cc), welcher die 4 Radial-Canäle am 0% Velare Randbläschen (adradial). A Schirmhöhle. rc Ner- j 3 : i i venring. oc Ocellen an der angeschwollenen Basis der Schirmrande in Verbindung setzt, scheint nicht der Tentakeln. ug Schirmgallerte, ? Tentakeln. 190 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. offen gebliebene Marginal-Theil des ursprünglich einfachen Gastral-Raumes (des Hydropolypen) zu sein, sondern dadurch zu entstehen, dass sich die Distal-Enden der offen gebliebenen Radial -Canäle durch marginale Ausläufer in Verbindung setzen (daher: „Secundärer Ringcanal“). Diese typische Urform des Kranzdarmes der Craspedoten unterliegt vielfachen Modificationen, von denen einzelne (Narcomedusae) dem Taschenkranz der Acıaspeden zum Verwechseln ähnlich werden („Convergente Züchtung“). $ 123. Radial-Canäle (Canales radiales, cr). Bei der grossen Mehrzahl der Craspedoten finden sich nur 4 perradiale Canäle vor, welche an der Insertion der 4 primären Tentakeln in den Ringcanal münden. Sie sind gewöhnlich sehr eng, eylindrisch, seltener band- förmig abgeplattet (bei einigen Tiariden, Geryoniden, Narcomedusen). Selten kommen 6 statt 4 Canäle vor (bei einem Theile der Canno- tidae und Geryomidae, System, Taf. IX, Fig. 6—9; Taf. XVII, Fig. 7, 8). In einigen Familien kommen constant 8 Canäle vor, indem in der Mitte zwischen den 4 perradialen sich nachträglich 4 interradiale secundär entwickeln (Taf. 3—8; Melicertidae, Octocannidae, Trachyne- midae, Aglauridae, System, Taf. VII, XVI, XVID. Selten hingegen finden sich 8 adradiale Canäle, welche durch basale Gabeltheilung von 4 perradialen entstehen (Cienaria, Cladonema, Dendronema, System, 5 - Taf. VID. Bei den Aequoriden steigt die Zahl der Radial - Canäle Fis. N. Oectorchis germanica N B 2 ( Leptomedusae, Eucopidae), Profil-Ansicht. Von 8 auf 50—60, bisweilen auf 100—200 und darüber, und dann ug Gallertschirm. ws Solider gallertiger ist sie zugleich sehr unbeständig (System, Taf. XIV, XV). Ebenso Magenstiel. v Velum. ov Velare Rand- ö ? Kal, . B ; bläschen. ip Perradiale Tentakeln. &# In- variabel und inconstant ist ihre Zahl bei den Narcomedusen, wo sie a 2 en er jedoch nicht über 32 steigt, meistens zwischen 11 und 20 beträgt den (am Magenstiel). cp Perradiale Ca- (System, Taf. XIX, XX). Während die Radial-Canäle der meisten näle g Magen. al Mundlappen. \ 2 S ; ; ‚ ! Craspedoten ganz einfach und unverästelt sind, zeichnen sich die drei Subfamilien der Cannotidae durch mannichfaltige Verästeiung derselben aus; die Radial-Canäle der Polyorchidae sind mit blinden Seitenästen besetzt und erscheinen daher gefiedert (Piychogena, Taf. 2); bei den Berenicidae münden die einfachen oder verästelten Seitenzweige der Radial-Canäle, ebenso wie deren directe Fortsetzung in den Ringcanal; bei den Williadae theilen sich die Radial-Canäle gabelför- mig in je zwei Aeste, wie bei den Cladonemiden und Zygocanniden; auch können sich die Gabeläste wiederholt dichotom verästeln (System, Taf. IX). Bei denjenigen Craspedoten, bei welchen sich im Centrum der Subumbrella ein solider gallertiger Magenstiel entwickelt, zerfällt jeder Radial-Canal in zwei Abschnitte; in einen aufsteigenden Stielcanal und einen absteigenden Subumbral - Canal; der erstere führt vom Magengrunde, am ÖOral-Ende des Magenstiels, bis zur Basis des letzteren (im Grunde der Subumbrella); der letztere von hier bis zum Ringeanal (Fig. N). $ 124. Ringcanal der Craspedoten (Canalis circularıs, cc). Bei allen Craspedoten werden ur- sprünglich die Radial-Canäle am Schirmrande durch einen Ringeanal (Canalis circularis) verbunden. Die Ontogenese desselben ergiebt, dass er nicht durch Offenbleiben des primären Gastral-Raumes an seinem peripheren Rande entsteht, sondern durch secundäre Anastomosen -Bildung der Radial - Canäle. Während die letzteren dadurch entstehen, dass die beiden Entoderm-Flächen des einfachen Gastral- Raumes der Polypen zu 4 breiten interradialen Cathammal-Tafeln verwachsen, bildet sich der verbindende IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 191 Ring-Canal am Distal-Ende der offen gebliebenen Radial-Canäle dadurch, dass zwischen ihnen am Distal- Rande der entodermalen Cathammal-Platte die beiden Epithel-Schichten derselben (dorsales und ven- trales Entoderm) wieder aus einander weichen. Der marginale Ring-Canal der Craspedoten bildet sich demnach in ähnlicher Weise, wie der secundäre Ringeanal der Cycloperien unter den Discomedusen, während der primäre Ring-Canal (oder besser „Ring-Sinus“) der übrigen Acraspeden eine ganz andere Bildung ist (vergl. unten $. 126, 134). Von dem einfachen Ringeanal der Craspedoten gehen in di- staler Richtung die Tentakel-Canäle ab, welche in die hohlen Tentakeln hinein gehen. In proximaler Richtung entwickeln sich bisweilen „Centripetal-Canäle“, welche vom Ringeanal aus gegen die Nitte der Subumbrella hinwachsen und hier blind enden ($ 135). $ 125. Feston-Canal und Radial-Taschen der Narcomedusen. Durch ganz eigenthümliche Bildungs-Verhältnisse des Kranzdarms, welche von denjenigen der übrigen Craspedoten völlig verschie- den erscheinen, ist die Ordnung der Narcomedusen ausgezeichnet. Scheinbar gehen hier von der Peri- pherie des-Central-Magens breite blinde Taschen aus, welche nicht durch einen Ringeanal zusammen- hängen und denjenigen der Typhloperiae unter den Discomedusen gleichen. Indessen ergiebt die ge- nauere vergleichende Untersuchung derselben, dass sie mit diesen letzteren nicht zu vergleichen sind, dass vielmehr auch hier die typische Grundform des Kranzdarms ursprünglich dieselbe ist, wie bei allen übrigen Craspedoten: 4 enge perradiale Canäle, welche am Schirmrande durch einen Ring-Canal communieiren. Nur erleidet diese ursprüngliche Bildung hier eigenthümliche Modificationen, welche in erster Linie durch die centripetale Wanderung der Tentakeln auf die Exumbrella bedingt erscheinen (vergl. „System“, 1879, Taf. XIX, XX, p. 302— 306). Während nämlich bei den übrigen Craspedoten die Tentakeln gewöhnlich ihre ursprüngliche Stellung am Schirmrande beibehalten, wan- dern sie bei den Narcomedusen von da aus auf die Dorsalfläche der Exumbrella hinauf, gegen den Scheitel hin, und nehmen dabei von ihrer ursprünglichen Insertion einen Theil des Schirmrandes mit, dessen Nesselring sich in eine centripetale Schirmspange (Peromium) verwandelt ($ 68, Taf. 9—14 en). Der ursprünglich marginale Ringeanal, welcher an der Innenseite des marginalen Nesselringes liegt, folgt dem centripetalen Ausläufer des letzteren, welcher in der Exumbrella das Peronium bildet, und säumt beide Seitenränder des letzteren in Gestalt eines doppelten Spangen-Canals (Canalis peronia- lis, ck, Taf. 9—14). An der dorsalen Insertions-Stelle des Tentakels münden die beiden parallelen (nur durch das Peronium getrennten) Doppel-Canäle in das Distal-Ende des eigentlichen Radial-Canals ein, welcher taschenartig verbreitert ist (Cumantha, Cunina, System, Taf. XIX, Fig. 1, 3). Während viele Cunanthidae (die Cunoetanthidae) dieses einfachste Verhalten zeigen und sich unmittelbar an gewisse Tra- chomedusen (Geryonidae) anschliessen, spaltet sich bei anderen Cunanthiden (Cunoctomdae) der Distal- Theil jedes Radial-Canals gabelförmig in je zwei blinde, distalwärts divergirende Taschen, und diese internemalen Lappentaschen liegen demgemäss paarweise zwischen je zwei Peronien und Peronial-Ua- nälen (Cunarcha, Taf. 9, Fig. 2—4; Cunoctona, System, Taf. XX, Fig. 1—6). Bei den nächstverwandten Aeginidae wird der einfache Proximal- Theil der verbreiterten Radial-Canäle rückgebildet oder geht in der Magen-Peripherie auf, während die beiden aus ihrem Distal- Theil entstandenen „Lappentaschen“ sich zu selbständigen „internemalen Magentaschen“ ausbilden, die unmittelbar in die Magen-Peripherie münden (Aeginura, Taf. 13, 14; Aegina, System, Taf. XX). Die doppelten Peronial-Canäle, welche zwi- schen je zwei Taschen-Paaren in den Magen münden, scheinen hier zunächst einfache „Radial-Canäle“ zu sein, welche sich am Schirmrande durch einen zusammenhängenden einfachen Ringeanal verbinden; in der That aber besteht dieser scheinbar einfache „Ringcanal“ aus 4 oder 8 getrennten „Randcanälen“ 192 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. (Canales marginales, cm); diese werden durch die Distal-Enden der Peronien völlig geschieden, und jeder Randcanal bildet zusammen mit den zugekehrten Hälften der beiden anstossenden peronjalen Doppel- Canäle einen hufeisenförmigen „Bogen-Canal“. Zwischen je 2 Peronien mündet ein Bogen-Canal mit 2 getrennten Ostien in die Magenhöhle. Den ganzen Ringeanal aber, der sich bei den Aeginiden der- gestalt aus 4 oder 8 getrennten Bogen -Canälen zusammensetzt, nennen wir den Feston-Canal (Canalis festivus, cf, Taf. 13, 14). — Wieder eine andere Modification bieten die Peganthidae (Taf. 10—12). Hier gehen die Radial- Canäle vollständig im centralen Magen auf oder werden rückgebildet, so dass der Feston- Canal (oder der modificirte Ring-Canal) unmittelbar in den Magen mündet, und zwar mit doppelt so viel Öefinungen, als Bogen den Feston-Canal zusammensetzen; jeder Bogen desselben mün- det mit 2 Ostien ein (go). In der Familie der Solmaridae endlich verschwindet der Feston-Canal voll- ständig, durch Obliteration; auch die Radial-Canäle können hier gleichzeitig völlig obliterirt sein (Sol- monelidae), während bei anderen Solmariden bald die pernemalen Magentaschen erhalten bleiben (Solmis- sidae), bald die internemalen Magentaschen (Solmundinae, System, Taf. XIX, XX, p. 346). $ 126. Taschen-Kranz der Acraspeden (Corona bursarum). Im Gegensatze zu dem typischen „Canal-Kranze“ der Craspedoten ist für die Legion der Acraspeden eine wesentlich verschiedene Form des Kranzdarmes als typische und ursprüngliche Einrichtung anzusehen: der „Taschen-Kranz“, zu- sammengesetzt aus 4 weiten perradialen Taschen, welche von dem Umfang des Central - Magens ab- gehen, in der Subumbrella gegen den Schirm-Rand verlaufen und sich hier durch einen Ringeanal verbinden. Dieser typische viertheilige „Taschen -Kranz“ der Scypho-Medusen hat sich aus dem einfachen Gastral-Raum ihrer Vorfahren, der Seypho-Polypen, dadurch entwickelt, dass die 4 in- terradialen Taeniolen desselben an 4 Punkten (gleicher Höhe) oder in 4 Streifen mit ihrem oberen Dorsal-Stücke und ihrem unteren Ventral-Stücke sich an einander legten und verlötheten. So entstan- den 4 kleine interradiale Knoten oder schmale Leisten (Taf. 15, Fig. 2, 3 kn; Taf. 16, Fig. 2, 3 ks); dieselben bilden unvollständige Scheidewände zwischen 4 weiten perradialen Taschen (bp). Die kleinen Verwachsungs-Knoten oder die 4 schmalen Verwachsungs-Leisten enthalten auch bei den ausgebildeten Acraspeden noch eine doppelte (oder durch Verschmelzung einfach gewordene) Schicht von Entoderm- Zellen, welche als „Cathammal-Platte“ jene Entstehung beweist ($ 101, Taf. 25, Fig. 8). Der mar- ginale Ringeanal, welcher unterhalb der 4 schmalen Septen die 4 breiten Taschen am Schirmrande in Verbindung setzt, scheint der offen gebliebene Marginal-Theil des ursprünglich einfachen Gastral-Rau- mes des Sceypho-Polypen zu sein (daher: „Primärer Ringcanal“). Diese typische Urform des Kranzdarms der Acraspeden unterliegt vielfachen Modificationen, von denen einzelne (Flosculidae) dem „Canal-Kranz“ der Craspedoten zum Verwechseln ähnlich werden („Convergente Züchtung‘). $ 127. Radial-Taschen (Bursae radiales, br). Im Gegensatze zu den häufigen Abweichungen von der Vierzahl der typischen Radial-Canäle, welche die Craspedoten zeigen, ist sehr bemerkenswerth die constante Vierzahl der perradialen Taschen bei den Acraspeden. Ursprünglich (phylo- genetisch!) sind sie hier wohl allgemein vorhanden; aber häufig gehen sie allerdings frühzeitig verlo- ren. Sie entsprechen den 4 flachen Magen-Nischen von Scyphostoma, welche constant durch 4 inter- radiale Taeniolen geschieden werden. Häufige individuelle Ausnahmen (besonders Individuen mit 6 oder 8 Radial-Taschen) sind von keiner Bedeutung, weil sie sich nicht erblich erhalten. Im Allge- meinen unterscheiden sich jedoch die beiden Sublegionen der Acraspeden, Tesseronien und Ephy- ronien, insofern sehr auffallend, als bei den Tesseroniae (Taf. 15—26) die 4 primären Radial-Taschen IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 193 stets sehr gross bleiben und nebst dem zugehörigen Ring-Sinus permanent den Hauptbestandtheil des Kranzdarms bilden; während sie bei den Ephyroniae (Taf. 27—32) gewöhnlich rückgebildet werden oder durch Verschmelzung mit dem Central-Magen in diesem aufgehen, aber auch sonst nur unbedeutend erscheinen und gegen den peripheren Taschenkranz ganz zurücktreten. Dieser letztere, der mindestens aus 8, meistens aber aus 16 radialen Kranz-Taschen besteht, bildet bei den Ephyroniae stets den Haupt- bestandtheil des Kranzdarms, tritt hingegen bei den Tesseroniae ganz gegen den inneren viertheiligen Taschenkranz zurück. Damit stehen aber wichtige Differenzen in der übrigen Organisation der beiden Sublegionen im Zusammenhang. Es wird daher praktisch sein, die Radial- Taschen der Tesseronien und Ephyronien gesondert zu betrachten. $ 128. Die 4 Perradial-Taschen der Tesseronien. In allen drei Ordnungen der Tessero- nien, bei den Stauromedusae, Peromedusae und Cubomedusae, bilden die 4 primären Perradial-Taschen (bp) nach Umfang und Ausdehnung den bei weitem bedeutendsten Theil des Kranzdarmes, während der marginale Taschenkranz an deren Peripherie dagegen sehr zurücktritt (System, p. 363—449, Taf. XXI —XXVD. Da der Schirm bei allen Tesseronien hochgewölbt ist und seine geometrische Grundform eine hohe (meistens oben abgestutzte) Quadrat-Pyramide darstellt, so nehmen die 4 breiten Taschen die 4 Seitenflächen derselben ein, während die 4 interradialen Septen zwischen ihnen den 4 Kanten der regulären Pyramide entsprechen. Am oberen oder proximalen Rande communieirt jede viereckige Tasche durch ein spaltförmiges Gastral-Ostium (go) mit dem Central-Magen, am unteren oder distalen kande durch zwei oder mehrere Spalten mit den Marginal- Taschen; ihre beiden Seitenränder werden durch die Septen oder Cathammen und deren ideale (interradiale) Verlängerungen gebildet. Unterhalb der 4 Cathammen communieiren alle 4 Perradial-Taschen durch 4 interradiale Spalten, welche zusam- men einen idealen „primären Ring-Canal“ herstellen, den „Kranz-Sinus“ (Sinus coronaris, $ 134). Von den beiden flachen viereckigen Wänden jeder Perradial- Tasche wird die äussere (abaxiale) von der inneren (concaven) Entoderm - Fläche der Notumbrella gebildet, hingegen die innere (axiale) von der äusseren (convexen) Entoderm-Fläche der Coelumbrella. Während in diesen wesentlichsten Bau- Verhältnissen sämmtliche Tesseronien ohne Ausnahme übereinstimmen, finden sich im Einzelnen doch mancherlei bedeutende Modifieationen, welche hauptsächlich einerseits auf die verschiedene Ausdehnung der Cathammen, anderseits auf die verschiedene Stellung der Gastral-Ostien zurückzuführen sind. Diese letzteren bilden bei einem Theile der Stauromedusen und bei sämmtlichen Peromedusen schmale Längsspalten des Central-Magens, welche mehr oder weniger vertical stehen, hingegen bei dem anderen Theile der Stauromedusen und bei allen Cubomedusen breite Querspalten, welche mehr oder weniger horizontal stehen; demnach ist auch das specielle anatomische Verhältniss des proximalen Taschen-Theiles zum Central-Magen ziemlich verschieden. Was die 4 interradialen Septen der 4 Ta- schen oder die 4 primären Cathammen betrifft, so sind diese bei einem Theile der Stauromedusae (Tesseridae) und bei allen Peromedusae kleine, aber sehr feste, knorpelharte Knoten (Nodi cathammales) von geringem Umfange (Taf. 15, Fig. 2—6 kn; Taf. 20—24 kn), hingegen bei dem anderen Theile der Stauromedusae (Lucernaridae) und bei sämmtlichen Cubomedusae schmale und lange Leisten (Zimites ca- thammales, Taf. 16, 17 ks). Die Peromedusen zeichnen sich ausserdem dadurch vor den anderen Tes- seronien aus, dass die 4 Perradial-Taschen oberhalb der 4 Septal-Knoten zu einem mächtigen „oberen Ringsinus“ zusammentreten, welcher den Central-Magen ringförmig umgiebt und mit seinem oberen (geschlossenen) Rande bis zum Pylorus-Ringe hinaufreicht (Periphyllidae, Tafel 20, Tafel 21 cs!; ver- gleiche $ 134. Haeckel, Tiefsee- Medusen. 25 194 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 129. Die 4 Perradial- Taschen der Ephyronien. In durchgreifendem Gegensätze zu der ersten und älteren Sublegion der Acraspeden, zu den Tesseronien, schlägt der Kranzdarm bei der zweiten und jüngeren Sublegion derselben, bei den Ephyronien, eine wesentlich verschiedene Bil- dungs-Richtung ein. Während die 4 primären Perradial- Taschen des Kranzdarmes bei den ersteren stets sehr gross sind und seinen Haupt-Bestandtheil bilden, scheinen sie dagegen bei den letzteren zu fehlen oder nur als kleine Rudimente zu existiren; sie sind daher bis heute bei den Ephyronien oder Discomedusen völlig übersehen und von keinem Medusologen gewürdigt worden. Sehr wichtig sind für deren Verständniss die beiden vorstehend beschriebenen Tiefsee-Cannostomen Nauphanta (Taf. 27, 28) und Atolla (Taf. 29), weil sie die ursprüngliche Bildung vermöge ihrer Grösse deutlicher zeigen als die bekannte kleine Nausithoe, bei welcher die 4 Septal-Knoten zwar auch ebenso vorhanden, aber sehr klein und bisher stets übersehen worden sind. Bei allen den genannten Cannostomae (und wahr- scheinlich bei allen Discomedusen dieser Unterordnung) finden sich im oberen Theile des Kranzdarmes 4 interradiale Septal-Knoten (kn, Taf. 27, Fig. 3; Taf 28, Fig. 14, 15; Taf. 29, Fig. 3, 6 An). Dieselben entsprechen nach Lage und Bedeutung vollständig denjenigen der Tesseriden (Taf. 15, Fig. 2—6 kn) und der Periphylliden (Tat. 20—24 kn). Bei Atolla (Taf. 29) sind diese wichtigen 4 in- terradialen Cathammal-Knoten stark abgeplattet, dreieckig; bei Nauphantha hingegen (Taf. 27, 28) und ebenso bei Nausithoe sehr klein und daher bis jetzt nicht berücksichtigt. Dennoch zeigen sie auf dün- nen Querschnitten deutlich die bedeutungsvolle Cathammal-Platte oder Entoderm-Lamelle (dk), die Verlöthungsplatte zwischen Gallertkörper der Notumbrella und Stützplatte der Coelumbrella (Taf. 25, Fig. 8 dk). Durch diese 4 interradialen „Verwachsungs-Knoten“ wird die Ventral- Wand der letzteren mit der Dorsal-Wand der ersteren fest verlöthet und zwischen ihnen bleiben 4 perradiale Querspalten, welche die 4 rudimentären, sehr verkürzten „Radial-Taschen“ darstellen und deren Proximal-Rand dem- nach zugleich als „Gastral-Ostium“ zu deuten ist (0). Denkt man sich jene Knoten in Gestalt schma- ler Septal-Leisten interradial nach unten verlängert, so zerfällt dadurch der unterhalb gelegene „Coro- nar-Canal“ oder „Ring-Sinus“ (cs) in 4 breite und lange Radial-Taschen, welche denjenigen der Lu- cernaridae gleichen (Taf. 16, 17 bp). In den beiden übrigen Unterordnungen der Discomedusen, bei den Semostomae und Rhizostomae, scheinen die 4 primären, ursprünglich sicher vorhandenen Septal- Knoten rückgebildet und verloren gegangen zu sein, während die Cannostomae sie noch bis heute getreu con- servirt haben; und die Cannostomen, die den Tesseronien in vieler Beziehung noch so nahe stehen, sind ja die Stammformen der Discomedusen, aus denen sich erst später die Semostomen (— und aus diesen noch viel später die Rhizostomen —) entwickelt haben. Bei den Ephyrula-Larven der letzteren deuten wahrscheinlich die 4 primären Gastral-Filamente ungefähr die Stelle an, wo sich früher die Septal-Knoten ihrer Vorfahren befunden haben. Vielleicht sind auch die oben beschriebenen 4 „Kreuz- taschen“ des Central-Magens theilweise oder ganz als Reste der ursprünglichen 4 hadial-Taschen des Kranz-Darmes zu deuten; sowie die centripetalen Septal-Leisten zwischen ihnen als Reste der Catham- mal-Tafeln. $ 130. Die Marginal-Taschen der Tesseronien. Nur bei der ersten und ältesten Familie der Tesseronien, bei den Tesseridae, wird der periphere Kranzdarm ausschliesslich durch die 4 grossen Per- radial-Taschen gebildet und durch den marginalen Ringcanal oder Ringsinus, welcher dieselben unter- halb der 4 interradialen Septen in Verbindung setzt (Tesserantha, Taf. 15, Fig. 2—6; Tessera, System, Taf. XXI). Bei allen übrigen Tesseronien finden sich am Distal- Rande der 4 Perradial-Taschen noch andere Taschen vor, welche als periphere Ausbuchtungen der letzteren sich entwickeln und den Kranz IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 195 (der Marginal-Taschen zusammensetzen. Bei den Lucernaridae werden dieselben durch 4 Paar „Armtaschen“ dargestellt, welche in die 8 adradialen Arme oder Randlappen hineingehen und von deren Distal-Ende aus in jeden Tentakel einen Tentakel-Canal schicken (Taf. 16, 17). Ganz ähnlich verhalten sich die Charybdeidae, deren 8 adradiale Rand-Taschen abwechselnd durch die 4 interradialen Septen und die 4 peradialen Frenula velarii geschieden werden (Taf. 26). Bei den Chirodropidae wird ihre Zahl verdoppelt, indem jede der 8 adradialen Randtaschen sich in 2 subradiale Lappentaschen spaltet (System, p. 446, Taf. XXVD. Ausserdem gehen bei den meisten Cubomedusae (mit Ausnahme der niedersten Formen, der Procharagmidae) zahlreiche einfache oder verästelte „Velar-Canäle“ vom Distal-Rande der Lappentaschen aus, welche sich im Velarium (der breiten, die Randlappen verbin- denden Randhaut) ausbreiten und ohne Anastomosen blind enden (Taf. 26, Fig. 8 cv). Etwas anders ist das Verhältniss bei den Peromedusae, indem hier zunächst bei den Pericolpidae (System, Taf. XXIII) vom Distal-Rand des Ring-Sinus 8 prineipale Kranztaschen abgehen (4 perradiale und 4 interradiale). Die Subumbral-Wand derselben bilden die 8 Kranztafeln des Kranz-Muskels. Jede der 8 Kranztaschen spaltet sich in 2 distale Lappen-Canäle und einen medialen Haupt-Canal. Der letztere geht bei den 4 perradialen Kranztaschen in den Tentakel, bei den 4 interradialen in den Sinneskolben; die beiden Lappen -Canäle jeder Kranztasche hingegen (bl) versorgen die zugekehrten Hälften von je 2 benach- barten Randlappen und communieiren an deren Distal-Ende durch einen Hufeisen - Canal (bu) mit den entgegenkommenden Canälen der anderen Hälften (Taf. 22, Fig. 22; Taf. 23, Fig. 29). Die Periphyllidae unterscheiden sich von den Pericolpidae nur dadurch, dass an Stelle jedes einfachen perradialen Ten- takels 3 Tentakeln und 2 dazwischen eingeschaltete subradiale Randlappen treten (Taf. 18 —25). In- dem sämmtliche Lappencanäle der Peromedusen durch Uförmige Hufeisen-Canäle (bu) unten am Distal- Ende der Randlappen in Verbindung stehen, oben aber am Proximal-Ende in benachbarte Kranztaschen münden, entsteht bei allen Peromedusen am äussersten Rande des gelappten Schirms ein gewundener zusammenhängender „Feston-Canal“ von eigenthümlicher Bildung (Taf. 20, Fig. S; Taf. 22, Fig. 22). $ 131. Die Marginal-Taschen der Ephyronien. Während bei den Tesseroniae die Marginal- Taschen stets nur als untergeordnete Anhänge am Distal- Rande der 4 Perradial- Taschen (oder des grossen, aus deren Verbindung gebildeten Ring-Sinus) erscheinen, bilden sie dagegen bei den Ephyro- niae oder Discomedusue den Hauptbestandtheil des Kranzdarms; sie differenziren sich hier in grösster Mannichfaltigkeit. Je mehr bei den Discomedusen die 4 primären Perradial-Taschen zurücktreten, desto mehr breiten sich an ihrer Stelle die zahlreichen und voluminösen Marginal-Taschen aus; trotzdem sind die letzteren auch hier ursprünglich als distale Fortsätze oder periphere Ausstülpungen der ersteren anzusehen. Bei der mannichfaltigen und vielgestaltigen Differenzirung, welche der Kranz der Marginal- Taschen in den verschiedenen Gruppen der Discomedusen erfährt, ist es wichtig, die ursprünglichen von den späteren Bildungen zu unterscheiden. Als ursprüngliche Marginal- Taschen der Ephyronien betrachten wir nur jene einfachen 8 prineipalen Radial-Taschen (4 perradiale und 4 interradiale), welche bei der Ephyrula-Larve dieser Ordnung überall zuerst auftreten und zu den 8 typischen Sin- neskolben oder Rhopalien derselben hingehen (daher „Sinnes-Taschen, Ocular- Taschen oder Rhopa- lar-Taschen“ genannt, Bursae rhopalares, br). Sie entsprechen den 8 „Kranztaschen“ der Pericol- pidae (unter den Peromedusen), von denen ebenfalls 4 perradial, 4 interradial liegen (erstere zu den Tentakeln, letztere zu den Rhopalien gehend; Holzschnitt Fig. O, p. 198). Zu diesen 8 prineipalen Rhopalar- Taschen der Discomedusen treten aber alsbald 8 adradiale, mit ihnen alternirende Ten- tacular-Taschen, welche zu den 8 typischen Adradial-Tentakeln dieser Ordnung hingehen (Taf. 27, 2 196 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. 28 bt). Der characteristische Kranz der Marginal- Taschen besteht daher bei den meisten Ephyronien aus 16 Kranztaschen (Bursae coronares, bc), von denen die 8 prineipalen Rhopalar- Taschen jedoch phylogenetisch älter sind, als die 8 adradialen Tentakel-Taschen. Alle 16 Taschen werden durch 16 schmale Septen oder „Verwachsungs - Streifen“ getrennt; diese 16 subradialen Cathammal-Lei- sten entsprechen den 16 subradialen Lappenspangen der Periphylliden. Indessen communieiren die 16 Kranztaschen der Discomedusen nicht, wie die der letzteren, durch einen marginalen Festoncanal (unterhalb der Distal-Enden der Cathammal-Leisten), bleiben vielmehr ursprünglich völlig getrennt und endigen blind. Dieses ursprüngliche Verhalten zeigen noch heute viele Ephyriden, indem die 8 grös- seren Prineipal- Taschen in den 8 Sinneskolben, die 8 kleineren Adradial- Taschen an der Basis der 8 Tentakeln blind geschlossen endigen. Aus diesem primären Verhalten lassen sich die mannichfal- tigen peripheren Taschen -Bildungen der Discomedusen sämmtlich als secundäre Modifieationen und jüngere Fortbildungen ableiten. $ 132. Typhloperien oder Ephyronien ohne Annular-Canal. Der periphere Taschenkranz der Discomedusen besteht nach der vorstehenden Ausführung ursprünglich bei allen Acraspeden dieser Ordnung (wie noch heute bei ihrer Ephyrula-Larve) aus 16 einfachen blinden Kranz-Taschen, welche durch 16 schmale subradiale Cathammal-Leisten geschieden werden, und von denen die 8 prineipalen (4 perradiale und 4 interradiale) zu den 8 Rhopalien, die 8 adradialen zu den 8 Tentakeln gehen. Bezüglich der weiteren Differenzirung dieses ursprünglichen Taschenkranzes bestehen aber in dieser formenreichen Ordnung; zwei verschiedene Typen, von denen wir der Kürze halber den älteren, con- servativen als Typhloperiae, den jüngeren, progressiven als Cyeloperiae bezeichnen; der letztere ist durch die Erwerbung eines secundären Ringeanals ausgezeichnet, welcher dem ersteren noch fehlt. Die Gruppe der Typhloperien, oder der Ephyronien ohne Ringcanal, umfasst von den drei Un- terordnungen dieser Ordnung erstens sämmtliche Cannostomen (Ephyridae, Linergidae) und zweitens die Hälfte der Semostomen (Pelagidae, Cyaneidae). Hier bleiben die 16 Kranztaschen stets völlig isolirt, gleichviel ob sie einfach bleiben oder sich vielfach verästeln. Einfach und unverästelt bleiben die Ta- schen hier bei den Ephyridae (System, Taf. XXVII, XXVIN) und Pelagidae (System, Taf. XXXD; nur spaltet sich hier gewöhnlich jede Kranztasche gabelförmig in zwei Lappentaschen, welche die zuge- kehrten Hälften von je zwei benachbarten Randlappen versorgt; die beiden einfachen blinden Lappen- taschen eines jeden Lappens gehören somit zwei verschiedenen benachbarten Randlappen an und blei- ben getrennt durch die (subradiale) Lappenspange. Demnach sind hier meistens 32 blinde Lappentaschen vorhanden, deren Zahl jedoch später durch Spaltung und Bildung seeundärer Lappen beträchtlich ver- mehrt werden kann. Durch distale Verästelung der Lappentaschen zeichnen sich dagegen aus die Li- nergidae (System, Taf. XXIX) und die Cyaneidue (System, Taf. XXX). Hier entsendet jede Lappentasche aus ihrer Peripherie zahlreiche gabelspaltige oder dendritisch verästelte Canäle; dieselben verhalten sich ähnlich den dendritischen „Velar-Canälen“ der Cubomedusen (Taf. 26), bilden keinerlei Anastomosen und endigen überall mit blinden Aestchen an der Peripherie der Lappen (Taf. 30, 31). $ 133. Cyceloperien oder Ephyronien mit Annular-Canal. Während bei den vorstehend ge- schilderten Typhloperien die 16 ursprünglichen Kranztaschen und ihre distalen Verästelungen völlig getrennt bleiben, zeichnet sich dagegen die zweite Hälfte der Diseomedusen dadurch aus, dass sich zwischen denselben ein verbindender Ringeanal entwickelt. Diese Gruppe der Cyceloperien, oder der Ephyronien mitRingceanal, umfasst von den drei Unterordnungen dieser Ordnung erstens die IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 197 Hälfte der Semostomae (Flosculidae, Ulmaridae) und zweitens sämmtliche Rhizostomae. Aus der Ontogenie dieser Cycloperien geht mit Sicherheit hervor, dass dieselben phylogenetisch von den Typhloperien abzuleiten sind, und dass ihr characteristischer Ringceanal (Canalis annularıs, en) sich erst secundär als ringförmige periphere Anastomose zwischen den 16 ursprünglich getrennten und blinden Kranz- taschen entwickelt hat. Die Ephyrula-Larve der Cyeloperien ist derjenigen der Typhloperien zum Ver- wechseln ähnlich und ebenfalls nur mit 16 einfachen blinden Kranztaschen ausgerüstet. Erst im Laufe ihrer Metamorphose bilden dieselben bei den Cycloperien seitliche Ausläufer, welche denjenigen der benachbarten Kranztaschen entgegenwachsen und mit ihnen in offene Anastomose treten. So entsteht dieser seeundäre Ringeanal der Cycloperien (Canalis annularis), welcher demnach analog (nicht homolog) dem secundären „Ringeanale“ (Cunalis eireularis) der Craspedoten, aber ganz etwas Anderes ist, als der „Kranzeanal“ oder primäre Ringeanal der Acraspeden (Canalis coronaris). Dieser letztere liegt an der Proximal-Seite der Kranztaschen (zwischen ihnen und den 4 Septal-Knoten), jener erstere hingegen an der Distal-Seite derselben. Mit der Entstehung des Annular-Canals der Cyeloperien steht offenbar eine andere wichtige Eigenthümlichkeit derselben in engster Correlation; die 16 breiten Kranz-Taschen der Typhloperien verwandeln sieh bei allen Cyeloperien in 16 schmale Kranz-Canäle, indem die 16 schmalen subradialen Septal-Leisten zwischen den ersteren (Limites cathammales) sich zu 16 breiten Septal-Tafeln ausdehnen (Tabulae cathammales). So entsteht eine beson- dere Form des Kranzdarmes, welche der gewöhnlichen Form der Craspedoten zum Verwechseln ähnlich und dennoch ganz unabhängig davon entstanden, auch in ihrer Beziehung zum Hauptdarm wesentlich verschieden ist. Denn die engen „Radial-Canäle“ der Craspedoten entspringen unmittelbar aus dem Central-Magen, während die ähnlichen „Kranz-Canäle“ der Cycloperien ursprünglich aus dem Distal-Rande eines Ring-Sinus entspringen, der an der Distal-Seite von 4 Cathammal - Knoten liegt. Im Uebrigen zeigt die weitere Differenzirung der Radial-Canäle und ihres Ringcanals, sowie das Ver- halten zu den benachbarten Organen des Schirm-Randes in beiden Abtheilungen die grösste Aehn- lichkeit. Die älteste Familie unter den Cyeloperien, die Flosculidae (System, Taf. XXXI), zeigen ein - fache Radial-Canäle, welche sich innerhalb des Ringeanals nicht verästeln (gleich der grossen Mehrzahl der Craspedoten). Hingegen besitzen alle übrigen Cyeloperien (— die Ulmaridae und sämmt- liche Rhizostomae) verzweigte Radial-Canäle, welche sich innerhalb des Ringcanals verästeln (gleich den Cannotiden unter den Craspedoten). Ausserhalb des Ringcanals gehen hier wie dort von demselben periphere Canäle ab, in die Tentakeln, Rhopalien, Randlappen u. s. w. ($ 135). $ 134. Ring-Sinus der Acraspeden (Sinus coronaris, Cunalis coronaris). Eine sehr wichtige, bis- her nicht gebührend gewürdigte Einrichtung bildet der vorher erwähnte Ring-Sinus oder der Kranz- Sinus der Acraspeden (cs). Er ist nicht zu verwechseln mit dem vorstehend besprochenen Annular- Canal und ist als eine ursprüngliche und typische Eigenthümlichkeit dieser Legion zu betrachten, welche den Craspedoten fehlt. Derselbe ist ursprünglich ein ganz einfacher, eylindrischer oder abge- platteter Ring im Kranztheil der Subumbrella und wird durch den ganzen peripheren Abschnitt des Kranzdarmes gebildet, welcher nach aussen vom Distal-Rande der 4 interradialen Cathammal - Knoten (kn) oder Leisten (ks) liegt; so bei Tesserantha (Taf. 15, Fig. 2—6 cs) und bei der nahe verwandten Stammform aller Acraspeden, bei Tessera (System, Taf. 21 cs). Obgleich seine Ontogenie noch unbe- kannt ist, so darf man doch bezüglich seiner Phylogenie wohl mit Sicherheit annehmen, dass er keine secundäre marginale Communication der 4 breiten Perradial- Taschen darstellt, sondern vielmehr den offen gebliebenen Marginal- Theil des ursprünglich einfachen Sceyphostoma-Magens, der nach aussen 198 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. von den 4 interradialen Cathammen liest (k). Da diese letzteren ursprünglich nur kleine Verwachsungs-Knoten sind (wie bei den Tesseridae und Peromedusae), so bilden die Perradial- Taschen zwischen ihnen zunächst nur schmale, horizontale Spalten. Sobald aber aus den Knoten langge- streckte Concrescenz-Leisten werden (wie bei den Lucer- naridae und Cubomedusae), so dehnen sich entsprechend zu- gleich jene unbedeutenden Perradial-Spalten zu ansehn- lichen Taschen aus, auf Kosten des breiten Ringsinus, den sie grösstentheils in sich aufnehmen. Der breite Ring- sinus wird so auf einen schmalen „Kranzeanal“ redueirt, welcher die 4 grossen Perradial-Taschen unterhalb des Di- stalrandes ihrer Septal-Leisten in Communication erhält (Taf. 16, Fig. 2, 3, 12 cc; Taf 26). Die bei weitem grösste Ausdehnung und zugleich eine sehr auffallende Modification erleidet der Ringsinus bei den Peromedusae, wahrscheinlich in direeter Correlation zu der gewaltigen Ausdehnung der 4 subumbralen Trichterhöhlen (ci), welche hier centripetal Fig. 0. Pericolpidae). Interradial-Schnitt. “g: Schirmgallerte. es Ringsinus (es! Proximal-Theil. cs? Distal-Theil). Pericolpa quadrigata (Peromedusue, s Gonaden. An Cathammal-Knoten. go Gastral- Ostien. md Delta-Muskeln. me Kranzmuskel. ft Tae- niolen. gb Nischen des Basal-Magens zwischen den- selben. gy Pylorus. ge Central-Magen. gp Gau- menpforte. ga Buccal-Magen (Mundrohr). am Mund- rand. 0? Sinneskolben (Interradial. oa Ampulle an deren Basis. bu Hufeisen-Canal der Randlappen (la). kl Lappenspange zwischen dessen beiden Schen- bis zum Pylorus (gy) emporwachsen. Der Ringsinus dehnt sich hier dem entsprechend ebenfalls centripetal nach oben bis zum Pylorus aus und zerfällt in einen oberen und un- teren Theil. Der obere Ringsinus (Fig. O cs!) liegt oberhalb der 4 kleinen interradialen Septal-Knoten (kn) und ist wahrscheinlich eigentlich als peripherer Abschnitt des Central-Magens zu deuten (gc); während der untere Ring- sinus (Fig. O cs?) unterhalb der Septal- Knoten liegt und keln (bl). tp Tentakeln (Perradial). B : en R 3 \ vermuthlich allen dem wahren primären Ringcanal der übrigen Tesseronien entspricht. Wenn diese Deutung richtig ist, so würden die wahren Gastral- Ostien (und zugleich die 4 Perradial-Taschen) durch die horizontalen Spalträume zwischen den 4 Kno- ten dargesiellt werden; hingegen würden die verticalen Spalten in der Wand des Central - Magens, welche wir als „Gastral-Ostien“ beschrieben haben (Fig. O go), als 4 Kreuztaschen des Central -Magens anzusehen sein. Es ist jedoch auch möglich, dass der „obere Ringsinus“ (cs!) durch den secundären Zusammenfluss von 4 grossen Perradial- Taschen entstanden ist, von deren langen Septen nur das Distal-Stück (in Gestalt der 4 kleinen Knoten) noch erhalten ist. Unter den Ephyroniae (oder Discome- dusae) zeigen nur die Cannostomae noch ähnliche Verhältnisse; bei Nausithoe und Nauphanta (Taf. 27, 28) sowie bei Collaspis und Atolla (Taf. 29) ist der Ringsinus (cs) nebst den 4 primären Cathammen (k) und den 4 perradialen Spalten zwischen ihnen noch bis heute conservirt. Bei den übrigen Ephyronien (Semostomae und Rhizostomae) sind die 4 Cathammen aufgelöst und verschwunden; in Folge dessen ist der Ringsinus im Central-Magen aufgegangen, dessen peripheren Theil er bildet. $ 135. Periphere Ausläufer des Gastrocanal-Systems. Bei vielen niederen Medusen beider Legionen beschränkt sich die Bildung des Gastrocanal-Systems auf die angeführten wesentlichen Theile des centralen Hauptdarmes und des peripheren Kranzdarmes. Bei der grossen Mehrzahl der Medusen IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 199 treten jedoch dazu noch aecessorische Ausläufer des Canal-Systems, welche zur Ernährung peri- pherer Organe dienen. Dahin gehören vor Allen die Ernährungs-Canäle der Randorgane, der Ten- takeln und Sinnes-Organe; dieselben gehen theils unmittelbar von den Distal-Enden der radialen Canäle oder Taschen ab, theils von dem marginalen Ringeanale, welcher dieselben in Verbindung setzt. Unter den Craspedoten entwickeln sich ausserdem bisweilen besondere Centripetal-Canäle, welche vom Ringeanale aus gegen die Mitte der Subumbrella hinwachsen und zur Ernährung dieser letzteren dienen. Sie finden sich fast ausschliesslich in der Ordnung der Trachomedusae und sind ge- wöhnlich einfach, mit blinden Proximal-Enden; so bei Peotis unter den Pectylliden (Taf. 5, Fig. 2; Taf. 6, Fig. 11, 20); bei Olindias unter den Petasiden und bei einem Theile der Geryonidae (System, Taf. XV, Fig. 9, 10; Taf. XVII, Fig. 5, 8). Durch dendritische Verästelung der Centripetal-Canäle zeichnet sich die Cannotide Spirocodon aus (System, p. 636, Nr. 588). — Unter den Acraspeden sind namentlich diejenigen peripheren Ausläufer des Canal-Systems bemerkenswerth, welche in die Rand- lappen oder das aus deren Verwachsung gebildete Velarium hineingehen. Dahin gehören die Velar-Canäle der Cubomedusen (Taf. 26, Fig. 8); die Lobar-Canäle der Discomedusen. Diese letzteren bilden bei den Typhloperien ($ 132), wie bei den Cubomedusen, keine Anastomosen; hingegen bilden sie bei den Cyeloperien ($ 133) durch reiche Anastomosen ein mannichfach geformtes Canal- Netz, welches oft nicht bloss die Randlappen, sondern einen grossen Theil der Subumbrella einnimmt (Taf. 32, Fig. B, $ 117). Endlich sind noch bemerkenswerth unregelmässige, bald einfache, bald viel- fach verästelte Gallert-Canäle (Canales endocollares), welche bei grossen und alten Discomedusen vom Kranzdarm aus in den Gallertkörper hinein wuchern (z. B. Chrysaora, Cyanea, Pilema, Crambessa). $ 136. Periphere Oeffnungen des Gastrocanal-Systems. Bei der grossen Mehrzahl aller Me- dusen ist der centrale Mund die einzige Oefinung des Gastrocanal-Systems. Indessen finden sich bei einzelnen Medusen beider Legionen ausserdem auch noch kleine periphere Oeflnungen vor, die jeden- falls secundärer Natur sind. Die wichtigsten von diesen finden sich am Schirmrande und können all- gemein als Randporen (Pori marginales) bezeichnet werden. Unter den Craspedoten gehören dahin die sogenannten „Excretions-Papillen oder Subumbral-Papillen“ (auch „Marginale Trichter oder Exeretions - Trichter“ genannt, Papillae excretoriae vel subumbrales). Diese eigenthümlichen Exeretions- Organe des Schirmrandes finden sich ausschliesslich in der Ordnung der Leptomedusae, hier aber ziem- lich verbreitet vor. Es sind kleine trichterförmige oder konische Warzen, welche sich in verschiedener Zahl am Distalrande der Subumbrella, zwischen dem Insertions-Rande des Velum und dem Ringcanal erheben; sie enthalten eine Ausstülpung des Ringeanals und öffnen sich durch eine kleine Mündung in die Schirmhöhle (System, p. 119, Taf. XI, Fig. 13 ex; Taf. XIII, Fig. 5 q). Die Zahl derselben ist bei vielen Eucopiden (z. B. Octorchis) und Aequoriden (z. B. Polycanna) sehr beträchtlich, aber unbe- stimmt. Da die Geisselzellen des Entoderms in den Subumbral-Papillen nach aussen gerichtet sind, gegen den Randporus hin, so ist der letztere als „Exeretions-Oeffinung“ oder „After“ zu deuten. — Unter den Acraspeden sind ähnliche „marginale After-Oeffnungen“ schon seit längerer Zeit von Aurelia bekannt, wo sie am Distal-Ende der 8 Adradial-Canäle liegen, an deren Einmündung in den Ringeanal; der Austritt von Flüssigkeit aus diesen Canälen lässt sich an den 8 adradialen Margi- nal-Poren von jungen Aurelien leicht direct beobachten. Dieselben Poren kommen aber auch bei anderen Ulmariden vor. Da sie immer klein und leicht zu übersehen sind, ist es möglich, dass sie eine viel weitere Verbreitung besitzen, als wir gegenwärtig annehmen. Bei einigen Medusen scheinen auch die Tentakeln am Distal-Ende eine Oefinung zu besitzen. 200 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. $ 137. Geschlechts-Organe /(Gonades, Genitalia, Sexualia, s). Die Geschlechts-Organe zeigen bei allen Medusen insofern sehr einfache, übereinstimmende und einheitliche Bildungs-Verhältnisse, als sie überall wesentlich nur aus den Geschlechtsdrüsen (Gonades) bestehen, und als diese Gonaden überall in der Subumbral-Wand des Gastrocanal-Systems entstehen. Auch zeigen die beiderlei Geschlechter keinen wesentlichen Unterschied, indem die männlichen Spermarien sich an denselben Stellen und auf dieselbe Weise entwickeln, wie die weiblichen Ovarien. Dagegen besteht ein wesentlicher und durchgreifender Unterschied zwischen den beiden Legionen der Medusen - Classe, insofern die subepitheliale Zellenschicht, welche als „Sexual-Epithel“ oder „Keim-Epithel“ die beiderlei Sexual-Zellen, Spermatozoen und Eier, liefert, bei den Craspedotae dem Exoderm, bei den Acraspedae dem Entoderm der subumbralen Gastrocanal-Wand angehört; daher werden bei den ersteren die reifen Geschlechts -Producte unmittelbar nach aussen in die exodermale Schirmhöhle entleert, bei den letzteren hingegen in den entodermalen Hohlraum des Gastrocanal-Systems, von wo sie durch den Mund austreten. Die Craspedotae sind mithin Eetocarpae, gleich den Hydropolypen, Siphonophoren und Ctenophoren; die Acraspedae hingegen sind Endocarpae, gleich den Seyphopolypen und Korallen ($ 19). $ 138. Gonochorismus und Hermaphroditismus. Fast alle bekannten Medusen sind getrennten Geschlechtes, Gonochoristen; nur sehr wenige sind Zwitter oder Hermaphroditen. Mit voller Sicherheit gehört zu den letzteren die Pelagide Chrysaora (System, p. 503, Taf. XXXJ). Während hier die 4 interradialen Gonaden Eier produeiren, entstehen gleichzeitig rundliche Spermarien oder Hoden- säckchen in ganz unregelmässiger Zahl, Grösse und Form an den verschiedensten Stellen der Sub- umbral- Wand des Gastrocanal-Systems, sowohl in den Gonaden und an den Mundarmen, als an anderen Stellen des Hauptdarmes und des Kranzdarmes, sogar in den peripheren Kranztaschen. Ge- wöhnlich ist Chrysaora in der Jugend rein männlich, später Zwitter und im Alter rein weiblich; es scheint jedoch auch rein gonochoristische Exemplare zu geben, die zeitlebens bloss männliche oder bloss weibliche Sexual-Zellen bilden. Ein ähnlicher Hermaphroditismus, wie bei Chrysaora, scheint auch bei den nahe verwandten Linergidae sich zu finden; die eigenthümlichen, regelmässig vertheilten „Sub- umbral-Bläschen“ dieser Cannostomen scheinen Sperma zu bilden, während ihre Gonaden bloss Eier produeiren (System, p. 493, Taf. XXIX). — Unter den Craspedoten scheint ein Theil der Narcomedusae zwitterig zu sein; indessen sind diese und einige andere (wahrscheinliche) Fälle von Hermaphroditismus nicht sicher genug bekannt. — Die Spermazellen der Medusen sind allgemein feine Geisselzellen, nicht auffallend von denjenigen anderer Nesselthiere verschieden. Die Eizellen sind meistens nackt und amöboid bei den Craspedoten (Taf. 1, Fig. 8); hingegen meistens in Fuleral-Kapseln eingeschlossen bei den Acraspeden (Taf. 25, Fig. 7); bei einigen Acraspeden erhalten sie einen ansehnlichen Nahrungs- dotter und erreichen dann über 1 Mm. Grösse (Taf. 25, Fig. 4). $ 139. Gonaden der Craspedoten. Bei allen Craspedoten entwickeln sich die Geschlechts- drüsen (in wichtigem und durchgreifendem Gegensatze zu den Acraspeden) aus dem Exoderm der Subumbral-Wand des Gastrocanal-Systems und werden bei der Reife unmittelbar nach aussen in die Schirmhöhle entleert. Bald entstehen sie mehr in dessen centralem Theile, bald mehr im peripheren Theile; im ersteren Falle nennen wir sie Gastral-Gonaden, im letzteren Falle Canal-Gonaden. Gastral- Gonaden, in der Subumbral-Wand des Central-Magens und des davon ausgehenden Mundrohres, finden sich in den beiden Ordnungen der Anthomedusen (Taf. 1) und der Nareomedusen (Taf. 10—12). Canal-Gonaden hingegen, in der Subumbral-Wand der peripheren Radial-Canäle, besitzen die beiden IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 201 Ordnungen der Leptomedusen (Taf. 2) und der Trachomedusen (Taf. 3—8). Indessen giebt es in beiden Gruppen auch einzelne Ausnahmen; bisweilen wachsen die centralen Gastral-Gonaden centri- fugal fort und dehnen sich vom Magen auch auf die peripheren Radial-Canäle aus (z. B. Nemopsis unter den Anthomedusen, System, Taf. V, Fig. 6—9); bei vielen Nareomedusen gehen sie sogar grösstentheils oder ganz auf die „Magentaschen“ dieser Ordnung über, welche aus dem Proximaltheil der Radial-Canäle entstehen (Taf. 9, 13, 14). In anderen Fällen dehnen sich umgekehrt die peripheren Canal-Gonaden centripetal auf den centralen Magen aus (z. B. Staurostoma, Staurophora, Orchistoma unter den Leptomedusen, System, Taf. VIN, Fig. 6; Taf. XV, Fig. 3—5). Betrachtet man die Craspedoten als eine monophyletische Thiergruppe, so dürfte wahrscheinlich im Allgemeinen die Gastral-Production der Gonaden als das ältere und ursprünglichere Verhältniss anzusehen sein, aus dem sich erst secun- där die Canal-Produetion der Geschlechtsdrüsen entwickelt hat; oder man nimmt an, dass ursprünglich die Subumbral-Wand des ganzen Gastrocanal-Systems Sexual-Zellen produeirte, und dass später erst diese Production auf Hauptdarm und Kranzdarm vertheilt wurde Wenn man hingegen (mit mehr Wahrscheinlichkeit!) die Craspedoten als polyphyletische Gruppe betrachtet, so können Canal- und Gastral-Gonaden in den verschiedenen Ordnungen unabhängig von einander entstanden sein. $ 140. Gastral-Gonaden der Craspedoten. Das einfachste und ursprünglichste Verhältniss der Genital-Bildung zeigen in der Legion der Craspedoten diejenigen Genera, bei welchen nur ein einziges Geschlechtsorgan existirt, eine ringförmige Gonade in der subumbralen Magenwand, in deren Mitte sich der Mund befindet. Dieses Verhältniss zeigen die Codoniden unter den Anthomedusen, sowie viele einzelne Gattungen unter den Nareomedusen. Die Codoniden (System, p. 10, Taf. I, II) zeichnen sich aus durch ein dünnes und langes, in vertiealer Richtung ausgedehntes Magenrohr, in dessen Wand sich die Geschlechts-Zellen ganz gleichmässig entwickeln, so dass der Gonadenring die Gestalt eines eylindrischen Rohres erhält. Im Gegensatze dazu besitzen die Narcomedusen einen flachen und breiten, in horizontaler Richtung ausgedehnten Magensack, so dass der Genital-Ring in dessen Subumbral-Wand ebenfalls breit und flach erscheint (Polycolpa, Taf. 10, Fig. 1). Während dieser cen- trale Geschlechtsring bei vielen Nareomedusen ganz einfach bleibt, dehnt er sich bei anderen centrifugal auf die peripheren Radial-Taschen aus, und bei vielen wird zuletzt die Sexual-Produetion auf die letz- teren beschränkt. Er zerfällt dann in eben so viel oder doppelt so viel einzelne „Genital- Taschen“, als ursprünglich Radial-Canäle vorhanden sind (vergl. das System der Medusen, p. 312, 327, 335, 347, Taf. XIX, XX). Bei Aeginura (Taf. 13, 14) werden die Gonaden durch 16 internemale Magentaschen gebildet, bei Pegantha (Taf. 11, 12) durch einen Kranz von getrennten Säckchen, die einzeln aus der Magen-Peripherie sich ausstülpen und in die einzelnen subumbralen „Lappenhöhlen“ des Schirmkranzes hinabhängen (Taf. 11, Fig. 3). In ähnlicher Weise zerfällt auch bei den meisten Anthomedusen der ursprünglich (— bei den Codoniden —) einfache Genitalring in 4 oder 8 radiale Stücke. Zunächst erfolgt die Radial-Spaltung des ersteren in der Weise, dass 4 interradiale Felder von der Sexual-Pro- duction frei bleiben, mithin 4 perradiale Gonaden in den 4 Magen-Kanten liegen (System, Taf. II, Fig. 1, 2; Taf. IV, Fig. 1 ete.). Jede von diesen aber kann wieder in 2 Hälften zerfallen, welche durch den perradialen Längsmuskel der Magenkante getrennt werden (Thamnostylus, Taf. 1; System, Taf. IV, Fig. 3, 10). Endlich können sich diese 8 adradialen Geschlechtsdrüsen paarweise dergestalt nähern und in den 4 Interradien verwachsen, dass die zugekehrten Schenkel von je 2 benachbarten, ursprüng- lich getrennten Gonaden sich mit einander zu einer einzigen Drüse verbinden; dann zeigen sich schliess- lich 4 interradiale Gonaden in den 4 Seitenwänden des Magens (System, Taf. V, Fig. 1, 3; Haeckel, Tiefsee-Medusen. 236 202 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. Taf. VI, Fig. 3, 15 etc.). Wir haben dann scheinbar dasselbe Verhältniss, wie bei vielen Acraspeden; allein bei letzteren ist die interradiale Lage der 4 bogenförmigen Gonaden eine primäre, hingegen bei ersteren eine secundäre (oder vielmehr tertiäre) Erscheinung. $ 141. Canal-Gonaden der Craspedoten. Im Gegensatze zu den Gastral-Gonaden der Antho- medusen und Narcomedusen finden wir bei den Leptomedusen und Trachomedusen die Geschlechts- drüsen gewöhnlich auf die Subumbral-Wand der Radial-Canäle beschränkt, bald nehmen sie deren ganze Länge ein, bald nur einen Theil derselben (proximalen, mittleren oder distalen Theil). Da die Zahl der Radial-Canäle bei den meisten Craspedoten 4 beträgt, so sind demnach gewöhnlich auch 4 perradiale Gonaden vorhanden (Taf. 2). Diese ursprüngliche Zahl verdoppelt sich bei denjenigen Craspedoten, bei welchen zwischen den 4 primären perradialen 4 secundäre interradiale entstehen (Melicertiden, Octocanniden, Aglauriden, Peetylliden, Taf. 3—8; System, Taf. VII, Fig. 10; Taf. XVI, XVII). Bei den Aequoriden, wo die Zahl der Radial-Canäle sich unbestimmt vermehrt (20—80 und darüber), steigt entsprechend auch die Zahl der an ihnen befestigten Gonaden (System, Taf. XIV, XV). Im einfachsten Falle bildet jede Geschiechtsdrüse eine einfache, leistenförmige Verdickung in der Sub- umbral-Wand jedes Radial-Canals. Bei vielen Craspedoten aber zerfällt diese Leiste in 2 laterale Hälften, zwischen welchen die Median-Linie jener Wand von der Sexual-Produetion frei bleibt. Je stärker sich in dieser Median-Linie ein longitudinaler Radial-Muskel ausbildet, desto mehr weichen die beiden paarigen Hälften der Geschlechts-Leiste aus einander (Taf. 8, Fig. 9). Bald hängen dieselben als 2 parallele Falten in die Schirmhöhle herab (z. B. Aequoriden), bald breiten sie sich blattartig in der Fläche der Subumbral- Wand aus (Geryoniden). Sowohl wenn die Genital-Leiste an der Sub- umbral-Wand des Radial-Canals einfach bleibt, als wenn sie sich in zwei paarige Hälften theilt, bildet der Canal häulig eine blindsackförmige Ausstülpung in dieselbe, so dass sie die Form eines herab- hängenden Bläschens, Säckchens oder Schlauches annimmt (Taf. 3—8). Weitere Complicationen in ihrer Bildung entstehen dadurch, dass sich das Geschlechtsband faltet; auch können die Buchten zwi- schen den einzelnen Falten so tief werden, dass es in zahlreiche einzelne Bläschen zerfällt (z. B. Olin- dias, System, Taf. XV, Fig. 11). — Die Octorchidae, eine Subfamilie der Eucopiden, ist dadurch ausge- zeichnet, dass jede der 4 Gonaden in 2 weit entfernte Stücke zerfällt; das proximale Stück liegt am aufsteigenden Radial-Canal des Schirmstieles (Fig. N s?); das distale Stück hingegen am absteigenden Radial-Canal der Subumbrella (Fig. N s!, p. 190); hier kommen also 8 Gonaden auf 4 Radial - Canäle. $ 142. Gonaden der Acraspeden. Bei allen Acraspeden entwickeln sich die Geschlechtsdrüsen (— in beständigem und typischem Gegensatz zu den Craspedoten —) aus dem Entoderm der Sub- umbral-Wand des Gastrocanal-Systems. Die reifenden Geschlechts-Producte treten hier gewöhnlich zunächst aus der subepithelialen Keimschicht in die Tiefe des gallertigen Mesoderms und werden hier in besondere „Fuleral-Kapseln“ eingeschlossen (Taf. 25, Fig. 7 yz). Später durchbrechen sie bei der Reife diese „Chorion“-Hüllen und fallen frei in den Gastral-Raum hinein, um dann durch die Mundöffnung entleert zu werden. Auch bei den Acraspeden, wie bei den Craspedoten, erfolgt die Bildung der Geschlechts-Zellen bald mehr im centralen, bald mehr im peripheren Theile des Gastro- canal-Systems. Während aber bei den Craspedoten die centralen Gastral-Gonaden die ursprünglich primäre Bildung und die peripheren Canal-Gonaden secundär von ersteren abgeleitet zu sein scheinen, findet bei den Acraspeden wahrscheinlich das Gegentheil statt. Gerade die älteren und einfacher ge- bauten Tesseroniae (die Stauromedusen, Peromedusen und Cubomedusen) besitzen periphere Bursal- IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. 203 Gonaden, welche sich in der Subumbral- Wand der 4 weiten Radial- Taschen oder des weiten, sie verbindenden, peripheren Ring-Sinus entwickeln; von hier aus treten dieselben bei den jüngeren und höher entwickelten Ephyroniae (den Discomedusen) mehr und mehr centripetal auf die Subumbral-Wand des breiten und flachen Central-Magens hinüber, so dass sie hier wieder als Gastral-Gonaden er- scheinen. Ein weiterer wichtiger Unterschied beider Legionen scheint darin zu bestehen, dass die 4 Radial-Stücke des Geschlechts- Apparates bei den Craspedoten ursprünglich perradial liegen, bei den Acraspeden umgekehrt ursprünglich interradial. Während bei den Ephyronien unter den letz- teren meistens 4 interradiale Drüsen sich finden (seltener in 8 Stücke zerfallen), finden sich bei den Tesseronien umgekehrt gewöhnlich 8 getrennte Stücke, die jedoch stets paarweise zu den 4 inter- radialen Gonaden gehören. $ 143. Bursal-Gonaden der Acraspeden (Tesseronise). Alle Tesseronien stimmen darin über- ein, dass der Central-Magen von der Sexual-Production frei bleibt und sich die Geschlechtsdrüsen ausschliesslich oder doch grösstentheils in der Subumbral-Wand der 4 Perradial-Taschen entwickeln. Sie bilden hier im einfachsten Falle 4 interradiale hufeisenförmige Drüsen, welche mit der Concavität ihres U-förnigen Proximal-Bogens die 4 interradialen Cathammal-Knoten (kn) oder die Proximal-Enden der 4 schmalen Septal-Leisten (ks) umfassen, während die beiden Schenkel jedes Bogens in 2 benachbarte perradiale Taschen hineinragen (Taf. 15, Fig. 2—6). Dieses einfachste und wahrscheinlich ursprüngliche Verhalten zeigen die ältesten und einfachsten von allen Acraspeden, die Tesseridae (System, Tal. XXD), sowie einige nächstverwandte Lucernaridae (Halieyathus). Bei allen übrigen Tesseronien (also bei den meisten Lucernaridae, sowie bei sämmtliehen Peromedusae und Cubomedusae) zerfällt jede der 4 interradialen Gonaden in 2 getrennte Hälften, indem der convexe Proximal-Bogen der hufeisenförmigen Drüse (welcher den Cathammal-Knoten umfasst) rückgebildet wird und wegfällt, so dass bloss die beiden Schenkel übrig bleiben. Diese liegen dann zu beiden Seiten des zugehörigen interradialen Cathammal-Septum, aber in 2 verschiedenen Perradial-Taschen, so dass also jede Tasche die zugekehrten Hälften von je 2 benachbarten Gonaden - Paaren enthält. Bei den Lucernariden (Taf. 16, 17) und bei den Pero- medusen (Taf. 18—25) liegen die 8 paarweise zusammengehörigen Geschlechtsdrüsen als blattförmige Wülste in der Subumbral-Wand der 4 Perradial- Taschen selbst. Bei den Cubomedusen hingegen (Taf. 26) hängen sie mit der letzteren nur durch einen schmalen Insertions-Rand (unmittelbar neben dem Verwachsungs-Streifen des Cathamma, aber an dessen Subumbral-Seite!) zusammen und ragen übrigens als 8 freie Genital-Blätter in den Hohlraum der Taschen hinein, die sie grossentheils ausfüllen (Fig. Ps; System, Taf. XXL —XXV]). In der Structur der Gonaden finden sich bei den ver- schiedenen Tesseronien mancherlei Abstufungen. Im einfachsten Falle, bei den Tesseridae, sind die Sexual-Drüsen nichts weiter als einfache Leisten oder Polster, entstanden aus schwielenförmigen Fig. P. Procharagma prototypus (Cubomedusae, Charybdeidae). Horizon- taler Querschnitt unterhalb des Magens, dessen Boden (oder Subumbral-Wand) (ge) vollständig sichtbar ist; in der Mitte die Verdiekungen des Entoderms der Subumbral- Wand (gleich den einfachsten Canal-Gonaden der Craspedoten); eine entsprechende Leiste der Fuleral-Lamelle dient den subepithelialen Keim -Zellen als stützendes Gerüst (Sterigma). Weiterhin bilden sich dann (bei Mundöffnung (a) mit den 4 perradialen Mundlappen (al). Die Gastral-Filamente (f) sitzen auf den 4 interradialen Pylo- rus-Rlappen (gy). gw Subumbral-Wand der beiden Magentaschen (bp). s Gona- den. ug Schirm-Gallerte. 26 * 204 DER ORGANISMUS DER MEDUSEN. _ einem Theile der Peromedusae) mehr oder weniger verwickelte Falten, welche sich über die Sub- umbral-Wand erheben und frei in den Taschenraum hineinragen; das Stütz-Gerüste der Fuleral-Platte (Sterigma) erhebt sich dann ebenfalls höher und erlangt eine stärkere Entwickelung (Taf. 23, Fig. 38, 39; Taf. 25, Fig. 5—7). Bei den Cubomedusae entwickelt sich letzteres zu einem breiten und dünnen Blatte, welches nur an der Insertions-Basis (nahe der Cathammal-Leiste) mit der Stützplatte der Sub- umbrella zusammenhängt und auf beiden freien Flächen (sowohl der axialen als der abaxialen) Sexual-Zellen trägt; bisweilen wird ihr freier Rand gelappt oder dendritisch verästelt (Chirodropus, System, Taf. XXVD). Die complieirteste Structur erlangen die Geschlechtsdrüsen bei den Lucernaridae (System, p. 386). Hier zerfällt jedes der 8 Geschlechtsblätter in zahlreiche einzelne Follikel, welche einen Genital-Sinus mit Ausführgang enthalten, und bisweilen ist selbst jeder Follikel wieder aus einer Anzahl kleiner Säckel zusammengesetzt (Taf. 17, Fig. 17—19). $ 144. Gastral-Gonaden der Acraspeden (Ephyroniae). Während bei allen Tesseronien die Subumbral- Wand der 4 Perradial-Taschen die Ursprungsstätte der Geschlechtsdrüsen ist, wan- dern dieselben bei den Ephyronien oder Discomedusen von dort centripetal auf die Subumbral- Wand des Central-Magens hinüber. Diese centripetale Orts - Veränderung ist desshalb phyloge- netisch als eine secundäre zu betrachten, weil die jüngeren und höher entwickelten Ephyronien oflen- bar von den älteren und einfacher gebauten Tesseronien abzuleiten sind, und weil gerade die nieder- sten und ältesten Bildungsstufen der ersteren noch unmittelbare Anknüpfungs-Punkte an die letzteren bieten. Bei einigen Cannostomen (insbesondere einigen Ephyriden), bei welchen noch die 4 primären interradialen Cathammal-Knoten erhalten sind, finden wir noch 4 interradiale hufeisenförmige Gonaden, welche mit ihrem concaven Proximal-Bogen die letzteren umfassen und deren distal divergirende Schenkel noch in der Subumbral-Wand des Ring-Sinus oder der 4 Perradial-Taschen liegen (System, p- 467, 480, 492; Taf. XXVIL XXVIL, XXIX). Oft sind die Schenkel-Paare hier in getrennte Hälften zerfallen, indem der verbindende Proximal-Bogen verloren ging (Nauphanta, Taf. 27, 28; Atolla, Taf. 29). Während so in der ersten und ältesten Ordnung der Discomedusen, bei den Cannostomen, die ur- sprünglichen Genital- Verhältnisse der Tesseronien sich noch mehr oder weniger erhalten haben, sind diese dagegen verschwunden bei den übrigen Discomedusen, bei sämmtlichen Semostomen und Rhizostomen. Da hier die 4 primären Cathammal-Knoten resorbirt und somit die 4 perradialen, durch sie getrennten Taschen nebst dem Ringsinus in dem flachen Central-Magen aufgegangen sind, so liegen hier auch allgemein 4 einfache interradiale Gonaden in der Subumbral- Wand des Central- Magens, um so mehr dessen Centrum genähert, je höher der Ephyronien-Character entwickelt ist und je mehr sich der periphere Schirmkranz auf Kosten der centralen Schirmscheibe ausgedehnt hat. Die zarte und dünne „Gastrogenital-Membran“ (gg), an deren entodermaler Innenfläche hier die 4 Go- naden gelagert sind, wird zwar einfach als „Magenboden“ oder Subumbral- Wand des Central - Ma- gens bezeichnet; indessen ist dabei stets im Sinne zu behalten, dass eigentlich nur ihr axialer oder proximaler Theil diesen Namen verdient, während ihr abaxialer oder distaler Theil ursprünglich viel- mehr der Subumbral- Wand des Ringsinus und der 4 Perradial- Taschen an dessen Proximal - Rande entspricht, welche in Folge von Auflösung und Resorption der 4 interradialen Cathammen im Central- Magen aufgegangen sind. Häufig (namentlich bei den Pelagiden und Cyaneiden) stülpt sich die zarte Gastrogenital-Membran (gleich einer Hernie) aus der Magenhöhle nach unten aus und bildet 4 herab- hängende „Gastrogenital-Taschen“, in deren Grunde unten die 4 krausenförmigen Genital-Bänder liegen (Extraversio gonadum, Taf. 30, 31; System, p. 470, Taf. XXX). Bei den meisten Rhizostomen hingegen IV. GASTROCANAL-SYSTEM DER MEDUSEN. (wie auch bei den Aureliden) stülpt sich umgekehrt die dünne Gastrogeni- tal-Membran nach innen in die Magen- höhle hinein gleich einer reponirten Hernie (Intraversio gonadum, System, p. 470, Taf. XXXIV—XL). Wenn nun die 4 eingestülpten „Inneren Gastroge- nital-Taschen“ hier im Centrum der Ma- genhöhle bis zur Berührung sich nä- hern, können sie mit einander verwach- sen und mittels Durchbruchs der ver- lötheten Wände in Communication tre- Dann entsteht die merkwürdige, oben beschriebene Bildung des centra- len „Subgenital-Porticus“, dessen Decke die kreuzförmige Gastrogenital-Membran, dessen Boden die „Armscheibe“ bildet (vergl. oben $ 96, p. 174, Holzschnitt Fig. G, H, und Taf. 32; sowie im „Sy- stem“ p. 471—473 und Taf. XXXVII —XL). Diese und andere Modificatio- nen in der gastralen Gonaden-Bildung der Ephyronien sind bereits im „Sy- stem der Medusen“ (1879, p. 467 — 473) vergleichend geschildert wor- den; sie lassen sich sämmtlich von ten. 205 ; . rad.-: 1 Subradit, 1% 11:0.) 9069. } f ubrad. 5 3 Hr-.9) Fig. Q. Zonephyra pelagica (Discomedusae, Ephyridae), Subumbral- Ansicht. Die 4 Ordnungen von Kreuzaxen (mit doppelt so vielen Radien) sind angegeben. In den 4 Perradien (I. Ordnung) liegen das Mundkreuz (as) und die 4 perradialen Sinneskolben (0!). In den 4 Interradien (II. Ord- nung) liegen die Gastral-Filamente (f), die Gonaden (5) und die 4 inter- radialen Sinneskolben (02). In den 8 Adradien (III. Ordnung) liegen die 8 Tentakeln (ta) und die tentacularen Kranztaschen (dt). In den 16 Sub- radien (IV. Ordnung) liegen die 16 Randlappen (/). Vom Centralmagen (g) strahlen 16 gabelspaltige Kranztaschen aus, 8 tentaculare (bi) und 8 rho- palare (bo). den 4 einfachen hufeisenförmigen Gonaden ableiten, welche wir in der Subumbral- Wand der Magen- Peripherie (oder des Ringsinus) bei der ältesten und einfachsten Form der Discomedusen finden, bei Ephyra (Fig. Q). In diesen, wie in anderen morphologischen Beziehungen bleibt Ephyra einer der wich- tigsten Typen unter allen Medusen. Druck von Ed. Frommann in Jenas METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. EIN BEITRAG ZUR ENTWICKELUNGSGESCHICHTE UND ZUR TERATOLOGIE DER MEDUSEN VON ERNST HAECKEL. MIT ZWEI TAFELN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER voRMALS FRIEDRICH MAUKE 1881. Weite Welt und breites Leben, Langer Jahre redlich Streben, Stets geforscht und stets gegründet, Nie geschlossen, oft geründet, Aeltestes bewahrt mit Treue, Freundlich aufgefasstes Neue, Heitern Sinn und reine Zwecke, Nun! Man kommt wohl eine Strecke! Goethe. („Gott und Welt‘‘.) HERRN CARL THEODOR ERNST vox SIEBOLD DEM NESTOR DER DEUTSCHEN ZOOLOGEN WIDMET DIESEN BEITRAG ZUR ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DER THIERE ZUR FEIER SEINES SIEBENUNDSIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGES AM 16. FEBRUAR 1881 ERNST HAECKEL. Hochgeehrter Freund und College! es: den zahlreichen und werthvollen Arbeiten über Entwickelungsgeschichte der Thiere, mit denen Du seit länger als einem halben Jahrhundert die wissenschaftliche Zoologie bereichert hast, neh- men Deine vor 42 Jahren publieirten „Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere“ einen her- vorragenden Rang ein. In dem ersten dieser Beiträge, in der bahnbrechenden Arbeit „über Medusa aurita“, führtest Du 1839 zum ersten Male, gegenüber dem herrschenden Dogma von der geschlechts- losen Zeugung aller niederen Thiere, den empirischen Nachweis, dass auch die Medusen getrennten Geschlechtes sind und aus befruchteten Eiern sich entwickeln. Du beobachtetest zum ersten Male die „Durehfurchungen der Medusen-Eier“ und die daraus hervorgehenden „infusorienartigen Embryonen“, jene bedeutungsvolle Jugend-Form, die jetzt als Gasirula den Rang einer gemeinsamen Ursprungsform sämmtlicher Metazoen erhalten hat; auch unterschiedest Du bereits an diesen Embryonen ganz richüg zwei verschiedene Schichten, welche die Wand der centralen Magenhöhle einschliessen: ein „äusseres Flimmer-Epithelium“ und darunter eine Schicht „von strahligem Gefüge“. Du machtest ferner die überraschende Entdeckung, dass diese flimmernden Embryonen der Medusen sich nicht direct wieder in eine Meduse verwandeln, sondern vielmehr in einen festsitzenden Polypen, der anfangs vierarmig, später achtarmig ist. Damit war aber unmittelbar die Anknüpfung an die vielarmigen, früher schon beschriebenen Polypen gewonnen, welche als Sceyphostoma eine Strobila erzeugen, jene gegliederte Kette, deren einzelne Glieder sich später ablösen und als Ephyra-Larven zu jungen Medusen ent- wiekeln. Somit liefertest Du das fehlende „erste Glied“ zu der wunderbaren Kette dieses „Generations- wechsels“ und betratest zugleich ein Gebiet der Entwickelungsgeschichte, auf dem Du später so glän- zende Verdienste Dir erwarbst. Endlich beschriebst Du auch an den Seyphostoma-Polypen zuerst die bedeutungsvollen „vier Längswülste, welche sich an der inneren Wand der Magenhöhle senkrecht heraberstrecken und der weit aufgesperrten Mundöffnung ein viereckiges Aussehen geben“; das sind die vier „gastralen Taeniolen“, welche in dem heutigen „System der Medusen“ das wichtigste Merkmal der Acraspeden oder Seyphomedusen abgeben und sie von der anderen Hauptabtheilung dieser Classe, von den Craspedoten oder Hydromedusen, durchgreifend trennen. Da es mir nun im Laufe der letzten Jahre vergönnt war, die von Dir entdeckten Verhältnisse in der wundervollen Keimesgeschichte der Medusen weiter zu verfolgen und im Lichte der heutigen Entwickelungslehre durch die Beziehung auf ihre Stammesgeschichte zu deuten, so gestattest Du mir wohl, Dir die nachstehenden Blätter zur Feier des sechzehnten Februar freundschaftlichst zu widmen. Ich hoffe Dir damit an dem Tage, an welchem Du vor siebenundsiebenzig Jahren Deine glückliche und ehrenvolle Erden-Laufbahn begannest, eine kleine Freude zu bereiten, um so mehr, als ich selbst am gleichen Tage, aber freilich runde dreissig Jahre später, das Licht der Welt erblickte. Mir selbst aber gewährt diese Widmung insofern eine besondere Freude, als ich in Dir nicht nur den ehrwürdigen Veteranen und den verdienstvollen Altmeister unserer Wissenschaft verehre, sondern auch einen Na- turforscher, der stets umsichtige Reflexion mit der exacten Beobachtung verbunden hat, und dessen seltene Geistesfrische ihm noch im höchsten Alter das volle Verständniss für den wichtigsten Fortschritt der neueren Naturwissenschaft gestattet hat, für die heutige Entwicklungslehre! | Jena den 16. Februar 1831. Mit freundlichsten Grüssen und besten Wünschen Dein ergebener ERNST HAECKEIL. METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. I. Die Ontogenesis der Discomedusen. Die erstaunlichen Fortschritte, welche die Entwickelungsgeschichte der Thiere in den beiden letz- ten Decennien gemacht hat, beruhen einerseits auf dem gewaltigen quantitativen Wachsthum unserer empirischen Kenntnisse, anderseits auf der erfreulichen qualitativen Klärung unseres theoretischen Ver- ständnisses. Während der emsige Fleiss zahlreicher Beobachter uns mit einer wunderbaren Fülle man- nichfaltiger ontogenetischer Thatsachen bekannt gemacht hat, verdanken wir dagegen der Descendenz- Theorie die wichtigsten Einsichten in deren bewirkende Ursachen. Gestützt auf das biogenetische Grundgesetz, unterscheiden wir in der Keimesgeschichte der Thiere scharf zwischen denjenigen Erschei- nungen, welche auf Vererbung von einer Reihe alter Stammformen beruhen, und denjenigen, welche bloss durch Anpassung an neue Bedingungen der Keimung verursacht werden. Jene primären und hereditären Phaenomene bezeichnen wir als palingenetische, diese secundären und adaptativen hin- gegen als cenogenetische. Demnach ist es die Palingenie oder die „Auszugsgeschichte“, welche als „Recapitulation der Phylogenie“ uns unmittelbar die historische Entstehung der Thierformen erklärt, während die Cenogenie oder die „Störungsgeschichte“ uns vielmehr von den Störungen und Fälschungen derselben erzählt, und die ursprünglichen Verhältnisse mehr verdeckt, als offenbart. Wie wichtig für jede causale Beurtheilung der ontogenetischen Erscheinungen diese Unterscheidung der Palingenese und Cenogenese ist, hoffe ich auf den nachstehenden Blättern an einem neuen Beispiele aus der Entwicke- lungsgeschichte der Medusen zu zeigen, und zwar an einem Beispiele, welches an sich als über- raschende Thatsache interessant, durch die Erkenntniss von phylogenetischen Veränderungen ontogene- tischer Processe eine allgemeine Bedeutung gewinnt. Es sind jetzt 42 Jahre verflossen, seitdem Carı Tueovor Erssr von Sırrorp den Gonochorismus der Medusen an der vieluntersuchten Aurelia aurita der Ostsee entdeckte und aus den befruchteten Eiern die schwärmenden „infusorienartigen Embryonen“ sich entwickeln sah, deren Verwandlung in 8 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. festsitzende, anfangs vierarmige, später achtarmige „Polypen“ er nachwies. Von dieser Abhandlung Sıesorp’s „über Medusa aurita“, welche den ersten Abschnitt seiner „Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere“ (1839) bildete, sagte damals M. Sırs (1841): „Es ist mir eine wahre Freude, die Richtigkeit und Genauigkeit der Sırsorv’schen Beobachtungen bestätigen zu können; die Uebereinstim- mung derselben mit den meinigen giebt mir Muth, meine Abhandlung, so wie sie zu seiner Zeit nie- dergeschrieben, unverändert mit den in ihr ausgesprochenen Ansichten zu veröffentlichen.“ (L.5, p. 9). Auch Steenstrup, in seiner berühmten Schrift „Ueber den Generationswechsel“, rühmt Sırsorv’s „herr- liche Beobachtungen“ (L. 6, p. 3); und in der That wurde durch sie „das erste Glied“ zu der Kette von merkwürdigen Erscheinungen geliefert, welche M. Sırs schon 1829 durch die Entdeckung von Scyphostoma und Strobila begonnen hatte (L. 1), später 1835 (L. 3) durch den Beweis von deren Zu- sammengehörigkeit erweiterte und endlich 1841 dadurch abschloss, dass er die Verwandlung der von der Strobila erzeugten Ephyra-Larven in die spätere Aurelia und Cyanea nachwies (L. 5). Je grösseres Aufsehen diese wunderbaren Entdeckungen damals hervorriefen, je lebhafterem Widerspruch sie selbst bei namhaften Autoritäten (insbesondere bei Enrexsere) begegneten, desto höher wuchs ihre Bedeutung, nachdem sie durch Daryerr’s gleichzeitige und unabhängige Beobachtungen eine vollständig objective Bestätigung gefunden hatten (L. 2, 7); besonders aber, nachdem sie durch Sreexstrur’s grundlegende Theorie des Generationswechsels (L. 6) als Erscheinungen nachgewiesen waren, die in ähnlicher Weise auch in der Entwicklungsgeschichte anderer Thiere wiederkehren, und von denen Gorrne’s Wort gilt: „Die Natur geht ihren Gang, und dasjenige, was uns als Ausnahme erscheint, ist in der Regel.“ Ein halbes Jahrhundert ist seit jenen Entdeckungen über die Entwicklung der Discomedusen verflossen, und zahlreiche Beobachter haben seitdem die Angaben von Sırs und SıesorLp, von STEEX- strup und Daryerr bestätigt und erweitert. Was jene verdienstvollen Forscher zunächst nur für zwei nahe verwandte Discomedusen-Genera nachgewiesen hatten, wurde bald auch für Angehörige anderer Familien dieser Ordnung bestätigt. An die Semostomen-Genera Aurelia, Cyanea, Chrysaora schloss sich bald auch eine Rhizostomen-Gattung an, und zwar die mediterrane Cotylorhiza tuberculata (L. 25, p- 610); dieselbe Art, welche von Gesexsaur (L. 14) auf Cassiopea borbonica, von Buscn (L. 12), Frax- zzıus (L. 13) und Anderen auf Cephea polychroma bezogen wurde. Obgleich die angeführten 4 Genera zu 4 verschiedenen Familien der Discomedusen gehören (— zu den Ulmariden, Cyaneiden, Pelagiden und Versuriden —), so ist dennoch der Verlauf ihrer Metagenese ganz derselbe; bei allen entwickelt sich in völlig übereinstimmender Weise aus dem befruchteten Ei eine flimmernde, frei umherschwimmende Gastrula, der früher sogenannte „infusorienartige Embryo“. Dieser setzt sich später fest und ver- wandelt sich in einen hydra-ähnlichen, anfangs vierarmigen, später achtarmigen Polypen, das Scy- phostoma. Aus diesem entsteht durch terminale Knospung an seiner Mundfläche der gegliederte Knospen-Zapfen, den Sars die Strobila nannte, und jedes einzelne Glied dieser Kette entwickelt sich zu einer kleinen Medusen-Larve, Ephyra; diese verwandelt sich endlich später, nach ihrer Ablösung von der Kette, auf verschiedenen Wegen in die definitive Discomedusen-Form, die weiterhin geschlechtsreif wird und befruchtete Eier liefert. Die völlige Uebereinstimmung der induetiven Erkenntnisse, welche so durch zuverlässige Beobachtungen bei Discomedusen aus ganz verschiedenen Familien dieser Ordnung gewonnen waren, berechtigte zu dem deduetiven Schlusse, dass bei allen Medusen dieser Gruppe der Gang der Keimesgeschichte derselbe sei. In der That schien nun die Annahme gestattet, dass sämmtliche Scheibenquallen in gleicher Weise durch Strobilation aus Scyphostoma -Polypen entstehen, und dass diese letzteren die „polypenartigen Ammen“ sind, aus denen sich die „medusen- artigen Geschlechtsthiere“ durch Generationswechsel entwickeln. I. DIE ONTOGENESIS DER DISCOMEDUSEN. 9 Da überraschte 1855 ein verdienstvoller und höchst sorgfältiger Beobachter, Aususr Kronn, die Zoologen durch die auffallende und unerwartete Mittheilung, dass sich eine der gewöhnlichsten Disco- medusen, Pelagia noctiluca, auf ganz andere Weise, „auf directem Wege“ entwickele; die Gastrula, welche aus dem befruchteten Ei entsteht, verwandelt sich hier unmittelbar in die Ephyra, und diese in die definitive, geschlechtsreif werdende Medusen -Form. Weder der festsitzende Scyphostoma-Polyp, noch die gegliederte, aus ihm hervorknospende Strobila-Kette ist hier vorhanden, und mit ihnen fehlt über- haupt der Generations-Wechsel. Diese Entdeckung griff um so störender in die herrschende Vorstellung, vom Generationswechsel der Discomedusen ein, als die allernächste Verwandte der Pelagia, die gewöhn- liche Chrysaora, darin gänzlich verschieden sich verhält. Beide Genera sind so nahe verwandt, dass Chrysaora nur durch dreifach so grosse Zahl der Tentakeln und doppelt so grosse Zahl der Rand- lappen von Pelagia sich unterscheidet, und dass die Larve von Chrysaora, bevor sie sich in die defini- tive Form verwandelt, von Pelagia geradezu nicht zu unterscheiden ist — und dennoch finden wir bei der letzteren „direete Entwickelung“ ohne Generationswechsel, bei der ersteren „indireete Entwickelung“ mit Generationswechsel. So befremdend aber auch diese Thatsache erscheinen musste, so wurde sie doch bald durch die Beobachtungen von Acassız (17) und Kowarevsky (22) unzweifelhaft bestätigt. Wir stehen hier vor einer jener zahlreichen Thatsachen aus der Entwickelungsgeschichte niederer Thiere, welche von den Zoologen vor Darwın als unbegreifliche Räthsel angestaunt wurden, und deren Erklärung uns erst durch Darwın’s Reform der Descendenz-Theorie möglich geworden ist. Wie diese Theorie uns zur Erkenntniss der wahren bewirkenden Ursachen der Keimesgeschichte führt, hat zuerst Frırz Möreer in seiner trefflichen Schrift „Für Darwin“ (1864) an dem Beispiel der Crustaceen gezeigt. Von derselben Auffassung ausgehend habe ich 1866 in meiner „Generellen Morphologie“ das Verhält- niss der indireeten Metagenese zur direeten Hypogenese festzustellen versucht, und sodann in meinen „Studien zur Gastraea-Theorie“ dem biogenetischen Grundgeseize eine schärfere Fassung gegeben. Von denselben Anschauungen geleitet, will ich hier versuchen, auch jene ontogenetischen Räth- sel in der Entwickelungsgeschichte der Discomedusen phylogenetisch zu deuten. Die besondere Ver- anlassung dazu giebt mir eine Reihe von Beobachtungen, welche ich in der letzten Zeit, nach Vollen- dung meines „Systems der Medusen“ anzustellen Gelegenheit hatte, und welche mir den währen Schlüssel für das Verständniss jener Räthsel zu liefern scheinen. Die Discomedusen, deren Entwickelung ich untersuchte, sind dieselben, welche auch den angeführten Beobachtungen zu Grunde lagen. Indes- sen habe ich nur Aurelia aurita, Chrysaora isosceles und Pelagia perla bis zur Ausbildung der Ephyra- Larven verfolgt; von Cotylorhiza tuberculata beobachtete ich bloss die Bildung des Scyphostoma. Mein besonderes Augenmerk richtete ich, wie früher bei der Ontogenie der Siphonophoren, auf die zahlrei- chen Variationen des normalen Entwickelungsganges. Dabei beobachtete ich mehrere neue Modifica- tionen in der bekannten, höchst variablen Entwickelungsweise der Aurelia, welche die scheinbare Kluft zwischen der hypogenetischen Pelagia und den metagenetischen übrigen Discomedusen überbrücken — ich fand, um das wichtigste Resultat dieser Untersuchung gleich hier vorauszuschieken, dass unter besonderen Umständen auch Aurelia, gleichwie Pelagia, sich direet aus dem be- fruchteten Ei entwickelt, ohne die gewöhnlichen Processe der Scyphostoma -Bildung und Stro- bila-Knospung durchzumachen — oder mit anderen Worten: die gewöhnliche Metagenese der Aurelia wird unter gewissen Bedingungen zur Hypogenese; der „Generationswechsel“ wird abgekürzt und verschwindet, indem an seine Stelle die „direete Entwickelung“ tritt. Der Kürze halber bezeichne ich die letztere, wie ich schon 1866 in der „Generellen Morphologie“ vorschlug, als Hypogenese, im Gegensatze zum Generationswechsel, der Metagenese. (L. 19, Bd. II, p. 88, 99). 2 10 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. II. Die Metagenesis von Aurelia und Chrysaora. (Indirecte palingenetische Keimungs-Form der Discomedusen.) Als der gewöhnliche und typische Modus der Ontogenese bei den Discomedusen gilt die eigen- thümliche mit Strobilation verbundene Metagenese; oder die besondere Form des Generations- wechsels, bei welcher die sexuelle Medusen-Generation durch Strobila-Bildung aus der ungeschlecht- lichen Polypen-Generation hervorgeht. Abgesehen von den älteren Beobachtern, namentlich Sars und Dirverr, hat in neuerer Zeit Lovıs Acassız im vierten Bande seiner „Contributions ete.“ (L. 17) eine sehr ausführliche Schilderung der Keimesgeschichte von Aurela flavidula und Cyanea arctica gegeben, erläutert durch zahlreiche vortreffliche und naturgetreue Abbildungen von Sonker (l.c. Taf. X, Xa, XI, XlIa—.c). Insbesondere sind die mannichfaltigen Modificationen und Variationen, welche die Entwicke- lung sowohl bei Scyphostoma und Strobila, als bei Ephyra und der jungen, daraus hervorgehenden Aurelia selbst erleidet, zum grossen Theil darin ganz richtig dargestellt. In neuester Zeit sind die Ver- hältnisse des feineren Baues der genannten Entwickelungsformen, sowie manche Einzelheiten des Ent- wickelungsganges selbst, bei Aurelia aurita und Chrysaora mediterranea sehr ausführlich von Craus geschil- dert und dabei zugleich mehrere Irrthümer der früheren Beobachter kritisch berichtigt worden (L. 24). Allein trotz dieser umfangreichen und vielseitigen Bearbeitung sind dennoch manche wichtige Punkte in dieser Metagenese noch nicht hinreichend klar gestellt und insbesondere die principielle Bedeutung der einzelnen Phasen und ihrer Variationen nicht genügend erörtert worden. In der letzteren Be- ziehung scheint mir namentlich die palingenetische Natur dieses Generationswechsels der höchsten Beachtung werth; es entsprechen die einzelnen Phasen desselben so vollständig den hypothetischen Vorstellungen, welche man sich auf Grund vergleichend-anatomischer Reflexionen von der Phyloge- nie der Discomedusen entwerfen kann, dass diese Uebereinstimmung ein werthvolles Argument für die Wahrheit des biogenetischen Grundgesetzes liefert. Das gilt um so mehr, als die Keimung der Ulma- ride Aurelia und der Pelagide Chrysaora keinen wesentlichen Unterschied zeigt. Als die vier Haupt- abschnitte derselben sind zu betrachten: 1. die Gastrula-Bildung; 2. die Scyphostoma -Bildung; 3. die Strobila-Bildung; und 4. die Ephyrula-Bildung. IIA. Erste Periode: Formation der Gastrula. Der erste Abschnitt der Keimung, die Gastrulation, beginnt mit dem einzelligen Zustand der Cytula und reicht bis zur vollständigen Ausbildung der zweiblätterigen Gastrula; er umfasst mit- hin die gesammten Vorgänge der Eifurchung und Keimblätter-Bildung. Die Eifurchung ist zuerst 1839 von Sırsorn (L. 4, p. 21, Tab. I) beschrieben und neuerdings eingehender von Craus geschildert worden (1877, L. 24, p. 6). Nach der Darstellung von Sırsord und den meisten folgenden Autoren ist die Segmentation eine vollkommen regelmässige; die Cytula oder Stammzelle (— die „befruchtete Eizelle“ oder „erste Furchungskugel“ der Autoren —) zerfällt durch regelmässig wiederholte Theilung erst in 2, dann in 4, 8, 16, 32 u. s. w. Zellen von gleicher Grösse und Beschaffenheit. Indessen hat Craus gezeigt, dass schon die Grösse der beiden ersten Segmentellen oder „Furchungszellen“ nicht völlig gleich, sondern ein klein wenig verschieden ist (l. ec. p. 6, Taf. I, Fig. 2); und ich kann hinzu- fügen, dass auch das Protoplasma der kleineren (animalen) Segmentelle ein wenig heller und klarer ist als dasjenige der grösseren (vegetativen) Zelle; auch bei den folgenden Theilungen (in 4, 8, I. DIE METAGENESIS VON AURELIA UND CHRYSAORA. 11 16 u. s. w.) bleibt dieser geringfügige Unterschied eine Zeit lang erkennbar. Es ist somit die „totale Segmentation“ der Discomedusen streng genommen keine primordiale, sondern eine inaequale. (Gastraea-Theorie, L. 23, p. 78, 73). Jedoch sind die Unterschiede der beiderlei Segmentellen, der klei- neren animalen und der grösseren vegetativen, erstens sehr geringfügig und zweitens verschwinden sie schon vor dem Abschlusse der Furchung, so dass bereits die Morula eine Kugel darstellt, welche aus einer grossen Anzahl völlig gleicher Zellen zusammengesetzt erscheint. Indem im Inneren dersel- ben sich Flüssigkeit ansammelt und sämmtliche Zellen an die Oberfläche des kugeligen Keimes treten, entsteht eine reguläre Blastula (Fig. 1); eine Hohlkugel, deren Wand aus einer einzigen Schicht glei- cher konischer Zellen gleichmässig zusammengesetzt ist (Sırsorp, 1. c. p. 26, Taf. I, Fig. 14, 15). Die Blastula oder Blastosphaera zeigt bald an einer Stelle ihrer Oberfläche eine grubenartige Vertiefung, welche tiefer und tiefer wird, und indem sich diese Einstülpung oder Invagination des Blastoderms vollen- det, entsteht eine typische Gastrula von eiförmiger Gestalt (Taf. I, Fig. 2, 3; Craus, 24, Taf. I, Fig. 4). Schon während des Invaginations-Processes treten die Unterschiede der beiden Keimblätter mit stetig zunehmender Deutlichkeit hervor, indem die grösseren Zellen der eingestülpten Blastoderm - Hälfte, welche den Endoblast oder das Entoderm liefern, beträchtlich trüber und körnchenreicher sind, als die kleineren und helleren Zellen der nicht eingestülpten Blastoderm -Hälfte, des Exoderms oder Eeto- blasts. Zwischen beiden Keimblättern bleibt anfänglich noch ein sehr unbedeutender Zwischenraum (im optischen Durchschnitt eine helle Linie) bestehen, der Rest der Furchungshöhle, welche später ganz verschwindet. Die geräumige Höhle des Urdarms (Archigaster) öffnet sich durch einen engen rund- lichen Urmund (Protostoma, Blastoporus), welcher am breiteren Ende des eiförmigen Körpers liegt. In diesem Zustande, als Archigastrula (L. 23, p. 81), schwimmt sie mittelst ihrer langen dünnen Geisseln längere Zeit frei umher. Dabei entwickeln sich im Exoderm schon zahlreiche Nesselzellen, insbesondere am Oral-Pole, während sie am Aboral-Pole fehlen oder nur sehr spärlich sich ausbilden. Dieser Um- stand ist insofern wichtig, als er das beste Unterscheidungs-Merkmal der beiden (häufig verwechselten) Pole der Längsaxe liefert. Der aborale Pol, mit spärlichen Nesselkapseln, ist heller und bei der schwimmenden Gastrula stets nach vorn gerichtet; der orale Pol ist wegen der zahlreichen Nessel- kapseln in der Umgebung des Urmundes dunkler und nach hinten gerichtet. Hingegen ist auf die verschiedene Form der beiden Polhälften kein Gewicht zu legen, da bald die orale, bald die aborale Hälfte breiter ist. Häufig habe ich bei der entwickelten Gastrula Vermehrung (sowohl durch Theilung als durch Knospung) beobachtet, worauf ich unten noch zurückkommen werde (Fig. 3—6). IIB. Zweite Periode: Formation des Scyphostoma. Der zweite Abschnitt der Metagenese, die Bildung des Seyphostoma, umfasst die Verände- rungen, welche das jugendliche Nesselthier von der Vollendung der freischwimmenden Gastrula bis zur Ausbildung einer festsitzenden vielarmigen Scyphopolypen-Person erleidet. Sie beginnen damit, dass der offene Urmund der Gastrula sich schliesst (Fig. 8); die flimmernde Larve schwimmt nun einige Zeit hindurch als geschlossene eiförmige Blase mit zweischichtiger Wand umher: Planula oder Clistogastrula (Craus, 24, Taf. I, Fig. 5). Während dieser Zeit differenziren sich die beiden Pole der Längsaxe noch mehr in der Weise, dass an dem dunkleren, beim Schwimmen nach hinten gekehrten Ende (wo später der Nachmund durchbricht) die Nesselzellen des Exoderms immer zahlreicher werden, während sie am hellen, beim Schwimmen nach vorn gerichteten Ende, ganz verschwinden. Schon Sırsor» unterschied richtig diese beiden Pole des „infusorienartigen Jungen“, dessen drehende Bewegungen um die Längsaxe er naturgetreu beschreibt, und machte zuerst die Beobachtung, dass Da 12 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. sich am „oberen Ende“ oder vorderen (aboralen) Pole eine Grube bildet, die zur Anheftung dient. Kurze Zeit, nachdem diese Anheftung erfolgt ist, tritt am entgegengesetzten dunklen, mit Nesselzellen gespickten Pole der Durchbruch der bleibenden Mundöffnung oder des Nachmundes (Metastoma) ein. Damit geht die festsitzende Larve in die Form der Ascula über (L. 24, Taf. I, Fig. 6, 7). Die wichtige, bisher unerledigte Frage, ob hier der secundäre Nachmund der Ascula mit dem primären Urmund der Gastrula identisch ist (— oder vielmehr durch eine Wieder-Eröffnung des letzteren an der- selben Stelle entsteht —) glaube ich mit Sicherheit bejahen zu können. Craus (L. 24, p. 8) blieb hierüber zweifelhaft, hätte sich aber durch Vergleichung seiner eigenen Figuren davon überzeugen können, da er ganz richtig ebenso bei der schwärmenden Gastrula (Fig. 4) wie bei der festsitzenden Ascula (Fig. 6) den Oral-Pol der Längsaxe dicht mit Nesselzellen gespickt, den entgegengesetzten, zur Anheftung dienenden Aboral-Pol frei davon zeichnet. Ebenso wie an der Ulmaride Aurela und der Pelagide Chrysaora konnte ich mich auch an der Versuride Cotylorhiza davon überzeugen, dass der Nachmund der angehefteten Ascula an derselben Stelle sich wieder öffnet, an wel- cher der Urmund der schwärmenden Gastrula sich geschlossen hatte. Ich betrachte demnach die Bildung der secundären Mundöffnung bei den Discomedusen nicht als eine wirkliche Neu- bildung, sondern vielmehr als die Wiederöffnung eines Canals, der einige Zeit hindurch völlig geschlossen war. Damit stimmt auch vollkommen die wichtige Thatsache, dass bei der hypogenetischen Pelagia der Urmund der Gastrula unmittelbar in den bleibenden Mund übergeht. Auf die Ascula folgt zunächst, als drittes Stadium der zweiten Periode, die Actinula tetra- nemalis, ein einfachster Hydropolyp mit 4 perradialen Tentakeln (Fig. 9). Diese wichtige Verwandlung hat Sırsorno schon ganz richtig beschrieben, indem er sagt: „Das untere freie Leibesende nimmt nach innen an Masse zu und bildet sich zuletzt zu einem Wulste aus, welcher sich um die Mundöffnung rund herum zieht. An diesem Wulste wachsen zwei einander gegenüberstehende Fort- sätze hervor, zwischen denen sehr bald zwei andere nachfolgen; diese 4 Fortsätze verlängern sich in kurzer Zeit und geben den jungen Medusen das Aussehen eines vierarmigen Polypen“ (L. 4, p- 29). Auch Acassız und Craus geben richtig an, dass gewöhnlich zuerst 2 gegenständige Ten- takeln am Mundrande der Ascula hervorwachsen und dass dann erst die beiden anderen alternirenden folgen. Ebenso finde auch ich, dass bei Aurelia und Chrysaora in der grossen Mehrzahl der Fälle die 4 primären Tentakeln paarweise entstehen, zuerst 2 gegenständige, darauf 2 mit diesen wechselnde. Allein ich muss doch bemerken, dass in nicht wenigen Fällen alle 4 primären Tentakeln gleichzeitig entstehen und als gleich grosse konische Nesselwärzchen in gleichen Abständen um den Mund herum hervorsprossen. Bei Cotylorhiza beobachtete ich dies als Regel, womit auch die An- gaben von Busen (12), Frantzıus (13), Geeensaur (14) und Kowarevsky (22) übereinstimmen. Uebrigens ist, wie Acassız richtig hervorhebt, gerade bei jüngeren Actinula-Formen mit kurzen Tentakeln oft sehr schwer oder gar nicht zu entscheiden, ob deren 2 oder 4 vorhanden sind, weil diese Exerescenzen des Peristom-Randes anfänglich äusserst contractil sind, bis zum völligen Verstreichen eingezogen und häufig paarweise abwechselnd ausgestreckt und eingezogen werden können. Es muss daher einstweilen die Frage noch offen bleiben, ob jene häufigere paarweise oder diese seltenere gleichzeitige Entstehung der 4 primären Tentakeln das ursprüngliche Verhältniss darstellt. In jenem Falle wäre die amphitheete, in diesem die reguläre vierseitige Pyramide die Grundform der Actimula. Auf der anderen Seite findet man auch nicht selten junge Actinulae mit nur 3 Tentakeln, indem der vierte viel später als der ihm gegenüberstehende dritte zur Entwickelung gelangt; in diesem Falle ist die Grund- form eine Zeit lang dipleurisch. Indessen sind diese Differenzen (— von zahlreichen, später zu betrach- I. DIE METAGENESIS VON AURELIA UND CHRYSAORA. 13 tenden individuellen Abnormitäten abgesehen —) doch nur vorübergehend, da alle 4 Tentakeln sich früher oder später aequalisiren und dann die Actinula einige Zeit auf dem Stadium eines regulären „vierarmigen Hydropolypen“ verharrt. Auf diesem Stadium der tetranemalen Actinula bilden sich ausserdem auch andere wich- tige Veränderungen am Ascula-Körper aus. Die eiförmige Gestalt der Ascula geht in eine becher- förmige über, indem der Körper sich am aboralen Pole in einen längeren oder kürzeren Stiel aus- zieht, am oralen Pole hingegen dergestalt erweitert, dass die 4 hervorsprossenden Tentakeln nicht unmittelbar den Mund umgeben, sondern vielmehr am Rande einer sehr contractilen Mundscheibe oder Peristom-Scheibe erscheinen, in deren Mitte die quadratische Mundöffnung vorspringt. Vorher kreisrund und flach, zieht sich die letztere jetzt in einen kurzen Rüssel (Proboscis) aus, dessen 4 vor- springende Kanten den 4 Tentakeln entsprechen, mithin perradial liegen. Zugleich nimmt mit der Grösse des wachsenden Körpers auch seine Contracetilität und Durchsichtigkeit bedeutend zu, und bald lassen sich an demselben bei starker Vergrösserung schon deutlich die 4 Schichten oder Platten unter- scheiden, aus denen später alle Gewebe und Organe des Medusen-Körpers hervorgehen, nämlich 1) die Hautplatte (Lamima dermalis), eine Schicht von Exoderm-Zellen, die zum Theil indifferent, zum Theil in Nesselzellen, Palpozellen und Muskel-Epithelzellen differenzirt sind; 2) die Muskelplatte (Lamina muscularis), eine sehr zarte Schicht von feinen longitudinalen Muskelfasern, die als (kernlose) innere Fortsätze von exodermalen Muskel-Epithelzellen auftreten; 3) die Stützplatte (Lamina ful- cralis), eine hyaline, dünne, anfangs sehr weiche und halbflüssige, bald aber erhärtende und sehr ela- stische Ausscheidung des Entoderms; und 4) die Darmplatte (Lamina gastralis), aus dem hohen ein- schichtigen Geissel-Epithel des Entoderms gebildet. Während diese 4 Schichten bei allen von mir untersuchten tetranemalen Actinulae aus den angeführten Discomedusen -Gattungen zur Entwickelung gelangen, verhält sich dagegen verschieden die struecturlose chitinarlige Ausscheidung des Exoderms am aboralen Körpertheile, welche als Fussplatte (Lamina pedalis) bezeichnet werden kann. Bei den mit Ringcanal und engen Radial-Canälen versehenen Gattungen Aurelia und Cotylorhiza beschränkt sie sich auf eine rundliche Fussscheibe, welche an der Anheftungsstelle des Stiels secernirt wird. Bei den mit breiten Radialtaschen (ohne Ringeanal) versehenen Genera Chrysaora und Cyanea hingegen erhebt sie sich zu einem eylindrischen Chitin-Rohre, ähnlich dem der Tubularien, welches das Aboral-Ende des Stiels umschliesst und bisweilen bei ansehnlicher Dicke concentrische Schichtung zeigt (Cuaus, L. 24, Taf. I, Fig. 9, 10). Das vierte Stadium der zweiten Periode bildet das Seyphostoma tetranemale. Das- selbe entwickelt sich aus der vierarmigen Actinula (Fig. 9) dadurch, dass in der Mitte zwischen den 4 primären Tentakeln die 4 gastralen Taeniolen auftreten, jene bedeutungsvollen Längswülste oder Längsleisten der Körperwand, durch deren Erwerb sich der einfachere Hydropolyp in die höhere Form des Sceyphopolypen verwandelt. Diese 4 Längswülste bilden den wichtigsten mor- phologischen Differential-Charaeter zwischen den beiden Hauptgruppen der Nesselthiere, indem sie den Hydropolypen und Craspedoten (nebst Siphonophoren und Ctenophoren) ebenso allgemein fehlen, als sie anderseits den Seyphopolypen, Acraspeden und Korallen allgemein zukommen. Ihr Entdecker, SırsoLnp, beschreibt sie als „Längswülste, welche von der Wurzel der 4 zuerst entstandenen Arme sich an der Wand der Leibeshöhle senkrecht herab erstrecken und in der Tiefe allmählich verlieren“. Auch Sans und alle folgenden Beobachter lassen die 4 Taeniolen ebenso als directe Fortsetzungen der 4 primären Tentakeln erscheinen. In der That aber alterniren sie mit den letzteren und liegen viel- mehr in den Radien der 4 secundären, später auftretenden Tentakeln, wie zuerst Craus mit Recht her- 14 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. vorgehoben hat. Die 4 Taeniolen sind somit interradial, während die peripheren, durch sie getrennten Nischen der Magenhöhle perradial sind; jene entsprechen den Radien zweiter, diese den- jenigen erster Ordnung. An der Bildung derselben betheiligen sich die beiden mittleren Platten der Körperwand: die gallertige, vom Entoderm ausgeschiedene Fuleral-Platte oder Stützlamelle verdickt sich zu einer eylindrischen oder halbeylindrischen Leiste, während an deren Aussenseite die exodermale Muskelplatte einen besonderen interradialen Längsmuskel-Strang erzeugt. Die meisten früheren Be- obachter hatten die gallertigen Leisten für 4 „Radial-Canäle“ gehalten, die am Rande der Mundscheibe durch einen „Ringcanal“ verbunden werden sollten. Allein an guten Längs- und Querschnitten von Osmium-Carmin-Präparaten überzeugt man sich mit Sicherheit, dass weder diese angeblichen „Canäle“, noch eine besondere „Leibeshöhle“ existiren. Vielmehr bestehen diese angeblichen Hohlräume aus einer weichen wasserklaren Gallerte, die häufig sogar einzelne, vom Entoderm ausgetretene, spindel- oder sternförmige Zellen enthält („Seeret-Gewebe“). Wenn Craus dieselbe als „flüssig“ bezeichnet, so kann dies nur in demselben Sinne geschehen, in welchem auch der „festflüssige“ oder halbflüssige Gallert- schirm der ausgebildeten Aurelia als flüssig beschrieben worden ist. Die Consistenz der Gallerte ist an einem so kleinen Objecte schwer festzustellen, nach meiner Ueberzeugung aber viel bedeutender, als man gewöhnlich annimmt, wenn auch an verschiedenen Stellen sehr verschieden. Für die volle Würdigung der Taeniolen oder der 4 interradialen gastralen „Längswülste“ ist es von besonderer Bedeutung, dass dieselben die dünne Wand des becherförmigen Körpers seiner ganzen Länge nach durchziehen und dadurch seinen gastralen Hohlraum in 4 flache periphere Nischen oder Längs-Rinnen theilen. Diese sind perradial und entsprechen den 4 primären, in der Mitte ihres peristomialen Randes inserirten Tentakeln. Die 4 rinnenförmigen Nischen sondern sich um so mehr als besondere flache „Magentaschen“ von dem gemeinschaftlichen Central-Raum der Magenhöhle ab, je mehr die anfänglich eylindrische Form der Taeniolen in diejenige flacher Leisten übergeht. Indem ihr frei vorspringender axialer Rand sich stark abplattet und verbreitert, bildet er förmliche Flügel, und diese springen dergestalt über die Seitentheile der Magentaschen vor, dass nur ihr Mitteltheil, wie durch einen breiten Längsspalt, mit dem Central-Raum eommunieirt (Querschnitt Taf. I, Fig. 12). Indem die Taeniolen von der stielförmigen Basis des Bechers bis zu dem verdickten, mit einem Nesselring bewaft- neten Mundrande durchgehen, zerfallen sie in eine dorsale und ventrale Hälfte; dabei bezeichnen wir als dorsal (oder „epidepal“) die gesammte Aussen-Wand des Bechers bis zu seinem (tentakel-tragenden) Aussenrand (— der „Exumbrella“ der Meduse entsprechend —); hingegen als ventral (oder „hypo- depal“) die „Peristom-Scheibe“ des Bechers, zwischen dem inneren Mundrand und dem äusseren Becherrand (— der „Subumbrella“ entsprechend —). Wird der Mund weit geöffnet, und der breite Peristom-Ring dabei stark verschmälert, so springen die Oral-Enden der Taeniolen am Mundrande noch frei vor, die Bildung freier „Gastral-Filamente“ andeutend. Auch die 4 interradialen Längs- muskeln, welchen die Gallertleisten der Taeniolen zugleich als Skeletplatten und als elastische Anta- gonisten dienen, begleiten dieselben in ihrer ganzen Länge und setzen sich ebenfalls bis zum Mund- rande fort; sie bilden hier die Anlage für die späteren Längs-Muskeln des Rüssels und die Radial- Muskeln des Peristom-Ringes (später der Subumbrella). Bei starker Contraction des Sceyphostoma bleiben die 4 Längsmuskeln an der Abaxial-Seite der Taeniolen straff gespannte Bänder, während das gastrale Entoderm-Epithel an ihrer Axial-Seite sich in zahlreiche Querfalten legt (Fig. 14). Aus dem tetranemalen Scyphostoma wird nun zunächst die wichtige, von Sırsorn zuerst be- schriebene Form des „achtarmigen Polypen“, das oetonemale Scyphostoma (Fig. 10; L. 4, p- 30, Taf. I, Fig. 31, 32; Taf. II, Fig. 34, 35). Genau in der Mitte zwischen den 4 primären Ten- I. DIE METAGENESIS VON AURELIA UND CHRYSAORA. 15 takeln (oder den Tentakeln erster Ordnung), also an der marginalen Umbiegungs -Stelle der 4 inter- radialen Taeniolen (an der Grenze zwischen ihrem dorsalen und ventralen Theile) wachsen 4 neue, secundäre Tentakeln hervor, die wir demgemäss als interradiale Tentakeln (oder als Tentakeln zweiter Ordnung) zu bezeichnen haben. In Uebereinstimmung mit Craus (L. 24, p. 11) muss ich dies Verhältniss ganz besonders betonen, da alle früheren Beobachter dasselbe unrichtig aufgefasst haben und die 4 secundären Tentakeln zwischen den Taeniolen, nicht in deren Verlängerung, hervor- sprossen lassen. In der Mehrzahl der Fälle (— insbesondere bei Cotylorhiza fast beständig —) treten die 4 interradialen Tentakeln gleichzeitig zwischen den 4 perradialen auf, während in anderen Fällen zunächst 2 gegenständige, später erst die 2 anderen, mit diesen alternirenden erscheinen. Sel- tener entstehen die 4 interradialen Tentakeln (— ebenso wie bisweilen die perradialen —) nach ein- ander, in 4 verschiedenen Zeitmomenten; indessen ist dieses Verhalten hier wie dort schwer mit voller Sicherheit zu constatiren, weil die jungen Tentakeln (— eigentlich ursprünglich konische Nesselwarzen des Peristom-Randes —) anfangs sehr klein und dabei so contractil sind, dass sie bis zum scheinbaren Verschwinden „verstreichen“ können (vergl. p. 12). Einige Zeit hindurch sind die 4 interradialen Tentakeln an ihrer geringeren Länge leicht von den 4 älteren perradialen zu unterscheiden (L. 24, Taf. I, Fig. 10); bald aber werden sie diesen an Grösse und Form völlig gleich. Die Structur der soliden Tentakeln ist beim Sceyphostoma dieselbe, wie bei der Ephyra-Meduse. Die feste elastische Axe wird durch eine einzige Reihe heller münzenförmiger Chordal-Zellen ge- bildet, deren centrale Kerne in einer Reihe (in der Axe des Tentakels) hinter einander liegen. Die- selben sind direete Abkömmlinge von den Entoderm-Zellen der Gastral-Platte des Becherrandes (vergl. Craus, L. 24, p. 14, Taf. I, Fig. 10; Taf. II, Fig. 3—5). Nach Craus soll diese einreihige Entoderm- Zellen-Axe der Tentakeln „von keiner weiteren festen Stützmembran umlagert sein, vielmehr direct an das flüssige Mesoderm angrenzen“. Ich finde hingegen, dass dieses angeblich „flüssige Mesoderm“ in der That eine selbständige, wenn auch dünne und structurlose Stützplatte oder Fuleral-Lamelle ist; sie: verbindet mit einer sehr bedeutenden EBlastieität einen ziemlichen Grad von Consistenz, beson- ders bei älteren Tentakeln. Gleich einer festen elastischen Scheide (oder einem Handschuhfinger) über- zieht diese entodermale Fuleral-Platte die cylindrische Axe des fingerförmigen Tentakels und dient zugleich zur Unterlage der dünnen exodermalen Muskel-Platte, von der sie rings umschlossen ist. Die Letztere besteht aus parallelen feinen Längs-Muskelfasern, die theilweise (oder sämmtlich ?) noch mit den Epithel-Zellen des Exoderms zusammenhängen und bei ihren Contractionen den Tentakel ver- kürzen und biegen, während seine Streckung und Ausdehnung (bei Relaxation der Muskelfasern) durch die Elasticeität der Stützplatte und der Chordal-Zellen-Axe (— des „Tentakel-Skelets“ —) vermittelt wird. Das äussere Exoderm-Epithel der Tentakeln besteht aus einer einzigen Zellen - Schicht, welche theils Nessel-, theils Tast-, theils Epithel-Muskel-Zellen sind. Die Tentakeln besitzen somit dieselben 4 Schichten oder „Platten“, aus denen auch die contractile Wand des Bechers sich zusam- mensetzt (vergl. Taf. I, Fig. 13). Wie schon Sırsorp richtig angiebt, bleibt gewöhnlich das Scyphostoma längere Zeit „in dieser Gestalt eines achtarmigen Polypen verharren“, ehe eine weitere Vermehrung der Tentakel-Zahl eintritt. Diese letztere unterliegt sehr bedeutenden Schwankungen und erfolgt in der Mehrzahl der Fälle nach einer sehr unregelmässigen Progression. Seltener tritt der (ursprünglich typische) Fall ein, dass zwi- schen den 8 bestehenden Prineipal-Tentakeln (— wie ich die 4 primären perradialen und die 4 secundären interradialen zusammen nenne —) 8 tertiäre adradiale Tentakeln gleichzeitig her- vorsprossen (Fig. 11). Ist die Zahl 16 auch als typische Normal-Zahl des vollendeten Tentakel- 16 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. Kranzes bei dem gewöhnlichen vierstrahligen (mit 4 Taeniolen ausgestatteten) Sceyphostoma zu betrachten, so kommen doch sehr häufig nicht alle 16 Tentakeln zur Entwickelung, ganz abgesehen von den abweichenden Zahlen - Verhältnissen, welche durch die abnorme (— bei Aurelia aber sehr häufig auftretende —) Bildung von 2, 3, 5 oder 6 Taeniolen (statt der normalen 4) hervorgerufen werden. Auf diese Zahlen- Abnormitäten des Seyphostoma polynemale (Fig. 11) komme ich später (im III. Abschnitt) zurück. IC. Dritte Periode: Formation der Strobila. Der merkwürdige Process der Strobilation oder „Strobila-Bildung“, welcher im Generations- wechsel der Discomedusen die grösste Rolle spielt und den dritten Abschnitt desselben characterisirt, ist bereits von den früheren Beobachtern, vor Allen Sırs und Daryerı, dann in neuerer Zeit von Acassız und Craus so eingehend geschildert worden, dass wir bezüglich aller Einzelheiten auf diese Autoren verweisen und uns mit einigen allgemeinen kritischen Bemerkungen begnügen können. Das wesentlichste Moment dieses Processes (— welcher in ganz ähnlicher Form bei der weit entfernten Gruppe der Cestoden sich wiederholt —) besteht bekanntlich in einer ungeschlechtlichen Ver- mehrung der Acalephen-Person durch Spaltung (Schizogonie). Diese geht aus vom Oral- Stück oder Peristom-Theil des Scyphostoma-Polypen, während sein Aboral-Stück oder der Becher- Theil dabei unverändert bestehen bleibt. Ebenso wie bei der Cestoden-Strobilation eine Anzahl von Proglottiden aus dem freien Pole des angehefteten Scolex hervorsprossen und eine Kette bilden, deren einzelne Glieder sich nach Erlangung eines gewissen Reife-Grades nach einander ablösen, ganz ebenso geschieht dasselbe bei der Strobilation der Discomedusen, deren Ephyra-Larven ebenfalls aus dem freien Pole des angehefteten Scyphostoma hervorknospen. Die Ablösung der einzelnen, frei wer- denden Knospen von der gegliederten Kette geschieht in beiden Fällen unter dem Bilde einer schein- baren Quertheilung, wie auch in beiden Fällen eine äussere Ringfurche, senkrecht auf der gemein- samen Längsaxe, die inneren Vorgänge des Wachsthums, welche der Strobilation zu Grunde liegen, zum sichtbaren äusseren Ausdrucke bringt. Dadurch sind viele Zoologen verleitet worden, die Strobi- lation als „wiederholte Quertheilung des Seyphostoma“ zu bezeichnen, und Craus behauptet sogar neuerdings, dass man über die wahre Natur dieses Processes als „Quertheilung nicht mehr in Zweifel sein werde“ (L. 24, p. 2). Indessen habe ich schon in meiner „Generellen Morphologie“ (1866) den einzigen logischen Weg gezeigt, auf welchem die beiden Formen der Schizogonie, Theilung und Knospung, begrifflich scharf von einander getrennt werden können (Bd. Il, p. 37 ete.): Die beiden Spaltungs - Produete sind bei der Theilung des Individuums von gleichem Alter und Formwerthe, während sie bei der Knospung in beiden Beziehungen ungleich sind; auch ist das Wachsthum, welches die Spaltung einleitet, bei der Theilung ein totales, bei der Knospung ein partielles. Da nun bei der Strobi- lation des Seyphostoma die festsitzende aborale Hälfte der Amme unverändert bleibt (gleich dem Cestoden-Scolex), während nur die orale Hälfte neue Individuen (— und zwar eines nach dem anderen, alle von ungleichem Alter! —) produeirt, so wird man nach meiner Ueberzeugung „nicht mehr in Zweifel sein“, dass die Strobilation unter den Begriff der „terminalen Knospung“ fällt, nieht unter denjenigen der (Quertheilung. Auch Gesexsaur (L. 14, p. 8) hat diese Auffassung bereits motivirt, und ebenso früher Desor (L. 10), obwohl der Letztere die besonderen Einzelheiten des Vorganges nicht richtig erfasst hatte. Il. DIE METAGENESIS VON AURELIA UND CHRYSAORA. 17 Der normale Verlauf der Strobilation scheint bei dem becherförmigen Scyphostoma von Aurelia und von Chrysaora folgender zu sein. Unmittelbar oberhalb des Tentakel-Kranzes (bei abwärts ge- kehrtem Munde), also an dessen aboralem oder proximalem Rande, entsteht eine ringförmige Einschnü- rung, auf welehe nach einer längeren oder kürzeren Pause mehrere andere Ring-Strieturen folgen, oft 10—20, bisweilen über 30. Dadurch gestaltet sich der becherförmige Leib, unter andauerndem longi- tudinalem Wachsthum, zu einem langgestreckten gegliederten Cylinder, der aus 10—30 oder mehr flachen Scheiben zusammengesetzt erscheint. Genauer betrachtet erscheint dieser Zapfen oder die „Strobila“ als eine abgestutzte, schlanke, achtkantige Pyramide, da die Grösse der einzelnen Glieder oder Scheiben vom aboralen zum oralen Pole, von der jüngsten bis zur ältesten Scheibe, gleichmässig zunimmt, und da von der Basis der 8 prineipalen Tentakeln aus 8 longitudinale Kanten oder Rippen (4 perradiale und 4 interradiale) über die ganze Länge des Zapfens sich hinziehen. Diesen Kanten entsprechend wachsen am Rande jeder Scheibe 8 kurze ausgerandete Lappen (Gabellappen oder Haupt- lappen) hervor, welche sich bald gabelförmig in je 2 eiförmige Läppchen (Oeular-Lappen oder Ephyra- Lappen) spalten; und in dem Einschnitte zwischen den letzteren entwickelt sich dann später ein Sinneskolben (Rhopalium) mit Ocellus und Otoeyste. Die Ring-Strieturen zwischen den einzelnen Scheiben gehen ungefähr bis zur Mitte ihres Halbmessers hinein, so dass alle in der Mitte durch einen centralen Hohlraum verbunden bleiben. Da nun die 4 Taeniolen ursprünglich vom Mundrand des Sceyphostoma bis zu seinem Fussende reichen, so gehen sie als 4 interradiale Leisten auch durch die ganze Länge der Strobila hindurch. Die ältesten und reifsten Scheiben (am Oral-Ende des Zapfens) lösen sich nun eine nach der anderen von der Kette ab, indem das centrale Communiecations-Rohr an der Aboral-Fläche der einzelnen Scheiben sich abschnürt und demgemäss das betreffende Stück des- selben als centrales Mundrohr der nächstjüngeren (kleineren) Scheibe erhalten bleibt. Das Loch, wel- ches dabei in der aboralen Scheitelfläche jeder Scheibe entsteht, schliesst sich bald, und die ent- sprechenden abgeschnürten Stückchen der Taeniolen erscheinen als die 4 primären Gastral-Filamente der Scheibe. Letztere stellt nunmehr die einfache typische Discomedusen-Form der Ephyra (— oder Ephyrula —) dar (L. 25, p. 474, 482). IID. Vierte Periode: Formation der Ephyrula. Aus Gründen, welche ich bereits in meinem „System der Medusen“ (L. 25, p. 476) angeführt habe, muss eigentlich der Name Ephyra denjenigen primitiven Discomedusen-Formen gewahrt bleiben, welche permanent auf dieser characteristischen Formstufe stehen bleiben und in dieser Form ge- schlechtsreif werden; denn für eine solche selbständige Genus-Form wurde ursprünglich der Name Ephyra von Perox aufgestellt und auch von Escuscnorrz verwendet. Dahingegen wird die vorüber- gehende Larven-Form der Discomedusen, welche jene ursprüngliche Stammform der Ordnung nach dem biogenetischen Grundgesetze wiederholt, zweckmässig als Ephyrula bezeichnet (entsprechend der 1873 von mir in der Gastraea-Theorie, p. 66, eingeführten und jetzt allgemein angenommenen Benen- nung der ersten ontogenetischen Bildungsstufen). Bei allen Discomedusen, deren Ephyrula-Larven bisher beobachtet wurden, und welche den verschiedensten Familien der Ordnung angehören, stimmt die wesentliche Organisation derselben völlig überein. Der Schirmrand des flach scheibenförmigen Körpers zerfällt durch 8 tiefe adradiale Einschnitte (— in welchen später die 8 Tentakeln oder die entsprechenden Velar-Lappen hervorsprossen —) in 8 „Gabellappen“ oder gabelspaltige Hauptlappen, zwischen deren beiden „Oeular-Lappen“ ein Sinneskolben eingeschlossen ist. Auf der Exumbrella oder der convexen aboralen Scheibenfläche treten 16 Kanten oder Rippen hervor, welche namentlich 3 18 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. bei der Profil-Ansicht deutlich sieh markiren und einer leistenartigen radialen Verdiekung der Fulcral- Platte ihren Ursprung verdanken. Die 8 einfachen adradialen Exumbral-Rippen sind kürzer als die 8 prineipalen (4 perradiale und 4 interradiale); vom Distal-Ende der letzteren gehen 2 Gabeläste in die beiden Ocular-Lappen. Auf der Subumbrella oder der concaven oralen Scheibenfläche findet sich an der Basis des Lappenkranzes ein breiter circularer Kranzmuskel, in der Mitte tritt ein kurzes, vierkantig- prismalisches Mundrohr hervor, dessen 4 perradiale Kanten sich am Mundrande in 4 kurze Vorsprünge ausziehen, die 4 späteren „Mundarme“. Das Mundrohr führt unmittelbar in eine flache, scheibenförmige, centrale Magenhöhle, an deren subumbraler (unterer) Wand 4 Gastral-Filamente be- festigt sind, entsprechend den 4 interradialen. Seitenflächen des Mundrohres. Von der Peripherie des Magens gehen anfangs nur 8 radiale Taschen ab zur Basis der 8 Sinneskolben; bald aber entwickeln sich in der Mitte zwischen ihnen 8 kürzere adradiale, bei Aurelia für die 8 Velar-Lappen, bei Chrysaora für die 8 Tentakeln, welche aus den Einschnitten zwischen den 8 Hauptlappen hervorsprossen. Da die gleiche Bildung der Ephyrula sich bei Discomedusen der verschiedensten Familien ganz constant wiederholt, so ist diese ontogenetische Form von der grössten phylogenetischen Bedeutung, gleich dem Nauplius der Crustaceen (L. 25, p. 364, 473). ill. Modificationen und Variationen der Metagenesis. (Cenogenetische Abweichungen von der palingenetischen Keimungs-Form.) Alle Beobachter, welche bisher eingehender den Generationswechsel der Discomedusen unter- suchten, und welche eine grössere Zahl von ihren vorsiehend beschriebenen Entwickelungsstufen ver- gleichen konnten, stimmen darin überein, dass dieselben mancherlei Abweichungen und Variationen unterworfen sind. Dieselben betreffen theils die Grundzahl und die Gestaltung der einzelnen Keimungs- Formen, theils die Art und Weise ihres Zusammenhanges und ihrer Entwickelung; bald sind sie He- terochronien, bald Heterotopien (L. 23, p. 71). Ich habe bei meinen ontogenetischen Untersuchungen über Diseomedusen im Laufe der letzten Jahre eine weit grössere Zahl solcher Abnormitäten (ins- besondere bei Aurelia und Chrysaora) beobachtet, als die früheren Forscher, und da dieselben nicht nur an sich, für die Beurtheilung der Variations-Fähigkeit dieser Formen, sondern auch zum Theil für wichtige allgemeine Fragen der thierischen Entwiekelung von Interesse sind, so will ich dieselben hier einzeln aufführen. IIIA. Variationen der Gastrula-Bildung. Aus der Vergleichung der Darstellungen der früheren Beobachter scheint hervorzugehen, dass schon die Bildung der Gastrula nicht allein bei den verschiedenen Diseomedusen-Arten, sondern auch bei verschiedenen Individuen einer Art gewisse Verschiedenheiten darbietet. Indessen ist hierbei zu bedenken, dass ein grosser Theil der Widersprüche zwischen den verschiedenen Autoren auf unvoll- ständige Beobachtungen zurückzuführen ist. Ich selbst habe bei der Gastrulation folgende Variationen (hauptsächlich bei Chrysaora und Cotylorhiza) beobachtet. Al. Irreguläre Segmentation. Während gewöhnlich die Eifurchung von dem Bilde der primordialen oder regulären Segmentation nur sehr wenig abweicht, und die Furchungszellen von Beginn der Furchung an nahezu gleich oder selbst nicht zu unterscheiden sind, macht sich häufig ein auffallenderer Unterschied schon in der Grösse der beiden ersten Segmentellen bemerkbar. Ihre Ab- III. MODIFICATIONEN UND VARIATIONEN DER METAGENESIS. 19 kömmlinge differiren dann so, dass die vegetativen Zellen etwas langsamer in der Theilung fortschreiten als die animalen; die ersteren, die Mutterzellen des Entoderms, bleiben deutlich grösser, trüber und weniger zahlreich als die letzteren, die Mutterzellen des Entoderms. Diese Differenzen hängen ver- muthlich in erster Linie von der grösseren oder geringeren Menge des Nahrungsdotters ab, welche in den einzelnen Eizellen etwas verschieden ist. Je grösser die relative Quantität des Nahrungsdotters, desto inaequaler die Segmentation. A2. Unvollständige Invagination der Blastula. Während gewöhnlich die einge- stülpte Endoblast-Hälfte sich an die nicht eingestülpte Exoblast-Hälfte innen so anlegt, dass zwischen beiden kein Zwischenraum oder nur eine sehr dünne, structurlose Stützplatie übrig bleibt (— im optischen Längsschnitt eine schmale helle Linie, Fig. 3 —), so findet sich dagegen nicht selten auch bei der völlig entwickelten Gastrula ein ansehnlicher bleibender Zwischenraum zwischen beiden primären Keimblättern, welcher mit einer hellen structurlosen Gallerte erfüllt ist (Fig. 21). Derselbe nimmt oft das aborale Drittel, seltener die ganze aborale Hälfte des Gastrula-Körpers ein und bleibt in dieser Ausdehnung auch dann bestehen, wenn die Gastrula sich festgesetzt und in das Seyphostoma ver- wandelt hat. Er ist von älteren Beobachtern, namentlich von Franızıus (L. 13, p. 119) schon mehr- fach dargestellt und ais wahre Leibeshöhle angesehen worden. Indessen ist dieser Hohlraum nicht mit Flüssigkeit, sondern mit Gallerte gefüllt, welche bisweilen auch sternförmige Zellen einschliesst („Mesenchym“, Herrwis). Er kann ebensowohl mit Rücksicht auf seine Vergangenheit als Rest der Furchungshöhle (Blastocoeloma), als mit Rücksicht auf seine Zukunft als Anlage des Gallertschirmes (Umbrella) betrachtet werden. A3. Vermehrung der Gastrula durch Spaltung. Die frei umherschwimmende Gastrula pflanzt sich häufig, ehe sie in die festsitzende Scyphostoma-Form übergeht, durch Spaltung fort, bald durch Theilung, bald durch Knospung (Fig. 4—6). Dieser Vorgang ist zuerst vor 30 Jahren von Busch bei Chrysaora beobachtet worden, und zwar nicht etwa einzeln, sondern in grösstem Maass- stabe (L. 12, p. 27, Taf. VI, Fig. 1—5). Ich kann die betreffenden Angaben von Busch bestätigen; aus 10 isolirten Gastrula-Larven von Chrysaora sah ich im Laufe von drei Wochen 60—80 Sprösslinge theils durch Division, theils durch Gemmation entstehen. Danach bin ich selbst zu der Annahme ge- neigt, dass diese spontane ungeschlechtliche Vermehrung bei Chrysaora (und wahrscheinlich auch bei anderen Discomedusen) ein normaler Vorgang ist. Auch bei Aurelia habe ich denselben, wenngleich seltener, beobachtet. Zahlreiche Gastrula-Larven dieser Art entwickelten sich im Laufe dieses Winters in meinem hiesigen Aquarium mit beträchtlichen Unterschieden der Geschwindigkeit, indem viele Gastrulen schon nach wenigen Tagen sich festsetzten und in Seyphostomen sich verwan- delten, während zahlreiche andere mehrere Wochen, einzelne sogar über einen Monat unverändert sich erhielten; ein Theil derselben überschritt fortwachsend das normale Grössen-Maass und vermehrte sich durch Spaltung. Die regelmässige Theilung scheint seltener zu sein und verläuft als vollstän- dige reguläre Längstheilung (Fig. 6); sie beginnt damit, dass der eiförmige Gastrula-Körper an einem Pole seiner Längsaxe (häufiger am aboralen, seltener am oralen Pole) eine mediane Einkerbung erleidet; diese wird rasch zu einer tieferen Einschnürung und endet mit dem Zerfall in 2 völlig gleiche Hälften. Viel häufiger scheint Knospung der Gastrula zu sein, und zwar externe laterale Gem- mation; ein konisches Wärzchen, eine Ausstülpung des Urdarmes enthaltend, wächst seitlich aus der äusseren Oberfläche hervor und schnürt sich bald an seiner Basis völlig von der mütterlichen Gastrula 3# 20 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. ab, worauf der Durchbruch der geschlossenen Urdarmhöhle am freien Pole der Knospe erfolgt (Fig. 4). Selten fand ich 2 gegenständige Lateral-Gemmen an einer Gastrula (Fig. 5). A4. Verwandlung der Gastrula in eine schwimmende Actinula. Häufig bei Chrysaora, bisweilen aber auch bei Aurelia, erfolgt scheinbar kein Verschluss (— oder eine baldige Wie- der-Eröffnung? —) des Urmundes und rings um denselben wachsen in gleichen Abständen 4 kurze konische Wärzchen hervor, welche sich zu Tentakeln ausbilden (Fig.7). Bisweilen wachsen sogar zwi- schen diesen 4 primären perradialen Tentakeln alsbald 4 seeundäre interradiale Tentakeln hervor, so dass statt der festsitzenden eine frei schwimmende octonemale Actinula sich ausbildet. Schon Busch hat dieselbe bei Chrysaora in grosser Zahl beobachtet (L. 12, p. 29, Tai. VI, Fig. 6—9). IIIB. Variationen der Scyphostoma-Bildung. Ausser den älteren Beobachtern hat in neuerer Zeit namentlich Acassız die ausserordentlich zahl- reichen und zum Theil sehr interessanten Modilicationen des Scyphostoma und der Strobila beschrieben und abgebildet (L.17, Taf.X, XA). Auch hat Craus schon darauf hingewiesen, wie die mannichfaltigen Variationen und Missbildungen der reifen Aurelien auf entsprechende Abweichungen des Scyphostoma von der Normal-Form zurückzuführen sind. Bl. Schwankungen der Zahl und Reihenfolge der Tentakeln. Als das normale (wenn auch nicht häufigste) Vorkommen betrachte ich das gleichzeitige Auftreten von 4 pri- mären (perradialen) Tentakeln, zwischen welchen nach kurzer Zeit 4 secundäre in- terradiale entstehen; erst geraume Zeit später erscheinen die 8 tertiären (adradialen), welche mit jenen regelmässig alterniren. Auch Gesexsaur, Frantzius, Busch und Andere halten dieses reguläre Verhältniss für das normale. Hingegen betrachtet Craus dasselbe als ein abnormes und meint vielmehr, dass die Tentakeln nach einander einzeln in arithmetischer Progression hervorwachsen, so dass schon die 4 primären Tentakeln ungleichen Alters sind (in der Reihenfolge A Ü B D); ebenso später die 4 secundären, und gleichfalls zuletzt die 8 tertiären. Craus schliesst hieraus sogar auf eine dipleure (— „bilateral-symmetrische“ —) Grundform des Scyphostoma, die erst nachträglich durch Aequalisirung in die regulär-radiale Grundform (— die Quadrat-Pyramide —) übergehen soll (L. 24, p. 9, 12 etc.). Indessen hat schon Asassız mit Recht darauf hingewiesen, wie leicht in dieser Hinsicht Täuschungen möglich sind, da die jungen Tentakel-Anlagen äusserst contractil sind und bis zum scheinbaren Ver- schwinden verstreichen können. Auch linde ich bei Cotylorhiza viel häufiger jene normale Reihenfolge in geometrischer Progression (erst 4, dann 8, zuletzt 16). Allerdings sind bei Aurela und Chrysaora Abweichungen häufiger; ich betrachte aber diese als cenogenetische Modilicationen, jenes als das ursprüngliche palingenetische Verhalten. Ordnet man die Abweichungen in eine Reihenfolge, ihrer Häufigkeit nach, so ergiebt sich ungefähr folgendes Resultat: a. Die Tentakeln treten als gegenstän- dige Paare auf, erst 2 perradiale, dann die beiden anderen, mit diesen alternirenden perradialen, hierauf zwischen diesen in gleicher Weise 4 interradiale, später 8 adradiale (ungleichzeitig) u. s. w. b. Die Tentakeln treten zu je drei auf, ersi 3 perradiale, mit diesen alternirend 3 andere perradiale, hierauf 6 interradiale, später 12 adradiale (ungleichzeitig) u. s. w. c. Die Zahlenfolge der Tentakeln va- rirt unregelmässig (vergl. Acassız, L. 17, p. 23, Pl. X, Xa ete.). Als homotypische Grundzahlen treten dabei, neben den normalen 4, häufig 6, selten 3 oder 5 auf. Die von mir beobachtete Maximal - Zahl der Scyphostoma-Tentakeln ist 48 (sehr selten); gewöhnlich schwankt sie zwischen 20 und 30. Solche II. MODIFICATIONEN UND VARIATIONEN DER METAGENESIS. 9 numerische Variationen der Tentakeln und der Taeniolen liegen auch den entsprechenden Zahlen-Ab- normitäten der Ephyrula variabilis (D 1) zu Grunde. B2. Bildung von mehrfachen Tentakel-Kränzen. Statt des gewöhnlichen einfachen Tentakel-Kranzes bildet sich bisweilen beim Scyphostoma von Aurelia ein doppelter; selten treten deren sogar 3 oder mehr über einander auf (Fig. 17), und dann gewöhnlich unvollständig, mit unregel- mässiger und wechselnder Zahl. Diese Abnormität ist bisher nur von Asassız bemerkt und auf Pl. XI, Fig. 16, 18 dargestellt worden. Ich halte diese accidentelle Vermehrung der Tentakel-Cyelen für sehr wichtig, weil sie meine Auffassung der Strobilation als Terminal-Knospung unmittelbar unterstützt und die phylogenetische Entstehung dieser sonderbaren Vermehrungs-Form erklärt; denn die Ringfurche zwischen je 2 Tentakel-Kränzen ist nichts Anderes als die beginnende Einschnürung zwischen 2 Ephyrula-Scheiben der Strobila; und ein Scyphostoma mit 2 oder 3 unmittelbar über einander sitzenden Tentakel-Kränzen ist eigentlich schon eine Strobila, zusammengesetzt aus 2 oder 3 Scyphopoiypen-Personen, entstanden durch Terminal-Gemmation an der Peristom-Fläche eines ein- fachen Scyphostoma. B3. Verästelung oder unvollständige Spaltung der Tentakeln. Nicht selten spalten sich die einfachen Tentakeln in 2 oder 3 (selten mehr) Aeste, welche gewöhnlich nur an der Basis zusammenhängen. Auch diese Variation ist bereits von Asassız beschrieben und besitzt eben- falls grosse morphologische Bedeutung. Gewöhnlich zeigen nur einzelne, seltener alle Tentakeln des Kranzes eine Spaltung in 2 oder 3 Aeste, die meistens unregelmässig sind. Bisweilen haben sich von den 16 Tentakeln des vollständig entwickelten Seyphostoma ganz regelmässig die 8 prineipalen in je 3 Fäden gespalten, während die 8 adradialen ungetheilt sind und mit jenen regelmässig alterniren (vergl. Fig. 16, 40). Offenbar entsprechen diese letzteren den 8 Tentakeln der Ephyrula, jene ersteren aber den 8 Gabellappen derselben. Da dieselbe Bildung des Tentakel-Kranzes auch bei Strobilu (bald am basalen, bald am distalen Ende der Kette) bisweilen gefunden wird (Fig. 15), so ergiebt sich für die complete Homologie von Seyphostoma und Ephyrula der wichtige Satz: Jeder Gabel- lappen von Ephyrula ist ein umgebildeter dreispaltiger Tentakel von Scyphostoma; die beiden seitlichen Fäden des letzteren werden zu den Ocular-Läppchen, während der mittlere Faden sich in den Sinneskolben verwandelt (vergl. D2, Fig. 40). Sehr merkwürdig und lehrreich sind in dieser Beziehung auch die zahlreichen, theilweise monströsen Zwischen-Bildungen zwischen Scyphostoma und Ephyrula, von denen Acassız mehrere abgebildet hat (L. 17, Pl. XI, Fig. 8, 14—16, 20, 28 etc.). B4. Schwankungen der Taeniolen-Zahl von Seyphostoma. Die 4 gastralen Längs- wülste des Seyphostoma oder die Taeniolen sind insofern von hoher morphologischer Bedeutung, als aus ihnen die Gastral-Filamente der Acraspeden — das wichtigste Merkmal dieser Medusen-Gruppe — hervorgehen. Mithin sind auch alle jene Abnormitäten von Aurelia, welche statt der normalen 4 Fila- mentgruppen und Gonaden deren weniger oder mehr besitzen, auf entsprechende Vermehrung oder Verminderung der Taeniolen -Zahl ihrer Scyphostoma-Ammen zurückzuführen; und diese stehen wie- derum in direeter Correlation zu abnormer Zahl der primären Tentakeln. Ich komme unten bei Ephyrula auf diese Variationen zurück, und bemerke hier nur, dass nächst der normalen Vierzahl der Taeniolen am häufigsten deren 6 vorkommen, seltener nur 2 gegenständige, bisweilen auch 5, sehr selten 3 oder nur ein einziges Taeniol. 22 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. B5. Vermehrung des Sceyphostoma durch Spaltung /Schizogonia). Gleich der Ga- strula vermehrt sich auch das Seyphostoma (— wahrscheinlich bei allen metagenetischen Diseomedusen —) durch Spaltung, und zwar meistens durch Knospung, seltener durch Theilung. Der häufigste Modus derselben ist die externe laterale Gemmation. Schon Sars (L. 5, p. 26, Fig. 34 — 42) und Darserz (L. 7, Vol. 1, Pl. XI, Vol. I, Pl. L), später namentlich Acassız (L. 17, Pl. XI, XIA) haben dieselbe geschildert. Bald treten die Lateral-Knospen aus den verschiedensten Stellen der dorsalen Aussenwand des Bechers hervor (wie bei Hydra), bald bilden sie fadenförmige, aus dem aboralen Stiel hervortretende Stolonen, oder kriechende Wurzel-Ausläufer, die von Strecke zu Strecke neue Knos- pen treiben. Sehr reichlich und lange Zeit hindurch fortgesetzt vermehren sich auf diese Weise na- mentlich solehe Seyphostomen, welche längere Zeit in Aquarien vegetiren, ohne zur Strobilation zu gelangen. Weniger häufig — obgleich keineswegs selten — ist die Vermehrung der Seyphostomen durch longitudinale Division zu beobachten, und zwar kann (ebenso wie bei der Gastrula) die Einschnürung, durch welche der Körper halbirt wird, eben so wohl vom aboralen, wie vom oralen Pole der Längsaxe aus beginnen. Bleiben die beiden Theilhälften längere Zeit noch im Zusammen- hang, so entstehen die eigenthümlichen, auch von mir beobachteten Zwillings-Seyphostomen (Fig. 37, Taf. II), welche schon Acassız abgebildet hat (Pl. X, Fig. 36a, 37). IIIC. Variationen der Strobila-Bildung. Aus den zahlreichen Abbildungen, welche Sars (L. 5), Daryerr (L. 7), Van Bexepen (L. 20) und namentlich Asassız (L. 17) von den mannichfaltigen Modificationen der Strobila-Bildung gegeben haben, ergiebt sich unmittelbar, dass dieser sonderbare Spaltungs-Process beträchtlichen und sehr bedeutenden Abänderungen unterworfen ist. Die Beurtheilung derselben ist sehr verschieden ausgefallen und ihre phylogenetische Deutung kaum versucht worden. Auch fehlt es trotz der grossen Anzahl bezüglicher Beobachtungen doch noch sehr an zusammenhängenden, lange fortgesetzten Untersuchungs-Rei- hen gleich denjenigen, welche Daryerı (L. 7) und später Van Benenen (L. 20) angestellt haben. Wir wissen noch zu wenig von den vollständigen Schieksalen eines und desselben Sceypho- stoma, sowie aller Strobila-Ketten und Lateral-Knospen, die von jenem produeirt werden. Die Er- klärung der verschiedenen, zur Beobachtung kommenden einzelnen Strobila-Formen ist nicht einmal in ontogenetischer, noch weniger in phylogenetischer Beziehung vollständig, für viele Formen noch gar nicht versucht. Als zwei Hauptformen der Strobila unterscheide ich zunächst Strobila monodisca und polydisca; bei der ersteren bildet das Scyphostoma nur einen einzigen, bei der letzteren mehrere Lappenkränze; jeder Lappenkranz gehört einer Ephyrula an. Besonders wichtig ist das Verhältniss dieser Lappenkränze zu den einfachen Tentakel-Kränzen des Seyphostoma. Ich betrachte nachstehend die Strobila in verticaler Stellung hängend (wie sie sehr oft an den Zostera-Blättern sich findet), nicht aufrecht; dann liegt also die Ephyrula-Kette unterhalb der festsitzenden Scyphostoma - Amme und die terminale Mundöflnung ist nach unten gerichtet (Tafel 1). C1. Strobila mit einem terminalen Tentakel-Kranz und mehreren Lappen- kränzen (Sırs, L. 5, Fig. 43, 44; Darseıı, L. 7, Vol. I, Pl. XIX, Fig. 1, 2, 5; PI.XX, Fig. 2; Acassız, L. 17, Pl. XI, Fig. 15; Pl. XIa, Fig. 13 ete.; Van Bexepen, L. 20, Pl. I, Fig. 1). Unter den gewöhnlich vorkommenden Strobila-Formen ist diese die häufigste und wird als die normale betrachtet. Es bilden III. MODIFICATIONEN UND VARIATIONEN DER METAGENESIS. 233 sich oberhalb des Tentakel-Kranzes von Seyphostoma mehrere ringförmige Einschnürungen, durch welche dasselbe unter fortgesetztem Längswachsthum in eine Anzahl (2—10, bisweilen 20-30) Schei- ben zerfällt. Jede dieser Scheiben wird am Rande achtfach eingekerbt und bildet sich zu einer Ephy- rula um. Indem jeder der 8 Lappen sich gabelig spaltet und in der Mitte zwischen den beiden Ga- bellappen ein Sinneskolben entsteht, wird der Scheibenrand zum Lappen-Kranz. Zweifelhaft bleibt dabei das Schicksal der ursprünglichen Mundscheibe mit den distalen Tentakeln; nach der einen An- sicht unterliegt dieselbe einer Rückbildung und wird ohne weitere Entwickelung abgestossen; nach der andern Ansicht verwandelt sich der primäre Tentakel-Kranz ebenfalls in einen Lappen-Kranz, und die ursprüngliche Mundscheibe bildet mit demselben die erste (älteste) Ephyrula. Beides kann vorkom- men; indessen möchte ich den ersteren Fall für den häufigeren halten. Die Basal-Hälfte des Scypho- stoma bleibt zunächst unverändert, bildet aber gewöhnlich später unterhalb der jüngsten Ephyrula einen neuen Tentakel-Kranz. Dieses Verhalten scheint, wenigstens bei Aurelis und Cyanea, das häufigste zu sein und wird auch allgemein als das typisch - normale angesehen — ob mit Recht, bleibt freilich noch dahin gestellt. C2. Strobila polydisca mit einem terminalen und einem basalen Tentakel- Kranz, zwischen welche mehrere Lappenkränze (Ephyrula-Scheiben) eingeschaltet sind (Daryeur, L. 7, Tom. I, Pl. XX, Fig. 15; Acassız, L. 17, Pl. XI, Fig. 16). Diese häufig vorkommende Form wird ge- wöhnlich so gedeutet, dass das Sceyphostoma, nachdem es die Form C1 angenommen und eine Reihe von Lappen-Kränzen oberhalb des ursprünglichen (distalen) Tentakel-Kranzes gebildet hat, einen neuen (proximalen) Tentakel- Kranz oberhalb der jüngsten und kleinsten Ephyrula erzeugt. Diese Deutung ist wahrscheinlich in den meisten Fällen richtig. Dieselbe Form kann aber auch anders gedeutet wer- den, durch die Annahme, dass die Terminal-Knospung der Ephyrulen oder die Production der Lap- penkränze zwischen zwei ursprünglichen Tentakel-Kränzen (der Form B2) stattfindet. Einzelne, von Ascassız mitgetheilte und von mir selbst beobachtete Fälle von irregulärer Strobilation — ebenso auch die Formen C5 — machen es mir sehr wahrscheinlich, dass nicht selten bei Seyphostoma mit dop- peltem Tentakel-Kranz die Bildung der Ephyrula-Scheiben zwischen diesen beiden Kränzen statt- findet. Dann steht ebenfalls nach vollständiger Ausbildung der Kette ein Kranz am distalen, einer am proximalen Ende derselben. C3. Strobila polydisca mit einem basalen Tentakel-Kranz, oberhalb des jüngsten Lappen-Kranzes. Daryrır, L.7, Pl. XIX, Fig. 6—9, Pl. XX, Fig. 3, 8, 16; Acassız, L. 17, Pl. XI, Fig. 1, 6, 11, 17 etc.; Van Benepen, L. 20, Pl. I, Fig. 3, 5. Diese häufig vorkommende Form wird gewöhnlich als die Form © 2 angesehen, welche ihren ursprünglichen (distalen) Tentakel-Kranz abge- stossen hat. Schon Darvyerr (L. 7), später Van Beneven (L. 20) und Andere, haben sich durch an- dauernde Beobachtung einer und derselben Strobila unmittelbar davon überzeugt, dass die Strobila- Form C1 nach Bildung einer Anzahl Ephyrulen einen neuen basalen Tentakel-Kranz producirt und hierauf den ursprünglichen terminalen Kranz verliert. Hiernach würden mithin die drei Formen C1, 02, C3 wirklich drei auf einander normal folgende Entwickelungsstufen darstellen. In einigen Fällen (und vielleicht häufig?) kann auch die Form C3 nach Abstossung der ersten Scheiben-Kette eine neue Kette von Ephyrulen oberhalb des basalen Teentakel-Kranzes bilden; und vielleicht kaun sich in dieser Weise der Strobilations-Process an einem und demselben Seyphostoma öfter wiederholen, so dass das- selbe eine Reihe von Ketten nach einander erzeugen kann; doch fehlen darüber sichere Erfahrungen. 34 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. Anderseits habe ich mich jedoch überzeugt, dass in vielen Fällen die Erklärung der Form C3 richtiger durch die Annahme geschieht, dass die Terminal-Knospung unterhalb des ursprünglichen Tentakel- Kranzes stattfindet, statt oberhalb (wie in Form C1); in einzelnen Fällen findet sich ganz sicher eine solche Ephyrula-Knospung aus der Peristomfläche des Seyphostoma, wobei der Lappenkranz der erste- ren an der distalen (oder oralen) Seite vom Tentakel-Kranz des letzteren entsteht (vergl. den Fall C7); und vielleicht ist dieser Fall gar nicht selten. C4. Strobila polydisca ohne Tentakel-Kranz, bloss aus einer Reihe von Lappen- kränzen gebildet (Sars, L. 5, Fig. 45, 46; Darverr, L. 7, Pl. XVII, Fig. 10, 14; Pl. XIX, Fig. 10; Rei, L. 9, Fig. 14 ete.). Diese häufig vorkommende Form wird gewöhnlich — und wohl meistens mit Recht — durch die Annahme erklärt, dass die Form C1 ihren ursprünglichen Tentakel - Kranz abge- stossen und noch keinen neuen gebildet habe. Allein ebenso zulässig erscheint die Annahme, dass hier schon der ursprüngliche Tentakel-Kranz des Scyphostoma (oder dessen Anlage) in einen Lap- penkranz sich umbildete, und dass darauf die Strobilation oberhalb desselben fortgesetzt wurde. In einzelnen Fällen glaube ich mich überzeugt zu haben, dass schon der primäre Tentakel-Kranz des Scyphostoma sich bei Beginn der Strobilation in einen Lappenkranz verwandelte. C5. Strobila polydisca mit gemischten Kränzen oder mit mehreren (mehr als zwei) Tentakel-Kränzen, welche bald unmittelbar auf einander folgen, bald mit Lappen-Kränzen in unregelmässiger Weise alterniren (Acassız, L. 17, Pl. XI, Fig. 16, 18, 21, 22, 28 ete.). Diese merk- würdigen, bisher wenig berücksichtigten, aber nicht selten vorkommenden Formen sind morphologisch von grösstem Interesse, da sie die unmittelbare Verwandtschaft — oder richtiger die morphologische Identität — der polypoiden Tentakel-Kränze und der medusoiden Lappen -Kränze auf das Ueberzeu- gendste darthun. Als Beispiel habe ich in Fig. 19 einen Fall abgebildet, wo auf 3 basale Tentakel- Kränze 6 Lappen-Kränze folgen, und zum Schluss wieder ein Tentakel-Kranz. Von ganz besonderer Bedeutung sind diejenigen Kränze, in denen einfache Tentakeln mit dreispaltigen alterniren; denn diese letzteren sind bereits Anlagen zu Gabellappen mit Sinneskolben (vergl. oben den Fall B5). Eine der interessantesten Formen aber sind diejenigen monströsen Kränze, welche zum Theil aus polypoiden Tentakeln, zum Theil aus medusoiden Lappen zusammengesetzt sind (Fig. 40). Gerade diese und ähn- liche, zum Theil schon von Acassız dargestellte Abnormitäten sind sehr lehrreich und verdienen noch ein viel genaueres Studium. C6. Strobila monodisca mit einem distalen Tentakel-Kranz und einem pro- ximalen Lappen-Kranz. Diese einfache und nicht seltene Form stellt gewissermaassen den ein- fachsten Fall der Form C1 vor. Das Seyphostoma bildet unterhalb seines Tentakels durch eine einzige Einschnürung nur einen einzigen Lappen-Kranz, und während der erstere abgestossen wird, verwandelt sich der letztere in eine Ephyrula, ohne dass jedoch weitere Einschnürungen folgen. Die zurückgebliebene Proximal-Hälfte des Seyphostoma, welche einen neuen Tentakel-Kranz bildet, wird wahrscheinlich dieselbe Production von einzelnen Ephyra-Knospen öfter wiederholen, ohne jedoch eine mehrgliederige Kette zu bilden. Im Ganzen hat dieser Fall noch wenig Beachtung gefunden, oder ist wohl meistens so gedeutet worden, dass man die einzelne, allein zur Ausbildung kommende Ephyrula als (— erstes oder letztes —) Glied einer Kette ansah. H. MODIFICATIONEN UND VARIATIONEN DER METAGENBESIS. 25 C7. Strobila monodisca mit einem proximalen Tentakel-Kranz und einem distalen Lappen-Kranz (Acassız, L. 17, Pl. XI, Fig. 13; Van Beneven, L. 20, Pl. II, Fig. 3, 4; ScHxEiDeR, L. 21, Fig. 6, 7). Diese wichtige Variation, welche ich hundertfach beobachtet habe (Fig. 20), ist gewissermaassen die einfachste Form von C2 und zugleich die Umkehrung von C6. Demnach verhält sich C1 : C6 ebenso, wie C2 : C7. Scuneier giebt an, dass in seinem Aquarium alle (aus Kiel gesendeten) Seyphostomen sich in dieser Form (g) entwickelten und immer gleichzeitig nur eine einzige Ephyrula, an der „Stirnfläche“ oder Peristomlläche, also distalwärts vom ursprünglichen Tentakel-Kranz bildeten (L. 21, p. 363). Auch in meinem Aquarium bildete in diesem Winter diese Form die weitaus überwiegende Mehrzahl aller Variationen; auch diese Brut war, wie die von Scuneı- ver, mit Zostera-Blättern aus Kiel geschickt worden; und zwar von meinem früheren Assistenten Dr. Wır- HELM Haacke, welchem ich hier für seine Gefälligkeit, sowie für die Uebersendung einer grossen Zahl wichtiger Präparate, meinen herzlichen Dank abstatte. Die Mehrzahl der von mir beobachteten Strobila dieser Form glich der Fig. 13, Pl. XL, von Acassız, welche nach ihm „die letzte“ Ephyrula einer Kette darstellt. Für meine monodisken Strobilen ist diese Erklärung nicht möglich, da die grosse Mehrzahl der übersendeten Scyphostomen überhaupt keine polydisken Ketten bildeten, sondern nur eine einzige Ephyrula produeirten, und zwar, wie Schxeiver ganz wichtig schildert, an der Peristom-Fläche. Der ursprüngliche Tentakel-Kranz des Seyphostoma ging bald vor der Abstossung des unterhalb gelegenen Lappen-Kranzes, bald nach derselben zu Grunde; in einigen Fällen aber erhielt er sich, und nach‘ einiger Zeit entstand oberhalb desselben aus der neuen Peristom-Scheibe eine neue Medusen-Knospe. 08. Strobila monodisea ohne Tentakel-Kranz, nur mit einem Lappenkranz. Diese letzte Modification der Strobila repräsentirt den höchsten Grad der Rückbildung der Strobilation; sie kann kaum noch als Kette betrachtet werden, da das basale Seyphostoma ganz rudimentär ist und nur durch ein kleines Stielchen vorgestellt wird, welches sich von dem Schirm-Scheitel der wohl ent- wickelten einzigen Ephyrula durch eine deutliche Strietur absetzt. Fällt jenes Stielehen ganz weg, so geht diese Form in die Ephyrula pedunculata über (D4, Fig. 27, 28); sie unterscheidet sich aber von dieser wesentlich dadurch, dass der Stiel doch noch deutlich von der Scheibe abgesetzt ist. Immerhin nähert sie sich ihr so sehr, dass man hier fast schon von Metamorphose des Scyphostoma in die Ephy- rula sprechen kann. IIID. Variationen der Ephyrula-Bildung. Die mannichfaltigen Monstrositäten und Varietäten, die als mehr oder minder auffallende Abwei- chungen von der bekannten normalen Ephyrula auftreten, sind zum grössten Theil ursächlich bereits in der knospentreibenden Amme angelegt; denn thatsächlich ist ja die medusiforme Ephyrula nichts Anderes, als eine umgebildete Knospe des polypiformen Scyphostoma. Das wird durch die zahlrei- chen, vorher angeführten Zwischenformen zwischen Beiden unmittelbar bewiesen. Von ganz beson- derer Bedeutung sind aber einige der hier aufgeführten Ephyrula- Variationen desshalb, weil sie die unmittelbare Brücke zwischen der normalen Metagenese und der abnormen Hypogenese herstellen. Zugleich erläutern sie die Wahrheit des alten Satzes: Pathologia Physiologiam illustrat! D1. Ephyrula variabilis, mit abnormen Zahlen-Verhältnissen. Dass die normale Grundzahl Vier bei Aurelia häufiger und in höherem Grade schwankt, als bei den meisten übrigen Medusen, ist schon seit Enkensere (1835) bekannt und neuerdings hat namentlich Romanes (1877) meh- 4 236 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. rere derartige Abnormitäten beschrieben. Ich selbst habe nicht allein diese, sondern auch noch meh- rere andere abnorme Zahlen-Verhältnisse beobachtet, welche am besten aus der nachstehenden Tabelle und aus den Figuren 32—36 auf Tafel II ersichtlich werden. Ich nehme mit Craus an, dass alle Zah- len- Abnormitäten der reifen Aurelia schon bei ihrer Ephyrula-Larve auftreten, und dass diese letztere sie bereits von ihrer Scyphostoma- Amme geerbt hat. Wenn also Scyphostoma nur 2 gegenständige Taeniolen besitzt, so zeigt ihre Ephyrula nur 2 gegenständige Filamente und die reife Aurelia später nur 2 gegenständige Gonaden. Tabelle über die von mir beobachteten Grundzahl-Variationen von Aurelia. Ephyrula-Variationen |Sinneskolben Ocular- Filament- Mund- ln Beobachtete mit abnormer Parameren-Zahl | (Rhopalien) | lappen Gruppen lappen ie | Fälle I. dissactis. 2 4 2 2 Fig. 32 einmal II. triactis b) 6 il 3 Fig. 33 einmal ITTantetractisu ne: 4 8 2 4 Fig. 34 zweimal IV. pentactis . 2...) b) 10 3 3 Fig. 35 dreimal V. hexactis . 6 12 3 3 Fig. 36 viermal VI. heptactis 7 14 4 | 4 zweimal VI. octactis . 3 16 4 | 4 Fig. 27 ete. normal VII. enneactis g 15 5 | 5 einmal IX. decactis . 10 20 5 | 5 | fünfmal X. dodecactis . 12 24 | 6 6 | siebenmal D2. Ephyrula connectens, mit 4 perradialen Sinneskolben und 4 interradia- len dreispaltigen Tentakeln. Diese merkwürdige Zwischenform zwischen dem polypiformen Scy- phostoma und der medusiformen Ephyrula, welche ich nur ein einziges Mal beobachtet habe, ist auf Taf. II, Fig. 40 abgebildet. Die 4 Interradien sind hier gewissermaassen in der Entwickelung zurück- geblieben und wie bei einem Scyphostoma mit dreispaltigen Tentakeln (Fig. 15, 16, Taf. I) gebildet; die 4 Perradien hingegen sind völlig entwickelt, wie bei einer normalen Ephyrula. Einige Male habe ich übrigens auch bei sonst normalen Ephyrulen beobachtet, dass ein oder zwei Sinneskolben durch einen Tentakel ersetzt wurden. Diese Zwischenform liefert einen neuen Beweis für meine Behauptung, dass jeder Hauptlappen der Ephyrula (mit einem Sinneskolben zwischen 2 Ocular-Lappen) einem dreispal- tigen Prineipal-Tentakel von Seyphostoma entspricht. Man könnte auch daran denken, diese Variation von der vierstrahligen Ephyrula (Fig. 34) abzuleiten, so dass sich zwischen deren 4 perradialen Haupt- lappen später 4 interradiale Velar-Lappen mit einem Tentakel-Büschel entwickelt hätten (wie bei der Metamorphose der normalen Ephyrula in die Ulmaris-Larve und in die junge Aurelia). Allein diese Annahme wird dadurch ausgeschlossen, dass bei der Ephyrula connectens (Fig. 40) alle 4 Filament-Grup- pen normal, hingegen bei der Ephyrula tetractis nur 2 gegenständige Filament-Gruppen ausgebildet sind. D3. Ephyrula sphinx, mit 4 umbralen Taeniolen. Nur zweimal kam mir die interes- sante Zwischenform zu Gesicht, welche ich auf Taf. II, Fig. 29 und 30 abgebildet habe: eine fest- sitzende, gestielte Person, deren aborale Basal-Hälfte ein becherförmiger Seyphostoma-Leib mit 4 Tae- niolen ist, während die orale Peristom-Hälfte in den Lappenkranz einer normalen Ephyrula mit 8 Sin- neskolben und 16 Randlappen verwandelt ist. Die 4 gut entwickelten Taeniolen erstrecken sich von III. MODIFICATIONEN UND VARIATIONEN DER METAGENESIS. 27 der basalen Ansatzstelle des Stiels längs der Umbral- Wand der weiten Magenhöhle bis zur Magen- Peripherie und gehen von da auf die Subumbral-Wand über, um an der Basis des sehr kurzen Mund- rohres in je einem Filament zu enden. Diese Sphinx — vorn Meduse, hinten Polyp — kann unmit- telbar als ein medusiform metamorphosirter Scyphopolyp betrachtet werden und wird wahrscheinlich nach der Ablösung bei der Umbrella-Bildung die 4 Taeniolen verlieren. Besonders zu betonen ist, dass bei dieser wie bei der folgenden Variation der basale Stiel unmittelbar in die Medusenscheibe sich fortsetzt, ohne die Einschnürung, welche die nächstverwandte Strobila monodisca C8 zeigt. Sehr wiehtig ist die Vergleichung dieser und der folgenden Variationen mit der gemeinsamen Stammform aller Acraspeden, Tessera (L. 25, p. 374, Taf. 21). D4 Ephyrula pedunculata, mit Scheitelstiel (Taf. I, Fig. 27, 28). Im Wesentlichen der vorigen gleichgebildet, unterscheidet sich diese Modification durch den Mangel der 4 umbralen Tae- niolen. Von dem Scheitel des hochgewölbten konischen Schirms erhebt sich ein kurzer konischer hoh- ler Stiel, wodurch die Gesammtform derjenigen des gestielten becherförmigen Seyphostoma ähnlicher wird, als der flachen Scheibe der normalen Ephyrula; aber der freie Scheibenrand ist wie bei der letz- teren gebildet. Ich beobachtete diese gestielte Ephyrula nicht allein mehrmals frei schwimmend, son- dern auch mit ihrem dorsalen Stiel auf Zostera-Blättern angeheftet. Hier hatte sich also entweder ein Scyphostoma, ohne ein Strobila zu bilden, unmittelbar in eine Ephyrula verwan- delt, oder aus dem letzten basalen Stiel-Ueberreste eines Scyphostoma, welches bereits Ephyrulen durch Strobilation erzeugt und abgestossen hatte, hatte sich schliesslich noch eine letzte Ephyrula ent- wickelt. Gegen diese letztere Annahme spricht aber der Umstand, dass keine Spur einer Einschnürung des Stiels zu bemerken war, wie sie sich bei der Strobila-Form ©8 erhält. D5. Ephyrula tesseroides (Taf. II, Fig. 25, 26). Von grossem Interesse ist eine nicht seltene Variation der Ephyra mit hoch gewölbtem konischem Schirm, durch dessen dieke aborale Gal- lert-Kuppel ein Canal vom Grunde des konisch ausgezogenen Magens bis zum Scheitel des Schirms hinaufgeht, um hier blind zu enden. Schon durch die ganze äussere Gestalt, noch mehr aber durch diesen Scheitel-Canal oder Stiel-Canal des glockenförmigen Magens, erinnert diese Form auffallend einerseits an Seyphostoma, anderseits an die wichtige Stauromedusen-Gattung Tessera, welche ja eigent- lich „selbst im Wesentlichen nichts Anderes ist, als ein octonemales frei schwimmendes Sceyphostoma“ (L. 25, p. 363). Sie kann aus der vorhergehenden Ephyrula pedunculata unmittelbar durch stärkere Ent- wickelung der Gallerte in der aboralen Hälfte abgeleitet werden. Wahrscheinlich ist aber diese Form schon direet aus der Gastrula entwickelt, durch Hypogenese (vergl. Fig. 21—26). D6. Ephyrula gemina. Zwillingsform (Fig. 38, Taf. I). Als eine der merkwürdigsten unter den zahlreichen Monstrositäten der Ephyrula,ist die Zwillings-Ephyra hervorzuheben, welche aus 2 vollständig normal entwickelten, aber mit dem Scheitel des Rückens verwachsenen Ephyrulen besteht, und welche ich nfcht weniger als 3mal in meinem Aquarium vorfand. In allen 3 Fällen waren beide Zwillinge durch einen Stiel-Canal verbunden, welcher vom Magengrunde (wie bei den vorigen Spielformen) zum Scheitel des Schirms durch die Gallerte hindurchzieht. Offenbar entstehen diese Zwillinge aus der oben erwähnten, durch einen oralen Längsspalt in 2 Hälften getheilten Scey- phostoma-Form (Fig. 37), von welcher schon Acassız einige abgebildet hat (L. 17, Pl.X, Fig. 36a, 37). 4* 28 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. IV. Die Hypogenesis von Aurelia und Pelagia. (Directe cenogenetische Keimungs-Form der Discomedusen.) Während der gewöhnliche Entwickelungs-Gang von Aurelia, dessen mannichfaltige Modificationen wir vorstehend geschildert haben, in allen wesentlichen Beziehungen der Metagenesis von Cyanea und Chrysaora gleicht, tritt an dessen Stelle unter besonderen Umständen bisweilen die Hypogenesis oder die „einfache direete Entwickelung“ (ohne Generationswechsel). Von den Haupt-Stadien jener Meta- genese fallen dann die beiden mittleren, Scyphostoma und Strobila, vollständig aus, und an deren Stelle tritt die direete Entwickelung der Gastrula zur Ephyrula. Diese einfachere Keimungs-Form war bisher nur von einer einzigen Discomedusen -Gattung bekannt, von Pelagia; und zwar war sie zuerst bei der gewöhnlichen mediterranen Pelagia noctiluca 1855 von Kroun (L. 15) entdeckt, darauf 1873 von Kowarevskv (L. 22) bestätigt worden. Auch an der nordamerikanischen Pelagia cyanella beobachtete Acassız dieselbe Entwickelungs-Form (L. 17, 1862, Taf. XI). Ich selbst konnte die ältere Darstellung von Kroux, welche richtiger ist als die neuere von Kowarevsky, kürzlich bei Pelagia perla bestätigen. Die Fälle von Hypogenese nun, welche ich selbst bei Aurelia aurita beobachtete, stimmen so vollstän- dig mit derjenigen von Pelagia überein, dass irgend ein wesentlicher Unterschied überhaupt nicht zu finden ist. Die Bildung der Gastrula erfolgt bei der Hypogenese der Aurelia ganz ebenso wie bei der Metagenese, jedoch unter der in IHA2 angeführten Modifieation, dass die Invagination der Blastula incomplet bleibt; somit erhält sich in der Aboral-Hälfte der eiförmigen Gastrula eine ansehnliche Gallertmasse (— „Leibeshöhle“ mancher Autoren —) (Taf. II, Fig. 21). Dieselbe trennt die kleinere Entoderm-Haube () von der grösseren sie umschliessenden Exoderm-Haube (e). Die Fig. 5 von Kronn, Fig. 7 von Asassız, und die Fig. 4, 5 von Kowarevsky entsprechen genau dieser Form. Der Urdarm nimmt also nur die orale Körper-Hälfte ein, die bei den schwimmenden Flimmerlarven mit dem Urmund nach hinten gekehrt ist. Statt sich nun festzusetzen und zunächst in ein Scyphostoma zu verwandeln, entwickelt sich unmittelbar aus der schwimmenden einaxigen Gastrula die achtstrahlige Ephyrula, und zwar in folgender Weise: der eiförmige Körper wird kegelförmig, indem seine breitere Oral-Fläche sich abflacht. Rings um den centralen Mund entsteht in der flachen Peristom - Scheibe eine ringförmige Vertiefung, und indem diese immer tiefer in das Innere sich einsenkt, tritt dagegen in der Mitte die von ihr umgebene Mundöffnung als ein konischer Wulst um so mehr hervor (Fig. 22); ebenso andrerseits auch der wulstig verdickte Aussenrand des Peristoms, der zum Schirmrand wird. Die ringförmige Vertiefung ist die Anlage der Schirmhöhle, und dehnt um so mehr sich aus, je mehr jetzt der kegelförmige Larvenkörper sich abflacht und verbreitert. Nunmehr sprossen aus dem peri- pheren Ringwulste, der Anlage des Schirmrandes, 8 konische Wärzchen in gleichen Abständen hervor, die Anlagen der 8 Hauptlappen (Fig. 22, 23). Nach Krons entstehen dieselben gleichzeitig, als „3 kurze, platte, in eine abgerundete Spitze auslaufende Fortsätze“ (L. 15, p. 494, Fig. 6e). Nach Ko- warevsky hingegen bilden sich, „entsprechend den 4 Ecken der viereckigen Pyramiden-Form, 4 Aus- stülpungen der beiden Schichten der Leibeswand. Weiterhin theilen sich die Ausstülpungen, so dass im Ganzen 8 entstehen. Um den Mund entsteht eine Verdickung, von der 8 radiale Streifen ausgehen, wahrscheinlich als Anlagen der radialen Muskeln“ (L. 22, p. 281, Fig. 11—13). In dieser Darstellung finden sich zwei wesentliche Irrthümer, wie denn überhaupt die Angaben Kowarevsky’s über die Onto- genie der Discomedusen (ebenso von Cotylorhiza, wie von Pelagia) mehrere starke Fehler enthalten und IV. DIE HYPOGENESIS VON AURELIA UND PELAGIA. 39 offenbar sehr flüchtig ausgearbeitet sind. Insbesondere hat derselbe die Invagination des Urdarms ganz irrthümlich dargestellt und statt einer einmaligen sogar eine wiederholte dreimalige Einstülpung an der Gastrula vor sich gehen lassen! (L: 22, p. 280.) Schon Craus hat mit vollem Rechte diese unverständlichen Angaben Kowarevsky’s, durch welche ganz einfache Bildungs-Verhältnisse in räthsel- hafter Weise eomplieirt werden, als „durchaus irrthümlieh“ zurückgewiesen (L. 24, p. 8). Ebenso verhält es sich auch mit den angeblichen 8 Radial-Muskeln, welche vielmehr die Anlagen der 8 prin- eipalen (von Kronn richtig erkannten) Magentaschen (oder „Nebensäcke des Magens“) sind. Ebenso ist falsch die Angabe Kowarevsur’s, dass die 8 Anlagen der Hauptlappen (der „Ausstülpungen des unteren Randes“) durch Theilung von 4 ursprünglichen Ausstülpungen entstehen. Niemals bilden sich die 8 Hauptlappen der Discomedusen ‘durch Theilung von 4 ursprünglichen Lappen, sondern stets wachsen die 4 interradialen (secundären) ganz unabhängig von den 4 perradialen (primären) zwischen diesen aus dem Schirmrande hervor! Uebrigens habe ich nur einmal bei den hypogene- tischen Pelagia-Larven die 4 interradialen Hauptlappen später als die 4 perradialen, und zwar zwi- schen diesen, entstehen sehen, sonst immer gleichzeitig, wie auch Kronn von Pelagia angiebt. In- dessen ist dieses letztere Verhalten wohl als das cenogenetische, jenes erstere als das palingenetische anzusehen. Die Umbrella der Ephyrula, aus dem konischen gallertigen Aboral-Stück der Gastrula ent- standen, flacht sich nun bald beträchtlich ab und nimmt die Gestalt einer dicken, concav-convexen, später fast ebenen Gallertscheibe an. Der centrale Magenraum breitet sich ebenfalls flach scheiben- förmig aus, während in der Mitte das vierkantige Mundrohr stärker vortritt. Rings um die Basis des letzteren, zwischen seinen 4 perradialen Kanten, erheben sich in der Magenhöhle aus der Subumbral- Wand derselben 4 interradiale solide Wärzchen, welche zu fingerförmigen beweglichen Fäden aus- wachsen: die 4 primären Gastral-Filamente (Fig. 24 2). Die 8 Radial- Taschen in der Peripherie des Magens treten um so deutlicher hervor, je mehr die subumbrale Schirmhöhle sich ausdehnt und der periphere Schirmkranz sich ausbreitet. Die 8 einfachen rundlichen Hauptlappen am Rande des Letz- teren werden durch eine mediane Kerbe in 2 Läppchen getheilt, und während diese zu den Ocular- Lappen sich entwiekeln, entsteht zwischen ihnen im Grunde des Einschnittes die papillenförmige Anlage des Sinneskolbens. Endlich wachsen auch in den tieferen Einschnitten des Schirmrandes, zwischen den 8 Hauptlappen, 8 kleine adradiale Läppchen hervor; diese werden bei Pelagia zu den 8 Tentakeln, bei Aurelia zu den 8 Velar-Lappen, aus deren Dorsal-Seite später zahlreiche kleine Ten- takeln hervorsprossen. Zu jedem adradialen Lappen geht eine schmälere radiale Tasche, die zwischen den 8 principalen aus der Peripherie des Magens hervorwächst. Die Aurelia-Larve, welche auf diese Weise durch Hypogenese, ganz ebenso wie die Pelagia-Larve, sich direet aus der Gastrula ent- wickelt hat, ist in keiner Weise von der gewöhnlichen Ephyrula der Aurelia verschieden, welche durch Metagenese aus der Strobila entstanden ist. Wie sind nun diese beiden, anscheinend so verschiedenen Formen der Aurelien-Keimung auf einander zurückzuführen? Welches ist die ursprüngliche, palingenetische, welches die modilicirte, cenogenetische Form der Ontogenese? Die Beantwortung dieser Frage ergiebt sich theils indirect aus der vergleichenden Anatomie und Ontogenie der Acalephen, theils direct aus den vorher mitgetheilten Erscheinungen, aus den mannichfaltigen Variationen und Modificationen des Generations- wechsels selbst. Insbesondere sind hier diejenigen Variationen der Metagenese von hervorragender Bedeutung, welche im vorigen Abschnitte unter folgenden Nummern aufgeführt sind: IIA 2, 4; IIB 1, 3; IIC 6, 7, 8; IID 2, 3, 4, 5. In der That liefern diese merkwürdigen Abnormitäten, ver- 30 METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. gleichend zusammengestellt, eine ununterbrochene Kette von zusammenhängenden Entwickelungsstufen. Aus ihrer Vergleichung wird ersichtlich, wie unter gewissen Umständen nach dem Gesetze der ab- sekürzten Vererbung (L. 19, Bd. I, p. 184) der ursprüngliche Keimungs-Process sich mehr und mehr vereinfacht. Zunächst bildet sich statt der gewöhnlichen vielgliederigen Strobila-Kette eine zwei- gliederige (II C 7), bestehend aus einem basalen Seyphostoma und einer terminalen Ephyrula (Fig. 20). Das erstere wird, indem sein Tentakel-Kranz verkümmert, rudimentär und gestaltet sich zu einem blossen Stiele der letzteren (© 8). Anfangs ist dieser Stiel noch durch eine Strietur vom Scheitel des Medusen-Schirmes abgesetzt; später verliert sich auch diese Strietur und damit zugleich die individuelle Selbständigkeit des Scyphostoma-Rudimentes (Fig. 27, 28). Wir haben nun eine einfache gestielte Ephyrula vor uns, die mittelst ihres Scheitelstiels festsitzt — oder mit anderen Worten: ein einfaches Seyphostoma, dessen Tentakel-Kranz sich in einen Lappenkranz mit 8 Sinneskolben umgewandelt hat. Wahrscheinlich entwickelt sich in diesen Fällen die Ascula, die durch Anheftung der frei schwimmenden Gastrula entsteht, unmittelbar zur Ephyrula pedunculata, indem ihr Peristom-Rand siatt eines Tentakel- Kranzes einen Lappenkranz hervorsprossen lässt; vielleicht aber entsteht zunächst der einfache Ten- takel-Kranz des Seypho-Polypen, der sich dann erst in den Lappenkranz der Scypho-Meduse verwan- del. Wenn nun die freie, dergestalt sich entwickelnde Gastrula, statt sich festzusetzen und somit zunächst zur Ascula zu werden, ihre freie schwimmende Lebensweise nicht aufgiebt, so wird sie in diesem Zustande den Lappenkranz bilden, und dann haben wir die „direete Entwickelung“, welche bisher nur von Pelagia bekannt war, und welche ich nunmehr als „zufällige Ausnahme“ auch bei Aurelia nachgewiesen habe. Die wesentlichen Glieder des Generationswechsels, welche als Scyphostoma und Strobila zwischen die beiden Stadien der Gastrula und Ephyrula eingeschaltet waren, sind nun vollständig ausgefallen, und die Gastrula verwandelt sich direet in die Ephyrula. Die Metagenesis wird dadurch zur Hypogenesis, die indirecte zur direeten Entwickelung. Die Ursachen, welche diese merkwürdige Abkürzung des normalen Entwickelungsganges von Aurelia bedingen, sind zur Zeit noch vollständig unbekannt, ebenso wie die Ursachen der meisten vor- stehend beschriebenen Variationen und Modificationen. Indessen verdient doch der Umstand Beachtung, dass in diesem Winter in meinem hiesigen marinen Aquarium in Jena die aus Kiel gesendete Aurelien- Brut sich in überwiegender Mehrzahl — ohne eine gewöhnliche vielgliederige Strobila zu bilden — zur einfachen Strobila monodisca C 5 entwickelte, bestehend aus einem basalen Scypho-Polypen mit Tentakel-Kranz und einer terminalen Scypho-Meduse mit Lappenkranz. Und ganz dasselbe beobachtete Schsemer im Winter 1870 in Giessen als allgemeine Regel bei der Aurelien-Brut, die ebenfalls aus Kiel gesendet war (L. 21, p. 363). Sollten die heftigen und anhaltenden Erschütterungen des längeren Eisenbahn-Transportes oder die veränderten Existenz-Bedingungen des kleinen binnenländischen Aqua- riums Ursache dieser Veränderung sein? Unmöglich scheint dies nicht; denn die Zoologen, welche an der Meeresküste wohnen und die Aurelien-Brut unmittelbar aus dem Meere in ihre Aquarien bringen, klagen in der Regel umgekehrt darüber, dass die Scyphostomen sich lange Zeit nur unge- schlechtlich als Polypen fortpflanzen und erst spät (oder auch gar nicht) Medusen produeiren. Hier bietet sich nun den begünstigten, an der Meeresküste wohnenden Zoologen, welche jeder- zeit Medusen-Brut in Menge haben und sie unter verschiedenen Existenz-Bedingungen erziehen können, ein reiches und ergiebiges Gebiet für „Experimental-Öntogenie“. Wie wirkt verschiedene Qua- lität und Quantität der Nahrung, des Wassers, der Bewegung auf die Entwickelung der Medusen-Brut ein? Wie wirkt die verschiedene Temperatur und Luftzufuhr? Dass durch sehr einfache und gering- fügige Veränderungen dieser Art die Entwickelung des Hühnchens im bebrüteten Ei oft in unverhält- IV. DIE HYPOGENESIS VON AURELIA UND PELAGIA. >31 nissmässig hohem Grade alterirt wird, und dass viele Missbildungen des Hühnchens sich dadurch künstlich hervorrufen lassen, ist durch die Experimente von Daresrz und Anderen längst bekannt. Um wie viel mehr wird die Entwickelung so zarter, weicher und verletzbarer Thiere, wie die Medusen sind, durch derartige Veränderungen der ontogenetischen Bedingungen beeinflusst werden! Ich halte es für sehr möglich, dass in nicht ferner Zeit die experimentirenden Zoologen im Stande sein werden, die Aurelien-Brut nach ihrem Belieben entweder direet aus den befruchteten Eiern zu ziehen, durch Hypogenesis, oder indireet aus Seyphostoma-Polypen, durch Metagenesis. Dass die Hypogenesis oder die gelegentliche „directe Entwickelung“ der Aurelia aus der Gastrula — wie sie bei Pelagia als Regel vorkommt — als eine wahre Cenogenesis (L. 23, p. 68) aufzufassen ist, bedarf nach der vorhergehenden Darstellung wohl keiner weiteren Begründung. Denn die vergleichende Anatomie und Ontogenie der Acalephen weist unzweifelhaft auf einfache Polypen als ursprüngliche gemeinsame Stammformen sämmtlicher Nesselthiere hin. Offenbar sind diejenigen wichtigen Eigenthümlichkeiten, durch welche sich die frei schwimmende Meduse von dem festsitzen- den Polypen unterscheidet — vor Allem die Umbildung der Mundscheibe des Letzteren zur muscu- lösen Subumbrella und die Ausstattung des Schirmrandes mit höheren Sinnes-Organen — zunächst durch Anpassung an die freie schwimmende Lebensweise entstanden. Daher glauben wir mit vollem Rechte, die Metagenesis der Medusen oder die „indirecte Entwickelung“ mit Generations- wechsel — wie sie bei Aurelia und Chrysaora als Regel vorkommt — als wahre Palingenesis beur- theilen zu dürfen (L. 23, p. 70). Die wichtigsten Stadien im Laufe dieser palingenetischen „indirecten Ent- wiekelung“ sind folgende: 1) Cytula, 2) Morula, 3) Blastula, 4) Gastrula, 5) Ascula, 6) Actinula, 7) Scypho- stoma, 8) Strobila, 9) Ephyrula, 10) Aurelia. Jede dieser zehn ontogenetischen Entwickelungs - Stufen ist nach dem biogenetischen Grundgesetze (L. 23, p. 7) unmittelbar als eine „Recapitulation“ oder eine durch Vererbung übertragene Wiederholung einer entsprechenden phylogenetischen Stammform oder Ahnenstufe der Aurelia zu deuten. Bei der cenogenetischen „direeten Entwickelung“ der Aurelia, deren Modilicationen vorstehend geschildert sind, können nicht weniger als vier Stadien — und zwar 5, 6, 7, 8 — ausfallen, bald einzeln, bald alle zusammen; und dieser Verlust des ursprünglichen Generations- wechsels ist unzweifelhaft durch Anpassung an veränderte Keimungs-Bedingungen zu erklären. Für diese Auffassung ist zugleich der Umstand von Bedeutung, dass von zwei nächstverwandten Disco- medusen-Genera einer Familie sich die ältere, niedere Pelagia regelmässig durch Hypogenese, die jüngere, höhere Chrysaora hingegen durch Metagenese entwickelt; bei Aurelia kommt Beides vor. ersteres als Ausnahme, letzteres als Regel. In meinem „System der Medusen“ (L. 25) habe ich im Ganzen 61 Genera und 152 Species von Diseomedusen beschrieben; von jenen 61 Gattungen sind bis jetzt nur 5, von diesen 152 Arten nur 10 hinsichtlich ihrer Ontogenese bekannt, also noch nicht einmal der zwölfte Theil der bekannten Formen! Von der Keimung aller übrigen Discomedusen — 56 Genera und 142 Species — wissen wir zur Zeit noch Nichts. Sogar die Ontogenie von zwei der grössten und häufigsten europäischen Discomedusen, von Pilema pulmo und P. octopus (= Rhizostoma Aldrovandi und R. Cuvieri), ist uns so gut wie unbekannt; denn die fragmentarischen Angaben darüber von Nossmin und Kowarevsky (L. 22) sind so unklar und widersprechend, dass sich aus denselben gar nichts Sicheres entnehmen lässt (L. 25, p: 584). Hieraus ergiebt sich unmittelbar, welche grosse und dankbare Aufgabe hier der vergleichen- den Ontogenie noch vorliegt. Zur Zeit lässt sich gar nicht errathen, welche von beiden Keimungs- formen der Discomedusen die häufigere ist, und ob nicht vielleicht in vielen Fällen normaler Weise das Scyphostoma, ohne eine Strobila zu bilden, direct in die Ephyrula sich verwandelt. METAGENESIS UND HYPOGENESIS VON AURELIA AURITA. [3%) [80) Während die meisten Zoologen noch vor wenigen Jahren geneigt waren, in dem „Modus der Ontogenese“ oder in der speciellen Form der „individuellen Entwiekelung“ den sichersten Wegweiser für die Beurtheilung der phylogenetischen Verwandtschaft und der systematischen Stellung der Thiere zu erblicken, ist diese Anschauung in der letzten Zeit wieder mehr und mehr verlassen worden, oder vielmehr, sie ist einer kritischen Einschränkung bedürftiig geworden. Nur der palingenetische Theil der Keimesgeschichte besitzt jene phylogenetische und systematische Bedeutung, während der cenogenetische Theil derselben entbehrt. Wir wissen jetzt, dass in vielen verschiedenen Thier- gruppen oft nächstverwandte Genera — ja sogar mehrere Species eines Genus! — in ganz verschie- dener Weise sich entwickeln, die einen indirect, die anderen direct; die einen mit Metagenese oder Metamorphose, die anderen ohne dieselbe. Viele einzelne Nesselthiere, Würmer und Echinodermen entwickeln sich direct durch Metagenese, während ihre nächsten Verwandten derselben entbehren. Einzelne Garnelen - Arten (Peneus ete.) haben die ursprüngliche palingenetische Keimungs-Form des Nauplius beibehalten, während fast alle übrigen Malacostraken sie verloren haben. Umgekehrt haben einzelne, auf wasserarme Inseln beschränkte Laubfrösche (Hylodes martinicensis etc.) die palingenetische Bildung der Kiemen und Kiemenspalten verloren, während fast alle übrigen Amphibien sie beibehalten haben. Offenbar sind es die verschiedensten Anpassungs-Bedingungen der Keimung, welche dergestalt die ursprüngliche, durch Vererbung übertragene Form der Ontogenese abändern oder zu- letzt ganz verwischen. Unter allen verschiedenen Formen der Ontogenesis zeigt keine mit dem characteristischen Ge- nerationswechsel der Discomedusen grössere Aehnlichkeit, als die bekannte Strobilation der Band- würmer. Ist doch die Uebereinstimmung der gegliederten Ephyrula-Ketten der ersteren mit den entsprechenden Proglottiden - Ketten der letzteren so gross, dass man beide mit demselben Namen der Strobila belegt und die Scyphostoma-Amme der ersteren unmittelbar mit der Scoler- Amme der letz- teren verglichen hat. In der That ist auch die besondere Form der „terminalen Gemmation“ und der „Arbeitstheilung“ zwischen der geschlechtslosen festsitzenden Amme und den geschlechts- reif werdenden, sich ablösenden Kettenthieren in beiden Fällen ganz dieselbe. Trotzdem aber glaube ich annehmen zu dürfen, dass die phylogenetische Bedeutung Beider verschieden ist. Denn während die ontogenetischen Processe bei der Strobilation der Scheibenquallen grösstentheils als palingene- tische zu betrachten sind, tritt bei der Strobilation der Bandwürmer ein sehr wesentliches eeno- genetisches Moment hinzu, der ruhende Zustand des Blasenwurmes. Bekanntlich hat Sırsor» in seiner trefflichen Abhandlung „Ueber den Generationswechsel der Cestoden“ (1850) zuerst die Be- hauptung ausgesprochen, dass „die Blasenwürmer als verirrte und hydropisch entartete Bandwürmer aufzufassen“ seien. Diese Auffassung ist von den späteren Helminthologen fast allgemein verlassen und namentlich von Lruckarr sehr energisch bekämpft worden. Nach meiner Ueberzeugung hingegen ist Sıesorv’s Auffassung der Blasenwürmer nicht allein die richtige, sondern auch die einzige phylogenetisch verständliche. Wie ich schon in der Generellen Morphologie (1866) darlegte, sind „die Cestoden durch weiter gehende parasitische Rückbildung aus den Trematoden her- vorgegangen, wie diese durch Anpassung an parasitische Lebensweise aus den Turbellarien entstanden sind“ (L. 19, p. LXXX). Demnach sind als die eigentlichen typischen Bandwürmer und die Stamm- formen aller Cestoden nicht die gegliederten Ketten (Syncestodes) zu betrachten, sondern die ungeglie- derten Caryophylliden und Amphiliniden (Monocestodes). Diese sind durch Rückbildung des Darmcanals unmittelbar aus Trematoden entstanden. Erst viel später sind aus jenen einfachen pri- mären Monocestoden die secundären gegliederten Syncestoden durch terminale Knospung hervor- ANHANG. 33 gegangen. Die Finnen oder Blasenwürmer aber sind in der That „verirrte“ Monocestoden, zufällig an Orte verschlagen, wo sie nicht zur Geschlechtsreife sich entwickeln konnten, sondern durch „Anpas- sung“ an ungünstige Existenz-Bedingungen „hydropisch“ wurden und sich einkapselten, bessere Zeiten und günstigere Existenz-Bedingungen erwartend. Demnach hat auch hier bei der Beurtheilung der Cestoden-Metagenesis zuerst SırsoLp die wahre Erklärung gefunden und lange vor der späteren phylo- genetischen Begründung den Weg gezeigt, auf welchem wir zu einem causalen Verständnisse der wunderbaren ontogenetischen Erscheinungen gelangen können. Anhang. Die Homologien beider Generationen von Aurelia. I. Scyphostoma. Festsitzende polypoide Acraspeden-Form (Scyphopolyp). Becherförmiger Körper: Depas Convexe Aussenfläche des Bechers: Concave Mundfläche des Bechers: hüssel: Proboseis Viereckige Mundöffnung Gesammte Magenhöhle 4 interradiale Taeniolen Peristom-Rand Tentakel-Kranz 4 perradiale Primär-Tentakeln 4 interradiale Secundär-Tentakeln 8 adradiale Tertiär-Tentakeln 16 subradiale Quartär-Tentakeln Calyx Peristomium II. Ephyzula. Freischwimmende medusoide Acraspeden-Form (Seyphomeduse). Schirmförmiger Körper: Umbrella Convexe Aussenfläche des Schirmes: Exumbrella Concave Innenfläche des Schirmes: Subumbrella Mundrohr: Tubus oralis Vierlappige Mundöffnung Central-Magen 4 interradiale Filamente Schirmrand Schirmkranz 4 perradiale Sinneskolben 4 interradiale Sinneskolben 8 Velar-Lappen 16 Ocular-Lappen. [o, 1 34 OahZ LITERATUR. Literatur. M. Sazs, 1829; Bidrag til Söedyrenes Natur-Historie. I. Hälfte, p. 17—26. J. G. Datyert, 1834; On the Propagation of Scottish Zoophytes. In: Edinburgh New Philos. Journ. Vol. XVII, p. 411; Vol. XXI, p. 88. M. 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Volelsp29, RI SVSSVT: Desor, 1849; Lettre sur la generation medusipare des polypes hydraires. Annal. des Sc. nat. Tome XII, p. 204. EcKER, 1849; Bericht Verhandl. Naturf. Gesellsch. Basel, VIII, p. 51 (Cotylorhiza). Busch, 1851; Beobachtungen über Anatomie und Entwickelung einiger wirbelloser Seethiere, p. 25, 30; Taf. II, III, VI (Chrysaora und Cotylorhiza). Frantzıus, 1852; Ueber die Jungen der Cephea (= Cotylorhiza tuberculata). In; Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. IV, p. 118, Taf. VIII, Fig. 1—4. C. GEGENBAUR, 1854; Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen, p. 2, Fig. 32—355. Die Brut der Cassiopea borbonica (= Cotylorhiza tuberculata). August Kromn, 1855; Ueber die frühesten Entwickelungsstufen der Pelagia noctiluca. In Müll. Arch. Anat. Phys. p. 491, Taf. XX. A. Borck, 1860; Vorhandl. Vidensk. Selskab. etc. Louıs Agassız, 1862; Contributions to the Natural History of the United States of America Vol. IV, p. 12, 128; Pl. X— XII (Aurelia flavidula, Cyanea arctica, Pelagia cyanella). J. CLARK, 1864; Amer. Journ. Sc. and Arts, Tom. 37. E. HArckeL, 1866; Generelle Morphologie, Bd. II, Fünftes Buch. Metagenesis und Hypogenesis. J. P. VAn BENEDEn, 1866; Faune littorale Belgique Pl. I, I. A. SCHNEIDER, 1870; Zur Entwickelungsgeschichte der Aurelia aurita. In: Arch. für Mikroscop. Anat. Bd. VI, p- 363, Taf. 19. A. KowArevsky, 1873; Untersuchungen über die Entwickelung der Coelenteraten (Russisch und daher ungeniess- bar; Auszug in HoFMANN-SCHWALBE, Jahresber. Anat. Physiol. 1875, Tom. II, p. 279). Taf. II. Cotylorhiza tuberculata (= Cassiopea borbonica). Taf. III. Pelagia noctiluca. E. HArcKEL, 1877; Studien zur Gastraea- Theorie. II. Die Gastrula und die Eifurchung der Thiere. 9. Die Bedeutung der Palingenie und der Cenogenie p. 61, Taf. IIT-VIII. Craus, 1877; Studien über Polypen und Quallen der Adria. 1. Ueber Scyphistoma und Strobila von Chrysaora (mediterranea) und Aurelia (aurita) p. 2, Taf. I-IV. E. HaEcker, 1879; System der Medusen. Mit Atlas von 40 Tafeln. ERKLÄRUNG DER BEIDEN TAFELN. 35 Erklärung der beiden Tafeln. Sämmtliche Figuren beider Tafeln beziehen sich auf Jurelia aurita; die Bedeutung der Buchstaben ist überall dieselbe. a Mundöffnung (Urmund, Archistoma). r Radial-Taschen der Magenhöhle b Magentaschen des Seyphostoma (Bursae gastrales). s Stiel-Canal (Scheitel-Canal). c Centrale Magenhöhle. t! Tentakeln (in 4 Ordnungen). d Hautplatte (Lamina dermalis). {! Tentakeln I. Ordnung: 4 perradiale (später 4 primäre e Exoblast (Hautblatt, Aeusseres Keimblatt). Sinneskolben). f Stützplatte (Lamina fulcralis). {? Tentakeln II. Ordnung: 4 interradiale (später 4 secundäre g Darmplatte (Lamina gastralis). Sinneskolben). h Furchungshöhle (Blastocoeloma). {? Tentakeln III. Ordnung: 8 adradiale (später 8 Velar- i! Endoblast (Darmblatt, Inneres Keimblatt). ! Lappen). : k Radial-Rippen der äusseren Schirmfläche (Costae). !* Tentakeln IV. Ordnung: 16 subradiale (später 16 Ocular- ! Lappen des Schirmrandes (16 subradiale). Lappen). m Muskelplatte (Lamina muscularis). ı Umbrella, Gallertschirm. n Nesselorgane (Nematellen). v Taeniolen oder gastrale Längsleisten. o Sinneskolben (Rhopalien). w Taeniolen-Flügel. p Stiel (pedunculus) — Scheitel-Aufsatz des Schirmes. = Gastral-Filamente. Tafel I. Figur Blastula (Hohlkugel, vom einschichtigen Blastoderm gebildet). Gastrula (mit offenem Mund). Gastrula mit einer lateralen Knospe. Gastrula mit zwei lateralen Knospen. eaıoıpuomn m Blastula invaginata (Bildung der Gastrula durch Einstülpung der Blastula). Gastrula in Längstheilung, am Aboral-Pol beginnend. Schwimmende Actinula (oder Gastrula mit 4 Tentakel-Knospen). Clistogastrula (oder Planula); Gastrula nach Schliessung des Urmundes. Tetranemale Actinula (Hydropolyp ohne Taeniolen, mit 4 Tentakeln). Octonemales Scyphostoma (Scyphopolyp mit 4 Taeniolen, mit 8 Tentakeln). Querschnitt durch Scyphostoma, um die breiten Axial- Platten der Taeniolen zu zeigen, welche die Peri- Strobila mit 3 Lappenkränzen (3 Ephyrulen) und einem terminalen Tentakel-Kranz, der aus 8 dreispal- Oral- Ansicht einer Strobila mit einem terminalen Tentakel-Kranz, gleich dem vorigen; an der Basis der takel-Kranz. Die gemeinschaftliche centrale Magenhöhle ist der ganzen Länge nach von den 4 Taeniolen > 10. » 11. Polynemales Seyphostoma (Scyphopolyp mit 4 Taeniolen, mit 16 Tentakeln). 53) 12. pherie des Magens in 4 perradiale Taschen theilen. » 18. Querschnitt durch einen Tentakel von Scyphostoma. » 14. Längsmuskel des Taeniols, beiderseits Entoderm-Falten. » 15. tigen prineipalen und 8 einfachen adradialen Tentakeln besteht. » 16. 3 dreispaltigen Tentakeln ein Ocellus. » 17. Strobila mit 3 Tentakel-Kränzen hinter einander, ohne Lappenkranz. » 18. Längsschnitt durch eine gewöhnliche Strobila-Form, mit 6 Ephyrula-Scheiben und einem terminalen Ten- durchzogen, neben deren Längsmuskel starke Querfalten des Entoderm vortreten. » 12. Strobila mit 3 basalen Tentakel-Kränzen und 6 Lappenkränzen, sowie einem terminalen Tentakel-Kranz. » 20. Strobila mit einem basalen Tentakel-Kranz und einem distalen Lappenkranz (einer Ephyrula). „ EL} Tafel II. 21—26. Directe Entwickelung der Ephyrula aus der Gastrula. 21. Gastrula incompleta, durch unvollständige Invagination der Blastula entstanden; die Gallerte des Blasto- coelom (h) wird zur Umbrella. 5%* 36 INHALT. Figur 22. Frei schwimmende Zwischenstufe zwischen der Gastrula (Fig. 21) und der Ephyrula (Fig. 23); am Schirm- rande beginnt die Bildung der 3 Lappen. » 23. Fphyrula, direct aus der Gastrula entwickelt (Fig. 21, 22). In Ausrandungen der 3 Lappen sind die 8 Sinneskolben angelegt; das Mundrohr ragt weit aus der Schirmhöhle vor. » 24. Subumbral-Ansicht einer direct aus der Gastrula entwickelten Ephyrula (Fig. 21—23). Durch die dünne Subumbral-Wand der Magenhöhle schimmern die 4 Gastral-Filamente durch. » 3. Tesseraförmige Ephyrula mit konischem Schirm, wahrscheinlich direct aus der Gastrula entstanden. An der Grenze von Subumbrella und Mundrohr sitzen 4 einfache Gastral-Filamente. ». 26. Tesseraförmige Ephyrula mit konischem Schirm, gleich der vorigen, aber etwas weiter entwickelt, mit 8 Gastral-Filamenten, wahrscheinlich ebenfalls direct aus der Gastrula entstanden (vergl. Fig. 21—26). » 27. Ephyrula pedunculata, mittelst eines schlanken aboralen Stieles an einem Zostera-Blatte befestigt, aber bereits klappende Contractionen der Subumbrella ausführend. » 28. Ephyrula pedunculata, abgelöst und frei schwimmend, weiter entwickelt als die vorige. » 2. Ephyrula sphinx; die aborale Hälfte ein festsitzender Scypho-Polyp, mit 4 Taeniolen; die orale Hälfte ein medusoider Lappenkranz mit 8 Sinneskolben. » 30. Ephyrula sphinx; ein anderes Exemplar, gleich Fig. 29, aber mit längerem Rüssel. » 31. Mund einer normalen Ephyrula, mit 4 abnorm vergrösserten und zweispaltigen Mund-Lappen, umgeben von 4 einfachen interradialen Gastral-Filamenten. Die 3 Mundläppchen erinnern an die 8 Mundarme von Aurosa und den Rhizostomen ! » 32-36. Ephyrulae variabiles, mit abnormen Zahlen-Verhältnissen der Parameren (statt der normalen 8 Para- meren weniger, 2—6). » 832. Ephyrula dissactis, mit 2 Parameren (2 Gabellappen, 2 gastralen Filament-Gruppen oder Phacellen, 2 Mundlappen). » 33. Ephyrula triactis, mit 3 Parameren (3 Gabellapen, 1 Phacellus, 3 Mundlappen). » 34. Ephyrula tetractis, mit 4 Parameren (4 Gabellappen, 2 Phacellen, 4 Mundlappen). » 35. Ephyrula pentactis, mit 5 Parameren (5 Gabellappen, 3 Phacellen, 3 Mundlappen). Von den 5 Sinnes- kolben ist einer doppelt. » 36. Ephyrula hexactis, mit 6 Parameren (6 Gabellappen, 3 Phacellen, 3 Mundlappen). » 37. Scyphostoma bifidum, eine Scyphopolypen-Amme, deren Basal-Hälfte einfach, deren Oral-Hälfte mit dem Tentakel-Kranz und Mund doppelt ist (durch unvollständige Längstheilung entstanden). » 38. Ephyrula gemina, Doppel-Missbildung, bestehend aus 2 völlig entwickelten Ephyrulen, die an der Schei- telfläche des Schirms durch einen Stielcanal zusammenhängen; wahrscheinlich Product eines Scyphostoma bifidum, gleich Fig. 31. » 839. Ein Gabellappen einer Ephyrula mit 16 Tentakeln, die oberhalb jedes Sinneskolbens ein Tentakel-Rudi- ment trägt, und ebenso zwischen je 2 Gabellappen. » 40. Ephyrula connectens, mit 4 perradialen Gabellappen mit Sinneskolben, und 4 interradialen dreispaltigen Tentakeln. Inhalt. pag- L Die Ontogenesis der Discomedusen . . a NE ee SER BB NEN ER RER EUR T IL Die Metagenesis von Aurelia und ChrSedera. ee RR ENER NERT RE NE EA N Een as) OR ARE SIR RSAITeNSER NER. 10 A. BormationaderGastrula. u... zone en ee Chr NSRlR N RUE ASEN RDU ED) B-2eHormarionkdesaScyphostomay. A. eu EN G:®Eormationnder.Strobilan. en. ah An EC EN Pe s BIe LANE Sn RE EG D. Formation der Ephyrlla . . . . DB EN NS EUER EL REN ao L oe ll III. Modificationen und Variationen der Metagencais BE RE RE DE MAG 104.0: ol ng . 18 AV aniationenwderl&astrula-Bildunoa a N er 1'S BaSVariationenfdersScyphostoma-B ldun ser 20, CS Variationen derIStropila-Bildun sr ee EEE 22 D=VariationenzdersEphyrula- Bildung 2 TV-E,DIORHypogenesis, von Aurela und Pela ei a ee 25 Druck von Ed. Frommann in Jena. Lith.Anstw.Eilisch,Jena, E.Hasckel del. ’ Verl.v. Gustav Fischer ‚Jena. SCYPHOSTOMA AÄURELIAB. | Ra Pa Be Ü Ir E.Haeckel del. Verl v.hustav Fischer Jena. Lith.Anstv.EGittseh.Jena. EPHYRULA AURELIAE. « 1 r N J h. ö N i H \ \r A | en f A ' 2 u j = r z 5: ö v ae MeRZ . ». DENN AN N LER f \ Run du i“ f $ All N u a oh el N x A) A Bee A AT vr A n N A IR Le ae ey N Ah X Bel la Pe Alu N AU > N ER ’ N j EN N \ D IN Y > A “ v FY : / . \ \ s » £ h 3 ! I | | ! I ! I I F Ä . f | i | B E Y I L N ‘ ) I "Y } | r ; j i a x f