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PU NIE TE ewe ee hu ae | Var a ey toed Be >! rage iF re eet CHEN “ ar, pete tree ene fee Oe het Vib ep wtb OD Der 4 F ci ’ FR ay vale ne rn N ony LORS Le 2 7a ee er ‘ . ’ pr are mnıden he Poe win“ , - bers wer} 7 eae bdo fy eb ee fs ME ES ‚an, eae wet ‘ . eae Wey alias ; DIES HET RT B sera . ‘ tan .n pr ie € ai Pee Paul Se te ee peter) ong MORPHOLOGISCHES JAHRBUCH. ee EINE ZEITSCHRIFT ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON CARL GEGENBAUR PROFESSOR IN HEIDELBERG. FÜNFUNDZWANZIGSTER BAND. MIT 21 TAFELN UND 94 FIGUREN IM TEXT. LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1898. a u ETL 4 AN ' =! as P aha : te ae ra | en a Nia 2 Lee. b > 7 = ve PR F 4 Re = RN: Se YET ‘ ee: ; HAIER AN m . ir N ‘ +f aay RER aan ae ma oF } (08.21 2. a Fi 7 Ot = - a BB she N er a. j ( i rt rye TU FEN & x FR DE 7 F ia) ÜREFER FA, 4 ea a Pa h “ = ? Py = ° ns if Oh EN ans a SreOeAMSOHU in. | ROTE aan Bs x wi oar Tee Inhalt des fünfundzwanzigsten Bandes. Erstes Heft. Ausgegeben am 31. December 1896. Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. Von E. Göppert. (Mit Taf. I und 19 Fig. im Text.). euren 3 ee ; i Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. Von B. Haller. (Mit Taf. II—VII und 4 Fig. im Text). .... Über Variationen der Spinalnerven und der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. (Bufo cinereus Schneid.) Von H. Adolphi. (Mit Taf. VIIL). Zweites Heft. Ausgegeben am 2. Juli 1897. Über die Entwicklung von Hypochorda und Ligamentum longitudinale ventrale bei Teleostiern. Von K. Franz. (Mit Taf. IX u. 2 Fig. im Text.) Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. Von H. Klaatsch. (Mit Taf. X.). if Se ee RE PR Some remarks on Dr. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Glied- maßen der Fische«. By W. Sörensen. (With 6 figures in text.). . Blutgefäße im Epithel. Von F. Maurer. (Mit Taf. XI). ....... : Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen — ein Derivat des Hyoidbogens. Von G. Ruge. (Mit 6 Fig. im Text). ........ Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. Von H. Klaatsch. (Mit Taf. XII und 4 Fig. im Text.) : Pees St Sey Bemerkungen zur Auffassung der Morphologie der Rippen in Rabl’s »Theorie des Mesodermss. Von E. Göppert. ..... ER Rete our Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. Von C. K. Hoffmann. (Mit Taf. XIII—XIV und 9 Fig. im Text.). Seite hits, IV Drittes Heft. Ausgegeben am 3. December 1597. Seite Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. Von L. Bolk. (Mit 26 Zeus Text.)a., . . 305 Ein Beitrag zur vergleichenden inatumie dee Weneneyz stems m Badenian Von F. Hochstetter. (Mit Taf. XV und 1 Figur im Text). : . . . 362 The Development of the Cartilaginous Skull and of the Branchial and Hypo- glossal Musculature in Necturus. By Julia B. Platt. (With plates Ma eee eet ok oy Se eke a eer Viertes Heft. Ausgegeben am 11. März 1898. Die Segmentaldifferenzirung des menschlichen Rumpfes und seiner Extremitäten. Beiträge zur Anatomie und Morphogenese des menschlichen Körpers. I. Von 1.2 Boll. (Mit 8 Fic, im Text.) 2.05 , 465 Über das Wandern der Extremitätenplexus und Re nn bei Th taeniatus. Von H. Adolphi. (Mit 8 Fig. im Text)... . 544 Die Entwieklung und funktionelle Ce des Schädels von Tche glutinosus. Von K. Peter. (Mit Taf. XIX— XXI und | Figur im Text.) 555 Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. Von Dr. med. E. Göppert, Privatdocent und Assistent am anatomischen Institut zu Heidelberg. Mit Tafel I und 19 Figuren im Text. Einleitung. Unter den amnioten Wirbelthieren finden sich die primitivsten Krallen bei den Krokodilen, den Schildkröten und Vögeln (s. Boas I). Sie bilden tütenförmige Hornbekleidungen der mehr oder F Fig. I. Crocodil (spee.?). Älterer Embryo. Medianer Längsschnitt durch einen Finger. 20/1. A.H. Aus- füllungshorn. Kr.-Pl. Krallenplatte. Kr.-S. Krallensohle. XKr.-W. Krallenwall. In allen Textfiguren Sind die verschiedenen Bestandtheile in folgender Weise dargestellt: Stratum corneum resp. Kralle durch Strichelung parallel der Oberflache, Stratum Malpighii durch feine Punktirung, Knochengewebe durch gröbere Punktirung, Knorpel durch weiter aus einander stehende, den Zellkernen entsprechende Punkte. weniger hakenartig gekrümmten Endglieder an Fingern und Zehen (Fig. I). Schon hier unterscheidet man aber an ihnen den ventralen Theil, die Krallensohle (Hornsohle oder Sohlenhorn) (Ar.-S.) von dem dorsalen, der Krallenplatte (Ar.-Pl.). Die erstere ist Morpholog. Jahrbuch. 25. 1 9 E. Göppert flacher als die Krallenplatte, die auch in querer Richtung stark ge- wölbt ist. Die Krallensohle besteht ferner aus weniger fest gefügter Hornsubstanz und reicht weniger weit proximalwärts als der dorsale Krallenabschnitt. Der ganze Hinterrand der Kralle wird vom Kral- lenwall (Ar.-W.) schützend umschlossen. | Trotz des verschiedenen Verhaltens von Krallensohle und Kral- lenplatte stellen beide doch eine Einheit vor und gehen vorn und seitlich unmittelbar in einander über. Es erscheint also möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass sich die Verschiedenheit beider Theile aus einer ursprünglichen Gleichheit herausgebildet hat. Es finden sich nun auch bei einzelnen Amphibien stark ent- wickelte Krallen. Bekannt sind sie von einem Salamandrinen, Ory- chodactylus, und einer Kröte, Dactylethra (Xenopus). Während die Krallen von Onychodactylus, so viel ich sehe, noch keine eingehende Darstellung erfahren haben, sind die von Dacty- lethra durch Boas (I) untersucht worden. Boas gelangt dabei zu der Ansicht, dass es sich bei den innerhalb der Amphibienklasse beobachteten Krallen um ganz vereinzelte Vorkommnisse handelt, die mit den Amnioten-Krallen unmittelbar nichts zu thun haben, sondern nur analoge Bildungen vorstellen. Die wirklichen Vorläufer der Krallen der höheren Wirbelthiere dagegen sieht Boas mit Wahr- scheinlichkeit in den Hornschuppen, wie sie den Reptilien zu- kommen, und zwar in endständigen, die Zehenspitze umschließenden Kegelschuppen. Nirgends hat sich aber dieser vorausgesetzte Aus- gangszustand unverändert erhalten. Bereits die einfachste Sauro- psiden-Kralle ist von ihm schon um ein gutes Stück entfernt; in erster Linie durch die Krümmungsverhältnisse und die Sonderung von dorsaler Krallenplatte und ventraler Krallensohle. Während Boas einen Urzustand für die Amnioten-Kralle also nur hypothetisch annimmt, sehen ihn auf der anderen Seite ZANDER (VII) und GEGENBAUR (UI) noch jetzt thatsächlich erhalten in den Epidermisverdiekungen und Verhornungen, wie sie an den Finger- und Zehenenden vieler Amphibien vorkommen. Die letzterwähnten Verhältnisse sind nun von Boas nicht be- rücksichtigt worden, obgleich es doch keineswegs ausgeschlossen zu sein scheint, dass sie zusammen mit den Krallen von Onycho- dactylus und Dactylethra in eine größere Entwicklungsreihe gehören. Es besteht also vor der Hand die Möglichkeit, dass Krallen- und Krallenanfänge einen allgemeineren Besitz der Amphibien bilden. Wäre dies in der That der Fall, so würde man kaum Bedenken Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 3 tragen können, der ZANDER-GEGENBAUR’schen Ansicht beizupflichten und in den endständigen Hornbildungen der Amphibien-Zehen die Vorstufen der Amnioten-Kralle zu erblicken. Die Untersuchung der Krallenbildungen der Amphibien ist demnach geeignet, auf die Phylogenese der Wirbelthierkralle Licht zu werfen, indem sie uns möglicherweise die ersten Anfänge der- selben enthüllt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Amphibien- Kralle der Gegenstand der vorliegenden Arbeit geworden. Il. Urodelen. Wir beginnen unsere Untersuchung mit den Urodelen und hier wieder mit einer Form, die sich erfahrungsgemäß durch die Ur- sprünglichkeit ihres Baues auszeichnet, mit Menobranchus (Necturus) lateralis Say. Die mir zur Verfügung stehenden Thiere dieser Art besitzen sämmtlich kegelförmig auslaufende Finger und Zehen. Ihre Spitzen sind ausgezeichnet durch eine gelb-braune Färbung, während weiter proximal ein weißlicher, endlich ein grauer Farbenton vorherrscht. Fig. II. SEEN \ Sirat.corn. Menobranchus (Necturus) lateralis. Medianer Längsschnitt durch einen Finger. 15/1. Strat.corn. Stratum corneum. Die gelb-braune Färbung der Finger- und Zehenenden beruht auf einem intensiven Verhornungsprocess, der hier Platz gegriffen hat. Bekanntlich wird im Allgemeinen die Epidermis der Perenni- branchiaten nach außen durch Zellen abgeschlossen, die einen starken Cuticularsaum tragen. Es fehlt dagegen eine Hornschicht. Dies ändert sich an den Fingern und Zehen. An ihrer Dorsalseite beginnen in der Gegend des letzten Interphalangealgelenks die ober- 1* 4 E. Göppert sten Epidermiszellen sich abzuplatten und zu verhornen. Damit ent- steht ein zunächst dünnes aber selbst bei schwacher Vergrößerung Fig. II. Strat. corm. er Menobranchus lateralis. Querschnitte durch das Fingerendglied. 15/1. makroskopischer Betrachtung. Spuren vor. deutlich erkennbares Stratum corneum. Ein solches findet sich an der Ventral- seite der Finger schon im Bereich des ersten Gliedes. Auch in der obersten Lage der Hornschicht sind die Kerne noch gut färbbar. Etwas distal vom letzten Interphalangealgelenk tritt nun gleichmäßig an der ganzen Oberfläche des Fingers eine allmähliche Ver- dickung des Stratum corneum ein, die an der Fingerspitze ihren Höhepunkt erreicht (Fig. II). Innerhalb der Horn- schicht schließt sich hier an eine unterste Zone abgeplatteter Zellen mit noch gut färbbaren Kernen eine Schicht, die an Borax-Karminpräparaten im Ganzen ungefärbt bleibt und nur ganz schwach tingirte Kerne hervor- treten lässt. Darauf folgt nach außen eine oberste Zone bräunlicher, stark verhornter Elemente. In ihr werden nur noch vereinzelte gefärbte Kerne sicht- bar. Auf der Anwesenheit dieser Horn- schicht beruht die oben erwähnte Ver- färbung der Fingerspitze. Mit dem Auftreten der Verstärkung des Stratum corneum fällt annähernd genau eine Verdickung der gesammten Epidermis zusammen. Gleichzeitig er- hebt sich die Lederhaut zu schmalen längsgestellten Leisten, die in die Epi- dermis eingreifen, wie es in gleicher Weise von Lrypre (IV) bei den Sala- mandrinen nachgewiesen worden. ist (Fig. 2 d-d). Dass die Pigmentirung des Integuments der Finger nach der Spitze zu abnimmt, ergiebt sich schon bei Vorn findet es sich nur noch in Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 5 Eben so wie LEeyYvIe für andere Arten gezeigt hat, gehen ferner auch hier aus dem Knochengewebe des vordersten Theiles der End- phalange Bindegewebsfibrillen hervor, die bündelweise zusammenge- schlossen in radiärer Anordnung gegen das Integument. der Finger- spitze ausstrahlen (Fig. II und Ill ce und d). Die hinteren schlagen dabei einen schrägen, proximalwärts gerichteten Verlauf ein. Die Bündel biegen zum Theil in die Leisten der Lederhaut ein, zum Theil enden sie zwischen ihnen. Vielfach stellen sich dabei die hohen basalen Epidermiszellen in die Richtung der Bindegewebszüge ein. Wie sich die letzteren zu den Epidermiszellen selbst verhalten, wurde nicht untersucht. Genauer müssen wir uns noch mit der äußeren Form des End- gliedes beschäftigen. Ein medianer Sagittalschnitt (Fig. II) zeigt, entsprechend dem äußeren Verhalten, das Fingerende einfach kegel- artig zugespitzt. Es unterscheidet sich dadurch von der ihm zuge- hörigen Endphalange, die eine leichte Krümmung nach der Ventral- seite aufweist. Von Wichtigkeit ist noch, wie sich später zeigen wird, die Gestalt des Querschnittes (Fig. II). In einem Schnitt durch den Anfang des Fingerendgliedes (a) überwiegt der quere über den dorso-ventralen Durchmesser. Dabei ist die ventrale Seite etwas stärker gewölbt als die dorsale. Im Bereich des proximalen Theiles der terminalen Hornschale (0) ist der Querschnitt fast rein oval zu nennen mit quergestelltem längeren Durchmesser. Je weiter wir nun aber nach vorn gehen, desto mehr nähert sich die Gestalt des Querschnittes der Kreisform (c). In der Höhe der Endphalangen- spitze ist sie geradezu als kreisrund zu bezeichnen (4). Der Unter- schied, der zwischen transversalem und dorso-ventralem Durchmesser zu Gunsten des ersteren allerdings noch besteht, ist äußerst unbe- deutend. In den vordersten Schnitten, welche nur noch das Epithel der Fingerspitze treffen, nimmt er allerdings wieder um einen ge- ringen Betrag zu (e). Alles in Allem finden wir also bei Menobranchus ein kegelférmig zugespitztes Fingerende, ausgestattet mit einem alle Seiten gleichmäßig umhüllenden Hornmantel. Für die uns beschäftigende Frage wichtige Verhältnisse finden sich bei den Larven von Salamandra und Triton. Wir wissen bereits durch Leypıg, dass hier nicht wie beim erwachsenen Thier die Finger- und Zehenenden abgerundet sind, sondern spitz aus- laufen (Fig. IV). 6 E. Göppert Wir untersuchen zunächst die Epidermis an den Fingerendglie- dern bei Larven von Salamandra maculosa. Wie bekannt, besteht die Epidermis der Salamandrinen-Larven im Allgemeinen aus zwei Lagen. Die untere ist ausgezeichnet durch die Größe ihrer Elemente, zu denen die Leypıe’schen Zellen gehören; die obere be- steht aus etwas niedrigeren Zellen, von denen jede einen dicken Cutieularsaum trägt. Unter letzterem finden sich vielfach Pigment- anhäufungen. Gegen das Fingerende zu hören zunächst allmählich die hellen Leypie’schen Zellen auf. Die Zellen der Epidermis erscheinen durchweg triibkérnig. Im Bereich der Spitze nimmt dann auch die Schichtenzahl der Oberhaut zu. Auf etwa zwei basale Lagen a b c alta | ar AB | Po oN eile dy 7 [ ia Salamandra maculosa. a, 6 Hand und Fuß einer Larve von der Dorsalseite gesehen. 15/1. c, d dasselbe eines erwachsenen Thieres. 2,5/1. Fig. IV. größerer, protoplasmareicher Elemente fügt sich zunächst eine Lage stark abgeplatteter Zellen. In ihnen ist meistens der gleichfalls flache Kern noch erkennbar. Er zeigt der Regel nach dunklere Färbung als die übrigen Epithelkerne und erscheint fast homogen. An einigen dieser Zellen besteht an der Oberfläche noch ein Cuti- cularsaum, wenn ihnen nicht, wie gleich gezeigt werden wird, noch andere Elemente auflagern. Einzelne zeigen durch ihr ganzes Ver- halten, dass sie einem Verhornungsprocess unterlagen. Meist ist dann an ihnen nichts mehr von einem Kern wahrnehmbar; sie bilden stark glänzende, gelbliche Schuppen. An manchen Fingerspitzen besteht noch über dieser ersten Lage platter Zellen eine zweite und sogar dritte Schicht völlig verhornter Elemente. Die Fingerenden sind also bei den Larven von Salamandra ähnlich wie bei Meno- branchus von einer Hornkappe umschlossen, die sie vor den übrigen Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 7 Theilen des Körpers auszeichnet (Fig. V Strat.corn.\. Diese Horn- kappe ist in manchen Fällen an der ganzen Oberfläche der End- gliedspitze gleichmäßig entwickelt. Zuweilen ist der ventrale Theil derselben stärker, d. h. es liegen mehr Schichten verhornter Elemente über einander als dorsal. In anderen Fällen reicht der Bezirk der Verhornung dorsal nicht ganz so weit proximalwärts als ventral. Wir treffen hier also auf eine große Reihe individueller Verschieden- heiten, die wohl aber nur temporäre Bedeutung besitzen. Auch bei Larven von Stredon pisciformis bestehen nach CARRIERE (II) ähnliche Verhältnisse, wie sie eben geschildert wurden. Die Untersuchung von Schnittserien giebt uns noch genaueren Aufschluss über die Form des Fingerendes. Auf medianen Längs- schnitten (Fig. V) tritt die schon erwähnte konische Verjüngung des- selben besonders deutlich in Erscheinung. In dem größeren oder Fig. V. Salamandra maculosa. Larve. Mediane Langsschnitte durch Finger verschiedener Thiere. 60/1. geringeren Grade der Zuspitzung bestehen auch hier Unterschiede zwischen den Fingern desselben und denen verschiedener Individuen (vgl. Fig. Va und 5). Ferner sehen wir, dass die Fingerspitze nicht einfach gerade gestreckt ausläuft, wie es bei Menobranchus der Fall war, sondern dass sie nach der Ventralseite zu leicht hakenförmig gekrümmt ist. In Zusammenhang mit der Hornbekleidung des Finger- endes muss das letztbeschriebene Verhalten die Leistung desselben als Haftapparat steigern. Auch die Endphalange zeigt eine ausge- sprochene Biegung nach der Ventralseite. Die Krümmung ist stärker als die des ganzen Endgliedes. Betrachten wir jetzt die Gestalt der Querschnitte (Fig. VI), so finden wir sie noch im proximalen Theil des Endgliedes von der Form eines liegenden Ovals (a). Etwa gleichzeitig mit dem Beginn des Stratum corneum nimmt der Querschnitt Kreisform an (d), die bis zur Spitze bestehen bleibt (c). In einem Fall war hier der dorso-ventrale Durchmesser um einen ganz geringen Betrag kleiner als der transversale. 8 E. Göppert Sehr ähnliche Verhältnisse wie die Larven von Salamandra zeigen ältere Larven von Triton alpestris. Wie dort so enden auch hier die Finger und Zehen zugespitzt und besitzen da- Ei. gl bei an ihrem Endglied eine leichte Krümmung e nach der Ventralseite, die von der letzten Phalange ED in etwas verstärktem Maße mitgemacht wird (Fig. VII). LD Wieder zeigt die Zehenspitze einen runden Quer- schnitt, während in den mittleren und hinteren b Theilen des Endgliedes eine quer-ovale Gestalt desselben besteht. Endlich tritt auch hier an der Spitze Verhornung der Epidermis ein. Sie griff auf die Dorsalseite nur unbedeutend, auf die Ven- tralseite etwas weiter proximalwärts über (Fig. VII Strat.corn.). Möglicherweise handelt es sich hier- bei auch bei Triton um individuell und temporär schwankende Zustände. Wie man sieht, schließt sich das Ver- Salamandra macuiosı. halten der Finger und Zehenenden der Lar- Larve. Querschnitte yen von Salamandra und Triton unmittelbar durch das Endglied ine ner oo an den Menobranchus-Zustand an. In dem Be- sitz einer terminalen Hornhülle und der runden Gestalt des Querschnittes stimmen beide mit ein- ander überein. Einen Fortschritt der Salamandrinenlarve bedeutet aber diehakenförmige Krümmung des Endgliedes. Fig. VII. Stratum m COTNEUM. Triton alpestris. Larve. Medianer Längsschnitt einer Zehe. 66/1. Während der Metamorphose erfahren die Finger- und Zehen- enden der Salamandrinen eine erhebliche Umgestaltung. Bei der ausgewachsenen Salamandra maculosa überzieht die ein- fache Schicht stark verhornter Zellen, welche die oberste Lage der Epidermis bildet, gleichmäßig auch das Finger- und Zehenende (Fig. VII). Nur dadurch erfährt sie hier eine unbedeutende Ver- stärkung, dass auch tiefer gelegene Elemente an einzelnen Stellen bereits vollkommene Verhornung zeigen (Fig. VIII). Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 9 Die feineren Verhältnisse des Zehenendes sind durch Lrypie (IV) zur Genüge bekannt geworden. Ich erwähne daher nur kurz, dass die Epidermis im Endglied sich erheblich verdickt (Fig. VII) (vgl. auch ZANDER [VII]. An der Dorsalseite tritt diese Dicken- zunahme erst etwas weiter vorn auf, als ventral. Gleichzeitig greift die Lederhaut in Gestalt von schmalen Leisten in die basalen Theile der Epidermis ein (Fig. IX c). Auch hier ziehen, wie bei Meno- branchus, Bindegewebszüge in büschelartiger Gruppirung aus dem Knochengewebe der Endphalangenspitze zum Integument des Finger- endes. Schließlich ist noch der Blutgefäßreichthum der Finger- und Zehenspitzen bemerkenswerth. Fig. VII. Dr. Strat. corm Salamandra maculosa. Medianer Längsschnitt durch einen Finger. 15/1. Dr. Drüse. Ganz auffallend ist der Unterschied in der äußeren Form des Endgliedes zwischen Larve und erwachsenem Thier. Bei letzterem schwillt das Finger- und Zehenende bei Betrachtung von der Seite und im medianen Längsschnitt kolbenförmig an, so dass der Ver- gleich mit dem Ende eines Trommelschlägels nahe liegt (Fig. VII). Die hakenartige Biegung des Endgliedes ist dabei verloren gegangen und hat einer Geradestreckung Platz gemacht. Die Endphalange selbst hat aber ihre leichte Krümmung beibehalten. Ihr terminales Ende weist eine erhebliche plattenartige Verbreiterung auf. Auch die Querschnittsverhältnisse sind nicht ganz die gleichen geblieben (Fig. IX). Im Bereich des Mittelgliedes ist der Querschnitt oval und stark in die Breite gezogen (a). Am Beginn des Endgliedes beginnt die ventrale Seite sich stärker zu wölben, während gleich- zeitig der Unterschied zwischen dorso-ventralem und transversalem Durchmesser allmählich abnimmt (4). Unter der im dorsalen Theil des Querschnittes liegenden Phalange erscheint jetzt eine starke polsterartige Verdiekung, radiär durchzogen von den Bindegewebs- zügen, die, wie oben erwähnt, Endphalange und Integument mit ein- ander verbinden. Anfangs ist die Dorsalseite gegenüber der Ventral- 10 E. Göppert seite etwas flach (c), weiter vorn gleicht sich das aus, so dass der Querschnitt annähernd Kreisform annimmt, aber auch hier überwiegt noch der Querdurchmesser (d). Verwandte, in manchen Punkten aber doch abweichende Verhält- nisse zeigen die Finger und Zehen von Triton alpestris. Eben so Fig. IX. d b Salamandra maculosa. a Querschnitt durch den distalen Theil des Mittel- gliedes. b—d Querschnitte durch das Endglied eines Fingers. 12/1. Dr. Drüse. wenig wie bei Salamandra haben wir hier eine starke terminale Hornkappe. Nur darin zeigt sich an der Spitze eine Zu- nahme des Verhornungsprocesses, dass hier unter der obersten Lage völlig ver- hornter Elemente auch die nächst unteren abgeplatteten Zellen deutlich den Beginn der Verhornung erkennen lassen. Wie bei Salamandra nimmt auch hier die Epider- mis im Endglied an Dicke zu. Nur an der Ventralseite des Phalangenendes wird sie wieder dünner (Fig. X). Die larvale Zuspitzung der Finger und Zehen ist auch bei Triton verloren ge- sangen und hat einer stumpfen Form Platz gemacht. Die Krümmung ihrer End- glieder ist völlig ausgeglichen. Eine leichte Biegung der Endphalange hat sich jedoch erhalten. Zum Unterschied von Salaman- dra fehlt hier aber die polsterartige Ver- diekung der Ventralseite des Endgliedes. Dasselbe verjüngt sich sogar etwas distal- wärts, endet aber doch mit stumpfem, ab- gerundetem Ende (Fig. X). Die Endpha- lange ist dabei terminal etwas verstärkt, besitzt aber hier nicht die bei Salamandra beobachtete Verbreiterung. Auch die Quer- schnittsbilder zeigen Abweichungen von dem, was uns Salamandra maculosa zeigte. Auch hier ist zwar der Querschnitt durch den Anfang des Endgliedes oval. Nach vorn zu plattet sich aber die Ventralseite immer mehr und mehr ab, bis schließlich in der Nähe der Spitze die Ventralseite ganz eben, die Dorsalseite stark gewölbt erscheint (Fig. XJ). Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 11 Wir finden also bei Salamandra maculosa und Triton alpestris zwei verschiedene Modifikationen eines stumpfen Finger-Zehenendes. Bei jeder der beiden Arten sehen wir aber die Larven mit spitzen und dazu hakenförmig gekrümmten Endgliedern ausgestattet. Es erscheint Triton alpestris. Medianer Längsschnitt durch eine Zehe. 36/1. nun wohl nicht zweifelhaft, dass hier in Übereinstimmung mit der Ontogenese auch stammesgeschichtlich die stumpfe Form sich aus der spitzen entwickelt hat. Dass eine so ursprüngliche Art wie Menobranchus die letztere zeigt, bestätigt diese Auffassung. Mit der bezeichneten Umwandlung entfernen sich aber die definitiven Zustände des Finger-Zehenendes der Sala- mandrinen von einer auf die Ausbildung von Krallen hin- zielenden Entwicklungsrichtung, die man wohl bei ihren Larven vermuthen könnte. Die Amnioten mit primitiven Krallen besitzen ja durchweg ganz spitz Fig. XI. auslaufende, gebogene Finger- und Zehenendglieder (Fig. I), stimmen also darin nur mit den Larven, nicht mit den fertigen Salamandrinen überein. Dazu kommt, dass beim entwickelten Salamander und Triton die Hornbildung an den Finger-Zehen- "in un Bier spitzen so unbedeutend ist, dass in diesem Punkt spitze. 36/1. gleichfalls keine nähere Beziehung zu Krallen er- kennbar ist. Auch hierin wird die von der Larve scheinbar einge- schlagene Entwicklung nach der Metamorphose nicht weitergeführt. Es liegt nahe an die Salamandrinen Siredon pisciformis anzu- schließen, eine Form, die ja von allen Perennibranchiaten die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu jenen besitzt. Durch Carrmre (II) und Paurickt (V) sind wir genau über die Epidermisverhältnisse des jungen Siredon unterrichtet. Wir wissen, dass die Zehen und Finger eben so wie die Unterlippe ein Stratum 12 : E. Göppert corneum besitzen, während sonst nur Cuticularsäume die Epidermis decken. Gewöhnlich tritt die Ausbildung des Stratum corneum schon an den Anfangsgliedern der Finger und Zehen auf, gelegentlich aber erst weiter vorn im proximalen Theil des Endgliedes. In zwei Fällen (Zehen) nahm nun diese Hornschicht auch nach vorn nicht mehr zu (Fig. XIL @ und c, Strat. corn.). Im Allgemeinen verdickt sie sich aber distalwärts etwas, und erreicht an der Spitze ihr Maximum (Fig. XII), ohne jedoch der Hornschicht von Menobranchus gleich zu kommen. Sie besteht hier aus platten, gelb-braunen, dicht an ein- ander geschlossenen Plättchen, in denen noch meist die schwach Fig. XII. Strat. corn: b Stredon pisciformis. a, c mediane Lingsschnitte durch zwei Zehen desselben Thieres. 18/1. b medianer Längsschnitt durch einen Finger eines anderen Exemplars. 13/1. färbbaren Kerne sichtbar sind. Ihre Anwesenheit verleiht den Finger- und Zehenspitzen bräunliche Färbung, während in den - Fällen ihres Fehlens die Pigmentarmuth des subepithelialen Gewebes die Spitzen weißlich erscheinen lässt. Dass auch bei Stredon sich die wiederholt erwähnten Cutisleisten im Endglied finden, dass auch hier die Endphalangenspitze mit dem Integument durch Bindegewebszüge verbunden ist, dass endlich an der Spitze ein besonderer Gefäßreichthum besteht, sei nur kurz erwähnt. Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 13 Ganz auffallend ist nun aber die Verschiedenheit der Gestalt der Endglieder, wie schon die Betrachtung der Hände und Füße mit bloßem Auge zeigt. An dem gleichen Thier bestehen alle möglichen Übergänge von spitzen zu stumpfen Enden. Bemerkenswerth ist, dass fast stets die fünften Finger und Zehen spitz auslaufen. Be- sonders deutlich treten die Formverhältnisse an medianen Längs- schnitten hervor (Fig. XII). Wir finden spitze Endglieder, die in der Mitte stehen, zwischen denen der Salamandrinen-Larven und von Menobranchus (a). Andere sind vorn abgerundet und gleichen dadurch mehr den Finger-Zehenenden des fertigen Salamanders oder Tritons (c). Manche zeigen dabei fast die Gestalt des menschlichen Fingerendes nach Entfernung des Nagels (4). Dabei ist der Querschnitt des distalen Theiles des Endgliedes annähernd kreisförmig, im Gegen- satz zu dem ovalen Querschnitt im proximalen Theile des Fingers. Sehr verschiedenartig zeigt sich übrigens auch die Gestalt der Endphalange. Sie ist bald dick, plump und schwach gekrümmt (b), bald schlank und schmal, dabei entweder gerade gestreckt und nur am Ende etwas gekrümmt (c) oder auch im Ganzen deutlich ventral- wärts gebogen (a). - Die Erklärung für die weitgehenden Unterschiede zwischen den Endgliedern der einzelnen Zehen und Finger ist wohl in der eigen- thümlichen systematischen Stellung von Siredon zu suchen. Als geschlechtsreif gewordene Larve eines Salamandrinen hat er zum Theil Larveneigenschaften bewahrt, zum Theil bereits Eigenthümlich- keiten des fertigen Thieres angenommen. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir, gestützt auf unsere bisherige Erfahrung, annehmen, dass die spitze Fingerform dem larvalen, die stumpfe dem fertigen Zustand entspricht. Im vorhergehenden Abschnitt unserer Arbeit sahen wir, dass die spitzen, hakenförmigen Finger-Zehenenden, die wir bei den Salamandrinen-Larven antrafen, sich zu stumpfen, abgerundeten und gerade gestreckten Formen umbildeten. Eine unmittelbare Fort- entwicklung ihrer charakteristischen Eigenschaften treffen wir dagegen bei Stren lacertina. Die Betrachtung der verhältnismäßig schwachen Hände dieser Art! zeigt uns außerordentlich spitze Fingerenden, wie wir sie der- art bei keinem anderen Urodel treffen. Gleichzeitig nehmen wir ! Hintere Extremitäten fehlen bekanntlich bei Siren. 14 E. Göppert bereits eine ventralwärts gerichtete Krümmung der Endglieder wahr. Ihre braune Färbung weist auf den Besitz einer stärkeren Horn- kappe hin. Schnitte zeigen uns hier in der That eine kräftig entwickelte Hornschicht (Fig. XIII und Fig. 1 Taf. I). Ventral besteht an den Fingern schon im Bereich der Mittelphalange ein gut entwickeltes, aus drei bis vier Lagen bestehendes Stratum corneum (S¢rat.corn.), dessen Elemente durch ihr optisches Verhalten eine weit vorgeschrittene Verhornung erkennen lassen. Ihre Kerne sind dabei noch gut färb- bar geblieben. An der Dorsalseite tritt Verhornung erst im Bereich der Endphalangenmitte auf. Von hier an verstärkt sich nun nach vorn zu die Hornschicht gleichmäßig an der ganzen Oberfläche des Fingers. In geringerem Abstand von der Basalfläche, als vorher, beginnen jetzt die Epidermiszellen sich abzuplatten und zu verhornen (Fig. 1). Weiterhin nimmt sowohl das Stratum Malpighii wie vor Allem das Hornlager an Dicke zu und letzteres erreicht an Stärke etwa die Hornkappen von Menobranchus, übertrifft also bedeutend die der Larven von Salamandra und Triton. Vorn läuft es ent- sprechend der Gestalt des Endgliedes in eine scharfe Spitze aus. In den oberen Lagen der Hornschicht verlieren nach vorn allmählich die Kerne an Färbbarkeit, bis sie an der Spitze nur noch als Schatten erkennbar sind. Die Zusammensetzung der Hornschicht aus parallel zur Oberfläche geschichteten Zellen bleibt dabei durch feine helle Grenzlinien kenntlich. Ventral und dorsal ist der Hornmantel gleich- mäßig stark entwickelt. Die Färbung der Hornsubstanz ist aber dorsal stellenweise etwas dunkler als ventral. Auch hier geht am distalen Ende der Phalange eine Binde- gewebsstrahlung aus, deren Züge zum Theil wenigstens aus dem Knochengewebe hervorkommen und zum Integument des vorderen Theiles des Fingerendgliedes verlaufen (Fig. XIII und 1). Die hinter- sten dieser Fibrillenbündel laufen dabei schräg proximalwärts. Sie treffen also schief auf die Basalfläche der Epidermis. In diesem Bereich, der dem proximalen Beginne der Verdickung der Horn- schicht entspricht, stellen sich die tiefsten Epidermiszellen in die Verlaufsrichtung der Fibrillen ein, stehen also schräg zur Basis der Epidermis und sind mit ihrer Längsachse nach außen und proximal- wärts gerichtet (Fig. 1). Offenbar steht mit dieser Anordnung in Zusammenhang, dass hier die obersten, abgeplatteten Zellen der Epidermis vielfach nicht parallel zur Oberfläche gelagert sind, son- dern mit der nach außen gekehrten Seite gleichzeitig nach vorn sehen. Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 15 Gut entwickelte Cutisleisten, die sonst an den Finger- und Zehen- spitzen bestehen, fehlen hier. Nur geringe Unregelmäßigkeiten an der Unterfliiche der Epidermis vertreten sie. Die Spitze des End- gliedes weist ein ganzes Konvolut von Blutgefäßen auf, während in den übrigen Theilen desselben ein besonderer Gefäßreichthum nicht bemerkbar ist. Perivasculiire Pigmentzellen, die an der Dorsalseite der Finger in reichlichem Maße angetroffen werden, fehlen bis auf geringe Reste, so weit die dieke Hornschicht reicht (Fig. 1). Ventral erstreckt sich die pigmentarme Zone proximalwärts bis in das Mittel- glied des Fingers hinein. Wir müssen uns jetzt noch etwas genauer mit der Gestalt des Fingerendes beschäftigen. Ein medianer Sagittalschnitt zeigt uns Fig. XII. Siren lacertina. Medianer Längsschnitt durch einen Finger. 21/1. Bezeichnung s. Erklärung zu Fig. I. besonders deutlich, was wir bereits bei der makroskopischen Be- trachtung wahrnahmen (Fig. XIII): Wir sehen die auffallend spitze Gestalt und gleichzeitig die sichelförmige Krümmung des letzten Gliedes. Ihr entspricht hier genau die Biegung der Endphalange. Besonders stark gewölbt ist die Dorsalseite des Fingerendes. Das Ganze gleicht auffallend dem Bild, das ein Sagittalschnitt durch eine Krokodils-Kralle (Fig. I) bietet. Von ganz besonderem Interesse ist ferner das Verhalten des Querschnittes (Fig. XIV). Während er im proximalen Theil des Fingers eine querovale Form besitzt, fängt im Endglied die ventrale Seite an sich abzuflachen (a). Am Beginn der Verstärkung des Stra- tum corneum ist sie ganz plan und steht dadurch im Gegensatz zu dem stark gewölbten dorsalen Theil (2). In der Höhe des vorderen Phalangenendes kommt noch eine deutliche Konkavität in querer Richtung hinzu, die bis zur Spitze sich erhält (c—e). Die querkonvexe 16 E. Göppert Dorsalseite stößt dann rechts und links in ‘einer längsgestellten stumpfen Kante mit der querkonkaven Ventralseite zusammen. Dies vergrößert noch die Ähnlichkeit des Fingerendes von Siren mit der einfachen Form der Amnioten-Kralle. Das Fingerende von Stren unterscheidet Fig. XIV. sich also, wie die obige Schilderung lehrt, 4 von dem der Salamander- und Triton-Larve durch die schärfere Zuspitzung, die Ab- flachung und Aushöhlung der Ventralseite und die starke Zunahme der Hornbildung. In allen drei Punkten zeigt sich ein ent- schiedener Fortschritt, indem durch sie die Leistungsfähigkeit der Fingerspitze als Haftwerkzeug vergrößert wird. Wir dür- fen hier wohl von einer Kralle reden. So- wohl die Form als die Dicke der Horn- schicht berechtigen uns dazu. Diese Kralle lässt schon eine Krallensohle und eine Krallenplatte unterscheiden (Fig. XIII u. XIV Kr.-Pl. und Kr.-S.); beide sind aber von glei- cher Ausdehnung und gleicher Festigkeit. Die Stren-Kralle ist also auch, abgesehen von dem Fehlen eines Krallenwalls, eine weit einfachere Bildung als die primitive Amniotenkralle. Sie entspricht etwa dem Bilde, das man sich von dem Vorfahren- stadium der letzteren machen würde. Ganz extrem entwickelte Krallen treffen wir bei Onychodactylus (Salamandra unguiculata). Wie aus der Schilderung der Fauna Japonica von SIEBOLD’s (VI) hervorgeht, findet man Krallen hier Siren lacertina, Quer- Mur während der Fortpflanzungszeit, und zwar in sehnitte durch das End- Heiden Geschlechtern. Den Larven kommen sie - glied eines Fingers. 21/1. Bezeichnung s. Fig, I. dagegen dauernd zu. Mir standen drei Zehen eines erwachsenen Exemplars zur Verfügung, die ich dem Berliner naturhistorischen Museum durch die gütige Vermittelung des Herrn Dr. TORNIER ver- danke, Jede Zehe ist an ihrem Ende besetzt mit einem dunkelbraunen Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 17 stark gekrümmten Haken, der von ihrer Dorsalseite auszugehen scheint und das Endglied nicht unerheblich nach vorn und ventral- wärts überragt. Gehen wir bei der mikroskopischen Untersuchung, hinten beginnend, in distaler Richtung vor, so treffen wir zuerst in der Höhe der Endphalangenmitte auf eine Ver- stärkung des allgemeinen, sonst nur dün- nen Stratum corneum, und zwar finden wir sie an der Dorsalseite in der Gegend der Mittellinie (Fig. XV a). Hier besteht eine flache Lage dunkelbrauner, abgeplatteter Hornzellen. Weiter nach vorn breitet sich die Verstärkung der Hornschicht, allerdings in schwächerem Maße, seitlich aus und be- trifft schließlich auch die Ventralseite der Zehe, so dass sie nunmehr die gesammte Oberfläche des Endgliedes umfasst. Gleich- zeitig nimmt sie an der ganzen Cirkum- ferenz der Zehenspitze distalwärts immer mehr zu (c—e). Im Gegensatz zu dem, was Stren zeigt, findet sich hier die Hornschicht auch an den verschiedenen Stellen eines Querschnittes verschieden stark entwickelt (Fig. XV). Am dieksten ist sie durchweg an der Dorsal- seite des Fingers, und zwar im medianen Theil derselben. Keine einzige der bisher von uns beschriebenen Hornbildungen kommt ihr auch nur annähernd gleich (d). Die Färbung der oberen Schichten ist hier ein intensives Dunkelbraun, während die tie- feren also auch jüngeren Lagen etwas heller erscheinen. Nach beiden Seiten ver- ringert sich die Dicke der Hornschicht rasch, gleichzeitig wird ihre Färbung heller. Am schwächsten und hellsten ist sie durch- weg an der Ventralseite. Der dicke mediane Theil der dorsalen Hornbildung setzt sich nach vorn und ven- Morpholog. Jahrbuch. 25, Onychodactylus. Querschnitte durch das Endglied einer Zehe. 36/1. V Blutgefäße. Sonstige Bezeichnung s. Fig. I. 18 E. Göppert tralwärts über das Fingerende hinaus in einen leicht gebogenen zu- gespitzten Hornzapfen fort, der uns schon bei der makroskopischen Betrachtung auffiel (Fig. XVI und Fig. 2 Taf. I). Seine Ausbildung beweist, dass das Wachsthum der Epidermis nicht wie sonst senk- recht zur Oberfläche, sondern gleichzeitig schräg nach vorn stattfindet. Eine gleichartige Wachsthumsrichtung bedingt bekanntlich auch das Längenwachsthum der Krallen bei den höheren Formen. Eigenthümlich ist die Anordnung der Zellen der Epidermis im Bereich der Hornbildung (Fig. 2 Taf. 1). Dorsal finden sich gleich von der Basalfliiche an stark abgeplattete Elemente mit ganz flachen Kernen. Ihre nach oben gekehrte Fläche ist gleichzeitig etwas distalwärts gerichtet. Vorn an der Spitze nehmen die basalen Zellen hohe und schlanke Form an, um nach der Oberfläche zu in die flachen allmählich verhornenden Elemente überzugehen. Ventral verhalten sich die Epidermiszellen wieder ähnlich wie dorsal, nur sind sie weniger abgeplattet. Im Krallenbereich ist der Blutgefäßreichthum des Zehenend- gliedes besonders groß (V). Jederseits besteht hier eine dichte Masse weiter Gefäße, die einen Plexus zu bilden scheinen (Fig. XV). Der weitaus größte Theil des Raumes innerhalb der Epidermis wird ‘von ihnen eingenommen. Die Phalange, welche dem dorsalen Theil des Integuments dicht anliegt, und ein schmales Bindegewebsseptum, das jene mit dem Integument der Ventralseite in Zusammenhang setzt, scheiden die beiderseitigen Gefäßmassen, zwischen denen aber doch Anastomosen bestehen. Nur an der Dorsal- und Ventralseite der Phalange ziehen auch hier Bindegewebszüge von dem Knochen- gewebe zur Cutis. Strat. corn, Onychodactylus. Medianer Längsschnitt einer Zehe. 36/1. Bezeichnung s. Fig. I und XY. Wie bei Siren und den Salamandrinen-Larven finden wir auch hier an medianen Liingsschnitten das Zehenendglied leicht haken- artig gebogen (Fig. XVI). Die Biegung wird von der Phalange Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 19 mitgemacht. Das Endglied verjüngt sich dabei in sagittaler Rich- tung, ist aber vorn etwas abgestumpft, so dass es plumper erscheint als die Finger- und Zehenspitzen der eben genannten Formen. Da- bei sehen wir hier ähnlich wie bei Siren an Querschnitten die Ven- tralseite durch Abflachung von der stark gewölbten Dorsalseite unter- schieden (Fig. XV). Sie besitzt unregelmäßige Faltungen. Dass sie gleichzeitig die geringste Hornbildung aufweist, ist bereits gezeigt worden. Wir sehen nach Allem bei Onychodactylus eine hoch ent- wickelte Kralle vor uns. Die Gestalt des Krallenquer- schnittes lässt eine flache Krallensohle (A7.-S.) von einer stark gewölbten Krallenplatte (Ar.-Pl.) unterscheiden. Diese Scheidung ist hier auch in der Hornbildung ausgeprägt. Die Krallensohle reicht nieht nur weniger weit proximalwärts, sondern ist auch bedeutend schwächer als die Platte. Aber auch die Platte selbst ist nicht mehr gleichartig. Ihr me- dianer Theil unterscheidet sich durch seine größere Dicke von den Seitentheilen. Eine ähnliche Entwicklung der Krallen- platte treffen wir erst wieder bei den am weitesten specialisirten Amnioten-Krallen an. Trotz dieser hohen Ausbildung erkennt man in der Ony- chodactylus-Kralle eine terminale Hornkappe. Damit ist ihre fundamentale Übereinstimmung mit den Hornbildungen bei Siren, bei der Larve von Salamandra und Triton, und bei Menobranchus gegeben. Offenbar am nächsten stehen ihr die Verhältnisse der Salamandrinen-Larve und von Siren. Das zeigt die Biegung des Endgliedes. Von beiden unterscheidet sich jedoch Onyehodactylus durch die’ geringere Zuspitzung desselben. An Stren erinnert aber wieder die Abplattung der Ventralseite des Zehenendes und die da- mit verbundene Sonderung einer Krallensohle. Man wird sich also als Urzustand der Onychodactylus-Kralle eine endständige Hornkappe zu denken haben, die sich von der sSiren-Kralle wohl nur durch ein stumpferes Ende unterschied. An dieser einfachsten Krallenbildung trat nun eine besondere Entwicklung der Krallenplatte ein, die da- durch zu dem wesentlichsten Theil der Kralle wurde!. 1 Die eigenthümliche Thatsache des Fehlens von Krallen außerhalb der Brunstzeit macht die Untersuchung von Thieren, die sich nicht in der Fort- pflanzungsperiode befinden, wiinschenswerth. Die Untersuchung der Krallen der Larven wäre für die hier verfolgten Fragen von besonders großem Interesse. I# 20 E. Göppert Il. Anuren. Wir verlassen nunmehr die Urodelen und wenden uns zu den Anuren, um hier vor Allem Dactylethra (Xenopus) zu untersuchen. Für die freigebige Überlassung des Materials spreche ich Herm Professor Dr. v. KocH an dieser Stelle meinen besten Dank aus. Bekanntlich besitzen bei Dactylethra die drei ersten Zehen der auffallend kräftigen Hinterbeine starke Krallen. Am größten ist die der zweiten Zehe, am schwächsten die der dritten ausgebildet. Nach der von Boas gegebenen Schilderung (I. pag. 284) stellt die Kralle »ein ziemlich festes, diekes, gegen die Basis zu dünner werdendes Horn- käppchen vor; sie ist ein wenig gebogen, oben und unten konvex, mit einer stumpfen Kante jederseits. Das Hornkäppchen, welches eine Andeutung von Schichten erkennen lässt, ist tiefschwarz, an dünnen Schnitten dunkelbraun; das unterliegende Rete ist dagegen unpig- mentirt. Die Kralle weist keine Trennung in Krallenplatte und -Sohle auf; auch fehlt jede Spur einer dem Krallenwalle vergleich- baren Hautfalte an der Basis.« Zum letzten Theil dieser Beschreibung möchte ich gleich hier bemerken, dass an den mir vorliegenden Krallen die Ventralseite sich makroskopisch doch dadurch etwas von der Dorsalseite unterscheidet, dass sie nicht ganz so glatt und glän- zend erscheint wie jene, sondern deutlich querverlaufende, nach vorn zu etwas konkave Streifen erkennen lässt. Unmittelbar hinter den Krallen beginnen die Schwimmhäute, die in starker Ausbildung je zwei Zehen mit einander verbinden. An der freien Seite der ersten Zehe entspricht ihnen eine niedrige Haut- falte, die zu dem der sogenannten sechsten Zehe entsprechenden Vorsprung herabzieht. Die Enden der vierten und fünften Zehe ragen nur als ganz kleine weißliche Knöpfe über den freien Rand der hier besonders mächtig ausgebildeten Schwimmhaut hervor. Ähnliche knopfförmige Enden weisen auch die Finger auf. Von Krallen ist an ihnen nichts wahrzunehmen. Wie die mikroskopische Untersuchung zeigt, bildet auch die Dactylethra-Kralle eine terminale Verstärkung des allgemeinen Stra- tum corneum, welche die vorderen zwei Drittel des Endgliedes be- deckt (Fig. XVII und Fig. 3 Taf. I). In den braunen verhornten Zellen ist die Färbbarkeit des Kernes geschwunden; meist ist er gar nicht mehr zu erkennen. Die Ventralseite der Kralle ist etwas heller gefärbt und gleichzeitig, wenigstens proximal, etwas dieker als die Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 71 Dorsalseite. Unter allmählicher Zunahme in distaler Richtung er- reicht die Hornschicht an der Krallenspitze ihre größte Stärke. Untersucht man den proximalsten Theil der Kralle genauer, so findet man ihn zusammengesetzt aus ziemlich regelmäßig über ein- ander gelagerten Blättern, die aus je einer Lage verhornter Zellen bestehen. Am proximalen Rand der Kralle sieht man nun, wie jedes Blatt etwas weiter distal beginnt als das nächst tiefere, so dass von den Hinterrändern der Hornlagen eine Art von Treppe gebildet wird (Fig. 3). Dieses Verhalten ist nur dadurch zu erklären, dass das Wachsthum der Epidermis nicht einfach senkrecht auf ihre Oberfläche, sondern schräg nach vorn zu erfolgt, so dass jedes Element der Horn- schicht durch die nachrückenden Theile allmählich eine Verschiebung nach der Krallenspitze zu erfährt. Dieses äußert sich natürlich in einem Längewachsthum der ganzen Kralle. Auch die hintersten Theile der Krallenmatrix haben also an der Verlängerung der Kralle Antheil. Im Allgemeinen baut sich die Kralle wie in ihren proximalen Theilen so auch im Ganzen aus deutlich geschichteten Lagen platter Zellen auf. Nur vorn in dem axialen Theil ihrer Spitze zeigt sie ein abweichendes Verhalten (Fig. 3). Im medianen Längsschnitt er- scheint hier die Hornsubstanz etwas heller gefärbt, als im Übrigen. Die Zellen sind dabei größer, vor Allem weniger flach als in den anderen Theilen der Kralle. Zur Aufklärung dieses Verhaltens über- legen wir uns den Vorgang beim Längewachsthum der Kralle. An der Spitze des Krallenbetts vermehren sich die Epidermiszellen un- gefähr genau senkrecht zu ihrer basalen Fläche und damit in der Richtung der Krallenachse. Sie tragen auf diese Weise zur Ver- längerung der ganzen Kralle bei und zwar bilden sie den centralen Theil der Krallenspitze. Die peripheren Theile der letzteren werden dagegen von denjenigen Zellen des Krallenbettes geliefert, die proxi- mal von der Spitze des Endgliedes liegen. Wie wir aus dem vorher Bemerkten wissen, vermehren sich ja diese Elemente nicht einfach senkrecht zur Basalfläche des Epithels, sondern schieben ihr Theilungs- produkt schräg nach vorn. Sie betheiligen sich also am Längewachs- thum der Kralle einmal durch die Vermehrung ihrer Zahl und zweitens durch die Vorwärtsschiebung ihrer Tochterzellen, während die Matrix- zellen der Spitze selbst nur durch ihre Zahlvermehrung Theil daran nehmen. Letztere sind also, was die Verlängerung der Krallenspitze anlangt, unter anderen und, wenn man so sagen darf, ungünstigeren Verhältnissen als die übrigen Bezirke des Krallenbettes. Dem in der 22 E. Göppert beschriebenen Weise erfolgenden und dadurch beschleunigten Wachs- thum der peripheren Theile der Krallenspitze kommen nun die axialen Theile dadurch nach, dass ihre Hornzellen weniger platt gebildet werden und dadurch in geringerer Zahl einen größeren Raum ein- nehmen. Die hellere Färbung dieser Eiemente hängt wohl auch mit ihrem Umfang zusammen. Die Besonderheit der Krallenachse beruht also auf den Wachsthumsverhiltnissen der Kralle. Ganz verwandte Zustände treten uns bei den Amnioten im sogenannten »Ausfüllungshorn«, wie es Boas schildert, entgegen (Fig. I A.H). Auch das Ausfüllungshorn bildet weiter nichts als eine Modifikation der Hornschichten in der Achse der Krallenspitze. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir seine Entstehung auf dieselbe Veranlassung zurückführen, wie die entsprechende Erscheinung bei Dactylethra, da der Vorgang bei der Verlängerung der einfachen Amnioten-Kralle mit dem, was die Untersuchung der genannten Kröte lehrt, im Wesentlichen übereinstimmt. Auch bei Dactylethra besteht die allgemein verbreitete Befesti- sung des Integumentes der Zehenenden an dem vordersten Theil der Endphalange (Fig. 3 und XVII). Aus dem Knochengewebe aus- tretende Fibrillenbündel strahlen schräg proximalwärts gerichtet gegen den ganzen Bereich der Krallenmatrix aus. Sie fehlen hier nur dem Fig. XVII. Strat. corn. Strat. corn, Dactylethra (Xenopus). Medianer Längsschnitt einer Zehe. 18/1. hintersten Theil der Ventralseite der letzteren. In die Richtung ihres Verlaufes stellen sich auch hier die basalen Epidermiszellen der Nachbarschaft mit ihren Längsachsen (Fig. 3) ein. Die Anordnung der oberflächlichen, platten Elemente wird dadurch aber nicht beein- flusst. Sie bleiben parallel zur Oberfläche gelagert. Was die Gefäßversorgung der Kralle anlangt, so fällt hier die Weite der Gefäßlumina auf. Eine besondere Vermehrung der Gefäße zeigt aber nur die Spitze des Zehenendgliedes. Während ferner an a Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 23 der Dorsalseite der Zehe die Gefäße reichlich von Pigmentzellen umsponnen sind (Fig. XVII), fehlen solche, so weit die Kralle reicht, so gut wie ganz. Wenn wir auch schon mit bloßem Auge die äußere Gestalt des Zehenendgliedes erkennen können, so werden wir doch auch hier Längs- und Querschnitte untersuchen müssen, um zu einer genaueren Vorstellung der Formverhältnisse zu gelangen. Sagittalschnitte (Fig. 3 und XVII) zeigen uns die leicht ventralwärts gerichtete Krümmung des Endgliedes, der die Biegung der letzten Phalange entspricht, sie zeigen uns gleichzeitig die kegelförmige Spitze der Zehe. Es fehlt hier die ausgesprochen hakenförmige Biegung, die wir bei Siren trafen. Auf Querschnitten durch das Zehenende (Fig. XVIII) tritt uns die von Boas beschriebene Kante an jeder Seite der Kralle deutlich ent- gegen. Betrachten wir hier zuerst die Basalfläche der Epidermis, so sehen wir, dass sie auf der Dorsal- wie auf der Ventralseite eine dor- sal- beziehungsweise ventralwärts konvexe Wölbung besitzt. Diese Wölbung ist ventral um ein geringes Maß schwächer und auch etwas unregelmäßiger gestaltet als dorsal. Ent- sprechend den beiden seitlichen Kanten Fig. XVII. ist die Epidermis etwas lateralwärts aus- gezogen. Die Dicke der Hornschicht ist an den verschiedenen Stellen jedes Quer- schnittes verschieden. Dass sie an der Ventralseite im proximalen Theil der Kralle etwas stärker ist als an der Dor- Daetyletnra. Querschnitt durch den salseite, ist bereits erwähnt; am dieksten Y!eren Theil N ist aber die Hornlage an den Kanten der Kralle. Beide sind in der Regel verschieden entwickelt, die eine springt mehr, die andere weniger vor. Meist zeigen sie eine schnabel- artige Biegung nach der Ventralseite. Die entsprechend gebogenen Lagen verhornter Zellen, welche die Kanten bilden, weisen an Quer- schnitten in der mittleren Zone jederseits größere und hellere Ele- mente auf; als im Übrigen, so dass auch hier eine Art von »Aus- füllungshorn« zu Stande kommt. An Querschnittsserien können wir ferner feststellen, dass die seit- lichen Kanten der Kralle proximalwärts übergehen in die Falten, wel- che als Theile der Schwimmhäute an den Seiten der Finger zu finden sind. Dass eine entsprechende Bildung auch an der medialen Seite der ersten Zehe angetroffen wird, ist bereits erwähnt worden. Unmittel- 24 E. Göppert bar hinter der Kralle sind diese Falten allerdings oft von ganz unbe- deutender Höhe, schwächer entwickelt als die Krallenkanten, in die sie sich fortsetzen. Die Kanten der Dactylethra-Kralle sind also wohl keine selbständigen Bildungen. Sie nahmen vielmehr ihre Ent- wieklung von den vordersten Theilen der Schwimmhäute aus. Die jenen zugehörigen, bis dieht an die Zehenspitzen reichenden Falten bekamen hier mit dem Auftreten der terminalen Verhornung eine besondere Bedeutung und damit auch besondere Ausbildung als scharfe seitliche Vorsprünge eines doch offenbar zum Graben dienenden Werk- zeuges. Die eigenartige Ausbildung der seitlichen Kanten un- terscheidet die Daetylethra-Kralle, von allen uns bisher bekannt gewordenen Amphibienkrallen. Auch an der Kralle von Stren fanden wir allerdings jederseits eine Kante, aber diese kommt zu Stande durch die Abplattung und Einbiegung der Ventral- seite der Kralle, also in ganz anderer Weise als bei Dactylethra. Die Kanten der Kralle grenzen nun zwar einen dorsalen und einen ventralen Theil der Kralle gegen einander ab, beide Theile zeigen aber nur ganz unbedeutende Verschiedenheiten von einander. Von einer Differenzirung der Kralle in Sohle und Platte, die mit der bei den Amnioten bestehenden Sonderung verglichen werden könnte, ist hier nach Allem nicht die Rede. Mit den bisher besprochenen Krallen hat aber die Dactylethra-Kralle gemeinsam, dass auch sie eine terminale Hornbekleidung eines zugespitzten und leicht gekrümmten Fingerendgliedes bildet. Dass die Ausbildung der Kralle von Dactylethra mit der Lebens- weise dieser Form in unmittelbarem Zusammenhang steht, ist anzu- nehmen. Sie befähigt das Thier die stark entwickelten, muskulösen Schwimmbeine gleichzeitig als Grabwerkzeuge zu benutzen. Das Fehlen von Krallen an der vierten und fünften Zehe erinnert an das entsprechende Verhalten an der Hand der Krokodile. Die Über- einstimmung beider ist aber auf verschiedenem Wege erworben. Dactylethra besaß an den krallenlosen Zehen nie Krallen, die Kro- kodile haben sie hier doch wohl erst sekundär verloren. Es wird sich jetzt noch fragen, ob wir die Kralle von Dactylethra einer zusammenhängenden Reihe eingliedern können, wie wir sie bei den Urodelen fanden. An erster Stelle müssen wir die nicht mit Krallen bewehrten Finger und Zehen von Dactylethra prüfen. Nir- gends finden wir aber hier Andeutungen von Krallen. Die Endglieder Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 35 schließen vielmehr mit kleinen Knöpfen ab. Wir vermissen hier völlig die Biegung des Endgliedes, ebenso fehlt eine Zunahme der Hornbildung am Zehenende. Auch bei anderen Anuren ist es mir nicht gelungen, irgend welche Anklänge an die Dactylethra-Kralle zu finden. Überall ist das Finger-Zehenende abgestumpft und mehr oder minder stark kolbig angeschwollen. Freilich besteht häufig eine erhebliche termi- nale Verstärkung der Hornschicht, so z. B. in ganz besonderem Maße Fig. XIX. Strat. corn. Strat.corn. x Sr = Bufo scaber. Medianer Längsschnitt durch einen Finger, 14/1. bei der von mir untersuchten Bufo scaber (Fig. XIX). Unsere Beob- achtungen bei den Salamandrinen haben uns aber gelehrt, dass derartige Zustände mit Krallen direkt nichts zu thun haben. Auch für die Anuren wird aber möglicher Weise die Ansicht zu Recht bestehen, dass die stumpfe Form der Finger-Zehenenden von einer etwas spitzeren Form abzuleiten ist, die unter Entwicklung in einer anderen Richtung auch die Kralle entstehen ließ. Zusammenfassung und Schluss. Wir sind jetzt am Schluss unserer Untersuchung angelangt und wollen nun noch im Zusammenhang die gefundenen Thatsachen und die aus ihnen sich ergebenden Folgerungen besprechen. Die Finger und Zehen der Amphibien weisen zweierlei Form- zustände auf. In einer Reihe von Fällen haben wir stumpfe, mehr oder weniger kolbig gestaltete, in der anderen spitz auslaufende Endglieder. Die erstere Gruppe zeigt keinerlei Beziehungen zu Krallen (Fig. VIII und X). Auch wenn, wie z. B. bei Bufo scaber, ein starker Hornüberzug zur Entwicklung gelangt ist (Fig. XIX), macht die plumpe Gestalt des Endgliedes doch einen Anschluss an die zugespitzten, gekrümmten Krallenglieder der Amnioten unmög- 26 E. Göppert lich (vgl. Fig. I). Wenigstens für die Urodelen ließ sich aber nachweisen, dass die stumpfe Fingerform von der spitzen abzuleiten ist, also einen sekundären Zustand bildet. Ihre Erwerbung begrenzt eng die Möglichkeit einer ferneren Entwicklung. Zur Entstehung von Krallen führt dagegen die Beibehaltung der spitzen Form des Finger-Zehenendes unter gleichzeitiger Ausbildung einer mehr oder weniger starken terminalen Hornkappe. Den primi- tivsten Zustand zeigt hier Menobranchus (Necturus) laterahs. Wir finden bei dieser Art eine einfache Kegelform des Endgliedes mit annähernd kreisrundem Querschnitt und einem ziemlich starken end- ständigen Hornmantel (Fig. II und III). Eine leichte ventralwärts gerichtete Biegung des hornüberzogenen Endgliedes kennzeichnet die nächste Entwicklungsstufe, die von den Salamandrinen-Larven Salamandra maculosa, Triton) erreicht wird (Fig. V und VII). Die Benutzung von Hand und Fuß zum Festhalten auf dem Grunde des Wassers, an Wasserpflanzen etc. muss hierdurch gefördert werden. Der Querschnitt ist dabei noch annähernd kreisrund geblieben (Fig. VI). Diese. Verhältnisse werden nun, wie sSiren lacertina zeigt, derart weitergebildet, dass das mit einem dicken Hornbelag versehene Fingerende sich stark hakenförmig krümmt und dabei eine scharfe Zuspitzung erfährt (Fig. XII u. 1). Das ganze Verhalten erlaubt uns, hier zum ersten Mal von »Krallen« zu sprechen. Wir sind sogar schon in der Lage, Krallensohle und Krallenplatte zu unterscheiden, wenn auch beide noch keine histologischen Unterschiede von einander aufweisen. Im Bereich der Hornhülle ist nämlich die Ventralseite der Fingerspitze abgeplattet und sogar in querer Richtung konkav ge- wölbt, so dass Dorsalseite und Ventralseite jederseits in einer stumpfen Kante zusammenstoßen (Fig. XIV). Die höchste Entwicklungsstufe der Amphibien-Kralle treffen wir endlich bei Onychodactylus (Fig. XV, XVI und 2). Hier ist ähnlich, wie auch bei der Amnioten- Kralle, die Krallenplatte (Ar.- Pl.) der eigentlich funktionirende Theil geworden, die Krallensohle (Ar.-S) wird nur durch eine ver- hältnismäßig dünne Hornlage gebildet. Aber auch innerhalb der Krallenplatte selbst ist eine Sonderung eingetreten, indem der me- diane Theil derselben an Dicke erheblich die seitlichen Abschnitte übertrifft und auch nach vorn zu als eine hakenförmig gebogene Hornmasse das Ende des leicht gekrümmten Fingers überragt. Die Abflachung der Krallensohle lässt auch hier deren Grenze gegen die stark gewölbte Krallenplatte auf dem Querschnitt deutlich hervor- treten. Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. rl Wir sehen also, dass unter den Urodelen Krallen und Krallenanfänge eine weite Verbreitung besitzen. Dabei werden die höheren Zustände durch primitivere bis ins Einzelne vorbereitet. Das denkbar einfachste Verhalten: Hornbildung an einem leicht zugespitzten Endglied ist der Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die innerhalb der Ord- nung der Caudaten bei Onychodactylus ihren Höhepunkt er- reicht. Anders liegen die Verhältnisse bei den Anuren. Allein bei Dactylethra (Xenopus) treffen wir eine als Kralle zu bezeichnende terminale Hornbildung, und zwar nur an den ersten drei Zehen (Fig. XVII und XVIII). Weder an den nicht mit Krallen versehenen Fingern und Zehen dieser Art noch bei anderen Arten sind bisher auch nur Andeutungen ähnlicher Einrichtungen gefunden worden. Für die Ableitung der Amnioten-Kralle werden wir also die Kralle von Dactylethra nicht in Anspruch nehmen können. Um so mehr missen wir hier aber auf Grund der obigen Darlegung die Krallen der Urodelen ins Auge fassen. Das gleichmäßige Vorkommen der einfachsten Form der Am- nioten-Kralle bei drei so verschiedenen Ordnungen, wie die Kro- kodile, Schildkröten und Vögel (Boas), weist schon auf ein hohes phylogenetisches Alter der Kralle hin und lässt bereits die gemeinschaftlichen Vorfahren dieser Abtheilungen, die doch unter den geschwänzten Amphibien gesucht werden müssen, im Be- sitz von Krallen oder wenigstens Krallenanfängen vermuthen. Thatsächlich stimmen nun die Urodelen-Krallen in der Haupt- sache mit der einfachen Amnioten-Kralle überein. Beide sind end- ständige Hornüberzüge der Finger-Zehenspitzen. Die Längskrüm- mung der Amnioten-Kralle, die Form des Querschnittes, die an sich schon Krallensohle und Krallenplatte unterscheiden lässt, finden bereits bei Urodelen-Arten Vertretung. Auch andere Besonder- heiten der Amnioten-Kralle sind nur Weiterbildungen von Eigen- schaften, die schon bei den Urodelen angebahnt und selbst zum Theil bereits verwirklicht sind. Hierher gehört die histologische Differenzirung von Krallensohle und -Platte und die geringere Aus- dehnung der Krallensohle in proximaler Richtung. Wenn die Am- nioten-Kralle in der Längenausdehnung einen größeren Bereich des Endgliedes deckt als die der Urodelen, so stellt dieses nur einen quantitativen Unterschied vor. Der Krallenwall der höheren Formen endlich ist eine Hilfseinrichtung, die mit dem Wesen der Kralle 98 E. Göppert unmittelbar nichts zu thun hat. Amnioten- und Urodelen-Kralle sind also offenbar gleichartige Bildungen. Diese Erwägungen bringen uns dazu, die Urodelen- Kralle nieht nur als ein Analogon, sondern als ein Homo- logon der Amnioten-Kralle zu betrachten. Die Kralle von Onychodactylus kann dabei selbstverständlich nicht als ein Vor- fahrenstadium der letzteren angesehen werden. Beider Ähnlichkeit ist nur eine Konvergenzerscheinung. Sie ist aber für uns von der größten Bedeutung, weil sie unzweideutig die Fähigkeit der Uro- delen-Kralle zu einer Entwicklung zeigt, wie sie eben die Am- nioten-Kralle durchgemacht hat. Sehr nahe liegt es aber, in der Siren-Kralle einen unmittelbaren Vorläufer der Amnioten-Kralle zu erblicken. In der That ist ihre Übereinstimmung in hohem Maße beachtenswerth. Die Richtigkeit einer solchen Auffassung wird aber wegen des Fehlens direkter genetischer Beziehungen zwischen Siren und den Amnioten zweifelhaft erscheinen. Mit größerer Sicher- heit können wir dagegen die einfachen Krallenanfänge bei Menobranchus, bei der Salamandra- und Triton-Larve als Zu- stände ansehen, die innerhalb der Amphibien-Klasse eine allgemeinere Verbreitung besessen haben, und die höher entwickelten Krallen der Urodelen einerseits, die der Am- nioten andererseits hervorgehen ließen. Eine Etappe des Weges, den die Entwicklung der Amnioten-Kralle dabei zurück- gelegt hat, deutet uns wohl noch die Kralle von Svren (Fig. XIII) an. Wenn sie auch einen unmittelbaren Urzustand der Amnioten- Kralle nicht vorstellt, so scheint sie uns doch ein annähernd getreues Bild eines ursprünglichen Verhaltens zu geben, das auch bei den wirklichen Vorfahren der höheren Wirbelthiere bestand und zu der einfachen Krallenform der letzteren hinüberleitete (Fig. I). Der sich hierbei abspielende Vorgang bestand einfach darin, dass die anfiing- liche histologische Gleichheit von Krallenplatte und Krallensohle einer verschiedenartigen Ausbildung beider Theile Platz machte. Das Auftreten der Hornbildung an den Finger- und Zehenenden, das die Entstehung von Krallen einleitete, ist offenbar der Ausdruck der besonderen Leistung jener Theile. Es findet schon bei den Am- phibien eine Parallele in der Hornbekleidung der Unterlippe von Siredon, auf die bereits CARRIERE (I) und Paurickı (V) aufmerksam gemacht haben. Die beobachtete Ausbildung der endständigen Horn- kappen bei wasserlebenden Formen macht es wahrscheinlich, dass die Anfänge der Krallen bereits bei den mehr oder weniger voll- Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. 29 kommen wasserlebenden Stammformen der höheren Wirbelthiere aufgetreten sind. Diese Möglichkeit wird dadurch unterstützt, dass die Fähigkeit zur Verhornung ja einen weit verbreiteten Besitz der Epidermis selbst der rein aquatilen Wirbelthiere vorstellt. Dass dann der Übergang zum Landleben, wie an der übrigen Körperoberfläche so auch an den Krallen die Hornbildung gesteigert hat, ist wohl mit Sicherheit anzunehmen. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint die Wirbel- thierkralle als eine von Anfang an selbständige Bildung, die mit anderen Hornorganen genetisch nichts zu thun hat. Auch sonst treten ja, wie bekannt, die verschiederen Hornbildungen unab- hängig von einander und unter den verschiedensten Verhältnissen auf. Es sei hier nur verwiesen auf die Verhornungen an Hautsinnes- organen und deren Derivaten: den Perlorganen auf der einen, den Haaren auf der anderen Seite (F. MAURER), auf die Ausbildungen von Hornzähnen, die wieder ohne gegenseitige Beziehung bei Cyclo- stomen und Anuren-Larven sich entwickelten, auf die oft starken Verhornungen an Papillen der Zungenoberfläche ete. Ich sehe also, um das Hauptergebnis der vorliegenden Unter- suchung kurz zusammenzufassen, keinen Grund, nach Boas’ Vorgang in der Hornschuppe eine hypothetische Urform der Amnioten-Kralle aufzustellen. Ich finde vielmehr den Urzustand der Krallen aller Wirbelthiere noch jetzt bei einzelnen Urodelen erhal- ten als einen einfachen, kappenartigen Hornüberzug spitzer Finger- und Zehenenden, erzeugt durch deren besondere Inanspruchnahme'!. Damit schließe ich mich im Princip der ZANDER'schen, auch von GEGENBAUR angenommenen Auffassung des Krallenursprungs an. Heidelberg, den 15. September 1896. 1 Ausgebildete Krallen scheinen bei den Stegocephalen noch nicht vor- zukommen. Wenigstens zeigen die ihnen zugeschriebenen Fährten keine Spuren von Krallen. 30 E. Göppert, Zur Phylogenese der Wirbelthierkralle. Litteraturverzeichnis. I. J. E.V. Boas, Zur Morphologie der Wirbelthierkralle. Morph. Jahrbuch. Bd. XXI. Leipzig 1894. II. J. CARRIERE, Die postembryonale Entwicklung der Epidermis des Siredon pisciformis. Archiv fiir mikr. Anatomie. Bd. XXIV. Bonn 1884. III. C. GEGENBAUR, Zur Morphologie des Nagels. Morph. Jahrbuch. Bd. X. Leipzig 1884. IV. F. Leypic, Uber den Bau der Zehen bei Batrachiern und die Bedeutung des Fersenhéckers. Morph. Jahrbuch. Bd. II. Leipzig 1876. V. PaAutickı, Uber die Haut des Axolotls. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXIV. Bonn 1884. VI. Pu. Fr. DE SıEBOLD, Fauna Japonica. Lugduni Batavorum. 1838. VII. R. ZANDER, Die frühesten Stadien der Nagelentwicklung und ihre Be- ziehungen zu den Digitalnerven. Archiv für Anatomie und Physiologie. Anatom. Abtheilung. Jahrg. 1884. Leipzig 1884. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Bezeichnungen. Kr.-Pl. Krallenplatte, Strat.corn. Stratum corneum, Kr.-S. Krallensohle, V. Gefäße. Ph. Phalange, Fig. 1. Stren lacertina. Medianer Sagittalschnitt durch das Ende eines Fingers. 72/1. Fig. 2. Onychodactylus. Medianer Sagittalschnitt durch das Ende einer Zehe. 108/1. Fig. 3. Dactylethra (Xenopus). Medianer Sagittalschnitt durch das Ende einer der ersten drei Zehen. 42/1. Tarıı. Morpholog. Jahrb. Bd XXV. Strat corn. Stut.corn SEINE Ve ION Ph clas v Wilhelm Engelmann © Kr Pl Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. Von B. Haller. Mit Tafel II—VII und 4 Figuren im Text. Seit der Entdeckung RATHKE's, dass die Hypophyse bei den Amnioten in Form eines sackförmigen Fortsatzes aus dem Mund- höblenepithel sich bildet, stellte man sich die Hypophyse als ein sackförmig abgeschnürtes Gebilde vor, welches sich in viele geschlos- sene Schläuche differenzirt. An dieser Ansicht änderte auch die Entdeckung GoETTE’s nichts, nach welcher bei der Unke die Hypo- physe als ein massiver Fortsatz aus der Grundschicht des Ektoderms sich entwickelt, denn entstand die Hypophyse nun auch aus dem Ektoderm, so war sie doch ein in sich abgeschlossenes Gebilde und konnte somit nur für ein in der Rückbildung begriffenes Organ gehalten werden. Auch v. Kuprrer, der die Hypophyse besonders auf ihre Genese verfolgte und über die phyletische Bedeutung dieses Organs sich eine ganz bestimmte Ansicht bildete, hält dieselbe für ein rudimentäres Gebilde. Etwas störend muss dieser Auffassung freilich der Umstand sein, dass die Hypophyse, obgleich sie schon bei den ältesten recenten Formen der Wirbelthiere als solche auf- tritt, sich selbst bei den höchsten Formen derselben gut erhalten hat, denn es existirt, wie WILHELM MÜLLER bemerkt, »kein wesent- licher Unterschied zwischen der Gestaltung des Organs bei My- xine und jener bei dem Menschene.. Zum Theil dieser Umstand, zum Theil aber auch eine Entdeckung, die ich gelegentlich bei den Knochenfischen machte, veranlassten mich die Hypophyse bei sämmt- 29 B. Haller lichen Abtheilungen der Wirbelthiere einer erneuerten Untersuchung zu unterziehen. Wenn nun auch die untersuchten Repräsentanten der einzelnen Abtheilungen nicht besonders zahlreich waren, so glaube ich doch, dass auch auf diese Weise ein übersichtliches Bild über die Bedeu- tung der Hypophyse und die der Infundibularorgane sich entwerfen lässt, welches geeignet sein dürfte, die irrige Auffassung von der Natur der Hypophyse als rudimentäres Organ zu wider- legen. Was die Litteratur über die Hypophyse und die Infundibular- organe betrifft, so besteht die Hypophyse der Knochenfische nach GorrscHE! aus zwei Theilen und zwar aus einem Kern und einer diesen umgebenden Membran. Der Kerntheil tritt mit dem Trichter durch einen verschieden langen Stiel in Verbindung, welcher seine extremste Länge bei Lophius erreicht. Es bleibt unentschieden, ob das bei dem Abreißen der Hypophyse vom Triehter an diesem ent- stehende Loch ein Kunstprodukt sei oder eine wirkliche Kommuni- kation zwischen beiden. Von dem Saccus vasculosus vermag GOTT- SCHE mit Sicherheit nieht anzugeben, ob er mit dem Ventriculus communis in offener Verbindung steht. Unter Hypophysis cerebri oder Hirnanhang versteht StieDA? bei den Teleostiern sowohl die Hypophyse als auch den Saccus vascu- losus, denn diese sollen bloß zwei Theile des eigentlichen Hirnan- hanges sein. Die obere Abtheilung, der eigentliche Saccus vasculosus soll einen allem Anscheine nach drüsigen Bau besitzen, denn sie erscheint auf Querschnitten als eine zusammengesetzte tubulöse Drüse. »Sie besteht aus einem System vielfach mit einander anastomosirender Röhren oder Schläuche. «< An der unteren Abtheilung, der eigent- lichen Hypophyse, »überwiegt bei Weitem die Zwischensubstanz (Grundsubstanz), während die Röhren ganz in den Hintergrund treten, nur sehr vereinzelt als Querschnitte auftreten. Je mehr nach vorn, desto mehr schwinden die Röhren, bis endlich im vorderen, mit dem Trigonum verschmolzenen Abschnitt nichts mehr von jenen Schläuchen siehtbar ist, sondern nur die feinstreifige und faserige, hier und da auch granulirt erscheinende Grundsubstanz«. Diese Beschreibung be- zieht sich auf Gadus lota. 1 6. M. GOTTSCHE, Vergleichende Anatomie des Gehirns der Grätenfische, MüLrer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1835. > L. STIEDA, Studien über das centrale Nervensystem der Knochenfische. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. XVIII. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 33 Vollständig richtige Begriffe bildete sich RABL-RÜCcKHARD! von dem Saceus vasculosus, indem er sich denselben als eine aus dem Ende des Infundibulums hervorgegangene, tubulös verzweigte Drüse vorstellt, die von einem Blutsinus umspült wird. Bis auf diesen letzten Punkt ist RaßL-RÜückHarv's Ansicht ganz richtig und auch die Einführung der Bezeichnung Infundibulardrüse ist ganz am Orte, denn thatsächlich handelt es sich ja um eine verzweigte tubulöse Driise. Diese Ansicht vertritt auch v. KuprFEr2, der die Entwicklung der Infundibulardrüse bei der Forelle verfolgt hat. W. Mixer? hat die Hypophysenanlage bei verhältnismäßig alten Embryonen der Selachier untersucht, bei denen bereits das Säckchen der Abschnürung sich näherte. Bei einem 25—30 mm langen Acan- thiasembryo hatte bereits der Hypophysensack seine senkrechte Lage aufgegeben und die definitive horizontale Lage entlang der unteren Infundibularwand eingenommen. Die Hypophyse stand nur noch durch einen zwischen dem Ali- und Basisphenoidknorpel gelegenen, schon soliden Strang mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung. Die weitere Entwicklung verfolgte MÜLLER bei Mustelus, Acanthias, Galeus und Seymnus und fand die größte Übereinstimmung bei diesen Formen. Bei 10 em langen Mustelusembryonen war die Verbindung zwischen der Hypophysenanlage und dem Epithel ganz geschwunden und es war auch kein Rest einer solchen mehr zu erkennen. Ein kleiner Theil der Hypophysenanlage lag abgeschnürt, in Bindegewebe gehüllt, in der Sattelgrube; der größere Abschnitt erstreckte sich entlang der unteren Infundibularwand und war in zahlreiche Schläuche zerfallen, doch reichte sein vorderes Ende als zungenförmiger Fort- satz bis nahe an das Chiasma. Dieser Fortsatz war auch bei Scimnus lichia und Raja clavata vorhanden. In der Hypophyse war ein spaltartiger centraler Hohlraum zu beobachten. Der Saccus vasculosus war bereits völlig entwickelt und lagerte in Form eines mit schmalem Zwischenstück versehenen Doppelsackes, durch einen dünnen Gang mit dem Infundibulum kommunieirend, oberhalb der Hypophyse. Auch BALFour* hat jenen abgeschnürten Absehnitt der Hypophyse, welche 1 RABL-RÜCKHARD, Das Gehirn der Knochenfische und seine Anhangs- gebilde. Archiv für Anatomie und Physiologie. Anatom. Abtheilung. 1583. 2 0. vy. Kurrrer, Die Deutung des Hirnanhanges. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München. Jahrgang 1894. 3 W. MÜLLER, Über die Entwicklung und den Bau der Hypophysis. Je- naische Zeitschrift für Naturwiss. ete. Bd. VIII: 1870. 4 F. M. Batrour, A Monograph on the Development of Elasmabranch Fishes. London 1878. Morpholog. Jahrbuch. 25. 3 34 B. Haller in der Sattelgrube liegt, bei Seillium canicula beobachtet und richtig abgebildet und auch RABL-RÜCKHARD erwähnt denselben!. Jene Behauptung MicLucHo-MAcLaAy's?, dass bei den Selachiern zeitlebens die Stelle im Sphenoidknorpel durchbrochen sei, an der die Kom- munikation zwischen der Hypophysenanlage und der Mundhöhle be- stand und an welcher Beobachtung er später schwankend wurde, ist sowohl durch W. MÜLLER? als auch durch neuere Autoren widerlegt worden. Bei den Ganoiden, speciell bei dem Störe, machte v. KUPFFER! die Beobachtung, dass die Hypophyse sich sehr früh anlegt, zu einer Zeit, in der sich das Gehirn vom Ektoderm noch nicht abgetrennt hat, sondern der Neuroporus noch offen ist. Die Anlage erfolgt in Form einer Einsackung des Ektoderms unterhalb des Neuroporus. Diese Einsackung wächst dann nach hinten und erreicht bereits 45 Stunden nach der Befruchtung die Munddarmwand. Da das Ende des ektodermalen Sackes mit der Darmwand verwachsen und die Verwachsungsstelle durchbrechen soll, so steht nun der Darm mit der Höhlung der Hypophysenanlage in direkter Kommunikation. Später, aber noch vor dem Durchbruche der Rachenhaut, hört da- durch, dass das Ende der Hypophysenanlage sich von der Darmwand abschnürt, die Kommunikation zwischen der Höhlung der Hypophy- senanlage und dem Darmlumen wieder auf. Aus dem Ende des nun blindgeschlossenen Sackes der Hypophysenanlage entwickelt sich die Hypophyse, während der diesen Theil mit der inneren Schicht (Grundschicht) des Ektoderms verbindende Hohlstrang sich allmäh- lich rückbildet. Die so abgeschnürte Hypophysenanlage lagert dann der ventralen Trichterwand in Form einer von oben nach unten ab- geplatteten Blase an und über ihr entwickelt sich aus der hinteren Wand des Trichters die Infundibulardrüse. Angaben über die Anatomie der Hypophyse des Störes verdanken wir GORONOWITSCH®. Nach seiner Beobachtung besteht die Hypo- ! RABL-RÜCKHARD, Das gegenseitige Verhältnis der Chorda, Hypophysis und des mittleren Schädelbalkens bei Haifischembryonen ete. Morph. Jahrbuch. Bd. VI. 1880. 2 N. v. Micvucno-MAcvAy, Beiträge zur vergleichenden Neurologie der Wirbelthiere. Leipzig 1870. * Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. VI. * C. v. KUPFFER, Studien zur vergleichenden Entwicklungsgeschichte des Kopfes der Cranioten. Heft 1. München 1893. > N. GORONOWITSCH, Das Gehirn und die Cranialnerven von Acipenser ruthenus. Morph. Jahrbuch. Bd. XVIII. 1883. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 35 physe von Acipenser ruthenus aus zwei vollständig von einander getrennten Abschnitten, die nur dorsal durch eine dünne Epithel- lamelle mit einander zusammenhängen. Zwischen den Schläuchen beider Abschnitte befindet sich Bindegewebe, doch gelangt auch ein diekes Bündel markloser Fasern in die Hypophyse, welches bis zur ventralen Wand des Lobus infundibuli verfolgbar ist. Die Schläuche beider Absehnitte sind durch Epithelgewebe desselben Charakters bekleidet. BURCKHARDT! verfällt bei Protopterus annectens in den Irrthum, die Infundibulardrüse oder den Saceus vasculosus mit zur Hypophyse zu rechnen, indem er sie, entgegen der eigentlichen Hypophysis, die er den drüsigen Abschnitt nennt, als den nervösen Theil des Hirn- anhanges bezeichnet. Weitere Untersuchungen wären hier eben so erwünscht als bei Ceratodus, denn so viel mir bekannt, liegen son- stige Angaben über die Hypophyse der Dipnoi nicht vor. Die erste Anlage der Hypophyse der Amphibien wurde von W. MÜLLER? unrichtig aufgefasst, denn er giebt für dieselbe eine sackförmige Einstülpung aus dem Mundhöhlenepithel an. Die Ver- hältnisse der Hypophysenanlage nach der Abschnürung vom Ekto- derm hat er aber richtig beobachtet. In diesem Stadium liegt nach seiner Beobachtung die Hypophysenanlage sowohl bei Salamandra maculosa als auch bei Rana temporaria zwischen dem vorderen Chordaende und der Trichteranlage, und zwar in Form einer nach oben zu ausgehöhlten Scheibe. In späteren Stadien der Rana fand dann MÜLLER, dass die Hypophysenanlage in einen oberen und einen unteren Abschnitt sich trenne, und dass der obere Abschnitt sich gut von dem unteren unterscheiden lasse. Bei den entwickelten In- dividuen von Salamandra maculosa und Rana temporaria findet er die Verhältnisse so übereinstimmend, dass er glaubt, sich auf die Beschreibung der Verhältnisse bei Rana beschränken zu dürfen. Entsprechend der früheren embryonalen Differenzirung, ist sie auch bei dem entwickelten Thiere in zwei ungleich große, über einander gelagerte Abschnitte getheilt, von denen der obere der kleinere ist. Diese bereits von Hannover und Reissner gemachte Beobachtung bestätigt somit MÜLLER und sucht sie noch in topographischer Hin- sicht zu erweitern. 1 R. BURCKHARDT, Das Centralnervensystem von Protopterus annectens. Berlin 1892. ci a 36 B. Haller Eine Differenzirung der Hypophyse in zwei Abschnitte hat auch ReIssNER! beobachtet; er unterscheidet aber an dem oberen kleineren Abschnitt noch eine weitere Differenzirung in zwei Unterabtheilungen, die von einander auch geweblich verschieden sein sollen. Während nämlich die obere von lockerem Gefüge ist, stark vascularisirt er- scheint und »auf dem Querschnitte eine feine Granulation oder auch ein feines Netzwerk erkennen lisst«, wird die zweite ihrer Haupt- masse nach aus rundlichen oder polyedrischen Zellen zusammen- gesetzt. Bekanntlich entsteht nach GorTTE? bei der Unke die Hypophyse in Form eines massiven Fortsatzes aus der Grundschicht des Ekto- derms. In der Form einer runden Platte erscheinend, wächst sie, unter dem Vorder- und Zwischenhirnboden gelegen, bis in die In- fundibulargegend, schnürt sich hier von ihrem Stiele ab, — wobei der Stiel sich nachher rückbildet — und geräth an ihren definitiven Ort zwischen die Triehteranlage und dem vorderen Chordaende in die Sattelgrube. Somit ist nach GOETTE die Anlage der Hypophyse eine durchaus einheitlich ektodermale. Anknüpfend an die Beobachtungen seiner Vorgänger hat von Kuprrer® die Entwicklung der Hypophyse bei Rana fusca (tempo- raria) untersucht. Nach ihm entsteht die Hypophyse ganz so wie GOETTE es gefunden hatte, doch lässt sich die erste Anlage auf eine Zeit zurückführen, in der das Vorderhirn noch offen ist. Später wächst der kurze massive Fortsatz in der bekannten Weise nach hinten und trifft hier mit einer Ausstülpung des Entoderms zusam- men, wobei sich diese mit der massiven Hypophysis berührt. »Wären beide Theile hohl«, meint weiter v. Kuprrer »und würde hier ein Durchbruch erfolgen, so wäre ein Nasenrachengang gegeben.« »Diese gegen die epidermoidale Hypophysis vorwachsende Entodermtasche behält dann aber die Richtung nach vorn nicht bei, sondern klappt, nachdem sie sich mit der Hypophysis verbunden hat, rückwärts um, und in beiden verbundenen Anlagen richtet sich jetzt das Wachs- thum gegen die hintere Wand des Infundibulum.« »Ein wenig später erfolgt die Ablösung vom Entoderm, dann liegt ein anscheinend ein- heitliches, langgestrecktes Gebilde zwischen dem Vorderhirn und ' E. REISSNER, Der Bau des centralen Nervensystems der ungeschwänzten Batrachier. Dorpat 1864. 2 A. GOETTE, Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. 3 Die Deutung des Hirnanhanges. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 37 der dorsalen Wand des Kopfdarmes und reicht von der Wurzel der Rachenhaut bis zur hinteren Wand des Infundibulum.« Die zwei Abschnitte der Hypophysenanlage, die ektodermale und die ento- dermale, verschmelzen mit einander aber auch bei dem adulten Thiere nicht, sondern sind auch bei diesem, wie v. KUPFFER sogar abbildet, von einander durch ein bindegewebiges Septum geschieden. Hierin findet sich eine weitere Bestätigung der Angaben früherer Autoren, nach welchen die Hypophysis des Frosches aus mehreren Abschnitten besteht. Die Infundibulardrüse legt sich nach v. Kuprrer zwar Anfangs in Form eines hohlen Fortsatzes aus dem Infundibulum (v. Kuprrer’s Hypencephalon) an, wird aber später massiv und lagert in dieser Form der Hypophyse auf. Über die Hypophysis der Reptilien, speciell über jene von Testudo graeca und Emys pieta, berichtet W. MÜLLER! Folgen- des. »Die Hypophyse lag bei beiden Thieren in der Sattelgrube, und zwar durch einen dünnen von der Sattellehne zum vorderen Keilbein sich erstreckenden Fortsatz der Dura mater von dem über- liegenden Zwischenhirn geschieden. Über der hinteren Hälfte der Dura war dieser Fortsatz durchbrochen; es erstreckten sich hier Ausläufer der Drüsensubstanz gegen den Boden des Infundibulum, einen gegen die Umgebung nicht scharf sich abgrenzenden oberen Lappen darstellend. Das vordere Ende der Drüse reichte bis nahe an das Chiasma, das hintere lag unter dem Ende des Processus in- fundibuli. Der obere Lappen des Organs war flach, von geringer Dicke und Länge; er bestand aus spärlichen schlauchförmigen, vor- wiegend mit polygonalen Epithelien erfüllten Drüsengängen mit reichlicher interstitieller Drüsensubstanz.« »In der Mitte des Organs fand sich eine 0,2 hohe, 0,5 lange, mit einer dünnen durchsichtigen Gallerte erfüllte Höhle, welche von einer mehrfachen Lage sechs- seitiger, am freien Rande mit langem hyalinen Saum versehener Cylinderepithelien ausgekleidet war.« Den Oberlappen der Hypophyse der Reptilien homologisirt W. MÜLLER mit dem vermeintlichen Oberlappen der Amphibien und mit der zungenförmigen Verlängerung der Hypophysis der Selachier. Auch einen Processus infundibuli beobachtete MULLER, »welcher dicht unter dem Ende der Basilararterie die Zwischenhirnbasis verließ«. Er lag der hinteren oberen Fläche des Hauptlappens der Hypophyse 1c. 38 B. Haller fest an und bestand geweblich aus »einer eylindrischen Epithellage, aus einer mehrfachen Lage von Zellen mit rundem Kern und zartem Protoplasmakörper und einer peripherischen Lage einer feinkörnigen, in radiärer Richtung feingestreiften Substanz.« Etwas unverständ- lich bleibt MÜLLER bei der Homologisirung der »verdünnten Stelle am Boden des Infundibulum«, der nichts Anderes als unsere Lamina postoptiea ist, mit der Infundibulardrüse der Fische, besonders da er in derselben nur eine Modifikation des letzteren erblickt. Sriepa! beschreibt ebenfalls die beiden Abtheilungen an der Hypophyse der Schildkröten, die durch eine piale Lamelle von ein- ander geschieden sind. Die obere kleinere Abtheilung ist sehr fest mit dem Lobus infundibuli verbunden; die untere Abtheilung ist größer. Dem Baue nach sind sie gleich, indem beide zusammen- gesetzt sind aus soliden, durch Epithelzellen gebildeten Strängen, die der Hypophyse ein »drüsenähnliches Aussehen geben«. Was die Entwicklung der Hypophyse der Reptilien betrifft, so entsteht nach den Beobachtungen RATHkE's? bei der Natter die Hypophyse in Form einer hohlen Ausstülpung des Mundhöhlenepi- thels, die dem Hirntrichter entgegenwächst und sich später von ihrem Mutterboden vollständig abschnürt. Das so entstandene geschlossene Bläschen ist von oben und unten etwas abgeplattet und besitzt mäßig dicke Wandungen. Die Hypophyse bleibt außerhalb der Dura zu liegen, doch wird sie in ihrer Lage durch Bindegewebe befestigt. Diese Beobachtungen Raruke’s wurden durch Gaupr® durch Unter- suchungen an Embryonen von Anguis und Lacerta wesentlich er- weitert. Nach Letzterem entsteht die Hypophyse der Saurier durch eine dreifache Anlage, was jedoch nieht wörtlich zu nehmen ist, da ja die drei Ausstülpungen des Mundhöhlenepithels nur drei fest an einander lagernde sekundäre Ausstülpungen einer und derselben Ausstülpung sind, was sich in späteren Entwicklungsstadien auch deutlich zu erkennen giebt. Es sind die zwei lateralen und eine mittlere Nebenausstülpungen, die in bekannter Weise sich gegen den Trichtertheil des Hirnes entwickeln. Im Gegensatz zu den lateralen Einstülpungen liegt die mittlere Einstülpung dem Trichter ! L. Srrepa, Uber den Bau des centralen Nervensystems der Schildkröte. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. XXV. 1875. * H. RATHKE, Entwicklungsgeschichte der Natter. Königsberg 1839. 3 E. Gaupp, Uber die Anlage der Hypophyse bei Sauriern. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XLVIII. 1893. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 39 ganz dicht an. In einem weiteren Entwieklungsstadium schnürt sich nun der gemeinsame hohle Stiel, durch welchen die drei Neben- ausstülpungen mit der Mundhöhle zusammenhängen, allmählich ab, und die Hypophysenanlage wird zu einem abgeschlossenen hohlen Gebilde. In dieser Form ähnelt die Hypophysenanlage einem Klee- blatt mit nach hinten gerichtetem mittleren Abschnitte. Allmählich nähern sich die beiden Seitenknospen, wie GAupP die beiden, im Gegensatze zu der mittleren, die er als Terminalknospe bezeichnet, nennt, dem Boden des Trichters und zugleich der Terminalknospe Alle drei hohlen Knospen münden nun in eine gemeinsame Höhlung, doch beginnen von nun an die Höhlungen der Seitenknospen sich rückzubilden, und endlich sind sie in dem Stadium, in welchem die Lateralknospen den Hirnboden erreichen, solid. »Durch die Ent- stehung des Trichterfortsatzes erleidet dann die Hypophyse, die schon vorher auf dem Sagittalschnitt eine Hufeisenform anzunehmen begann, eine weitere Zusammenkriimmung.« »Durch den von oben hinten andrängenden Trichterfortsatz wird, wie bei den Säugern, die Terminalknospe gegen den übrigen Theil der Hypophyse angedrückt, so dass beide Schenkel des Hufeisens nur durch einen engen Spalt getrennt bleiben, der mit Blutgefäß führendem Gewebe erfüllt ist.« Von jetzt an wird allmählich die ganze Hypophysenanlage solid, indem sie solide Epithelschläuche aus sich zu bilden beginnt und bloß die Terminalknospe bleibt hohl. Letztere lagert nicht mehr so innig dem Hirnboden an. »Die Terminalknospe behält noch lange Zeit ihr Lumen und bildet ein dorso-ventral abgeplattetes Säckchen, dem in einer Delle der Processus infundibuli aufliegt.« Später soll auch die Terminalknospe solid werden, was gewiss un- richtig ist, und auch die beiden Lateralknospen sich von der übrigen Hypophysenanlage ablösen, wobei ihr weiteres Schicksal Gaupp un- bekannt blieb. W. MüÜLter fand bei den Vögeln (Huhn, Gans, Staar) gleich- falls eine hohle Hypophysenanlage, die als eine Ausstülpung des ektodermalen Mundhöhlenepithels vor dem mittleren Schädelbalken dem Infundibulum zustrebt. In späteren Stadien war an der Hypo- physenanlage ein oberer und ein unterer Abschnitt zu unterscheiden. Der obere trieb viele Einzelschläuche und hatte bereits eine kleine Verbiegung nach oben und hinten erfahren; der untere stellte den Verbindungskanal zwischen der hohlen Hypophysenanlage und der Mundhöhle dar. Dadurch dass die Wände dieses Kanals in späteren Zeiten sich eng an einander legen, wird der Gang solid und noch 40 B. Haller später bildet sich auch diese solide Verbindung zurück. Inzwischen wurde die eigentliche Hypophysenanlage durch die Vermehrung ihrer soliden Schläuche immer voluminöser, aber ihre centrale Höhle blieb noch immer dureh eylindrisches Epithel überkleidet erhalten. Nach vollständiger Abschnürung wird die Hypophyse von der darüber liegenden Anlage des Processus infundibuli durch einen von dem Chiasma herwachsenden duralen Fortsatz geschieden. An der Stelle, wo diese durale Lamelle an die Hypopbyse stößt, senken sich feine Gefäße von oben in die Hypophyse und diese sendet einzelne Sehläuche durch denselben Gang, den diese Gefäße passiren, an die untere Hypophysenwand. Diese Längsschläuche verflechten sieh mit den erwähnten Gefäßen, wodurch ein »aus Gefäßen und Drüsen- substanz bestehender Strang entsteht«, der, wie ich vermuthe, unten der Hypophysenwand anliegend nach vorn zu gerichtet ist und, ob- gleich dies. MÜLLER nicht weiter erwähnt, den »rudimentären Lappen« des entwickelten Thieres darstellt. Bei der erwachsenen Columba livia lag, wie MÜLLER weiter berichtet, die Hypopbyse »in der Sattelgrube und wurde von dem überliegenden Zwischenhirn durch das dünne knöcherne Opereulum der Sattelgrube geschieden.« Dieses war gleich dem Operculum der Schildkréten durchbrochen; durch die Liicke erstreckt sich der Pro- cessus infundibuli zum hinteren Ende der Hypophysis und von der oberen Fläche der letzteren der rudimentäre Oberlappen zum Boden des Infundibulum. Der letztere hing mit einer Anzahl parallel ver- laufender, durchschnittlich 0,2 mm weiter Arterienzweige, welche vom Boden des Infundibulum aus senkrecht zum Hauptkörper der Hypo- physis verliefen, innig zusammen und wurde gebildet von einer An- zahl eylindrischer, den Arterien parallel verlaufender Drüsenschläuche. Die Epithelien dieses Drüsenlappens stimmen mit jenen im unteren Lappen überein. Die von einer dünnen bindegewebigen Kapsel um- schlossene Hypophysis, an der keine Haupthöhlung erwähnt wird, besitzt an ihrer Oberfläche »eine seichte hilusartige Einbuchtung«. Der Processus infundibuli ist birnförmig und hohl und seine geweb- liche Zusammensetzung von dem der Chelonier wenig verschieden. Auf das innere eylindrische Epithel folgt eine Lage von Zellen, die durch Gruppen feinster Nervenfasern in parallele Reihen zerlegt werden. Darauf folgt eine mächtige, feingranulirte Schicht, mit vielen eingestreuten Kernen. Diese Schicht wurde »durch Ausläufer der Zellen in radiärer Richtung deutlich gestreift«. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 41 v. MimALKowi1cs ! hat gezeigt, dass die Hypophysiseinstülpung so- wohl bei den Vögeln als auch bei den Säugern vor der eingerissenen Rachenhaut entsteht, und dass somit auch hier kein Zweifel an der ektodermalen Entstehung der Hypophyse bestehen kann. Bei Gänse-, Huhn- und Rindsembryonen entsteht eine hohle Raruke’sche Tasche, die sich allmählich in der schon bekannten Weise abschnürt und die geschlossene Hypophysenblase vorstellt. »Das Lumen der Tasche wird während der Abschnürung allmählich enger, bis es ganz verschwindet, resp. die Taschenwand in die Bildung der Schläuche ganz aufgegangen ist.« Bei Kaninchen- und Rindsembryonen ent- wickelt sich nach der Abschniirung der Hypophysentasche aus deren unterem, also der Abschnürung entsprechenden Ende, eine nun nach vorn zugekehrte solide Wucherung, welche allmählich in zahlreiche solide Stränge zerfällt. In dem oberen Abschnitt der Hypophysen- blase — der mit seinem Ende ursprünglich nach oben, nun aber nach vorn zu gerichtet ist — erhält sich noch das Lumen sogar zu einer Zeit, wo Basisphenoid und Praesphenoid mit einander vollständig verwachsen. »Dann ist der vordere« — aus dem vorderen Abschnitt der Anlage entstandene — »Lappen der Hypophyse ein länglicher, fast horizontal liegender Körper, der nach vorn gegen das Chiasma einen schmalen Fortsatz entsendet.« Oben in der konkaven Aushöh- lung der Hypophysenblase lagert der Processus infundibuli. Es wird nicht angegeben, ob das Hauptlumen der Hypophysentasche schwin- det oder erhalten bleibt. Nach v. Kuprrer? entwickelt sich die Hypophyse der Säuger zwar aus der RATHKE’schen Tasche, doch tritt zeitweilig im embryo- nalen Leben auch eine solide Wucherung der SEESEL’schen Tasche von hinten an dieselbe heran, eine Wucherung, die sich bei dem Frosche zeitlebens erhalten soll, sich aber bei den Säugern später rückbildet. In letzter Zeit hat Nuspaum neue Thatsachen zur Ontogenie der Hypophyse der Säuger mitgetheilt?. Er findet, dass bei Hunde- embryonen die hinter der RATHke’schen Tasche sich aus dem Ento- derm entwickelnde rudimentäre Verbindung zwischen den beiden 1 V. v. MIHALKOWICS, Entwicklungsgeschichte des Gehirns. Leipzig 1877. 2 v. Kuprrer, Die Deutung des Hirnanhanges. Sitzungsberichte der Ge- sellschaft für Morphologie und Physiologie zu München. Jahrg. 1894. 3 J. Nuspaum, Einige neue Thatsachen zur Entwicklungsgeschichte der Hypophysis cerebri bei Siiugethieren. Anatom. Anzeiger. Bd. XII. 1896. 42 B. Haller Hälften der präoralen Kopfhöhle BaLrour's oder des präoralen Darm- sackes v. KUPFFER’s, welches Gebilde auch unter dem Namen SEE- ser’sche Tasche bei den Amnioten durch His mehrfach erörtert wurde, sich mit der hinteren Wand der Hypophysenanlage verbindet. An dieser Verbindungsstelle schnürt sich nun die obere Hälfte dieser entodermalen Ausstülpung ab und geht dann in die Hypophysen- anlage über. Hierin erblickt Nuspaum eine weitere Stütze für die v. Kuprrer’sche Hypothese, nach welcher, wie wir weiter unten noch sehen werden, die Hypophyse eine rudimentäre Verbindung zwischen Darm und einer Öffnung am Kopfe darstellt und welche Öffnung die Mündung der Rarure'schen Tasche, das gewesene »Palaeostoma« der Wirbelthierahnen, gewesen sein soll. Die SEESEL- sche Tasche würde dann nach NusßAum gleich wie nach v. KUPFFER auch bei den Säugern jenen Abschnitt des Kopfdarmes darstellen, die sich mit der Hypophysenanlage verband und thatsächlich, wie Nuspaum gefunden haben will, auch verbindet. Diese Annahme Nuspaum’s ist aber kaum einwandsfrei, denn es müsste doch das Ende der Serser’schen Tasche, falls die v. Kuprrer’sche Hypothese richtig sein soll, in solchen ontogenetischen Stadien mit der Hypo- physenanlage in Konnex treten, in denen es noch in der Ausbildung begriffen ist und nicht in solchen, in denen es sich bereits in der Riickbildung befindet. Die Seeser’sche Tasche soll aber nach Nus- BAUM erst dann mit der Raruke’schen Tasche in Verbindung treten, wann sie bereits solid geworden und somit sich rückzubilden be- ginnt. Die völlig entwickelte Hypophyse des Menschen hat W. MÜLLER! in den verschiedensten Altersstufen untersucht. Überall fand er einen »schmalen Ausläufer der Drüse, welcher sich längs der vorderen Fläche des Trichterfortsatzes erstreckt« und dessen Schläuche in die Schläuche sich fortsetzen, »welche das Parenchym der eigentlichen Drüse bilden«. Die soliden oder doch nur geringes Lumen besitzen- den Schläuche der Hypophyse führen Colloidmassen, die MÜLLER für das eingedickte Sekret der Drüse hält. Nach der hinteren Fläche der Drüse »finden sich konstant größere, makroskopisch wahrnehmbare Hohlräume« und »diese sind von kurzem Cylinderepithel ausgekleidet, welches in einzelnen Fällen Cilien fiihrt.« Der Processus infundibuli ist ein keulenförmiger Fortsatz und liegt der hinteren Fläche der Hypophyse an »und wird von beim Menschen verhältnismäßig kur- Julie, Untersuchungen iiber die Hypophyse und die Infundibularorgane. 43 zen, beim Hunde langen seitlichen Fortsätzen der Drüse hufeisen- formig umgeben«. Er ist zur Zeit der Geburt solid, ausnahmsweise erhält sich jedoch in ihm ein feiner Spalt in verschiedener Ausdehnung. In diesem Falle findet man die Spalte mit Flimmerzellen ausgeklei- det, wie dieses seiner Zeit schon LuscuKA! beobachtet hatte. In manchen Lebrbüchern der Anatomie des Menschen ist eine ganz unrichtige' Auffassung von der Hypophyse anzutreffen. Es wird der Processus infundibuli stets als Hypophysenstiel und sein hinteres Ende als der hintere oder »nervöse« Lappen der Hypophyse aufgeführt, eine Anschauung, die ab und zu auch in Arbeiten über das Gehirn anzutreffen ist. Die letzte Arbeit, welche über die Entwicklung und die Bedeu- tung der Hypophyse handelt, rührt von G. VArentı? her, welche Arbeit im Original mir trotz mehrfacher Bemühungen unzugänglich blieb und so muss ich mich hier mit dem Referat CAPPELLETTT'S?, in das ich durch die Güte Prof. EpinGer’s mir Einsicht verschaffen konnte, begnügen. Nach VALEnTI entwickelt sich die Hypophyse als ein komplieirtes Gebilde zu einem Theil aus dem Ektoderm, zum anderen aus dem Entoderm. Der ektodermale Theil befindet sich in der Rückbildung, der entodermale in der fortschreitenden Weiter- bildung. Weniger wichtig soll somit an der Hypophyse der ekto- dermale Theil sein, der sich als ein Rudiment eines Sinnesorgans, wie dies auch die Ansicht Scorr's war, herausstellte. Die entodermale Anlage der Hypophyse ist nicht jene entodermale Einstülpung, wel- che nach Kuprrer den hinteren, in das Entoderm sich öffnenden Theil seines Palaeostoma darstellt, denn diese bildet sich im Laufe der Ontogenie zurück, sondern eine weitere entodermale Ausstülpung. Letztere ist homodynam mit einer Kiemenspalte. So löst denn VALENTI die Hypophysenfrage auf sehr einfache Weise! Nachdem ich den Stand unseres bisherigen Wissens über die Hypophyse geschildert, gehe ich auf meine eigenen Beobachtungen über. 1 LUSCHKA, Der Hirnanhang und die Steißdrüse. Berlin 1860. 2 G. VALENTI, Studio suil’ origine e sul significato dell’ ipofisi. Atti d. l’Accad. med.-chir. d. Pavia. VIII. 1895. 3 Revista di Patologia nervosa e mentale, Vol. I, Fase. 7. 1896. 44 B. Haller A. Teleostier. Von Teleostiern untersuchte ich auf die Ontogenie! und die Anatomie der Hypophyse hin die Forelle und zwar sowohl Salmo fario als auch Salmo irideus. Die erste Anlage der Hypophyse ist etwa bei 4 mm langen Em- bryonen anzutreffen. Es verdickt sich oberhalb aber in nächster Nähe der noch nicht durchbrochenen Rachenhaut das dünne Ektoderm in ganz unansehnlicher Weise. Allmählich nimmt diese solide Ver- diekung an Umfang zu und an Embryonen von 5 mm Länge ist die Hypophysenanlage bereits recht ansehnlich (Fig. 1 Ayp). Sie liegt entfernt von der unpaaren Epidermisplatte (») und steht, da die Epi- dermis oberhalb der Hypophysenanlage keine Differenzirung in Grund- und Deckschicht verräth, auch in keinem nachweislichen Zusammen- hang mit derselben. Die Hypophysenanlage besitzt bei 5 mm langen Embryonen die Form einer von innen durch das Infundibulum ein- gedrückten Scheibe von geringem Durchmesser aber ansehnlicher Dieke. Sie liegt, wie aus den Figuren (Figg. 1, 2) deutlich zu er- sehen ist, ganz nahe an der Rachenhaut (ri). Obgleich in diesem Stadium die Hypophysenanlage mit ihrer ganzen äußeren Seite der Epidermis anliegt, so ist sie doch nicht der ganzen Seite entlang mit ihr verwachsen und bloß an einer kleinen Stelle ist ein Zusam- menhang mit der Epidermis zu erkennen (Fig. 2). Sie war auch stets nur an dieser Stelle mit der Epidermis verwachsen und diese Verwachsungsstelle bezeichnet auch den Ort, wo die erste Anlage sich bildete. Von hier aus erfolgt das Wachsthum nach vorn dem Recessus opticus (Fig. 1 ro) zu und auf diese Weise kam die linsen- förmige Gestalt der Anlage bei 5 mm langen Embryonen zu Stande. Da die Hypophysenanlage bei der Forelle, wie wohl bei allen Knochenfischen, eine durchaus solide ist, so ist naturgemäß auch keine RAruke’sche Tasche vorhanden und nicht einmal eine kleine Einbuchtung der Epidermis verräth selbst nach der Abschniirung die Stelle, an der die Hypophysis mit der Epidermis zusammenhing. In der kompakten Hypophysenanlage liegen die Zellkerne in gleich- mäßigen Entfernungen angeordnet und Zellgrenzen lassen sich nicht gut unterscheiden. ! Reiches Material an Embryonen und jungen Forellen stellte mir aus seiner inzwischen verkauften Fischzuchtanstalt in Handschuhsheim in freigebigster Weise Herr FrıpoLıin Dını dahier zur Verfügung, dem ich dafür auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 45 Vor der Beschreibung der weiteren Entwicklungsstadien will ich sowohl der Vollständigkeit halber als auch aus dem Grunde, um auf gewisse Zustände der Gehirnentwicklung der Knochenfische aufmerksam zu machen, den Entwicklungszustand des Gehirns bei dem 5 mm langen Embryo schildern. Es reichte bei ihm die Chorda, deren Ende gerade gestreckt war, bis zur Stelle unter der letzten Segmentrinne (Fig. 1 e’) des Hirnbodens, war also von dem Infundi- bulum ziemlich entfernt. Die obere Wand der kompakten Vorder- darmanlage (oe) war durchaus glatt und die ganze Anlage schmiegte sich von hinten der Rachenhaut an. Vorder-, Zwischen- und Mittel- hirn waren differenzirt und die Kleinhirnanlage (4%) schon recht ansehnlich. Am Hirndach knickt sich das Mittelhirn hinter der Commissura posterior, die schon deutlich zu erkennen war (cp), et- was ein, wodurch zwischen dem Mittelhirndach und der Commissur ein gut begrenzter dünnwandiger Abschnitt (Fig. 1 //7) zur Ausbil- dung gelangte. Da die Commissura posterior unter einer geringen Einknickung des Mittelhirndaches sich anlegt, so entsteht zwischen ihr und der Epiphysenanlage an dem Mittelhirndache ein weiteres Hirnblischen. Es würden dann in diesem Stadium am Mittelhirn- dache von der Epiphysenanlage angefangen drei Hirnbläschen zu unterscheiden sein. Eine Dreigliederung des Mittelhirndaches während der Onto- genese hat außer ZIMMERMANN! bei Selachiern und FRoRIEP? bei dem Mauiwurfe auch v. Kuprrer® bei dem Störe, bei Ophidiern und Vögeln beobachtet. Diese Dreigliederung tritt beim Störe rechtzeitig bereits in der 64. Stunde nach der Befruchtung auf. Die drei Blasen sind zu dieser Zeit gleich groß, doch scheinen sie dann zu verstrei- chen, indem aus ihnen allen dreien die große Mittelhirnblase sich entwickelt. Anders soll es sich bei den Ophidiern und den Vögeln verhalten, da bei diesen die bleibende Mittelhirnblase aus der letzten der drei embryonalen Blasen sich herausbildet. So verhält es sich nach meinen Beobachtungen auch bei der Forelle, denn bereits bei dem vorgerückten Stadium von 5 mm war die letzte dieser Blasen die mächtigste (mh). Die Differenzirung der vordersten Mittelhirn- ! ZIMMERMANN, Metamerie des Wirbelthierkopfes. Anatom. Anzeiger. 1891, Ergänzungsheft zum 6. Jahrg. 2 Ebendort. 3 C. v. KUPFFER, Studien zur vergleichenden Entwicklungsgeschichte des Kopfes der Cranioten. 1. Heft. pag. 14. Leipzig 1893. 46 B. Haller blase in zwei Abschnitte, ist, so viel mir bekannt, noch nirgends be- obachtet worden. Alle drei vorderen Mittelhirnblasen sind vergängliche Bildungen, indem sie bei der Forelle vollständig in die Falte zwischen bleiben- dem Mittelhim und dem Zwischenhirn aufgehen. Diese nach innen zu gekehrte Falte, die mit Ausnahme der hohen mehrschichtigen Ependymbekleidung nur durch die Commissura posterior ausge- füllt wird, liegt bei adulten Thieren zwischen den beiden Hauben- ganglien. Die Epiphysenanlage ist in Form einer Ausbuchtung (ep) am Hirndache deutlich zu erkennen. Auf diese Anlage folgt ein kurzer dicker Abschnitt (x) am Vorderhirndach, der dann, allmählich sich verdickend, in eine sehr mächtige Platte (gp) übergeht. In diesem Stadium der Entwicklung gelingt es sehr schwer, medianste Sagittalschnitte zu erzielen, an denen diese mächtige Platte nicht getroffen wäre. Thatsächlich giebt es aber auf jeder Seitenhälfte eine solche Platte, die eigentlich zwei massiven Verdickungen an der vorderen Seite der primären Vorderhirnblase entspricht!. Sie liegen so dicht an einander, dass es nur selten gelingt, die sie verbindende dünne Platte auf recht dünnen Schnitten für sich zu erhalten. Dieses dünne Verbindungsstück oder die vordere Wand der Vorderhirnblase beginnt von der Epiphysenanlage und reicht bis zum Neuroporus (2p)?, entspricht somit der Schlussplatte. Unter- halb des Neuroporus befindet sich der schon deutliche Recessus opticus (ro), worauf dann eine Verdiekung folgt (op¢), in deren ba- salen Theil später sich die Sehnervenkreuzung entwickelt, denn zur Zeit ist weder eine solche noch eine Commissura interlobularis (s. anterior) zu erkennen. Auf diese Verdiekung folgt dann eine dünnere Triehterwand (w) in Form eines Sackes, mit der es Einem ergeht 1 Diese massiv angelegten Verdickungen entsprechen der Anlage der paarigen sekundären Vorderhirnblasen, und somit wäre denn auch für die Knochenfische der Nachweis erbracht, dass das sekundäre Vorderhirn nicht als ein unpaares Gebilde sich anlegt, wie es seiner Zeit u. A. auch v. MiHALKOWICS lehrte, sondern entsprechend seinem definitiven Verhalten paarige Anlage aufweist. Erst später entwickelt sich aus dem dorsalen Abschnitte der mas- siven Anlagen bei den Knochenfischen das dünne Pallium, das von RAgL- RÜCKHARDT und EpInGer richtig dargestellt und von STUDNICKA unrichtiger Weise angezweifelt ward. * Der Neuroporus und die an seiner Stelle sich entwickelnde zapfenartige Erhebung wird sonderbarerweise von v. KUPFFER als »Lobus olfaetorius impar< bezeichnet, eine Benennung, die ich jedoch aus Gründen, welche ich weiter unten anführen werde, nicht zu verwerthen vermag. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 47 wie mit der Lamina terminalis, man bekommt sie nämlich auf sagit- talen Längsschnitten selten ohne die anliegenden Theile zu Gesicht. Diese jederseits anliegenden Theile sind zwei runde kompakte Ver- diekungen (2), welche die erste Anlage der Lobi inferiores dar- stellen. Nach hinten zu geht die hintere mediane Wand des embryonalen Infundibulums in den dieken Bodentheil des Hirns über. Dieser ist hier stark nach unten zu gebogen und äußerst mächtig entwickelt. An seiner nach vorn zugekehrten Seite lassen sich, vom Infundibu- lum aus gerechnet, drei höckerige Erhabenheiten, besser Querwiilste, unterscheiden, die von einander durch zwei Querrinnen getrennt werden. Auf einen kleinen Hicker folgt ein mächtigerer (w) und dann ein mächtigster (2), den ich mit v. Kuprrer als Tuberculum impar mit dem Zusatz superius bezeichnen möchte, da er mit dem gleichnamigen Gebilde des Störes identisch ist. Der mittlere Höcker (w) ist gleichfalls eine Bildung, die sich auch bei dem adulten Thiere erhält und eine Eigenthümlichkeit der Fische zu sein scheint. Bei den Amphibien ist er in stark redueirter Form bloß eine embryonale Bildung. Ich möchte ihn als Tubereulum impar inferius bezeichnen. Der unterste kleine Tuberkel ist ein vergängliches Gebilde, das mit der weiteren Entwicklung des Thieres ganz schwindet. Der nach vorn zugekehrte Rand des Hirnbodens macht, da in der Verlängerung des Endes des noch gering entwickelten mittleren Schädelbalkens eine starke Beuge entsteht, eine ziemlich plötzliche Wendung nach hinten. Am Hirnboden sind an dessen innerer Fläche drei sehr deutlich ausgesprochene, auch medianwärts gut erhaltene Querfurchen (e, e’, e”) zu erkennen, zwischen denen sich aber der Hirnboden nicht auf- buchtet. Die erste dieser Rinnen (e) liegt etwas hinter der vorderen Kinknickung des hintersten Mittelhirnbläschens, die zweite (e’) unter der Kleinhirnanlage und endlich die dritte (e’’) hinter dieser Anlage. Die dritte dieser Furchen ist etwas näher an die zweite gerückt als die zweite an die erste. Außer diesen konnte ich keine weiteren Querfurchen an der oberen Fläche des Hirnbodens auffinden'!. ! Allem Anscheine nach entsprechen diese Querfurchen den vorderen Grenzen von Segmenten des Hirnbodens, wie solche vielfach beobachtet wur- den. Jedenfalls beschränkt sich eine solche Segmentirung nach den meisten Beobachtern zumeist nur auf die Rautengrube, so beobachtete Remax fünf bis sechs Segmente am Nachhirn des Hühnchens, Dursy sechs bei 6,5 mm langen Rindsembryonen, GOETTE fünf in der Rautengrube bei einer bereits fertig ent- 48 B. Haller Die ventrale, der Chorda zugekehrte Seite des Hirnbodens war von dem Ende des mittleren Schiidelbalkens an geweblich differen- zirt, denn man erkannte hier deutlich eine faserige Schicht, die unterhalb der zweiten Querfurche (e’) leistenförmig in den zelligen oberen Theil des Hirnbodens vorsprang. Bei einem 6 mm langen Embryo hatte sich die Hypophysenanlage (Textfigur 1.Ayp) von der Epidermis ganz abgelöst, ohne dabei ihre Lage verändert oder an Größe bedeutend zugenommen zu haben. Der kompakte Ösophagus, an dem die im vorigen Stadium noch kompakten Kiementaschen (Fig. 1 At) jetzt schon kleine Höhlungen zeigen, liegt, wie zuvor, der nicht durchbrochenen Rachenhaut fest an. Nach vorn, dem Infundibulum zu, besitzt jetzt der Öso- phagus eine verdickte kompakte Wucherung (oe), die dem hinteren Rande der Hypophysenanlage mit ihrem freien Ende anliegt. Um das Verhalten dieses entodermalen Fortsatzes zum Infundibulum und der Hypophysenanlage genau festzustellen, habe ich diese Stelle auch mit stärkeren Vergrößerungen untersucht, wobei es sich dann herausstellte, dass derselbe weder der Infundibularwand noch der Hypophysenanlage dicht anliegt. Zwischen der Infundibularwand (Fig. 7 Z) und der ektodermalen Wucherung, ferner zwischen dieser wickelten jungen Unke, Dourn acht bis neun in der Rautengrube von Perca- Embryonen. Es liegen aber Beobachtungen darüber vor, dass diese Segmen- tirung auch in den Bereich des Mittelhirns übergreift. So macht v. KUPFFER darauf aufmerksam, dass BiscHorr bei einem median durchschnittenen Hunde- Embryo sieben Segmente gezeichnet hat, und vor der Scheitelkriimmung im Bereiche des Mittelhirns sollen wieder drei weitere Falten, durch einen weiteren Abstand von den anderen sieben getrennt, gezeichnet sein. Bei 3—4 mm langen Embryonen der Lacerta agilis fand BERANECK fünf Segmente, und diese erstrecken sich auf Hinter- und Mittelhirn. Endlich hat v. KUPFFER fünf Segmente in der Medulla oblongata bei 18—20 Tage alten Forellenem- bryonen gesehen, doch beobachtete er auch die von mir gesehenen drei Seg- mente »im Bereiche des Mittelhirns«, wie er sich ausdrückt. Bei Embryonen von Salamandra atra fielen acht Segmente (oder Segmentpaare, wenn wir mit y. KUPFFER die einzelnen Segmente scheidende Mediane uns vorhanden denken) auf das ganze Gehirn. v. Kuprrer gelangt dann zu dem Ergebnis, dass der gegliederte Abschnitt a Gehirns »nur dem Hinter- und Mittelhirn entspricht, das primiire Vorderhirn aber nicht mehr zu dem in Metameren gegliederten Abschnitte des Hirns zu rechnen ist«, und sagt dann weiter, >fiir diesen Ab- schnitt aber scheint die Zahl 8 eine fundamentale Bedeutung zu haben« (Pri- märe Metamerie des Neuralrohrs der Vertebraten. Sitzungsberichte der bayer. Akademie der Wiss. Math.-phys. Klasse. 1885) und es ist darum anzunehmen, dass die hinteren in der Rautengrube gelegenen Segmentirungen in den von mir beobachteten Stadien der Forelle sich schon ausgeglichen haben. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 49 und der Hypophysenanlage (yp) befindet sich je ein von mesoder- malen Zellen eingenommener Raum. Und so verhält es sich auch in späteren Stadien bis zu dem völligen Durchbruche der Kachenhaut, dem die Spaltbildung im Ösophagus vorausgeht, bei welcher Ge- legenheit dann auch die solide Entodermwucherung eine Höhlung erhält. Somit steht diese Entodermwucherung zu keiner Zeit mit der Hypophysenanlage in direkter Beziehung. Es ist mir auch nicht bekannt geworden, dass von dieser Wucherung ein Stück sich abgeschniirt hätte, das dann nachher der Riickbil- dung anheimgefallen wäre. Doch wäre letzteres immer- hin möglich, denn der Ge- danke liegt ja nahe, dass bei der manches Cänogeni- tische aufweisenden Kopf- entwicklung der Teleostier, in dem vorderen Ende jener kompakten entodermalen Wucherung der mittlere Ab- schnitt der beiden präoralen Kopfhöhlen (erstes palin- genetisches Somitenpaar) vorliegt. Hier möchte ich noch Einiges über die Gehirn- verhältnisse des 6 mm lan- gen Embryos mittheilen. Zunächst hat sich an dem Gehirndache die Kleinhirn- | | | a anlage (4h) merklich ver- Nace | N bers arty größert und mit dieser auch der vierte Abschnitt des Mittelhirndaches (mh) an Umfang zuge- nommen, der sich dann später zum bleibenden Tectum opticum diffe- renzirt. Der nach vorn zu auf diesen folgende kleinere Abschnitt (IIT) hat noch keine Rückbildung begonnen und der erste Abschnitt hat sich, wie es schon erörtert wurde, in zwei hinter einander la- gernde Theile (J, 77) gegliedert. Was die Anlage der Epiphyse betrifft (ep), so ist sie merklich gewachsen, doch ist aus der früher Morpholog. Jahrbuch. 25. 4 Fig. 1. 50 B. Haller hohlen Ausstülpung ein kompaktes knopfförmiges Gebilde geworden, wenigstens vermag ich keine Höhlung in ihr zu erblicken. Erst in späteren Stadien, wenn an ihr die Sprossenbildungen sich zu ent- wickeln beginnen, erhält sie die definitive Höhlung. Das zwischen Epiphysenanlage und den beiden massiven An- lagen des sekundären Vorderhirns (gp) gelegene Stück (x) hat sich im Verhältnis zu seinem früheren Zustande stark vergrößert, gleich- zeitig aber auch verdünnt. Eine Commissura interlobularis ist zur Zeit noch nicht kenntlich, doch ist die Faserung des Chiasma (ch) recht deutlich entwickelt. Die Anlagen der Lobi inferiores sind noch immer solid, doch jetzt schon beträchtlich aus einander gerückt, wo- durch der zwischen ihnen liegende Abschnitt sich verbreitern konnte und man darum auch leichter sagittale Schnitte erhalten kann, die nur die Infundibularwand zeigen. Letztere (7) ist gleichmäßig, denn von einer Anlage der Infundibulardrüse ist an ihr noch nichts zu erkennen. Die drei Wülste auf der aufsteigenden hinteren Wand des Infundibulums sind gut entwickelt. Es hat sich die Rinne zwi- schen Tubereulum inpar superius und inferius vertieft. Da sich die Hirnachse nach vorn zu bedeutend verlängert hat, — wodurch sich hauptsächlich die Entfernung zwischen Tubereulum impar superius und der Terminalplatte vergrößerte, gleichzeitig aber auch die Ent- fernung zwischen dem Hirnboden und der Commissura posterius eine viel größere wurde — hat ‘sich die Zwischenhirnhéhle an Gestalt ganz verändert. Mit dieser Veränderung erfolgte auch eine Gestalt- veränderung der oberhalb des Tuberculum impar superius gelegenen nächsten Gegend. Es hat sich nämlich jene Beuge unterhalb der Commissura posterior, welche bei Embryonen von 5 mm so bedeu- tend war (Fig. 1), ganz ausgeglichen. Das zwischen der ersten Querfurche des Hirnbodens (Fig. 1 e) und dem Tubereulum impar superius gelegene Stück ist aber nicht nur in der Entwicklung gänz- lich zurückgeblieben, sondern scheint sich sogar verkleinert zu haben. Die drei Querfurchen an der oberen Fläche des Hirnbodens haben ihre Lage beibehalten, sind aber besonders an ihren medianen Enden sehr abgeflacht. Außerdem kann man an Serienschnitten feststellen, dass die Richtung der beiden ersten Furchen jetzt von innen nach außen und etwas vorn zu gerichtet ist, wie dies der durch die unterbrochene Linie in die Textfig. 1 eingezeichnete Lateralschnitt \e, e') zeigt. Kine größere Zahl von Entwicklungsstadien übergehe ich, für die fernere Entwicklung der Hypophyse als belanglos, und bespreche Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 51 die Verhältnisse bei einem 12 mm langen Embryo, bei welchem die Rachenhaut längst durchbrochen war. Dabei sehe ich von nun an von der weiteren Hirnbildung ab und möchte nur einige wesent- liche, bisher nicht berücksichtigte Verhältnisse am Infundibulum und am postinfundibularen Hirnboden besprechen. An einem solchen Embryo gelangt das Chordaende (Fig. 3 ch) in verdünnter Form weiter nach vorn als bisher. Die Entwicklung der Chorda ist zu dieser Zeit wohl schon abgeschlossen. Am Infundibulum haben sich wesentliche Veränderungen vollzogen. Hinter dem Chiasma und zwi- schen den beiden Lobi inferiores hat sich eine dünne Lamelle in ursprünglicher Dicke erhalten (y), wird aber nach hinten allmählich dünner und geht dann in eine einschichtige mediane Bodenlamelle (/po) über. Diese dieke Lamelle verkürzt sich im Laufe der Entwicklung allmählich (Fig. 4 y), doch erhält sie sich in dieser Form auch bei dem adulten Thiere und besteht bei diesem aus dem Ependym, einer Faserschicht und einzelnen eingestreuten Ganglienzellen (Figg. 5, 6 y). Ich möchte sie den nervösen Abschnitt und den darauf nach hinten folgenden Hirnboden (/po) den ependymalen Abschnitt der postopti- calen Lamelle nennen, wobei ich unter der letzten Bezeichnung den Trichterboden vom Chiasma an bis zur Infundibulardrüse verstehe (y+2po der Abbildungen). Die ependymale Lamelle besteht zur Zeit nur aus einer einzigen Lage platter Epithelien (Fig. 3 /po). Bei 12 mm langen Embryonen ist die Infundibulardrüse eine schon recht ansehnliche birnförmige Bildung (sv) und lagert nach oben und vorn der hinteren Infundibularwand, nach oben der äube- ren Seite des Hirnbodens, jedoch getrennt von ihm durch die Basilar- arterie (ba), an. Ihre Mündung ist eng und um dieselbe herum sind die Epithelien niedrig. In der ein ziemlich ansehnliches Lumen besitzenden Drüse werden die Epithelien allmählich höher und lagern als breite niedrige Cylinderzellen mit großen verschieden hoch ge- legenen Zellkernen, dicht an einer kernreichen Basilarmembran, auf der jetzt schon die Anlage der Gefäßhaut des Hirns kenntlich ist. Die Infundibulardrüse besitzt an ihrer hinteren Wand eine deutliche Falte, die jederseits nach vorn ziehend, an der vorderen, der Hypo- physenwand anliegenden Wand der Drüse allmählich in eine wulst- förmige Erhabenheit des Epithels übergeht, welcher Wulst sich später gleichfalls zu einer Falte entwickelt. Durch das Auftreten dieser Falten wird jetzt schon ein Zustand angedeutet, der sich später bei sechs Wochen alten Forellen mit Dottersack einstellt. Bei diesen (Fig. 4 sv) entwickelt sich auch an der vorderen Drüsenwand der 4* 52 B. Haller oben beschriebenen Anlage eine Falte, wodurch es nun zu einem Faltenring kommt. Am Boden der Anlage der Infundibulardrüse ist nun auch eine Querfaltenbildung in ähnlicher Weise eingeleitet, und hierdurch wird die Hypophysenanlage jetzt unvollständig in drei Abschnitte gegliedert, nämlich in einen vorderen langen Ab- schnitt, der in das Infundibulum mündet, dann in einen hinteren und einen oberen Abschnitt. Auch bei sechs Wochen alten Forellen ist noch keine Vacuolisi- rung der Infundibulardrüse zu verzeichnen, diese stellt sich vielmehr erst nach völligem Verbrauche des Dotters ein. Die aufsteigende hintere Wand des Infundibulum zeigt uns sehr deutlich eine gewebliche Differenzirung in Ependym, Neurogliazellen, Ganglienzellen und in Fasergewebe. Nur die untere hintere Wand (w) des Infundibulum, der die Infundibulardrüse anliegt, besitzt kein Fasergewebe, sondern bloß Ependymzellen und unter diesen liegende Zellkerne, die sich, wie überall, nicht so intensiv färben als die Kerne des Ependyms. Dieser Theil der hinteren Infundibularwand wird bei jungen Forellen mit Dottersack noch dicker, indem ihre zwei- schichtige Zellenlage sich in eine mehrschichtige verwandelt. Be- reits jetzt erkennt man eine geringe Hervorwölbung (v) an dem der Mündung der Infundibulardrüse zugekehrten Rande. Bei dem völlig entwickelten Thiere wird diese hintere Wand des Infundibulums zu einer ganz dünnen, nur zwei Zellreihen zählenden Schicht (Fig. 5 w), an der jedoch unten, oberhalb der Mündung der Infundi- bulardrüse, eine linsenförmige Verdickung aus der früheren Anlage sich herausbildete (vo). Unterhalb des Tubereulum impar inferius ist bei 12 mm langen Embryonen der bereits in früheren Stadien er- wähnte kleine Höcker (Fig. 3) noch vorhanden, doch verstreicht er bereits bei jungen mit Dottersack versehenen Larven (Fig. 4), so dass bei dem adulten Thiere nichts mehr zu erkennen ist (Fig. 5). Das Tubereulum impar inferius (Fig. 3 2’) hat sich bei dem 12 mm langen Embryo sehr vergrößert und erhält sich in dieser Mächtigkeit zeitlebens. Bemerkenswerth ist, dass unter dem Ependym des Tuber- culums eine mehrschichtige Zelllage sich befindet. Der der Basilar- arterie zugekehrte Theil der hinteren Infundibularwand ist sowohl unter dem Tuberculum inferius, als auch dem Tuberculum impar su- perius faserig differenzirt und. besitzt eingestreute Zellkerne. In das Tubereulum superius ist die Anlage des mittleren Schä- delbalkens, bei Knochenfischen ein sehr zartes Gebilde, weiter ein- gewachsen und reicht an dem dorsalen Ende desselben beinahe bis Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 53 zu dem einschichtigen Ependym. Am Tuberculum impar superius (7) lassen sich desshalb zwei innere, durch die Arteria basilaris getrennte Hälften unterscheiden: eine untere, an das untere Tuberkel anstoßende und eine obere. In der oberen Hälfte erkennt man bereits jetzt schon sehr deutlich die Anlage einer nervösen Querfaserung (ec). Dem Ependym lagern unten und median in beiden Hälften nur spärliche Zellen an, doch kommt es an den lateralen Grenzen zu wichtigen Differenzirungen, deren Erörterung ich folgen lasse. Nach hinten zu wird das Tuberculum impar superius durch eine sehr tiefe, den ganzen Hirnboden durchgreifende Querfurche (mAgr) dem weiteren Hirnboden gegenüber deutlich abgegrenzt und damit hat das Tuberkel seine definitive Entwicklung erreieht. Die oben- senannte Querfurche wurde durch BURCKHARDT' als ein durchaus konstantes Gebilde bei Selachiern, Amphibien, Reptilien und dem Menschen aufgefunden und Srıepa erwähnt sie bei dem Axolotl?. BURCKHARDT legt mit vollem Recht Gewicht auf diese Querfurche, indem er sie für eine wichtige Grenzmarke des Gehirns erklärt. Sie bildet eentralwärts die Grenze zwischen Mittel- und Hinterhirn, zu- gleich aber auch zwischen Pros- und Epencephalon und gerade darum ist sie wichtig. Da sie bisher keinen Namen führt, will ich sie Sul- cus interencephalicus inferius nennen. Hinter dem Suleus wölbt sich etwas die Oberfläche des Hirnbodens, um dann wellenthalförmig sich wieder einzusenken (4). Eben so findet sich eine wellige aber sehr flache Einsenkung weiter hinten hinter dem Kleinhirn auf dem Hirnboden und es kommt zwischen diesen beiden Wellenthälern zu einem geringen Wellenberg. Ich kann hier nicht unerwähnt lassen,. dass der Suleus interencephalicus genau an der Stelle liegt, an der bei Embryonen von 5 mm Länge die erste Segmentfurche gelegen hatte (Fig. 1 e) und dass die beiden folgenden Wellenthäler bezüglich ihrer Lage den zwei hinteren Segmentfurchen (Fig. 1 e', e”) genau- estens entsprechen. Jedenfalls hat sich die bei 6 mm langen Embryo- nen sehr verflachte erste Segmentfurche (Textfig. 1) später durch irgend einen Umstand, höchst wahrscheinlich durch eine Knickung, sehr vertiefen müssen, um zum Sulcus interencephalicus zu werden. 1 R. BURCKHARDT, Untersuchungen an dem Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. LU. 1891. 2 L. StıeDA, Das Centralnervensystem des Axolotl. Zeitschrift für wiss, Zoologie. Bd. XXXIV. 1875. 54 B. Haller Die Hypophysenanlage hat sich bei 12 mm langen Embryonen (Fig. 3 yp) etwas der Länge nach gestreckt, doch im Verhältnis zu 6 mm langen Embryonen nicht besonders vergrößert. Sie liegt von unten dem ependymalen Abschnitt der Lamina postoptica dicht an und hierdurch wird, entsprechend der oberen Seite der Hypophysen- anlage, auch ersterer etwas vorgewölbt. Nach vorn zu reicht die Hypophysenanlage bis zu dem Beginn des nervösen Abschnittes der Lamina (y) und nach hinten bis zu der Mündung der Infundibular- drüse (sv). Sie ist nicht mehr eine kompakte Zellenmasse, sondern dadurch, dass die bereits bei 6 mm langen Embryonen vorhandenen Höhlenbildungen (Fig. 7 hyp) sich vermehrten, sind zahlreiche kleinere Lichtungen in der Anlage bemerkbar. In diesem Stadium sind Zell- grenzen noch nicht zu unterscheiden. Zwischen dem ependymalen Abschnitt der Lamina postoptica und der Hypophysenanlage befindet sich kein Zwischengewebe, sondern die platte Decke liegt der Hypo- physenanlage direkt auf. Von der Anlage des Sphenoid ist in diesem Stadium noch nichts zu erkennen, doch lässt sich in dem Mesoderm bereits eine dickere subepitheliale Schicht (Anlage der Muskulatur) von dem übrigen lockeren Gewebe gut unterscheiden. In dem Mundepithel finde ich unterhalb der Hypophysenanlage eine kleine Einbuchtung (cp), wel- che jedoch mit der Hypophysenanlage nichts zu thun hatte, da sie sehr spät nach der Abschnürung auftritt. Bei sechs Wochen alten mit Dottersack versehenen Larven haben sich bereits wesentliche Veränderungen eingestellt. Vor Allem hat sich der ependymale Abschnitt der Lamina postoptica (Fig. 4 Jpo) auf Rechnung des nervösen Abschnittes, der relativ wie absolut kürzer geworden ist, bedeutend verlängert und zum Theil auch verbrei- tert. Hand in Hand mit diesem Wachsthum des Hirnbodens geht auch die Verlängerung der ihm fest anliegenden nun verschmälerten Hypophysenanlage (Ayp). Es kommt ferner in diesem Stadium auch zur Anlage des Basisphenoid (dsp%) und hinter der Hypophysenan- lage zur deutlichen Ausbildung der Carotis interna (car). An der Hypophysenanlage kennzeichnet sich bereits jetzt die spätere Differenzirung der Driise. An medianen Sagittalschnitten erkennt man nämlich sehr deutlich, dass die sehr langgestreckte Anlage einen vorderen mächtigen (4) und einen hinteren weniger mächtigen Abschnitt (%) besitzt. In dem hinteren Abschnitt bildete sich ein spaltförmiges Lumen, das nach vorn mit den Höhlungen des vorderen Abschnittes kommunieirt. Auf diese Weise entsteht Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 55 aus der Hypophysenanlage ein sackförmiges Gebilde. Bei sieben bis acht Wochen alten Forellen erkennt man schon deutlich, dass ‘ die obere Lamelle des Sackes in dem vorderen Abschnitt eine rege Hohlsprossenbildung eingeht. Bei sechs Wochen alten Forellen ist es auch leicht zu beobachten, dass an dem vorderen Abschnitt der Anlage der ependymale Abschnitt der Lamina postoptica dicht anliegt und zwischen ihnen bloß eine dünne Schicht von platten Zellen, die Anlage der Gefäßhaut, sich einschiebt. Dem gegenüber hat sich in der zweiten Hälfte des ependymalen Abschnittes der Lamina, welche der hinteren Hälfte der Hypophysenanlage aufsitzt, eine gewebliche Differenzirung eingestellt. Aus dem Ependym hat sich nach unten zu ein zartes Neuroglianetz mit zahlreichen in die Knotenpunkte eingestreuten Zellen entwickelt. Dieses Gewebe liegt nun in Form eines flachen Polsters (Fig. 4 :) dem hinteren Abschnitt der Hypophysenanlage auf, ohne jedoch mit ihr zur Zeit noch ver- woben zu sein, denn ein gut begrenzter Saum zeigt die Grenze zwischen beiden. Die Anfangs zahlreichen Lichtungen in der Hypophysenanlage des 12 mm langen Embryos haben sich somit mit Ausnahme der oberen Lichtungen des vorderen Abschnittes, in ein langes spaltför- miges Lumen vereinigt und so lässt sich an der nun sackförmigen Hypophysenanlage eine unterhalb dieser Spalte und eine oberhalb derselben befindliche Lamelle unterscheiden (Fig. 4). Die weitere Entwicklung vollzieht sich nun in der Weise, dass die obere Lamelle zahlreiche, dem Hauptlumen der Anlage abgekehrte hohle Sprosse treibt, die untere Lamelle jedoch stets einschichtig sich erhält. Die ' Sprossenbildung der oberen Lamelle des vorderen Abschnittes ist eine bedeutend intensivere, als jene des hinteren Abschnittes, an dem sich dieser Process überhaupt viel später einstellt Fig. 4), denn zu einer Zeit, da der vordere Abschnitt der Anlage durch die Sprossen- bildung ein ganz konglomerirtes Aussehen besitzt, hat der hintere Abschnitt kaum zu sprossen begonnen. Allmählich stellt sich aber dieser Process auch hier bei acht und zehn Wochen alten Larven ein. Zu Anfang sind alle Sprosse der gesammten Anlage einfache Einstülpungen, später aber entwickeln dieselben auch Nebensprossen, wodurch es besonders in dem hinteren Abschnitt zu einer deutlichen Ramifikation kommt. Hand in Hand mit diesem: Process geht eine lebhafte Wucherung des neuroglialen Polsters und die Sprossen des hinteren Abschnittes wuchern tief in dieses ein, wobei sie bis auf ihre Mündung allseitig von neuroglialem Gewebe umgeben werden. 56 B. Haller Die untere Lamelle der Hypophysenanlage gestaltet sich im Laufe der Entwieklung zu einer dünnen Membran, die nur von einer Schicht platter Epithelzellen gebildet wird. Endlich erfolgt bei 12—14 Wochen alten Forellen zwischen dem vorderen und hinteren Abschnitt ganz medianwärts ein Durchbruch dieser Membran nach außen in den Pericranialraum. Mit diesem Schritt wird die Ent- wieklung der Hypophyse wenigstens im Allgemeinen abgeschlossen und wir können mit der Schilderung der Verhältnisse bei dem ent- wickelten Thiere beginnen. Die Hypophyse (Fig. 5 Ayp) hat bei mittelgroßen, etwa 20 cm langen Forellen (S. fario und irideus) eine linsenförmig runde Gestalt, mit von oben, entsprechend der mäßigen Krümmung der Lamina postoptica (/po), konkav eingedrückter Fläche. Sie liegt (Fig. 44 hyp), wie bekannt, hinter der mächtigen Sehnervenkreuzung opt) und vor der Infundihulardrüse (sv), zwischen den vorderen Enden der Lobi inferiores der zwischen diesen sich ausspannenden Lamina postoptica, mit der sie ja innig verwachsen ist, an. Ihre Ränder sind, besonders bei sehr großen Thieren, etwas ausgekerbt. An ihrem vorderen Ende befindet sich eine Querrinne (v), die auch früheren Beobachtern be- kannt war. In situ befindet sie sich in einer muldenförmigen Ver- tiefung zwischen Basi- (Fig. 5 dsph) und Präsphenoid, in die eine Aussackung der derben Hirnhaut (dm) hernienartig sich ausstülpt. Unter dieser Aussackung liegt viel Bindegewebe und in dieselbe eingehüllt die inneren Carotiden. Hierauf folgt die Muskelschicht und endlich das Mundhöhlenepithel. Somit ist auch bei den Knochen- fischen, ähnlich wie bei den Sauriern, im Sphenoid eine Hypophysen- fontanelle vorhanden. Bei der Forelle ist die Offnung im Sphenoid ~ entsprechend der Hypophyse weit, bei den Cyprinoiden verengt sie sich und die Hypophyse gelangt dann sehr tief unter die Sphenoid- lamelle, wobei sie mit der Lamina postoptica nur durch einen dünnen neuroglialen kompakten Stiel verbunden ist, der eben noch Raum in der Öffnung im Sphenoid findet. Entsprechend der ganzen Ent- wicklung der Hypophyse muss angenommen werden, dass deren enge Anlagerung an die Lamina postoptica und die dadurch bedingte weite Offnung im Sphenoid ein ursprünglicherer Zustand ist, als das Verhalten bei den Cyprinoiden. Welche Lage die Hypophyse zum Sphenoid bei Lophius einnimmt, wo bekanntlich ein sehr langer Hypophysenstiel die Drüse mit der Lamina postoptica verbindet, ist noch festzustellen. Die Hypophyse der Forelle zerfällt in einen vorderen (Fig. 5, 6, Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 57 44 vd) und einen hinteren Abschnitt (Ad), die sich auch geweblich von einander unterscheiden. Der vordere Abschnitt beträgt etwa nur den vierten Theil der ganzen Hypophyse, welche zum größten Theil vom hinteren Abschnitt gebildet wird. Dieser besteht aus dem mit der Lamina postoptica innig verwachsenen und aus ihr hervor- gegangenen neuroglialen Kerntheil und einem drüsigen Überzug, wel- cher in Form von sackförmigen und verzweigten Drüschen tief in das ektodermale Bindegewebe eingewuchert ist. Die Hypophyse ist fast mit der ganzen oberen Fläche des hinteren Abschnittes der Lamina postoptica angewachsen und nur ihr vorderer Abschnitt und ein ganz kleiner anliegender Theil des hinteren Abschnittes sind von der- selben durch einen dünnen pialen Fortsatz (Figg. 5, 6 /m) getrennt. Obgleich die Drüsenschläuche auch in dem vorderen Abschnitt durch spärliches neurogliales Gewebe von einander getrennt werden, so kann dasselbe hier wegen der engen Aneinanderlagerung der Drüsenschläuche doch nicht zu so einer Mächtigkeit gelangen als im hinteren Abschnitt, besonders da ja auch die Blutkapillaren einigen Raum beanspruchen. An dem ganzen angewachsenen Umfang der Drüse, also kreis- förmig, setzen sich die drüsigen Wände in eine dünne Epithellamelle fort, welche somit, wie dies schon GorrscHE bekannt gewesen, die Drüse sackförmig umschließt (Figg. 5, 6 g). Diese Lamelle ist die untere äußere Wand der Hypophyse, welche, wie schon angegeben, vorn in der Rinne zwischen beiden Abtheilungen der Hypophyse ge- rade in dem Mittelpunkt derselben durchbrochen ist (Fig. 5, 6). Die Hypophysenöffnung ist nicht weit und, so weit ich auf Schnitten fest- stellen konnte, von eng ovaler Gestalt. Auf Totalpräparaten ist die Off- nung, besonders da die untere Hypophysenwand wegen ihrer Dünne bei der Präparation zum Theil wenigstens fast immer an der derben Hirnhaut hängen bleibt, nicht gut zu beobachten, doch sehr deutlich an Längsschnitten, besonders solcher Präparate wahrzunehmen, die nach vorheriger Entkalkung sammt dem Schädelboden geschnitten wurden. Die untere Hypophysenwand ist an den vorderen Abschnitt der Drüse fest angewachsen, darum geht das Drüsengewebe am oberen, dem Hirn zugekehrten Rand der Drüse nieht kontinuirlich in das Drüsengewebe über, denn diese ist dort völlig abgeschlossen. Ganz anders verhält es sich an dem hinteren oberen Rande der Hypophyse, wo man den kontinuirlichen Übergang der drüsigen oberen Wand in die untere gut zu erkennen vermag (Figg. 5, 6 links). An der Mündung der Hypophyse gelangen mehrere befestigende 58 B. Haller Fibrillenbündel von der derben Hirnhaut aus sowohl an den vor der Mündung als auch an den hinter derselben gelegenen Theil der unteren Wand (Fig. 5 ds, 5s’). Nach diesem Befund muss somit angenommen werden, dass die Hypophyse ihr Sekret zwischen die Gefäßhaut und die derbe Hirnhaut ergießt. Es wäre noch übrig die feineren Strukturverhältnisse der Hypo- physe zu besprechen. Bei jüngeren Individuen bis 20 em Länge sind die Drüschen im hinteren Hypophysenabschnitte zum Theil tubulöse Säcke, zum Theil aber auch acinöse Gebilde (Fig. 5). Bei sehr großen Individuen, wie etwa solchen von 38 em Länge, finden sich dort aber nur wenige tubulöse Drüschen vor und auch diese gehören zu den kleinsten. Auch sind die Drüschen bei alten Indi- viduen viel dichter gestellt als bei jugendlichen (vgl. Fig. 5 mit Fig. 6) und somit ist klar, dass auch bei dem geschlechtsreifen Thiere die Vermehrung der Drüschen durch Einstülpung von der drüsigen oberen Wand der Hypophyse aus im hinteren Abschnitt sich forterhält, wie denn auch die ganze Hypophyse an Masse zu- nimmt. Drei große Drüsenquerreihen findet man bei großen Exem- plaren in der nächsten Nähe des vorderen Abschnittes (Fig. 6); zwei derselben haben sich im späteren Alter entwickelt, denn bei 20 em langen Individuen findet man hier nur eine einzige Querreihe großer Drüsen (Fig. 5). Diese großen Drüsen sind reich verzweigt und die vorderen Läppchen der ersten Reihe reichen selbst zwischen die Sehläuche des vorderen Abschnittes, so dass sich hier eine Verflech- tung der Schläuche beider Abschnitte einstellt. Die großen Drüsen dieser Reihe bei kleineren Individuen, sowie die Drüsen der beiden ersten Reihen sehr großer Individuen, münden gemeinsam in jene zwischen den beiden Abschnitten der Hypophyse befindliche Rinne (Fig. 5, 6, 44 7). In dem vorderen Theil dieser Rinne mündet aber auch der Drüsenkomplex des vorderen Abschnittes, doch habe ich im Ganzen bloß eine, höchstens zwei solcher Mündungen angetroffen, die ganz medianwärts gestellt, gerade oberhalb der Hypophysen- miindung sich befinden. Der vordere Abschnitt der Hypophyse ist somit ein ganz konglomerirter, von tubulösen Schläuchen gebildeter Drüsenabschnitt mit einer gemeinsamen medianen Mündung (Fig. 6 0). Dem gegenüber besitzt der hintere Abschnitt viele acinöse, nicht so fest an einander lagernde Drüschen (die kleinen Tubuli sind, wie aus der obigen. Darstellung hervorgeht, bloß Entwicklungsstadien von Drüsen, die alle selbständig sich in das Hauptlumen der Hypophyse Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 59 ergießen). Mit dem Alter nimmt die Hypophyse an Mächtigkeit zu und da sie zu dieser Weiterentfaltung der Länge nach nur wenig Platz besitzt, so schiebt sie sich unter der Mündung der Infundibu- lardrüse etwas nach oben, wodurch der hintere Theil der Lamina postoptica nach vorn zu gebogen wird (Fig. 6). Entsprechend der Differenzirung der Hypophyse in einen vor- deren und hinteren Abschnitt, ist auch das Drüsengewebe dieser Theile ein gänzlich verschiedenes, was bei dem ersten Anblick eines Sagittalschnittes (Figg. 5, 6) auffallen muss. Das Epithel des hin- teren Abschnittes und zwar sowohl jenes in den Drüschen als auch jenes an der Oberfläche zwischen denselben, ist ein kubisches bis niedrig eylindrisches (Fig. 8 B) und erreicht eine Höhe von 0,045 mm. Die Zellen sind sehr zart und besitzen einen verhältnismäßig großen Kern. Das Protoplasma zeigt eine gewisse geringe Neigung für Tinktionen. Cilien fehlen. Ganz anders sieht das Drüsengewebe des vorderen Abschnittes aus. Es sind hocheylindrische, 0,27 mm messende, scharf umrandete, sehr resistente Zellen, welche die mit einem deutlichen Lumen versehenen Schläuche auskleiden. Der gelb- lichweiße Zellleib, welcher weder durch Alaun-, Boraxkarmin und durch ammon. Karmin eine Tinktion oberhalb des Kernes annimmt, war fein granulirt und zeigte an seinem dem Drüsenlumen zuge- kehrten Ende eine leise parallele Strichelung, wie dies bei Drüsen- zellen häufig zur Beobachtung gelangt. Der Zellkern liegt stark basalwärts und um ihn herum ist ein dichteres Protoplasma zu be- obachten, das auch eine ganz leise Färbung mit ammon. Karmin und Hämatoxylin eingeht, sonst aber mit den Kernfärbemitteln stets ungefärbt bleibt. Auch hier kommen keine Wimpern vor. Bezüglich des zwischen den Drüschen des hinteren Abschnittes liegenden ektodermalen Bindegewebes oder der Neuroglia sei bemerkt, dass es wie früher hauptsächlich aus einem feinen, an mit Form- aldehyd gehärteten Objekten sehr scharf hervortretenden Netz besteht, mit in die Knotenpunkte stellenweise eingelagerten, sehr protoplasma- armen großkernigen Zellen. Die Ependymzellen senden zahlreiche, oft sehr lange Fortsätze in dieses Gewebe, die sich zum Schlusse in dasselbe auflösen. Die Zellkerne sind vielfach in Reihen geord- net und begleiten so das in der ganzen Hypophyse nicht sehr reiche Blutgefäßnetz. Man findet aber auch in diesem Gewebe zahlreiche Nervenfasern, die von dem nervösen Abschnitt der Lamina postoptica (Figg. 5, 6 y), der ja auch Ganglienzellen enthält, kommen und sich 60 B. Haller hier veriisteln. Sie sind offenbar dazu bestimmt, das Drüsengewebe der Hypophyse zu innerviren. Die Versorgung der Hypophyse mit Blut erfolgt von Ästen der in der Hypophysengrube nach oben strebenden inneren Carotiden. Bevor ich mit der Beschreibung der Infundibulardrüse beginne, sei die Bedeutung der Durchbrechung des Sphenoids unter der Hypophyse angeregt. Diese ist mit einem Verbindungsstrang der Hypophyse mit der Epidermis nicht in Beziehung zu bringen, da ein soleher Strang bei den Knochenfischen nie besteht, sondern die An- lage sich direkt von ihrem Mutterboden ablöst. Andererseits zeigen aber auch weitere Entwicklungsstadien (Fig. 3, 4), dass solch ein Kanal sieh gar nicht vorfindet. Darum wäre die Sache so aufzu- fassen, dass, da die Hypophyse vermöge der starken Ausbildung und der medianen Lage der Infundibulardrüse (Fig. 5) — was wieder ein ursprünglicher Zustand ist — mit ihrer Hauptmasse nicht nach oben selangen kann, sie bei den Salmoniden zeitlebens die embryonale Lage beihebält. Sie verhindert dann durch diese Lage eine Vereini- sung der beiden Sphenoidtheile. Dieser Zustand ist wohl ein ur- sprünglicher, denn er kommt in gewisser embryonaler Periode auch bei den Selachiern in dieser Weise vor, verschwindet aber später mit dem Verwachsen der beiden Sphenoidknorpel und weiterhin bezeich- net nur noch der Eintritt der inneren Carotiden den früheren Ort dieser Lücke. Die Infundibulardrüse (Saccus vasculosus) des entwickelten Thie- res liegt (Fig. 44 so) hinter der Hypophyse und zwischen den beiden Lobi inferiores (%). Letztere liegen so eng an einander, dass sie nur in der medianen Längslinie unter der Arteria. basilaris einen spaltformigen Raum zwischen sich freilassen, in welchem die obere zugespitzte Kante der Infundibulardrüse liegt (Fig. 5). Diese Drüse ist ihrer äußeren Erscheinung nach ein längliches, in ihrer Mitte etwas zusammengedrücktes Gebilde, mit abgerundetem Ende, welches das hintere Ende der Lobi inferiores erreicht. Da die Infundibular- drüse stark vascularisirt ist, ist sie im frischen Zustande roth. Wir haben die Infundibulardrüse auf einem Entwieklungsstadium verlassen, in welchem sie zwar schon eine mit deutlichem Ausfüh- rungsgange in das Infundibulum versehene Drüse war, ihre defini- tive Gestalt aber noch nicht erreicht hatte. Dem in jenem Stadium beschriebenen Längsfaltenpaare, welches den oberen Theil der Drüse unvollständig abgeschnürt hatte (Fig. 4, Fig. 31 /f), folgen andere zwei Längsfaltenpaare nach, eins oberhalb und eins unterhalb derselben, Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 61 und zugleich vergrößert sich die Drüse. Es beginnen nun aus der Arteria basilaris auch Gefäße an die Drüsenwand heranzuwachsen, die dann allmählich in die vorgebildeten Räume zwischen den Falten- systemen einwuchern, und somit nicht als die Ursache von deren Bildung zu betrachten sind. Der enge Ausführungstheil der Drüse bleibt stets frei von Gefäßen. Damit ist auch der Zustand, wie es die völlig entwickelte Drüse zeigt, erreicht. Wie ich es bei den Selachiern deutlich zu beobachten Gelegen- heit hatte, tritt ein Ast (Fig. 12 a) aus der Basilararterie (ad) zur Anlage der Infundibulardrüse heran und verästelt sich auf derselben. Bei der Forelle spricht schon die enge Anlagerung des Organs an Fig. 2. die Basilararterie während der N Entwieklung (Figg. 3, 4) deutlich Be \ \ dafür, dass die Vascularisation EN der Drüse nur von dieser Arterie ve Bl, 7 n ie / 1 : ( nehmen, dass das miichtige Ge- | fäßsystem der Infundibulardrüse kein Kapillarnetz, sondern ein aus erfolgt: Nach all Dem, was / ff // | ( X SS ich beobachtet habe, muss ich an- | ni Joh Arnd ] IN ) IN | } Hem) \ n\ \ \\ | Hi \\ JN | | wahres Wundernetz ist. Die End- | | | | | äste des zuführenden Gefäßes | | | \ | JA | | erweitern sich dabei in immenser Weise, durchziehen so von vorn nach hinten das ganze Gebilde und setzen sich hinten in die ab- führenden Gefäßäste fort, die wie- N, \ ) lan d aN wy der ihrerseits in die Vene ein- SEN \ ae Di ( miinden. Dieses Verhalten habe ears ich auf der Textfig. 2 schematisch R\ zu veranschaulichen gesucht. Auf is N einem durch die Längsschnitte \e der Infundibulardriise gemachten Querschnitte (Fig. 31), erkennt man sehr deutlich, dass die von Blut strotzenden, stellenweise sehr weiten Gefäßräume die Räume zwischen den Längsfalten der Drüsenwand vollständig ausfüllen und nach ihrem Füllungsgrad jene Wand auch vielfach in das Lumen der Drüse vordrängen. Auf diese Weise wird die Drüse beinahe allseitig von Gefäßen umgeben und nur einzelne kleine Stellen der Drüsen- 62 B. Haller wand sind es, die zwischen den Gefäßen zum Vorschein kommen. So bildet die Drüse mit ihren mächtigen Gefäßen ein kompaktes Ganzes (Fig. 44 sv) und dieses wird von einer Hülle der derben Hirn- haut noch inniger zusammengehalten. Lateralwärts (Fig. 31 rd, Ib) setzt sich dann die derbe Hirnhaut auf die Lobi inferiores fort, dorsalwärts bildet sie aber ein Aufhängeband, das die Drüse median- wärts an die Hinterhirnbasis befestigt!. Zwischen der derben Hirn- haut und der Drüse liegt aber noch eine feine, allerdings mit ersterer sehr innig verwachsene Gefäßhaut. Die Infundibulardrüse besitzt somit ein sagittal gestelltes medianes Lumen (Fig. 31 und Fig. 5 sv) und entsprechend den horizontalen Längsfalten der Seitenwände, ersteres unter rechtem Winkel schnei- dende Seitenlumina. Das mediane Hauptlumen ist, wie aus Fig. 31 ersichtlich, offenbar nach dem verschiedenen Füllungsgrad der Gefäße mit Blut, nicht immer so symmetrisch gestellt, dass ein wohlgelunge- ner medianer Sagittalschnitt es vollständig treffen würde, doch habe ich auch solcherweise das Hauptlumen getroffen (Fig. 5). Was die Histologie der Drüsenwände betrifft, so werden dieselben von einem hoch kubischen bis stellenweise ganz niedrig eylindrischen Epithel gebildet, dem weder ein cuticularer Saum noch Wimpern aufsitzen (Fig. 9). Hierauf folgt eine dünne Membrana propria und dann die Gefäße, beziehungsweise die Gefäßhaut des Hirns. Die Epithelzellen besitzen einen schönen, großen und runden Kern mit deutlichem Kernkörperchen. Um den Kern herum liegt gekörntes Protoplasma und an dem freien Ende der Zellen ist eine sehr deut- liche Strichelung zu erkennen. Allerdings habe ich aber auch Drüsen geschnitten, in denen die Zellen sich in einem anderen Sekretions- stadium befanden und demgemäß ganz gleichmäßig granulirt waren; in diesem Falle färbten sich die Zellen mit ammon. Karmin sehr. intensiv, sonst aber nur mäßig und bloß am basalen Abschnitte. Wenn wir die Resultate über die beiden Infundibularorgane zu- sammenfassen, so ergiebt es sich, dass die Infundibulardrüse und die Hypophyse zwei sowohl ihrer Genese als auch ihrer Ausmündung und Struktur nach ganz verschiedene Gebilde sind und somit mit einander nichts zu thun haben. Die Hypo- physe mündet in die Schädelhöhle und die Infundibular- drüse in die Gehirnhöhle. 1 Auf Fig. 5 ist diese Lamelle, da sie nicht ganz median lag, nicht ge- troffen. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane 63 B. Selachier. Bei den Selachiern legt sich die Hypophyse, wie auch die neueste Untersuchung, jene ©. K. Horrmann’s!, bestätigt, sehr spät, lange nach dem Durchbruche der Rachenhaut, knapp vor deren früherer Stelle aus dem ektodermalen Epithel, in Form einer hohlen Einstülpung an. In diesem Stadium ist der Querkanal des präoralen Munddarmes (der Kopfhöhle oder des Kopfsomites), wie aus den Abbildungen Horrmann’s deutlich hervorgeht, in Form einer abgeschlossenen, von oben nach unten zu langgestreckten Blase vor der Chorda und ober- halb des blinden Endes der Hypophysenanlage, noch recht deutlich zu erkennen. Das bei einem Embryo von Mustelus laevis (von 22 mm Länge) von mir angetroffene Stadium? steht zwischen dem von HOFFMANN bei Acanthias vulgaris geschilderten Stadium und jenem, welches er gleichfalls geschildert und abgebildet? und in welchem die Hypophysenanlage sich bereits vom Ektoderm fast ganz abge- schnürt hat. Jenes von W. MÜLLER abgebildete und beschriebene Stadium ist etwas älter als das ältere von HorrMann geschilderte. In dem von mir beobachteten jüngsten Stadium (Fig. 10) war die Hypophysenanlage (hyp) noch ein gegen die Mundhöhle offener Sack, der senkrecht nach oben gerichtet war und von hinten dem senkrecht herabfallenden hinteren Abschnitt der Lamina postoptica (jy) eng anlagert. Ihr blindes Ende reicht bis zu der bereits vor- handenen Anlage der Infundibulardrüse (sv). Oberhalb der Hypo- physenanlage, zwischen deren Ende und dem gekrümmten Chordaende (Ch) liegt noch die mediane Verbindung der beiden präoralen Kopf- höhlen (p%), oder das abgeschnürte obere Ende der Szeser’schen Tasche. Diese muss sich schon längstens abgeschnürt haben, denn abgesehen davon, dass ihr unterer, der Hypophysenanlage zugekehrter größerer Abschnitt schon ganz solid war, hatte sich an ihre Stelle der Einstülpung der erste Aortenboden oder die spätere Carotis in- terna (car) vorgeschoben und reicht beinahe bis zur Hypophysenanlage. Das obere Ende der SEESEL’schen Tasche war noch hohl; der untere 1 C. K. HorrMann, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. eat Jahrbuch Bd. XXIV. 1896. 2 Zum Theil erhielt ich das wohlkonservirte peters alavische Material von Herrn Professor H. KLAATscH, dem ich dafür auch an dieser Stelle bestens danke. 21. ec. Tai. V Fig: 58. #1. e. Taf. V Fig:.60: >=1.& Daf IX Big: 5: 64 B. Haller kompakte Theil reichte zwar beinahe bis zu dem oberen Ende der Hypophysenanlage, doch war zwischen beiden ein deutlicher Zwischen- raum vorhanden. Die weitere Rückbildung der SEESEL’schen Tasche erfolgt von unten nach oben und man trifft dann ihr hohles oberes Ende, wie dies ja auch v. Kuprrer bei verhältnismäßig jüngeren Störembryonen fand, in Form eines Ringes auf Sagittalschnitten so- gar noch bei 90 mm langen Embryonen an (Fig. 11 pk). Bei noch älteren Embryonen hat sich endlich die Rückbildung vollzogen. Wie aus dieser Beobachtung hervorgeht, tritt die SEESEL’sche Tasche zu keiner Zeit in Beziehung mit der Hypophysen- anlage, wie ja dafür das abgebildete Stadium am überzeu- gendsten spricht (Fig. 11). Nach Horrmann! soll sich der präorale Querkanal oder die SEESEL’sche Tasche bei Acanthias vulgaris vom Urdarm in Form eines soliden Zapfens anlegen, wie dies nach v. KuUPFFER auch bei dem Störe der Fall ist; jener Zapfen wird nachträglich aber hohl und schnürt sich von dem Urdarme ab. Bei 13—14 und 16 mm langen Embryonen fand er die SEESEL’sche Tasche in Form einer abgeschlossenen länglichen Blase, die oberhalb des Endes der Hypophysenanlage und vor dem Chordaende gelegen war, dieses aber mit ihrem oberen Ende iiberragte. Auch HorrMANN erwähnt nichts davon, dass wenigstens ein Theil der SEESEL’schen Tasche an der Hypophysenanlage sich betheiligen würde und wir können somit getrost annehmen, dass so etwas auch nicht stattfindet. Sollte aber die weiter vorn angeführte Beobachtung NusßAum’s richtig sein, dass nämlich bei Hunde-Embryonen die SEESEL'sche Tasche an der Hypophysenanlage sich betheiligt, dann wüsste ich mir es aller- dings nicht zu erklären, warum ein soleher Process, der doch nach v. Kuprrer’s Theorie den Zusammenhang zwischen dem vorausge- setzten Palaeostoma mit dem Urdarme bezeichnet, bei so alten Wirbel- thieren, wie die Selachier sind, gänzlich unterbleibt. Die Hypophysenanlage des 22 mm langen Mustelusembryo ist keine überall gleich weite, also handschuhförmige Ausstülpung, son- dern wie meine Sagittalschnittserie bezeugt, ein unter seiner Mündung etwas engerer, von da an taschenförmig etwas nach beiden Seiten hin ausgebuchteter Sack. Die vordere Wand der Hypophyse ist dieker als die hintere, die wieder an der Mündung am dünnsten ist. Die Infundibulardrüse legt sich bei Selachiern früher an als bei den Teleostiern und, so weit ich es aus v. Kuprrer’s Arbeit ersehe, Untersuchungen iber die Hypophyse und die Infundibularorgane. 65 beim Stör. Die Anlage ist bei dem 22 mm langen Embryo von Mustelus in Form zweier über einander liegender flacher Säcke, die von einander durch eine horizontale Querfalte getrennt sind (so), schon vorhanden. Die weitere Entwicklung der Hypopbyse vollzieht sich bei 26 mm langen Embryonen auf die Weise, dass die RATHKE- sche Tasche sich abschnürt und die Lamina postoptica nach vorn wachsend allmählich eine horizontale Lage erreicht, auch die ihr eng anliegende Hypophysenanlage diese Wanderung durchmacht. Diesen Process im Beginne zeichnet Horrmann! bei 27 mm langen Acanthiasembryonen, bei denen die Abschnürung sich noch nicht ganz vollzogen hat. Bei 29 mm langen Mustelusembryonen rückt nun das abgeschnürte, ursprünglich untere Ende der Hypophysen- anlage nach vorn dem Chiasma zu. Das vorderste Ende der Hypo- physenanlage ist jedoch nicht die abgeschnürte Stelle, denn während die Abschnürung stattfindet, wächst die vordere Wand der Hypophyse sackförmig nach vorn, wodurch die abgeschnürte Stelle an die untere Wand des Hypophysensackes ea ganz nach vorn zu liegen kommt. Diesen Process | habe ich nach zwei verschieden alten Embryonen ee) schematisch auf Textfig. 3 dargestellt, wo die offen gelassene Stelle an der unteren Figur (b) er jene Stelle bezeichnet, an der die Abschnürung en. erfolgte. Von nun an wächst die ganze Hypophysen- anlage nach vorn zu aus, so jedoch, dass das nun hintere, früher obere Ende der Hypophyse unterhalb der Anlage der Infundibular- drüse in seiner ursprünglichen Lage fixirt wird. Nachher wird ein ‘Stadium erreicht, welehes W. MÜLLER von 30 mm langen Acanthias- embryonen abbildet?, da der Abschnürungskanal noch in Form eines kompakten Stranges zu erkennen ist. Ein Embryo von 32 mm Länge zeigt nichts Wesentliches, bloß, dass dieser kompakte Strang sich sehr stark rückgebildet hat, und kaum mehr zu erkennen ist. Von hier aus bis zu einem Embryo von 90 mm fehlen mir die Zwischen- stufen, was, wie ich glaube, bei der weiteren Erörterung nicht stören wird. Bei dem großen Embryo von 90 mm war sowohl das Basisphe- noid (Fig. 11 dsph) als auch der Prosphenoidknorpel (psp/) entwickelt, doch waren dieselben mit einander noch nicht verwachsen. Die Lücke 1]. c. Taf. V Fig. 60. 2]. e. Taf. IX Fig. 5. Morpholog. Jahrbuch. 25. or 66 B. Haller zwischen ihnen befand sich unterhalb des noch erhaltenen oberen Endes der Querverbindung (ps) der beiden präoralen Kopfhöhlen. Die beiden inneren Carotiden gelangen durch diese Lücke in den Cranialraum und es läge in dieser Hinsicht ein vergängliches Ver- halten vor, welches sich zeitlebens bei der Forelle erhält. Das Chorda- ende (Ch) war bereits sehr schmal geworden und der Haken hatte sich ganz ausgeglichen. Diese gerade Aufrichtung des Chordaendes erfolgt passiv dadurch, dass die nach oben stehende Sella des Basi- sphenoids dasselbe nach oben drückt. Die Stelle, an der sich die Hypophysenanlage von dem ektodermalen Rachenepithel abgeschnürt hatte, war nicht mehr kenntlich. Die Entwicklung der Infundibular- drüse (sv) hat keine wesentlichen Fortschritte gemacht, denn man erkennt auch jetzt noch die zwei flachen Ausstülpungen, die von einander, wie sonst durch eine Querfalte getrennt werden und nur durch die horizontale Lagestellung des ependymatösen Abschnittes der Lamina postoptica (po), — welchen Process ich für jüngere Embryonen weiter oben schon erörtert habe — hat sich eine Verän- derung an der Anlage der Infundibulardrüse eingestellt. Die Lamina postoptica, gleich wie bei den Knochenfischen aus einem vorderen nervösen Abschnitt (y) mit basalwärts gelegenen kleinen Ganglien- zellen und einem hinteren ependymatösen Abschnitt (po) bestehend, der aber auch eine basale Faserschicht aufweist, besitzt an ihrer hinteren Grenze jetzt eine Querfurche (a), welche durch die plötzliche Verschmälerung des Hirnbodens entstanden ist. Wie es aus späteren Entwicklungsstadien ersichtlich wird, ist die auf die Lamina postop- tica folgende dünne Lamelle noch zur Anlage der Infundibulardrüse zu rechnen. Diese dünne Lamelle stößt beinahe unter rechtem Win- kel an die dicke Wand der unteren Ausstülpung der Infundibular- drüsen-Anlage und in dieser Ecke (ß) erfolgt, wie wir später sehen werden, eine weitere wichtige Differenzirung der Infundibulardrüse. Nach oben folgt auf die Infundibulardrüsen-Anlage, ein nach oben zu allmählich dieker werdender, jetzt schon nach oben und hinten etwas ausgebuchteter Abschnitt (w) der hinteren Infundibular- wand und hierauf ein mächtiges Tuberculum (?), aus dem später andere, bei Teleostiern jetzt bereits entwickelte Theile sich differen- ziren. Die Hypophysenanlage (hyp) ist jetzt ein langer platter Sack mit weitem Lumen und erstreckt sich von der unteren Ecke der Infundibulardrüsen-Anlage (3) an bis zur zukünftigen Sehnervenkreu- zung (opt). Die obere Wand der Anlage liegt fest der Lamina post- Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 67 optica und der unteren Seite der Infundibulardriisen-Anlage an, jedoch liegt zwischen beiden eine dünne, aus platten Zellen gebildete Membran, welche sich später zur Gefäßhaut dieser Stelle entwickelt. Die beiden Wände der Hypophysenanlage sind ungleich diek, denn während die untere dünnere nur an den Übergängen in die obere Wand sich verdickt, besitzt die obere Wand, hauptsächlich in dem hinteren Theil der Anlage, eine recht ansehnliche Dicke. Besonders wird die obere Wand in dem hinteren, also in dem Endabschnitte, ziemlich plötzlich verdickt und zwar außer dieser Verdickung, welche die erste Anlage des Hypophysenkopfes ist, kommt es an dem hin- teren Ende der Anlage, auch ventralwärts, zu einer weiteren Differen- zirung. Während das vordere Ende der Anlage (hp’) jetzt noch durchaus ohne Differenzirung bleibt, entwickelt sich ventralwärts an dem hinteren Ende eine Ausstülpung, die ein weites Lumen und ein enges Mündungsstück in das Hauptlumen der Anlage besitzt. Sie liegt gerade oberhalb der Lücke zwischen den Sphenoidtheilen und ist die Anlage des unteren Hypophysensackes (hp”), wie ich diesen Theil der Hypophyse nennen möchte. In der eben geschilderten Hypophysenanlage sind alle weiteren Anlagen des entwickelten Zustandes gegeben. Obgleich mir noch ein Zwischenstadium bis zu dem nun zu beschreibenden Verhalten eines 20 cm langen, also vor der Geburt stehenden Embryos zur Verfügung stand, so glaube ich das dann Beobachtete übergehen zu dürfen. Die Hypophysenanlage wird in der nächsten Zeit, da sie sich nicht mehr in die Länge entfaltet, relativ kürzer. Bei dem großen 20 cm messenden Embryo sind die beiden Sphenoidknorpel (Fig. 12 bsph, psph) mit einander vollständig verwachsen, doch war der Knor- pelboden der Sattelgrube dünn, wie dies ja zeitlebens der Fall ist. Die Carotiden liegen jetzt bereits in dem Knorpel des Basisphenoids, während in der Sattelgrube zwischen reichlichem Bindegewebe Ve- nen (v, v’ v’) lagern. Hinter dem nun entwickelten Chiasma hat sich der nervöse Abschnitt der Lamina postoptica (y) in seiner frühe- ren Mächtigkeit nicht nur erhalten, sondern hat sich sogar zu einem sehr mächtigen Abschnitt des Hirnbodens herausgebildet. Unter der einreihigen Ependymschicht befindet sich jetzt eine Lage von Zellen, die weitere Bildungszellen für die Neuroglia in sich schließt; dann folgt eine spärliche Ganglienzellschicht und dann die Faserschicht. Der neurogliale Abschnitt der Lamina (/po) ist relativ kürzer geworden als er früher war, hat sich aber dafür verdickt. Es folgt an ihm 5* 68 B. Haller auf eine einreihige Ependymschicht eine Faserschicht mit sporadisch eingestreuten Neurogliazellen, unter denen jedoch Ganglienzellen voll- ständig fehlen. Zwischen dem ependymalen Abschnitt der Lamina und der Hypophyse liegt jetzt eine ansehnliche Gefäßschieht mit mäßig starken Blutgefäßen und somit ist die Hypophyse der Selachier im Gegensatz zu jener der Teleostier von der Neuroglia der Lamina vollständig isolirt und die Neuroglia wuchert nie ein in die Hypo- physenanlage. Obgleich die Infundibulardrüse ihre definitive Form noch nicht erreicht hat, so sind doch schon wesentliche Veränderungen an ihr zu vermerken. Ihre beiden oberen Ausbuchtungen (sv) haben sich wesentlich vertieft, zugleich sind ihre Wände dünner geworden. Die obere Ausbuchtung reicht jetzt bis beinahe an die äußere Seite des Hirnbodens. Zu diesen Ausbuchtungen hat sich nun an dem Winkel, den wir an dem 90 mm langen Embryo kennen gelernt haben (Fig. 11 ß), eine dritte Ausbuchtung so’) für die Infundibularanlage entwickelt, welche zwar nicht tiefer wie die obere ist, doch an ihrem Boden zwei deutliche kleine Nebenausbuchtungen zeigt. Die Wand dieser dritten Ausbuchtung, wie auch jene Lamelle (e), welche in den ependymalen Abschnitt der Lamina postoptica übergeht — zwischen denen sich nun die Querfurche gänzlich ausgeglichen hat —, besteht aus einschichtigem Epithel. Dem gegenüber besitzen die oberen Ausbuchtungen (so) ein zweischichtiges Epithel. In dieser Zeit er- folgt bereits die Vascularisation der Infundibulardrüse und zwar von der Arteria basilaris aus. Man erkennt sehr deutlich einen ventralen Ast (a) dieses Gefäßes (ab), an die beiden zwischen den drei Aus- buchtungen gelegene Querfalten sich begebend und zwischen deren Lamellen sich verästelnd oder sich knäuelförmig aufrollend, wie diese beiden Fälle auf dem abgebildeten Präparat (Fig. 12) deutlich zur Beobachtung gelangten. Somit erfolgt die Vascularisation, wie schon bei den Knochenfischen erwähnt, von der Basilararterie aus. Die hintere, jetzt nach oben zu sehende Infundibularwand (w) liegt nun zwischen den beiden hinteren Enden der völlig entwickelten Lobi inferiores und wird an dem an die Infundibulardrüse grenzenden unteren Theil von einschichtigem Ependym überzogen, während der ausgebuchtete mittlere Abschnitt von innen von einer mehrschichtigen Zelllage gebildet wird. Das nach oben und vorn zu folgende Tuber- culum impar inferius (w’) ist von dem T. i. inferius (¢) durch eine nicht allzu tiefe Querfurche getrennt. An der Hypophysenanlage (Ayp) bietet die große Höhlung noch Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 69 die lange Sackform, doch haben sich bereits durch starke Wuche- rungen wesentliche Veränderungen eingestellt. Auch die Vasculari- sation von den inneren Carotiden ker ist eine vollständige geworden. Der untere Hypophysensack (Ap”) — den, wie in der historischen Einleitung ausgeführt, schon BALrour und W. MÜLLER gesehen haben, Letzterer ihn aber von der Hypophyse ganz abtrennen lässt — hat an Umfang bedeutend zugenommen und besitzt eine ventrale, recht dicke und eine dorsale, dünne Wand. Mit dem Hauptlumen des oberen Hypophysensackes steht, er durch einen engen medianen Kanal (%p”g) in Verbindung, welchen Kanal die bisherigen Forscher übersehen haben. Dieser dünnwandige Kanal zeigt eine nach vorn gerichtete kleine Ausstülpung. Außerdem entsendet der untere Hy- pophysensack noch einen median gelegenen langen, hohlen, schmalen und blind endigenden Fortsatz (Ap”’f) nach vorn zu. Der untere Hypophysensack liegt, wie W. MÜLLER richtig beschrieben hatte, oberhalb der Venen in der Sattelgrube, von allen Seiten durch das dort lagernde Bindegewebe umbüllt. Zwischen dem oberen und unteren Sack findet sich eine dicke Schicht kernreichen Bindegewebes, das nur durch den Verbindungsgang zwischen den beiden Säcken durchbrochen wird. Auf dem sagittalen Längsschnitt ist dieses zwi- schenliegende Bindegewebe einem dicken Septum nicht unähnlich. Dem unteren Hypophysensack liegt seiner dieken ventralen Wand entlang ein verhältnismäßig ansehnlicher Gefäßast an. An dem oberen Hypophysensack lassen sich jetzt zwei Abschnitte unter- scheiden, der ursprüngliche Hypophysensack (yp) und ein an dessen hinterem Ende, fast unter der Infundibulardrüsenanlage liegender verdickter und neugebildeter Abschnitt (ip), den ich kurz den hin- teren Abschnitt nennen möchte. Aber auch der obere Hypophysen- sack ist nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erhalten, sondern hat nach allen Seiten hin aus seinen Wänden drüsige Ausstülpungen entwickelt. Die dorsale Seite besitzt deren nur wenige und kleine, die laterale, besonders aber die ventrale Seite ist jetzt durch eine Menge mächtiger, drüsiger, stets hohler Fortsätze ausgezeichnet. Diese sind, wie die Abbildung am besten vergegenwärtigt (Fig. 12), oft sehr lange Schläuche, die in gleicher Richtung wie der obere Hypophysensack gestellt sind und mit ihm kommunieiren, doch in Folge der starken Vascularisation von ihm durch Blutgefäße ge- trennt sind. Letztere umgeben von allen Seiten die beinahe fertig entwickelte Hypophyse und vertreten zugleich das Bindegewebe zwischen dem oberen Hypophysensack und seinen Drüsenschläuchen, 70 B. Haller indem sie dieselben zu einer kompakten Masse zusammenhalten. Dort, wo an der Wand des oberen Hypophysensackes nur wenige drüsige Ausstülpungen sich befinden, wie an der dorsalen Wand, ist diese sehr stark verdiekt und erzeugt fortwährend aus sich wei- tere Ausstülpungen. Auch das knopfförmig verdickte vordere Ende der Hypophyse zeigt eine sehr rege Proliferation. Während seine Spitze durch Kapillaren stark durchsetzt ist (Fig. 13), ist im hinteren Theil eine sehr rege Zellwucherung zu beobachten. Dem gegenüber besteht an der ventralen Seite des vorderen Hypophysenendes hinter der knopfförmigen Verdiekung eine ganz median gestellte, äußerst dünnwandige, längliche Stelle (Figg. 12, 13 d), von welcher eine Durchbrechung jetzt mit Sicherheit nicht feststellbar war. Diese Stelle entspricht aber, wie die frühere Entwicklung gelehrt hat, durchaus jenem Ort, an dem sich der Hypophysensack von ihrem Mutterboden, der Rachenepidermis, abgeschnürt hatte. Der Hypophysenkopf (Ap) besteht zur Zeit aus noch unvollständig ausgehöhlten, eng an einander lagernden, senkrecht auf die dor- sale und hintere Wand des Drüsensackes gestellten und sehr breiten Drüsenschläuchen, deren Mündungen in den Drüsensack zum Theil recht deutlich erkennbar sind. Zwischen diesen Drüsensäcken, von welchen einige auch Nebensäckchen aufweisen, befinden sich die Blut- kapillaren in starker Wucherung. Der Hypophysensack bildet nach oben dem Infundibularraum zu einen leise gewölbten Vorsprung und wird von jener dünnen Schicht überdeckt (e), die den unteren Boden der Infundibulardrüse vorstellt. Durch diese starke Aufwärtswuche- rung des Hypophysenkopfes bleibt der Entwicklung der Infundibular- drüse medianwärts nur wenig Platz übrig, und so kommt es, dass besonders bei denjenigen Selachiern, deren Hypophysenkopf sich be- sonders mächtig nach oben zu entfaltet, wie bei den Rochen, die Infundibulardrüse nach beiden Seiten verdrängt wird und dann in Form eines Zwerchsackes sich entwickelt (Fig. 43). Wie bereits betont, erfolgt bei den Selachiern keine Einwuche- rung des Neurogliagewebes von dem ependymalen Abschnitt der Lamina postoptica aus in die obere Hypophysenwand, vielmehr wird der Trichterboden von der dorsalen Hypophysenwand durch die Ge- fäßhaut getrennt. Bevor ich die Entwicklung der Hypophyse verlasse, betrachten wir noch den Entstehungsmodus ihrer drüsigen Schläuche aus den Hypophysenwänden. Obgleich diese drüsigen Fortsätze stets hohle Schläuche oder Ausbuchtungen sind, so legen sie sich doch nicht in Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 71 dieser Form aus der Hypophysenwand an, sondern ihre erste Anlage ist durchaus kompakt und höhlt sich erst nachträglich durch Spalt- bildung aus. Ich habe diesen Process besonders am Hypophysenkopf aber auch an der dorsalen Hypophysenwand eingehend verfolgt. Zu- erst erscheint, wie ich an letzterer Stelle ermittelte, eine sehr starke Wucherung einzelner Lokalitäten. Bald nachher lässt sich fest- stellen, dass kleinere Partien dieser Wucherung sich intensiver ver- srößern und sich von dem Mutterboden (Fig. 14 g) nach außen vor- wölben (7). Diese nach außen abgerundeten Wucherungen bestehen aus sehr dicht gestellten großkernigen Embryonalzellen, an denen Zellgrenzen nicht zu erkennen sind; vielmehr liegen die vielfach Mitosen zeigenden Kerne durch einander. Allmählich erfolgt nun auch eine Kapillarwucherung zwischen diese Drüschenanlagen. Zwi- schen je zwei solchen Anlagen befindet sich ein Stück Drüsenwand (9), die zur Bildung weiterer Anlagen (g’) dient. Erst nachdem diese Gebilde in durchaus kompakter Weise angelegt wurden und einen auswärts gekehrten abgerundeten, dicken, und einen im Mutter- boden liegenden Halstheil besitzen, erfolgt durch Spaltbildung die Aushöhlung (2), die sich auch auf den Halstheil (0) erstreckt und den Ausführungstheil erzeugt. Ganz ähnlich legen sich die großen Drüsensäcke des Hypophysenkopfes an. Zuerst sind es kleinere kompakte Zellwucherungen, die, nach außen wachsend, zu kompakten konischen mit dem Mutterboden zusammenhängenden Gebilden wer- den. Bei diesem Process wird auch die kernreiche Basilarmembran des Hypophysensackes in Mitleidenschaft gezogen, und erst nachdem sich um jede einzelne kompakte Drüsenanlage eine Membran ent- wickelte, erfolgt die Aushöhlung jener Anlagen. Die Gruppirung der Zellkerne weist zuerst darauf hin, ob aus einer kompakten An- lage bloß ein tubulöses Drüschen entstehen soll oder ob mehrere solche gemeinsam in den großen Drüsenraum der Hypophyse zu münden haben. Im ersteren Falle ist median entlang der ganzen Anlage bloß ein Kerntheil vorhanden, durch Ansammlung der Zell- kerne entstanden, während im zweiten Falle, doch durch kernlose Strecken von einander getrennt, gleich zwei oder (wie in dem ab- gebildeten Falle |Fig. 15]) drei solehe kernreiche Strecken die kom- pakte Anlage durchsetzen. Am distalen Ende der Anlagen erfolgt dann zuerst die Abgrenzung je nach den Umständen in zwei oder drei Drüschen. Erst jetzt, nachdem von innen nach außen die Grenz- membranbildung die einzelnen Anlagetheile von einander abgegrenzt hat, beginnt die Aushöhlung an denselben. Die Zellkerne sind, wie 7 5 B. Haller eben angegeben, median gruppirt, und dieser Kerntheil der Anlage wird von mehr oder weniger zellkernfreien Protoplasmamassen um- geben (Fig. 15). In dem Kerntheil stellen sich nun an verschiedenen Orten Spaltbildungen ein und eine solche erfolgt auch in der Wand der Hypophyse (o), die zur Mündung der zukünftigen Drüschen wird. Durch weitere Spaltbildungen vereinigen sich nun die einzelnen Spalten und das Drüsenlumen ist fertig. Bei vorgeschrittenerer Bil- dung kann man auch eine Differenzirung der Zellkerne des Mutter- bodens feststellen. Während nämlich die Zellkerne der Drüschen und zu einem Theil auch jene des Mutterbodens so bleiben wie sie früher waren, wird der nach dem Lumen des oberen Hypophysen- sackes zugekehrte Theil der Zellkerne langgestreckt und für Fär- bungsmittel (Alaun und Boraxkarmin) viel empfindlicher (Fig. 15 z). Um diese Zellkerne herum sind auch die Zellgrenzen gut entwickelt und somit ist klar, dass es sich bereits um definitive Elemente han- delt. Die nicht in dieser Weise differenzirten Zellen der Hypophysen- wand (z’) sind dann als Bildungszellen für weitere Sprossenbildungen zu betrachten. In ganz ähnlicher Weise entwickeln sich auch die längsten und größten Schläuche der Hypophysenwand, und nur der untere Hypo- physensack legt sich, wie wir das oben gesehen haben, in Form einer hohlen Ausstülpung an, und es kommt ihr auch darum schon eine höhere Bedeutung zu. Bei dem entwickelten Thier von Mustelus ist das Tubereulum jmpar superius von dem Tuberculum impar inferius gut abgegrenzt und die hintere, zwischen den Lobi inferiores gelegene Infundibular- wand hat sich noch mehr nach außen gebogen (Fig. 40 w), wodurch es nun mit Recht den Namen Saccus infundibuli (EDINGEr) führt und welche Bildung bei den Knochenfischen in dieser Form nur während der Ontogenie sich erhält (Figg. 3, 4 w), bei dem entwickelten Thiere aber nicht mehr vorhanden ist. Auch jetzt wird der Saceus nach innen zu nicht durch eine dünne Schicht Ependyms überdeckt, wie die beiden Tubercula, sondern von einer mehrschichtigen Zell- lage überzogen, worauf die dicke Faserschicht folgt. Die drei quer- gestellten Ausbuchtungen der Infundibulardrüse haben sich sehr vertieft (so), wodurch sich ja auch die Falten zwischen ihnen mächtig gestalten mussten. Besonders ist es der hinterste Abschnitt der Drüse, der, am spätesten angelegt, nun auf der oberen Seite des Hypophysen- sackes gelegen, weit nach hinten reicht (sv’), doch bei dem abgebildeten > Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. ie jungen Exemplar seine definitive Entfaltung noch nicht erreicht hat, denn dann reicht er bis hinter den Hypophysenkopf. Ich will der weiteren Beschreibung wegen die zwei vorderen Ausstülpungen der Infundibulardriise ihren vorderen sv) und den auf dem Hypophysenkopf liegenden (sv’) ihren hinteren Abschnitt nennen. Der vordere Abschnitt zeichnet sich durch einfache kleine Faltungen seiner Wiinde aus, und die so gerunzelte Driisenwand liegt der mächtigen Gefäßschicht in den Falten auf. Auch die vordere und die obere Seite des hinteren Abschnittes ist ähnlich gestaltet, und ganz hinten kommt es bei erwachsenen Thieren auch zu viel- fachen Faltenbildungen. Diese Falten sind stark vascularisirt. Wie oben bereits bemerkt, übt der Hypophysenkopf durch seine mäch- tige Entfaltung und durch seine Lage einen wesentlichen Einfluss auf die definitive Gestaltung der Infundibulardrüse. Bei Carcharias, Acanthias, Mustelus, Scyllium!, Hexanchus und, mit Ausnahme der Squatiniden, bei denen schon Annäherungen an die Rochen gegeben sind, wohl bei allen Haien, ist die Infundibulardrüse ein nach hinten und seitwärts abgerundeter, plattgedrückter Sack, der bei vielen dieser Formen weit hinter dem Hypophysenkopf hinausragt (Fig. 41) und nur bei denjenigen nach hinten das Ende des Hypophysenkopfes nicht erreicht, welche, wie Alopias vulpes (Fig. 42), einen langen und schmalen Hypophysenkopf besitzen. Dieser ganze Sack wird ausschließlich von dem hinteren Abschnitt der Infundibulardrüse ge- bildet, während der vordere Abschnitt sich zwischen diesen und dem Saccus infundibuli lagert (Fig. 40) und darum an Totalpräparaten - gar nicht sichtbar ist. Seitwärts legt er sich wieder so dicht an den hinteren Abschnitt, dass seine äußere Abgrenzung lateral an solehen Präparaten wieder nicht zur Ansicht gelangt (Figg. 41, 42). Ganz anders verhält es sich bekanntlich mit der Infundibulardrüse der Rochen. Bei diesen entwickelt sich der Hypophysenkopf be- sonders mächtig, wächst auch nach oben dem Hirnboden zu und lagert diesem ganz eng an. Dadurch ist der hintere Abschnitt der Infundibulardrüse verhindert, sich nach hinten zu entwickeln, und da sie von dem Hypopbysenknopf von hinten nach vorn zugedrückt wird, entfaltet sie sich zwerchsackartig nach den beiden Seiten 1 Eine in topographischer Beziehung gute Abbildung giebt EDINGER (Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns. 2. Das Zwi- schenhirn. Abhandlungen der SENCKENBERG’schen naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M. Taf. III Fig. 22), eines medianen Sagittalschnittes von einem offenbar jugendlichen Scyllium. 74 B. Haller (Fig. 43) hin. Ahnliche Verhältnisse, wenn auch nicht in so hohem Grade, zeigen die Squatiniden. Das Epithel der Infundibulardrüse ist im Allgemeinen ein niedrig kubisches (Fig. 46), das jedoch stellenweise etwas an Höhe zunehmen kann. Die Zellgrenzen ließen sich an den mit Formaldehyd kon- servirten Exemplaren von Mustelus nicht gut unterscheiden. Diese Zellen enthalten gerade in der Mitte des Zellkörpers sehr große runde Kerne, es lassen sich aber auch noch andere kleinere Zell- kerne an dem inneren Zellende erkennen, die entweder jugendlichen Zellen angehören oder geschrumpfte Kerne im Abstoßen begriffener Zellen sein dürften. Die Hypophyse des entwickelten Thieres (Fig. 40 hyp) unter- scheidet sich durch allgemein drüsige Differenzirung sämmtlicher Theile wesentlich von dem eines großen vor der Geburt stehenden Embryos (Fig. 12). Auch die dorsale Wand des oberen Hypophysen- sackes besitzt nun viele kleine Krypten, die, eng an einander ge- lagert, der ganzen dorsalen Wand ein echt drüsiges Aussehen ver- leihen. In die ventrale und laterale Hypophysenwand münden jetzt zahlreiche längsgestellte Schläuche, und auch das bei dem großen Embryo stark in Wucherung sich zeigende vordere Ende (Fig. 13) des Hypophysensackes hat sich entwickelt und ein Drüsenlappen- paar von ‚Schläuchen erzeugt, das in das vordere Ende des oberen Hypophysensackes mündet. Diese beiden vorderen Drüsenlappen liegen aber medianwärts so dieht an einander und ihre Schläuche verschlingen sich derart, dass es an Sagittalschnittserien nicht immer gelingt, mediane Schnitte zu erhalten, die von diesen Lappen nicht — etwas aufwiesen. So verhielt es sich bei zwei Individuen, während ich bei einem anderen Thiere allerdings zwei Schnitte erhielt, an denen die vorderen Drüsenlappen nicht mehr median getroffen waren. EDINGER! zeichnet sehr deutlich die beiden vorderen Lappen der Hypophyse nach einem Horizontalschnitte von Raja clavata; sie liegen hier weit aus einander. Auch giebt EDINGER an, dass zwi- schen den beiden Lappen Kommunikationen bestünden. RoRBON spricht bloß von einem Stiel der Hypophyse, unter welcher Bezeich- nung er, wie auch seine Vorgänger, den oberen Hypophysensack meint, der in Form eines keulenförmigen Gebildes bis zu dem Chi- asma reicht?. Thatsächlich ist äußerlich die Paarigkeit dieser Lappen nirgends zu erkennen. 1 l.e. Taf. III Fig. 23. ?J. V.Romon, Das Centralorgan des Nervensystems der Selachier. Denkschr. d. Wiener Akad. d.Wiss. Math.-naturw. Kl. Bd. XX XVIII. 1877. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 75 Medianwärts ist das große Lumen des oberen Hypophysensackes vorzüglich erhalten und auch die Drüsenschläuche sind, wie auch -Ronon richtig angiebt, alle hohl. Nach hinten und oben zu ver- engt sich unterhalb des Hypophysenkopfes das Lumen des oberen Hypophysensackes und an dieser Stelle findet, wie auch bei dem großen Embryo schon zu sehen war (Fig. 12 0, 0‘), die Einmündung sämmtlicher Schläuche des Hypophysenkopfes (Fig. 40 0) in den oberen Hypophysensack statt. Der untere Hypophysensack (/p’) besitzt auch einzelne Ausstülpungen, doch ist der Verbindungsgang mit dem oberen Sack ungemein eingeengt, es wäre daher möglich, dass die beginnende Rückbildung dieses Theiles der Hypophyse be- reits bei den Selachiern, wo er sich noch einer allgemeinen Ver- breitung zu erfreuen scheint, hierdurch angedeutet würde. Der Hypophysenkopf (hp) besteht aus weiten zum Theil auch doppelten und dreifachen Schläuchen, mit sehr deutlichem Lumen, welcher mit Detritus von abgestoßenen Zellen oder mit Sekret er- füllt sein kann. Er hat bei den Haien nicht immer dieselbe Gestalt. Bei Mustelus, Acanthias und Carcharias ist er rundlich, etwas von oben nach unten zusammengedrückt (Fig. 41), bei Alopias dagegen langgestreckt, oben platt und nach unten aber seitlich komprimirt (Fig. 42); hier überragt er auch nicht das hintere Ende der Infundi- bulardrüse, wie dies oben schon angegeben ward. Offenbar gehört der seitlich komprimirte Theil noch dem unteren Hypophysensacke an, doch kenne ich diese Verhältnisse nur von Totalpräparaten, die zum Schneiden nicht mehr geeignet waren. Der untere Hypophysen- sack erscheint äußerlich in Folge der festen Aneinanderlagerung seiner Theile einheitlich, doch sind an seinem vorderen Ende die beiden vorderen Lappen von einander durch eine Längsfurche ge- trennt (Figg. 41, 42). Da der untere Hypophysensack bei dem Los- präpariren stets abreißt, lässt sich über ihn nichts Genaueres ermitteln. Bei den Rochen ist, wie bereits erwähnt, der Hypophysen- kopf sehr mächtig entfaltet, was jedoch nur in einzelnen Fällen auf Kosten des oberen Hypophysensackes erfolgt ist (Myliobatis). Bei manchen Rochen ist äußerlich an dem oberen Hypophysensacke und den beiden vorderen Lappen, die äußerlich alle drei zusammen einen einheitlichen geraden Zapfen vorstellen, nichts Besonderes zu ver- merken, doch ist bei Raja asterias — und so dürfte es sich wohl auch bei anderen Rochen verhalten — die sonderbare Form dieses Zapfens zu erwähnen, der sehr lang sich an seinem vorderen Ende hinter der Chiasma hakenförmig nach rechts krümmt (Fig. 43). Wie 76 B. Haller viel dabei auf die vorderen Lappen fällt, vermag ich nicht anzu- geben, da ich diese Verhältnisse bloß aus Totalpräparaten kenne. Das Epithel der gesammten Hypophyse ist ein durchaus ein- heitliches. Nur an einzelnen Stellen nähert es sich der kubischen Form (Fig. 45), sonst ist es aus cylindrisch bis hocheylindrischen Elementen zusammengesetzt, die dadurch, dass die Zellkerne sehr verschieden hoch liegen (Fig. 13 B) bei schräger Schnittführung eine Mehrschichtigkeit vortiiuschen. Es besitzt weder Wimpern noch irgend einen cuticularen Überzug. An den mit Formaldehyd behan- delten Präparaten waren die Zellen hell und der Zellkern rund (Fig. 45) oder wo die Zellen sehr hoch und schmal waren, etwas oblong (Fig. 13 B). An den distalen Zellenden färbt sich der Zellleib sehr intensiv mit Boraxkarmin und war auch stark granulirt. Ob es sich hier um Sekret oder um verdicktes Protoplasma handelt, lasse ich dahingestellt. Als Sekret findet man überall eine krümlige Masse mit zahlreichen, abgestoßenen Zelltheilen. Nachdem ich bei den Knochenfischen eine Mündung der Hypo- physe gefunden hatte, war ich selbstverständlich bemüht, hierauf auch die Selachier zu prüfen. An dem großen, vor der Geburt ste- henden Embryo konnte ich keine Mündung auffinden, es müsste denn sein, dass eine solche an jener dünnen Stelle der ventralen Wand hinter dem vorderen Hypophysenende (Fig. 12 5) mir entgangen ist, was ich aber nach abermaliger Prüfung kaum annehmen kann. Viel- mehr spricht Alles dafür, dass eine solche Mündung sich höchst wahrscheinlich erst nach der Geburt einstellt. Bei dem erwachsenen Thier ist die Mündung der Hypophyse nach außen, zwischen die Gefäßhaut und die derbe Hirnhaut, recht gut zu erkennen. Die kleine quergestellte Öffnung befindet sich an dem vorderen ventralen Ende des Hypophysensackes (Fig. 40 ö), zwischen den Mündungen zweier nach hinten gerichteter Längsschläuche gerade an jener Stelle, wo bei dem großen Embryo die sehr dünne ventrale Wand (Fig. 12 6) sich befand und welche Stelle der Abschnürungsstelle der Hypo- physenanlage von der Epidermis entspricht. Bei dem erwachsenen Thier findet sich hier eine kleine sackartige Ausbuchtung und an deren Ende ist die Mündung. Bei dem einen der untersuchten Thiere besaß oberhalb der Mündung jene Ausstülpung noch eine nach hinten gerichtete Aussackung (Fig. 40), die bei den zwei anderen Individuen (Fig. 45) ganz nach unten an die Mündung (ö) verschoben war (s). Das Epithel wird an dieser kleinen Mündungspapille allmählich niedriger, um zum Schluss an der Mündung ganz kubisch zu werden. 4 Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 77 Die Mündungsränder legen sich fest der Gefäßhaut an und scheinen, wie dies die Abbildung zeigt, mit ihr sogar verwachsen zu sein, was natürlich bei der vielfachen Durchlöcherung der Gefäßhaut nicht ausschließt, dass das Sekret der Hypophyse bis an die innere Wand der Dura gelange. Somit ist die Hypophyse der Selachier ein durchaus einheitlich angelegter, auch histologisch ein- heitlicher, ektodermaler Drüsensack, der sich in der äuße- ren Form vielfach differenzirt hat und mit einer ventralen Mündungin den Cranialraum innerhalb der Dura mater sich ergieBt. Vergleichen wir zum Schluss die Verhältnisse der Hypophyse und der Infundibulardriise der Fische unter einander, so finden wir, wenn wir von den Verhältnissen der später zu behandelnden Cyelo- stomen einstweilen absehen wollen, das ursprünglichste Verhalten wohl bei den Selachiern, denn diese sind, was die erste Anlage der Hypophyse betrifft, sogar den Cyelostomen in Ursprünglichkeit über- legen. Die sackförmig hohle Anlage aus dem Ektoderm ist als ein ursprüngliches Verhalten der massiven Anlage der Knochenfische gegenüber aufzufassen, doch ist die sackförmig abgeschlossene onto- genetische Form der Hypophyse der Selachier, des Störes nach von Kuprrer und die sich durch nachträgliche Aushöhlung der soliden Anlage auch bei den Knochenfischen einstellt, nicht auf ein phyletisches Verhalten zu beziehen. In dem späteren Durchbruch der Hypophysenwand stellt sich überall ein weiterer wichtiger Mo- ment ein. Von nun an ist aber die weitere Differenzirung eine ganz verschiedene, denn während die Knochenfische wohl mit dem Ganoiden auch in der Hypophysisentwicklung als sehr zeitig von der Haupt- richtung des Wirbelthierstammbaumes abgezweigt sich erweisen, differenzirt sich die Hypophyse der Selachier in einer Weise, welche den direkten Anschluss an die Amphibien gestattet. Die Infundibulardrüse besitzt bei der ganzen Klasse der Fische eine allgemeine Verbreitung. Amphibien. Von Urodelen untersuchte ich Siredon, Triton und Salamander, von Anuren Rana und Bombinator. Was die Urodelen betrifft, so sind dort die Hypophysenverhältnisse am ursprünglichsten bei dem untersuchten Perennibranchiaten, denn sie schließen sich jenen der Selachier an und zeigen den Weg an, den die Entwicklung der Hy- 78 B. Haller pophyse der Amphibien einhielt und welcher auch in der Ontogenie dieser Driise bei den Anuren deutlich zum Ausdruck gelangt. Bei dem ausgewachsenen Proteus anguineus liegt die Hypo- physe (Fig. 16 Ayp) hinter dem Infundibulum der ventralen Hirnwand so eng an, dass zwischen beiden nur fiir die auf dem abgebildeten Schnitte nicht getroffenen Basilararterie und Vene noch Platz iibrig bleibt. Die Hypophyse besteht aus zwei Abschnitten, einem hinteren, von unten nach oben etwas zusammengedriickten ovalen (hyp) und einem vorderen langgestreckten (p). Letzterer reicht, sich allmählich verjüngend, bis zu dem Chiasma und dessen gangliöser Bedeckung, die wir zusammen am besten nach Epincer die Pars chiasmatica nennen wollen (op). Der hintere Abschnitt besteht aus langen, von vorn nach hinten zu gerichteten, sehr umfangreichen Schläuchen, in denen nur stellenweise ein Lumen erkennbar ist. Auch die Zell- grenzen kommen in den Schlauchwänden weder bei den mit Form- aldehyd noch bei den mit Sublimat gehärteten Objekten zum deutlichen Ausdruck und auch das Protoplasma ist gegenüber den angewandten Tinktionsmitteln nur wenig empfindlich. Dafür werden die großen Kerne schön gefärbt. Durch die Anordnung der Zellkerne lässt sich die Richtung der Schläuche auch bei schwächerer Vergrößerung gut verfolgen, denn bei stärkeren Linsensystemen dient auch die Begren- zung der Schläuche durch die Basilarmembran, sowie das Verhalten der Gefäße zwischen den Schläuchen zur sicheren Erkenntnis der Richtung derselben. Letztere münden vorn in einen sehr weiten umfangreichen Schlauch (g), der vorn in dem verdickten hinteren Abschnitt der Drüse eine mediane Lage einnimmt. Er ist von hinten und oben nach unten und vorn gerichtet. Dieser Schlauch besitzt im Gegensatz zu den übrigen einzellschichtigen Schläuchen in seinem oberen weiteren Abschnitt eine mehrschichtige Wand, doch wird der engere Halstheil nur durch ein einschichtiges Epithel gebildet. Sein Epithel ist jenem der übrigen Schläuche durchaus gleich. Die Form dieses Sammelschlauches gleicht einer runden Spritzflasche mit engem Halstheil. Der Sammelschlauch mündet nach unten und vorn in einen etwas weiteren Abschnitt der Drüse, welcher Abschnitt geräu- miger ist als die obere Lichtung des Sammelschlauches. In diesen Hohlraum der Hypophyse münden außerdem noch einige kleinere vor dem Sammelschlauch gelegene, sowie einige andere Schläuche, letztere unterhalb der Mündung des Sammelschlauches. Von vorn mün- det ferner noch ein Paar sehr dieke, parallel neben einander gestellte Schläuche. Der eine derselben ist auf dem abgebildeten Schnitt Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 79 durch die Schnittfläche der Länge nach getroffen (p). Die blinden Enden dieser fest an einander lagernden Schläuche sind es, die bis an die Pars chiasmatica reichen. Eine Mündung der Hypophyse nach außen ist auch hier vorhanden und zwar in Form eines ziem- lich runden Loches, das ventralwärts gerade zwischen der Mündung des vorderen Schlauchpaares (2) und dem großen hinteren Abschnitt (hyp) gelegen ist (ö). Das Gewebe des eben erwähnten Schlauchpaares ist dem der übrigen Drüse gleich, somit ist die Hypophyse histologisch durchaus einheitlich gebaut. Wenn wir nun die Hypophyse des Olmes mit jener der Selachier vergleichen, so ergiebt sich: dass der umfangreiche hintere Abschnitt der Hypophyse von Proteus dem Hypophysen- kopf, und die beiden vorderen Schläuche dem vorderen Lappen der Hypophyse der Selachier homolog sind, dass ferner — wofür nicht nur die Lage der Hypophysenmündung nach außen einsteht, sondern auch die gesammte Topo- graphie innerhalb der Drüse spricht — der obere Hypo- physensack bis auf einen kleinen Abschnitt sich rückgebildet hat. Der noch vorhandene Theil des oberen Hypophsen- sackes beschränkt sich bei Proteus auf jenen kleinen Ab- schnitt, welcher auch die Mündung nach außen trägt. Von einem unteren Hypophysensack ist gar nichts mehr vor- handen. Auch eine Infundibulardrüse fehlt bei Proteus vollständig und nicht einmal ein Rudiment einer solchen Drüse, wie es bei den untersuchten caducibranchen Urodelen noch anzutreffen ist, bezeichnet ihre einstige Lage. Bloß eine quergestellte Ausbuchtung der hinteren Infundibularwand (r), die allerdings dieselbe topographische Lage als die Infundibulardrüse einnimmt, ist vorhanden. Sie entspricht einem Processus infundibuli. Nach unten und vorn zu folgt auf diese Ausbuchtung der hintere oder ependymale Abschnitt (/po) der Lamina postoptica, der ganz so gebaut ist wie die Ausbuchtung und somit aus sehr großkernigem einschichtigen Ependym und einer neu- roglialen Faserschicht besteht. Weiter folgt der sehr kurze nervöse Abschnitt der Lamina postoptica (y) mit seinem zweischichtigen Epen- dym und einer Ganglienzelllage, ferner einer äußeren Längsfaser- schicht. Auf der Pars chiasmatica (op) wird das Ependym wieder einschichtig. Die obere Wand der Ausbuchtung (r) setzt sich ganz kontinuir- lich in eine gleich dieke und gleich gebaute hintere Infundibularwand 80 B. Haller (s) fort, die wenigstens ihrer Lage nach dem Saccus infundibuli der Selachier (Figg. 12, 40 w) entspricht. Dann verdiinnt sich die hintere Hypophysenwand und besteht bloß aus einer Ependymschicht, die nach oben an das Tubereulum impar superius stößt. Ein Tuber- culum impar inferius fehlt bei Proteus wie den Amphibien überhaupt. Bei den caducibranchen Urodelen hat sich eine vollstän- dige Reduktion einzelner Hypophysentheile eingestellt. Das noch ontogenetisch nachweisbare Vorderlappenpaar bildet sich bis auf einen kleinen mit der Hypophyse nicht mehr in Zusammenhang stehenden Rest zurück, und mit diesem schwindet auch der untere Abschnitt des oberen Hypophysensackes der Perennibranchiaten, wodurch eben auch die ursprüngliche äußere Hypophysenmündung zu Grunde gehen muss. Es wird dann die Mündung des Sammelschlauches zur äußeren Mündung der Hypophyse. Für alle diese Verluste wird dann der Hypophysenkopf, der nun allein die Hypophyse vorstellt, durch starke Vergrößerung schadlos gehalten. Bei Triton taeniatus erstreckt die auf diese Weise gestaltete Hypophyse (Fig. 17 Ayp) in Folge ihrer starken Massenzunahme sich sowohl nach vorn, als auch nach den beiden Seiten zu weiter als der Hypophysenkopf des Proteus. Mit ihrem vorderen Ende er- reicht sie das hintere Ende des nervösen Abschnittes der Lamina postoptiea (y) und mit ihrem hinteren Ende stößt sie bis an die der Sella entsprechende Erhabenheit des Sphenoid. An ihrer un- teren Fläche, wo sie dem flachen Sphenoid aufliegt, ist sie ent- sprechend flach; doch erhebt sie sich auf ihrer Oberseite in der Quere etwas leistenförmig, wodurch sie auf dem Sagittalschnitte eine dreieckige Gestalt erhält. Sie besteht aus scheinbar regellos durch einander liegenden Schläuchen, doch geht ihre Hauptrichtung, wie die Vergleichung der Schnitte von Sagittalserien lehrt, von hinten nach vorn. Die Schläuche besitzen öfter eine deutliche Lichtung. Ein sehr langer und breiter, von oben nach unten zusammenge- drückter Sammelschlauch (g) liegt median an der vorderen Seite der Hypophyse. Da oben noch andere Schläuche auflagern, geräth sie mit ihrer zweiten Hälfte in die Drüse hinein, welcher Zustand schon bei Proteus durch kleine, vorn anliegende Schläuche einge- leitet worden war (Fig. 16). Das blinde Ende des Sammelschlauches reicht weit in die Hypophyse. Median, gerade an dem vorderen Ende der Drüse, mündet der Sammelschlauch nach außen (6) in die Schädelhöhle. Die anderen Schläuche öffnen sich von allen Seiten in den Sammelschlauch. Die Mündung einzelner Schläuche für sich Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 81 in der nächsten Nähe der Hauptmündung, wie es bei Salamandra maculosa wirklich vorkommt, habe ich weder bei Triton taeniatus noch bei alpestris wahrgenommen. Bei Triton alpestris hat die Hypophyse eine gedrungenere Form (Fig. 18 Ayp) und es liegen dem Sammelschlauch (9) mehr Drüsen- schläuche auf. Auch ist hier die von hinten nach vorn gestellte Richtung der Schläuche viel deutlicher, und nicht selten gelingt es, einen einzelnen Schlauch von dem hinteren Ende der Drüse bis zum Sammelschlauch auf einem und demselben Schnitte zu verfolgen, wie ich solches auch dargestellt habe (Fig. 18). Die Öffnung der Hypo- physe in den Cranialraum (ö) ist auf dem abgebildeten Schnitt sehr deutlich zu sehen. Man erkennt hier auch recht gut, dass die Mün- dungsränder der hier mit einer Lücke versehenen Gefäßhaut sich anlagern und wohl ähnlich wie bei den Selachiern mit ihr nun ver- wachsen sind. Bei Salamandra maculosa erreicht die Hypophyse eine noch weit gedrungenere Form als bei Triton alpestris. Sie ist ganz kurz, aber recht breit geworden und erinnert durch ihre runde Form an die Hypophyse der Anuren. Unten rund, wird sie oben von der ihr eng anlagernden Hypophysenwand etwas eingedrückt (Fig. 19 hyp). Auch hier sind die Schläuche in der Richtung von vorn nach hinten angeordnet, was durch den entsprechenden Gefäßverlauf inner- halb der Drüse noch deutlicher zum Ausdruck gelangt. Lichtungen in den Schläuchen sind hier eben so häufig wie bei den Tritonen. Im Gegensatz zu Proteus sind in den Schlauchwänden aller drei untersuchten Caducibranchiaten die Zellgrenzen zu beobachten. An den schönen großen Elementen von Salamandra ließ sich erkennen, dass die zumeist etwas oblongen Zellkerne in den bald kubischen, bald, je nach dem Orte, etwas eylindrischen Zellen distal lagern (Fig. 21). Fein- und grobgekörnte Zellen folgen beinahe wechsel- weise auf einander, dieselben sind auf verschiedene Sekretionszu- stände einer und derselben Zellart zu beziehen. Die Schlauchwände sind überall einschichtig, doch scheint bei Salamandra das obere blinde Ende des Sammelschlauches mehrschichtig zu sein, denn nur so könnte ich mir das getreu wiedergegebene Bild (g) erklären. Dieser Schlauch scheint bei Salamandra, in gleicher Lage wie bei Tritonen, eine mehr oder weniger geschlängelte Richtung zu nehmen, wenigstens habe ich ihn auf einem Sagittalschnitte niemals annähernd ganz erhalten können. Über ihm liegen keine Drüsenschläuche wie bei den Tritonen, und seine äußere Mündung (ö, befindet sich an Morpholog. Jahrbuch. 25. 6 82 B. Haller dem entsprechenden Orte wie bei jenen, doch finde ich stets neben der Hauptmündung noch ein bis zwei nach außen sich 6ffnende Schläuche. Dies lässt sich aus dem gedrungenen Verhalten der Salamanderhypophyse erklären; denn da Drüsenschläuche vom Be- ginn des Sammelganges an bis zu seinem blinden Ende überall in ihn münden, ist es recht begreiflich, dass die gerade an der äußeren Mündung in den Sammelschlauch sich öffnenden Schliiuche durch die Koncentration etwas weiter nach unten verschoben wurden. Dieser Zustand bildet somit keinen schroffen Gegensatz zu den Mündungsverhältnissen der Tritonen und ist gewiss nicht als ein ursprünglicher Zustand zu betrachten. Zu erwähnen wäre noch, dass bei allen drei Caducibranchiaten sich noch Überreste der Vorderlappen des Proteus vorfinden. Es sind dies zwei bis drei, jederseits unter der nervösen Lamina post- optica gelegene, blindgeschlossene Schläuche, auf die ich weiter unten bei den Anuren zurückkommen werde. Die Infundibulardrüse ist bei jungen Thieren von Triton tae- niatus ein kleiner runder, sehr diekwandiger Sack (Fig. 17 sv), doch wird dieselbe bei älteren Thieren dadurch, dass ihre Wände dicht an einander liegen, kompakt und geräth somit außer Funktion. Bei Triton alpestris habe ich nie ein hohles Infundibulardrüsen-Rudiment beobachtet, obgleich ich von fünf Thieren die Infundibularregion der Länge nach in Serienschnitte zerlegte. Vielmehr ist hier dies Rudi- ment ein durchaus massives, mehr oder weniger birnförmiges, doch von oben abgeplattetes Gebilde (Fig. 18 sv), das nur an seiner ehe- maligen Mündung noch eine kleine Invagination verräth. Die Zell- kerne liegen im Rudiment median regellos durch einander, und Zell- grenzen gelangen in dem den Kernhaufen umhüllenden Plasmodium nicht zur Beobachtung. In noch rudimentärer Form tritt die In- fundibulardrüse bei Salamandra maculosa auf. Hier biegt das Rudi- ment in der bei allen Amphibien vorkommenden verdickten Stelle der unteren Hinterwand des Infundibulums — die ich der Kürze halber und aus später zu erörternden Gründen Hypophysenpolster der Amphibien (Fig. 16—19 s) nennen möchte — so dicht und ohne äußere Abgrenzung ein, dass nur ein länglicher Kernhaufen (Fig. 19 so), aus dem das Rudiment besteht, die einstige Lage der Infundibular- drüse andeutet. Es ist hier nur noch dieser Kernhaufen geblieben, und das bei Triton noch vorhandene Protoplasma geschwunden. Die Zellkerne lagern jetzt in dem neuroglialen Gewebe des bei Sala- mandra sehr verdickten Infundibularpolsters (s). Ontogenetisch zeigt Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 83 Salamandra maculosa sehr deutlich, dass die Infundibulardriisen- Anlage in tadelloser Form und Größe larval auftritt, und wer ihre Anlage gesehen, wird sich kaum denken, dass die Driise bei den Urodelen einer Riickbildung entgegengeht. Bei etwa 30 mm langen Larven liegt die Infundibulardrüsen-Anlage (Fig. 20 sv), die einen verhältnismäßig ansehnlichen, kurzen Sack vorstellt, hinter dem In- fundibularpolster (s) vor dem ersten Aortenbogen, der späteren Ca- rotis interna (car) und oberhalb des hinteren Endes der langen Hy- pophysenanlage (Ayp). Das gesammte Bild erinnert einigermaßen an gewisse Entwicklungsstadien der Knochenfische. Die Mündung der Infundibulardrüsen-Anlage ist zwar eng, doch deutlich zu be- obachten. Es entspricht dieses Entwicklungsstadium der Drüse etwa jenem, welches bei jungen Thieren von Triton taeniatus noch er- halten ist (Fig. 17 sv). Hinsichtlich des Infundibulum bemerke ich, dass das Infundi- bularpolster seine ursprüngliche Form und Ausdehnung wie bei Pro- teus (Fig. 16 s) auch noch bei Salamanderlarven besitzt (Fig. 20 s). Bei den Tritonen beschränkt sich das Polster zwar auf einen geringen Flächenraum, wird aber dafür dicker (Figg. 17, 18 s) und nimmt bei dem erwachsenen Salamander eine gedrungene Gestalt an. Bei den Selachiern tritt ein solches Polster in keinem Entwicklungsstadium auf und es wäre nur die Verdickung oberhalb der Infundibulardrüsen- Mündung der adulten Forelle (Fig. 5 v), die mit ihm möglicherweise verglichen werden könnte. Es scheint mir aber wahrscheinlicher, dass diese ependymale Bildung erst bei den Amphibien erworben ward. Bei allen untersuchten Cadueibranchiaten ist der zwischen dem Infundibularpolster und dem Tuberculum impar superius gelegene Abschnitt sehr dünn, gerade so, wie bei Proteus. Der nervöse Ab- schnitt der Lamina postoptica ist bei den Tritonen unansehnlich (Figg. 17, 18 y), doch sehr stark bei Salamandra maculosa (Fig. 19 y). Der ependymale Abschnitt ist überall sehr lang (Figg. 17—19 /po) und in seinem oberen an das Infundibulardrüsen-Rudiment stoßenden Ende befindet sich der sehr kleine Processus infundibuli. Dieser ist hier bloß eine handschuhfingerförmige, durchaus symmetrisch median gelegene Aussackung (Fig. 18 r) der hinteren Infundibularwand und besitzt somit keine Nebenausstülpungen. Er liegt von drei Seiten von Hypophysengewebe umgeben unter den besagten Theilen. Onto- genetisch tritt er bei Triton taeniatus sehr spät auf, denn bei jungen Thieren konnte ich von ihm noch nichts beobachten (Fig. 17), während 6* 84 B. Haller ältere Individuen ihn gerade so gut besitzen als Triton alpestris. Bei Salamandra maculosa ist er dem Infundibularpolster nach oben zu ganz eng angelagert (Fig. 19 7) und geräth auf diese Weise nicht in das Infundibulargewebe, sondern sitzt dieser Driise nur auf. Der Bau des Recessus infundibuli ist jenem der ependymalen Lamina postoptica durchaus gleich und wird von einschichtigem flimmerlosen Ependym und einem diinnen Saum des umgebenden Neurogliagewebes gebildet. Bei den Anuren habe ich wegen der zwischen der Angabe GoETTE’s und der späteren v. Kuprrer’s bezüglich der Ontogenie der Hypophyse bestehenden Differenz auch die Ontogenie der Drüse verfolgt. Meine Untersuchungen erstrecken sich auf Bombinator igneus und Rana temporaria s. fusca. Wie schon oben angeführt, giebt Gorrre für die Unke eine einheitliche Anlage der Hypo- physe aus der Grundschicht des Ektoderms oberhalb der Rachenhaut an, welche Beobachtung mit dem einheitlichen ektodermalen Ursprung der Hypophyse der Fische, besonders da die Anlage solid ist, mit dem der Teleostier durchaus in Einklang steht. Die erste Anlage findet v. KupFFER bei Rana fusca zwar auch in der Weise sich bilden, wie GOETTE bei Bombinator beobachtet hatte, doch soll sich später dieser ektodermalen Anlage aus dem Entoderm hinter der Rachen- haut noch eine andere solide Wucherung anschmiegen, die dann die hintere Hälfte der fertigen Hypophyse darstellt. Es soll auch nach der Beobachtung v. KupFrEr's beim ausgebildeten Thiere, wie er von einer noch mit Schwanzstummel versehenen Larve abbildet!, die Hypophyse aus einem vorderen ektodermalen und einem hinteren entodermalen Abschnitt, ganz entsprechend den ontogenetischen Ver- hältnissen, bestehen. Ich habe sowohl bei Embryonen von Bombinator als auch von Rana fusca die Hypophyse genau so sich anlegen sehen, wie GOETTE für die Unke beschrieb. Unterhalb der sogenannten unpaaren Riech- platte HorrMann’s und oberhalb der Rachenhaut entsteht eine nach hinten zu ragende Verdickung der Grundschicht des Ektoderms, die später zapfenförmig gestaltet hinter der Rachenhaut dem Entoderm auflagert. Dieses Verhalten entspricht dem von Gorrre auf Taf. XVI Fig. 293 seiner großen Arbeit über die Entwicklung der Unke abgebil- deten in jeder Beziehung. Bei 3 mm langen Embryonen von Bombi- nator und 3,5 langen von Rana fusca hat sich das hintere Ende des ı Die Deutung des Hirnanhanges. Fig. 8. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 85 Hypophysenfortsatzes (Fig. 23 hyp) bedeutend verdickt und lagert nun der Anlage der Pars chiasmatica (op), von dem schon aufgetretenen Chiasma an bis hinter die Pars chiasmatica reichend, von unten dicht an. Der auf diese verdickte Stelle der später sich abschnürenden Hypophysenanlage nach vorn zu folgende Abschnitt des Hypophysen- fortsatzes ist bereits dünn und besteht nur aus zwei über einander liegenden Zellreihen, auf welche der mit der Grundschicht des Ekto- derms (f) im Zusammenhang stehende dicke Theil folgt. Das hier einschichtige Entoderm (erd) zieht ganz kontinuirlich unter der ge- nannten Hypophysenanlage fort, ohne auch nur im geringsten zu verrathen, dass aus ihm irgend ein Theil sich abgeschnürt hätte, der dann der Hypophysenanlage angewachsen wäre. Dagegen spricht auch die gesammte durchaus einheitliche Hypophysenanlage. Ich habe eine ganze Anzahl von Embryonen dieses Stadiums geschnitten, fand aber nie die geringste Verdickung oder eine Stelle der Abschnü- rung oder der Einbuchtung an dem dünnen Entoderm unter der Hy- pophysenanlage. Und doch ist es gerade dieses Stadium von Rana fusca, von welchem v. Kuprrer die Abschnürung eines soliden En- toderm-Fortsatzes beobachtet haben will und sogar abbildet!. Auch an 4,5 mm langen Embryonen ist von einer Betheiligung des Ento- derms an der Hypophysenanlage nichts zu erkennen, denn was v. Kuprrer als die entodermale, der ektodermalen Hypophysenanlage nach hinten sich anschließende Wucherung zeichnet, ist nur das hintere, sich schon etwas zu verdicken beginnende Ende der letzteren. Ich muss somit GoETTE Recht geben, der die Hypophyse der Batrachier ausschließlich aus dem Ektoderm entstehen lässt. Nebenbei sei bemerkt, dass der Bombinator-Embryo von 3 mm Länge, bei dem die Hypophysenanlage in gleichem Zustand sich befindet wie die des 3,5 mm langen Embryos von Rana fusca, in manch anderer Beziehung letzterer in der Entwicklung vorausgegangen ist, denn es ist bei ihm bereits die Chiasmafaserung vorhanden, während von einer solchen erst bei 4 mm langen Rana-Embryonen etwas zu sehen ist. Allmählich verdünnt und verlängert sich der die Hypophysen- anlage mit dem Ektoderm verbindende Strang, und an der bereits früher sehr dünnen hinteren Stelle erfolgt die Abschnürung. Das weitere Schicksal der Hypophysenanlage habe ich an Larven von 1]. eAFig. 7. 86 B. Haller Rana fusca verfolgt und muss darum von den Angaben GOETTE’s, der das Hohlwerden der Hypophysenanlage bei Bombinator noch während des Zusammenhanges mit dem Ektoderm gesehen und ab- gebildet hat!, absehen. Bei Rana fusca und Salamandra maculosa ist dies aber gewiss nicht der Fall, denn, wie wir sehen werden, bleibt hier die Anlage sogar noch während des Larvenlebens lange solid. Bei einer 24 mm messenden Larve, bei welcher die Basisphenoid- Anlage (dspA) sich bereits gebildet hatte, war die Hypophysenanlage durchaus solid und lagerte, seiner Gestalt nach einer linsenförmig platten, nach vorn zu etwas konkaven Scheibe ähnlich (hyp), der Lamina postoptica (2po) eng an. Die Konkavität der Anlage rührt daher, dass die ependymale Lamina postoptica sich nach oben zu stark erhoben hat und gleichfalls etwas ausgebuchtet ist. Wenn wir dieses larvale Stadium mit dem eines 3 mm langen Bombinator- Embryos oder eines 3,5 mm langen Rana-Embryos vergleichen, so ergiebt sich, dass die dort kurze und dicke Hypophysenanlage (Fig. 23 Ayp) mehr nach hinten als nach vorn zu gewachsen ist, denn mit ihrem vorderen Ende, an dem sie sich sehr verdünnt hat (Fig. 24 p), reicht sie bloß unter die Pars chiasmatica. Die Infundibulardrüse hat sich bei dieser Larve eben angelegt (so) und stellt bloß eine kleine, hohle Ausbuchtung der hinteren In- fundibularwand zwischen der Lamina postoptiea und der schon an- sehnlichen Infundibularpolster-Anlage (s) vor. Auf letztere folgt eine einzellschichtige Lamelle und dann das Tuberculum impar superius (2), das dem Epencephalon gegenüber bereits durch einen tiefen Sul- cus interencephalicus (mAgr) abgegrenzt ist. Hinter dieser ist der Hirnboden niedrig, wird aber weiter nach hinten zu so zu sagen plötzlich um Einiges höher, wodurch hier eine Querrinne entsteht. Bei 31 mm langen Larven, bei denen die Basisphenoid- mit der Prosphenoidanlage schon völlig verwachsen war (sph), war die Hy- pophysenanlage (hyp) noch immer ganz solid. Sie hat sich bedeu- tend vergrößert und liegt nun auch nach hinten zu der Sphenoid- oberfläche, was sie früher nicht that (Fig. 24), innig auf. Die Anlage besteht jetzt aus zwei Abschnitten, die unter einander nur durch eine dünne Zellenbrücke verbunden sind. Der hintere Abschnitt ist der mächtigere (Ayp) und der vordere (p), welcher etwa bis zur Stelle des Chiasma unter der Pars optica reicht, der kleinere. Der 1]. c. Taf. XV Fig. 282. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 87 hintere Abschnitt wölbt sich unter der jetzt schon ansehnlichen In- fundibulardriisen-Anlage (sv) nach oben, wodurch der Eingang zu derselben etwas eingeengt wird. Es ist somit klar, dass die Hypo- physenanlage jetzt einem Processe entgegengeht, welcher sich in einer Abschnürung ihrer vorderen Hälfte von der hinteren kund giebt; dies findet man bei Larven mit Extremitäten, bei denen auch die Schlauchbildungen in beiden nun getrennten Anlagetheilen sich vollziehen. Durch die Vergleichung der Verhältnisse einer 31 mm langen Ranalarve mit einer 30 mm langen Larve von Salamandra macu- losa (Fig. 20) ergiebt sich, dass bei jener die spätere Abschnürung des vorderen Hypophysenendes an der soliden Hypophysenanlage noch nicht eingeleitet war, dies erfolgt erst, nachdem die Larven das Landleben begonnen, dass somit bei Salamandra die Hypophysen- entwicklung im Vergleich zu Rana sehr verzögert ist. Es ergiebt sich ferner, dass bei den Anuren die Aufwärtsrichtung der hinteren Hypophysenwand sehr frühzeitig erfolgt, während es bei den caduei- branchen Urodelen sehr spät eintritt (Figg. 17, 18, 19) und bei Proteus (Fig. 16) zeitlebens unterbleibt. Es ist somit, was ja nicht über- raschen kann, ein gewisses cänogenetisches Verhalten in der Ent- wicklung der Anuren vorhanden. Für das nähere Verständnis der entwickelten Infundibularorgane wird das bereits aus der Ontogenie Mitgetheilte vollständig genügen, so dass ich eine Anzahl zum Theil von mir noch verfolgten Larven- stadien übergehen kann. Die Hypophyse des entwickelten Frosches, von unten betrachtet (Fig. 27 hyp), ist ein massiv erscheinendes, ovales Gebilde mit langer Quer- und etwa um ein Viertel kürzeren Längsachse. So wurde sie auch von allen Beobachtern, die sie nebenbei berücksichtigten, stets abgebildet. Sagittale Längsschnitte zeigen aber, dass sich diese Form bloß auf die ventrale Seite der Drüse beschränkt, denn sie wird von vorn und oben auf zwei Drittel ihrer Länge von der über ihr liegenden Infundibulardrüse eingedrückt (Fig. 26 Ayp). Ihrem Bau nach besteht die Hypophyse, ähnlich wie bei den Urodelen, aus langen, selten ein deutliches Lumen aufweisenden Schläuchen, die, obgleich ziemlich durch einander liegend (Fig. 26), doch der Mehrzahl nach deutlich von hinten nach vorn zu gerichtet sind. Dieses scheinbare Durcheinander rührt wohl daher, dass die Drüsenschläuche beim Frosche sich stark verlängert haben und in Ermangelung von Raum sich nicht aufknäueln; daher auch die starke Breitenentwick- 88 B. Haller lung der ganzen Hypophyse. Ich habe vergeblich getrachtet, einen ähnlichen Sammelschlauch aufzufinden, wie ihn die Urodelen be- sitzen. So viel ich erkennen kann, fehlt ein solcher und die Schläuche münden einzeln oder auch zu mehreren vereint entlang der unteren vorderen Kante (Fig. 28 %) der Hypophyse und wohl auch etwas weiter nach oben in die Cranialhöhle. Solche Miindungen habe ich auf gut tingirten und genügend feinen Schnitten bei starker Ver- größerung öfter wahrgenommen (Fig. 22). Es hat sich somit bei den Anuren der Sammelschlauch rückgebildet, wodurch die Einzel- schläuche, ohne sich zuvor in eine gemeinsame Lichtung zu Öffnen, sich direkt nach außen entleeren. Die Anuren wären dann die ein- zigen unter den Wirbelthieren, die des Sammelganges der Hypo- physe entbehrten. Von dem bei der Larve sich bereits abtrennenden unpaaren Ab- schnitt der Hypophyse (Fig. 25 p) entsteht ein paariger, je lateral von dem hinteren Ende der Pars chiasmatica gelegenen Schlauch- system, doch rücken sie nur selten medianwärts so fest an einander, um auf sagittalen Schnitten getroffen zu werden (Fig. 26 p). Es ist der Rest des noch nicht vollständig geschwundenen Vorderlappen- paares der Hypophyse. Die Zellen der Hypophysenschläuche sind zarte, niedrig cylindrische Gebilde mit mittelgroßem, kugelrunden Zellkern mit deutlichem Kernkörperchen. Die Zellkerne liegen stets im distalen Zellende (Fig. 22). Bemerkt sei noch, dass beim Frosche die Hirnhäute, besonders um die Hypophyse herum, vielfach mit einer weißen, breiig flüssigen Masse erfüllt sind, wohl dem Sekret der Hypophyse. Wollte man dieses mikrochemisch prüfen, so wäre der Frosch wohl das geeignetste Objekt dazu. Ganz eigenthümlich und mächtig hat sich bei den Annee die Infundibulardrüse entwickelt, was um so auffälliger ist, als bei den Urodelen diese Drüse in Rückbildung sich befindet. Nur die aber- rante Stellung der Anuren, da sie sich wohl von dem Hauptstamme sehr zeitig abgezweigt haben, kann dies erklären. Immerhin wäre es nöthig, auf diesen Punkt hin auch noch andere Perennibranchiaten als Proteus, der ja in Folge seiner Lebensweise schließlich auch manchen Veränderungen unterlag, zu untersuchen. Mit der mächtigen Entwicklung der Infundibulardrüse der Anuren hat sich auch eine gewebliche Differenzirung eingestellt und ihr vor- derer Abschnitt ist wesentlich anders gebaut als der hintere und die lateralen Theile, welch letztere gleichen Bau besitzen. Der vordere Abschnitt ist sehr breit und liegt, ähnlich wie bei den Selachiern Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 89 die ganze Drüse, zwerchsackartig über der Hypophyse. Wenn man den ganzen Infundibulartheil eines gehärteten Gehirns mit einem horizontal geführten scharfen Skalpell vorsichtig abhebt und, das Ab- gehobene etwas mit der Nadel aus einander ziehend, unter Flüssig- keit mit der Lupe betrachtet (Fig. 27), so erkennt man an dem vor- deren Drüsentheil der Infundibulardrüse lateral jederseits einen er- weiterten Abschnitt der Hypophyse anlagern (so), und beide Abschnitte durch einen medianen dünnen Theil unter einander verbunden. In Wirklichkeit ist jedoch auch der verbindende mediane Abschnitt ein weiter hohler Sacktheil (Fig. 26 sv), der aber an solcherweise be- handelten Präparaten zum größten Theil durch die Hypophyse ver- deckt wird. Die beiden lateralen Enden des Quersackes sind nach vorn und außen etwas ausgebuchtet. Der ganze vordere Theil der Infundibulardrüse besitzt sehr dicke, vielfach in Querfalten gelegte Wandungen (Fig. 26 sv), zwischen denen aber das Lumen stellenweise zum Vorschein tritt. Die Wände werden von hohen cylindrischen Drüsenzellen gebildet, die einen runden, mehr oder weniger im Zellleib distal lagernden Kern be- sitzen. Das Protoplasma dieser Zellen wird durch Kernfärbemittel, wie Alaun- und Boraxkarmin, lebhaft tingirt und durch Hämatoxylin und Ammoniakkarmin erfährt es geradezu eine tiefe Färbung. Cilien und ein Cutieularüberzug fehlen diesen Zellen. Vorn und median mündet der vordere Abschnitt der Infundi- bulardrüse in den Infundibularraum, die Mündung ist hier nicht so einfach wie in den bisher beschriebenen Fällen, sie ist röhrenförmig und ragt nach oben in den Infundibularraum vor (öf). Da dieses Mündungsstück eine Duplikatur der hinteren Hypophysenwand vor- stellt, so wird eine äußere und eine innere Epithelialwand unterscheid- bar. Beide sind von niedrigen, beinahe platten Zellen gebildet, und die innere geht durch ein allmählich höher werdendes Drüsenepithel in die hochzelligen Wände des vorderen Drüsenabschnittes über (Fig. 26). Die Lage dieser Mündung ist auf der Abbildung des Totalpräparates (Fig. 27) mit einem Punkt bezeichnet. Der übrige Theil der Infundibulardrüse bildet ein System reich- verzweigter und unter einander anastomosirender Röhren, an welchen vier Abschnitte zu unterscheiden sind. Erstens besteht ein mittlerer Fortsatz, median ganz symmetrisch auf der dorsalen Hypophysenwand gelegen (Figg. 26, 27 sv’), gegenüber der Mündung des vorderen Abschnittes der Drüse in den Infundibularraum, in den der vordere Driisenabschnitt mündet. Dieser Fortsatz verzweigt sich vielfach 90 B. Haller hinter der Hypophyse. Ein zweiter Abschnitt (Fig. 27 sv) liegt in Form eines halbkreisförmigen Schlauches hinter der Hypophyse. In diesen Schlauch münden caudalwärts zahlreiche Einzelschläuche, die sich wieder vielfach verzweigen. Durch reichliche Anastomosen zwischen diesen Verzweigungen kommt es zu einem drüsigen Netz (so’) und nur die hintersten Enden der Schläuche enden caudalwärts blind geschlossen. Der bogenförmige Hauptschlauch mündet an seinen beiden Enden lateral in den dort erweiterten Abschnitt des vorderen Infundibulardriisen-Theiles. Vor dieser Mündung ergießt sich dann noch jederseits ein Busch von Drüsenschläuchen mit gemeinsamem Ausführgang (sv’) in den erweiterten Abschnitt des vorderen Infundibu- lardriisentheiles. Auch zwischen den Schläuchen dieses Abschnittes kommt es zu Anastomosen und außerdem noch zu einer langen Ana- stomose zwischen je einem dieser Schlauchbüsche und dem hinteren bogenförmigen Abschnitt (sv”). Der ganze verzweigte Abschnitt der Infundibulardrüse wird im Gegensatz zu dem vorderen diekwandigen Abschnitt, von niedrigen, ja beinahe platten Drüsenzellen gebildet (Fig. 26 sv’’”’), In der Wand des Infundibulums ist es bei den Anuren zu eigen- artigen Differenzirungen gekommen. Oberhalb der Mündung der Infun- dibulardrüse hat sich das Infundibularpolster (s) zu einem mächtigen durchaus soliden Querwulste entwickelt, der mit der Infundibular- drüse nichts weiter zu thun hat, als dass er ihr nach oben zu auf- lagert. Diese neurogliale Verdickung ist bereits bei den Urodelen allerdings in sehr beschränkter Entfaltung vorhanden. Das Infundi- bularpolster wird beim Frosche durch ein reiches recht weitmaschiges neurogliales Netz, in welches jene Fortsätze der Ependymzelle sich auflösen und von scheinbar protoplasmalosen Zellkernen, die in den Knotenpunkten des Netzes lagern, gebildet. Spärliche Blutkapillare durchziehen dieses Gewebe. Das Infundibularpolster der Batrachier ist somit kein in der Rückbildung begriffenes Organ, sondern im Gegentheil, es hat sich erst bei ihnen so mächtig entfaltet. Zwei ganz ähnliche, doch kleinere neurogliale Verdiekungen finden sich außerdem, auf jeder Seite je eine, unterhalb der Infun- dibulardrüsenmündung und konnten natürlich darum auf dem medianen Sagittalschnitte nicht getroffen werden. Sie sind aus dem hinteren Theil des ependymalen Abschnittes der Lamina postoptica entstanden und treten nur bei den Anuren, ohne Vorläufer bei den Urodelen auf. Ein Recessus infundibuli fehlt bei dem Frosche gänzlich, was wieder mit der frühen Abzweigung der Anuren zusammenhängen dürfte, Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 91 Wie bereits angeführt, hat v. Kuprrer zum Beweis dafür, dass die Hypophyse aus zwei auch genetisch verschiedenen Abschnitten besteht, einen sagittalen Längsschnitt der Infundibulargegend einer kleinen, noch mit Schwanzstummel versehenen Rana fusca abgebildet und beschrieben. Abgesehen davon, dass bei so alten Thieren die Infundibulardrüse auch nicht solid ist, ist, wie aus einem Vergleich v. Kuprrer’s Abbildung mit meiner Figur 26 deutlich hervorgeht, v. Kuprrer einem Irrthum zum Opfer gefallen, zu welchem die irrige Auffassung RetIssNeR’s von der Froschhypophyse verholfen haben mag, denn er hat das Infundibularpolster für die Infundibular- drüse gehalten und den vorderen Abschnitt der Infundibulardrüse — den verzweigten Abschnitt kannte weder er noch REISSNER — mit einem vermeintlichen vorderen Abschnitt der Hypophyse verwechselt. Der angeblich hintere Abschnitt der Hypophyse ist thatsächlich die ganze Hypophyse. REISSNER giebt an und zeichnet für die Hypophyse drei über einander lagernde Abschnitte. Auf seinem abgebildeten Querschnitt ! ist der unterste mit M bezeichnete Abschnitt die Hypophyse und die beiden oberen mit N und O bezeichneten der vordere Abschnitt der Infundibulardrüse mit einem von REISSNER als Grenze aufge- fassten Lumen. Das Histologische in REISsNER’s sonst so trefflichen Arbeit lässt zu wünschen übrig. Was W. MULLER? als oberen Lappen der Hypophyse beschreibt, ist der vordere Abschnitt der Hypophyse. In der Zusammenfassung des über die Amphibien-Hypophyse und Infundibularorgane Dargestellten ergiebt sich, dass bei Proteus alle Theile der Selachierhypophyse, mit Ausnahme des un- teren Hypophysensackes, die sich auf die Amphibien nicht vererbt hat, sich vorfinden, doch erscheint der obere Hypo- physensack in reducirter Form. Bei den caducibranchen Urodelen schwindet der obere Hypophysensack bis auf einen Abschnitt, der sich als Sammelschlauch erhält, und mit ihm sich rückbildet bis zu einem kleinen vor der Hypophyse abgegliederten Rest, der sich auch noch bei den Anuren erhält; der vordere Lappen und die ganze Amphibienhypo- physe wird durch den mächtig sich entfaltenden Hypophy- senkopf gebildet. Diese mündet durch einen Sammel- schlauch (Urodelen) oder nach dessen Rückbildung durch 92 B. Haller ihre Einzelschläuche (Anuren) nach außen in den Cranial- raum. Die Infundibulardriise hat sich bei Proteus ganz riickgebildet, bei den caducibranchen Urodelen ist sie aber noch in Riickbildung begriffen. Der Recessus infundibuli trittin sehr primitiver Form zuerst bei den caducibranchen Urodelen auf, fehlt aber bei den Anuren. Die Riickbildung der Infundibulardriise ist also bei Proteus un- abhängig von den Caducibranchen erfolgt. Sauropsiden. Von Reptilien untersuchte ich Lacerta agilis, Lacerta muralis und Emys lutaria. Bei den Echsen ist die Hypophyse ein gedrungener, längsgestreckter Drüsenkörper (Fig. 32 /yp), der nach hinten die ganze Sattelbucht (st) ausfüllt und nach vorn zu hinter der ependymalen Lamina postoptica (/po) endet (Lacerta agilis), oder in etwas zuge- spitzter Form noch die Lamina erreicht (Lacerta muralis, Textfig. 4). Nach unten liegt die Hypophyse der dünnen Lamelle der Hypophysen- fontanelle (ff) auf, die bei Lacerta agilis etwas länger ist als bei Lacerta muralis. Der Hypophysenkörper, wie ich den Hauptabschnitt der Drüse hier nennen möchte, besteht aus einer sehr großen Menge feiner Drüsenschläuche, die so durch einander liegen, dass ihre Haupt- richtung auf Schnitten sich schwer bestimmen lässt. Nach den gleich zu erörternden Mündungsverhältnissen und nach dem deutlich erkenn- baren Verlauf der Drüsenschläuche bei Emys darf man aber annehmen, dass die Richtung der Drüsenschläuche nach einem ganz bestimmten Punkt an der dorsalen Seite sieht und zwar aus dem hinteren klei- neren Abschnitt der Drüse nach vorn und oben und aus dem vorderen größeren Abschnitt nach hinten und oben. Zwischen den Schläuchen befindet sich ein dichtes Kapillarnetz, das ich getreu nach dem Prä- parate mit Gelb darzustellen suchte. Bindegewebe nimmt in sehr beschränktem Maße Theil an dem Aufbau der Drüse nur in so fern es mit den größeren Gefäßen in dieselbe einwuchern konnte. Die Drüsenschläuche zeigen öfter deutliche Lumina, doch, da ihre Wände sich berühren, entbehren die meisten Schläuche wenigstens zeitweilig einer Lichtung. Oft ist diese so klein, dass sie leicht übersehen werden kann. Die Drüsenepithelien sind hocheylindrische Gebilde mit distal gelegenen unregelmäßigen Zellkernen (Fig. 33 Ayp). Die Zellgrenzen sind undeutlich und der stark gekörnte Zellleib färbt sich mit den bereits erwähnten Tinktionsmitteln sehr wenig. Die Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 93 Körnelung ist distal um den Zellkern herum dichter als an dem basalen Zellende. Cilien und eutieularer Besatz fehlen. Die Drüsenschläuche münden dorsal an einem ganz bestimmten Orte (Fig. 32 ) in einen ziemlich geräumigen, langen plattgedrückten, doch etwas schmalen Sack (hyp’), der zwischen der Hypophyse und dem Recessus infundibuli (7) gelegen ist und, weit nach vorn reichend, scheinbar blind endigt. Dieser dem Sammelschlauch der Amphibien homologe Sack ist bei Lacerta agilis etwas länger (Fig. 32) als bei Lacerta muralis (Textfig. 4). Oben zwischen dem hinteren Ende des Recessus und unterhalb des venösen Sinus cavernosus (sc) ist der Sammelschlauch, wie ich ihn seiner Homologie wegen nennen will, am weitesten, und besitzt auch eine große Höhlung. An der hinteren hyp e Wand dieses erweiterten Abschnittes münden die Schläuche der Hy- pophyse in denselben. Außer an dieser Stelle habe ich, obgleich die ventrale Wand des Sammelschlauches überall der Hypophyse eng anliegt (Textfigur Ayp’; an dem in Fig. 32 dargestellten Präpa- rate war der Sammelschlauch offenbar beim Schneiden seiner Unter- lage entrückt), nirgends Mündungen von Schläuchen in den Sammel- schlauch beobachtet und muss solche auch in Abrede stellen. Der Sammelschlauch hat zwar sehr dicke, offenbar drüsige Wände, doch buchten sich diese nirgends zu drüsigen Krypten aus. Sein einschichtiges eylindrisches Epithel ist äußerst hell, Granula- tionen sind in den Zellen nicht wahrzunehmen und auch eine Tinktion findet nicht statt. Zellgrenzen sind nur stellenweise zwischen den unregelmäßig geformten Zellkernen zu beobachten (Fig. 33 ag). An dem vorderen Ende des Sammelschlauches befindet sich die kleine Mündung der Hypophyse (Figg. 32, 33 ö). 94 B. Haller Der Hypophysenkörper ist bei Lacerta agilis kürzer (Fig. 32) als bei Lacerta muralis (Textfig. 4), wodurch die letztere sich mehr den Cheloniern nähert. Vordere Hypophysenlappen, wie sie sonst bei den Sauropsiden allgemein verbreitet sich vorfinden, fehlen der Gattung Lacerta und nicht einmal Rudimente gelangten zur Beob- achtung. Der Recessus infundibuli ist bei den Echsen sehr mächtig und lagert in Form eines langen, schmalen, hinten an seinem blinden Ende erweiterten Sackes oberhalb der Hypophyse auf dem Sammel- schlauch (Fig. 32 7; Textfig. 47). Er besteht aus einem engen dünn- wandigen Mündungsstück und einem weiteren diekwandigen und blindendigenden Abschnitt. Ihre Wände gehen kontinuirlich in ein- ander über. Bei Lacerta muralis ist das Mündungsstück länger als bei Lacerta agilis und darum das weite Endstück kürzer als bei der letzten Art. Der Recessus mündet am Ende der Lamina postop- tica in den Infundibularraum. Von dieser Lamina postoptica der Eidechsen sei bemerkt, dass sie, wie bei allen Amnioten, eines epen- dymalen hinteren Abschnittes vollständig entbehrt und bloß aus einem nervösen Theil besteht, welcher supraependymal gelegene Ganglien- zellen und einzelne längsverlaufende Nervenfasern besitzt. Der epen- dymale Abschnitt der Lamina ist bei den Reptilien nieht minder als bei den übrigen Amnioten in den Recessus infundibuli einbezogen worden. Histologisch besteht der Recessus (Fig. 33 r) aus dreieckigen Ependymzellen mit einem sich intensiv tingirenden Zellkern. Cilien konnte ich an diesen Zellen nicht erkennen. Das nach innen zuge- spitzte Ende der Zelle läuft in die sehr dicke Wand des Recessus aus. Diese ganze dicke Wand besteht aus einem, an Formalde- hydpräparaten sehr deutlich erkennbaren neuroglialen Netz, in das sich auch die Fortsätze der Ependymzellen auflösen. Einzelne sehr protoplasmaarme Neurogliazellen mit großem Kern lagern in den Knotenpunkten des Netzes. An der vorderen unteren Wand des Recessus erkennt man auch längsverlaufende Nervenfasern von der Lamina postoptiea her in die Wand des Recessus sich fortsetzen. Bei den Cheloniern, für die ich Emys lutaria anführe, ist der Hypophysenkörper (Fig. 34 hyp) langgestreckt und niedrig, so dass W. Mürter’s Abbildung, wie auch seine für die Reptilien unzu- treffende Schilderung, nur wenig auf die Verhältnisse von Emys passt. In seiner langgestreckten und nach vorn zu etwas verjüngten Form erreicht das vordere Hypophysenende beinahe die Pars chiasmatica. Das hintere Ende stößt nach oben an den Sinus cavernosus, nach Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 95 hinten an den Türkensattel (st). An der unteren Seite der Hypophyse, beinahe an dem vorderen Ende des hinteren Drittels, liegt eine auf dem Schnitt quergetroffene diekwandige Arterie (a): einer der jederseitigen Äste der Carotis interna für die Hypophyse und der angrenzenden Theile. Die sämmtlich längsverlaufenden Schläuche des Hypophysen- körpers münden beiläufig an derselben Stelle in den Sammelschlauch, wie bei Lacerta. Der Sammelschlauch ist ein weites sackförmiges Gebilde (%yp’) und erstreckt sich mit seinem hinteren blindgeschlosse- nen Ende bis weit hinauf auf das Hinterende des Recessus (r), so dass dieser von diesem Hypophysentheil von hinten schalenförmig umlagert wird. In der Wand dieses schalenförmig nach oben und vorn gebogenen Endes kommt es zu kleinen drüsigen Ausbuchtungen und da auch die Recessuswand quergefaltet ist, stülpt sich von außen her die dorsale Wand des Sammelschlauches in diese Falten ein. Nach unten zu liegt der Sammelschlauch dem Hypophysenkörper unmittelbar auf. Auch bei Emys habe ich nicht beobachtet, dass die Schläuche der Hypophyse auch anderwärts, wie an der angegebenen Stelle zu dem Sammelschlauch ausmündeten. Dieser Stelle entsprechend verlaufen die Drüsenschläuche horizontal und ziemlich parallel zu einander an ihren Mündungsort. Während in den hinteren Theil des Hypophysen- körpers kurze Schläuche münden, sind jene des langgestreckten vor- deren Abschnittes (hyp’’) sehr lange Schläuche. Bezüglich ihrer Struk- tur und des Sammelrohres gilt das von Lacerta Mitgetheilte. Der Sammelschlauch mündet an der Stelle nach außen (ö) wie bei Lacerta. Oberhalb dieser Mündung verlaufen, von unten der Lamina postoptica angelagert, mehrere neben und über einander ge- legene Längsschläuche (py) bis zur Mündung der Hypophyse Es ist durch die enge Aneinanderlagerung dieser Schläuche schwer zu entscheiden, ob es sich hier um paarige Drüsengruppen handelt oder nieht. Dieser Theil der Hypophyse fehlt, wie wir sahen, bei Lacerta. Es handelt sich in ihm um den bereits von W. MULLER richtig beschriebenen vorderen Lappen der Hypophyse, welcher bei den Selachiern paarig anzutreffen ist. Auch den Fortsatz der Ge- hirnhäute (2) habe ich beobachtet, den MÜLLER richtig geschildert, aber unrichtig aufgefasst hat, denn er gehört der Gefäßhaut und nicht der Dura an. Somit würde die Hypophyse ihren Inhalt auch hier zwischen Arachnoidea und Dura entleeren, wie denn zwischen beiden Gehirnhäuten bei den Schildkröten ein deutlicher Spalt be- steht (s). 96 B. Haller Der Recessus infundibuli ist keine so einfache Ausstülpung, wie ihn W. MÜLLER beschreibt und abbildet, sondern ein vielfach der Quere nach gefalteter Sack (r) mit viel dünneren Wänden und wei- terer Mündung als bei Lacerta. Auch bei den Cheloniern kommt am Recessus infundibuli noch keine sekundäre Ausbuchtung vor wie bei den Vögeln; doch möchte ich die durch die Querfalten erzeugten kleinen Buchten schon als eine Andeutung dafür auffassen. An der hinteren Infundibularwand befindet sich bei den Rep- tilien unter dem Tuberculum impar ‘superius (Fig. 34 ¢) ein kleines Tuberculum impar inferius (w’), worauf eine verdickte Stelle folgt (w), die der Lage nach dem Infundibularpolster der Amphibien ent- sprechen wiirde. Von einer Infundibulardriise ist nichts mehr vor- handen. Ob möglicherweise in der Riickbildung der durch GAupP beob- achteten zwei Seitenknospen während der Ontogeuese (s. pag. 38—39) die Riickbildung des größten Theiles vom oberen Hypophysensacke in einer etwas cänogenetischen Weise zum Ausdruck gelangt, wäre wichtig zu erfahren. Die Verhältnisse, wie sie bei dem Haushuhn vorliegen, schließen sich ziemlich an die der Chelonier an. Es findet sich nämlich bei dem Huhne ein auffallend langer Hypophysenkörper (Fig. 35 hyp) vor, welcher bis zu der Pars ehiasmatica reicht. Viel kürzer ist die eirund gestaltete Hypophyse von Emberiza (Fig. 36 hyp), doch hat sich hier im Vergleich mit dem Haushuhne nicht nur eine große Verkürzung mit gleichzeitiger Höhenzunahme eingestellt, sondern es hat diese Hypophyse auch ihre Lage etwas verändert. Ihre horizon- tale, gewiss ursprüngliche Lage vertauschte sie mit einer etwas ver- tikal gerichteten. Diese Änderung und die dadurch bedingte Ver- kürzung des Hypophysenkörpers ist wohl durch die starke Entwicklung und nachherige Rückwärtsverschiebung der Pars chiasmatica ver- ursacht worden, wodurch gleichzeitig auch die Sattellehne (s¢) sich etwas aufgerichtet hat. Bezüglich der weiteren Topographie sei noch bemerkt, dass der Hypophysenkörper vor der Pars chiasmatica durch eine starke Wucherung der Arachnoidea getrennt wird, welche beim Huhne (Fig. 35 d’) minder mächtig als bei Emberiza ist (Fig. 36 @’). Dieses Gewebe befestigt sich oben in nächster Nähe der Hypophysen- mündung nach außen (ö) an den vorderen Hypophysenlappen (p) und ist somit homolog der arachnoidalen Lamelle der Schildkröte (Fig. 34 d’). Unten liegt der Hypophysenkörper bei dem Huhne nur mit seinem hinteren Theil in der unteren Hälfte der Sattelbucht. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 97 Bei Emberiza lagert jedoch der ganze Hypophysenkörper in der unteren Hälfte der hier geräumigen Sattelbucht. Oberhalb der Hy- pophyse liegt in der oberen Hälfte der Sattelbucht der Sinus caver- nosus (sc) und vor, theilweise auch auf der Hypophyse das Ende des Recessus infundibuli (r). Wenn wir diese topographischen Verhältnisse mit jenen der Reptilien vergleichen, so ist klar, dass das hintere Ende des sich mächtig entwickelnden Recessus infundibuli und der Sinus cavernosus allmählich in die sich ebenfalls mächtig entfaltende Sattelbucht hin- eingeräth und so den Hypophysenkörper aus seiner ursprünglichen Lage, wie Lacerta sie noch besitzt (Fig. 32) schon bei den Cheloniern etwas nach unten drängte, bis schließlich bei den Vögeln für den Hypophysenkörper nur noch in der unteren Hälfte der Sattelbucht Raum übrig blieb. Zwischen dem Hypophysenkörper und dem Sinus cavernosus liegen die schon bei Emys erörterten Queräste (a) der Carotis interna. Der Hypophysenkörper der Vögel besteht aus zahlreichen äußerst schmalen Drüsenschläuchen, die in Folge ihrer Zartheit nur bei sehr starker Vergrößerung ein Lumen, dann aber eben so häufig wie bei den Reptilien, erkennen lassen. Die Wände der Schläuche werden durch eine einschichtig kubische Zellenlage gebildet, deren Elemente kleine runde Kerne besitzen (Fig. 37). Sämmtliche Schläuche münden der ventralen Seite eines engen Sammelraumes (Ayp’) entlang, der dorsal an seiner freien Seite nur von einer aus platten Epithelien gebildeten dünnen Wand begrenzt wird. Die ventrale Wand des Sammelschlauches ist ebenfalls einschichtig (Fig. 37 e), lagert aber in Folge der sehr vielen Mündungen der Sammelschläuche (Fig. 37 a) mit ihrer ganzen Länge dem Hypophysenkörper auf. Der Sammelschlauch der Hypophyse der Vögel ist homolog dem Sammelschlauch der Reptilien, woran um so weniger gezweifelt werden kann, als in seiner oberen hinteren Wand die Mündungen des bei den Vögeln sehr stark entwickelten Vorderlappens (Figg. 35, 36 p) sich befinden. Die Mündung des Sammelschlauches (ö) nach außen befindet sich in der Mitte ihrer dorsalen Wand. Es lässt sich die Umgestaltung des Sammelschlauches der Vögel aus dem der Reptilien durch das Zusammengedrücktwerden der Hypophyse von oben durch den Sinus cavernosus und den Recessus infundibuli auf das einfachste erklären. Der weite Sack, wie der Sammelschlauch der Reptilien seiner Form nach ist, wurde nämlich von hinten nach vorn zu zusammengedrückt, wodurch jene Form bei den Vögeln ent- Morpholog. Jahrbuch. 25. 7 98 B. Haller stehen musste. Hierfür spricht unter Anderem auch die Mündung des Vorderlappens, die in ihrer ursprünglichen Lage verblieb. Der Vorderlappen der Hypophyse (Fig. 35, 36 p) zieht, ähnlich dem der Reptilien, entlang der unteren Wand des vorderen Theiles des Recessus infundibuli und dieht unter der Lamina postoptiea (po) gelegen, bis beinahe an die Pars chiasmatica, ist somit viel länger als jener der Reptilien. Der Recessus infundibuli erreicht bei den Vögeln seine volle Entfaltung und ist komplieirter als der der Reptilien. Gleich wie dort ist durch seine starke Entfaltung das Verschwinden der epen- dymatösen Lamina postoptica als solcher bedingt worden. Die Wände des Recessus sind ziemlich dick, doch lange nicht so mächtig als jene der Lacerta. Der bereits bei den Cheloniern durch die Quer- faltenbildung eingeleitete Process führt zur Ausbildung mehrerer sackförmiger Ausbuchtungen (Fig. 35, 36 7’) der Infundibularwand, wodurch die Drüsenform des Recessus noch ausgesprochener zum Ausdruck gelangt. Es findet somit hier aus irgend einem zur Zeit ganz unbekannten Grunde, denn der Recessus ist ganz ähnlich ge- baut wie bei den Reptilien, eine Flächenvergrößerung im Recessus statt und auch die Gefäße in dessen Wänden werden zahlreicher. Die Mündung des Recessus ist bei den Vögeln etwas enger als bei den Reptilien. Wenn wir zum Schluss das Gewonnene auch hier zusammen- fassen, so gelangen wir zu dem Resultate, dass, obgleich der Hypophysenkörper der Sauropsiden aus dem Hypophysen- kopfe der Selachier sich entfaltet hat, und obgleich der Sammelschlauch jenem der Amphibien gleichzustellen ist und auch bei den Sauropsiden eine bis auf den Sammel- schlauch vollständige Reduktion des oberen Hypophysen- sackes sich eingestellt hat, so ist doch zwischen den re- centen Amphibien und den Sauropsiden bezüglich der Hypophyse der Anschluss kein direkter. Es haben sich nämlich die vorderen Hypophysenlappen bei den Amphibien nachweislich rückgebildet, während bei den Sauropsiden sie eine höhere Entfaltung erfuhren und den Zusammenhang mit der Hypophyse durchaus gewahrt haben. Obgleich eine vollständige Reduktion dieser Lappen bei den Lacertiden zu vermerken ist, so ist dieser Zustand in Anbetracht des Vorhandenseins dieser Lappen bei den anderen Sauropsiden doch nur als ein selbständig erworbener und als kein er- Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 99 erbter zu betrachten. Dafür ist bezüglich des Recessus in- fundibuli ein direkter Anschluss der Sauropsiden an die eadueibranchen Urodelen gegeben, denn es lässt sich nach- weisen, dass dieses Gebilde zuerst bei ihnen auftritt und dass in der Klasse der Sauropsiden es dann zur allmäh- lichen Vervollkommnung gelangt. Ein kleines Abbild der Stammesgeschichte, wie wir sie auch sonst von den Amphibien anzunehmen gewohnt sind, gewähren so- mit auch die Verhältnisse der Hypophyse und die des Recessus infundibuli. Saugethiere. Wenn ich die an der Hausmaus erzielten Resultate mit den bisher vom Menschen bekannten vergleiche, so glaube ich annehmen zu diirfen, dass zur Gewinnung eines einheitlichen Bildes von der Hypophyse der Säuger es eines reicheren Materials nur in so fern bedurft hätte, als das nähere Verständnis gewisser Umbildungen der Hypophysenverhältnisse bei den Monotremen als niedersten Gruppe der Säuger zu gewinnen ist. Hierzu fehlte mir aber das nöthige Material. Die Hypophyse der Maus (Fig. 38 Ayp) liegt, durch langen schmalen Stiel (p +7’), den sogenannten Hypophysenstiel, an die ventrale In- fundibularwand befestigt, in der flachen Sattelbucht oder der Hypo- physengrube. Sie ist durch die bekannte (Fig. 18 d), zwischen Sattelbucht und den Proe. clinoidei posteriores ausgespannte »fibröse Haut«, die sich median als eine Doppellamelle von Arachnoidea und Dura auch der hinteren Hypophysenwand anlegt und in dieser Form auch bei den Sauropsiden sich wiederfindet (Figg. 32, 34, 36 d), nach oben zu verdeckt. Durch eine rundliche Öffnung dieser Doppel- lamelle tritt dann der »Hypophysenstiel« hindurch. Von unten er- scheint dieses unter dem Namen Hypophyse bekannte Gebilde flach mit einer sehr seichten Längsrinne in ihrer Mitte. Dorsal ist dieses Gebilde nach der Mitte seiner Oberfläche zu etwas konisch erhoben. Die Hypophyse der Säuger besteht nach der gangbaren Auf- fassung aus einem vorderen und einem hinteren, dem vorderen auf- liegenden Lappen. Der untere Lappen ist der drüsige Abschnitt der Hypophyse und soll nach den Untersuchungen W. MüLLer’s auch einzelne Lücken enthalten, in denen sogar etwas Sekret beobachtet ward. Er ist nach MÜLLER jener Theil der Hypophyse, der sich aus der Raruke’schen Tasche gebildet hat. Der obere Lappen ent- 7* 100 B. Haller steht aus der Basis des Zwischenhirns, soll aber später seine nervöse Natur verlieren und »bindegewebig« werden. Für seine Entstehung aus dem Zwischenhirn in Form einer Aussackung wird gewöhnlich die Beobachtung LuscHkA’s angeführt, der in seltenen Fällen in dem hinteren Hypophysenlappen mit Flimmerepithel ausgekleidete Höhlungen fand, und in eben so seltenen Fällen den vorderen Lap- pen ohne Zusammenhang mit dem hinteren gesehen hatte. Weiter- hin wird nach der Angabe MÜLLER’s der sogenannte Hypophysen- stiel durch einen mit dem Gehirn zusammenhängenden Fortsatz des hinteren Lappens gebildet, dem nach unten der lange drüsige Fort- satz, unser Vorderlappen, anliegt. Diesen hatte MÜLLER ganz richtig mit den gleichen Gebilden der Sauropsiden und der Amphibien ho- mologisirt, und nur darin ging er fehl, dass er ihn dem ganzen vorderen Theil des oberen Hypophysensackes der Selachier sammt dessen Vorderlappen, statt nur diesem letzteren, gleichstellte. So einheitlich nun auch diese »Hypophyse« äußerlich erscheinen mag, so stellt doch nur ihr unterer Theil (Fig. 38 hyp) die eigent- liche Hypophyse dar, während der obere Theil (r) der bei den Säugern solid gewordene Recessus infundibuli ist. Somit liegt die eigentliche Hypophyse dem ventralen Schädelboden, von dem sie aber überall durch eine durale Lamelle geschieden ist, nicht mit ihrer ganzen ventralen Fläche auf, denn wie schon erwähnt, besitzt sie eine mediane flache Rinne und es bleibt zwischen dieser und dem Schädelboden ein freier Raum übrig (Fig. 38). Lateral liegt sie jedoch dem Schädelboden auf. Die Hypophyse ist breiter als lang und wird von oben theilweise durch den ihr aufliegenden hin- teren Abschnitt des Recessus infundibuli bedeckt und etwas einge- drückt, wodurch sie oben beckenförmig wird. Der Hypophysen- körper, wie ich den größeren Abschnitt der Hypophyse wegen seiner Homologie mit dem der Sauropsiden nennen will, besitzt eine bisher völlig übersehene, sehr geräumige und durchaus einheitliche Höhlung, die durch einen von dem übrigen Drüsenepithel der Hypophyse ver- schiedenen, einschichtigen epithelialen Überzug ausgekleidet wird. Caudalwärts ist die Wand des Sammelraumes durchaus dünn, was daher rührt, dass ihr hier (Fig. 38 x) keine Drüsenschläuche auf- lagern. Hier besteht sie nur aus der einschichtigen Epithelwand und einem kernreichen Überzug, der als piale Lamelle über der ganzen Hypophyse sammt dem Recessus infundibuli sich vorfindet. Diese dünne Wand bildet ausschließlich die hintere Seite der Hypophyse und biegt sich etwas ventral- und lateralwärts (Fig. 39 x) nach vorn. Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 101 Dorsal, lateral und ventral wird die dünne Wand des Sammelraumes überall von dem ihr eng anliegenden Drüsengewebe der Hypophyse umgeben. Dieses Drüsengewebe ist ventralwärts an den Seiten der unteren Hypophysenfläche sehr dick (Fig. 39), wird aber median- wärts in der Längsrinne, besonders nach vorn zu, dünner. Eben so verhält es sich dorsal, denn auch hier ist die Drüsenwand an den Krämpen der oberen Seite dicker (Fig. 39). An den dicken lateralen Theilen schiebt sich das Recessusgewebe (r) vielfach zwischen das Drüsengewebe ein. Das Gewebe der Hypophyse besteht aus sehr dicht bei einander lagernden Driisenschliuchen, die von allen Seiten, mit einziger Aus- nahme der hinteren Wand, in das große Drüsenlumen münden. In der dorso-medianen Wand sind es zumeist ganz kurze Krypten, die sich einzeln in das Hauptlumen öffnen (Fig. 38); an den lateralen und ventralen Wänden liegen längere Schläuche. Eine Partie median gelegener, sehr langer Drüsenschläuche (p), von der ich nicht fest- stellen konnte, ob sie paarige Lappen vorstellte, beginnt, wie schon W. MÜLLER bei dem Menschen richtig ermittelt hatte, gleich hinter der Pars chiasmatica (op) und zieht, von unten der nervösen Lamina postoptica anliegend (eine ependymale giebt es hier ebenfalls nicht) und weiter hinten dem vorderen dünnen Abschnitt (r’) des Recessus infundibuli ganz eng angeschlossen, bis an die Hypophyse. Hier münden diese langen Drüsenschläuche medianwärts und von vorn her in das große Hypophysenlumen. Gleich hinter der Mündung dieser dem Vorderlappen der übrigen Vertebraten homologen Schlauch- gruppe, befindet sich median die zwar sehr kleine, jedoch recht deut- lich wahrnehmbare Mündung des weiten Hypophysen-Sammelraumes nach außen (ö). Somit besteht auch bei den Säugern die Hy- pophyse aus einem hinteren Abschnitt mit weitem Sammel- raum und einem vorderen Lappen, und es mündet auch hier die Hypophyse in die Cranialhöhle. Bezüglich der Histologie sei nur erwähnt, dass sämmtliche Sehläuche von dem gleichen niedrig kubischen, großkernigen Epithel gebildet werden, und dass dieses Epithel von jenem des Sammel- raumes in so fern differirt, als die Zellkerne des letzteren durch die angewandten Färbemittel sich viel intensiver tingirten. Cilien habe ich nirgends beobachtet. Wie aus der bisherigen Schilderung hervorging, ist der Recessus infundibuli der Maus ein durchaus solides Gebilde und besteht aus einem langen Stiel (Fig. 38 7’) und einem verdickten Endtheil (7), 102 B. Haller der von oben der Hypophyse fest auflagert oder in Folge seiner geringen Größe diesen nicht ganz zu verdecken vermag. Ich konnte in dem soliden Recessus nirgends irgend eine Höhlung auffinden, wie solche in seltenen Fällen nach LuscHhkA beim Menschen stellen- weise vorkommen sollen. Nur in dem Infundibularraum erkennt man jene Stelle noch in Form einer kleinen Einbuchtung (r’’), an der ur- sprünglich der Recessus in das Infundibulum miindete. Der ge- sammte Recessus infundibuli bildet das bereits bei den Sauropsiden erörterte neurogliale Netz, dem aber bei der Maus zahlreiche Kerne einlagern. Blutgefäße treten eben so reichlich in dieses Netz wie bei den Vögeln. Eine Infundibulardrüse fehlt der Maus eben so vollständig wie den Sauropsiden. Doch hat Rerzıus neulich bei dem Menschen, Hund, Rennthier, Schwein, Schaf, Kaninchen und der Katze ein Ge- bilde beschrieben!, das er allerdings mit großer Reserve für das Homologon der Infundibulardrüse der Fische betrachten möchte, vor- läufig nennt er es jedoch nur Recessus saccularis. Dieses Gebilde ist eine der Form nach wechselnde, manchmal kleeblattförmig (Mensch) erscheinende hohle Erhabenheit (Eminentia) und liegt knapp hinter dem sogenannten Hypophysenstiel und vor den Corpora mamillaria. Es wurde bisher übersehen und Rerzius ist somit sein Entdecker. Nach dem Entdecker würde man es in dem Recessus saccularis am ehesten mit dem Rudiment einer Infundibulardrüse (Saccus vascu- losus)? zu thun haben, doch kann man sich dieser Deutung schon wegen der ungenügenden Kenntnis des Baues dieses Gebildes — Rerzıus hat es nämlich nur nach der äußeren Form, ohne dasselbe auf Schnitten und histologisch zu verfolgen — wohl nicht anschließen. Das Erhaltensein dieses Gebildes bei den Säugethieren, meint weiter RETZIUS, wäre ein neues Beispiel »des Gesetzes vom Auftreten ru- dimentärer Organe in ansgeprägter, urspriinglicher Gestalt bei den am höchsten entwickelten Geschöpfen, nachdem viel niedriger ste- hende Thiere diese Organe schon ganz verloren haben oder sie nur in viel verkümmerterem resp. modifieirtem Zustande aufweisen«. Bei der Maus findet sich nichts von jener Eminentia vor, wie sagittale Längsschnittserien bezeugen. Es befindet sich aber gerade an jener Stelle, an der nach Rerzıus die nach außen gekehrte 1 G. Rerzrus, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. VII. 1895. 2 Nach dem, was Rerzıus bisher über die Infundibulardrüse in Erfahrung brachte, glaubt er in derselben >eine besondere Neuromere« erblicken zu müssen! Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane, 103 Eminentia liegt, jederseits eine nach innen zu gekehrte Verdickung am Infundibularboden (Fig. 38 w’), und diese Stelle liegt somit jeder- seits vor den Mamillarkörpern. Medianwärts werden diese Ver- diekungen niedriger und bei manchen Individuen ist die Stelle zwi- schen ihnen noch dünner als in dem abgebildeten Falle. Es wäre somit möglich, dass diese Verdickungen bei den von Rerzius unter- suchten Säugern sich mächtiger als bei der Maus entfalten und so auch äußerlich zur Ansicht gelangen, wobei dann zwischen ihnen eine schmale dünne Rinne erhalten bleibt. Ein solches Gebilde hätte aber phylogenetisch wenigstens eine ganz untergeordnete Be- deutung und hätte bloß wegen seiner Lage mit einem Infundibular- drüsen-Reste nichts zu thun. Die Kluft zwischen Amphibien, worunter ich natürlich nicht bloß das recente geringe Überbleibsel der Klasse verstehe, und den Säugern ist doch zu groß, um hier jenes von Rerzıus eitirte »Gesetz« zur Geltung gelangen zu lassen. Cyclostomen. Die extreme Stellung der cyclostomen Fische rechtfertigt es, wenn ich die Beschreibung ihrer Hypophyse zu allerletzt erledige. Denn da die Cyclostomen neben manchen primären Einrichtungen auch eine Menge solcher besitzen, die sie nach ihrer sehr frühzeitigen Abzweigung von der Hauptrichtung selbständig erworben haben, so lässt sich über den phyletischen Werth eines ihrer Organe erst nach genauer Würdigung desselben Organs bei den anderen Formen ein Urtheil fällen. Dieser Gesichtspunkt scheint mir durchaus berechtigt. Nach W. MÜLLER! besitzt Myxine einen langen und platten, durchaus hohlen Processus infundibuli und eine darunter liegende lange Hypophyse. Diese Angabe wird von Rerzius? bestätigt und dahin erweitert, dass die Hypophyse sowohl von dem Processus in- fundibuli als auch von der unter ihr liegenden Schleimhaut des Nasenrachenganges durch eine dünne fibröse Schicht getrennt wird. Weitere Bestätigung erfuhr W. MÜLLER’s Beobachtung durch v. Kurrrer’, der allerdings auch einen kontinuirlichen Zusammenhang des Endes vom Processus infundibuli mit den Drüsenschläuchen der Hypophyse gesehen haben will. Es ist somit an dem Vorhandensein Er c. 2 Biologische Untersuchungen. Neue Folge. V. 1893. 3 Die Deutung des Hirnanhanges. 104 B. Haller eines Processus infundibuli bei Myxine nicht im geringsten zu zweifeln. Bei den Petromyzonten (P. Planeri) ist nach v. KuprrEr! ein »Infundibularfortsatz« vorhanden, doch soll er hier knopfförmig ge- staltet sein. Es giebt außerdem nach v. Kuprrer auch eine Infun- dibulardrüse, die dem Processus infundibuli nach oben und der Hy- pophyse nach hinten zu anliegt; doch berichtet v. Kuprrer nichts von einer Mündung der Infundibulardrüse in den Trichter, und auch auf seiner Abbildung ist davon nichts zu sehen. Vor dieser Drüse soll die Hypophyse liegen, die selbst noch bei dem erwachsenen Thiere mit dem Epithel des Nasenrachenganges in direktem Zu- sammenhange stehen soll. v. Kuprrer’s Worte lauten: »Jedenfalls stehe ich nicht an, der Hypophyse von P. Planeri zwei der Herkunft nach ganz verschiedene Abtheilungen zuzuschreiben, von denen die vordere als ein dorsaler Drüsenkomplex des Nasenrachenganges, die hintere als Infundibulardrüse aufzuführen ist.« Meine Untersuchungen erstrecken sich auf das entwickelte Thier und drei Larven von 48, 70 und 135 mm Länge des Petromyzon Pla- neri. An der kleinsten Larve konnte ich feststellen, dass die Hypo- physenanlage sich aus der dorsalen Wand und somit nicht aus dem blinden Ende des zur Zeit zwischen der Pars chiasmatica und dem hinteren Ende des Trichters endigenden Nasenrachenganges entsteht und in Form einer durchaus massiven länglichen Zellmasse sich abschnürt. Bei der 70 mm messenden Larve ließ sich ferner an dem Ende des Nasenrachenganges (Fig. 29 x) eine Höhlung erkennen, sonst lagen seine Wände eng an einander. Die ganze Anlage dieses Ganges bestand aus platten Zellen, die in dem erweiterten Endtheil so- gar ganz endothelartig waren. Die sehr lange Hypophysenanlage hatte sich bei dieser Larve nicht nur vollständig von ihrem Mutterboden abgeschnürt, sondern es zeigten sich in ihr auch bereits Höhlungen und es ließ sich sogar schon die Gliederung in zwei hinter einander liegende Abschnitte erkennen. Der vordere Abschnitt (Ayp") war an seinem vorderen Theil durchaus hohl. Der hintere Abschnitt (hyp’) ist jetzt, wie dies die Vergleichung der einzelnen Schnitte der Serie unter einander zeigte, ein einheitlich langer Sack und hängt nur vorn und bloß medianwärts mit dem vorderen Abschnitte zusammen. Die gesammte lange, schmale Anlage erstreckt sich von der Pars chiasmatica (op) an bis zum Ende des dritten Viertels der Lamina 1a ze: Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 105 postoptica (po). Überall wo sie hohl war, besaß sie ein einschich- tiges niederes Epithel (Fig. 29). Bei der großen Larve (Fig. 28) war das Ende des Nasenrachen- ganges ein ovaler weiter Sack (z) mit langem hohlen Stiel. Das Epithel des Endsackes war dorsal noch immer ganz platt, doch hatte es schon ventralwärts, ähnlich wie in dem Stiel, eine kubische Form erreicht. Die Hypophysenanlage hatte viele hohle Schläuche getrieben und gliederte sich, entsprechend ihrer früheren Anlage und ihrer de- finitiven Form, auch jetzt in einen vorderen (Ayp”) und einen hinteren Abschnitt (Ryp’), die unter einander durch ein schmales Stück zu- sammenhängen. Das Ende des Nasenrachenganges lagerte gerade unter diesem Verbindungsstück in einem selbstverursachten mulden- förmigen Eindruck. Während nun das vordere Ende der Hypophy- senanlage nicht weiter wächst, da auch bei dem entwickelten Thiere das vordere Ende der Hypophyse nur bis unter die Pars chiasmatica (Fig. 30 op) reicht, gelangt das hintere Ende bei dem entwickelten Thier weiter nach hinten als bei der großen Larve. Die Lamina postoptica gliedert sich auch bei Petromyzon in einen vorderen, doch sehr langen, und einen hinteren ganz kurzen und durchaus dünnen Abschnitt (Fig. 28 y). An dem langen vorderen Abschnitt lässt sich dann noch ein vorderer (/po) und ein hinterer, etwas polsterartig verdiekter Theil (220’) unterscheiden. Bei dem entwickelten Thiere behält der hintere Theil (Fig. 30 /po) des vor- deren Abschnittes seine frühere Form bei und nur der vordere Theil legt sich in zahlreiche Querfalten (po). Mit der völligen Entwicklung erleidet der Infundibularboden gerade an der Grenze zwischen dem vorderen und hinteren Abschnitt der Lamina postoptica eine Knickung, wodurch letztere (Fig. 30 y) aufwärts gestellt wird. Die hierdurch erzeugte Bucht (r) stellt den Processus infundibuli vor, an dem ich, obgleich ich drei sagittale Längsserien untersuchte, nirgends weitere Ausbuchtungen erkennen konnte. Somit entsteht der Processus in- fundibuli, und dies dürfte für seine Bedeutung als Fingerzeig dienen, bei Petromyzon durch eine Knickung des Hirnbodens und nicht durch eine sackförmige Auswachsung desselben. Da auch während dieses Processes die Hypophyse dem Boden der Lamina postoptica von unten eng anliegt, so erfolgte durch jenen Vorgang eine Aufwärts- krümmung ihres hinteren Endes (4). Der bereits bei der großen Larve gut ausgebildete Saccus infun- dibuli (Fig. 28 ev) erfährt bei dem entwickelten Thier eine weitere Vertiefung (Fig. 30 w), wodurch ganz ähnliche Verhältnisse entstehen, 106 B. Haller wie bei den Selachiern. Die entwickelte Hypophyse besteht, ent- sprechend ihrer früheren Anlage, aus zwei hinter einander liegenden, ziemlich gleich langen Abschnitten. Der hintere Abschnitt (hyp) ist durchaus sackförmig mit nach oben gekrümmtem hakenförmigen Ende (4). Die Wände dieses Abschnittes werden gebildet durch nicht allzu lange, nach allen Richtungen gestellte und ganz dicht an ein- ander lagernde Krypten und kurze Schläuche, die alle ein deutliches Lumen besitzen. Besonders dicht gestellt sind die Schläuche lateral und dann am hakenförmigen Ende. Inmitten dieses hinteren Ab- schnittes befindet sich ein weites Lumen und somit wäre nach Allem dieser Abschnitt, besonders wenn wir noch die Lage der Hypophysen- mündung nach außen (ö) berücksichtigen, mit dem oberen Hypophy- sensack der Selachier gleich zu stellen. Der vordere Hypophysen- abschnitt, das Homologon des Vorderlappens, besitzt an den beiden Seiten ein kompakteres Drüsengewebe als der Hypophysensack, was daher rührt, dass die Drüsenschläuche hier viel mächtiger sind, da- bei aber zahlreiche Nebenausbuchtungen besitzen. Die größeren Schläuche sind im vorderen Lappen vielfach quergestellt, wodurch der Vorderlappen ein höchst charakteristisches Aussehen erbält und auf Sagittalschnitten den Eindruck mehrerer hinter einander lagern- der Fächer entsteht. Die beiden Hypophysenabschnitte sind lateral durch eine horizontale Querfalte, die aus fibrésem Bindegewebe be- steht, von einander vollständig getrennt, welcher Umstand auch v. KUPFFER getäuscht haben mag. Medianwärts sieht man aber unter dieser nach unten zu durchbrochenen Querfalte (f) sehr deutlich die Kommunikation zwischen dem Vorderlappen und dem Hypophysen- sack. Medianwärts und der unteren Seite genähert, befindet sich in dem Vorderlappen ein Hauptlumen, in welches sämmtliche Drüsen- schläuche des Lappens sich öffnen und gerade dieses Hauptlumen ist es, welches mit jenem des Hypophysensackes kommunicirt. Ven- tral und beiläufig in der Mitte des Hypophysensackes befindet sich auch die Mündung der Hypophyse nach außen (4). An den Mün- dungsrändern geht das Drüsengewebe, wie überall, allmählich in die angrenzende Lamelle der dünnen Hirnhaut (von Pia und Dura kann man hier nicht gut reden) über. Die Hypophyse lagert nicht direkt dem Epithel des Nasenrachen- ganges (ep) auf, sondern wird von ihm überall von einer verhältnis- mäßig recht dicken fibrösen Bindegewebslage getrennt und somit besteht nirgends eine Verbindung der Hypophyse mit dem Nasen- Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 107 rachengang!. Eben so ist dorsal der vordere Lappen (p) durch eine dickere Lage Bindegewebe von der Lamina postoptica, beziehungs- weise der Pars chiasmatica getrennt. Der Hypophysensack lagert überall, wenn nicht Gefäße dazwischen liegen, der Lamina postoptiea oder dem Processus infundibuli dieht an, doch wächst die Neuroglia nirgends in die Hypophysenwand ein, etwa wie bei den Knochen- fischen. Bezüglich der Histologie bemerke ich, dass die gesammte Hypophyse aus einheitlichem, niedrig kubischem und sehr zartem Epithel besteht, dessen runde Kerne, sowie das Protoplasma sich mit Alaunkarmin gut tingiren. Sowohl der Hypophysensack, als auch der Vorderlappen sind gefäßreich. Besonders gilt dies von dem Vorderlappen, in dem die Gefäße vielfach ungemein erweitert (Fig. 30, gelb) zwischen den großen Drüsenschläuchen lagern. Die Hypophyse von Petromyzon ist somit, sowohl was ihre Genese, als auch ihren Bau betrifft, ein ganz einheit- liches Gebilde und besteht aus einem sackförmigen nach außen mündenden hinteren Theil, dem Hypophysensack und einem diekeren vorderen Abschnitt, dem Vorderlappen. Eine Infundibulardrüse fehlt bei Petromyzon vollständig. Allgemeine Betrachtungen. Die erste ontogenetische Form der Hypophyse ist jedenfalls die sackförmige, wie sie sich bei den Selachiern und den Amnioten vorfindet und nicht die solide Anlage der Teleostier und Amphibien. Dies geht daraus hervor, dass die ausgebildete Hypophyse überall, wo nicht stark abgezweigte Formen vorliegen, ein Hauptlumen be- sitzt; es spricht ferner die Bildungsweise der Drüsen dafür. Diese Annahme ist auch die gangbare. Aus der hohlen Anlage lässt sich die solide sehr leicht ableiten, man vergegenwärtige sich bloß, dass die Wände der hohlen Anlage sich dieht an einander gelegt hätten, ohne jedoch dabei ihre erste Entstehungsweise, die Einstülpung näm- lich, ganz zu verleugnen. Von dieser Anlage bis zu dem ganz soliden ‚wäre dann nur ein Schritt. Wenn wir die Anlage der Hypophyse der Cyelostomen aus der 1 Es wäre möglich, dass v. Kuprrer die Hypophysenmündung gesehen und dieselbe für eine Mündung in den Nasenrachengang, wie er dies ja auch zeichnet, gehalten hat. 108 B. Haller Wand des Nasenrachenganges, der Anlage der Hypophyse der übrigen Vertebraten gleichstellen und nicht im Kuprrer’schen Sinne den ganzen Nasenrachengang der ursprünglichen Hypophysenanlage ho- mologisiren, so hätten auch die Cyclostomen eine solide Hypophysen- anlage. Es wäre aber ganz verfehlt anzunehmen, dass die solide Hypophysenanlage der Teleostier und der Amphibien von gemein- samen Ahnen ererbt wäre, denn gegen eine solche Annahme würde die ganze Abstammung dieser Formen auftreten und es wäre somit nur die Annahme zulässig, dass das Solidwerden der Hypophysen- anlage ganz unabhängig in den einzelnen Abtheilungen von einander erworben wurde. Es ist ferner anzunehmen, dass die in den Cranialraum mün- dende Hypophyse ursprünglich ein glattwandiger Drüsensack war und dass erst nachträglich die drüsigen Ausstülpungen aus den Wän- den dieses Sackes sich sonderten. Das darauffolgende Stadium ist noch bei den Cyclostomen erhalten, wo ja, wenn wir von einzelnen weiteren Differenzirungen, wie die Abgrenzung des Vorderlappens absehen, die Hypophyse zeitlebens die Sackform in nur wenig modi- ficirter Weise beibehilt. Für die ursprüngliche Sackform ist auch die Hypophyse der Teleostier (von der Wucherung der Neuroglia in die obere Hypophysenwand abgesehen) beweisend, an der ja die ursprüngliche Sackform zeitlebens sich erhält und nur die dorsale Wand eine komplicirtere Weiterentwicklung erfährt. Aus der Hypo- physe der Cyclostomen lässt sich die der Selachier auf die Weise ableiten, dass man das aufwärts gekrümmte hintere Ende sich weiter entfaltet vorstellt, wodurch dann der Hypophysenkopf der Selachier entsteht. Später spielt dieser Hypophysenkopf und der Vorderlappen, der als das Vorderende des Hypophysensackes zu betrachten ist, in so fern die Hauptrolle, als ein großer Theil des Hypophysensackes sich allmählich in seinem mittleren Abschnitt rückbildet und die Hypophysenmündung weit nach hinten verschoben wird. Der im Gange befindliche Process hierfür gelangt bei Proteus deutlich zum Ausdruck. Bei den Amnioten endlich besteht die Hypophyse ganz aus dem früheren Hypophysenkopf und dem Vorderlappen, deren Paarigkeit sich möglicherweise nur auf die Amphibien beschränkt. Es ist also auch der Vorderlappen ein ziemlich beständiger Hypo- physentheil, denn er bildet sich nur bei einem Theil der recenten Amphibien oder ausnahmsweise bei einzelnen Reptilien-Gattungen (Lacerta) zurück und erhält sich selbst bei dem höchsten Säugethier. Mag nun auch in einzelnen Theilen der Hypophyse eine Reduk- Untersuchungen über die Hypophyse und die Infundibularorgane. 109 tion eingetreten sein, so wird diese durch die stärkere Ausbildung eines anderen Hypophysentheiles völlig aufgewogen und die Drüsen- thätigkeit wird durch diese Reduktion nicht im geringsten vermindert, und damit ist dann auch der direkte Nachweis erbracht, dass die Hypophyse kein in der Rückbildung begriffenes Organ ist. Über ihre physiologische Bedeutung scheint mir nur die einzige An- nahme möglich, dass das Sekret an den Hirnhäuten sich, offenbar in sehr langsamer Weise, ausbreitet und so diese Häute gewissermaßen schlüpfrig erhält. Hierüber wären eingehende Studien erforderlich. Die Infundibulardrüse beschränkt sich auf einen, verhältnismäßig geringen Theil der Vertebraten und, wenn sie später doch noch ein- mal zu hoher Ausbildung gelangt (Batrachier), so ist sie bereits bei den Amphibien dem Untergange verfallen. Anders verhält es sich mit dem Processus infundibuli. Dieser ist in primärster Form sehr früh aufgetreten, denn er findet sich bereits bei den Cyclostomen entweder in sehr ursprünglicher Gestalt (Petromyzon) oder schon in mächtigerer Entfaltung (Myxine), doch hat er sich von mit den Cyclo- stomen gemeinsamen Ahnen auf Selachier und Teleostier nicht ver- erbt, da diese nicht einmal eine Andeutung von ihm besitzen. Dafür vererbte er sich auf die Amphibien und gelangt bei den Amnioten zu hoher Ausbildung, an welcher sein Massivwerden nichts geändert hat. Es ist schwer zu entscheiden, ob das erste Auftreten dieses Gebildes, das mit einer Drüse nichts zu thun hat, aktiv oder passiv erfolgte, und ob die Aufwärtskrümmung des Hypophysenendes, wie er noch bei den Petromyzonten sich vorfindet, den Grund für eine passive Bildung abgab oder die Folge des aktiven Auftretens des Processus infundibuli ist. Bekanntlich hat v. Kuprrer die Hypothese aufgestellt', dass die Offnung der hohlen Hypophysenanlage nach außen einem Urmund »Palaeostoma« der Wirbelthiere entspräche, während das blinde Ende in den entodermalen Darm seine Mündung gehabt hätte und dass somit die Hypophyse als rudimentäres Organ jenem mittlerweile abgeschnürten ektodermalen Munddarm entspricht. So weit ich ersehe, wird diese Hypothese durch drei Argumente zu stützen getrachtet. Erstens durch das Bestehen eines rudimentären Organs, nämlich der Hypophyse, zweitens durch das Erhaltensein einer Kommunikation zwischen Hypophysenanlage und dem entodermalen Darm und drittens 1 »Die Deutung des Hirnanhanges< und »Entwicklung des Kopfes von Acipenser ete.< 110 B. Haller durch die Annahme, dass der Nasenrachengang der Cyclostomen wenigstens bei Myxine noch immer jene Kommunikation erhalten hätte und dass somit in der äußeren Mündung dieses Ganges das Palaeostoma noch erhalten sei. Ich will versuchen, die zwei letzten dieser Argumente kritisch zu betrachten, denn das erste, nach wel- chem die Hypophyse ein rudimentäres Gebilde vorstellen würde, fällt durch die vorliegende Untersuchung von selbst weg, da ja in ihr gezeigt wurde, dass bei dem Frosche keine entodermale Abschnü- rung an der Bildung der Hypophyse sich betheiligt, die dann nach v. KUPFFER die innere Verbindung der Hypophyse mit dem Urdarm noch bezeugen würde. Was das zweite Argument betrifft, so möchte ich bemerken, dass das Vorkommen einer inneren Mündung der Hypophysenanlage bei dem Störe während der Ontogenie höchst unwahrscheinlich ist, da eine solche sonst nirgends und somit auch bei den Selachiern nicht vorkommt, deren höheres Alter gegenüber dem Störe doch auch v. Kuprrer nicht bezweifeln wird. Die Beob- achtung v. Kuprrer’s, dass bei 57 und 64 Stunden alten Störem- bryonen die hohle Hypophysenanlage mit dem entodermalen Darm in direkter Kommunikation steht, hat bis zur Zeit, was bei der kurzen seither verstrichenen Frist auch nicht Wunder nimmt, keinen Nach- untersucher gefunden und somit weder eine Widerlegung noch eine Bestätigung erfahren. Mir fehlte hierfür das sehr schwer erlangbare nothige Material. Trotzdem möchte ich in Anbetracht des eben an- geführten Umstandes, nach welchem bei älteren Vertretern der Verte- braten als der Stör ist, jene Verbindung nicht besteht, und nach dem schwer zu beobachtenden Verhältnisse, wie dies aus v. KUPFFER’S Worten hervorgeht, an einen Beobachtungsfehler seitens v. KUPFFER’S glauben. Er sagt nämlich: »Die Entodermzellen sind noch mit Dotter überladen, die Zellen der Epidermis und des Hirnes schon fast dotter- frei, aber diejenigen Ektodermzellen, die in die Bildung der gleich zu besprechenden Organe (Hypophysenanlage ete. HALLER) eingehen, zeigen noch denselben Dottervorrath, wie die Elemente des Entoderms und sind daher durch Färbungen von diesen nicht zu unterscheiden. Die Abgrenzung der einzelnen Theile dieser Region gelang mir erst unter vergleichender Prüfung nahe auf einander folgender älterer Stadien87 (1'9) L =| —- |e) m) —— (N I (8‘99) Lot | (Fred) 68 (0's) 8 (Tg) q —- — (9‘0) if | (—) _ "goog “qoog “qoog “qoog “qoog -qoag -q09q rep 9/9 10p 0/0 RC) 9/o rep 0/o ı9p 0/0 ı9p 0 rep Iqezuy Iqezuy Iqezuy Iqezuy Iqezuy Iqezuy Iqrzuy ¥ g 9 8 6 OT ‘qoog ep omung XI AION SIR Jouunp 191918 Aoyoıp X AION XI AION 818 120 Hermann Adolphi Nery II, der sogenannte Nervus hypoglossus, betheiligt sich an der Bildung des Plexus brachialis nur in sehr geringem Maße. Aus Tabelle B 3 scheint hervorzugehen, dass er sich in einem Zustande der Größenabnahme befindet. Doch ist hier das abweichende Ver- halten der früher untersuchten Anuren zu berücksichtigen. Während die Spinalnerven XI bis III überall in ihrer Dicke von einander abhängig gefunden wurden, war die Abhängigkeit der Dicke von Nerv II bei Pelobates fuscus überhaupt nicht nachweisbar; bei Rana esculenta nimmt Nerv II an Dicke zu; bei Bufo variabilis ergab sich ein gewisses Plus zu Gunsten einer eben solchen Annahme. Die Form der Beziehungen des Nerven VIII zum Plexus sacralis ändert sich. Der Zusammenhang’ zwischen Änderung der Form und Änderung der Dicke des Nerven ist ein sehr deutlicher. Ich habe auch hier alle diejenigen Formen wiedergefunden, die ich bei den früher untersuchten Anuren beschrieben und abgebildet!. Tabelle C zeigt, dass auch hier Form « die primitivste, Form ¢ die am weitesten fortgeschrittene ist. Nerv VIII ist ursprünglich nur für die Leibeswand bestimmt, er läuft schräg über die ventrale Fläche des Ileum hinweg und hat mit dem Plexus keine Verbindung (Form a). Der Anschluss an den Plexus wird zunächst durch ein ganz feines Nervenfädchen vermittelt. Dieses Fädchen verband sich bei Bufo variabilis stets mit dem Anfangstheile des Nervus eruralis (Form 8). Bei Bufo cinereus fand ich ein gleiches Verhalten zehnmal, in drei anderen Fällen lief Nerv VIII zwar auch schräg über das eum weg, das Verbindungsfädchen erreichte aber den Nerven IX ein wenig proxi- malwärts von der Abgangsstelle des Nervus cruralis. Ich habe diese drei abweichenden Fälle auch unter Form ß gestellt. Weiterhin schließt sich Nerv VIII der Verlaufsrichtung der Nerven IX, X und. XI an und gewinnt allmählich immer mehr Bedeutung für den Plexus. Form {© des Nerven VIII bezeichnet aber bei Bufo cinereus noch nieht den Höhepunkt der im proximalen Theile des Plexus sacralis erreichten Entwickelung. Fünfmal hatte sich auch Nerv VII dem Plexus sacralis angeschlossen. In vier Fällen lief der Nerv wie gewöhnlich schräg über die ventrale Fläche des Darmbeines. Der Anschluss an den Plexus geschah durch einen dünnen Nervenfaden, der sich in einem Falle mit dem Anfangstheile des Nervus cruralis, in den drei anderen Fällen mehr proximal mit Nerv VIII verband. In dem ersten Falle gab Nerv VIII keinen Nervus hypogastricus ab, ! Theil I pag. 342 Fig. 3 und Theil II pag. 482 Fig. 4. Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 121 -qoog | “qoog ‘a 99d? L SI[vlpouiqd Snxe[q WNZ AT WeAION Sop UeSunyoizeg Jap UNION “qoog “qoog “qoog “qoog | ‘qooq rep || % rep 0/5 ıop %% ı9p 0% ı9p 9/9 ep 0% ı9p omung | Iyezuy Iezuy Iqezuy gezuy Iuezuy (gezuy 5 a n Y x ‘qoog || ‘qoog op % ı0p %o amung Tyezuy 3 3 "qoog I9p Iyezuy "qoog ıop Iyezuy good rep Iqezuy (6‘cH) 87 “qoog Jo rep Iyezuy u SITEIOTS SNX9[q NZ JITA UPAION sop usdunyaızag Aop A “qoog ı9p Iqezup Iqezuy | U9AION Im fünften Falie lief en Fällen degegen wohl. Nerv VII dem Nerven VIII parallel und vereinigte sich mit ihm, ı ander den dre 10 ald nach ge- B de ein zweiter Nervus hypogastr nachdem er einen Nervus hypogastricus abgegeben. schehener Vere bge- cus a inigung wur Nerv VIII hatte dreimal die Dicke 6, zweimal die Dicke 7. geben. 122 Hermann Adolphi Seine Beziehung zum Plexus hatte je einmal die Formen y und s, dreimal die Form ¢. Nerv X war zweimal gleich dick, dreimal dünner als Nerv IX. Diese Plexus waren also auch im Übrigen weiter fortgeschritten als der Durchschnitt. Tabelle D zeigt wie häufig die verschiedenen Formen! der Be- ziehungen des Nerven IV zum Plexus bachialis bei den verschiede- nen Dicken dieses Nerven vorkommen. Im Allgemeinen ergiebt sich, dass bei abnehmender Dicke des Nerven IV seine Betheiligung am Aufbau des Plexus immer geringer wird. In zwei Fällen hat Nerv IV seinen Zusammenhang mit dem Plexus bereits aufgegeben, bewahrt aber den nach vorn gerichteten bogenförmigen Verlauf (Form §). Ob Form ¢ oder Form A die primitivere ist, lässt sich auf der Tabelle nicht entscheiden. Zu der am häufigsten vorkom- menden Form » ist zu bemerken, dass ich hierher alle diejenigen Fälle gestellt habe, in denen der Verbindungsfaden zwischen Nerv IV und Nerv III dünner war als der Nervus thoracieus inferior, in welchen Nerv IV ausging. Das Verbindungsfädchen lief nicht immer von Nerv IV zu Nerv Ill, sondern auch in umgekehrter Richtung. In einer dritten Reihe von Fällen gaben beide Nerven je ein Fäd- chen ab, die sich zu einem seitwärts ziehenden Nerven vereinigten. Variationen der Wirbelsäule fand ich bei Bufo cinereus bei 20 Exemplaren; neun davon waren Männchen, elf waren Weibchen. Wirbel I und II waren einmal synostosirt, Wirbel II und III zwei- mal, Wirbel III und IV dreimal, Wirbel IV und V einmal, Wirbel IV, V und VI viermal, Wirbel V und VI zweimal, Wirbel VI und VII einmal, Wirbel VII und VIII zweimal, Wirbel IX und das Urostyl zweimal. Einmal war Wirbel VIII Sacralwirbel. Einmal bot die Wirbelsäule auf der ganzen Strecke von Wirbel III bis zum Uro- styl eine sehr eigenthümliche Umformung. Hieran reihe ich noch ein weiteres, 21. Exemplar, das einer älteren Untersuchungsreihe angehört. Vor Jahren skeletirte ich sieben erwachsene Exemplare von Bufo einereus. Eines derselben, es war ein Weibchen, zeigte einseitig eine Verbindung der Querfortsätze der Wirbel VIII und IX. Auf das Verhalten der Spinalnerven habe ich damals leider nicht geachtet und so kann ich bei diesem Exemplare nicht wie bei den übrigen angeben, welche Dicke die Spinalnerven haben und wie 1 Abgebildet in Theil I pag. 346 Fig. 4. Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 123 sich Nerv IV zum Plexus brachialis und Nerv VIII zum Plexus sacralis verhält. Bufo cinereus, Exemplar 1, 3. Wirbel I und II sind verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten ein wenig verkürzt. Wirbel II hat jederseits einen Querfortsatz, der linke ist vollständig normal, der rechte dagegen ist so stark Ex. 1. nach vorn gebogen, dass er dem Seitenrande von Wirbel I rR. i parallel läuft. Hier bleibt nur ein schmaler Spalt übrig, der hinten in das gleichfalls verschmälerte Interverte- bralloch führt. An der ventralen Seite findet sich als Grenze zwischen den Körpern der Wirbel I und II ein a querer, distalwärts ausgebogener Knochenwall. Die Bögen sind beiderseits in der Gegend der Gelenkfort- 7 sätze verwachsen. Links ist die Grenze als Reliefzeich- nung sichtbar, rechts ist keine Grenze bemerkbar. Die Laminae der Bögen sind durch einen Spalt getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 2, © (Taf. VOII Fig. 1). Wirbel I und III sind verwachsen und in der Richtung von vorn nach hin- ten verkürzt. Eine Grenze zwischen den beiden Wirbelkörpern ist an der ventralen Seite nicht zu bemerken. Die ganze Wirbelsäule ist leicht $-férmig gekrümmt. Wirbel II bis IV weichen nach links aus, Wirbel V bis IX nach rechts. Von den Querfortsätzen der Wirbel II und III ist nur der linke Querfortsatz von Wirbel II als normal zu bezeichnen. Der linke Quer- Ex. 2. fortsatz von Wirbel III hat nahe seiner Wurzel einen Ry i, nach vorn vorspringenden stumpfen Hocker. Der 5 5 rechte Querfortsatz des Wirbel II ist abnorm stark Sr nach vorn gerichtet und in seinem medialen Drittel mit dem Querfortsatze des Wirbel III verwachsen. Ventral Br. —= bleibt ein breiter Zugang zum Intervertebralloche frei. —_- — Hier tritt der Hauptnerv des Plexus brachialis aus. 7 Ä ae Der dorsale Zugang des Intervertebralloches ist ein ae ganz feines Knochenkanälehen, das dicht unter den 3 4 Gelenkfortsätzen gelegen ist. Die Bögen der Wirbel II und III sind links gar nicht verschmolzen, auch der Gelenkspalt ist hier in voller Ausdehnuug erhalten. Rechts sind die Bögen im Be- reiche der Gelenkfortsätze verwachsen, doch bleibt die Grenze als Reliefzeichnung sichtbar. . Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind bis auf die besprochene Krümmung normal. 124 Hermann Adolphi Bufo cinereus, Exemplar 3, ©. Wirbel II und II sind ver- wachsen. Als Grenze zwischen den beiden Wirbelkörpern bemerkt man bei ventraler Ansicht einen queren Knochenwall, ald ae. der am rechten Intervertebralloch beginnt und bis zur 5 5 Medianebene reicht. Auf der linken Seite ist eine 2 ©0612 Grenze zwischen beiden Wirbelkörpern nicht zu be- y 4 4v merken. Hier schließt sich unmittelbar an die Ver- ce a. wachsung der Körper auch die Verwachsung des An- et, fangstheils der Bögen, so dass linkerseits der ventrale y 6 5 y Rand des Intervertebralloches etwas zur Seite gerückt 9 9 erscheint. Links sind auch die Gelenkfortsätze der : : Wirbel II und III mit einander verwachsen. Die übri- gen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 4, ©. Wirbel III und IV sind ver- wachsen und in der Richtung von vorn nach hinten verkürzt. Zwischen den Körpern der Wirbel HI und IV ist eine Grenze nur ganz leicht angedeutet. An der ventralen Fläche findet sich eine ganz kurze quere Erhebung. Sie ist sehr flach und erreicht auf keiner Seite das Intervertebralloch. Die rechtsseitigen Querfortsätze der Wirbel III und IV sind als normal zu bezeichnen, ‚obgleich sie wegen der Verkürzung der Wirbelkörper einander sehr Ei en nahe stehen. Die linken Querfortsätze dieser Wirbel 5 5 sind im medialen Theile in etwa ?2/, ihrer Länge mit a 12 einander verwachsen, doch bleibt die Grenze sowohl ran 4v an der ventralen als auch an der dorsalen Fläche als eo) Reliefzeichnung sichtbar. Das linke Intervertebralloch _ ist vollständig verdeckt, es bleiben jedoch zwei Zu- y 5 5» gänge bestehen, ein ventraler und ein dorsaler. Der 9 8 dorsale Zugang ist ziemlich geräumig und führt dicht ; ; unter den Gelenkfortsätzen zum dorsalen Winkel des Intervertebralloches. Der ventrale Zugang ist sehr eng und dabei erheblich zur Seite gerückt. Er findet sich gerade in der Mitte jener Knochenplatte, die durch die Verwachsung der medialen Theile beider Querfortsätze gebildet wird. Die Gelenk- fortsätze der Wirbel III und IV sind beiderseits verwachsen, doch bleibt die Grenze als Reliefzeichnung sichtbar. Die Laminae der Bögen bleiben beiderseits durch einen Spalt getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 5, g' (Taf. VIII Fig. 2). Wirbel III und IV sind verwachsen und in der Richtuug von vorn nach hinten Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. IIT, 125 verkürzt. Die Querfortsätze dieser Wirbel stehen einander näher als normal. Als Grenze zwischen beiden Wirbelkörpern findet sich an der ventralen Fläche ein ganz flacher, querer Knochenwall, der am linken Intervertebralloche beginnend die Medianebene erreicht. Die linksseitigen Querfortsätze der Wirbel III und IV sind in ihrem medialen Drittel mit einander verwach- R sen, doch bleibt die Grenze sowohl auf der ventralen als auch auf der dorsalen Seite als Reliefzeichnung sichtbar. Der ventrale Zugang zum Intervertebralloche ” ist geräumig und liegt dicht neben den Wirbelkörpern. Der dorsale Zugang ist ein äußerst enges Kanälchen, das dicht unter den Gelenkfortsätzen gelegen ist. Die Gelenkfortsätze sind beiderseits verwachsen. Dess- gleichen sind die Dornfortsiitze verwachsen, doch bleibt hier überall die Grenze beider Wirbel als Reliefzeich- nung sichtbar. Die Laminae der Bögen sind beiderseits durch einen Spalt getrennt, doch ist der linke nur kurz und reicht nicht bis an die Gelenkfortsätze heran. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 6, 9. Wirbel III und IV sind ver- wachsen und in der Richtung von vorn nach hinten erheblich ver- kürzt. Eine Grenze zwischen den Körpern dieser Wirbel ist an der ventralen Fläche nicht bemerkbar. Die Querfortsätze der Wir- bel III und IV stehen einander näher als normal. Die rechtsseitigen sind in ihrem medialen Drittel mit einander verwach- — Orb or: | ot 1 or NS | [x] Ne | Ex. 6. sen. Ferner sind beiderseits die Gelenkfortsätze und BANT die Laminae, sowie auch die Dornfortsätze mit ein- 5 5 ander verwachsen, doch bleibt die Grenze iiberall als a 2 Reliefzeichnung sichtbar. Das verdeckte rechte Inter- » 4 Av vertebralloch hat zwei Zugänge, einen ventralen und 5 einen dorsalen. Der ventrale Zugang ist recht eng und liegt dicht neben den Wirbelkörpern. Der dor- : 6 by sale Zugang ist ein wenig breiter, er liegt dicht unter 9 8 den Gelenkfortsätzen. Die Körper der Wirbel Vund VI? ? sind im Ganzen ein wenig aufgetrieben. Der Gelenk- spalt zwischen beiden Wirbelkörpern ist vorhanden, zeigt sich aber nicht wie normal bei ventraler Ansicht als quere, ein wenig distal ausgebogene Linie, sondern doppelt gebrochen. Vom rechten Inter- vertebralloche aus zieht der Gelenkspalt schräg nach hinten zur Medianebene, vom linken Intervertebralloche aus aber schräg nach 126 Hermann Adolphi vorn. Demnach treffen die beiden Hälften des Gelenkspaltes in der Medianebene nicht auf einander, wohl aber werden sie hier durch einen von vorn nach hinten laufenden Spalt in Verbindung gesetzt. Die Knorpelbezüge der beiden Gelenkflächen sind verbreitert, beson- ders stark auf der linken Seite. Die rechten Hälften der beiden Wirbel erscheinen bis auf die geringe Auftreibung normal. Die linke Hälfte des Wirbel V ist von vorn nach hinten verkürzt, die linke Hälfte des Wirbel VII ist in derselben Richtung verlängert. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 7, g'. Wirbel IV und V sind ver und in der Richtung von vorn nach hinten erheblich verkürzt. Als Grenze zwischen den Körpern dieser Wirbel findet sich an der ven- tralen Fläche nur ein ganz flacher, querer Knochenwall. Die Quer- Bi fortsätze der Wirbel IV und V liegen einander sehr er, nahe, besonders die linksseitigen. Hier bleibt nur ein haarfeiner Spalt übrig, und auch dieser ist nicht ganz 12a 12 vollständig; in ihrem medialen Sechstel sind die links- 6 5v seitigen Querfortsätze der Wirbel IV und V an der ven- tralen Seite durch eine kurze Knochenbrücke mit ein- HY ander verbunden. An der dorsalen Seite grenzt eine 5 y tiefe Rinne beide Querfortsätze von einander ab. Diese 8 Rinne führt zu dem ziemlich engen dorsalen Zugange i des Intervertebralloches. Der ventrale Zugang ist “gleichfalls ziemlich eng und liegt dicht neben den ver- wachsenen Wirbelkörpern. Die Gelenkfortsätze und die lateralen Hälften der Laminae der Bögen sind beiderseits verwachsen, doch bleibt die Grenze beider Wirbel als Reliefzeichnung erkennbar. Die medialen Hälften der Laminae und die Dornfortsätze >) > a a a bleiben durch einen Spalt getrennt. Alle übrigen Theile 5 5 der Wirbelsäule sind normal. 12, 42 Bufo cinereus, Exemplar 8, © (Taf. VIII Fig. 3). v5 5 » Wirbel IV, V und VI sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten erheblich ver- ‘a kiirzt. Eine Grenze zwischen den Kérpern dieser drei 43 Wirbel ist nicht bemerkbar. 8 Der Körper eines normalen Wirbel ist an seinem i vorderen und hinteren, die Gelenkflächen tragenden ; Ende verdickt, in der Mitte dagegen ausgeschweift, ganz wie das den mechanischen, an seine Festigkeit gestellten An- forderungen entspricht. Sind die Körper zweier Wirbel fest mit Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 127 einander verwachsen, so ist die Ausschweifung auch innen für beide Wirbelkörper eine gemeinsame. Der flache, quere Knochenwall, der sich häufig als Grenze zwischen beiden Wirbelkörpern findet, unter- bricht die Form der Ausschweifung meist nur sehr wenig. Für das Erhaltenbleiben dieses queren Knochenwalles dürfte die mechanische Veranlassung darin zu suchen sein, dass in der Tiefe Reste der Intervertebralknorpel und des Gelenkspaltes bestehen bleiben. Ich habe solche Reste bei Bufo variabilis (Theil I pag. 352) nachgewiesen. Die mangelhafte Vereinigung in der Tiefe lässt eine Verstärkung der corticalen Knochenlamellen wünschenswerth erscheinen. Bei dem vorliegenden Exemplare 8 von Bufo einereus, bei wel- chem keinerlei Grenzen zwischen den Körpern der verwachsenen Wirbel sichtbar sind, ist die Ausschweifung der drei verwachsenen Wirbelkörper eine ganz einheitliche. Aus der Abbildung ist dieses deutlich zu ersehen. Die Querfortsätze der Wirbel IV—VI sind ein- ander erheblich genähert, die rechtsseitigen sind in ihrer medialen Hälfte mit einander verwachsen. Die dadurch gebildete breite Knochenplatte trägt sowohl auf ihrer ventralen als auch auf ihrer dorsalen Seite je zwei Rinnen, welche die Antheile eines jeden der drei Querfortsätze abgrenzen. Die rechtsseitigen, zwischen Wirbel IV, V und VI gelegenen Intervertebrallöcher haben je zwei Zugänge, einen ventralen und einen dorsalen. Alle vier Zugänge sind ziem- lich eng. Die beiden dorsalen liegen dieht unter den Gelenkfort- sätzen. Die beiden ventralen Zugänge sind von den Wirbelkörpern zur Seite abgerückt, und zwar der vordere weit mehr als der hintere. Dieses Abrücken kommt für den ventralen Zugang zwischen Wirbel VI und V nur durch das Verwachsen der Basen der Wirbel- a bögen zu Stande. Am Abrücken des ventralen Zu- R = ganges zwischen Wirbel V und IV mag auch eine Ver- 5 schmelzung der Wurzeln der Querfortsätze mit betheiligt EV; sein. Es lässt sich das schwer entscheiden, denn die 4 5 4.8 Querfortsätze setzen nicht genügend scharf vom Bogen zZ ab. Die beiderseitigen Gelenkfortsätze und die Dorn- fortsätze der Wirbel IV, V und VI sind gleichfalls ver- + wachsen. Die Laminae der Bögen bleiben durch Spalten getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo einereus, Exemplar 9, ©. Wirbel IV, V und VI sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten ver- kürzt. Eine Grenze ist zwischen den Körpern dieser drei Wirbel OU Ss eo me | © wo | or 128 Hermann Adolphi nicht bemerkbar. Die Querfortsätze dieser Wirbel sind einander stark genähert. Die linksseitigen bleiben von einander getrennt, die rechtsseitigen sind in ihrer medialen Hälfte mit einander verwachsen. Die hierdurch gebildete Knochenplatte trägt an ihrer ventralen und dorsalen Seite je zwei flache Rinnen, die den Antheil jedes der drei Querfortsätze erkennen lassen. Die ventralen Rinnen sind besonders flach, ja in ihrem medialen Theile nur eben noch angedeutet. Die rechtsseitigen Intervertebrallöcher zwischen Wirbel IV, V und VI haben je zwei Zugänge, einen ventralen und einen dorsalen. Der ventrale Zugang zwischen Wirbel VI und V ist geräumig und liegt dieht neben den verwachsenen Wirbelkörpern. Der ventrale Zugang zwischen Wirbel V und IV ist äußerst eng und von den Wirbelkör- pern weit zur Seite abgerückt, noch etwas weiter als bei Exemplar 8. Von den beiden dorsalen Zugängen ist umgekehrt der vordere ge- räumig, der hintere eng. Sie liegen beide dicht unter den Gelenk- fortsätzen. Die Gelenkfortsätze der Wirbel IV, V und VI sind beider- seits mit einander verwachsen, doch bleiben hier die Grenzen der Wirbel als Reliefzeichnungen erkennbar. Die Laminae der Bögen und die Dornfortsätze sind durch Spalten getrennt. Von Wirbel III bis IX ist die Wirbelsäule schwach S-förmig gekrümmt. Wirbel VI ragt am weitesten nach links, Wirbel VIII am weitesten nach rechts. Die einseitig stärkere Verwachsung von Wirbeln führt hier, wie auch bei Exemplar 2, zu einer stärkeren Verkürzung dieser Seite und damit zu einer lokalen Ausbauchung der Wirbelsäule nach der Gegen- seite. Die Krümmungen in den übrigen Theilen der Wirbelsäule haben eine kompensatorische Bedeutung. Bufo cinereus, Exemplar 10, g'. Wirbel IV, V R und VI sind mit einander verwachsen und in der Rich- 5 tung von vorn nach hinten erheblich verkürzt. Eine m 12 Grenze zwischen den Körpern der drei Wirbel ist nicht 4 Ex. 10. Ibe or 4v bemerkbar. Die Querfortsätze dieser Wirbel sind ein- ander stark genähert. Die linksseitigen sind durch feine Spalten von einander getrennt, die rechtsseitigen , sind in den medialen zwei Dritteln ihrer Länge mit einander verwachsen. Hierdurch wird eine breite Kno- chenplatte gebildet, an deren ventraler und dorsaler Fläche die Antheile der drei Querfortsätze durch Rinnen abgegrenzt sind. Alle Zugänge zu den verdeckten Intervertebral- löchern sind ziemlich eng. Die beiden dorsalen Zugänge liegen dicht unter den Gelenkfortsätzen, die beiden ventralen sind von den | j Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 129 Wirbelkörpern zur Seite abgerückt, und zwar der vordere erheblich viel mehr als der hintere. Die Gelenkfortsätze der Wirbel IV, V und VI sind beiderseits mit einander verwachsen. Diese Verwach- sung erstreckt sich zwischen Wirbel V und VI beiderseits auch auf die lateralen Hälften der Laminae. Die Grenzen der Wirbel bleiben hier überall als Reliefzeichnungen sichtbar. An den medialen Hälften der Laminae bleibt zwischen Wirbel V und VI ein Spalt bestehen, dessgleichen zwischen Wirbel IV und V im ganzen Bereiche der La- minae. Die Dornfortsätze sind nicht verwachsen. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo einereus, Exemplar 11, ©. Wirbel IV, V und VI sind verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten erheblich verkürzt. Eine Grenze zwischen den Körpern der drei Wirbel ist nicht bemerkbar. Die Querfortsätze dieser Wirbel sind einander stark genähert. Links sind sie durch enge Spalten von einander getrennt. Rechts sind die Querfortsätze von Wirbel IV und V in ihrem medialen Drittel mit einander verwachsen. Dorsal bleibt eine tiefe, ventral eine flache Rinne als Grenze beider Querfortsätze bestehen. Der dorsale Zugang zum Intervertebralloche ist ziemlich geräumig, er liegt dicht 5 3 unter den Gelenkfortsätzen. Der ventrale Zugang ist i. 92 ein äußerst feines Löchlein, das ganz erheblich von » 5 den Wirbelkörpern zur Seite abgerückt ist. Das rechte Intervertebralloch zwischen Wirbel V und VI bleibt ein- Ex. 11. heitlich, doch ist der ventrale Rand erheblich von den : 5 by Wirbelkörpern abgerückt, denn es sind hier die Basen 8 9 der Bogen und im Anschluss daran auch die medialen : ; Enden der Querfortsätze mit einander verwachsen. Die ‘Gelenk- und Dornfortsätze aller drei Wirbel sind mit einander ver- wachsen, dessgleichen die Laminae in ihrer größten Ausdehnung. Die Grenzen der drei Wirbel sind hier als Reliefzeichnungen sichtbar. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo einereus, Exemplar 12, ©. Wirbel V und VI sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten ver- kürzt. Als Grenze zwischen den beiden Wirbelkörpern findet sich an der ventralen Fläche ein ganz flacher, querer Knochenwall, der distalwärts ein wenig ausgebuchtet ist. Die rechtsseitigen Querfort- sätze der Wirbel V und VI sind einander stark genähert, bleiben aber durch einen Spalt getrennt. Die linksseitigen Querfortsätze sind in ihrer ganzen Länge mit einander verwachsen. Die Grenze Morpholog. Jahrbuch. 25. 9 v VY y =e) Wo Ff — — moe ees | AS boo § boos | | es Hermann Adolphi beider Querfortsiitze ist sowohl auf der dorsalen als auch auf der ventralen Fläche durch eine Rinne be- zeichnet. Der ventrale Zugang zum Intervertebralloch ist sehr weit offen, er liegt dicht neben den verwach- senen Wirbelkörpern. Einen dorsalen Zugang habe ich trotz sorgfältiger Präparation und Anwendung einer starken Lupe nicht entdecken können. Die Gelenk- fortsätze der Wirbel V und VI sind beiderseits mit ein- ander verwachsen, dessgleichen die Dornfortsätze und die Laminae der Bögen in ihrer größten Ausdehnung. Nur dicht neben den Dornfortsätzen bleibt jederseits eine kleine Öffnung zwischen den Laminae bestehen. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal bis auf das Urostyl. Das Urostyl (Taf. VIII Fig. 4) trägt rechts einen Querfortsatz von nicht ganz geringer Größe. Nach seiner Lage zu den Intervertebrallöchern ist er als Quer- fortsatz von Wirbel X aufzufassen. Bufo cinereus, Exemplar 13, 3. Wirbel V und VI sind mit einander verwachsen. Die einander zugekehrten Enden beider Wirbelkörper sind ein wenig aufgetrieben. Die Grenze derselben ist durch einen queren Knochen- wall bezeichnet. Die Bögen der Wirbel V und VI und alle ihre Fortsätze sind nirgends mit einander verwach- sen. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 14, Q. Wirbel VI und VII sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten verkürzt. Eine Grenze zwischen den beiden Wirbelkörpern ist nicht bemerkbar. Die Bögen der Wirbel VI und VII sind beiderseits in der Gegend der Gelenkfortsätze mit einander verwachsen, doch bleibt die Grenze beider Wirbel hier als Reliefzeichnung sicht- bar. Die Querfortsätze, Laminae und Gelenkfortsätze bleiben getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 15, ©. Wirbel VII und VIII sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten ein wenig verkürzt. Als Grenze zwi- schen den Körpern dieser Wirbel ist an der ventralen Flache nur ein ganz flacher, querer Knochenwall bemerkbar. Die Bögen der Wirbel VII und VIII sind beiderseits an ihren Basen eine kurze Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 131 Strecke mit einander verwachsen, so dass die Intervertebrallöcher an ihrem ventralen Umfang ein wenig verengt sind. Die Bögen sind ferner in der Gegend der Gelenkfortsätze mit einander verwachsen. Hier bleibt die Grenze beider Wirbel als Reliefzeichnung bestehen. Die Querfortsätze, die Dornfortsätze und die Laminae der Bögen bleiben getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 16, ©. Wirbel VII und VIII sind mit einander verwachsen und in der Richtung von vorn nach hinten ein wenig verkürzt. Als Grenze zwischen den Körpern beider Wirbel findet sich an der ventralen Fläche ein querer Knochenwall, der in seiner linken Hälfte ein wenig höher, in seiner rechten Hälfte da- gegen sehr flach ist. Die rechtsseitigen Querfortsätze der Wirbel VII und VIII sind mit einander in ihrer gan- Ein re zen Ausdehnung verwachsen. Sie bilden eine breite 5 > Knochenplatte. Dieselbe zeigt sowohl an ihrer ven- 1 12 tralen als auch an ihrer dorsalen Fläche eine seichte » 5 v Furche, die sich lateralwärts ein wenig vertieft; eine Andeutung der Grenzen beider Querfortsätze. Die k Dornfortsätze und die beiderseitigen Gelenkfortsätze © 7 6 sind gleichfalls verwachsen. Von den rechtsseitigen 9 9 es . . 7 Sg Gelenkfortsätzen setzt sich die Verwachsurg noch auf S den größten Theil der Laminae fort, so dass rechts von A iP . Ex. 17. den verwachsenen Dornfortsiitzen nur ein ganz kleines : Löchlein offen bleibt. Links sind die Laminae der Bögen in ihrer ganzen Ausdehnung durch einen Spalt ” 1 getrennt. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind < 4 normal. ee Bufo cinereus, Exemplar 17, ©. Wirbel IX und TO das Urostyl sind mit einander verwachsen. Wirbel IX 8 ist Sacralwirbel. Seine Querfortsiitze sind asymme- 8 trisch, der linke ein wenig mehr nach hinten gekehrt 6 als der rechte. Der Körper des Wirbel IX ist in oe ene seinem distalen Theile dorsoventral abgeflacht, und geht ohne irgend welche Grenze in den Körper des Urostyl über. Der Dornfortsatz des Wirbel IX ist abnorm hoch und verbindet sich, gleich den Laminae, ohne Andeutung einer Grenze mit dem Urostyl. Seitliche Öffnungen des Urostylkanales lassen sich auch mit einer starken Lupe nicht entdecken. Es entspricht das dem beiderseitigen Fehlen von Nerv XI. Die Beziehungen zwischen Wirbel IX und VIIL sind abnorm. Auf der linken Seite sind die Bögen dieser Wirbel 9* . 132 Hermann Adolphi durch einen weiten Zwischenraum getrennt. Wirbel IX hat rechts gar keinen vorderen Gelenkfortsatz und der rechte hintere Gelenk- fortsatz von Wirbel VIII ist rudimentär. Der linke hintere Gelenk- fortsatz von Wirbel VIII ist groß. Er wird noch vergrößert durch ein seinem hinteren Rande angelegtes, halbmondförmiges, über- knorpeltes Skeletstück. Beide überlagern den gleichfalls vergrößer- ten linken vorderen Gelenkfortsatz des Wirbel IX. Die mediale vordere Ecke dieses Fortsatzes ist abgestumpft, ihr liegt ein drei- eckiges überknorpeltes Knöchelchen an. Die beiden Gelenkfortsätze berühren sich direkt nur in ihrem vorderen lateralen Theile, im Übrigen wird der Kontakt durch die selbständigen Knöchelchen ver- mittelt. Das Gelenk zwischen den Körpern der Wirbel IX und VIII ist normal. Die Wirbel I bis VII sind gleichfalls normal. Bufo cinereus, Exemplar 18, Gt. Wirbel IX und ) Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 133 entsprechend dem beiderseitigen Fehlen von Nerv XI. Die übrigen Theile der Wirbelsäule sind normal. Bufo cinereus, Exemplar 20, g' (Taf. VIII Fig. 7 und 8). Die Wirbelsäule ist im hohen Grade unregelmäßig. Von Wirbel III bis zum Urostyl ist die linke Hälfte der Wirbelsäule gegen die rechte nach vorn verschoben. Diese Verschiebung ist stellenweise so er- heblich, dass ganz asymmetrische Theile der rechten und linken Körperhälfte einander gegenüberstehen, und mit einander verwachsen sind. Die ganze Wirbelsäule ist S-förmig gekrümmt. oily Im proximalen Theile ist die Krümmung bogenförmig, R OL im distalen dagegen mehr winkelig. Wirbel IV ragt 5 am weitesten nach links, Wirbel IX am weitesten nach 18 1 rechts von der Medianlinie ab. WirbelI und II sind, » 4 dV von einer leichten Asymmetrie abgesehen, normal. Der an Körper von Wirbel III ist durch einen Längsspalt in Ay eine rechte und eine linke Hälfte getheilt. Die linke « 7 Hälfte ist nach vorn verschoben, wodurch auch die R distale Begrenzung des Körpers von Wirbel II beein- ; flusst wird. Die distale Grenze des Körpers von Wirbel III ist eine gebrochene Linie. Die rechte Hälfte des Körpers von Wirbel III steht eine Strecke lang mit der linken Hälfte des Körpers von Wirbel IV in Berührung. Hinter Wirbel III folgt ein Komplex von zwei und einem halben Wirbel, die mit einander verwachsen sind. Die linke Hälfte des Körpers von Wirbel IV ist gegen die entsprechende rechte Hälfte nach vorn verschoben, doch mit derselben und mit der linken Hälfte des Körpers von Wirbel V verwachsen. Die Grenze dieser linken Hälfte des Körpers von Wirbel IV ist deutlich als Reliefzeichnung erkennbar, überdies schimmert hier eine ganz feine dunklere Linie aus der Tiefe hervor. Diese Linie läuft, die Grenze gegen Wirbel V bildend, vom Intervertebralloche aus in leicht nach hinten gekrümmtem Bogen der Medianlinie zu, hier biegt sie scharf nach vorn, um die linke und die rechte Hälfte des Körpers von Wirbel IV von einander abzugrenzen. Die rechte Hälfte des Körpers von Wirbel IV ist mit der etwas zurückstehenden linken Hälfte des Körpers von Wirbel V ohne jede Spur einer Grenze verwachsen. Die distale Abgrenzung geschieht durch einen gut entwickelten Gelenkspalt. Es folgt ein bis auf geringe Asymmetrie normaler Wirbelkörper, der aber aus der rechten Hälfte des Körpers von Wirbel V und der linken Hälfte des Körpers von Wirbel VI besteht. Das die Wirbelkörper trennende 134 Hermann Adolphi Gelenk gestattet trotz seiner guten Entwickelung nur Spuren von Bewegung. Es liegt dieses an den eigenthümlichen Verbindungen der linken Hälfte des Wirbel V: der Körper ist mit seiner proxi- malen, die Lamina arcus mit ihrer distalen Nachbarschaft ver- schmolzen. Und damit gelangen wir zur Besprechung der dorsalen Ansicht dieses Wirbelkomplexes. Die linke Lamina arcus des Wir- bel IV ist gegen die zugehörige rechte nach vorn verschoben, doch mit derselben verwachsen. Die Abgrenzung nach hinten gegen “Wirbel V ist eine vollständige, auch an den Gelenkfortsätzen ist der Gelenkspalt erhalten, wenn gleich hier, aus begreiflichen Gründen, eine Bewegung nur spurweise möglich ist. Die rechte Lamina von Wirbel V ist mit den linken Laminae von Wirbel V und VI ver- wachsen. Diese beiden Laminae sind durch ihr Relief sehr deutlich von einander abgegrenzt. Eine kurze Strecke ist auch der trennende Spalt erhalten. Der linke hintere Gelenkfortsatz von Wirbel V ist schwach entwickelt, der Gelenkspalt fehlt. Die drei linksseitigen Querfortsätze dieses Wirbelkomplexes stehen einander sehr nahe. Die Apophyse des linken Querfortsatzes von Wirbel IV deckt den folgenden Querfortsatz von oben her ein wenig, doch bleiben beide durch einen Spalt getrennt. Der linke Querfortsatz von Wirbel V ist winkelig nach hinten abgebogen. Es folgen distal zwei Wirbel die bis auf eine gewisse Asymmetrie ein normales Aussehen haben. Sie bestehen aber aus je zwei an sich ganz unzusammengehörigen Hälften, der erste: aus der linken Hälfte des Wirbel VII und der rechten Hälfte des Wirbel VI, der zweite: aus der linken Hälfte des Wirbel VIII und der rechten Hälfte des Wirbel VII. Der nächste Wirbel besteht aus der linken Hälfte von Wirbel IX und der rechten Hälfte von Wirbel VIII. Der linke Querfortsatz (Wirbel IX) dient als Kreuzbeinflügel, der rechte (Wirbel VIII) hat die Form, welche dem Querfortsatze des Wirbel VIII gewöhnlich zukommt, nur ist er ein wenig breiter. Die linke Hälfte des Körpers von Wirbel IX ist stärker entwickelt und ragt weiter nach vorn wie die rechte Hälfte des Körpers von Wirbel VIII. Der die beiden verwachsenen Hälften distal begrenzende Gelenkspalt zeigt daher eine gebrochene Linie, ähnlich dem Gelenkspalt zwischen den Körpern der Wirbel III und IV. Die linke Hälfte des Wirbel IX hat wie nor- mal keinen hinteren Gelenkfortsatz. Die rechte Hälfte von Wirbel IX ist vollständig isolirt. Der Körper ist nach der Medianlinie zu keilförmig verjüngt. Er artiku- Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 135 lirt vorn mit dem Körper des Wirbel VII, hinten mit dem Körper des Urostyl. Die Lamina areus ist nach der Medianlinie zu gleich- falls keilförmig verjüngt, sie endet mit einem deutlichen Dornfort- satze. Der vordere Gelenkfortsatz ist stark, er artikulirt mit dem gleichfalls stark entwickelten linken hinteren Gelenkfortsatze von Wirbel VIL. Der Querfortsatz dient als Kreuzbeinflügel. Ein hin- terer Gelenkfortsatz ist nicht vorhanden, wie bei Wirbel IX normal. Der Körper des Urostyl ragt links weiter nach vorn als rechts. Der dorsale aus den verschmoizenen Wirbelbogen gebildete Theil ist nach rechts geneigt. Dadurch wird die Austrittsöffnung des links- seitigen Nerv XI in der dorsalen Ansicht sehr deutlich sichtbar. Dieser Nerv war übrigens ganz ungewöhnlich dick. Die vorstehende Beschreibung dieser Wirbelsäule schließt eine Deutung des Befundes in sich. Diejenigen Anatomen, die eine Um- theilung der Wirbelsäule im Sinne WELCKER's! für möglich halten, haben keine Veranlassung meine Deutung zu beanstanden. Der für dieselben maßgebende feste Punkt, die Verbindung des Beckengürtels mit der Wirbelsäule findet sich beiderseits, wie normal am neunten Segmente. Proximal giebt es beiderseits acht deutlich erkennbare Segmente — wie normal. Diejenigen Anatomen jedoch, welche noch eine Ex- und Inter- calation? von Körpersegmenten annehmen, werden in dieser Wirbel- säule vielleicht einen Beleg für die Richtigkeit ihrer Meinung zu finden glauben. Sie mögen sich selbst zurecht legen, wie die rechte Hälfte von Wirbel IV oder V, je nachdem ob sie das Verhalten der Körper oder Bögen für maßgebend ansehen, excalirt worden und wie dann hinter Wirbel IX eine rechte Wirbelhälfte intercalirt worden sei, die dann die Funktion des Kreuzbeines übernahm. Oder sollte die linke Hälfte des Wirbel IX exealirt sein und zwischen Wirbel III und IV oder Wirbel IV und V eine linke Wirbelhälfte intercalirt sein? Ich kann mich zu dieser Ansicht nicht verstehen. Sollte eine Wirbelsäule wirklich einem derartigen Würfelspiele ihre Entstehung verdanken ? Ich glaube vielmehr, dass die Verschiebung der beiden Körperhälften gegen einander zur Erklärung des Befundes vollständig ausreicht. Die Verschiebung der Körper ist hochgradiger als die der Bögen. Sie erstreckt sich vom Körper des Wirbel III bis auf den Anfangstheil des Urostyl. Die Verschiebung der Bögen umfasst nur Wirbel IV bis IX. 1 H. WELCKER 78. 2 H. v. IHERING 78. 136 Hermann Adolphi Man vergegenwärtige sich die Art und Weise, wie sich die Wirbelkörper von einander abgliedern. Bufo gehört zu denjenigen Anuren, bei welchen sich die Wirbelsäule perichordal! entwickelt. Die Knorpelscheide, welche die Chorda umgiebt, entwickelt beider- seits im Anschluss an die Intervertebrallöcher eine Reihe von Knorpel- wülsten, die der Medianebene zustrebend die Chorda komprimiren. In diesen Intervertebralwülsten entwickelt sich der Gelenkspalt. Der Gelenkspalt wird also immer aus zwei getrennt angelegten Hälften gebildet. Treffen diese Hälften, wie das in seltenen Fällen vorkommt, nicht auf einander, so können sie sich durch einen Längsspalt in Verbindung setzen. Die Richtung dieses Spaltes ist durch den kom- primirten Chordarest vorgezeichnet. Eine derartige Erscheinung fand ich zwischen den Wirbeln VI und VII bei einem im Übrigen vollständig normalen, erwachsenen Exemplare von Bufo variabilis (Taf. VIII Fig. 9). Ein Beispiel von Verschiebung mit rudimentärer Entwickelung einiger Gelenkspalte bot ein eben metamorphosirtes Exemplar von Bufo variabilis (Taf. VIII Fig. 10). Die drei ersten Intervertebral- wülste der rechten Seite sind gegen die linksseitigen nach hinten verschoben; der erste am stärksten. Das Ende dieses ersten rechten Gelenkspaltes steht dem zweiten linken Gelenkspalt mindestens eben so nah wie dem rudimentären ersten linken. Beim vorliegenden Exem- plare nimmt die Verschiebung distalwärts ab. Nähme sie aber zu, und sei es auch nur ein wenig, so könnte leicht der Fall eintreten, der bei Exemplar 20 verwirklicht ist, dass nämlich zwei nicht zusammengehö- rige Gelenkspalte sich in Verbindung setzen und Wirbel gebildet werden, deren Hälften verschiedenen Segmenten angehören. Bufo cinereus, Exemplar 21, © (Taf. VIII Fig. 11). Die rechts- seitigen Querfortsätze von Wirbel VIII und IX sind mit einander verbunden. Der rechte Querfortsatz von Wirbel VIII ist in der Rich- tung von vorn nach hinten verbreitert, seine knorpelige Apophyse ist mit der Apophyse des rechten Querfortsatzes von Wirbel IX fest verbunden. Die Beweglichkeit der beiden Wirbel gegen einander ist dem entsprechend herabgesetzt. Der rechte Querfortsatz von Wirbel IX ist in der Richtung von vorn nach hinten verbreitert, der vordere Theil ist jedoch in seinem seitlichen Wachsthum zurückge- blieben, er reicht nicht weiter zur Seite als der Querfortsatz des Wirbel VIII, mit dem er fest verbunden ist. So kommt es, dass der 1 GEGENBAUR 62, pag. 22 ff. Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. IH. 137 vordere Rand des rechten Querfortsatzes von Wirbel IX sehr kurz ist und der sehr lange seitliche Rand in seinem vorderen Theile eine tiefe Ausschweifung zeigt. An der ventralen Fläche des Querfort- satzes findet sich eine flache Furche, die dem vorderen Rande paral- lel ziehend sich im lateralen Theile etwas vertieft und jene Aus- schweifung des Seitenrandes erreicht. Dadurch ist der vordere Rand bis zu einem gewissen Grade gegen den übrigen Querfortsatz abge- srenzt. Der rechte hintere Gelenkfortsatz von Wirbel VIII ist sehr schwach entwickelt. Wirbel I bis VII und das Urostyl sind normal. Zieht man zur Beurtheilung dieser abnormen Wirbelsäulen das Verhalten des Nervensystems pap lek. heran, so lässt sich für die Exemplare 1 bis 16 | X nicht verkennen, dass die Spinalnerven hier im Allgemeinen primitiver sind als bei den Exem- |. ah plaren mit normaler Wirbelsäule. Im Bereiche | Beob. des Plexus brachialis, der bei Bufo einereus über- haupt nur wenig Variationen zeigt, spricht sich dieses weniger aus, im Bereiche des Plexus sa- eralis dagegen um so deutlicher. Als Übersicht über die Dicke des Nerven IV bei den Exem- plaren 1 bis 16 gebe ich hier eine kleine Tabelle, die mit den entsprechenden Zahlen der Tabelle A auf pag. 116 zu vergleichen ist. Nerv X ist bei den Exemplaren 1 bis 16 dicker als Nerv IX 23 mal, gleich dick 5 mal, dünner 4 mal, das giebt 71,9%, 15,6% und 12,5%. Bei den Exem- plaren mit normaler Wirbelsäule umfassten diese drei Gruppen, wie auf pag. 118 angegeben: 44,4%, 29,2% und 26,4%. Damit geben sich die Wirbelsynostosen als etwas Primitives zu erkennen. Zwei Möglichkeiten sind hier in Betracht zu ziehen. Einmal könnte das Primitive ein Zurückgreifen sein auf das Verhalten ge- wisser niederer Urodelen, die nur relativ kleine Intervertebralwülste entwickeln, welche die Chorda nicht vollständig komprimiren und bei denen der Gelenkspalt die Wirbelkörper nicht durchgreifend trennt. Alle diese Momente: rudimentäre Anlage der Intervertebral- wülste und Gelenkspalte und geringe Kompression der Chorda leiten in der That die Synostose ein. Das habe ich bei jugendlichen Exem- plaren von Bufo variabilis beobachtet. Dass die mangelhafte Ab- grenzung der Wirbelkörper bei den Anuren zu Synostosen führt, ist bei der intensiveren Ossificirung ihres Skeletes verständlich. Zweitens, und das ist im Allgemeinen näherliegend: ein Zurück- 138 Hermann Adolphi greifen auf die bei anderen Anuren normal vorkommenden Wirbel- synostosen!. Exemplar 1 bis 6 schließen sich dem Verhalten von Dactyletra und Pipa? an. Die Exemplare 8 bis 11, bei denen Wir- bel IV, V und VI mit einander verschmolzen sind, legen den Vergleich mit Brachycephalus ephippium nahe. Das Rückenschild, das bei letzteren die Wirbel zusammenhält, fehlt hier freilich, es könnte aber doch früher bestanden haben. Exemplar 12 ist dadurch interessant, dass das Urostyl einen Querfortsatz besitzt. Bei Discoglossus pietus? sind Querfortsätze am Urostyl normal. Hier bei Bufo einereus ist das Auftreten des Quer- fortsatzes zweifellos atavistisch. Sacrum und Urostyl sind bei den Exemplaren 17 und 18 ver- wachsen. Die Plexus sacrales befinden sich bei Exemplar 17 in einem weit fortgeschrittenen, bei Exemplar 13 in einem mittleren Zustande. Dieses Verhalten stimmt mit dem Verhalten der Plexus sacrales bei den Exemplaren 10 bis 12 von Bufo variabilis*. Hier wie dort wäre die Verschmelzung von Urostyl und Kreuzbein als eine Zukunftsbildung aufzufassen. Bei Exemplar 19 ist Wirbel VIII Sacralwirbel, das Urostyl trägt an seinem Vorderende jederseits einen Querfortsatz. Liegt hier eine Umformung im Sinne ROSENBER@’s 5 oder eine Umtheilung der Wirbel- säule vor? Diejenigen Anatomen, welche mit WELCKER® eine Um- theilung der Wirbelsäule annehmen, werden sagen, Wirbel VIII sei dem sonstigen Wirbel IX homolog, Wirbel I bis VII entspräche den sonstigen Wirbeln I bis VIII, die umgetheilt seien. Ich kann einer solehen Auffassung nicht beistimmen und zwar aus drei Gründen. Einmal habe ich an vielen Exemplaren von Pelobates fuseus” ge- sehen, wie die sacrale Funktion allmählich von Wirbel X auf Wir- bel IX übergeht. Wenn bei Pelobates fuscus das Sacrum durch Umbildung vorrückt, ist bei Bufo cinereus eine Umtheilung sehr unwahrscheinlich. Zweitens zeigen Exemplar 21 bei Bufo einereus und Exemplar S bei Bufo variabilis eine proximal fortschreitende ! Ich verweise auf die im Theil I pag. 359 ff. gegebene Zusammenstellung, 2 Neuerdings hat PETER (95 pag. 571) die auch von mir (92 pag. 315) ge- theilte alte Ansicht von STANNIUS (46 pag. 130) vertreten, das Skeletstiick am proximalen Ende der Wirbelsäule von Pipa entspräche Wirbel I + II. 3 R. WIEDERSHEIM, 88 pag. 42. 4 Theil I pag. 367. 76. 78. Theil II pag. 475. [19 o a a Be Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 139 Saerumbildung. Drittens ist das Verhalten des Urostyles und seine „Beziehung zum Sacrum zu berücksichtigen. Bei den 199 anderen Exemplaren von Bufo einereus trug das Urostyl nur einmal, einseitig einen Querfortsatz, eine Verbindung mit dem Sacrum durch Gelenk- fortsitze war nie vorhanden. Bei dem einzigen Exemplare, bei welchem Wirbel VIII Sacralwirbel ist, hat das Urostyl jederseits einen Querfortsätz und ist rechts durch einen Gelenkfortsatz mit dem Sacrum verbunden. Die Theorie der Umtheilung bietet für dieses sehr auffällige Zusammentreffen nicht die geringste Erklärung. — Ganz anders die Umformung. Sie lässt den Gegensatz zwischen dem Urostyl bei Exemplar 19 und bei den übrigen Exemplaren sehr verständlich erscheinen. Während sonst Wirbel X das proximale Ende des Urostyles bildet, ist es hier Wirbel IX. Wirbel X hat die Rolle eines Sacralwirbels längst aufgegeben, er entwickelt daher nur noch äußerst selten Querfortsiitze. Wirbel IX dagegen ist für gewöhnlich Sacralwirbel. Tritt er hier zum ersten Male in das Uro- styl ein, so kann es nicht Wunder nehmen, wenn er seine Querfort- sätze beibehält und wenigstens einseitig die Verbindung mit Wirbel VIII durch Gelenkfortsätze bewahrt. Somit kann ieh nur annehmen, dass auch bei Exemplar 19 Wirbel VIII wirklich Wirbel VIII ist, homo- log dem Wirbel VIII aller übrigen Exemplare. Wirbel IX bildet das proximale Ende des Urostyl. Die. Sacrumbildung ist um ein ganzes Segment proximalwärts fortgeschritten. Neuerdings hat PARKER! seine Ansicht über das Wesen von Variationen der Wirbelsäule geäußert. Er untersuchte 27 Wirbel- säulen eines großen perennibranchiaten Amphibium (Necturus maeula- tus Raf.). Neunzehnmal bestand das Sacrum aus Wirbel XIX, ein- mal aus Wirbel XIX und XX, sechsmal aus Wirbel XX und einmal aus Wirbel XX und XXI. Es ist sehr dankenswerth, dass PARKER genaue Angaben macht wie häufig die verschiedenen Befunde waren. Zur Erklärung der vorliegenden Thatsachen zieht PARKER eine Um- theilung im Sinne WELCKER's gar nicht heran: either the sacrum is fixed and the variation is produced by the intercalation or suppression of vertebrae, or the vertebral column is stable and the pelvic girdle travels backward or forward over it. PARKER verwirft für den konkreten Fall die Intercalation und nimmt an, dass hier eine Um- formung der Wirbelsäule vorliege. Dem kann ich nur beistimmen. 1 96. 140 Hermann Adolphi In Anbetraeht der Untersuchungen von Baur! giebt PARKER zu, dass Interealationen in einzelnen Fällen vorkommen können. Mir ist die, Arbeit von Baur leider nicht zugänglich. Einen von FIELD? be- obachteten Fall beurtheilt PARKER gleichfalls als das Ergebnis eines Processes »evidently being a partial division of the material from which a single vertebra ordinarily arises«. Er fährt fort: »This process, which I should call the multiplication rather than the inter- calation of vertebrae, may in some cases account for the increase of presacral elements, but I am not incleined to ascribe to it the wide-spread importance that Baur does.« Letzteres ist gewiss richtig; die Umbildung der Wirbelsäule nimmt ihren normalen Gang nicht auf dem Wege der Umtheilung des gegebenen Materials, sondern auf dem Wege der Umformung der Segmente. Die Beob- achtung von FieLn bezieht sich auf eine Querschnittserie durch eine ausgeschlüpfte Larve von Amphiuma means. FiIELD hat aus den Schnitten 1460 bis 1559 eine ventrale und eine seitliche Ansicht der Wirbel 46 bis 48 rekonstruirt. Man sieht, dass zwei Bögen der linken Seite mit einem Bogen der rechten Seite einen Wirbelkomplex bilden. Liegt hier auf der linken Seite Theilung des Materials eines Wirbels vor, wie PARKER meint, oder auf der rechten Seite der Zusammenfluss des Materials zweier Wirbel? Ich möchte auf eine dritte Möglichkeit hinweisen. Es könnte hier, wie bei Bufo cinereus Exemplar 20 zweifellos der Fall, eine Verschiebung der einen Kör- perseite gegen die andere stattgefunden haben. Die auf den Wir- belkomplex folgenden Wirbel bestehen dann aus zwei Hälften, die verschiedenen Segmenten angehören. Ob diese Verschiebung bis zum Ende der Wirbelsäule reichte, oder nach einer gewissen An- zahl von Segmenten wieder ausgeglichen wurde, bleibt ungewiss. FIELD hat einen Ausgleich nicht beobachtet. Ich will nieht unter- lassen, mitzutheilen, was FieLp selbst über seine Beobachtung sagt: »Für die allgemeine Auffassung der Entwickelung der Wirbelsäule hat nun dieses eigenthümliche Segment wohl keine sehr große Be- deutung. Indessen schien es mir angemessen, hier über eine solche Sonderheit zu berichten, zumal sie nur mit Hilfe einer sehr um- ständlichen Rekonstruktion zu konstatiren war.« Exemplar 20 steht durch den Ort der Hauptstörung den Exem- plaren 8 bis 11 nahe. Der linke Plexus sacralis ist äußerst primi- tiv, der rechte dagegen weit fortgeschritten. aoe 2 95. Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule anurer Amphibien. III. 141 Exemplar 21 gehört in die Gruppe der proximal fortschreitenden Saerumbildung. Die Spinalnerven habe ich leider entfernt, ohne dieselben zu beachten. Es ist anzunehmen, dass sie ein fortge- schrittenes Verhalten hatten. 1846. 96. : 15 @ Jurjew (Dorpat), den zZ September 1896. Verzeichnis der eitirten Litteratur. H. Srannius, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. C. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbel- säule bei Amphibien und Reptilien. Leipzig 1862. E. ROSENBERG, Über die Entwickelung der Wirbelsäule und das Cen- trale carpi des Menschen. Morph. Jahrbuch. Bd.I. pag. 83—197. H. v. Inerıng, Das peripherische Nervensystem der Wirbelthiere als Grundlage für die Kenntnis der Regionenbildung der Wirbelsäule. H. WELCKER, Zur Lehre vom Bau und Entwickelung der Wirbelsäule. Zoolog. Anzeiger. Jahrgang I. pag. 291—295 und 311—314. R. WIEDERSHEIM, Grundriss der vergleichenden Anatomie. Zweite Aufl. C. Baur, On Intercalation of Vertebrae. Journ. of Morphol. Vol. IV pag. 331. H. AvorpuHı, Uber Variationen der Spinalnerven und der Wirbelsäule anurer Amphibien. I (Bufo variabilis Pall.). Morph. Jahrbuch. Bd. XIX. pag. 313—375. K. PETER, Über die Bedeutung des Atlas der Amphibien. Anatom. Anzeiger. Bd. X. pag. 565—574. H. H. FıetLp, Bemerkungen über die Wirbelsäule bei den Amphibien; nebst Schilderungen eines abnormen Wirbelsegmentes. Morph. Jahrbuch. Bd. XXII. pag. 340—356. H. Anvoupur, Über Variationen der Spinalnerven und der Wirbelsäule anurer Amphibien. II (Pelobates fuseus Wagl. und Rana esculenta L.). Morph. Jahrbuch. Bd. XXII. pag. 449—490. G. H. PARKER, Variations in the vertebral Column of Necturus. Anat. Anzeiger. Bd. XI. pag. 711—717. 142 H. Adolphi, Über Variationen der Spinalnerven u. der Wirbelsäule etc. III Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 11. Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII. Bufo cinereus. ©. Wirbel I, II und IlI. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 2/1 (Exemplar 2 pag. 123). Bufo cinereus. 5. Wirbel III und IV. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 2/1 (Exemplar 5 pag. 125). Bufo cinereus. ©. Ganze Wirbelsäule. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 2/1 (Exemplar 8 pag. 126). Bufo cinereus. ©. Wirbel IX und Urostyl. Ventrale Ansicht. Größenverhältnis 3/2 (Exemplar 12 pag. 130). Bufo einereus. @. Ganze Wirbelsäule. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 5/2 (Exemplar 19 pag. 132). Dasselbe Objekt. Wirbel VIII und Urostyl. Dorsale Ansicht. Bufo cinereus. 4. Ganze Wirbelsäule. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 2/1 (Exemplar 20 pag. 133). Dasselbe Objekt. Dorsale Ansicht. Bufo variabilis. Wirbel VI und VII. Ventrale Ansicht. Größen- verhältnis 2/1 (pag. 136). Bufo variabilis. Frontalschnitt durch die Körper der Wirbel I, Il und III eines juvenilen Exemplars. Größenverhältnis 25/1. Z linke, R rechte Körperhälfte (pag. 136). Bufo cinereus. ©. Wirbel VIII, IX und Urostyl. Dorsale Ansicht. Größenverhältnis 3/2 (Exemplar 21 pag. 136). u > Morpholog. Jahrb. Bd. XXV. Taf VI. Tek Anata Fake Lege, EAvolpht del Vereg » Wilhelm Engelmann (5 Leine } 7 , . Uber die Entwicklung von Hypochorda und Ligamentum longitudinale ventrale bei Teleostiern. Von Dr. K. Franz, Assistent am anatomischen Institut zu Ziirich. Mit Tafel IX und 2 Figuren im Text. (Aus dem anatomischen Institut zu Zürich.) Die neueren Untersuchungen über die Entwicklung und weiteren Schieksale der Hypochorda hatten ergeben, dass deren Elemente zu Grunde gehen, ohne sich am Aufbau irgend eines bleibenden Organs zu betheiligen. Diesem Befunde stehen die Angaben verschiedener Autoren entgegen, welche das an der ventralen Fläche der Wirbel- säule gelegene elastische Ligament (longitudinale ventrale) für einen Abkömmling der Hypochorda erklären. So behauptet SALENSKY (8), der Acipenser ruthenus untersucht hat, dass bei Fischen von drei Monaten die Hypochorda sich in das Ligamentum longitudinale inferius (ventrale) umbilde. Darauf be- zieht sich wohl auch die Bemerkung v. Kuprrer’s (5), dass sich bei Acipenser ruthenus die Hypochorda zu einem starken hypochordalen elastischen Bande gestalte. Nach KraarscH (4) geht das Ligamentum longitudinale zum Theil aus dem subchordalen Strange hervor, welcher ein allen Fischen und Amphibien gemeinsames Attribut darstelle. Er vermuthet, dass bei der Bildung des Ligamentum ventrale eine gewebliche Modifika- tion des einst epithelialen subchordalen Stranges vorliege. Ich habe nun auf Veranlassung meines Chefs, des Herrn Prof. STÖHR, die Frage zu beantworten gesucht, in wie weit bei Teleostiern Morpholog. Jahrbuch. 25. i 10 144 K. Franz das Ligamentum longitudinale ventrale in genetische Beziehung zur Hypochorda zu bringen sei. Zu meinen Untersuchungen standen mir die Forellenserien des Instituts und die Lachsserien von Herrn Prof. FELIX zur Verfügung. Da die Angaben über die Entstehung der Hypochorda sich mei- stentheils nur auf kurze Mittheilungen beschränken, andererseits es von Interesse erschien, festzustellen, in wie weit die Entstehung der Hypochorda bei Teleostiern in Vergleich zu bringen sei mit der Ent- stehung derselben bei Rana temporaria, die Pu. STÖHR (9) zum Gegen- stand einer besonderen Arbeit gemacht hat, so unternahm ich es, auch die Entwicklung derselben zu studiren. Eine vollständige Zusammenstellung der Litteratur über die Ent- wicklung der Hypochorda hat ihre Schwierigkeiten, da sich die An- gaben, welche über die Entstehung der Hypochorda gemacht worden sind, in den verschiedensten Arbeiten zerstreut finden. Es ist dess- halb wohl verzeihlich, wenn die folgende Litteraturübersicht nicht lückenlos ist. STÖHR stellt in seiner Arbeit die Mittheilungen zusammen, welche LEYDIG, GOETTE, BALFOUR und RABL über die Hypochorda gegeben haben und welche sich im Wesentlichen mit seinen bei Rana gewonnenen Resultaten decken. Die Hypochorda ist bei Rana entodermalen Ursprungs; sie ent- steht aus einer Leiste der dorsalen Darmwand. Man unterscheidet eine Rumpf- und Kopfhypochorda, von denen die letztere später entsteht. Die Rumpfhypochorda schnürt sich, von vorn nach hinten fortschreitend, von der dorsalen Darmwand in der Weise ab, dass Spuren segmental angeordneter Brücken bestehen bleiben. BERGFELDT (1) untersuchte die Hypochorda bei Alytes obstetri- cans. Seine Ergebnisse stimmen in den Hauptpunkten mit denen STÖHR’s überein. Mehrfache Abweichungen, welche Alytes und Rana boten, führt er auf die Verschiedenheit des Materials zurück. Die- selben beziehen sich hauptsächlich auf das Verhalten der Hypo- chordabrücken, die nach seiner Ansicht nicht in Verbindung mit Inselbildungen der Aorta zu bringen sind, wie STÖHR es thut, auf das Fehlen eines Lumens in der Hypochorda und auf die Unmög- lichkeit, eine konstante Kopfhypochorda nachzuweisen. In letzterem Punkte steht er in Widerspruch mit FIELD (2), der eine Kopfhypo- chorda bei Amphibien gesehen hat. FıeLp’s Untersuchungsergeb- nisse sind im Übrigen die gleichen, wie die von Stour und BERGFELDT. Von denen, welche die Hypochorda bei Fischen beobachtet haben, Ze Über die Entwicklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 145 nenne ich zuerst SALENSKY (8). Derselbe erwähnt bei Acipenser ru- thenus eine ligne sous-cordale, die bald nach Schluss der Medullarrinne aus dem median gelegenen Theil der dorsalen Wand der primitiven Darmhöhle als ziemlich dünner Strang entsteht, der zuerst nur aus zwei Reihen von Zellen zusammengesetzt ist. Nach Wırson (11) entwickelt sich die Hypochorda bei Serranus atrarius aus den obersten Zellen der Darmfalte vor Schluss des Darmkanales und stellt nach ihrer Entwicklung einen soliden Zell- strang dar. HENNEGUY (3) beschreibt die Entwicklung der Hypochorda bei der Forelle. Bei diesem Teleostier entsteht dieselbe aus den obersten Partien der entodermalen Falte, welche die erste Anlage des Darm- rohres darstellt, und zwar als solider Zellstrang von drei bis vier Zellen auf dem Querschnitt. HENNEGUY unterscheidet außerdem eine Kopfhypochorda, welche später als die Rumpfhypochorda entsteht. OELLACHER (6) bildet in seinen Zeichnungen ein unter der Chorda gelegenes Zellhiiufchen ab, welches er als Aortenstrang be- zeichnet, das aber nichts Anderes als die Hypochorda ist. Er ver- muthet, dass der Aortenstrang aus den obersten Zellen des Darm- drüsenblattes, da wo derselbe der Chorda dicht anliegt, entsteht. Es scheint also über den entodermalen Ursprung der Hypo- chorda bei Amphibien und Fischen kein Zweifel zu bestehen. Eine Ausnahme macht nur PERENYI (7), der bei Torpedo marmorata den subchordalen Strang mesodermalen Ursprungs sein lässt und in ihm den Überrest eines verkümmerten Gefäßes vermuthet. Eigene Untersuchungen. Ich beginne mit der Schilderung eines Forellenembryo von 11 Myomeren, der ungefähr dem Stadium G Hennecuy’s entspricht. Das Entoderm ist in der Höhe der Gehörbläschen zu beiden Seiten von der Mittellinie eingefaltet, so wie es HeNNEGUY in seiner Fig. 100 abbildet. Die Einfaltung schwindet caudalwärts, es bleibt nur eine laterale Verdickung, die, 0,2 mm vom hinteren Rand der Gehörbläschen entfernt, ebenfalls verschwindet, nachdem sie allmäh- lich an Dieke abgenommen hat. In seinen übrigen Partien ist das Entoderm eine dünne, aus einer Lage von Zellen bestehende Schicht, die in ihrer Mittellinie der Chorda dicht anliegt. Im fünften Segment ist eine geringe Ver- diekung des Entoderms unter der Chorda zu erkennen, die sich über 10* 146 K. Franz zwei Schnitte erstreckt und aus zwei über einander liegenden Zell- lagen besteht. Gleiche Verdiekungen fand ich im sechsten und elften Myomer. Die weiteren Untersuchungen haben ergeben, dass diesen Verdiekungen keine besondere Bedeutung zukommt. Bei einem nur wenig älteren Embryo von 14 Myomeren finden wir folgende Veränderungen. Vorn sind die Verhältnisse des Ento- derms die gleichen geblieben. Im Übrigen ist das Entoderm unter der Chorda dieker geworden, gleichmäßig von der Grenze des ersten Myomers bis zu seiner Verschmelzung mit der Chorda caudalwärts. Doch sind die Querschnittsbilder nicht überall von gleichem Aus- sehen. Cranial sind die zur Chorda seitlich gelegenen Partien des Entoderms gleich dick wie die Partien unter der Chorda, während sie in der Mitte und gegen das caudale Ende des Embryo an Dicke abnehmen. Dadurch imponirt die Mitte des Entoderms als eine Er- hebung zu einem der Breite der Chorda gleichkommenden Kamm: die erste Anlage des noch soliden Darmes. Ein Forellenembryo von 16 Myomeren zeigt eranialwärts in den Querschnitten der Fig. 101 HenNEGuy’s entsprechende Bilder; die seitlichen Einfaltungen des Entoderms sind tiefer geworden und zu- gleich gegen die Medianlinie einander näher gerückt. Verfolgt man die Serie weiter nach hinten, so findet man ein allmähliches Seichter- werden der Einfaltung bis zum vollständigen Verschwinden derselben. Der unter der Chorda gelegene, noch solide Darm verändert sich in der Weise, dass er von vorn nach hinten allmählich an Höhe zu- nimmt; in der Mitte des embryonalen Körpers erreicht er seine höchste Höhe und ist, caudalwärts an Höhe wieder abnehmend, eben so hoch, als wir ihn vorn in der Gegend des ersten Myomers ge- troffen haben. Die Höhe des Darmstranges ist an seiner höchsten Stelle doppelt so groß als vorn und hinten. Seine Breite nimmt in dem gleichen Schritt, wie seine Höhe zunimmt, ab, eben so wie sie wieder mit seinem Niedrigerwerden zunimmt. Fig. 1 zeigt den Darmstrang in einem Querschnitt eines Forellenembryo von 16 Myomeren zwischen dem 10. und 11. Myomer. Dieser Darmstrang hat sich bei einem älteren Embryo von 17 Myomeren in seiner Gestalt nicht verändert. Dagegen finden wir Jetzt in den obersten Zellen des Stranges, die der Chorda dicht an- liegen, Veränderungen, welche mit der Bildung der Hypochorda zu- sammenhängen. Fig. 2 stellt einen Querschnitt eines Forellenembryo von 17 Myomeren dar in der Höhe des 10. Myomers. Wir sehen Über die Entwieklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 147 unter der Chorda den soliden Darmstrang, der an seiner Basis nach beiden Seiten hin in eine dünne Entodermplatte übergeht. Die ober- sten, der Chorda dicht anliegenden Zellen des Darmstranges haben sich charakteristisch verändert. Sie sind rundlich, von hellem Proto- plasma umgeben und durch einen scharfen Kontour von ihren Nach- barzellen abgegrenzt. Wir haben hier die erste Bildung der Hypo- chorda vor uns. Diese Differenzirung der obersten Zellen des Darmstranges in Hypochordazellen findet nicht gleichmäßig in der ganzen Ausdehnung des Darmstranges statt. Bei Verfolgung der Serie von vorn nach hinten trifft man das erste deutliche Bild der Hypochorda im fünften Myomer in zwei auf einander folgenden Sehnitten; fünf weitere Schnitte lassen die Hypochorda nicht er- kennen; die sieben nächsten Schnitte zeigen sie wieder. Dieser stete Wechsel der Bilder wiederholt sich in ganz unregelmäßiger Textfigur 1. : horda Ar Chore Gehör- bläschen Hypochorda Hypochorda- Leiste brücken Darm Weise bis zum 14. Myomer. Von hier an caudalwärts ist nichts mehr von Hypochorda zu erkennen. Der Darmstrang erfährt von dem eben geschilderten Stadium seiner Entwicklung an Veränderungen nach zwei Richtungen hin. Er wird einestheils hohl, anderentheils wird er durch die seitlich von ihm auftretenden Zellmassen, die Anlagen der Blutgefäße, nach abwärts gedrängt. Dadurch werden seine der Hypochorda zunächst- liegenden Zellen in eine Leiste ausgezogen, die fast zu gleicher Zeit einer theilweisen, von vorn nach rückwärts fortschreitenden Riick- bildung anheimfällt. Diese Rückbildung ist in so fern nur eine theilweise, als bei Durehbreehung der Leiste noch Reste bestehen bleiben, welehe dorsale Darmwand und Hypochorda mit einander verbinden. Diese Brücken — ich will sie nach dem Vorgange Srönr’s als Hypochordabrücken bezeichnen — sind deutlich segmental 148 K. Franz angeordnet. Eine solche Hypochordabrücke ist in Fig. 3 abgebildet. Wir sehen ventralwärts das Darmrohr, dessen Wände die Form eines gleichseitigen Dreiecks haben. Der Spitze des Dreiecks sitzt ein dünner Zellstrang auf, welcher die Verbindung der dorsalen Darm- wand mit der Hypochorda herstellt. Ich fand Hypochordabrücken bei einem Forellenembryo von 20 Myomeren im 6., 7., 8., 9. und 10. Myomer (vgl. die Textfigur 1)!, bei einem Forellenembryo von 24 Myomeren im 6., 7., S., 9., 10., 11., 12. und 13. Myomer, bei einem Forellenembryo von 28 Myomeren im 7., 13., 14., 15. und 16. Myomer. Die Brücken waren nicht von gleicher Ausdehnung in eranio-cau- daler Richtung; doch wechselten ihre Größenunterschiede nur in engen Grenzen. Später verschwinden auch die Brücken und es besteht dann kein Zusammenhang mehr zwischen dorsaler Darmwand und Hypochorda. Doch gilt dies nur von den mittleren Partien des Darmes. Vorn be- steht die Verbindung der dorsalen Darmwand mit der Hypochorda noch zu einer Zeit, wo sämmtliche Brücken verschwunden sind. Dies beruht darauf, dass die Gefäßanlagen in den frühen Stadien nicht so weit nach vorn reichen wie die Hypochorda, und desshalb eine Abdrängung der dorsalen Darmwand von der Hypochorda nicht bedingen können. Erst mit dem Vorwachsen der Aorta findet die Trennung statt, die aber dann noch weiter cranialwirts reicht als die Aorta und durch Mesenchymgewebe bedingt wird, das sich zwischen Hypochorda und dorsale Darmwand einschiebt. Die Hypochorda ist um diese Zeit ein dünner, solider Zellstrang, der gegen den Kopf des Embryo zu sich fast bis zur Herzgegend erstreckt, dessen hinteres Ende sich in den Darm verliert, wo der- selbe der Chorda noch dicht anliegt. Ich komme damit auf die Entwicklung der Hypochorda in den hinteren Theilen des Embryo. Dazu ist ein näheres Eingehen auf die Verhältnisse des End- und Schwanzdarmes nöthig. Da die Forellenserien zur Feststellung dieser Verhältnisse unge- eignet waren, so benutzte ich Lachsserien. Ich ging bei diesen Untersuchungen von einem Lachsembryo von 23 Tagen aus. Der Darm ist in seinen vorderen Partien von der Hypochorda getrennt, 1 Die Textfigur 1 wurde von Herrn Prof. StöHr als Rekonstruktionszeich- nung eines Forellenembryo von 20 Myomeren in 100facher Vergrößerung auf Millimeterpapier entworfen und in der Zeichnung eines Medianschnittes eines vom gleichen Tage stammenden, aber einige Myomeren mehr zählenden, unge- fähr gleichalterigen Forellenembryo eingetragen. Über die Entwicklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 149 es bestehen nirgends mehr Verbindungsbrücken zwischen dorsaler Darmwand und Hypochorda. Im caudalen Theil des Embryo steht die Hypochorda mit dem Darm noch in Berührung. Fig. 4 zeigt den Quersehnitt eines Lachsembryo von 23 Tagen, 0,07 mm vom caudalen Ende der Urnierengiinge entfernt. Der Darm ist dorsal verbrei- tert in Form einer Warze, welche einem schmäleren Fußtheil auf- sitzt. Die Hypochorda steht in direkter Berührung mit der dorsalen Darmwand. Der Darm besitzt ein schlitzförmiges Lumen, das mit seiner Längsachse dorso-ventral gerichtet ist und theils dem Fuf- theil, theils der warzenförmigen Verdickung angehört. Diese Form der Liehtung wechselt in den Schnitten caudalwiirts unregelmäßig mit kleinen runden Lichtungen ab, die central im Darm gelegen sind bis zu der Stelle, wo die Hypochorda nicht mehr sichtbar ist, Textfigur 2. ) az mn MIET; L ay EEG 1) SSS SIE ye A 0 ERDE Chord init Hypochorda Fig. 5 Schwanz- End- darm darm Fig. 6. Ex 0,14 mm von dem caudalen Ende der Urnierengiinge nach hinten. Von da an ist die Liehtung des Darmes nur noch rund. In einem Querschnitt eines Lachsembryo von 25 Tagen (Fig. 5) finden wir den mit zwei über einander liegenden Lumina versehenen Darm von der Hypochorda getrennt, dazwischen die Gefäßanlagen. Vergleichen wir beide Bilder, so ist vielleicht die Annahme berechtigt, dass wir in dem Auftreten des schlitzförmigen Lumens im Darm die erste Andeutung dieser Zweitheilung des Darmes vor uns haben, wie sie Fig.5 zeigt. Die Zweitheilung beginnt bei dem Embryo von 25 Tagen 0,57 mm vor dem caudalen Ende der Urnierengänge. 1 Die Textfigur ist nach einem Wachsmodell in 100 facher Vergrößerung gezeichnet, das in 150 facher Vergrößerung angefertigt wurde. Sie wurde nach einem Rekonstruktionsbild auf Millimeterpapier genau kontrollirt. Die Textfiguren 1 und 2 sind in Reproduktion um 4/3: verkleinert worden. 150 K. Franz Wir können das dorsale Lumen mit einigen Unterbrechungen ver- folgen bis zu der Stelle, wo Darm und Chorda in einander übergehen, während das ventrale nur bis dahin zu sehen ist, wo später der After sich bildet. Wir sehen die beiden Darmabschnitte, den dorsalen und ventralen, deutlich von einander geschieden. Der dorsale sitzt in Form eines allmählich höher werdenden Kammes dem ventralen auf. Der ventrale Abschnitt endet in der Gegend des zukünftigen Afters, der dorsale ist bis in den Schwanz zu verfolgen. Wir haben also in dem dor- salen Abschnitt den Schwanzdarm, im ventralen den Enddarm vor uns. Die Hypochorda beginnt in der Aftergegend undeutlich zu werden. Zum besseren Verständnis dieser Verhältnisse habe ich die Textfig. 2 beigefügt und die Lage der Querschnittsbilder 5 und 6 durch vertikale Linien in derselben angedeutet. Im Laufe der Entwicklung bildet sich der Schwanzdarm zurück. Die Rückbildung beginnt in der Aftergegend und schreitet caudal- wärts fort. Mit dieser Rückbildung des Schwanzdarmes steht die Bildung der Hypochorda in diesen Gegenden des Embryo in innig- stem Zusammenhang. Der Schwanzdarm wird vom After an atrophisch und giebt zugleich seine Verbindung mit der Chorda auf, nachdem seine der Chorda dicht anliegenden Zellen als Hypochorda mit der Chorda in Verbindung geblieben sind. Zwischen diesem Derivat des Schwanzdarmes, das die Hypochorda darstellt, und dem atrophischen Rest des Schwanzdarmes liegt die Aorta. Es hat also dem An- schein, als ob das Wachsthum der Aorta nach hinten die Trennung bedingt hatte. Doch will ich nicht diese Anschauung als allein berechtigt der anderen gegenüberstellen, die ausspricht, dass die Aorta in den Raum hineinwächst, der durch die Trennung des Schwanz- darmes von der Hypochorda frei geworden ist. Nur so weit die Aorta nach hinten reicht, findet der eben beschriebene Modus der Hypochorda- entwicklung statt. Von hier aus bleibt der Schwanzdarm stets in Be- rührung mit der Chorda. Er nimmt nun im Laufe der Entwicklung an Volumen bedeutend ab. Fig. 7 ist ein Querschnitt eines Lachsembryo von 35 Tagen, 0,15 mm von der Schwanzspitze entfernt. Wenn man diesen Schnitt mit Fig. 6 vergleicht, welche einen Schnitt durch den Schwanzdarm darstellt, 0,45 mm von der Schwanzspitze entfernt, und dabei bedenkt, dass der Schwanzdarm bei dem einzelnen Individuum caudalwärts an Volumen bedeutend dicker ist, so ist die Volumsab- nahme des Schwanzdarmes mit dem Älterwerden des Embryo unver- kennbar. Die Volumsabnahme des Schwanzdarmes geht immer weiter Uber die Entwicklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 151 vor sich, der Rest des Schwanzdarmes entspricht der Hypochorda. Fig. 8 zeigt als den Rest des Schwanzdarmes die Hypochorda 0,4 mm von der Schwanzspitze entfernt. Ist die Schwanzhypochorda fertig gebildet, so finden wir ihr caudales Ende der Schwanzspitze näher als das caudale Ende des Schwanzdarmes in frühen Stadien der Entwicklung gewesen war. Dies beruht nicht auf einem selbständigen Wachsthum der Hypo- chorda nach hinten, sondern in der immer weiter caudalwiirts fort- schreitenden Differenzirung des Schwauzdarmes aus der gemeinsamen Zellmasse des Schwanzes. Was die von mir beschriebene Entstehung der Schwanzhypo- chorda angeht, bin ich in Übereinstimmung mit Wırsox (11), der bei Serranus atrarius die Schwanzhypochorda ebenfalls als einen Rest des Schwanzdarmes betrachtet. BERGFELDT und FıELD lassen die Schwanzhypochorda bei Amphibien aus einer Leiste des Schwanz- darmes entstehen. Entwieklung des Ligamentum longitudinale ventrale. Die Entwicklungsgeschichte des Ligamentum longitudinale ventrale soll mit der Schilderung eines Stadiums begonnen werden, bei dem die Hypochorda im größten Theil ihrer Ausdehnung noch keine Mesenchymzellen zu direkten Nachbarn hat. Dieses Stadium finden wir bei einem Forellenembryo von 43 Tagen. Der craniale Theil der Hypochorda, so weit er vor der Vereinigungsstelle der beiden eranialen Aorten liegt, ist von lockerem Mesenchymgewebe umgeben. Da, wo die Aorta als unpaares Gefäß unter der Hypochorda gelegen ist, finden sich nirgend Mesenchymzellen in ihrer nächsten Umgebung. Die Sehwanzhypochorda ist um diese Zeit noch nicht vollständig ge- bildet. Bei einem Forellenembryo von 46 Tagen finden wir bereits die ersten Mesenchymzellen der Hypochorda dicht anliegend. Diese Mesenchymzellen entstammen dem perivasculären und perichordalen Mesenchym. Fig. 9 ist der Querschnitt eines Lachsembryo von 44 Tagen. Mesenchymzellen haben sich der Hypochorda dicht an- gelegt und sich theilweise zwischen Aortenwand und Hypochorda hineingeschoben. Die Hypochorda ist durch eine scharfe Grenze von den Mesenchymzellen getrennt. Die Verhältnisse bei der Forelle sind in diesem Stadium genau die gleichen und ich habe nur wegen ihrer histologischen Schönheit die Fig. 9 nach einem Lachsembryo gezeichnet. 152 K. Franz Wir haben in der eben beschriebenen Anlagerung von Mesen- chymzellen die erste Anlage des Ligamentes vor uns. Dieselbe findet nur so weit statt, als die Aorta als unpaares Gefäß unter der Hypochorda gelegen ist. Die Mesenchymzellen häufen sich mit der Weiterent- wicklung des Embryo stärker an und erleiden zugleich eine Um- bildung, wodurch sie von ihrer Nachbarschaft, der Hypochorda so- wohl als den anliegenden Mesenchymzellen, deutlich unterschieden werden. Ihre ehemals runden Kerne gestalten sich zu schmalen, langgestreckten, parallel der Körperlängsachse gestellten Kernen um, die auf dem Querschnitt durch ihren dunklen scharfen Kontour, wel- cher eine helle, das Kernkörperchen enthaltende Innenzone umgiebt, besonders charakterisirt sind. Diese Bilder sind besonders schön beim Lachs ausgeprägt (Fig. 12), dagegen zeigen sie beim Lachs nicht die streifige Struktur der Bandanlage, welche bei der Forelle mit den eben beschriebenen Veränderungen des Mesenchyms in derselben auftritt (Fig. 10). Zugleich gewinnt das Protoplasma der die Bandanlage konstituirenden Zellen eine stärkere Färbbarkeit, wodurch eine deut- liche Abgrenzung der Bandanlage von ihrer Umgebung bewirkt wird. Das Verhalten der Hypochorda den sie umlagernden Mesen- chymzellen gegenüber ist bei Forelle und Lachs etwas verschieden. Wie schon erwähnt sind beim ersten Auftreten der Mesenchymzellen in der direkten Nachbarschaft der Hypochorda bei Lachs und Forelle keine Unterschiede zu konstatiren. Ein Unterschied zwischen beiden tritt erst mit der Vermehrung der Mesenchymzellen auf. Die Hypo- chorda wird bei der Forelle von den Mesenchymzellen völlig umlagert, so dass sie in die Mitte eines Zellhaufens zu liegen kommt, der durch die eben beschriebene histologische Beschaffenheit von den hellen runden Zellen der Hypochorda unterschieden ist. Wir erhalten dann Bilder, wie sie die Querschnittsfigur 11 und die Längsschnitts- figur 10 zeigt. Ich möchte besonders darauf aufmerksam machen, dass auf beiden Figuren die Hypochorda durch eine scharfe Grenz- linie von ihrer Nachbarschaft abgegrenzt ist. Beim Lachs habe ich nie die Hypochorda inmitten der Band- anlage sehen können. Das hängt wohl damit zusammen, dass die Hypochorda beim Lachs früher verschwindet, ehe eine stärkere An- häufung der Mesenchymzellen stattfindet. So habe ich schon bei einem 60tägigen Lachsembryo keine Spur der Hypochorda da mehr sehen können, wo das Ligament angelegt war. Dagegen fand ich bei einem 102 Tage alten Forellenembryo noch Spuren der Hypochorda inmitten der Bandanlage. Über die Entwicklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 153 Alle diese Vorgänge, welche auf die Entstehung des Ligamentum longitudinale Bezug haben, finden im Bereich der Hypochorda nur da statt, wo die Aorta als unpaares Gefäß unter derselben gelegen ist. Das vor der Vereinigungsstelle der beiden cranialen Aortenäste gelegene kleine Stück der Hypochorda verschwindet, ohne dass sich srößere Mengen von Mesenchymzellen um dasselbe gelagert hätten, ungefähr gleichzeitig mit der übrigen Hypochorda. Die Schwanz- hypochorda erhält sich in ihren hintersten Theilen sehr lang. Ich sah dieselbe beim Lachs erst um den 126. Tag verschwinden. Ich muss zum Schluss nochmals ausdrücklich hervorheben, dass es mir nie gelungen ist etwas zu sehen, was als eine Betheiligung der Hypochorda an dem Aufbau des Ligamentum longitudinale ge- deutet werden könnte. Die Hypochorda war, so lange sie sichtbar blieb, immer durch einen scharfen Kontour (Membran) von ihren Nach- barzellen abgegrenzt. Nirgends war eine Vermehrung ihrer Elemente nachzuweisen. Und das wäre doch das Nächste, was man erwarten müsste, wenn man annimmt, die Hypochorda gestalte sich zum Ligamentum longitudinale um, einem Gebilde, das schon in seinen ersten Anlagen zellreicher ist als je die Hypochorda in irgend einem Stadium ihrer Entwicklung. Dagegen traten viele Vorgänge in die Erscheinung, welche für ein vollständiges zu Grunde gehen der Hypochorda sprechen. Die Hypochordazellen, die noch bei einer Forelle von 80 Tagen von kubischer Gestalt mit nahezu dorso-ventral gerichteten ovalen Kernen versehen waren, erfahren im Laufe der Entwicklung eine Umgestaltung, indem sich ihre Kerne mit ihrer Längsachse parallel zur Längsachse des Körpers stellen. Dadurch wird der Durchmesser der Hypochorda wesentlich verringert und ich glaube, die Annahme dürfte nicht unberechtigt sein, welche diese Erscheinung auf eine Kompression von Seiten des wachsenden Liga- ments zurückführt und als die Einleitung des gänzlichen Unterganges der Hypochorda betrachtet. Nicht selten habe ich in den Hypo- chordazellen deutliche Zeichen des Kernzerfalls, Brocken stark färb- baren Chromatins gesehen. Aus all dem kann wohl mit Sicherheit der Schluss gezogen werden, dass bei Lachs und Forelle die Hypochorda in keinerlei genetische Beziehung zum Ligamentum longitudinale ventrale tritt. Auch BERGFELDT schließt, was Alytes angeht, jede Betheiligung der Hypochorda an dem Aufbau des ventralen Längsbandes der Chorda aus, eben so wie STÖHR und FIELD derselben keine Betheili- gung an irgend einem bleibenden Organ zuschreiben. 154 K. Franz Zusammenfassung. I. Die Hypochorda entwickelt sich bei Forelle und Lachs aus dem Entoderm. Ich bestätige hiermit die schon von ver- schiedenen Untersuchern gemachten Angaben. Sie löst sich von einer von der dorsalen Darmwand entspringenden Leiste. Die Ablösung erfolgt unter Bildung segmental angeordneter Brücken, ähnlich denen, die von SréHR beim Froseh be- schrieben worden sind. Ein Lumen ist in der Hypochorda zu keiner Zeit nachzuweisen. II. Das Ligamentum longitudinale ventrale entsteht aus den Zellen des axialen Mesenchyms ohne irgend welche Betheili- sung der Elemente der Hypochorda. Letztere geht nach kürzerer (Lachs) oder längerer (Forelle) Zeit zu Grunde, ohne am Aufbau irgend welcher Organe sich zu betheiligen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem ver- ehrten Chef, Herrn Prof. StöHr, für die thatkräftige Unterstützung, die er meiner Arbeit hat zu Theil werden lassen, meinen besten Dank auszusprechen. Auch bin ich Herrn Prof. FeLıx für die Über- lassung seiner Serien und manchen guten Rath, den er mir gelegent- lich meiner Untersuchungen gegeben hat, zu Danke verpflichtet. Zürich, den 28. September 1896. Litteraturverzeichnis. 1) BERGFELDT, Chordascheiden und Hypochorda bei Alytes obstetricans. Anat. Hefte. XXI. Heft. 1896. 2) FıeLp, Bemerkungen über die Entwicklung der Wirbelsäule bei den Am- phibien etc. Morph. Jahrbuch. Bd. XXII. 1895. 3) HenneGuy, Recherches sur le développement des poissons osseux. Journal de l’Anatomie et de la Physiologie. Paris 1888. 4) KLAATSCH, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. Morph. Jahrbuch. Bd. XIX. 1893. 5) v. KUPFFER, Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft zu Basel. 1895. 6) OELLACHER, Beiträge zur Entwicklung der Knochenfische nach Beobach- tungen am Bachforellenei. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. XXIII. 1873. Über die Entwicklung von Hypochorda u. Lig. long. ventr. bei Teleostiern. 155 7) Pertnyt, Beiträge zur Entwicklung der Rückensaite und der perichordalen Gebilde bei Torpedo marmorata. Math.-naturw. Berichte. Ung. Bd.V. 8) SALENSKY, Recherches sur le développement du sterlet (Acipenser ruthenus). Archives de Biologie. II. 1881. 9) Sréur, Uber die Entwicklung der Hypochorda und des dorsalen Pankreas bei Rana temporaria. Morph. Jahrbuch. Bd. XXIII. Heft 1. 10) Wırson, The embryology of the Sea Bass (Serranus atrarius). Extracted from the Bulletin of the United States fish commission. Volume I, for 1889. Washington 1891. Erklirung der Abbildungen. Tafel IX. Siimmtliche Figuren sind mit dem Zeichenapparat angefertigt. 10: pall ile rae ee, ile Querschnitt eines Forellenembryo (3,23 mm) von 16 Myomeren (19 Tagen in der Höhe zwischen 10. und 11. Myomer. 260/1. Querschnitt eines Forellenembryo (3,7 mm) von 17 Myomeren (28 Tagen) in der Höhe des 10. Myomers. 260/1. ; Querschnitt eines Forellenembryo (3,4 mm) von 24 Myomeren (30 Tagen in der Höhe des 8. Myomers. 260/1. Querschnitt eines Lachsembryo (3,37 mm) von 23 Tagen, 0,75 mm vor der Schwanzspitze. 260/1. Querschnitt eines Lachsembryo von 25 Tagen (4,03 mm), I mm vor der Schwanzspitze. 260/1. Querschnitt desselben Embryo, 0,45 mm vor der Schwanzspitze. 260/1. Querschnitt eines Lachsembryo von 35 Tagen (5,12 mm), 0,15 mm vor der Schwanzspitze. 260/1. Querschnitt eines Lachsembryo von 55 Tagen (7,95 mm), 0,45 mm vor der Schwanzspitze. 260/1. Querschnitt eines Lachsembryo von 44 Tagen, in der vorderen Körper- gegend. 300/1. Längsschnitt eines Forellenembryo von 80 Tagen, in der vorderen Körpergegend. 570/1. Querschnitt desselben Embryo in der vorderen Körpergegend. 420/1. Querschnitt eines Lachsembryo von 86 Tagen, in der mittleren Körper- gegend. 260/1. Anmerkung. Sämmtliche Längenangaben sind nach Schnitten berechnet. Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. Von Dr. Hermann Klaatsch, a.0. Professor in Heidelberg. Mit Tafel X. Zu den in ihrer phylogenetischen Bedeutung noch räthselhaften Organen der Vertebraten zählt die Hypochorda — jener aus der dorsalen Darmwand sich sondernde Zellstrang, der bei allen bisher daraufhin ontogenetisch untersuchten Ichthyopsiden sich findet, um später einer Rückbildung zu unterliegen. Die weite Verbreitung dieses Gebildes in konstanter Beschaffen- heit bei den über dem Amphioxus stehenden Formen legt die Ver- muthung nahe, dass wir es hier mit einem alten Erbstück des Vertebratenstammes zu thun haben, welches seine funktionelle Be- deutung längst eingebüßt hat. Der Versuch, durch eine Vergleichung mit niederen Chordaten diese Bedeutung zu eruiren, ist bisher noch nicht vorgenommen worden. Bei der Stellung des Amphioxus zu den Wirbelthieren muss es auffallen, dass bei ihm von einem der Hypochorda entsprechenden Gebilde nichts vorhanden sein soll, und die Fragestellung ist berechtigt, ob nicht durch die Heranziehung der niedersten Chordatenform Licht in das die Hypochorda um- gebende Dunkel gebracht werden könnte. Was die thatsächlichen Befunde der Hypochorda bei den Fischen und Amphibien betrifft, so sind wir durch die Untersuchungen zahl- Fig4. fa Fig.7. . Lachs 0% i ; Uypochorda. hachs"%, \ Fig.10. ee Chonda Forelle #9, Mesoderm ~ 1727272) vw BALSSSSTETEITITNS er N az nn \ x @ “ ee Darmrohr x ; Aorta = ~ - ; LF Fig. = Schwanzdarım tha 260. Darmstrang Lachs = I ig. tong ventr. Fig.M. | | fig 8. Forelle **%, Fig.2. haehz 290 Forelle 727 ee 4 Chorda Chorda 7 : 2 ‘5 ® SD wa Chorda_ | “e I nn = = Dlutgelässanlagen, \ Hvpochorda 2 } = | N X =a ? I J ‘ - Hrpochorda Aarts = Ge ; Darmetrang = ee Lumen r ventrales F ! Fig.6. 19.3. Fig 12. as 3 Lachs 30%, hachs 76%, Lachs 76%, _Charda Chora Fig.3. se Forelle 26% : Dhurdar Sefevansılarm 4 Chorda wd Hspochorda ~ 7 a > Brüke küylong. ventr. Aorta —_ ) TidhAnst «BA Funke Lagos, ranz dsl vag v. Wilhelm Engelmann in LE Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 157 reicher Forscher wie LeYpıG!, GOETTE?, SEMPER?, BALFOUR4, RABL, STÖHR® u. A. hinreichend orientirt, um das Gemeinsame und Wesent- liche vom Nebensächlichen in der Erscheinung der Hypochorda son- dern zu können. Eine kurze historische Zusammenstellung der Ent- wicklung unserer Kenntnisse von der Hypochorda hat kürzlich SrOur gegeben, auf die ich hiermit verweise; ihm verdanken wir auch eine sehr genaue Darstellung der Ontogenese des subchordalen Stranges bei Rana temporaria, an welche der Autor auch einige Betrachtungen über die Phylogenese des Organs knüpft, ohne jedoch eine verglei- chend-anatomisch begründete Ansicht über diesen Punkt aufzustellen. Leyvie ist der Entdecker des Organs, den entodermalen Ur- sprung der dorsal vom Darm sich entwickelnden Leiste stellte GoETTE fest (Bombinator, Forelle). An Selachiern prüften Semper und BAL- FOUR das Organ. Interessant ist, dass Ersterer der Hypochorda eine wichtige Rolle in der Vergleichung der Wirbelthiere und Wirbel- losen prophezeite. BALFOUR fand das Lumen in der sich abschnürenden Hypo- chorda, während in dem abgeschnürten Zustande ein solches bei Selachiern (RABL) vermisst wird. SrÖHr's thatsächliche Befunde sind in den Hauptpunkten fol- gende: In der Medianlinie der dorsalen Darmwand entwickelt sich eine Kante, deren Zellen pigmentirt werden und die sich vom Darm allmählich abschnürt. Dieser Process vollzieht sich von vorn nach hinten, jedoch nicht sogleich vollständig. Es bleiben vielmehr zu- nächst noch Verbindungsbrücken bestehen, welche wenigstens zum Theil eine segmentale Anordnung vermuthen lassen; vorn trifft dies eher zu als weiter hinten, wo größere Unregelmäßigkeiten vorkommen. In einem kleinen vor der übrigen Hypochorda sich entwickelnden Zellenhaufen erblickt Sröunr eine der von BALrour als Kopfhypo- chorda beschriebenen entsprechende Bildung. ! LeypiG, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Entwicklungsge- schichte der Rochen und Haie. 1852. 2 GOETTE, Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. 3 SEMPER, Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere und der Wirbel- losen. Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut der Universität Würzburg. 1875. 4 BALFOUR, A monograph on the development of elasmobranch fishes. London 1878. — Handbuch der vergleichenden Embryologie. 1881. 5 Rast, Theorie des Mesoderms. Morphol. Jahrbuch. Bd. XV. 1889. 6 Srönr, Uber die Entwicklung der Hypochorda und des dorsalen Pan- kreas bei Rana temporaria. Morphol. Jahrbuch. Bd. XXIII. 1895. 158 Hermann Klaatsch In dem bisher soliden Strang treten nun Höhlungen auf. Diese Höhlungen sind, wie STÖHr ausdrücklich hervorhebt, unregelmäßiger Natur, »bald lang und breit, bald kürzer und nur durch einen mini- malen Spalt angedeutet«. Diese Thatsachen sind für die theoretischen Betrachtungen wichtig, sowie auch der Satz: »Eine segmentale An- ordnung der Höhlungen ist nicht mit Sicherheit festzustellen.« An einem älteren Stadium fand STÖHr zwei stark pigmentirte, hypo- chordale Bildungen über einander: »die dorsale (‚Hypochorda A‘) ist ein dorso-ventral komprimirter, solider Strang, die ventrale (‚Hypo- chorda 3‘) ist ein cylindrisches Rohr«. »Die Musterung der Serie ergiebt, dass Strang A die caudale Fortsetzung der im zweiten Seg- ment gelegenen Brücke ist, während Rohr B sich als die Fortsetzung der zweiten im dritten Segment befindlichen Brücke entpuppt. Beide Bildungen sind eine Strecke weit scharf von einander getrennt, weiter caudalwärts aber fließen sie zu einem einheitlichen Körper zusammen. Dasselbe Verhalten ist, wenn auch weniger deutlich, an der dritten im sechsten Segment gelegenen Brücke zu konstatiren, und findet sich nicht nur in diesem Stadium, sondern in Andeutungen schon in Jüngeren und nächstälteren Stadien.« — Ich musste diese Stellen in extenso eitiren, weil STÖHR auf dieselben seine phylogenetischen Betrachtungen stützt. In der Zu- sammenfassung seiner Resultate bezieht er sich auf die betreffenden Punkte mit den folgenden Worten: »Die anfänglich segmentale An- ordnung dieser Brücken wird späterhin etwas undeutlicher.« Hier- gegen möchte ich bemerken, dass in den speciellen Angaben sich keine Stütze für diese anfänglich segmentale Anordnung findet, denn eine solche müsste eine durchgreifende sein, wenn man sie als eine allgemeine Erscheinung hinstellen wollte. StöHr selbst aber betont die von Anfang an bestehende Unregelmäßigkeit im Befunde der Brücken und dass im Bereich der hinteren Segmente gleich bei der Lösung des Stranges (pag. 129) »keine deutliche segmentale Anord- nung« sich zeigt. In der Zusammenfassung heißt es sodann, dass der Höhepunkt in der Entwicklung der Hypochorda erreicht werde durch das Auf- treten der besprochenen Hohlräume, »die an einzelnen Stellen derart angeordnet sind, dass die Hypochorda aus caudalwärts umgebogenen (segmentalen?) Schläuchen zusammengesetzt scheint«. — Damit kommen wir auf die Hypothese, welche STÖHR auf seine Wahrnehmungen gründet (pag. 131): »Durch das Erscheinen eines wirklichen Lumens gewinnen die in früheren Stadien beschriebenen - ; Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 159 kleinen Spalten ein besonderes Interesse und rechtfertigen die Ver- muthung, dass die Hypochorda ursprünglich durch mehrfache Aus- stülpungen der dorsalen Darmwand gebildet wurde. Mehrfach, denn die in ihrer Lage ziemlich konstanten Verbindungen zwischen Darmwand und Hypochorda deuten darauf hin, .. . .« Ferner soll der Befund der doppelten Hypochorda eine wesent- liche Stütze dieser Anschauungen liefern. »Nach all Dem ist die Annabme doch wohl gestattet, dass die Hypochorda ursprünglich kein einheitlicher Körper ist, sondern durch die Vereinigung wahrscheinlich segmentaler Ausstülpungen der dor- salen Darmwand zu Stande kommt, also in einer Weise ähnlich der, wie sie für die Bildung des Vornierenganges in Anspruch genommen wird.« Eine schematische Darstellung solcher Darmdivertikel erläutert diese Hypothese — die erste, welche überhaupt über die Phylogenese der Hypochorda aufgestellt wurde. — Leider lässt sich aus Sr6ur’s Angaben nicht ersehen, für wie weittragend er die Bedeutung seiner Befunde hält. Mit der Auße- rung der vorgebrachten Idee über die Entwicklung der Hypochorda war ja nur der erste Schritt dazu gethan, die Vorgeschichte dieses Gebildes aufzuhellen. Der zweite hätte darin bestehen müssen, auf dem Wege der Vergleichung bei niederen Formen nach solchen seg- mentalen dorsalen Darmdivertikeln zu forschen, mit denen etwa die Hypochorda-Ontogenese von Rana eine Verknüpfung gestatten würde, Diesen Weg hat StöHr nicht betreten und aus diesem Grunde können seine Angaben nur geringe Dienste leisten bei der Lösung des Pro- blems, das hier angestrebt wird. Wäre es StÖHR gelungen, eine entsprechende segmentale Vor- fahrenstufe des Organs bei niederen Chordaten nachzuweisen, so würde den Befunden bei Rana auch dann noch eine große Wichtig- keit beizumessen sein, selbst wenn sie vereinzelt unter den Ichthyo- psiden dastehen sollten. Da diese Beziehung aber nicht gewonnen worden ist, so erhebt sieh die sehr berechtigte Frage, ob denn die ‘von STÖHR für wichtig gehaltenen Abschniirungserscheinungen der Hypochorda auch wirklich die ihnen zugeschriebene Bedeutung ver- dienen. Müssen wir sie aufnehmen in die Rekonstruktion des Ahnen- organs der Hypochorda? Sind es nicht vielleicht nur den Amphibien oder gar den Anuren zukommende Besonderheiten, welche bei einem der Reduktion verfallenen Gebilde in größerer Mannigfaltigkeit aut- treten können ? Morpholog. Jahrbuch. 25. 11 160 Hermann Klaatsch Man sollte wohl erwarten, dass die Fische diese Dinge eben so typisch oder noch besser ausgeprägt darbieten dürften, wenn ihnen allgemeine Bedeutung zukäme. Die Befunde bei Selachiern jedoch zeigen nichts von solchen segmentalen Darmdivertikeln, wie die Be- obachtungen der früheren Autoren lehren, mit denen meine Wahr- nehmungen an Torpedo und Pristiurus übereinstimmen. Bei einem in eine Querschnittserie zerlegten 7 mm langen Torpedo finde ich die Hypochorda in verschiedenen Stadien der Entwicklung; vorn ist dieselbe weiter vorgeschritten als hinten, wie BALFOUR schon angegeben hat. Wo die Sonderung aus dem Entoderm sich erst vollzieht, da drängt sich die »Hypochordalrinne« (Hych) in Form eines abgestutzten Kegels gegen die Chorda (CA) vor (Fig. 4). Die Form dieses Zellhaufens, in welchen sich das Lumen des Darm- kanales hineinerstreckt, ist äußerst charakteristisch. Das entoder- male Epithel zeigt eine Verringerung seiner Zellschichten, auch wird die Färbung des Protoplasmaleibes an der sich später abschnürenden Partie etwas intensiver. Die zunächst an der Peripherie angedeutete Absetzung des neuen Theiles schneidet tiefer ein und sondert die nunmehr auf dem Durchschnitt dreieckig erscheinende, mit einer Spitze darmwärts gekehrte Hypochorda vom Mukterhedenl Wie ein Träger liegt sie unter der Chor da, sich ihr mit der Berührungsfläche anpassend. Es treten aber weder Höhlungen in dem abgeschnürten Hypochordalstrang auf, noch zeigen sich segmentale Verbindungs- brücken mit dem Darm. Dasselbe negative Resultat ergiebt die Untersuchung zweier Sta- dien von Pristiurus, eines 6 mm und eines 8 mm langen (Fig. 5, 6). Besonders instruktiv war das ziemlich genau sagittal gefallene Längsschnittbild des Organs in dem Bereich der Kiemenregion, wel- ches auf Fig. 6 abgebildet ist. Das zum größten Theil schon ab- geschniirte Zellmaterial des neuen Organs (Hych) zeigt nichts von segmentalen Einrichtungen. Auf der Querschnittserie des älteren Stadiums konnte ebenfalls nichts von segmentalen Höhlungen oder Verbindungsbrücken ge- funden werden. Das schon von den früheren Autoren geschilderte - Verhalten zur Aorta — auf Barrour's Bilder sei auch verwiesen — lässt sich hier gut erkennen (Fig. 5). Diese Lagebeziehung als solehe scheint mir nun für die phylo- genetische Beurtheilung des Organs von großer Wichtigkeit. Wir werden beim Suchen nach dem Vorfahrenzustand an einen dorsalen Fortsatz des Darmes zu denken haben, der sich zwischen Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 161 paarige Aortenbildungen einschiebt. Dass das Organ in der ur- sprünglichen Form einen soliden Aufsatz der Darmwandung gebildet habe, braucht nicht als Postulat hingestellt zu werden, vielmehr lässt die ganze Art der Entstehung die Annahme einer Hypochordalrinne als eines primitiven Zustandes sehr wohl zu. Wir sehen, dass das Organ stets cranialwiirts in seiner Ent- wieklung voranschreitet. Auf die vorderen Regionen des Körpers werden wir also beim Suchen nach dem Vorfahrenorgan in erster Linie unser Augenmerk richten müssen. Wir müssen auch an die Möglichkeit denken, dass das Organ in jenem funktionirenden Zu- stande nicht eine so weite Verbreitung über die dorsale Darmwan- dung besaß, als dies im rudimentären sich findet. Diesen rudimen- tären Charakter dürfen wir auch bei der Abschätzung der ehemaligen Volumensverhältnisse nicht außer Acht lassen. Halten wir nun Umschau bei niederen Formen nach einem Or- gan, das von den entwickelten Gesichtspunkten aus der Hypochorda vergleichbar wäre, so müssen wir in erster Linie unsere Blicke auf Amphioxus richten. Bei der Stellung desselben im Chordatenstamm muss es auffallen, dass ihm gerade ein Organ zu fehlen scheint, das bei den höheren in einer so charakteristischen rudimentären Form auf- tritt. Zeigt sich doch immer deutlicher, dass Amphioxus mehr als man früher anzunehmen geneigt war, in vielen Punkten uns Vor- fahrencharaktere darbietet. Ich erinnere u. A. an die Zustände der Chorda selbst, deren Amphioxusstadium bei Höheren ich nachweisen konnte!. Denken wir ferner an die Hypobranchialrinne, die uns bei den Wirbelthieren im rudimentären Zustand wieder begegnet, so ist wohl nicht unberechtigt, wenn wir die Möglichkeit heran- ziehen, die Hypochorda mit einem bei Amphioxus unter der Chorda gelegenen Organ in Zusammenhang zu bringen, nämlich mit der sogenannten Rückenrinne? oder Epibranchialrinne (Hyperbranchial- grube). Dieses längst bekannte, von verschiedenen Untersuchern des Amphioxus beschriebene, aber meist mehr nebensächlich behandelte Organ spielt beim Amphioxus eine wichtige Rolle. 1 KLAATSCH, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. III Morphol. Jahrbuch. Bd. XXII. 1895. 2 ROLPH, Untersuchungen über den Bau des Amphioxus lanceolatus. Morphol. Jahrbuch. Bd. II. 1876, ferner WIıLLEy, Amphioxus and the An- cestry of Vertebrates. New York 1894, wo vollständige Litteraturzusammen- stellung. 11* 162 Hermann Klaatsch Wir wollen zunächst in Kürze die wichtigsten Thatsachen über dasselbe registriren. Auf den Figg. 1—3 habe ich dasselbe abgebildet. Es ist in der ganzen Ausdehnung des Kiemendarmes entwickelt und beim Er- wachsenen darauf beschränkt. Bei jungen Thieren aber finde ich noch weiter caudal im nicht mehr respiratorischen Theil die Andeu- tung einer entsprechenden Differenzirung an der kritischen Stelle. Um diese wichtige Thatsache zu illustriren, habe ich auf Fig. 3 den Querschnitt eines 6 mm langen Amphioxus abgebildet. Der an- nähernd auf dem Querschnitt kreisrunde Darmkanal zeigt unter- halb der Chorda eine dorsale Vorbuchtung. Das Lumen erscheint hier von beiden Seiten her eingeengt und hebt sich stärker gegen die Chorda hin empor. Auch das Zellenmaterial bleibt nicht unver- ändert. Die Kerne werden mehr länglich, stabförmig, die Zellen schmaler und stehen dichter gedrängt. So gewinnt die betreffende Partie ein differentes Aussehen; man kann hier in der That von einer Hypochordalrinne reden. Im Bereich des Kiemendarmes bietet das Organ in diesem Sta- dium schon ziemlich denselben Befund dar wie beim erwachsenen. Von einem 7 mm langen Amphioxus gebe ich auf Fig. 2 ein Über- sichtsbild, um die topographischen Verhältnisse zu zeigen. Unter der Chorda hebt sich die Wandung des Kiemendarmes in einen schmalen Fortsatz empor, in welchen ein entsprechendes Lumen sich hinein erstreckt. Die Zellenauskleidung ist durch sehr schmale hohe Cy- linderepithelzellen gegeben, deren dichtgedrängte stabförmige Kerne uns an das vorhin geschilderte Bild erinnern. Zur Seite dieser Hypochordalrinne liegen die Aorten. Wichtig ist ferner die Lage- rung gegenüber dem Endostyl oder der Hypobranchialrinne. Der Boden der Kiemenhöhle mit diesem Organe ist auf dem vorliegen- den Objekte stark emporgehoben. So finde ich es öfter bei jungen Thieren, während es bei erwachsenen plan erscheint. Die »Hypochordalrinne« oder Epibranchialrinne des erwachsenen Thieres zeigt Fig. 1 stärker vergrößert. Das Organ ist hier mehr in seitlicher Richtung ausgedehnt, seine Auskleidung zeigt stärkere Faltenbildung. Das Epithel ist noch viel höher geworden mit Aus- nahme des unmittelbar unter der Chorda gelegenen Theiles. Man könnte meinen, es sei mehrschichtig, doch erscheint es beim Über- gang ins benachbarte Epithel deutlich einschichtig. Es ist wohl nur die Längenzunahme der nicht immer in gleicher Höhe befind- lichen Kerne, welche eine solche Mehrschichtigkeit vortäuscht. Nicht nn DELL LU — u Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 163 nur die gewulsteten Ränder der Rinne (Wırrey), sondern auch die innere Auskleidung trägt Flimmerhaare. Dieselben sind ziemlich kurz — viel kürzer z. B. als die in der Hypobranchialrinne — und stehen so diehtgedrängt, dass sie bei schwacher Vergrößerung einen einheitlichen Cuticularsaum zu bilden scheinen. Das Organ drängt sich so stark gegen die Chorda vor, dass nur das von mir als Ligamentum longitudinale ventrale bezeichnete Ge- bilde dazwischen Platz findet und dass die dorsale Umgrenzung der Hypochordalrinne sich noch dem kreisförmigen Chordadurchschnitt ein wenig anpasst. Wiederum tritt uns die typische Lagebeziehung zu den paarigen Aorten entgegen. Das Organ erscheint als eine im Wesentlichen dem Kiemendarm zukommende Einrichtung, und von da aus werden wir es auch funk- tionell zu beurtheilen haben. Die Lagebeziehung zur Hypobranchial- rinne ist äußerst charakteristisch. Wir dürfen die beiden einander gegenüberliegenden Rinnenbildungen wohl physiologisch als Theile einer Einrichtung auffassen. Nun haben wir es bei der Hypobranchialrinne zweifellos mit einem eben so alten, wie wichtigen Besitz des Chordatenstammes zu thun. Besteht doch über die Homologie dieses Organs bei Am- phioxus und Tunicaten nicht der geringste Zweifel trotz mancher Differenzen im Bau. Auch bei diesen finden sich schon eigen- artige Modifikationen der Kiemendarmwandung dem Endostyl gegen- über, so in Form von Wulstbildungen bei Ascidien. Daraus erhellt die Unabhängigkeit dieser Bildung von der Chorda und ihre Be- ziehung zur Kiemeneinrichtung. Nebenbei sei erwähnt, dass auch im Kiemendarm des Balanoglossus die dorsale Wand einer Leiste mit modifieirtem, etwas erhöhtem Epithel sich findet. Nach den schönen Beobachtungen von FoL! dürfen wir an- nehmen, dass im Endostyl eine Schutzvorrichtung des Kiemendarmes vorliegt, der zugleich für die Nahrungsaufnahme von Bedeutung ist. Vielleicht spielen auch sensorische Vorgänge dabei eine Rolle. Diese Auffassung macht die eigenartigen Umwandlungen der Epithelbeklei- dung verständlich, welche jedoch in der Hypochordalrinne nicht in demselben Maße wie in dem Endostyl sich ausprägen. Immerhin ist die bedeutende Verschmälerung und Verlängerung der Zellen bemer- kenswerth. 1 For, Etudes sur les Appendiculaires du détroit de Messine. Mém. de la Société de physique et d’histoire naturelle de Geneve. Tome XXI. 2te partie. Geneve 1872. 164 Hermann Klaatsch Zu diesem Apparat gehören auch jene Flimmerbögen der Tuni- caten, welche von der Flimmergrube aus zum vorderen Ende der Hypobranchialrinne ziehen. Über ähnliche Bildungen bei Amphioxus stehen mir keine eigenen Beobachtungen zu Gebote, doch sagt WıLLEY, indem er von der Epibranchialrinne handelt: »Two special tracts of ciliated epithelium form the sides of it, and pass downwards in front to join the ante- rior extremity of the endostyle on each side. In front, where these tracts bend downwards with a crescentic curve, they are known as the peripharyngeal bands« (pag. 34). Er bildet dieselben auf seiner Fig. 11 von einem jungen Amphioxus ab. Da wir es hier mit einem ganzen Organkomplex zu thun haben, so werden wir auch erwarten dürfen, dass die höheren Wirbelthiere ihn im Ganzen übernommen haben, wenn auch in modificirtem resp. rudimentärem Zustande. Wenn wir bei diesen die Hypobranchial- rinne wiederfinden, so ist die Frage durchaus berechtigt, ob sich denn von der Epibranchialrinne keine Spuren erhalten haben sollten. Ja, es wäre geradezu wunderbar, wenn dies nicht der Fall sein sollte bei der engen Beziehung der beiden Bildungen zu einander. Von Pristiurus habe ich auf Fig. 5 einen Durchschnitt der Kiemen- region gegeben, um die Lagerung der beiden Bildungen zu zeigen. Wie wir an der typischen Stelle in der Thyreoidea-Anlage die Hypo- branchialrinne wiederfinden, so werden wir in dem unter der Chorda typisch zwischen den Aorten gelegenen räthselhaften Organ die Epi- branchialrinne wieder erkennen. Die Hypochorda ist das Rudiment der Epibranchial- rinne des Amphioxus. Man könnte vielleicht einwenden, dass eine solche Homologisi- rung nicht geboten sei; es könne ja die Epibranchialrinne des Am- phioxus vollständig geschwunden sein und nur zufällig an derselben Stelle sich jener sonderbare Strang entwickelt haben; derselbe sei eine Neubildung. Hiergegen spricht das ganze Verhalten der Hypo- | chorda, welches durchaus den rudimentären Charakter dokumentirt. Schwerwiegender ist. ein anderer Einwand, der mir eine Zeit lang kaum zu überwinden schien: das ist die Ausdehnung der Hypo- chorda über den ganzen Darm. Als ich aber beim jungen Am- phioxus die Entfaltung der Rinne caudal vom Kiemendarm gefunden hatte, verringerten sich meine Bedenken. Erwägen wir ferner, dass ursprünglich dem Kiemendarm eine viel größere Ausdehnung zukam, Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 165 so liegt darin ein weiteres Moment, geeignet die Schwierigkeit zu verringern. Endlich darf, wie schon oben betont, der rudimentäre Charakter der ganzen Bildung gerade bezüglich der Ontogenese nicht außer Augen gelassen werden. Sie hat eine gewisse Beziehung zur Chordaentwicklung gewonnen, die ursprünglich dem Organ nicht zu- kam, und daher mag sich die Verschiedenheit der Entfaltung auch zum Theil herleiten. Vorläufig sehe ich keinen Grund, dass durch diese Schwierig- keiten die zahlreichen schwerwiegenden Momente, welche für die Homologisirung von Hypochorda und Epibranchialrinne sprechen, entkräftet würden. Wir kommen nun zu der Frage nach der Ursache der Reduktion der Epibranchialrinne. Wir müssen hier offenbar auf die gesammte Umwandlung des Kiemendarmes Rücksicht nehmen. Das Schicksal der Hypobranchialrinne entschied auch über dasjenige des gegenüber- liegenden Apparates. Diese Reduktion aber spielt eine wichtige Rolle für die Umwandlung anderer Theile, speciell des Gefäßsystems. Erst durch die völlige Abschnürung der Hypochorda vom Mutter- boden wurde die Vereinigung der Aorten zu einem unpaaren Stamme ermöglicht, ein Fortschritt, der so groß ist, dass er allein schon die schnelle Rückbildung des einmal aus der Funktion gesetzten Or- gans verständlich macht. So eröffnet also das Stadium des in Rede stehenden Theiles nicht unwichtige Einblicke in die Geschichte des Chordatenorganismus überhaupt. Zum Schluss bleibt noch zu betrachten, ob denn die Hypochorda vollständig schwindet, oder ob sie in irgend welchen Theilen in neue Bildungen übergeführt wird. Darin liegt ja eine wichtige Differenz von der Hypobranchialrinne, dass diese gleichsam eine neue Existenz beginnt auf dem Boden der Reduktion, während die Epibranchialrinne scheinbar nichts Derartiges zeigt. Ganz trifft dies nun allerdings nicht zu. Ich habe schon früher! darauf hin- gewiesen, dass unser Organ zum Theil übergeht in eine Bandbil- dung, in das Ligamentum longitudinale ventrale der Wirbelsäule, in- dem es in der Nachbarschaft der Zellen zur Abscheidung elastischer Theile kommt. Die alte Beziehung zur Aorta prägt sich noch bei manchen Fischen, so bei Aceipenser, besonders aber bei Teleostiern darin aus, dass das Band von der dorsalen Seite her weit vorragt 1 KLAATSCH, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. I. Morphol. Jahrbuch. Bd. XIX. 1893. 166 Hermann Klaatsch gegen das Lumen der Aorta, die Wandung derselben vor sich her drängend. Darin braucht durchaus nicht ein sekundäres Vorwölben des betreffenden Theiles erblickt zu werden, sondern wir können diesen Befund direkt anknüpfen an den der doppelten Aorta, der gleichsam in gewissem Sinne nicht vollständig in das Endstadium des einheitlichen Gefäßes übergeführt wird. Ob nicht auch funk- tionell die Nachbarschaft des elastischen Apparates für die Aorta von Bedeutung sein könnte, ist ein Punkt, der jedenfalls der Er- wägung werth ist. Was nun die Elemente der Hypochorda betrifft, so muss man es mit STÖHR für sehr wahrscheinlich halten, dass sie keine Rolle weiter spielen. STÖHR hat gerade diesen Punkt bei Rana sehr ein- gehend geprüft; es war ihm wichtig, zu konstatiren, ob die betref- fenden Elemente etwa mit der Bildung anderer Organe, speciell der Milz, etwas zu thun hätten. Er gelangt hierin zu einem durchaus negativen Resultat. Er illustrirt durch treffliche Bilder den völligen Untergang der Elemente auf dem Wege einer allmählichen Abplat- tung und Degeneration. Beachtenswerth ist die Möglichkeit, von der Sr6ur spricht, dass nämlich einige Hypochordazellen sich von ihrem Orte entfernt haben könnten. Er sagt: »Ich finde wenigstens bei ca. 12 mm langen Larven vorn in der Gegend des Glomerulus den vacuolisirten Hypo- chordazellen ganz gleiche Elemente längs der Wand der beiden Aorten gelagert. Eine Verwechslung mit anderen Pigmentzellen scheint mir ausgeschlossen, da die großen Vacuolen hinreichend Unterscheidungsmerkmale abgeben.« STÖHR hält diese Ortsveränderung für eine passive; gegen die aktive Natur derselben spricht seiner Meinung nach die ganze Lebensgeschichte der Hypochordazellen, »viel wahrscheinlicher ist, dass die Zellen durch Wachsthumsverschiebungen der Aorta mitge- rissen worden sind«. Ein endgültiges Urtheil über diese Frage könnte wohl nur durch neue ausgedehnte Untersuchungen ermöglicht werden. Solche scheinen mir nicht unwichtig, denn wenn ich auch Srtöur darin beistimme, dass die betreffenden Zellen nicht am Aufbau anderer Organe wie der Milz sich betheiligen, so ist doch nicht a priori die Möglichkeit abzuleugnen, dass sie noch irgend eine Verwendung finden, sie könnten im perichordalen Gewebe zum Theil fortexistiren. Ich habe schon früher auf diese Möglichkeit hingewiesen in Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 167 Übereinstimmung mit Hasse!. Bei der Schilderung der Wirbelsäule eines jungen Accipenser? bemerkte ich über die perichordalen Zell- massen (pag. 539): »Auffallend ist die auch von Hasse auf seiner Fig. 2 treffend wiedergegebene regelmäßige Anordnung der innersten perichordalen Elemente, .auffallend ferner ihr (ebenfalls von Hasse bemerkter) enger Anschluss an den hypochordalen Strang, welcher aus drei bis vier Zellen auf dem Querschnitt gebildet, zwischen Aorta und Chorda in dorso-ventraler Richtung abgeplattet erscheint.« Ferner gelegentlich der Schilderung des auf meiner Fig. 8 der betreffenden Arbeit abgebildeten Querschnittsbildes eines Pristiurus-Embryo er- klärte ich (pag. 549): »So dürfte vor Allem das Schicksal des hypo- chordalen Stranges genauerer Feststellung bedürfen, und ich möchte bier nur die Frage aufwerfen, ob seine Elemente sich nicht vielleicht dem perichordalen Gewebe beimischen dürften. Wie Hasse, so werde auch ich immer wieder zur Vermuthung solcher Beziehungen der Hypochorda zum perichordalen Gewebe gedrängt.« Dieser Punkt erschien mir damals wiehtig für die Eruirung der Frage nach der Herkunft der Knorpelzellen. Wenn wir später in den Bogenbil- dungen zwei ganz differente Elemente — Bindegewebszellen und Knorpelzellen — antreffen, so ist die Fragestellung berechtigt, ob nicht zwei verschiedene Quellen für dieselben vorhanden sein könnten. Hier müssen eben neue Untersuchungen einsetzen. Diese könnten auch für die Verbreitung der Hypochorda über den ganzen Darm noch weitere Erklärung liefern. Überblicken wir die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung, so sind sie im Wesentlichen folgende: Die Hypochorda ist ein gemeinsamer von den Vorfahren her ererbter Besitz der höheren Wirbelthiere. Sie ist das Rudiment eines bei Amphioxus noch in Funktion stehenden Organs, der Epibranchialrinne. Mit dieser theilt sie die entodermale Entstehung an der dorsalen Darmwandung unter der Chorda zwischen den paarigen Aorten. Das Auf- treten der Hypochordalrinne als ontogenetischen Stadiums erinnert an den Amphioxuszustand. Beim erwachsenen Amphioxus ist das Organ auf den Kiemendarm beschränkt, aber bei jugendlichen Thieren 1 Hasse, Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. Zeit- schrift für wiss. Zoologie. Bd. LIII. Suppl. 1892. 2 KLAATSCH, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule, III. Morphol. Jahrbuch. Bd, XXII. 1895, 163 Hermann Klaatsch findet es sich noch weiter caudal. Die weite Ausdehnung des rudimentären Organs über den Darm bei höheren For- men ist eine sekundäre Erscheinung. Es besteht kein Grund, die Hypochorda von metameren dorsalen Darmdivertikeln abzuleiten. Das Schicksal der Epibranchialrinne ist verknüpft mit dem der Hypobranchial- rinne. Die Umgestaltung des Kiemendarmes lässt beide Organe rudimentär werden. Die Hypochorda scheint im Wesentlichen dem Untergang verfallen, doch erhält sie sich theilweise als elastisches Band; vielleicht spielen auch ihre Elemente noch eine weitere Rolle. Die Reduktion der Hypochorda bedingt durch die Ermöglichung der Entfal- tung einer unpaaren Aorta einen wesentlichen Fortschritt in der Gestaltung des Chordatenorganismus. Erklärung der Abbildungen. Tafel X. Allgemein geltende Bezeichnungen: Hych Epibranchialrinne, Hypochorda, End Endostyl, Hypobranchialrinne, Ch Chorda, R Riickenmark, D Darmkanal, Ao Aorten. Fig. 1. Amphioxus, erwachsen. Dorsaler Theil vom Querschnitt des Kiemen- darmes, um die Beziehungen der Epibranchialrinne (Hypochordalrinne) zum Kiemendarm, Aorten und Kiemendarm zu zeigen. Zv Lig. ventrale. Vergr. 170: 1. Fig. 22 Amphioxus, jung, 7mm lang. Querschnitt der Kiemendarmregion. Ubersichtsbild der Epibranchialrinne oder Hypochordalrinne in ihrer Lagebeziehung zum Endostyl. Vergr. 150: 1. Fig. 3. Amphioxus, jung, 6 mm lang. Querschnitt der Rumpfregion. Auch hier besteht eine der Hypochordalrinne des Kiemendarmes entspre- chende Differenzirung der dorsalen Darmwandung. Vergr. 300:1. Fig. 4. Torpedo, Embryo, 7 mm lang. Querschnitt aus der vorderen Rumpf- hälfte, um die Anlage der Hypochordalrinne zu zeigen. Vergr. 500:1. Zur Frage nach der morphologischen Bedeutung der Hypochorda. 169 Fig. 5. Pristiurus, Embryo, 8 mm lang. Querschnitt des Kiemendarmes. Lagerung der in einen Strang umgewandelten Hypochorda zwischen den Aorten und Lagebeziehung dieses Organs zum Endostyl oder Hypobranchialrinne (Thyreoidea-Anlage). Vergr. 140:1. Fig. 6. Pristiurus, Embryo, 6 mm lang. Medianer Sagittalschnitt der dor- salen Darmwandung und der Hypochorda aus dem hinteren Theil der Kiemenregion. Das craniale Ende abwärts gekehrt. Die Abgrenzungs- linie des Hypochordalstranges vom Mutterboden nimmt caudal an Schärfe ab. Es zeigt sich keine Spur von dorsalen metameren Diver- tikeln, wie sie von STOHR als Vorfahrenstadium der Hypochorda an- genommen wurden. Vergr. 500:1. Some remarks on Dr. Thilo’s memoir on » Die Umbildungen an den Gliedmafsen der Fische«. By William Sorensen (Kjöbenhavn). With 6 figures in text. In the preceding volume of this Jahrbuch Dr. O. TuıLo has published the above-mentioned interesting memoir, which has been elaborated with great diligence, as may be seen from his having already published the preliminary studies! on the said subjeet in 1879. In the greater part of his present memoir he is occupied with the mechanisms found at the spinous rays of several fishes which serve for fixing the spines. As, in his text, Dr. Tuo refers to the statements of other authors only with regard to two genera (Acan- thurus, pag. 324, and Monocentris, pag. 339), one might easily be led to suppose that most of these mechanisms had not been treated before. In this case the impression would hardly be correct since — not to mention other authors — I have several years ago treated the said apparatus in nearly the same genera, though it is true I had not examined Chorinemus, Amphacanthus, Naseus, Monocentris, and Arius, while on the other hand I had given an account of the relations in Balistes, Capros, Cottus, and the following genera of Siluroids: Doras, Euanemus, Pseudaroides, Platystoma, and Pleco- stomus. According to the wish expressed by Dr. Tuo, I had the 1 0. Tuto, Die Sperrgelenke an den Stacheln einiger Welse, des Stich- linges und des Einhornes. Inaugural-Dissertation. Dorpat 1879. — The genera treated here are: Synodontis, Monacanthus, Gasterosteus, and Triacanthus. Bi Morpholog. Jahrb. Ba XXV. Fig.1. > { ¢ Pm > SB, © en Ze “so. B.0® ie e'e8) Ten Anst BA Pane Lapse, Verlag v Wilhelm Engelmann in Leipzig Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 171 pleasure to forward to him of the 14 of March 1590 the book’, in which these investigations were published. In his »Litteraturverzeichnis« Dr. TurLo indeed briefly mentions (pag. 352) these investigations of mine. As by translating my words (with the exception of a single one) quite correctly in his quotations, he proves that he understands the Danish language, I am sorry to see that I must have been extremely unfortunate in my expressions, as the account which he gives of my investigations is rather wrong. It is therefore quite natural that Dr. TuıLo can have no high opinion of the accuracy of my investigations as may be gathered from the fact that he has not deigned to send me his memoir. As my opinion of the manner, in which these mechanisms operate, differs a good deal from that of Dr. Taro, it may perhaps be of some interest that the differences between our interpretations should present themselves somewhat more distinctly than appears from the account — perhaps rather short — given by Dr. Tuıro. Before I try to make plain these differences, omitting all references to the works of previous authors, for the search of which I must refer to my book, I beg Professor GEGENBAUR to accept my best thanks for the kindness he has shown me by opening his columns to these remarks. The most essential difference between Dr. TuıLo’s view and mine is due to my distinguishing between two kinds of faces: the articular faces, by means of which the rays articulate’, and the scouring faces, which are able to scour against each other while moving, thus stopping or checking the movement (and at the same time producing a sound), or, if brought into full contact which each other, before the movement takes place, prevent the movement from being effected. In the articular faces the bone is generally but not always covered with cartilage; this is never the case in the scouring faces, which are covered with an exceedingly thin periosteum very intimately connected with the bone. These faces show various sculptures: where they reach their highest development, they are smooth and, as it were, polished?”. On account of this fact I have 1 WiLLIAM SORENSEN, Lydorganer hos Fiske. Kjébenhavn 1884. 2 The word >articulate« being also used in English to express a connection f. i. between two bones which do not move against each other, I here take the liberty to remark that I use this word only when there is a real diarthrosis. 3 As to the structure of the bone of the scouring faces I refer to my book, pag. 28—30. 172 William Sörensen described the scouring faces as being »naked« and the most highly developed ones as being »naked, smooth, as it were, polished faces«. Dr. Tmıto, on the contrary, does not distinguish between articular and scouring faces. To his eyes the latter are articular faces as well as the former. The dorsal fin in the Siluroide. (My book, pag. 6—20.) According to my view the rudimentary ray (/) articulates by means of a gliding joint (arthrodia plana), not shown in the figures; it consists of two pair of artieular faces, of which one is placed on the hindside of the muscular erest of the second interspinous bone (802), and the other, generally somewhat larger, on the foreside of the branches of the rudimentary ray (/) at their base. Behind the Fig. 1 (Copy of Fig. 1 of my book). Doras maculatus Cuy. et Val., of a specimen measuring 50 cm of length; natural size. The hinder part of the helmet (C) and the muscular crests of the inter- spinous bones (Sb2, Sb3) are persected. Laid open to the view are 0, the left side of the roof-like keel (the »Gelenkkörper« of Tu1L0) of the second interspinous bone; ar, the articular cavity for the median part of the articular face of the spine. Fig. 2 (Copy of Fig. 3 of my book). Synodontis schal Bl. The two foremost rays with the skeletal parts belonging to them, some of their ligaments (A & 4’), and their muscles (al, a2, p2, ml). rudimentary ray is placed a roof-like keel! (0 Fig. 1), the »Doppel- kegel« or »Gelenkkörper« of TuıLo, with »naked, smooth, as it were, polished faces«, i.e. scouring faces. The excavated hindside of the rudimentary ray is furnished with a scouring face, which corresponds exactly with those of the roof-like keel. 1 This keel is rounded in Platystoma; but in Pseudaroides, Euanemus, Synodontis, and Doras its scouring faces touch each other at an angle, most acute in Doras. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 173 Among the muscles!, a! and a? serve to raise the rays Z and IT; no particular muscle is found to carry backwards 7; but the muscles p? carry both rays backwards — provided that the rudimentary ray is not fixed. »If a! and p? operate at the same time, they are not simply antagonists but @!, acting on a point, which is placed below that, on which p? is acting by means of the ligament (A’) between the two rays, they cooperate in swinging backwards the rudimentary ray [without this ray being moved out of its place], so that its naked faces are brought into contact with the likewise naked faces of the roof-like keel of the interspinous bone. But by this operation every movement backwards is rendered impossible, the rudimentary ray being fixed by the naked faces being pressed against each other; and any pressure from without on the spine? will only further increase the fixation by pressing the naked faces still tighter against each other. On account of the circular move- ment justly mentioned [in my book] of the rudimentary ray the fixation will, as may easily be understood, be stronger, the more the spine® is raised, feebler, the more it is pointed backwards. In this last instance the power displayed by p? will rather carry the naked faces along each other than in against each other; when the spine is placed in a quite erect position, the whole power will be nearly entirely employed to press the [scouring] faces against each other. The naked faces having once been brought into full contact with each other, and the rudimentary ray and the spine fixed by this operation, they will remain fixed against any movement backward, even if a! ceases to operate. However, you may always (with your hand) carry the spine as far forwards and then backwards again, as is the difference between the slack and tight condition of the liga- ment (4) which unites the rays; accordingly in Pseudaroides some distance, in Doras and Synodontis but very little.« (My book, pag. 13.) In another memoir* where I have given a very short account 1 I] have examined the muscles only in Pseudaroides, Synodontis, and Doras. 2 Or a pull at the spine by means of the muscles p?. I had not men- tioned this fact in my book, as I considered it superfluous. 3 It is well-known that this ray (and the strong ray of the pectoral fin) is only a spinelike jointed ray; for brevity’s sake however I call it the »spine«. 4 WILLIAM SORENSEN, Are the extrinsic muscles of the Air-bladder in some Siluroide and the »elastie spring<-Apparatus of others subordinate to the voluntary production of sounds? What is, according to our present knowledge, the function of the Weberian ossicles? A contribution to the biology of Fishes. 174 William Sörensen of the result of my examinations of these organs I used for the sake of convenience a comparison: »a mechanism, which, by the way in which it operates, bears the greatest resemblance to the brake of a wheel — for instance, that of a railway carriage«. And this is, in the fewest possible words, the principle of all the me- chanisms of fixation which I know in any fish. »In order to render it possible for the spine to be moved back- wards, when fixed, the fixation must be caused to cease. This result is brought about in different ways in the three genera. In Syno- dontis there are a pair of short and thick muscles, m/, which arise from the side of the processus spinosi of the first and second free verte- bree (v°~*), and whose short and rather thick tendon melts together with the sheath [of strong and tight connecting tissue, vg] which encloses the branches of the rudimentary ray [each in its sheath] so that the tendon forms a thickened part of the front-wall of the Sheath. If you pull at this muscle, the fixation will cease — even if with the other hand you press backwards the spine (not too for- cibly) — the rudimentary ray being swung forward [without being moved out of its place] and its naked faces being carried away from those of the roof-like keel, so that now the spine as with a jerk can be carried backwards.« (My book, pag. 13—14.) In both memoirs of Dr. TmıLo’s, that which according to me is the real diarthrosis of the rudimentary ray remains unmentioned as well as the muscle m/, and according to him the scouring faces form the diarthrosis (the »Gelenk«). In his first paper he says in a general way: »... diese zwei Fischarten [Synodontis and Gaste- rosteus| zeigen an ihren Stacheln nichts Anderes als eine Art von Kegelgelenk, dessen scheinbar höchst eigenartiges Hemmvermögen bloß eine höher entwickelte Eigenschaft der bisher beschriebenen Kegelgelenke ist. Diese auf den ersten Blick wohl nicht ganz ein- leuchtende Behauptung glaube ich am besten zu begründen, wenn ....« As his recent paper is to be found in the preceding volume of Morphologisches Jahrbuch, it is sufficient to refer the reader to the paper itself, pag. 309—318. When Dr. Taito says (pag. 352) with regard to me: »Er meint, das Gelenk des ersten Strahles der Riickenflosse von Synodontis sei (The Journal of Anatomy and Physiology. Vol. XXIX. Edinburgh 1895.) — On this paper has been rendered an account in: Zoolog. Centralblatt. 1896. No. 21. Unfortunately, this account is in several points anything but correct. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 175 kein Kegelgelenk«, then this is quite correct. But when he con- tinues: »und der Gelenkkörper [d, in my Fig. 1], welchem der Strahl 1 aufliege, könne kein Doppelkegel sein«, then, I suppose, I have not been fortunate enough to express myself distinetly: in Synodontis (but not in all Siluroide) the roof-like keel 0 may very well be called a »Doppelkegel« (though its faces are doubly curved); what I had said is, on the contrary, that this »Doppel- kegel« is not a Gelenkkörper. — What he quotes from me is correct, but his preceding »denn« is misleading!. For I said this in order to illustrate my remark that I was of opinion that he ought not to have stopped at »diese auf den ersten Blick wohl nicht ganz ein- leuchtende Behauptung«. — When he says: »Welche Gelenkform er annimmt, giebt er nicht an, sondern spricht an dieser und an- deren Stellen nur von ‚glatt polirten, nackten Flächen‘, wenn von Gelenken die Rede ist. Angaben der Gelenkformen und Gelenk- achsen fehlen«, then this too must, I suppose, be owing to my having been unfortunate enough not to express myself with sufficient di- stinetness. I had said pag. 10 that the diarthrosis of the rudimentary ray is a gliding joint; and pag. 12—13 I wrote: »By a glance at the Figg. 2—4 [in my book] it will easily be seen that, as for the rudimentary ray, this movement follows a circular line (backwards and upwards), the centre of which is the diarthrosis of the spine.« This diarthrosis, consisting of three articular faces, I had described pag. 11 and said: >»... so that the spine cannot be moved sideways«. And, »wenn von Gelenken? die Rede ist«, I had never mentioned »glatt polirten, nackten Flächen«, though Dr. Tuo tells so. — When Dr. Tuıto’s says: »Auf meine Messungen und Bestimmungen der Gelenke [i. e. the scouring faces in Synodontis|, die ich... vornahm, geht er [I] nicht ein«, then this is quite correct. The reason why, neither in Synodontis nor in any of the other genera of the Siluroide I have cared to measure the angles, was the following: the angle between the scouring faces is different in the different genera, and in Platystoma the roof-like keel is rounded, its faces accordingly form no angle; on the whole it may be said 1 Dr. THILO says: >»... der Gelenkkörper ... könne kein Doppelkegel sein, denn ‚im Fußgelenk des Pferdes giebt es sogar zwei solche (Doppelkegel) am Astragalus, doch hat gewiss Niemand gedacht, dass die Beweglichkeit durch diese sollte aufgehoben werden können‘.< ? The italics in this and other quotations are mine. Morpholog. Jahrbuch. 25. 12 176 William Sörensen that the more acute the angle is, formed by the scouring faces, the better adapted they are to serve in fixing the rudimentary ray. May I be allowed to say, in all modesty, that in all its plainness, this information appears to me more valuable than even the most exact measuring of the angle, when we do not know what is the impor- tance of the absolute aperture of the angle. In one place, it is true, I had veiled my opinion in some degree, when I said (pag. 15) in reference to the (first) paper of Dr. THILO, that »it does not betray much knowledge as to the mechanism of the fixatione. For I cannot deny that by this remark I meant to say that he had not understood it at all. Whether Dr. THiLo’s interpretation of the mechanism of these parts or mine be correct, may be judged, I suppose, from what follows. The effect of the muscles p? may be imitated by bending the spine backwards with your hand; in both cases a pull at the rudimentary ray is effected. In a Synodontis or other Siluroid, preserved in weak spirits of wine, the muscles of which have not become rigid, the spine may without any difficulty be carried back- wards and forwards with your hand! (or moved with the end of the finger, placed at the point of the spine). If, on the contrary, the point of the rudimentary ray is pressed downwards?, it is impossible to lay down the spine, because the scouring faces (which according to Dr. THıLo were to be articular faces) are brought into full contact with each other. (Of course this may also happen accidentally, when the spine merely is carried backwards and forwards with your hand.) If in such a specimen the rudimentary ray and consequently the spine be fixed, the fixation will cease when the point of the rudimentary ray is lifted upwards, by which operation the scouring faces are removed from each other*. (The 1 That this must be an impossibility appears to me to be the meaning of Dr. THiLo’s words (pag. 312—313): »Zieht man mit einer Pincette an den Sehnen der Muskeln M und m [mine a! and a2], so richtet sich der Stachel auf und ist durch einen Druck gegen die Spitze des Stachels nicht niederzulegen. Wohl aber gelingt das Niederlegen, wenn man an der Sehne des Muskels m’’ [my p2] zieht oder mit der Pincette die obere Spitze des Strahles 1 erfasst und nach hinten zieht.<« 2 That I may not run the risk to be misunderstood, I perhaps ought to observe that by this operation the point must not be turned forwards. 3 In a specimen preserved in spirits of wine the fixation may happen to cease, when you cease to press downward the point of the rudimentary ray. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 177 same thing may also happen when you carıy forward the spine; but then the faces are not sure to remain in the same position when the spine is again carried backwards.) What turns out to be the most decisive proof is this: When the scouring faces are brought into full contact with each other, in a specimen preserved in weak spirits of wine, or still better, in a recently! killed specimen, then it is impossible to carry the spine backwards from an erect position, no matter whether you try to do so with your hand or by pulling at the muscles p?. If the specimen has a slender spine, or if it is in a bad state of preservation, you may in your attempt break the spine or tear asunder the ligament between the rays I and II. But it is impossible to move the spine (when quite erect) backwards, when those faces which Dr. Taito considers as articular faces are brought into full contact with each other. After having set forth my interpretation of this mechanism and accounted for it, I beg the reader to peruse attentively what Dr. THILO writes on this subject with regard to Synodontis (pag. 309— 317) and then see, whether be can understand that this author gives any explanation whatever of the fact that the rudimentary ray is subject to fixation. The pectoral fins of the Siluroide. (My book, pag. 20—50.) The pectoral fin I had examined in the genera: Doras, Syno- dontis, Euanemus, Pseudaroides, Clarias, Platystoma, and Silurus (and with regard to the skeletal parts, Plecostomus). Both the size and the effect of the muscles, the form and the size of the process 0, acting as a brake, and its scouring faces with their surfaces, and partly the form of the diarthrosis vary in these genera. To be brief I will confine myself to give a short statement of the structures in Doras and Synodontis, while for the more detailed description I refer to my book. I must remark that in Doras and Synodontis the structures are the same on all essential points, with the only exception that, unlike that of Doras, the process ö in Synodontis has both faces naked i. e. scouring all over, though at the same time they present smoother parts towards the fore- and hindend, consi- ! I myself have not examined such specimens of Synodontis but several of Doras and Pseudaroides (as well as Platystoma). 12* 178 William Sörensen derably larger and more marked on the concave than on the con- vex face. Fig. 4. Fig. 5. Cm" AR Figg. 3, 4, and 5 (Copies of Figg. 20, 21, and 22 in my book). Doras maculatus Cuv. et Val. The first ray of the right pectoral fin, natural size; in Fig. 3 seen from the base and a little obliquely from above; in Fig. 4 seen obliquely from the base, from behind, and from below; in Fig. 5 seen in front, somewhat obliquely. — R, the foremost denticulated edge of the ray; y, 4, the vertical part of the diarthrosis; «, ß, the two remaining parts of the diarthrosis, each on its process; J, d, the process acting as a brake (the »Kegel« or »Gelenkkopf« of Dr. Turmo, after whose interpretation the process, bearing the part 6 of the diarthrosis, is a »Hemmfortsatz«); ** the scouring faces of the process 0, — z, the process carrying sp. The muscles!: ea, the place of insertion of two muscles, which I call M. exterior anterior and M. interior anterior; they carry the Spine forwards, if (by torsion) it is placed in the position brought about by the operation of the muscle inserted on sp, but are unable to do so, if (by torsion) the spine is placed in the position brought about by the operation of the muscle inserted on ep. — ip, the place of insertion of a big muscle, M. interior posterior, carrying back- wards the ray, if the ray is placed in the position brought about by the operation of the muscle inserted on ep, but is unable to do so, if the spine is placed in the position brought about by the operation of the muscle inserted on sp. — ep, the place of insertion of a small muscle, M. exterior posterior, which — in Doras and Synodontis, for in this memoir I do not mention the effect of the muscles in the other genera — twists the ray so that its hindmost denticulated edge is turned a little downwards, that the process 6 is twisted backwards and upwards, so that its interior face in front and its exterior face behind are brought into contact with the walls of the groove of »Humerus«, which are all through furnished with naked smoothly polished faces, and that in front the process 0 ' See the Figg. 26, 27, and 28 in my book. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 179 is pressed somewhat harder into the groove!. In this position the ray may be carried backwards by the muscle inserted on zp (or by the human hand) but cannot be carried forwards by the muscles inserted in the groove ea. — sp, the place of insertion of a small muscle, M. specialis?, which has an effect quite contrary to that of the muscle inserted on ep: the denticulated posterior edge of the ray is twisted a little upwards, the process 0 is twisted forwards and inwards, so that its interior face behind and its exterior face in front are brought into contact with the walls of the groove in »Humerus«. In this position the ray can be carried forwards by the muscles inserted in the groove ea, but not carried backwards by the muscle inserted on :p°. Now the investigations of Dr. TuıLo differ from what is stated here on the following points: a) While the figg. 26, 27, and 28 in my book, which represent the very muscles of Synodontis, show the above-mentioned 5 muscles, Dr. TuıLo only mentions 3; it is true, he has seen the 4 muscles normal to the rays of the pectoral fins in general, but the two muscles inserted in the groove ea appearing to him to be furnished with »eine gemeinschaftliche Sehne« (this, however, they are not) he has only counted these two muscles as one. b) Dr. Tutto has understood that, in order to carry the ray backwards (with the hand) it is necessary to give the ray a twist, viz. the torsion which is executed by the muscle inserted on ep. But he has not seen that, in order to carry the ray forwards‘, it ! This groove in Doras and Synodontis has a diameter very little larger than that of the process J. 2 This muscle which does only exist in Doras and Synodontis is a spe- cialised portion of the M. interior anterior. 3 Though I want to speak as briefly as possible, I ought, however, to remark, that the muscle inserted on zp, in Doras and Synodontis also carries the back end of the ray a very little inwards, counteracting as for this part of its action the muscle inserted on ep, the process d is moved in the groove of >Humerus<, without scouring against the walls of the groove. Mutatis mu- tandis the same observation may be applied to the muscles inserted on ea with regard to the muscle inserted on sp (see my book, pag. 38—39). 4 That this is the case, Dr. TuıLo might have learned not only from my book, but also from a paper by Duross& (in: Annales d. sci. nat. 5 Ser. T. XX. Paris 1874. Art. No. 3) to which I had repeatedly referred in my book. Duross& Says, pag. 120: »Tant que le Poisson a toute sa vigueur, il rend aussi souvent le bruit en étendant son rayon qu’en le rapprochant de son corps; mais des qu’il Saffaiblit, ce n'est durant l'abduction qu'il produit ce son incommensurable, et 180 William Sörensen is necessary to operate the exact reverse of this twist i. e. that which is effected by the muscle inserted on sp, which muscle he has not seen either. But I must do him the justice to add that it is not to be seen in its full extent without part of »Humerus« being removed. In my Fig. 26, however, it is shown in its whole length. c) The process 0, which according to my view serves as being capable of fixing the ray by means of its scouring faces, is accord- ing to him part of the diarthrosis '. d) The process %, which according to my view carries part of the diarthrosis, is according to Dr. TuıLo (pag. 340) a »Hemmfort- satz«, which ». . . stemmt sich alsdann gegen die horizontale Kno- chenwand und verhindert durch Einklemmungen jede weitere Be- wegung«. (For the rest, with regard to the activity of the whole mechanism, I must refer to his own statement, pag. 340—342.) Which of these interpretations is correct — Dr. TuıLo’s or mine — of the two last points, which are of vital importance to the un- derstanding of the whole mechanism, this question it will scarcely be difficult for the reader to settle, when he bears in mind what follows: 1. When the parts of the »Humerus« enclosing the process 0 are removed (without touching any of those parts which in my opi- nion form the diarthrosis), the ray can no longer be fixed, but may be moved backwards and forwards with the same facility as the other rays of the fin or as the 1° ray of the pectoral fin of a Salmo, in which there is no such process. 2. When the process ? is sawed off (without nothing else being touched), the ray may be fixed as well as before this operation took place. Though these two reasons must, I suppose, be pronounced suf- ficient, I will still add: . 3. Examine the first ray of the pectoral fin of a fish, in which it cannot be fixed, f. i. a Salmo, a genus belonging to the same order as the Siluroide, and you will see (cf. Dr. TuıLo’s Fig. 43) lui donne encore une assez grande intensité.« — It ought to be remarked that the moving of the ray in Doras and Synodontis offers much greater difficulty in a recently killed specimen than in one which has for years been preserved in spirits of wine. (In the other genera the ray is much more easily moved.) 1 pag. 340: »Der Gelenkkopf hat die Form eines Kegels«. And in the »Erklärung der Abbildungen«, pag. 355, the process d is designated as »Kegel«. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 181 that this ray has the same concave artieular face corresponding with the main articular face in Doras! (7 + n, Figg. 3 and 4). This articular face is apparently placed on the upper half of the ray (TuıLo’s Fig. 43). The process @ (»/sp«, ibid.) is somewhat more prominent in Salmo than in the Siluroidee; the process ? (»H«, ibid.) is small, yet distinctly visible The process 0 on the contrary is ab- solutely wanting. That it is also wanting in Malapterurus elec- tricus, whose 1° pectoral ray is not spinelike and cannot be fixed, has — strange to say — escaped the observation of Dr. TurLo, though he has also examined this genus of the Siluroide. From these facts it appears to me that, apart from the reasons set forth in 1 and 2, we may be justified in drawing the conclusion, that when the pro- cess 0 is found, where the ray is spinelike and subject to being fixed, but is wanting where this is not the case, then it must be this process that effects the fixation — and that when the process P is found in both cases, then it can be no »Hemmfortsatz«. But, as I have said, the reasons stated above (1 and 2) are direct proofs of the correctness of this conclusion. It is true that on Dr. Tuıto’s Fig. 43, representing the first pectoral ray of Salmo, there is placed a »K«. Now, as no Kegel (process 0) whatever is found there, it is to be supposed, that the place marked with »X«, in his opinion, corresponds morphologi- cally with the process 0 (the »Kegel«) in Synodontis and Silurus. But this is a mistake: More than 30 years ago Professor GEGENBAUR has very correctly acknowledged? that: »Das äußere Basale verliert seine Selbständigkeit, indem es vom Randstrahle des sekundären Flossenskelets umwachsen wird. Dadurch erklärt sich die Ein- lenkung dieses Strables an den Schultergiirtel.« To this Dr. TuıLo has not paid sufficient attention. For otherwise, he would not have failed to see that what carries the whole articular part in Salmo and the main articular part in Synodontis, Doras (y + 7, Figg. 3 ! In Salmo the form of the articular face differs very much, it is true, from that of the face (y + 7) in Doras and Synodontis; it does not differ much however from the form of the face in Platystoma and Plecostomus (y, in the Figg. 23 and 24 in my book) and in Silurus. 2 These two processes are not, in Salmo, connected with other bones by diarthrosis but only by connective tissue. 3 C. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbel- thiere. 2. Heft. 1. Schultergürtel der Wirbelthiere. 2. Brustflosse der Fische. Leipzig 1865. pag. 161. 182 William Sörensen and 4), and other Siluroide is precisely the »Basale« encased in the ray — and fused in Salmo with the upper half of it, in the Silu- roid with both halves. But what in his Fig. 43 is marked with » H« (»Kegel«) in Salmo, is the upper end of the articular part, i. e. of the »Basale«; the limit between this bone and the upper half of the ray being tolerably distinct in the specimen examined by me. And even a hasty look at Figg. 3 and 4 in the present paper, will, I am sure, show the reader that the process 0 has nothing to do with the articular face, with the »Basale«. In fact it is a process of the upper half of the ray. — In Triacanthus Dr. TmıLo appears to me to have seen that the »Hemmfortsatz« (in the ventral fins) is a pro- cess of the ray!; in this genus too I suppose the said process to be a process of the upper half of the ray. 4. That, as to the function, the process 0 is no part of the diarthrosis, is clear beyond question, I suppose, from the reasons stated under the heads 1 and 2. That it is not so either, morphologically, appears to me evident partly from what I have stated just now, partly also from what follows: There does not exist one fish in which any of the pectoral rays articulates with the bone, called by CuviER »Humerus« but by GEOFFROY ST. HILAIRE and GEGENBAUR »Clavieula«. I have dissected the pectoral fins in a considerable number of fishes. But of course I have not by far dissected so many fishes as CuvieR et VALENCIENNES and partly from this reason, partly in order to show that this knowledge had been gained a good while ago, I quoted in my book a passage from these authors?: »De plus, il n'est pas vrai, comme le dit M. GEOFFROY, que ce rayon pectoral du silure s’articule 4 Vhuméral (quil nomme clavicule); mais il s’articule au radial [the »scapula« of GEGENBAUR], comme le fait toujours le premier rayon pectoral, et méme par une articu- lation toute semblable. Seulement cette articulation a une saillie courbe, qui pénétre dans une fossette de Vhuméral, ot elle peut prendre une situation fixe par un léger mouvement de torsion.« — ! Pag. 328: »Der Hemmfortsatz ist somit nichts Anderes, als einer jener Knochenzapfen, die häufig in der Nähe von Gelenken beobachtet werden.« 2 For when Dr. THuıLo expresses the opinion that the »Hemmfortsatz« in Triacanthus »aus zwei Knochenzapfen entstanden ist«, then I must consider this to be quite impossible, for it would involve the spine’s being a fusion of two rays; and there is not the slightest reason for such a supposition. 3 QUVIER et VALENCIENNES, Histoire naturelle des Poissons. T, XIV, Paris 1839. pag. 318. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 183 That Dr. Tutto has seen this quotation in my book, appears from his paper. Now, as the »Humerus« never articulates with any ray of the pec- toral fin in other fishes, as the process 0 is not a process from the articular part (the »Basale« of GEGENBAUR) of the first ray, and as it does not serve to effect but, on the contrary, to stop, prevent or impede the movements of the ray, then neither from a morphological nor from a physiological point of view can this process be considered as part of the diarthrosis. That the scouring faces of the unpaired fins in all the fishes which I have examined, form no part of the diarthrosis, is in my opinion beyond question. Whether they may be considered, mor- phologically, as being parts of the diarthrosis, I must leave undecided. Monacanthus pardalis L. The dorsal fin. (My book, pag. 53—55.) »The anterior dorsal fin is well known to consist of two rays, of which the foremost is a long and strong spine, connected with (Copy of Fig. 8 in my book.) The first dorsal fin, part of the skull, and the common interspinous bone from the left side; natural size. The rays are erect, but not fixed. — Cr, the skull; no limits are shown between the skull and Sb, the first interspinous bone. — Or, Orbita. — J, the first ray (the upper part broken off), k, the hookformed process of the 1st ray (but partly visible). — IT, the second (rudimentary) ray. — 0, the scouring face on its foreside. — 0!, the scouring face on the middle crest of the interspinous bone (but hardly visible). — A, A, 2', ligaments. — a!, a2, M. anterior of the first and second ray. — p!, p2, M. posterior of the same rays. the interspinous bone by means of a diarthrosis of the same form as in Balistes', strengthened by a very strong ligament (A) which ! The diarthrosis of the first ray of Balistes I left totally undescribed; I only referred to HoLLARD, adding that I had nothing new to say on this subject, 184 William Sörensen prevents it from all sideward movements. At its base it has behind a thick hookformed process (A), whose naked but very faintly exca- vated hindside can be brought into full contact with the very slightly convex, nearly plane, naked foreside of the second, rudimentary ray. This ray is essentially of the same form as in Balistes, provided with two downwards- and outwards going arms, which are connected by means of diarthroses with the interspinous bone and which are continued beyond the diarthrosis into a muscular process, to which its M. posterior (p2) is fixed. The diarthrosis is not very tight, but in front and still more behind the ray is conneeted with the inter- spinous bone by means of long ligaments, of which the hindermost (4’) is fixed to the ray just above the diarthrosis. On its lower side the ray has in the middle line a naked part formed of two faces meeting each other at an angle of about 120° in the shape of a roof. This part corresponds with a concave, naked face at the top of the, but slightly prominent, middle keel of the interspinous bone. (The hindmost end of this face is seen at 0’.) Between the upper tip of the rudimentary ray and the upper end of the hookformed process of the first ray is found a flat and broad but not very strong ligament.« To this description I had added the following note: »In this respect M. Gunnii! appears to differ in some measure. Cf. Taio op. cit. pag. 13—14. — When this author has a somewhat different opinion as to the activity of the muscles, it is, I suppose, owing to his not having understood the function of the fixing? faces. Thus he supposes the naked scouring faces on the rudimentary ray and the interspinous bone to form a diarthrosis; but the real diarthrosis he has not seen.« — Besides the said slight but very essential mistake in his translation Dr. Tuimo in his last paper reports my opinion to be that »an dem Stachel [the first ray] hatte ich [Dr. Tuto] das eigentliche Gelenk gar nicht gesehen.« Here again I have met with my usual misfortune to be misunderstood by Dr. T#ıLo: on this subject I had said nothing whatever. A different thing is that I ought to have added that he had also overlooked the scouring faces on the backside of the first and on the foreside 1 The figures from this species are reproduced, in the figg. 1 and 2 of Dr. THILO’s recent memoir, as being from »Monacanthus (sp. ?)<«. 2 Not as Dr. TuıLo translates >fixirten« by which slight variation my tatements becomes sheer nonsense. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 185 of the second ray. As Dr. Tui~o has not yet seen what in my opinion is the real diarthrosis of the second ray, I must observe that this diarthrosis is not shown on my figure. According to Dr. TuıLo my muscle »? (however only »nebensächlich«) is »ganz be- sonders geeignet zu verhüten, dass der Hemmknochen [the second ray} von seiner Gelenkfläche [the scouring face 0’) entfernt wird<, while I am of opinion that the very function of this muscle is to carry the ray out of contact with this face, if it is not pressed in against it by the first ray. For as far as I can see, »the most essential part of the fixation depends on the friction between the second ray and [the scouring face 0’ on] the interspinous bone«. Acanthurus chirurgus! Bl. The dorsal and anal fins. (My book, pag. 55—58.) If I have rightly understood the statement of Dr. TuıLo, then what he calls the »Achse« is the diarthrosis (or rather the articular face on the interspinous bone for the first ray). What according to him are the articular faces of the first ray and the interspinous bone are in my opinion fixing (or scouring) faces. Does is not appear somewhat strange for the face of a »Gelenkkörper« to be furnished with rough transverse rifles in Ac. chirurgus or, as Dr. THILO ex- presses himself when speaking of Ac. hepatus (see his Figg. 29 and 32), to show »eine radiäre Streifung« ? To judge from the description of the structures of this spe- cies given by Dr. TuıLo the second ray in this fish must also be subject to fixation, as it is also indicated as being »angefügt« to the »Gelenkkörper«. — According to my opinion, the first ray is fixed by the simultaneous activity of the muscles M and m! (THILO’s Fig. 29); the fixation however cannot, in my opinion, be complete, except when the rays are carried quite forwards. The hindmost pair of muscles to the first ray has been over- looked by Dr. Tuto. The dorsal fin of Triacanthus, Centriscus, and Gasterosteus I cannot treat briefly. I therefore pass them over here, the more so as I do not think I have attained a full knowledge of the mechanism of these organs. I will limit myself to the remark that here too the spines are furnished with scouring faces. 'T had only examined this species, while Dr. THıLo has examined Ac. hepatus. 186 William Sörensen Triacanthus. The ventral fins. (My book, pag. 69—71.) Dr. TuıLo and I agree as to what is the diarthrosis and as to its form. Also as to the fixation being operated by the »Hemmfort- satz«. But Dr. Tuito has not seen, that on the interior sloping edge of the »Hemmfortsatz« there is one and on the »pelvis« two scouring faces, although they are not only mentioned in my text but also shown and very distinctly on my Figg. 32 & 33. And, accord- ingly, he has not seen either that the spine can be fixed only in two positions, viz. when the scouring face on the »Hemmfortsatz« is brought into contact with either one or the other of the scouring faces of the »pelvis«. The muscle! by which the spine is fixed when in these two positions, is capable of raising it when the scouring face on the »Hemmfortsatz« does not touch a scouring face of the »pelvis«. That the said scouring faces are found in the species examined by Dr. Taito I know as I had myself examined this one too. But it is quite natural that he must have failed to see them, for ac- cording to Dr. TuıLo the scouring faces are articular faces wherever they are found, and it would be unreasonable to suppose that the end of the »Hemmfortsatz« could articulate with the »pelvis« in only two positions. Monocentris japonicus. The ventral fins. I myself have not dissected this fish, but Dr. Rırum who has treated its ventral fins, has been so kind as to lend me a prepa- ration. I have not fully understood the mechanism; but however I have seen enough to 1) confirm the statement of Dr. TuıLo that the fixation may be made to cease by a torsion of the spine viz. when its posterior edge is twisted downwards while the spine is car- ried backwards, whereas it is fixed, so that this movement cannot be effected, when its posterior edge is twisted upwards, 2) further that it is the »Radscheibe« of Rrenm (the »Scheibe« of TmıLo) which is scoured against the »Lager« of Rieum while the »Haken« of RıEHM (the »Hemmscheide« of THILo) is scouring against the »Zahn« of RıeHm. — Is any part to be particularly designated as a »Hemm- fortsatz«, then in my opinion it must be the »Radscheibe«. ' Its place is marked by the line M in TurLo’s Fig. 33. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 187 Dactylopterus volitans L. The coalesced Hyomandibulare and Preeoperculum!. (My book, pag. 75—78.) With regard to the diarthrosis there is this difference between the interpretation of Dr. Tumo and mine, that according to his opinion the »Scheibe« (»A« in his Fig. 41) is part of the diarthrosis but in my opinion a »Hemmfortsatz«, as well as the anterior pro- cess, which he has designated by this name. (When Dr. Taio, pag. 348, says that I have called this one [alone] a »processus vo- calis«, then this time it is not my fault: for nowhere in my book have I used this? term, and in my Figg. 37 and 38 I had indicated the »Scheibe A« of Tito as well as his »Hemmfortsatz« by the letter 0, which in all my figures has been employed to indicate either the scouring faces or the processus on which they are placed.) That »die Hebemuskeln des Stachels entspringen vom Para- sphenoid und Orbitosphenoid« is an impossibility. According to my investigations they spring partly from the Infraorbitalia partly from the outer side of the skull. Though I have tried to speak briefly, I believe that the diffe- rence between the view of Dr. Taro and mine is rather displayed with tolerable clearness. And I therefore venture to hope that I shall not be obliged to return to this subject in future. But in case Dr. Tuo should give a reply to these remarks, I may perhaps ask him to answer the following questions occasioned by his memoir: 1. Dr. Tuıto states (pag. 334) that in Cobitis, the Siluroide of the Nile and the species of Mormyrus »könnte die Athmung fol- gendermaßen zu Stande kommen: 1) Der Fisch füllt Speiseröhre und ! Dr. THILO says (pag. 346) that these bones are also coalesced with the Operculum, Suboperculum and Interoperculum. I regret that he does not say how he has then interpreted the three small ossicles which I had represented under these names on my Figg. 39—42. In my opinion they must be these bones as they (at all events Operculum and Suboperculum) are situated in the same place as the bones which in other fishes are designated by these names. — CuviER et VALENCIENNES too mention (op cit. T. IV, pag. 123) the Operculum, whose special muscles are given in my figures. 2 In some places I had in the »explicatio figurarum« used the term »pro- cessus affigens s. sonivius« for the processes J. But in Dactylopterus I had not even used this term. 188 William Sörensen Magen mit athmosphärischer Luft. 2) Er lässt von dieser Luft immer nur ganz geringe Mengen in das Wasser strömen, welches seine Mundhöhle ausfüllt. 3) Diesem Mundhöhlenwasser entnehmen die Kiemen den Sauerstoff und führen ihn so dem Blute zu.«< What then were his reasons to reject the investigations made already in the year 1808 by Erman on Cobitis fossilis according to which the air is expelled through the Anus after being respired in the intestinal canal; the investigations of JoBERT in 1877—1878, accord- ing to which the air, after being respired in the intestinal canal, is expelled either through the mouth or the anus in some species of the Siluroid genera Loricaria, Hypostomus, Callichthys, and Doras; and the investigations of Fr. Day in 1876—1877, according to which the air is expelled through the mouth after being respired in the accessory gill-cavity in the Siluroid genera Clarias and Saccobranchus ? 2. As an »Ergebnis meiner [his] Untersuchungen« Dr. THILO says (pag. 349): »Die erweiterte Speiseröhre! der Gymnodonten kann, ver- gleichend anatomisch, als eine unentwickelte Schwimmblase betrachtet werden.« How then is the well-developed air-bladder in most of these fishes to be considered ? 3. How can it (pag. 349) be called an »Ergebnis meiner [his] Untersuchungen« that the spines in fishes are »Gehwerkzeuge«, when in mentioning this thing Dr. TuıLo only refers to the observations of other authors? 4. How can it (pag. 349) be called an »Ergebnis meiner [his] Untersuchungen« that the spines are »Lautorgane«, when in no fish whatever he mentioned any sound produced by means of the rays? 5. Has it not been a weli known fact before his examinations appeared, that the spines in fishes are »Waffen« (pag. 349) ? 6. Pag. 335 he says: »Bisher best man nur zu oft: ‚Die Schwimmblase kann nur ein Lautorgan sein‘, oder ‚sie ist ausschließ- lich Athmungsorgan‘ ete.< On account of my book, the largest sec- tion of which treats the air-bladder as a sound-produeing organ, I had studied as much of the literature on the air-bladder as I could manage and nowhere had I quoted any such statement in my book, in which I imagined I had pointed out that the air-bladder is a sound-produeing organ in a much greater number of fishes than ! According to my paper »Om Oppustningssekken hos Tetrodon« (Natur- hist. Tidsskr. 3R. Vol. XIII. Kjöbenhavn 1883. pag. 379—396) the subcutaneous sac is not connected with the oesophagus but opens, as well in Diodon as in Tetrodon, behind in the pharynx. Thilo’s memoir on »Die Umbildungen an den Gliedmaßen der Fische«. 189 had hitherto been supposed. In my opinion at least, this organ cannot have this function in all the fishes, in which it does exist. And consequently it is evident that I can still less acknowledge an author to be right who had urged that the air-bladder can only be a sound-produeing organ (quite apart from the fact that it must be considered as established that it has an other funetion besides). But it is just as clear that it is quite unpardonable in me if I have concealed such statements in the literature. Thus, in fact the state- ment of Dr. TuıLo quoted above implies a serious charge against me, even if he has not meant it so. I therefore take the liberty to ask Dr. THILO to quote some — or but one — of the »frequent« passages in the literature, where he must have read a statement like that which he quotes in in- verted commas, since he can say that it is »only too frequently« to be met with. Blutgefälse im Epithel. Von Prof. Dr. F. Maurer, Prosektor in Heidelberg. Mit Tafel XI. Als ich im mikroskopisch-anatomischen Kurs letzthin zur Demon- stration von Flimmerepithel senkrechte Schnitte durch die Gaumen- schleimhaut von Rana temporaria anfertigen ließ, fiel mir ein eigen- thümliches Verhalten des hier bestehenden Epithels auf, das mich veranlasste, die betreffenden Zustände näher zu prüfen und auch bei anderen Amphibienformen zu untersuchen, weil sie mir in ver- schiedener Beziehung von Interesse schienen. Rana temporaria. Die mir zuerst vorliegenden Schnitte durch die Gaumenschleimhaut zeigten, dass dieselbe von dem bekannten mehrschichtigen Epithel überkleidet war. Die ‚Zellen der tiefen Lagen hatten unregelmäßig kubische Form, darauf folgten mittlere Lagen, in welchen zwischen kubischen Zellen Becherzellen in ver- schiedenen Ausbildungszuständen sich fanden. Letztere erreichten mit ihren schlanken birnförmig verjüngten Zellkörpern zum Theil die freie Oberfläche des Epithels. Sie erstreckten sich damit zwi- schen die Elemente, welche hauptsächlich die oberflächlichste Zellen- lage darstellten. Solche bestanden in kubischen oder eylindrischer. Zellen mit feinkörnigem Plasmakörper, welche an ihrer freien Ober- fläche mit Flimmerhaaren in bekannter Weise besetzt waren. Nun fielen mir aber zwischen den Zellen der basalen und mittleren Lagen eigenthümliche, reichlich vorhandene Bildungen auf, welche bei schwächerer Vergrößerung wie Blutkapillaren, mit rothen Blut- körperchen erfüllt, aussahen. Dicht unter der Basalfläche des Epithels Biutgefäße im Epithel. 191 bestanden die gleichen Gebilde reichlicher und gleiebmäßiger. Bei starker Vergrößerung zeigte sich, dass die angeführte Deutung dieser Gebilde richtig war. Zufällig waren die Blutgefäße an dem vor- liegenden Objekte mit rothen Blutkörperchen strotzend gefüllt. Unter dem Epithel besteht bekanntlich eine ziemlich dicke fibröse Membran, in ihrem Bau dem Corium des Integumentes ähnlich, nur von geringerer Dicke. Auch hier besteht diese Membran aus La- mellen und diese sind aus Fibrillen zusammengesetzt, welche in der einzelnen Lamelle parallel, in benachbarten Lamellen aber sich rechtwinklig kreuzend, angeordnet sind. Dieser Lamelle sitzt, eben- falls wie beim Integument, das Epithel nicht unmittelbar auf, sondern es besteht eine subepitheliale Schicht, welche hier am Gaumen eine sehr geringe Dicke besitzt und aus spärlichen, sich durchflechtenden zarten Bindegewebsfibrillen und sehr wenigen Bindegewebszellen besteht. Stärkere Arterienzweige durchsetzen nun, senkrecht oder schräg gegen das Epithel aufsteigend, jene derbe, dem Corium des Inte- gumentes vergleichbare fibröse Schicht und verästeln sich reichlich in der subepithelialen Lage. Hier findet man ein sehr mächtiges Kapillarnetz, dessen Gefäßlumina beträchtlich weit sind. Was mir speciell wichtig erscheint, ist aber die Thatsache, dass in dieser subepithelialen Lage nicht das letzte oberflächlichste Kapillarnetz sich findet, sondern dass von diesem ausgehend Kapillaren auch in das Epithel eintreten, indem sie sich nicht nur zwischen die Zellen der basalen Lage, sondern noch weiter bis zwischen die Elemente der mittleren Epi- thellagen fortsetzen, so dass sie die Becherzellen zum Theil umspülen und bis an die basale Fläche der oberflächlichen Flimmerzellen verfolgbar sind (Taf. XI Fig. 1 und 2). Bei diesem Befund galt es nun auszuschließen, dass diese intra- epitheliale Anordnung der Kapillaren nicht etwa thatsächlich sub- epithelial ist, derart, dass mit den Kapillaren zartes Bindegewebe in Form unregelmäßiger feinster Papillen sich erhebe. Das ist nun gerade an senkrechten Schnitten leicht zu eliminiren: Man sieht nämlich ganz deutlich allenthalben einzelne Querschnitte und hori- zontal gelegene Längsschnitte von Kapillaren, die allseitig von Epithelzellen umgeben sind, so zwar, dass die Epithelzellen unmittel- bar an das Endothelrohr sich anschließen. Wenn die Kapillaren in Bindegewebspapillen angeordnet wären, so würden sie nur in Schlingenform eindringen können und man müsste die beiden Schenkel Morpholog. Jahrbuch. 25. 13 192 F. Maurer der Schlinge, umgeben von Bindegewebe, erkennen. Einen solehen Befund kann man indessen nirgends nachweisen. Das angeführte Bild setzt desshalb voraus, dass die Blutkapillaren allein und dureh- aus selbständig in das Epithel, in dessen Intercellularlücken, einge- drungen sind. Da zu den beschriebenen Schnitten die herauspräparirte Gaumen- schleimhaut allein gedient hatte, war es nicht möglich zu entscheiden, in welcher Ausdehnung das Epithel der Mundhöhle diese nahe Be- ziehung zu Blutkapillaren ausgebildet zeigt. Dazu war es erforder- lich, Schnitte durch ganze Amphibienköpfe zu untersuchen. Solche standen mir, wenigstens von jungen Thieren, in zahlreichen Quer- schnittserien zur Verfügung. Dadurch war zugleich eine Kontrolle möglich, ob es sich in den geschilderten Zuständen nicht etwa um ein Kunstprodukt oder ein Zufallsbild handelte. Das Letztere schloss ich zunächst dadurch aus, dass ich von anderen Exemplaren von Rana temporaria die Gaumenschleimhaut an senkrechten Schnitten untersuchte. Da fanden sich denn nur in so fern Unterschiede, als in vielen Objekten die natürliche Injektion mit Blut nicht bestand; aber man konnte auch die leeren Kapillaren nicht nur subepithelial, sondern auch von diesen ausgehend intraepithelial deutlich nach- weisen, im Gegensatz zu den Blutkapillaren in anderen Organen, die ohne Injektion ja meist überhaupt nicht zu sehen sind. Daraus, dass man dieselben nun hier auch im leeren Zustande erkennt, er- giebt sich, dass sie am Gaumen in ungewöhnlicher Weite und Reich- lichkeit ausgebildet sind. An Querschnitten von ganzen Köpfen jugendlicher Thiere ließen sich die Befunde nun in folgender Weise vervollständigen: Zunächst bestanden hier in so fern gleiche Verhältnisse wie beim erwachsenen Thiere, als das Epithel der Gaumen- resp. ganzen Mundhöhlenschleim- haut von der gleichen Beschaffenheit ist, wie ich es vom erwachsenen Frosch oben schilderte. Das mehrschichtige flimmernde Cylinder- epithel, zwischen dessen mittleren Zellenlagen reichlich Becherzellen entwickelt waren, zeigte sich gegen das Epithel der Epidermis scharf abgegrenzt. Die Grenze befindet sich auf dem kleinen Schleimhaut- wall, welcher die knorpeligen Ober- und Unterkiefer überzieht, und zwar medial von den Anlagen der Schmelzleisten. Hier schließt sich vollkommen scharf das mehrschichtige Plattenepithel des Integu- mentes, dessen oberflächliche Zellen einen feinen Cuticularsaum tragen, an das flimmernde Cylinderepithel der Mundhöhle an. Von der epithelialen Überkleidung der Zunge sehe ich hier ab. Die ? are Blutgefäße im Epithel. 193 Beziehungen zwischen Blutkapillaren und Epithel bestanden in glei- cher Weise, wie ich es bei der erwachsenen Form schilderte. Längs des Gaumens verläuft jederseits eine starke Gaumenarterie in Be- gleitung des Ram. palatinus des zweiten Trigeminusastes, und diese Arterie giebt, wie an der Schnittserie erkennbar, zahlreiche Zweige zu der Gaumenschleimhaut ab, welche subepithelial in sehr weite Kapillaren übergehen. Obgleich diese nicht mit rothen Blutkörper- chen gefüllt sind, erkennt man sie doch sehr deutlich und es gelingt auch leicht der Nachweis, dass die Kapillaren ins Epithel eindringen und zwischen die Zellen der mittleren Schichten verfolgbar sind. Es bestehen also beim jungen Thiere, wenige Wochen nach der Metamorphose, an der Gaumenschleimhaut hinsichtlich ihres Baues und des Verhaltens der Blutgefäße genau die gleichen histologischen Verhältnisse wie beim ausgewachsenen Thier. Von besonderer Bedeutung ist nun die Thatsache, dass das auch hier geschilderte Verhalten der Blutkapillaren zum Schleimhautepithel sich ganz scharf auf den Bereich beschränkt, in welchem flimmern- des Cylinderepithel mit zwischengelagerten Schleimzellen besteht. Genau an der Grenze, wo das in die Epidermis übergehende mehr- schichtige Plattenepithel an das Cylinderepithel, das die Mundhöhle auskleidet, angrenzt, liegt unter letzterem das äußerste weite Blut- kapillar. Das konnte ich an vielen Schnitten der Serie nachweisen. Im Bereich des mit Cuticularsaum versehenen Plattenepithels fehlen weite Kapillaren sowohl dicht unter der Basalfliiche des Epithels ais auch zwischen den Epithelzellen im Epithel. Daraus folgt natür- lich nicht, und ich hebe es hier besonders hervor, dass ich das auch nicht behaupte, ich sage es folgt nicht daraus, dass hier das Blutkapillarnetz nicht bis dicht an das Epithel heranreiche, vielleicht sogar zwischen dessen Zellen eindringe. Jedenfalls sind die Kapillaren aber hier so eng und zart, wie in anderen Organen auch, so dass sie in nicht injicirtem Zustande nicht nachweisbar sind. Es soll aber be- tont werden, dass die Kapillaren der Mundhöhlenschleimhaut in scharf gegen das äußere Epithel der Oberhaut abge- grenztem Bezirk erstens subepithelial so weit und stark entwickelt sind, dass man ihre Wandung und weiten Lumina ‚auch ohne künstliche oder natürliche Injektion leicht er- kennt, und zweitens, dass eben so deutlich nachzuweisen ist, dass hier diese Kapillaren sich in das Epithel zwischen dessen Zellen bis in die mittleren Lagen hinein fortsetzen. Die gleichen Verhältnisse wie am Gaumen bestehen auch an der 13* 194 F. Maurer Schleimhaut des Bodens der Mundhöhle. An dem Sehleimhautepithel der Zunge fehlt indessen diese starke Ausbildung der Kapillaren und ihr Eindringen ins Epithel; auch an der drüsenlosen Unterfläche der Zunge. An der oberen Fläche der Zunge wird die Ausbildung der Blutkapillaren naturgemäß dem mächtigen Drüsenapparat an- gepasst. Rana esculenta. In Anschluss an diese Befunde bei Rana temporaria untersuchte ich nun auch die Gaumenschleimhaut von Rana esculenta und fand hier das gleiche Verhalten. In Taf. XI Fig. 3 gebe ich einen Querschnitt durch den vorderen Theil der Mundhöhle aus dem Abschnitt, in welchem die Zunge am Boden der Mundhöhle angeheftet ist. Hier übersieht man die topographi- schen Verhältnisse, welche genau dem von Rana temporaria ge- schilderten Befunde entsprechen. Bei zz, und yy, ist die scharfe Grenze des Mundhöhlenepithels gegen das Oberhautepithel. Das Verhalten der Blutkapillaren an jenem ist auf der Zeichnung ange- deutet, die Punkte sind Querschnitte, daneben sind Längs- und Schriigschnitte durch Kapillaren unter und im Epithel angedeutet. Auf Fig. 4 ist gerade die Epithelgrenze, dem Bezirke z, der vori- gen Figur entsprechend, bei starker Vergrößerung wiedergegeben. Hier erkennt man erstens, wie unter dem mehrschichtigen flimmern- den Cylinderepithel des Gaumens die weiten Kapillaren angeordnet sind, zweitens, wie dieselben von hier aus ins Epithel zwischen dessen Zellen eindringen, drittens wie bei «, an der Grenze des Cylinderepithels noch deutlich ein solches Kapillar liegt, und viertens endlich, dass weder unter noch im Plattenepithel, das in die Epi- dermis übergeht, solche Kapillaren nachweisbar sind. Bei Bufo einereus und Hyla viridis bestehen gleiche Verhält- nisse, d. h. auch bei diesen findet man sowohl bei jungen Thieren als auch bei ausgewachsenen Exemplaren unter der basalen Fläche des Epithels der Mundhöhlenschleimhaut ein reichlich entwickeltes Blutkapillarnetz, und von diesem dringen ebenfalls Kapillaren mit sehr weitem Lumen in das Epithel zwischen dessen Zellen ein. Sie sind bis gegen die oberflächlichen Zellenlagen verfolgbar. In Anschluss an diese Befunde an der Mundhöhlenschleimhaut einiger einheimischen Anuren untersuchte ich auch die diesbezüg- lichen Verhältnisse bei einigen Urodelen und gebe in Figg. 5 und 6 senkrechte Schnitte durch die Gaumenschleimhaut von Salamandra maculata und Triton alpestris. Bei beiden Formen konservirte ich die Köpfe von erwachsenen Blutgefäße im Epithel. 195 Thieren in Chrom-Osmium-Essigsäure. Durch ein Hölzchen hielt ich die Kiefer weit geöffnet, so dass die Konservirungsflüssigkeit die ganze Schleimhaut der Mundhöhle ungehindert erreichte. Nachträg- lich löste ich die Gaumenschleimhaut vorsichtig ab und legte senk- rechte Schnitte durch dieselbe nach Einbettung in Paraffin. Auf Taf. XI Fig. 5 gebe ich ein Stück eines solchen Schnittes von Salamandra maculata, der etwa der Gaumenmitte entnommen ist. Hier besteht ein mehrschichtiges kubisches Flimmerepithel mit ein- gelagerten Becherzellen von verschiedener Größe. Aus dem unter- liegenden Bindegewebe, das hier eine ziemlich dieke Faserlage bildet, in welcher keine Zellen nachweisbar sind, dringen weite Blutkapillare zwischen die Epithelzellen hinein und bilden über der basalen Zellen- lage ein weites Netzwerk. Auf der Abbildung erkennt man einen Längs- und zwei Querschnitte solcher Kapillaren. Man sieht ihre Wandung aus platten Epithel (Endothel-)zellen und im Lumen sind rothe Blutkörperchen nachweisbar. Zur Vervollständigung der Abbildung füge ich noch bei, dass dieser gleiche Befund an der ganzen Gaumenschleimhaut besteht, so dass also auch bei dieser Form eben so wie bei den geschilderten Anuren ein Eindringen von Blutkapillaren in das Epithel der Mundhöhlen- schleimhaut besteht. Es erreicht dies Eindringen hier nicht den Grad wie bei Rana, in so fern ich das Ende der Kapillaren hier stets über der basalen Zellenlage fand, sie dringen nicht bis in die mittleren Zellenlagen vor. In derselben Weise zeigt sich der Befund bei Triton alpestris (Fig. 6). Auch hier besteht am Gaumen ein mehrschichtiges kubi- sches Flimmerepithel mit Becherzellen. Unter der Basis derselben befindet sich ein weites Blutkapillarnetz, und auf Fig. 6 habe ich gerade eine Stelle dargestellt, wo ein Kapillar zwischen die basalen Zellen eindringt. In Ergänzung der Figur ist noch zu bemerken, dass auch hier die Blutkapillaren nur über die basale Zellenlage -emporsteigen, nicht wie bei Rana auch in die mittleren Lagen vor- dringen. Zusammenfassung. Aus der vorstehenden Schilderung sehen wir, dass bei unseren einheimischen Amphibien, Anuren wie Uro- delen, das Epithel der Mundhöhlenschleimhaut vascularisirt ist. Bei den untersuchten Formen (Rana, Bufo, Hyla, Salamandra und Triton) besitzt bekanntlich die Mundhöhlenschleimhaut mehrschichtiges flim- merndes Cylinder- oder kubisches Epithel, welches mit scharfer Grenze nahe dem Kieferrand in mehrschichtiges Plattenepithel, das sich in 196 F. Maurer die Oberhaut fortsetzt, übergeht. Genau der Ausdehnung des Flim- merepithels entsprechend, besteht ein subepithelialer Blutkapillar- plexus, von. welchem aus Blutkapillare in reichlichem Maße ins Epithel, d. h. zwischen die Epithelzellen, eindringen. Bei Urodelen erstrecken sie sich nur bis über die basale Zellenlage, bei Anuren dringen sie noch weiter, bis zwischen die mittleren Zellenlagen, so- gar bis an die Basalfläche der oberflächlichen Flimmerzellen vor. An dem mehrschichtigen Plattenepithel des Kieferrandes, das sich in die Oberhaut fortsetzt, fehlt dieser erweiterte Blutkapillarplexus sowohl sub- wie intraepithelial. Litteratur. Das Schleimhautepithel der Mundhöhle unserer Amphibien ist schon sehr oft beschrieben worden. Es wurde theils als ein- theils als mehrschichtiges bezeichnet. Wenn wir ein ein- schichtiges Epithel vor uns hätten, so wäre die vorstehende Mitthei- lung gegenstandslos. Indessen finde ich in den meisten neueren Arbeiten das Epithel als mehrschichtig geschildert. So schildert Hort! in einer genauen Beschreibung vom Verhalten des Epithels in der Mundhöhle der Salamandra maculata dasselbe als »stets ge- schichtet«. Hinsichtlich dieses Epithels bei Rana temporaria scheint Hou? nicht ganz sicher zu sein über die Basis des Epithels. Da unter der einfachen Lage von Cylinderzellen Ersatzzellen von rund- licher Form liegen, so handelt es sich natürlich auch um ein ge- schichtetes Epithel. Die weiteren Angaben Horr's sind uns von großem Interesse. Horn giebt nämlich an, dass die rundlichen Er- satzzellen zum Theil im Bindegewebe liegen. Diese letzteren sind offenbar die basalen Epithelzellenlagen, in welche die Blutkapillaren von dem subepithelialen Bindegewebe aus eindringen. Auch Jusr® und Grirrint beschreiben das Epithel des Frosch- gaumens als mehrschichtig. Die tiefen Zellenlagen sind für die Re- generation der Flimmerzellen von Bedeutung. In gleicher Weise bezeichnet F. E. Scuurze* das Epithel der 1 Hort, Über das Epithel der Mundhöhle von Salamandra maculata. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. XCI. 1885. 2 Horn, Zur Anatomie der Mundhöhle von Rana temporaria. Sitzungs- berichte der Wiener Akademie. Bd. XCV. III. Abth. 1887. 3.A. Just, Zur Histologie und Physiologie des Flimmerepithels. Breslauer ärztl. Zeitschrift. 1885. * F. E. ScHuLze, Über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. I. Mit- theilung. Über das Epithel der Lippen, der Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle erwachsener Larven von Pelobates fuscus. Abhandl. der Berliner Akademie der Wissenschaften. 1888. Blutgefäße im Epithel. 197 Mundhöhle bei Batrachierlarven als mehrschichtig und nicht mit Flimmerhaaren versehen. Von Bedeutung für die aus meinen Angaben zu folgernden Sehlüsse ist eine Arbeit von 8. H. und 8. GAGE!, in welcher die Entwicklung des Flimmerepithels im Darmkanal der Amphibien ge- schildert wird. In jüngsten Stadien fehlt es. Es erscheint zuerst im Ösophagus, wenn der Nahrungsdotter aufgezehrt ist. Bei Sala- mandrinenlarven beschränkt es sich auf den Ösophagus, bei Rana und Bufo setzt es sich auf die Magenschleimhaut fort. Dieses Flim- merepithel erleidet zur Zeit der Metamorphose eine Rückbildung und an seiner Stelle wird ein neues Flimmerepithel ausgebildet, das sich auf Mundhöhle und Ösophagus beschränkt (nach Braun u. A. setzt es sich auch beim erwachsenen Frosch in den Magen fort). Bei Amphibien mit Wasserathmung fehlt das Flimmerepithel der Mundhöhle. Eine Arbeit von MAYzEL (russisch), die über die Regeneration von Epithelzellen handelt, steht mir nur im Referat zur Verfügung. Die abgestoßenen Epithelzellen werden stets durch darunter liegende Epithelzellen ersetzt. MAYZzEL schildert das auch vom Froschgaumen. Genaueres über die Anordnung der Ersatzzellen ist aus dem Referat nicht zu ersehen. Die angegebenen Arbeiten führe ich hier an, um zu zeigen, dass die neueren Autoren das Mundhöhlenepithel der Amphibien als mehr- schichtig bezeichnen, was ich in meinen Befunden bestätigen kann. Von einem Eindringen der Blutkapillaren zwischen die Epithelzellen der tiefen Lagen finde ich nirgends etwas erwähnt. Nur die Angabe von Hour in Betreff Rana temporaria, wo die in der Tiefe befind- lichen Ersatzzellen zum Theil im Bindegewebe liegen sollen, deuten darauf hin, dass Hout Ähnliches gesehen hat wie ich, die Bilder aber anders auffasste. Bedeutung der Befunde. Die in Vorstehendem beschriebenen Verhältnisse sind nach ver- schiedenen Richtungen hin bedeutsam: Erstens hinsichtlich des histo- 1 S. H. Gage und S. PHELPS GAGE, Changes in the ciliated areas of the alimentary canal of the Amphibia during development and the relation to vancement to the mode of respiration. Proceed. of the American association for the advancement of science. Vol. XXXIX. 1890. 198 F. Maurer logischen Bildes, zweitens in vergleichend-anatomischer Beziehung, und drittens in ihrem physiologischen Werthe. Das histologische Verhalten, derart, dass Blutkapillare ins Innere eines mehrschichtigen Epithels eindringen, komplieirt in hohem Maße den Bau des Epithels und lässt dasselbe in einem bestimmten Sinne differenzirt erscheinen. Es ist dies eine Weiterbildung von Zuständen, die an Epithelien vielfach bekannt geworden sind. Zwi- schen die Zellen von ein- und mehrschichtigem Epithel dringen be- kanntlich vielfach lymphatische und pigmentirte Zellen ein. Ich erinnere hier an die Pigmentzellen in der Epidermis von Fischen, Amphibien und Reptilien, ferner an die vereinzelten lymphatischen Zellen in der Oberhaut der gleichen Wirbelthierformen, sowie die Einwande- rung einzelner oder großer Massen solcher Zellen in das Epithel der Darmschleimhaut (Tonsillen, Agmina Peyeri), wie sie bei allen Wirbelthieren bekannt ist. Ein weiterer Schritt in der Beeinflussung des Baues eines Epithels durch aus der Tiefe eindringende Theile ist bekannt an der Epidermis von Fischen, die ich in Anschluss an Mittheilungen anderer Autoren unlängst genauer geschildert habe. Hier handelt es sich nicht um Einwandern einzelner oder auch reichlicher Zellen ins Epithel; sondern um die Bildung eines Lymph- kapillarplexus, welcher zwischen oder über der basalen Zellenlage der Epidermis ausgebildet ist und in dessen Lumen neben lympha- tischer Flüssigkeit Lymphzellen enthalten sind. Eine selbständige Wandung kommt diesem Plexus nicht zu, dieselbe wird von den Epidermiszellen gebildet, doch heben sich die Lumina dieses ein- heitlichen Plexus durchaus scharf von den feinen Intercellularlücken der Epidermis ab. Die diesbezüglichen Verhältnisse sind von mir aus der Oberhaut des Aales, der Barbe, des Karpfen u. a. Knochen- fische abgebildet worden. In den hier behandelten Fällen ist nun ein Blutkapillarnetz ins Epithel eingedrungen. Es folgt ebenfalls den Intercellularlücken, besitzt aber eine eigene epitheliale (endo- theliale) Wandung. Hierdurch hört ein solches Epithel auf, einfaches Epithelgewebe zu sein, es nimmt anatomisch eine höhere Stufe ein, auch eine viel höhere als ein Epithel, in welchem Lymph- oder Pig- mentzellen, oder ein Lymphgefäßplexus eingelagert ist, und darum ist der beschriebene Befund am Epithel der Mundhöhlenschleimhaut unserer einheimischen Amphibien histologisch von Bedeutung. Vergleichend-anatomisch betrachtet, ist der mitgetheilte Befund ebenfalls bedeutungsvoll. Bekanntlich ist es bei sämmtlichen Wirbel- thieren die Kopfdarmhöhle mit ihrer Schleimhautauskleidung, welche Blutgefäße im Epithel. 199 die Respirationsorgane in verschiedener Weise ausbildet. Wie die Kiemen der Fische und der Amphibien (hier ist abzusehen von den äußeren Kiemen der Larven, welche Organe der Hautathmung_dar- stellen) sich aus der Schleimhaut der Kopfdarmhöhle entwickeln, so hat man auch die Lungensäcke phylogenetisch mit Recht als speciell differenzirten Theil dieses Darmabschnittes aufgefasst. Da in diesen beiden Athmungsorganen ganz verschiedene Theile der Kopfdarmhöhle in Anspruch genommen sind, so ist es verständlich, wenn auch in dem nicht speciell im Dienste der Respiration stehen- den übrigen Theil der Kopfdarmhöhle Einrichtungen bestehen, welche in einfacher Form eine anatomische Grundlage für die Betheiligung an dieser Funktion darbieten. In den letzten Jahren sind gerade von Amphibien lungenlose Formen bekannt geworden. Es liegen hierüber die Arbeiten von WILDER!, CAMERANO? und LONNBERG? vor. Von WILDER wurde zuerst bei Desmognathus und Plectodon das Fehlen der Lungen be- schrieben, LONNBERG und CAMERANO haben diesen noch eine größere Anzahl von Salamandriden hinzugefügt, bei welchen Kehlkopf- und Lungenanlage theils rudimentär bleibt, theils gänzlich fehlt. Von diesen Autoren wird angegeben, dass die Respiration theils durch die Haut, theils durch den Darm geleistet wird. CAMERANO weist auf eine Respirazione buceo-pharingea hin. Es muss demnach hier in der Schleimhaut der Mundhöhle ein respiratorisches Gefäßnetz bestehen. Über dessen Ausbildung und Anordnung fehlen aber ge- nauere Angaben und Abbildungen. Eine Rückbildung der Lungen kann naturgemäß nur eintreten, wenn diese Organe funktionslos werden, d. h. wenn die ihnen zukommende Leistung von anderen Organen in einer für den Organismus genügenden Weise übernom- men wird. Das setzt schon voraus, dass bei den Amphibien mit wohlausgebildeten Lungen eine Einrichtung besteht, welche bei stärkerer Entfaltung die Lungen überflüssig macht. Es ist schon lange bekannt, dass die Hautathmung auch bei Fröschen eine große ! WıLDEr, Lungenlose Salamandriden. Anatom. Anzeiger. Bd. IX. Nr. 7. 1894; und Lungless Salamanders. Anatom. Anzeiger. Bd. XII. Nr. 7. 1876. ? CAMERANO, Ricerche anatomo-fisiologiche intorno ai Salamandridi nor- malmente apneumoni. Atti d. R. Accadem. delle scienze Torino. Vol. XXIX. 1594; und Nuove ricerche intorno ai Salamandridi normalmente apneumoni ete. Anatom. Anzeiger. Bd. XII. 1896. Nr. 4 und 5. 3 LÖNNBERG, Notes on tailed Batrachians without lungs. Zool. Anzeiger. - Bd. XIX. 1896. Nr. 494. 200 F. Maurer Rolle spielt. Es ist hier ein subepitheliales Gefäßnetz ausgebildet. Von den Brüdern Sarasin ist ein Eindringen von Blutkapillaren in die Epidermis bei Ichthyophys als wahrscheinlich geschildert wor- den. Es ist wohl möglich, dass dieser Einrichtung ebenfalls respi- ratorische Bedeutung zukommt. Es mögen meine Schilderungen hier anzuschließen sein. Bei unseren einheimischen Amphibien besteht in der Mundhöhlenschleimhaut ein Blutkapillarnetz, das zur respiratori- schen Funktion geeignet erscheint, besonders dadurch geeignet, dass der Plexus nicht subepithelial bleibt, sondern auch in das Epithel eindringt. Wir sind hiermit schon auf die physiologische Bedeutung dieses histologischen Bildes gekommen. Ich habe seither stets nur von der respiratorischen Bedeutung dieser Einrichtung gesprochen. Es fragt sich nun, ob diese Leistung die Veranlassung zur Entfal- tung des intraepithelialen Kapillarnetzes ist. Dieser Ansicht bin ich nicht. Die Bildung eines subepithelialen Gefäßnetzes hat wohl in erster Linie die Bedeutung, dem Epithel die zu seiner Ernährung nöthigen Stoffe zuzuführen. Wird das Epithel sehr schichtenreich, so dringen ernährende Bahnen auch zwischen seine Zellen ein. So mag der lymphatische Gefäßplexus in der Epidermis vieler Fische verständ- lich sein. Auch die Anregung, dass Blutkapillaren in das Epithel eindringen, mag durch die Bedürfnisse des Epithels in erster Linie geboten sein. Wird der hierdurch geschaffene nähere Kontakt des Blutes mit dem umgebenden Medium durch den ermöglichten Gas- austausch auch für den Gesammtorganismus bedeutungsvoll, so kann diese sekundäre Beziehnng allerdings Veranlassung werden, dass die Vascularisirung des Epithels in respiratorischem Sinne eine wei- tere Ausbildung erfährt. Eine weitere Einrichtuug erscheint in dieser Beziehung fernerhin von Bedeutung, das ist die Flimmerung des Mundhöhlenepithels. Durch die Flimmerung wird naturgemäß eine fortwährende Bewegung des äußeren Mediums hervorgebracht. Das betrifft direkt den Schleim in der Mundhöhle, indirekt die daselbst vorhandene Luft. Von Interesse hierfür sind die oben angeführten Angaben von GAGE, welche die Entwicklung des Flimmerepithels betreffen. Bei Larven und perennibranchiaten Formen fehlt das Flimmer- epithel in der Mundhöhle. Die Ausbildung des Flimmerepithels in der Mundhöhle mag in oben angedeutetem Sinne mit der Vasculari- sirung dieses Epithels von Bedeutung für die Respiration sein. Es wäre von Interesse, die lungenlosen Amphibienformen genauer in Blutgefäße im Epithel. 201 dieser Richtung zu untersuchen; immerhin erscheint es wichtig, dass auch bei Formen mit wohlausgebildeten Lungen Einrichtungen an der Mundhöhlenschleimhaut bestehen, welche diese zu einer Betheiligung an der Respiration fähig machen. Heidelberg, December 1896. Erklärung der Abbildungen. Tafel XI. Fig. 1. Senkrechter Schnitt durch die Schleimhaut von der Mitte des Gaumens einer ausgewachsenen Rana temporaria. E Schleimhautepithel; S bindegewebige Grundlage der Schleimhaut; C Blutkapillar, vom Binde- gewebe aus ins Epithel eindringend; ce, Querschnitte durch Blutkapillare zwischen den Zellen des Epithels. Ein gleicher Schnitt. C subepitheliale Blutkapillare; c, intraepitheliale Blutkapillare. E und S wie Fig. 1. Fig. 3. Querschnitt durch den Vorderkopf einer jungen Rana esculenta, zwei Wochen nach der Metamorphose. Ventrale Kopfhilfte. M Mundhöhle; Z Zunge; E Epithel der Schleimhaut des Bodens der Mundhöhle; E, Epithel der Gaumenschleimhaut; in E und E, sind mit brauner Farbe die ins Epithel eindringenden Blutkapillaren angedeutet. Bei x und x, y und y, scharfe Grenze des flimmernden Mundhöhlenepithels gegen das in die Oberhaut übergehende mehrschichtige Plattenepithel. O Oberkiefer-, U Unterkieferquerschnitt; B Schädelbasis; B.O Lage des Bulbus oculi. Fig. 4. Der Bezirk x, der Fig. 3 bei starker Vergrößerung. « Epithelgrenze; E Gaumenepithel; Z, mehrschichtiges Plattenepithel des Kieferrandes, in die Epidermis sich fortsetzend; c subepitheliale Blutkapillare; c, dieselben zwischen die Zellen des Gaumenepithels eindringend; e,, in- traepitheliale Blutkapillare. Fig. 5. Senkrechter Schnitt durch die Schleimhaut von der Mitte des Gaumens einer erwachsenen Salamandra maculata. 250/11. E Schleimhaut- epithel; S bindegewebigeGrundlage der Schleimhaut; e subepitheliales Blutkapillar, in das Epithel eindringend; ec, intraepitheliale Blutkapillare. Fig. 6. Senkrechter Schnitt durch die Schleimhaut der Mitte des Gaumens eines erwachsenen Triton alpestris. 250/1. Bezeichnungen wie Fig. 5. bo Fig. Das Knorpelskelet des äusseren Ohres der Mono- tremen — ein Derivat des Hyoidbogens. Von Prof. Dr. Georg Ruge in Amsterdam. Mit 6 Figuren im Text. Die mit den Weichtheilen der Ohrmuschel der Monotremen ge- machte Bekanntschaft lenkte das Interesse auch auf das knorpelige Gebilde selbst. Dieses ergab sich mit seinen Fortsatzbildungen als ein Produkt der Hautmuskulatur, welche dem Gebiete des Nervus facialis unterbreitet ist. In Ubereinstimmung hiermit dienen die be- deutsamsten Bestandtheile der Ohrmuschel denn auch zur Anheftung von theilweise sehr selbständigen Muskeln. Der innige Connex zwi- schen beiden ließ die Interpretation zu, dass die aktiv wirksamen Elemente auf das mehr passive Stützgewebe formativ eingewirkt hatten. Die Ursache der Gestaltungsweise der Ohrmuschel liegt dem- nach bereits bei den Monotremen, welche, so weit bekannt, die ein- fachsten Zustände im Bereiche der Muskulatur erkennen lassen. Die Frage nach der Herkunft des zur plastischen Umformung geeigneten Knorpelgewebes des äußeren Ohres hat meines Wissens eine befriedigende Beantwortung bisher nicht gefunden. Verschiedene Möglichkeiten der Beantwortung sind ja denkbar. Der Knorpel der Ohrmuschel könnte an Ort und Stelle sich angelegt haben und als eine Bildung des Integumentes sich verrathen. In diesem Falle würde nach der Ursache gesucht werden müssen, welche zur lokalen Entstehung des ersten Knorpelgewebes Veranlassung gab. Andere Möglichkeiten der Genese der knorpeligen Ohrmuschel werden nahe gelegt, sobald deren Verband mit dem knorpeligen Morpholog. Jahrb. Bd XXV. | Hana esculenta, & RTL, 02. re U, REN ee 7 —_ 7. Meurer del Wilhelm Engelmann in spe. Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 903 Gerüste des äußeren Gehörganges in Betracht gezogen wird. Da der Verband zwischen beiden Abschnitten ein sehr inniger ist, so eröffnet sich die Perspektive, dass die Ohrmuschel dem äußeren Gehör- gange ihren Ursprung verdanke. Einer solchen Annahme stellen sich indessen Schwierigkeiten entgegen; denn der Knorpel des äußeren Ge- hörganges lässt seine Bedeutung allein als Stütze der Wandung des Kanales zu Tage treten, welcher die Schallwellen dem Trommelfelle zuführt. Er ist beinahe jeglicher Beziehungen zu muskulösen Appa- raten bar, so dass solche bei seiner Bildungsgeschichte wohl schwer- lich in Rechnung gebracht werden können. Wenn daher die knor- peligen Skeletstücke den Wechselbeziehungen zwischen sich und der Muskulatur ihre Ausbildung mit verdanken, so wird für den Fall einer lokalen, getrennten Anlage wohl der knorpeligen Ohrmuschel die erste und bedeutendste Rolle zugefallen sein, und von ihr aus dürfte dann viel eher der knorpelige Gehörgang entstanden sein, als die Ohrmuschel vom Gehörgange ableitbar wäre. Bleibt es wegen des engen Zu- sammenhanges beider Abschnitte mit einander immerhin denkbar, dass der eine Abschnitt die Matrix für den anderen gewesen sei, so würde in dieser Hinsicht zu entscheiden bleiben, welcher von beiden Abschnitten der phylogenetisch ältere wäre. Dies ist aber an der Hand der Thatsachen zur Zeit nur dahin zu beantworten, dass, da Gehörgang und die terminale Ohrmuschelbildung immer gleichzeitig angetroffen werden, beide ein Continuum formen und als solches gleichzeitig in die Erscheinung getreten sind. Aus der einheitlichen Anlage dürften sich allmählich ein zuleitendes Schallrohr und eine terminale, den Schall auffangende Bildung, welche durch die Mus- kulatur zugleich verengert oder erweitert werden konnte, gesondert haben. Und wiederum erhebt sich die Frage, ob das einheitliche, für Gehörgang und Muschel bestimmte Stützgewebe selbständiger Entstehung sei, oder ob es aus einer bereits vorhanden gewesenen Keimstätte sich herleiten lasse. Als derartige Keimstätten kommen verständlicher Weise die benachbarten, knorpelig präformirten Skelet- stücke in Betracht, welche am Cranium, speciell am Os tympani- cum, die nachbarlichen Beziehungen zu dem knorpeligen Gehörgange pflegen. | Meine Untersuchungen haben nun die Thatsache ans Licht ge- bracht, dass der knorpelige Gehörgang bei Echidna in einem sehr engen Zusammenhange mit dem zweiten, primären Bogen des Vis- ceralskelettes, mit dem Hyoidbogen, sich befindet. Es handelt sich um denjenigen Theil des Zungenbeinbogens, welcher als Proc. styloides 204 Georg Ruge dem Cranium sich fest anlegt und bei höheren Formen zu ossifieiren pflegt. Die Befunde bei Ornithorhynchus weichen von denen bei Echidna hier und dort ab; sie sind einerseits primitiver und anderer- seits differenter, so dass die Befunde sich gegenseitig ergänzen. Der Hyoidbogen hat, nachdem zuvor der Grund zur Anlage des Stapes durch Abgliederung eines dorsalen Stückes gelegt worden ist, seine Bildungsfähigkeit noch einmal bei den Promammaliern bethätigt und das knorpelige, äußere Ohr entstehen lassen. Die hier vorgetragene Ansicht soll im Folgenden näher begründet werden, und zwar ausschließlich durch die Darstellung der anato- mischen Einrichtungen bei Monotremen. Durch die Feststellung der einschlägigen ontogenetischen Vorgänge, sowie durch ausgiebigere vergleichend-anatomische Forschungen wird das hier Gewonnene später zu prüfen sein. Befunde bei Echidna. Das in das Tympanicum eingelassene Trommelfell nimmt nahezu eine horizontale Lage ein. Der Hammer ist in großer Ausdehnung (etwa 5 mm) mit der Membrana tympanica verwachsen. Die Verwach- sungslinie ist nahezu quergerichtet; sie weicht jedoch median- und oralwärts von dieser Richtung etwas ab. Die beiderseitigen Hammer- griffe konvergiren demgemäß median- und vorwärts. Der Verbin- dungsstelle mit dem Hammer entsprechend ist das Trommelfell an seiner Außenwand eingebuchtet. Die Bucht macht sich lateral zwi- schen den frei auslaufenden Enden des Annulus tympanicus nur wenig bemerkbar; sie gestaltet sich indessen median- und vorwärts tiefer. Auf diese Weise vertieft sich auch der napfförmige Raum, dessen Boden das Trommelfell, dessen Ränder das Tympanicum bilden, in median-oraler Richtung in sehr erheblicher Weise. Zwischen den Enden des lateral offenen Paukenringes setzt sich das Trommelfell in lateraler Richtung auf den Kopftheil des Ham- mers fort. Dieser liegt in einem bei ventraler Ansicht (Fig. 1) auf- wärts gegen das Petrosum vertieften Raume. Der von der lateraleu Fortsetzung des Trommelfelles überzogene Hammerkopf bildet gemäß seiner beinahe horizontalen Stellung den lateralen Dachtheil des äußeren Gehörganges. Das Trommelfell stellt sich dem gegenüber als ein mediales Dach des Gehörganges dar. Beide Abschnitte dieses Daches sind durch eine abwärts vorspringende Falte abgesetzt, welche von dem vorderen Arm des Tympanieum aboralwärts gerichtet ist. Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 205 Diese Falte ist auf der Fig. 1 rechts dargestellt. Der knöcherne, kräftige lange Hammerfortsatz verläuft vorwärts, lehnt sich dabei dem Tympanicum innigst an, von dessen vorderer Branche er frei ausläuft. Das Tympanicum ist mit dem Schläfenbeine allenthalben der- artig syndesmotisch verbunden, dass an ihm auf Druck nur minimale Verschiebungen wahrgenommen werden. Diesen Bewegungen folgt der mit dem Tympanicum verbundene Proc. folianus des Hammers. Am inneren, konkaven Rande des Paukenringes ist eine nahezu horizontal gestellte Platte angeheftet. Diese dehnt sich lateral zwischen dem freien vorderen und hinteren Ende des Paukenringes aus; sie schließt gemeinsam mit dem Trommelfelle und den konkaven Flächen des jz Tympanicum einen Raum ab, des- \ N 4)\ Mass. RY \ ea A Meee sen vertikaler Durchmesser late- tes as ral klein ist, medianwärts aber ” ial fo \ inion) (AQRS7 at and nach Maßgabe der Vertiefung des ““ | + re eal »Umbo« größer wird. Der Raum hängt zwischen den freien Enden des Paukenringes, jener zwischen dem Tympanicum ausgespannten Platte sowie jener erwähnten Grenzfalte mit dem lateralen, ventrale Ansicht des Schädels von Echidna. 2/3. halbmondförmigen Raume zusam a re an men, in dessen Tiefe der Kopf ist der letztere entfernt, um das Tympanieum, die des Hammers sich befindet. Der !unlrns tynnsn: un ten Hammer been a schmale Spaltraum zwisehen rynx wird der Gaumen mit seinen Papillenbildungen Trommelfell und tympanaler an Schlussplatte ist der blindgeendigte, tympanale Anfang des äußeren Gehörganges. Dieser setzt sich lateral in einen mehrfach gewundenen Kanal fort, dessen Wand ihrerseits an die tympanale Schlussplatte sich anfügt und von dieser aus zwischen den freien, einander ent- gegengerichteten Enden des Tympanicum auf die Ränder der halb- 206 Georg Ruge mondförmigen Grube sich fortsetzt, in deren Tiefe der Kopf des Hammers sich befindet. Es handelt sich also bei den Wandungen des äußeren Gehör- ganges um zwei Strecken. Die eine derselben schließt die festen Wandungstheile in sich, das Trommelfell, den Paukenring sowie die straff ausgespannte basale Schlussplatte dieses tympanalen Abschnittes des äußeren Gehörganges. Die andere Strecke umfasst die Wan- dungen des mehr beweglichen, dem Schädel verhältnismäßig nur locker angefügten, eigentlichen Gehörganges, welcher terminal in die schön geformte Ohrmuschel ausläuft. Die erste Strecke des äußeren Gehörganges wurde zuvor die tympanale geheißen. Sie empfängt durch die Beziehungen der basalen Schlussplatte mit dem Hyoidbogen größte Bedeuturg für die Beurtheilung des äußeren Gehörganges überhaupt. Diese Beziehun- gen äußern sich in der folgenden Weise. Der Hyoidbogen, welcher von der Copula bis zum Schädel reicht und dem Temporale sich fest anfügt, ist in drei, fast in rechten Winkeln zu einander gestellte Stücke gegliedert, von denen der mediale vorwärts gerichtet und größtentheils verknöchert ist. Ihm ist das Mittelstück oralwärts angefügt, welches dorsal-, zugleich ein wenig caudal- und lateralwärts sich erstreckt; es ist knorpelig ge- blieben. Das letzte craniale Stück des Hyoidbogens, im vorwärts offenen Winkel dem Mittelstücke angefügt, dehnt sich als solider Knorpelstab nach vorn, lateral- und zugleich dorsalwärts gegen den Annulus tympanicus hin aus. Hinter diesem angelangt, spaltet sich der Knorpelstab in zwei Spangen. Die eine derselben zieht lateral- wärts und fügt sich dicht hinter der halbmondförmigen Grube dem Schläfenbeine innigst an. Diese craniale Spange entspricht einem Theile des Processus styloides höherer Formen. Hinter ihrer eranialen Verbindung verlässt der Facialis den Schädel. Sie ist auf beiden . Seiten der Fig. 1 erkennbar. Die andere Spange des Cranialstückes des Hyoidbogens ist vorwärts gerichtet; sie schiebt sich in einer Breite von circa 3 mm über den hintersten Schenkel des Annulus tympanicus hinweg und dehnt sich gegen den vorderen Schenkel des Paukenringes aus. Dabei bildet diese vordere Spange des Hyoidbogens den Hauptbestand jener festen basalen Schlussplatte des blindgeendigten Anfangsstückes des äußeren Gehörganges (siehe rechts auf Fig. 1; links ist die zur Platte ausgewachsene Spange abgeschnitten). Die Spange ist nämlich zu einer Knorpelplatte an- geschwollen, welche in Anpassung an die konkave Cirkumferenz des Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 207 Tympanicum allenthalben bedeutsame Flächenvergrößerung aufweist. Die ansehnlichste und die in morphologischer Hinsicht bedeutsamste _ Ausdehnung nimmt die Platte indessen in der lateralen Richtung, indem sie hier einen sehr innigen Zusammenhang mit dem Knorpel- gerüste des beweglichen lateralen Theiles des äußeren Gehörganges eingeht. Die tympanale, knorpelige Platte ist unzweifelhaft ein Produkt des Hyoidbogens; sie ist ein bei anderen Formen zuvor nicht be- kannt gewordenes Gliedstück des Visceralskelettes überhaupt. Sie erweist sich in ihren Grenzkontouren als ein integrirender Theil des Hyoidbogens. Diese Erscheinung tritt an vier von mir unter- suchten Schädeln so deutlich zu Tage, dass man von ihr leicht am Objekte sich wird überzeugen können. Der tympanale Plattenfort- satz des Hyoidbogens ist, wo er den hinteren Schenkel des Pauken- ringes passirt, diesem fester angefügt. Entsprechend dieser Ansatz- stelle lässt die Platte nach sorgfältigster Säuberung eine quere weißliche Linie erkennen, welche der Ausdruck einer begonnenen Abgliederung des tympanalen Plattenstückes von dem mit dem Proc. styloides noch unmittelbar zusammenhängenden Knorpelstabes ist. Die tympanale Platte wurde durch die Abgliederung dem für Be- wegungen zugänglichen Hyoidstücke entrückt; sie gewann dadurch wohl an eigenem funktionellen Werthe. Die zwischen dem Annulus tympanicus und dem freien Rande der tympanalen Knorpelplatte befindliche, halbmondförmige Lücke ist von einer festen Bindegewebsmembran ausgefüllt, welche wie die Knorpelplatte mit der epithelialen inneren Auskleidung des äußeren Gehörganges eng verlöthet ist. Diese bindegewebige Mem- bran ist rechts auf der Fig. 1 nicht dargestellt, so dass das Trommel- fell zwischen Tympanicum und tympanaler Knorpelplatte in der Tiefe mit der Spitze des Hammergriffes sichtbar wird. Die genetische Einheitlichkeit zwischen Hyoidbogen und dem tympanalen, plattenförmigen Fortsatze springt nach dem ganzen Habitus dieser Gebilde sowie vor Allem nach der Art von deren Verbindung auf das deutlichste in die Augen. Die Thatsache lässt, wie ich meine, keinen Zweifel darüber zu, dass der Beginn des äube- ren Gehörganges knorpelige Wandtheile vom Hyoidbogen empfängt. Im Besitze dieser Erkenntnis wenden wir uns zu der näheren Betrachtung der Wandungen des beweglichen äußeren Gehörganges. Der tympanale Plattenfortsatz des Hyoidbogens ist lateralwärts ausgezogen und hängt hier mit dem knorpeligen Skelette des be- Morpholog. Jahrbuch, 25. 14 208 Georg Ruge weglichen Gehörkanales zusammen, und zwar durch eine transver- sale, 1,5 mm schmale Verbindungsbrücke, welche etwa in der Mitte in die mediale knorpelige Gehörgangsplatte sich einsenkt und in deren hintere Fläche fortgesetzt ist. Die Verbindungsbrücke fällt mit derjenigen Wandstrecke zusammen, an welcher der bewegliche Ge- hörgang senkrecht zu der tympanalen, festeren Strecke gestellt ist und ventralwärts verläuft. Diese Knickung, zugleich im Verbande mit der Beweglichkeit des lateralen Gangstückes, bedingte eine Glie- derung in dem Knorpelstabe, ohne die Einheitlichkeit der äußeren Form beider Abschnitte verschwinden zu lassen. Es hat sich die Gliederung einer genetisch einheitlichen Knorpelplatte hier in ähn- licher, obschon in prägnanterer Weise vollzogen, als wie eine solche zwischen dem Hyoidbogen- und dem tympanalen Plattenfortsatze durchgeführt ist. Der laterale Fortsatz der tympanalen Platte, welcher sich im innigen Zusammenhang mit dem Knorpel des Gehörganges befindet und durch seine Grenzkontouren deutlich in diejenigen der beiden Knorpelwandungen sich fortsetzt, könnte füglich auch als ein me- dialer Fortsatz des äußeren Gehörganges zu der tympanalen Knorpel- platte beschrieben werden. Er ist das Dokument für die genetischen Beziehungen der knorpeligen Wandungsabschnitte zu einander (vgl. Fig. 1, rechts). Ich finde dies Verbindungsstück verschieden ent- wickelt. Am meisten knorpelartig war dasselbe an dem Exemplare, welches für die Fig. 1 die Unterlage bildete. So weit der laterale Abschnitt des Gehörganges eine einheit- liche Knorpelwandung besitzt, darf diese wegen ihres Zusammen- hanges mit der tympanalen Platte in gleicher Weise wie die letztere als ein Produkt des Hyoidbogens gedeutet werden. Wollte man dem nicht beistimmen, so könnte man seine Zuflucht zu Meinungen nehmen, welche eines thatsächlichen Bodens entbehren; während die Annahme der Abgliederung des knorpeligen äußeren Gehörganges vom Visceralskelette des Fremdartigen durch den Thatbestand bei Echidna beraubt ist. Nachdem einmal die Aufmerksamkeit auf diese Verhältnisse gelenkt ist, wird die Untersuchung an dem Semon’schen entwicklungsgeschichtlichen Materiale wahrscheinlich sehr bald weitere Daten zu Tage fördern. Mittlerweile sei weiterhin auf die wichtige Thatsache hingewiesen, dass in der Verlängerung jener tympanalen Verbindungsbrücke am äußeren Gehörgange ein einheitlicher Knorpel- stab gefunden wird, welcher vom Tympanicum bis zur Concha auri- eulae sich ausdehnt. Um die Lage dieses Knorpelstabes zu verstehen, Fe Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 209 haben wir über den Verlauf des äußeren Gehörkanales uns zu orien- tiren, welcher drei Strecken unterscheiden lässt, die ihrerseits je etwa senkrecht zu einander gestellt sind. Die erste Strecke steht senkrecht zur Schädelbasis, mithin auch zur tympanalen Schlussplatte; sie geht lateral vom Tympanicum aus und erstreckt sich ventralwärts. Sie ist auf der Fig. 1 seitlich ver- lagert worden, um ihren Zusammenhang mit der tympanalen Knorpel- platte erkennen zu lassen. Ihre Länge betrug bei einem Exemplar 9 mm. Die zweite Strecke des Gehörganges, etwa 14 mm lang, ist vor- und lateralwärts gerichtet. Die dritte Strecke, von 21 mm Länge, Fig. 2. Fig. 3. Co. er Laterale Fläche des Knorpelskelettes des äuße- ren rechten Ohres von Echidna. 1/l. Die Ohr- muschel lässt etwa in ihrer Mitte die Öffnung eines Kanales erkennen, Die punktirten Flächen stellen das aus hyalinem Knorpel aufgebaute Skelet des äußeren Ohres dar. Mediale Ansicht des Knorpelskelettes des äuße- ren rechten Ohres von Echidna. 1/1. An der flach konvexen Fläche der Concha ist der Inser- tionstheil des M. auricul. post. erhalten. Über dessen Durchschnittsrande öffnet sich das Ka- nälchen, das auch auf Fig. 2 zu sehen ist. wendet sich dorsal- und caudalwärts; sie übernimmt den Übergang in die Ohrmuschel. Die erste Strecke ist an ihrer hinteren Fläche mit dem durch- laufenden Knorpelstreifen belegt. Dieser entsendet sowohl zur me- dialen als auch zur lateralen Wandfläche scharf beränderte Knorpel- fortsätze, welche an der vorderen, oralen Fläche des Gehörganges von einander getrennt bleiben, indessen verbunden sind durch eine zwischen ihnen sich ausbreitende Bindegewebsmembran. Die zweite Strecke des beweglichen äußeren Gehörganges ist an ihrer unteren (ventralen) Fläche durch den einheitlichen Knorpel- streifen gestützt. Von ihm gehen wieder mediale und laterale 14* 210 Georg Ruge Knorpelfortsätze aus, aber in dorsaler Richtung. Diese Fortsätze befassen zwischen sich eine membranöse, dorsale Wandstrecke (vgl. Figg. 2 und 3). Die dritte Strecke empfängt ihre Skeletwandung durch den einheitlichen Knorpelstreifen an der lateralen Fläche. Bei Betrach- tung des Gehörganges von außen (Fig. 2) erkennt man, dass der durchlaufende Knorpelstreifen am Übergange zur zweiten Strecke von der ventralen Fläche her zur lateralen gelangt, um diese schräg zu passiren. Eine größere Anzahl von Knorpelfortsätzen heben sich von dem Streifen ab und erscheinen als Stützelemente sowohl in der vorderen als auch in der hinteren Wandfläche. Diese Knorpelstäb- chen sind an der medialen Wand der dritten Strecke des Gehör- ganges nicht vereinigt (Fig. 3); zwischen ihnen dehnt sich die binde- gewebige Membran aus. Der einheitliche Skeletstreifen, ein Bestandtheil der Wandungen des gesammten Kanales, berechtigt uns dazu, den letzteren als ein genetisch einheitliches Gebilde aufzufassen, welches in bedeutsamer Weise ausgewachsen und mit seiner Verlängerung Krümmungen eingegangen ist, wodurch schärfer von einander zu Tage tretende Theilstrecken zu Stande kamen, welche die morphologische Einheit- lichkeit der Bildung natürlich nicht beeinträchtigen können. Die nach beiden Seiten vom einheitlichen Knorpelstreifen ausgehenden kleinen Stäbchen können die Vorstellung nur befestigen, dass in dem Streifen die eigentliche Stammplatte für den äußeren Gehör- gang erhalten geblieben ist, dass diese durch den Zusammenhang mit der tympanalen Knorpelplatte auch wirklich im genetischen Ver- bande mit derselben sich befindet. Es liegt keine Erscheinung vor, wonach diese »Stammplatte« etwa als das Produkt einer Konkrescenz von Knorpelstäbchen ausgegeben werden müsste. Diese erscheinen vielmehr nur als Fortsätze der Platte. Wenn die Anschauung von der Einheitlichkeit des Skelettes der Gehörgangswandungen, von der Zusammengehörigkeit dieses Ske- lettes mit dem Hyoidbogen als begründet und gesichert gelten darf, so kann nunmehr auf neue wichtige Erscheinungen hingewiesen wer- den, welche die Entstehungsgeschichte auch der Ohrmuschel bei Echidna beleuchten. Die Ohrmuschel ist, das drängt sich uns zunächst auf, die Fort- setzung des äußeren Gehörganges. Ihr knorpeliges Skelet ist in die Form einer flachen Schale gebracht, deren vertiefte Fläche die late- rale ist. Die Gestalt der Muschel ist eine ovale. Das Endstück, Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 9 welches in der Verlängerung des Gehörganges liegt, ist das spitze Ende des Ovals; es ist leicht abgerundet. Der Längsdurchmesser liest also in der Verlängerung des Gehörganges; er verhält sich zum Querdurchmesser wie 3 zu 2. Die Spitze der Concha ist dorsal- und caudalwärts gerichtet. Die Figg. 2 und 3 geben die Ohrmuscheln in ihrer natürlichen Lage im Körper wieder. Der vordere Rand ist demnach gleichfalls ein wenig dorsalwärts gerichtet, während der aborale Rand der Muschel eine Neigung gegen die ventrale Fläche zeigt. Die flache Knorpelschale läuft vor- und aufwärts in einen scharf geschnittenen Rand aus, welcher keinerlei Besonderheiten auf- weist. Der hintere Muschelrand ist indessen, einen Centimeter von der Ohrspitze entfernt, nach außen ein wenig umgerollt. Dieser um- gerollte Rand gestaltet sich gegen den Gehörgang zu. einer breiten lateralen Fläche, welche in die laterale Wand des Gehörganges fort- gesetzt ist. Auf diese Weise wird der betreffende Theil der Muschel- höhlung gegen den letzteren selbst in einen Hohlraum umgestaltet. Verfolgt man den äußeren Gehörgang zur Muschel, so lässt sich zunächst deutlich erkennen, dass die laterale Wandung des ersteren (Fig. 2) direkt auf den lateralwärts umgerollten, aboralen Muschel- rand fortgesetzt ist; und zwar ist es der einheitliche Knorpelstab des Gehörganges, welcher in ihn übergeht und sich bis’ an den freien Rand der Krempe verfolgen lässt. .Es lässt sich also an diesen Stellen keine scharfe Grenze zwischen Gehörgang und Ohrmuschel angeben, und diese Thatsache an sich zeugt für die Einheitlichkeit beider Bildungen. Die Anzahl der von der einheitlich durchlaufenden Leiste des Gehörganges ausgehenden medialen und lateralen Knorpelstäbchen beträgt an der medialen Fläche 25, an der lateralen aber nur 21. Denkt man sich senkrecht zur Längsachse des Gehörganges durch das letzte laterale Knorpelstibchen, das 21., eine Ebene gelegt, so ragen drei mediale Stäbehen über diese Ebene gegen die Concha hin aus. Etwa in gleicher Höhe mit diesen drei medialen Fortsätzen sieht man lateral (Fig. 2) einen kräftigen, 1 cm langen Fortsatz vor- wärts sich ausdehnen und frei endigen. Durch hellere Linien ist er von der Stammplatte der Concha abgesetzt. Zwischen beiden ist ein dreieckiges Stück eingekeilt; es nimmt Antheil an der Bildung des umgekrempelten, aboralen Randtheiles. Der lange freie, vor- dere Fortsatz stimmt seiner Lage nach mit den lateralen Stäbchen der Stammplatte des Gehörganges überein und, von dieser selbst ausgehend, hinterlässt er den Eindruck eines umgewandelten der- 212 Georg Ruge artigen Gebildes. Trifft diese Vorstellung zu, so kann auch das dreieckige kleine Randstück als ein umgewandeltes laterales Knorpel- stibchen, wenigstens als eine diesem gleichwerthige Bildung, gelten. Wie dem auch sei, die Concha lässt hier eine Gliederung erkennen, deren Elemente an die einheitliche Stammplatte des Gehörganges sich angliedern. Der umgerollte Randtheil zeigt oberhalb des letzten medialen Knorpelstäbehens, des 25., im Anschlusse an die Stammplatte eben- falls eine allerdings nur undeutliche Gliederung. Man könnte glauben, dass es sich auch hier um in die Concha übergegangene mediale Stäbehen handele, und zwar um so mehr, wenn man oberhalb des letzten medialen Stäbehens die Muschel mit unterem scharfen Rande sich über das Knorpelstiibchen hinwegbegeben sieht, was die mediale Ansicht auf der Fig. 3 zeigt. Hier könnte die ganze Ohrmuschel als ein sehr stark entwickeltes mediales Knorpelstiibchen oder als eine Kon- krescenz aus mehreren solchen Stäbchen angesprochen werden. Aus diesen Befunden allein ist aber nicht zu entnehmen, ob nicht eine sekundäre Gliederung einer einheitlichen Bildung in mehrere Stücke vorliege. Die bindegewebige Membran, welche sich zwischen den Enden der medialen und lateralen Knorpelfortsätze befindet und die Wand des Gehörganges medial abschließt, fügt sich dem unteren Rande der Concha an (Fig. 3). Trotz der genauesten, makroskopischen Untersuchung habe ich an der Ohrmuschel keine deutlichen Anzeichen mehr wahrnehmen können, welehe auf eine Zusammensetzung aus noch mehreren Glied- stücken oder auf eine sekundäre Gliederung einer ursprünglich ein- heitlichen Platte hindeuteten. Vielleicht könnte auf einen kleinen Kanal hingewiesen werden, welcher die knorpelige Muschel in deren Mitte durchsetzt. Es sind also untrügliche Kennzeichen anzuführen, welche für die Kontinuität beider Abschnitte des Skelettes des äußeren Ohres Zeugnis ablegen, Kennzeichen zugleich für die wahrscheinlich erst vor Kurzem erfolgte Umwandlung eines Theiles der Knorpelwand des äußeren Gehörganges in die knorpelige Ohrmuschel. Die Mo- mente, unter welchen die reichliche Ausgestaltung der Form des peripherischen Abschnittes sich hat vollziehen können, liegen wohl in dessen nahen Beziehungen zur Muskulatur. Diese, in subeutaner Lagerung am Kopfe und Halse auftretend, entstammt der primi- tiven Muskulatur des Hyoidbogens. Diese hat sich von letzterem befreit, um bei den Monotremen aber nochmals engere Beziehungen Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 913 zu einem neuen Derivate des Hyoidbogens, zum Skelette des äußeren Ohres aufzunehmen. Der hier vorgeführte Thatbestand erscheint als ein treues Unter- pfand für die ihm gegebene Bedeutung. Es handelt sich nicht um hypothetische Betrachtungen, sondern um das Ablesen dessen, was im Buche der Natur über die Generationen von Skelettheilen, welche zu einem gemeinsamen Stamme gehören, sich uns erhalten hat. Es mag dabei zunächst unentschieden bleiben, ob diejenigen Theile der Ohrmuschel, welche gegliedert sind, die Gliederung als Residuen der Konkrescenz aus Knorpelstiibchen des äußeren Gehörganges in sich tragen, oder ob dieselben die Gliederung aus einer einheitlichen Bildung entnommen haben. Die Grundanschauung von der Einheit- lichkeit von Gehörgang und Ohrmuschel kann, wie auch die Ant- wort falle, dadurch nicht berührt werden. Das in Europa sich befindende embryologische Echidna-Material wird manche Fragen klar stellen können. Dasjenige Entwicklungs- stadium wird ausschlaggebend sein, in welchem der Knorpel des äußeren Ohres vom Hyoidbogen aus angelegt wird. Sollte, was wegen der phylogenetischen Jugend des äußeren Ohres nicht zu vermuthen ist, eine sehr frühzeitige Abgliederung des Ohrmuschel- Knorpels vom Hyoidbogen erfolgen, so kann das wichtige Stadium fehlen. Das, was der anatomische Befund des erwachsenen Thieres verräth, bleibt dann zunächst maßgebend. Stammplatte, mediale und laterale Knorpelstäbehen des äußeren Gehörganges haben natürlich gar nichts zu thun mit strahlenartigen Bildungen, welche dem Visceralskelette zukamen. Phantastischen Ausschweifungen zu derartigen Erklärungsversuchen wird man sich hoffentlich nicht hingeben. Das ganze äußere Ohr ist eine den Mammaliern zukommende Neubildung. Die Art der Gliederung eines Knorpelskelettes erinnert bei Echidna an das reich sich glie- dernde Knorpelskelet der Trachea und der Bronchien, welcher im Verbande mit dem Ary-cricoid-Knorpel ebenfalls nur als das Derivat eines einzigen Visceralbogens ausgegeben werden kann. Das Knorpel- gewebe, einmal zu neuer Thätigkeit verwendet, kann eine uner- schöpfliche Quelle für neues Proliferationsmaterial werden. 214 Georg Ruge Befunde bei Ornithorhynehus!. Sie sind durchaus eigenartig, verhalten sich in mancher Be- ziehung viel primitiver als wie bei Echidna, in verschiedenen Punk- ten aber sehr different. In erster Linie ist der Verband der Skelet- theile des Hyoidbogens und des äußeren Ohres ein um Vieles lockerer seworden, als wie er bei Echidna sich uns entgegenstellt. Dem gegenüber aber und wohl im inneren Zusammenhange hiermit ist die Muskulatur des Hyoidbo- a gens bedeutsame Verbindungen mit dem Skelette des äußeren Ohres eingegangen, welche für die bei Echidna allerdings deut- Ma.\ IN lieher hervorleuchtende Ab- N stammung des letzteren von N dem ersteren auch hier Geltung Mst-hy. gewinnen und bei der Beur- ZINN GE theilung der Befunde bei bei- Mass. TTEEEN\\\ Nee GE - s GF NN, _ den Formen wohl ins Gewicht \ Gen ZN Verbindungen der Mus- kulatur des Hyoidbogens zum Due) äußeren Gehörgange fehlen bei 2 Echidna gänzlich; ihre Existenz na! bei Ornithorhynchus kann als SA eine Anpassung an das Leben im Wasser, wie wir sehen wer- a. Ventrale Ansicht des rechtsseitigen Anfangstheiles den, verstanden werden. Und des knorpeligen Gehörganges von Ornithorhynchus, in hiermit im Verbande befindet Beziehung zur Muskulatur des Hyoidbogens. Der Proc. 5 5 styloides ist in seinem cranialen Stücke erhalten. La- sich dann auch die durch Ab- teral vom Gehörgange erkennt man den Unterkiefer (d.) gliederung vom Hyoidbogen mit den Muskeln. b. Proc. styloides und äußerer knor- ji : = peliger Gehörgang, nach der Entfernung der Muskulatur. entstandene, größere Selbstän- digkeit des verhältnismäßig wenig veränderten äußeren Gehörganges. Der Hyoidbogen entspricht, was seine Anheftung an das Cra- nium betrifft, demjenigen von Echidna. Er erstreckt sich vom Schläfenbeine hinter dem Tympanicum in horizontaler Lage median- 1 Fr. MEcKEu hat den äußeren knorpeligen Gehörgang bereits im Jahre 1826 gut beschrieben. Er macht auf mancherlei Verhältnisse aufmerksam, auf welche auch hier hingewiesen werden muss. Vieles wird hier jedoch, so weit es dem Zwecke dieser Untersuchung entspricht, ausführlicher erörtert werden. Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 915 wärts (Fig. 4). Leicht gebogen, die Konkavität vorwärts gekehrt, schließt er mit diesem vorderen, konkaven Rande so unmittelbar an die hintere Wand des Beginnes des äußeren Gehörganges an, dass man ihn als einen Bestandtheil derselben betrachten muss (Fig. 4 0). Nur mit größter Sorgfalt lässt sich die integumentale Auskleidung des Gehörganges vom Hyoidbogen ablösen. Letzterer befindet sich dabei nur in geringer ventraler Entfernung vom Tympanicum. Diese topographischen Beziehungen stimmen im Wesentlichen mit den bei Echidna gefundenen überein und empfangen zunächst durch diese Übereinstimmung ihre Bedeutung. Vor Allem aber ist es bedeutungs- voll, dass auch bei Ornithorhynchus die engste Nachbarschaft des Hyoidbogens mit dem Meatus auditor. ext. nicht in Abrede gestellt werden kann. Der den tympanalen Abschnitt des letzteren um- ziehende »Processus styloides« besteht nicht mehr aus einfachem »hyalinen« biegsamen Knorpel; er hat vielmehr eine festere Be- schaffenheit angenommen und unterscheidet sich in dieser Beziehung von der biegsamen Knorpelspange bei Echidna. Eine tympanale Knorpelplatte sowie jede anderweitige, direkte Knorpelverbindungen des Hyoidbogens mit dem äußeren Gehörgange fehlen jedoch, und darin unterscheidet sich Ornithorhynchus sehr wesentlich von Echidna. Es erstrecken sich aber zwei stärkere Bandmassen vom Hyoidbogen aus, von denen der eine Strang lateral, der andere medial gelegen (Fig. 4 4) ist. Beide gehen nach kurzem Verlaufe in den knorpeligen äußeren Gehörgang über. Diese Thatsache ist wiederum von größerer Tragweite, da die hervorstechendste Festheftungsart des Gehörganges nicht etwa am Tympanicum, sondern vermittels jener Bandmassen am Hyoidbogen erfolgt. Sollte eine solche Verbindung, welehe bei höheren Säuge- thieren fehlt, eine erworbene sein? Im Vergleiche mit dem That- bestande bei Echidna liegt hier wohl nur noch eine Andeutung des - primitiven Zusammenhanges zwischen beiden knorpeligen Skelet- - theilen vor. Und hierfür spricht das genauere Verhalten des An- fangstheiles des knorpeligen Gehörganges. Das Skelet des äußeren Ohres beginnt mit einer rinnenför- mig gestalteten Knorpelplatte, deren freie, scharf auslaufende Rän- der durch eine Bindegewebsmembran vereinigt werden. Die rinnen- förmige Knorpelplatte ist am tympanalen Anfangstheile hinten, lateral Er: medial, entfaltet, an der vorderen Fläche des Gehörganges aber offen. Die laterale sowie die mediale hintere Wandfläche nun a laufen je in jenen derberen Bindegewebsstreifen aus, welcher am 216 Georg Ruge Hyoidbogen seine Festheftung findet. Der mediale Schenkel, mit welchem der rinnenförmige Knorpel eigentlich beginnt, zeichnet sich aus durch Einlagerung kleinster Knorpelstiickchen, welche bis an den Hyoidbogen heranreichen; er stimmt in allen wichtigen Be- ziehungen zum Hyoid und zum tympanalen Beginne des äußeren Gehörganges mit dem tympanalen Fortsatze des Hyoidbogens bei Echidna überein. Der laterale Schenkel besteht in etwas größerer Ausdehnung aus Bandmasse. Zwischen den beiden »hyoidalen« Schenkeln des Rinnenknorpels des Gehörganges zeigt dieser einen Ausschnitt, welcher mit den hyoidalen Schenkeln und dem Hyoid- bogen eine Lücke umschließt. Dieselbe wird durch die hintere Strecke der Epithelwand des Gehörganges von innen her bedeckt. In der Fig. 2 5 ist diese Lücke hell gehalten. Der Anfangstheil des rinnenförmigen Gehörgang-Knorpels ist glattwandig. Der Knorpel bildet hier die ventrale Strecke des Ka- nales und tritt demgemäß auch bei ventraler Ansicht auf Fig. 4 zu Tage. Die dorsalwärts gerichteten freien Kanten der Rinne sind scharf begrenzt, als mediale und als laterale unterscheidbar; sie ver- laufen ohne EKinkerbungen einander etwa parallel und terminalwärts der Ohrmuschel zu (vgl. Fig. 6). Dieses Verhalten unterscheidet sich sehr wesentlich von demjenigen bei Echidna, wo an Stelle einer ein- heitlichen Krorpelrinne eine Stammplatte sowie laterale und mediale Knorpelstäbehen sich haben wahrnehmen lassen. Zwischen den beiden hyoidalen Schenkeln und den sich an- schließenden freien, dorsalen Rändern der tympanalen Strecke des knorpeligen Gehörganges spannt sich eine bindegewebige Schlussplatte des Gehörganges aus, welche Anfangs, und zwar im Bereiche des Tympanicum, an dessen vorderer Umgrenzung sie festsitzt, etwa die Hälfte des Umfanges desselben ausmacht, welche weiter peripher nur noch etwa ein Achtel des Umfanges des Gehörkanales beträgt. Daraus ergiebt sich, dass der tympanale Anfangstheil des beweg- lichen Gehörganges festere Stützen allein an den Seitenwandungen durch jene hyoidalen Schenkel empfängt, welche zugleich gestatten, dass die vordere dorsale membranöse Wandung auch gegen die Skelettheile, welehe hauptsächlich durch das Tympanicum vergegen- wärtigt werden, bewegt zu werden vermag, wodurch auf eine Ver- engerung des hier befindlichen Hohlraumes hingezielt wird. Diesem Zwecke dienen Muskeln des Hyoidapparates, welche Insertion oder Ursprung am knorpeligen Gehörgange besitzen. Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 917 Muskeln des äußeren Gehörganges. Fig. 4a. 1) M. stylo-hyoideus entsteht mittels eines zarten Bündels nahe der basalen Verbindungsstelle vom Hyoidbogen. Das- selbe zieht transversal, kreuzt die ventrale Fläche des Gehörganges und empfängt hier von dessen medialer Wandfläche, nahe der oberen (dorsalen) scharfen Kante der Knorpelrinne, sehr beträchtliche acces- sorische Ursprünge. Sie ziehen medianwärts. Ihre Wirkung wird in einer Veränderung der tympanalen Raumstrecke des Gehörganges sich äußern, welche in dorso-ventraler Richtung verengert werden muss. 2) Ein Abkömmling des M. stylo-hyoideus hat sich, vom Hyoid- bogen auf das Temporale übergreifend, an diesem unmittelbar hinter der eranio-mandibularen Gelenkverbindung seine Ursprungsfläche er- worben (Fig. 4 a, er.-a). Die Ursprungsbündel lehnen sich denen des mächtigen, hier gelagerten Unterkiefermuskels eng an. Sie haben den Verband mit dem Stylo-hyoideus nicht völlig aufgegeben. Das platte Muskelchen wendet sich zur lateralen Wandfläche des tympanalen Anfangstheiles des knorpeligen Gehörganges. Die Fest- heftung erfolgt am oberen scharfen Rande der Knorpelrinne da, wo dieselbe in den lateralen, hyoidalen Schenkel übergeht. Die Wir- kung kann nur in einer Seitwärtsbewegung der lateralen Wandstrecke des Gehörganges beruhen. Erfolgt diese und wirkt gleichzeitig der Stylo-hyoideus mit der vom Gehörgang ausgehenden Portion mit, so muss eine stärkere Abplattung der betroffenen Kanalstrecke, eine Verengerung derselben zu Stande kommen. Der gesammte Apparat kann sehr wohl dem im Wasser sich aufhaltenden Thiere zu Gute kommen; er darf, zumal da er bei Echidna fehlt, als eine Anpas- sung an die Lebensweise von Ornithorhynchus ausgegeben werden. Die Beziehungen der Muskeln des Hyoidbogens zum äußeren Gehörgange dürften andererseits mit als Zeugnisse für den engeren genetischen Verband zwischen beiden Skeletstücken angeführt wer- den, für welchen so viele andere Momente sprechen. Die Gehörgangsmuskeln werden, um einen Abschluss des tym- panalen Anfangsraumes gegen die periphere Kanalstrecke zuwege bringen zu können, den größten Antheil an der Abgliederung des Knorpels gegen den Hyoidbogen genommen haben. Demgemäß wird man in letzter Instanz der Anpassung an das Leben im Wasser die veränderten Zustände am Beginne des äußeren Gehörganges zu- schreiben dürfen, welche-bei Ornithorhynchus sich uns darbieten. 918 Georg Ruge Derartige Anpassungen weist die Organisation des Schnabelthieres unendlich viele auf, so dass hier keineswegs etwas ganz Besonderes vorliegt. Es werden, abgesehen von den verschiedenen äußeren Eigenschaften, nach und nach immer mehr innere Einrichtungen be- kannt werden, welche in ihrer Verschiedenheit bei den beiden Ver- tretern der Monotremen in der verschiedenartigen Lebensweise ihre Erklärung finden. Dass das Fehlen des Marsupium und der Mam- martaschen bei Ornithorhynchus mit der Lebensweise, dem Aufent- halte im Wasser und der Gewohnheit, Nester zu bauen, in Einklang gebracht werden kann, ist andererorts letzthin ausführlich behandelt worden (s. Szmon’s Zoologische Forschungsreisen. 1895). Der knorpelige, äußere Gehörgang beginnt, wie wir ge- sehen haben, als eine Halbrinne; er schließt sich rasch so weit zu einem Rohre ab, dass die freien Ränder der Knorpelrinne nur noch durch eine schmale Spalte von einander entfernt bleiben. Diese ist entsprechend dem Verhalten bei Echidna durch eine Bindegewebs- membran abgeschlossen. Diese am äußeren Gehörgangknorpel auf- tretende Spalte liegt Anfangs, wie wir gesehen haben, an der dor- salen Vorderwand und nimmt weiter peripher ihren Sitz an der Medialfläche ein (Fig. 6). Der äußere Gehörgang wendet sich vom Tympanicum aus zu- nächst ventral- und lateralwärts und erreicht dadurch den unteren Rand der Mandibula. Ventral von den Muskeln derselben gelangt der Gehörgang auf einer zweiten Strecke noch weiter lateral- und vor- wärts. Er macht dabei eine bogenförmige Windung, mit lateralwärts gerichteter Konvexität. Er biegt darauf dorsal- und vorwärts um und endigt kurz darauf mit einer ohrmuschelartigen Bildung. Der Gehörgang ist im Verlaufe zur Seite der Muskulatur (des M. masseter) des Unterkiefers sehr stark abgeplattet und besitzt dem- gemäß eine laterale und eine mediale Wandfläche, welche je an einem dorsalen und an einem ventralen Rande in einander über- gehen. Der dorsale Rand sieht zugleich stark caudal, der ventrale Rand sieht zugleich oralwärts. Die Längsachse des Gehörganges verläuft demgemäß schräg von ventral und aboral nach vorn und dorsal. Die laterale Wandung ist völlig knorpelig (Fig. 5). An der medialen Wandfläche verläuft nahe dem ventralen Rande die durch die bindegewebige Membran verschlossene Spalte (Fig. 6). Sie ist als heller Streifen erkennbar. Am Beginne ist der Gehörgang etwa 3,5, am Ubergange in die »Ohrmuschel« 6 mm breit. Die Erweiterung erfolgt ganz allmählich. Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 219 Die Fortsetzung des Gehörganges in den terminalen Abschnitt erfolgt so kontinuirlich, dass mit dem redlichsten Bemiihen eine Grenze zwischen beiden Abschnitten des knorpeligen äußeren Ohres nicht wird angegeben werden können. Beide Abschnitte sind wie aus einem Gusse geformt. Verfolgt man den etwa 4,2 cm langen Gehörgang zu den Terminalgebilden, so tritt die überraschende That- sache uns entgegen, dass die laterale Knorpelwandung oralwärts mit einem scharf ausgeschnittenen Rande abgeschlossen ist, dabei zu- gleich von dem unteren Randtheile aus in einen etwas stumpfen Fortsatz ausläuft, zu welchem von der Oberkieferregion vor und unterhalb des Auges ein starker Muskel sich begiebt. Derselbe ver- läuft horizontal von vorn nach hinten und wird, bei der Wirkung Fig. 5. Fig. 6. Aur.ze. Äußeres Ohr von Ornithorhynchus in lateraler Äußeres Ohr von Ornithorhynchus in medialer Ansicht. Der zur Concha ziehende M. auric. Ansicht. Der dorsal von der Spalte befindliche post. und der zur Ohrklappe ziehende Muskel Wandungstheil des Gehörganges setzt sich in sind erhalten. Die laterale Wand des Ganges die Concha fort. setzt sich in die Ohrklappe fort. vom Kiefer aus, den stumpfen, vorwärts gerichteten Fortsatz der lateralen Wandfläche des äußeren Gehörganges derartig gegen die mediale Fläche haben zu drücken vermögen, dass ein Verschluss der Eingangsöffnung zu Stande kam. Der genannte Fortsatz erinnert durch seine Fortsetzung aus der lateralen Wandfliche des Gehörganges, durch seine Richtung nach vorn sowie durch die Insertion des von der Oberkieferregion zu ihm gelangenden Muskels auf das lebhafteste an das als Tragus der Echidna-Ohrmuschel bezeichnete Gebilde; und in der That ist mir kein einziger Faktor bekannt geworden, welcher gegen diese Gleich- artigkeit sprechen kann. Die mediale, knorpelige Wandfläche des äußeren Gehörganges zeigt eine mehr gleichmäßige, plattenförmige, terminale Verbreite- 220 Georg Ruge rung. Der konvexe Rand dieser medialen Knorpelplatte lässt sich vom dorsalen (hinteren) Rande des Ganges aus nach vorn, ventral- und dann caudalwärts umbiegend, zum unteren scharfen Rande der oberen größeren Strecke der medialen Wandung des Gehörganges verfolgen (Fig. 6). Die mediale Knorpelplatte begrenzt gemeinsam mit dem lateralen Muschelfortsatze, der Ohrklappe, den Eingang in das äußere Ohr. An der medialen Fläche der medialen Knorpel- platte befestigt sich ein kräftiger breiter Muskei (vgl. Fig. 6), wel- cher früher als ein M. auricularis posterior beschrieben worden ist (O.c Fig. 29 pag. 140). Er stimmt nach Art seiner Insertion und seines ganzen sonstigen Habitus mit dem gleichbenannten Gebilde von Echidna überein, welcher auch auf der Fig. 3 dargestellt wor- den ist. Die mediale Knorpelplatte von Ornithorhynchus erinnert nach ihrer medialen Lagerung, durch die Beziehung zum genannten Mus- kel, durch die mediale Begrenzung des Einganges zum äußeren Ge- hörgange sowie durch ihre Fortsetzung aus der medialen Knorpel- wand des Gehörganges auf das lebhafteste an die wohlentfaltete Ohrmuschel von Echidna. Sie verdient auch die Bezeichnung einer Muschelplatte wegen ihrer Form und wegen des Umstandes, dass kein einziges Moment gegen die Gleichwertbigkeit mit der Concha bei Echidna sich beibringen lässt. Der Thatbestand bei Ornithorhynchus erscheint im Vergleiche mit demjenigen von Echidna in zweifacher Weise von höherem In- teresse. Erstens hat sich ergeben, dass der tympanale Abschnitt des äußeren Gehörganges eines durch straffe Bindegewebsstränge her- gestellten Zusammenhanges mit dem Hyoidbogen nicht entbehrt, dass dieser Bogen zum tympanalen Bezirke des Gehörganges in der innigsten Nachbarschaft sich befindet und eigentlich der ab- oralen Wandung die feste Stütze verleiht, dass fernerhin die Musku- latur des Hyoidbogens mit dem knorpeligen Gehörgange sich in einer Weise in Verbindung setzt, welche auf eine genetische Einheitlich- keit zwischen beiden Skelettheilen hinweist, — dass der Befund trotz dieser Reihe von Erscheinungen doch ein sehr viel differenterer genannt werden muss, als derjenige bei Echidna. Schloss dieser jeden Zweifel an dem genetischen Zusammenhange zwischen Gehör- gang und Ohrmuschel aus, so muss ein solcher bei Ornithorhynehus Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 321 erst aus verschiedenen Anzeichen erschlossen werden. Schwerlich würde man wohl auch aus dem Verhalten bei Ormithorhynchus auf jenen Zusammenhang hingewiesen worden sein, während diese An- zeichen sich uns aufdrängen, nachdem wir den deutlichen Wink zu- vor erhalten hatten. Zweitens hat sich herausgestellt, dass der Aufbau des Gehör- ganges sowie dessen Übergang in das Terminalstück an sich bei Ornithorhynchus einen äußerst einfachen Befund repräsentirt. Es handelt sich ja in der That um nichts Anderes, als um den Über- gang einer einheitlichen medio-lateralen Wandung des platten Ge- hörganges in sich allmählich verbreiternde, frei auslaufende Platten. Wir empfingen daraus den Eindruck, dass etwas äußerst Primitives bei Ornithorhynchus vorliege, dass dem gegenüber hoch differente Zustände bei Echidna ausgeprägt seien. Wie weit es sich nun um Reduktionserscheinungen an dem Ter- minalapparate des äußeren knorpeligen Ohres von Ornithorhynchus handelt, wage ich nicht zu entscheiden, die Frage nicht einmal ernstlich zu ventiliren, da festere Anhaltspunkte für die Beurtheilung augen- blicklich fehlen. Wohl lässt sich erkennen, dass das klappenartige Terminalstück ohne deutlich ausgeprägten Muschelcharakter eine An- passung an das Wasserleben in so fern zeigt, als diese primitive Ohrmuschel durch den an die Ohrklappe, den »Tragus«, festsitzenden Muskel vermuthlich völlig hat abgeschlossen, durch den Auricularis posterior aber geöffnet werden können. Diese Adaption an das Leben im Wasser mag immerhin Reduktionen an einer früher viel- leicht vorhandenen, vollkommneren Ohrmuschel im Gefolge gehabt haben. Diese Reduktionserscheinungen haben dann aber einen Zu- stand geschaffen, welcher den Eindruck völliger Ursprünglichkeit in unserer Vorstellung hinterlässt. Es ist daher möglich, dass ein Zu- rückkehren zur primitiven Anlage von den Reduktionen veranlasst worden ist. Es hat sich bei dem hier behandelten Gegenstande ergeben, dass Einrichtungen primitiven Charakters an der einen Stelle sich bei dem einen Vertreter der Monotremen erhalten haben, dass solche an anderen Orten bei dem anderen Repräsentanten zur Anschauung kommen. Kombinirt man daher die Befunde von ursprünglichem Charakter bei beiden Formen mit einander, so empfängt man ein verhältnismäßig sehr einfaches Bild von der ersten Anlage und Aus- bildung des gesammten Stützapparates, welcher dem äußeren Ohre zugehört. Der Hyoidbogen erscheint als der Mutterboden der Gee 222 Georg Ruge sammtbildung. Sein dem Cranium hinter dem Tympanieum ange- fügter knorpeliger Theil hat durch einen vorwärts gepressten Fort- satz die Beziehung zum tympanalen Wandungstheile des äußeren Gehörganges zunächst gewonnen und ausgebildet. Bei Echidna hat sich diese genetische Beziehung durch die zwischen den Rändern des Tympanicum auftretende Knorpelplatte erhalten, während dieselbe bei Ornithorhynchus gelockert, wenn schon nicht völlig aufgehoben ist. Der Hyoidbogen selbst ist bei Ornithorhynchus dafür in ein näheres nachbarliches Verhältnis zur hinteren Wandstrecke des tympanalen Abschnittes des Gehörganges eingegangen. Die Lockerung des Zu- sammenhanges zwischen Hyoidbogen und letzterem kann verstanden werden, wenn man die mechanischen Einwirkungen des eigenartigen Muskelapparates sich thätig denkt, welcher dem tympanalen Ab- schnitte des Gehörganges angefügt ist und von der Muskulatur des Hyoidbogens sich unschwer herleiten lässt. Der knorpelige Gehörgang erscheint als die Fortsetzung der tympanalen Knorpelplatte, und zwar in denkbar einfachster Weise bei Ornithorhynehus. Als eine rinnenförmige Bildung mit scharfen, freien Rändern, welche eine Spalte begrenzen, dehnt er sich bis zum Integumente aus. Die Spalte fällt mit dem knorpelfreien Wandungs- theile des Gehörganges zusammen; sie ist von einer Bindegewebs- membran abgeschlossen. Nach leichten Krümmungen, dem Masseter hauptsächlich aufliegend, erreicht der Gehörgang bei Ornithorhynehus das Integument. Er ist lateral und medial abgeplattet, und sein Lumen wird dadurch zu einem schmalen Raume gestaltet. Bei Echidna liegen differentere Zustände vor. Der Gehörgang ist zu- nächst länger; er ist mehrfach geknickt, hat überall starrere Wan- dungen und erscheint demgemäß cylindrisch, nicht collabirt. Das Verhalten des Ganges von Echidna zu demjenigen von Ornithorhyn- chus kann in dieser Beziehung mit dem verschiedenen Verhalten einer Arterie und einer Vene verglichen werden. Der Gehörgangs- knorpel von Echidna hat die vom Tympanicum bis zum Integument ziehenden einheitlichen, rinnenförmigen Knorpel nicht verloren. Er ist als solcher jedoch nur auf Theile der Wandungen beschränkt, während von ihm, senkrecht zur Längsachse des Gehörganges, stäb- chenförmige Fortsätze zur übrigen Wand nach zwei Richtungen hin entsendet werden. Die als Stammplatte zu bezeichnende Knorpel- leiste mitsammt den Knorpelstäbchen von Echidna entspricht der Knorpelrinne von Ornithorhynchus. Das Knorpelgerüst ist bei Echidna im Ganzen leichter geworden; der Beweglichkeit des Gehörganges Das Knorpelskelet des äußeren Ohres der Monotremen. 923 wird bei der erforderlichen Festigkeit der Wandungen Geniige ge- leistet. Der Gehörgangsknorpel läuft terminal, da, wo das Integument als Umhiillung sich seiner bemächtigt, in zwei plattenförmige Fort- sätze aus, welche bei Ornithorhynchus den Eindruck größter Ein- fachheit machen. Der eine Fortsatz ist das Terminalstück der lateralen, der andere dasjenige der medialen Knorpelwand des Ge- hörganges. Beide Fortsätze dienen zur Anheftung mächtiger Muskeln, welche sich mit Ohrmuskeln höherer Formen homologisiren lassen. Stellt das mediale Terminalstück die Anlage einer Muschel vor, so ist das laterale Terminalstück einer Ohrklappe vergleichbar, aus welcher unter Anderem der Tragus höherer Formen sich ableitet. Beide Terminalstücke liegen, wie die Wandungen des Gehörganges, einander dicht an und gewähren der Muskulatur die Möglichkeit, den Eingang zum äußeren Ohre zu schließen, zu öffnen. Echidna lässt im Wesentlichen gleiche Apparate unterscheiden: eine aus der medialen Wandstrecke des Gehörganges fortgesetzte Ohrmuschel und eine aus der lateralen Strecke hervorgehende Ohrklappe. Der ge- sammte Terminalapparat hat eine selbständigere Gestalt angenom- men. Die Concha ist mächtig entwickelt; die laterale Ohrklappe erscheint, weniger entfaltet, als ein Anhang der ersteren. Die Be- ziehungen zur Hautmuskulatur sind im Wesentlichen die gleichen wie bei Ornithorhynchus geblieben. Es hat bei Echidna mit der stattlichen Ausbildung der Concha eine schärfere Sonderung des Terminalstiickes gegen den centralen Abschnitt des äußeren Ohres Platz gegriffen. Das Endstück tritt uns bei Echidna mit allen Eigen- schaften einer Aurikel entgegen, welche durch den äußeren Gehör- gang dem Tympanicum angefügt ist. Trotz ihrer im Gegensatze zum Verhalten bei Ornithorhynchus hohen Ausgestaltung hat sich die Aurikel von Echidna über das gewöhnliche Niveau der Körper- oberfläche noch nicht erhoben. In dieser Beziehung hat Echidna das auch bei Ornithorhynchus wahrzunehmende primitive Verhalten nicht verlassen. Auf »das Vorkommen eines großen Ohrmuschel- knorpels, der nach außen in den langen knorpeligen Gehörgang endigt und die Innenfläche der behaarten Haut in der tiefen, läng- lich runden äußeren Ohrmündung bekleidet«, hat CmarL. WESTLING im Jahre 1889 hingewiesen. Morpholog, Jahrbuch, 25. 15 Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. Von Dr. Hermann Klaatsch, a. 0. Professor in Heidelberg. Mit Tafel XII und 4 Figuren im Text. Den Anlass zur vorliegenden Mittheilung giebt mir die Diskus- sion über die Berechtigung der Konkrescenztheorie, welche auf dem letzten Berliner Anatomenkongress im Anschluss an einen Vortrag von KopscH! entstand. Ich erlaubte mir damals darauf hinzuweisen, dass die Anhänger der genannten Theorie in auffallender Weise die Verhältnisse beim Amphioxus vernachlässigt haben, einer Thierform, die doch gewiss bei einer so fundamentalen Frage eine Rolle zu spielen bestimmt ist. Ich betonte damals, dass die Prüfung des Amphioxus zu einem für die Konkrescenztheorie durchaus ungün- stigen Ergebnis führt und dass somit die von KorscH auf experi- mentellem Wege gewonnenen Erfahrungen durch die vergleichend- embryologische Untersuchung der niedersten Chordaten (— die Ascidien stimmen bezüglich der Art des Blastoporusverschlusses mit Amphioxus überein —) eine ausgezeichnete Bestätigung erfahren. Meine damaligen Bemerkungen möchte ich hier ein wenig genauer ausführen und durch einige Abbildungen erläutern 2. 1 Fr. KopscH, Experimentelle Untersuchungen über den Keimhautrand der Salmoniden. Ergänzungsheft des Anat. Anzeiger. Bd. XII. 1896. pag. 113. ®2 Auf die Geschichte der Konkrescenztheorie resp. der Urmundtheorie näher einzugehen, liegt hier kein Anlass vor. Den Einsprüchen, welche gegen diese Theorien von anderer Seite, wie von RÜCKERT, BONNET, CORNING u. A. erhoben worden sind, soll hier nur ein neuer angefügt werden, der um so mehr geboten erscheint, als ja bekanntlich HerrwıG die HArTScHEK’sche Dar- stellung zu Gunsten seiner Theorie zu verwerthen gesucht hat. 0ER VTEE« Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 225 Ein Eingehen auf die schwierigen Fragen der Keimblätterbil- dung liegt mir fern. Meine im Frühjahr 1894 in Messina ange- stellten Beobachtungen waren mehr gelegentlicher Natur und be- schränkten sich nur auf einige Stadien. Auch genügt mein Material nicht, die neuerdings von Lworr angeregten Fragen zu entscheiden. Es handelt sich für mich hier lediglich um den einen Punkt: Wie erfolgt der Verschluss des Blastoporus beim Amphioxus? Besteht eine Gastrularaphe oder nicht? Legen sich die Ränder des Bla- stoporus seitlich an einander, oder erfolgt eine an der ganzen Peri- pherie der kreisförmigen Öffnung sich gleichmäßig vollziehende Ver- engerung ? Die Fragen lassen sich in sehr einfacher Weise durch die Untersuchung des lebenden Materials lösen. Die Beobachtungen werden ergänzt und vervollständigt durch die Prüfung konservirter Gastrulae, die man am besten nach Fixirung und Härtung ungefärbt in toto aufhellt und unter dem mit Wachsfüßchen gestützten Deck- glas in Balsam aufbewahrt. Man erhält auf diese Weise sehr gute Demonstrationsobjekte; nach solchen wurden auch die beifolgenden Abbildungen durch den Zeichner Herın KEıLırz mit großer Sorgfalt hergestellt. Der Schnitt- methode bedarf es für die Entscheidung dieses Punktes nicht, da man am Objekt in toto vollständigen Aufschluss bereits gewinnt. — In der ausgezeichneten Arbeit HATscHEr’s!, welche ja das Fundament unserer Kenntnis von der Amphioxus-Ontogenese reprä- sentirt, ist über die uns hier interessirende Frage nicht mit solcher Klarheit Aufschluss zu finden, wie es bei der Wichtigkeit des Gegen- standes zu erwarten wäre. HATSCHER spricht zwar von einer Ga- strularaphe, aber er beschreibt sie nicht näher und bildet sie auch nicht ab. — Von früheren Angaben über den Gastrulationsprocess des Am- phioxus verdienen diejenigen KowALEvsky's? die größte Beachtung, zumal sie von denen HATSCHER's in manchen Punkten abweichen. Aus dem 16zelligen Stadium geht »durch weitere Theilung dieser Zellen und das sie begleitende Wachsthum der Furchungshöhle« die von KOWALEVSKY auf seiner Fig. 8 Taf. I dargestellte Blastula hervor. 1 B. HATSCHER, Studien über Entwicklung des Amphioxus. Arbeiten aus dem zoolog. Institut der Universität Wien. Bd. IV. Heft 1. Wien 1881. 2 KOWALEVSKY, Entwicklungsgeschichte des Amphioxus lanceolatus. M&m. de l’Acad. impér. des sciences de St. Pétersbourg. Tome XI. 1868. 15* 226 Hermann Klaatsch Er fährt fort: »Von dieser Stufe beginnt eigentlich die Bildung des Embryo. Das ganze Gebilde verliert die runde Form und wird Anfangs oval (Fig. 9), dann sieht man, dass eine Wand des Ovals ganz flach wird und allmählich sich einzubiegen beginnt (Fig. 11). Die Einstülpung schreitet immer weiter und der Embryo nimmt bald die Fig. 13 an.« Hierbei wird die Furchungshöhle »zu einem unbe- deutenden Raum redueirt«. »Der Embryo besteht jetzt aus zwei Schichten oder Keimblättern, dem äußeren und inneren.« »Die un- mittelbar weiteren Veränderungen bestehen nun in der Vermehrung der Zellen und der immer vorschreitenden Verengerung der äußeren Öffnung der Halbkugel.« Hierin liegt ein deutlicher Hinweis auf den Schluss des Blastoporus; offenbar hat KowALevsKkY nichts beob- achtet, was auf eine Gastrularaphe bezogen werden könnte. Seine Ansicht über den Verschluss des Urmundes sowie über die Bildung des Centralnervensystems wird durch die folgenden Sätze ganz klar bezeichnet: »Die unmittelbar darauf folgenden Veränderungen be- stehen darin, dass der Embryo sich jetzt bedeutend in die Länge zieht, wobei die Öffnung (d. i. der Blastoporus) sich auf eine Seite schiebt, immer an Umfang abnehmend.« Sodann tritt vor dem Bla- stoporus eine Abflachung ein, welche zur Bildung des Centralnerven- systems führt und welche auf den Abbildungen ganz richtig als ein un- abhängig vom Urmundschluss sich vollziehender Process dargestellt ist. Wie man sieht, ist in dieser ganzen Schilderung nirgends die Rede von einer Aneinanderlagerung der seitlichen Theile des Blasto- porusrandes; nichts deutet auf eine solche Raphebildung hin, nichts auch auf einen Zusammenhang des ganzen Vorganges mit der Bil- dung des Centralnervensystems — negative Zeugnisse, die bei einem so ausgezeichneten Beobachter wie KowALEvsKY sicher nicht gering angeschlagen werden dürfen. Wenn KowALEvskY es auch nicht ausdrücklich ausspricht, so meint er doch wohl, dass der Urmund von vorn herein dem hinteren Körperpol entspricht. So hat auch Harscuek die Darstellung seines Vorgängers aufgefasst, von welcher er bezüglich der Orientirung der einzelnen Gastrulastadien etwas abweicht. Da dieser Punkt auch für die Frage des Blastoporusschlusses wichtig ist, so müssen wir HATSCHER’s Darstellung etwas ausführlicher wiedergeben. An der Blastula besteht nach HarscueK eine Achse, vom ani- malen zum vegetativen Pol gehend, welche beide bereits durch Differenzirungen der Zellen charakterisirt erscheinen. Der Gastrula- tionsprocess wird nun dadurch eingeleitet, dass die dem vegetativen Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 997 Pol entsprechende Fläche sich abzuflachen beginnt (HarscHEr’s Fig. 21) und sich einbuchtet, um unter Verdrängung der Furchungshöhle sich allmählich an die gegenüber liegende, aus kleineren hellen Ektoderm- zellen gebildete Schicht sich anzulegen. So resultirt ein flach mützen- förmiges, zweischichtiges Stadium (Fig. 22, 23). HarscHek nimmt für die Ausbildung dieses Zustandes eine aktive Thätigkeit der Entodermzellen an, während sich die Ekto- dermzellen mehr passiv verhalten sollen. Auf die Frage, welche Faktoren diese Veränderungen bedingen, ob wirklich ganz direkt wirkende Momente anzunehmen sind — wie eine Resorption der Furchungshöhlenflüssigkeit, welcher HarscHeK Gewicht beilegt — wollen wir hier nicht eingehen, da wir es hier. wesentlich mit der Feststellung des Thatbestandes zu thun haben. Was nun die Orien- tirung der verschiedenen Stadien betrifft, so findet HATscHEr Schwie- rigkeiten in der Auffassung derjenigen Stadien, »in welchen die Schließung des Gastrulamundes erfolgt«. »Die Ableitung dieser auf einander folgenden Stadien von ein- ander lässt nun gewiss verschiedene Deutungen zu. Man kann, wie dies ungefähr die Ansicht von KowALEvsKY ist, annehmen, dass die vom animalen zum vegetativen Pol gezogene Achse der späteren Längsachse entspricht, dass der Gastrulamund schon von Anfang an dem Hinterende entspricht, dass bei Verkleinerung des Gastrula- mundes die Streckung des Embryo immer weiter fortschreitet und dass der der hinteren Seite entsprechende Gastrulamund nur in den letzten Stadien eine Verschiebung gegen den Rücken erleidet.« Diese Auffassung scheint ihm jedoch weniger wahrscheinlich, als eine andere, nach welcher die Längsachse des Embryo zu derjenigen der Blastula senkrecht stehen soll. Harscurk nimmt an, dass der hintere Rand des Blastoporus, von Anfang an das hintere Ende des Embryo bezeichnend, sich bei der Verkleinerung des Gastrulamundes vollständig unthätig verhält, dass hingegen der vordere Rand des Urmundes den Verschluss derselben allein besorgen soll. Diese ver- schiedene Bedeutung der Ränder soll schon durch die an ihnen ver- schieden stark ausgeprägte Sonderung der Keimblätter angedeutet sein. Diese Sonderung soll vorn viel geringer sein als hinten, wo die »Polzellen« als ein fester Grenzpunkt dienen sollen. Wie aber geschieht nun dieser Verschluss des Blastoporus vom vorderen Rand aus? HATSCHER sagt darüber: »Die Verwachsung der Ränder erfolgt in einer Linie, welche den größeren hinteren Theil der späteren 228 Hermann Klaatsch Rückenlinie bildet.« »Der hinterste Rest des Gastrulamundes bleibt dann als eine kleine dorsal am Hinterende des Rückens gelegene Öffnung noch lange bestehen. « Hier ist also von einer Aneinanderlagerung zweier Ränder die Rede. Dieselben werden aber weder genauer beschrieben noch auch abgebildet. Auf keiner der Harscuex’schen Figuren findet man eine Gastrularaphe gezeichnet. Wie kam nun HATSCHEK zur An- nahme einer solehen? Dass er sie nicht direkt beobachtet hat, son- dern zu ihrer Aufstellung nur durch eine theoretische Betrachtung gelangt ist, geht klar aus den folgenden Worten hervor: »Man kann also die Gastrulaschließung längs der Mittellinie hier zwar nicht so direkt beobachten, wie dies in anderen Fällen (Mollusken, Anneliden) möglich ist, aber man kann auf dieselbe durch genaue Erwägung der Formveränderungen schließen. « Das Resultat meiner eigenen Nachforschungen in Betreff der Gastrulaschließung war mit Rücksicht auf eine Raphebildung durch- aus negativ. Wir gehen aus von einem Blastulastadium, wie es auf Fig. 1 und 2 dargestellt ist. Schon in diesem lässt sich die Differenzirung des entodermalen und ektodermalen Poles erkennen. In Fig. 1 ist die Oberfliiche des letzteren mit seinen kleinen Elementen einge- stellt, an welchen die Intercellularstruktur sehr deutlich hervortritt. Fig. 2 zeigt dasselbe Objekt bei tieferer Einstellung; der Aquator des Eies ist im optischen Durchschnitt sichtbar, wiihrend der ento- dermale Pol mit seinen großen Elementen den Boden der uns zu- gekehrten Hohlkugel bildet. Über den nun folgenden eigentlichen Gastrulationsprocess kann ich den HarscHer’schen Angaben nichts Neues hinzufügen. Wir gelangen zu jenem flachen »mützenförmigen« Gastrulastadium, wie es auf Fig. 3 dargestellt ist. Schon jetzt lässt sich der vordere und der hintere Rand des Blastoporus unterscheiden. Am vorderen tritt eine eigenthümliche Anordnung schmaler und hoher Zellen hervor, welche die Stelle der späteren Entfaltung des Nervensystems an- deuten. Auf Fig. 5 ist dies besonders deutlich zu sehen — eine Erscheinung, in ‘welcher Amphioxus große Ähnlichkeit mit den As- cidien darbietet. Auf Fig. 3 ist der vordere Rand dem Beschauer zugewendet. Er verläuft nicht ganz gerade und regelmäßig, wie denn seine Kon- figuration individuellen Schwankungen unterworfen ist — aber nichts Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 929 deutet hier auf den Zusammenschluss paariger, symmetrischer For- mationen hin. In der Tiefe sieht man die Keimblätter durchschimmern, die höheren Entoderm- und niederen Ektodermzellen. Der hintere Pol weist keine Besonderheiten bezüglich seiner Elemente auf. Nun gewinnt die Gastrula eine stärkere Wölbung, indem sie in einer genau der späteren Längsachse entsprechenden Richtung sich ausdehnt, und indem der Blastoporus eine gleichmäßige Verengerung erfährt. Die Lage desselben finde ich mit KowALEvskY von vorn herein fast genau aboral mit einer ganz geringen Neigung zur Dor- salseite hin. Fig. 4 zeigt uns ein weiter vorgeschrittenes Gastrulastadium von der Dorsalseite her. Ein Blick auf den dem Beschauer zugekehrten vorderen scharfen Rand genügt, um die Existenz einer Gastrularaphe vollständig auszuschließen. Der vordere Rand der Öffnung ist ziem- lich gut abgesetzt gegen die weiter hinten und seitlich gelegenen Partien desselben. Ich habe dieses Bild ausdrücklich gewählt, weil an dem Objekt eine auch am lebenden oft von mir gesehene Er- scheinung sich findet: Unregelmäßigkeit an dem seitlichen Theile des Randes; einzelne Zellen drängen sich stärker vor. Auf die Be- deutung dieses Befundes werde ich weiter unten zu sprechen kom- men, eben so auf die Beschaffenheit des hinteren Poles, von dem ich hier nur die negative Thatsache hervorheben möchte, dass er nichts von jenen »Polzellen« HATScHEr’s zeigt, welche eine so große Berühmtheit erlangt haben. Die weiteren Vorgänge sind so einfach, dass ein Blick auf die Fig. 5 und 6 genügt, um meinen negativen Standpunkt der Gastrula- raphe gegenüber zu rechtfertigen. Auf Fig. 5 ist das Ei so gedreht, dass man des Blastoporus voll ansichtig wird; man sieht gerade auf den vorderen Rand des- selben mit seiner überaus charakteristischen Zellenanordnung. Der Blastoporus hat an Ausdehnung abgenommen. In wie weit die Ränder hierbei eine Rolle spielen, werden wir sogleich erörtern, konstatiren müssen wir aber jedenfalls, dass kein Zusammenwachsen seitlicher Theile am vorderen Rande stattfindet. Die Verengerung der Öffnung ist auf Fig. 6 bedeutend vorge- schritten; auch hier brauchen wir nur das negative Resultat aufs Neue zu konstatiren. Damit gelangen wir zu den älteren Stadien, in welchen durch die bedeutende Streckung des Eies der Übergang zum »Embryo« 330 Hermann Klaatsch markirt wird. Ein soleher Gastrula-Embryo, wie ich dieses Stadium bezeichnen möchte, ist auf Fig. 8 im optischen medianen Längs- schnitte dargestellt. Vordere und hintere Blastoporuslippe haben sich einander bedeutend genähert. Ein entsprechender optischer Medianschnitt von einem früheren Stadium ist auf Fig. 7 wiedergegeben. Schon in diesem kann man auch in dem optischen Schnittbilde vordere und hintere Lippe des Blastoporus unterscheiden. An der hinteren Lippe gehen die Keim- blitter in einem mehr spitzen Winkel in einander über, während die vordere in dieser Ansicht mehr eine rundliche Wölbung dar- bietet. Auch zeigt die dorsale Urdarmwandung frühzeitig Unregel- mäßigkeiten, welche in dem Stadium der Fig. 8 bereits zur Bildung der Chorda und zweier Ursegmente führen. Bezüglich der Konfiguration des Stadiums der Fig. 8 möchte ich auf eine kleine Differenz von den HATscHer’schen Bildern hinweisen. Die Formation, wie sie vom konservirten Objekt auf meiner Figur wiedergegeben ist, stimmt genau überein mit dem, was ich wieder- holt am lebenden wahrnahm. Eine so starke Abflachung der Dorsal- fläche, wie sie HATSCHEK zeichnet, konnte ich nicht finden. Uberblicken wir alle diese Stadien, so ergiebt sich, dass von einer Konkrescenz der Blastoporusränder des Amphioxus nichts wahrgenommen werden kann. Eben so wenig kann ich HATscHEk in der Annahme einer all- mählichen Umstellung der Gastrula beistimmen, sondern ich finde mit KowALEvSKY, dass der Blastoporus ziemlich genau den aboralen Pol bezeichnet, vielleicht eine ganz geringe dorsale Neigung besitzt. Hierin stimmt meine Auffassung mit derjenigen von Lworr!' überein, welcher eine dorsale und eine ventrale Blastoporuslippe unterscheidet. — Auch die frühzeitige Differenzirung des ektoder- malen und entodermalen Poles an der Blastula hat Lworr ausdrück- lich betont; auf die anderen Angaben dieses Autors werde ich weiter unten zurückkommen. Bei dem Blastoporusverschluss spielen die von HATSCHEK s0- genannten Polzellen in so fern eine Rolle, als sie gleichsam feste Marken an diesem Theile des Urmundes darstellen sollen. Diesen Elementen kommt aber auch dadurch eine große Bedeutung zu, 1 B. Lworr, Uber einige Punkte in der Entwicklung des Ampbioxus. Biol. Centralblatt. Bd. XII. 1892; ferner: Die Bildung der primären Keim- blätter und des Mesoderms bei den Wirbelthieren. Moskau 1894. Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 931 als HArscHheEk sie auf allen Stadien bis in eine ziemlich späte Pe- riode als konstante Bildungen beschreibt. Dies muss um so mehr auffallen, als diese merkwürdigen Elemente später nicht wieder auf- gefunden worden sind. Lworr hat sich vergeblich bemüht, sie zu finden, und auch ich muss dem negativen Resultate beistimmen. Dennoch möchte ich hier nicht einen einfachen Beobachtungsfehler annehmen. Bei einem so ausgezeichneten Beobachter wie HATSCHEKR muss man sich vielmehr die Frage vorlegen: wie kam er zu seiner Annahme? Lassen sich nicht gewisse Facta vorbringen, welche seine Beschreibung verständlich machen? Wenn diese Polzellen auch keinesfalls solehe konstante und deutlich markirte Bildungen sind, wie HATSCHER sie schildert, so findet sich doch vielleicht ein thatsächliches Substrat für die Annahme derselben. Dies glaube ich in der That vertreten zu können. Am lebenden Objekt bemerkt man nämlich lebhafte Veränderungen des Zellenmaterials am hinteren Rande des Blastoporus und an den seitlich davon ausgehenden Theilen desselben. Man erhält den Eindruck, als ob hier ein Ein- strömen von Zellmaterial stattfände, in ähnlicher Weise, wie das Korscu' an den Eiern der Amphibien beschrieben hat. Die betref- fenden Randpartien werden dabei unregelmäßig, einzelne Zellen drängen sich stärker vor und in einigen Fällen erscheinen gerade an der kritischen Stelle einige Elemente ganz besonders markirt. Einmal trat mir das Bild zweier solcher Zellen so deutlich entgegen, dass ich schon freudig eine Bestätigung der Harscuex’schen An- gaben erhoffte — aber das Bild zeigte sich als ein nicht dauerndes und keineswegs konstantes. Wenn ich also auch den Polzellen Harscuex’s keine solche Realität zuerkennen kann, wie nach den Abbildungen desselben zu erwarten war, so glaube ich doch, dass ihre Aufstellung den Hin- weis giebt auf gewisse Veränderungen an bestimmter Stelle, die für den Blastoporusverschluss und auch für die Keimblätterbildung Be- deutung erlangen dürften, namentlich mit Rücksicht auf gewisse, bei den Ascidien vorkommende Zustände. Dies führt mich auf Lworr’s Mittheilungen und Anschauungen. Derselbe hat bekanntlich versucht, den Begriff der Gastrula beim Amphioxus und auch bei den höheren Wirbelthieren einer Reformation zu unterwerfen. Er nimmt an, dass nachdem die 1 KopscH, Beiträge zur Gastrulation beim Axolotl- und Froschei. Verh. der anatom. Gesellschaft. Basel 1895. 232 Hermann Klaatsch Gastrula im Ganzen fertig gestellt sei, noch sekundär Zellenmaterial aus dem Ektoderm sich nach innen schiebe, um in den Entoderm- verband eingeschaltet, neue Theile zu liefern, die man bisher fälschlich direkt vom Entoderm abgeleitet habe. Auf diese Weise kommt er zu jener Aufstellung des ektodermalen Ursprunges der Chorda und der Muskulatur, welche am vorderen Blastoporusrande einwachsen sollen. So weit meine Erfahrungen reichen — die allerdings nicht sehr ausgedehnt sind — finde ich keinen Grund, Lworr in diesen An- nahmen zu folgen, die mit Recht das größte Erstaunen erregt und z. Th. bereits Zurückweisung erfahren haben. Von den höheren Wirbelthieren sehe ich hier ab. Was aber Amphioxus betrifft, so kann ich nicht umhin, die Begründung Lworr’s für eine unzurei- chende zu erklären. Er stützt seine Annahme im Wesentlichen auf Längsschnittbilder von Gastrulae. Das Vorkommen von Mitosen am vorderen Blastoporusrande zeigt ihm diesen Theil in lebhaftem Wachsthum. Dass hieraus aber ein Umschlag des Zellenmaterials in bestimmter Richtung gefolgert werden müsse, ist nicht einzu- sehen. Die Annahme, dass die dorsale Urdarmwand und eben so wie der ihr anliegende ektodermale Theil wächst, macht die Mitosen am Umschlagsrande verständlich, ohne dass eine Einschaltung ekto- dermaler Theile ins Entoderm angenommen werden muss. Auch die angebliche Mehrschichtigkeit an der betreffenden Randpartie kann hierin nicht von Belang sein. In diesem Punkte möchte ich auch bezüglich des Thatsächlichen skeptisch sein. An optischen Längs- schnitten der Gastrula (Fig. 8) wird dergleichen nicht beobachtet. Bei faktischen Längsschnitten aber sind Fehlerquellen bei der großen Schwierigkeit, genaue Medianschnitte zu erlangen, nicht ausge- schlossen. Trotz alledem glaube ich, dass durch Lworr ein neuer und be- achtenswerther Gesichtspunkt für die Beurtheilung der Keimblätter in die Diskussion eingeführt wird. An und für sich hat die Ver- lagerung ektodermaler Theile in die Tiefe nichts Unverständliches. So gut das Nervensystem in dieser Weise aus seinem ursprünglichen Verbande gelöst wird, eben so gut können auch an anderen Punkten Zellmassen in die Tiefe gelangen und können hier mit den ento- dermalen Theilen in örtliche Beziehungen treten. Solche Vorgänge möchte ich am hinteren und seitlichen Rande des Blastoporus für Amphioxus annehmen und mit ihm jene Zellverschiebungen in Be- ziehung bringen, welche zur Aufstellung der Polzellen geführt haben. In dieser Hinsicht scheint mir die Vergleichung von Amphioxus Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 233 mit den Ascidien nicht unwichtig. Bei den letzteren finden sich gerade an den hinteren seitlichen Rändern Processe, welche für einen solchen sekundären Übertritt ursprünglich ektodermaler Ele- mente in tiefere Theile der Gastrula sprechen, Processe, welche sich bei den einfachen Ascidien leicht beobachten lassen und welehe bisher, so viel ich sehe, nicht genügend beachtet worden sind. Ob- wohl mir eine erneute Prüfung derselben wünschenswerth erscheint, besonders mit Hilfe photographischer Aufnahmen, so möchte ich doch das Wichtigste meiner Wahrnehmungen darüber mittheilen, da ich zur Zeit keine Gelegenheit zur Wiederholung meiner früheren Be- obachtungen habe und da von anderer Seite wohl eine ähnliche Publikation in Aussicht steht. Die beiläufige Mittheilung Castre’s!, dass die Muskelzellen des Ascidienschwanzes ektodermaler Herkunft seien, deutet darauf hin, dass derselbe ähnliche Wahrnehmungen wie ich gemacht hat; desshalb theile ich dieselben hier in Kürze mit. Es liegt nicht in meiner Absicht, hier eine zusammenhängende Schilderung des Gastrulationsprocesses und der Mesodermbildung der Aseidien zu geben. Die Untersuchungen über die einfachen Ascidien von KOWALEVSKY?, KUPFFER®, CHABRY berühren den Punkt, der mir auffiel, nicht. Vielleicht dürfte eine Notiz METSCHNIKOFF’s, der eine Zeit lang glaubte, einen Nervenmuskelring am Blastoporus annehmen zu sollen, hier heranzuziehen sein. Die VAN BENEDEN’schen Unter- suchungen lassen sich nicht für meinen Zweck verwerthen, eben so wenig die von SEELIGER, aber bei DavIiporr®! in seiner Distaplia- Arbeit findet sich Manches, was sich mit meinen Wahrnehmungen berührt. Er spricht von einem Nervenring des Blastoporus. Die Bildung des Mesoderms brachte er Anfangs mit einem besonderen Einstülpungsprocess in Zusammenhang. Später hielt er diese Ein- stülpung für eine Andeutung des Blastoporus. Als Ausgangspunkt nehmen wir eine fertige Gastrula, wie sie z. B. von SAMASSA® in seiner Arbeit über die Aseidienfurchung ab- 1 CASTLE, On the cell lineage of the Ascidian egg. Proceed. of the Amer. Acad. of Arts and Se. Vol. XXX. 1894. 2 KOWALEVSKY, Entwicklungsgeschichte der einfachen Ascidien. Mém. de l’Acad. de St. Petersbourg. Tome X. No. 15. 1866. — Weitere Studien über die Entwicklung der einf. Ascidien. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VII. 1871. 3 KUPFFER, Die Stammesverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbel- thieren. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VI. 4 DAVIDOFF, Mittheilungen der Zoolog. Station zu Neapel. Bd. IX. 5 Samassa, Zur Kenntnis der Furchung bei den Ascidien. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XLIV. 1894. 234 Hermann Klaatsch gebildet worden ist. Als Beispiel wähle ich eine solche von Rho- palaea neapolitana, deren Züchtung bis zu diesem Stadium mir in Neapel gelang. Wir halten uns vorzugsweise an Ascidia mammillata und mentula, die hierin vollständig übereinstimmen. Ciona bietet dasselbe dar. Betrachtet man den Blastoporus solcher Objekte von der Dorsal- fläche aus, so nimmt man eine deutliche Differenzirung seiner Rand- partien wahr. Am hinteren und seitlichen Umfang des Blastoporus macht sich eine Abflachung der Randpartien und ein allmähliches Absinken derselben in die Gastrulahöhle bemerkbar. Der vordere Rand des Blastoporus zeigt eine ziemlich gerade, zur Körperlängsachse senk- rechte Begrenzung. Der übrige Theil des Randes lässt sich an- nähernd in zwei seitliche Partien zerlegen, die am hinteren Pol leicht abgerundet in einander übergehen. Also ungefähr einem Dreieck lässt sich der Umriss des Blastoporus vergleichen, dessen gleichen Schenkel den seitlichen Theilen, dessen Basis dem vorderen Theil entspricht. An diesen Punkten gehen nun die Randzellen des Blastoporus verschiedene Differenzirungen ein. Vorn entsteht die Neuralplatte und es finden sich hier Zellen, welche lang und schmal zum Urmundrande senkrecht gestellt sind. An diese Neuralzellen (Neur) stoßen seitlich andere Elemente an, die schon in diesem Sta- dium sich von den übrigen Embryonalzellen in einer sehr auffallen- den Weise unterscheiden. Die Zahl dieser Zellen schwankt bei den verschiedenen Arten. Bei Ascidia mammillata sind es gewöhnlich jederseits fünf, bei Rhopalaea etwas mehr. Am hinteren Blastoporus- rand enden dieselben mit einem auffallenden kleinen Zellenpaar. Das Protoplasma dieser Zellen erscheint dunkler als das der übrigen Elemente, während der Kern als ein heller Fleck im frischen Zustand bereits sehr deutlich hervortritt. — So ist der Blastoporus von einem Zellenring umgeben. Den vorderen Theil bilden die Neuralzellen, den hinteren die eben geschilderten Elemente, die wir als die Polzellenstreifen (My) bezeichnen wollen, weil sie von einem an die Polzellen HArscher’s erinnernden Zellenpaar sich erstrecken. Wenn man die Frage aufwirft, welchem Keimblatt diese Zellen zuzurechnen sind, so wird dies von der Definition des Ektoderms und Entoderms abhängen. Wenn man an solcher fertiger Gastrula den den Urdarm auskleidenden Zellenbestand als das Entoderm auf- fasst, so wird man schwerlich die Polzellenstreifen dem Entoderm zurechnen können. Man wird sie vielmehr als Ektodermzellen auf- Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 935 fassen können, eben so wie die Neuralzellen, mit welchen sie ja in einem Niveau liegen und mit welchen gemeinsam sie die Begren- zung des Blastoporus bilden. Nun vollziehen sich weitere Veränderungen, welche eine Ver- lagerung der Polzellenstreifen von der Oberfläche mehr in die Tiefe zur Folge haben. Zunächst hebt sich die Neuralplatte etwas empor und es bilden sich an der Grenze der vorderen und seitlichen Randtheile vom Blasto- Fig. 1. My Neur Gastrula von Rhopalaea neapolitana, vom Blastoporus aus gesehen. Am vorderen Rand desselben Bildung des Nervensystems (Neur). An den seitlichen Rändern jene Zellen (My), welche später die Anlage der Schwanzmuskulatur liefern. x seitliche Wülste der Neuralplatte. Zeichnung nach dem lebenden Objekt. Vergr. 400/1. porus seichte Furchen aus (Textfig. 1 bei x). Durch die Entwick- lung solcher hinteren Seitenwülste der Neuralplatte wurden die Pol- zellenstreifen schon etwas tiefer verlagert. Andere Processe kommen hinzu. Die Polzellenstreifen werden allmählich von den benachbarten Ektodermzellen überwachsen und in die Tiefe gedrängt. An dem Schenkel des gleichschenkligen Dreiecks, mit welchem wir den Blastoporusumriss verglichen haben, vollzieht sich eine Art Aufrol- 236 Hermann Klaatsch lung des Zellenmaterials von außen nach innen. Wir können sie als eine Art Invagination bezeichnen, welche jedoch mit derjenigen der Gastrulabildung nicht ohne Weiteres vereinigt werden kann. Als Ausdruck dieser sekundären Lateralinvagination tritt am hinteren Pol des Blastoporus eine seichte Längsfurche auf, die auch schon von früheren Beobachtern gesehen wurde. Ich vermuthe, dass es diese Bildung ist, welche Kuprrer in seiner Arbeit über Ciona beschrieb. Daviporr nahm an, dass KUPFFER hier eine Verwech- Fig. 2. Neur selung mit der Neuralfurche begangen habe, doch möchte ich dieser Deutung nicht beistimmen. So kommen nun die Polzellenstreifen in die Tiefe zu liegen und setzen sich hier naturgemäß in die Entodermzellen fort; sie dürfen jedoch nicht mit ihnen konfundirt werden; sie bleiben stets von den gewöhnlichen Entodermzellen gesondert und unterscheiden sich sehr deutlich von ihnen durch die angegebenen Charakteristica. Mit dieser Verlagerung des Zellmaterials geht der Verschluss des Blastoporus Hand in Hand. Auch bei den Ascidien habe ich nichts gefunden, was der Annahme einer Konkrescenz das Wort reden könnte, Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 237 ich muss vielmehr SAMASSA vollkommen beistimmen, wenn er das Vor- kommen einer Gastrularaphe bei den Ascidien negirt. Der Verschluss geschieht vielmehr in Form einer allmählichen Verengerung des Blastoporus und dadurch, dass die vordere Lippe desselben gegen den hinteren Pol vorwächst. Diese Vorgänge hän- gen mit der Bildung des Centralnervensystems und der Chorda zu- sammen. Fig. 3. Bl —— N Ch Neounzr Erklärung zu Fig. 2 und 3. Älteres Gastrulastadium von Ascidia mammillata. Fig. 2 von der dorsalen Seite, Fig. 3 im Profil gesehen. Neur Anlage des Nervensystems. Es fehlt jede Spur einer Gastrularaphe. Seitlich vom Blastoporus erscheinen durch das Ektoderm hindurch sichtbar die Zellgruppen (My), die jetzt be- reits in die Tiefe gerückt sind. Skizzen nach dem lebenden Objekt. Vergr. ca. 400/1. Die Entstehung des ersteren Organsystems findet ganz vor dem Blastoporus statt und ich kann dieselbe nur als eine von den beiden Seiten her erfolgende Wulstbildung erkennen. Die hintere Blasto- poruslippe stellt sich zwar etwas schräg empor gegen die vordere, aber ich finde nicht, dass sie dieselbe aktiv überwächst. Jene vor- erwähnten hinteren Wulstbildungen der Medullaranlage umfassen den Blastoporus. Der gesammte Verschluss des Neuralrohrs ist ein seitlicher. 238 Hermann Klaatsch Die Chordabildung muss ich vollstiindig auf das Entoderm zu- riickfiihren. Für die von Lworr für Amphioxus behauptete ektodermale Ent- stehung dieses Organs finde ich bei den Ascidien keine Bestätigung. Nichts spricht dafiir, dass am vorderen Rand des Blastoporus ein Umschlag derart stattfände, dass Zellen der Medullaranlage — denn um solche müsste es sich ja handeln — zur Chordabildung beitrügen. Fig. 4. MY Ch Embryo von Ascidia mentula, im Profil gesehen. Die Zellgruppe (My) hat die seitlich von der Chorda gelegene Anlage der Schwanzmuskulatur geliefert. Vergr. ca. 350/1. Die Chorda entsteht unpaar — ich konnte nichts von einer bila- teral-symmetrischen Bildung derselben entdecken. Indem die vordere Blastoporuslippe sich mit der hinteren ver- einigt, wächst die Chorda zwischen die Polzellenstreifen ein. Diese liegen dann also genau zur Seite derselben und bekunden alsbald, indem die Gastrula sich in die Länge streckt — ihre wahre Natur Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 939 — sie stellen die Anlage der willkürlichen Muskulatur des Schwanzes der Ascidienlarve dar. Sie vermehren sich reichlich und bilden die Mesodermmassen des hinteren Körpertheils, welche somit genetisch von den vorderen Mesodermzellhaufen verschieden sind. Diese ent- stehen, wie das ja bekannt ist, durch entodermale Wucherung. — Aus diesen Beobachtungen ergeben sich manche Betrachtungen. Bei der großen Übereinstimmung der ganzen Entwicklungs- vorgänge muss man daran denken, dass manche bei den Ascidien leicht erkennbaren Vorgänge beim Amphioxus auch bestehen und sich nur unserer Beobachtung entzogen haben. Aus diesem Grunde theilte ich die Wahrnehmungen über die Polzellenstreifen der Ascidien mit. Vergleichen wir die Situation und das Schicksal dieser Zellen mit denen der entsprechenden beim Amphioxus, so werden wir zu der Vermuthung gedrängt, dass auch bei diesem eine solche sekundäre Lateralinvagination stattfinden könne und dass damit die Besonder- heit der »Polzellen« HATscHEr's in Beziehung zu bringen wäre. Zu- gleich wird man darauf hingewiesen, dass die Entstehung der Körpermuskulatur an diese Processe anknüpfen könnte. In jedem Falle bestätigen die Beobachtungen bei den Ascidien die beim Amphioxus gewonnenen Resultate hinsichtlich der Unrich- tigkeit der Konkrescenztheorie. Wenn irgendwo, so muss bei den niedersten Chordaten erwartet werden, dass bei ihnen sich Vorgänge deutlich erkennen lassen, denen eine so große theoretische Bedeutung für die höheren Wirbel- thiere zugeschrieben wurde — dies ist aber nicht der Fall. Die Bildung des Nervensystems vollzieht sich bei beiden vor dem Blastoporus und ist eine vom Verschluss des Urmundes unab- hängige Sache. Was nun die Betheiligung der verschiedenen Randpartien des Blastoporus an dem Verschluss des Blastoporus betrifft, so kann ich HATSCHEK nicht ganz beistimmen, wenn er dem vorderen Rande hierin den Hauptantheil zuerkennt. Er meint, dass der hintere Theil sich passiv verhalte, indem ja hier durch die Polzellen eine feste Marke gegeben sei. Mir scheint, dass gerade die Zellverschiebungen an die- sem Theile nicht zu unterschätzen sein werden für die Verkleine- rung der Öffnung. Diese Zellverschiebungen beim Amphioxus aufs Neue zu unter- suchen, scheint mir eine sehr dankbare Aufgabe zu sein. Ich konnte und wollte hier nur die vergleichenden Gesichtspunkte angeben, von denen aus eine solche Untersuchung Erfolg verspricht. Für eine klare Er- Morpholog. Jahrbuch. 25. 16 240 Hermann Klaatsch kenntnis dieser Dinge reicht die einfache Beobachtung des lebenden Objektes nicht aus und gegen eine auf Schnitte sich stützende Ana- lyse dieser Vorgänge möchte ich mich sehr misstrauisch verhalten. Der einzige richtige Weg, der bier zum Ziele führen dürfte, ist, wie mir scheint, derjenige, den KorscH in seinen schönen Untersuchungen über die Gastrulabildung der Amphibien eingeschlagen: die photo- graphische Aufnahme eines und desselben Objektes durch längere Zeit hindurch. Nach Allem, was ich gesehen, und gerade nach der Parallele mit den Ascidien zu urtheilen, bin ich geneigt anzunehmen, dass die Vorgänge des Blastoporusschlusses bei diesen niederen For- men sehr ähnliche sein werden, wie die von KorscH bei Siredon und Rana beschriebenen. Wie man sieht, gelange ich, wenn auch auf einem ganz anderen Wege als Lworr, doch zu einer ähnlichen Anschauung über die Herkunft der Muskulatur. Nicht am vorderen Blastoporusrand suche ich die kritische Stelle, sondern an den hinteren seitlichen Partien desselben. Es ist ein glücklicher Umstand, dass die betreffenden Elemente bei den Ascidien frühzeitig sich als etwas Besonderes mar- kiren, vielleicht werden aber später vervollkommnete Methoden auch bei Amphioxus und Höheren sie von dem übrigen Material gesondert zeigen. Die Sonderstellung dieser »Myoblasten«, und ihre genetische Beziehung zum Ektoderm ist von allgemeiner Bedeutung. Es musste immer sehr auffallend erscheinen, dass die Körpermuskulatur von der Urdarmwandung herzustammen schien. Die nahe Beziehung der Muskulatur zum Nervensystem legt die Vermuthung einer genetischen Beziehung nahe. Eine solche gemeinsame Quelle dürfen wir in dem Neuromuskelring erblicken, welcher den Blastoporus umgiebt. In ihm diiferenziren sich die einzelnen Elemente nach verschiedenen Richtungen hin, die vorderen werden zu Nerven-, die hinteren zu Mus- kelzellen. Gemeinsam ist beiden das Schicksal, dass sie in die Tiefe verlagert werden, wobei die nachbarliche Beziehung dauernd gewahrt bleibt, ebenso wie die Kontinuität der Elemente. Die Bedeutung des Blastoporus als der Entfaltungszone für das Neuromuskelsystem dürfte auch für die Vergleichung der Chordaten mit niederen Wirbellosen von Bedeutung werden. Der einheitlichen Auffassnng des Mesodermbegriffs stellen sich neue Schwierigkeiten entgegen. — Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 241 Fassen wir die Ergebnisse des Voranstehenden zusammen, so haben wir als Hauptpunkt hinzustellen, dass der Blastoporus der niederen Chordaten nicht durch Konkrescenz seitlicher Theile ge- schlossen wird, dass eine Gastrularaphe hier eben so wenig existirt, wie bei den höheren Wirbelthieren. Es findet eine allmähliche Ver- engerung des Urmundes statt, wobei in ähnlicher Weise, wie KopscH es von Amphibien gezeigt hat, das Einströmen von Zellmaterial eine Rolle spielt. Die Einzelheiten dieses Processes bedürfen erneuter Untersuchung; ich konnte nur als wahrscheinlich darthun, dass die hinteren seit- lichen Partien des Urmundrandes eine besondere Rolle hierbei spielen. Hiermit hängt die Aufstellung der HarscHer’schen Pol- zellen zusammen. Dieselben sind keine dauernd und konstant als etwas Besonderes sich darstellende Elemente, sondern beiläufige auf Zellströmungen zu beziehende Erscheinungen. Sie führen uns auf deutlich gesonderte Elemente der Ascidien, welche die Muskulatur des Schwanzes liefern. Die sekundäre Invagination dieser ekto- dermalen Myoblasten spielt beim Urmundverschluss eine Rolle und ist auch wegen der Beziehung der Körpermuskulatur zum Nerven- system von Bedeutung. Es besteht am Blastoporus ein Neuromus- kelring. Nach Abschluss der vorliegenden Mittheilung erhielt ich durch die Güte des Verfassers das » Vorwort zum ersten Bande der Theorie des Mesoderms von CARL RABL« übersandt. Bei der Besprechung der Gastrulation der Chordaten tritt Rap der Konkrescenztheorie entgegen und geht anlässlich der HERTWIG- schen Urmundtheorie auf die Verhältnisse beim Amphioxus ein. Er analysirt dabei genau die Darstellung HarscHer’s und gelangt zu Auffassungen, welche vollständig mit den von mir vertretenen übereinstimmen. RABL schreibt: »Wir sehen da zunächst, dass es sich bei HAr- SCHEK um eine Deutung der beobachteten Thatsachen und nicht, wie es nach dem Citate Hertwie’s scheinen könnte, um eine Be- obachtung handelt. HATSCHER hat nicht beobachtet, dass sich der Urmund längs einer Linie schließt, sondern er hat dies bloß aus den beobachteten Thatsachen erschlossen. Es wird daher wohl auch eine andere Deutung zulässig sein.« Man müsste, so betont RABL mit Recht, »vor dem jeweiligen Vorderende des sich verkleinernden Ur- mundes stets eine Verwachsungsspur, eine Naht — und mag dieselbe 16* 249, Hermann Klaatsch auch noch so vergänglich sein — nachweisen können. Dies ist aber nicht der Fall. HaArscHeX hat wenigstens darüber kein Wort mit- getheilt und so viel ich weiß, liegt auch von anderer Seite keine derartige Beobachtung vor«. Man vergleiche hiermit meine Äußerung auf dem Kongress in Berlin über die Verhältnisse beim Amphioxus: »Diese sprechen ent- schieden gegen die Konkrescenztheorie, denn Amphioxus besitzt keine Spur einer Gastrularaphe. Selbst HATSCHEK hat weder eine solche beschrieben noch abgebildet. Daher erscheint ihre Existenz als rein theoretisch. « Bei dieser Diskussion war RABL anwesend und griff,mehrfach in dieselbe ein. Es hat mich daher einigermaßen in Erstaunen ge- setzt, dass RABL in seinem sechs Monate später verfassten » Vorwort« meiner Worte nicht Erwähnung thut. Bei der Gründlichkeit, mit welcher in dem Rasr'schen »Vorwort« die Litteratur berücksichtigt ist, wäre ein Hinweis auf die Übereinstimmung unserer Auffassungen in einem so wichtigen Punkte wohl am Platze gewesen. So mag denn hier die erfreuliche Gleichheit unserer Anschauungen in diesem einen Punkte ausdrücklich konstatirt werden. Auf die sich ergebenden allgemeineren Differenzpunkte will ich hier nicht eingehen. Unsere Auffassung des Mesodermbegriffs ist eine zu fundamental verschiedene, als dass über diesen Punkt eine Einigung erzielt werden könnte. Erklärung der Abbildungen. Tafel XII. Allgemein geltende Bezeichnungen. Ec Ektoderm, P hinterer (ventraler) Rand des Blasto- En Entoderm, porus, bl Blastoporus, U Urdarm, N vorderer (dorsaler) Rand des Blasto- or oraler Pol. porus, Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Amphioxus. Vergr. ca. 500/1. Fig. 1 und 2. Blastula. In Fig. 1 ist der ektodermale Pol derselben eingestellt. In Fig. 2 lässt die tiefere Einstellung die Furchungshöhle S erkennen und am Grunde derselben die größeren Elemente des entodermalen Poles. Bemerkungen über die Gastrula des Amphioxus. 243 Fig. 3, 4,5, 6. Gastrulae in verschiedenen Stadien des Blastoporusverschlusses. Der dorsale Theil ist dem Beschauer zugewendet. Fig. 3 mützenför- miges Stadium, Fig. 4, 5, 6 zeigen die Verkleinerung des Urmundes ohne Auftreten einer Gastrularaphe. Fig. 7 und 8 stellen optische Medianschnitte zweier Gastrulae in verschiedenen Stadien dar. Der orale Pol ist abwärts gekehrt, links die ventrale, rechts die dorsale Seite. Von den Polzellen ist eben so wenig wie auf den Flächenbildern etwas zu sehen. Die Zellbegrenzung des Urmundes erscheint überall einschichtig — nicht wie Lworr angiebt, am dorsalen Rande mehrschichtig. Fig. 8 zeigt den Gastrulaembryo mit beginnender Differenzirung des Mesoderms. Die Dorsalfläche erscheint rundlich, nicht so abge- plattet, wie auf HATSCHEr’s entsprechender Abbildung. Bemerkungen zur Auffassung der Morphologie der Rippen in Rabl’s »Theorie des Mesoderms«. Von E. Göppert in Heidelberg. Bekanntlich sind die als »Theorie des Mesoderms« bezeichneten, im Morphologischen Jahrbuch erschienenen Arbeiten RABL’s jetzt, in einem Bande vereinigt, selbständig herausgegeben worden (Theorie des Mesoderms. Bd. I. Leipzig 1897). In dem Vorwort zu dieser Ausgabe beschäftigt sich RagL mit den Einwänden, die gegen die hier vorliegenden Abhandlungen von verschiedenster Seite erhoben worden sind. Dabei kommt er auch auf meine Arbeiten über die Rippen! mit folgenden Worten zu sprechen: »Was die Entwicklung der Rippen betrifft, so hat sich zu Gun- sten meiner Auffassung der Selachierrippen, wie der Rippen über- haupt, unlängst einer der besten Kenner des Wirbelthierskelets, Baur, ausgesprochen. Es kann mir daher ziemlich gleichgültig sein, wenn GÖPPERT derselben entgegentritt. Wenn sich aber GÖPPERT gegen meine Beobachtungen wendet, so erkläre ich mich gern bereit, einmal auf einer Anatomenversammlung meine Präparate über Rippen- entwicklung zu demonstriren, freilich nur unter der Bedingung, dass GOpPERT’S Präparate unmittelbar neben den meinigen zur Demon- stration gelangen. Ich bin keinen Augenblick darüber im Zweifel, wie das Resultat einer solchen Doppeldemonstration ausfallen wird. Es ist nicht zu leugnen, dass GÖPPErTs Beobachtungen mit der Theorie GEGENBAUR’S übereinstimmen; aber es geht mit ihnen, wie 1 E. GÖPPERT, a) Untersuchungen zur Morphologie der Fischrippen. Mor- phol. Jahrbuch. Bd. XXIII. — b) Zur Kenntnis der Amphibienrippen. Vorläufige Mittheilung. Morphol. Jahrbuch. Bd. XXII. Br Wis a spe KA Fe Fig. En- LithArstvF A Fone Le peig: Verlary Wilhelm Engelmann in Leip2.9 Bemerkungen zur Auffassung der Morphologie der Rippen ete. 245 es nicht so ganz selten mit Beobachtungen geht: nicht sie stützen die Theorie, sondern die Theorie stützt sie.« Der Differenzpunkt zwischen Rabi und mir, der in den obigen Sätzen vor Allem gemeint ist, betrifft die Entwicklung der Se- lachierrippe. Rast behauptet, die Selachierrippe sei in ihrer An- lage unabhängig von dem sie tragenden Basalstumpf. Meine Unter- suchungen dagegen ergaben, dass die Anlage der Rippe mit der des Basalstumpfes von Anfang an kontinuirlich zusammenhängt. Damit bestätigte ich völlig die schon viel früher von A. Gorrre? mitge- theilten Beobachtungen. Es ist schade, dass Ragu sich nicht zu einer sachlichen Be- sprechung meiner Darstellung verstanden hat. Sie wäre desswegen von Interesse, weil er selbst? den Zusammenhang der Rippen- und Basalstumpfanlage auf friihem Entwicklungsstadium (Pristiurus 24 mm) gesehen hat. Auf pag. 101 heißt es: Die Gewebsverdichtungen oder Zellstränge, welche die Rippenanlagen darstellen, »setzen sich nach einwärts bis zu den ventralen Längsleisten fort«, welche die Basalstumpfanlagen enthalten. Im folgenden Satz sagt Ragr, dass die Rippenanlagen »sich an die Längsleisten ansetzen«. Die hiermit festgestellte Thatsache des Zusammenhanges beider Theile verliert dadurch nicht an Bedeutung, dass nach Rast die Rippen- anlage nicht unmittelbar neben den Basalstümpfen, sondern dort, wo sie den Ramus lateralis vagi kreuzt, am dichtesten gewebt ist. Wenn aber RaABL »manchmal« Mühe hatte, den Zellstrang unmittelbar neben der Wirbelsäule als besondere Gewebsverdichtung zu erkennen, so habe ich diese Schwierigkeit nicht empfunden. Ich habe nur be- obachtet, dass die Rippenanlage sich dicht am Basalstumpf etwas verschmälert (1a Fig. 9 Taf. XIV). Dies hängt offenbar damit zu- sammen, dass sie hier den engen Raum zwischen den Spinalnerven und den starken Vasa interspinalia durchsetzt. Diese Verbindung zwischen Rippenanlage und Wirbelsäule ist nun nicht etwa eine sekundäre, sondern besteht schon beim ersten Beginn einer Differenzirung dieser Anlage (1a Fig. S Taf. XIV), der von RABL nicht dargestellt wurde. Dass die Rippen älterer Selachierembryonen mit den Basal- 2 A. GoETTE, Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skeletsystems der Wirbelthiere. II. Die Wirbelsäule und ihre Anhänge. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XV und XVI. 3 C. Rasy, Theorie des Mesoderms. Fortsetzung. Morphol. Jahrbuch. Bd. XIX. 1892. 246 E. Göppert stiimpfen in kontinuirlichem, hyalinknorpeligem Zusammenhang stehen, davon kann man sich leicht überzeugen (1 a Fig. 14 Taf. XVI). Die hyaline Knorpelgrundsubstanz des Basalstumpfes geht direkt über in die der Rippe. Mit Hämatoxylin behandelte Präparate, in denen die Intereellularsubstanz des Knorpels blau gefärbt klar hervortritt, zeigen dies auf das deutlichste. Die Zone, in der es später zur Abgliede- rung der Rippe kommen soll, ist nur dadurch kenntlich, dass hier die Knorpelzellen dichter an einander liegen als in den übrigen Theilen des Basalstumpf-Rippenkomplexes. Es ist jetzt nicht schwer, das Verhalten der Basalstumpf-Rippen- anlagen auch in den Stadien richtig zu beurtheilen, die sich zwischen die eben besprochenen einschieben. Die Umbildung des als Vor- knorpel zu bezeichnenden Gewebes der Anlage in hyalinen Knorpel erfolgt zunächst an zwei Stellen, erstens im Bereich des Basalstum- pfes und zweitens im Bereich der späteren Rippe. Zwischen beiden Bezirken bleibt der Vorknorpel noch eine Zeit lang als solcher be- stehen (1a Fig. 10, 11 und 15), um erst etwas später die Umwand- lung in Hyalinknorpel zu erfahren. Diese Stelle entspricht der späteren Abgliederungszone der Rippe. Es erscheint mir nun denk- bar, dass Jemand in diesem Stadium den Vorknorpelbezirk als ein trennendes Zwischengewebe auffasst. RABL thut dies offenbar, wenn er von »Bandmassen« spricht, welche die Rippe mit der Wirbelsäule verbinden. Es handelt sich aber hier keineswegs um ein differentes Zwischengewebe etwa bindegewebiger Natur, sondern um ein Ge- webe, das ganz kontinuirlich in den hyalinen Knorpel des Basal- stumpfes einerseits, der Rippe andererseits übergeht, das später, wie wir sahen, selbst zu typischem hyalinem Knorpel wird und sich auf früheren Stadien in keiner Weise von dem Gewebe in den übrigen Theilen der Basalstumpf-Rippenanlage unterscheidet. Solches Ge- webe kann ich nur als Vorknorpel auffassen. Es handelt sich hier also nur um eine Verzögerung der histologischen Ausbildung an einer beschränkten Stelle der einheitlichen Basalstumpf-Rippenanlage. Diese Verzögerung erklärt sich aus dem Einfluss des Faktors, der später die Abgliederung der Rippe an jener Stelle bewirkt, d. h. der Muskel- aktion, die schon frühzeitig den Bereich der späteren Rippe gegen den Is Basalstumpfes bewegt. Die Rippenanlage der Selachier bildet also von Arten an mit dem Basalstumpf ein Kontinuum. An der von mir früher gegebenen Schilderung habe ich auch jetzt nichts zu ändern. Das gleiche Verhalten zeigt sich auch bei der Entwicklung der Bemerkungen zur Auffassung der Morphologie der Rippen ete. 247 Amphibien- und Reptilien-Rippen, die bekanntlich den Selachier- rippen homolog sind. Der ursprüngliche Zusammenhang der An- lagen der Rippen und der Rippenträger ist für die Amphibien durch KnickMEYER* noch neuerdings festgestellt worden (vgl. 6). Er korrigirte die Darstellung von A. Eu. Fick, den Rast zu Gunsten einer ursprünglichen Trennung beider Theile citirt. Auch für die Amnioten erwähnt Rast Angaben aus der Litteratur, die für die genetische Selbständigkeit der Rippen eintreten. Er muss aber da- bei bis auf Bruch (1852) zurückgehen. Näher hätte ihm eigentlich eine Arbeit Cornina’s® (1891) liegen sollen. CorNIınG beschreibt, dass bei Anguis fragilis in ganz frühen Stadien die Anlage der oberen Bogen »mit der Anlage der Querfortsätze und der Rippen in kontinuirlichem Zusammenhang stehen.« Auch hier also bildet die Rippe ursprünglich eine unmittelbare Fortsetzung des sie tragenden Theiles des Achsenskelettes. Die Differenz zwi- schen den älteren und neueren Untersuchern der Rippenentwicklung bei den höheren Wirbelthieren beruht darauf, dass die ersteren den vorknorpeligen Zustand nicht kannten oder nicht gebührend berück- sichtigten. Auch in anderen Punkten befinde ich mich nicht in Überein- stimmung mit Rast. Zunächst schildert Rap die Lage der Selachierrippe zum Horizontalseptum nicht korrekt. Er verlegt sie nämlich an die Unterfläche desselben. Thatsächlich findet sich nur der distale Theil der Rippe in dieser Lage, der proximale Theil dagegen liegt, wie man leicht erkennen kann, gerade an der Dorsalseite des horizontalen Septums (vgl. 1a). Weitere Verschiedenheiten zwischen Rast und mir betreffen die Rippen der Amphibien. Bekanntlich entsenden dieselben dicht vor ihrer Befestigung am Achsenskelet einen Fortsatz, der selbständig dorsal vom Haupttheil der Rippe an der Wirbelsäule Ansatz nimmt. Ragu schließt sich nun der Ansicht Gorrre’s an, dass die dorsale Rippenspange ein ursprünglich selbständiges Stück sei, so dass die Amphibienrippe eine Doppelbildung vorstellt. Darauf fährt er fort: »Die doppelte Anlage der Amphibienrippen .... erkläre 4 ©. KxICKMEYER, Uber die Entwicklung der Rippen, Querfortsätze und unteren Bogen bei Triton taeniatus. Inaug.-Diss. (philos. Fakultät) München. 1891. 5 H. K. Cornıng, Uber die sogenannte Neugliederung der Wirbelsäule und über das Schicksal der Urwirbelhöhlen bei Reptilien. Morpholog. Jahrbuch. Bd. XVIL 1891. 248 E. Göppert ich mir aus einer Spaltung des horizontalen Septums an seinem Ansatz an der Wirbelsäule, wodurch sich zwei Durchschnittslinien mit jedem transversalen Septum er- geben müssen.e Der dorsalen Schnittlinie würde die obere, der ventralen die untere Rippenspange entsprechen. Entweder enthalten - nun die eitirten Worte eine bloße Vermuthung, dann hätte ihre Anführung bei der leichten Möglichkeit sicherer Feststellung der Ver- hältnisse keinen Werth, oder es liegt hier die Angabe einer ver- meintlichen Beobachtung vor, dann hat sich RaBL getäuscht, denn von einer Spaltung des Horizontalseptums ist bei den Urodelen keine Rede. Dass übrigens die Amphibienrippe sich keineswegs aus zwei verschiedenen Bestandtheilen aufbaut, habe ich erst kürz- lich zu zeigen gesucht®. Endlich erwähne ich noch die Verschiedenheit zwischen meinen Darlegungen und denen der »Theorie des Mesoderms« über die Ver- lagerung des Rippenansatzes an der Wirbelsäule. RABL be- hauptet, dass in dem einen Fall der Basalstumpf resp. der untere Bogen die Rippen trägt (Selachier), während im anderen der obere Bogen den Befestigungsort darstellt (Amphibien, Amnioten). Danach muss es scheinen, als wenn die Rippen in einfachster Weise an den Bestandtheilen der Wirbelsäule hinaufzugleiten und damit ihre Ansatzstelle zu wechseln im Stande wären. Ein der- artiges Verhalten würde auch ganz verständlich sein, wenn in der That, wie RABL meint, die Rippe mit keinem Theil des Achsen- skelettes in genetischer Verbindung steht. Thatsächlich liegen nun aber die Dinge ganz anders. Für die Amphibien, bei denen der Sachverhalt eingehend untersucht wurde (6), hat sich ergeben, dass stets die Rippe an dem zum unteren Bogensystem gehörigen Basal- | stumpf sich anheftet. Dadurch gestaltet sich der Process der Rippen- verlagerung viel komplicirter, als es nach Ragr's Darstellung scheint. Nicht die Rippe verändert ihren Befestigungsort, sondern der Basal- stumpf selbst, sei es nun, dass er seinen Ursprung vom Wirbelkörper auf den Neuralbogen überträgt (Jchthyophis, Anuren), sei es, dass er in den komplieirteren Rippenträger der Urodelen übergeht. Auch hier zeigt sich also deutlich und klar die enge Beziehung zwischen Basalstumpf resp. unterem Bogensystem und Rippe. Nun hat Rast gegen mich an die Autorität eines anderen For- 6 E. GÖPPERT, Die Morphologie der Amphibienrippen. Festschrift für C. GEGENBAUR. Bd. I. Leipzig 1896. Lues ia Bemerkungen zur Auffassung der Morphologie der Rippen ete. 249 schers, nämlich an C. Baur’ appellirt. Baur druckt die Zusammen- fassung des die Rippen behandelnden Abschnittes der »Theorie des Mesoderms« wörtlich ab. Dann fährt er fort: »Ich habe die Ver- hältnisse bei Polypterus untersucht und mit denen der übri- gen Fische verglichen, außerdem die Entwicklung der Rip- pen von Necturus (Menobranchus) studirt, und muss mich vollkommen HATSCHEK und RABL anschließen.« Damit kenn- zeichnet doch Baur deutlich und klar das Gebiet, welches seine persönliche Erfahrung umfasst. Nirgends finden sich aber bei ihm Andeutungen, dass er die Rippenentwicklung bei den Selachiern selbst untersucht oder dass er die specielle Lage der Selachierrippe zum Horizontalseptum geprüft habe. Auf diese Punkte kann sich also thatsächlich Baur’s Bestätigung unmöglich beziehen. RABL hat folglich nicht das geringste Recht, Baur gegen mich ins Feld zu führen. Eben so wenig bezieht sich übrigens Baur’s Bestätigung auf die erst neuerdings (6) von mir kritisirten Ansichten Ragr’s über das Horizontalseptum und über die Rippenverlagerung bei den Am- phibien, denn auch hier spricht Baur nicht von eigenen auf diese Dinge besonders gerichteten Untersuchungen. In allen Punkten erhalte ich also meinen bisherigen Widerspruch gegen Razr's Auffassung der Rippen aufrecht. Wenn mich nun aber RABL zu einer Doppeldemonstration von Präparaten vor der Anatomen- versammlung herausfordert, so scheint mir doch, dass Fragen, wie sie hier vorliegen, auf dem genannten Wege nicht entschieden wer- den können. Ich überlasse daher getrost die Prüfung meiner Dar- legungen der Nachuntersuchung durch andere Forscher. Was schließlich den Ton betrifft, dessen RABL sich gegen mich bedient, so brauche ich nur darauf hinzuweisen, dass er in der Art und Weise meiner Besprechung der Ragr’schen Ansichten keinerlei Begründung findet. ? C. Baur, Über Rippen und ähnliche Gebilde und deren Nomenklatur, Anatom. Anzeiger. Bd. IX. 1894. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. Von C. K. Hoffmann, Professor an der Reichsuniversitat in Leiden. Mit Tafel XIII—XIV und 9 Figuren im Text. (Fortsetzung vom Morphol. Jahrbuch. Bd. XXIV, 1896.) VI. Das vierte und fünfte palingenetische Kopfsomit. Von beiden obengenannten palingenetischen Kopfsomiten liegt das vierte unter der Ohrblase und über der zweiten Kiementasche, während das fünfte Somit hinter der Ohrblase und über der dritten Kiementasche gelagert ist, der vordere Theil des letztgenannten Kopfurwirbels wird an seiner äußeren Seite durch die Anlage des Nervus glossopharyngeus gekreuzt. Wie schon früher erwähnt (19), gliedert sich das dritte palingenetische Kopfsomit nur unvollkommen von dem vierten ab, dasselbe gilt von dem vierten und dem fünften, wie von dem fünften und dem gleich näher zu beschreibenden sechsten. Die Verhältnisse der in Rede stehenden Somite zu den Visceralbogen werden gleich näher besprochen werden. Taf. XIII Fig. 1 stellt einen Querschnitt vor durch das vierte palingenetische Somit eines Embryo mit 25—26 Urwirbeln. In diesem Entwicklungsstadium haben sich zwei Kiementaschen an- gelegt, von welchen die erste oder vorderste, das spätere Spritzloch, schon mit dem Epiblast (Epidermis) verlöthet ist, während die zweite die Epidermis noch kaum erreicht hat. Das vierte Somit hat jetzt eine sehr deutliche Höhle bekommen, sein craniales Ende hängt breit mit dem Mesoblastgewebe des zweiten Kiemenbogens zusammen. Die Somatopleura dieses Urwirbels besteht aus einer einzigen Zellen- schicht, während dagegen in seiner Splanchnopleura, welche be- deutend dieker ist, die Kerne besonders in dem mittleren Theil derselben in zwei bis drei Reihen angeordnet und sehr dicht auf Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 951 einander gehäuft liegen. Indem die Zellen hier außerordentlich schwach kontourirt sind, ist es nicht möglich zu sagen, ob die Splanchnopleura an dieser Stelle wirklich mehrschichtig geworden ist, oder ob das Bild von Mehrschichtigkeit einfach darauf beruht, dass die Kerne dieser Zellen, welche viel schmäler und länger als in der Somatopleura sind, in verschiedener Höhe liegen. Taf. XIII Fig. 2 ist die Abbildung eines Querschnittes durch das fünfte palingenetische Somit desselben Embryo. In dieser Ent- wicklungsperiode hat sich der Nervus glossopharyngeus schon an- gelegt und seine Anlage kreuzt, wie gesagt, den vorderen Theil dieses Somites. Der abgebildete Querschnitt liegt nun etwas hinter der Anlage dieses Kopfnerven, er geht also ungefähr durch die Mitte des in Rede stehenden Urwirbels. Der dritte Kiemenbogen ist bei solehen Embryonen noch nicht zur Entwicklung gekommen, die Somitenwand setzt sich demnach noch unmittelbar in die der Seitenplatten fort. Der genannte Urwirbel schließt eine nur spalt- förmige Höhle ein, dagegen fassen die ihm entsprechenden Seiten- platten noch keinen Hohlraum zwischen sich. Die mediale Wand des gesagten Urwirbels ist auch hier erheblich dicker als die laterale, und was von der Splanchnopleura des vierten palingenetischen Kopf- somites gesagt ist, gilt auch von dem fünften. Außerdem findet man, dass diejenigen Zellen der Splanchnopleura, welche dem oberen Theil der Chorda benachbart liegen, eine hellere Beschaffenheit und eine länglich-ovale Gestalt angenommen haben, während ihre Kerne sich schwächer tingiren. Dieser Eigenthümlichkeit begegnet man noch viel deutlicher in dem sechsten palingenetischen Kopfsomit und in noch höherem Maß gilt dies von den caudalwärts folgenden Occipital- und Rumpfsomiten. Embryonen mit 36 Somiten. In diesem Entwicklungsstadium haben sich drei Kiementaschen angelegt, die erste ist schon nach außen durchgebrochen, die Wände der zweiten sind innig mit der Epidermis verwachsen, während die der dritten wohl die Epidermis berühren, aber noch nicht mit ihr verlöthet sind, über der dritten Kiementasche liegt das fünfte palingenetische Kopfsomit. Alle seg- mentalen Kopfnerven sind jetzt zu voller Entwicklung gekommen. Der vierte Kiemenbogen ist in der Anlage begriffen, sein Gewebe hängt caudalwärts mit dem fünften und eranialwärts mit dem sechsten Somit kontinuirlich zusammen. Die Wände der ciinogenetischen Kopfsomite setzen sich, ähnlich wie der weiter caudalwärts folgen- den Rumpfsomite noch ununterbrochen in die der Seitenplatten fort. 252 C. K. Hoffmann Taf. XIII Fig. 3 und 4 stellen zwei Querschnifte durch das vierte resp. fünfte Somit eines Embryo aus oben genanntem Entwicklungs- stadium vor. Die laterale Wand dieser beiden palingenetischen Kopfsomite hat noch verhältnismäßig deutlich ihren epithelialen Charakter bewahrt und theilweise gilt dies auch noch von der Ur- wirbelkante oder von der dorsalen Urwirbelgrenze, d. i. von der Stelle, an welcher die beiden Lamellen des Urwirbels in einander umbiegen (uk). Die Zellen der Splanchnopleura dagegen haben schon vollständig ihren epithelialen Charakter verloren und sich in einen ziemlich dieken Haufen dicht auf einander liegender Form- elemente verwandelt, die theils rundlich von Gestalt, theils durch die zahlreichen Fortsätze ihres Protoplasma mehr sternförmig und alle äußerst schwach kontourirt sind. Von einer fibrillären Differenzirung, mit anderen Worten, von der Bildung embryonaler Muskelfibrillen, welche die nächstfolgenden Somite, sowohl das letzte palingenetische Somit, wie die cänogene- tischen Kopfurwirbel und die Rumpfsomite in ihrer Splanchnopleura jetzt schon so recht deutlich zeigen, ist weder in dem vierten noch in dem fünften palingenetischen Kopfsomit auch nur die Spur zu sehen. In den darauf folgenden Entwicklungsstadien bildet sich nun sowohl das vierte, wie das fünfte palingenetische Somit gänzlich in einen Haufen indifferenten Mesoblastgewebes um, aus dem sich später das embryonale Bindegewebe der Labyrinthregion entwickelt. Weder in diesem Entwicklungsstadium, noch bei älteren Embryonen habe ich in dem vierten oder fünften Somit auch nur die Spur einer Differenzirung in Muskelfibrillen beobachten können. Wir müssen also diese beiden Somite als rückgebildete Urwirbel betrachten, die nur bei sehr jungen Embryonen ihre ursprüngliche Natur verrathen, bald aber einen abweichenden Entwicklungsgang einschlagen. Denn sowohl bei den Selachiern, wie bei allen anderen Wirbelthieren fehlen bekanntlich in der Labyrinthregion Muskeln vollständig und darin wird dann auch wohl der Grund zu suchen sein, dass die hier liegenden Somite sich so abweichend von den anderen betragen. Wichtig scheint mir aber die so eben erwähnte Eigenthümlichkeit derjenigen Zellen der Splanchnopleura des fünften Urwirbels, welche der Chorda benachbart liegen, indem dieselben, so zu sagen, als erste Andeutung oder als Vorstufe der Differenzirung in Muskel- zellen zu betrachten sind, wie RABL (27) dies zuerst in seiner » Theorie des Mesoderms« nachgewiesen hat. Weiter als zu der genannten Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 953 Eigenthümlichkeit kommt es aber in dem fünften Somit nicht, denn bald darauf verwandelt sich dieser ganze Urwirbel, ähnlich wie der vierte, in einen Haufen indifferenter Mesenchymzellen. Aus dem oben Mitgetheilten ergiebt sich also, dass ich auch für das vierte und fünfte Kopfsomit die Angaben van WısHe’s (35) zu bestätigen vermag, dass wir es hier mit zwei sehr rudimentären Kopfurwirbeln zu thun haben. Bekanntlich hat van WriJHE zwischen dem Stadium 7 und A von BALFOUR das Stadium J eingeschoben, in demselben wird die vierte und fünfte Kiementasche angelegt. Während der Anlage der vierten Kiementasche und noch vor dem Auftreten der fünften, also in der ersten Hälfte des Stadium J, ent- wickelt sich nach ihm eine Masse embryonalen Bindegewebes — im vorigen Stadium nur durch einzelne Zellen repräsentirt — aus der Innenwand der Somite. Diese zerfallen dadurch (die Abhand- lung stammt bekanntlich aus dem Jahre 1883) in ein Muskelsegmept (Myotom) und ein Skeletsegment, besser Bindesubstanzsegment (Sklerotom). Obgleich nun weder das vierte noch das fünfte Kopf- segment Muskelfasern zur Entwicklung bringen, spricht van WIJHE auch hier von einem vierten und fünften Myotom. Aus der ganzen Beschreibung, welche er von beiden genannten Somiten giebt, ist es aber deutlich, dass er hier mit den Worten »Myotom« denjenigen Theil dieser Somite andeuten will, welche noch ihren epithelialen Charakter bewahrt haben, wenn ihre Splanchnopleura sich bereits in einen Haufen dicht auf einander gedrängter Zellen verwandelt hat. Dass das vierte und fünfte Somit keine Muskelfasern zur Entwick- lung bringen, war denn auch van WIJHE bereits vollständig bekannt, sagt er doch »das sechste Myotom ist. eben so wie das sechste Somit des vorigen Stadiums, das erste (vorderste), welches embryo- nale Muskelfasern besitzt«. Rabu (27) theilt die Kopfsomite ein in vordere oder proximale und hintere oder distale. Unter letzteren versteht er diejenigen, welche hinter jener Stelle, an der sich das Gehörbläschen bildet, gelegen sind, unter ersteren die vor dieser Stelle gelegenen. Dazu kommt noch eines, welches an der Grenze zwischen beiden Regionen, nämlich genau in der Höhe des Gehörbläschens, liegt und welches er noch den proximalen zurechnet. Proximale sind jederseits vier, distale jederseits fünf zu unterscheiden. Die hinteren Kopfsomite entstehen nach ihm genau in derselben Weise, wie die Urwirbel und sind überhaupt, so lange sie als distinkte Theile erhalten bleiben und ihre Selbständigkeit bewahren, von echten Urwirbeln nicht zu 954 C. K. Hoffmann unterscheiden. Der vorderste Urwirbel ist nun identisch mit dem fünften Kopfsomite van WIJHE'S, dem ersten distalen Kopfsomite. Auch die weitere Entwicklung der fünf distalen Kopfsomite ist nach RABL genau dieselbe, wie die der nächstfolgenden Urwirbel des Rumpfes. Genau dieselben Vorgänge, wie an den Rumpfwirbeln spielen sich nach ihm an den distalen Kopfsomiten ab. Dabei ist das Hauptgewicht, wie er sagt, keineswegs darauf zu legen, dass sich aus den hinteren Kopfsomiten überhaupt Muskeln und Binde- gewebe entwickeln, sondern vielmehr darauf, dass diese Organe genau aus denselben Theilen der Somite hervorgehen, wie am Rumpf. In einer späteren Arbeit sagt RABL (28) Folgendes: »Ich verlange von einem Urwirbel, gleichviel ob er dem Rumpf oder dem Kopf angehört, dass er ein Stück des dorsalen — und nur des dorsalen — Mesoderms bilde und dass er in derselben Weise, als ich dies für die Urwirbel des Rumpfes nachgewiesen habe, in ein Myotom (Hautmuskelplatte) und ein Sklerotom sich sondere.« Trotzdem nun das fünfte Kopfsomit nicht einmal embryonale Muskelfasern zur Entwicklung bringt, wie dies bereits van WIJHE nachgewiesen hat, trotzdem dass hier eine Sonderung in ein Myotom und in ein Sklerotom fehlt, indem dieses ganze Somit sich schon in einem sehr jungen Entwicklungsstadium in einen Haufen embryonalen Bindegewebes verwandelt, wird es dennoch von Rast selbst für einen echten Urwirbel erklärt und als erstes, vorderstes Kopfsomit betrachtet. Hier schlägt sich der Autor mit seinen eigenen Waffen. Wenn Rast von einem Urwirbel verlangt, gleichviel ob er dem Rumpf oder dem Kopf angehört, dass er sich in ein Myotom und Sklerotom sondere, dann gehört auch sein erstes, distales Kopfsomit nicht zu den Urwirbeln, und wenn er dieses Somit als einen wahren Urwirbel betrachtet, dann kann er von einem Urwirbel auch nicht mehr das verlangen, was er selbst als Bedingung stellt. Das vierte und fünfte palingenetische Kopfsomit sind, wie wir gesehen haben, ein- ander sehr ähnlich, es sind beide rudimentäre Kopfurwirbel, aus welchen Gründen man nun das eine, das vierte, dem vorderen größeren, unsegmentirten Abschnitt des Schädels und das fünfte, dem kleinen segmentirten zurechnen will, ist mir nicht deutlich. Und wenn RagBL selbst hervorhebt, dass die ventralen Wurzeln im vorderen Theile der hinteren (segmentirten) Kopfregion, entsprechend dem Glossopharyngeus, abortirt sind, dann begreife ich nicht, wie man von einem solchen Somite auch nicht erwarten kann, dass sein Myotom abortirt sei. — Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 955 Vil. Das sechste palingenetische Kopfsomit und die vier cänogenetischen Kopfurwirbel oder Occipitalsomite. Das sechste palingenetische Kopfsomit van W1iueE’s habe ich noch zu den palingenetischen Urwirbeln gerechnet, und zwar aus dem Grunde. weil die in seiner Splanchnopleura sich bildenden Muskelfibrillen, obgleich bei jungen Embryonen ganz deutlich, und zwar noch ziemlich lang vorhanden, in den späteren Stadien der Entwicklung doch vollständig wieder abortiren. Außerdem habe ich für dieses Somit keine ventrale Nervenwurzel finden können. — Taf. XIII Fig. 5 stellt einen Querschnitt durch dieses Kopfsomit vor von demselben Embryo als die Fig. 1 und 2 genommen sind. In dieser Periode der Entwicklung hat sich der Nervus vagus noch nicht angelegt. Diejenigen Zellen der Splanchnopleura dieses Ur- wirbels, welche der Chorda gegenüber liegen, zeigen noch viel deutlicher die eigenthümliche Veränderung ihrer Kerne als bei dem fünften gleichnamigen Somit; die kleine Vorbuchtung (s) der Splanchno- pleura ist die erste Andeutung der Anlage des zu diesem Somit gehörenden Sklerotom. Aus dem sechsten palingenetischen Somit entwickelt sich nämlich ganz ähnlich wie bei den ciinogenetischen Kopfurwirbeln und den Rumpfsomiten ein Myotom und ein Sklerotom. Die Somitenwände liegen unmittelbar auf einander, dasselbe gilt von den ihnen entsprechenden Seitenplatten und nur dort, wo beide in einander übergehen, zeigt sich eine kleine, aber deutliche Höhle. Querschnitte durch das erste cänogenetische Somit, das siebente Kopfsomit van WiJHE’s, stimmen fast vollständig mit denen durch das letzte palingenetische Somit überein. Während bei dem letzt- genannten palingenetischen Somit das Cölom, wo dasselbe vorhanden, verhältnismäßig von ganz geringem Umfang ist, erhält dasselbe hier an der entsprechenden Stelle viel bedeutendere Dimensionen, und dasselbe gilt in noch etwas höherem Maß von den folgenden Ur- wirbeln. Die Zellkerne der medialen Urwirbelwand unterscheiden sich durch dieselbe eigenthümliche Beschaffenheit wie beim vorher- gehenden und bei den folgenden Urwirbeln. Eine kleine Vorbuch- tung der Splanchnopleura stellt auch hier die erste Entwicklungs- stufe des Sklerotoms vor. Die eänogenetischen Kopfsomite zeigen demnach vollständig dasselbe Bild wie die weiter caudalwärts folgenden Rumpfsomite und auch das letzte palingenetische Kopf- somit verhält sich, wie wir gesehen haben, ganz ähnlich, und das- selbe thut es auch noch in den nächstfolgenden Entwicklungsstadien. Morpholog. Jahrbuch. 25. 17 356 C. K. Hoffmann Oben wurde schon angegeben, dass bei Embryonen mit 36 Somiten alle segmentalen Kopfnerven bereits zu voller Entwicklung gekommen sind. Sobald dies der Fall ist, wird das sechste palingenetische Somit gänzlich und der erste cänogenetische Urwirbel zum größten Theil durch die Vagusanlage gekreuzt, nur der hintere Theil des letztgenannten Somites ist frei, mit anderen Worten, wird nicht durch die Vagusanlage überbrückt. Auf diesen höchst wichtigen Punkt komme ich gleich näher zurück. Bei Embryonen mit 50 Urwirbeln (Länge 8 mm) haben sich vier Kiementaschen angelegt und von diesen sind die beiden vor- dersten nach außen durchgebrochen, während die beiden hintersten noch, geschlossen sind. Über der vierten Kiementasche liegt das sechste palingenetische Somit. Das Mesoblastgewebe des dritten Kiemenbogens hängt noch kontinuirlich mit dem caudalen Ende des vierten und dem cranialen Ende des fünften palingenetischen Somites zusammen und ähnlich verhält sich das gleichnamige Gewebe des vierten Kiemenbogens zu dem caudalen Ende des fünften und dem cranialen Ende des sechsten palingenetischen Kopfurwirbels. Die Wände des letztgenannten Somites setzen sich an ihrem caudalen Ende noch ununterbrochen in die ihnen entsprechenden Seitenplatten fort. Weder die ciinogenetischen Kopfsomite noch die Rumpfsomite haben sich von den Seitenplatten abgeschnürt, sondern hängen in ihren medialen Partien noch mit denselben zusammen. Schon in diesem Entwicklungsstadium, aber noch viel deutlicher in den nächst- folgenden springt der Unterschied des letzten palingenetischen Somites mit dem des ersten cänogenetischen Kopfurwirbels so wie der des letztgenannten mit dem der nächstfolgenden Occipital- und Rumpfsomiten ins Auge. | Embryonen von 10 mm Länge. In dieser Entwicklungsperiode sind fünf Kiementaschen vorhanden, von welchen die drei vordersten nach außen durchbrochen, die beiden hintersten dagegen noch ge- schlossen sind. Unterhalb des ersten eänogenetischen Kopfsomites liegt die fünfte Kiementasche. Der Ductus Cuvieri fehlt noch, steht jedoch im Begriff sich anzulegen. Die Wände des zweiten, dritten und vierten Kiemenbogens hängen noch theilweise mit den caudalen Enden des dritten, resp. vierten und fünften und den cranialen Enden des vierten, resp. fünften und sechsten palingenetischen Somites zu- sammen, dagegen hat sich der fünfte Kiemenbogen so gut wie fast vollständig von den einander zugekehrten Enden des letzten palin- genetischen und ersten cänogenetischen Somites abgeschnürt. Die Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 257 Myotome des zweiten, dritten und vierten Occipitalsomites, sowie die der weiter caudalwärts folgenden Rumpfsomite hängen noch mit den Seitenplatten zusammen. Bei Embryonen, welche eine Länge von 11—11'!/, mm erreicht haben, ist auch die sechste oder letzte Kiementasche angelegt; die vierte steht im Begriff nach außen durchzubrechen, die Wände der fünften sind bereits mit der Epidermis verwachsen, während die der sechsten noch kaum die Epidermis berührt. Über der letztgenannten Kiementasche liegt das Myotom des zweiten Occipitalsomites, das sich vollständig von den ihm entsprechenden Seitenplatten, aus denen sich der siebente Kiemenbogen demnächst anlegen wird, ab- geschnürt hat. Die Myotome des dritten und vierten Occipitalsomites stehen zwar in Begriff sich von ihren Seitenplatten zu trennen, hängen aber noch auf einer sehr kleinen Strecke mit ihnen zusammen, dagegen stehen die Rumpfsomite noch deutlich mit ihren Seiten- platten in kontinuirlicher Verbindung. Der Ductus Cuvieri ist bei Embryonen aus diesem Entwicklungsstadium ebenfalls zu voll- kommener Entwicklung gekommen und mündet in dem ersten Rumpf- somit in den Sinus venosus, wie ich dies bereits früher beschrieben habe (17). Fassen wir das oben Mitgetheilte noch kurz zusammen, so finden wir, dass unter dem dritten, vierten, fünften, sechsten, siebenten und achten Kopfsomit (dem dritten, vierten, fünften, sech- sten palingenetischen und dem ersten und zweiten cänogenetischen Somit) die erste, zweite, dritte, vierte, fünfte und sechste Kiemen- tasche gelagert ist, und dass unter den nach einander zugekehrten Enden des dritten und vierten, vierten und fünften, fünften und sechsten, sechsten und siebenten, siebenten und achten Somites das Mesoblastgewebe des zweiten, resp. dritten, vierten, fünften und sechsten Kiemenbogens liegt. In den nächstfolgenden Entwicklungsstadien findet nun eine immer deutlicher auftretende Dislokation der genannten Kopfsomite im Verhältnis zu den unter ihnen gelegenen Kiemenbogen und Kie- mentaschen statt, und zwar kommt diese Dislokation dadurch zu Stande, dass einerseits die Kiemenbogen und Kiementaschen caudal- wärts, und andererseits die Myotome der Oceipital- und der auf dieses caudalwärts folgenden Rumpfsomite eranialwärts aufrücken; dadurch entstehen, wahrscheinlich zum Theil wenigstens, die eigenthümlichen Knickungen oder Biegungen ())) der Myotome, die besonders in der vorderen Kopfregion so deutlich ausgeprägt sind. Dass die Kiemenbogen und Kiementaschen nach hinten rücken, 17% 258 C. K. Hoffmann lässt sich am besten und deutlichsten nachweisen, wenn man die Lage des Herzens, welches in engster Beziehung zu der Lage der Kiemenbogen steht, etwas genauer ins Auge fasst. Wir haben so eben gesehen, dass bei Embryonen von 11'/a—11°/, mm Länge der Duetus Cuvieri sich angelegt hat und sich innerhalb des ersten Rumpfsegmentes in den Sinus venosus ergießt. In den nächstfol- genden Entwicklungsstadien findet nun die Einmündung des Ductus Cuvieri in den Sinus venosus folgenderweise statt. Bei dieser Zäh- lung halte ich mich an die Spinalganglien und nenne dasjenige Rumpfsegment als erstes, dessen Myotom dem ersten oder vorder- sten Spinalganglion gegenüber liegt; ich nehme demnach das Wort »Rumpfsegment« im gleichen Sinne wie vAN WıJHE (37), der unter »Rumpfsegment« (in frühen Entwicklungsstadien) eine Querzone des Körpers versteht, deren Vorder- und Hintergrenze mit den entspre- chenden Grenzen eines Rumpfsomites zusammenfällt und rechts und links außer einem Myotom einen Spinalnerv mit dorsaler und ven- traler Wurzel ete. enthält, wie er auch in den späteren Stadien (vom Stadium A von BALFoUR ab) eine Querzone des Körpers darunter versteht, in deren Vordergrenze die hintere. Grenze eines Spinal- ganglions und in deren Hintergrenze die vordere Grenze des un- mittelbar folgenden Ganglions fällt. Bei Embryonen von 15 mm Länge liegt die Mündung des Ductus Cuvieri in den Sinus venosus im zweiten Rumpfsegment, bei solchen von 20 mm Länge im dritten Rumpfsegment, bei Embryonen von 22 mm Länge im vierten Rumpf- segment, bei solchen von 25—26 mm Länge auf der Grenze des fünften und sechsten, auch wohl im sechsten Rumpfsegment, und bei Embryonen von 33—34 mm Länge im siebenten Rumpfsegment. Weiter habe ich die Zählung nicht fortgesetzt. Während nun die Kiemenbogen und die Kiementaschen sich nach hinten schieben, rückt das letzte palingenetische Somit und die caudalwärts folgenden cinogenetischen Kopfsomite nach vorn. Um die Veränderungen, welchen die genannten Kopfsomite resp. die Myo- tome dieser Urwirbel dabei unterliegen, gut zu verstehen, ist es nöthig, erst die Verhältnisse des Vagus und der dorsalen Spinal- wurzeln zu dem letzten palingenetischen Somit und den cänogene- tischen Kopfurwirbeln etwas genauer zu betrachten. Wir haben schon früher erwähnt, dass das letzte palingenetische Somit gänzlich und das erste cänogenetische Somit großentheils an ihren Außenseiten durch die Vaguswurzel gekreuzt oder überbrückt werden. Nur das caudale Ende des letztgenannten Somites ragt frei hervor, denn hier Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 359 hört die Vaguswurzel auf und setzt sich an gesagter Stelle in die Nervenleiste fort. Das ganze letzte palingenetische Kopfsomit und der größte Theil des ersten oder vordersten ciinogenetischen Kopf- urwirbels liegen demnach medialwärts von dem Vagus, der hintere Theil des letztgenannten Somites, sowie die caudalwärts folgenden cänogenetischen Kopfurwirbel und die Rumpfurwirbel dagegen lateral- wärts von den dorsalen Spinalwurzeln und der sie verbindenden Nervenleiste, in welche sich bekanntlich das hintere Ende der Vagus- wurzel unmittelbar fortsetzt. Bei jungen Embryonen erreicht die dorsale Urwirbelkante noch kaum die halbe Höhe des Medullar- kanales, aber in den nächstfolgenden Entwicklungsstadien wächst dieselbe allmählich höher und höher. Das zweite, dritte und vierte cänogenetische Kopfsomit, resp. die Myotome dieser Urwirbel, werden darin durch nichts gehindert, und ähnlich verhalten sich die weiter caudalwärts folgenden Rumpfmyotome. Das ganze letzte palingene- tische Kopfsomit kann dies aber nicht, denn es wird durch die Va- guswurzel überbrückt und demnach in seinem Wachsthum beschränkt, und ähnlich verhält sich der größte (vorderste) Theil des ersten eäno- genetischen Kopfsomites, nur sein hinterster Theil, der nicht mehr durch die Vaguswurzel gekreuzt wird, kann frei nach oben auswachsen. Taf. XIII Fig. 6 und 7, die Abbildungen zweier Querschnitte durch das erste eänogenetische Kopfsomit eines Embryo von 10 mm Länge, mögen dies verdeutlichen. Der erste dieser beiden Schnitte geht durch den vorderen Theil dieses Somites, und zwar an der Stelle, wo sein Myotom die ihm zukommende ventrale Wurzel erhält. Diese Wurzel abortirt aber, wie wir später bei der Entwicklungsgeschichte der Kopfnerven sehen werden, sehr frühzeitig wieder, denn bei nur um etwas älteren Embryonen kann ich dieselbe schon nicht mehr zurückfinden. Der andere Schnitt (Fig. 7) geht durch das caudale Ende des- selben Somites, gerade an der Stelle, wo die Vaguswurzel sich in die Nervenleiste fortsetzt. Hier kann bei älteren Embryonen die dorsale Urwirbelkante (vs), d. i. die dorsale Kante des Myotoms, frei auswachsen, und zwar lateralwärts von der Nervenleiste, in welche sich die Vaguswurzel fortsetzt. Das erste cänogenetische Kopfsomit verhält sich also in seinem hinteren Theil vollständig ähnlich wie die’ caudalwärts folgenden Urwirbel. Wenn nun bei älteren Em- bryonen das Myotom des letzten palingenetischen Kopfsomites und die der cänogenetischen Kopfurwirbel eranialwärts aufriicken, dann wird das Myotom des erstgenannten Somites und der bei Weitem 260 C. K. Hoffmann größte (vordere) Theil des Myotoms des ersten cänogenetischen Kopfsomites darin durch nichts behindert, aber der hintere Theil des Myotoms des letztgenannten Urwirbels stößt gegen die hintere Kante der Vaguswurzel. Demzufolge gliedert sich der hintere Theil dieses Myotoms in zwei Stücke, das eine kommt über, d. i. dorsal- wärts, das andere unter, d. h. ventralwärts von der Vaguswurzel zu liegen. Ist der hintere Theil des Myotoms des ersten cänogeneti- schen Somites durch die Vaguswurzel hingerückt, dann folgt das Myotom des zweiten Somites, es gliedert sich ebenfalls in zwei Stücke, Ähnliches thut das Myotom des dritten Occipitalsomites, wie dies gleich näher beschrieben werden soll. Aus den dorsalwärts von der Vaguswurzel liegenden Theilen der Myotome der cänogenetischen Kopfsomite entsteht der vordere Theil des großen Längsmuskels, mit anderen Worten, der eraniale Anfang des lateralen Rumpfmuskels, wäh- rend aus den ventralwärts von der Vaguswurzel gelegenen Stücken eben genannter Myotome sich der M. subspinalis und die Mm. inter- arcuales I von VETTER (33), die Mm. interbasales von FÜRBRINGER (8) entwickeln. An der Bildung der letztgenannten Muskeln betheiligt sich auch noch das erste Rumpfmyotom, wie denn auch die Mm. interarcuales I von VETTER — die interbasales von FÜRBRINGER — nicht zu den visceralen, sondern zu den parietalen Muskeln gehören. Die aus den Occipitalmyotomen sich anlegenden M. subspinalis und Mm. interarcuales I: VETTER, s. interbasales: FÜRBRINGER, welche also unter der Vaguswurzel, aber im dorsalen Bereiche des Visceralske- lettes liegen, will ich in Nachfolge von FÜRBRINGER (8) und GEGEN- BAUR als »epibranchiale spinale Muskeln« bezeichnen, auf diesen, so- wie auf dem aus den Occipitalmyotomen ebenfalls hervorgehenden cranialen Anfangstheil des lateralen Rumpfmuskels komme ich gleich näher zurück. Die Occipitalmyotome betheiligen sich aber nicht allein an der Bildung der »epibranchialen spinalen Muskeln«, sondern auch an den im ventralen Bereiche des Visceralskelettes liegenden Muskeln; die »hypobranchialen spinalen Muskeln« von FÜRBRINGER und GEGEN- BAUR, nämlich die Mm. coraco-mandibularis, coraco-hyoideus, coraco- branchiales (die Mm. coraco-arcuales also) und die Bildung dieser hypobranchialen spinalen Muskeln will ich erst beschreiben. Wir haben gesehen, dass bei Embryonen von 11—11!/, mm Länge die sechste Kiementasche sich ebenfalls angelegt hat und dass das über ihr gelegene zweite Oceipitalsomit resp. -myotom sich in diesem Stadium vollständig von ihren Seitenplatten abgeschnürt Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 261 hat, während dagegen das dritte und vierte Occipitalmyotom in ihren medialen Partien noch mit ihren Seitenplatten in Verbindung stehen. Wenn die Embryonen eine Länge von 12'!/, mm erreicht haben, trennen sich auch diese von ihren Seitenplatten, und unmittelbar darauf beginnen diese Myotome an ihren unteren Enden Stücke ab- zugliedern (s. Taf. XIII Fig. 8), die bei älteren Embryonen allmäh- lich sich in Vereinigung mit den ventralen Enden der vordersten Rumpfmyotome an der Bildung der ganzen ventralen Längsmusku- latur (der hypobranchialen spinalen Visceralmuskeln) betheiligen. Während nun diese von den beiden letzten Occipitalmyotomen und von den vordersten Rumpfmyotomen abgegliederten Stücke ventralwärts wandern, rücken gleichzeitig die Kiemenbogen caudalwärts vor. Das erste und zweite Occipitalmyotom betheiligen sich — so viel ich finde — nicht an diesem Abschnürungsprocess, und es ist bei Acan- thias erst dasjenige Occipitalmyotom, unter dem sich keine Kiemen- tasche anlegt, nämlich das dritte, welches, in Verbindung mit den caudalwärts folgenden Myotomen, allein Theil nimmt an der Anlage der hypobranchialen Muskeln. Die Verhältnisse treten mit vollster Deutlichkeit auf, wenn man Embryonen untersucht, die eine Länge von 24—25 mm erreicht haben, wie die Abbildungen der folgenden Querschnitte (Taf. XIII Fig. 11 bis 16) verdeutlichen mögen. Der erste dieser genannten Querschnitte liegt am meisten eranialwärts (s. Fig. 11). Unterhalb der Thyreoidea liegt ein scheinbar vollständig unpaarer Muskel, es ist dies der M. coraco-mandibularis. Wenn auch scheinbar unpaar, so ergiebt doch eine genauere Betrachtung, dass wir es hier in Wirklichkeit mit einem paarigen Muskel zu thun haben, der durch mediale Verwachsung einer linken und rechten Hälfte entstanden ist. Dies ergiebt sich aus zwei Umständen, und zwar 1) durch Untersuchung junger Ent- wicklungsstadien, 2) durch die Innervirung. Bei jüngeren Embryonen überzeugt man sich mit aller Deutlichkeit, dass der genannte Muskel durch die Verwachsung eines links und rechts ventralwärts wandern- den Stückes entsteht. Und was die Innervirung betrifft, so findet man rechts und links mitten in der Muskelsubstanz einen Nerven- zweig. Dieser ist ein Zweig, der aus dem Nervenstamm seinen Ur- sprung nimmt, welcher aus den Verzweigungen der Rami ventrales der drei hinteren Occipitalnerven und der Rami ventrales der vier bis fünf vordersten Spinalnerven gebildet wird. Die Schnittserie caudalwärts verfolgend, findet man, dass erst allmählich die Thy- reoidea geringer von Umfang wird und dass dann neben ihr ein 262 C. K. Hoffnann zweiter Muskel auftritt, der über und lateralwärts von dem M. coraco- mandibularis liegt, dieser ist der M. coraco-hyoideus (s. Fig. 12). Dann verschwindet die Thyreoidea gänzlich und Hand in Hand da- mit rücken die Mm. coraco-hyoideus näher nach einander, ohne sich jedoch noch in diesem Entwicklungsstadium in der Medianlinie zu begegnen, wie dies bei älteren Embryonen der Fall ist (s. Fig. 13). Kommt man dann noch weiter caudalwärts, dann findet man, dass die Mm. coraco-hyoideus nicht mehr eine einheitliche embryonale Muskelmasse bilden, sondern aus zwei Theilen bestehen, und zwar aus einem medialen unteren Stücke, dem eigentlichen M. coraco- hyoideus und einem lateralen oberen Stücke, der Anlage des M. coraco-branchialis; zugleich sieht man, dass der M. coraco-mandibu- laris, der auf dem Querschnitt fortwährend kleiner geworden ist, nicht mehr einen unpaaren Muskel bildet, sondern deutlich paarig geworden ist, indem weiter hinterwärts der der einen Seite nicht mehr mit dem der anderen Seite verwachsen ist. Je weiter caudal- wärts man kommt, um so mehr entfernen sich die genannten Mus- keln aus der Medianlinie und nähern sich dem ventralen Rande des M. coraco-hyoideus (s. Fig. 14), mit dem sie noch mehr nach hinten zu schließlich vollständig verschmelzen. Auch der erwähnte Nerven- stamm verbindet sich dann mit einem Zweig, der den M. coraco- hyoideus innervirt. Die Abbildung eines Schnittes noch mehr hinter- wärts findet man auf Taf. XIII Fig. 15. Unter dem Truncus arteriosus liegt die zipfelförmige Fortsetzung der Leibeshöhle (Perikardialhöhle) und unter dieser jederseits eine embryonale Muskelmasse, die aus der hier verschmolzenen Anlage der Mm. coraco-mandibularis, coraco- hyoideus und coraco-branchialis besteht. Verfolgt man diese em- bryonale Muskelmasse noch weiter nach hinten zu, wo allmählich die in der Anlage begriffenen Mm. coraco-mandibularis und coraco- hyoideus aufhören und allein die der Mm. coraco-branchiales übrig bleiben, dann findet man, dass diese gemeinschaftliche Muskelmasse sich jederseits ganz ununterbrochen in die ventralen Enden der Rumpf- myotome fortsetzt, wie dies noch deutlicher aus einem weiter caudal- wärts liegenden Schnitt, von welcher Fig. 16 eine Abbildung vorstellt, . hervorgeht. Schließlich findet man auf Taf. XIII Fig. 9 und 10 die Abbildungen zweier Längsschnitte durch einen Embryo aus einem nahezu gleich alten Entwicklungsstadium wie das, von welchem die Querschnitte Fig. 11—16 genommen sind. Der erste dieser beiden Längsschnitte liegt der Medianlinie sehr nahe; unter der Thyreoidea sieht man den M. coraco-mandibularis und über diesem Muskel den +. Sees se”. Ll eC ”-S—~— Beitriige zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 263 M. coraco-hyoideus, der erst bei etwas älteren Embryonen dem der anderen Seite niiher riickt, bis er diesem in der Mittellinie begegnet. Der andere Längsschnitt (s. Fig. 10) liegt mehr lateralwärts, er zeigt die in der Anlage begriffenen Mm. coraco-hyoideus + coraco-brachialis, die sich unmittelbar in die ventralen Enden der vordersten Rumpf- myotome fortsetzen. Aus dem Mitgetheilten ergiebt sich also, dass die hypobran- chialen spinalen Muskeln, d. h. sowohl die Mm. coraco-mandibulares, wie die Mm. coraco-hyoidei und coraco-branchiales sich alle aus den beiden hintersten Oceipitalmyotomen und den vordersten Rumpfmyo- tomen entwickeln und dass diese Muskeln genetisch mit der Visce- ralbogenmuskulatur nichts zu schaffen haben. Nach den Untersuchungen von VAN WIJHE (35) kommen bei Seyllium und Pristiurus nur neun Kopfsomite vor, dagegen beträgt, wie wir gesehen haben, bei Acanthias ihre Anzahl zehn, also eines mehr als bei den eben genannten Selachiern. Als Grenze von Kopf und Rumpf nehme auch ich den ersten Halsnerv an, den ersten dem Vagus folgenden Nerv also, der nebst einer bleibenden ventralen Wurzel auch mit einer persistirenden dorsalen Wurzel incl. Ganglion versehen ist. Während nun bei Scyllium und Pristiurus dem Myo- tom des zehnten Somites der erste Halsnerv zukommt, gehört bei Acanthias erst das Myotom des elften Somites (abgesehen natürlich von der »Head Cavity« von Miss JuLıa PLArr) zu dem ersten Hals- nerven, die Grenze von Kopf und Rumpf liegt demnach bei Acan- thias um ein Somit weiter hinterwärts als bei Seyllium und Pristiurus, mit anderen Worten, die Zahl der Oceipitalsomite ist bei Acanthias um eines größer als bei Seyllium und Pristiurus. Dass dem hintersten Kopfmyotom (bei Seyllium und Pristiurus) eine ventrale Verlängerung zukommt, welche dem ersten bis sechsten Kopf- somit vollständig fehlt, hat van WHE ebenfalls bereits nachgewiesen, ob das siebente und achte Myotom sich in späteren Stadien auch noch weit caudalwiirts ausstrecken, hat er, wie er selbst angiebt, nicht ermittelt. Schon gegen das Ende des Stadium X von BALFOUR fängt nun nach vAN WiJHE die ventrale Verlängerung sowohl des hinter- sten Kopfmyotoms als die der vordersten Rumpfmyotome sich nach vorn umzubiegen an. Im Stadium O von BALFOUR haben diese Ver- längerungen, welche später selbständig werden, schon ziemlich weit nach vorn vorgegriffen. Aus ihnen entwiekelt sich der M. coraco- hyoideus. Dagegen haben nach van WHE die Mm. coraco-branchialis und coraco-mandibularis eine ganz andere Entstehungsweise als der 264 €. K. Hoffmann M. coraco-hyoideus, erstgenannte Muskeln entwickeln sich nämlich nach ihm aus der unpaaren vorderen Verlingerung des Perikardiums, dessen Höhle in jungen Stadien mit den Höhlen der Visceralbogen kommunicirt. Auch Dour (2) giebt an, dass nur der M. coraco- hyoideus ein echter Körpermuskel sei, der aus den Urwirbeln her- stammt und genetisch nichts mit der Visceralbogenmuskulatur zu schaffen hat, dass dagegen von den Mm. coraco-arcualis die coraco- branchialis zu den Visceralbogenmuskeln gehören. Der M. subspinalis nimmt nach ihm (3) aus den rudimentären Urwirbeln seinen Ursprung, welche von VAN WIJHE zum sechsten bis neunten Kopfsegment ge- zählt werden. ScHNEIDER’s Angaben (30) über dies Thema sind mir nicht recht deutlich. Auf pag. 109 sagt er, dass der Sterno-hyoideus (Coraco- hyoideus: VETTER) von Spinax acanthias deutlich aus Kästchen ge- bildet sei, der Sterno-branchialis (Coraco-branchialis: VETTER), der Mylo-hyoideus (Constrietor superficialis: VETTER) und der Genio-hy- oideus (Coraco-mandibularis: VETTER) nicht, mit anderen Worten, dass die Muskeln der Kiefer und der Kiemen zu den visceralen ge- hören, mit Ausnahme des Sterno-hyoideus (Coraco-hyoideus: VETTER), während er auf pag. 123 derselben Abhandlung angiebt, dass aus- senommen eben genannter Muskel (nämlich der Sterno-hyoideus) (Co- raco-hyoideus: VETTER) auch der Sterno-branchialis (Coraco-bran- chialis: VETTER) zu den parietalen Muskeln gehören, indem beide genannten Muskeln eine Fortsetzung des M. rectus abdominis bilden. In einer vorläufigen Mittheilung »Über die mit dem Visceralskelet verbundenen spinalen Muskeln bei Selachiern« hat FÜRBRINGER (8) nun wieder die VETTER’sche Angabe bestätigt, dass die Mm. coraco- branchialis, coraco-mandibularis und coraco-hyoideus eine einheit- liche spinale Muskelgruppe bilden, indem alle so eben genannten Muskeln durch die sogenannten »ventralen Vaguswurzeln« (die er zu den spinalen Nerven im weiteren Sinne rechnet und als »spino- oceipitale Nerven« bezeichnet) in Gemeinschaft mit Spinalnerven in- nervirt werden, und die Entwicklungsgeschichte von Acanthias kann die Angaben von VETTER und FÜRBRINGER einfach bestätigen. Bei der Entwicklungsgeschichte der ventralen Kopfnerven komme ich hierauf näher zurück. i Nachdem wir also erst die Entwicklungsgeschichte der hypo- branchialen spinalen Muskeln verfolgt haben, müssen wir jetzt die Anlagen der epibranchialen spinalen Muskeln (des M. subspinalis und Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 265 der Mm. interarcuales I von VETTER, s. Mm. interbasales: FURBRINGER), sowie des eranialen Theiles des großen Rumpfmuskels weiter be- trachten. Bei Embryonen von einer Länge von 12!/.—15 mm rückt der hintere Theil des ersten Oceipitalmyotoms durch die Vaguswurzel hin. Von diesem Process kann man sich sowohl an Quer- wie an Sagittalschnitten überzeugen, wie Taf. XIII Fig. 17 und Taf. XIV Fig. 18 zeigen. Die erste dieser beiden Figuren ist die Abbildung eines Querschnittes durch den hinteren Theil des ersten Occipital- myotoms, dasselbe rückt, wie man sieht, erst durch die Vaguswurzel hin, um sich dann in zwei Stücke zu gliedern, von welchen das eine über, das andere unter die Vaguswurzel zu liegen kommt. Die andere Figur ist die Abbildung eines Längsschnittes, einem Embryo von 14 mm Länge entnommen. Das Myotom des letzten palingene- tischen Somites zeigt sehr deutlich quergestreifte Fibrillen und liegt gänzlich unter der Vaguswurzel. Das Myotom des ersten Oceipital- urwirbels liegt mit seinem vorderen, bei Weitem größten Theil eben- falls unter, mit seinem kleinen hinteren Theil über der Vaguswurzel, nur sein ganz hinterer Theil ist noch nicht durch die Vaguswurzel getreten. Wenn die Embryonen ungefähr 16 mm lang sind, ist der hintere Theil des ersten Occipitalmyotoms vollständig durch die Vaguswurzel gerückt und das zweite Occipitalmyotom fängt jetzt denselben Process an. Auf Taf. XIII Fig. 19 und Taf. XIV Fig. 20 sind zwei Schnitte abgebildet durch einen Embryo von 20 mm Länge. Der erstgenannte ist ein Querschnitt durch den vorderen Theil des zweiten Occipitalmyotoms, gerade da getroffen, wo das genannte Myotom durch die Vaguswurzel tritt. Auch hier sieht man, dass erst das vorderste Stück dieses Myotoms durch die Vaguswurzel rückt und sich dann in zwei Stücke gliedert. Die andere Figur ist die Abbildung eines Längsschnittes, dieselbe zeigt, wie das erste Occi- pitalmyotom bereits vollständig durch die Vaguswurzel getreten und wie das zweite Occipitalmyotom mit diesem Akt beschäftigt ist. Die quergestreiften Muskelfibrillen des letzten palingenetischen Somites fangen jetzt an, allmählich mehr und mehr zu verschwinden, sobald die Embryonen eine Länge von 22 mm erreicht haben, kann ich dieselbe mit Bestimmtheit nicht mehr zurückfinden. Durch das gleichzeitig Caudalwärts-Rücken der Kiemenbogen und Kiementaschen werden die Kniekungen, Biegungen und schrägen Lagen der Occipitalmyotome immer stärker, die über und unter dem Vagus gelegenen Stücke entfernen sich auch dadurch weiter aus einander, erstere nähern sich je länger je mehr der Labyrinth- 266 C. K. Hoffmann region, letztere folgen den Kiemenbogen und rücken mit diesen nach hinten. Fortgesetzte Untersuchungen haben mir denn auch gezeigt, dass nicht das ganze zweite Occipitalmyotom durch die Vaguswurzel tritt, bevor es sich in zwei theilt, wie ich dies friiher glaubte (18), sondern nur sein vorderer Theil; der mittlere und hintere Theil dieses Myotoms thut dies nicht, schniirt sich aber wohl in zwei, von welchen das eine Stiick gleichfalls dorsal und das andere ventral von der Vaguswurzel zu liegen kommt, ersteres riickt cranialwiirts auf, letzteres, den Kiemenbogen folgend, caudalwirts. Dass dies so ist, zeigt sich am deutlichsten, wenn man z. B. entsprechende Quer- schnitte jüngerer und älterer Embryonen mit einander vergleicht. Taf. XIV Fig. 21 ist ein Querschnitt eines Embryo von 28 mm durch die Gegend, wo die zweite ventrale Occipitalwurzel das Hinterhirn verlässt, unter dieser Wurzel liegt ein sehr deutliches Bündel quergestreifter Muskelfibrillen, sie gehören dem zweiten Occipitalmyotom. Taf. XIV Fig. 22 ist ein entsprechender Quer- schnitt durch die zweite ventrale Occipitalwurzel eines Embryo von 34—35 mm Länge. An der Stelle, wo bei jüngeren Embryonen ein verhältnismäßig dickes Bündel quergestreifter Muskelfasern lag, liegt jetzt eine Masse embryonalen Bindegewebes. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Fibrillen der unter dem Vagus gelegenen Partie des zweiten Occipitalmyotoms sich wieder rückgebildet haben; für diese Annahme ist um so weniger Grund vorhanden, als die zu diesem Myotom gehörende ventrale Wurzel, wenn auch als ein sehr winziger Stamm — wie wir bei der Beschreibung der ventralen Nervenwurzeln gleich näher sehen werden — fortbestehen bleibt, wohl aber, dass das ventrale Stück des zweiten Occipitalmyotoms, den Kiemenbogen folgend, nach hinten aufgerückt ist. Und dass dies wirklich so ist, geht mit vollster Deutlichkeit aus Untersuchun- gen von Längsschnittserien durch ältere Embryonen hervor, wie Taf. XIV Fig. 25 verdeutlichen möge. Schwieriger aber ist es zu sagen, was aus dem ventralen Stück des ersten Oceipitalmyotoms geworden ist. Indem seine ventrale Wurzel überaus dünn ist und ich dieselbe bei Embryonen, die länger als 10 mm sind, nicht mehr finden kann, ist es mir am wahrscheinlichsten, dass die Fibrillen des unter der Vaguswurzel gelegenen Stückes dieses Myotoms, wie diejenigen des letzten palingenetischen Somites, in den späteren Entwicklungsstadien gänzlich wieder abortiren. Auf Längsschnitten von Embryonen, welche über 27 mm lang sind, ist denn auch von dem ventralwärts von dem Vagus gelegenen Stücke des ersten Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 267 Occipitalmyotoms nichts mehr zu finden (siehe Taf. XIV Fig. 25). Ein Querschnitt durch das dritte Occipitalmyotom eines Embryo von 34—35 mm Länge zeigt Taf. XIV Fig. 23; in diesem Stadium hat sich auch das in Rede stehende Myotom in zwei Stücke ge- gliedert, von denen das bei Weitem größte über, das viel kleinere unter dem Vagus liegt, und das vierte Occipitalmyotom steht in Begriff dasselbe zu thun (siehe Taf. XIV Fig. 24). Aus den unter dem Vagus gelegenen Stücken der Occipitalmyotome entsteht nun der M. subspinalis, derselbe ist, wie FÜRBRINGER bereits nachge- wiesen hat, ein spinaler hypaxonischer Muskel. An seiner Bildung betheiligen sich aber nur die ventralen Stücke der drei hintersten Occipitalmyotome, denn das entsprechende Stück des ersten Occi- pitalmyotoms bildet sich, wie gesagt, in den späteren Entwicklungs- stadien wieder zurück. Aus den über dem Vagus gelegenen Stücken sämmtlicher Oceipitalmyotome entsteht der craniale Theil des late- ralen Rumpfmuskels. Aus den ventralwärts vom Vagus gelegenen Stücken der Oceipitalmyotome, nämlich der drei hintersten, entsteht aber noch ein anderes System von Muskeln, und zwar die Mm. interarcuales I von VETTER, r. die Muskeln der ersten Abtheilung der Mm. interarcuales arcus branchialis primi, secundi, tertii et quarti von TiesineG (32), s. Interbasales von FÜRBRINGER. Dass der M. subspinalis aus den ventralwärts von dem Vagus gelegenen Stücken der Occipitalmyotome sich anlegt, war mir bereits bekannt, bevor die vorläufige Mittheilung von FÜRBRINGER erschienen war. Nach- dem genannter Forscher in seiner erwähnten Arbeit auch nach- gewiesen hat, dass die Mm. interareuales I von VETTER, — durch ihn zur Unterscheidung der Mm. interarcuales II und III von VETTER, als »Mm. interbasales« bezeichnet — ebenfalls von sehr feinen Zweigen versorgt werden, welche von den spino-oceipitalen Nerven, wie FÜRBRINGER die ventralen Wurzeln der Occipitalmyotome nennt, und in einzelnen Fällen auch von dem ersten Spinalnerv abgehen, habe ich die Entwieklungsgeschichte dieser Muskeln gleich- falls untersucht und gefunden, dass dieselben nicht zu den Visceral- sondern zu den Parietalmuskeln gehören, mit anderen Worten, nicht aus den Seitenplatten, sondern aus den Myotomen entstehen, und zwar aus denen der drei letzten Oceipitalurwirbel und des ersten Rumpfsomites. Die Mm. interarcuales I von VETTER, s. interbasales von FÜRBRINGER, legen sich sehr spät an, oder vielleicht besser gesagt, gliedern sich sehr spät von den Myotomen der drei hintersten Occipitalsomite und des ersten Rumpfsomites ab. Erst bei Embryonen, 268 C. K. Hoffmann die eine Körperlänge von 27 mm besitzen, bin ich im Stande, die- selben nachzuweisen (siehe Taf. XIV Fig. 25), dann werden sie allmihlich deutlicher. Auf Liingsschnitten sind sie am besten zu finden. Nach BALFOUR (1) betheiligt sich auch die Somatopleura des Urwirbels — wenn auch ziemlich spät — an der Bildung von Muskelfibrillen. ZIEGLER (40) fand diese Angabe BALrour’s bei manchen Knochenfischen bestätigt. Auch van W1JHE (37) giebt an, dass er bei Selachiern verhältnismäßig spät die Bildung von Muskel- fibrillen in der Somatopleura der Myotome wahrgenommen hat. Dem gegenüber stehen die Mittheilungen von RABL (27a). »An meinen Präparaten — so sagt er — habe ich nichts gesehen, was sich zu Gunsten der Vermuthung BALrour’s oder den Angaben ZIEGLER’S und vAN WIJHE’S deuten ließe, nach denen auch die late- rale Lamelle an der Bildung der Seitenrumpfmuskulatur betheiligt sein soll. So unwahrscheinlich mir also auch nach dem Gesagten die Betheiligung der Cutislamelle an dem Aufbau der Seitenrumpf- muskulatur erscheint, so kann ich doch das Gegentheil nicht streng beweisen. Sollte sich in der That eine solche Betheiligung mit ge- eigneten Methoden nachweisen lassen, so könnte sie jedenfalls nur eine ganz geringfügige sein. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, dass meine Präparate von Torpedoembryonen mit aller Ent- schiedenheit gegen die Annahme ZIEGLER’'S und van WIJHE'S zu sprechen scheinen. « Für Acanthias kann ich nun aber wieder die Angaben von BALFOUR, VAN WIJHE und ZIEGLER, dass auch die Somatopleura des Urwirbels sich an der Bildung von Muskelfibrillen betheiligt, vollständig bestätigen. Ich hebe dabei aber ausdrücklich hervor, dass diese Differenzirung sehr spät eintritt, bei Embryonen, die eine Körperlänge von 24—25 mm erreicht haben, sehe ich die erste An- deutung davon, dann wird sie immer deutlicher, und besonders schön ist sie bei Embryonen zu sehen, die eine Körperlänge von 34—35 mm erreicht haben. VIII. Die ventralen Nervenwurzeln der Kopfsomite. Die ventralen Nervenwurzeln legen sich bei Acanthias schon in verhältnismäßig jungen Entwicklungsstadien an. Rabu (27a) konnte dieselben bei Pristiurus melanostomus erst bei Embryonen mit 63 Urwirbeln finden. »Dieses Stadium (in welchem die Embryonen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 269 fünf Kiemenfurchen besitzen, von denen die ersten drei durchge- brochen sind, also Spalten bilden) ist das jüngste, so sagt er, in welchem ich den Hypoglossus und die ventralen Wurzeln der Spinal- nerven sehen kann.« Von derselben Species (ebenfalls von Pristiurus) bildet jedoch van WiJHE bereits die genannten Nervenwurzeln eines Embryo mit 43 Somiten ab (Nr. 37 Taf. XXXI Fig. 9a); er hat ihr Vorkommen also in viel früheren Entwicklungsstadien als RagL be- obachtet. Bei Acanthias finde ich die ventralen Nerven noch früher und zwar bei Embryonen mit 36 Urwirbeln; ob dieselben in noch Jüngeren Perioden da sind, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, wahrscheinlich ist dies aber wohl der Fall. Die Splanchnopleura des Urwirbels liegt dann aber der Wand des Medullarrohres so unmittelbar an, dass es nicht zu entscheiden ist, ob bereits einzelne ventrale Nervenwurzeln zur Anlage gekommen sind. Bei dem so eben genannten Embryo mit 36 Somiten kann ich schon 13 ventrale Nervenwurzeln zählen, von diesen gehören die beiden vordersten zu den beiden hintersten Occipitalsomiten und die elf folgenden zu den elf vordersten Rumpfsomiten, die 21 hintersten Rumpfurwirbel hatten noch keine ventralen Nervenwurzeln, ich konnte dieselben wenigstens nicht finden. Bei einem etwas älteren Embryo — einem mit 50 Somiten, Länge ungefähr 8 mm — zählte ich 20 ventrale Nerven- wurzeln, die vier vordersten gehörten den vier hintersten Kopfur- wirbeln (den vier Occipitalsomiten), die 24 hintersten zu den 24 vordersten Rumpfsomiten, den 22 hintersten Rumpfurwirbeln fehlten dieselben noch. Aus dem Mitgetheilten scheint der Schluss berechtigt, dass, während die dorsalen Nervenwurzeln der Reihe nach von vorn nach hinten sich anlegen, die ventralen Nervenwurzeln dagegen dem Entwicklungsgang der Somite folgen; im vorderen Körpertheile legen sie sich von hinten nach vorn, im hinteren Körpertheil von vorn nach hinten an. Ähnlich wie der Mesoblast bei den Selachiern, ungefähr in der Nacken- oder in der Occipitalregion (Nr. 19 pag. 247), zuerst differenzirt wird und dann sowohl vor- als hinterwärts fort- schreitet, so kehren für die ventralen Nervenwurzeln dieselben Ver- hältnisse wieder. Dass die ventralen und die dorsalen Nervenwurzeln sich — wie es scheint — ganz unabhängig von einander anlegen, ergiebt sich nicht allein aus der verschiedenen Folgeordnung, in welcher sie entstehen, sondern auch aus der Thatsache, dass die hinteren Nervenwurzeln, obgleich sie sich in einem späteren Ent- wicklungsstadium als die oberen anzulegen anfangen, sehr bald in ihrer Anlage eaudalwärts nicht allein die in der Entwicklung be- 270 C. K. Hoffmann sriffenen dorsalen Nervenwurzeln einholen, sondern ihnen selbst vorbeieilen. Sowohl bei dem Embryo mit 36, als bei dem mit 50 Somiten waren die ventralen Nervenwurzeln (caudalwärts) schon sehr deutlich vorhanden, bevor noch die Spuren der entsprechenden dorsalen Wurzeln zu beobachten waren. Ähnlich lauten die Angaben von DOHRN (4). »Ich kann — so schreibt er — den Nachweis an mehr als einer Schnittserie führen, dass die vorderen Wurzeln bereits deutlich wahrgenommen werden, ehe noch eine einzige Medullarzelle den Anfang zur Bildung der hinteren Wurzeln im BaLrour’schen Sinne, d. h. der eigentlichen Ganglienanlage, gemacht hat.« Was die Entwicklungsgeschichte der ventralen Wurzeln selbst betrifft, so kann ich, ähnlich wie van WıJHE (37), die Mittheilungen von Dourn (4) durchaus bestätigen. In den jüngsten Entwicklungs- stadien zeigen die in Rede stehenden Nervenwurzeln sich als äußerst fein gestreifte protoplasmatische Fortsätze, welche von aus dem Medullarrohr austretenden Nervenzellen abgehen und sich an die Splanchnopleura des Somites inseriren, nämlich an den Theil des Somites, der bestimmt ist, das spätere Myotom zu werden. Der Nerv ist also, wie VAN WiJHE bereits sagt, ab origine bei seinem Muskelkomplexe, den er nicht wieder verlässt. Obgleich DoHRN von den Anlagen der motorischen Nervenwurzeln zahlreiche, sehr deut- liche und korrekte Abbildungen gegeben hat, füge ich noch zwei andere hinzu (siehe Taf. XIV Fig. 26 u. 27); beide sind von dem Embryo mit 36 Somiten. Die erste dieser beiden Figuren ist ein Querschnitt durch die in der Entwicklung begriffene ventrale Nerven- wurzel des dritten Occipitalmyotoms, in diesem Stadium die vorderste ventrale Wurzel; die andere (Fig. 27) ist ein ähnlicher Schnitt durch die entsprechende Nervenwurzel des zweiten Rumpfsomites, die von vorn abgerechnete vierte ventrale Wurzel. Schon in den jüngsten Entwicklungsstadien zeigen die motorischen Nervenwurzeln eine kegelförmige Gestalt, die Basis dieses Kegels ist dem Myotom zu- gekehrt. Je jünger die Entwicklungsphasen der sich anlegenden ventralen Nervenwurzeln sind, um so mehr sie sich als einfache Protoplasmafortsätze zeigen; die aus dem Medullarrohr heraustretende Nervenzelle scheint sich also erst mit einer dicken Protoplasma- verlängerung an das Myotom zu inseriren, um dann vollständig herauszuwandern. Erst wenn der den Kern enthaltende Theil des Zellenleibes aus dem Medullarrohr getreten ist, findet man einen Kern in dem feinfaserigen, kegelförmigen Strang, der die Medullar- wand mit dem Myotom verbindet, Anfangs gewöhnlich nur ein ein- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 271 ziger, später immer mehr und mehr Kerne. Daraus ergiebt sich, dass fortwährend neue Nervenzellen aus dem Medullarrohr heraus- wandern. Obgleich Mitosen in den Zellen der ventralen Nerven- wurzeln nicht fehlen, sind sie verhältnismäßig doch selten. Bei Embryonen von 10—11 mm Länge haben die motorischen Nerven- wurzeln ihre relativ mächtigste Entwicklung erreicht, sie sind dann den Spinalganglien überaus ähnlich. Schon bei Embryonen von 12'/. mm Länge fangen sie an feinfaserig zu werden, und indem sie sich gleichzeitig mehr und mehr über die Myotome hin ausbreiten, werden sie verhältnismäßig dünner und weniger kernreich. Über die erste Anlage der ventralen Nervenwurzeln bei den Selachiern stimmen also die Untersuchungen von BALFOUR_ (1), Dourn (4), VAN WHE (37) und mir selbst der Hauptsache nach vollständig mit einander überein, indem wir Alle die zellige Struktur dieser Wurzeln in ihrer ersten Erscheinung betonen, und ähnlich lauten die Angaben von Kuprrer (21) für Petromyzon. Lang- gestreckte Epithelzellen der ventralen Neuralleiste rücken nach KuprrEer bei Petromyzon über die äußere Peripherie des Markes vor und berühren sich mit der ganz nahe liegenden medialen Fläche des betreffenden Myomers. Vergrößert sich der Abstand, so löst sich der Kontakt nicht, sondern es rücken diese Zellen hinaus, indem andere nachfolgen, und es entsteht so eine allmählich sieh verlängernde Kette von Zellen zwischen der bezeichneten Region am Riickenmarke und der sich ausdehnenden Innenfläche des Myo- mers. Selachier und Cyclostomen (Petromyzon) weichen aber in so weit von einander ab, als bei den erstgenannten die motorischen Nervenwurzeln sich erst anlegen, nachdem die Sclerotome schon zu deutlicher Entwicklung gekommen sind, wiihrend bei den Cyclostomen (Petromyzon) nach Kuprrer die genannten Wurzeln schon vorhanden sind, wenn es am Rumpfe noch keine Spur von Bindegewebszellen in den Mesodermsegmenten giebt. Wie bekannt, hat van WisHe (30) bei Seyllium und Pristiurus im Embryonalstadium O an den ventralen Nervenwurzeln ganglien- artige Anschwellungen beobachtet und Kuprrer (21) hebt hervor, dass die Übereinstimmung zwischen dorsalen und ventralen Nerven sich viel weiter erstreckt, als auf die ersten Anfänge allein. Dafür bietet nach ihm Acipenser augenfälligere Belege als Petromyzon und wohl auch die Elasmobranehier. Gegen Ende der Entwicklung im Eie und noch am ersten Tage nach dem Ausschlüpfen weisen die Störe zweierlei Spinalganglien auf, dorsale und ventrale. Die Ganglien Morpholog. Jahrbuch. 25. 18 272 C. K. Hoffmann an den dorsalen Spinalnerven sind langgestreckt und etwas größer, aber der Wurzeltheil der ventralen Spinalnerven ist ebenfalls zu einem mächtigen Ganglion angeschwollen. Nach dem allgemeinen Charakter, nach der Größe und Zusammenlagerung der Zellen, der Größe und Beschaffenheit ihrer Kerne sind beide Ganglien gar nicht von einander zu unterscheiden. Der Entwicklungsgang der dorsalen und ventralen Nervenwurzeln verläuft demnach bei den Selachiern anders als beim Stör. Bei Acipenser scheint, wenn ich KUPFFER gut verstanden habe, sich die sensible und die motorische Nerven- wurzel zu gleicher Zeit anzulegen, während bei den Selachiern, wie wir gesehen haben, die sensiblen Nervenwurzeln von vorn nach hinten sich entwickeln, die motorischen dagegen in der Folge-Ord- nung ihrer Anlagen sich der der Somite anschließen. Die Histogenese der motorischen Nervenwurzeln habe ich nicht weiter untersucht, denn es war mir hauptsächlich um ihre morpho- logischen Verhältnisse zu thun. Oben wurde schon angegeben, dass bei Embryonen mit 50 Somiten jedes der vier Oceipitalmyotome bereits seine entsprechende ventrale Nervenwurzel besitzt. Die des ersten Oceipitalmyotoms ist überaus winzig, wie Taf. XIII Fig. 6, ein Querschnitt durch einen Embryo von 10 mm Länge, zeigt. Bei nur um etwas älteren Embryonen kann ich diese Wurzel nicht wieder finden, es ist aber möglich, dass sie, wenn sie faserig ge- worden ist, noch eine Zeit lang fortbestehen bleibt, aber durch ihre äußerst große Feinheit sich der Beobachtung entzieht. Indem aber auch bei älteren Embryonen das Myotom des ersten Oceipitalsomites vollständig wieder abortirt, so ist es höchstwahrscheinlich, dass die ventrale Wurzel dieses Myotoms dies schon früher thut. Die motorische Nervenwurzel des zweiten Oceipitalmyotoms ist bei Jungen Embryonen ein verhältnismäßig bedeutend starker Nerven- stamm, die des dritten und vierten Occipitalmyotoms sind dagegen recht mächtige Stämme, die vierte überragt an Stärke die dritte und diese ist wieder viel kräftiger als die zweite. Bei Embryonen von 16—20 mm Länge entspringen die ventralen Nervenwurzeln der beiden hintersten Occipitalmyotome sehr deutlich mit mehreren, durch kleine Zwischenräume von einander getrennte, Wurzelbündeln; dies ist am besten auf Horizontalschnitten zu sehen. Bei älteren Em- bryonen rücken diese Wurzelbündel wieder auf einander und bilden dann mehr einen einzigen Stamm. Die ventrale Wurzel des ersten Occipitalmyotoms liegt noch unter der Vaguswurzel (siehe Taf. XIII Fig. 6); die des zweiten Occipitalmyotoms unter der Nervenleiste, — = Beitriige zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 973 in welche sich die Wurzel des Vagus fortsetzt, und so die Ver- bindung mit dem ersten (vordersten) Spinalganglion darstellt. Be- kanntlich liegt die motorische Nervenwurzel ganz am vorderen Umfang ihres entsprechenden Myotoms, und erst weiter hinten folgt ihre korrespondirende sensible Wurzel, mit anderen Worten, die ventrale Wurzel inserirt sich an dem vorderen Drittel des durch sie innervirten Myotoms, und dies gilt sowohl für die motorischen Ner- venwurzeln der Rumpf- wie der Occipitalmyotome. Die ventrale Nervenwurzel des zweiten Occipitalmyotoms liegt nun bei jungen Embryonen unter der genannten Nervenleiste, bei älteren dagegen unter der Vaguswurzel (siehe Taf. XIV Fig. 21 und 22). Ob dies daher kommt, dass die in Rede stehende Wurzel nach vorn, oder die Vaguswurzel nach hinten aufrückt, oder was mir am wahr- scheinlichsten vorkommt, dass die Vaguswurzel den vorderen Theil der zwischen dem Vagus und dem ersten Spinalganglion gelegenen Nervenleiste in sich aufnimmt, kann ich nicht sagen. Bei der Entwieklungsgeschichte der dorsalen Hirnnerven komme ich hierauf ausführlicher zurück, und nur für die Deutlichkeit erwähne ich dies hier in Kürze, weil sonst die jüngeren und älteren Stadien nicht mit einander übereinzustimmen scheinen. Bequemlichkeits- halber werde ich die motorischen Nervenwurzeln der vier Occipital- myotome einfach als a, d, e und d bezeichnen, in der Weise, dass a dem ersten oder vordersten und d dem vierten oder hintersten Occipitalmyotom gehört; die Rami ventrales dieser Wurzeln will ich a’, b’, ec und d’, ihre Rami dorsales — für so weit sie vorhanden sind: a’, 2’, ce” und d’ nennen. Die Spinalnerven will ich mit arabischen Ziffern andeuten, also als 1, 2 ete., ihre Rami ventrales als 1’, 2’, ihre Rami dorsales als 1”, 2” ete. Von den Rami ven- trales der Spinalnerven gehen uns allein diejenigen Aste an, die in Vereinigung mit den ventralen Occipitalnerven die epibranchialen und hypobranchialen, visceralen Spinalmuskeln innerviren, die Rami dorsales der Spinalnerven können also außer Betracht bleiben. Die occipitalen motorischen Nervenwurzeln a, d, ¢ und d zeigen nun folgende Verhältnisse (siehe Textfigur 1). Erwähnt ist schon, dass die Nervenwurzel a nur bei S bis 10 mm langen Embryonen deutlich vorhanden ist und in den späteren Entwicklungsstadien wieder abortirt. Die ventralen Nervenwurzeln der drei übrigen Occipitalmyotome bleiben alle fortbestehen. Die motorische Wurzel 6 ist bei Embryonen bis zu 20 mm Länge ein ziemlich kräftiger Nervenstamm, dann wird sie allmiihlich schwächer, ohne jedoch 18* 274 C. K. Hoffmann vollständig zu verschwinden, wie ich dies früher glaubte (18). Bei Embryonen von 120 mm Länge ist sie noch vorhanden, wie fort- gesetzte Untersuchungen mir gezeigt haben, es ist also höchst wahr- scheinlich, dass sie zeitlebens fortbestehen bleibt. Bei Embryonen aus letztgenanntem Entwicklungsstadium (120 mm lang) entspringt sie mit einem Paar fadenförmiger Wurzeln, welche sich zu einem Stämmchen vereinigen, das nicht mehr als 0,020 mm dick ist. Wenn die knorpelige Occipitalregion zur Entwicklung gekommen ist, tritt sie durch ein sehr feines Lichelchen, dessen Lumen (Embryonen von 120 mm) nicht mehr als 0,025—0,030 mm im Diameter ist, in Big. den Occipitalknorpel, verläuft caudalwiirts erst nach innen und unten, um sich kurz darauf mehr nach oben und außen zu begeben, und so das große Vagusloch zu erreichen (siehe Taf. XIV Fig. 29). Hier angekommen, liegt sie am ventralen Rande des großen Vagus- ganglion (Taf. XIV Fig. 30). Einen Ramus dorsalis giebt die ventrale Nervenwurzel des zweiten Occipitalmyotoms nicht ab, ich habe wenigstens keinen finden können, weder bei Embryonen von 120 mm Länge, noch bei solchen von 105, 95, 65 und 50 mm und auch nicht in Jüngeren Entwicklungsstadien. Gesagte Nervenwurzel setzt sich also unmittelbar in ihren Ramus ventralis fort. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 375 Die ventrale Nervenwurzel e ist ein kräftiger Nervenstamm. Taf. XIV Fig. 23 zeigt dieselbe bei einem Embryo von 34—35 mm Länge, in einem Entwicklungsstadium, in welchem der Occipital- knorpel noch fehlt. Die Occipitalregion gleicht dann — wie man sieht — noch fast vollständig der weiter caudalwärts gelegenen Spinalregion, unter unseren Augen baut sich dann auch der Occipital- knorpel aus Wirbeln auf. Ist der genannte Knorpel zur Anlage gekommen, dann tritt die Wurzel e durch ein kleines Loch, welches etwas unter und hinter der großen Vagusöffnung gelegen ist, läuft durch den Occipitalknorpel und kommt so ebenfalls in das Vagus- loch, wo sie an der medialen Seite des großen Vagusganglion zu liegen kommt (siehe Taf. XIV Fig. 29 und 30). Hier angekommen, theilt die ventrale Wurzel ¢ sich in einen schwachen Ramus dorsalis c” und in einen bedeutend stärkeren Ramus ventralis c’, beide bleiben noch eine Strecke weit in dem Vagusloch nahe bei einander. Taf. XIV Fig. 24 zeigt die ventrale Wurzel d, der abgebildete Querschnitt entstammt demselben Embryo wie Fig. 23 von Taf. XIV. Ist der Oceipitalknorpel zur Entwicklung gekommen, so verläuft sie ebenfalls durch einen Kanal dieses Knorpels nach dem Vagusloch. Die Öffnung, durch welche die Wurzel d die Hirnhöhle verlässt, liegt etwas hinter, aber im gleichen Niveau mit jener der ventralen Wurzel c. Diese beiden Löcher für die motorischen Nervenwurzeln ce und d entsprechen genau den beiden Öffnungen, die GEGENBAUR (10) in seinen grundlegenden Untersuchungen »Über das Kopfskelet der Selachier« von einem Acanthias-Schädel abgebildet und damals schon als »Öffnungen für die sogenannten unteren (vorderen) Wurzeln (Hypo- glossus) des Vagus« bezeichnet hat (s. seine Taf. VI Fig. 2 vg, vg). Auf Taf. V Fig. 4 hat GEGENBAUR auch die Abbildung eines Schädels von Scyllium canicula gegeben, bei welchem Haie nur eines dieser beiden Löchelchen (vg) vorhanden ist. Wiederholt habe ich schon hervorgehoben, dass nach vAN WHE bei Seyllium und Pristiurus nur neun Kopfsomite vorkommen, dass bei Acanthias dagegen ihre Zahl zehn beträgt, also eine mehr als bei den von van WIJHE unter- suchten Haien. Indem bei Seyllium nur eine der beiden genannten Öffnungen vg vorhanden ist, bei Acanthias aber zwei, so beruht der Unterschied zwischen Acanthias und Sceyllium höchst wahrschein- lich darauf, dass der Wirbel, welcher bei Seyllium den ersten oder vordersten Rumpfwirbel bildet, bei Acanthias in die Oceipitalregion des Schädels aufgenommen ist. Kehren wir aber zu der Nervenwurzel d zurück. Nachdem 276 ©. K. Hoffmann dieselbe das knorpelige Cranium durchbohrt hat, tritt sie, wie gesagt, ebenfalls ins Vagusloch, sie liegt hier dorsalwärts von der Wurzel c, wie diese wieder dorsalwärts von d liegt. Im Vagusloch angekommen, theilt sich die ventrale Wurzel d ebenfalls in einen Ramus dorsalis d” und in einen Ramus ventralis d’; beide sind ungefähr von gleicher Stärke. Der Ramus dorsalis c” vereinigt sich noch im Vagusloch mit d’ zu einem gemeinschaftlichen Stamm c”-+d” (siehe Taf. XIV Fig. 30), der dann das Dach der knorpeligen Occipitalregion durch- bohrt und fächerförmig in den cranialen Theil des großen Rumpf- muskels ausstrahlt. Nachdem die ventralen Wurzeln ce und d noch in dem Vagus- loch ihren resp. Ramus dorsalis ce” und d’ abgegeben haben, verlassen sie dasselbe als Rami ventrales c’ und d’ (siehe Taf. XIV Fig. 31), um sich dann allmählich nach den hypaxonischen Muskeln zu be- geben. Die ventrale Wurzel 5 giebt einen äußerst dünnen Zweig an den M. subspinalis ab und verschmilzt dann vollständig mit dem Ramus ventralis c’ zu dem Stamm d + c’; der Ramus ventralis c’ innervirt sowohl vor als nach seiner Vereinigung mit der ventralen Wurzel 6 durch mehrere feine Aste den schon erwähnten M. sub- spinalis und vereinigt sich schließlich gänzlich mit dem Endast des Ramus d’; so entsteht der Nervenstamm 5 + c’ + d’. Sowohl d’ allein, als der Stamm 4+ c’ +d’ geben Zweige ab für den M. subspinalis, außerdem innervirt letztgenannter Stamm durch ein Paar feiner Äste den M. interarcualis I des dritten Kiemenbogens von VETTER, den M. interbasalis genannten Kiemenbogens von FÜRBRINGER. Auf seinem weiteren Verlauf nimmt der Nervenstamm /-+c’-+d' den Endast des Ramus ventralis des ersten Spinalnerven auf, dadurch entsteht der Stamm 5 + c’ + d' + 1’. Der M. interbasalis des vierten Kiemenbogens (d. i. des zweiten wahren Kiemenbogens) von FÜRBRINGER erhält sowohl Astchen von dem gemeinschaftlichen Stamm } +‘ + d’+ 1’ als von dem Ramus ventralis /’, vor seiner Verbindung mit dem Stamm 6-+c’+d’. Wie die Mm. interbasales des fünften und sechsten (resp. dritten und vierten) Kiemenbogens von FÜRBRINGER innervirt werden, habe ich nicht weiter untersucht. Der in dem ventralen Theil der hypaxonischen Muskulatur eingeschlossene Stamm d+c+d +1’ nimmt jetzt auch den Endast des Ramus ventralis 2’ auf und bildet mit ihm den Stamm b+c’+d'+1'-+ 2’, der etwas mehr caudalwärts auch den End- zweig des Ramus ventralis 3’ aufnimmt. Auf Querschnitten zeigt der Stamm 5+c+d’+1’+ 2’ vor und nach seiner Vereinigung Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. Dia mit 3’ nicht immer dasselbe Bild. Auf dem einen Schnitt findet man die vereinigten Nervenäste so innig mit einander verschmolzen, dass sie vollständig einen einheitlichen Stamm formiren, auf dem anderen Schnitt hat sich dieser Stamm wieder in mehrere Zweige gelöst, so dass dann mehr das Bild eines Nervengeflechtes entsteht, aber die einzelnen Zweige dieser Ansa bleiben in so unmittelbarer Nähe von einander, dass sie im Allgemeinen vielmehr einem gemein- schaftlichen Nervenstamm als einem Nervengeflechte gleichen. Nach- dem der Stamm J -+c’ +d’ + /'’ + 2’ auch den Endast des Ramus ventralis 3’ aufgenommen hat, verlässt er ungefähr in der Gegend des fiinften Rumpfsegmentes die hypaxonische Muskulatur, und nimmt dann noch den Endast des Ramus ventralis # auf. Auf der Höhe des fiinften Rumpfsegmentes hat der Ramus branchio-intestinalis nervi vagi seinen letzten Kiemenzweig abgegeben und riickt jetzt als Ramus intestinalis medialwärts; hier kreuzt er in der Gegend des sechsten Rumpfsegmentes den gemeinschaftlichen Nervenstamm b+e'+da+/+2'+3'+ 7 in der Art, dass er unter diesem hingeht. Bei dieser Kreuzung legen sich beide Nervenstiimme so unmittelbar an einander, dass sie theilweise wenigstens zu ver- schmelzen scheinen (siehe Taf. XIV Fig. 28) und gerade an dieser Vereinigungsstelle gehen Äste ab, welche den M. eueullaris in- nerviren, so dass es nicht möglich ist, mit einiger Bestimmtheit zu sagen, ob auch der Nervenstamm 5 +‘ +d4+/4+-24+37 47 sich nieht an der Versorgung des ebengenannten Muskels betheiligt. Nach der Kreuzung mit dem Nervus intestinalis nervi vagi kommt der Nervenstamm 6-+-c’+ d@’'+ /'’+ 2'+ 3'’+ 4% an der Außenseite des Vagus, wo er sich jetzt auf die Dorsalfliiche des Ductus Cuvieri lagert. Hier giebt er einen ziemlich dicken Ast ab, den ich einfach p nennen will. Dieser Ast » begleitet den Ductus Cuvieri an seiner medialen Seite bis zu seiner Einmündung in den Sinus venosus, ver- läuft dann in schräger Richtung unter dem Sinus venosus ventral- wärts, um sich dann mit dem gleich zu erwähnenden Ast g zu vereinigen. Mehr hinterwärts kommt der gemeinschaftliche Nerven- stamm +‘ +d@+1+2'+3'+4 an die äußere Seite des Duc- tus Cuvieri zu liegen und nimmt hier den Endast des Ramus ventralis 5 auf, er wird nun der Stamm 5 +’ + +7'4+2)4+-3'1+4 45’, der einen sehr kräftigen Ast g abgiebt. Dieser Zweig g verläuft an der äußeren Seite des Duetus Cuvieri und des Sinus venosus, wendet sich medialwärts und vereinigt sich unter dem Sinus mit dem schon beschriebenen Ast p. Der so gebildete Stamm p+ g 978 ©. K. Hoffmann verläuft unmittelbar neben der Wand der Pericardialhöhle und wendet sich dann eranialwärts, um die hypobranchialen spinalen Muskeln, besonders den M. coraco-mandibularis und coraco-hyoideus mit zahl- reichen Ästen zu versorgen. Wenn der gemeinschaftliche Nerven- stamm oder das Nervengeflecht ++ +1+?7+3/+42+5 den Ramus g entlassen hat, giebt er bald darauf nochmals einen sehr starken Ast ab, den ich als Ramus 7 bezeichnen will. Ähnlich wie die Äste p, g und p-+g an der medialen Seite des Schulter- giirtels verlaufen, so verläuft auch der Ramus r. Dieser Ramus r entsendet nun erst einen Ast 7, der den Schultergürtel durchbohrt und sich dann nach den Muskeln der vorderen Extremität begiebt, dann biegt sich der Hauptstamm r nach vorn, um ebenfalls die bypobranchialen spinalen Muskeln zu innerviren, Nachdem der ge- meinschaftliche Nervenstamm 64 + c’ + + /'+ 2'+3'+ 4 +5’ den ansehnlichen Zweig r abgegeben hat, nimmt er schließlich auch noch den Endast des Ramus ventralis 6° auf, so dass wir jetzt ein Nervengeflecht vor uns haben, welches aus den Rami ventrales der drei hintersten Oceipitalnerven und der sechs vordersten Spinal- nerven aufgebaut ist. Dieser Nervenstamm oder dieses Geflecht b+e+d+1+2°+3’+4+5'+6' giebt einen dünnen Ast ab, Ramus s, der ebenfalls an der medialen Seite des Schultergürtels verläuft, sich dann nach vorn umbiegt, um sich gleichfalls in die hypobranchialen spinalen Muskeln zu verzweigen, während der Hauptstamm selbst den knorpeligen Schultergiirtel durchbohrt und die Muskeln der vorderen Extremität mit seinen Ästen zu versehen. Ob die Rami ventrales des siebenten und der caudalwärts folgenden Spinalnerven sich auch noch an der Innervirung der hypobranchialen spinalen Muskeln betheiligen, habe ich nieht weiter erforscht, denn dies lag außerhalb des Rahmens dieser Untersuchung; die Rami ventrales der vordersten Spinalnerven musste ich jedoch wohl in die Beschreibung mit aufnehmen, indem sie die innigsten Verbindungen mit den gleichnamigen Rami der unteren Nervenwurzeln der Ocei- pitalmyotome eingehen. a tun dee Gr vorderen Spinalnerven ist a : ah . ee ea oA aa eee em ae wicklungsstadium entnommen, an yonen 34—35 mm lang sind. Stadium habe ich drei Querschnittserien unter drei dieselben Verhältnisse gefunden. da ich bei einem Embryo von 105 mm Von diesem sucht und bei allen ich erwähne dies in Kürze, Länge etwas andere Resul- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 279 tate erhalten habe. Hier nämlich kreuzt der gemeinschaftliche Stamm, wenn er nur noch aus den Endiisten der ventralen Wurzeln b, c', d', 1’ und 2’ besteht, schon den Ramus intestinalis nervi vagi und nimmt erst nach seiner Kreuzung mit dem Vagus die Endäste der Rami ventrales 3’ und # in sich auf. Ob wir es hier mit indi- viduellen Variationen zu thun haben, oder der genannte Unterschied bei Embryonen von 34—35 mm und solchen von 105 mm Länge darauf beruht, dass fortwährend noch Verschiebungen der betreffen- den Theile vorkommen und dadurch der Ramus intestinalis nervi vagi seine Lage in Beziehung zu dem aus den Endästen der Occipital- und Spinalnerven gebildeten Nervenstamm etwas ändert, kann ich nicht angeben, es kommt mir auch von untergeordneter Bedeutung vor. Überaus wichtig für die Phylogenese der (vorderen) Extremitäten scheint mir aber der Umstand, dass ein Nervenstamm oder ein Ner- vengeflecht, oder wie man es auch nennen will, der aus der innigsten Vereinigung von den Endästen der Rami ventrales der vordersten Spinalnerven und von den Rami ventrales der motorischen Wurzeln der drei hintersten Occipitalnerven entstanden ist, sowohl die ventrale Kiemenmuskulatur — die hypobranchialen spinalen Muskeln — wie die Extremitätenmuskulatur innervirt, denn dies deutet doch wohl auf eine phylogenetisch-innige Beziehung zwischen Kiemen und Ex- tremitäten, Die Untersuehungen von FÜRBRINGER »Über die mit dem Visceral- skelet verbundenen spinalen Muskeln bei Selachiern« sind mir bis jetzt nur noch aus seinen vorläufigen Mittheilungen bekannt (5). In diesen hat er nachgewiesen, dass die epibranchialen spinalen Muskeln, im dorsalen Bereiche des Visceralskelettes: der M. subspinalis und die Mm. interbasales (die Mm. interareuales I von Verter), und die hypo- branchialen spinalen Muskeln, im ventralen Bereiche des Visceralske- lettes: die Mm. coraco-arcuales, nl. die Mm. coraco-branchiales, coraco- hyoideus und coraco-mandibulares, durch spino-occipitale (wie FUr- BRINGER die motorischen Nervenwurzeln der Occipitalmyotome nennt) und spinale Nerven versorgt werden, und die Entwicklungsgeschichte von Acanthias kann die von FÜRBRINGER auf vergleichend-anatomi- schem Wege erhaltenen Resultate vollkommen bestätigen. Nach van WısHe kommen bei Scyllium und Pristiurus für jedes der drei Occipitalsomite eine ventrale Wurzel vor, die er als Nervus hypoglossus auffasst. Der Hypoglossus — so schreibt er — wird durch drei ventrale (von der Hirnbasis entspringende) Wurzeln re- 280 C. K. Hoffmann präsentirt, welche resp. zu dem siebenten, achten und neunten Seg- ment gehören und die Produkte der drei hinteren Myotome des Kopfes innerviren. Sie treten im Stadium X auf und sind sowohl auf horizontalen als auf vertikalen Schnitten zu sehen. Interessant — so fährt er fort — scheint mir, dass an der ventralen Wurzel des letzten Kopfsegmentes zu Ende des Stadiums X ein sympathi- sches Ganglion gebildet wird. Dies beweist, dass die Bildung von Ganglien keine Eigenschaft ist, welche ausschließlich den dorsalen Wurzeln zukommt, und macht, dass das Vorkommen eines Ganglions am Oculomotorius kein Einwand sein kann, denselben nicht als eine ventrale Wurzel aufzufassen. Hier weichen die von van WiJHE bei Seyllium und Pristiurus erhaltenen Resultate bedeutend von denen ab, zu welchen ich bei Acanthias gekommen bin. Beim letztgenannten Hai sind die ven- tralen Nervenwurzeln der Oceipitalmyotome bereits alle vier bei Em- bryonen mit 50 Somiten vorhanden, bei den erstgenannten treten sie erst im Stadium A von BALrour auf. Bei Acanthias verschwindet die erwähnte Nervenwurzel des siebenten Kopfsemites (des ersten Occipitalurwirbels) schon wieder bei Embryonen, die um etwas länger sind als 10 mm, und die des achten Kopfsomites (des zweiten Occi- pitalurwirbels) ist bei älteren Embryonen (solche z. B. von 50—120 mm Körperlänge) so überaus winzig, dass sie nur auf Schnitten, die man mit sehr starken Vergrößerungen untersucht, zurückzufinden ist; bei Seyllium und Pristiurus dagegen scheint sowohl die erste als zweite oceipitale ventrale Nervenwurzel von ziemlich bedeutender Stärke zu sein. Was bei diesen Haien aus den drei genannten ventralen Ner- venwurzeln wird, ist bis jetzt nicht bekannt. Indem auf der Ab- bildung eines Medianschnittes, welche GEGENBAUR von dem Schädel eines Seyllium giebt (Nr. 7, Taf. V Fig. 4), nur ein Löchelchen, vg, als Öffnung der sogenannten unteren (vorderen) Wurzel des Vagus vorhanden ist, so kommt es mir sehr wahrscheinlich vor, dass auch bei Seyllium die ventralen Nervenwurzeln des siebenten und achten Kopfsomites in späteren Stadien wieder abortiren, oder sehr winzig werden, aber mit Sicherheit ist dies natürlich nicht zu sagen. Am meisten weicht aber die ventrale Nervenwurzel des letzten Kopfsomites von vAN WıyHE — dem neunten bei Scyllium und Pri- stiurus — von dem entsprechenden — dem vorletzten — bei Acan- thias ab. Beim letztgenannten Haie verliert der Ramus ventralis dieser Nervenwurzel, schon kurz nachdem er aus dem Vagusloch getreten ist, gänzlich seine Selbständigkeit, indem er sich, wie wir Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 281 gesehen haben, nach Aufnahme der überaus winzigen ventralen Wurzel 5 vollständig mit dem Ramus ventralis d’, zu dem gemein- schaftlichen Nervenstamm 5 -+e’—+.d’ vereinigt, während er nach van Wisue bei Pristiurus nicht allein seine ‚Selbständigkeit bewahrt, sondern selbst ein sympathisches Ganglion besitzen soll. Was die Beziehung der hinteren Kopfregion zu den Nerven be- trifft, so ist nach RAsBL /27) vor Allem darauf Gewicht zu legen, dass hier gerade so wie am Rumpfe sowohl dorsale als ventrale Wurzeln zur Ausbildung kommen. Die dorsalen Wurzeln werden zum Glossopharyngeus und Vagus; die ventralen, welche zum Hypo- glossus werden, sind im vorderen Theile, entsprechend dem Glosso- pharyngeus, abortirt, im hinteren dagegen noch vorhanden; und zwar zählte er bei Heptanchus drei, bei Mustelus, Acanthias und Seyllium zwei Wurzeln, die von vorn nach hinten an Stärke zunehmen. RaABL nimmt also einfach an, dass bei allen Selachiern neun Kopfsomite vorkommen, wir haben indessen gesehen, dass dies bei Acanthias ganz bestimmt nicht so ist. Indem Rani weiter nicht angiebt, zu welchen Myotomen die beiden von ihm erwähnten ventralen Wurzeln gehören, die nach ihm zum Hypoglossus werden, so ist es unmög- lich festzustellen, von welchen Wurzeln hier die Rede sein kann. Von vergleichend-anatomischen Arbeiten habe ich außer der schon erwähnten noch diejenigen von JACKSON und CLARKE (12) und von Onopt (25) zu verzeichnen. Letztgenannter Forscher, der mehrere Arten von Haien untersucht und bei diesen Untersuchungen auf das Vorhandensein und die Bestimmung der sogenannten vorderen Vagus- wurzeln großes Gewicht gelegt hat, konnte bei Hexanchus, Heptan- chus und Lamna in dem Gebiete des Nervus vagus vordere oder ventrale Wurzeln nachweisen. Bei Hexanchus griseus treten nach ihm drei untere Wurzelpaare auf, und jedes derselben verlässt durch einen besonderen Kanal die Schädelhöhle, dieselben vereinigen sich in der Ursprungshöhe des ersten Spinalnerven zu einem Stamme, welcher sich sodann den folgenden oberen Spinalnerven anschließt, um sich an der Innervirung der ventralen Längsmuskulatur zu be- theiligen. Bei Heptanchus, wo er dieselben Verhältnisse wie bei Hexanchus wahrgenommen hat, fand er den für die ventrale Längs- muskulatur bestimmten Nervenstamm, außer den drei Wurzeln des Vagus, aus den vier oberen Spinalnerven und aus einem Verbin- dungsfaden vom fünften Spinalnerven zusammengesetzt, also ganz 382 C. K. Hoffmann ähnliche Verhältnisse, wie ich bei Acanthiasembryonen beobachtet habe. Bei Acanthias konnte Onop1 dagegen keine ventralen Wur- zeln im Gebiete des Vagus finden. Wohl giebt er an, dass es hier die fünf oberen Spinalnerven sind, welche den zur Innervirung der ventralen Längsmuskulatur bestimmten Nervenstamm bilden und dass hier bei Nichtvorhandensein der genannten ventralen Vaguswurzeln eine sehr innige Verbindung zwischen dem Ramus intestinalis nervi vagi und den oberen Spinalnerven besteht. Über das Vorkommen dorsaler Äste der sogenannten unteren Vaguswurzeln spricht Onop1 nicht. — JACKSON und CLARKE (12) fanden bei Echinorhinus im Gebiete des Vagus vier vordere oder untere Wurzeln, die von vorn nach hinten an Größe zunehmen und jede durch eine eigene Öffnung die Schädelhöhle verlassen. Die erste Wurzel bildet einen sehr dünnen Nerv, derselbe verbreitet sich, ohne Verbindung mit anderen Nerven einzugehen: »to the upper part of the long muscle, which springing from the exoccipital region of the scull, is inserted into the supra- and praescapular region of the shoulder girdle«. Der zweite, dritte und vierte dieser Nerven giebt je einen Zweig an denselben Muskel, wahrscheinlich ist mit diesem Muskel der craniale Theil des großen lateralen Rumpfmuskels gemeint. Ist diese Auffassung richtig, was aus der oben gegebenen Beschreibung nicht mit Sicherheit zu er- mitteln ist, so würde also bei diesem Haie jede der vier sogenannten ventralen Vaguswurzeln einen Ramus dorsalis besitzen, während da- gegen der vordersten dieser Wurzeln ein Ramus veniralis fehlen sollte. Nachdem der in Rede stehende zweite, dritte und vierte Nerv oben genannten Zweig abgegeben haben, vereinigt sich der Haupt- theil ihrer Fasern mit den Rami ventrales des ersten, zweiten, dritten und vierten Spinalnerven zu einem gemeinschaftlichen Stamm. Dieser verläuft im Bogen nach hinten, kreuzt den Ramus intestinalis nervi vagi, indem er über ihn hin verläuft, und nimmt dann noch den (vorderen) Ramus ventralis des fünften Spinalnerven auf. Darauf theilt sich dieser Stamm in zwei Äste, einen äußeren und einen inneren, ersterer versorgt hauptsächlich die Muskeln der Brustflosse, für einen kleinen Theil auch noch die ventrale Längsmuskulatur, die aber zum größten Theil durch den inneren Ast versorgt wird. Ver- gleicht man die Resultate der beiden englischen Forscher bei Echino- rhinus spinosus und die von Onopi (25) bei Hexanchus und Hep- tanchus mit denen, welche ich bei Acanthias erhalten habe, und sehen wir für den Augenblick von den Rami dorsales ab, so stimmen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 283 alle diese Angaben in einem sehr wichtigen Punkt mit einander überein. Bei allen genannten Haien nämlich verschmelzen die Rami ventrales der sogenannten unteren Vaguswurzeln resp. die Rami ven- trales der Oceipitalmyotome mit den Rami ventrales der vier bis fünf vordersten Spinalnerven zu einem gemeinschaftlichen Nerven- stamm, der sowohl die hypobranchialen spinalen Visceralmuskeln (die ventralen Längsmuskeln) wie die Muskeln der Vorderflosse in- nervirt. Das Vorkommen von einander so überaus ähnlichen Er- scheinungen bei so verschiedenen Arten von Selachiern macht es sehr wahrscheinlich, dass wir es hier mit einer allgemeinen Erschei- nung zu thun haben. Eine ventrale Nervenwurzel des letzten palingenetischen Somites — des sechsten Kopfurwirbels — habe ich in keinem Entwicklungs- stadium finden können, trotzdem ich nach derselben sehr eifrig ge- sucht habe. Wenn man bedenkt, dass die motorische Wurzel des ersten cinogenetischen Somites schon so überaus schwach entwickelt ist, dass sie kaum zu finden ist, dann wird die Hoffnung, auch die des letzten palingenetischen Somites zu entdecken — falls eine vor- kommt — wohl sehr gering. Der Umstand, dass das sechste Kopf- somit deutliche, obgleich später wieder abortirende Muskelfibrillen zur Anlage bringt, macht es dennoch sehr wahrscheinlich, dass auch für dieses Somit wohl eine ventrale motorische Nervenwurzel ange- legt wird, ich bin aber nicht so glücklich gewesen, dieselbe zu finden. Eine ventrale Nervenwurzel für das fünfte und vierte palinge- netische Somit habe ich nicht gefunden. Indem beide Somite keine Muskelfibrillen zur Entwicklung bringen, sondern schon in jungen Entwicklungsstadien sich in einen Haufen embryonalen Bindegewebes verwandeln, ist es sehr wahrscheinlich, dass weder für das fünfte noch für das vierte palingenetische Somit je eine ventrale Wurzel angelegt wird. Die motorische und ventrale Nervenwurzel des dritten palinge- netischen Somites, aus dem der Musculus rectus externus entsieht, ist der Nervus abducens. Ich kann diesen Nerven erst sehen, wenn er bereits faserig geworden ist, seinen zelligen Zustand habe ich nicht finden können. Ich beobachtete ihn zuerst bei Embryonen, die ungefähr 12 mm lang sind, in diesem Stadium der Entwicklung sind sechs Kiementaschen vorhanden, von denen die vier vorder- sten nach außen durchbrochen sind, also Spalten bilden. Dass der 284 C. K. Hoffmann Abducens mit mehreren Biindeln unmittelbar hinter dem Facialis aus der Gehirnbasis entspringt, ist bekannt (MILNES MARSHALL [22], VAN WıHe [35], Donen [5, 6). Ein ähnlicher Ursprung mit mehreren Wurzelbündeln kommt, wie wir gesehen haben (pag. 272), auch bei den ventralen Nervenwurzeln der beiden hintersten Oceipitalmyotome vor, hier ist dieser Zustand aber vorübergehend, während er dagegen bei dem Abducens fortbestehen bleibt. Von dem ersten Augenblick an, dass ich diesen Nerv wahrzunehmen im Stande bin, setzt er sich in der bekannten Weise an seinen Muskel fest. Über den Abducens sprechend, sagt Donrn (5): »Es ist be- merkenswerth, dass die Wurzelfasern bei ihrem ersten Hervorsprossen analwärts gerichtet sind, gerade wie motorische Spinalnerven, und dass erst nach einem gewissen Verlauf in dieser Richtung die sämmt- lichen Wurzelfasern zu einem nach vorn gerichteten gemeinsamen Nervenstamm zusammenfließen, welcher dann in dem Musculus rectus externus seine Endausbreitung findet. « Der Verfasser der »Studien zur Urgeschichte des Wirbelthier- körpers« scheint sich aber alsbald überzeugt zu haben, dass diese Angabe unrichtig war, denn in dem nächsten Stadium (6) heißt es: »Es ist nun auffallend, dass die Wurzeln des Abducens schon bei ihrem ersten Auftreten die Richtung nach vorn einschlagen, die hintersten am deutlichsten, die vorderen weniger ausgesprochen; sie scheinen durch die Chorda und deren mesodermale Bekleidungs- schichten, aus welchen später das Cranium sich bildet, an einem Wachsthum nach abwärts gehindert zu werden.« Das zweite palingenetische Kopfsomit besitzt keine ventrale motorische Wurzel. Der Trochlearis, welcher den aus diesem Somit sich entwickelnden Museulus obliguus superior innervirt, ist ein dorsaler Nerv, auf ihn komme ich gleich näher zurück. Die motorische und ventrale Nervenwurzel des ersten palinge- netischen Somites ist der Nervus oculomoterius. Mit Sicherheit kann ich diesen Nerv erst finden, wenn er ebenfalls bereits faserig geworden ist; in seinem zelligen Zustande habe ich ihn eben so wenig wie den Nervus abducens beobachten können. Das jüngste Stadium, in welchem ich den Oculomotorius bei Acanthias sehen kann, ist bei Embryonen, die eine Körperlänge von ungefähr 12 mm Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Selachii. 2385 erreicht haben (Stadium mit vier offenen Kiemenspalten); es ist dies das Stadium, in welchem auch die ventralen Wurzeln der Spinal- nerven feinfaserig zu werden anfangen. Dagegen hat van WHE (35) diesen Nerv bei Pristiurus bereits am Ende des Stadiums J von BALFOUR nachweisen können, »er ist nämlich«, wie er sagt, »in dem Stadium mit drei offenen Kiemenspalten vorhanden, in dem mit zwei noch nicht«. Seine erste Entwicklung hat auch van Wisyue nieht wahrgenommen, aber er hat ihn bei Pristiurus früher gesehen, als ich bei Acanthias, denn in dem Stadium mit drei offenen Kiemen- spalten (Somitenzahl ungefähr 60—65) habe ich den Oculomotorius noch nicht finden können, obgleich ich nach ihm auf mehreren Schnittserien, die durch den Kopf quer, horizontal und longitudinal genommen sind, ganz besonders gesucht habe. Wohl sieht man bei jiingeren Acanthiasembryonen auf Horizontalschnitten, die durch die inzwischen entstandene Kopfkrümmung das erste palingenetische Kopfsomit quer treffen, jederseits kurze zellige Auswüchse, die von der Basis des Mittelhirns abgehen und sich der oberen Hinterwand dieses Somites anlegen, und die vielleicht den Oculomotorius in seiner ersten Anlage vorstellen, aber durch die sonderbare Gestalt dieses Somitenpaares und den geringen Zwischenraum von Hirn- und Somitenwand ist dies, auch mit nur einiger Gewissheit, nieht zu sagen. Sobald ich den genannten Nerv nachweisen konnte, lag er bereits der Hinterwand des ersten Kopfsomites, aus welchem, wie früher erwähnt, die Mm. rectus superior, inferior, internus und obli- quus inferior ihren Ursprung nehmen, eng angeschmiegt. Über sein Verhalten zu und seine Kreuzung mit dem Nervus ophthalmieus pro- fundus komme ich später bei der Entwicklungsgeschichte der dor- salen Gehirnnerven näher zurück. Ich habe die Angabe von Miss Junıa Puarr nicht bestätigen können, nach welcher der Oculomotorius zuerst als eine zellige Bil- dung von den inneren Zellen des Ciliarganglions entsteht und vom Ganglion gegen das Hirn wächst, mit welchem er sich am Boden des Mittelhirns verbinden soll. Eben so wenig als van WiJHE habe ich eine von MıLnE MARSHALL (22a) behauptete gangliöse Beschaffen- heit des proximalen Theiles dieses Nerven wahrgenommen. Ich spreche hier nicht von dem von SCHWALBE (31) bei erwachsenen Selachiern im Stamme des Oculomotorius entdeekten Ganglion oder Ganglia oeulomotorii, welehe nach van WisHe (35) erst im Stadium O von BALFOUR auftreten und deren Vorkommen auch von Donrn (6) bestätigt sind, denn über diese habe ich noch keine selbständigen 286 C. K. Hoffmann Untersuchungen angestellt, nur so viel kann ich sagen, dass die- selben bei Acanthias erst in sehr spiiten Stadien aufzutreten scheinen. Ich spreche hier allein von der sogenannten gangliösen Beschaffen- heit der Wurzel des Oculomotorius, und diese habe ich, wie gesagt, nicht nachweisen können. Wohl sieht man, besonders bei etwas älteren Embryonen (solche von 18—28 mm Körperlänge), und am besten auf Längsschnitten, dass der dritte Gehirnnerv mit mehreren Wurzelbündeln aus der Basis des Mittelhirns hervortritt und demnach mit breiter Grundfläche aus dem Gehirn entspringt, wodurch eine gangliöse Beschaffenheit der Wurzel mehr oder weniger vorgetäuscht wird. Ein Vergleich mit den wahren Ganglia der dorsalen segmentalen Kopfnerven zeigt aber unmittelbar, dass man hier mit keinem Ganglion zu thun hat, wie ich denn auch in keinem Entwicklungsstadium an der Wurzel des Oculomotorius ein Ganglion beobachtet habe. IX. Zur Entwicklungsgeschichte des Nervus trochlearis. Einer der schwierigsten, wenn nicht der schwierigste zu ver- stehende Nerv ist der Trochlearis, der, wie wir schon früher ge- sehen haben (18, pag. 263), den aus dem zweiten Kopfsomit ent- stehenden Musculus obliguus superior innervirt. Dieses Somit unter- scheidet sich von allen anderen Kopfsomiten dadurch, dass es mit der Visceralbogenhöhle — hier die Kieferbogenhöhle — frei kom- municirt, und sich erst in ziemlich weit geförderten Entwicklungs- stadien von derselben abschnürt. Eben so abweichend als dieser palingenetische Kopfurwirbel verhält sich der Nerv, der den aus diesem Somit sich entwickelnden Muskel innervirt. Ich habe erst den Trochlearis bei älteren Embryonen untersucht, wenn er in seinem Verlauf leicht zu verfolgen ist. Bekanntlich entspringt der in Rede stehende Nerv, unter Kreuzung seiner Fasern, gerade an der Über- gangsstelle des Mittelhirns ins Hinterhirn. Ich fange seine Be- schreibung mit einem Entwicklungsstadium an, in welchem der Em- bryo eine Körperlänge von 45—50 mm erreicht hat. Fast unmittelbar, nachdem der Trochlearis in der Augenhöhle angekommen ist, tritt er an seinem Muskel und giebt an derselben Stelle einen Ast ab, der rückwärts läuft. Dieser Zweig liegt ventral von und verläuft parallel mit dem Ramus ophthalmieus superficialis, um sich dann allmählich in dessen Portio minor s. trigemini fortzusetzen. SCHWALBE (31) hat nämlich nachgewiesen, dass der Nervus ophthalmicus superficialis aus Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 387 zwei Theilen besteht, einer Portio major s. facialis und einer Portio minor s. trigemini, und es ist mit letztgenannter, welche ein Ast des Ramus ophthalmicus profundus ist, dass der oben genannte rück- laufende Zweig des Trochlearis sich verbindet. Ein Verbindungsfaden zwischen Trochlearis und Trigeminus ist schon mehrfach beschrieben worden, so durch Mıktucno-MAcrAy (23) bei Seymnus und Seyllium. GEGENBAUR hat diesen Ast bei Hex- anchus nicht beobachten können. SCHWALBE (31) dagegen erwähnt sein Vorkommen aufs Neue sowohl bei Seyllium wie bei Mustelus, und seine Beschreibung passt vollkommen mit der, was auch Acan- thias uns zeigt. Tirstne (32) endlich bestreitet wieder das Vor- kommen dieses Verbindungszweiges zwischen Trochlearis und Tri- geminus, ohne der so genauen Untersuchungen von SCHWALBE zu gedenken. Nach dieser kurzen Beschreibung des Trochlearis und seiner Verbindung mit dem Trigeminus will ich jetzt mittheilen, was ich über die Entwieklungsgeschichte des erstgenannten Nerven ge- funden habe. Der Trochlearis ist ein Ast des Trigeminus, er gehört nicht, wie vielfach angenommen wird und wie ich dies früher ebenfalls glaubte, zu einem der spätesten, sondern wie der Trigeminus selbst zu einem der frühesten sich anlegenden dorsalen Hirnnerven. Ob- gleich ich mir vornehme in einer späteren Arbeit die Entwicklungs- geschichte dieser Nerven zu beschreiben, so muss ich doch hier für die Anlage des Trigeminus einen Augenblick vorgreifen. Deutlichkeits- halber sei hier nochmals erwähnt, dass ich bei der Zählung der Somite den ersten ceänogenetischen Urwirbel resp. erstes Occipital- somit — das siebente Kopfsomit van Wwuer’s — als ersten Urwirbel betrachte. Bei Embryonen mit 17—18 Somiten entsteht mit sehr breiter Wurzel, die sich vom späteren Mittelhirn bis zum Nachhirn aus- streckt, der erste dorsale Hirnnerv, er bildet die Anlage des Nervus trochlearis, der Portio minor s. trigemini des Ramus ophthalmicus superfieialis, des Verbindungszweiges zwischen Trochlearis und Tri- geminus (ich werde diesen ganzen Komplex der Kürze halber ein- fach »Trochlearis« nennen) und des Maxillo-mandibularis, enthält aber nicht in sich die des Nervus ophthalmieus profundus, denn dieser entsteht als ein selbständiger Nerv, wie wir gleich sehen werden. Bei Embryonen aus oben genanntem Entwicklungsstadium zeigt sich der Neuroporus noch als eine lange, schlitzférmige Öffnung, ein großer Theil des späteren Mittelhirns und Zwischenhirns steht dann Morpholog. Jahrbuch. 25. 19 288 C. K. Hoffmann noch offen. Erst jetzt schließt sich die genannte Öffnung allmählich, selbst bei Embryonen mit 21—22 Somiten ist sie noch nicht völlig zu, wohl aber bei solchen mit 23 Somiten, doch kommen kleine Schwankungen vor. Nachdem der Neuroporus sich geschlossen hat, wächst aus dem Hirndach, an der Stelle, wo später das Zwischen- hirn in das Mittelhirn umbiegt, also vor der Anlage des Trochleo- trigeminus, ein Nerv hervor, welcher demnach der vorderste, dorsale Kopfnerv ist. Diesen Nerv, welcher bei Embryonen mit 22 Somiten noch gänzlich fehlt, bei solchen aber mit 26—27 Somiten sich bereits vollständig angelegt hat, habe ich in meiner vorläufigen Mittheilung (18) als Nervus ophthalmicus profundus bezeichnet. Der in Rede stehende Nerv, der mit ziemlich breiter Wurzel entspringt, verläuft über dem Augenstiel, sein distales Ende schwillt zu einem kleinen Ganglion an (Taf. XIV Fig. 32), das sich auf den oberen resp. vorderen Rand des zweiten palingenetischen Kopfsomites legt (s. Taf. XIV Fig. 34) und bier mit dem Theil des Trochleo-trigeminus, der die Anlage des Trochlearis bildet, vollständig verschmilzt. Das genannte Ganglion ist die erste Anlage des Ganglion eiliare van WuHe's, seine Lage auf dem oberen (vorderen) Rande des zweiten palingenetischen So- mites und seine Anastomose mit dem viel später sich anlegenden Nervus oculomotorius lassen darüber keinen Zweifel. Miss JuLIA PLAart (26), die hervorragende amerikanische Forscherin, hat diesen Nerv zuerst beobachtet und »Thalamicus« genannt, später habe ich denselben ebenfalls wahrgenommen und als »Ophthalmicus profun- dus« bezeichnet, ohne ihrer Untersuchungen zu gedenken, denn die Verhältnisse waren mir damals noch nicht völlig klar. Es ist viel- leicht am zweekmäßigsten, gesagten Nerv »Thalamo-ophthalmieus« zu nennen, und zwar das Stück, welches sich vom Hirndach bis zum Ganglion ausstreckt, als »Thalamicus« zu bezeichnen, und für das Stück, welches vom Ganglion ciliare nach seiner Vereinigung mit dem Trochleo-trigeminus auswächst, den Namen »Ophthalmicus pro- fundus« zu behalten. Bekanntlich entsteht die Kopfkrümmung bereits in Jungen Entwicklungsstadien, bei Embryonen aus oben beschriebenem Stadium machen Vorderkopf und Hinterkopf fast einen rechten Winkel mit einander. Sowohl der vom Hinterkopf entspringende Trochleo- trigeminus wie der vom Vorderkopf entstehende Thalamo-ophthal- mieus wachsen in senkrechter Richtung (der Kopf gerade gestreckt gedacht) herunter, erstgenannter entsteht aber früher und hat bereits einen bedeutenden Umfang erreicht, wenn letzterer sich anzulegen anfängt, und dieser wird in seinem weiteren Wachsthum bald be- Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Selachii. 289 schränkt, indem sein distal gangliös angeschwollenes Ende, die An- lage des Ganglion eiliare, unter ebenfalls fast rechtem Winkel auf den Trochleo-trigeminus stößt und mit ihm verschmilzt. Der Trigeminus besteht also aus zwei selbständig sich anlegen- den Nerven, die sich schon sehr frühzeitig vollständig mit einander verbinden. Nach ihrer Vereinigung kann man an ihm vier Äste unterscheiden, von diesen sind zwei »Rami dorsales«. Der hinterste dieser beiden Rami dorsales, der Trochlearis, ist ein gemischter Nerv, der vorderste, der Thalamicus, ist rein sensibel, von ihm bleibt später nichts als ein feiner Hautast übrig. Von den beiden anderen Ästen Fig. 2. Fig. 3. Se / = \S Fthal -ophth. Aus einer Querschnitt- i serie eines Embryo mit au 36 Somiten. Vergr. 50/1. Aus einer Längsschnittserie eines Embryo mit 32 Somiten. Vergr. 50/1. NB. Siehe für die Buchstaben die Erklärung der Abbildungen. ist der hinterste ganz bestimmt ein Ramus ventralis, er bildet die Anlage des Nervus maxillo-mandibularis; die Deutung des vorderen Astes, des Nervus ophthalmicus profundus, scheint mir überaus schwer, auf ihn komme ich später zurück. Für den Augenblick haben wir hier allein den Trochlearis zu betrachten, indem dieser Nerv aber auch bei Acanthias durch den beschriebenen Verbindungsfaden mit dem Ophthalmicus profundus in Zusammenhang bleibt — nämlich mit dem Theil dieses Nerven, der als Portio minor s. trigemini sich der Portio major s. facialis des Ramus ophthalmieus superficialis bei- mischt, muss ich dann auch von dem Thalamo-ophthalmicus hier so viel mittheilen, als für die Deutlichkeit nöthig ist. 19* 290 C. K. Hoffmann Unmittelbar an seiner Ursprungsstelle am Hirndach verschmilzt der Ramus thalamicus des Thalamo-ophthalmicus mit der Epidermis (s. Taf. XIV Fig. 35 und Textfigur 2), dann schniirt er sich von dieser ab und verläuft in der angegebenen Weise über den Augenstiel weiter, bis er den Trochlearis trifft und sich mit ihm verbindet (s. Textfigur 3). Bei Embryonen mit 50 Somiten — Körperlänge 8 mm — zeigt er noch fast dasselbe Bild, an seiner Wurzel hängt er auf mehreren Schnitten mit der Epidermis zusammen (s. Textfigur 4), in seinem weiteren Verlauf bis zum Ganglion ciliare ist er Fig. 4. aber bereits sehr rudimentär geworden und auch seine Wurzel hat sich beträchtlich verkürzt. Noch nahezu dieselben Bilder kehren in dem nächst- folgenden Entwicklungsstadium wieder (Embryonen von 9'/,—10 mm Körperlänge, Somitenzahl von 57—63). Bis zu diesem Stadium fehlt die Epi- physenausstülpung noch vollständig. Sobald sich diese anzulegen anfängt, abortirt der Thalamicus an seiner Wurzel vollkommen, ich kann wenig- stens, so weit meine Untersuchungen bis jetzt reichen, hier von ihm nichts mehr zurückfinden. Distalwärts bleibt er aber als ein überaus zarter, Aus einer Querschnittserie unter dem zweiten palingenetischen Kopfsomit a a en vom Ganglion ciliare entspringender Hautast fort- länge. Vergr. 507. bestehen (s. Textfigur 8 und 9); es ist der Ast, welchen ich auf Taf. III Fig. 29 und auf Taf. IV Fig. 88 meiner vorigen Arbeit (19) als + angegeben habe. Von dem Trochleo-trigeminus wurde oben bereits mitgetheilt, dass er mit sehr breiter Wurzel vom Hirndach entspringt (s. Textfigur 3). Der hintere Abschnitt dieser Wurzel rückt in den nächstfolgenden Entwicklungsstadien ventralwärts, während ihr vorderer Theil am Gehirn, nämlich an der Übergangsstelle des Mittelhirns ins Hinterhirn dorsalwärts sitzen bleibt und, wie gesagt, die Anlage des Nervus trochlearis, der Portio minor s. trigemini des Ramus ophthalmieus superfieialis und des Verbindungszweiges zwischen beiden genannten Nerven bildet. Bei jungen Embryonen zeigt sich dieser Nerven- komplex, den ich, wie oben schon erwähnt, einfach als » Trochlearis« bezeichnen will, als ein mächtig zelliger Strang, der an seiner Wurzel und weiter distalwärts an mehreren Stellen mit der Epidermis zu- sammenhängt, er ist zuerst von MıLnE MARSHALL (22) und später von VAN WIJHE (35) gesehen und abgebildet und einfach als die eplid--- thy ._. Mad Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 291 Anlage der Portio minor s. trigemini des Ramus ophthalmieus super- fieralis gedeutet. In den nächstfolgenden Entwicklungsstadien wird nun dieser Anfangs sehr breite Zellstrang bedeutend schmäler, bleibt aber, bis der Embryo 8 mm lang ist, als kontinuirlicher Strang deutlich fort- bestehen. Sobald der Embryo eine Länge von 10 mm erreicht hat, kann ich den Trochlearis in seinem proximalen Theil nicht mehr als kontinuirlichen Zellstrang verfolgen. An seiner Ursprungsstelle ist er aber immer als ein einem Ganglion ähnlicher zelliger Auswuchs, der mit der Epidermis zusammenhängt, an der Übergangsstelle des Mittel- hirns ins Hinterhirn zu finden, weiter distalwärts bis zu seiner Ver- einigung mit dem Ophthalmicus profundus bildet er wieder einen kontinuirlichen Zellstrang, dazwischen liegt eine Strecke, in welcher er sich in einige Stücke gegliedert hat, die als Zellenkonglomerate verschiedener Größe theils mit der Epider- mis in Zusammenhang geblieben sind, theils mehr lose zwischen den embryonalen Binde- gewebszellen des Kopfes zerstreut liegen, auf der rechten Seite oft ein ganz anderes Bild als auf der linken zeigen und umge- kehrt. Bei Embryonen von 15—16 mm Kör- perlänge besitzt er an seiner Wurzel ge- wöhnlich ein sehr deutliches (s. Taf. XIV Fig. 37 und Textfigur 5) und nur ausnahms- weise jetzt schon rudimentäres Ganglion, welches aber nicht mehr mit der Epidermis zusammenhängt, dann folgt eine Strecke, in welcher er das oben beschriebene Bild zeigt, während er distalwärts als ein kontinuir- RER Aus einer Querschnittserie eines licher, aber immer schmäler werdender Zell- Embryo von 15—16 mm Körper- strang fortbestehen bleibt, wie auf Längs- a schnitten am deutlichsten zu sehen ist. Bei Embryonen von 17—18 mm Körperlänge hat sich der Troch- learis an seiner Wurzel in ein faseriges und überaus feines Nerven- stämmehen umgebildet (s. Textfigur 6), welches von so großer Zart- heit und Dünnheit ist, dass ich dasselbe noch nicht verfolgen kann, distalwärts bis zu seiner Vereinigung mit dem Ophthalmicus pro- fundus ist er aber noch zellig (s. Textfigur 8); von den obengenannten Zellenkonglomeraten, in welche sich sein proximaler Theil aufgelöst hat, sowie von dem Ganglion an seiner Wurzel ist nichts mehr hh 292 ©. K. Hoffmann 2 zurückzufinden, so dass zwischen seiner faserigen Wurzel und seiner distalen Partie, wo er noch zellig ist, eine Strecke liegt, in welcher der Trochlearis nicht verfolgbar ist. Bei Embryonen von 20 mm Körperlänge kann ich ihn nun wieder als einen kontinuirlichen, jetzt aber vollständig faserigen, aber überaus dünnen Nervenstamm von seinem Ursprung bis zu seinem Ende verfolgen (s. Textfigur 7 und 9). Der schwierigste Punkt in der ganzen Entwicklungsgeschichte des Trochlearis liegt also in seinem proximalen Theil, indem er hier in bestimmten Entwicklungsstadien, nämlich bei Embryonen von 10 mm Fig. 6. Fig. 7. Aus einer Querschnittserie eines Embryo von Aus einer Querschnittserie eines Embryo von 18 mm Körperlänge. Vergr. 50/1. 20 mm Körperlänge. Vergr. 50/1. Körperlänge ab bis zu dem Stadium, in welchem sie 20 mm lang sind, als kontinuirlicher Nervenstrang nicht zu verfolgen ist, während er an seiner Wurzel und in seinem distalen Theil in jedem Stadium nachweisbar bleibt. Dass dies proximale Stück sich gänzlich zurück- bilden soll, um später wieder als eine vollständig neue Anlage auf- zutreten, ist doch nicht gut anzunehmen, denn wie die beiden Partien sich dann wieder finden würden, bliebe durchaus unbegreiflich. Wenn man bedenkt, dass der Trochlearis bei jungen Embryonen einen sehr breiten Zellstrang bildet und in den späteren Stadien als ein Nervenstämmchen von der größten Feinheit sich zeigt, dann Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 293 scheint mir die Vermuthung berechtigt, dass gesagter Nerv in seinem proximalen Theil sich zum größten Theil zurückbildet und von ihm nur einzelne Zellen fortbestehen bleiben, die, so lang sie sich noch nicht in Nervenfasern umgebildet haben, von den embryonalen Binde- gewebszellen nicht zu erkennen sind, was erst möglich wird, wenn sich die Umbildung von Nervenzelle in Nervenfaser vollzogen hat. Bei den jüngsten Embryonen (solche von 20 mm Körperlänge), bei welchen ich den Trochle- aris von seinem Ursprung Fig. 8. bis zu seinem Ende als kontinuirlichen Nerven- stamm wieder verfolgen kann, ist er nur ein Paar Fäserchen dick. In diesem Entwicklungsstadium, oft schon etwas früher, fängt 2ps’ die Hohlung des Kiefer- ET Bl ct u bogens in ihrem ventralen di ee Abschnitt an zu obliteriren. cancer ee ee eng Gleichzeitig wird die So- Körperlänge. Vergr. 50/1. mitenhöhle sehr stark in eranio-caudaler Richtung komprimirt und nimmt dabei eine mehr langgestreckte Gestalt an. Der Ophthalmieus profundus mit dem Ganglion eiliare liegen jetzt nicht mehr auf der dor- salen Wand dieser Höhle, sondern kreuzen ihren obe- ren Theil an der medialen Seite; mit anderen Worten, das zweite palingenetische Somit hat an der lateralen Seite des proximalen Thei- les des Ophthalmieus pro- trochl ; 5 ‘ Aus einer Langsschnittserie eines Embryo von 20 mm fundus, dort wo dieser mit arctan eee Meter: 30/1, dem Trochlearis zusammen- hängt, eine Ausstülpung nach vorn und oben gebildet (s. Textfig. 9), aus diesem, über dem Ganglion ciliare gelegenen Auswuchs des zweiten Kopfsomites, welcher mit dem Trochlearis in Verbindung bleibt, entsteht der M. obliquus superior, und aus dem Rest des genannten Nerven, von seinem Zusammenhang mit dem in der Anlage 994 Cc. K. Hoffmann begriffenen Obliquus superior bis zu der Wurzel des Ophthalmicus profundus, gehen der von ScuwALBeE beschriebene Verbindungszweig und die Portio trigemini des Ramus ophthalmicus superficialis hervor (das Stück xx in Textfigur 9). Bei älteren Embryonen rücken nun Trigeminus und Facialis immer dichter nach einander. Das Stück des Trochlearis, welches den Verbindungsfaden mit dem Ophthalmicus profundus bildet, nimmt besonders an seiner Ursprungsstelle mit letzt- genanntem Nerven bedeutend an Umfang zu, und es ist dies Stück, welches sich bei Embryonen, die eine Länge von 35—40 mm erreicht haben, unmittelbar der unteren medialen Fläche des Ophthalmicus superfieialis anlegt, als dessen Portio minor s. trigemini es von Jetzt ab erscheint. Embryonen von 45—50 mm Körperlänge, das älteste Sta- dium, welches ich auf dem Trochlearis untersucht habe, zeigen noch vollständig dieselben Verhältnisse, und selbst bei solchen Embryonen kann man mit eben so viel Recht bebaupten, dass der Ophthalmicus superficialis portio trigemini als das der Trochlearis den Musculus obliquus superior innervirt. Erst bei noch älteren Embryonen wer- den der Trochlearis und der Ramus ophthalmieus superfieialis portio trigemini zwei scheinbar ganz selbständige Nerven, indem letztge- nannter sich inniger mit der Portio major s. facialis des Ophthal- micus superficialis verbindet, beide Nerven bleiben aber durch den von SCHWALBE beschriebenen Verbindungsfaden zeitlebens mit ein- ander in Zusammenhang. Aus dem Mitgetheilten ergiebt sich also, dass der Trochlearis wirklich ein ursprünglich zum Trigeminus gehöriger Nerv ist, wie GEGENBAUR (10) dies bereits in scharfsinniger Weise ganz richtig vermuthet hat, wenn er auch selbst angiebt, dass er diese Ansicht noch der Begründung bedürftig hielt (11). Über die Entwicklungsgeschichte des Trochlearis besitzen wir außer den überaus wichtigen Mittheilungen von Miss JuLıa PLATT (26) auch die Untersuchungen von Dourn (16), FRORIEP (7) und Mrrro- PHANOW (24). Dourn’s Angaben beziehen sich hauptsächlich auf ältere Stadien. Nach FRORIEP tritt bei Torpedo-Embryonen von 16 mm Körperlänge der Trochlearis am hinteren Rande des Mittelhirns, nahe der dorsalen Mittellinie, als geschlossenes Stimmchen schräg dorso- ventralwärts aus dem Medullarrohr hervor. In der Höhe der ven- tralen Kontour des Gehirnrohres giebt der Nerv seine Beschaffenheit als einheitliches Stiimmchen feinster Fasern auf und löst sich in einen Plexus auf. Mit diesem Plexus steht ein birnförmiges Gan- slion in Verbindung in der Art, dass der Stiel desselben T-fürmig ut u u Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 395 in zwei Arme faseriger Beschaffenheit sich theilt, von denen der eine dorsalwärts in den Hauptstamm des Trochlearis sich fortsetzt, der andere ventralwärts die Richtung nach der Augengegend ein- schlägt. Der distalwärts verlaufende Arm pflegt in dem in Rede stehenden Stadium die Gewebsmasse des Obliquus superior noch nicht zu erreichen. Bei Embryonen von 20 mm ist von dem ge- sagten Ganglion keine Spur mehr zu finden, der Trochlearis läuft hier als ganz sauberer, faseriger Nervenstamm seinen definitiven Weg. Bei Embryonen von 12 mm finden sich Zellhaufen an Stellen, die in der späteren Bahn des Trochlearis liegen. Bei Embryonen von 9mm sind diese Zellhaufen auf eine lange Strecke vertheilt, zeigen jedoch schon eine Gruppirung in zwei Komplexe. Besonders bemerkenswerth aber ist nach ihm, dass der untere Komplex sich caudalwärts in einen Strang verdichtet, welcher schließlich in das Trigeminusganglion einmündet, sich wie ein Arm dieses Ganglions ausnehmend. Diesen Fortsatz des Trigeminusganglions hält FrorıEr für die bis ans Mittelhirn reichende Wurzelleiste, welche dem Unter- gang verfällt. Doch nur als Ganglienleiste geht sie unter, denn im Untergehen lässt sie ein neues Gebilde, den Trochlearis, entstehen. Der Trochlearis entsteht demnach nach ihm durch Umwandlung oder Ausläuferbildung der Ganglienzellen an Ort und Stelle, indem die Wurzelleiste sich in einzelne Zellgruppen auflöst, indem feine Proto- plasmafäden an und zwischen diesen Zellgruppen auftreten, indem diese Fäden plexusartig zusammentreten, indem die Zellen schwin- den und die Konsolidirung eines einheitlichen Trochlearisstiimmchen erfolgt. Von der größten Bedeutung sind die Untersuchungen von Miss PrArr, indem sie die Verhältnisse bereits größtentheils vollständig richtig erkannt hat. »In fact — so sagt sie — the trochlearis and the ramus ophthalmieus superficialis trigemini are simply parts of one of the same nerve, from which nerve a branch passes to the surface of the superior oblique muscle. In older embryos the path of the trochlearis becomes more direct, and its connection with the ophthalmicus superficialis then appears as a mere anastomosis be- tween two independent nerves.« Die Zellen, welche den Trochlearis mit dem Gehirn verbinden, verschwinden nach ihr bald und lassen die dorsalen Zellen des urspriinglichen Nerven stets mit dem Trige- minusganglion am Ursprungspunkt des Ramus ophthalmicus profundus verbunden. Von diesen Zellen wird nach ihr ein Nerv gebildet, welcher sich vorwärts über die vordere Verlängerung der Mandibular- 296 ©. K. Hoffmann höhle erstreckt. Dieser Nerv wird von einer Masse Zellen umgeben, welche über dem sich bildenden M. obliquus superior liegen. Sie sind die Überbleibsel des ursprünglichen Trochlearis und von ihnen wachsen, wie sie angiebt, Zellen gegen das Hirn, welche den kleinen faserigen Trochlearis treffen. Ein Theil des ursprünglichen Trochlearis, welcher ein Auswuchs des Neuralkammes ist, verschwindet demnach nicht ganz, sondern wird später als Ramus ophthalmicus superficialis des Trigeminus er- kannt und der bleibende Trochlearis wird durch Wachsen von Gan- glienzellen, gegen das Hirn und von Nervenfasern aus dem Gehirn gebildet. Dass aber ein Nerv, der an seiner Wurzel und in seiner distalen Partie in jedem Entwicklungsstadium sich als vorhanden nachweisen lässt, der bei Embryonen bis 10 mm Körperlänge als ein kontinuirlicher zelliger Nervenstrang und bei selchen von 20 mm ab als ein kontinuirlicher faseriger Nervenstamm zu verfolgen ist, in bestimmten Entwicklungsstadien, nämlich bei Embryonen von 10 bis 20 mm Körperlänge, zwischen seiner bleibenden Wurzel und seinem bleibenden distalen Theil vollständig abortiren und sich wieder gänz- lich neu bilden soll, scheint mir, wie oben schon gesagt, schwer verständlich. Auch Mirropuanow (24) ist zum Resultat gekommen, dass der Trochlearis zum Trigeminus gehört. »La racine antérieure (du groupe trijumeau) — so sagt er — subit un changement régressif; sa partie distale produit, en connexion avec la partie centrale du germe, le ramus ophthalmicus superficialis, portio trigemini; son bout proxi- mal, s’etant détaché de sa partie distale prend partie 4 la formation du nervus trochlearis, tandisque ce dernier se trouve peut-6tre en relation génétique avec le ramus ophthalmicus superficialis, portio trigemini (J. PLATT). « Schließlich will ich noch erwähnen, dass nicht allein bei jungen Acanthias-Embryonen der Trochlearis an seiner Wurzel ein Ganglion zur Entwicklung bringt, sondern dass Ähnliches auch bei Lacerta angetroffen wird (15). Auch bei Lacerta giebt das in Rede stehende Ganglion eine zellige Verlängerung ab, die bis unmittelbar an die Epidermis tritt, es obliterirt ebenfalls frühzeitig wieder vollständig, nur ist es, so lange es vorhanden ist, bedeutend mächtiger ais bei Acanthias entwickelt. Bekanntlich gilt im Allgemeinen der Satz, dass die beiden Wurzeln eines Spinalnerven sich jenseits des Ganglions mit einander Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 297 vereinigen, aber Vieles spricht dafür, wie WIEDERSHEIM (34) wohl ganz richtig hervorhebt, dass die Vorfahren der heutigen Wirbel- thiere getrennte dorsale und ventrale Nerven besessen haben müssen, wie dies bei Amphioxus und den Petromyzonten noch heute der Fall ist. Für diese Auffassung, der auch ich mich vollständig anschliebe, führt van Wine (39) zweierlei Gründe an: dass bei Amphioxus [van Wune (38), Harscuex (13)] und Petromyzon [RAnsom und Tuompson (29)], bei den beiden niedrigsten Gruppen der Wirbel- thiere also, wo wir am meisten berechtigt sind einen primitiven Zustand zu erwarten, anstatt ein einziger spinaler Nerv mit zwei Wurzeln, überall zwei selbständige vollständig getrennte Nerven, ein dorsaler und ein ventraler, vorhanden sind; 2) dass bei den höheren Wirbelthieren die beiden Wurzeln durchaus selbständig an- gelegt werden und sich erst in einem späteren Stadium der Ent- wieklung mit einander verbinden. Die Verbindung ist also eine gewöhnliche Ansa, eine Anastomose von zwei Nerven, die nichts mit einander zu thun haben, deren Fasern sich nun so verflechten, dass sie anatomisch nicht mehr zu trennen sind. Wir haben denn auch gesehen, dass die dorsalen Nervenwurzeln sich in der Richtung von vorn nach hinten anlegen, während die ventralen Wurzeln dem Entwicklungsgang der Somite folgen und sich im vorderen Körper- theile von hinten nach vorn, im hinteren Körpertheile von vorn nach hinten anlegen. Ein jeder typischer, dorsaler, wie ein jeder ventraler Nerv muss demnach einen Ramus ventralis und einen Ramus dor- salis besitzen, wie Amphioxus und Petromyzon dies auch thatsäch- lich noch thun. Nach der oben aus einander gesetzten Auffassung sind bei den Nerven des Kopfes — den Cerebralnerven — auch bei den höheren Thieren und beim Menschen, vielleicht in Folge der großen Verschiebungen, welche in der Entwicklungsgeschichte des Kopfes auftreten, der dorsale und ventrale Nerv nicht zur Vereinigung ge- kommen. Hier bleibt also der primitive Zustand fortbestehen. Lassen wir für den Augenblick die dorsalen Wurzeln außer Be- tracht, denn auf diese hoffe ich später zurückzukommen, und sehen wir jetzt wie in dieser Beziehung sich die ventralen Nervenwurzeln der Kopfsomite verhalten, so finden wir Folgendes. Die ventralen Nervenwurzeln des neunten und zehnten Kopfsomites besitzen, wie wir dies oben ausführlich beschrieben haben, jede einen Ramus dorsalis und einen Ramus ventralis, sie weichen also in nichts von einer typischen, ventralen Spinalwurzel ab, Die des achten Kopf- somites hat einfach einen, und selbst nur sehr schwachen Ramus 298 ©. K. Hoffmann ventralis, ein Ramus dorsalis ist nicht vorhanden, ich habe nämlich keinen finden können. Die genannte Wurzel des siebenten Kopf- somites verschwindet später wieder vollständig, während die des sechsten, fünften und vierten Kopfsomites nicht vorhanden sind. Die ventralen Wurzeln des dritten und ersten Kopfsomites besitzen nur einen aber gut entwickelten Ramus ventralis, den Nervus abducens, resp. oculomotorius, aber keinen Ramus dorsalis, wäh- rend die ventrale Wurzel des zweiten Kopfsomites vollständig fehlt, obgleich dieses Somit einen Muskel zur Entwicklung bringt, im Gegensatz zu dem sechsten, fünften und vierten Somite, die ent- weder gar keine (Somit 4 und 5), oder bald wieder verschwin- dende Muskelfibrillen zur Anlage bringen (Somit 6). Die ventralen Nervenwurzeln der beiden letzten Oceipitalsomite zeigen demnach noch am reinsten den primitiven Zustand, alle anderen weichen davon mehr oder weniger ab, am meisten von allen der Trochlearis. Dieser Nerv stimmt mit den dorsalen Kopfnerven (Trigeminus, Acustico- facialis, Glosso-pharyngeus und Vagus) darin überein, dass er wie diese ein dorsaler und ebenfalls gemischter Nerv ist; er unterscheidet sich aber von diesen, dass er in Abweichung von allen anderen dorsalen Kopfnerven, nicht einen Seitenplattenmuskel, sondern einen Somitenmuskel innervirt, er verhält sich demnach abweichend von allen anderen dorsalen Kopf- und Rumpfnerven. Schließlich will ich hier noch auf eine eigenthümliche Bildung aufmerksam machen, welche man an den dorsalen Gehirnnerven bei Acanthias aus sehr jungen Entwicklungsstadien (Embryonen mit 30—40 Somiten) beobachtet, und die, wie mir scheint, auch für die Morphologie der dorsalen Gehirnnerven von Bedeutung ist. Bekannt- lich verhalten sich die dorsalen Spinalnerven in Beziehung ihrer Lage zu den Somiten anders, als die dorsalen Gehirnnerven, erstere wachsen medialwärts, letztere lateralwärts von den Urwirbeln herab, demzufolge liegen die Ganglien der Spinalnerven medialwärts, die der Gehirnnerven lateralwärts von den Somiten. Untersucht man nun Schnittserien von Embryonen aus obengenannten Entwicklungs- stadien, dann findet man Folgendes. Taf. XIV Fig. 39 stellt einen Querschnitt vor durch das sechste palingenetische Somit eines Em- bryo mit 36 Somiten, in diesem Entwicklungsstadium sind, wie bereits erwähnt, alle dorsalen Gehirnnerven zur Anlage gekommen, und das sechste und siebente Kopfsomit werden durch die Vagus- anlage gekreuzt. Unmittelbar über der dorsalen Urwirbelkante geht Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 299 von dem Vagus ein ziemlich mächtiger Auswuchs aus, der zwischen Medullar- und Somitenwand ventralwärts wächst. Dieser Auswuchs ist auf mehreren Schnitten zu sehen, dann verschwindet er auf kurze Strecke, um über der dorsalen Urwirbelkante des siebenten Kopfsomites wiederzukehren (siehe Taf. XIV Fig. 38). Der in Rede stehende Auswuchs zeigt sich nicht auf allen Schnitten in derselben Gestalt, wie in den beiden betreffenden Zeichnungen angegeben ist. Auf einigen nämlich strahlt sein distales Ende zwischen Medullar- und Somitenwand mehr oder weniger pinselförmig aus und die so entstandenen Ausläufer lassen sich dann bis zu den bereits zur An- lage gekommenen Sklerotomen verfolgen; wie sie sich hier dann weiter verhalten, weiß ich nicht. Ähnliche Auswüchse habe ich auch, obgleich viel weniger deutlich an dem Glossopharyngeus und an dem Acustico-facialis wahrgenommen, erstere strahlen über der dorsalen Kante des fünften palingenetischen Somites, letztere über der des dritten palingenetischen Somites zwischen Medullar- und Somitenwand aus. Ob sie auch an dem Trigeminus vorkommen, kann ich nicht sagen, ich habe dieselben bis jetzt nicht finden können. Es scheint mir wohl nicht zweifelhaft, dass wir hier mit den- selben Bildungen zu thun haben, als Kuprrer (20, 21) bei Em- bryonen von Petromyzon beschrieben hat. Nach ihm setzt sich hier ein jeder dorsale Kopfnerv aus einem inneren Theil, der zwischen Mesoderm (Somit) und Hirn verläuft und aus einem äußeren Theil zusammen, der zwischen Mesoderm (Somit) und Epidermis weiter wächst. Den inneren Zug nennt er »den dorsalen Spinalnerv«, indem seine Anlage sich in übereinstimmender Weise über den ganzen Körper erstreckt, während er den äußeren als »Branchialnerv« be- zeichnet, nur scheinen bei Petromyzon diese »dorsalen Spinalnerven« an dem Acustico-facialis und Glossopharyngeus bei Weitem deutlicher als bei Acanthias zu sein, und bei Petromyzon fehlt auch am Trige- minus dieser Ast nicht. So weit mir bekannt, sind die oben beschriebenen Bildungen bis jetzt noch bei keinem anderen Selachier gefunden. Um dieselben bei Acanthias zu sehen, muss man Embryonen untersuchen, deren Somitenzahl von 30—40 beträgt. In jüngeren Stadien fehlen sie noch, in älteren fangen die Sklerotome an, sich in embryonales Bindegewebe aufzulösen, und dann sind sie von den Zellen des letzteren, indem sie selbst sich zu lockern anfangen, nicht mehr zu unterscheiden. Was ihr weiteres Schicksal ist, weiß ich nicht. Leiden, März 1897. 300 ». K. Hoffmann Litteraturverzeichnis. 1) F.M. Barrour, A Monograph on the Development of Elasmobranch Fishes. 1878. 2) A. Donrn, Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. 4. Die Entwicklung und Differenzirung der Kiemenbogen. in: Mit- theilungen aus der Zoolog. Station zu Neapel. Bd. V. 1884. 3) —— 10. Zur Phylogenese des Wirbelthierauges. Ebenda. Bd. VI. 1885. 4) —— 14. Uber die erste Anlage und Entwicklung der motorischen Riicken- marksnerven. Ebenda. Bd. VIII. 1888. 5) -— 15. Neue Grundlagen zur Beurtheilung der Metamerie des Kopfes. Ebenda. Bd. IX. 1890. 6) —— 16. Uber die erste Anlage und Entwicklung der Augenmuskelnerven bei Selachiern und das Einwandern von Medullarzellen in die motori- schen Nerven. Ebenda. Bd. X. 1891. 7) Frormp, Zur Entwicklungsgeschichte der Kopfnerven. I. Über die Ent- wicklung des Trochlearis bei Torpedo. in: Verhandlungen der Anat. Gesellschaft zu München. 1891. 8) M. FÜRBRINGER, Über die mit dem Visceralskelet verbundenen spinalen Muskeln bei Selachiern. in: Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. XXX. 1895. 9) €. GEGENBAUR, Über die Kopfnerven von Hexanchus. in: Jenaische Zeit- schrift für Naturwissenschaft. Bd. VI. 1871. 10) —— Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. III. Heft. Das Kopfskelet der Selachier, ein Beitrag zur Erkenntnis der Genese des Kopfskelettes der Wirbelthiere. 1872. 11) —— Die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskelettes. in: Morphol. Jahrbuch. Bd. XIII. 1888. 12) W. HATCHETT JACKSON and W. BRUCE CLARKE, The Brain and Cranial- nerves of Echinorhinus spinosus. in: The Journal of Anatomy and Physiology. Vol. X. 1876. 13) B. Harscurex, Die Metamerie des Amphioxus und des Ammocoetes. in: Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft auf der sechsten Ver- sammlung gehalten in Wien. 1892. 14) W. Hıs, Die morphologische Betrachtung der Kopfnerven. in: Archiv für Anatomie und Physiologie. Anatom. Abtbeilung. 1887. 15) C. K. Horrmann, Uber die Metamerie des Nachhirns und ihre Beziehung zu den segmentalen Kopfnerven bei Reptilien-Embryonen. in: Zool. Anzeiger. Bd. XII. 1889. 16) in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. VI. 3. Abth. Entwicklungsgeschichtlicher Theil. 1890. 17) -— Zur Entwicklungsgeschichte des Venensystems bei den Selachiern. in: Morphol. Jahrbuch. Bd. XX. 1893. 18) —— Zur Entwicklungsgeschichte des Selachierkopfes. in: Anat. Anzeiger. Bd. IX. 1894. 19) —— Beitriige zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. in: Morphol. Jahrb. Bd. XXIV. 1896. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 301 20) C. von Kuprrer, Die Entwicklung der Kopfnerven der Vertebraten. in: Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft auf der fiinften Ver- sammlung in München. 1891. 21) —— Studien zur vergleichenden Entwicklungsgeschichte des Kopfes der Cranioten. 2. Heft. Die Entwicklung des Kopfes von Ammocoetes Planeri. 1894. 22) MILNES MARSHALL, On the Head-Cavities and associated Nerves of Elasmo- branchs. in: Quart. Journal of microse. Science. Vol. XXI. 1881. 22a) —— and W. BALDWIN SPENCER, Observations on the Cranial Nerves of Scyllium. Ebenda. Vol. XXI. 1881. 23) MikLuCHO MACLAY, Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Gehirns. in: Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. IV. 1868. 24) P. MITROPHANOW, Etude embryogénique sur les Sélaciens. in: Archives de Zoologie expérimentale. 3. Ser. T. I. 1893. 25) A. D. Önopı, Neurologische Untersuchungen an Selachiern. in: Internationale Monatsschrift für Anatomie und Histologie. Bd. III. 1886. 26) JuLıaA B. PLartr, A Contribution to the Morphology of the Vertebrate Head, based on a Study of Acanthias vulgaris. in: Journal of Mor- phology. Bd. V. 1891. 27) C. Rap, Theorie des Mesoderms. in: Morphol. Jahrbuch. Bd. XV. 1889. 27 a) Fortsetzung. Ibidem. Bd. XIX. 1893. 28) — Uber die Metamerie des Wirbelthierkopfes. in: Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft in Wien. 1892. 29) W. B. Ransom and D’Arcy W. THompson, On the Spinal and Visceral Nerves of Cyclostomata. in: Zool. Anzeiger. Bd. IX. 1886. 30) A. SCHNEIDER, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungs- geschichte der Wirbelthicre. 1879. (N.B. Das von RoHpE herausgegebene posthumes Fragment, ScHNEIDER’s zool. Beiträge, II, 1890, stand mir nicht zur Verfügung.) 31) G. SCHWALBE, Das Ganglion oculomotorii. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie der Kopfnerven. in: Jenaische Zeitschrift für Naturwissen- schaft. Bd. XIII. 1871. 32) B. TırsınG, Ein Beitrag zur Kenntnis der Augen-, Kiefer- und Kiemen- muskulatur der Haie und Rochen. in: Jenaische Zeitschrift für Natur- wissenschaft. Bd. XXX. 1895. 33) B. VETTER, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefermuskulatur der Fische. in: Jenaische Zeitschrift für Naturwissen- schaft. Bd. VIII. 1874. 34) R. WIEDERSHEIM, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 3. Aufl. 1893. 35) J. W. van Wisner, Über die Mesodermsegmente und die Entwicklung der Nerven des Selachierkopfes. in: Verhandelingen der koninkl. Akademie van Wetenschappen te Amsterdam. T. XXII. 1883. 36) —— Uber die Entwicklung des Exkretionssystems und anderer Organe bei Selachiern. in: Anat. Anzeiger. Bd. III. 1888. 37) —— Uber die Mesodermsegmente des Rumpfes und die Entwicklung des Exkretionssystems bei Selachiern. in: Archiv fiir mikrosk. Anatomie. Bd. XXXIII. 1589. 302 ©. K. Hoffmann 38) J. W. van Wine, Über Amphioxus. in: Anat. Anzeiger. Bd. X. 1892. 39) —— Over de opvatting einer spinale zenuw als complex van twee zelf- standige zenuwen. in: Verslag der gewone vergadering der Wis- en Natuurkunde Afdeeling van de koninkl. Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, gehonden op 2. Jan. 1897. 40) H. E. ZIEGLER, Der Ursprung der mesenchymatischen Gewebe bei den Se- lachiern. in: Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. XXXI. 1887. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII und XIV. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen (ausgenommen Fig. 37). III Nervus oculomotorius, IV Nervus trochlearis, V Nervus trigeminus, VI Nervus abducens, VII,VIII Nervus acustico-facialis, IX Nervus glosso-pharyngeus, X Nervus vagus, a ventrale Wurzel des ersten Oceipitalmyotoms, b ventrale Wurzel des zweiten Occipitalmyotoms, ce ventrale Wurzel des dritten Occipitalmyotoms, d ventrale Wurzel des vierten Occipitalmyotoms, a’, b', c', d die Rami ventrales dieser Wurzeln, a’, b'', ce’, d’ die Rami dorsales dieser Wurzeln, 1., 2., 3. ete. erster, zweiter, dritter Spinalnerv, 1’, 2’, 3’ ete. die Rami ventrales dieser Nerven, 1”, 2", 3" die Rami dorsales dieser Nerven, ab (au) Augenblase, ahe Anterior head cavity von Miss J. PLATT, ao Aorta, au siehe ab, b Bulbus arteriosus, c.b Musculus coraco-branchialis, ch Chorda, chs Chordascheide, chy Musculus coraco-hyoideus, e.m Musculus coraco-mandibularis, e.s.d dorsaler Theil des Musculus constrictor superficialis: VETTER, dw Darmwand, e.k.w Epithel der Kopfdarmwand, epid Epidermis, ge Ganglion ciliare, gh Gehirnhöhle, gl Ganglienleiste (Nervenleiste), g.v Ganglion nervi vagi, g.e.b' Ganglion rami branchialis I nervi vagi, Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Selachii. 303 gw Gehirnwand, g.w.m Gehirnwand des Mittelhirns, g.w.z Gehirnwand des Zwischenhirns, hb Höhle der Bogengänge, Ah Hinterhirn, h.s.m abgeschnürtes Stück des dritten ala otors (z. w. die Beekhireibune) Ika, 2ka, 3ka erste, zweite, dritte etc. Kiemenarterie, 1kb, 2kb erster, zweiter ete. wahrer Kiemenbogen, kd Kopfdarm, kgr eranialer Theil des großen Rumpfmuskels, Iks, 2ks ete. erste, zweite Kiemenspalte, Ikt, 2kt ete. erste, zweite Kiementasche, mh Mittelhirn, ms Musculus subspinalis, m.6.s Myotom des sechsten palingenetischen Somites, m.w Wand des Medullarkanales, nl Fortsetzung der Vaguswurzel in die Nervenleiste, 1.0.m, 2.0.m ete. erstes, zweites etc. Occipitalmyotom, 1.0.m’ 2.0.m' die dorsalen (über dem Vagus gelegenen) Stiicke dieser Myotome, 1.0.m’’, 2.0.m'’ die venitralen (unter dem Vagus gelegenen) Stücke dieser Myotome, 1.0.8, 2.0.5 ete. erstes, zweites etc. Occipitalsomit, ph Perikardialhöhle, : 1.ps, 2.ps etc. erstes, zweites ete. palingenetisches Somit, 2.ps Fortsetzung des zweiten palingenetischen Somites in den Kieferbogen, r.d.v Ramus dorsalis vagi, r.t.v Ramus intestinalis vagi, r.0.p Ramus ophthalmicus profundus, 1.7.8, 2.7.8 erstes, zweites Rumpfsomit, s Sklerotom, s+) Musculus subspinalis + interarcualis I VETTER s. interbasalis FÜRBRINGER, s.ch Subchorda, 1.3.9, 2.8.9 etc. erstes, zweites etc. Spinalganglion, 1.s.m, 2.s.m ete. erstes, zweites etc. Spinal- s. Rumpfmyotom, sp Seitenplatte, uk Urwirbelkante, som Somatopleura, vg Vagusganglion, spl Splanchnopleura, v.gw Vaguswurzel, t.a Truncus arteriosus, vy Vena jugularis, th Thyreoidea, v.l Vagusloch, th N. thalamicus (in den Textfiguren), ».l.s Vagusleiste, thal.-ophth (th.oph) N. thalamo-ophthal- v.o Vena occipitalis, micus, 1.v.w, 2.v.w erste, zweite etc. ventrale trig Trigeminus, Spinalnervenwurzel, trochl N. trochlearis, zw Zwischenhirn. trochl.-trig N. trochleo-trigeminus, Alle Abbildungen von Acanthias vulgaris. Tafel XIII. Fig. 1. Querschnitt durch das vierte palingenetische Somit eines Embryo mit 25—26 Urwirbeln. Vergr. 120/1. Fig. 2. Querschnitt durch das fünfte palingenetische Somit desselben Embryo. Vergr. 125/1. Morpholog. Jahrbuch. 25. 20 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. ©. K. Hoffmann, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Selachii. 3. Querschnitt durch das vierte palingenetische Somit eines Embryo mit 36 Urwirbeln. Vergr. 235/1. 4, Querschnitt durch das fünfte palingenetische Somit desselben Embryo. Vergr. 235/1. 5. Querschnitt durch das sechste palingenetische Somit eines Embryo mit 25—26 Urwirbeln. Vergr. 235/1. 6 und 7. Zwei Querschnitte durch das Myotom des ersten cänogeneti- schen Somites eines Embryo von 10 mm Körperlänge. Vergr. 160/1, xx in Fig. 6, Fortsetzung des Mesoblastgewebes in das des fünften Kiemenbogens. 8. Querschnitt durch das dritte Occipitalmyotom eines Embryo von 121/o mm Körperlänge. Vergr. 160/1. 9, 10. Zwei Längsschnitte durch einen Embryo von 24—25 mm Körper- länge. Vergr. 50/1. . 11—16. Sechs Querschnitte durch einen Embryo von 24—25 mm Körper- länge. Vergr. 120/1. + in Fig. 16, Fortsetzung des M. coraco-arcualis. . 17. Querschnitt durch den hinteren Theil des ersten Occipitalmyotoms eines Embryo von 15 mm Körperlänge. Vergr. 20/1. . 19. Querschnitt durch das zweite Occipitalmyotom eines Embryo von 20 mm Körperlänge. Vergr. 120/1. Tafel XIV. . 18. Längsschnitt durch einen Embryo von 14 mm Körperlänge. Vergr. 65/1. . 20. Längsschnitt durch einen Embryo von 20 mm Körperlänge. Vergr. 50/1. . 21. Querschnitt durch das zweite Occipitalmyotom eines Embryo von 28 mm Körperlänge. Vergr. 65/1. 22, 23, 24. Drei Querschnitte durch einen Embryo von 34—35 mm Körper- linge. Vergr. 25/1. . 25. Längsschnitt durch einen Embryo von 27 mm Körperlänge. Vergr. 50/1. . 26, 27. Zwei Querschnitte durch einen Embryo mit 36 Somiten. Vergr. 360/1. . 28. Querschnitt durch den Ramus intestinalis nervi vagi bei seiner Kreu- zung mit dem Nervenstamm 0 -+c’ +-d’+17+2'+3'+4' (vgl. die Beschreibung eines Embryo von 34—35 mm Körperlänge). Vergr. 235/1. . 29, 30, 31. Drei Querschnitte durch einen Embryo von 120 mm Körper- länge. Vergr. 35/1. 32, 33 und 34. Drei Schnitte aus einer Horizontalschnittserie eines Em- bryo mit 26—27 Somiten. Fig. 32 Vergr. 120/1, Fig. 33 Vergr. 235/1, Fig. 34 Vergr. 90/1. 35. Aus einer Querschnittserie durch Mittelhirn und Zwischenhirn eines Embryo mit 36 Somiten. Vergr. 235/1. 36. Ein ähnlicher Schnitt eines Embryo von 8 mm Körperlänge. Vergr. 235/1. 37. Aus einer Querschnittserie durch Hinterhirn und Mittelhirn eines Em- bryo von 15—16 mm Körperlänge. Vergr. 235/1. In dieser Figur be- deutet g.m.z Hinterhirn, th.-oph Ganglion des Trochlearis. 38. Querschnitt durch das erste Occipitalsomit eines Embryo mit 36 So- miten. Vergr. 235/1. 39. Querschnitt durch das sechste palingenetische Somit desselben Em- bryo. Vergr. 235/1. (+ in Fig. 26, 27, 38 und 39, die hier gelegenen Sklerotomzellen sind fortgelassen.) Tah XM. Morpholog. Jahrb. Ba.XXV. rir a urn ehr ob ; rs F Verlag “Wilhelm Engelmann u p29 Morpholog. Jahrb. Bd X Tat AV Ji9i000 OOOO C0 777 ay | % ——— CCU mm AES uk @ ug Du x» : i dw grim Bun esd 6 epid | 3 1} H ay hh ¥ = ae Skt 2am bm chs pid ch Pay ism hh Asm Verlag v Wilhelm Engelmann m Le Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. Von Louis Bolk. (Aus dem anatomischen Laboratorium zu Amsterdam.) Mit 26 Figuren im Text. In der nachstehenden Abhandlung wünsche ich Einiges mitzu- theilen über das Nervensystem der unteren Extremität einiger Pri- maten, nämlich des Menschen, Gorilla, Orang, Chimpanse und Cerco- pithecus. Professor Russ hat mir in liebenswiirdiger Weise zwei Orangs, zwei Gorillas und Chimpanses zur Verfiigung gestellt, und eben so verdanke ich das fiir diese Untersuchung verwendete Exem- plar von Cercopithecus seiner Giite, wofiir ich ihm an dieser Stelle meinen besten Dank darbringe. Die Verarbeitung des bezeichneten Materials habe ich schon vor etwa drei Jahren begonnen, ich beabsichtigte eine ausgiebige ver- gleichend-anatomische Untersuchung des Nervensystems der unteren Extremität der Primaten anzustellen, welche Absicht ich jedoch in- zwischen aufgegeben habe. Um aber die bereits gewonnenen Re- sultate nicht für die Öffentlichkeit verloren gehen zu lassen, habe ich dieselben kurz zusammengefasst. Voran gehe Einiges über den Plexus lumbo-sacralis der ge- nannten Primaten, sodann wird die Anatomie des Hautnervensystems Gegenstand der Besprechung sein. Morpholog. Jahrbuch. 25. 21 306 Louis Bolk Il. Plexus lumbo-sacralis. Die jetzt wohl allgemein anerkannte Auffassung der genetischen Bedeutung des Plexus führt bei dessen Besprechung nothwendig zur Frage, aus welchen Spinalnerven ist der Plexus und jeder seiner Theile zusammengesetzt? Die Antwort auf diese Frage ist nicht nur die bloße Konstatirung eines anatomischen Faktums, die Mor- phologie knüpft an die erwiesene Thatsache eine ganze Reihe von Deduktionen bezüglich der Bildungsgeschichte der Extremität und ihrer gesonderten anatomischen Komponenten. Es schließt eine solche Antwort ganz besonders den Nachweis in sich, aus welchen und wie vielen Segmenten die Extremität sich bildete, und aus welchen Seg- menten eine jede Muskelgruppe sich differenzirte. Eine variirende Lagerung des Plexus ist die Folge einer Differenz in der metameren Anlage der Extremität. Diese Variation in der Anlage der Extre- mität ist aber keine in sich abgeschlossene Erscheinung, sie ist viel- mehr ein Symptom des allgemeineren Processes der Rumpfverkürzung. — Dieser Process hat ebenfalls einen abändernden Einfluss auf das distale Gebiet der Rumpfwand, und sekundär wirken jene peripheren Abänderungen zurück auf die dieses Gebiet innervirenden Nerven, d. h. auf den proximalen Theil des Plexus lumbalis. Wird das Nervensystem aber nur sekundär in Mitleidenschaft gezogen, dann hebt dessen passives Verhalten, diesen Einflüssen gegenüber, die Bedeutung der Nerven für uns auf eine höhere morphologische Stufe, gerade um die primären Abänderungen in der Rumpfwand kennen zu lernen. Die Lagerung des ganzen Plexus und die Zusammen- setzung des mehr proximalen Theiles desselben erkennen wir als die Folge zweier Ursachen: eine mehr proximale Lagerung des Plexus, in so weit derselbe sich an der Extremität verästelt, ist die Folge einer mehr proximalen metameren Anlage der Extremität, die vari- irende Zusammensetzung des proximalen Theiles, in so fern sich dessen Nerven im distalen Abschnitte der Rumpfwand vorfindet, ist die direkte Folge der Verkürzung der Rumpfwand. Die Plexus- variationen führen desshalb zur Frage, was ist davon dem Einfluss der Rumpfverkürzung zuzuschreiben, und was der Verschiebung der Extremität. Als morphologische Erscheinung sind beide Vorgänge aufs innigste mit einander verbunden, aber ihre Rückwirkung auf die Anatomie des Plexus ist eine verschiedene. Während die Ver- schiebung der Extremität in proximaler Richtung, ganz besonders die spinale Zusammensetzung der aus dem Plexus sich bildenden Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 307 großen Nervenstiimme verändert, und den Verlauf derselben, ihre periphere Verästelung, unbeeinflusst lässt, hat die Verkürzung der Rumpfwand ausgiebige Abänderungen im Verlauf der peripheren Nerven zur Folge, worin nur nach Untersuchung vieler Individuen das Gesetzmäßige zu erkennen ist. — In allen Fällen, in denen, wie bei den Primaten, der Plexus lumbalis nicht nur die Extremität, sondern daneben auch den distalen Theil der Rumpfwand innervirt, bildet desshalb für die Vergleichung einer mehr proximalen oder distalen Anlage der Extremität die erste Plexuswurzel einen unrich- tigen Maßstab, man muss dazu vielmehr die Zweige wählen, welche, als meist proximale Wurzel, entweder mit motorischen oder mit sen- siblen Fasern in Beziehung zur Extremität getreten ist. Dem ist in der folgenden Tabelle Rechnung getragen, welche die variirende Lagerung des Plexus als Folge einer wechselnden metameren Anlage der Extremität übersichtlich darzustellen bezweckt. Ich habe darin die untersuchten Exemplare jeder Species mit den Ziffern 1 und 2 angedeutet, wobei 1 sich immer auf jenes Exemplar bezieht, das einen mehr progressiven Zustand aufweist. Es ist auch die regionale Zusammensetzung des thoraco-lumbalen Abschnittes der Wirbelsäule hinzugefügt, und der Vollständigkeit halber die Angabe von EIsLEr für den Gorilla, von WESTLING für den Orang, und von CHAMPNEYS für den Chimpanse. Wirbelzahl des | | thorac. und Iumb. | Innervation der Extremität aus (thoraco-) | Wurzelzahl |! ————_—_——__ | Theiles der Wirbel- | lumbo-sacralen Spinalnerven | säule | Orang 1 (Fig. 2). 12 +4 | | 12, 13. 14.15.16. J 17. 18. | 7. - 2 (Fig. 3). (124-4) ¢ 16.| _ 13.14.15. 16.17. ‚18. | 6. - WESTLING. | 12 + 4) | 13.14. 15. 16. tees. | 6. Gorilla 1 (Fig. 1). 1343) 16. | 13.14.15.16. 17. 18. 19. | 7 Mn, Ps este. | 14.15.16. 17. 18.19.20. | 7. - EISLER. | (13 +4) 17. 14.15.16. 17.118. 19. || 6. Chimpanse 1 (Fig. 4). | (13-+4) 17. 13.14.15.16. 17.118: 19. 7 9 (Fig. 5). | 43 44) 17. 14.15.16. 17.18. 19. 6. - CHAMPNEYS. | 2 13.14.1516. 17. 18.19. | 7 Durch das Unterstreichen der Spinalnervenzahlen sind die prä- sacralen Wurzeln des Plexus sacralis angedeutet, worauf ich fiir die Angabe von WESTLING und CHAMPNEYS habe verzichten müssen. Diese tabellarische Anordnung zeigt uns, dass die Anzahl der 21* 308 Louis Bolk Segmente, welche an dem Aufbau der hinteren Extremität der An- thropoiden betheiligt ist, zwischen sechs und sieben abwechselt und dass für jede Species diese Schwankung sich ergeben hat. Es ist sofort eine Eigenthümlichkeit auffallend, wodurch der Mensch sich von den Anthropoiden unterscheidet, nämlich die größere Konstanz in der regionalen Zusammensetzung der Wirbelsäule und in der me- tameren Anlage der Extremität beim Menschen den Anthropoiden gegenüber. Wohl giebt es individuelle Variationen auch beim Men- schen, aber es wird nicht leicht vorkommen, dass man bei drei will- kürlich gewählten menschlichen Individuen irgend welche intensive Schwankungen findet, wie es z. B. bei den bezeichneten drei Gorillas der Fall ist. Nicht ein einziges Exemplar einer Species stimmt in Allem mit seinem Genossen überein, es variirt entweder die regionale Zusammensetzung der Wirbelsäule, oder die Wurzelzahl des ganzen Plexus, oder der präsacrale Theil des Plexus sacralis. Der Befund bei dieser geringen Anzahl von Anthropoiden zeigt Variationen, welche beim Menschen nur nach Verarbeitung einer sehr großen Anzahl In- dividuen sich nachweisen lassen würden. Und dass es sich hier um kein Spiel des Zufalls handelt, geht aus der Tabelle hervor, welche ROSENBERG in seiner bekannten Arbeit über die Entwicklung der Wirbelsäule gegeben hat, und woraus die Häufigkeit der Variationen in der regionalen Zusammensetzung der Wirbelsäule bei den Anthro- poiden stark ins Auge fällt. Man empfängt den Eindruck, als be- fände sich der Mensch mit Bezug auf die metamere Anlage seiner unteren Extremitäten und der Verkürzung seines Rumpfes in einem weniger labilen Zustand als die Anthropoiden. Es zeigte Orang 1 den meist progressiven Zustand, da bei die- sem Exemplar schon der 12. thorakale Spinalnerv der Extremität Faseın zuschickt, und zwar der Bahn des N. cut. fem. ext. entlang. Hinsichtlich der proximalen Wanderung der Extremität erreichte also der Orang schon ein progressives Stadium, das bisher beim Menschen noch niemals konstatirt wurde. In seinen werthvollen Untersuchun- gen über die Variationen des Plexus lumbo-sacralis beim Menschen hat E1sLER unter seinen mehr als hundert untersuchten Fällen nicht einen einzigen gefunden, bei dem der 12. thorakale Spinalnerv Ele- mente in den N. cut. fem. ext. übergehen lässt. Auch ich habe unter den vielen Plexus, welche ich untersucht habe, niemals etwas Derartiges gefunden. Es ist beim Menschen entweder der 13. oder 14. thoraco-lumbale Spinalnerv, der die meist proximale Wurzel für diesen Hautnerv liefert. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 309 Das zweite Exemplar des Orang war mehr primitiver Natur, da es der 13. thoraco-lumbale Spinalnerv war, der als meist proximaler in Beziehung zur Extremität getreten war. Es schließt sich hierin Orang 2 eben so wie der Orang von WEsTLING unmittelbar an Chim- panse, Gorilla und Homo an in dem Sinne, dass ein N. cut. fem. lat. mit einer proximalen Wurzel aus dem 13. thoraco-lumbalen Spinal- nervy für den Orang einen primitiven Zustand darstellt, fiir die übri- gen genannten Species einen progressiven. Dieses Verhalten ist uns ein Beweis, dass mit Bezug auf die proximale Wanderung der hin- teren Extremität der Orang schon größere Fortschritte gemacht hat als der Mensch und die übrigen Anthropoiden. Am primitivsten er- weisen sich die Hylobatiden, bei welchen die erste Wurzel des N. cut. fem. lat. nach den Untersuchungen von RuGE und KOHLBRÜGGE aus dem 14. oder 15. thoraco-lumbalen Spinalnerven stammt. Ist es auch leicht, mit Bezug auf die Verschiebung der Extremitäten den Orang an die Spitze zu stellen und den Hylobates als die meist primitive Form zu erkennen, schwieriger ist es, die Reihenfolge von Homo, Gorilla und Chimpanse zwischen diesen beiden Extremen an- zugeben. Die gegebene Tabelle verzeichnet für den Chimpanse als erstes Segment, das an dem Aufbau der Extremität betheiligt ist, das 13. oder 14., dasselbe ist aber eben so der Fall für Homo und Gorilla. Wie aus den Untersuchungen von EISLER hervorgeht, welche ich vollkommen bestätigen kann, kommt es fast eben so häufig vor, dass beim Menschen das 13. wie das 14. Segment das erste ist, wel- ches zum Aufbau der Extremität beiträgt; welcher Zustand bei Go- rilla oder Chimpanse überwiegend ist, muss wegen der geringen Zahl der Untersuchungen, welche uns bis jetzt zu Gebote stehen, dahingestellt bleiben. Die Totalsumme der Spinalnerven, welche die Extremität inner- viren, d. h. die Anzahl der Segmente, woraus die Extremität sich bildete, wechselt zwischen 6 und 7. Es stimmen darin die Anthro- poiden mit dem Menschen überein, wiewohl die Gesammtzahl der Wurzeln des Plexus lumbo-sacralis durch Zusatz von jenen, welche den distalen Theil der Rumpfwand innerviren, beim Menschen variirt zwischen 7 und 8. Es ist auf einen Unterschied in der Lagerung des Plexus hin- sichtlich der Regionen der Wirbelsäule beim Menschen und den An- thropoiden hinzuweisen. Der erste Spinalnerv, welcher an der Bil- dung des N. cut. fem. ext. betheiligt ist, ist bei den Anthropoiden entweder der letzte thorakale Spinalnerv oder der erste Lumbalnerv, 310 Louis Bolk dagegen beim Menschen entweder der erste oder der zweite Lum- balnerv. Mit Ausnahme von Gorilla 1 war es, wie dies gewöhnlich der Fall ist, der vorletzte Lumbalnerv, welcher den N. furcalis entstehen ließ; bei dem erwähnten Gorilla war es der letzte Lumbalnerv. Dieser Fall beweist aufs Neue, dass eine Deutung des N. furcalis, wie sie von IHERING seiner Zeit gegeben wurde, unrichtig ist. Es haben RuGE in mehreren Arbeiten, EISLER in seiner Arbeit über den Plexus lumbo-sacralis, und der Autor in einer seiner früheren Abhandlungen schon auf die Unhaltbarkeit dieser Auffassung hingewiesen, da die ermittelten Thatsachen mit derselben in Widerspruch stehen. Auch Gorilla 1 zeigt, dass die Grenze zwischen dem pro-diazonalen und dem metazonalen Theil des Plexus intersegmental variiren kann, was nach [HERING nicht der Fall sein könnte. Mit Ausnahme von Orang | sind jetzt für Anthropoiden wie für den Menschen Fälle konstatirt, bei denen der N. furcalis nicht durch den vorletzten, sondern durch den letzten Lumbalnerv gebildet ist, d. h. dass der Plexus sacralis nur eine einzige präsacrale Wurzel besaß. Für den Menschen ist dies von EISLER in seiner bereits citirten Arbeit über den Plexus lumbo-sacralis nachgewiesen; für Hylobates durch RusE (Anatomi- sches über den Rumpf der Hylobatiden, Fig. 24); für den Chimpanse folgt es aus einer von HEPBURN gegebenen Tabelle, und für den Gorilla liefert mein Exemplar 1 den Beweis. Wenden wir uns jetzt speciell dem proximalen Theil des Plexus lumbalis zu. Die einfachsten Verhältnisse fanden sich bei Gorilla 1 (Fig. 1). Der letzte thorakale Spinalnerv — der 13. — spaltet sich unmittelbar nach seinem Austreten aus dem Foramen intervertebrale in einen proximalen und einen distalen Ast. Der erstgenannte theilt sich bald zwischen der Fascia transversa und dem M. transversus abdominis in einen R. lateralis und einen R. ventralis. Der R. lateralis durchsetzt die Bauchmuskeln und kommt über die Spina iliaca an- terior superior an die Oberfläche, um sich über dem Ileum zu ver- ästeln. Der R. ventralis innervirt die Bauchmuskeln und spaltet sich in zwei gleich starke Äste (Fig. 9). Der proximale senkt sich zwi- schen dem M. transversus abdominis und M. obliquus internus ein und verläuft bis zum lateralen Rande des M. rectus abdominis zwischen diesen Muskeln, durchsetzt sodann die Aponeurose derselben und verästelt sich in der Haut oberhalb der Symphysis, indem er ganz auf das Gebiet des Rumpfes beschränkt bleibt. Der distale Ast nimmt einen mit dem Ligamentum inguinale konvergirenden Verlauf, Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 311 verlässt die Bauchhöhle unter dem genannten Ligament, um sich seitlich von den — weiblichen — Genitalien zu verästeln. Der zweite — schwächere — Ast des 13. Spinalnerven giebt einen Nery für den M. psoas ab und tritt mit allen seinen Ele- Fig. 1. menten in die Bahn des Han Se RR N. eut. fem. lat. Wie — 7 aus Fig. 9 und 19 er- ee 2 sichtlich, verlassen diese = Elemente den genannten Hautnerv, sobald der- selbe die Extremität er- Ps. reicht hat, in zwei Rich- tungen. Ein Theil der- ~~ @. Rperfant. selben verläuft unter Überkreuzung des N. femoralis medianwärts zur Regio inguinalis (Fig. 9), die übrigen ver- ästeln sich lateral am Oberschenkel in der \ Richtung des Trochan- Glut.sup. ter major (Fig.19). Der Bezirk dieser Elemente schließt sich unmittel- Gr bar an jenen des Ramus TED. iliacus des 13. Spinal- nerven an. Bei Gorilla 1 steht Cut. tem. post. also der 13. Spinalnerv Der Plexus lumbo-sacralis von Gorilla 1. in Beziehung sowohl zum Rumpfe als zur Extremität, ist desshalb Grenznerv (Ruck). Während er aber der Extremität nur sensible Fasern zusendet (wenn wir die Psoasinnervation außer Acht lassen), enthält er für den Rumpf sowohl motorische als sensible Fasern. Es hat der 13. Spinalnerv bei diesem Gorilla, neben mancherlei Änderung gegenüber dem gewöhnlichen Spinaltypus, doch auch noch Manches erhalten als letzte Merkmale eines Typus, den der Nerv einst in vollem Umfang besessen haben muss. Die Verkürzung des Rumpfes hat bei diesem Exemplar nur einen Theil der Fasern des "WUNAIDS x \ Glut. int. Flexores erurts. 312 Louis Bolk 13. Spinalnerven unter ihren direkten Einfluss zu ziehen vermocht, ein anderer Theil war diesem Einfluss noch nicht unterworfen, und konnte seine ursprüngliche typische Verästelungsweise beibehalten. Das war der Fall mit jenen Fasern, welche ihr peripheres Gebiet auf dem Rumpfe behalten haben. Ganz in der Art eines typischen Spinalnerven erkennen wir daran einen die Rumpfwand durchbohren- den Ramus lateralis und Ramus anterior. Dass dieser Verzweigungs- modus sich noch ausgebildet hat, rührt daher, dass das Myotom des 13. Segmentes noch an dem Aufbau der Rumpfwand betheiligt war. Die diesen Rumpftheil des 13. Myotoms innervirenden motorischen Fasern und die denselben perforirenden sensiblen Fasern erlangten desswegen den gewöhnlichen spinalen Verästelungstypus, weil dieser Theil sich ganz in der Art eines Rumpfmyotoms differenzirte. Es ist das Myotom aber in Folge der Rumpfverkürzung in seinem di- stalen Theil einer Reduktion unterlegen, und in Folge dessen bekam ein Theil der sensiblen Fasern einen ganz freien Verlauf, indem er an keiner Stelle seiner Bahn von den Elementen des Myotoms fixirt war. Das sind jene Fasern, welche unmittelbar unter dem Ligamen- tum inguinale — d.h. am distalen Rande des nicht reducirten Ab- schnittes des 13. Myotoms — zum Vorschein kommen, und auch an diesen ist der ursprüngliche Typus unschwer zu erkennen. Es wie- derholen sich ja in den Elementen, welche längs der Bahn des N. cut. fem. lat., und in jenen, welche medial selbständig unter dem Ligamentum inguinale an die Oberfläche treten, die Typen eines R. cut. lat. und R. cut. ant. eines Spinalnerven — und das Bild wird für den erstgenannten Ast noch vollständiger, wenn wir in Betracht ziehen, dass ein Theil dieser Elemente lateralwärts, ein anderer Theil medianwärts sich ausbreitet, was an die typische Verästelungs- weise des R. lateralis eines Rumpfnerven erinnert. Die Geschichte des Grenznerven bei Gorilla 1 liegt durch ihre ganz einfachen Verhältnisse klar zu Tage. Es ist das letzte Rumpf- myotom theilweise reducirt. Nur ein Theil der sensiblen Fasern blieb dadurch unter dem bahnbestimmenden Einfluss des zur Diffe- renzirung kommenden Myotomabschnittes, und gewann unter dessen Einfluss die typische Spinalnervenverästelung — die übrigen Fasern erlangten durch die Reduktion einen nicht von Muskelfasern fixirten Verlauf. Das primitive Verhalten zeigen dieselben aber noch in so weit, dass sie unmittelbar an dem distalen Rande des Rumpfes an die Oberfläche kommen, dass sie das von ihnen neu erworbene Ex- tremitätengebiet an zwei Stellen betreten, welche mit den Perfora- Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 313 tionsstellen der Spinaläste am Rumpfe in einer Flucht liegen, und dass sie sich an der Extremität verzweigen, wie ein Spinalnerv an der Haut des Rumpfes. Der Orang 1 zeigte einen Zustand, der in mehrfacher Hinsicht mit jenem bei Gorilla 1 übereinstimmte. Auch bei diesem Exemplar war der letzte thorakale Spi- nalnerv der Grenznerv mit dem Unterschiede, dass Orang 1 nur zwölf thorakale Spinal- nerven besaß und Gorilla 1 dreizehn (Fig. 2). Auch hier spaltete sich der Nery un- mittelbar nach seinem Aus- treten aus dem Foramen inter- vertebrale in einen distalen, schwächeren Ast, der sich mit dem N. cut. fem. lat. verband, und in einen proxi- malen, der aber im Gegen- satz zu Gorilla ganz auf den Rumpf beschränkt war. Die- ser Ast innervirte die Bauch- muskeln und spaltete sich in zwei Zweige, wovon der eine zum M. reetus abdominis ver- lief, diesen Muskel innervirte und feine Zweige zur Haut oberhalb der Symphysis schickte, während der andere Zweig unter Perforation der Bauchmuskeln die Haut oberhalb des Ligamentum inguinale innervirte (Fig. 10). Die Wurzel, welche diesen Spinalnery dem N. cut. fem. lat. lieferte, fand ihr Endgebiet an dem proximalen Abschnitte der Haut des Oberschenkels, und zwar auf die Weise wie beim Gorilla mit- tels eines in medialer Richtung zur Regio inguinalis verlaufenden Zweiges (Fig. 10) und eines lateralwärts, fächerförmig sich über die R. iliaca ausbreitenden Astes (Fig. 23). Abgesehen davon, dass bei Orang 1 der Grenznerv von einem mehr proximalen Spinalnerven gegeben ist als bei Gorilla 1, giebt es trotz mancher Übereinstimmung in der Verästelungsweise und der re Fig. 2. "WUNADIDS! Tib. Cut.f post Plexus lumbo-sacralis von Orang 1. 314 Louis Bolk Relation dieses Nerven zum Plexus lumbalis doch auch weitere Diffe- renzen. Es wird nämlich ein R. iliacus vermisst. Sahen wir bei Gorilla 1 den R. lateralis des spinalen Grenznerven theilweise selb- ständig als einen R. iliacus die Rumpfwand durchbohren, theilweise der Bahn des N. cut. fem. lat. sich anschließen, bei Orang 1 finden wir alle Elemente des R. lateralis dem genannten Hautnerven an- geschlossen. Den Assimilationsprocess, der sich bei Gorilla 1 an- bahnte, finden wir bei Orang 1 vollendet. Hand in Hand damit sehen wir das ganze Hautgebiet dieses Nerven bei Orang 1 etwas distalwärts verschoben. Der Grenznerv, welcher beim Gorilla noch ganz die Haut über dem Ileum innervirt, theilt beim Orang dieses Gebiet mit seinem proximalen Genossen, der, sobald bei weiterer Rumpfverkürzung auch die ventralen Elemente des jetzigen Grenz- nerven ganz der Extremität einverleibt sind, diese morphologische Stellung übernimmt. Es reihen sich Orang 1 und Gorilla 1 als zwei Phasen im Assimilationsprocesse des Grenznerven zu einem voll- ständigen Extremitätennerven unmittelbar an einander an. Aus dem Umstand, dass beim Orang keine Elemente des R. lateralis vom Grenznerven, von Muskelelementen des Grenzmyotoms mehr fixirt sind, dürfen wir schließen, dass individuell dieses Myo- tom beim Orang schon größerer Reduktion unterworfen war als beim Gorilla. Den Plexus lumbo-sacralis von Orang 2 findet man in Fig. 3 wiedergegeben. Weder in dieser Skizze noch in Fig. 2 findet man den hoch specialisirten Zustand wieder, welcher von WESTLING bei dem von ihr untersuchten Orang beschrieben ist; es gab nämlich bei meinen beiden Orangexemplaren, eben so wenig wie bei Gorilla 1, gesonderte Nervenbahnen, welchen man den Namen Spermaticus ex- ternus oder Lumbo-inguinalis beilegen konnte. Auch diese varliren- den Verhältnisse zeigen aufs Neue, wie viel schwankender die Zu- stände bei den Anthropoiden noch gegenüber jenen beim Menschen sind: Denn wie außerordentlich zahlreich die individuellen Variationen dieses Abschnittes des Plexus lumbalis beim Menschen auch sein mögen, niemals vermisste ich bei den vielen menschlichen Individuen, welche ich untersucht habe, einen Nerv oder mehrere Nerven, welche nach Perforation derselben, dem M. psoas entlang, durch die Bauch- höhle verliefen; und auch bei EısLEr suchte ich vergebens eine der- artige Angabe. Das anatomische Äußere kann beim Menschen sehr wechseln, der anatomische Begriff »Nervus genito-femoralis« ist im- mer in einer oder mehreren Nervenbahnen verkörpert. Bei den An- Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 315 thropoiden ist dies nicht der Fall. Die Entstehung dieser selbstän- digen Nervenbahn ist nicht eine direkte Folge der Verkürzung des Rumpfes, denn ob beim Menschen der Rumpf um ein Segment länger oder kürzer ist, der Nerv ist in irgend einer Form da, während beim Orang mit kürzerem Rumpfe als beim Menschen, der Nerv ab- wesend sein kann. Die Entstehungsursache dieses Nerventractus müssen wir eher suchen in dem Erwerben des aufrechten Ganges beim Menschen, viel- leicht unter Mitwir- kung des Umstandes, a dass sich beim Men- schen ein Hiat ausbil- TG det in der Muskulatur zwischen Rumpf und 1h Extremität. Esschließt sich ja, wie RuGE ge- 95 zeigt hat, die segmen- tale Anlage der Extre- mitätenmuskulatur bei Anthropoiden oftmals unmittelbar an die Mus- kulaturder Rumpfwand distal an, während sich beim Menschen eine Unterbrechung zwi- 79 — 4 schen beider findet, inf: durch eine Reduktion von metamerem Mus- Pad. kelmaterial, die, wie Tcb. ich gefunden habe, an Cut.fpost. Per, Fuad.rem. der ventralen Median- Plexus lumbo-sacralis von Orang 2. linie die Breite eines ganzen Segmentes betragen kann. Durch eine solche Reduktion von Muskelmaterial bekommen desshalb die sensiblen Elemente des zu- gehörigen Spinalnerven eine freiere Bahn, sie haben auf ihrem Ver- lauf vom Foramen intervertebrale zur Haut keine Muskulatur zu durchsetzen, wie dies bei den typischen Spinalnerven der Fall ist, sie haben ihre Fixationspunkte in der Muskulatur verloren, und in Folge dessen können sie direkt den mechanischen Einflüssen folgen, welche das von ihnen innervirte periphere Gebiet, insbesondere durch N N | ST. Pir N Ferm. 78 = obE. 52/2072] Ds . N Ge. SUD. obE.int. 316 Louis Bolk die definitive Stellungnahme der Extremitäten, auf sie ausübt; sie ziehen jetzt in Wirklichkeit auf kürzestem Wege nach ihrem Haut- gebiet. Wiewohl nicht bei beiden Exemplaren in gleichem Maße, zeigte der Chimpanse eine größere Specialisirung der Nervenbahnen, und besonders belehren uns die beiden untersuchten Exemplare, dass, je größer die Entfernung von der proximalen Wurzel des N. cut. fem. lat. vom N. subeostalis ist, desto specialisirter die Ner- Dur venbahnen sind, welche aus =; En, dem Plexusabschnitte zwi- Ie = N schen diesen beiden Nerven N N SS \ entstehen, um beim Men- en = , schen, wo diese Zwischenzone Ps N Nu =\ \@, — wie gesagt — am breite- J sten ist, ihren Kulminations- >, punkt zu erreichen. Zwischen den einfachen Verhältnissen, NR welche wir bei Orang und ae 3 Gorilla gefunden haben, und Nese obt. dem so komplicirten Zustande N Glut. sup. beim Menschen, liefern die TI te 3 Fig. 4. Pip: beiden Chimpanse werthvolle "WNADIDS Übergangsstadien. \ Es spaltete sich bei Pud Chimpanse 1 (Fig. 4) der Pox letzte Thorakalnerv — der 13. Tub. — gleichzeitig in drei Aste, N einen schwächeren distalen, GR der, als ganz sensibel, zum i N. cut. fem. lat. zog, und zwei proximale. Der meist distal gelagerte dieser zwei durch- setzte die Bauchmuskeln und verästelte sich in der Haut der Regio iliaca (Fig. 15). Dieser Nerv hat jedoch vorher einen Zweig abge- spaltet, der zwischen dem M. obliquus abdominis internus und ex- ternus in Verbindung trat mit einem Ast, welcher vom proximalen Ner- ven herrührte. Der auf diese Weise gebildete Nerv durchsetzte den M. obliquus abdominis externus und verästelte sich neben den äußeren Genitalien und über dem Ursprung der Abductoren (Fig. 7). Der GL. Der Plexus lumbo-sacralis von Chimpanse 1. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 317 meist proximal gelagerte Ast verzweigte sich an den drei Bauch- muskeln und an der Haut oberhalb der Symphyse mittels eines R. perforans anterior. Die sensiblen Elemente dieses Spinalnerven, welche sich dem N. cut. fem. lat. angeschlossen hatten, wurden von demselben wieder abgegeben in einen medialwärts und einen lateralwärts verlaufenden Ast. Der mediale spaltete sich schon im Abdomen vom Hauptstamme ab, verlief eine Strecke weit dem Lig. inguinale entlang, überkreuzte gerade unter diesem Li- gament die Gefäße, um sich in die Regio ingui- nalis zu verbreiten. Der laterale innervirt einen kleinen Bezirk der Haut des Oberschenkels auf der Grenze zwischen Ex- tremität und Rumpf. Es war desshalb der 13. tho- rakale Spinalnerv bei diesem Exemplar Grenz- nerv. Am meisten speciali- sirt fand ich die Verhält- nisse bei Chimpanse 2 (Fig. 5). Es bleibt hier der letzte thorakale Spi- nalnerv — der 13. — der Bildung des N. eut. fem. lat. fremd. Dieser Spinal- nerv zerfiel unmittelbar außerhalb des Foramen Der Plexus lumbo-sacralis von Chimpanse 2. intervertebrale in zwei Äste. Der proximale dieser beiden zeigte einen Verlauf und eine Verästelungsweise wie ein Rumpfnerv mit einem R. perforans la- teralis und R. perforans anterior. Der distale Ast schmolz auf einige Entfernung vom For. intervertebrale zusammen mit einem Ast des distal folgenden Spinalnerven. Der auf diese Weise zusammen- gesetzte bispinale Nerv zog, nur von der Fascia transversa gedeckt, in der Richtung des Ligamentum inguinale, durchbohrte die Rumpf- wand oberhalb der Mitte desselben und innervirte die Haut der "WNLIDS 318 Louis Bolk distalen Bauchfläche, wie in Fig. 8 angegeben ist. Motorische Fa- sern waren diesem Nerven nicht beigegeben. Der Bahn dieses Ner- ven entlang verliefen also noch Fasern des 14. thoraco -lumbalen Spinalnerven zum Rumpfe, wodurch, im Gegensatz zu Chimpanse 1, bei diesem Exemplar der 14. thoraco-lumbale Spinalnerv die Stelle eines Grenznerven übernommen hatte. Der letztgenannte Spinalnerv zerfiel, außerhalb des genannten Zweiges zum 13. Spinalnerven, fast gleichzeitig in mehrere Äste, Die distalen bildeten Wurzeln für den N. cut. fem. lat., Femoralis und Obturatorius. Bemerkenswerth war der Verlauf und die Ver- ästelungsweise zweier Äste, welche den M. psoas perforirten. Der von diesen beiden medial gelagerte verlief über die Ventralfläche des M. psoas, gab, beim Annulus inguinalis internus angelangt, dem Vas deferens ein feines Astchen mit, und trat selber unter dem Liga- mentum inguinale zur Haut der Area scroti und des anliegenden Gebietes (Fig. 8). Der zweite, mehr lateral gelagerte Ast zog eben- falls über die Ventralfläche des M. psoas hinweg und spaltete sich noch während seines Verlaufes durch das Abdomen in einen schwä- cheren lateralen und einen stärkeren distalwärts ziehenden Ast. Beide kamen unter dem Ligamentum inguinale zur Oberfläche, der laterale um sich in der Richtung des Sartorius und über dessen pro- ximalem Viertel zu verästeln — dabei mit einem Ast des N. cut. fem. lat. sich verbindend — der zweite Hauptzweig um sich medio- distalwärts vom ersteren auszubreiten bis etwa zur Mitte des Ober- schenkels. Die Verästelung des proximalen Abschnittes vom Plexus lum- balis zeigte bei diesem Exemplar in mancher Hinsicht eine merk- wiirdige Übereinstimmung mit den menschlichen Zuständen. Es lässt sich nämlich unschwer in den beiden Nerven, welche den M. psoas durchbohren, die Homologa eines N. spermaticus externus und N. lumbo-inguinalis erkennen. Nicht nur die Übereinstimmung in dem für diesen Nerven so charakteristischen Verlauf rechtfertigt diese Deutung, sondern eben so das von jedem innervirte Hautgebiet. Be- sonders einen eigenthümlichen, von dem N. lumbo-inguinalis in lateraler Richtung abgespalteten Nerv, welcher sich mit dem N. cut. fem. lat. verbindet, habe ich mehrere Male beim Menschen wahrgenommen, und er wird auch von mehreren Seiten in der Litteratur erwähnt (HENLE, RuGE, EısLer). Die beim Menschen erkannten Wechselbe- ziehungen zwischen N. lumbo-inguinalis und N. cut. fem. lat. finden sich bei meinen beiden Chimpanse-Exemplaren bestätigt. In dem Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 319 einen Falle (Fig. 7) sendet der N. cut. fem. lat. einen Ast in medialer Richtung zur Regio inguinalis, im anderen Falle (Fig. 8) sendet der N. lumbo-inguinalis einen Ast in lateraler Richtung zu dem Gebiete, welches normal dem N. cut. fem. lat. zufällt. Nach den Auseinandersetzungen, welche RuGE in seiner ver- gleichend-anatomischen Untersuchung: »Verschiebungen in den End- gebieten der Nerven des Plexus lumbalis der Primaten« gegeben hat, ist die Frage der Veränderungen der peripheren Nervenäste beim Übergang vom Rumpfe auf die Extremität so ausgiebig abgehandelt. dass ich nichts wesentlich Neues dazu beizubringen vermöchte. Neue Gesichtspunkte in dieser Frage eröffnet das von mir untersuchte Ma- terial in dieser Richtung nicht, es vermag nur die von RucE ge- gebene Darstellung in mehreren Punkten zu bestätigen, welche der sich dafür interessirende Leser leicht bei Vergleichung herauszufinden vermag. Il. Das sensible Nervensystem der unteren Extremität. Die gesonderten Hautnerven der Extremitäten sind morpholo- gische Begriffe und nicht anatomische Bildungen von konstantem Werth. Es besteht eine Wechselbeziehung in der Ausbreitungsgröße zweier benachbarter Nerven. Bei dem einen Individuum ragt ein Hautnerv weit hinein in einen Bezirk, der bei einem anderen Indi- viduum durch einen benachbarten Nerven innervirt ist. Es kann dies, wie bekannt, so weit gehen, dass man von Zeit zu Zeit einen sonst stattlich ausgebildeten Hautnerv bei einem In- dividuum vergebens sucht, und das von demselben inhervirte Gebiet von benachbarten Nerven übernommen findet. Ich erinnere z. B. an den Hautast des N. obturatorius, oder verweise nach Fig. 6 und 12, welche einem menschlichen Individuum entnommen sind, bei wel- chem ich einen selbständigen N. cut. fem. lat. ganz vermisste und das von demselben gewöhnlich innervirte Gebiet von den R. iliacus des N. ileo-hypogastricus gemeinschaftlich mit dem N. femoralis über- nommen fand. Dabei an etwaige Degeneration von Nerven zu denken, ist nicht statthaft. Die ganze anatomische Ausbildung des sensiblen Nervensystems ist, nach Ausgang eines primitiven Anlagetypus, die Folge rein mechanischer Einwirkungen. Bisweilen — wie sich später zeigen wird — sind wir im Stande, die mechanische Ursache einer Variation aufzudecken, in den meisten Fällen aber bleibt dieselbe für uns verschleiert, da wir nothwendig, um zum Verständnis zu 320 Louis Bolk kommen, warum eine Nervenbahn in diesem Falle viele Nervenfasern in sich fasst und desshalb einen ausgedehnten Bezirk hat, in einem anderen Falle aber wenig Fasern und also ein eingeschränktes Inner- vationsgebiet besitzt, feststellen müssen, aus welchen Spinalnerven dieser Hautast gebildet ist und welches seine primitiven topographi- schen Verhältnisse zu den metameren Bildungsniveaux der Muskeln waren, welche aus den zugehörigen und anliegenden Segmenten sich differenzirten. Einen Einblick in die Anatomie des Hautnervensystems erlangen wir erst dann, wenn wir uns die Kenntnis der metameren Anlage der Muskeln bei demselben Individuum verschafft haben. Gilt dies schon für den allgemeinen, bei jedem Individuum sich wiederholenden Charakter des sensiblen Nervensystems, so gilt es noch mehr für die individuellen Variationen. Es müssen dazu aber erst die allgemeinen Merkmale von diesem Standpunkte aus eine Beleuchtung empfangen, und erst dann können die Wechselbeziehun- gen in Angriff genommen werden, um dann aber auch, wie es sich voraussehen lässt, gegenseitig viel Entwicklungsmechanisches in der Ausbildung des Muskelsystems aufzudecken. Ich beabsichtige in dieser Arbeit nicht die bei den Anthropoiden gefundenen, und jetzt zu beschreibenden Zustände in dieser Richtung zu bearbeiten, stelle aber diese allgemeine Auffassung an die Spitze dieses Abschnittes, damit es von Anfang an deutlich sei, dass ich in dem schließlichen allgemeinen Baue des Hautnervensystems und in den individuellen Eigenthümlichkeiten etwas nicht von diesem System selbständig Er- worbenes, sondern etwas durch von außen einwirkende Einflüsse nothwendig Erfolgtes, etwas Gezwungenes erblicke. Die wechseln- den Verhiltnisse zwischen den Ausbreitungsgebieten zweier einander benachbarten Hautnerven ist bei den Extremitiiten der Hauptsache nach der wechselnden Höhenanlage der Extremität zuzuschreiben. Zwei Individuen, bei welchen die Extremität genau an derselben intersegmentalen Stelle angelegt wäre, wodurch die Bildungsniveaux aller Muskeln in voller Übereinstimmung der Verhältnisse zu den Intersegmentalgrenzen und den benachbarten Muskelniveaux gelagert wären, und wodurch die Haut an jeder Stelle bei beiden Individuen der mechanischen Tension der sich entwiekelnden Extremität in glei- cher Weise unterworfen sein würde — müssten Hautnervensysteme aufweisen, die wie zwei Spiegelbilder einander ähnlich wären. So- bald jedoch in der Höhenanlage der Extremität ein sei es auch noch so geringer Unterschied auftritt, ist die ganze Sachlage verändert, die topographischen Verhältnisse der sensiblen Fasern zu den Bil- Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 321 dungsniveaux der Muskeln sind andere geworden, die Tensionsver- hältnisse in der Haut an zwei metamer symmetrischen Punkten sind während der Ausbildung der Extremität abgeändert, und dadurch muss nothwendig die Ausbreitung zweier homologer Hautäste und kann der Verlauf zweier metamer ganz homologer Nervenfasern von der Peripherie zur Wirbelsäule beeinflusst werden. Ich werde, um fortwährende Auseinandersetzungen zu vermeiden, die Wechselbeziehungen zwischen benachbarten Hautnerven bezeichnen als »mutuelle Kompensation«. Betrachten wir die Hautnervengebiete beim Menschen, bei den Anthropoiden und bei Cercopitheeus, so fällt es sofort aut, dass diese mutuelle Kompensation nicht zwischen allen einander benachbarten Hautnerven besteht, es giebt im Gegentheil Hautnervengebiete, welche nicht nur individuell, sondern auch bei den verschiedenen Species konstante Grenzlinien aufweisen. Zwischen den Nerven derartiger Gebiete giebt es auch keine makroskopisch sichtbaren Anastomosen von Zweigen. Eine derartige Grenzlinie findet sich an der medialen und eine an der lateralen Seite der Extremität. Dieser Umstand er- möglicht es, an der Extremität bei der Besprechung der Hautnerven zwei Regionen zu unterscheiden, zwischen deren Nerven keine Wechsel- beziehungen bestehen. Bei weiterer Betrachtung fällt es auf, dass sich an dem meist distalen Abschnitt der Extremität eine solche Trennung in zwei Regionen nicht durchführen lässt, zweitens dass je mehr sie sich proximal an der Extremität befinden, diese Grenz- linien desto schärfer sind, und drittens, dass in der einen Region die pro-diazonalen Nerven sich verästeln, in der anderen die meta- zonalen (FÜRBRINGER). Auf Grund des letztgenannten Merkmales werde ich diese Regionen, wie die pro-(dia)zonale und die metazonale, gesondert besprechen. — Cur. Aug. Vorer, der auf Grund der ge- nannten Eigenthümlichkeit sein Liniensystem auf der Oberfläche des menschlichen Körpers entworfen hat, unterscheidet die beiden Re- gionen als »vordere« und »hintere«. Ich ziehe meine Bezeichnung der Voıgr’schen vor, weil letztere vom topographischen Standpunkte ungenau ist, und meine Unterscheidung einem topographisch-anato- mischen Charakter, der jede Region innervirenden Nerven entnom- men ist. An der lateralen Seite ist die Regio prozonalis begrenzt von einer Linie, welche auf dem Trochanter major anfängt, um in ge- radem Verlaufe zum Kniegelenk zu ziehen, bis wo die Sehne des M. biceps die Kniekehle lateral abgrenzt, von da geht die Grenz- Morpholog. Jahrbuch. 25. 23 392 Louis Bolk Pi linie in einem spiralförmigen Verlauf über die Vorderfläche des Unterschenkels hinweg, so, dass sie die Crista tibiae etwa auf ihrer Mitte überkreuzt bis an den Vorderrand des Malleolus internus. Da zwischen dem N. saphenus und den Nerven auf der dorsalen und plantaren Fläche des Fußes eine, sei es auch nicht sehr ausgiebige mutuelle Kompensation besteht, und überdies die Innervation der medialen Seite des Fußes beim Menschen verschieden ist von jener bei den Anthropoiden, ist die Grenze zwischen R. prozonalis und R. metazonalis am Fuße nicht eine konstante, sondern eine individuell variirende. Auch die Grenze an dem distalen Abschnitt des Unter- schenkels ist schon etwas in medio-lateraler Richtung labil. Die mediale Grenze des R. prozonalis fängt ungefähr in der Mitte zwi- schen Malleolus internus und Achillessehne an, verläuft von da in gerader Linie aufwärts über den medialen Bauch des Gastroenemius bis zum medialen Rande der Kniekehle, steigt von da auf in einer Linie, welche ungefähr dem hinteren Rande des M. gracilis entspricht, zu den äußeren Genitalien. Über denselben verläuft die Grenze derart, dass ein vorderer Theil der Area scroti oder dem Scrotum, der Regio prozonalis zufällt, während der Penis ganz der Regio metazonalis einverleibt bleibt, um an der Wurzel des Penis mit der ventralen Medianlinie des Rumpfes zu verschmelzen. Die durch diese zwei Grenzen eingeschlossene R. prozonalis um- fasst desshalb die Ventralfläche des Oberschenkels nebst einem Theil der lateralen und medialen Seite dieses Extremitätenabschnittes, und einen sich abwärts verjüngenden mehr medialen Bezirk des Unter- schenkels. Während die mediale Grenze einen ziemlich geraden Verlauf hat, ist die laterale in ihrer distalen Hälfte spiralförmig. — Die übrige Oberfläche der Extremität ist den metazonalen Nerven tributär. a. Regio prozonalis. Diese Regio ist innervirt von den kurzen Nerven des Plexus lumbalis, dem N. cut. fem. lat., Femoralis und Obturatorius. Die mutuelle Kompensation zwischen den Nerven dieser Regio ist be- sonders am proximalen Theile des Oberschenkels stärker als an irgend einem anderen Abschnitt des Beines. Der N. cut. fem. lat. besitzt an seiner lateralen Seite, wo er gegen die R. metazonalis anstößt, eine konstante Grenzlinie. Die Inkonstanz der Grenzen zwischen zwei benachbarten Nerven rührt daher, dass Fasern, welche bei zwei Individuen an derselben Stelle an die Haut gelangen, sich Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 393 bei dem einen Individuum dieser, bei dem anderen jener Nerven- bahn anschließen. Durch welche Ursache möge dahingestellt bleiben. Etwas Derartiges findet nicht statt zwischen dem N. cut. fem. lat. und dem ihm lateral angrenzenden N. cut. fem. post. Die diesen Nerv aufbauenden Fasern haben keine Wahl, welcher Bahn sie sich anschließen sollen. Niemals gehen dem N. cut. fem. lat. zugehörende Fasern der Bahn des N. cut. fem. post. entlang zu ihren Spinalwur- zeln oder umgekehrt. Wäre solches der Fall, so würde der Plexus mit Recht ein für uns unentwirrbares Geflecht werden. Proximal steht der N. cut. fem. lat. mit dem R. iliacus des letzten Rumpfnerven in mutueller Kompensation, welche aber niemals, so weit mir bekannt, bis zur vollständigen Abwesenheit des letzteren führen kann, es ist immer eine Strecke des R. iliaca vom R. late- ralis eines Rumpfnerven innervirt. Die von HEnLE und Ester konstatirte Thatsache, dass beim Menschen ein Ast des N. lumbo-inguinalis den ganzen proximalen Abschnitt des Gebietes vom N. cut. fem. lat. übernimmt, habe ich bei keinem meiner Anthropoiden finden können, auch nicht bei Cer- copithecus, wohl aber das Gegentheil, dass nämlich von dem N. eut. fem. lat. ein medial verlaufender Ast die Regio inguinalis innervirt. Dieser Ramus medialis des N. cut. fem. lat. ist auch beim Menschen nicht selten, es darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass derselbe von mir bei dreien von den vier darauf untersuchten Anthropoiden gefunden wurde, nämlich bei Chimpanse 1 (Fig. 7), Gorilla 1 (Fig. 9) und Orang 1 (Fig. 10), während auch bei dem für diese Abhandlung verwertheten Cercopithecus der genannte Ast anwesend war. Eine derartige Häufigkeit wie bei den Anthropoiden weist der Ast beim Menschen nicht auf. RuseE fand den Nerv bei Hylobates syndactylis, leuciscus und lar. Mit dem oftmaligen Fehlen eines N. lumbo-in- guinalis als specialisirte Nervenbahn bei Anthropoiden scheint die Häufigkeit im Vorkommen des R. medialis vom N. cut. fem. lat. in alternirendem Verhalten zu stehen, es ist die Individualisirung von Nervenbahnen beim Menschen weiter fortgeschritten. Es bot übrigens der N. cut. fem. lat. in dem Typus seiner Ver- ästelung oder in der Ausbreitung seines Bezirkes bei den unter- suchten Primaten keine wesentlichen Differenzen. Im Allgemeinen war, der Hauptstamm auch bei den Anthropoiden medial gelagert, und wurden die Aste überwiegend in lateraler Richtung abgespaltet. An dieser Stelle möchte ich in Kürze über einen sehr instruktiven Fall einer ganz besonderen, bei einem Menschen wahrgenommenen 22+ 324 Louis Bolk individuellen Variation berichten, die ich der Merkwürdigkeit halber in Fig. 6 und 12 skizzirt habe. Es war nämlich in diesem Falle der N. cut. fem. lat. ganz ab- wesend, während dessen Gebiet theils von dem stark entwickelten R. iliacus des N. ileo- hypogastricus, theils von dem N. femoralis inner- virt wurde. Der Fall ist indessen nicht jenem analog, in welchem der N. cut. fem. lat. eine Strecke weit dem N. femoralis angeschlossen ist, um sich entweder schon im Abdomen oder unter dem Lig. Poupartii von diesem Nerv zu ent- fernen. Denn in einem solchen Fall verläuft der N. cut. fem. lat. doch immer noch über dem M. sartorius, während in meinem Falle die distale Hälfte von dem Haut- bezirk, welcher normal dem N. cut. fem. lat. zufällt, von einem Ast innervirt war, weicher nach Abspaltung vom una Se . Femoralisstamme eine ee NTS ane - > Strecke weit im Canalis Hautnerven an der Medialseite einer menschlichen unteren Ex- tremität mit Variationen. (Fehlen des N. cut. fem. lat. Starke Hunteri, also unter dem Anastomose zwischen N. obturatorius und N. saphenus, so dass M. post. verlief, um nach die meisten Elemente des Kan. dem N. obturatorius ent- Perforation des Sarto- rius unter die Haut zu gelangen. Es handelte sich hier nicht um eine einfache Apposition eines Nervenstammes an einen anderen, sondern um eine wirkliche Fig. 6. 1 Die Zahlen in den Fig. 6 bis 26 bezeichnen die thoraco-lumbo-sacralen Spinalnerven, woraus der Ast Ursprung nahm. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 325 Einverleibung; es war ein legaler Ast des N. femoralis, welcher das Gebiet des N. cut. fem. lat. innervirte. Woher riihrt es nun, dass bei diesem Individuum der N. cut. fem. lat. seine Selbstiindigkeit bis zum völligen Schwund eingebüßt hatte, und die Fasern, welche ihn hiitten zusammensetzen sollen, sich anderen Bahnen angeschlossen hatten? Unsere weitere Betrachtung giebt den Schliissel zu diesem Rithsel. Ruce hat gezeigt, dass der N. cut. fem. lat. auf zwei Wegen zur Peripherie treten kann, erstens unter Perforation der distalen Bauchwand, wie es von ihm bei Hylobates und einem Go- rilla gefunden ist, und zweitens auf die gewöhnliche Weise distal vom Lig. Pouparti, also zwischen dem distalen Rande des Rumpfes und dem proximalen des M. sartorius. Das letztere Verhalten, wie ich es auch sonst immer beim Menschen fand, trifft fiir den vor- liegenden Fall nicht zu. Es durchsetzt der Femoralisast, welcher die Stelle des N. cut. fem. lat. theilweise vertritt, den M. sartorius. während der Nerv, welcher das proximale Gebiet dieses Hautnerven innervirt, die muskulöse Bauchwand oberhalb der Crista iliaca per- forirt. Wenn wir diesen beiden Daten den Befund hinzufügen, dass der proximale Nerv — wie aus Fig. 6 und 12 erhellt — aus dem 13. thoraco-lumbalen Spinalnerven stammte, während der dem N. femoralis angeschlossene Ast nur Elemente des 14. thoraco-lumbalen Spinalnerven führte, so haben wir einen guten Ausgangspunkt, um tiefer in das Wesen dieser Variation einzudringen. In normalem Zustande befindet sich die Stelle, wo embryonal der N. cut. fem. lat. aus der Abdominalhöhle zur Peripherie tritt, zwischen dem Bildungs- niveau der Bauchmuskeln und jenem der Extremitätenmuskulatur, oder, genauer ausgedrückt, da das Bildungsniveau des M. sartorius am meisten proximal von allen Extremitätenmuskeln gelagert ist, zwischen dem distalen Rande des Bildungscentrums der Bauchmus- keln und dem proximalen Rande des Bildungsniveaus des Sartorius. Es kann jedoch die Durchtrittsstelle etwas mehr proximal zu liegen kommen, also noch ins Bildungsniveau der Bauchmuskeln fallen und es verläuft dann der N. cut. fem. lat. nicht unterhalb des Lig. Pou- parti oder inguinale, sondern, wie RuGE es fand, durch die Bauch- muskeln. In dem vorliegenden Falle war die Norm in entgegenge- setzter Riehtung abgeändert, die Durchtrittsstelle war nämlich distal von der normalen Stelle zu Stande gekommen und dadurch in den Bereich des Bildungsniveaus des M. sartorius getreten. Die diesen Muskel bildenden kontraktilen Elemente hielten die durchziehenden Nervenfasern umklammert und bildeten für dieselben einen Fixations- 326 Louis Bolk punkt. Mit der späteren Entwicklung des M. sartorius und der Ex- tremität wurde dieser Fixationspunkt weiter distal auf die Extremität verlegt, aber die Nervenfasern waren an diese Durchtrittsstelle ge- Fig. 7. | / Die Hautnerven an der Medialseite der hinteren Extremität von Chimpanse 1. bunden. Dass die Fasern dem N. femoralis einver- leibt waren, darf nicht Wunder nehmen, wenn man ins Auge fasst, dass eben so die meisten übrigen Fasern des 14. thoraco- lumbalen Spinal- nerven dem N. femoralis ange- schlossen waren, der Nerv ist also in Zusammen- hang mit seinem ursprünglichen metameren Ge- nossen geblieben. Es handelt sich hier also nicht um ein sekundä- res Anliegen des Nerven am Fe- moralisstamme, sondern um das Ausbleiben einer Trennung, welche unter normalen Verhältnissen wohl stattfindet. Das Zusammenbleiben von Nervenelementen aus einem und dem- selben Spinalnerven deutet immer auf einen primitiven Zustand, die Trennung ist sekundär. Es ist der beschriebene Casus ein ausgezeichnetes Beispiel, wie Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 327 sehr die Entwicklung des Muskelsystems die Anatomie des Haut- nervensystems beeinflusst. Die einfachste Ramifikationsweise des N. femoralis findet sich bei dem Cercopithecus (Fig. 11). Es erscheint hier der N. femoralis als ein Hauptstrahl, von welchem die Äste in regelmäßigen Abständen sich wie Nebenstrahlen abspalten. Der Hauptstrahl, welcher nur eine ganz kurze Strecke vom M. sartorius überlagert wird, setzt sich als N. saphenus auf den Unterschenkel fort. Bei einem der- artigen Verhalten lassen sich die in vorderer Richtung über den Oberschenkel ziehenden Äste deutlich unterscheiden von den in hinterer Richtung verlaufenden, es kommt doch dem N. femoralis durch die Stellung der Extremitäten wie durch die seitlich zu- sammengedrückte Form des Oberschenkels nicht so sehr eine ven- trale Lage zu wie beim Menschen und den Anthropoiden, sondern eine zur Achse des Oberschenkels mediale, wodurch die Äste sich in vordere und hintere eintheilen lassen. Die Verästelungsweise des N. femoralis bei den übrigen unter- suchten Primaten ist von jener beim Cercopithecus ganz verschieden. Der Hauptstrahl ist bei diesen Formen als N. saphenus geblieben, aber die von demselben bei Cercopithecus am Oberschenkel regel- mäßig abgegebenen Äste haben ihre Abspaltungsstelle sämmtlich aufwärts auf eine kurze Strecke zusammengedrängt. Dadurch ist die beim Cercopithecus federförmige Verästelungsweise bei diesen Formen zu einer fächerförmigen geworden, wobei der Konvergenz- punkt der Radien noch in die Fossa ileo-pectinea, oder den Anfang des Canalis Hunteri fällt. Es hat sich der Hauptstrahl zugleich eine tiefere Lage erobert und weist nur noch am Unterschenkel die ur- sprüngliche Verästelungsweise auf. Ein derartiges Verhalten findet man — abgesehen von unwesentlichen individuellen Variationen — am deutlichsten beim Menschen ausgeprägt, wo immer der N. sa- phenus, schon hoch im Canalis Hunteri, sich den darin gelagerten Gefäßen als gesonderter Nerv anschmiegt, um erst am Unterschenkel, seltener auch schon auf dem Kniegelenk, sich zu verzweigen. Ver- mittelnde Ubergangsstadien zwischen Mensch und Cercopithecus bieten die Anthropoiden. Bei Gorilla 1 (Fig. 9) wurde schon unter dem Ligamentum in- guinale ein Ast abgespaltet, welcher, in medialer Richtung verlaufend, von Endzweigen des R. medialis vom N. cut. fem. lat. überkreuzt, in drei Endzweige zerfiel, welche iiber den Adduetoren und einem Theile des M. sartorius sich ausbreiteten. Zugleich mit diesem wurde 328 Louis Bolk vom Femoralisstamme ein Ast in lateraler Richtung abgegeben, wel- cher den M. sartorius durchsetzt, um sich parallel mit einem Ast des N. cut. fem. lat. über dem Extensor quadriceps zu verzweigen Fig. 8. Hautnerven an der medialen Seite der hinteren Extremität von Chimpanse a bis zum Kniege- lenke. Ein fol- gender Ast, der etwas tiefer vom Femoralisstam- me abgegeben wird, verästelt sich, nachdem er an dem medialen Rande des Sar- torius zum Vor- schein getreten, über diesen Mus- kel zwischen den beiden vorher be- schriebenen. Die übrigen sensiblen Elemente des N. femoralis verlie- fen im N. saphe- nus weiter, wel- cher Nerv sein Ausbreitungsge- biet bis über die große Zehe fort- setzte. Der Nerv gab folgende zu erwähnende Äste ab. Noch im Ca- nalis Hunteri wurde ein Ast abgegeben, wel- cher sich unter dem Sartorius in zwei Zweige auflöste, ein Theil der Elemente vereinigte sich am Unterschenkel wieder mit dem N. saphenus, ein anderer Theil innervirte die Haut über einem proximalen medialen Abschnitt der Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 329 Wade. In entgegengesetzter Richtung wurde ebenfalls noch im Hunrer’schen Kanal vom N. saphenus ein Ast abgegeben, welcher in der Höhe des Femureondylus um den ventralen Rand des Sar- torius sich umbog und strahlenförmig über dem Kniegelenke und der Crista tibiae sich ausbreitete. Mit ihren Endstrecken kamen die proximalen Zweige noch an die laterale Seite des Unterschenkels (Fig. 15). Die übri- gen Zweige des N. Fig. 9. saphenus innervirten die Haut an der Me- dialseite des Unter- schenkels und des medialen Fußrandes, wo sich eine Anasto- mose fand zwischen Elementen vom N. sa- phenus und N. cut. dorsi pedis internus. Die letzten Verzwei- gungen des Nerven fanden sich auf der Großzehe. Einen Hautast des N. obturatorius gab es nicht. Bei Orang 1 (Fig. 10) spaltet sich vom Femoralisstamme in der Fossa ileo-pecti- nea ein Ast, der unter- halb der Oberschen- kelfascie eine Strecke weit verläuft, um sich Hautnerven an der Medialseite der hinteren Extremität von Gorilla 1- in drei Zweige aufzu- lösen, welche gesondert die genannte Fascie durchsetzen und die Haut über er Adductoren innerviren. Ein wenig mehr distal, im HuxTEr- schen Kanal, zerfällt der N. femoralis in seine Äste, von denen zwei sensibler woe sind, nämlich der N. saphenus und ein Nerv, der sich unterhalb des M. sartorius wiederum in zwei Äste spaltet, welche an gesonderten Stellen den genannten Muskel durchsetzen, um sich 330 Louis Bolk medial von und über demselben auszubreiten. Der N. saphenus zer- fällt in der Höhe des Kniegelenkes in zwei Äste; der hintere, schwä- chere verzweigt sich bis zur Mitte des Unterschenkels, der vordere, stärkere perforirt den distalen Theil des Muskels, giebt bald einen Fig. 10, Verzweigung der Hautnerven an der medialen Seite der unteren Extremität von Orang 1. R. patellaris ab und verästelt sich abwärts an der ganzen medialen Seite des Unterschenkels auf einem beschränkten Gebiet des medialen Fußrandes und auf der dorsalen Fläche der stummelförmigen Großzehe. Auch bei diesem Exemplare gab es keinen Hautast des N. ob- turatorius, im Gegensatz zu dem Befund von WESTLING. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten, 331 Bei Chimpanse 2 zeigte sich eine Eigenthümlichkeit in der Di- stribution der Nerven am Oberschenkel, welche besonders zu ver- zeichnen ist (Fig. 7). Nachdem nämlich der N. femoralis unter dem Ligamentum inguinale einen medianwärts sich verzweigenden Ast abgespaltet hat, welcher sich bis über das Kniegelenk ausbreitet, und einen lateralen, welcher in schräger Bahn unterhalb des M. sartorius verläuft, um sich über den medialen Extensoren zu ver- ästeln, sind alle übrigen sensiblen Elemente, welche der N. femoralis in sich fasste, noch an die Anfangsstrecke des N. saphenus ange- schlossen. Ein Theil dieser Elemente macht sich im Canalis Hunteri von diesem Nervenstamme frei und tritt an dem medialen Rande des M. sartorius zum Vorschein. Es kreuzt danach dieser Ast den erwähnten medianwärts ausstrahlenden Femoralisast, und ist dabei tiefer als letzterer gelagert. Danach zerfällt er in zwei Äste; einer davon wendet sich proximalwärts und schlägt einen in Bezug zu den übrigen Nerven recurrenten Weg ein, die Divergenzwinkel der Zweige schauen proximalwärts, — der zweite zieht nach nochmaliger Kreu- zung des medialen Femoralisastes über den distalen Theil des Sar- torius bis zum Gelenke hinweg. Den eigenthümlichen Verlauf des proximalwärts ziehenden Astes fand ich noch niemals, weder beim Menschen noch bei Anthropoiden. Vergebens bemühte ich mich, die mechanische Ursache dafür aufzufinden, — vielleicht hat während der Entwicklung eine Schlinge der Hautvenen, welche die Nerven- faser umfasste, eine Rolle gespielt. Der N. saphenus spaltet sich an dem medialen Rande des Sartorius in einen mehr dorsal gelager- ten, schwächeren Ast, welcher sich bis zur Mitte des Unterschenkels ausdehnt, während der Hauptnerv selber bis über die dorsale Fläche der Großzehe hinabrückt. Ein Ramus cutaneus des N. obturatorius fehlte auch bei diesem Chimpanse. Bei Chimpanse 2 (Fig. 8) entstehen aus dem Femoralisstamme in kurzer Entfernung von einander zwei in medialer Richtung ver- laufende, schon in der Fossa ileo-pectinea abgespaltete Äste, wovon der distale sich unter der Oberschenkelfascie theilt. Überkreuzt vom N. lumbo-inguinalis, versehen diese Zweige die Haut an der proxi- malen medialen Fläche des Oberschenkels. In lateraler Richtung wird vom Femoralisstamme ein Ast abgegeben, welcher noch eine Strecke weit dem N. saphenus angeschlossen war und am lateralen Rande des Sartorius zum Vorschein tritt, um sich über dem distalen Theile der Extensoren zu verästeln. Bei diesem Exemplar gab es 332 Louis Bolk wohl einen Hautast des N. obturatorius, der sich durch eine beson- dere Verlaufsrichtung auszeichnete. Es war ein ziemlich starker Ast, welcher in den Gefäßkanal des Oberschenkels gelangte, um dort mit einem Ast vom N. saphenus zu anastomosiren. Der auf diese Weise gebildete Nerv verlief mit dem N. saphenus durch den HunTER- schen Kanal, um sich aber bald wieder [in zwei Äste aufzulösen. Jeder derselben führte Fasern vom N. obturatorius und vom N. sa- phenus mit sich. Der eine Ast verschmolz wieder mit dem N. sa- phenus, der andere neigte sich medianwärts und breitete sich fächer- förmig medial vom M. sartorius aus. Eine derartige Anastomose zwischen N. obturatorius und N. saphenus ist von HENLE auch beim Menschen beschrieben (Nervenlehre, pag. 575), und ich selber habe ein schönes Beispiel davon wahrnehmen können, das unten beschrieben wird. Der N. saphenus verästelt sich bei Chimpanse 2 wie bei den übrigen Anthropoiden bis über die Großzehe. Es würde nur eine Wiederholung bekannter Thatsachen sein, wenn ich die verschiedenen Ramifikationsweisen des N. femoralis, welche ich beim Menschen beobachtet habe, beschreiben wollte. Die mutuelle Kompensation dieses Nerven mit den Nn. obturatorius, cut. fem. lat., lumbo-inguinalis sind in der Litteratur hinlänglich bekannt. Nur einen sehr interessanten Fall möchte ich hier mittheilen, da der- selbe von mir in der Litteratur nicht erwähnt gefunden wurde und ich darin einen sehr werthvollen Hinweis erblicke, in welcher Rich- — tung das Hautnervensystem des Unterschenkels sich umzubilden scheint. Bei demselben Präparate, bei dem der N. cut fem. lat. als selb- ständiger Hautast fehlt, schickte der N. obturatorius einen nicht außerordentlich starken Ast nach der Haut (Fig. 6). Ein anderer Ast, welcher wie der normale Hautast aus dem R. anterior des N. obturatorius herstammt, zieht zum Gefäßkanale des Oberschenkels und legt sich darin dem N. saphenus an, ohne dass ein reichlicher Faseraustausch zwischen beiden Nerven stattfände, es war mehr eine einfache Apposition zweier Nerven mittels einer gemeinschaftlichen Bindegewebsscheide. Der solchermaßen zusammengesetzte N. saphe- nus trat unter dem medialen Rande des M. sartorius zum Vorschein und zerfiel bald in zwei Äste. Der eine Ast führte die Femoralis- fasern des N. saphenus mit sich, der andere die Obturatoriusfasern. Die Femoralisfasern breiteten sich proximal an der medialen und ventralen Seite bis zur Mitte des Unterschenkels aus, während der aus dem Obturatorius herrührende Ast den übrigen Abschnitt der Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 333 sonst dem N. saphenus am Unterschenkel und Fuße des Menschen zufallenden Hautregion innervirte. Es ist also in diesem Falle der N. saphenus überwiegend ein Ast des N. obturatorius. HENLE ver- meldet nur, dass von ihm eine Anastomose zwischen dem N. obtu- ratorius und dem N. sa- phenus beobachtet wurde, ohne weitere Angabe, in | welcher Region des Un- | terschenkels die Obtura- toriusfasern sich ver- ästeln. Es war der indivi- duelle Zustand bei dem in Fig. 6 skizzirten Prä- parate ein sehr merk- würdiger: einmal fehlte der N. cut. fem. lat. als selbständiger Hautnerv, und dann fand sich der N. saphenus größtentheils aus dem N. obturatorius gebildet. Ist die Kon- kurrenz dieser beiden Phänomene bei einem In- dividuum ein Spiel des Zufalls, ein unwillkür- liches Zusammentreffen von zwei, in keiner Be- ziehung zu einander ste- henden Abänderungen, oder sind es zwei AuBe- rungen eines gemein- schaftlichen Einflusses ? Hautnerven an der medialen Seite der hinteren Extremität eines Cercopithecus cynomolgus. Das Fehlen des N. cut. fem. lat. versuchten wir auf die Fixation der diesen Nerv zusam- mensetzenden Fasern im M. sartorius zuriickzufiihren; es war nicht eine zufällige Aneinanderlagerung sonst getrennt verlaufender Ner- venelemente, sondern die Ätiologie war eine Abänderung in den Lagerungsverhältnissen zwischen sensiblen Fasern und dem Bildungs- niveau des M. sartorius. Die Ursache dieser Variation war also eine Fig, 11, 334 Louis Bolk tiefer begründete, eine entwicklungsmechanische. Und dass die zweite Variation auch nicht nur als eine zufällige Apposition zu deuten ist, sondern der Ausdruck einer prineipiellen Abänderung in der Ausbildung des Hautnervensystems ist, folgt aus der Erwägung, dass die meisten Fasern, welche in dem variirten Falle das Haut- gebiet des N. saphenus innerviren, jetzt, nicht wie normal, ventral vom Beckengürtel zur Peripherie ziehen, sondern durch das Foramen obturatorium, also durch den Beckengürtel, es war der Hauptnerv für die mediale Seite des Unterschenkels und Fußrandes statt eines metazonalen ein diazonaler geworden. Es muss sofort bemerkt wer- den, dass eine ins Auge fallende variirte Lagerung des Plexus oder abweichende spinale Herkunft des N. saphenus damit nicht verbunden war, man konnte den ganzen Plexus in der Lagerung wie in der Weise, in welcher die Hauptäste aus demselben hervorgingen, als normal bezeichnen. b. Regio metazonalis. In dieser Region verästeln sich die Nn. peronei, tibialis, eut. fem. post., und in der Übergangszone zwischen Rumpf und Extre- mität die Nn. clunii inferiores. Wie in der Regio prozonalis, breiten sich auch in der Regio metazonalis ventral und dorsal aus dem Plexus sich entwiekelnde Nerven aus. Wir werden den Befund bei jedem der untersuchten Primaten für jeden Nerv gesondert angeben, und fangen an mit dem Peroneus. Bei Cercopithecus gab dieser Nerv während seines Durchziehens der Kniekehle zwei Äste ab, welche gesondert die breite Endsehne des M. biceps femoris (bei Cercopithecus kein wahrer M. biceps, da ein kurzer Kopf fehlt) perforiren (Fig. 13). Dieselben verästeln sich am Unterschenkel als ein vorderer und ein hinterer über die End- sehne des Biceps an der Stelle, wo in der Tiefe die Bäuche der Mm. peronei und der laterale Kopf des Gastrocnemius sich finden müssen, sie erreichen etwa die Mitte des Unterschenkels. Nachdem der N. peroneus sich während seines Verlaufes durch die Mm. peronei in seinen oberflächlichen und tiefen Ast getheilt hat, kommt erstgenannter beim Beginn des distalen Drittels vom Unterschenkel durch die Fascie und giebt in zwei Richtungen feinere Ästehen gegen den Malleolus ab (Fig. 14). Auf dem Fußgelenke spaltet er sich in zwei Äste. Der N. cut. dorsi pedis internus inner- virt 1. lat. und 2. med. (das bedeutet: die laterale Seite der ersten Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 335 und die mediale Seite der zweiten Zehe), während der lateralwärts ziehende Ast 3. lat., 4. med., 4. lat. und 5. med. innervirt. Der N. Fig. 12. Fig. 13. autnerven an der lateralen Seite der Extremität des 7 enschlichen Individuums, von welchem in Fig. 6 die Hautnerven an der lateralen Seite der hinteren Extremität von mediale Seite wiedergegeben ist. Cercopithecus cynomolgus. peroneus profundus verzweigt sich an 2. lat. und 3. med. Ansehn- ‚liche Anastomosen zwischen den Hautästen vom oberflächlichen und tiefen Peroneus waren nicht anwesend. 336 Louis Bolk Es bot am Unterschenkel der beiden Chimpanse die Verzweigung des N. peroneus keine großen Verschiedenheiten dar. Lateral von der Kniekehle, in der Höhe des Capitulum fibulae, kam ein Ast des Peroneus an die Oberfläche sowohl bei Chimpanse 1 Fig. 14. (Fig. 15) als bei Chimpanse 2 (Fig. 17). Dieser Ast, | welchen man als das Analogon des menschlichen | N. cutaneus cruris posterior deuten kann, veriistelt sich in beiden Fällen über den Peronealmuskeln und dem lateralen Bauche des Gastroenemius, und erreicht noch mit seinen feinsten distalen Zweigen den Malleolus lateralis. Der Ramus superficialis des N. peroneus kommt bei beiden Exemplaren als einheitlicher Ast am unteren Drittel des Unterschenkels durch die Fascie, und sendet Ästehen in der Richtung beider Mal- leolen, um noch ungetheilt zum Fußrücken zu ver- \\'Y laufen. Die Ramifikation auf dem Fußrücken und N \\ die Beziehungen zum Ramus profundus ist bei bei- den Exemplaren verschieden. Bei Chimpanse 1 (Fig. 16) giebt der Hauptnerv schon auf dem Fuß- Hautnerven des Fuß- 2 ps Pe rückens von Cercopithe- gelenke einen feineren Ast ab, welcher über der Ene Medialseite des Dorsum pedis verliiuft und in drei Zweige zerfällt, welche sich mit Endzweigen des Peroneus profundus für 1. lat., 2. med. und 2. lat. verbinden. Der Hauptast des Peroneus superficialis verläuft weiter gegen den Fuß- rücken, auf welchem bald eine Theilung in zwei Äste stattfindet, deren medial gelagerter 3. lat. und 4. med. innervirt, während der äußere 4. lat. und 5. med. Zweige zusendet. Bei diesem Exemplare ist desshalb die ganze mediale Hälfte des Fußrückens überwiegend vom N. peroneus profundus innervirt. (Ganz abweichend von diesem Zustande findet sich jener bei Chimpanse 2 (Fig. 18). Der Peroneus superficialis theilt sich schon auf dem Fußgelenke in zwei ziemlich stark divergirende Äste. Der mediale zieht zum medialen Rande der Großzehe und tritt nicht mit dem Peroneus profundus in Verbindung. Der laterale giebt einen Verbindungsfaden zu einem Profundusast ab und innervirt selber 4. lat. und 5. med. Bei diesem Exemplare waren ein N. cut. dorsi pedis internus und medius, durch den Innervationsbezirk des Peroneus profundus von einander getrennt, deutlich zu unterscheiden. In direktem Konnex mit der individuellen Variation in der Ver- \ S\ a Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 337 ästelungsweise des Peroneus superficialis stand jene des Peroneus profundus. Bei Chim- panse 1 sendete die- ser Nerv ein feines Ästehen zum medialen Fußrande und trat weiter distalwärts mit drei gesonderten End- zweigen durch die Dorsalfascie des Fu- Bes. Jeder dieser Zweige verband sich mit einem Fädchen des Peroneus super- fieialis und innervirte 1. lat., 2. med., 2. lat. und 3. med. Bei Chimpanse 2 (Fig. 18) zeigte die Verästelung des Pe- roneus profundus eine, anderswo nicht gefun- dene Eigenthümlich- keit. Der Hautast des Peroneus profundus tritt unter dem Rande des M. extensor com- munis brevis zum Vor- schein in dem Winkel der Portionen für die dritte und vierte Zehe, und zerfällt in drei Zweige. Der mediale und laterale durch- bohren unmittelbar die Fascie. Erstge- nannter innervirt 2. med. Letztgenannter Fig. 15. Hautnerven an der lateralen Seite der unteren Extremität von Chimpanse 1. — nachdem er sich mit einem Zweige des Peroneus superficialis verbunden hat — verliert sich in 3. lat. und 4. med. Der mittlere Morpholog. Jahrbuch. 25. 23 338 Louis Bolk Ast behält seine tiefe Lage bei und nimmt einen Verlauf unter der Sehne des Extensor communis brevis für die dritte Zehe; erst nach Kreuzung dieser Sehne kommt er an die Oberfläche, verbindet sich mit einem Faden vom medialen Ast des Pe- roneus profundus und verzweigt sich am 2. lat. und 3. med. HEPBURN beobachtete bei seinem Chim- panse eine Ramifikationsweise, wie dieselbe von mir bei Chimpanse 1 gefunden ist, wäh- rend die Angabe von GRATIOLET und ALIX übereinstimmt mit meinem Chimpanse 2. Bei Gorilla 1 (Fig. 19 und 20) hat der N. peroneus, bevor er sich um das Capitulum fibulae herum in die Tiefe der Unterschenkel- muskulatur verliert, einen starken Ast zur Haut geschickt, welcher an der lateralen Seite des Unterschenkels in der Höhe des Capitu- lum fibulae die Fascia cruris durchsetzte. Nachdem der Nerv in beiden Richtungen die laterale Fläche des Unterschenkels mit Zwei- gen versehen hat, wendet er sich zur dorsalen Medianlinie der Wade und überkreuzt den an der Kreuzungsstelle schon unter die Haut getretenen R. eruralis des N. tibialis. Ein Faseraustausch zwischen beiden Nerven fand nicht statt. Nach Überkreuzung innervirt der Nerv die Haut über der Achillessehne und der Dorsalfläche der Ferse. Der R. cut. eruris post. des N. peroneus besaß bei diesem Go- rilla eine Ausdehnung, wie ich es bei keinem anderen der unter- suchten Primaten fand. In der erwähnten Überkreuzung des Tibialis- astes erblicken wir eine Vorstufe zum specifisch menschlichen Zustande, wo sich bekanntlich eine Anastomose zwischen den sogenannten Com- municans fibularis und tibialis in den meisten Fällen zeigt. Nach Durchbruch der Unterschenkelfascie theilt sich der N. pe- roneus superficialis noch oberhalb des Fußgelenkes in einen medialen und einen lateralen Ast. Der mediale schickt einen Verbindungsfaden zum N. saphenus und innervirt 1. lat. und 2. med., während der la- terale mit zwei Ästen resp. 3. lat. mit 4. med., und 4. lat. mit 5. med. innervirt. Der N. peroneus profundus innervirt 2. lat. und 3. med., ohne in nennenswerthe Verbindung mit dem Peroneus profundus zu treten. Hautnerven auf dem Fußrücken von Chimpanse 1. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primäten. 339 Bei Gorilla 2 war die Verzweigung des N. peroneus sehr be- sonderer Art (Fig. 21 und 22). Seitwärts vom Kniegelenke schickt der Nerv einen Hautast zur Peripherie, der sich über den Mm. pe- ronei verästelt. In der Höhe des Capitulum fibulae zerfällt der N. pero- neus superfi- cialis in zwei Aste, welche gesonderte Bahnen ein- schlagen. Der mehr lateral verlaufende dieser beiden Äste durch- bohrt den M. peroneus lon- gus, verläuft nachher erst schräg über dem M. pero- neus brevis, später medial neben diesem Muskel. Er sendet meh- rere Zweige zum M. pero- neus longus und einen fei- nen Ast, wel- cher eine kurze Strecke dem M. per. longus verbreitet sich Fig. 17. Hautneryen an der lateralen Seite der unteren Extremität von Chimpanse 2. entlang zieht, zur Haut des Unterschenkels. Derselbe gegen den Malleolus externus. Der Peroneusast selber durehbohrt die Unterschenkelfascie und zieht ungetheilt zum Fuß- rücken, sendet den Cut. dorsi pedis externus einen Verbindungsfaden 23* 340 Louis Bolk zu, eben so einen zum später zu erwähnenden Peroneusast, und ver- zweigt sich auf der lateralen Hälfte des Fußrückens sowie an 3. lat., 4. med., 4. lat. und 5. med. Der zweite beim Capitulum fibulae entstehende Ast des N. pe- roneus durchsetzt und innervirt den M. peroneus brevis, verläuft an- fänglich zwischen diesem Muskel und dem Extensor digitorum com- Fig. 19. Hautnerven des Fuß- rückens von Chimpanse 2. Hautnerven an der lateralen Seite der unteren Extremität von Gorilla 1. munis longus, überkreuzt mehr distal letztgenannten Muskel und perforirt die Unterschenkelfascie medial und etwas mehr distal als der vorerwähnte Ast. Auf dem Fußrücken angelangt, schickt er einen feinen lateralwärts ziehenden Ast zum Peroneus profundus, innervirt eine mediale Zone des Fußrückens, und zusammen mit dem Peroneus profundus die Lateralseite der Großzehe. Es fand sich also bei diesem Gorilla ein sich schon bei dem Capitulum fibulae Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 341 theilender Peroneus superficialis; die zwei Äste, worin normal dieser Nerv auf dem Fußrücken oder Fußgelenke zerfällt, erlangen in diesem Falle ihre Selbständigkeit schon sehr proximal. Diese Variation er- innert an den Zustand, wie ich ihn bei einem Nycticebus tardigradus fand, wobei eben so der Peroneus superficialis in der Höhe des Ca- pitulum fibulae in zwei Äste sich theilt, welche in Bezug auf die Peronealmuskulatur ähnlich wie bei diesem Gorilla verliefen. Die Thatsache, dass die beiden Spaltungsprodukte des Peroneus super- ficialis je in einen gesonderten Muskel fixirt waren, ist auch in die- sem Falle wieder ein Hinweis auf den mechanischen Einfluss, wel- chen die Entwicklung des Muskelsystems auf die Entstehung dieser Variation ausgeübt hat. Die Nervenelemente, welche jeden Ast zu- sammensetzen und welche normaliter zu einem gemeinschaftlichen Stamme zusammenfließen, konnten sich in casu nicht vereinigen, da dieselben in den Muskelelementen fixirt waren. Damit ist jedoch nur die unmittelbar vorangehende Ursache angegeben; tiefer in die Ätiologie der schließlichen Verhältnisse einzudringen, vermögen wir nicht; warum in diesem Falle statt des einzigen Fixationspunktes, welcher dem M. peroneus superficialis normal in der Muskulatur zu- kommt, deren zwei zu Stande gekommen sind, ist nicht zu eruiren. Doch ist diese Variation wieder werthvoll als neuer Beitrag zur Er- kenntnis des mechanischen bahnbestimmenden Einflusses des Muskel- systems auf die Anatomie des sensiblen Nervensystems. Der N. peroneus profundus bei Gorilla 2 verzweigt sich an 2. med., 2. lat., 3. med., und zusammen mit dem Peroneus super- ficialis an 1. lat. Bei Orang 1 (Fig. 23 und 24) giebt der N. peroneus seitwiirts von der Fossa poplitea zwei Aste ab, von welchen einer den kurzen Bicepskopf durchsetzt, der zweite längs der Sehne dieses Muskels verläuft. In der Haut verzweigen beide sich parallel mit einander über der lateralen Seite der Wade. Bei Orang 2 gab es statt dieser beiden Zweige nur einen ein- zigen, den Biceps nicht perforirenden Ast, der sich bald nach seinem Durchtreten durch die Fascia eruris in zwei Aste theilte. Der Pe- roneus superficialis tritt schon ziemlich hoch durch die. Fascie, schickt mehrere feinere Zweige gegen die beiden Malleolen und zerfällt auf dem Fußgelenke in zwei Äste, von welchen jeder auf dem Fußrücken sich wieder dichotomisch theilt zur Innervation von 2. med., 2. lat., 3. med., 3. lat., 4. med., 4. lat. und 5. med. 342 Louis Bolk A Einen Hautast des N. peroneus profundus gab es bei diesem Exemplare nicht. Bisher war in der Litteratur nicht ein Fall bekannt, dass der N. peroneus profundus beim Orang einen Ast zur Haut des Fußes sendet. Mein Orang 2 bildet nun eine Ausnahme von dieser Regel, denn, wie Fig. 25 zeigt, besaß dieses Exemplar einen Fig. 20. solehen Hautast, der nach Anastomosirung mit einem Zweige des Peroneus superficialis sich an 2. lat. und 3. med. verästelt. Diese scheinbar seltene Variation erweist sich bedeutungsvoll in zwei Richtungen. Erstens ist dieselbe ein Zeugnis dafür, dass die Voreltern des Orang, eben so wie die noch heute lebenden übrigen Anthropoiden, einen R. cutaneus des Peroneus profundus besessen haben müssen, der als Atavismus wieder in die Erscheinung zu treten vermag. Zweitens belehrt uns der Fall, dass die Ausschaltung dieses Hautastes beim Orang nicht auf die Verstümmelung der Großzehe zurückzuführen ist, denn der Hautast verzweigt sich bei Orang 2 a ab "an der zweiten und dritten Zehe. Und die Stelle, Gorilla 1. wo der Nerv als Atavismus wieder erscheint, darf wohl als jene gedeutet werden, wo er einmal ver- loren gegangen ist. Ich kann mich bei der Besprechung des N. tibialis kurz fassen, da ich von diesem Nerven nicht den ganzen Tractus präparirt und untersucht, sondern nur jene Äste verfolgt habe, welche in der Knie- kehle sich von denselben abspalten. Von Chimpanse 1 habe ich je- doch die sensiblen Fasern an der Plantarfläche des Fußes präparirt und den Ramifikationsmodus in Fig. 26 wiedergegeben. Wie aus dieser Figur hervorgeht, stimmen die Bezirke, welche beim Chim- panse von den beiden Plantarnerven innervirt wurden, überein mit jenen, welche einem jeden dieser Nerven beim Menschen zukommt. Es erübrigt nun noch, vom N. tibialis jenen Ast zu beschreiben, welcher beim Menschen als N. communicans tibialis bezeichnet wird und als N. cut. dorsi pedis int. auf dem Fuße endet. Wie schon aus der Besprechung des Peroneus zur Genüge her- vorgeht, ist die Bezeichnung »Communicans tibialis« für den erwähn- ten Ast bei den Anthropoiden nicht zutreffend. Denn eine Kom- munikation zwischen diesem Ast und einem Aste des N. peroneus fand sich bei keinem der von mir untersuchten Thiere, und ist auch Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 343 in der Litteratur nicht erwähnt. Eine Benennung wie z. B. »N. eruris longus posteriore wäre vielleicht für den Anthropoiden zu- treffender. Der Nerv verlief bei sämmtlichen Thieren in den fibrösen Kanal zwischen den Köpfen des Gastroenemius, und schickte entweder gar keine oder nur sehr schwache Fäden zur Wadenhaut. Nur bei Orang 1 Fig. il. Die Hautnerven auf dem Fuß- rücken von Gorilla 2. Die Hautnerven an der lateralen Seite der unteren Extremität von Gorilla 2. (Fig. 10) und Chimpanse 2 (Fig. 17) gab es einen ansehnlichen Zweig, der sich an der hinteren Fläche der Wade zwischen dem N. saphenus und dem N. cut. cruris post. ausbreitet. Bei Orang 1 war dieser Nerv schon ziemlich hoch in der Kniekehle abgespaltet vom Tibialis- stamme selber, und war dem sensiblen Hauptnerven nur eine kurze Strecke und auch nur locker angeschlossen. 344 Louis Bolk Die Stelle, wo der N. longus eruris posterior die Fascie durch- setzt, war wenig wechselnd, sie fand sich stets etwa zwischen der Die Hautnerven an der lateralen Seite der unteren Extremität von Orang 1. Mitte und dem Be- ginn des unteren Drittels des Unter- schenkels. Bei Cer- copithecus (Fig. 13) gab der Nerv einen starken Ast ab, der wieder in die Tiefe drang, zwischen der Achillessehne und den tiefen Waden- -muskeln median- warts verlief, um sich wieder mit dem Tibialisstamme zu verbinden, nachdem er feine Ästehen zur medialen Fläche der Fersenhaut ge- schickt hatte. Ich habe bei mehreren Exemplaren des Cer- copithecus einen ganz analogen Zu- stand gefunden, so dass derselbe wohl die Norm bildet. Die Ausbreitung des Tibialisastes auf dem Fuße war wenig variirend. Beiallen Individuen war der Nerv auf den Fuß- rand und die Klein- zehe beschränkt. Eine weitere Aus- dehnung in medialer Richtung fand sich bei keinem Individuum. Die mediale Seite der Kleinzehe fand ich immer vom N. peroneus Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 345 innervirt, und selbst bei Gorilla 2 wurde die laterale Seite der Klein- zehe von diesem Nerven zusammen mit dem N. eut. dorsi pedis ext. innervirt. Auch hinsichtlich der Innervation der hinteren Fläche des Ober- schenkels kann ich mich kurz fassen. Der N. cut. fem. post., der diesen Bezirk der Haut innervirt, kam immer als ein Hauptstamm durch die Fascie, und hat schon vorher unter dem M. glutaeus maximus einen Ast, oder deren zwei, abgespaltet, welche selbständig die Ober- schenkelfascie durchbohren. In den meisten Fällen nahm der N. Fig. 24. Hautnerven auf dem Fußrücken von Hautnerven auf dem Fußrücken Hautnerven an der Plantarflache Orang 1. von Orang 2. von Chimpanse 1. cut. fem. post. selber eine Mittellage zu diesen Ästen ein, welche sich als ein lateraler und ein medialer neben ihm verzweigten. Der laterale war schwächer als der mediale, wie z. B. bei Chimpanse 1 (Fig. 15) und Gorilla 1 (Fig. 19) und fehlte selbst ganz bei Chim- panse 2 (Fig. 17). Bei Cercopithecus durchsetzte der laterale Ast den sehr schwach entwickelten M. glutaeus maximus — bei den übri- gen — mit Ausnahme von Orang 1; trat der Ast am distalen Rande des Muskels zum Vorschein. Entweder von diesem Ast oder vom Hauptstamme spalteten sich ab und zu feinere Zweige ab, die sich 346 Louis Bolk als N. elunii inferiores verbreiteten und den sehnigen oder fleischigen distalen Rand des M. glutaeus maximus durchsetzen konnten. Der mediale Ast bog sich entweder unmittelbar medianwärts zur Haut des Perineum oder verlief dem Hauptnerv parallel, um nur einen _ Ast zum Perineum zu schicken. Bei Orang 1 durchbohrte proximal von der Durchtrittsstelle des Hauptnerven ein Nerv den unteren hand des Glutaeus maximus, um sich gabelförmig in einen feineren lateralen und einen stärkeren medialen Ast zu theilen. Die Ausbreitung des Nerven auf dem Unterschenkel war wie beim Menschen individuell wechselnd. Sehr weit distalwärts zog der Nerv bei Orang 1 (Fig. 23), während er bei Chimpanse 1 schon auf der Kniekehle endete (Fig. 15). c. Vergleichend-anatomische Ergebnisse. Obwohl die Zahl der untersuchten Objekte zu gering ist, um ein vollstiindiges Bild der Umbildungen zu entwerfen, welchen das Hautnervensystem der unteren Extremität bei Anthropoiden unter- liegt, so gewähren die ermittelten Thatsachen doch wohl einige An- haltspunkte zur Vergleichung, besonders wenn man die sämmtlichen Befunde der Anthropoiden dem menschlichen Zustande gegenüber- stellt. Auf diese Weise werde ich denn auch verfahren. Sehr interessante Ergebnisse lieferte die Vergleichung des Ner- vensystems am Fußrücken. Es zeigt sich insbesondere die Ausbrei- tung des N. peroneus profundus in reger Variabilität, und wir werden versuchen, den Charakter dieser Variabilität festzustellen. Wie bekannt, ist der N. peroneus profundus auch beim Menschen von wechselnder Ausdehnung. Eine gute Übersicht über Häufigkeit und Art dieser Variationen erlangt man aus dem »Second annual report of the comittee of collective investigation of the anatomical Society of Great-Britain and Ireland«, mitgetheilt im Journal of Anat. and Phys. Vol. XXVI. Ich entlehne, auch unter Zuhilfenahme der beigefiigten Skizzen, diesem Rapport nachfolgende Tabelle, worin die Befunde von 229 menschlichen Individuen hinsichtlich der Aus- breitung des N. peroneus profundus tabellarisch angeordnet sind. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. Ausbreitung des N. peroneus prof. beim Menschen. if mi 1. lat. Pet 2. med. | 2. lat. |. med. | 3, lat. 217 | zb 35 | aad OA he 3 EI RSS CH 3 | lan | ‚+ | a= | 1 | fehlt ganz | | 229 Pan thin! 347 Es folgt aus dieser Tabelle, dass, obwohl der Bezirk des N. peroneus profundus beim Menschen Variationen unterworfen ist, das Vorkommen einer Abänderung dem Normalbefund gegenüber sehr stark in den Hintergrund tritt. — d.h. 95% — die normale Verästelung. Ich habe die von mir bei den Anthropoiden gefundenen Daten und die in der Litteratur mir zugänglichen ebenfalls tabellarisch geordnet. Ausbreitung des N. peroneus prof. bei Anthropoiden. Von den 229 Fällen zeigten 217, | | | | 2. med. | 2. la Exemplar | 1. med. | 1. lat. ff. | 3- med. | 3: lat. 4. med. | 4. lat. I | | | 4 | Gorilla 1 | | | | + 4 Fun, | ++ | +l + - EISLER t | u: er - HEPBURN | | se Chimpanse 1 | blot 1a 33 5 2 | | | a + Tr Tr, - GRATIOLET und | | | ALIX | | P+} +t] +] + - HEPBURN | 227 es a + Orang 2 | | ip = - WESTLING | | - HEPBURN N fehlt ganz iy "1% Hylobates syndactylus | KOHLBRÜGGE | | ze 5 B's as = leuciscus | KOHLBRÜGGE | | =: + | + Ein Vergleich der gefundenen Thatsachen bei Menschen und Anthropoiden führt zu folgenden Ergebnissen: 1) Es hat sich beim Menschen das Ausbreitungsgebiet des N. per. prof. den Anthropoiden 348 Louis Bolk gegenüber (mit Ausnahme des Orang) eingeschränkt, 2) es hat sich gleichzeitig medianwärts verschoben, und 3) es ist beim Menschen weniger variirend als bei den Anthropoiden. Nach einander werden wir diese drei Sätze erläutern. Es kommt dem Nerven beim Menschen in 95% der Fälle eine Ausbreitung über zwei Zehenseiten zu, und es fanden sich unter 229 Objekten nur 10, worin eine Innervation von drei oder vier Zehenseiten zu konstatiren war. Dagegen fand sich, wenn wir Orang außer Acht lassen, nur bei meinem Gorilla 2 und bei jenem von HEPBURN eine Beschränkung des Nerven auf zwei Zehenseiten, in allen anderen Fällen steigerte sich diese Zahl auf drei (Gorilla, EisLer; Hylobates leuciscus, KOHLBRÜGGE), vier (Gorilla 2, Chim- panse 1, Chimpanse, HEPBURN, Hylobates syndactylus, KOHLBRÜGGE) oder sogar fünf (Chimpanse 2, Chimpanse, GRATIOLET et ALIx). — Der Reduktionsprocess, der beim Menschen zu konstatiren ist, hat beim Orang normal bis zum völligen Schwund dieses Hautnerven geführt, nur bei meinem Orang 2 gab es eine Innervation von zwei Zehenseiten. Dass die Beschränkung auch beim Menschen noch progressiv vor sich geht, ist aus jenen Fällen ersichtlich, worin der Nerv entweder ganz abwesend oder nur eine einzelne Zehenfläche innervirt. Die Seltenheit dieser Fälle weist vielleicht darauf hin, dass der Process nur langsam weiter schreitet. Mit dieser Einschränkung war aber zugleich eine mediane Ver- schiebung des Innervationsgebietes verbunden. Beim Menschen er- scheint der Nerv — wenn anwesend — immer im Spatium inter- osseum primum zur Innervation von 1. lat. und 2. med. Bei den Anthropoiden ist es aber das mehr lateral gelagerte Spatium, das immer vom N. per. prof. innervirt ist. Auf welche Weise der Ausbrei- tungsbezirk des Nerven auch variirt, die einander zugekehrten Seiten der zweiten und dritten Zehe fallen immer diesem Nerven zu. Von diesem Spatium aus vermag der Nerv sein Gebiet lateralwärts oder medialwärts auszudehnen. In den meisten Fällen scheint die Ten- denz vorzuherrschen, in medialer Richtung neues Gebiet zu er- obern, denn nur bei Chimpanse 2 und dem Chimpanse von GRATIOLET und Arıx fällt auch das lateral benachbarte Gebiet — 3. lat. und 4. med. umfassend — dem Nerven zu. Die überwiegend in medialer Richtung erfolgende Ausbreitung des Nerven bei den Anthropoiden scheint die Vorstufe zum menschlichen Zustande zu bilden. Dass bei den Anthropoiden nicht das erste, sondern das zweite Spatium interosseum die Stammzone des Gebietes vom N. per. prof. darstellt, Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 349 dafür spricht der Zustand von Orang 2, bei dem der Nerv für dieses Geschlecht, ausnahmsweise wieder in die Erscheinung tretend, an 2. lat. und 3. med. sich verästelt. Dass der Nervus peroneus profundus beim Menschen in seinem beschränkten medial verschobenen Bezirk sich ziemlich fest fixirt hat, geht aus einer Vergleichung der Häufigkeit hervor, mit der in- dividuelle Variationen bei den Anthropoiden und bei Homo auftreten. Nur in etwa fünf Procent zeigt der Nerv beim Menschen eine Va- riation. Und bei den Anthropoiden? Die vier Gorillas, welche ich in der Tabelle habe unterbringen können, zeigen drei verschiedene Zustände, die vier Chimpanse-Exemplare deren zwei, und eben so die zwei Hylobatiden. Der Zustand ist also bei den Anthropoiden viel labiler als beim Menschen. Schon einmal haben wir auf eine analoge Erscheinung hinweisen können, nämlich da, wo von der re- gionalen Zusammensetzung der Wirbelsäule und der Lagerung des Plexus lumbo-sacralis die Rede war. Es hat sich nachweisen lassen, dass der N. per. prof. beim Menschen sein Gebiet in medialer Richtung verschoben hat. Eine nähere Betrachtung und Vergleichung der übrigen Nerven am Fub- rücken ergiebt, dass dieser Vorgang nicht auf den erwähnten Ner- ven beschränkt ist. Betrachten wir erst den N. cut. dorsi pedis externus. Es ist diesem Nerven bei den Anthropomorphen fast im- mer nur die laterale Seite der Kleinzehe zugewiesen. Dies war nieht nur der Fall bei sämmtlichen von mir untersuchten Objekten, sondern auch beim Gorilla von EisLer, dem Chimpanse und Gorilla von HErgurn, dem Hylobates leuciscus von KOHLBRÜGGE. Bei dem Chimpanse von GRATIOLET und ALIx, dem Orang von WESTLING und meinem Gorilla 2 muss der Nerv diese Zehenreste noch mit einem Ast des N. peroneus superficialis theilen. Es ist mir nur ein ein- ziger Fall bekannt, worin der N. cut. dorsi pedis externus mit Fa- sern des N. peroneus superficialis die laterale Seite der vierten Zehe innervirte, nämlich dem Hylobates syndactylus von KOHLBRÜGGE. Der früher erwähnte Rapport belehrt uns, dass in 80 von den 229 Fällen der Nerv nicht auf die laterale Seite der Kleinzehe be- schränkt war, sondern in 61 sich ausdehnte bis 3. lat., 4. med., in 19 bis 4. lat., 5. med. Deuten wir den bei den Anthropomorphen vorhandenen Zustand als den primitiven, dann ergiebt sich, dass der Nerv die Tendenz hat, beim Menschen sich in medialer Richtung über den Fußrücken auszubreiten. Es erübrigt uns jetzt noch, die Vorgänge am medialen Fußrande 350 Louis Bolk zu beleuchten. Vergleichen wir das Fußgebiet des N. saphenus beim Menschen mit jenem bei den menschenähnlichen Affen, dann fällt es sofort auf, dass dieser Nerv sich bei letztgenannten bis über die Großzehe ausbreitet; so fand ich es bei allen meinen Anthropoiden, und im gleichen Sinne äußern sich die Autoren. Beim Menschen dagegen habe ich noch niemals den Nerv sich so weit distal aus- breiten sehen. Vor dem Malleolus medialis verlaufend (— im Gegen- satz zu den Anthropoiden, wo er hinter dem Knöchel verläuft —) endet er am medialen Fußrückenrande. Einmal sah ich den Nerv schon in der Höhe des Malleolus enden. Das Gebiet, das der Nerv beim Menschen verloren hat, wird durch den von der Seite her kommen- den Nervus peroneus superficialis innervirt. Auch in diesem Ab- schnitt der Fußrückenhaut ist es desshalb wieder der laterale Nerv, welcher einen medialen verdrängt hat. Vergleichen wir also die Befunde bei Menschen und Anthro- poiden, dann zeigt es sich, dass jeder Hautast durch seinen lateralen Nachbar theilweise verdrängt ist: der Peroneus superficialis sieht seinen Bezirk an der lateralen Seite beim Menschen oftmals vom N. eut. dorsi pedis externus übernommen, der N. peroneus profundus hat den lateralen Theil seines Gebietes dem lateral verlaufenden N. peroneus superficialis (N. eut. dorsi pedis medius) überlassen müssen, der N. saphenus findet sich in seinem distalen Bezirk vom lateral verlaufenden N. cut. dorsi pedis internus verdrängt. Wir haben also zwei Erscheinungen in der jiingsten phylogene- tischen Entwicklungsgeschichte des Fußhautnervensystems erkannt: nämlich Einschränkung des Gebietes vom N. per. prof. und Verdrän- sung von medial verlaufenden Hautnerven durch lateral ziehende. Auf erstgenannte Erscheinung ist schon von GEGENBAUR in seinem Lehrbuche der Anatomie des Menschen hingewiesen worden (4. Aufl. II. Th. pag. 489). Wünschten wir uns zufriedenzustellen mit einem Worte, wir könnten sagen: die Hautnerven des Fußrückens liefern ein eklatantes Beispiel für »den Kampf der Nerven um ihre End- gebiete«. Ich möchte die gebotene Gelegenheit benutzen, um etwas näher auf diesen Begriff einzugehen. Wenn man nämlich in diesem Ausdruck statt einer einfachen Umschreibung eines Phänomens sich ein Causalmoment angedeutet denkt, so liegt darin meiner Meinung nach etwas Unrichtiges und Gefihrliches. Unrichtiges, denn wie kann man sich vorstellen, dass die Nerven einen Streit unter sich führen? Streit ist die Äußerung einer innewohnenden Energie, und giebt es energielosere Gebilde als die Nervenfasern ? Streit verlangt Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 351 ein Motiv, und woher könnte dieses Motiv bei Gebilden herrühren, welche nichts Antagonistisches haben? Widersetzt sich der eine Hautast einer Funktion des anderen, und sucht dieser seinen Gegner daher zu vertilgen? Steigert sich die Funktionsfähigkeit eines Haut- nerven, wenn er sein peripherisches Gebiet ausdehnt, oder bringt ein solcher Vorgang irgend einen anderen Vortheil mit sich? Nichts von alledem. In den Nerven selber findet sich desshalb kein Streit- motiv. Hat der Gesammtorganismus Vortheil davon, dass ein Nerv sein peripherisches Gebiet ausdehnt oder verschiebt? Eher ist das Gegentheil wahr, denn in gleichem Maße, wie der Nerv seinen Be- zirk ausdehnt, wird auch bei einer Verletzung ein größerer periphe- rischer Bezirk funktionsunfähig. Antagonismus in der Funktion oder Nutzen für den Organismus als Ganzes oder dessen kämpfende Theile: nur diese beiden Momente kann ich mir als Streitmotiv zwi- schen besonderen Elementen des Organismus denken. Davon ist je- doch in diesem Falle nichts vorhanden. Von allgemein biologischem Standpunkte ist desshalb der Ausdruck nicht zutreffend. Weiter könnte man sich einen derartigen Wettkampf um den Besitz eines Ausbreitungsgebietes noch denken, wenn bei der Ontogenese die Haut den genannten Nerven überlassen worden wäre wie ein vogel- freies Gebiet 4 prendre für den ersten besten Nerven, der sich des- selben bemächtigen konnte, und wovon jeder Nerv sich so viel zu- eignete, als er durch schnellen Auswuchs eben erlangen konnte. Aber auf diese Weise kommt doch die schließliche Anatomie des Hautnervensystems nicht zu Stande. Wäre dass der Fall, man würde noch über andere Nervenvariationen berichten können, als dies bis jetzt der Fall ist, und es wäre verlorene Mühe zu versuchen, sich die Nervenvariationen zu erklären, denn Alles wäre dann doch nur das Resultat eines Kampfes. Die Hautnervenvariationen sind eben so gesetzmäßige Erscheinungen als irgend welche anderen im Orga- nismus, aber erst dann wird man diese Gesetze zu erkennen im Stande sein, wenn man die ätiologischen Momente für die Bildung und den Verlauf der besonderen Stämme aus den mechanischen Ein- fliissen während der Entwicklung hat ableiten können. Man muss aus dem topographischen Verlauf der Nervenbündel zur Kenntnis dieser Einwirkungen kommen. Das Studium des sensiblen Nerven- systems soll nicht allein eine Vergleichung der Bezirke sein, welche jedem Hautnery an der Peripherie zugetheilt sind, sondern auch ein Erforschen der Bahnen, welche Fasern, die homologe Stellen der Haut innerviren, von der Peripherie zum Centrum einschlagen. Sieht 359 Louis Bolk man in den Nervenvariationen nicht das Resultat von schon sehr früh in der Ontogenese sich abspielenden Veränderungen der mechanischen Momente, welche die Bahnen der sensiblen Nervenfasern bestimmen, sondern ein Resultat eines an der Peripherie sich abspielenden Kam- pfes — so versperrt man sich den Weg zur weiteren Erkenntnis. Und darin schlummert die Gefahr, die in dem Begriff »Streit um die Endgebiete« als Causalmoment liegt. Denn dadurch wird man abgehalten von jenen Fragen, welche der Morphologe sich doch im- mer stellen muss: Wie und Warum? Man dringt nicht tiefer in die Frage ein, denn die Erscheinung ist ja doch das Symptom eines Kampfes. Eine wie viel weitere Perspektive eröffnet dagegen die andere Deutung. Bei unserer Überzeugung, dass die Bahn einer jeden Nervenfaser in ihrer ganzen Ausdehnung eine gezwungene ist, erkennen wir sofort, dass, wenn eine Nervenfaser oder ein Ner- venbündel einem anderen als dem normalen Wege folgt, dass es eine Abänderung qualitativer oder quantitativer Art in den ontoge- netischen bahnbestimmenden Momenten gegeben hat, und das zwingt uns zu denken und zu erforschen, während sich bei der ersten An- sicht unsere Thätigkeit auf die Beobachtung beschränkt. Die hier dargelegte Auffassung bezeichnet nur den Weg, auf welchem die Ätiologie für die Anordnung des sensiblen Nervensystems zu suchen ist. Ein größerer Schritt vorwärts ist auf diesem Wege noch nicht gethan. Dazu müssen wir erst wissen, von welchen Spinalnerven ein Nervenstamm an jeder Stelle seiner Bahn Fasern in sich schließt, ferner die metamere Herkunft der Muskeln, zwischen denen der sanze Nerv oder seine Äste verlaufen, und endlich die Lagerungs- verhältnisse des Stammes oder der Äste desselben gegenüber diesen Muskeln. Dazu müssen wir nicht weniger den topographischen Ver- hältnissen der Nervenfasern zum Skelet des Extremitätengürtels und der freien Gliedmaßen Rechnung tragen. Das ist in Zukunft die erste Forderung. Wir können sensible Nervenbahnen präpariren und beschreiben, wir können vergleichen, aber das Verständnis für die Anatomie dieses Theiles des Nervensystems wird fehlen, so lange man nicht dessen Ätiologie zu Tage gefördert hat. Fassen wir z. B. die erwähnten Erscheinungen an den Haut- nerven des Fußrückens näher ins Auge. Der N. cut. dorsi pedis externus zeigt die Tendenz, sein Ausbreitungsgebiet in medialer Richtung zu vergrößern. Was heißt das? Dass eine Stelle der Haut, welche bei den Anthropoiden von den N. peroneus superficialis inner- virt ist, beim Menschen vom N. cut. dorsi pedis externus versehen Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 353 sein kann; es bedeutet aber auch, dass die Fasern, welche zwei homologe Stellen der Haut beim Menschen und den Anthropomorphen mit dem Centrum in Verbindung setzen, beim Menschen dorsal vom Skelette des Unterschenkels und dorsal von den Wadenmuskeln zur Kniekehle, bei den Anthropoiden dagegen ventral vom Skelette des Unterschenkels und theilweise oberhalb der ventral gelagerten Mus- keln durch den M. peroneus longus zur Kniekehle verlaufen. Wo- her rührt dieser veränderte Verlauf? Ist es hier nicht wieder der Fixationspunkt im M. peroneus longus, der die Aufmerksamkeit auf sich lenkt?, und erfassen wir die Sache nicht tiefer, wenn wir, statt uns mit einem Kampfresultat zu begnügen, den Schluss ziehen, dass die Fasern, welche die homologen Stellen der Haut innerviren, wäh- rend der Entwicklung bei den Anthropoiden unter dem bahnbestim- menden Einfluss des M. peroneus longus stehen, bei dem Menschen hingegen nicht mehr? Oder noch einen Schritt weiter gehend, dass die in Rede stehenden Fasern bei den Anthropoiden die Bildungs- masse des genannten Muskels perforirten, beim Menschen dagegen schon von Anfang an frei davon gelagert waren? Fassen wir die zweite Erscheinung ins Auge: der N. peroneus profundus hat beim Menschen die einander zugekehrten Seiten der zweiten und dritten Zehe, welche er bei den Anthropoiden regel- mäßig innervirt, dem N. peroneus superficialis überlassen. Das heißt, dass die Fasern, welche diese Hautstelle innerviren, bei den Men- schen einen Verlauf oberhalb des M. extensor digitorum brevis, zwi- schen den Peroneus longus und brevis, durch den M. peroneus longus zur Kniekehle nehmen, während sie bei den Anthropoiden unterhalb des M. extensor digitorum brevis, durch den M. extensor digitorum longus und durch den M. peroneus longus zur Kniekehle verlaufen. Die Fasern haben beim Menschen ihren Fixationspunkt im M. ex- tensor digitorum longus verloren, ihr ursprüngliches topographisches Verhältnis zum Bildungsniveau dieses Muskels hat sich abgeändert, der Muskel konnte auf sie keinen bahnbestimmenden Einfluss mehr ausüben. Welches ist die Ursache der abgeänderten topographischen Verhältnisse? Gerade diese bleibt uns verschleiert. Nur die Ver- gleichung der metameren Anlage des Muskels und die spinale Zu- sammensetzung des Nerven und seiner Äste bei Menschen und An- thropoiden kann hier vielleicht Aufklärung bringen. Wenden wir uns zur dritten Erscheinung am Fuße: der N. sa- phenus hat einen distalen Theil seines Gebietes eingebüßt zum Vor- theile des N. cut..dorsi pedis internus (N. peroneus superficialis). Morpholog. Jahrbuch. 25. E 24 354 Louis Bolk Das heißt, dass Fasern, welche homologe Stellen der Haut inner- viren, beim Menschen dorsal vom erwachsenen Beckengürtel verlaufen, bei den Anthropoiden ventral von demselben. Das Lagerungsver- hältnis dieser Fasern zum Beekengürtel hat sich verändert. Das ist in der That kein so großer Umschwung wie es scheint. Es braucht sich nur Weniges in der Anlageachse des Beckens oder in seiner embryonalen Anlageform abzuändern, um zu bewirken, dass Fasern, welche gerade in dem Grenzgebiete zwischen pro- und metazonalen Elementen ‘gelagert waren, von einem einstmaligen prozonalen in einen metazonalen Verlauf hinübergeführt werden. Und haben wir dafür nicht einen analogen Vorgang in der metameren Umbildung der Nervenstämme während der proximalen Verschiebung der hin- teren Extremität? Bei diesem Individuum findet man z. B. die Fa- sern des 16. thoraco-lumbalen Spinalnerven metazonal verlaufend, bei jenem prozonal. Die Details kennen wir allerdings nicht. Das Vorhergehende enthält — ich bin mir dessen wohl be- wusst — keine Erklärung der Thatsachen, aber es ist meines Er- achtens diejenige Beleuchtung der Daten, welche den Weg zu einer Erklärung in den Nervenvariationen bahnt. Als weitere Ergebnisse vergleichend-anatomischer Art meiner Untersuchung von Menschen und Anthropoiden verweise ich auf das häufige Fehlen des R. eutaneus vom N. obturatorius bei den Anthro- poiden. Es fand sich dieser Hautast nur bei Chimpanse 2 (Fig. 8). Dass dieser Hautast sich bei diesem Objekt mit dem N. saphenus verbindet, ist eine Thatsache, deren morphologische Bedeutung erst im folgenden Abschnitt gewürdigt werden kann. “ Als letzten Unterschied zwischen dem menschlichen Hautnerven- system und jenem der Anthropoiden erwähne ich die Abwesenheit einer Kommunikation zwischen dem N. peroneus und dem N. tibialis auf der Wadenfläche. d. Die gefundenen Unterschiede als Außerungen eines einheitlichen Processes. Als Folge der Ansicht, dass die Variationen der Hautnerven nicht die Äußerung eines in der Peripherie sich abspielenden Kam- pfes sind, sondern dass sie auf einer Veränderung des topographi- schen Verlaufes von Fasern beruhen, welche homologe Stellen oder Punkte der Haut mit dem Centrum in Kontakt stellen, muss sich ‚ unmittelbar die Frage erheben: giebt es einen Zusammenhang zwischen Li Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 35; den konstatirten Erscheinungen oder ist jede Variation eine Erschei- nung für sich, ohne Zusammenhang mit den übrigen. Nähere Be- trachtungen brachten mich auf die Spur einer gewissen Gesetz- mäßigkeit in den gesammten Phänomenen und lehrten mich dieselben als Äußerungen eines und desselben allgemeinen Vorganges erkennen. Ich werde nach einander das nach meiner Auffassung Typische in den verschiedenen Variationen nachweisen, um darauf die Formuli- rung des allgemeinen Vorganges basiren zu können. Ad primum. Der Hautast des N. obturatorius scheint den An- thropoiden nur ausnahmsweise zuzukommen. Obwohl der Hautast auch beim Menschen fehlen kann, kontrastirt doch die Seltenheit des Vorkommens bei den Anthropoiden stark mit den Verhältnissen beim Menschen. Die Hautregion, welche also beim Menschen vom R. eutaneus des Obturatorius innervirt ist, bezieht ihre Fasern bei den Anthropoiden gewöhnlich aus dem N. femoralis. Nehmen diese Fasern bei den Anthropoiden ihren Verlauf vor dem Beckengürtel, beim Menschen ziehen dieselben durch den Gürtel hindurch. Es hat sich desshalb nicht nur das topographische Verhältnis zur Musku- latur umgestaltet, sondern auch jenes zum Beckengürtel. Aus einer meiner früheren Abhandlungen geht hervor, dass das Becken nach seiner Anlage in den Segmenten und während seiner späteren onto- genetischen Entwicklung sich etwa 90° in der Articulatio sacro- iliaca gedreht haben muss, der distale Rand des fertigen Beckens stellt den ursprünglich ventro-medial gelagerten vor, der spätere ventrale Rand ist der ursprünglich proximale, der spätere dorsale war der primitiv distale. Das Foramen obturatorium, das am er- wachsenen Becken dorsalwärts vom vorderen Beckenrande gelagert ist, nahm ursprünglich eine distale Lagerung zu diesem Rande ein (man vgl. meine Abhandlung: »Beziehungen zwischen Skelet, Muskulatur und Nerven der Extremitäten«). Die Fasern, welche die homologe Stelle der Haut bei Menschen und Anthropoiden innerviren, ziehen also bei letztgenannten proximalwärts vom Beckengürtel zu ihrem Endgebiet, beim Menschen durch das Foramen obturatorium, das heißt, im Vergleich mit den Anthropoiden ist beim Menschen diesen Fasern ein mehr distaler Verlauf zugewiesen. Das ist die Erkenntnis der Erscheinung, die Bedingungen derselben bleiben uns noch verhüllt. Es zeigen also Fasern des Femoralisstammes eine Tendenz, bei ihrem Verlauf von der Peripherie zum Centrum sich einer mehr distalen Bahn anzuschließen. Die Fasern des R. cutaneus vom N. obturator sind nicht neue Fasern, -welche der Nery ausgeschickt hat, um in Wettkampf mit dem N. femoralis zu treten, 24* 356 Louis Bolk es sind vielmehr Fasern, welche ursprünglich dem N. femoralis an- seschlossen waren, beim Menschen aber durch Abänderung onto- genetischer topographischer Verhältnisse der Bahn des N. obturatorius zugetheilt wurden. Einen Übergangszustand dazu liefert mein Chim- panse 2 (Fig. 8). Der R. cutaneus des N. obturatorius verbindet sich hier noch im Hunrer’schen Kanal mit einem Ast des N. sa- phenus. Dieser Saphenusast selber verbindet sich später wieder mit dem Saphenusstamme und leitet auch Obturatoriusfasern in diesem Stamme über (vgl. pag. 332). Auf einer Strecke ihres Verlaufes sind diese Obturatoriusfasern noch jener Nervenbahn angeschlossen, zu der sie von Haus aus gehören. Die Trennung ist noch nicht voll- kommen. | Haben wir in Chimpanse 2 ein Zwischenstadium zu erblicken zwischen dem — wie es scheint normalen Anthropoidenzustande und den menschlichen Verhältnissen — eine progressive Phase war vor- handen in jenem Individuum, dessen Hautnervensystem in Fig. 6 ab- gebildet ist, bei welchem der größte Theil der Saphenusfasern der Obturatoriusbahn angeschlossen waren. Es waren hier nicht nur die Fasern für die mediale Seite des Oberschenkels, welche der distalen Bahn angeschlossen waren, sondern die meisten Fasern, welche die mediale Seite des Unterschenkels innervirten, waren von ihrer proxi- malen Bahn abgetrennt worden und einer distalen zugefügt. So er- scheint diese individuelle Variation als ein weiterer Fortschritt des phylogenetischen Processes. Ad secundum. Der N. saphenus breitet sich bei den Anthro- poiden weiter distalwärts aus als beim Menschen. Die Fasern, welche die mediale Seite des Fußrandes und besonders der großen Zehe innerviren, verlaufen bei den Anthropoiden in dem proximal vom Beckengürtel sich hinziehenden N. femoralis, bei dem Menschen in der distal vom Beckenringe verlaufenden Peroneusbahn. Auch in diesem Falle sind Fasern von einer proximalen Bahn abgelöst und einer distalen Bahn angeschlossen worden. Im Allgemeinen kann man also sagen, der ontogenetisch proxi- mal gelagerten Femoralisbahn werden Fasern entnommen und einer distalen Bahn zugefügt: jene für den Oberschenkel der Obturatorius- bahn; jene für den Fuß der Peroneusbahn. Zeigt die Femoralisbahn nun umgekehrt eine Tendenz, sich auf der anderen Seite Fasern einzuverleiben, welche ursprünglich einer Bahn zugehören, welche proximal von ihr liegt? Wir betreten hier mehr das Übergangs- gebiet zwischen Rumpf und Extremität, und daselbst giebt es sicher Beitrag zur Nenrologie der unteren Extremität der Primaten. 357 lokale Vorgänge, welche es gefährlich machen, Alles unter einen Gesichtspunkt bringen zu wollen. Doch kann ich nicht umbin, bier noch einmal auf die frappante Koincidenz der zwei in Fig. 6 wieder- gegebenen individuellen Variationen hinzuweisen. Die Femoralisbahn hat Fasern an eine distale Bahn abgeben müssen (an die Obtura- toriusbahn), zugleich aber sind ihm Fasern aus einer proximalen Bahn (des N. cut. fem. ext.) angeschlossen worden. Gestattet diese Koineidenz auch keinen bestimmten Schluss, jedenfalls giebt sie zu denken, besonders wenn man ins Auge fasst, dass ich bei der Be- sprechung dieser Variation darauf hinweisen konnte, dass dieselbe dureh eine distale Umlagerung der Fasern hinsichtlich des Bildungs- niveaus des M. sartorius entstanden sein muss. Ad tertium. Der N. peroneus profundus besitzt bei den An- thropoiden einen größeren Ausbreitungsbezirk, da der laterale Theil des entsprechenden Gebietes beim Menschen dem N. peroneus super- ficialis zufällt. Es sind also Fasern, welche bei den Anthropomorphen der Profundusbahn angeschlossen waren, beim Menschen der Super- ficialisbahn zugesellt. Der Superfieialisbahn kommt bei der Anlage der Extremität eine distale Lagerung zur Profundusbahn zu. Es folgt das schon daraus, dass der N. peroneus superficialis mit seinen motorischen Elementen die Peronealmuskeln innervirt, der N. pero- neus profundus die Extensorengruppe. Letztere Gruppe nun bildet sich aus einem mehr proximalen Niveau, aus mehr proximalen Seg- menten als die Peronealmuskeln. Bei den Anthropoiden — mit Aus- nahme des Orang — perforiren die Fasern, welche jene Stelle der FuBriickenhaut innerviren, die beim Menschen dem Peroneus super- fieialis überlassen ist, den M. extensor digitorum communis, beim Menschen thun sie dies nicht mehr, sie sind jener Bahn angeschlossen, welche nur durch das segmental mehr distal gelagerte Niveau der Peroneusmuskulatur zieht. Auch in diesem Falle sind also Fa- sern einer mehr proximalen Bahn entnommen und einer mehr distalen angeschlossen worden. Beim Orang sind schon alle sensiblen Fasern der Profundusbahn entnommen. Ad quartum. Der N. cut. dorsi pedis externus zeigt beim Menschen die Tendenz, sich weiter auf dem Fußrücken auszubreiten als bei Anthropoiden. Die Fasern, welche die laterale Region des Fußrückens inner- viren, sind bei den Anthropoiden, so weit mir bekannt, nur mit Ausnahme des Hylobates leueiseus von KOHLBRÜGGE immer der Bahn des Peroneus superficialis angeschlossen, während nur der 358 Louis Bolk Fußrand dem N. cut. dorsi externus — und selbst nicht immer ganz — zufällt. Bei den Anthropoiden ziehen aber diese Fasern unter Per- foration des M. peroneus longus zum Centrum. Dieser Muskel ist der segmental meist distal angelegte aller Unterschenkelmuskeln. Beim Menschen verlaufen diese Fasern in der Bahn des Communicans peronei und weiter in jener des Cut. dorsi pedis externus, sie ziehen also frei vom M. peroneus longus zum Centrum und perforiren keinen einzigen Muskel. Weiter geht aus meinen Untersuchungen hervor, dass die Bahn des Cut. dorsi pedis ext. aus den meist distalen sen- siblen Fasern, welche die Haut des Unterschenkels und Fußes inner- viren, zusammengesetzt ist. Es ist also eine Balın, welche schon von ihrer Bildung an längs dem embryonal-distalen Rande des Unter- schenkels und Fußes verläuft, frei, das heißt distal von der Musku- latur der Extremität. Jedenfalls kommt ihr embryonal eine mehr distale Lagerung zu als dem N. peroneus superfieialis, welcher noch zwischen den distalen Muskeln hindurch mit Fixation in den seg- mental meist distalen Unterschenkelmuskel verläuft. Die in Rede stehenden Fasern, welche bei den Anthropoiden einer proximalen Bahn angeschlossen waren, sind beim Menschen einer mehr distalen Bahn zugefügt. Ad quintum. Der N. communicans fibularis ist ein beim Men- schen neues Gebilde. Diese Erscheinung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorhergehenden. So lange bei den Anthropoiden die Fasern, welche eine laterale Region des Fußrückens innerviren, noch der Bahn des Peroneus superficialis entlang verlaufen, d. h. ventro-lateral von den Unterschenkelmuskeln, können dieselben sich nicht mit jenen Fasern verbinden, welche den lateralen Rand des Fußes innerviren und welche einen freien Verlauf dem embryonalen distalen Rande des Unterschenkels entlang nehmen. Die Fasern beider Bahnen können sich erst in ihren allerletzten Strecken berühren, dort, wo ihr Gebiet an einander stößt. Wo aber die Fasern, wie beim Men- schen — von der Peroneusbahn frei geworden — nicht mehr durch einen Muskel fixirt sind, und eben so wie die Tibialisfasern frei längs dem embryonalen distalen Rande des Unterschenkels sich lagerten, kamen sie auf einer langen Strecke ihrer Bahn mit den Tibialisfasern in parallelen Verlauf und nichts stand einer Verbin- dung zu einem Stamme im Wege. Dass dieser Stamm schließlich in der dorsalen Medianlinie der Wade liegt, ist wohl eine sekundär erlangte Lagerung. Mit dem Freiwerden von der Bahn des Peroneus Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 359 superficialis war also zugleich die Gelegenheit geboten, sich mit jenen anderen frei verlaufenden Tibialisfasern zu verbinden. - Im Vorhergehenden hoffe ich das Gemeinschaftliche bei den ver- schiedenen Differenzpunkten im Hautnervensystem der unteren Ex- tremität der Anthropoiden und des Menschen genügend gezeigt zu haben. Sämmtliche Variationen zeigen etwas Gesetzmäßiges, es sind sämmtlich Äußerungen eines und desselben Vorganges, welcher sich folgendermaßen formuliren lässt: »Die Unterschiede in der Aus- breitungsweise der Hautnerven der unteren Extremität bei den Anthropoiden und dem Menschen sind die Folge davon, dass Nervenfasern allmählich den ursprünglich mehr pro- ximal gelagerten Nervenbahnen entnommen werden, um distalen Bahnstrecken beigefügt zu werden.« Es ist mir nicht gelungen, in die Ätiologie dieser General- erscheinung einzudringen, mir fehlte dazu die Kenntnis der meta- meren Anlage der Muskeln bei den untersuchten Anthropoiden, da ich dieselben nur für das sensible Nervensystem verwerthet hatte. Und die erwähnte Kenntnis ist für die Ermittelung der Ätiologie ein Haupterfordernis. Man muss sich hüten, die hier zu Tage geförderte allgemeine Erscheinung mit jenem anderen Vorgang analoger Art zu verwech- sein oder zu identificiren, welche eine direkte Folge der proximalen Wanderung der Extremitäten ist. Auch in Folge dieses Processes gehen Fasern von mehr proximalen Nervenstämmen allmählich in mehr distale über. Dasselbe ist aber die Folge der nothwendig an diesen Process sich festknüpfenden metameren Umbildung der Ner- venstämme. Bei einer distalen Anlage der Extremität finden sich z. B. die sensiblen Fasern des 16. Spinalnerven ganz in dem N. femoralis, während dieselben bei einer proximalen Anlage im N. pe- roneus verlaufen. Durch diesen Process ändert sich die metamere Zusammensetzung der Nervenstämme, und dadurch gehen metamer homologe Fasern nicht mehr zu homologen Stellen der Haut. Dies hat aber nichts mit dem oben erläuterten Phänomenenkomplexe zu thun. Derselbe ist unabhängig von der metameren Zusammensetzung der Hautnerven, er ist nicht eine metamere Erscheinung, er ist eine Bahnumgestaltung von Fasern, welche nach homologen Stellen der Haut ziehen. Bei dem Studium der metameren Umbildung der Nervenstämme fragen wir uns, in welcher Bahn finden sich die Fa- sern eines gewissen Spinalnerven bei mehreren Individuen, und dann zeigt es sich, dass diese Fasern bei einer distalen Anlage der 360 Louis Bolk Extremität sich in einer Bahn vorfinden, welche sich proximal aus dem Plexus bildet, bei einer proximalen Anlage dagegen in einer Bahn, welche mehr distal aus dem Plexus ihren Ursprung nimmt. Bei dem Studium des Hautnervensystems fragt es sich, in welcher Bahn finden sich die Fasern, welche dieselbe Stelle der Haut mit dem Centrum verbinden, und da zeigt es sich, dass diese Fasern beim Menschen in Bahnen verlaufen, welche topographisch (nicht metamer) mehr distal in der Extremität verlaufen als bei den An- thropoiden. Es haben sich die mechanischen Momente, durch welche die Nervenfasern in diese oder jene Bahn geführt werden, beim Menschen etwas abgeändert. Wollte man den menschlichen Zustand wieder ganz dem Anthropoidenzustand ähnlich machen, so könnte man dies nicht durch eine Verschiebung der menschlichen Extremität in proximaler oder distaler Richtung erreichen, sondern man müsste einen Theil der sensiblen Fasern von einem distalen Nervenstamme nehmen und sich dieselben wieder einem mehr proximalen ange- schlossen denken. Wenn ich zum Schlusse noch einmal den Begriff »Kampf der Nerven um ihre Endgebiete« zur Sprache bringe, so geschieht dies allein um darauf hinzuweisen, dass das Einheitliche und Gesetz- mäßige in den Nervenvariationen sich nur nach Verwerfung der- selben erkennen lassen konnte, und nach seiner Substituirung durch die Auffassung, dass die Variationen des sensiblen Nervensystems die Folge sind von Umgestaltungen in dem centralwärts gerichteten Verlauf von Fasern, welche homologe Stellen der Haut innerviren unter dem Einfluss von Abänderungen in den bahnbestimmenden Momenten. Ich erwähne aber ausdrücklich, dass damit nur ein ein- ziges der Principien gegeben ist, womit wir operiren müssen, um zum vollständigen Erfassen der Anatomie des Hautnervensystems zu gelangen, und dass es deren mehrere giebt. Doch darf ich hier das Thema nicht über das Gebiet der Variationen hinaus entwickeln, sondern muss dafür auf eine folgende Arbeit verweisen. Beitrag zur Neurologie der unteren Extremität der Primaten. 361 Litteraturverzeichnis, Louis BoLk, Beziehungen zwischen Skelet, Muskulatur und Nerven der Extre- mität, dargelegt am Beckengürtel, an dessen Muskulatur sowie am Plexus lumbo-sacralis. Morphol. Jahrbuch. Bd. XXI. FRANK CHAMPNEYS, On the muscles and nerves of a Chimpanzee. Journ. of Am and Phys. Vol. VI. Part I, Paut Eisuer, Das Gefäß- und peripherische Nervensystem des Gorilla. Halle 1890. — Der Plexus lumbo-sacralis des Menschen. Abhandlungen der naturfor- schenden Gesellschaft zu Halle. Bd. XVII. 1892. GRATIOLET et ALIx, Recherches sur l’anatomie du Troglodytes Aubryi, Chim- pansé d’une espéce nouvelle. Nouvelle archives du Museum d histoire naturelle de Paris. Tome II. Davip HEPBURN, The comparative Anatomy of the Muscles and Nerves of the superior and inferior Extremities of the Anthropoid Apes. Journ. of An. and Phys. Vol. XXVI. pag. 349. H. von Inerine, Das peripherische Nervensystem der Wirbelthiere als Grund- lage fiir die Kenntnis der Regionenbildung der Wirbelsiiule. Leipzig 1878. J. F. KOHLBRÜGGE, Versuch einer Anatomie des Genus Hylobates. Zoologische Ergebnisse einer Reise in Niederliindisch Ost-Indien, herausgegeben von Dr. MAx WEBER. 1890. E. ROSENBERG, Uber die Entwicklung der Wirbelsäule und das Centrale carpi des Menschen. Morphol. Jahrbuch. Bd. I. 1876. GEORG RUGE, Anatomisches über den Rumpf der Hylobatiden. Ein Beitrag zur Bestimmung der Stellung dieses Genus im Systeme. Zoologische Ergebnisse einer Reise in Niederländisch Ost-Indien, herausgegeben von Dr. MAx WEBER. 1890. —— Verschiebungen in den Endgebieten der Nerven des Plexus lumbalis der Primaten. Morphol. Jahrbuch. Bd. XX. CHARLOTTE WESTLING, Beitriige zur Kenntnis des peripherischen Nervensystems. Bihang Till. k. Svenska Vet.- Akad. Handlingar. Bd. IX. No. 8. Stockholm 1884. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. Von F. Hochstetter. Mit Tafel XV und 1 Figur im Text. In meiner die Entwicklung des Venensystems der Säuger be- handelnden Arbeit! habe ich zum Theil auf Grund eigener Beobach- tungen, zum Theil auf Grund von Angaben, welche HyrrL? gemacht hat, gesagt, dass bei den Gürtel- und Schuppenthieren das Vorhan- densein einer doppelten hinteren Hohlvene die Regel bilden diirfte®. Nun war mir vor einiger Zeit die Gelegenheit geboten, zwei weitere Vertreter aus der Ordnung der Edentaten auf ihr Gefäßsystem hin zu untersuchen, und halte ich es nun nach den dabei gemachten Beobachtungen für recht wahrscheinlich, dass das Vorhandensein einer doppelten hinteren Hohlvene in der einen oder der anderen Form für sämmtliche Vertreter aus der Ordnung der Edentaten cha- rakteristisch sein dürfte. Bei Myrmecophaga jubata, von welcher Form ich ein aus- gewachsenes Exemplar untersuchen konnte, fand ich Verhältnisse vor, die den für Pteropus edulis (l. e. pag. 622) beschriebenen, rück- sichtlich der hinteren Hohlvene fast vollständig gleichen, und es ! Morphol. Jahrbuch. Bd. XX. > Chlamydophori truncati cum Dasypode gymnuro comparatum examen anatomicum. Denkschriften der k. Akad. der Wissensch. Bd. IX. Wien 1855. 3 Neuerdings fand ich bei HyrTL (Beiträge zur vergleichenden Angiologie. V. Das arterielle Gefäßsystem der Edentaten. in: Denkschriften der k. Akad. der Wissensch. Bd. VI. Wien 1854) eine Abbildung (Taf. II Fig. 2) und An- gaben, die mir seiner Zeit entgangen waren, aus denen hervorgeht, dass auch Manis macrura eine doppelte hintere Hohlvene besitzt. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 363 dürfte daher, indem ich auf die Abbildung, welche ich von der hin- teren Hohlvene von Pteropus edulis (l. c. Taf. XXIII Fig. 26) ge- liefert habe, hinweise, überflüssig sein, eine eingehendere Schilderung der hinteren Hohlvene und ihrer Wurzeln von Myrmecophaga jubata zu liefern. Auch Choloepus didactylus'!, das zweizehige Faulthier, be- sitzt eine doppelte hintere Hohlvene, doch zeigt diese Form rück- sichtlich dieses Gefäßes und seiner Zweige Eigenthümlichkeiten, wie sie noch bei keiner anderen Säugerform gefunden werden konnten und die so merkwürdig sind, dass sie mir einer eingehenderen Schilderung, wie ich sie im Nachfolgenden an der Hand einer Ab- bildung geben will, werth zu sein scheinen. Jede der beiden hinteren Hohlvenen von Choloepus wurzelt in einem die beiden A. iliacae begleitenden Venengeflechte. Die Wur- zeln der beiden hinteren Hohlvenen, die sich zunächst an die dor- sale Seite der A. iliacae communes anlegen und dann weiter der Aorta entlang verlaufen, sind, wie dies auch aus unserer Abbildung zu ersehen ist, nicht so weit, als dies der Mächtigkeit des Venen- plexus, in dem sie wurzeln, entsprechen würde. Der Grund für diese Erscheinung liegt darin, dass der Plexus der V. iliacae zwei mächtige an Kaliber den Hohlvenenwurzeln nur wenig nachstehende Venen (a und 5) abgiebt, welche durch die beiden ersten ventralen Kreuzbeinlöcher in den Wirbelkanal eindringen und dahin einen guten Theil des Blutes aus den V. iliacae ableiten. Außer den V. jliacae münden in die Wurzeln der hinteren Hohlvene, dorsal von den A. iliacae communes vorbeiziehend, die die A. sacralis begleiten- den V. sacrales (vgl. die Figur). Verfolgt man die beiden hinteren Hohlvenen kopfwärts, so findet man sie bis nahe an die Abgangsstelle der A. renales aus der Aorta heran zu beiden Seiten dieses Gefäßes verlaufend, dann aber ventral von der Aorta spitzwinkelig zum einfachen, sofort an die rechte Seite der Aorta sich anschmiegenden Hohlvenenstamm sich vereinigend. In den paarigen Abschnitt der hinteren Hohlvene münden jederseits die zum Theil geflechtartig die Nierenarterien umfassenden und be- gleitenden Nierenvenen und die Geflechte der Geschlechtsdrüsenvenen. Und zwar erfolgt diese Einmündung in einer ziemlich eigenartigen Weise. - 1 Ich konnte ein ausgewachsenes und ein junges Exemplar dieser Form untersuchen. 364 F. Hochstetter V. cava posterior 2 A seu ep! Norte V. cava posterior dextra -- - ---- ? V. renalis dextra Plexus sper- —- - maticus Ureter—— 2-57 A. mesenterica anterior , A. suprarenalis sinistra Glandula suprarenalis 4 *. cava posterior sinistra A A ia : a re, „A. mesenterica posterior = V. renalis sinistra =~ Plexus spermaticus Ureter 1 A. sacralis media a b Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 365 Die Nieren liegen bei Choloepus, wie dies aus unserer Abbil- . dung hervorgeht, sehr weit caudal. Diese caudale Lage der Nieren scheint jedoch, nach dem Verhalten der Nierengefäße zu schließen, keine primäre zu sein. Die Nierenarterien entspringen nämlich, wie dies unsere Abbildung zeigt, weit kopfwärts von den Nieren aus der Aorta, etwa in der Mitte der Entfernung zwischen den Abgangs- stellen der beiden Gekrösarterien, und verlaufen, um an die Nieren heranzukommen, eine Strecke weit fast parallel mit der Aorta. Eben so zeigen auch die Nierenvenen einen sehr schief eranialwärts gerichteten Verlauf und münden ein gutes Stück kopfwärts vom eranialen Pole der Nieren in die hinteren Hohlvenen. Nun finden wir aber beim Menschen ähnliche Mündungs-, Abgangs- und Ver- laufsverhältnisse der Nierengefäße in Fällen, in denen wir annehmen dürfen, dass eine sekundäre Verlagerung der Nieren in caudaler Richtung stattgefunden hat, während in Fällen von primär caudaler Lage der Nieren die Nierenarterien auch weiter caudal aus der Aorta oder gar noch aus der A. iliaca communis entspringen, wäh- rend auch die Venen weiter caudal als gewöhnlich in die hintere Hohlvene oder gar schon in die V. iliaca communis münden. An- dererseits finden wir bei Säugern, bei denen, wie dies häufig vor- kommt, normaler Weise eine Niere weiter caudal gelagert ist als die andere, die betreffende A. renalis in der Regel weiter caudalwärts aus der Aorta entspringend, eine Thatsache, die ihre Erklärung durch die an Kaninchenembryonen gemachte Beobachtung findet, dass Nierenarterie und Vene erst dann zur Entwicklung kommen, wenn die Niere ihre definitive Lage erreicht hat und dass die Entwicklung der Nierengefäße von der Aorta und der Hohlvene aus an der Lage der Niere entsprechenden Stellen erfolgt. So scheint mir denn die Annahme viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, dass bei Choloepus didactylus die Nieren sekundär verlagert und dadurch die eigenthümlichen Abgangs- und Verlaufsverhältnisse der Nierengefäße bedingt wurden, als die Annahme, dass die Nieren während der Entwicklung nur bis zu der Stelle gewandert sein sollten, an der wir sie beim ausgebildeten Thiere finden, und dass die Gefäße dieser Organe, von der Aorta und V. cava weit kopfwärts von den Nieren ausgehend, in caudalwärts gerichtetem Verlaufe herabgewachsen wären. Der Plexus venosus der V. spermatiea, welcher die gleichnamige Arterie begleitet, gabelt sich in der Höhe der Nieren und mündet mit einem Schenkel in die hintere Hohlvene, während sich der 366 F. Hochstetter andere Schenkel in die Nierenvene einsenkt. Dieses Verhältnis ist in unserer Abbildung nur rücksichtlich der rechtsseitigen Plexus ve- | nosus spermaticus zu erkennen. Knapp vor ihrer Zusammenmündung mit der rechten mündet in die linke hintere Hohlvene die Vene der linken Nebenniere, während die Vene des rechterseits gelegenen Organs schon in den Hohlvenen- stamm eingeht. Verfolgt man den Verlauf der beiden hinteren Hohl- venen und den ihres vereinigten Stammes, so muss einem sofort auf- fallen, dass diese Venenstämme, trotzdem in sie ganz mächtige Zweige einmünden, doch nicht an Weite zunehmen, ja im Gegen- theil wird der Stamm der hinteren Hohlvene von der Einmündung der V. suprarenalis dextra an rasch schwächer und zeigt schließlich bei dem untersuchten vollkommen ausgewachsenen Exemplar kaum mehr die Dicke eines Gänsefederkieles.. Erst innerhalb der Leber gewinnt die hintere Hohlvene nach Aufnahme der Lebervenen wie- der an Weite. Aus den eben geschilderten Kaliberverhältnissen des Stammes der hinteren Hohlvene ergiebt sich nun ohne Weiteres, dass nicht alles Blut der hinteren Körperabschnitte durch die hintere Hohlvene dem Herzen zugeführt werden könne und dass noch andere Bahnen vorhanden sein müssen, welche die Abfuhr des Blutes aus den Wur- zeln der hinteren Hohlvene vermitteln. In der That hängen die bei- den hinteren Hohlvenen durch zum Theil mächtig weite Venen (c, e), welche die Foramina intervertebralia passiren, mit den Venen des Wirbelkanals zusammen. Diese Venen sind jedenfalls als die erweiterten Endabschnitte der V. lumbales und der beiden letzten V. intercostales zu betrachten, da in die schwachen, die Lumbalarterien begleitenden Venen und in die beiden cranialsten die V. intercostales 23 und 24 einmünden. Unter einander hängen diese Venen, wie aus unserer Abbildung ersichtlich ist, durch dorsal und an den Seiten der Aorta verlaufende Längsanastomosen zusammen. Die V. inter- costales 19—22 der rechten Seite münden in ähnliche Venen, welche den Hohlvenenstamm durch die betreffenden Foramina intervertebralia hindurch mit den Wirbelvenen in Verbindung setzen. Unter diesen Venen ist eine, die in der Höhe der Mündung der V. suprarenalis dextra abgeht, besonders weit. Linkerseits findet sich von der V. suprarenalis ausgehend ein Venenstamm (/), der ähnliehe Verbindungszweige zu den Wirbel- venen entlässt, in den die V. intercostales 19 bis 22 dieser Seite ihr Blut ergiefen. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 367 Die geschilderten mächtigen Verbindungen der hinteren Hohl- vene und ihrer Wurzelzweige mit dem System der Wirbelvenen ge- statten somit dem Blute der hinteren Körperhälfte, welches sicherlich ~ nur zum geringen Theile den engen Stamm der hinteren Hohlvene passiren kann, ein Überströmen in die Wirbelvenen und ein Abströmen dureh dieselben. Dem entsprechend zeigt sich denn auch das System der Wirbelvenen von Choloepus, verglichen mit dem gleichen System anderer Säuger und des Menschen in eigenthümlicher Weise gebildet. Wie beim Menschen findet man bei diesem Thier, ausgenommen da- von ist nur die Gegend des Kreuzbeines, entsprechend einem jeden Wirbel einen Circeilus venosus, dessen dorsaler Schenkel in der Regel sehr schwach oder gar unvollständig ist, während sein ven- traler, dem Wirbelkörper anliegender Theil verhältnismäßig stark erscheint. Beim Menschen und anderen Säugern hängen nun, wie bekannt, diese Circellus venosi durch paarige Längsanastomosenketten unter einander zusammen und auch bei Choloepus sehe ich eine solche Längsanastomosenkette linkerseits entwickelt, doch beginnt dieselbe erst in der Höhe des caudalsten, eine freie Rippe tragenden Wirbels und setzt sich von hier aus kopfwärts fort. Dagegen findet sich an Stelle der rechtsseitigen Längsanastomosenkette anderer Formen bei Choloepus ein mächtiger Venenstamm vor. Derselbe be- ginnt mit zwei Wurzeln, die offenbar aus den Längsanastomosenketten des betreffenden Wirbelsäulengebietes entstanden sind, im Gebiete des Steißbeines. Diese beiden Wurzeln ziehen dann sich immer mehr verstärkend über die dorsale Fläche der Kreuzbeinwirbelkörper. Kopfwärts hängen sie im Gebiete des Kreuzbeines durch eine, dem ventralen Schenkel eines Circellus venosus entsprechende Anastomose unter einander zusammen und vereinigen sich am cranialen Ende des Kreuzbeines zu einem mächtigen Venenstamme, der im Gebiete der Lendenwirbel noch eine langgestreckte Insel bildet, um ununter- brochen vom letzten eine freie Rippe tragenden Wirbel bis zum neunten Foramen intervertebrale der Brustregion zu reichen. Im Lenden- gebiete erscheint dieser Venenstamm etwas erweitert, im Gebiete der Brustwirbelsäule bleibt sein Kaliber während seines ganzen Ver- laufes ziemlich das gleiche. Vom neunten Foramen intervertebrale dextrum der Brustregion an kopfwärts tritt dann an Stelle dieses Venen- stammes eine Kette von Längsanastomosen, welche der Kette der Längsanastomosen der anderen Seite völlig gleicht. Aus dem mäch- tigen, rechtsseitig gelagerten Längsvenenstamme des Wirbelkanals, der die Hauptmasse seines Blutes aus den Anastomosen der hin- 368 F. Hochstetter teren Hohlvene und ihrer Äste beziehen dürfte, strömt das Blut durch zwei mächtig erweiterte, das Foramen intervertebrale 9 und 10 pas- sirende Venen ab, die sich zu einem Stamme vereinigen, der dem Endstücke der V. azygos anderer Formen entsprechen dürfte. Dieser Venenstamm senkt sich in die V. cava superior nahe ihrer Mündung in den rechten Vorhof des Herzens ein. Weder eine V. azygos noch eine V. hemiazygos ist nachzuweisen. Die Venen der vier ersten Intercostalräume münden jederseits in einen eranialwärts verlaufenden Längsvenenstamm, der in die V. anonyma der betreffenden Seite mündet und als V. intercostalis su- prema communis zu bezeichnen wäre. Rechterseits vereinigen sich dann die Venen des fünften und sechsten Intercostalraumes, verstärkt durch aus den betreffenden Intervertebrallöchern hervorkommende Venenzweige, zu einem kurzen Stamme, der sich kopfwärts von dem früher als dem Endstücke der V. azygos entsprechend bezeichneten Venenstamm in die vordere Hohlvene einsenkt. An die beiden Wur- zeln dieses Venenstammes schließen sich zwei äußerst dünne Venen- stämmchen an, die von den V. intercostales 5 und 6 dort ausgehen, wo dieselben an das Foramen intervertebrale herantreten und zwi- schen Aorta und der Wirbelsäule nach rechts hin passiren. In gleicher Weise stehen die V. intercostales 7, 8 und 9 der linken Seite durch womöglich noch zartere Venenreiserchen, die sich vor der Wirbel- säule zu einem gemeinsamen Stämmchen vereinigen, mit dem dem Endstück der V. azygos entsprechenden Venenstamme der rechten Seite in Verbindung. In die Wurzeln dieses Venenstammes wieder münden die V. intercostales 8, 9 und 10 der rechten Seite und die V. intercostalis 10 erhält außerdem noch ein äußerst schwaches Ver- bindungszweigchen mit der V. intercostalis 11, doch strömt jedenfalls der größte Theil des Blutes aus dieser Intercostalvene durch die 11. Intervertebralvene den Wirbelvenen zu. Alle übrigen Intercostal- venen, also 10—18 links und 11—18 rechts, dringen durch die Inter- vertebrallöcher in den Wirbelkanal und entsenden ihr Blut vollständig in die Wirbelvenen. Choloepus didactylus besitzt somit, so wie alle bis jetzt daraufhin untersuchten Edentaten, eine doppelte hin- tere Hohlvene, weicht aber rücksichtlich des aus der Ver- einigung dieser beiden Hohlvenen entstandenen Hohlvenen- stammes dadurch von sämmtlichen anderen, bis jetzt auf ihr Venensystem untersuchten Säugern ab, dass der Hohl- venenstamm gegen die Leber zu verfolgt, nicht an Weite Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 369 zu-, sondern vielmehr abnimmt. Die Ableitung eines guten Theiles des Venenblutes der hinteren Körperhälfte erfolgt bei Cho- loepus durch die Wirbelvenen, und zwar durch die zu einem mäch- tigen Venenstamme erweiterte rechtsseitige Längsanastomosenkette der Circellus venosi und in deren Fortsetzung durch die mächtig er- weiterte neunte und zehnte Intervertebralvene der rechten Seite. Außerdem besitzt Choloepus weder eine V. azygos noch eine V. hemiazygos, und stimmt somit rücksichtlich dieses Verhaltens mit dem Braunfische ' überein. Dass Choloepus von einer Edentatenform abstammen dürfte, bei welcher ähnliche Verhältnisse der hinteren Hohlvene vorhanden ge- wesen sein mögen, wie etwa bei Dasypus setosus (l. c. Textfig. 11, pag. 620), erscheint wohl in hohem Grade wahrscheinlich und be- darf kaum einer weiteren Ausführung. Die bei unserem Thiere vor- gefundenen Verhältnisse müssen demnach als secundär abgeänderte betrachtet werden. Die Enge des Hohlvenenstammes ist daher jeden- falls keine primäre, sondern eine secundäre Erscheinung und als eine Folge der Erweiterung von Anastomosen der Hohlvene und ihrer Wurzeln mit den Wirbelvenen, die die Ableitung eines guten Theiles des Blutes der hinteren Körperhälfte dureh die Wirbelvenen möglich machte, aufzufassen. Aber auch der Mangel der V. azygos und hemi- azygos ist sicherlich als eine sekundäre Erscheinung zu betrachten, und zweifle ich nicht, dass bei den Embryonen von Choloepus in bestimmten Entwicklungsstadien bezüglich dieser Venen Verhältnisse festzustellen sein werden, die sich nicht wesentlich von den Verhält- nissen anderer, im fertigen Zustande eine V. azygos und hemiazygos besitzender Säuger unterscheiden werden. Wenn wir also die Ver- hältnisse der genannten Venen bei Choloepus als sekundär abgeän- derte betrachten, so ist wohl die nächste Frage, die wir stellen müssen, die nach den Ursachen, die diese sekundäre Abänderung veranlasst haben könnten. Häufig lassen sich ähnliche Fragen gar nicht oder in nur unbestimmter Weise beantworten. Rücksichtlich des vorliegenden Falles scheinen mir jedoch die Verhältnisse günstiger zu liegen. Wer je Gelegenheit gehabt hat, ein zweizehiges Faulthier im lebenden Zustande zu beobachten, und ähnlich wie diese Form werden sich ja darin auch, wie sich das aus den Schilderungen BREHM’S 1K. E. v. Baer, Uber das Gefäßsystem des Braunfisches. Nova Acta Naturae curiosorum Acad. Caes. Leop. Carol. Bd. XVII. 1835. Morpholog. Jahrbuch. 25. 25 370 F. Hochstetter ergiebt, die anderen Faulthierarten verhalten, der wird gesehen haben, dass der Rücken dieser Thiere sowohl im Ruhezustande, wenn sie an einen Ast angeklammert hängen, als auch, wenn sie sich vor- wärts bewegen, stets gegen den Boden gesenkt ist und so den ab- hängigsten Theil des Körpers bildet. Dieses Verhältnis tritt beson- ders schön hervor, wenn sich ein Faulthier an einem Aste horizontal oder schwach ansteigend vorwärts bewegt. Nur beim Aufwärtsklet- tern in vertikaler oder nahezu vertikaler Richtung kommt der Rücken des Thieres aus dieser abhängigen Lage.. Doch scheint diese Fort- bewegungsart, wenigstens nach dem, was ich an den in Gefangen- schaft gehaltenen Exemplaren beobachten konnte, viel weniger oft geübt zu werden, als die Vorwärtsbewegung in mehr horizontaler Richtung an einzelnen Ästen oder von Ast zu Ast. Berücksichtigen wir nun die eigenthümliche Körperhaltung von Choloepus, die so- wohl während der Vorwärtsbewegung als auch im Ruhezustande ein- gehalten wird, so werden wir wohl unwillkürlich dazu gedrängt, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Körperhaltung und den bei diesem Thiere gefundenen besonderen Verhältnissen des Venensystems anzunehmen. Zweifelsohne sind bei der eigenthümlichen Körperhaltung der Faulthiere große Strecken ihrer im Wirbelkanale verlaufenden Venen, die am tiefsten resp. der Oberfläche des Erdbodens am nächsten ge- legenen, Venenbahnen ihres Körpers. Diese Venenbahnen werden nun bei den Vorfahren von Choloepus mit den an der ventralen Fläche der Wirbelsäule verlaufenden Venenstämmen, und zwar wohl in erster Linie mit der V. azygos und hemiazygos!, dann aber auch mit dem Stamme der V. cava posterior und deren paarigen Wurzel- ästen in erfolgreiche Konkurrenz getreten sein. Fassen wir in dieser Richtung zunächst die Beziehungen der Venenbahnen des Wirbel- kanals zur V. azygos und hemiazygos und deren Wurzelzweigen ins Auge, so ist es wohl sehr einleuchtend, dass unter den durch die eigenthümliche Haltung des Körpers gegebenen Verhältnissen das Abströmen des Blutes aus den Intercostal- und Intervertebral- venen in diese Längsvenenstämme, entgegen der Wirkung der Schwerkraft, sich sehr ungünstig gestalten musste, und dass sich allmählich eine Erweiterung der tiefer gelegenen Venenbahnen des 1 Wir müssen uns ja, wie schon früher erwähnt wurde, vorstellen, dass Choloepus von einer Form abstammt, die, wie alle anderen .Säuger (ausge- nommen die Cetaceen), eine V. azygos und hemiazygos besessen hat. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 371 Wirbelkanals und insbesondere der Längsanastomosenketten zwi- schen den Circellus venosi in dem in Betracht kommenden Gebiete um so leichter ausbilden konnte, als schon die Stellung der Wirbel- säule bei der mäßigen Hochlage ihres Beekentheiles sowohl während der Ruhelage als auch bei der Vorwärtsbewegung ein Abströmen des Blutes aus den Wirbelvenen durch die Längsanastomosenketten der- selben im Wirbelkanale selbst gegen eine oder mehrere dem Herzen nahegelegene in das proximale Endstück der V. azygos miindende Intervertebralvenen begünstigen musste. In dem Maße aber, als sich eine solche Ausweitung entwickelte, musste sich das Abströmen des Blutes durch die übrigen entfernter vom Herzen in die V. azygos und hemiazygos einmündenden Intervertebralvenen in diese Venen- stiimme vermindern, und konnten auch die Intereostalvenen allmäh- lich ihr Blut immer mehr und mehr durch die Intervertebralvenen in die erweiterten, günstiger gelegenen Wirbelvenen ergießen, was zu einer Verengerung und endlich zu einem Schwunde der vom Blut wenig oder gar nicht mehr durchströmten Theile des Systems der V. azygos und hemiazygos führen musste. Ob dabei nicht auch die wechselnden Druckverhältnisse im Thorax diesen Process der Rückbildung fördernd beeinflusst haben mochten, obwohl sie ja unter gewöhnlichen Verhältnissen einen solchen Einfluss nicht ausüben können, mag dahingestellt bleiben!. Waren aber einmal, nachdem die V. azygos und hemiazygos zu- rückgebildet waren, die Strömungsverhältnisse des Blutes durch die erweiterten Längsanastomosenketten der Wirbelvenen günstigere ge- 1 Dass die Druckverhältnisse im Thorax möglicherweise für sich allein unter besonders günstigen Verhältnissen eine Rückbildung der V. azygos her- beiführen können, dafür scheinen mir die Befunde beim Braunfisch (K. E. v. BAER, I. c.) und Delphin zu sprechen, denen diese beiden Längsvenenstämme mangeln. Bei diesen Thieren steht nämlich die Luft in den Lungen während des Tauchens unter einem verhältnismäßig sehr hohen Druck, unter dessen Ein- fluss sich insbesondere an den Lungenrändern, wie ich dies an zwei Exemplaren von Delphinus delphi feststellen konnte, Veränderungen entwickelt haben, die denen sehr ähnlich sind, wie sie beim Menschen unter pathologischen Verhält- nissen bei Lungenemphysem gefunden werden. Dieser hohe Druck muss sich aber auch auf die den Lungen benachbarten Organe übertragen, und vor Allem die V. azygos und hemiazygos in ungünstigem Sinne beeinflussen, um so mehr, als denselben im Wirbelkanale collaterale, den im Thorax bestehenden Drucke nicht direkt ausgesetzte Venenbahnen bestehen. Und so mag es denn während der stammesgeschichtlichen Entwicklung dieser Thiere unter dem Einflusse des während des Tauchens bestehenden hohen intrathorakalen Druckes zu einer Riickbildung der V. azygos und hemiazygos gekommen sein. 25* 372 F. Hochstetter worden, dann konnten auch die bei Choloepus an der hinteren Hohl- vene beobachteten Verhältnisse sich entwickeln, indem durch die normal bestehenden Anastomosen zwischen dieser Vene und ihren Wurzeln einer- und den Intervertebralvenen andererseits das Blut, seiner Schwere folgend, in ausgiebiger Weise in die Wirbelvenen ab- fließen konnte, was allmählich eine beträchtliche Erweiterung dieser Anastomosen zur Folge haben musste. Wurde aber so das Blut schon aus den Wurzelzweigen der V. cava und aus ihrem paarigen Abschnitte immer mehr und mehr durch die sich ausweitenden Ana- stomosen in die Venenbahnen des Wirbelkanals abgeleitet, so musste der Stamm der hinteren Hohlvene auf seinem nicht unbeträchtlich langen Wege zur Leber in gleichem Maße an Kaliber abnehmen und schließlich die Verhältnisse darbieten, die wir bei den beiden von uns untersuchten Thieren feststellen konnten. Natürlich musste es in hohem Grade interessiren, ob auch bei anderen Faulthieren, die ja eine ganz ähnliche Lokomotionsweise üben wie Choloepus, sich ähnliche eigenthümliche Verhältnisse des Venensystems nachweisen lassen würden, was ja, die Richtigkeit der Annahme über die Ursache der Entstehung dieser Eigenthümlichkeit vorausgesetzt, vorauszusehen war. Nach vielen Bemühungen gelang es mir denn auch, ein gut konservirtes ausgewachsenes Exemplar von Bradypus tridactylus zu erhalten!, an welchem ich die Venen, so weit sie für den Gegenstand meiner Untersuchung in Betracht kamen, noch ziemlich vollständig injieiren und untersuchen konnte. Dabei ergaben sich Befunde, die in mancher Beziehung mit den bei Choloepus gemachten nicht übereinstimmten. Mit Rücksicht auf ein Verhalten war jedoch die Übereinstimmung, wie vorauszusehen war, eine sehr weitgehende, nämlich bezüglich des Fehlens der V. azygos und hemiazygos. Das Blut sämmtlicher Wirbelvenen der Thoracal-, Lumbal- und Sacralregion gelangte bei dem untersuchten Thiere durch zwei ver- hältnismäßig mächtige, in einiger Entfernung hinter einander mün- dende Venenstämme in die V. cava anterior. Der eranialer mündende von diesen beiden Stämmen kommt aus dem zweiten Foramen inter- vertebrale dextrum hervor und nimmt außer der V. intercostalis dextra 2 die vereinigten Stämmchen der V. intercostales et inter- 1 Ich verdanke dieses Exemplar der gütigen Vermittelung des Herrn Dr. IHERING, Direktor des Museums Paulista in San Paolo in Brasilien, dem ich an dieser Stelle für seine Freundlichkeit meinen herzlichsten Dank sage. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten 373 vertebrales 1 und 3 der rechten Seite auf. Der zweite ungefähr gleich mächtige Venenstamm verlässt den Wirbelkanal durch das Foramen intervertebrale 6 der rechten Seite und nimmt hier die V. intercostalis dextra 6. sowie einen cranialwirts vor den Ligamenta radiata der siebenten und achten Rippe vorbei verlaufenden schwa- chen Venenstamm,auf, dessen Wurzeln aus dem siebenten und achten Intereostalraum der rechten Seite stammen. Außer einigen über die Ligamenta radiata der Rippen hinziehenden äußerst feinen, die Venen zweier benachbarter Intercostalriume verbindenden Anastomosen und einigen kleinen Mediastinalvenen finden sich dann nur noch äußerst zarte, paarige Begleitvenen vor, welche an die A. intercostales com- munes angeschlossen sind, die auf beiden Seiten vorhanden, nach einander die A. intercostales 10, 11 und 12 abgeben. Eine V. azygos und hemiazygos, wie sie bei anderen Säugern vorkommt, fehlt also auch hier vollständig und nur der aus dem sechsten Foramen intervertebrale hervortretende Venenstamm kann in seiner Fortsetzung bis zur Einmündung in die V. cava anterior, also auf einer ganz kurzen Verlaufsstrecke, als aus dem Mündungsstück der während des Embryonallebens gewiss auch bei dieser Form vor- handen gewesenen V. azygos hervorgegangen betrachtet werden. Im Gebiete der hinteren Hohlvene zeigen sich jedoch bei Bra- dypus tridactylus von den bei Choloepus gefundenen abweichende Verhältnisse. Die Wundernetze, welche die V. iliacae externae et internae bilden, sind (vgl. Taf. XV) ungleich reicher als dort, und insbesondere bilden die beiden V. caudales ein das Wundernetz der A. caudalis durchflechtendes, ungemein reiches, über die ventrale Fläche des Kreuzbeines. herauflaufendes Wundernetz. Die beiden V. cavae nehmen dieselbe Lage zur Aorta ein wie bei Choloepus, doch stehen sie an ihrer Wurzel (Taf. XV) ventral von der Aorta durch mehrere, zum Theil unter einander verschmelzende Anastomosen, an deren caudalste sich ein Zweig aus dem Plexus der V. iliaca sinistra anschließt, in ausgiebiger Verbindung. Cranialwärts von der A. mesenterica posterior wendet sich die linke V. cava posterior vor der Aorta nach rechts hinüber und vereinigt sich hier mit der rechten zu dem mächtigen Stamme der unpaaren V. cava posterior. Das Verhalten der V. renales und ihre Verlaufsweise, sowie die der A. renales ist aus Taf. XV ersichtlich, und lässt sich bezüglich desselben das Gleiche aussagen wie bei Choloepus. Auch hier scheint die Niere sekundär caudalwärts verlagert zu sein. Bei a, a Taf. XV er- scheinen die aus dem Ligamentum latum kommenden, das Blut aus 374 F. Hochstetter dem Uterus und den Ovarien ableitenden Venen durchschnitten, wäh- rend ein die Ureteren begleitendes Venengeflecht, welches auch ein- zelne Zweige vom Uterus bezieht, mit dem Ureter ebenfalls durch- trennt wurde. Eine kurze, aber mächtige V. suprarenalis sinistra mündet dort in die V. cava posterior sinistra ein, wo diese vor die Aorta herüberbiegt, während die rechte Nebenniere, dem Hohlvenen- stamm anliegend, ihr Blut durch eine ganz kurze Vene in diesen entsendet. Außerdem zieht jedoch sowohl von der rechten als von der linken Glandula suprarenalis ein Venenstämmchen caudalwärts, welches jederseits in die cranialst gelegene der V. ovaricae ein- mündet. Mit den V. vertebrales hängen die beiden V. cavae posteriores durch, die A. lumbales begleitende, nicht besonders starke V. lum- bales zusammen, in welche auch die die periphere Strecke der Lumbal- arterien begleitenden Venenreiserchen einmünden. Diese Lumbalvenen verbinden sich dann wieder unter einander durch ventral von den Processus costarii der Lendenwirbel gelegene Längsanastomosen. Eine ähnliche Verbindung besteht ferner rechterseits zwischen Hohlvenenstamm und Wirbelvenen durch eine die A. intercostalis communis für die A. intercostalis 13 und 14 begleitende Vene, die mit ihrer Arterie zwischen medialem und mittlerem Zwerchfell- schenkel das Zwerchfell passirt, während linkerseits eine an gleicher Stelle das Zwerchfell passirende Venenverbindung aus der V. cava posterior sinistra (bei Taf. XV) hervorgeht und die A. intercostalis 13 begleitet, die hier getrennt von der A. intercostalis 14 aus der Aorta entspringt. Ferner bestehen Verbindungen zwischen den Wirbel- venen einer- und den Wundernetzen der V. iliacae und der V. cau- dales andererseits, welche, kleine Arterienzweigchen begleitend, die Foramina sacralia anteriora passiren. Wie sich die Venenverhält- nisse im Inneren des Wirbelkanals gestalteten, konnte leider nicht mehr festgestellt werden. Warum sehen wir nun bei Bradypus tridaetylus nicht auch ähn- liche Verhältnisse bezüglich der hinteren Hohlvene hergestellt wie bei Choloepus und warum ist es nicht auch hier unter den ähnlichen mechanischen Einflüssen der Körperhaltung zu einer Erweiterung der Verbindungen zwischen Hohlvene und Hohlvenenwurzeln einer- und den Vertebralvenen andererseits mit Rückwirkung auf die Kaliber- verhältnisse der ersteren gekommen, nachdem doch eine Rückbildung der V. azygos und hemiazygos erfolgt war? Diese Frage mit einiger Sicherheit zu beantworten wird wohl Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Venensystems der Edentaten. 375 kaum möglich sein. Doch möchte ich wenigstens vermuthuugsweise aussprechen, dass zwei Verhältnisse diesen Unterschied bedingen konnten. Erstlich scheint die Stellung der Wirbelsäule und zwar speciell des Lenden- und Kreuzbeintheiles derselben bei Bradypus und Choloepus sowohl während des Ruhezustandes als auch wäh- rend der Bewegung keineswegs eine übereinstimmende zu sein, da Choloepus relativ längere hintere Extremitäten besitzt wie Bradypus. Bei dem von mir untersuchten Exemplare von Bradypus beträgt die Länge des Oberarmes 12,4 cm, die des Vorderarmes 11,5 em, die des Oberschenkels 8,2 cm, die des Unterschenkels 8,4 cm, bei dem ausgewachsenen Exemplare von Choloepus dagegen die Länge des Oberarmes 14 cm, die des Vorderarmes 17 cm, die des Oberschenkels 13,5 em, die des Unterschenkels 14,5 em. Diese größere Länge der Hintergliedmaßen wird sich nun auch bei mäßig gebeugtem Knie- gelenke in der Weise geltend machen, dass bei Choloepus sowohl in der Ruhelage des Körpers als auch bei horizontaler oder sanft aufwärts gerichteter Vorwärtsbewegung das Becken dem Erdboden näher liegen wird, als dies bei Bradypus unter gleichen Verhält- nissen der Fall wäre. Die Folge davon wird wieder sein, dass bei Choloepus unter den angedeuteten Verhältnissen der Lumbaltheil und der caudalste Abschnitt des Thoracaltheiles der Wirbelsäule, wenn wir von ihrer Krümmung absehen, einen viel kleineren Winkel mit der Horizontalebene bilden wird, als dies bei Bradypus! der Fall ist. Bei Choloepus dürfte daher das Gefälle, unter dem das Blut in der hinteren Hohlvene strömt, wesentlich geringer sein als bei Bra- dypus, ein Verhältnis, welches jedenfalls geeignet ist, den Blutstrom in der hinteren Hohlvene bei Choloepus zu verlangsamen. Diese Verlangsamung des Blutstromes wird aber auch noch durch ein zweites Verhältnis verstärkt werden, ein Verhältnis, welches durch die relativ bedeutende Länge des Hohlvenenstammes bei Choloepus gegeben ist und wieder auf die bedeutendere Länge des Thoraco- lumbalabschnittes der Wirbelsäule dieser Form zurückgeführt werden kann. Choloepus didactylus besitzt 27 Thoracolumbalwirbel mit einer Gesammtlänge von 35 cm des betreffenden Wirbelsäulenabschnittes, während das von mir untersuchte Exemplar von Bradypus tridactylus 17 Thoracolumbalwirbel mit einer Länge von 22cm des zugehörigen 1 Die Stellung der Wirbelsäule dieser Form wird sehr gut durch die Ab- bildung eines Bradypusskelettes aus der Berliner anatomischen Anl in BrREHM’s Thierleben, Säugethiere, Bd. II pag. 645, illustrirt. 376 F. Hochstetter, Beitrag zur vergl. Anatomie d. Venensystems der Edentaten. Wirbelsäulenabschnittes aufweist. War aber bei den Vorfahren von Choloepus die Vorwärtsbewegung des Blutes in der hinteren Hohl- vene eine bedeutend langsamere als bei den Vorfahren von Bradypus, bei \elchen sich der Blutstrom in der Hohlvene in Folge des be- deutenderen Gefälles rascher vorwärts bewegen konnte, so konnten auch die unter mechanisch günstigeren Verhältnissen gelagerten Wirbelvenenbahnen bei Choloepus erfolgreich mit der parallel ver- laufenden Hohlvene konkurriren, und es konnte zu einer Ausweitung der Lumbalvenen und anderer Verbindungsvenen kommen, die bei den Vorfahren von Bradypus ausblieb, weil die Strömungsverhält- nisse in der hinteren Hohlvene bei dieser Form aus den oben an- geführten Gründen günstigere blieben. Morpholog. Jahrbuch Ba.XXV. laf Xv. | | | | \ Glandula suprarenalis dextra......-.--.—. il Ureter --—- ar : , ; : Die hintere Hohlvene und ihre U urzeln von Bradypus Tridactylus & The Development of the Cartilaginous Skull and of the Branchial and Hypoglossal Musculature in Necturus. By Julia B. Platt. With Plates XVI—XVIII. Introduction. It is now several years since KASTSCHENKO ('88) first called attention to the fact that many cells of the neural crest in the head of the Selachian embryo do not take part in the formation of the nervous system, but give rise to reticular mesoderm, or mesenchyma. It was, however, already known to those interested in the early development of the nervous system, that the anterior part of the neural crest is not represented in corresponding ganglia. In 1878 MARSHALL showed that the neural crest extends forwards to the level of the optic outgrowth, consequently beyond the region in which the ciliary and trigeminal ganglia are found. v. W1JHE (82) also described the anterior division of the neural crest in the Se- lachii as extending from the anterior part of the hind-brain even beyond the optic vesicles, thus occupying the whole width of the mid-brain. v. WiJHE tells us that this anterior part of the neural crest gradually vanishes from before backwards, adding that he cannot say with certainty what becomes of it. KASTSCHENKO, however, definitely states that the cells thus lost from the neural crest neither degenerate, nor take part in the formation of nervous tissues, but add themselves directly to the mesenchyma, a tissue which, in the opinion of KASTSCHENKO, is 378 Julia B. Platt nothing other than the sum of the embryonic ceils which have been left unused in the formation of epithelial organs (loc. cit.). We have here ground for a seemingly sharp distinction between structures formed from epithelia which may be traced directly to one or other of the primitive germ-layers, and structures of mesenchymal origin, in the formation of which any or all of the germ-layers may participate. This distinction, however, is not as definite as it at first might seem. Cells of the mesenchyma, primarily derived from epithelial layers, may again secondarily associate themselves in the formation of epithelia. Thus, the wall of the »anterior« head-cavity in the Selachii is formed from scattered cells, i. e. mesenchyma, of endodermie origin, yet, at the stage of its highest development, the wall of this head-cavity is perfectly epithelial in structure, differing apparently in no wise from the wall of the neighboring mandibular cavity, which traces its origin directly to the primitive mesodermic germ-layer, and ultimately gives rise to the mandibular muscles. Moreover, the homologue of an organ derived in one Vertebrate from epithelial tissues, may, in another Vertebrate, be derived from the mesenchyma. Thus, the eye-muscles which develop in the epi- thelial walls of the praemandibular, mandibular, and third head- cavities in the Selachii, are formed in the Amphibia in the mesenchymal tissue median to the optic vesicles. These instances serve to show that the distinction between epithelial and mesenchymal tissues is indefinite, and that the division of the mesoderm on the basis of this distinction lacks wide morphological significance, although most conveniently descriptive of actual histological condi- tions. Doubt which attaches to the origin of one part of the middle- layer, does not leave the other part altogether unaffected, but rather brings into question the morphological value of the whole. Is there.in the Vertebrata a median germ-layer, whose cells have a common origin, and which gives rise to definite systems of organs? v. KÖLLIKER (’84, page 201) answers this question by ably defending the view that it is no longer possible to associate each germ-layer exclusively with one or more tissues, but that each layer is capable of giving rise to all of the principal tissues. Observed processes of growth, however, seem to warrant the assumption that, in the Vertebrata, at the time of gastrulation, the cells of the inner layer have been so far differentiated that they are no longer capable of producing nervous tissues, and that the cells of the outer layer are no longer able to fulfil the digestive functions The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 379 of the organism. Where the two primitive germ-layers pass into one another, along the margin of the blastopore, or in the line of its morphological equivalent, lies the area of doubt, coextensive with the mesoderm which is here proliferated. Not only is the degree of specialization which has taken place in the cells of the mesoderm open to question on the basis of the ectodermic or endo- dermie affinities of the tissues they subsequently produce, the very origin of the cells is doubtful, for in the highest Vertebrates the cells of the middle layer arise from the ectoderm; in the lowest Vertebrates — unless Amphioxus be, as Lworr (94) claims, an exception — the mesoderm is derived from the endoderm, while in intermediate forms both of the two primitive germ-layers contribute to its formation. This difference of origin is explained by coenogenetic changes which, in separating the two primitive germ-layers, associate the band of cells destined to give rise to the mesoderm with one or other of the primitive layers according as the line of separation passes along the ectodermic or endodermic margin of the band. Thus, if the separation of the two germ-layers takes place along the endodermic margin of the band of cells from which the mesoderm arises, this tissue appears to be derived from the ectoderm, or from the endoderm when the conditions are reversed. Although the explanation is simple, the complications produced by coenogenetic digressions from the plan of typical gastrulation, have led to the greatest divergence of opinion regarding the actual and theoretical, or phylogenetic, origin of the mesoderm, as amply testified in the critical reviews of MEHNERT (91), and KEIBEL (93). When one turns from the question of the origin of the mesoderm to ask, what are the organs to which the middle layer gives rise? The answer is not less indefinite. The mesoderm gives rise to muscles. Yes, but v. KOLLIKER (84) tells us that the outer germ- layer possibly gives rise also to nonstriated muscle fibres in connection with glands of the skin, since, as first maintained by v. KOLLIKER (49), and afterwards confirmed by Lrypic, and Ranvier, muscle cells are found between the secretory cells of the gland and its connective tissue covering. v. KÖLLIKER admits, however, that other interpretations regarding the origin of these muscle cells are possible. It may be said that there is no reason for assuming that the outer surface of the mesoderm is always bounded by connective tissue, or it may be held that these muscle fibres are formed by wandering 380 Julia B. Platt cells of mesodermie origin, and v. KÖLLIKER (’S4) considers the question of their origin in any case enigmatical. HEIDENHAIN ('93), however, calls attention to the fact that the muscle cells in question are connected, in the Amphibia, with the epidermis by intercellular strands of protoplasm similar to those found between the epidermis cells, and finds in this organic continuity evidence that the muscle cells belong genetically to the outer germ- layer. v. KÖLLIKER (’84) moreover, adds that the same difficulty occurs in connection with the endoderm, since here also smooth muscle fibres have been found immediately on the endodermal epithelium of the lung in the Mammalian embryo, as testified by Srrepa (78) and himself (79). The vascular system is claimed for the mesoderm. Yet GoErTE tells us that in the Amphibia (’75) and in Pe- tromyzon (90), the first blood cells come from the endoderm, and his observations have been confirmed by Scuwink (91). Houssay (93) also affirms that the endoderm takes part in the formation of the vascular system in Axolotl, while Horrmann (93) even claims an endodermic origin for the vascular system in the Selachii’. GOETTE is inclined to believe the endodermie origin of the blood the more primitive, while ZIEGLER (92, page 28), regarding the mesoderm as the primitive source of vascular tissue, calls attention to the fact that the blood cells in the Amphibia arise in places, where, in the younger embryo, there was a continuous connection between mesoderm and endoderm, from which ZIEGLER concludes that it is »theoretisch denkbar« that in the course of phylogeny the place of origin of the blood was displaced from the mesoderm to the endoderm. In the Urodela and young Mammalia, the spleen is a source of red blood-corpuscles. The Mammalian spleen is of mesodermic origin, but according to MAURER (90), the spleen of Amphibia is derived from the endoderm. ZIEGLER adds that most zoologists assign to the endothelium of the blood vessels the same origin as to the blood corpuscles. The endothelium is therefore usually described as mesodermic, but GOETTE (loc. cit.) and Scuwink (loc. cit.) derive the endothelium of the heart in the Amphibia and in Petromyzon from the endoderm, and 1 My sections of Acanthias embryos convince me that HOFFMANN was unfortunate in the preservation of the material on which this statement is based. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 381 Ragı (’87) confirms the statement for the Amphibia, while Rickert (88) affirms that in the Selachii, individual cells migrate from the wall of the alimentary canal to take part in the formation of the heart and blood-vessels. In Necturus, cells which form the endothelium of the heart also appear to arise from the endoderm. There are, however, meso- dermic cells in the immediate neighbourhood, to which these endothelial cells might possibly be traced by one strongly convinced that the origin of the vascular system is, or ought to be, throughout meso- dermic. However, the ventral blood-vessel (i. e. heart) immediately divides into two large vessels that run forwards and upwards to the dorsal aorta, through the mandibular arch. In Necturus, these mandibular aortae arise as spaces enclosed by thin protoplasmic extensions from cells still remaining in the wall of the ali- mentary canal (fig. 19, pl. XVIII). That these cells consequently are endodermic is not open to question. It is not even »theoretisch denkbar« that they have been displaced from the mesoderm at an earlier stage, for the axial mesoderm primarily extends in Necturus no farther than the transverse plane in which the chorda ends, or to the plane of the hyomandibular clefts. Anterior to this plane, the ectoderm rests directly on the endoderm with no intervening mesoderm. When the mesoderm finally extends forwards beyond the plane of the hyomandibular clefts, it does so as a distinct and sharply defined tissue, by no means continuous with the endoderm. Hence there can be no thought of an earlier fusion between the . mesoderm and endoderm in the region in which the mandibular arteries arise. Moreover, the cells from which the mandibular arteries are formed, are not from the wall of the wide archenteron, but from the wall of the anteriorly closed tube of the alimentary canal. In giving the grounds for believing the mesoderm to be the true source of the vascular system, ZIEGLER (loc. cit.) says: »In the Anura and in all Amniota the marrow of bones is concerned in the production of red blood corpuscles: no one will doubt that the marrow of bone belongs to the mesoderm and, indeed, to the mesen- chyma.« Now, according to KASTSCHENKO (loc. cit.), the mesenchyma is in part ectodermic, and according to GORONOWITSCH ('92, page 456) just this eetodermie part of the mesenchyma contributes in the bird to the formation of bone. How then may we be sure that no cells of ectodermic origin take part in the formation of the vascular system ? 382 Julia B. Platt I ask this question, not that I think the vascular system ectodermie, but merely to call attention to the fact that even the origin of blood corpuscles in the marrow of bone does not prove beyond all question their mesodermic origin. It is probable that Rast (94) and Harrison (94) were right in thinking inadequate methods responsible for a mistake, when Kuaarscn (94, 95) derived the scleroblasts of Teleostei from the external ectoderm, nevertheless the origin of the skeleton is still open to question, since KASTSCHENKO (loc. cit.) believes mesenchymal tissues to be the product of cells contributed from all of the germ- layers, while GoronowitscH (’92) finds that that part of the mesen- chyma which contains the lost cells of the neural crest gives rise to bone. Moreover, in a preliminary notice (93) I have maintained that the branchial cartilages in Necturus arise from wandering eetodermie cells, while v. KUPFFER (95) describes the branchial car- tilages in Petromyzon as formed by cells of the deeper layers of the ectoderm in situ. The doubt which attaches to the origin of the mesoderm affects the chorda in like degree, since like the meso- derm, this axial structure, arising from the region where ectoderm and endoderm typically unite, seems in higher Vertebrates a product of the ectoderm, and of the endoderm in lower Vertebrates. v. KÖLLIKER (84) calls attention to the marked difference in the kinds of tissue derived from the outer germ-layer. First, there are two tissues so fundamentally different as nervous tissue and the outer skin, with which the epithelia bounding the cavities of the central nervous system might be compared. Further, the medullary plate gives rise to a peculiar supporting tissue which is certainly not widely different from real connective tissue, and which v. KÖLLIKER is inclined to place among the connective tissues, I need merely mention the discussion regarding the ectodermic or mesodermic origin of the pronephric duct, as enough has been said to show that there is hardly an important system of mesodermic tissues — excepting only the reproductive glands — which is not in one or another Vertebrate, by one or another investigator, attri- buted, in whole or in part, to either the outer or the inner germ- layer, if not. to both. It is therefore evident that in the term »meso- derm«, we have grouped together cells of widely different origin, and that we describe as »mesodermic tissues« many tissues which are in part at least derived from other germ-layers. If there be a middle germ-layer, with our present knowledge, it cannot be defined. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 383 It is possible to explain the conflicting facts in accordance with the view advocated by v. KÖLLIKER (loc. eit.), and to maintain that the protoplasmic differentiation in embryonic tissues is so slight that any cell may, at the need of the organism, replace another. Thus the ultimate fate of any cell would depend chiefly on its position in relation to surrounding cells. Such a supposition makes early em- bryonic development the result of mechanical rather than chemical changes in the growing organism, and tends in the direction of the experimental work of WıLson, Morean, Roux, and others, by whom it has been shown that cells separated in early cleavage stages may each develop into an entire organism, when under normal conditions, each such cell gives rise but to a definite part of the individual formed from the whole egg. BARFURTH (95, page 349) notes, however, in the report on Regeneration, that the experiments of DrıEscH (95) on Echino- derm larvae lead him to conclude that the ectoderm is not capable of reproducing the lost cells from which the mesenchyma, and digestive tract are formed. BarrurtrH’s own experimental study of the regeneration of the germ-layers in the Amphibia lead to the same result as regards the independence and specialization of the germ-layers, which is further confirmed by Mor@an (95). BARFURTH also cites the experiments of Barra (95) on the implantation of bone as tending to demonstrate the independence of the layers. We stand before the fact, BARFURTH says (page 374), that on the one hand the entoderm, if you choose, cannot replace the ectoderm in regene- rative development, while on the other hand both layers in typical development may -produce epithelia as well as glands, muscles, and other tissues, and the question consequently arises, whether, for example, a smooth muscle fibre derived from the mesenchyma is actually in every respect similar to the smooth muscle fibre produced by the ectoderm. Although the mesoderm was once associated with the ectoderm as a source of nervous tissue, it is at present seldom, if ever, affirmed that the mesoderm takes part in the formation of nerves or ganglia, unless, with KASTSCHENKO (loc. cit.) and GORONOWITSCH ('92), we include in the mesoderm, i. e. mesenchyma, all wandering cells of whatever origin, that chance, even temporarily, to lose their epithelial connection. The normal development of the peripheral nervous system in lower Vertebrates, with the attendant growth of nerve fibres from 384 Julia B. Platt scattered peripheral cells of ectodermic origin, as in the course of the ramus ophthalmicus profundus trigemini, or of the nerve trochlearis, is in itself a demonstration of the exclusive assumption of nervous functions by the cells of the ectoderm. The formation of nerve fibres from such scattered cells — mesenchymal cells, save for their ectodermic origin — has been described by v. KUPFFER in Petromyzon (90, ’91), by Brarp (’87, ’88), FRoRIEP (91a) and myself 91) in the Selachii, and by myself in Necturus (96). It plainly shows that the wandering ectodermic (mesenchymal?) cell does not lose the ectodermic properties which distinguish it from neighboring cells of different origin. Perhaps no more striking instance of the independence of the ectoderm, as well as of the potential equivalence of all ectodermic cells can be found than that furnished by the regeneration of the lens, after extirpation in the Urodela, from the marginal epithelium of the retina. This replacement of a highly modified, and essentially non-nervous structure, originally derived from the external ectoderm, by cells belonging genetically to the infolded ectoderm of the central nervous system is described by Worrr (’94, 95) and confirmed by MÜLLER (96). Thus the phenomena of regeneration, as well as the normal development of ectodermic and endodermic tissues in the Vertebrata, speak strongly against the theory that each layer is capable of giving rise to all of the principal tissues. What we need is the explanation of the participation of more than one germ-layer in the formation of so-called mesodermic tissues, and of these tissues alone. A theoretical explanation lies near at hand. It is possible to suppose that, in the developing egg at the blastula stage, the protoplasm at opposite poles becomes differentiated in the direction of ectodermic or endodermie properties mutually exclusive of one another. At the same time an equatorial band of cells is deprived of these strictly ectodermic or endodermic properties (which we imagine concentrated in the cells at the opposite poles of the egg), but retains certain properties of which the polar cells have been deprived (ex. reproductive properties). The may suppose that there remain, however, a group of properties (ex. muscular) potentially common to all of the cells of the egg should circumstances call for their development, although usually developed in the band of equatorial cells alone, which in the infolded gastrula represent the mesoderm. Perhaps the theory would correspond more closely with observed The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 385 facts of development, if it were further assumed that certain pro- perties, usually developed in the equatorial cells (ex. skeletal) are potentially properties of the cells at the ectodermic pole of the egg, while excluded from the cells at the endodermic pole, and that other properties of the equatorial cells (ex. vascular) are potential properties of the cells of the endodermic pole, but not of the ectodermic. Such a theory accounts for the inability of one germ-layer to replace another, since no two are in all respects potentially equivalent. It also seems to meet the conditions of actual development better than the long accepted view that each germ-layer differs absolutely from the others in the kind of tissue it can produce, or than the more recent theory that any tissue may arise from any germ-layer. The association of endodermie cells with the mesoderm in the form- ation of vascular tissue seems to me. significant in consideration of the fact that in lower organisms circulatory functions belong to the digestive tract, and have been assumed by the mesoderm during the evolution of higher forms. A similar reason for the association of ectodermic cells with the mesoderm in the formation of supportive or protective tissues suggests itself, since of the two primitive germ- layers, it was doubtless the ectodermic which originally fulfilled these functions. However, before any theory can be accepted as adequate, we need to know, as BARFURTH suggests, whether the smooth muscle fibre produced by the ectoderm is in every way similar to that derived from the mesenchyma; we need to know whether cells which leave their epithelial connection and wander into the mesenchyma lose or retain the primitive characteristics of the layers from which they are derived. In short, we need to know the origin and fate of all of the cellular elements of which the mesenchyma is composed. The first effort to determine what becomes of the cells of the neural crest after they enter the mesenchyma came from GORONO- WITSCH (92) in a preliminary paper, entitled »Die axiale und die laterale Kopfmetamerie der Vogelembryonen. Die Rolle der sog. ‘Ganglienleisten’ im Aufbau der Nervenstämme«. In this paper GORONOWITSCH notes that the cells of the neural crest become scattered as they approach the dorsal part of the axial mesoderm, with which they soon absolutely identify themselves, so that the two kinds of cells cannot be distinguished (page 456). One can only say in general that the elements of the scattered neural crest group themselves in a region dorso-lateral to the axial mesoderm, from Morpholog. Jahrbuch. 25. 26 386 Julia B. Platt which Goronowirscu concludes that the most extensively developed part of the neural crest in the bird has nothing to do with the development of nerves or ganglia, in consequence of which it is evident why the crest is largest in the region of the mid-brain. The massive production of mesodermic material appears where the widest part of the skull is to be formed. GORONOWITSCH finds that, in association with true mesodermic cells, part of the neural-crest cells give rise to a »nervenführenden« tissue through which the true nerve fibres ultimately make their way. A proliferation of cells from the ectoderm into the mesoderm at the margin of the gill clefts is also noted. This paper was followed by a short preliminary notice by JULIA Puatr (93) of the formation of the branchial cartilages in Neeturus from cells of ectodermic origin. In the final paper of GORONOWITSCH (93) we further find that the sheath of ScHWANN (page 212) arises from the nerve-supporting tissue which GORONOWITSCH describes as formed in part at least from cells of the neural crest, and it is suggested (page 216) that the mesenchyma-forming activity of the ectoderm in different regions of the head shows us that the origin of the cutis from the ectoderm is possible. Nothing is said regarding the origin of cartilage either in the branchial arches or elsewhere, but near the close of the paper (page 253) we read that the »periaxiale Stränge« may rather be associated with the development of the visceral arches than with the development of nerves, while on page 254, GORONO- wırscH adds, that he must leave for the present undecided whether the significance of the »periaxiale Stränge« in the development of the visceral arches consists merely in the fact that. they form a part of the musculature of the arches. The »periaxiale Stränge«. of GORONOWITSCH are composed of cells from two sources; dorsally of cells from the neural crest, and ventrally of cells proliferated from the mesoderm. The resultant tissue, however, is described as homogeneous. The fate of the neural crest in the Teleostei, GORONOWITSCH finds similar to that of the neural crest in the bird. The conclusions which I reach from the study of wandering ectodermic cells in Necturus differ widely from the conclusions reached by GORONOWITSCH in the study of the bony fish and bird. Owing to a passing differentiation, occasioned by unequal ab- sorption of yolk granules in the tissues of the head, the cells which The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Necturus. 387 leave the neural crest and the external ectoderm in Necturus, do not form with wandering cells from the mesoderm, a homogeneous tissue, but remain for some time distinct. An account of the origin of these cells, which I group together under the term mesectoderm, has been given in my first study on the ontogenetic differentiations of the ectoderm in Necturus (94), and is reviewed at the beginning of the second division of the present paper under the heading Procartilage. In this first study, I followed. the migrations of the cells of the mesectoderm until the stage of development in which these cells divide into two groups, one composed of nervous tissues, and the other of connective tissues. A second study (96) was concerned with the development of the peripheral nervous system, while the present study discusses the further fate of that part of the mesectoderm which remains as connective tissue. PartI and Part II of this study are separated by the appearance of true cartilage. In Part III those facts regarding the development of the branchial muscles, which have been noted in the first part of the study, in association with the development of the procartilage of the branchial arches, are brought together and extended, and the origin of the hypoglossal musculature is described, with a short discussion of the occipital segmentation. A few points of interest which appear in the second and third parts of the study, are noted in a summary at the end. The conclusions reached in the first part of the study — that concerned chiefly with the formation of pro- cattilage — are discussed below, in the introduction, because of their direct bearing on the theoretical and actual value of the middle germ-layer. I find that the branchial cartilages and the anterior part of the trabecular bars are formed in Necturus from mesectoderm, i. e. wandering cells of ectodermie origin. The posterior part of the trabecular bars, the basal plate of the chondrocranium, the auditory capsules, and the occipital arch are formed in mesenchyma of purely mesodermic origin. The mesectoderm appears to take no part in the formation of the endothelium of the blood vessels, nor does the mesectoderm take part in the formation of muscular tissue. It composes, however, the connective tissue which underlies the epi- thelium of the mouth at the time when the teeth first appear, and is consequently the source of the primitive dentine, not by direct proliferation from the epithelium of the mouth, as maintained by 26* 388 Julia B. Platt KLAATscH (94) and denied by Röse (94), but through the migration into this region of cells similar to those that form the basis of the branchial cartilages. Except for the cells that underlie the epithe- lium of the mouth, the mesectodermic part of the connective tissue is almost entirely consumed in the production of the branchial eartilages and the trabeculae. Those cells that remain become for me indistinguishable from wandering mesodermie cells, by which I would not imply that I believe them to form an identical tissue with the mesoderm. I know nothing further about them. My conclusions concerning the fate of these wandering cells from the neural crest and external ectoderm in Necturus are compared below with the results obtained by GORONOWITSCH from the study of the neural crest cells in the bird. According to GORONOWITSCH, the tissues which may be attributed to wandering ectodermic cells, chiefly from the neural crest, are: a) neither nerves nor ganglia, but b) mesenchymal tissue identical with that derived from the mesoderm, e) skeletogenous tissue from which the skull in the region of the mid-brain is formed, d) embryonic nerve-supporting tissue, e) the sheath of ScHWANN, f) possibly the cutis (from ext. ectoderm cells), g) possibly part of the musculature, at least, of the visceral arches. The tissues derived from the mesectoderm in Necturus are: a) both nerves and ganglia, b) a connective tissue distinguished by yolk differentiation from the mesenchyma, ce) skeletogenous tissue from which the branchial cartilages and anterior trabeculae are formed, but which takes no part in the formation of the skull in the region of the mid-brain, d) not embryonic nerve-supporting tissue, but embryonic nerves, (ge) 9 f) dentine, but not the cutis, -g) no musculature in the visceral arches or else-where. An evident explanation of part, at least, of the differences in the above conclusions based on the study of the bird and of Necturus, is given by GORONOWITSCH when he says, that he absolutely loses the wandering ectodermic cells in the mesenchyma, and consequently The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 889 assumes that they form with the mesenchyma a homogeneous tissue. To my thinking inability to distinguish cells from the two sources by no means proves their identity, but should it be possible to dis- tinguish the tissues in other Vertebrates, as in Amphibia or in Petromyzon, the inference is rather that a difference actually exists in forms where the cells appear, with our present methods of differentiation, absolutely alike. Two interpretations of the phenomena connected with the de- velopment of the branchial cartilages in Necturus suggest them- selves. One may hold with KAsTscHENKo (loc. cit.) that the mesenchyma is a tissue composed of cells left over from the formation of epithelial tissues by any of the germ-layers, and that it is a matter of indiffe- rence which of the mesenchymal cells take part in the formation of any tissue, or whence the cells are derived. As favoring such a view one may regard the fact that the cartilage of the skull, in- cluding the posterior part of the trabeculae, although of mesodermic origin, apparently forms a homogeneous tissue with the cartilage of the branchial arches and of the anterior part of the trabeculae, which is of ectodermic origin. The fact that true bone arises from mesodermal cells, while the primitive dentine is derived in Necturus from the mesectoderm looks in the same direction. On the other hand, were it a matter of indifference which cells of the mesenchyma form a given tissue, it is not easily explicable why the mesectoderm, which arises in the dorsal and dorso-lateral part of the head, should migrate en masse towards the ventral part of the head, while mesenchymal cells of mesodermie origin migrate in the opposite direction. As the two tissues pass one another, the mesectodermic cells lie to the outside, the mesodermic to the inside, and each tissue appears to maintain its independence. Those mes- ectodermic cells which compose the connective tissue thus appearing, not less than the cells which compose the peripheral nervous system, to have a definite purpose before them — a purpose which requires a longer journey by a greater number of cells than is demanded by the peripheral nervous system of the embryo in this early stage of development. | A second view which may be held, is that the branchial cartilages and the anterior part of the trabeculae are not only ontogenetically, but also phylogenetically structures of ectodermie origin, possibly constituting with the notochord the primitive skeleton of the ancestral 390 Julia B. Platt Vertebrate, acquired before the mesoderm had assumed a share in the functions originally belonging to the ectoderm. It may be thought that the partieipation of mesectoderm in the formation of dentine tells against this view. However, the tooth, or placoid scale, stands on the border line where the external ectoderm first calls the lower tissue to its aid in forming a defensive skeleton, in which enamel, a product of the ectoderm, was first and originally the only. hard substance (WIEDERSHEIM, 793, page 45). This introduetion does not claim the merit of an historical or critical review, since many works of importance, which might have been mentioned, have been omitted, while those of less accuracy have been coordinated with those of greater. My purpose has been to show the position which this study holds in relation to morpho- logical questions still undecided, thus possibly justifying the detailed description which follows. Part I Procartilage. As the present study begins with a stage of development im- mediately following that with which my first study (94) on the ontogenetic differentiations of the ectoderm in Necturus closed, I briefly review those facts recorded in the earlier publica- tion which serve to explain the condition of the middle tissues in the head of the embryo about to be described. a) In Review. Prior to the closure of the neural folds in Necturus, one finds that the wings of axial mesoderm at the side of the chorda end anteriorly in the same transverse plane as the chorda itself. Anterior to this plane, the wall-of the archenteron comes into immediate contact with the ectoderm, touching the floor of the neural plate medianly and forming laterally, by contact with the ectoderm at the’ side of the neural plate, the Anlagen of the hyomandibular clefts, which consequently do not break through the mesoderm, but are secondarily surrounded by mesoderm. A similar mode of formation of the anterior branchial clefts in Petromyzon is described by v. KUPFFER (94). Anterior to the extremity of the chorda, the dorsal wall of the archenteron gives rise to mesoderm primarily quite separate from The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 391 the wings of axial mesoderm at the side of the chorda!. The dorsal wall of the archenteron is thus the source of that mesoderm which represents in Necturus the walls of the mandibular, praemandibular, and »anterior« head-cavities in the Selachii. These head-cavities, however, are not distinguishable in the endodermie mesoderm of Necturus. In later development, the anterior mesoderm, thus proliferated from the dorsal wall of the archenteron, unites with the wings of axial mesoderm, both above and below the hyomandibular clefts, forming with the axial mesoderm an apparently homogeneous tissue. In my first study on the differentiations of the ectoderm (94, page 913), I assumed, on the authority of the majority, that the axial mesoderm, which arises at the margin of the blastopore, or in the line of the primitive streak, is morphologically a tissue .of purely endodermic origin, and in distinction from later ectodermic additions to the »middle layer«, I called this presumably endodermie mesoderm »mesendoderm«. Subsequent study leads me to doubt whether the axial mesoderm can properly be regarded, even theoretically, as a derivative of the endoderm alone, and in consequence, I return to the familiar appellation »mesoderm«, using the term, however, to designate a tissue composed of cells of uncertain origin and affinities. The neural crest in Necturus is interrupted between the trigeminal and facial Anlagen. Both parts of the crest fuse with thickenings of the ectoderm which occur in two longitudinal lines on each side of the head; in a dorso-lateral line which passes through the auditory epithelium, and in an epibranchial line, immediately above the dorsal margin of the gill clefts. Along both lines of ecto- dermic thickening cells are rapidly added to those of the neural crest constituting together a tissue, the mesectoderm, peculiarly distinguished in Necturus from the surrounding mesoderm by great reduction in the size of the yolk granules with which all of the embryonic tissues are primarily crowded. Similar ectodermic thickenings from which cells are added to those of the neural crest have been described by different authors in several classes of Vertebrates, and according to the detailed description of v. Kuprrer (90, ’91) the relations in Petromyzon chosely resemble those in Necturus. | 1 This region of mesodermic proliferation is axial and does not extend laterally, relatively ventrally, to the region in which the mandibular arteries, seen in fig. 19, pl. XVIII, arise. 392 Julia B. Platt The mesectoderm forms in the trigeminal region, a wide sheet of tissue extending from the neuropore to the posterior boundary of the mid-brain, but the invagination of the auditory epithelium soon separates the facial mesectoderm from that in the region of the glossopharyngeus and vagus Anlagen. From their neural, dorso- lateral, and epibranchial lines of origin, the mesectoderm cells wander downwards immediately below the superficial ectoderm. On reaching the places where the ectoderm has fused with the endoderm to form the mouth or gill clefts, the mesectoderm, continuing its downward migration, turns inwards between the mesoderm and the endoderm, and thus finally comes entirely to surround the mesoderm of the branchial arches and to underlie the invaginated ectoderm on the anterior and posterior (ultimately dorsal and ventral) surfaces of the mouth. Meanwhile the dorsal cells of the mesectoderm group themselves into the cranial ganglia, and become distinct from the connective tissue of which the ventral part of the mesectoderm is composed. This mesectodermic connective tissue receives further additions from the ectoderm in the neighborhood of the mouth and in the branchial arches. Referring to my former paper (loc. cit.) for a more detailed account of the origin of the mesectoderm and its relation to the mesoderm in the head of Necturus, I now pass to the description of the stage of development with which this study begins. b) Descriptive. The Mesectoderm in Necturus 11 mm long. My ealier study (94) closed with the embryo 10 mm in length, and I begin this study with a stage of development immediately following, giving in fig. 1, pl. XVI, the head of an embryo 11 mm long. Figs. 1a—17, show horizontal sections through planes indicated in fig. 1 by lines lettered to correspond with the letters below the respective sections figured. Throughout this series of sections, the several kinds of tissue are diagrammatically represented. The out- lines of the tissues, however, were traced with the camera, and their relations are consequently accurate. The cells of the mesectoderm are represented in a solid shade, while the mesoderm cells are represented by circles. The cellular structure of the ectoderm and endoderm is not reproduced, as the series is given to show the The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Necturus. 393 relation of the two middle tissues (mesectoderm and mesoderm) immediately before the differentiation which may be called the pro- cartilage stage. Fig. 1a shows the most dorsal section of the series. At the left, the section passes through the floor of the auditory vesicle, and on the right slightly above the floor. The section cuts the anterior end of the notochord and the dorsal wall of the alimentary canal. The dorsal part of the third and fourth branchial clefts appears in section, but the plane of section lies above the dorsal margins of the first, second, and fifth clefts!. The large ganglia of the glosso- pharyngeus and vagus nerves lie above the plane of section, and are now separate from the connective tissue component of the primi- tive mesectoderm, through the dorsal part of which the section passes, as this tissue begins to turn inwards at the dorsal margin of the branchial clefts. The mesoderm seen in fig. 1a is chiefly composed of mesenchyma, but in each of the branchial arches a closer grouping of the cells gives rise to a mass of tissue (mes) more or less epithelial in character, which is the precursor of muscular differentiation. In each arch the mesectoderm nearly surrounds this mesothelial tissue. The section of fig. 14 passes through the cavity of the branchial chamber. The anterior (dorsal) wall has fallen away from the mesoderm, as easily happens in preparations. The plane of section passes through the second and fifth branchial clefts in addition to those of the more dorsal section. The root of the trigeminal ganglion lies between: the sections shown in figs. 1a and 1d, and the ganglion now (fig. 14) appears in two divisions. The anterior part of the 1 Although the hyomandibular cleft does not break through in Necturus, I begin my enumeration with this cleft, and also count the mandibular arch as the first branchial arch. The method of designating the whole series of arches >visceral«, and of beginning the enumeration of the »branchial< arches with the third visceral, meets with difficulties in comparative embryology since in Reptilia, Aves, and Mammalia, where embryonic arches also exist, the ' third ‘visceral arch is not truly branchial, but, like the hyoid and mandibular arches, subserves merely secondary functions, while the third visceral arch is not the first branchial, i. e. gill-bearing, in the Selachii or Ganoidei (GE- GENBAUR '78). I therefore prefer to follow BALFOUR (85) in using >branchial« as coextensive with »visceral<, and shall designate the individual arches that lie posterior to the mandibular and hyoid, as the glossopharyngeal arch, the first vagus, and the second vagus, in correspondence with their primitive nerve supply, which is constant throughout the Vertebrata. 394 Julia B. Platt facial ganglion, seen at the left in the more dorsal section (fig. 4 a) has disappeared in fusing with the sensory epithelium of the supra- orbital line, and the posterior part of the ganglion lies in this section (fig. 15) near the mesothelial tissue of the hyoid arch. The meso- thelial tissue of the hyoid arch, as well as that of the third, fourth, and fifth branchial arches, lies in the external and posterior part of the arch where it forms a cord of tissue extending vertically. The plane of fig 15 sections transversely these cords of mesothelial tissue. Aside from the mesothelial cells, the posterior branchial arches also contain many scattered mesoderm cells that take part in the formation of the vascular system. The mesectoderm in the region of the trigeminal and facial ganglia (fig. 16) lies chiefly near the external ectoderm, but several cells are also seen at the median side of the mesothelium of the hyoid arch. Above the plane of section, the external and median groups of mesectoderm cells are connected with one another, and in the embryo younger than that now described, the mesothelium of the arches is separated in its entire vertical extent from the external ectoderm by a layer of mesectoderm, and lies as a cord in the centre of a surrounding tube of mesectoderm. As development proceeds, however, the mesothelial tissue makes its way from the original, central, position towards the external and posterior surface of the arch, where it is seen in fig. 12. In the posterior branchial arches, the same shifting of the meso- thelium from its primary, central, position oceurs, and the relations of the median branchial tissues to one another are further compli- cated by the migration of cells of the mesenchyma through the mesectoderm in consequence of the development of the vascular system, as the walls of the blood vessels are formed by cells of mesodermic (or endodermic) origin. To show the great difference in the aspect of the two median tissues, mesoderm and mesectoderm, parts of three ‚sections have been enlarged and colored as they appear when stained with Bronpi-Euruicu. The third branchial arch on the left of fig. 14, included in the line 6’—d’, was chosen for enlargement in fig. 10’. On three sides of the figure, above, below,. and at the right, are seen yolk-laden cells from the wall of the alimentary canal. The bounding tissue at the left is ectoderm. In the lower, left corner of the figure, an irregular group of yolk-laden mesoderm cells repre- sents the mesothelial cord in transverse section, while scattered cells The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Necturus. 395 with yolk granules at the right of this mesothelial tissue and in the walls of the vascular spaces form the mesenchyma of the section. Most of the cells of the mesectoderm lie between the vascular spaces and the wall of the anterior branchial cleft, a few cells, however, are seen at the left, just beneath the ectoderm, and near the meso- thelium of the arch. The section shows filaments of protoplasm, but few, if any, cell outlines are to be seen in the median tissues, and the number and position of the cells may be determined merely from their nuclei. The separation of the two median tissues is sharper in the mandi- bular or hyoid arches, where mesenchymal cells of the vascular system are not interpolated in the mesectoderm. Fig. 15’ does not show the most marked difference between the median tissues, but rather illustrates the manner in which the two tissues become entangled in the vascular region of the gill-bearing arches. I have been accused of maintaining that the absence of yolk granules in the mesectoderm proves this tissue to be of ectodermic origin. Lest others than my accuser should also believe the accusa- tion warranted, I take the present opportunity to say that I know the mesectoderm of Necturus to be of ectodermic origin because I have carefully followed the tissue from its origin, tracing the development through slight degrees of growth, in embryo after embryo, from the very beginning until the stage now described. The marked differentiation of tissues occasioned by difference in the size and quantity of the yolk granules, though proving nothing in itself, makes it possible to distinguish the median tissues of Necturus from one another with greater certainty than that with which they may be distinguished in any other Ver- tebrate embryo with which I am acquainted, although I am told that a similar differentiation occurs in other of the Amphibia. The colored figures are not given to show that part of the median tissues is ectodermic, while another part is not. They are given that those who may not be able to examine Necturus embryos for themselves may see how apparent the difference between the two kinds of tissue really is. Fig. 1¢ passes through the infundibulum and the dorsal part of the optic vesicles. The hyomandibular pocket approaches the ectoderm at the left of the section. and touches the ectoderm on the right. The fifth branchial cleft has passed out of section, and of the fourth cleft only the ventral wall is seen. The compact group of mesoderm cells 396 Julia B. Platt posterior to the optie vesiele is from the dorsal part of the mesothelial tissue of the mandibular arch. The position of the neighboring mesectoderm cells is seen to be similar to that of the mesectoderm cells of the hyoid arch in fig. 15, or of the glossopharyngeal (third visceral) arch in fig, 1a, since the respective sections cut these arches at nearly the same relative level. There are, however, a greater number of mesectoderm cells at the base of the mandibular arch than at the bases of the other arches, and unlike the mesothelium of the hyoid arch, the mesothelium of the mandibular arch is completely separated, at the level of the section, from the superficial ectoderm by intervening mesectoderm. One notices chiefly in the hyoid arch the relatively large amount of mesothelial tissue, and the absence of large blood vessels. Other- wise the arrangement of the median tissues of the hyoid arch in fig. 1c, is not unlike that in the third and fourth branchial arches of fig. 1 5. In the third branchial arch of fig. 1c, one finds the number of mesectoderm cells in the inner part of the arch greatly increased. This is partly, but not entirely, due to the obliquity of the plane of section in reference to the axis of the arch. There is, however, an actual accumulation of mesectoderm cells in the ventral part of the arch. A similar increase in the number of mesectoderm cells is found in the fourth arch, moreover the mesectoderm of this arch is now, in fig. 1c, united with that of the fifth arch near the wall of the pericardium. A small knob of cells on the antero-lateral wall of the pericardium is from the mesothelium of the fifth arch as it unites with the pericardium. The mesothelial tissue on the lateral wall of the pericardium, posterior to the knob of cells just mentioned, forms the anterior extremity of the ventral longitudinal muscles of the trunk. Fig. 19 passes through the middle of the eye and sections the floor of the branchial chamber. The small lumen in the wall of endoderm is a pocket from the alimentary canal which extends ventrally towards the mouth invagination. The entrance to the mouth is still entirely closed by endoderm, as seen from the following sections (figs. 14 and 12). The anterior of the paired projections in the lateral boundary of the endoderm (fig. 19) indicate the position of the mouth, which lies ventral to them. The posterior projections are from the ventral walls of the hyomandibular clefts. On the left The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 397 of the figure, the endoderm of the cleft still touches the ectoderm. On the right the endoderm, in the plane of section, is separate from the ectoderm allowing the mesectoderm of the mandibular arch to join that of the hyoid. The position of the mesothelial tissue in the mandibular and byoid arches is essentially the same as in fig. 1c, although, as the sections have become more ventral, the mesothelium of the mandibular arch has increased in quantity while that of the hyoid has slightly diminished. Between sections 1¢ and 1g, the mesectoderm cells of the hyoid arch have increased in number, as did the mesectoderm cells of the third arch between sections 14 and 1¢, moreover the mesectoderm of one side of the body has now united with that of the other, forming a bridge of mesectoderm below the floor of the branchial cavity. To explain more completely the relations in the posterior branchial region, figs. 1d, e and f are inserted between figs. 1c and 1g. The sections follow one another dorso-ventrally in the al- phabetical order of the letters by which the figures are designated. In fig. 1d, the posterior part of the branchial cavity no longer falls in the plane of section and the walls of the third gill cleft are severed from their attachment to the floor of the branchial chamber. The median tissues of the third arch occupy relatively much the same position as in fig. 1c. In the fourth arch, the mesothelial tissue is united with the wall of the pericardium on the left, and is separated on the right merely by an intervening blood vessel. In fig. 1e, the severance of the walls of the third branchial cleft from the floor of the branchial chamber, begun in the plane of fig. 1d, is complete, and the mesectoderm of the third arch now meets that of the fourth arch. The mesothelial tissue of the fourth arch has united on either side with the wall of the pericardium. In fig. 1f, the mesectoderm of the third arch is not only united with that of the fourth arch, as in fig. 1e, but also with the correspond- ing mesectoderm of the opposite side of the head, forming a tissue that occupies the interval between the. anterior wall of the peri- eardium and the receding floor of the branchial chamber, save where the space is held by blood vessels. Returning to fig. 1g, one notices that the mesothelial tissue of the third arch, which was separate in fig. 1,f, has now in turn fused with the wall of the pericardium, while the separation of the walls of the second gill-clefts from the floor of the. branchial chamber allows the mesectoderm of the hyoid arch to unite with that of the 398 Julia B. Platt third arch. At either side of the head, the section (fig. 1g) cuts a stem of the external gills, which has budded from the third branchial arch. Fig. 1c passes through the base of a similar bud from the fourth arch. The tissue included in the line g’—g’, is drawn with higher magnification in fig. 1g’, and colored as it appears on the slide. The figure shows the ventral part of the right glossopharyngeal arch. Bounding the section above and at the right, one finds the endodermie wall of the second branchial cleft, which, at the level of the section, is separate from the floor of the branchial chamber. In the lower, right-hand corner of the figure, a mass of endodermic tissue, dis- tinguished from the ectoderm by the number of yolk granules, forms part of the ventral wall of the third branchial cleft. The tissue with yolk granules in the centre and at the left of the figure is meso- derm. The mesectoderm is nearly or quite free from yolk. Comparing fig. 1g’ with fig. 1 4’, one notices that the mesothelial tissue, which in fig. 15’ occupies an excentrie position at the outer and posterior part of the third branchial arch, retains its primitive axial position in fig. 1g', where the mesothelium of the arch, in uniting with the wall of the pericardium, changes from the vertical to the horizontal plane. Fig. 1g’ also shows that the mesothelial tissue of the third arch unites with the wall of a vascular space anterior to the pericardium as well as with the wall of the pericar- dium itself, forming together an apparently homogeneous mesoderm. This vascular space, the ventral aorta, or heart, is bounded, however, by cells at least in part of endodermie origin. The mesectoderm cells in fig. 1g’ are seen to be much more numerous than those of fig. 16’. The tissue they compose, moreover, is continuous in fig. 19’, while in fig. 1’ it is somewhat broken by cells of the mesenchyma connected with the vascular system. Fig. 14 passes through the lower part of the optic Vesiohll and shows the union of the mesothelial tissue of the hyoid arch with. the wall of the pericardium. The endoderm of the section is a solid mass of tissue in which the mouth cleft has not yet appeared. On comparing this section with those immediately preceding, it is seen that the endoderm which adjoins the anterior pericardial wall in fig. 1e, lies at some distance from the wall of the pericardium in figs. 1 f and 1g, but now again in fig. 1 comes into contact with the pericardial wall. Hence the bridge of mesectoderm which, in the region of the second and third branchial arches underlies the The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 399 floor of the branchial cavity, is bounded ventrally as well as dorsally by endoderm. These relations are more easily explained from the models soon to be described. The mesothelial tissue of the mandibular arch, in fig. 1%, has passed the outward bend in the lateral wall of the endoderm, opposite which it stood in fig. 19, and now lies posterior to the transverse plane of the mouth. In the mesothelium of the hyoid arch a small central cavity is seen. Although the mesothelial tissues of the several arches undoubtedly represent the walls of the branchial part of the body cavity, in Necturus the mesothelium of the branchial arches usually forms a compact cord of cells in which the central cavity is obliterated, save in the ventral part of the hyoid and mandibular arches. In fig. 1%, as compared with fig. 19, the number of mesecto- derm cells has further increased, and their nuclei are more closely crowded together in the posterior part of the section, while in the anterior part of the section, scattered mesectoderm cells now replace the mesenchyma of more dorsal sections, save at the surface of the brain, which is bounded by a vascular network of mesenchymal cells i. e. scattered cells of mesodermic origin. The section shown in fig. 17 passes through the optic stalk at the right, and through the dorsal part of the nasal epithelium at the left. The endoderm extends to the lateral surface of the section, where the dorsal (ultimately posterior) margin of the mouth lies. The posterior prolongation of the endoderm seen in fig. 14 has receded from the pericardial wall, and the short intervening space is occupied by cells of the vascular mesenchyma. The mesothelial tissue of the mandibular arch has fused with that of the hyoid, thus indirectly establishing its connection with the pericardial wall. A mandibular head-cavity is found on both sides of the embryo. The mesectoderm in the anterior part of the section, shown in fig. 12, includes more cellular elements than in fig. 14, but is constantly separated from the brain by an irregular line of mesenchyma. The scattered mesecto- derm cells of the anterior part of the head gradually form a more compact tissue as they approach the anterior (dorsal) surface of the mouth, which now separates them from the mesectoderm of the mandibular arch. The tissues included within the curved line 7’—7 of fig. 1%, are colored and enlarged in fig. 12’. At the left this figure is bounded by ectoderm, in which the yolk granules are not yet entirely absor- 400 Julia B. Platt bed, although sufficiently reduced to distinguish the ectoderm sharply from both endoderm and mesoderm. Near the upper margin of the figure, a row of deep ectoderm cells are pushing their way inwards to form the posterior (ventral) lining of the buccal cavity. Between these ectoderm cells and those likewise pushing inwards to form the anterior (dorsal) epithelium of the mouth, a thin layer of endo- derm extends to the surface of the head. To the layer of endoderm thus enclosed, the yolk granules which bound the upper surface of the figure bear witness. The line where the ectodermic cells of the epithelium lining the mouth meet the endodermie cells of the branch- ial cavity is sharply marked by yolk differentiation. The yolk-laden tissue at the bottom of the figure is from the wall of the pericar- dium, and is continuous with the mesothelium of the mandibular arch, which occupies the centre of the figure. Between the wall of the pericardium and the endoderm of the mouth one or two mesenchymal cells are found. It will be noticed that a few yolk granules are scattered through the mesectoderm, the tissue which nearly surrounds the mesothelium of the mandibular arch. It is possible that these granules belong to cells which have not yet absorbed their primitive supply of yolk, but it is more probable that the granules have been washed onto the mesectoderm from a neighboring tissue, since large yolk granules are apt to float off when the slide is possed through aqueous solu- tions, and may then become again attached to the slide as it is withdrawn from the vessel in which the solution is contained. However this may be, the difference between ectoderm and endoderm is not more sharply marked than that between mesoderm and mesecto- derm. It should be recalled that the yolk differentiation becomes evident when the mesectodermic cells are still at that stage of development in which they are recognized, described, and figured, by every embryologist who presents a study of the development of the Vertebrate nervous system, as composing a tissue of eetodermie origin, the Anlage of the cranial ganglia. From that earlier stage until the present, the sharp yolk distinction between the two kinds of median tissues is always found. After the present stage, however, the yolk differentiation of the median tissues rapidly disappears through the reduction of the yolk granules contained in the mesoderm. The first series of figures ends with fig. 1 7. The branchial region has nearly passed out of .section, and with it the region im which the trabeculae first appear. After a few sections, the right The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 401 and left ridges of ectoderm, seen in fig. 1 7, just anterior to the pericardial wall, meet and sever the mandibular arches from the wall of the pericardium. The point at which the mesothelial tissue of one side of the head becomes continuous with that of the other side is carried farther forward as the plane of section becomes more ventral, until the mandibular mesothelium passes out of section, and the outer mesectoderm of the mandibular arch becomes continuous in the median plane. As seen from fig. 1, the antero-ventral part of the head continues in section for some time, but as this part of the head, which ultimately becomes the antero-dorsal, is not directly concerned with the formation of cartilage, it seemed unnecessary to continue the series of figures beyond the plane of fig. 1 7. Hoping to make the relations of the median tissues of the head clearer, I also give in figs. 2 and 3, drawings from models which were made from cross-sections through an embryo 10 mm long. Fig. 2 represents the mesectoderm, and fig. 3, the branchial endo- derm. I chose for reconstruction an embryo slightly younger than that from which sections 1 @—17 were made, in order to show more primitive relations in the hyoid and mandibular arches. Although fig. 2 shows the space relations of the mesectoderm, it fails to give an idea of the density of the tissue represented. Thus the anterior mesectoderm of the head forms a reticulum with rela- tively large interspaces, while the mesectoderm that bounds the epithelium of the mouth, and that which occupies the ventral part of the branchial arches, is a dense tissue composed of continuous protoplasm, one might almost say composed of nuclei, so close to one another do the nuclei lie. The mesectoderm of the dorsal branchial region is intermediate in density, but mesectoderm of one density passes gradually into that of another. To supply these density relations which the model fails to give, one may refer to the sections. Fig. 2 does not represent the entire mesectoderm, but merely the connective tissue which remains after the nervous part of the primitive mesectoderm has been deducted. The model consists of eleven incompletely separated parts, belonging respectively to the anterior head region, and to each half of the five branchial arches. It is viewed in fig. 2 from the ventral surface. If one imagines the model thus seen revolved on its long axis until the lateral surface faces the observer, and then imagines the long axis inclined so that Morpholog. Jahrbuch, 25. 27 402 Julia B. Platt the left end is higher than the right, it may possibly be fitted in imagination to the embryo of fig. 1, so that the relation of the mes- ectoderm to the surface of the embryo becomes more evident. The fore-brain passes over the curved anterior margin of the mesectoderm (fig. 2 fb). The depressions marked »r« are where the thickened nasal epithelium indents the underlying tissue. Above the nasal indentations, the margin of the mesectoderm is hollowed out as the tissue passes around the eye. Along the margin marked »oph«, the main branch of the ophthalmicus profundus trigemini lies. This ganglionic nerve is formed like the proper cranial ganglia from cells cut off from the dorsal part of the mesectoderm. From the anterior extremity of the figure to the hyomandibular cleft, the tissue may be called »trigeminal<, since derived from that anterior part of the neural crest, which, with its secondary ectodermie addi- tions in dorso-lateral and epibranchial lines, gives rise to the gang- lionie cells of the trigeminal group in its dorsal part, and to the mesectoderm of the anterior part of the head and of the mandibular arch in its ventral part. Throughout the space marked »m« (fig. 2) the ectoderm and endoderm have fused. In the anterior, wider, part of the space, the mouth ultimately appears. The posterior, narrower, part of the space gradually closer by the continued growth in an anterior direction of the tissues that unite the right and left halves of the mandibu- lar arch ventrally. The oral fusion of ectoderm and endoderm is primarily throughout an axially elongated space from which there are no transverse, or lateral, extensions, such as are found at the anterior part of the fusion in fig. 2. As the oral fusion extends laterally it becomes reduced posteriorly so that the mouth finally breaks through in the transverse plane. In the embryo of fig. 2, the fusion of the mesectoderm of each half of the mandibular arch with that of the opposite side has just begun. The anterior part of the trigeminal mesectoderm, which is partly separated from the posterior or mandibular part by the oral fusion, has united widely (fig. 2) with the corresponding mesectoderm of the opposite side of the head, forming a shell of tissue, that is separated from the floor of the anterior part of the brain merely by a thin layer of reticular mesenchyma, and which lines the ectoderm of the anterior (dorsal) wall of the mouth. Figs. 1c, g, 4, and «, show that the trigeminal mesectoderm gradually approaches the axial plane on the anterior wall of the buccal cavity. In sections immediately The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 403 following fig. 1 2, the mesectoderm of one side of the head unites with that of the other. At the dorsal margin of the branchial arches the mesectoderm of each arch is separate from that of the neighboring arches, in the stage of development which the model represents. This separa- tion is transitory, and more or less unimportant since the fusions taking place between the eranial ganglia are in fact unions of the dorsal elements of the mesectoderm, while the later union of the branchial cartilages above the gill clefts is not less a fusion of mesectodermic elements. Moreover, at the stage given in fig. 1, the mesectoderm above the hyoid arch is continuous with that above the mandibular arch. Below the hyomandibular cleft the mesecto- derm of the mandibular arch fuses with that of the hyoid, both in the outer and inner part of the arch (see fig. 1 A), while the mes- ectoderm in the posterior and median part of each half of the hyoid arch unites with the corresponding mesectoderm of the opposite side forming the bridge of tissue seen in fig. 1 g. The hyobranchial cleft completely separates the mesectoderm of the hyoid and third arches, although the mesectoderm forms a continuous tissue at the ventral margins of the posterior clefts. In the slightly older embryo from which sections 1 a—17 were made, the hyoid mesectoderm is united with that of the third arch below the hyobranchial cleft. Primarily the mesectoderm of each arch is separate until in its downward migration the ventral margin of the gill cleft has been passed. The central cavity or core of each arch is filled by mesothelium which joins the pericardial wall where the mesectoderm of the se- veral arches ends. The anterior wall of the pericardium lies between the transverse bridges of mesectoderm connecting the right and left halves of the hyoid and mandibular arches. I have mentioned that the core of mesothelial tissue ultimately leaves its central position, and breaks through the surrounding mesectoderm at the postero- lateral part of the branchial arches, where, on the posterior arches, the external gills are borne. This change in the position of the mesothelium had not occurred in the embryo modeled. Above the vagus arches lie the anterior myotomes of the body, while the mesoderm above the remaining arches consists chiefly of mesenchyma surrounding the notochord, brain, and cranial ganglia. Fig. 3 shows the outer surface of the endoderm of the head from a lateral and somewhat ventral aspect. The unshaded strips at the mouth and branchial clefts indicate the fusions between ecto- 27* 404 Julia B. Platt derm and endoderm. The T-shaped oral fusion at »n« lies in the space »m« of fig. 2, and is bounded posteriorly by the transverse mandibular bridge of mesectoderm. ‘The successive branchial pockets extend at their lateral margins both higher and lower than the dorsal and ventral walls of the branchial chamber from which they arise. The hyomandibular cleft is exceptional in ending ventrally in the lateral wall of a median ventral outgrowth from the floor of the branchial cavity. This outgrowth, the thyroid Anlage, sectioned in fig. 1 A, lies between the transverse mesectodermic bridges of fig. 2. The hyoid bridge is dorsal to the outgrowth, and the mandibular ventral, but between the thyroid outgrowth and the mid-ventral part of the man- dibular mesectoderm lies the mesothelial tissue of the united hyoid and mandibular arches, as seen in fig. 4, which represents a cross section through the thyroid outgrowth in an embryo slightly younger than that modeled in fig. 2. As fig. 4 is drawn with a higher magni- fication than that used in figs. 1 a—12, the tissues are less diagram- matically represented. The nuclei of both mesoderm and mesectoderm are outlined, while the yolk granules are represented by dots. The section is bounded above by the anterior wall of the hyobranchial cleft. Immediately below this endodermie wall lie mesectoderm cells of the hyoid arch. Those of one half of the arch have just come in contact with those of.the opposite half, and as yet the uniting bridge is but one cell deep. The centre of the figure is- occupied by the thyroid outgrowth, below which the section passes through a wide pocket of mesothelial tissue from the median part of which, the mesothelium of the mandibular arch extends forwards, while the lateral part of the mesothelial pocket is continued dorso-laterally into the hyoid arch. Cells from the posterior margin of the mandi- bular bridge of mesectoderm are seen below this mesothelial tissue. The central cavity in the thyroid outgrowth is continuous with the cavity of the branchial chamber. At its posterior extremity the outgrowth meets the anterior wall of the pericardium, and in this region ultimately gives rise to the thyroid gland. The anterior part of the outgrowth becomes irregularly broken, and part of the cells are finally lost in the mylohyoid musele'. 1 Paut Busor (91, page 82) claims that in Petromyzon part. of the muscles of the lingual piston and pharynx come from cells derived at meta- morphosis from the disintegrated thyroid and velum. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 405 The Mesectoderm in Necturus 12!/; mm long. The figures numbered 5 a—5e, pl. XVII, are from a series of horizontal sections through an embryo 12'/, mm in length. They represent sections through the branchial arches and show that the mesectoderm cells begin to group themselves more densely in definite regions. In the embryo of 11 mm (figs. 1 «—1:), the mesectoderm cells in the ventral part of the branchial arches are much more numerous than in the dorsal part, but show little or no tendency to accumulate in limited spaces within the arches they occupy. In the embryo of 12!/; mm, this tendency, however, becomes evident. Although the series of sections shown in figs. 5a—5e, are given for comparison with the sections of fig. 1, it is not possible to give planes that exactly correspond, since the head, bent down- wards in the younger embryo, as seen from fig. 1, begins to rise into the plane of the long axis of the trunk. The readjustment is not achieved by bending in any one transverse plane, but affects the relative position of all of the structures of the head. In the series 5a—5e, pl. XVII, I give no sections corresponding to the planes of figs. 1a and 14, although in the older embryo, mesectoderm cells have begun to group themselves near the inner, endodermic, wall of the branchial arches in the plane corresponding to that of fig. 14. It is probable that the downward migration of mesectoderm has been continuous, since this tissue has greatly in- creased in the ventral part of the branchial arches. The mesothelial tissue of the gill arches is still distinguished by yolk granules, although less conspicuously than in the younger embryo, and it is further found that the cells of this tissue now begin to elongate into muscle fibres. The change from an embryo of 11 mm to one of 121/, mm is not so great as to allow extensive displacement or replacement of tissues, and it is therefore perfeetly possible to see where the tissues sharply distinguished in the embryo of 11 mm still lie. I have found it impracticable to continue the diagrammatic manner of distinguishing the median tissues adopted in the series 1a—1:, partly because the cells in the older embryo have become much smaller through repeated division, so that their representation on the scale adopted for clearness of distinction in figs. 1 ~—1 7, is even less in accordance with the actual size of the cells as compared with the other space relations of the section. The method is also 406 Julia B. Platt impracticable because the separation between meseetoderm and mes- enchyma (i. e. wandering cells of mesodermie origin) is uncertain in the older embryo, while the differentiation of the mesothelium — into muscular tissue gives a new means of distinguishing this tissue from the mesectoderm. Comparing figs. 5a and 1c, one notices that the planes of section correspond only approximately. Both sections pass through the in- fundibulum and through the dorsal part of the eye, but while fig. 1 ¢ shows the mesothelium of the mandibular arch, the plane of fig. 5 a passes above the dorsal limit of this tissue. The region occupied in fig. 1¢ by the mandibular mesothelium and the surrounding mes- ectoderm, is occupied in fig. 5 @ by tissue distinguished from the remaining reticular tissue of the anterior part of the section by the closer grouping of the component cells, and also by the entire absence of yolk granules which still distinguishes the mesectoderm from the adjacent mesenchyma, although the line of demarcation is no longer as sharp as in the younger embryo. In the hyoid arch the mesothelial tissue, seen in fig. 1c, has given rise to the large hyoid muscle, anterior to which in fig. 5 a, lies the hyoid nerve. The migration of the mesothelial tissue towards the posterior wall of the arch, begun in the younger embryo, has continued, and in consequence the mesectoderm of the older embryo occupies only the anterior part of the arch. The walls of the pos- terior branchial arches have expanded laterally with the growth of the external gills, and the are described by the mesothelial tissue of the arches has increased in length correspondingly. Although all of the muscular tissue in the branchial arches arises from the prim- itive mesothelium, all of the mesothelial tissue does not give rise to muscle cells, and one finds that part of the space once occupied by the mesothelial cord is ultimately occupied by vascular tissue. In the glossopharyngeal arch, the meseetoderm cells in the inner part of the arch have increased in number in the older embryo fig. 5 a), while the more open tissue which occupies the external part of the arch appears to be formed by cells of mixed origin. In the first vagus arch, fig. 5 « shows the cord of mesothelial tissue as it bends inwards towards the pericardium. In sections through more dorsal planes, this muscle band is sectioned trans- versely and occupies the same relative position as the muscle band of the glossopharyngeal arch in fig. 5 a. The mesothelial tissue of the vagus arch, like that of the glossopharyngeal arch, has also. an The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Neeturus. 407 increased are of extension in the older embryo. Median to the fourth branchial cleft, fig. 5 « shows the suprapericardial bodies The fifth branchial cleft lies dorsal to the plane of section as in eee Le: At the left fig. 5 @ shows the union of the base of the muscle band of the second vagus arch with the muscular tissue on the wall of the pericardium, corresponding to the knob of mesothelial tissue on the antero-lateral wall of the pericardium in fig. 1c. The plane of fig.5 « passes posteriorly through a median depression in the floor of the alimentary canal. The mesectoderm uniting ventrally the first and second vagus arches on each side of the body in fig. 1 e, is united in the median line with that of the opposite side in fig. 5 a, showing that the axial fusion of the mesectoderm, begun with the hyoid bridge in the embryo of 10 mm (fig. 2) and extending to the glossopharyngeal arch in the embryo of 11 mm, now extends to the first vagus arch. Fig. 5 6 shows a section through the middle of the eye, and may be compared with fig. 19. In place of the mandibular meso- thelium posterior to the eye in the younger embryo, we find now the large mandibular muscle from which a prolongation extends in- wards to the wall of the branchial cavity. The nature of the cells grouped closely just posterior to the muscle, and through which the attenuated mandibular artery passes may be determined by compa- rison with fig. 1 g, where the only cells in the region in question are distinctly mesectodermic. The floor of the hyomandibular cleft is seen in fig. 5 4, while external to this prolongation from the wall of the branchial cavity, the mesectoderm of the mandibular arch unites with that of the hyoid arch, as on the right in fig. 1 g. The hyoid mesothelium has developed into the hyoid muscle, which begins to separate into two distinct parts, an inner thicker part, the muscle cerato-hyoideus externus, and an outer thiner part, the muscle mylo-hyoideus. Median to the hyoid muscle, and in the angle formed by the bases of the hyomandibular and hyobranchial pockets, the mesectoderm cells are closely grouped. The planes of figs. 1 g and 5 d, in both the younger and older embryos, pass through the mesothelium, or muscular tissue, of the glossopharyngeal arch as it unites with the wall of the pericardium. In the older em- bryo, however, an outgrowth from the mesothelium of the glosso- pharyngeal arch extends forwards towards the wall of the hyo- branchial cleft. This is the beginning of the muscle cerato-hyoideus 408 Julia B. Platt internus, which is thus seen to be a muscle belonging to the third branchial arch. The mesectoderm of the glossopharyngeal arch now begins to show a closer grouping of the cells in the anterior part of the arch. In fig. 5 5, the median bridge of mesectoderm extends from the branchial floor to the wall of the pericardium, and the cells begin to be more closely grouped in the axial line, between the two vas- cular spaces. The third branchial cleft lies above the plane of section, but its position is indicated by elevations in the ectoderm posterior to the hyobranebial cleft. As the embryo grows the branchial clefts bend backwards from the transverse plane in which they open outwards in the younger embryo, and this deflection is most marked in the hyobranchial cleft. From comparison with fig. 1 g, it seems probable that some of the cells bounding the anterior wall of the branchial cavity (the mouth) in fig. 5 4, are of ectodermie origin. The difference between the mesectodermic and mesodermic tissues in the older embryo, however, is not sufficiently marked to enable me to determine with certainty which of the cells in this region belong to the mesectoderm. Fig. 5 c gives the transition from fig. 5 5 to fig. 5 d, showing that below the plane of fig. 5 6, when the hyobranchial clefts have passed out of section, the dense mesectoderm of the hyoid arch becomes continuous from side to side. Fig. 5 ¢ further shows that below the plane in which the mesothelium of the glossopharyngeal arch unites with the pericardium, the mesectoderm cells of this arch and those in the axial line between the median vascular spaces, are widely separate where in fig. 5 6 they were closely grouped. The mandibular muscle in passing beyond the transverse plane of the oral pocket loses its connection with the wall of the branchial chamber and becomes entirely surrounded by mesectoderm, which is most dense in the angle between the oral pocket and the floor of the hyomandibular clefts. ) Fig. 5 d, like fig. 1 4, shows a section through the lower part of the eye, and through the point where the mesothelial or muscular tissue of the hyoid arch unites with the wall of the pericardial cavity. Median to the point of union, in the older embryo, two muscle bands extend forwards to the floor of the branchial chamber. These muscles form the anterior extremity of the ventral longitudinal muscle of the trunk, and their origin is described in the third part of this paper. The section given in fig. 5 d, shows the present The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 409 length of the muscles, which increases as the embryo grows, until, as muscles genio-hyoidei, they extend to the anterior extremity of the lower jaw. The mesectoderm, which in fig. 1 % is evenly dense in the space between the mesothelium of the mandibular and hyoid arches, is seen in fig. 5 d, to be more dense in the neighborhood of the man- dibular muscle, while the cells about the hyoid muscle have become more scattered. The mouth is still entirely closed by endoderm. The mesectoderm cells on the anterior and posterior surfaces of the invaginated oral ectoderm are more closely grouped than in the younger embryo. In the plane of fig. 5 d, there is no doubt that the cells bounding the antero-lateral margin of the oral epithelium are mesectodermic. The plane of fig. 5 e passes through the dorsal wall of the nasal epithelium. If the section be compared with fig. 1 2, it is seen that the mesectoderm cells, which in fig. 17 are closely grouped in the angle where the superficial ectoderm turns inwards to form the anterior (dorsal) epithelium of the mouth, compose in the older embryo, a comparatively dense tissue in the same relative position. Posterior to the mouth the relation of the tissues is somewhat changed. The united mesothelial tissues of the hyoid and mandi- bular arches, seen in fig. 1 7, have been converted into the muscle mylo-hyoideus in the older embryo, and the mesectoderm cells which surround the mesothelium in fig. 1 7, are now grouped more densely in the antero-lateral region of the mandibular arch, while the median cells of this arch, and those of the hyoid arch, have become more scattered. A slight constriction in the lateral surface of the section indicates the plane of separation between the hyoid and mandibular arches. Fig. 1 7’ shows that in the younger embryo, the mesecto- derm in the anterior part of the mandibular arch had already begun to become more dense than in the posterior or hyoid part of the ‚section. I trust that comparison of the two series of sections, figs. 1 a—1i and 5 a—5e, suffices to show that the mesothelial tissue of the branchial arches has given rise to muscle cells, and that where the surrounding cells are most closely grouped in the older embryo they may be traced by their relative position to mesectoderm cells of the younger embryo, which are separated sharply from cells of the mesoderm by the absence of yolk granules. The origin of these cells which are free from yolk, I have described in a former study 410 Julia B. Platt (94), and know to be ectodermic, yet I doubt if it be possible to convey to others by means of a few sections selected from two or three series, the conviction one feels who has studied entire series from nearly two hundred embryos in successive stages of develop- ment. As the mesectoderm is not shut off from the mesenchyma by a limiting membrane, the cells composing the two tissues come into immediate contact, and the possibility that some cells from the mesenchyma lose their yolk and join those arising from the ecto- derm cannot be excluded, any more than such a possibility ean be excluded in the case of the cranial or spinal ganglia, which also are not. at first sharply separated from the surrounding mesenchyma. One can only say that there is no positive evidence that such cells do add themselves to the mesectoderm, as might be furnished, for example, by an intermediate condition in the appearance of the cells along the line where one tissue meets the other. Moreover, the comparison of the relative number of cells in the two tissues, and of their grouping, in closely successive stages demonstrates absolu- tely that if there has been any addition to the mesectoderm of cells from the mesenchyma, they have been very few in number. It should be remembered that in the earliest stage in which wandering cells comparatively free from yolk are found, these cells lie in the dorsal and dorso-lateral part of the head, and that later such cells are not found in this region, save the relatively small number taking part in the formation of the nervous system, but are found in the ventral part of the head, while intermediate stages show the cells in intermediate positions. The Procartilage in Necturus 15 mm long. I now pass to the description of the branchial arches in an embryo of 15 mm. No true cartilage has yet appeared, but the primitive position and shape of each cartilaginous bar is definitely determined by compact masses of cells, whose nuclei surrounded by very little protoplasm compose a peculiar tissue called »procarti- lage«. The superficial cells of the prochondral bars thus formed, are in places flattened against the body of the bar, showing that a perichondrial differentiation begins to be established. This happens especially where but few mesectoderm cells intervene between the surface of the bar and the neighboring mesodermic or endodermic tissues. In such regions, the beginning of a perichondrial layer seems to show that the growth of the prochondral bar by accretion - The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Neeturus. 411 of neighboring cells has here ceased. More frequently, however, the prochondral tissue passes gradually from the compact structure of the bar into the less compact surrounding tissue, indicating that in these regions growth by aggregation of more scattered mesectoderm cells continues. Figs. 6 a—6 e, pl. XVII, from horizontal sections through the bran- chial region of an embryo 15 mm in length, are given for comparison with figs. 5@—5e. The plane of section inclines upwards from right to left, but because of the slight obliquity seemed to offer better opportunity for comparison, since the changes in the relative position of the tissues due to lifting the head into the plane of the long axis of the embryo have been considerable, and sections through an embryo of 12!/, mm do not exactly correspond with those through the embryo of 15 mm. Fig. 6a@ shows a section which passes through the optic stalk on the right, and below the median plane of the eye on the left. The group of prochondral cells posterior to the optic stalk, and the corresponding opposite group, are from the anterior horns of a primi- tive plate of tissue which underlies the brain. With these horns the anterior parts of the trabecular bars fuse, but the cells that compose the horns are not mesectodermie. A small group of cells, fr’, at either side of the bypophysis in fig. 5a are from these anterior horns of the basi-cranial plate at an earlier stage of development, when the cells that are to form the anterior part of the trabeculae are still indistinguishable in the mesectoderm which bounds the mouth anteriorly. Since the plane of fig. 5@ passes above the mandibular muscle, the relation of this muscle to the prochondral cells of the mandibular bar in fig. 6a, and 65 may be compared with the relation of the muscle to the closely grouped mesectoderm cells of the mandibular region in fig. 5%, or the position of the mandibular muscle and the procartilage at the left in fig. 6a might better be compared with the corresponding tissues in fig. 1c. In regard to the mesectoderm cells that lie external to the mandibular mesothelium in fig. 1c, I am unable to say whether they become absorbed in the procartilage which arises posterior to the mandibular muscle, or continue their migration downwards. The hyoid muscle and procartilage in fig. 6@ may be compared with the corresponding tissues in fig. 5a. The muscular tissue still occupies the posterior part of the arch, but on the right in fig. 6« 412 Julia B. Platt is divided into the muscle cerato-hyoideus within and the mylo-hyoideus without. The region in which the hyoid procartilage lies is occupied in the younger embryo (fig. 5 a) by mesectoderm. At the left in fig. 6 @ are seen the prochondral bars of the glossopharyngeal arch and of the first and second vagus arches, the two latter being united at their bases. On the right the figure shows the common base in which all three bars unite. If the glossopharyn- geal and first vagus arches in fig. 6@ be compared with those of fig. 5a, it is seen that the muscle band still lies against the posterior wall of the arches, while the procartilage bars at the left in fig. 6a are readily traced to the dense mesectoderm of fig. 5a, although the third branchial cleft in the plane of fig. 5a@ is still connected with the floor of the branchial chamber, from which the cleft has just parted in the plane of fig. 6 a, as indicated by the enlargement at the median extremity of its ventral wall. The plane in which the glossopharyngeal mesectoderm unites with that of the vagus arches, corresponding to the union of the procartilage in these arches, falls between figs. 5a and 56, and consequently lies dorsal to the union of the glossopharyngeal muscle with the wall of the pericar- dium which is shown in fig. 55. The union of the mesectoderm of these arches is seen, however, in fig. 1 e. The plane of fig. 65 passes through the eye at the left, and through the dorsal wall of the nasal invagination at the right. The procartilage of the trabeculae is seen near the optic stalks. The procartilage and muscular tissue of the mandibular arch occupy the position of the corresponding tissues in fig. 55. The hyoid muscle. (fig. 6 b) is represented by the cerato-hyoideus and mylo-hyoideus. A median bar of procartilage connects the right hyoid bar with the united bars of the glossopharyngeal arch, although the left arm of the hyoid bar is still separate in the plane of section. This median prochondral bar is derived from the median mesectoderm, seen in fig. 5 5 to extend from the wall of the branchial chamber to the wall of the pericardium between the median vascular spaces. Anterior to the muscle of the glossopharyngeal arch, the plane of fig. 5 5 sections the ventral part of the mesectoderm that composes the . procartilage of the glossopharyngeal arch seen in fig. 6 2. The union of the mesectoderm of this arch with that of the axial bar lies above the plane sectioned in fig. 5 0. With the lengthening of the hyobranchial cleft by growth of the surrounding tissues, the muscle cerato-hyoideus internus has The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 413 increased in length. In fig. 65, the anterior extremity of the right m. cerato-hyoideus internus is seen on the inner wall of the hyobranchial cleft. It will be remembered that this muscle arises from the base of the mesothelial tissue of the glossopharyngeal arch. The lateral part of the muscle of the glossopharyngeal arch lies against the posterior wall of the arch. On the inner wall of the third branchial cleft there is a small musele that arises from the basal part of the mesothelial tissue of the first vagus arch. This muscle is called by Mivarr ('69), who follows FISCHER ('64), the first constrictor arcuum. A second small muscle seen on the right in fig. 65, just posterior to the first constrictor arcuum, represents the second and third constrictor muscles (MIVART, loc. eit.), which are as yet united. This muscle appears to arise from cells that separate from the anterior part of muscular tissue developed from the external (somatic) wall of the pericardium, but the muscle may also include cells from the basal mesothelium of the second vagus arch. The innervation of the muscle indicates that such is the case, and that one of the two parts ‘into which the muscle ultimately divides, namely the smaller part, or third constrictor arcuum of MıvArT and FISCHER (loe. eit.), is serially homologous with the first constrictor arcuum, and with the muscle cerato-hyoideus internus, while the larger part of the muscle, the second constrictor arcuum of Mivarr and FIscuer, is a derivative of the somatic wall of the pericardium, receiving its innervation from three branches of the vagus nerve. In fig. 6c, the procartilage of the mandibular arch is seen, and in the plane of section the prochondral bar of the hyoid arch is continuous. The muscular tissue of the mandibular arch occupies nearly the same position as in fig. 5c, while the dense mesectoderm of this arch in the younger embryo is replaced by procartilage in the older. The mesectoderm that bounds posteriorly the floor of the branchial cavity and the wall of the hyomandibular cleft in fig. 5 e gives rise to the procartilage of the hyoid arch seen in fig. 6c. Between the sections shown in figs. 65 and 6c, the procartilage of the glossopharyngeal arch has passed out of section, and merely the anterior extremity of the bar that connects the procartilage of this arch with that of the hyoid is seen. The muscles of the hyoid arch in fig. 6c resemble those of fig. 65. In the glossopharyngeal arch the cerato-hyoideus internus is sectioned at the left (fig. 6c) 414 Julia B. Platt and near the wall of the pericardium the section also passes through the left constrietores arcuum. Median to the nasal epithelia, fig. 6 d shows the procartilage of the trabeculae, here formed from the mesectoderm on the anterior wall of the mouth. A relatively small part, however, of the dense mesectoderm which bounds the mouth anteriorly takes part in the formation of the trabecular bars. The thyroid outgrowth from the floor of the branchial chamber, which is seen in fig. 5d, lies just dorsal to the plane of section figured in 6d, where a fragment of the outgrowth, however, is seen at the left of the muscle genio- hyoideus. The region of the mandibular and hyoid arches seen at the left in fig. 6d, corresponds closely to that seen in fig. 5d. The dense mesectoderm at either side of the mandibular muscle in the younger embryo has given rise to the corresponding procartilage of the older embryo. In the hyoid arch, the muscle mylo-hyoideus of fig. 6d, occupies the same relative position as in fig. 5d. The surrounding mesectoderm cells have become less numerous in the older embryo owing to the aggregation of these cells in the pro- cartilage of the byoid arch. At the right, in fig. 6 d, the mandibular muscle passes into the mylo-hyoideus. Although more mesectoderm cells immediately take part in the formation of the procartilage of the mandibular arch than in the formation of the trabeculae, the cartilaginous bars of this arch by no means exhaust the mesectoderm that bounds the mouth posteriorly. In fig. 6e, the relation of the cells in the trabecular region resembles that in fig. 6d. The mandibular mesectoderm, seen posterior to the mouth in fig. 5e, has given rise in the older embryo to the mandibular bars of procartilage seen in fig. 6e. The position of the mylo-hyoid muscle is similar in both sections. The three series presented in figs. 1a@—17, 5a—5e, and 6a—6e cover those stages of development in which the sharply differentiated mesectoderm of the branchial arches in the embryo of 11 mm is converted into procartilage in the embryo of 15 mm. Aside from the procartilage of the branchial arches, a plate of peculiar tissue underlies the brain of an embryo of 15 mm, which resembles the procartilage of the branchial arches in also giving rise to true cartilage. The entire plate, however, is not converted into cartilage, although is seems primarily composed of a homogen- eous tissue. This tissue differs in appearance from the procartilage of the branchial arches in that the cells of which it is composed The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Neeturus. 415 still contain large yolk granules, while their nuclei are separated from one another much farther than are those in the procartilage of the branchial arches. In both tissues there is, however, a protoplasmic differentiation, which is peculiar to procartilage. It readily stains, but does not resemble the clear matrix of true cartilage. The basicranial plate, above described, extends from the first spinal nerve, the anterior of the two hypoglossus nerves, to the infundibulum, becoming gradually broader, but varying in depth. It lies a short distance below the floor of the brain, and is prolonged, on either side of the infundibulum, in an anterior horn which extends forwards and downwards. The chorda runs through the long axis of the plate, but does not reach its anterior limit by several sections. The depth of the plate, except near the anterior extremity, is less than the diameter of the chorda whose sides it bounds. The chorda thus divides the plate into two halves united with one another anteriorly. The two anterior horns of the plate form the posterior part of the trabecular bars. The procartilage of the anterior part of the trabeculae is mesectodermic, resembling that of the branchial arches, yet the transition from the anterior mesectodermic procartilage of the trabecular bar to the mesodermie procartilage of the anterior horns of the basieranial plate is not sharply marked. As indicated by the distribution of yolk granules the point of union between the two kinds of tissue lies just posterior to the optic stalk. Fig. 10, pl. XVII, is drawn from a sagittal section through the head of an embryo of 14 mm, in which the yolk granules have not yet disappeared from the mesoderm. The section passes to one side of the long axis of the embryo, and through the region where the anterior horn of the basicranial plate unites with the mesectodermic part of the trabecular bar. The nuclei are represented in the figure by circles and the yolk granules by dots. Anterior to the posterior part of this bar of procartilage (/r), the lateral wall of the infundi- bulum is seen. Anterior to the ventral, or anterior, part of the bar lies the optic stalk. In the axial plane, the convex wall of the infundibulum meets the basicranial plate, which lies above the hypo- physis, as seen in fig. 7 4, pl. XVIII, a transverse section through the anterior extremity of the basicranial plate in an embryo of 15 mm. Although the basicranial plate and its anterior horns are meso- dermie in origin, while the cells that compose the anterior part of the trabeculae are of eetodermie origin, when true cartilage appears and the yolk granules are no longer found, I am unable to distinguish 416 Julia B. Platt the two kinds of tissue that make up the continuous and apparently homogeneous cartilaginous bar, which extends from the auditory capsule to the end of the snout. In describing the development of the branchial arches in Triton, STÖHR (’80, page 482) tells us that here also an almost entire absence of yolk granules is a characteristic indication of the Anlagen of the visceral skeleton. STÖHR does not trace the origin of these cells so free from yolk, but notices that the other tissues of the head equally free from yolk are the brain and the cranial ganglia. In Siredon, according to STÖHR (loc. cit. page 490) quantities of yolk and pigment granules are found in the Anlagen of the visceral skeleton and trabeculae, but in Siredon pigment granules are also found in large quantities in the brain and ganglia, although absent in the Anlagen of the muscles. This further mark of similarity between the brain, the cranial ganglia, and the procartilage of the visceral arches, seems to me of interest in view of the fact that the tissues so similar have been traced in Necturus to a common origin, the ectoderm. Sr6ur also calls attention to the difference found in Triton between the anterior and posterior part of the trabeculae respecting the quantity of yolk granules, and to the fact that cartilage first appears in the anterior part of the trabecular Anlagen, and is then lost in the neighborhood of the eye-muscles, where yolk granules are found, but appears again further back in the tissue that lies at the side of the chorda. There seems consequently to be an inter- ruption in Triton in the formation of the trabecular cartilage which corresponds to the point where, in Necturus, the ectodermic and mesodermic tissues of these bars unite. Fig. 7, pl. XVII, shows a model of the procartilage in the head of an embryo of 15 mm. The model was reconstructed from cross- sections, of which five are represented in figs. 7 a—7e chiefly to show the position of the trabeculae and basicranial plate, and to bring the branchial cartilages into relation to the structures which lie above them. The horizontal sections given in figs. 6 a—6e, from an embryo of the same length, serve to show the relation of the branchial cartilages to one another, to the branchial clefts, and to the ventral musculature. In Fig. 7, the branchial procartilages are seen from their ventral surface. Beneath them lies the basicranial plate ending in the trabecular bars, which extend downwards and forwards. The trabecular The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 417 bars are not united with one another ventrally, but are connected dorsally with the basicranial plate. The mandibular bars are separate from one another ventrally and are also separate from the basieranial plate; they extend, however, dorsalwards to the horizontal plane of this plate. In fig. 8, pl. XVII, the procartilage of the mandibular arch is seen in side view. The quadrate, which appears almost separate from the procartilage of MmcKEL’s bar, is, however, united with the bar by means of closely grouped mesectoderm cells that fill the space between the dotted line, seen in fig. 8, and the surface of the bar. Although these cells are not as yet differentiated into pro- cartilage, they ultimately form cartilage. The remaining branchial procartilages may be said to lie in one transverse plane, so slightly do the bars curve upwards. ‘This plane is removed from that of the brasicranial plate by a distance equal to the length of the median bar between the procartilage of the hyoid and glossopharyngeal arches. The hyoid procartilage consists of a single curved bar united in the centre to a median longitudinal bar that forms a cartilage which Fischer ('64) calls the »body of the hyoid«, and which Huxuey (’74) distinguishes as the »first basi- branchial« in Menobranchus (Necturus). This designation is also applied by SröHr and WIEDERSHEIM to the corresponding cartilage in other Urodela. The procartilage of the glossopharyngeal arch is also a single eurved bar. Posterior to the centre of the bar there is a knob of tissue that develops into the Zungenbeinstiel of Fiscuer (loc. cit.) or the second basibranchial of HuxtLey and WIEDERSHEIM (loc. cit.). The development of the glossopharyngeal cartilage does not support FISCHER’sS view that the bar in Menobranchus (Nec- turus) contains elements from two arches, since the cells that compose it belong from the first to the third branchial arch alone. The bars of the vagus arches do not meet in the median plane, but the bars of the first vagus arch extend backwards from the lateral part of the glossopharyngeal bar, while the bars of the second vagus arch extend backwards from those of the first arch. The differentiation in the mesoderm at the side of the chorda which forms the basicranial plate is not sharply limited either laterally or posteriorly. It gradually becomes apparent anterior to the first Spinal nerve. This nerve, which possesses a ganglion, but has merely a ventral root, lies median to the third myotome (4'" postotic segment). The procartilage of the occipital arch (fig. 7) rises from Morpholog. Jahrbuch. 25, 28 418 Julia B. Platt the basieranial plate in the intersegment between the second and third primitive myotomes, or third and fourth postotie somites. The first somite posterior to the ear, relatively below the ear, in the primary divisions of the mesoderm segmentally related to the glosso- pharyngeal nerve and to the third visceral arch, does not develop a proper myotome, but soon becomes scattered in mesenchyma. In the transverse planes of the myosepta posterior to the occipital arch, the mesenchyma at the side of the chorda dorsalis and spinal cord begins to form a more compact tissue in preparation for the neural arches soon to appear. In the embryo of 15 mm, there is as yet no cartilage. Fig. 9, pl. XVIII, shows the ventral aspect of a model of the wall of the branchial chamber in an embryo of 15 mm. From comparison of this figure with fig.3, one sees the changes in the shape and position of the branchial clefts that are correlated with the conversion of mesectoderm into procartilage. The first transverse fold, seen at the right in fig. 9, represents the oral fusion. Anterior to this fold lie the trabeculae and almost immediately posterior lie the mandibular bars. The second transverse fold, representing the hyomandibular cleft, does not now extend to the surface of the embryo as in the earlier stage of development shown in fig. 3. The median outgrowth from the floor of the branchial chamber, the thyroid Anlage, still extends backwards from the floor of the united hyomandibular pockets to the wall of the pericardium. Dorsal to the anterior extremity of the thyroid outgrowth, and beneath the hyomandibular fold, lies the centre of the hyoid bar, from which the »horns« extend on each side out- wards and backwards to the angle where the hyomandibular fold is lost in the wall of the branchial chamber. The »first basi- branchial« lies in the axial plane immediately beneath (dorsal to) the thyroid outgrowth, and extends backwards between the floor of the branchial chamber and the third endodermic fold, seen in fig. 9, under the median part of which the first basibranchial unites with the bar of the glossopharyngeal arch. The third transverse fold is formed by the hyobranchial clefts, which are not at first united, but extend directly outwards, as seen in fig. 3. Later, the tissues of the hyoid arch grow backwards forming a kind of operculum, and the direction of the hyobranchial clefts changes accordingly from the transverse plane to an oblique one. As the hyobranchial clefts change their direction, the external part of the clefts elongates ventrally, until the two clefts meet and The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 419 fuse with one another, so that the external opening is one wide cleft extending from side to side of the head. The opening of the branchial chamber to the exterior by means of the hyobranchial clefts is still retained in the embryo of 15mm, although the thin walls ' that bound the clefts are closely applied to one another, and form in section hardly more than a line through the surrounding tissues. Fig. 7d shows a transverse section through the region in which the hyobranchial clefts are united in one wide cleft. The »horns« of the bar of the glossopharyngeal arch come from beneath the hyobranchial pockets, between these pockets and those of the third branchial clefts. The ventral margins of the third clefts now meet the external opening of the united hyobranchial clefts. Between the third and fourth clefts lie the bars of the first vagus arch, which pass forwards ventral to the point where the third clefts meet the hyobranchial, and here fuse with the bar of the glosso- pharyngeal arch. The fourth cleft lies between the two vagus bars. The fifth cleft, which is not included in the figure, lies between the second vagus bar and the trunk of the embryo. This cleft is small, and still lies in a plane nearly transverse to the long axis of the embryo. In fig. 7a, which represents a section through the mesectodermic part of the trabeculae, I would call attention to a closer grouping of the cells in the neighborhood of the trabeculae, between the eye and the dorsal wall of the mouth. These cells are mesectodermic, and ultimately give rise to the antorbital process. Fig. 75 shows a section throught the anterior extremity of the basicranial plate. Although at this stage of development the tissue which composes the plate seems homogeneous, true cartilage forms only in the posterior part of the plate and in the lateral margins of the anterior part. That part of the plate which surrounds the point of the chorda disappears without giving rise to skeletal tissues. ‘The procartilage of the quadrate and of Mecker's bar is seen in fig. 75, and between these two elements of the mandibular arch lies the mandibular muscle. The ventral part of the section passes through the anterior part of the mylohyoid muscle. A diverticulum from the floor of the branchial chamber is formed by the united bases of the hyomandibular pockets (compare fig. 9), and the median space thus surrounded by endoderm is the anterior part of the hyoid arch. In fig. 7¢ a section is seen, which passes through the anterior part of the auditory vesicle. Here the basicranial plate is divided 28* 420 Julia B. Platt by the chorda into two halves. The width and depth of the plate is less than in fig. 74, and its outline is less regular. Below the floor of the branchial chamber, the section passes through the first basibranchial in the axial plane, and through the hyoid bar at either side. The lateral part of the hyomandibular pocket lies external to — this bar of procartilage (see fig. 9), while internal to the bar are seen the dorsal extremities of the hyobranchial clefts. On the lateral wall of the hyomandibular cleft lies the posterior part of the mandibular muscle. Below the basibranchial bar, the thyroid outgrowth is seen in transverse section, while the wide mylohyoid muscle underlies all. A group of cells seen in fig. 7c below the auditory vesicles, gives rise to the first cartilage of the auditory capsule. I have not included the tissue which these cells compose in the model of the procartilage, although it somewhat resembles that of the basicranial plate. Figs. 11 and 12, pl. XVIII, are from transverse sections through the auditory vesicle and the surrounding tissues, before the constric- tions that ultimately divide the visicle have appeared, and before the yolk granules have disappeared from the mesoderm. The section seen in fig. 11 is from an embryo about 10 mm in length. The auditory vesicle is here bounded on the left by the facial (auditory) ganglion, and below by closely grouped mesoderm cells that lie at the head of the mesothelial tissue of the hyoid arch. Fig. 12 is from an embryo of 13 mm, and shows the opposite vesicle to that seen in fig. 11. As the magnification in figs. 11 and 12 is the same, it is evident that the auditory vesicle is much larger in the older embryo. The epithelium in the vicinity of the facial (auditory) ganglion has become deeper, while the ventral wall of the vesicle has become thiner. In the younger embryo (fig. 11) the closely grouped mesoderm cells below the ear form an apparently homogeneous tissue with the mesothelium of the hyoid arch, in which no muscle fibres have yet developed. In the older embryo (fig. 12), the tissue in question is differentiated into two parts. In the ventral part muscle fibres have appeared continuous with those of the hyoid arch, while the dorsal part of the tissue is separated off as a plate of procartilage underlying the ear. To this plate as a centre of growth, mesoderm cells soon add themselves, enveloping the lateral wall of the auditory vesicle with a single layer of cartilage-forming cells. In the embryo from which a section is shown in fig. 12, these lateral cells have not yet differentiated from the sourrounding mesenchyma. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 421 Fig. 7 d shows also, in lower magnification, the plate of pro- cartilage underlying the auditory vesicle and dorsal to the hyoid muscle. In this figure the basicranial plate is narrower but deeper than in the preceding figure of the series (7c), and now closely invests the lateral surface of the chorda. ‘The section passes through the region in which the hyobranchial clefts are united (see fig. 9). In the centre of the tissue enclosed between the united hyobranchial clefts and the floor of the branchial chamber, the thyroid outgrowth is sectioned, dorso-lateral to which are seen the large procartilage bars of the glossopharyngeal arch. Attached to the ventral surface of these bars, the cerato-hyoideus internus is seen in section, while below the thyroid outgrowth the paired muscles genio-hyoidei are sectioned. Beneath the hyobranchial cleft lies the wide mylo- hyoid muscle. The plane of fig. 7 e passes through the procartilage of the occi- pital arch. At the base of this arch, the chorda is bounded by procartilage from the posterior part of the basicranial plate. The large vagus ganglia are sectioned and the second postotic myotome, that of the third postotic segment. With the description of figs. 7 a—7 e, from the series of sections from which the procartilage represented in fig. 7 was modeled, the first part of this study closes. The purpose of the foregoing pages has been to show, by de- tailed comparison of section with section, that from the mesectoderm, a tissue surrounding the mesothelium of the branchial arches, and bounding the epithelium of the mouth, in the embryo of 11 mn, the cartilage of the visceral skeleton and of the anterior part of the trabeculae arises, while the remainder of the cartilaginous skull finds its origin in the mesoderm. It has also been my purpose to show that the mesothelium of the branchial arches is converted into muscular tissue. In the third part of this paper, I shall show to which part of the mesothelium each muscle of the head may be traced, and shall there bring together those scattered facts regarding the myology of the head which have appeared in the preceding study of successive sections. Before passing to the consideration of the cartilaginous stage in the development of the skull, I call attention to the fact that the origin of the anterior part of the trabeculae from the same kind of tissue (mesectoderm) as that which gives rise to the visceral 422 Julia B. Platt skeleton lends support to the view that the trabeculae were prim- arily bars of a prae-oral visceral arch. SEWERTZOFF (97, page 422) notes that in embryos of Acipenser, Petromyzon, and of the Amphibia, where the mesocephalic flexure _ of the brain is slight, the trabeculae lie in a position nearly horizontal, while in those animals which have a prouounced mesocephalic flexure, as in the Selachian embryo, the trabeculae are almost vertical. From this correlation between cranial flexure and direction of the trabeculae, SEWERTZOFF concludes that the primary function of the trabeculae was that of supporting the brain. I regret that SEWERTZOFF does not tell us the position of the mouth cleft in these embryos, for should it appear that the trabe- eulae are horizontal in position when the mouth cleft, dorsal (rela- tively anterior) to which they lie, is horizontal, and vertical when this cleft is vertical, a correlation might be found leading to quite different conclusions. | SEWERTZOFF, moreover, includes the Amphibia among those forms in which, with slight mesocephalie flexure of the brain, the trabeeulae lie almost horizontal. I believe no power of imagination could lead one to describe the procartilage, camera outlined in fig. 8, as a nearly horizontal bar. When this bar of procartilage is converted into cartilage, it does, indeed, lie horizontally, but so also do the mandibular bars which bound the mouth cleft ventrally (rela- tively posteriorly), yet their horizontal position proves nothing against the primitive branchial function of the bars. Part IL. The Cartilaginous Skull. The anatomy of the skull in Menobranchus (Necturus) has been described by Huxrey (74), and the development of the Urodel skull, as observed in Triton and Siredon, has been carefully studied by Srénr (’80). In the following account, I shall conse- quently note chiefly such points as seem to me of some importance, wherein the development of the skull in Necturus differs from that of Triton and Siredon, as described by SrtöHr, attempting to make this part of the study merely supplementary to the admirable papers of Huxrey and STÖHR, rather than complete in itself. The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Neoturus. 423 The order of development. True cartilage is first found in the embryo 17 mm long, and appears in the course of the trabeculae, extending from beneath the optic stalks through the antero-lateral margins of the basieranial plate. Sröur (80, ’82) tells us that in Triton, Siredon, and in the Anura, the cartilage of the visceral skeleton appears before that of the trabeculae, or remaining skull. The chondrification of the trabecular bars in Necturus is immediately followed by that of the prochondral bars in the visceral arches. The bars of the mandibular, hyoid, and glossopharyngeal arches chondrify almost simultaneously. Those of the vagus arches somewhat later. In the meantime cartilage appears in the occipital region of the skull, with which the cartilage of the trabeculae in its backward growth unites forming the basal plate. The auditory vesicles then become gradually surrounded by cartilage, which becomes connected with the basal plate through the chondrification of intermediate tissue, primarily in the form of two pairs of connecting bridges, which, becoming wider in antero-posterior extent, meet and fuse with one another, while the anterior extent of the basal plate is further in- creased by a third cartilaginous connection with the auditory capsule anterior to the facial ganglion. Cartilaginous partitions appear in the internal chamber of the auditory capsules with the development of the semicircular canals. The trabeculae extend forwards and become connected with one another anteriorly by an internasal plate, while from each trabecular bar an antorbital process grows laterally. The posterior part of the brain becomes roofed by a band of carti- lage connected with the dorsal part of the united auditory capsule and occipital arch. In no case is the development of one of these cartilaginous elements of the skull complete, however, before the development of other cartilaginous elements begins. Finally a car- tilaginous support for the nasal membrane and a cartilaginous ring about the eye arise independently, while a number of fusions occur between cartilaginous elements originally separate. The basal plate1 The cartilage first found on each side of the head in the course of the trabeculae, is separate from every other skeletal element, 1] distinguish the prochondral plate lying below the brain, from the cartilaginous plate found here in later stages of development, by calling the 494 Julia B. Platt but in its backward growth soon meets the side of the chorda near the transverse plane passing through the middle of the auditory vesicles. Anterior to this plane, the median prochondral tissue of the basieranial plate disappears, and the chorda extends free nearly to the posterior wall of the hypophysis. In Triton, according to STÖHR (80), the trabecular plates meet at each side the point of the chorda, which they soon surround anteriorly, occupying thus that area of the basicranial plate which in Necturus does not chondrify. In the Anura (STOHR’82), although the trabecular plates ultimately surround the point of the chorda, at first the chorda extends forwards completely free beyond the region in which its sides are enclosed by the trabecular plates, as is permanently the case in Necturus. This condition in Necturus, however, is evidently secondary, as evinced by the disappearance of the antero-median part of the basi- cranial plate. Fig. 14, pl. XVIII, is a diagram showing the early relations of these tissues. The procartilage of the basicranial plate is bounded . posteriorly by the line —d and terminates anteriorly in two horns that reach as far forwards as the optic stalks, or to the line a—a, where they pass into the mesectodermic part of the trabeculae, indicated in the diagram by dotted outlines. Although the trabecular bars are here represented as lying in the plane of the basicranial plate, in reality they curve downwards as seen from the sagittal section shown in fig. 10, pl. XVIII, or from the model shown in fig. 7. The position of the membranous ear is indicated in the dia- gram, and two short cross-lined bars extending on the right from the basicranial plate towards the auditory vesicle show the position of the first two fusions taking place between the cartilage of the ear, and the basal plate. In the embryo of 17 mm, the tissue about the ear is still unchondrified. The connection between the auditory capsule and basal plate occurs in the embryo of 18 mm, when the anterior, posterior, lateral, and ventral walls of the capsule (save the foramina) are chondrified, but while the median and dorsal walls of the capsule are still open. The anterior of the two connec- ting bars forms first. It lies immediately posterior to the egress of the ramus hyomandibularis facialis from the facial ganglion, former »basicranial«, the latter »basal«e.. The two plates are not coextensive, and consequently do not represent the same plate in successive stages of car- tilaginous development. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 425 and connects the auditory capsule with the trabecular part of the basal plate. The posterior bar arises from the region which Srönr (80) calls the »mesotie« part of the basal plate, and fuses with the auditory capsule at its inner, posterior margin. The relations of this bar of cartilage will be further discussed in connection with the description of the chondrocranium in Necturus 46 mm long. Fig. 28, pl. XVIII, shows a transverse section through the anterior bar. Gradually the space between the two connecting bars closes, and the floor of the auditory capsule becomes throughout continuous with that of the basal plate. Meanwhile a second connection between the trabeculae and the auditory capsule appears anterior to the facial ganglion, so that the rami hyomandibularis and palatinus then pass outwards through foramina in the floor of the skull. When chondrification takes place in the basicranial plate, the prochondral tissue is gradually transformed into cartilage, the clear matrix of which is first found in the mesodermic part of the trabe- cular bars, and extends thence both forwards and backwards, leaving, however, the triangular area which surrounds the point of the chorda unchondrified (fig. 14). While this anterior region of chondrification is extending backwards through the procartilage of the basicranial plate, a second paired area of chondrification appears in the occipital region, where the clear matrix of cartilage is also soon found. These posterior centres of chondrification lie at the base of the occipital arch in the same horizontal plane as the chorda, although not in immediate contact with the chorda. The paired Anlagen of the anterior and posterior regions of the head, are at no time sharply limited towards one another, but each passes gradually into the intervening procartilage of the basicranial plate which soon chondrifies in its median part in continuity with both anterior and posterior areas of chondrification. There is conse- quently an intermediate area in the plate where chondrification takes place slightly later than near the two extremities, but two pairs of distinct cartilages, the homologues respectively of the »Bal- kenplatten« and »Oceipitalplatten«, described by Sréur ('88) in Triton, are not found in Necturus. Although the procartilage of the basicranial plate is deeper in those transverse sections which pass near the point of the chorda and in those through the occipital region, than in the intermediate Space, as seen by comparing figs. 7 6, 7 d, and 7 e with fig. 7 e, 426 Julia B. Platt the plate is evidently unsegmented. This fact should not be regarded as supporting the view of GEGENBAUR (72), GoErTE (75) and Wik- DERSHEIM (77) regarding the elemental unity of the basal plate of the skull. The procartilage of the branchial arches is also unseg- mented, although each cartilaginous arch, except the posterior, is composed of distinet segments. The relation of procartilage to carti- laginous segmentation, is similar to that of the axial mesoderm to metameric segmentation. Both tissues supply the unsegmented ma- terial on which the future segmentation is stamped. In the Anura, Srénr (82) tells us, there exist in the basal plate of the skull at an early stage of development, three pairs of thicker cartilaginous elements, which are at no time completely separate, being from the first connected with one another by thiner tracts of cartilage. The anterior pair of cartilaginous elements are the trabecular plates, the median pair, Srönr calls the »mesotic« cartilages, while the posterior pair are the occipital plates, the »parachordalia« of HuxLky, or enlarged bases of the occipital arch. In the cartilage which in Triton connects the auditory capsules with the axial part of the basal plate, Sréur finds the homologue of the mesotic elements of the Anura. In the development of the basal plate, Necturus occupies, in some respects, an intermediate position between the Urodela described | by Sréur (Triton and Siredon) and the Anura. As in Triton, cartilage first appears in the trabeculae, then in the occipital region, extending from these Anlagen through the intervening space. Unlike Triton, however, in Necturus, these cartilaginous elements are not at first distinctly separate, but as in the Anura, the primitive Anlagen pass into one another, so that there is actually but one pair of plates, separated by the chorda. The cartilage of the auditory capsules arises independently in Necturus, and parachordal cartilage is not associated with the periotic in the formation of the floor of the capsule. PARKER (’76) also finds the otic capsule in the Urodela independent of the basal plate, and Gorrre (75) claims that this in the case in Bombinator, but GAurp (’93) tells as that in Rana, the floor of the auditory capsule is in part formed from parachordal cartilage. The first procartilage of the auditory capsule, as shown in Part I, arises in tissue continuous with the mesothelium of the hyoid areh, seen at an early stage in fig. 11, pl. XVIII. In the later develop- ment represented in fig. 12, this mesothelial tissue is separated into \ The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 427 two parts. In the ventral part muscle fibres begin to form, while in the dorsal part procartilage arises. This plate of procartilage lies primarily ventral to the floor of the ear, but is carried laterally with the development of the ear, and as cartilage forms, comes to lie below the floor of the external semicircular canal. This later position of the plate is shown in fig. 25, where the ground shade also indicates that from the plate as a centre of chondrification, cartilage is gradually extending dorsalwards. In Necturus the tissue occupying the space between the floor of the capsule and the basal plate becomes gradually converted into cartilage in such manner that one cannot speak of this cartilage as properly an outgrowth either from the parachordal or periotic cartilage. The uniting cartilage includes in its- formation indifferent cells of the mesenchyma lying between the basal plate and the auditory capsules, which give rise to cartilage without passing through the procartilage stage. A similar direct convertion of cells of the mesenchyma into cartilage in this region in Triton has been noted by Srour (80). The skull in Necturus 19 mm long. Figs. 15 and 16, pl. XVII, represent a model of the cartilaginous skull in an embryo of 19 mm, in which the cartilaginous elements of the head are well established. In fig. 15, the skull is viewed from the ventral surface, showing chiefly the branchial bars, which, with the exception of those of the mandibular arch, have been omitted in fig. 16, where one views the chondrocranium from the side and from above.: Merely a closer grouping of cells indicates the position of the internasal plate which later connects the trabecular bars anteriorly; and the antorbital processes, although outlined in the figures, are as yet unchondrified, still consisting of the closely grouped nuclei that characterize procartilage — here mesectodermic. The trabecular bars are round or oval in section, thus resembling the primitive form of these bars in the Anura more closely than in Triton or Siredon, where according to Sréur ('80) the trabe- eulae are from the first nearly vertical plates at the side of the brain. From fig.17 it is seen that the trabecular bar, a short distance posterior to the antorbital process, is connected in three places with a short dorsal bar of cartilage lying parallel to the trabecula, thus leaving two spaces surrounded by cartilage. Through the anterior of these openings the optic nerve passes outwards. Through the 438 j Julia B. Platt posterior opening, there pass a blood-vessel and the nerve oculo- motorius. The eartilage of the dorsal bar, with that of the vertical bars which connect this bar with the trabeeula, forming together the erista trabeculae, arises in prochondral tissue that appears to be composed of cells which have migrated dorsalwards from the prochondral Anlage of the trabecular bar. The cartilage of the dorsal bar, however, is not at first connected with the trabecular cartilage, but fuses posteriorly with the ascending process of the quadrate cartilage before becoming connected with the trabecula by means of the cross bars that bound the openings for the optic and ocule- motor nerves. In the embryo modeled, the middle bar, although represented in fig. 16, was still prochondral. STÖHR (80) says that in Triton the orbital wall of the skull arises in connection with the trabeculae, and not independently as GOETTE (’75) is inclined to think of general occurrence. SEWERTZOFF tells me that he considers the independent origin of this dorsal bar of cartilage significant as indicating a possible homology with the large alisphenoid cartilage, recently described by SEWERTZOFF ('97) in the Selachii, or with a similar structure described by SALENSKY (78) in Acipenser. The quadrate, although primarily connected by procartilage with the cartilage of Mecker’s bar, chondrifies independently, and at the stage of development represented in fig. 17 (19 mm), has fused with the dorsal bar of the crista trabeculae alone. The mandi- bular bars, which are paired, even in the procartilage stage (fig. 7), are now connected with one another anteriorly merely by procartilage, indicated in fig. 15 by the dark band uniting the anterior extremities of the bars. If fig. 15 be compared with the figure of the adult branchial cartilages in Menobranchus (Necturus) given by Huxuey (74), it is found that each branchial element already exists as a distinct cartilage. Although the meseetoderm of which the prochondral bars are formed is of paired origin, the prochondral bars themselves are not paired in the hyoid and glossopharyngeal arches, as seen from fig. 7. However, when the procartilage is converted into cartilage, each cartilaginous element of the arches arises as an independent area of chondrification, separated by apa tilage from the neighboring cartilaginous elements. The body of the axial bar called the »first basibranchial«, The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 429 chondrifies before the posterior extremity of the bar, so that the cartilage of this bar is at first separated from the cartilage of the cerato-branchial bars of the third visceral arch by the unchondrified procartilage of the posterior extremity of the basibranchial bar. When eartilage arises in the posterior part of the first basibranchial, this cartilage is divided into right and left halves separated in the axial plane by procartilage. Each half, however is directly continuous anteriorly with the undivided cartilage of the body of the bar, and posteriorly each half adjoins the corresponding cerato-branchial of the third arch. This relation seemed of interest as tending to justify the name given to the first axial bar, by showing it to be, at least in its posterior part, composed of basal elements from the third visceral arch. There is an early stage of development when the cartilage of each cerato-branchial of the third arch is directly conti- nuous with the cartilage of the corresponding half of the posterior extremity of the first basibranchial. From the fusion of adjacent cartilages, however, little may be inferred regarding their primitive relations to one another. The second basibranchial is not formed in the same kind of tissue, mesectoderm, as the remaining branchial bars, but arises from cells on the anterior wall of the pericardium which are mesodermie, although it is probable that a few cells at the proximal end of the bar come from the mesectoderm. The bar arises later than the remaining branchial cartilages, and I am inclined to doubt the serial homology implied in its name, »second basibranchial«, and to regard the bar as a foreign element associated secondarily with the branchial arches. The dorsal, relatively lateral, margins of the cartilaginous bars of the three posterior arches, are connected with one another above the gill clefts by procartilage, indicated in fig. 15 by dark bands. No fusion has yet taken place between the quadrate cartilage and the auditory capsule. Gaupp says (93, page 434) »some false statements of GOETTE, such as the participation of the ascending process in the formation of the lateral wall of the skull have already been set right by Sréur«, and Srdur does indeed say ('80, page 492), that in the Urodela studied by him no such participation in the formation of the wall of the skull can be ascribed to the quadrate. In Necturus, nevertheless, the ascending process actually does bound the brain laterally, thus forming part of the skull-wall, as maintained by GoETTE (75). In the embryo 19 mm long, the inner wall of the auditory 430 Julia B. Platt capsule is developed only in its dorsal part and at the anterior and posterior margins. Through the posterior and smaller of the two notches, seen in fig. 16 in the margin of the inner wall of the capsule, the ductus endolymphaticus passes dorsalwards from out the otie chamber. The trigeminal ganglion lies between the auditory capsule and the quadrate cartilage. The roots of the facial and auditory ganglia are median to the large opening in the inner wall of the auditory capsule, through which the auditory nerves pass directly to the membranous ear, while the hyomandibular and palatine branches of the facial nerve accompany the auditory nerve into the capsule, passing outwards through the two anterior of the three open- ings in the floor of the capsule, seen in fig. 15, the smallest opening being that for the palatine nerve. The ganglion of the facial element of the lateral-line system lies median to the anterior part of the inner wall of the auditory capsule, the nerves from the ganglion passing dorsalwards and forwards near the trigeminal ganglion. Median to the posterior wall of the capsule lie the roots of the glossopharyngeal and vagus nerves, which pass outwards through the space between the occipital arch and the auditory capsule. The posterior and largest opening in the cartilaginous floor of the auditory chamber is that of the fenestra ovalis. The position of this opening is seen in transverse section in fig. 17, where it is also seen that were the inner wall complete, the auditory capsule would form in section a nearly equilateral triangle with rounded corners. As testified by all who have employed modern methods of study, the fenestra ovalis is not a secondary opening in the cartilaginous case of the ear, but is from the first merely closed by a membrane. At the stage represented in fig. 15 (i. e. 19 mm in length), the operculum! is unchondrified, and is not shown in the model. The Anlage, however, is already established in procartilage, and one finds that the operculum in Necturus, is neither part of the primitive otic capsule, nor formed in the membrane closing the fenestra. It arises independently. SröHr (80) tells us that in Triton and Siredon, the operculum is an outgrowth cut off from the margin 1T regret the employment of the term »opereulum« to designate struc- tures so widely different as the covering of the gills, and a cartilage lying in the fenestra ovalis, but know not what word to substitute, since this carti- lage is not the equivalent of the »columella« of the Anura, and is of questionable homology with the »stapes« of higher Vertebrata. —_— Ss u The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Neeturus. 431 of the cartilaginous capsule bounding the fenestra anteriorly. According to Kırrıan (90) in Axolotl, however, the relations are similar to those in Necturus, and the operculum arises quite independently in the neighborhood of the fenestra, but at the side of the cartilaginous ear-case. KILLıan says that in Rana eseu- lenta the fenestra is at first closed by connective tissue in which later the cartilage of the stapedial plate (operculum) arises, and Gaver (93) affirms the same for Rana fusca. Gaupp describes the operculum, however, as lying in the posterior part of the fenestra ovalis, leaving anteriorly a sickle-shaped space closed only by a membrane. In this anterior space the small cartilage of the pars interna columellae arises. Now in Triton and Siredon the operculum is described by Sr6ur as derived from the anterior wall of the fenestra ovalis, and in Necturus the operculum, arising outside the wall of the capsule, lies primarily slightly anterior to the fenestra ovalis. It is consequently possible that the cartilage, called operculum, arising in the membrane closing the oval window of the ear in the Anura, is not the homologue of the cartilage called »operculum« in the Urodela, which occupies more nearly the position of the pars interna columellae as described by Gaupp. The primary position of the operculum in Necturus is shown in fig. 18, pl. XVIII, a sagittal section through the lateral part of the cartilaginous ear. At the right, in the lower part of the figure, the hyoid cartilage is seen in section, between this cartilage and the fenestra which interrupts the continuity of the otic cartilage, lies a group of cells more compact than the surrounding mesenchyma. In the centre of this group of cells is found the beginning of the operculum. I regret that I am unable to trace the origin of these closely grouped cells. In slightly earlier stages, scattered cells of the mesenchyma occupy the space where in fig. 18 the procartilage cells of the operculum lie. The cartilage of the operculum is at no time connected with the hyoid cartilage, but this fact does not demonstrate that the cartilage in question may not be a rudimentary element of the hyoid arch, since each element of the cartilaginous arches arises from an independent centre of chondrification, and secondary fusions of carti- laginous elements do not necessarily show original association. In the embryo of 19 mm, not only has the occipital part of the basal plate fused with the cartilage of the auditory capsule, but the 4392 Julia B. Platt “ dorsal extremity of the occipital arch has also united with the inner, posterior, dorsal, corner of the capsule and from the cartilage formed by this union a point reaches dorsalwards towards the Anlage of a cartilage which for a short distance roofs the brain. Gaupp (93) — calls this roofing cartilage tectum synoticum, since the name hitherto employed (PARKER ’76), oceipitale superius, belongs properly to a bone, and moreover to a bone not found in the Am- phibia. As the relations of this cartilage in Necturus make it appear to me desirable that the cartilage be designated by a name which associates it with the occipital arch rather than with the auditory capsule, Prof. GAupp has suggested that I call the cartilage interoceipitale, and I accept the suggestion. The independent origin of the interoccipitale (tectum syno- ticum) is noted by Gaupp (93), who seems, however, not to have found in the Amphibia which he studied, what is true for Nec- turus, namely, that the cartilage in question is not only independent in origin, but also paired. In Necturus 19 mm long, the Anlagen of the interoccipitale are still prochondral. STöHr (80), who describes the roofing cartilage in Triton as connecting the auditory capsules, also demurs at the appellation occipitale superius. My reasons for preferring a name which associates the cartilage with the occipital arch are given in the following division of this paper (pages 435, 436). The procartilage at the base of the first neural arch of the spinal column is primarily separate from the procartilage of the basicranial plate, but as cartilage begins to form in this arch, the prochondral Anlage at the base of the arch extends forwards and unites with the procartilage of the basal plate in that region, ad- joining the chorda and median to the base of the occipital arch, which remains unchondrified at the time when the occipitai arch is converted into cartilage. This connecting prochondral tissue has received a special name both from StöHr and Gaupp, being called by the former, intervertebro-oceipital tissue, and by the latter occipito-vertebral tissue. The tissue in question precedes the formation of a cartilaginous extension from the base of the first neural arch, which grows forwards at the side of the chorda, ulti- mately appropriating the posterior part of the prochondral tissue that lies between the base of the occipital arch and the chorda. In the embryo of 19 mm, a complete fusion is found between the cartilage of this anterior extension from the first neural arch no. 7, & zu ee The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 433 and the occipital cartilage, prior to articulation in the condyles. Sv6uR (80) states that he has not observed in Triton a continuity of cartilage preceding the atlanto-occipital articulation, which would make this articulation resemble that of a spinal arch. Gaurp (93) also says that he has not observed such a fusion in Rana. The skull in Necturus 46 mm long. The largest of the small Necturi which I raised measured 46 mm, and were eight months old when killed. As the little creatures were raised from the egg in confinement, it is quite pro- bable that the stage of development does not correspond with that of the free animal of the same length. Moreover, the lengths here given are in any case of but relative value, since there is more or less individual variation among animals subjected to the same con- ditions of environment. I have made no drawing of a model of this stage, since the changes in the skull are not great and can be easily explained by reference to the model of the skull in the embryo of 19mm. The chief changes consist in the development of cartilage in connecting bars or plates found as procartilage in the younger embryo, and in the completion of the median wall of the auditory capsule and of the internal partitions which separate the floors of the anterior, posterior, and external semicircular canals from the main auditory chamber. The branchial cartilages have increased in size, and the pro- cartilage connecting dorsally the bars of the glossopharyngeal and vagus arches in the younger embryo has been converted into carti- lage. The trabeculae have become connected by an internasal plate near their anterior extremity, in the region indicated by broken lines in fig. 17. This plate is not an outgrowth from the trabeculae, but arises independently. It underlies the anterior part of the brain, and just beyond its posterior margin the olfactory nerve passes over the trabecula to the nasal epithelium, which is now supported by a narrow band of cartilage, that begins near the external opening of the nose and extends backwards over the dorsal surface of the nasal membrane, ending in a series of fine processes that reach laterally between the folds of the membrane. The nasal cartilage arises independently, as does also the cartilaginous ring that now surrounds the eye. This ring is but three cells wide and one cell deep. Morpholog. Jahrbuch. 25. 29 434 Julia B. Platt The antorbital processes have chondrified, and a large part of the cartilaginous skull is now incased in bone. The optic and oculomotor nerves pass outwards through two openings in the crista trabeculae as in the younger embryo, and the ramus ophthal- micus profundus trigemini extends forwards between the ascend- ing process of the quadrate and the trabecula, its union with the trigeminal ganglion being roofed by the fusion of the ascending process with the dorsal bar of the crista trabeculae (fig. 16). In the older embryo, however, a cartilaginous process extends backwards from the ascending process and fuses with the anterior wall of the auditory capsule. This process continues the line of the dorsal bar of the crista trabeculae, so that it now appears that the trige- minus, like the opticus and oculomotorius, passes outwards through an opening between the dorsal and ventral bars of the crista. The trigeminal ganglion lies between the quadrate and the auditory capsule, and from the ganglion the mandibular nerve passes outwards external to the ascending process, while the pro- fundus passes forwards median to this process. With the completion of the median wall of the otic capsule, the large opening found in the younger embryo (fig. 16) has become reduced to four smaller foramina, three of which le immediately above the floor of the capsule, while the fourth opening is found near the roof of the capsule, vertically above the cartilaginous par- tition separating the median of the three lower openings from the posterior. The dorsal foramen admits the ductus endolympha- ticus. The anterior of the three lower openings admits the facial nerve with the anterior of the two auditory nerves. The median foramen admits the posterior auditory nerve, while the posterior opening is the foramen perilymphaticum. It is thus seen that in the older embryo a cartilaginous partition separates the two auditory nerves. At the same time a ledge of carti- lage which grows inwards from the ventral part of the antero- lateral wall of the capsule forms a secondary floor separating the hyomandibular part of the facial ganglion from the auditory chamber. Through an opening left in this inner floor, the anterior auditory nerve, which has entered the posterior wall of the capsule with the facial nerve, passes upwards to the sensory membrane, while the rami hyomandibularis and palatinus pass through the lower and primary floor of the auditory capsule by their respective fora- mina. As in the younger embryo, the glossopharyngeal and vagus The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 435 nerves leave the brain case through a foramen formed by the union of the base and dorsal extremity of the oceipital arch with the otie capsule. The opercular cartilage now closes a large part of the fenestra ovalis. The abducens nerve passes through the trigeminal ganglion and onwards with the ramus ophthalmicus profundus. The relations of the facial part of the lateral line system are as in the younger embryo. A bridge of cartilage now roofs the posterior part of the brain, and is laterally continuous with the cartilage formed by the union of the dorsal extremity of the occipital arch with the postero-dorsal part of the inner wall of the otic capsule. This interoccipital bridge, as previously described, arises independently from paired Anlagen. In an earlier stage of development the neural arches become connected with one another at their dorsal extremities by a pair of parallel, longitudinal bars of procartilage, which begin to chondrify in continuity with the cartilage of the arches. Before the chondri- fication is complete, a bridge of procartilage connects the two longitudinal bars between the successive arches. This bridge also chondrifies and the continuous longitudinal bars of cartilage break into pieces that articulate with one another posterior to each trans- verse bridge. Thus the spinal cord becomes partly roofed, and the articulating processes of the vertebrae are formed. I believe that in the paired Anlagen of the interoccipitale, we find the equivalent of the longitudinal bars connecting the dorsal extremities of the neural arches of the spinal column, and that the union of these Anlagen to form the interoccipital cartilage corre- sponds to the transverse union of the longitudinal bars of the trunk. Moreover, it seems that in Necturus the interoccipital cartilage actually connects two arches of which the occipital is the posterior. Figs. 28, 29, and 30 show three sections from an embryo in which as yet but one cartilaginous bridge — that immediately posterior to the facial ganglion — connects the auditory capsule with the basal plate. This bridge is seen in fig. 28, where it is found that the cartilage of the basal plate is directly continuous with the cartilaginous floor of the auditory capsule. The continuity exists but for a few sections, and is almost immediately interrupted at the point s. The tissue at the left of this point belongs to the ear, while the cartilage at the right is from the trabecular part of the basal plate. The figure also shows that in the plane of section, the median and dorso-lateral walls of the cartilaginous capsule are 29* 436 Julia B. Platt still unformed. The membranous ear, the ductus endolymphaticus, and the auditory ganglion are sectioned. The plane of fig. 29 passes through the posterior part of the auditory capsule. The eartilaginous floor of the capsule is seen in section at the left, and is found to be no longer connected with the basal plate seen at the right of the figure. A double row of cells however connects the basal plate with a bar of cartilage which lies between the membranous ear and the brain, and which, in later development, becomes part of the postero-median wall of the capsule. The cartilage of the basal plate is here »mesotic<, and the region is that in which the posterior of the two primary connections between the basal plate and the auditory capsule occurs. A section through the occipital arch is shown in fig. 30. At the left of the figure is seen the vagus ganglion above which mus- cular tissue from the second myotome is sectioned. Attention need - hardly be directed to the striking similarity between the cartilaginous arch seen in fig. 30, and the incomplete arch of fig. 29, or to the manifest difference in the relation of the basal plate to the otic capsule demonstrated by comparison of fig. 29 with fig. 28. The occipital arch, like the following neural arches, lies prima- rily in a myoseptum, and in fact in the myoseptum which separates the second myotome from the third (the third postotic somite from the fourth). In the next posterior myoseptum lies the first neural arch of the trunk, and in the plane which separates the first myotome from the second (the second postotie somite from the third) lies that anterior rudimentary arch which is taken into the median wall of the ear. We have therefore in the skull of Necturus traces of two cartilaginous arches shown by their relations to the myotomes to be serially homologous with the neural arches of the trunk. The anterior of these arches becomes completely incorporated in the median wall of the auditory capsule, while the posterior, or occipital arch fuses with the auditory capsule dorsally and ventrally, but remains medianly separate, allowing thus the exit of the glossopharyngeal and vagus nerves. The two arches are connected from side to side by an interoccipital cartilage, which, like the cartilage connecting dorsally the neural arches of the trunk, arises from paired Anlagen. Since that part of the inner wall of the auditory capsule with which the cartilage roofing the posterior part of the brain becomes connected, is derived in Neeturus from a praeoccipital arch, the appellation tectum interoecipitale seems more adequately deserip- > a. oe The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 437 tive of the roofing cartilage than the topographically accurate tectum synoticum first suggested by Gaupp (’93). In Necturus of 46mm, the anterior part of the chorda still persists. but lies above the axial cartilage of the basal plate. The chorda enters the plate in the transverse plane passing through the posterior wall of the auditory capsule, and gradually, from the periphery inwards, becomes chondrified, while the tissue bounding the chorda is so modified that the chorda does not come into imme- diate contact with the cartilage of the basal plate, but passes through the axis of the plate to unite with the anterior prolongation of the first neural arch, thus forming the odontoid process (Tuberculum nterglenoidale of Gaupp) in the manner described by STÖHR for Triton. A summary of the facts presented in this part of the study is given at the close of the paper. Part. DIE The Muscles. It is the purpose of the third part of this study to show, chiefly by reference to the figures already described in demonstration of the development of the branchial cartilages, the origin and position of the tissue to which each of the chief muscles of the head, ex- cepting the eye-muscles, may be traced, and further to discuss the segmental relations of the hypoglossus musculature. I have connected the study of the development of the branchial muscles with that of the cartilages for two reasons; first, because v. Kuprrer ('95, page 119) claims that in Petromyzon cells of ectodermic origin similar to those which give rise to the branchial cartilages also take part in the formation of the ventral longitudinal muscle of the branchial region, and secondly because GORONOWITSCH (93, page 254) describes the »periaxiale Stränge«, which are partly composed of neural crest cells, as associated in the bird with the formation of the musculature of the visceral arches. In Necturus the mesectoderm cells do not take part in the formation of muscular tissue, but each muscle of the branchial region may be traced directly to tissue which is from the first distinctly mesodermic. Moreover, NEAL (97) has recently shown that the muscle thought by v. Kuprrer to be derived in Petromyzon from the ectoderm, actually arises by budding from the dorsal myotomes. 438 Julia B. Platt Mıvarr (69), closely following FiscuEr (64), has given an account of the adult muscles in Menobranchus (Necturus) which would also serve as descriptive of the muscles in Necturus of 46 mm, and I consequently refer to his paper for the final relations and insertions of the muscles, having nothing further to add to the accu- racy of his description. The branchial muscles. In the embryo of 11mm, the mesodermic tissues of the head may be divided into three groups, — mesenchymal, mesothelial, and somitie tissues, and it is the mesothelial tissue which gives rise to the branchial muscles. This tissue forms the wall of the pericardium (coelom) and thence extends dorso-laterally or antero-dorsally into each branchial arch. The mesothelium of the mandibular arch is connected with the wall of the pericardium through the mediation of the ventral part of the hyoid mesothelium. In other words, the mandibular and hyoid mesothelia unite with one another ventrally, while the hyoid mesothelium unites with the anterior wall of the pericardium. The pericardial cavity extends into the ventral part of the mesothelium of the hyoid and mandibular arches alone, while in the dorsal part of these arches and in the posterior branchial arches, the body cavity, theoretically present, is completely reduced by the approximation of the cells composing the mesothelial walls. At its dorsal extremity the mesothelium of the mandibular arch is separate from the mesothelium of the following arches, and passes directly into mesenchyma. The mesothelium of the hyoid arch extends dorsally to the ventral wall of the membranous ear, as shown in fig. 11. Below the posterior wall of the ear, the mesothelium of the hyoid arch is directly continuous with the dorsal part of the meso- thelial tissue of the glossopharyngeal arch, as seen from the sagittal section represented in fig. 26, pl. XVIII, where it is also seen that at some little distance above the branchial clefts, the dorsal extremity of the mesothelium of the glossopharyngeal arch is connected in turn by a somewhat broken band of mesothelial tissue with the dorsal part of the united mesothelia of the vagus arches. Thus the meso- thelium of the mandibular arch is dorsally independent, while the mesothelial tissue of the following arches is continuous above the gill clefts. These relations are shown in fig. 26. The plane of section passes vertically through the hyoid mesothelium, but sections only the dorsal . The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 439 and ventral parts of the mesothelia of the remaining arches. The dotted lines at the right of the figure indicate the union of the ventral part of the mesothelium of the second vagus arch with the dorsal part of the mesothelium of the first vagus arch. The union takes place in sections lateral to the section represented. In each arch the mesothelial tissue lies in the long axis of a surrounding tube of mesectoderm. The mesectoderm represented in fig. 2, pl. XVI, extends ventrally to the wall of the pericardium from which the mesothelial cords pass dorsalwards through the centre of each mesectodermic arch, sharply distinguished from this tissue by yolk differentiation. As the embryo grows the are described by each mesothelial cord becomes greater, and the tissue pushes its way from the centre of the arch to the postero-lateral margin, where, on the posterior arches, the buds of the external gills appear. This stage of development is represented in the series, figs. 1 ~—17, pl. XVI. The vertical part of the mesothelial cords is seen in section in figs. 1 a—1 e, while in figures 1¢d—17, the union of each successive cord with the wall of the pericardium is represented. Fig. 4, pl. XVI, shows in transverse section, the two-walled mesothelial plate which unites the mesothelial tissue of the hyoid and mandibular arches, seen in horizontal section in figs. 1% and 17. The anterior part of the mesothelial tissue of the mandibular arch is continuous. from side to side in sections that pass below the plane of the section shown in fig. 12. From this tissue, with little change of relative position the mandibular part of the m. mylo-hyoideus arises, which is inner- vated by the trigeminal nerve. The hyoid part of the mesothelial plate gives rise to the posterior part of the muscle mylo-hyoideus, which is innervated by the facialis. In the embryo of 12!/, mm, represented in the sections shown in figs. 5a—5 e, pl. XVII, the mesothelial tissue of the younger embryo, with very little change of position has been converted into muscular tissue. The muscles of the mandibular and hyoid arches are con- tinuous with the muscular tissue of the mylo-hyoideus, as in the younger embryo the mesothelial tissue of these arches united in the ventral mesothelial plate. In the section shown in fig. 5 2, the large mandibular muscle is seen to send a band of muscle fibres to the wall of the branchial chamber. The embryonic muscles appear to come into action before the branchial bars are sufficiently firm to act as levers, and primarily extend from the dense mesectodermal tissue of the arch in which they“lie to an adjacent branchial wall. 440 Julia B. Platt The first functional activity of the muscle must consequently be exerted by pulling the skin. With the development of cartilage, however, the chief distal attachment is transferred to a neighboring branchial bar. Fig. 55 also shows an outgrowth from the ventral part of the glossopharyngeal muscle (gm) which is not found in connection with the mesothelium of the younger embryo. This outgrowth is the beginning of the muscle cerato-hyoideusinternus. In fig. 13, pl. XVHI, a section through the left half of the glossopharyngeal arch is seen, in a plane similar to that of fig. 56. The figure shows the beginning of the muscle cerato-hyoideus internus in the mesothelial tissue of the glossopharyngeal arch, which is still dis- tinguished by yolk granules. The section is bounded above and at the left by the posterior wall of the hyobranchial cleft. The heart and pericardium are seen in the figure below and at the right. From the wall of the pericardium the mesothelial tissue extends into the glossopharyngeal arch, and the anterior prolongation of this tissue towards the hyobranchial cleft is the beginning of the muscle cerato-hyoideus- internus. This muscle is innervated by the glossopharyngeal nerve, and is consequently shown by its innervation as well as by its origin to belong to the third arch. The muscle ultimately connects the cartilaginous bars of the second and third arches. In fig. 5d a pair of muscles appear which are not derived from the mesothelial tissue of the branchial arches, the muscles genio- hyoidei (gh). These muscles form part of the hypoglossus muscu- lature, and their origin will be described later. In the embryo of 15 mm, represented in figs. 6 a—6 e, pl. XVII, and 7a@—7e, pl. XVIII, the mandibular muscle has nearly lost its connection with the muscle mylo-hyoideus, and has become divided into two parts (figs. 65 and 74), an external part, the masseter muscle, which extends dorsalwards and ultimately becomes attached to the auditory capsule, and an internal part, the muscle temporalis, which also extends dorsalwards, and ultimately becomes attached to the dorsal wall of the skull. Both muscles are supplied by the trigeminal nerve. In the embryo of 15 mm, the hyoid muscles have also become distinct. The most dorsal of these muscles lies above the plane of fig. 6a, for the mesothelium of the hyoid arch extends dorsally to the ventral wall of the auditory capsule, as seen in fig. 26, pl. XVIII, The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 441 where it is also seen that the dorsal part of the hyoid mesothelium, that part which connects the mesothelium of the hyoid arch with that of the glossopharyngeal arch, forms a distinct mass of tissue, immediately adjoining the more ventral hyoid mesothelium. ‘This dorsal tissue, which lies below the primary centre of chondrification of the auditory capsule, gives rise to the digastric muscle. The muscle retains its primary attachment to the postero-ventral wall of the auditory capsule, but also becomes attached to the dorsal part of the cartilaginous bar of the glossopharyngeal arch, and is ulti- mately connected with the posterior extremity of the mandibular bar by a long tendon. The more ventral of the two divisions of the hyoid mesothelium, seen in fig. 26, gives rise to the muscle cerato-hyoideus externus, which is widely inserted on the hyoid cartilage, and also becomes attached to the dorsal part of the cartilaginous bar of the glosso- pharyngeal arch, near the point of attachment of the digastric muscle. Both of these muscles are innervated by the hyoid nerve. The third and most ventral of the hyoid group of muscles is the mylo-hyoideus, the origin of which has been described. In fig. 7 d, the three hyoid muscles are seen in transverse section (dig. che. myh.). In fig. 6 4, the cerato-hyoideus ext. and the mylo-hyoideus are seen in horizontal section. From the remainder of the dorsal mesothelium seen in fig. 26, the levatores arcuum arise. That division of this mesothelium which is continuous with the hyoid mesothelium gives rise to the levator arcus I, which, with little change of position, becomes connected proximally with the bones investing the posterior auditory region, and distally with the dorsal part of the cartilage of the glossopharyngeal arch. The proxinal part of the muscle, however, grows inwards, and ultimately passes beyond the external boundary of the myotomes, which lie in planes median to that shown in fig. 26. The glossopharyngeal nerve innervates this dorsal muscle of the glossopharyngeal arch. From the posterior part of the dorsal meso- thelium, seen in fig. 26, the two levatores of the vagus arches arise, innervated each by a branch of the vagus nerve. Mivarr (69, page 456) calls attention to the fact that the levator muscle of the first arch, in the adult Necturus, is remarkably dis- tinct from the remaining levatores arcuum. Fig. 26 shows that even the mesothelium from which the muscle arises is less closely connected with the mesothelium of the vagus arches than with that 442 Julia B. Platt of the hyoid. Oddly enough, WiLbdER (’96, page 295) says that he has sought in vain for the levator arcus I in Necturus, and coneludes that it is »failing«. The muscle is not small, and is both described and figured by Mivarr. From figs. 5a and 6a, pl. XVII, it is seen that as the stems of the external gills bud out, the small band of muscle, derived from the mesothelium seen in figs. 1a—1g on the postero-lateral wall of each of the three posterior arches, expands into the growing gill bud. Ultimately this muscle band, primarily continuous, breaks into separate parts, and from it also individual muscle cells migrate outwards and find their attachment in the skin.. Thus the three systems of gill-tuft muscles arise, dorsally the adductores and levatores branchiarum, and ventrally the depressores bran- chiarum, supplied by the proper nerve of the arch from which the gill-tuft arises, glossopharyngeal or vagus. The first adductor branchiarum is composed of muscle elements from the glossopha- ryngeal and first vagus arches which unite above the third gill cleft, and is supplied by a nerve formed from the union of a prae- trematic branch of the vagus with a branch of the glossophar- yngeus. There are three constrictores arcuum in Necturus. The first grows forwards from the mesothelium of the first vagus arch near the point where this mesothelium joins the wall of the peri- cardium, in the same manner as the muscle cerato-hyoideus in- ternus grows forwards from the mesothelium of the glossopharyngeal arch. The first constrictor arcuum is supplied by a branch of the vagus nerve which comes through the first vagus arch. The second and third constrictores arcuum arise as a single muscle from the wall of the pericardium in the region where the meso- thelium of the second vagus arch unites with the pericardial wall. This muscle is innervated by three branches of the vagus. One from each of the two vagus arches and also by a branch which descends through the trunk posterior to the last branchial cleft, and then turns forwards in the ventral gill region. The constrictor pharyngis arises from mesothelial tissue posterior to the branchial arches, but similarly related to the walls of the coelom. We thus find that all of the proper branchial muscles (part of the hypoglossus musculature is secondarily associated with the branchial region) in Necturus, may be traced directly to meso- The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 443 thelial tissue which is morphologically part of the wall of the coe- lom. The origin of these muscles from a composite tissue such as the »periaxiale Stränge« which Goronowrrscu (92, '93) describes as taking part in the formation of the branchial muscles in the bird, is out of the question. The hypoglossus musculature. In the embryo of 15 mm, the somitic divisions of the mesoderm of the head are limited to two somites, which lie respectively lateral to the two vagus roots. Divisions of the axial mesoderm anterior to the first vagus segment have been lost in scattered cells of the mesenchyma which surround the auditory vesicles and bound the walls of the brain, occupying much of the space that separates the neural tube from the external ectoderm. Although in younger embryos, the mesodermie divisions in the head anterior to the vagus segments are not as distinct in Necturus as in the Selachii, they nevertheless are constant, and correspond to the divisions determined by v. WisuHE (’82), except that the prae- mandibular mesoderm is not divided from the mandibular. v. WHE tells us regarding the divisions of the mesoderm in the head of the Selachii, that the first head-somite, the praemandibular, lies anterior to the mouth. The second head-somite is continued in the mesoderm of the mandibular arch. The third lies above the hyomandibular cleft. The fourth, immediately anterior to the auditory invagination, is widely connected with the mesoderm of the hyoid arch, while the fifth somite, the anterior part of which lies opposite the An- lage of the glossopharyngeal nerve, is connected with the mesoderm of the glossopharyngeal arch. From the sixth somite a myotome arises, and from each of the following somites of the head and trunk myotomes are formed. Save that there appears to be no early division in Necturus between the mesoderm of the praemandibular and mandibular so- mites, the above description of the divisions of the mesoderm in the Selachii in equally applicable to Necturus at the time when there are but three branchial clefts. Indications of further divisions of the praeotic mesoderm such as are described by DoHrx ('90) and Kinuian (91) in Torpedo, or by myself in Acanthias (91), do not appear in Necturus. I therefore felt warranted in stating in my first study (94, page 928) that the segmentation of the meso- derm in Necturus is the same as that described by v. Wısux. To 444 Julia B. Platt my surprise both Froriep ('94) and SEWERTZOFF (95) understand me to imply that the head of Necturus contains 9 segments. I regret this misunderstanding the more since we read FRorIEr's reviews with no less delight in their clearness, than confidence in their impartial accuracy. In reviewing my paper on Acanthias, Froriep (91 0, page 585) also stated, but with better ground for the belief, that I found 12 segments in the head of Acanthias. In actual fact, however, I had not studied the occipital region in Acanthias, and did not know how many segments enter the head, nor have I at any time made any statement of belief regarding the number of seg- ments that enter the head of any Vertebrate. My first study on the segments taken into the occipital region of the head is presented in this paper, and I trust it will appear to those who read the following pages that while I believe it to a certain extent possible to homologize segment with segment in comparing different Vertebrates, I also believe it quite possible that one or more somites have dropped out in the region immediately posterior to the ear, in connection with the reduction of the visceral arches, which would make the number of primitive segments included between the first segment of the head and the last, still undetermined. Much difference of opinion exists regarding the serial homology of the prae- and postotic divisions of the axial mesoderm. While v. WiJHE believes that the somites he described are serially homo- logous structures, FRORIEP (85, ’87), not doubting the existence of the nine somites in the Selachian head, maintains that the anterior and posterior somites are not of equal value, and calls attention to the fact that a break exists in the middle of the row, where anterior as well as posterior elements may have been lost. In a brilliant critical review, GEGENBAUR (’87) also expresses his belief that the anterior somites of the head are not homodynamous with the occi- pital. Welcoming the continuous segmentation described by v. WIJHE as a valuable confirmation of his belief in the segmented structure of the Vertebrate head, GEGENBAUR regards the first 6 of v. W1JHE’s somites as belonging to the primitive head, but believes that the 3 posterior somites described by v. WısHe, have migrated into the head from the trunk. Finally, RABL ('89) takes the extreme view that segmental value can be assigned only to the postotic divisions of the axial mesoderm. I pause for a moment to comment on a statement by which The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 445 Ras ('89, page 228) supports his theory. Rast tells us, »es ent- wickeln sich bei allen (!) Wirbelthieren die Urwirbel der Reihe nach von vorn nach hinten, so dass also der vorderste Urwirbel zugleich der älteste ist. Dieser vorderste Urwirbel ist aber identisch mit dem fünften (!) Kopfsomit van Wısne’s, dem ersten distalen (i. e. postotic) Somite. Auch die weitere Entwicklung der fünf distalen Kopfsomite ist genau dieselbe wie die der nächstfolgenden Urwirbel des Rumpfes (!)«. Although the chick is a familiar object for the investigation of simple phenomena of development, at the time when I studied (’89) the succession in which the protovertebrae arise, there were, as far as I know, but three published studies describing their order of origin (v. BAER ’28—’37, His ’68, Kuprrer and BENECKE ’79), and none of these studies claimed that the most anterior protovertebra is the first to form. I should doubt whether the order in which the protovertebrae arise had been investigated in all Vertebrates, were is not for the authoritative statement of a man (RaBL’89, page 115) who warns us that, »der Forscher soll die Wahrheit iiber Alles halten; er darf sie nie der Klarheit zum Cpfer bringen: denn was heute nicht ganz klar ist, kann es morgen werden; aber was heute eine Lüge ist, bleibt in alle Ewigkeit eine Lüge.« v. WIJHE (82) says that he believes that the first somites that appear in the Selachii are those of the region corresponding to the neck of higher Vertebrates, and HorrmMann (97) confirms this belief, adding that the order of development of the motor nerves, like that of the protovertebrae, is in two directions, thus bringing further evi- dence against the assumption that successive development in one direction is a prerequisite of homodynamy. Kerrpen (95) tells us that the first formed protovertebra in the Mammalia is not the most anterior. I also found (’89), and my observation has since been confirmed by GoronowirscH (93), that in the chick, the first divi- sion in the axial mesoderm falls between the second and third proto- vertebrae, and that two protovertebrae are slowly cut off anterior to this primary division of the mesoderm, while the formation of protovertebrae in a posterior direction takes place more rapidly. The protovertebra first formed in the chick is consequently the third in position. RABL moreover says, as above quoted, that the first protovertebra corresponds to v. WisuE’s fifth somite, and that this protovertebra with the four following (i. e. the five distal head somites) develops 446 Julia B. Platt in exactly the same way as the next following protovertebra of the trunk. Now, according to v. Wine (82), and both Neat (’97) and HOFFMANN (97) confirm the statement, the fifth somite does not develop muscular tissue in the Selachii, being crushed out of existence by the growth of the auditory vesicle, and the muscle-plates begin with the sixth somite, which lies opposite the vagus Anlage. One is therefore surprised when RAgBL adds (l. c. page 236), »while foregoing a criticism of the recent hypotheses regarding the metamerism of the Vertebrate head; ich bemerke nur, dass sie mir fast sämmtlich den Eindruck einer Beweisführung um jeden Preis, selbst um den Preis der Thatsachen, gemacht haben«. It appears to have suited Ragr’s theory that the muscle-plates should begin with the fifth somite, and should develop from before backwards. Do we, who have other theories, not deserve charitable criticism — even from RABL? Leaving for the time the question of the metameric value of the segments of the head, I now describe the primitive relations of the postotie divisions of the axial mesoderm in Necturus. In fig. 20, pl. XVIII, a sagittal section is shown through the first three postotic somites, corresponding to v. WisHE’s 5%, 6 and 7" somites, as in- dicated by the figures in parentheses. At the right of the section the wall of the alimentary canal is seen, while at the left the section is bounded by ectoderm which deepens anteriorly in the invagination of the auditory epithelium. The Anlagen of three ganglia are sectioned, those of the facial, glossopharyngeal, and vagus nerves. A group of scattered cells partly below the auditory epithelium, partly below the glossopharyngeal ganglion represents the first postotic somite. The mesoderm of the second postotic somite rises higher than that of the first, but is also interrupted by the ganglionic cells above, while the third postotic somite alone reaches the usual height of the protovertebra. It is noticed that the position of the glossopharyngeal and vagus ganglia is such that these ganglia complete dorsally the ventral divisions of the mesoderm above which they lie, giving to the section the semblance of three similar divisions of tissue lying between the endoderm and external ectoderm. The sections represented in figs. 21 and 22, are from a slightly older embryo than that from which the section seen in fig. 20 is taken, and are reversed in mounting. Fig. 22 shows a section median to that shown in fig. 21. The ganglionic Anlagen are not as large relatively as in fig. 20, since the cells have migrated outwards. In The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 447 fig. 21, the first 6 divisions of the postotic mesoderm are seen. The first division lies partly below the auditory vesicle, and partly below the glossopharyngeal ganglion, as in fig. 20. The second division of the postotic mesoderm half surrounds the vagus ganglion, while the third and following divisions are of the usual shape and size. In fig. 22 one sees the first three postotic somites of fig. 21 in a more median plane of section, where the dorsal limit of the posterior part of the first and second postotic somites rises to the plane bounding the dorsal wall of the third and following somites. Figs. 23 and 24 show sagittal sections from a still older embryo in which the auditory vesicle is nearly separate from the external ectoderm. Fig. 23 shows the more median section. In fig. 24 the first postotic somite, and also the ventral part of the second somite are represented by scattered cells of the mesenchyma. The position of the two somites, however, is easily determined by their relation to the glossopharyngeal and vagus ganglia. The cells of the dorsal part of the second somite are beginning to elongate into muscle fibres, and in the more median section shown in fig. 23, it is seen that these dorsal muscle fibres are continuous with the dorsal part of the third postotic somite. The line separating the two somites is still apparent, but ultimately no segmental division in the band of muscle fibres formed from the dorsal part of the second and third somites is found. Muscle fibres also arise in the group of cells seen in fig. 23 in the postero-ventral part of the second somite. These fibres extend anteriorly and inwards to the lateral surface of the chorda. In horizontal and transverse sections the relations here described are deceptive, and in my second study on Necturus (96, page 506), I mistook the partial fusion of two myotomes for a partial division. I found that the branchial clefts arise intersegmentally, the second or hyobranchial cleft lying beneath the auditory invagi- nation, between the fourth and fifth somites (v. WIJHE); the third cleft arises in the plane separating the fifth and sixth, first and second postotic, somites, and the fourth cleft between the second and third postotic somites. Owing to the fusion of the dorsal parts of the second and third postotic somites, it appeared that when the fifth cleft arose, it also lay between the second and third somites, while the fourth cleft appeared to have migrated forwards and to lie beneath a septum which divided, as I thought secondarily, the ventral part of what seemed to be the second somite. It now appears, however, that 448 Julia B. Platt the branchial clefts are from the first strictly intersegmental, and that what seemed a partial division of the vagus somite (second and third postotic), is actually a partial fusion of the two vagus somites. I call these two somites, vagus somites, for the reason that they lie above the vagus arches, respectively external to the two vagus roots. The anterior part of the neural crest cells of the vagus Anlage extends outwards over the first vagus somite, in the typical manner of cranial nerves, while the posterior part of the vagus Anlage, passes directly downwards, median to the second vagus somite, in the manner of a typical spinal nerve, and becomes attached to the brain in the second vagus root. While the first vagus somite appears to be cut horizontally into dorsal and ventral parts by the anterior vagus nerve, the vagus fibres from the second, posterior, root pass forwards and join those of the main root before passing outwards, so that the second vagus somite remains entire. These relations were noted in my former study, and similar relations have been of late so often noted in other Vertebrates that the separation of cranial from spinal nerves on the ground of their different relations to the axial meso- derm is no longer tenable. The vagus bridges the line of separation and unites the two groups. The first and second hypoglossus nerves lie median to the fourth and fifth postotic somites. In the plane separating the second postotie somite from the third, lies the rudimentary neural arch, which is taken into the median wall of the auditory capsule (page 436). The first postotic somite does not give rise to muscle fibres, hence the rudimentary neural arch — the praeoccipital arch — lies between the first two myotomes!. In the myoseptum between the third and fourth postotic somites lies the occipital arch. In each of the following myosepta an arch of the vertebral column is found. The primary relations of the occipital arch to the myotomes appears to me to 1 IT use the word »somite« to designate a primary segmental division of the axial mesoderm. NEAL (97), following v. WIJHE (82), uses »myotome« as synonymous with »somite«, thus counting with the myotomes, a segmental division of the axial mesoderm, such as the fourth somite of v. WIJHE, in which no muscle fibres appear. To my thinking, muscle fibres belong to the making of a »myotome«, and muscle fibres in a primitive relation similar to that of the segmental divisions of the continuous longitudinal muscle of the body. I count the most anterior segment of this longitudinal muscle in Necturus, the first myotome, although this myotome arises from the second postotic somite, while in Petromyzon (NEAL 97) the first postotic somite also contributes a muscle segment to the longitudinal muscle. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 449 demonstrate that Stöhr (’82) was right in regarding this arch as homodynamous with the neural arches of the trunk. Having thus acquainted my reader with the early relations of the postotic somites in Necturus, before describing the development of the musculature connected with the first two spinal nerves, I pause to compare the postotic divisions of the mesoderm in Necturus with those described by SEWERTZOFF (95) in Siredon. In fig. 27, pl. XVII, I have copied from SEWERTZOFF’S fig. 12, pl. V, a horizontal section through the first postotic somites in Sire- don at the earliest stage which SEWERTZOFF describes. If this figure (27) be compared with figs. 20, 21, and 22, although the sec- tions are respectively horizontal and sagittal, it will not be found difficult to homologize somite with somite. M, the first postotie somite in Siredon corresponds with the mesodermie division marked 1 (5) in Necturus, and M, with 2(6) etc. I miss, however, from SEWERTZOFF'S figure, cells from the glossopharyngeal ganglion. Since the neural crest develops from before backwards, the Anlage of the glossopharyn- seus is slightly earlier than that of the vagus, and consequently longitudinal sections passing through the vagus Anlage (fig. 27, G.n.vg) must of necessity cut that of the glossopharyngeus also, the cells of which should lie external to M,, as the vagus Anlage lies ex- ternal to Mb». In describing these segments, SEWERTZOFF (page 60) says, that the »vordere Segment (M,) liegt unmittelbar hinter der Gehörblase, sich ein wenig unter dieselbe erstreckend (was man an sagittalen Schnitten dieses Stadiums sieht)<. Again (page 61), »the anterior segment lies vor dem Vagusauswuchs, zwischen ihm und der Gehör- BiaBead. Jarl. DU Der dorsale Theil des vorderen Myotoms fängt bald an zu verkümmern, indem er in zerstreute mesodermale Zellen zer- fällt, so dass in den Stadien, wenn die spinalen Wurzeln sich an- legen, seine Reste sich nur an den Seiten der Chorda erhalten..... Hinter derselben, in der dorsalen Region des Embryos, liegt das zweite Myotom, welches nach außen von der Wurzel des N. vagus liegt<. On page 62, SEWERTZOFF speaks of »das rudimentäre 1-te Myotom, in dessen Fasern ebenfalls eine Querstreifung erschienen ist, seine Reste liegen zwischen der Chorda und der Gehörkapsel der entsprechenden Körperseite«. Now, according to NEAL (97), in Petromyzon the first postotie somite, occupying the position of M,, fig. 27, gives rise to muscle fibres. In the Selachii, however, no fibres develop in this somite Morpholog. Jahrbuch. 25. 30 450 Julia B. Platt (v. WiJHE '82, NEAL '97, Horrmann ’97) nor does this first postotie segment give rise to muscle fibres in any other Vertebrate above the Selachii of which I know. According to SEWERTZOFF himself, in Acipenser, »Die Reihe der Myotome endigt vorn gerade gegen- über dem N. vagus. Nach vorn vom N. vagus habe ich beim Sterlet keine Myotome gesehen« (l. e. page 36). SEWERTZOFF finds that in Siredon, the first ventral spinal nerve lies opposite the third myotome, i. e. the third postotic somite, since the first postotie somite develops muscle fibres. In Necturus, the first ventral nerve lies in the fourth postotic segment. In Siredon, the occipital arch falls between the second and third postotic segments. In Necturus, between the third and fourth. In Siredon, the position and fate of the rudimentary muscle developed in M,, corresponds to the position and fate of the rudimentary muscle developed in the ventral part of the second postotic somite in Nec- turus. In short, we find that there appears to be one more segment in the head of Necturus than in the head of Siredon, and that this segment is the first postotic, in which no muscle fibres develop in Necturus. Supposing, however, that we assume that the same fusion be- tween the dorsal parts of the second somite and third takes place in Siredon as in Necturus, making one apparent segment of the dorsal parts of two, and that in Siredon, as in Necturus, the ventral part of the second somite becomes separate from the dorsal part, and supposing further that we assume that SEWERTZOFF mistook this ventral part of somite 2 for the rudimentary somite 1, then Siredon would correspond with Necturus, and it would not appear that a rudimentary muscle arises exceptionally in the first postotic somite, where in no Vertebrate above the Cyclostomata such a muscle is known to appear. If this assumption be true, as it is certainly plausible, then one segment more than SEWERTZOFF thought enters the head of Siredon, and there are, as in Necturus, three instead of two occipital segments. SEWERTZOFF describes the posterior vagus root, and homologizes it with the N. aecessorius (l. e. page 64), but failing to distinguish the two vagus segments opposite which the two vagus roots respectively lie, SEWERTZOFF seems not to have recognized their segmental value. As above mentioned, the ventral part of the second postotie segment gives rise to muscle fibres which are found for some time The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 451 at the side of the chorda, adjoining anteriorly the muscle fibres formed in the ventral part of the third postotic somite. As the basal plate develops and the bases of the praeoccipital and occipital arches fuse into its continuous cartilage, the ventral fibres of the second and third postotic somites atrophy, and the ventral fibres of the fourth somite become attached anteriorly to the base of the occipital arch external to the condyles. The muscle formed by the union of the dorsal parts of the second and third somites persists, however, and extends forwards above the auditory capsule. Thus each of the primitive myotomes in Necturus is represented in the muscular tissue of the animal 46 mm long, and doubtless of the adult. Sometime after the union of the dorsal part of the second and third postotic somites, the myoseptum dividing the third postotic somite from the fourth, ceases completely to separate these somites, and it is found that in the median dorsal region, above the spinal column, a pair of long muscle bands extend from the first neural arch, passing the myoseptum between the third and fourth postotic Somites without division, to the posterior surface of the muscle temporalis. Mivartr says (69, page 453) that the temporalis muscle »arises from the middle of the upper surface of the skull, and (by fascia) from the first neural spine«. The connection of the temporalis with the first neural spine is accomplished, in Necturus of 46mm, by means of the muscle bands above described, which are composed of fibres from the median dorsal part of the second, third, and fourth postotic somites. In figs. 23 and 24, two enlargements of the coelom, connected with the development of the pronephros are seen below the fifth and sixth postotic somites, while from the fifth, fourth, third, and possibly from the second somite, strands of cells are seen to extend ventral- wards, uniting in a triangular group of mesoderm cells. These cell strands are from buds growing ventralwards from the somites above. Longitudinal sections show the relations indistinctly since the growing buds bend outwards. I have therefore combined the results derived from the study of a number of series of sections in the diagram shown in fig. 25. At the right of the figure (25), the auditory vesicle is repre- sented, to the left of which, the line of myotomes begins with the second postotic segment. In this segment lies the first vagus root, The muscle fibres of the dorsal part of the second postotic segment are represented as fused with those of the dorsal part of the third 30* 452 Julia B. Platt segment, and above the region of fusion the praeoceipital arch is represented. Below the septum which divides the ventral part of the first myotome from the second, lies the fourth visceral cleft. In the third postotie segment is found the posterior vagus root. Along the path marked in fig. 25 by a shaded band, a mesodermie bud grows from the second myotome ventralwards, possibly joined by scattered cells from the first myotome, and bending around the posterior branchial cleft, finally extends forwards and gives rise to the genio-hyoideus muscle, which ultimately finds is anterior attachment on the mendibular arch. Between the second myotome and the third lies the occipital arch, and below this arch the fifth branchial cleft is found. Since the occipital arch bounds the skull posteriorly, this cleft lies in the region of the head. I mention this fact because SEWERTZOFF (’95, page 71) suggests that the intersegmental position occupied by the branchial clefts in Necturus may lead to »der interessanten That- sache, dass bei Necturus nicht alle Kiemenspalten dem Kopfe ge- hören«. From the third and fourth myotomes buds also grow ventral- wards in elose proximity to that from the second myotome. The an- terior of these buds gives rise to the muscle sterno-hyoideus. From the diagram it is seen that the paths described by the buds growing ventralwards from the fifth and sixth postotic segments diverge widely from one another in passing around the pronephros, but meet again below the pronephros in the continuous ventral longitudinal muscle of the trunk. Median to the third ‘myotome lies the first hypoglossus nerve, a dorsal branch from which supplies the musculature developed from the dorsal part of the first and second myotomes. As above men- tioned the ventral part of these myotomes atrophies. I have found no dorsal root for either of the hypoglossus nerves, although both nerves possess a ganglion derived in part from cells of the neural crest. FÜRBRINGER (’96, page 487) says that in the Amphibia the two first spinal nerves (the hypoglossus nerves) appear, as far as has been observed, to arise as complete nerves with both dorsal and ventral roots. With the second spinal nerve both roots remain throughout life. Kinaspury (’95, page 149) denies this for Necturus, but FÜRBRINGER considers that the denial rests on an individual observation since FÜRBRINGER himself found the dorsal root in the specimen examined. The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Necturus. 453 The spinal ganglia usually lie at the side of the neural cord in early development. The ganglia of the first and second spinal nerves lie in the path of the motor nerve in Necturus, at some little distance from the spinal cord. This difference in position signifies perhaps little in itself, except that the space which the dorsal root must traverse in order to reach the spinal cord is con- siderable, and the root would consequently be less easily overlooked. I suspect, however, that FÜRBRINGER considers a ganglion and a dorsal root equivalent phenomena. The ganglia are there, but I have looked in vain for the dorsal roots of the first and second spinal nerves in Necturus. The ventral branch of the first hypoglossus nerve joins that of the second hypoglossus nerve, and for a short distance the nerves are united, after which the anterior branch extends forwards to supply the genio-hyoideus muscle, giving off branches also to the anterior part of its proper ventral muscle segment, which, in the posterior part, is supplied by the posterior hypoglossus nerve. The third spinal nerve, that of the sixth postotic segment, possesses a large ganglion with a dorsal root, and is the anterior nerve of the brachial plexus. The slender muscle omo-hyoideus, which secondarily separates from the anterior part of the ventral longitudinal muscle, belongs with the sterno- and genio-hyoideus to the ventral hypoglossus musculature. On page 454, a table is given, showing the relations of the segmental structures in the occipito-spinal region of Necturus in comparison with similar structures found in Petromyzon and Acanthias. Although the basis of comparison is the serial position of the organs, I would not thereby imply that a somite of Necturus is homologous with a somite of Acanthias or Petromyzon, merely because it occupies the same serial position. On the contrary, I am a believer in the view recently presented in the magnificent study of FURBRINGER (96, page 485), who reminds us, that »since the disappearance of occipital nerves from the head in Selachii, Ganoidei and Teleostei has been amply demonstrated, the postulate that nerves have been lost in the occipital region of the Amphibia, where even nerves that come through the free vertebrae degenerate, naturally suggests itself. On the ground that ontogenetic investigation has not as yet actually demonstrated the existence of such nerves, one is to a degree justified in assuming that in the Amphibia ontogeny gives a shortened recapitulation of phylogeny, so that these nerves, a ae ——— ‘SEF OSed '9J0U-400F 898 g e9ueLeyıp pur ‘SeqyULOS oY} 0} SUOoLyeIst TIO], ur eguewsdos Aygorıys JOU oA LLYOR[OG oO} UT SIF0]0 Texeosta OTT, z UGAIS suoryepor HrmogoAu OY} peurquroo Auenbesuoo oAry pur ‘uaHOSLYA Aq peyoweı suorsnjouoa o4y Ydasoe you op I Ul seqore jerqerteaA ıaddn 04} Fo uorgsod jeyuswses oy} sMoys (Sf oded 06.) AIOZLYAMAS it —————— ‘seiqjueoy UL SI78]0 9 are oO], "uolyısod orLeuregeut ıtayy Sutprvsex systxe uorurdo jo ~ ‘(6L,) AHaIANHOY Aq OATS suoryefot [e}ofoNs ey YIM ‘26,) van Aq ‘(Z6,) HAHOSLYA Aq peqLıosep UISLIoMeJeM HUF 03 Surpaoooe ‘ uozfwoıj9g4 ‘es © Aq poytem somojyoAM oso} Aepun ot] sopnqny onıydouord any, x Sonia. an .0.e fiasaneiasn.e oa liin ake/n, u/wtusn:e nik /wintS; ofa, bias.) 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To me (FÜRBRINGER), it seems that one may draw this conclusion with better right than with SEWERTZOFF assume that the occipital arch which fuses with the palaeocranium in the Amphibia corresponds to the first occipital vertebra of Acanthias, while the first three free vertebrae in the Amphibia correspond to the last three occipital arches taken into the skull of this Selachian. SEWERTZOFF hereby assigns the Amphibia a much more primitive position than the Selachii, thus inclining towards the view of STÖHR, against which GEGENBAUR (87, page 72) has already protested«. However, when FÜRBRINGER adds that to him the so-called occi- pital arch of the Amphibia, presupposing its phylogenetic reality, seems rather the rudiment of a multiplum of primary occipital vertebrae, I find that the relation of the occipital arch to the myo- tomes in Necturus speaks against such an assumption, but I think that FÜRBRINGER may be right in homologizing the boundary between the skull and vertebral column in the Amphibia with that in the Selachii. From the comparison of the development of the m. parietalis ventralis branchialis in Petromyzon with that of the hypoglossus musculature in Acanthias, NEAr (97, page 460) infers »that as the branchial basket became reduced in extent, myotomes progressively farther forward grew ventrad to meet in the mid-ventral line«, but calls attention to the fact that while five myotomes take part in the formation of the branchial part of the ventral longitudinal muscle in both forms, the myotome which gives rise to the anterior part of the muscle in Acanthias lies three segments anterior to that which gives rise to the corresponding part of the muscle in Petromyzon. Thus a difference of three mesomeres is found with a coincident reduction of but two branchiomeres. Acanthias has six visceral clefts, and Petromyzon eight. But three myotomes take part in the formation of the hypo- glossus musculature in Necturus, unless the second somite also contributes a few scattered cells, which is doubtful. From the table (page 454) it is seen that the anterior of these three myotomes lies one segment anterior to that which gives rise to the anterior hypo- glossus bud in Acanthias. Since Necturus has one branchial arch less than Acanthias, this relation of the myotomes to the hypo- glossus musculature might be regarded as supporting NEAL’s view 456 Julia B. Platt that the myotomes successively grow ventrad as the reduction of the branchial arches permits them to do so, were it not that the myotome which gives rise to the anterior bud of the hypo- glossus musculature in Necturus lies above — not posterior to — the second vagus arch (see also fig. 25). As straws show which way the wind blows, this simple fact appears to me to justify FÜRBRINGER’S theory regarding the replacement of occipital somites by somites originally belonging to a posterior region. The myotome which gives rise to the anterior part of the ventral hypoglossus musculature in Necturus has migrated forwards in phylogeny from its original position posterior to the branchial clefts. On the evidence furnished by Amphioxus and Bdellostoma (see Price 96) we may surely assume the ancestral Vertebrate to have had a great number of gill clefts, which were by no means confined to the region we now call the head. It is also probable that these gill clefts lay below the myosepta (Bdellostoma, Petro- myzon, Necturus) which separated the individual members of the row of axial muscle segments that extended throughout the length of this primitive Vertebrate. With the development of the ear from an integumentary sense organ in this Amphioxus-like creature, two axial muscle segments, which correspond in position to v. WIJHE’s fourth and fifth somites, appear to have been crushed out of existence. Thus the line of myotomes with their associated nerves and supportive tissue was interrupted, and it seems highly probable that as the branchiomeres became reduced posteriorly, the myotomes with their nerves and supporting tissues slipped forwards and became corre- spondingly reduced immediately posterior to the auditory vesicle. If this supposition be correct, each postotie segment of the head is of heterogeneous composition, and the sixth somite of v. WIJHE does not belong primarily to the segment in which it lies, or to the palaeocranium, but like all of the somites posterior to the ear has wandered into a region to which it was primarily foreign. The primitive postotic segments of the head are represented alone by the branchial arches, the glossopharyngeal nerve, and the nerves of the two vagus roots. A corollary is that the number of segments included in the skull between the trabeculae and the last occipital arch is equal to the number of branchial arches possessed by the ancestral vertebrate. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 457 Summary of chief results. Part I. a) The branchial cartilages and the anterior part of the trabeculae arise in tissue of ectodermic origin. b) The basal plate of the skull, the auditory capsules, and the occipital arch are of mesodermic origin. The conclusions reached in Part I are discussed in the Intro- duction. Part Il. a) The plate of prochondral tissue which primarily underlies the brain is not coextensive with the basal plate of the skull, but includes in its antero-median part prochondral tissue surrounding the point of the chorda, which is not converted into cartilage. b) Distinctly separate cartilaginous elements, the homologues of the independent trabecular and occipital plates found in Triton, do not appear in Necturus in the development of the basal plate, although a middle region of the prochondral plate chondrifies slightly later than the anterior and posterior regions of the plate. c) The operculum auris arises near the antero-ventral margin of the fenestra ovalis in cells of the mesenchyma external to the auditory capsule. d) The dorsal part of the crista trabeculae arises independently, and is possibly the rudiment of the large alisphenoid cartilage found in the Selachii. e) A rudimentary arch, shown by its relation to the myotomes to be serially homologous with the occipital arch and the neural arches of the trunk, is taken into the otic capsule. f) The cartilage roofing the posterior part of the brain, tectum interoccipitale, arises independently from paired Anlagen and becomes connected with the dorsal extremities of the occipital and praeoccipital arches, as the cartilage roofing the spinal cord, which also arises from paired Anlagen, is connected with the neural arches. Part III. a) Each of the proper branchial muscles may be traced to mesothelial tissue primarily continuous with the wall of the pericardium, and is consequently formed morphologically in the wall of the coelom. No branchial muscle in Necturus arises in tissue similar to that composing the »periaxiale Stränge« described by Goronowirtscu as taking part in the formation of the branchial musculature in the bird. b) The first postotic somite gives rise to no muscle fibres, 458 Julia B. Platt c) The second postotie somite is divided into a dorsal and ventral part by the vagus ganglion. Each part gives rise to musele fibres. The ventral fibres atrophy, while the dorsal fibres become attached, without myoseptum, to the fibres formed in the dorsal part of the third postotic somite, and are permanent. d) In the plane separating the second postotic somite from the third, or the first myotome from the second, lies the praeoccipital arch. In the myoseptum between the third and fourth postotie somites, the second and third myotomes, lies the occipital arch. In each following myoseptum, an arch of the vertebral column is found. There are consequently three occipital somites in the head of Nec- turus. e) Unless SEWERTZOFF mistook, as seems to me probable, the muscle formed in the ventral part of the second somite for a muscle formed in the first somite, there is one more segment in the head of Necturus than in Siredon, and this segment is the first postotie. f) The first and second vagus roots lie respectively median to the second and third postotic somites. The two hypoglossus nerves lie respectively median to the fourth and fifth somites. The anterior hypoglossus nerve innervates the muscle fibres derived from the second, third, and fourth postotic somites. g) The ventral hypoglossus musculature arises by buds from the second, third, and fourth myotomes (third, fourth and fifth post- otic somites). The second myotome gives rise to the muscle genio- hyoideus. The third myotome gives rise to the muscle sterno- hyoideus. h) The myotome which gives rise to the muscle genio-hyoi- deus lies above, not posterior to, the fifth visceral (second vagus) arch, and the bud which formes this musele consequently grows first posteriorly around the fifth visceral cleft, thus indicating that the somite in question has migrated forwards from a position originally posterior to the branchial arches. The vagus somites should conse- quently be regarded as elements foreign to the segments in which they lie, and the sixth somite (v. WisHE) is probably not an integral part of the primitive vertebrate head, to which the branchial arches and the three posterior cranial nerve roots, one glossopharyngeal and two vagus, belong. i) The second postotie somite in Necturus is possibly the homologue of the third postotie somite in Acanthias. j) The branchial clefts are intersegmental in original position. The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 459 I gratefully acknowledge my indebtedness to Professor WIEDERS- HEIM from whose laboratory this study is presented, and to Professors KEıBEL and Gaupp for advice regarding literature. Freiburg i. B. July 23, 1897. Literature cited. 28—’37. BAER, K. E. von, Entwicklungsgeschichte der Thiere. Königsberg. '85. BALFOUR, Francıs M., Comparative Embryology. London. '95. BARFURTH, D., Regeneration und Involution. Ergebnisse der Anatomie ‘und Entwicklungsgeschichte. Bd. V. '95. BarrtH, A., Histologische Untersuchungen über Knochenimplantationen. ZIEGLER’s Beiträge. Bd. XVII. ’87. BEARD, J., The Ciliary or Motoroculi Ganglion and the Ganglion of the Ophthalmicus Profundus in Sharks. Anatomischer Anzeiger. Bd. I. ’88, —— Morphological Studies. II. The Development of the Peripheral Nervous System of Vertebrates. Quarterly Journal of Microscopical Science. Vol. XX1X. 91. 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"OE "78, 80. 82. ty 3 ’93. 82. 96, 94, The Development of the Cartilaginous Skull etc. in Necturus. 461 Mora@an, T. H., Experimental Studies of the Blastula and Gastrula Stages of Echinus. Archiv fiir Entwicklungsmechanik. Bd. II. MÜLLER, ERIK, Uber die Regeneration der Augenlinse nach Exstirpation derselben bei Triton. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XLVII. NEAL, H. V., The Development of the Hypoglossus Musculature in Petro- myzon and Squalus. Anatomischer Anzeiger. Bd. XIII. PARKER, W. K., On the Structure and Development of the Skull in the Urodelous Amphibia. Philosophical Transactions of the Royal Society. Vol. CLXVII. Piatt, JuLıa B., Studies on the Primitive Axial Segmentation of the Chick. Bulletin of the Museum of Comp. Zoology. Vol. XVII. — A Contribution to the Morphology of the Vertebrate Head, based on a Study of Acanthias Vulgaris. Journal of Morphology. Vol. V. — Further Contribution to the Morphology of the Vertebrate Head. Anatomischer Anzeiger. Bd. 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Explanation of Abbreviations. ae. cartilage or procartilage of auditory capsule, al. alimentary canal, aop antorbital process, ar.1—4 first to fourth neural arches, au. auditory vesicle, aud. auditory capsule, av. mandibular artery, bep. basicranial plate, br. brain, br.plx. brachial plexus, b’—b’. space enlarged in fig. 10’, 6.1— first and second basibranchial cartilages, cb.1—2 first and second cerato-branchial cartilages, ch. chorda dorsalis, che. m. cerato-hyoideus externus, cht. m. cerato-hyoideus internus, chy. cerato-hyal cartilage, cl45 hyomandibular and following branchial clefts, con.'—% first to third m. constrictores arcuum, dig. m. digastricus, ect. ectoderm, end. endoderm, epb.13 first to third epibranchial car- tilages, fb. margin of the mesectoderm over which the fore-brain passes, fo. fenestra ovalis, F.'* visceral folds, J.ıVII foramen for ramus hyomandi- bularis facialis, f2VIT foramen for ramus palatinus, gh. m. genio-hyoideus, gl. glossopharyngeal arch, gic. cartilage of glossopharyngeal arch, gim. muscle of glossopharyngeal arch, glp. peerage of glossopharyngeal arch, G.n.vg. vagus ganglion (SEWERTZOFF), g'—g’. space enlarged in fig. 1 g’, hh. hypohyal cartilage, hmp. hyomandibular pocket, hp. procartilage of hyoid arch, ht. heart, hy. hyoid arch, hybrel. hyobranchial cleft, hyc. cartilage of hyoid arch, hym. muscle of hyoid arch, hymes. mesothelium of hyoid arch, hyp. hypophysis, inf. infundibulum, v’—v'. space enlarged in fig. 12’, m. mouth, me. mandibular cartilage, md. mandibular arch, mdm. muscle of mandibular arch, mect. mesectoderm, mes. mesothelium, Mkp. procartilage of MecKEL’s bar, mp. procartilage of mandibular arch, myh. m. mylo-hyoideus, my’. first my otome (2"¢ postotic segment), m.1— first to fourth myotomes (SE- WERTZOFF), n. nasal epithelium, nal. first neural arch, occ. occipital cartilage, op. oral pocket, oph. margin of mesectoderm over which the ramus ophthalmicus profundus trigemini lies, opl. operculum auris, ops. optic stalk, pe. pericardium, p.oce, praeoccipital arch, prn. pronephric tubules, pr? first and second pronephrie seg- ments, prijfe. enlargements of coelom con- nected with the two pronephrie seg- ments, Q. quadrate cartilage, Qa. ascending process of the quadrate, s. point where the trabecular cartilage unites with the auditory, spb. suprapericardial body, spn.” first and second spinal nerves (hypoglossus), spn® third spinal nerve (first brachial), thy. thyroid outgrowth, ir. trabeculae, v. blood vessel, va.l,2 first and second vagus arches, vm. ventral longitudinal muscle, The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. 463 v.12m. muscle of first and second va- VIII. auditory ganglion, gus arches, IX. glossopharyngeal ganglion, IT. optie nerve, X. vagus ganglion, ITI, oculomotor nerve, 1 (5), 2 (6) ete. postotic segments, the V. trigeminal ganglion, figure in parenthesis gives the num- VII. facial ganglion, ber of the head somite (v. WIJHE). Explanation of Figures. Plate XVI. 1. Head of an embryo 11 mm long. la—1i. Horizontal sections through the head of an embryo 11 mm long. 1b’. Left glossopharyngeal arch from fig. 1 4, enlarged. 1g’. Right glossopharyngeal arch from fig. 1g, enlarged. 12’. Left mandibular arch from fig. 1 ¢, enlarged. 2. Model of the mesectodermic connective tissue in an embryo 10 mm long. 3. Model of the wall of the branchial chamber in an embryo 10 mm long. 4. Transverse section through the thyroid outgrowth. Plate XVII. . 5¢—5e. Horizontal sections through the head of an embryo 12!/, mm long. . 6a—6e. Horizontal sections through the head of an embryo 15 mm long. Plate XVIII. 7. Model of the prochondral bars in Necturus, 15 mm long. . Ta—Te. ‘Transverse sections through the head of Necturus, 15 mm long. 8. Procartilage of the mandibular arch. 9. Model of the wall of the branchial chamber in Necturus 15 mm long. . 10. Sagittal section through the trabecular procartilage. . 11. Transverse section through the auditory vesicle, and the dorsal part of the mesothelium of the hyoid arch. . 12, Transverse section through the auditory vesicle, and the first pro- cartilage of the auditory capsule. . 13. Horizontal section showing the Anlage of the m. cerato-hyoideus internus. . 14. Diagram of the basal plate. . 15. 16. Model of the cartilaginous skull in Necturus 19 mm long. . 17. Transverse section through the auditory capsule. . 18. Sagittal section through the Anlage of the operculum auris. . 19. Transverse section through the mandibular arch and artery. . 20—24. Sagittal sections through the postotic segments. . 25. Diagram of the postotic segments. . 26. Sagittal section showing the mesothelium of the branchial arches. . 27. Copy of a horizontal section through the postotic somites in Siredon pisciformis, from fig. 12, plate V, SEWERTZOFF ’95. . 28. Transverse section through the Anlage of the auditory capsule in Necturus. . 29. Transverse section through the praeoccipital arch. . 30. Transverse section through the occipital arch. 464 Julia B. Platt, The Development of the Cartilaginous Skull ete. in Necturus. Contents. Introduction . Part I. Procartilage a) In review. b) Descriptive. The mesectoderm in Necturus 11 mm long The mesectoderm in Necturus 121/, mm long The procartilage in Necturus 15 mm long Part II. The cartilaginous skull The order of development The basal plate The skull in Necturus 19 mm long. The skull in Necturus 46 mm long. Part III. The muscles The branchial muscles The hypoglossus musculature Summary of chief results. page 377 390 390 392 405 410 422 423 423 427 433 437 438 443 457° Morpholog. Jahrbuch Bd. AV. r : ex Taf. XV. Ss ae OF 4. © 7 o IS eb 4 Shymes -end A x mect mes mes 777) /uymes ch Werner SWinte Morpholog. Jahrbuch Ba.xXV. p - Taf XVIL con?” winzicon) Verlag Bi ier. erlag von Withelm Engelmann, Leipzig Sith, Ansty. Werner finder, Frankfort. Br -. PS ie a el a) ae > ur AS — 2. Morpholog. Jahrbuch Ba.XW. at ft ie! 9 dy bret a os isan IN # (Sh He ih & OR 50 pr! grates ARNT STE PS RIES Sen mn? Gr spn® SP, AS) ar ag ac: Imre + G5. = 1 mel Die Segmentaldifferenzirung des menschlichen Rumpfes und seiner Extremitäten. Beiträge zur Anatomie und Morphogenese des menschlichen Körpers. Von Louis Bolk, Assistent am anatomischen Laboratorium der Universität zu Amsterdam. L Mit 8 Figuren im Text. Einleitendes. Vorliegende Abhandlung ist die erste einer Reihe möglichst bald auf einander folgender Publikationen, worin die segmentale Zusam- mensetzung des menschlichen Rumpfes und seiner Extremitäten einer systematischen Besprechung unterzogen werden wird. Die Anregung zu dieser Arbeit entspringt den Ergebnissen, welche in drei früher von mir erschienenen Abhandlungen (10, 11, 12) niedergelegt sind. Der Hauptsache nach handelte es sich darin um die Frage nach der segmentalen Anlage der menschlichen Extre- mitätenmuskulatur. Es konnte dabei nachgewiesen werden einer- seits ein Konservatismus in der Anordnung der segmentalen Muskel- derivate, andererseits eine segmentale Anheftung der Muskeln am Gliedmaßenskelet. Letzteres ließ auf eine sehr früh zu Stande gekommene Beziehung zwischen Muskel- und Skeletsystem schließen, welche während der weiteren Entwicklung fortbestehen blieb. Der Konservatismus in der segmentalen Anordnung der Muskel- - individuen und in der Anheftung vom Muskelmaterial am Skelet ge- stattete Deduktionen und Reflexionen über Anlage und Differenzirung der zur Sprache gekommenen Extremitätentheile. Morpholog. Jahrbuch. 25. 31 466 Louis Bolk Anfänglich war es meine Absicht, die noch unbesprochen ge- bliebenen distalen Abschnitte der Extremität in gleicher Weise zu behandeln, habe aber darauf verzichtet. Die Überlegung, dass selbst nach diesen Erörterungen doch noch immer nur ein morphologisches Bruchstück gegeben war, wog dabei nur an zweiter Stelle. Es waren jedoch Überlegungen anderer Art, welche mich zu dem Ent- schluss brachten, die Anatomie des ganzen menschlichen Rumpfes und seiner Extremitäten vom metamerologischen Standpunkte aus zu betrachten und zu bearbeiten. Denn obschon die segmentale Differenzirung des Rumpfes, des Halses und der Extremitäten sich, der analogen Frage des Kopfes gegenüber, bisher nicht so sehr des Interesses der Morphologen erfreute, so beansprucht die Metamerie erstgenannter Körpertheile nicht weniger unsere Aufmerksamkeit, als die des Kopfes. Allein Forschungsweise und Fragestellung sind in beiden Fällen völlig verschieden. Ihre hohe Bedeutung verdankt die Kenntnis der segmentalen Zusammensetzung (— die Segmental- differenzirung —) der genannten Körpertheile den Deduktionen und Reflexionen, welche sie hinsichtlich der Morphogenese dieser Körper- abschnitte gestattet, und die oftmals überraschende Erklärung, welche sie für die topographischen Verhältnisse beizubringen vermag. Dass der segmentale Bau des Kopfes den Morphologen so viel mehr beschäftigt hat als jener des Rumpfes, findet seine Ursache darin, dass die Lösung erstgenannter Frage vorwiegend auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie und der Embryologie zu suchen ist. Die Lösung der zweiten Frage wurde aber mehr als zum Ge- biete der Physiologie gehörig betrachtet; und so entstammen denn auch die sich mit dieser Frage beschäftigenden Arbeiten, mit nur wenigen Ausnahmen, den physiologischen und nicht den anatomischen Laboratorien. Zur Überlassung dieses Forschungsterrains an den Physiologen hat zweifelsohne der Umstand viel beigetragen, dass man nur mittels oftmals sehr sehwieriger Präparationen, die von Hand und Auge große Übung und Feinheit der Arbeit verlangen, in dieses Gebiet einzudringen vermag. Es ist doch eine nothwendige Vorbedingung, um zur Erkenntnis der segmentalen Zusammensetzung des menschlichen Körpers zu gelangen, dass mit peinlicher Genauig- keit das motorische und sensible Gebiet eines jeden Spinalnerven bestimmt wird. Und bekanntlich wird die Möglichkeit eines solchen Verfahrens von HENLE — und auf dessen Autorität wohl von den meisten späteren Autoren — laut folgenden Satzes in Abrede ge- stellt: »Es ist nicht daran zu denken, dass man mit den gewöhnlichen Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 467 anatomischen Mitteln die Wurzelbündel durch einen Plexus brachialis eruralis oder sacralis hindurch zu den einzelnen Nerven der Extre- mität verfolge; es lässt sich eben so wenig von der Gunst des Zu- falls erwarten, dass er nur beim Menschen eine genügende Zahl von Verletzungen oder Degenerationen der Wurzeln der genannten Geflechte zuführen werde, um danach die Verbreitungsbezirke ein- zelner Wurzeln zu bestimmen. So sehen wir uns auf Schlüsse aus der Analogie, nach Versuchen an Thieren, verwiesen, die natürlich nicht zu einer eigentlichen Topographie des Nervensystems, sondern nur zu allgemeinen Regeln über die gegenseitigen Beziehungen der Wurzeln und der austretenden Äste, ich möchte sagen, zu einer Theorie des Plexus führen können.« (32. III. 2. pag. 371.) Versucht man eine derartige Präparation nur mit einem rein kognostischen Zweck, d. h. würde man sich zufrieden stellen, wenn man das Gebiet eines jeden Spinalnerven an der Peripherie hat ab- grenzen können, hat bestimmen können, welche Muskeln und wel- cher Hautbezirk einem jeden Spinalnerven tributär ist, dann könnte es fraglich sein, ob die Frucht einer derartigen Forschung sich der gegebenen Mühe lohnt. Man kann sich aber gleich von Anfang an auf einen anderen Standpunkt stellen, nicht stehen bleiben bei den zu ermittelnden Thatsachen, sondern weiter fragen, in welcher Rich- tung können diese Daten zu einem tieferen Einblick in die Morpho- genese des Körpers beitragen. Dann sind die Ergebnisse der Prä- paration nicht das Ziel der Arbeit, sondern die Mittel, die Stufen, um zu weiterer Perspektive auf dem Gebiet der menschlichen Or- ganisation zu gelangen. Fasst man dieses Ziel ins Auge, so steigt der wissenschaftliche Werth der Forschung ganz außerordentlich. Wenn man doch die Derivate eines Segmentes — die zugehörigen Muskeln, den innervirten Hautbezirk — bestimmt hat, die Insertions- zone sämmtlicher Derivate eines Myotoms am Skelet (— das Sklero- zon —) rekonstruirt hat, wenn man sich weiter von den topographischen Verhältnissen dieser isomeren Derivate Rechenschaft gegeben hat, so können wir diesen differenzirten Zustand mit dem embryonalen Aus- gangsstadium vergleichen und die Frage zu lösen -versuchen, durch welche Differenzirungsvorgänge der definitive Zustand aus dem pri- mitiven Anlagestadium hat hervorgehen können. Wir können also die Entwicklungsprocesse innerhalb jedes einzelnen Segmentes — die eigene Differenzirung des Segmentes — zu verfolgen streben. Ferner können wir die homologen Komponenten der Segmente, so weit dieselben bei dieser Arbeit in Betracht gezogen werden können 31* 468 Louis Bolk (Myotom, Neurotom, Dermatom [Sklerotom]), auf den Antheil hin prüfen, den jeder derselben am Aufbau der einzelnen Systeme nimmt, d.h. also die gesonderten Systeme auf ihre segmentale Zu- sammensetzung untersuchen und so dahin gelangen, dass man von einer Segmentalmyologie, -neurologie, -dermatologie sprechen kann. Es gestattet eine derartige Untersuchung Rückschlüsse in zwei Richtungen, und zwar erstens bezüglich der Anlage, und zweitens bezüglich der Differenzirung der einzelnen Organsysteme, und diese wiederum in ihrer Kombination bezüglich der von ihnen aufgebauten Körperabschnitte. Z. B. kann man erstens fragen, wo war das Bil- dungsniveau eines einzelnen Muskels gelagert, und in welchem Verhältnis stand dessen Anlageniveau zu jenen benachbarten Mus- keln, um sodann an diese Frage jene festzuknüpfen, welchen Weg die gesonderten Muskelindividuen nach ihrer Anlage zurückgelegt haben. Immer und immer wieder sind wir dabei gezwungen, uns zu den den Muskel innervirenden Nerven um Auskunft zu wenden. Denn in den topographischen Verhältnissen derselben zur Muskulatur und zu den übrigen Nerven haben wir die meist zuverlässigen Fingerzeige dieser der direkten Beobachtung bis jetzt nieht zugäng- lichen Vorgänge, die Bahn eines motorischen Nerven ist doch in ihrem ganzen Verlauf das Produkt von außen her einwirkender me- chanischer Momente. Das Hauptmoment liefert der vom Nerv inner- virte Muskel selbst, aber außerdem wirken benachbarte Muskeln, Skelet, ja Gefäße eben so bahnbestimmend auf den Nerven ein. Um diese Einwirkungen kennen zu lernen, ist es allerdings eine unablässige Nothwendigkeit, die metamere Zusammensetzung des peripheren Nervensystems mit größter Sorgfalt zu erforschen, und nicht nur die polyspinalen Nervenstämme auf ihre segmentalen Kom- ponenten zurückzuführen, sondern eben so zu bestimmen, wo die Fasern eines jeden Spinalnerven sich vom Hauptstamme ablösen und welchen Weg dieselben in den Plexus einschlagen. Dadurch wird einerseits unsere Kenntnis der Anatomie des peripherischen Nerven- systems gefördert, und andererseits bekommen wir eine Einsicht in die ätiologischen Momente der topographischen Beziehungen dieses Systems. Und das ist die vornehmste wissenschaftliche Bedeutung der, wie ich es nenne, Segmentalanatomie, dass dieselbe durch eine gegenseitige Würdigung der Ergebnisse in vielen Fällen eine Eı- klärung der topographischen Anatomie mit sich bringt. Selbst im den so verwickelten Verhältnissen, wie sie z. B. an der Extremität Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 469 vorliegen, ist die ursprüngliche segmentale Anfangsform immer noch zu erkennen. Die Metamerie als Grundprineip des Bauplanes vom Vertebratenkörper ist unauslöschbar darin eingeprägt. Vergleichen wir also die Fragestellung bei dem Erforschen der Segmentation des Vertebratenkopfes mit jener der übrigen Körper- theile in dem von mir angestrebten Sinne, so zeigt sich sehr bald, dass dieselbe zur Zeit noch grundverschieden ist. Während es sich beim Kopfe darum handelt, den segmentalen Grundplan des Baues des- selben aufzufinden, die, durch phyletisch schon früh in Gang gesetzte, sehr intensive Differenzirungsvorgänge verschleierte Metamerie mittels embryologischer und vergleichend-anatomischer Untersuchungen zu entdecken, so liegt am Halse, Rumpfe und an den Extremitäten die ursprüngliche Metamerie noch deutlich zu Tage und haben wir in der persistirenden segmentalen Anordnung der Spinalnerven den Schlüssel zur Lösung mancher Fragen morphogenetischer Art. Aller- dings haben wir uns hier von gewissen Prineipien führen zu lassen, welche an geeigneter Stelle hervorgehoben werden. Müssen wir also noch durch induktive Betrachtungen zur Metamerologie des Kopfes kommen, so können wir am übrigen Theil des Körpers auf Grund der uns direkt zugänglichen Metamerie morphogenetische Dedukti- onen ziehen. Dort ist es das Differenzirte, das uns zur Erkenntnis des morphotischen Prineips leiten muss, hier ist es das Prineip selber, das uns eine Perspektive auf die Differenzirung eröffnet. Diese Arbeit wird also nur zum Theil deskriptiver Natur sein, zum größten Theil wird dieselbe deduktiver Art sein, sie bezweckt, einen Beitrag für unsere Kenntnis der Körperform und der Körper- bildung zu liefern. Damit tritt die Segmentalanatomie in Konkurrenz mit der Embryologie, und wenn sie auch letzterer wissenschaftlich an Werth unterliegt, weil in den biologischen Wissenschaften der direkten Beobachtung ein größerer Werth zukommt als der De- duktion, so ist sie doch, wie es im Laufe dieser Arbeit sich zeigen wird, zuweilen im Stande, auf bestimmte Fragen eine genauere Antwort zu geben als die Embryologie. Ich bin mir wohl bewusst, dass ich in dieser Arbeit nicht Das- jenige zu leisten im Stande sein werde, was in dieser Richtung meiner Meinung nach geleistet werden kann. Eine wiederholte Untersuchung an einem anderen Individuum wird durch abgeänderte individuelle Zustände neue Gesichtspunkte eröffnen. Es ist denn auch mehr meine Absicht zu zeigen, in welcher Richtung die Seg- mentalanatomie für unsere Kenntnis vom Baue des menschlichen 470 Louis Bolk Körpers förderlich ist. Neue Untersuchungen werden neue Daten zu Tage fördern, Fehlschlüsse meinerseits korrigiren. Wollte ich die mir gestellte Aufgabe so gut wie möglich erfüllen, dann musste ich die ganze Untersuchung an einem Indivi- duum ausführen. Da man sich doch das ganze Bild des segmentalen Aufbaues des Körpers so genau wie möglich entwerfen will, so ist es unstatthaft, Thatsachen, welche mehreren Individuen entnommen sind, mit einander zu verbinden, ein Kompilationsbild zu rekon- struiren. Denn unter dem Einfluss morphologischer Vorgänge allge- meinerer Art unterliegt die segmentale Differenzirung individuellen Variationen. Besonders in den Übergangsgebieten zwischen zwei morphologisch verschiedenen Körperabschnitten würde eine Kompi- lirung sehr störend einwirken. Sollte man z. B. den Hals und die obere Extremität je bei einem verschiedenen Individuum auf ihre segmental-anatomischen Verhältnisse untersuchen, dann ist man zu einem Zusammenfügen derartiger Ergebnisse desshalb nicht berechtigt, weil man im Unsicheren ist, ob bei dem Individuum, von dem man die obere Extremität untersucht hat, diese sich an derselben Stelle angelegt hat, wie bei dem Individuum, das man sich zur Unter- suchung des Halses wählte. Es varlirt doch die metamere Anlage der Extremitäten individuell. Bei einem derartigen Verfahren könnte es vorkommen, dass im Kompilationsbilde entweder bei einer mehr caudalen Anlage der Extremität die segmentale Kontinuität zwischen Hals und oberer Extremität unterbrochen war, oder, bei einer mehr rostralen Anlage, eine Superposition zwischen Hals und Extremität konstatirt werden muss. Dieser Untersuchung liegt also nur ein einziges Individuum zu Grunde. Ich wählte mir dazu ein schön gebautes Knäblein von etwa drei Jahren. Ich bevorzugte ein Präparat in diesem Alter, weil die Nervenstämme nicht so lang sind und überdies nicht so stark von Bindegewebe durchwachsen, als bei einem erwachsenen Individuum, dagegen die einzelnen Nerven nicht mehr so subtil sind als bei jüngeren Individuen. Das technische Verfahren war einfach. Auf Grund mehrjähriger Erfahrung dürften folgende Anweisungen nicht ohne Werth sein. Frisches Material ist für Nervendissektionen nicht zu empfehlen. Wer sich zum ersten Male mit dieser Art Präparation beschäftigt, thut am besten, wenn er beginnt, Nervenlösungen an gut auf- bewahrten Alkoholpräparaten von niederen Primaten oder Nagern zu machen. Daran gelingt die Auffaserung des Plexus, die Spal- Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 471 tung der Nervenstiimme am besten, weil dieselbe hier arm an endoneurotischem Bindegewebe sind. Der Gebrauch eines allzu- scharfen Messers ist dabei zu verwerfen. Die Auffaserung des peripherischen Nervensystems vom Menschen oder Anthropoiden ist außerordentlich viel schwieriger und erfordert viel mehr Übung. Die Anwendung chemischer Reagentien ist zu verwerfen. Ich habe immer nur üble Folgen von ihrer Anwendung gesehen. Das epi- und endoneurotische Bindegewebe wird wohl zur Quellung ge- bracht, aber nicht zur Lockerung oder Auflösung, die Auffaserung der Nerven, welche überdies dem Einfluss des Agens nicht entgehen, wird erschwert, weil die Gallertmasse des Bindegewebes sich nur schwer mit der Pincette fassen lässt. Außerdem geht der Farben- unterschied zwischen Nervenfaser und Bindegewebsfaser, welche für das geübte Auge bei nicht mit Reagentien behandelten Nerven unter Wasser auf einer schwarzen Unterlage schön zu Tage tritt, größtentheils verloren. Ich verfuhr folgendermaßen: Nachdem ein Plexus ganz präpa- rirt war, die nöthigen Skizzen angefertigt, markirte ich jeden Muskelast, und die größeren Hautnerven mittels um die Nerven geknüpfte farbige Fäden. Hierauf durchschnitt ich die Wurzeln des Plexus in den Foramina intervertebralia, löste eben so die peri- pheren Verbindungen desselben ab, und nahm das ganze Geflecht mit sämmtlichen Verästelungen aus dem Präparat. Jetzt spannte ich das ganze Gebilde auf eine schwarz gefärbte Wachsplatte. Die Auffaserung geschah nun mit Hilfe einer stark vergrößernden Lupe unter Wasser. Erst wird das ganze Geflecht mit seinen Veräste- lungen vom oberflächlichen Bindegewebe gesäubert, mit Ausnahme der Wurzeln, denen man ihren Bindegewebsmantel nicht entnehmen darf, sonst leisten sie auf die Dauer keinen genügenden Widerstand an den durchgestochenen Stecknadeln. Wenn nicht daran gearbeitet wurde, wurde das Präparat in etwa 50% igem Alkohol aufbewahrt. Der abwechselnde Verbleib im Wasser und Alkohol wirkt mit der Zeit sehr begünstigend auf die Präparation, das Geflecht wird dadurch in leichtem Grade macerirt. Nach Säuberung vom oberflächlichen Bindegewebe wurden erst die aus dem Plexus austretenden kurzen Nerven auf ihre spinale Herkunft untersucht und successive abge- trennt. Sodann wurden die Wurzeln in centrifugaler Richtung von einander, die Äste in centripetaler Richtung von den Stämmen losgelöst. Freilich sind dieser Aıt der Präparation, wie allen, ihre Grenzen 472 Louis Bolk gestellt, und wie es diese Arbeit zeigen wird, ist mir nicht Alles gelungen, was ich zu erreichen hoffte. An bestimmten Stellen scheitert der selbst mit größter Geduld ausgeführte Versuch zur Auffaserung des Nerven an der innigen Durchflechtung der Fasern. Das war aber nur der Fall in eircumseripten peripheren Bezirken (z. B. die periphere Verbindung zwischen N. hypoglossus und erstem Cervicalnerven, die Fingerhautnerven, der R. profundus des N. ulnaris). In wie weit aber geschärfte Geduld, geübtes Auge und geübte Hand in dieser Richtung an dem »non possumus« von HENLE zu derogiren im Stande sind, wird sich im Laufe dieser Arbeit zeigen. Historische Übersicht. Die Frage, deren Lösung in vorliegender Arbeit angestrebt wird, hat nicht nur ausschließlich ein anatomisches Interesse. Dies geht schon daraus hervor, dass sowohl Anatomen als auch Physiologen und Kliniker dieselbe in Angriff genommen haben. Bei Vergleichung des von Seiten der Kliniker und der Anatomen Erreichten zeigte es sich, dass jene zur Zeit schon ein ausgiebigeres Gesammtbild der menschlichen Verhältnisse haben schaffen können als diese. Dieses liegt wohl in der Thatsache begründet, dass die Kenntnis der segmentalen Innervation des menschlichen Körpers in vielen Fällen für den Kliniker der einzige und endgültige Hinweis für die genaue Diagnose lokaler neuropathischer Affektionen, und auch für den Chirurgen, z. B. bei Läsionen der Wirbelsäule ein oftmals unent- behrliches Hilfsmittel zur Bestimmung der Läsionsstelle ist. Ist daher die Frage für den Kliniker von hohem diagnostischen Werth, so wurde sie bisher von Seiten des Anatomen vornehmlich ins Auge gefasst, um Fragen allgemeiner morphologischer Natur zu ent- scheiden. Dieses gefügt bei den präparatorischen Schwierigkeiten erklärt wohl, warum der erste der Frage schon näher getreten ist als letzterer. Das gilt insbesondere für die segmentalen Inner- vationsverhältnisse der der Untersuchung in ganzer Ausdehnung leicht zugänglichen Haut, während die. segmentale Innervation der Muskeln von Seiten der Kliniker bisher nur sehr unvollkommen festgestellt ist, und wohl niemals von dieser Seite so vollkommen festgestellt werden kann, wie es für den sensibelen Nerven der Fall ist. — Ungeachtet dieser Unvollständigkeit darf der Anatom sich nicht zufriedenstellen mit den klinischen Erörterungen. Es reihen sieh für ihn an die Segmentalneurologie eine Reihe wichtiger Fragen, Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 473 für deren Beantwortung er der Hilfe des klinisch entworfenen Bildes entsagen muss. Das Gesammtbild von jener Seite entworfen ist doch ein Kompilationsbild, in dem die an mehreren Patienten entnommenen Befunde zusammengefügt zu einem Ganzen ver- -einigt sind. Wichtiger sind für den Morphologen die Resultate der physio- logischen Experimente. Die Geschichte der Entwicklung unserer Kenntnis der Segmental- innervation spielte sich bis vor kurzer Zeit auf physiologischem Terrain ab. Die fundamentellen Erscheinungen auf diesem Gebiet der Morphologie sind fast alle zuerst von Physiologen konstatirt. Den Morphologen war es vorbehalten, dieselben richtig zu deuten und zu würdigen. Wir beginnen desshalb unsere historische Über- sicht mit der Darstellung des mittels der experimentellen Methode Geleisteten. Man vermag in der Geschichte der experimentellen Unter- suchungen zwei Perioden zu unterscheiden. Was dazu ein Recht giebt ist der distinkte Charakter der Frage, welche der Physiolog in jeder Periode zu beantworten suchte. Während in der ersten Periode die Experimente angestellt wurden, um zur allgemeinen Kenntnis der spinalen Innervation von Muskeln und Haut zu ge- langen, kennzeichnet sich die zweite Periode, welche ungefähr im Jahre 1880 ihren Anfang nimmt, durch die Fragestellung, ob die Ausbreitungsweise der verschiedenen Spinalnerven in der Extremität eine funktionelle Bedeutung hat. Die Frage war allerdings nicht neu. Schon BARTELEMEO Panizza (52) hat dieselbe im Jahre 1835 gestellt und bejaht. JOHANNES MÜLLER stellte sich dieser Auf- fassung gegenüber und es kennzeichnete den Scharfblick dieses großen Meisters, dass er zur Motivirung seiner Opposition jene Erscheinung hervorhebt, durch deren Nichtberiicksichtigung PANIzzA und in jüngerer Zeit die Experimentatoren der zweiten Periode zu ihren Fehlschlüssen kamen. MÜLLER hat doch gemeinschaftlich mit VAN Deen bei Fröschen beobachtet, dass bei verschiedenen Indivi- duen die Muskeln nicht immer von denselben Spinalnerven innervirt werden. Schon aus diesem Grunde ist der Ausbreitung der Plexus- wurzeln in der Extremität jede funktionelle Bedeutung abzusprechen. Denn wo die Funktionen der Muskeln in ihrer Einheit oder koordi- nirt bei allen Individuen einer Species dieselben sind, ist ihre spinale Innervation eine variirende. MÜLLER kam also schon zu dem Schluss, dass die Ausbreitung der Spinalnerven in den Extremitäten auf 474 Louis Bolk einem anatomischen Prineipe (Metamerie) und nicht auf einem funk- tionellen (koordinirte Bewegung) beruht. Auf MürLer’s Anregung unternahm KRONENBERG (46) 1. J. 1836 Experimente mit dem Plexus brachialis der Ratte. Die von seinem Lehrer festgestellte individuelle Variation in der Muskelinnervation wurde von diesem Forscher bestätigt. Eben so die auch schon von MÜLLER entdeckte Thatsache, dass die meisten Extremitätenmuskeln plurispinal innervirt werden. Doch konnte sich dieser Forscher nicht ganz der physiologischen Bedeutung des Innervirungsmodus fern halten, da er die plurispinale Innervation der Muskeln als Mittel gegen Ermüdung deutete. Während durch obengenannte Forscher die Frage nach der Innervation mehr im Allgemeinen gestellt war, und sie sich desshalb nur mit den Muskeln beschäftigten, trat dieselbe mit den folgenden Forschern in eine neue Phase, in der sie sowohl vom physiologischen, als auch vom morphologischen Standpunkte einen höheren Werth erlangte. Anregung dazu fand sich in einer Abhandlung von SCHRÖDER VAN DER Kork (70), worin der Autor ais Ergebnis seiner Untersuchungen zu der Auffassung kam, dass eine funktionelle Be- ziehung zwischen den Ausbreitungsbezirken der sensibelen und motorischen Elemente eines Rückenmarksnerven besteht. Verfasser stellte folgendes Gesetz auf (I. e. pag. 132): »Wenn Bewegungsäste in die Muskeln abgehen, verlaufen die Gefühlszweige nach dem Theile, der durch diese Muskeln bewegt wird — mit anderen Worten: ein Rückenmarksnerv sendet seine Bewegungsäste an die Muskeln als Werkzeuge der Bewegung und mit ihnen seine Gefühlsäste an den zu bewegenden Theil.« — Durch dieses Gesetz erhielt die Frage der Segmentalinnervation ein mehr physiologisches Gepräge. Auf die physiologische Bedeutung, welche Verfasser an dieses Gesetz knüpfte, brauchen wir nicht einzugehen, um so mehr, weil es sich als unrichtig herausgestellt hat. Und diese Unrichtigkeit war schon der von SCHRÖDER angeführten Beweisführung selber zu entnehmen. Dass z. B. der N. musculo-eutaneus dem M. biceps brachii und brachialis internus motorische Äste, der Vorderarmhaut sensibele Fasern zuschiebt, ist richtig, doch dieser Nerv ist ein zusammen- gesetztes polymeres Gebilde, und während die motorischen Elemente aus dem einen Spinalnerven herstammen, können die sensibelen Fasern dieses Nerven längs anderen Plexuswurzeln dem Rückenmark zugeführt werden. Das Unrichtige in der SCHRÖDER’schen Ausein- andersetzung besteht darin, dass, während er sein Gesetz für Spinal- Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 475 nerven aufstellt, er seine Motivirung peripheren Ästen des Plexus entlehnt. Die Scuréper’sche Auffassung war aber bestimmend für die Fragestellung der weiteren Forschung, denn jetzt lautete die Frage: giebt es einen Zusammenhang zwischen der Ausbreitung der motorischen und der sensibelen Elemente eines Spinalnerven in der Extremität? Obwohl die Frage, so gestellt, eine rein physiologische ist, so stieg dadurch doch der morphologische Werth der Experimente. Denn zur Beantwortung der Frage war es nothwendig, zu bestimmen, wo das sensibele Endgebiet eines jeden Spinalnerven zu finden war, und welche Muskeln vom selbigen Nerv innervirt wurden. Die periphere Lokalisation der Nerven trat mehr in den Vordergrund, und dadurch war der Weg geöffnet, um zur Kenntnis der eventuellen Lagerungsbeziehungen zu gelangen. In dieser zweiten Phase der ersten Periode sind zwei Unter- suchungsmethoden angewendet, erstens die eben so von den früheren Forschern benutzte Reizungsmethode, und zweitens die Degenerations- methode. EcKHARD (17) nahm seine Experimente an dem Plexus lumbo- sacralis des Frosches, und konstatirte mit Beziehung auf die Aus- breitungsverhältnisse der sensibelen und motorischen Elemente eines Spinalnerven: »dass die sensibelen Wurzeln nicht genau an die Hautstellen, unter denen die Muskeln liegen, zu welchen die ent- sprechenden motorischen Fasern gehen, gelangen«. Ein günstigeres Objekt zur Entscheidung obengenannter Frage, als von ECKHARD gewählt war, wurde von PEYER (58) benutzt, nämlich der Plexus brachialis des Kaninchens. Die Vorderextremität des Kaninchens hat vor der Hinterextremität des Frosches voraus, dass die gesammte Hautoberfläche größer ist, und sich dadurch die Ausbreitungsbezirke der Spinalnerven schärfer bestimmen lassen; weiter, dass die Anzahl der theilnehmenden Nerven eine größere ist, als beim Frosche. Auch Preyer wendete die Reizungsmethode an. Für den sechsten Cervicalnerven unternahm er außerdem einige Kontroll- versuche durch Reizung des durchschnittenen Nerven mittels NaCl- Lösung oder Kochsalzkrystalle. Pryer war der Erste, welcher auf diese Weise die spinale Innervation aller gesonderten Muskeln bestimmte. Die plurispinale Innervation der meisten Muskeln, die individuellen Variationen, fanden bei ihm Bestätigung, aber als neues morphologisches Ergebnis seiner Experimente konnte er folgende Schlüsse hinzufügen: »Nahe liegende Muskeln erhalten ihre moto- rischen Faseın von nahe gelegenen Wurzeln«, und: »Weiter rück- 476 Louis Bolk wärts austretende Wurzeln versorgen progressiv näher der Hand gelegene Muskeln«. Hierdurch ist zum ersten Male eine Einsicht in den serialen Innervirungsmodus der Extremitätenmuskeln, und, sei es auch sehr unbestimmt, das regionale (segmentale) Regelmaß konstatirt, welches von späteren Physiologen und Anatomen ebenfalls festgestellt worden ist. Um zur Kenntnis der Ausbreitungssphäre der sensibelen Ele- mente eines Spinalnerven zu gelangen, verfuhr PEYER in folgender Weise. Er durchschnitt alle Wurzeln mit Ausnahme der zu unter- suchenden und beobachtete dureh feine Scherenschnitte, welche Region die Sensibilität beibehalten hatte. Auf diese Weise kam er zu folgenden Schlüssen, welche ich der Wichtigkeit wegen anführe: » Dieselbe Nervenwurzel versorgt im Allgemeinen diejenigen Haut- stellen mit sensibelen Fasern, unter welchen die von ihr innervirten Muskeln liegen. — Dieselben Hautstellen werden von verschiedenen Wurzeln mit sensibelen Fasern versehen. — Die Verbreitungsbezirke der einzelnen Wurzeln greifen mehr oder weniger über einander.« Das SchrÖöper’sche Gesetz fand also weder von der Seite von ECKHARD, noch von der Pryer’s Bestätigung, und beide Forscher stimmen.in ihrer Auffassung der Ausbreitungsverhältnisse zwischen motorischen und sensibelen Fasern eines Spinalnerven ziemlich überein. Nach Preyer ist Türck (77, 78) zu nennen. Dieser Forscher hat seine Untersuchungen auf die sensibelen Bezirke der einzelnen Nervenpaare beim Hunde beschränkt. TüÜrcK verfuhr in umge- kehrtem Sinne als Pevyer. Er durehschnitt nämlich eine Wurzel und bestimmte das durch diese Operation anästhetisch gewordene Gebiet. Als wichtigstes Ergebnis von TÜrcK, welches von LuDwIG (47) in seinem physiologischen Lehrbuch aufgenommen — und durch zwei Skizzen illustrirt ist — hebe ich hervor, dass die Verbreitungs- bezirke der die Haut der Extremitäten versorgenden Spinalnerven- paare in proximo-distaler Richtung sich direkt an jene der Rumpf- nerven anschließen, wenn man die Extremitäten in eine seitliche Stellung bringt, rechtwinklig gegen den Rumpf mit vollkommener Streckung in allen Gelenken bei etwas supinirter Hand. In dieser Stellung verhalten sich die Bezirke so, als wären sie ursprünglich an den Seiten des Halses und des Rumpfes gerade so wie alle anderen verlaufen, und erst später durch die sich bildenden Extre- mitäten als Übergang derselben seitlich hervorgestülpt worden, wodurch einzelne Bezirke so weit seitlich gezogen sind, dass sie Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 477 von der vorderen und hinteren Mittellinie des Stammes ganz ge- trennt wurden. . Wie sich später in dieser Arbeit zeigen wird, stimmt diese Angabe von Tirck grosso modo mit meinen Ergebnissen beim Menschen überein. KOSCHEWNIKOFP (43), der wieder zur Hinterextremität des Frosches zurückkehrte, brachte nichts Neues. Eine neue Forschungsweise wurde zuerst von Krause (44) angewendet. Er durchschnitt nämlich nach der von WALLER (82) angegebenen Methode einzelne Wurzeln und untersuchte nach drei bis vier Wochen, welche peripherisch gelegenen sensibelen und motorischen Fasern degenerirt waren. Der größte Werth der Krause’schen Untersuchungen liegt in der von ihm angewandten Experimentirmethode, und erlangen dadurch, dass sie zu den gleichen Resultaten wie seine Vorgänger führen, den Charakter von bestä- tigenden Kontrollversuchen. In einem Punkte kennzeichnen sich jedoch die Schlussfolgerungen von Krause den früheren Autoren gegenüber, und zwar in den mehr scharfen Abgrenzungslinien, welche er zwischen den Innervationsbezirken zieht. So fand er die Ver- theilungsbezirke der Nerven an der Haut der Finger dureh eine scharfe Linie getrennt (contra PEyEr). Die plurispinal innervirten Muskeln zerfallen deutlich in mehrere Muskelnervenprovinzen, wovon Jede mit einem Spinalnerven in Zusammenhang steht. Dieser letzte Befund deutet also darauf hin, dass das aus mehreren Myomeren stammende Material polymerer Muskeln bei der Differenzirung nicht nothwendig durch einander geschoben wird, sondern dass, obwohl das bindegewebige Zeichen der ursprünglichen Trennung (das Lig. inter- musculare) verloren geht, Material von gleicher segmentaler Herkunft zusammengelagert bleiben kann. Durch spätere physiologische Experimente ist dieser Befund bestätigt. Zum Schlusse ist noch ein Autor anzuführen, der die Degene- rationsmethode anwendete, d. i. CARL MEYER (48). Dieser griff wieder zur Hinterextremität des Frosches, ein Objekt, das sich besonders für diese Methode als sehr ungünstig erwies. Von seinen — übrigens sehr unbestimmten — Befunden ist mit größter Reserve jener zu acceptiren, dass der achte Spinalnerv sich mehr am fibularen, der neunte am tibialen Rande der Extremität ausbreitet. — Denn der tibiale Rand der Extremität ist hervorgegangen aus der kopfwärts gerichteten Seite der Extremitätenanlage, und in Folge dessen finden wir immer 478 Louis Bolk die Tibialseite der Extremität aus höher austretenden Spinalnerven als die Fibularseite innervirt. Uberblicken wir jetzt die durch die genannten Forscher mittels der experimentellen Methoden zu Tage geförderten Resultate in der Segmentalinnervation, so finden wir schon alle die Phänomene konstatirt, welche in jüngerer Zeit für den Anatomen von besonderem Interesse geworden sind. Es sind kurz: Die plurispinale Innervation der meisten Muskeln — die individuelle Variation in der Innervation — die nahe Anordnung der von einem Spinalnerv innervirten Muskeln, — die Abwesenheit eines Verbandes zwischen spinaler Innervation und Muskelgruppirung — eine Beziehung zwischen der Lagerungsstelle der Muskeln an der Extremität, und ihrer Inner- vation aus höher oder niedriger austretenden Spinalnerven. — Auch in der Hautinnervation ist eine segmentale Reihenfolge in den Be- zirken schon erkannt. Kontroversen begegnen wir in den Mitthei- lungen über die Frage, ob die segmentalen Hautbezirke ganz oder theilweise superponirt, oder bloß juxtaponirt sind. Während - PEYER (l. e. pag. 77) dieselben Hautstellen von verschiedenen Wurzeln inner- virt sein lässt und Turck am oberen Theil der Extremität eine Juxtaposition, am unteren Theile eine vollkommene Superposition vorwalten lässt, hebt Krause hervor, dass gerade an der Hand die Bezirke durch eine scharfe Linie getrennt sind. Die Frage der wohl oder nicht bestehenden Superposition der Spinalnervenregionen wird später Gegenstand der Besprechung sein, nur wünsche ich hier darauf hinzuweisen, dass zur Entscheidung dieser Frage den physiologischen Experimenten kein zu großer Werth beigelegt werden darf. Denn wo das Gebiet des einen Nerven bei diesem, dasjenige des folgenden bei jenem Individuum erforscht ward, kann die eventuell sich ergebende Superposition auf Rechnung der indivi- duellen Variation gesetzt werden. Wenden wir uns nun zur zweiten Periode. Wie gesagt hat die Fragestellung in dieser Periode einen anderen Charakter, Die Ex- perimente wurden zur Entscheidung der Frage angestellt, ob den Plexuswurzeln und damit dem Innervirungsmodus eine funktionelle Bedeutung zukommt. Die Experimentirmethode zeichnet sich bei einem Theil der Forscher durch ihre Grobheit aus. Die Plexus- wurzeln wurden einfach durchschnitten, gereizt, die periphere Be- wegung beobachtet, und daraus abgeleitet, welche Muskeln durch den gereizten Nerven innervirt wurden. Auf diese Weise musste die wirkliche Reizung mehrerer Muskeln durch gleichzeitige Kontraktion Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 479 der Antagonisten verhüllt bleiben, und so mussten die Experimen- tatoren, in Streit mit den so viel genaueren Resultaten früherer Forscher, zu dem Schluss kommen, dass die Muskeln im Allgemeinen gruppenweise von den Spinalnerven innervirt werden. Also ver- fuhren FERRIER und YEO (22), welche diese Forschungsmethode ein- leiteten; Paut BERT und Marcacct (8), Russet (66, 67) und POLIMANTI (57), welch Letzterer in dem Plexus sacralis der Katze den zweiten Sacralnerv als Wurzel des Zornes, den dritten als Wurzel der Freude, den vierten als Wurzel der Wollust erkannt hat (l. e. pag. 336)! Auch die plurispinale Innervation eines Muskels ist von diesen For- schern auf ihre Weise gewürdigt: »Quand un muscle est fonetionelle- ment divisible son innervation est multiple« (plurispinal, Ref.) (PAUL Bert et Marcaccı). Wir brauchen auf die Resultate dieser Forschergruppe nicht einzugehen, weil die Frage, welche diese Forscher zu beantworten suchten, nur gestellt werden kann bei gänzlichem Ignoriren der ana- tomischen Litteratur über Zusammensetzung, Genese und Umbildung des Plexus. In derselben finden sich Angaben in Überfluss, um die PotLımantrsche Argumentation zu entkräften, »quil ne peut com- prendre pour quelle raison on devrait admettre que la volonté pour executer un mouvement, doit exciter les fibres synergiques de plu- sieurs racines, alors quelle peut atteindre plus facilement le méme but en excitant celle d’une seule racine<. Es ist mir gänzlich unbegreiflich, wie ein deutscher Anatom Ansichten vertreten kann, wie die hier angefochtenen, um so mehr, als dieser Anatom den Namen MERKEL trägt. Es werden sich wohl wenig Kollegen des geehrten Autoren finden (leider giebt es unter diesen wenigen auch Eprncer) (10, pag. 312), welche den Passus aus seinem Handbuch der topographischen Anatomie unterschreiben werden: »Jede einzelne Wurzel enthält daher auch nicht etwa die Fasern für anatomisch neben einander liegenden Muskeln, — sie stellt vielmehr eine physiologische Einheit dar, von welcher aus kombinirte Bewegungen ausgeführt werden« (49, II. Bd. pag. 248). Glücklicherweise giebt es aber auch in dieser Periode Forscher, welche sich der Auffassung der genannten gegenüberstellen. Die- selben sind FORGUE et LANNEGRACE (23), die sich sehr bestimmt äußern: »L’exeitation d’une racine donne un mouvement combine artificiel et non functionel« und SHERRINGTON (73, 74, 75), welcher auf Grund von Versuchen an Macacus rhesus behauptet: »The signi- fieance of the distribution of a spinal root, is anatomical, rather 480 Louis Bolk than functional.« — Die zweite Periode zeichnet sich durch ihre Ar- muth an Resultaten oder neuen Gesichtspunkten aus. Eine ganz besondere Stelle nehmen in dieser Periode des ex- perimentellen Erforschens die Arbeiten von SHERRINGTON ein. Die- selben zeichnen sich durch große Genauigkeit der Versuche aus, wodurch die Arbeiten SHERRINGTON’s, besonders jene über die Haut- innervation der unteren Extremität bei Macacus rhesus (75), als Muster experimenteller Forschung hingestellt werden können. Auf Grund seiner zahlreichen Experimente hat SHERRINGTON über die Haut- innervation von Macacus eine Arbeit geliefert, welche an Ausgiebig- keit und Zuverlässigkeit Alles übertrifft, was bisher auf diesem Ge- biet erschienen war. Sämmtliche Fragen, die sich an die metamere Innervation der Haut anknüpfen, werden an den Ergebnissen der Experimente geprüft, und auf Grund dieser breiten Basis in dieser oder jener Richtung entschieden. Was für mich persönlich den Werth der SHERRINGTON’schen Arbeit über die Hautinnervation bei Macacus rhesus erhöhte, war der Umstand, dass ich meine anato- mischen Untersuchungen, mit der sich daran anknüpfenden Rekon- struktion der segmentalen Hautbezirke, in völliger Unbekanntheit mit der obigen Arbeit, also unabhängig von SHERRINGTON, ausge- führt habe. Beim Lesen derselben wurde ich durch die überraschende Übereinstimmung, die zwischen unseren Resultaten herrscht, freudig getroffen. Diese Übereinstimmung kommt besonders meiner Arbeit zu Gute, da ich meine Rekonstruktion des Dermatomensystems nicht ohne Zuhilfenahme eines Postulats habe zusammensetzen können. Es war doch vorher von mir postulirt, dass das ganze Hautgebiet eines Spinalnerven (n. l. des R. ventralis) immer ein einheitliches Ganzes sein musste. Der absolute Beweis dafür ist anatomisch nieht zu führen. Nur das Experiment ist im Stande, dieses Postulat zur Thatsache zu erheben. Und dass ich richtig postulirte, beweist der Ausspruch SHERRINGTON’s (75, pag. 652): »Although in a plexus each nerveroot affords contribution to many different nerve-trunks in the plexus, the cutaneous contribution of the root is composed not of patches which are disjoined, but of patches which are so joined that the distribution of the entire root forms one continuous field.« Ich werde an geeigneter Stelle Gelegenheit haben, auf die Resultate der SHERRINGTON’schen Arbeit und seine Auffassungen einzugehen, nur hebe ich des anatomischen Interesses wegen die Beobachtung dieses Forschers hervor, dass ein plurispinal innervirter Muskel nicht in toto bei Reizung einer der innervirenden Wurzeln zuckt, was von Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 481 RusseL (67, pag. 258) bestätigt ist, wenn nur »excited with a mini- mal stimulus«. So zuckt bei Macacus vom M. sartorius nur der obere Theil bei Reizung des dritten, der untere Theil bei Reizung des vierten Lumbalnerven. Wie gesagt war Krause durch seine Degenerationsmethode zu ähnlichen Resultaten gekommen. Die Möglichkeit der Auffaserung des Nervenplexus wurde früher fast allgemein angezweifelt, mehrere der eitirten Physiologen heben die Unmöglichkeit hervor, und HEnLeE schließt sich ihnen sehr be- stimmt an. Die in den letzten zehn Jahren veröffentlichten anato- mischen Abhandlungen von HERRINGHAM (33), PATERrson (53, 54 55, 56, 57), EısLEer (19, 20), RugE (63) und mir (10, 11, 12) sind aber Beweise, dass diese Unmöglichkeit nicht eine so ganz absolute ist, und dem in der Einleitung (pag. 466) eitirten Passus von HENLE ist folgender, einer PATErson’schen Arbeit entnommene, gegenüber zu stellen (56, pag. 84): »To separate individual nerve trunks into their component elements, and to their peripheral terminations the various subdivisions of the constituant spinal nerves, in now recog- nised as a feasable operation. It must to the same time be conceded that the process is difficult and laborious.« — Dass aber die Ergeb- nisse fiir die angewendete Miihe reichlich schadlos stellen, sollte allein schon daraus folgern, dass die anatomischen Erörterungen gewissermaßen ein Gegengewicht darstellen gegen die in jüngerer Zeit hervortretende physiologische Missdeutung des Plexus und seiner peripheren Ausbreitung. Die Resultate des anatomischen Forschens stimmen in allen wesentlichen Punkten mit jenen der physiologischen Experimente vollkommen überein. Den Anatomen aber ist es ge- lungen, für diese Erscheinungen die anatomische Erklärung beizu- bringen. Die plurispinale Innervation der Muskeln — die individuelle Variation, — die segmentale Ausbreitung — die gegenseitige Lage der Ausbreitungsbezirke haben jetzt eine wohlerkannte morphologi- sche Unterlage. Aber dass der Segmentalanatomie vom anatomischen Stand- punkt noch weit höheres Interesse zukommt, beweisen uns die Ar- beiten von FÜRBRINGER und obengenannter Autoren, welche für sich die Kenntnis in verschiedener Richtung ausbeuteten und als Aus- gangspunkt mehr allgemein morphologische Fragen benutzten. Fir- BRINGER. (26) erkannte durch seine Forschungen das Prineip der metameren Umbildung vom Plexus und Muskelsystem. Ruse (I. e.) erforschte die Spinalinnervation, um durch die erworbene Kenntnis der metameren Anlage des Muskelsystems und die segmentale Morpholog. Jahrbuch. 25. 32 482 Louis Bolk Innervation der Haut bei Primaten Beweise für die segmentale Ver- kürzung des Rumpfes zu sammeln, und vermochte die Art dieses Processes durch die längs dieses Weges konstatirten Thatsachen und Erscheinungen aufs schönste zu beleuchten. EısLer (20) entnahm einen ganzen Theil seiner Beweise für die von ihm verfochtene antitrope Homologie der Extremitäten der segmentalen Anlage der Muskeln, während der Autor durch seine Nervendissektionen eine Beziehung zwischen der metameren Anlage der Muskeln und deren Skeletinsertionen aufzudecken vermochte. Diese Beispiele genügen schon um den vielseitigen Werth der Segmentalanatomie in helles Licht zu setzen. Wichtig allerdings für die Deutung der peripheren Erscheinun- gen waren einige schon früher erworbene Einsichten über die Art der Zusammensetzung und Umbildung des Nervenplexus. SOLGER (76) hat zuerst die Wanderung der Extremitäten verantwortlich für die axialen Verschiebungen vom Plexus gemacht, eine Ansicht, die bald von FÜRBRINGER (25, pag. 681) übernommen wurde, unter An- derem veranlasst durch den bekannten Nachweis der proximalen Wanderung des Beckens bei Primaten von ROSENBERG. In einer späteren Arbeit (26) hat FÜRBRINGER den Grund für die heutige Auffassung des peripheren Nervensystems und ihrer Beziehungen zur Muskulatur gelegt. In den Arbeiten der auf diesem Gebiete forschenden Autoren ist der Einfluss der FÜRBRINGER’schen Auffas- sungen immer nachzuweisen, sei es, dass sie dieselbe als allein zu- verlässige Prineipien ihren leitenden Gedanken als Richtschnur zu Grunde legten, oder die Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen an den- selben prüften, sei es, dass sie ihre Resultate als Beweise für diese Auffassungen anfiihren. Eine Ausnahme bildet eine Arbeit von KarL RANKE (60). Wie sich aber dieser Autor auf Grund seiner »Kritik der Variationen« zu dem Ausspruch berechtigt fühlt: »Mit dieser Anschauung fallen von selbst manche der üblichen Anschau- ungen: eine Nachahmungsfähigkeit der Metameren und die imita- torische Homologie FÜRBRINGER’s<« ist mir gänzlich räthselhaft. Wiewohl man aus der ganzen Auseinandersetzung schließen muss, dass der Autor von den FÜRBRINGER’schen Untersuchungen sehr gut Kenntnis hat, ist es klar, dass die Bedeutung der imitato- rischen Homologie dem Autor ganz dunkel geblieben ist. Sonst ist es nicht zu verstehen, wie der Autor im Anschluss an den eitirten Satz Folgendes sagen kann: Über die supponirte Wanderung der Extremitäten aus dem » Verkürzungsprocess am Rumpfe scheinen Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 483 mir die Akten noch nieht abgeschlossene. Dass der Autor die Wan- derung der Extremitäten aus dem Verkürzungsprocess am Rumpfe supponiren lässt, darf wohl auf eine weniger richtig redigirte Kon- junktion beider Erscheinungen zurückgeführt werden. Dies macht aber leider zugleich den Eindruck einer ungenügenden Kenntnis der über diese Erscheinungen bestehenden Litteratur. In dem Inhalt beider Sätze liegt jedoch eine Kontradiktion. Die imitatorische Homologie der Muskeln ist die nothwendige Folgeerscheinung der Extremitäten- wanderung. Man kann sich die eine ohne die andere nicht denken. Und wo Ranke für letzteren Process die Akten noch nicht abge- schlossen sein lässt, d. h. also wenigstens die Möglichkeit einer Wanderung zugiebt, ist über die imitatorische Homologie schon das Todesurtheil ausgesprochen. Man kann daraus nur schließen, dass RANKE sich eine fehlerhafte Vorstellung von der imitatorischen Ho- mologie gebildet hat, und dass er sich derselben gegenüber ableh- nend verhält, ist nur erfreulich. Die Arbeiten der oben genannten Autoren — welchen noch Daviporr zur Seite zu stellen ist, der aus den Umbildungen des Nervenplexus und seiner Stellungsverlagerungen Beweise für die Ver- schiebung der Extremitäten bei Fischen (15) und von Lacerta (16) beibraehte — sind ergänzt von Seite zweier englischer Anatomen, HERRINGHAM und PATERSON, welche die Segmentalneurologie der oberen resp. der unteren Extremität des Menschen mit wichtigen Daten bereicherten. HERRINGHAM theilt die durch Dissektion an 55 Plexus brachialis gesammelten Resultate mit. Während bei den früber erwähnten englischen Experimentatoren die Frage nach der eventuellen funktionellen Bedeutung der Plexuswurzeln auf Grund unzuverlässiger Experimente bejaht wird, versucht HERRINGHAM in seiner Abhandlung diese Ansicht durch specielle und genaue Be- weise zu widerlegen, eine Korrelation zwischen Funktion und Seg- mentalinnervation besteht nicht. Dieser Forscher ist der Erste, wel- cher von der ganzen Extremität die verschiedenen Muskelnerven und größeren Hautäste zu den Plexuswurzeln verfolgt hat, der Erste, der also detaillirt die physiologischen Resultate von anatomischer Seite bestätigte. Es gelang ihm überdies, einige allgemeine Gesetze aufzufinden, welche wir im Laufe dieser Arbeit hervorzuheben haben. Paterson lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf die Zusammen- setzung des Plexus aus einem dorsalen und ventralen Absehnitt und hob die Bedeutung hervor, welehe dieses Phänomen für die Entwieklung 32* 484 Louis Bolk der Muskulatur in eine dorsale und ventrale Gruppe hat, eine Auf- fassung, welche später von RuGr und besonders von EISLER weiter verfolgt und ausgebreitet ist. Vergleichen wir den Charakter des physiologischen mit dem des anatomischen Erforschens, so springt es ins Auge, dass die ana- tomischen, segmentalneurologischen Untersuchungen größtentheils zur Verfolgung oder Konstatirung morphologischer Processe allgemeiner Art angestellt wurden, während bei den Physiologen die Kenntnis der Segmentaineurologie selber Endzweck der Experimente war. Erster Abschnitt. Das erste bis vierte Segment. Es ist bei der Behandlung nicht zu umgehen, den Stoff auf etwas künstliche Weise einzutheilen. Die regionale Zusammen- setzung der Wirbelsäule als Basis dazu zu benutzen, ist zu ver- werfen, da die durch besondere Fragen beherrschten Provinzen des gesammten Muskelsystems und der Haut sich durchaus nicht mit den Regionen der Wirbelsäule decken. Da vor Allem die Differenzirung der Segmente Gegenstand der Besprechung ist, lag es auf der Hand, einer Eintheilung zu folgen, welche auf dem differenten Schicksal der Segmente basirt war. Und es fällt sofort auf, wie verschieden eine Gruppe von Segmenten einer anderen gegenüber ist, je nach- dem der eine oder andere Körperabschnitt aus ihr hervorgeht. So . war ich folgerichtig darauf angewiesen, Folgendes zusammenzufassen: 1) die vier oberen Halssegmente, 2) die Segmente der oberen Ex- tremität, 3) die Brust- und Bauchsegmente, 4) die Segmente der unteren Extremität, 5) die terminalen Segmente. Die Nothwendig- keit einer Sonderung des Materials rechtfertigt dieselbe gegen den Einwand, dass das Artifieielle, besonders an den Übergangszonen, oft störend einwirkt. Ich werde bei meiner Besprechung folgender- weise verfahren. Von jedem Segment werde ich erstens die Deri- vate des Myotoms gruppenweise angeben und die Differenzirung derselben kurz besprechen. Jener Theil des Myotoms, woraus sich die dorsale Muskelgruppe gebildet hat, bleibt dabei unberücksichtigt. Sodann werde ich die Ausdehnung des Dermatoms angeben, mit wel- chem Namen ich nach dem Vorschlag von KoLLMANN (42, pag. 51) das Ausbreitungsgebiet jedes Spinalnerven in der Haut andeute. Der zweite Theil des Kapitels enthält allgemeine Betrachtungen auf Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 485 Grund der gewonnenen Thatsachen, auch in Verband mit dem Bau des peripheren Nervensystems. A. Metamerologische Thatsachen. Das erste Segment. a. Das Myotom. Dasselbe hat beigetragen zur Bildung zweier scharf gesonderter Muskelgruppen, einer, welche in näherer Beziehung zum axialen Skelette trat, und einer, welche mit dem Visceralskelette sich ver- band, die hypaxoniale oder subvertebrale, und die (hypobranchiale Muskelgruppe. Von der erstgenannten Gruppe ist der Musculus rectus capitis anticus und der Musculus rectus capitis lateralis aus- schließlich aus diesem Myotom hervorgegangen und sind desshalb monomere Muskeln, während der Musculus longus capitis als poly- merer Muskel sich aus dem ersten und folgenden Myotom ableiten ließ. Durch ihre Anheftungspunkte am Skelette, nämlich am Atlas und Os occipitale, in Verband mit ihrer segmentalen Herkunft, er- scheint diese Muskelmasse als wenig von ihrer ursprünglichen Bil- dungsstelle abgewichen. Ein zweiter Abschnitt des ersten Myotoms hat einen ganz anderen Entwicklungsgang durchgemacht. Seine Elemente finden sich nämlich in einer zweiten, räumlich von der erstgenannten ganz gesonderten Gruppe wieder, und wohl in folgen- den Komponenten der hypobranchialen Muskelmasse: Museuli genio- hyoideus, thyreo-hyoideus, omo-hyoideus (oberer Bauch), sterno-thy- reoideus und sterno-hyoideus. In den beiden letztgenannten Muskeln fand sich eine querverlaufende Inscriptio tendinea, in dem Sterno- thyreoideus ungefähr 3 cm oberhalb des Sternalrandes, in dem Sterno- hyoideus etwa 1 cm höher. Die so gesonderten Bäuche der beiden Muskeln bekamen gesonderte Nerven aus der Ansa hypoglossi. Unter- halb der Inscriptio befanden sich keine Elemente des ersten Myotoms. Außer den genannten Muskeln mussten sich noch in den Zungenmuskeln Elemente des ersten Myotoms befinden, denn ich habe noch Fasern der ersten Cervicalnerven im Hypoglossusstamme verfolgen können, nachdem die Nerven für die Mm. thyreo-hyoideus und genio-hyoideus abgegeben waren. Leider konnte ich unmöglich wegen der intensiven Durcheinandermischung und Verkittung dieser Fasern mit Hypoglossusfasern verfolgen, welche Muskeln dies waren. Ich komme auf diese Thatsache später zurück. . 486 Louis Bolk Einen wiehtigen Unterschied in den Differenzirungsvorgängen beider Gruppen entnehmen wir der Thatsache, dass alle Muskel- individuen der zweitgenannten Gruppe polymerer Natur waren, während von der erstumschriebenen Gruppe nur im M. longus capitis eine Fusion mit Material des folgenden Myotoms stattgefunden hat. Bei den beiden anderen Muskeln war die Monomerie rein erhalten. Die. dorsal liegende Muskelgruppe weist desshalb mehr primitive Verhältnisse auf als die ventral gelagerte. b. Das Dermatom. Von den Elementen des ersten Cervicalnerven habe ich keine gefunden, welche in einem oder anderen Hautast zur Haut zogen. Der erste Cervicalnerv nahm bei meinem Individuum keinen Antheil an der Innervation der Haut, das erste Halssegment war also seines Dermatoms verlustig gegangen. Die Reduktion des Dermatoms dieses Segmentes folgt schon aus der allgemein bekannten Thatsache, dass der N. suboceipitalis nur ausnahmsweise sensibele Fasern enthält. Uber eine derartige Variation berichtet FROHSE (24 pag. 8). Stärker noch kommt diese bis zum völligen Schwund steigende Reduktion zum Vorschein in jenen Fällen, in denen der erste Cervi- calnerv keinen Radix posterior aufweist, ein Verhalten, das beim Menschen nicht so ganz seltsam zu sein scheint, nach BEcK (6) in 8 %, nach KazzanDEr (41) in 9 % der Fälle vorkommt. Auch beim Hunde fand Tirox den ersten Cervicalnerv auf seine moto- rischen Elemente redueirt (78 pag. 312). — Dass bei meinem Indi- viduum in den Hautästen des Plexus cervicalis keine Elemente des ersten Cervicaluerven gefunden wurden ist desto merkwiirdiger, als dieser Spinalnerv in casu seiner hinteren Wurzel nicht ganz ent- behrte. Da ich bestimmt angeben kann, dass die Fasern des Radix posterior nieht ihren Weg zur Haut genommen haben und es nicht anzunehmen ist, dass ihr Endgebiet in einer der zwei Muskelgruppen des Myotoms sich befunden hat, so bleiben ihnen nur zwei Wege offen, erstens längs dem starken Ast des ersten Cervicalnerven zum Gan- glion supremum des Sympathicus und zweitens mittels der sogenannten centralen Anastomose dieses Nerven zum Nervus hypoglossus. — Weil mir die Natur letztgenannter Anastomose (s. später) ganz un- bekannt geblieben ist, darf ich mich nicht für einen dieser beiden Wege entscheiden. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 487 Das zweite Segment. a. Das Myotom. Vom zweiten Cervicalnerv innervirte Muskeln waren folgende: Die Mm. genio-hyoideus, thyreo-hyoideus, omo-hyoideus (proximaler und distaler Bauch), sterno-thyreoideus, sterno-hyoideus (oberhalb und unterhalb der Inscriptio tendinea), longus capitis, scalenus medius, trapezius und sterno-cleido-mastoideus. Das Myotom hat also beigetragen zur Bildung nicht nur derselben Gruppen, woran das erste Myotom betheiligt ist, sondern es hat daneben Beziehungen zu zwei neuen Gruppen bekommen, nämlich zur Scalenusgruppe und zur Kopf-Schultergiirtelmuskelgruppe. Der Antheil, welchen dieses Myotom an der Bildung der ventralen Muskelgruppe nimmt, giebt zu folgenden Bemerkungen Veranlassung: Alle Muskeln, welche in Beziehung zum Hyoid getreten sind, mit Ausnahme des M. hyoglossus, enthalten Elemente des zweiten Myotoms. Wo aber vom ersten Myotom noch Elemente in die Zungenmuskeln übergegangen waren, konnte dasselbe nicht vom zweiten Myotom konstatirt werden. In diesem Verhalten ist also noch eine geringe Spur von der ursprünglich mehr cranialen Lage des ersten Myotoms dem zweiten gegenüber übrig geblieben. Auch die Innervation des Sterno-hyoideus und Sterno-thyreoideus giebt diesen primitiven Zustand noch zu sehen. Denn während die cranialen Bäuche beider Muskeln kontraktiles Material des ersten Myotoms aufweisen, findet sich dasselbe im caudalen Bauche nicht. Wiewohl also eine Fusion kontraktiler Elemente mehrerer Myotome stattgefunden hat, ist etwas Primitives doch noch beibehalten. Dass eine solche Mischung eben so statt- gefunden hat zwischen den Elementen des zweiten Myotoms, welche zum M. longus capitis übergegangen sind, und jenen, welche vom ersten und dritten Myotom abstammen, geht aus dem Innervirungs- modus hervor. Es verband sich doch ein Astchen vom zweiten Cervical- nerv mit einem solchen des ersten, und ein anderes mit einem solchen des dritten. Auf diese Weise wurde zwischen dem ersten und zweiten und zwischen dem zweiten und dritten Cervicalnerven eine feine, straff gespannte Schlinge gebildet, von welcher aus der Muskel innervirt wurde (siehe Fig. 2). Eine nähere Präeisirung, welche Ursprungszacken des Muskels von jedem Nerv innervirt waren, war nicht möglich. Vom Scealenus medius konnte gezeigt werden, dass die Zacke 488 Louis Bolk vom Atlas nur aus dem zweiten Myotom stammte, von den weiteren Zacken war eine nähere Präeisirung ebenfalls unmöglich. Über die Innervationsweise des Sterno-cleido-mastoideus giebt Fig. 1 Aufschluss. Wie es öfter der Fall ist, durchsetzte. der N. accessorius den Muskel, und spaltete ein tiefes, zur Cervicalportion gehörendes Bündel vom Muskel ab. Da der Muskel leicht bis ober- halb der Innervationsstelle in seine zwei Portionen gespalten werden Fig. 1. Innervationsweise des M. sterno-cleido-mastoideus, konnte, war der Nachweis nicht schwer, dass die Elemente des zweiten Myotoms nur im Claviculartheil des Muskels sich befanden. Genau zu bestimmen, welcher Theil des M. trapezius vom zweiten Myotom herrührte, war nicht möglich. Die Spinalfasern und Accesso- riusfasern waren unentwirrbar vermischt. b. Das Dermatom. 1) Dorsaler Theil. Dieser Theil war leicht abgrenzbar, da die sensibelen Elemente des Dorsalastes des zweiten Spinalnerven sämmtlich im N. oceipitalis major verliefen, und dieser Nerv keine beträchtlichen Anastomosen in der Peripherie mit anderen Hautnerven einging. Dieser Theil des Dermatoms war also identisch mit dem ov Die Segmentaldifferenzirung des mensch. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 489 Bezirk des genannten Nerven. Er war begrenzt: lateral durch eine Linie, welche am lateralen Punkte der Ursprungslinie des Trapezius an der Linea nuchae superior anfängt, um von da in sanftem Bogen vorwärts und aufwärts zu verlaufen, in einer Linie, welche ungefähr Fig. 2. Hypo 7glossuS- N / Ge-h ae Leo. Scap. Semed. St-th Phir: Leo. scap Der Plexus cervicalis. a, b, c, d, ¢ Hautnerven. der Linea temporalis superior entsprechen sollte, bis etwa zur Höhe des Gehörganges, um alsdann in die vordere Begrenzungslinie um- zubiegen. In seinem untersten Theil war dieses Dermatom durch jenes des dritten Segmentes eine kurze Strecke von der Medianlinie getrennt. 2) Ventraler Theil. Es ist schwierig, die Grenze dieses Abschnittes zu bestimmen — weil mit Ausnahme eines einzigen Astes, welcher ausschließlich Fasern des zweiten Cervicalnerven besaß, alle größeren Hautäste, welche sich im oberen Theile des Halses ausbreiten, Fasern vom zweiten und dritten Cervical- nerven führten (Fig. 3). Der ersterwähnte Ast (N. oceipitalis minor) kam in der Höhe des Ursprunges des Sterno-cleido-mastoideus 490 Louis Bolk durch die Faseie und innervirte vornehmlich jenen Abschnitt der Regio temporalis, welcher vom N. occipitalis magnus frei gelassen war. — Zwischen beiden Nerven fanden sich Astchenanastomosen. Am Hinterhaupt grenzen also die dorsale und ventrale Zone des zweiten Dermatoms unmittelbar an einander. — Die übrigen sen- sibelen Elemente des zweiten Spinalnerven fanden sich in allen Hautästen, welche sich in eranialer Richtung ausdehnten, waren darin aber jenen des dritten Spinalnerven gegenüber sehr gering in Wows: Fig. 4. Die sensiblen Bezirke des zweiten, dritten | und vierten Cervicalnerven. Die Hautäste der oberen Cervicalnerven. Anzahl. Von der Überlegung ausgehend, dass das zweite Derma- tom ursprünglich eranial vom dritten gelagert war, dass es sich in dorso-ventraler Richtung daneben ausgestreckt haben muss, dass die Nerven, welche die Regio submaxillaris, parotideo-masseterica, auricularis und mastoidea innerviren, alle einige Fasern des zweiten Spinalnerven in sich fassen, glaube ich die Ausdehnungsweise dieses Abschnittes des zweiten Dermatoms approximativ in der Weise angeben zu dürfen, wie auf Fig. 4. Mit einer solchen Ausbreitung des Gesichtstheiles des zweiten Dermatoms hält der Umstand Rechnung, dass es sich als meist u Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 491 craniales Dermatom zwischen jenem des dritten Segmentes und dem Trigeminusgebiete eingeschoben haben muss. Das dritte Segment. a. Das Myotom. Die Derivate dieses Myotoms sind wieder in mehrere Muskel- gruppen übergegangen als jene des zweiten. Zu der Theilnahme an subvertebralen oder hypaxonialen, seitlichen, vorderen oder hypo- branchialen und oberflächlichen Halsmuskeln, gesellt sich noch jene an der spino-humeralen und am Diaphragma. Je weiter wir abwärts steigen, desto mehr ist das Segment differenzirt, und so erblicken wir schon in den oberen Halssegmenten einen allmählichen Übergang zu der außerordentlich hohen Differenzirung der Extremitäten- segmente. Von den vorderen Halsmuskeln entlehnten der Sterno-thyre- oideus, Sterno-hyoideus und Omo-hyoideus Material von diesem Myotom. Es befand sich aber nur unterhalb der Inscriptio tendinea der erstgenannten Muskeln, und im hinteren Bauche des letzt- genannten, gemischt mit Material des zweiten Myotoms. Dass es in den oberen Bäuchen dieser Muskeln vermisst wird, deutet wieder auf die ursprünglich mehr caudale Lagerung dieses Myotoms. Von der subvertebralen Muskelgruppe nahm jetzt auch der letzte und meist caudale Repräsentant, der M. longus colli, theilweise seinen Ursprung von diesem Myotom.. Auch in dieser Gruppe ist in so weit eine Beziehung zwischen metamerer Anlage und definitiver Lagerung erhalten geblieben, als dass der meist proximal gelagerte — der M. rectus capitis — sich nur vom ersten Myotom ableiten ließ, während von den beiden übrigen der meist eranial inserirende — der M. longus capitis sein Bildungsniveau bis im ersten — der mehr caudal inserirende und Ursprung nehmende — der M. longus colli — dasselbe nur bis in das dritte Myotom vorschob. Bemerkenswerth ist, dass das dritte Myotom wohl mit einem Theil in den Trapezius übergegangen ist, aber nicht in den Sterno- cleido-mastoideus. Kin anderer Theil des Myotoms war im M. scalenus medius nachzuweisen. Nebst diesen Muskeln hatte das Myotom Beziehung erlangt mit zwei anderen Muskeln. Während ein ventraler Theil zur Bildung des Diaphragma mitgeholfen hat, war ein dorsaler Theil in den 499 . Louis Bolk M. levator scapulae übergegangen. Da dieser Muskel sich leicht eine Strecke weit in seine Ursprungszacken zerlegen ließ, konnte nach- gewiesen werden, dass die vom Atlas Ursprung nehmende Zacke und ein Theil jener vom Epistropheus vom dritten Myotom her- stammten. Es verdient die Theilnahme des dritten Myotoms an dem Autbau des M. levator scapulae besonders Erwähnung, in so weit es sich in diesem Falle beim Menschen sicher um eine seltene Aus- nahme handelt. — Selbst habe ich die Innervation des Muskels aus dem dritten Cervicalnerven nur bei dem für diese Untersuchung verwertheten Objekt wahrgenommen; in den meisten Fällen ist der Levator scapulae vom vierten und fünften Cervicalnerven, oder vom vierten allein innervirt. Eine Innervation durch den ersten und zweiten Spinalnerven, wie MERKEL (49 II, 1, pag. 114) angiebt, kam wir niemals zu Gesicht. EısLEeR (21) giebt für den Gorilla eine Innervation des Muskels auch ‘aus dem dritten Cervical- nerven an. b. Das Dermatom. 1) Der dorsale Theil. Jenem des zweiten Segmentes gegen- über — ist dieser viel weniger ausgedehnt. Von dreieckiger Form mit der Basis auf der Medianlinie nimmt er einen oberen Theil der Regio nuchae ein. Er drängt mit seinem oberen Winkel das zweite Dermatom von der Medianlinie weg. 2) Der ventrale Theil. Alle Hautäste, welche sich am oberen und vorderen Theile des Halses ausdehnten, enthielten Nervenfasern des dritten Cervicalnerven. Während desshalb die craniale Grenze in ganzer Länge mit der caudalen des zweiten Dermatoms zu- sammenstößt, fällt die vordere Grenze mit der Medianlinie des Halses zusammen; die caudale Grenze muss quer über das Manubrium verlegt werden, während die hintere Grenze ungefähr mit dem lateralen Rande des M. sterno-cleido-mastoideus zusammenfällt, da sich dorsal von diesem Muskel die Nervenfasern des vierten Cervi- calnerven finden (vergl. Fig. 3). Während also der dorsale Theil dieses Dermatoms, dem des zweiten gegenüber, sehr beschränkt erscheint, kommt dagegen dem ventralen Theil eine viel größere Ausdehnung zu, da er die ganze Regio mediana colli, submaxillaris, Sterno-cleido-mastoidea und die Fossa carotica deckt, und außer- dem noch den unteren Theil des äußeren Ohres aufnimmt. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 493 Das vierte Segment. a. Das Myotom. Uberblickt man die Summe von Muskeln, welche diesem Seg- ment entstammen, so ist man kaum berechtigt, dasselbe den drei oberen anzuschließen. Denn. abgesehen von der, zur Charakteri- sirung des Segmentes wenig beitragenden, subvertebralen Muskulatur, steht dasselbe in betriichtlicherem Connex zur oberen Extremität als zur eigentlichen Halsmuskulatur. In Divergenz der Differenzirung findet dieses Segment am menschlichen Körper kaum seines Gleichen. Subvertebrale Muskulatur, Trapezius, Levator scapulae, Supraspina- tus, Diaphragma, Subelavius, Scalenus medius, Sterno-thyreoideus — diese in ontogenetischer Beziehung zum vierten Myotom stehende Muskeln sind fast eben so vielen gesonderten Gruppen zugehörig. Dieser Umstand brachte mich dazu, dasselbe nicht bei den, der oberen Extremität zugehörenden Segmenten aufzunehmen, um so mehr nicht, da mehrere Muskeln und Muskelgruppen, welche ich später in diesem Kapitel näher ins Auge zu fassen wünsche (vordere Halsmuskulatur, Diaphragma, Kopf-Schultergürtelmuskulatur) in die- sem Segment zum Abschluss gelangen. Dass das vierte Segment das Muster eines Übergangsgebietes zwischen zwei in morphogenetischer Differenzirung so scharf ge- schiedener Segmentserien ist, lehrt uns schon die Verästelung des vierten Spinalnerven. T'heilweise angeschlossen an die Ansa hypo- glossi, theilweise verbunden mit den Hautästen aus dem dritten Cervicalnerven, theilweise einen selbständigen Verlauf nehmend, und zum Schlusse sich theilweise den Wurzeln des Plexus brachialis anschmiegend, zeigt uns dieses komplieirte Verhalten schon, wie weit die gesonderten Theile der ursprünglich einheitlichen Muskel- masse aus einander gerückt sind. Der Nerv für den Musculus trapezius besaß eine ansehnliche Dicke, er war fast eben so mächtig als der Accessoriusstamm an der Stelle, wo er mit demselben zusammenfloss und sich so innig verband,. dass eine Auflösung der Elemente differenter. Herkunft nicht möglich war. Vom Levator scapulae stammte ein Theil der Zacke vom Epistropheus und der ganze vom dritten Halswirbel /d. h. die meist caudale Zacke dieses Muskels an meinem Präparat) vom vierten Myotom. 494 Louis Bolk Der Theil dieses Myotoms, der in den Scalenus medius und die beiden subvertebralen Muskel, sowie derjenige, der in den M. subelavius überging, konnte in seinen Lagerungsverhältnissen im Muskel nicht näher erforscht werden. Vom Diaphragma wird weiter unten die Rede sein. Im M. sterno-thyreoideus fand sich das vom vierten Myotom herrübrende Material im caudalen Theil wieder, da die diesen Muskel innervirenden Fasern des vierten Spinalnerven sehr | caudal im Muskel eintraten. Dass dieser Muskel sich noch aus dem vierten Myotom bildete, darf wohl nicht als normal gedeutet werden. Denn die Angabe von HENLE, dass eine Theilnahme des vierten Spinalnerven an der Zusammensetzung der Ansa hypoglossi eine sehr seltene Ausnahme bildet, schließt in sich, dass das Bildungs- niveau der hypobranchialen Muskelgruppe normal im dritten Myotom seine Grenzen findet. b. Das Dermatom. 1) Der dorsale Theil. Dieser war von ungleichseitiger vier- eckiger Form und nahm den mittleren Bezirk der Regio nuchae ein. Er war nach der Mitte der Spina scapulae spitzwinklig ausgezogen. 2) Der ventrale Theil. Mit Ausnahme eines oberen — dem dritten Dermatom angehörenden — Abschnittes erstreckte derselbe sich über die ganze Regio colli lateralis, breitete sich über die Vorderfliiche der Brust, über die ganze Regio infraclavicularis aus, überzog noch einen oberen Theil der Regio deltoidea — um, nach Einschluss eines Theiles der Regio suprascapularis, noch ein unteres, vorderes Dreieck der Regio nuchae in sich aufzunehmen. Seine Lagerungsbeziehung zum dritten Dermatom war also eine über- wiegend posteriore. Eine Erscheinung von hoher Bedeutung, welche aber erst in dem über die obere Extremität handelnden Abschnitt gewürdigt werden kann, ist folgende: Der Ventraltheil des dritten Dermatoms grenzte an seinem rostralen Rande ganz an das zweite Dermatom, mit seiner dorsalen Grenze stieß er an den dorsalen Theil desselben Dermatoms, mit seiner caudalen Grenze war er im schrägen dorso-ventralen Verlauf fast ganz dem vierten Dermatom angelagert. In diesen Beziehungen ist das primitive Verhalten noch so weit bewahrt, dass das ganze dritte Dermatom als zwischen dem zweiten und vierten eingeschaltet erscheint. Ein sehr abweichendes Verhalten treffen wir beim vierten Dermatom. In der Regio supra- elavieularis stößt dasselbe an das Dermatom des neunten Segmentes (ersten thorakalen Segment), von dem es doch ursprünglich als dureh Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 495 das fünfte bis achte getrennt gedacht werden muss. In der Regio nuchae und suprascapularis grenzen die Dorsaltheile des fünften und folgenden Dermatoms an den ventralen Theil des vierten. Ebenfalls ein Verhalten, das nur unter dem Einfluss stark modifieirender Vor- giinge sich hat einstellen können. Mit dem einfachen Hinweis auf diese Erscheinungen müssen wir uns hier begnügen. SchlieBlich gebe ich eine Tabelle, worin die metamere Anlage der Muskeln, welche sich ganz oder theilweise aus den vier oberen Halssegmenten differenzirten, übersichtlich angeordnet ist. Da ich in der Tabelle Bruchstücke von Daten vermeiden wollte, enthält dieselbe mehr Angaben als bis jetzt im Text beschrieben sind, da auch die weitere metamere Anlage aller Muskeln, welche zu einem oder mehreren der vier ersten Myotome in Bildungsbeziehung stehen, mit aufgenommen ist. Es ist dies aber nur der Vollständig- keit wegen gethan, wesshalb auf eine weitere Beprechung dieser Muskelgruppen in diesem Absatz verzichtet werden muss. Hypo- eee | 2 3. 4 >. 6. irs : Andeutung der Muskeln glossus- Myot. | Miyata [Eine myotomen Myot | Myot | Myot Zungenmuskulatur | + + | Genio-hyoideus +? + Thyreo-hyoideus Ee | Sterno-hyoideus + | | + + Omo-hyoideus Sterno-thyreoideus Diaphragma 'Sterno)-eleido-mast. Trapezius Rectus cap. ant. Rectus cap. lat. Longus capitis Longus colli Scalenus medius + Sealenus post. Scalenus ant. Scalenus min. Subelavius | Levator scapulae + ++ +++++ ++ + +444 +++ + +++ + +4+44++ Er +++ ar ++ 496 Louis Bolk B. Allgemeine Betrachtungen. Über den Bau des Plexus cervicalis. Dieser Plexus zeigt Eigenthümlichkeiten, wie sie sonst an keinem anderen Plexus des Spinalnervensystems wiedergefunden werden. Erstens kommt demselben schon durch die Anastomosirung seiner Elemente mit Cerebralnerven ein specieller Charakter zu. Diese Verbindungen weisen schon darauf hin, dass es keine scharfe Diffe- renzirungsgrenze zwischen Kopf und Halsregion giebt, dass das erste Segment in seiner oberen Grenze keine natürliche Limitirung zwi- schen Kopf und Hals darstellt. Zweitens charakterisirt sich der Plexus cervicalis durch die Weise, wodurch die Elemente der Cervical- nerven unter einander und mit den Cerebralnerven in Verbindung treten. Diese Verbindungsart verleiht dem Plexus cervicalis einen ganz anderen Aspekt, als wir es sonst bei einem Plexus des Spinal- nervensystems gewohnt sind. Das springt sofort bei Vergleichung eines Plexus brachialis oder lumbo-sacralis mit der Fig. 2, welche, so wenig wie möglich schematisirt, der Plexus cervicalis des von mir untersuchten Individuums wiedergiebt, in die Augen. Bei den übri- gen Plexus treten die Spinalnervenstämme in mehr oder weniger straff gespanntem Verlauf in spitzen Winkeln zusammen, lassen aus ihrer zusammengesetzten Masse specielle Muskelnerven austreten, um sich dann entweder direkt oder nach Bildung besonderer Stränge im Endstamme fortzusetzen. Bei dem Plexus cervicalis ist von einem Zusammentreten der Spinalnerven als Ganzes gar nicht die Rede. Schon bald nach dem Austreten aus der Wirbelsäule löst der Spinal- nerv sich in mehrere Aste auf, von welchen jeder für sich mit Ästen benachbarter Spinalnerven sich verbindet. Wir haben es bei dem Plexus cervicalis mehr mit einem Astplexus als mit einem Stamm- plexus zu thun. Die Ursache hierfür muss man in Differenzirungs- eigenthümlichkeiten der vier oberen Segmente suchen. Die folgende Erscheinung tritt bei dieser Differenz zwischen Plexus cervicalis und brachialis oder lumbo-sacralis in den Vordergrund. Wie wir später sehen werden, finden sich alle Derivate eines Myotoms, wie intensiv dasselbe sich auch differenzirt habe, mehr oder weniger mit einander in Zusammenhang. Die isomeren Muskeln reihen sich in bestimmter Richtung an einander an, ohne dass sich topographisch eine Lücke zwischen denselben findet. Das differenzirte Extremitätenmyotom stellt eine contigué Einheit dar. (Das achte und neunte Myotom bildet wohl Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 497 eine Ausnahme, worauf an geeigneter Stelle zuriickgekommen wird.) Etwas Derartiges findet sich aber bei den vier oberen Myotomen nicht. Die Muskelderivate sind in mehreren Gruppen gesondert, welehe ihrer Lagerung nach ganz von einander getrennt sind, nicht zusammenhängend in einander übergehen. Luftröhre und Ösophagus trennen z. B. die hypaxoniale und hypobranchiale Gruppe. Die Folge davon ist, dass die Elemente der Spinalnerven sich schon nahe der Wirbelsäule von einander trennen, da die Spaltung des Myotoms in Material für mehrere sich von einander entfernende Muskelgruppen, weiter die Wanderung einzelner Muskelindividuen eine frühe Auf- lösung der Spinalnerven zur Folge gehabt haben muss. Die jeder Gruppe eigenen Differenzirungsvorgänge, die darin stattfindende Mischung polymeren Muskelmaterials bedingten die Ent- stehung von Anastomosen zwischen den Spaltungsprodukten der Spinalnerven. Eine weitere Folge dieses Entwicklungsmodus war die fast vollkommene Trennung der motorischen und sensiblen Ele- mente der vier oberen Spinalnerven. Gemischte Nerveustiimme gehen aus diesem Plexus nicht hervor. Nur die Elemente für den M. sterno-cleido-mastoideus und Trapezius aus dem zweiten und dritten Spinalnerven verliefen eiue relativ lange Strecke mit Hautnerven zusammen. Allerdings spielt hier der Umstand eine Rolle, dass aus dem Plexus cervicalis Nervenstämme in eigentlichem Sinne nicht entstehen, da dieser Plexus ein mehr in die Breite ausgespanntes als ein in die Länge gezogenes Geflecht darstellt. Doch bleibt es immerhin merkwürdig, dass z. B. an die zur hypobranchialen Muskel- masse ziehenden Nerven keine sensiblen Elemente angeschlossen sind, wo wir doch an dem zum verwandten M. rectus abdominis ziehenden Spinalnervenaste derartige Elemente wohl antreffen. Durch die genannten Eigenthümlichkeiten lässt der Plexus cer- vicalis sich als aus mehreren Abschnitten zusammengesetzt betrachten. Und es ist nicht zutreffend, wie es in mehreren Handbüchern üblich ist (siehe z. B. VAN GEHUCHTEN, 30, pag. 363), zu sagen: es findet sich zwischen jedem der vier oberen Spinalnerven ein verbindender Ast, und auf diese Weise entstehe der Plexus cervicalis. Das ist nicht richtig. Dieser Plexus in toto ist aus eben so vielen selbstän- digen Schlingenbildungen zusammengc ctzt, als separirte anatomisch selbständige, periphere Bezirke von demselben innervirt sind. Von einer Trennung des Plexus cervicalis in einen dorsalen und ventralen Abschnitt, wie wir es für den Extremitätenplexus vermögen, kann hier also durchaus nicht die Rede sein. Andere Differenzirungsvor- Morpholog, Jahrbuch. 25. 33 498 Louis Bolk giinge in den Segmenten bedingten eine andere Anordnung der Spinalnervenäste, eine andere Form der Anastomosen. Wir können den Plexus cervicalis in folgende Untertheile trennen (vgl. Fig. 2). Ein Theil der Elemente innervirt die hypaxoniale Muskulatur. Dieselbe besteht aus straffen, zwischen je zwei Spinalnerven ausge- spannten, zarten Nervenschlingen. Die Nerven für den M. rectus capitis anterior und lateralis, obwohl keine Anastomosen mit den Nerven für das Longussystem bildend, lassen sich dieser Kategorie anreihen. Jene Fasern, welche aus dem fünften Spinalnerven die hypaxoniale Muskelgruppe innervirten, waren innig verbunden mit solchen, welche aus diesem Nerven zum M. scalenus anterior zogen. Eine zweite Reihe von Anastomosen im Plexus cervicalis wird mit dem N. accessorius gebildet. Es fanden sich bei meinem Prä- parat derartige Anastomosen zwischen den genannten Cerebralnerven und dem zweiten, dritten und vierten Spinalnerven. Die Züge aus dem zweiten und dritten, welche den dorsalwärts ziehenden Nerven eine Strecke weit angeschlossen waren und damit einen zwischen zweiten und dritten Spinalnerven liegenden Plexus bildeten, waren ziemlich dünne Bündelchen und blieben weit hinter dem Volumen des aus dem vierten Cervicalnerven zum N. accessorius ziehenden Ast zurück. Eine dritte Kategorie von Anastomosen besteht zwischen den Hautästen des zweiten, dritten und vierten Spinalnerven. Im Be- reiche des Plexus selber hängen die sensiblen Elemente dieser Spi- nalnerven nur wenig zusammen. So zogen mit nur einer einzigen Ausnahme die zahlreichen Hautäste des vierten Spinalnerven zur Peripherie, ohne sich mit Elementen des dritten oder fünften zu ver- binden. Subeutan bildeten sich mehrere Anastomosen zwischen den Hautästen. Die größte Selbständigkeit erreicht jene Anastomosenbildung, dureh die die hypobranchiale Muskulatur innervirt wird, die soge- nannte Ansa hypoglossi. Ich habe derselben meine besondere Auf- merksamkeit gewidmet. Denn obwohl in den Arbeiten von Hort und RorGAans mehrere Punkte mit Bezug auf ihre Zusammensetzung aufgeklärt sind, so blieben doch noch kontroverse Auffassungen übrig, welche ich durch Auffaserung der Ansa hypoglossi oder besser des Plexus hypoglosso-cervicalis (FÜRBRINGER) zu entscheiden hoffte. Ich werde desshalb etwas länger bei diesem Plexus stillstehen, und in die verschiedenen, sieh an denselben anknüpfenden Fragen an der Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 499 Hand meiner Dissektionsergebnisse tiefer eindringen. Was die me- tamere Zusammensetzung angeht, sei nur kurzweg darauf hinge- wiesen, dass bei meinem Individuum eben so der vierte Spinalnerv an der Ansa betheiligt war in der Weise, wie Fig. 5 genügend zeigt. Ich wende mich zuerst zu einer Erscheinung in der feineren Zu- sammensetzung des Plexus hypoglosso-cervicalis, welche mich durch ihre Eigenthümlichkeit besonders frappirt hat. Nervenfaserarcade zwischen den drei oberen Spinalnerven- stämmen und dem N. hypoglossus. Von den älteren Anatomen ist die Frage nach dem Vorkommen von sogenannten endlosen Schlingen im Nervensystem eine vielfach geprüfte, nachdem VoLKMANN (81, pag. 510 ff.) zum ersten Male die Aufmerksamkeit auf dieselben gelenkt hat. Während BiscHorr, ARNOLD, REMAK und besonders Hyrri das Vorkommen derselben mit mehreren Beispielen glaubten bestätigen zu können, lehnt Va- LENTIN das Vorkommen derselben ab, und nennt HExLE dergleiche Nervenanastomosen physiologisch und anatomisch paradox. In dem Sinne, wie genannte Anhänger die endlose Schlinge aufgefasst haben: Faserbündel, welche zwei Stellen des centralen Nervensystems ver- einten — und peripheren Nervenbahnen angeschlossen waren, — war der Zweifel an ihnen gerechtfertigt. Fast alle angeführten Beispiele sind mit der Zeit auf etwas komplieirten Faserverlauf zurückgeführt worden. Mit zwei derselben ist dasselbe aber nicht der Fall. VOLKMANN (I. e.) hat zuerst auf einen Faserzug gewiesen, welcher vom dritten Halsnerven abstammt und längs der Bahn des Nervus accessorius centripetalwärts wieder dem Centralnervensystem zu- strebt. HyekrL (Nat. hist. Review Jan. 1863, pag. 95) erwähnt einen Nervenast, welcher vom ersten Halsnerven sich dem Hypo- glossusstamme anlegend, zur Medulla oblongata zieht. BISCHOFF (9, pag. 32), und Hour (38, pag. 88) bestätigen das Vorkommen letztgenannter Anastomose, welche von RoTGANs, der einen sehr werthvollen Beitrag zur Kenntnis der vier letzten Hirnnerven ge- liefert hat, konstant genannt wird (61, pag. 37). Die VoLKMANN- sche Anastomose vermisste ich an meinem Präparat. — Von den Faserzügen, welche aus den Cervicalnerven dem N. accessorius. zustrebten, nahm nur ein Theil, jener des zweiten, einen centripe- talen Verlauf. Derselbe bog sich aber in Muskelzweige für den 33* 500 Louis Bolk M. sterno-eleido-mastoideus um. Von einem centripetalen Verlaufen von Fasern des dritten Cervicalnerven längs dem Accessoriusstamme war keine Rede. Dagegen konnte ich mit Bestimmtheit die Anwesenheit eines Faserbündels konstatiren, das vom dritten Spinalnerven, längs der Bahn des aus diesem Spinalnerven stammenden Nervus descendens zum caudalen Geflecht der Ansa hypoglossi zog, in demselben den in Fig. 5 angegebenen Verlauf nahm, und längs der Bahn des N. cervicalis descendens des zweiten Spinalnerven wieder centri- petalwärts verlief. Ich konnte diesen Faserzug bis zu der Stelle ver- folgen, wo ich den zweiten Cervicalnerv abgeschnitten hatte, d. h. im Foramen intervertebrale. Das Faserbündel bildete also eine geschlossene Arcade zwischen dem zweiten und ersten Foramen intervertebrale. Ich habe eine Erwähnung dieser Schlinge in der Litteratur nicht finden können. Eine planmäßige Auflösung der Ansa hypoglossi ist aber bisher nur noch sehr wenig geübt, — viel- leicht fand sich etwas Derartiges in dem Präparat vor, das Hou. 38, pag. 93 beschreibt. Aber nicht nur war ein solcher Faserzug zwischen dem dritten und zweiten Cervicalnerven zu konstatiren, sondern eben so zwischen dem zweiten und dem ersten, und zwischen dem ersten und dem N. hypoglossus. Diese letzte von HyrRrL zuerst beschriebene, von Roreans konstant genannte Anastomose, war desshalb auch in meinem Präparat anwesend. Die Zusammensetzung dieser Verbin- dungen war aber nicht so einfach als jene zwischen dem dritten und zweiten Cervicalnerven. Aus einem rostralen Aste des zweiten Spinalnervenstammes, der an der Bildung der Ansa hypoglossi Theil nahm, entsprang aus einem ziemlich komplieirten Geflecht eine wahre »Anastomosis mutua« im Sinne VALextiw’s, ein Ästehen, das eine Strecke weit längs dem caudalen Aste des ersten Cervicalnerven eine centripetale Richtung einschlägt (Fig. 5). Ein Theil seiner Fasern biegt sich in dem Stamme des ersten Cervicalnerven um, und war darin bis zur Stelle, wo ich denselben abgeschnitten hatte (Ganglion intervertebrale primum), zu verfolgen. Ein anderer Theil verlief weiter centralwärts und strebte dem Hypoglossusstamme zu. Eine Partie desselben nahm unter der peripheren Verbindung zwischen Cervicalis I und Hypoglossus ihren Verlauf, und erreichte selbständig diesen Nervenstamm, eine andere Portion verlief über der erwähnten Verbindung und verband sich mit den Fasern, welche vom ersten Cervicalnerven centripetalwärts zum Hypoglossus ver- Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 501 liefen, und mit Fasern, welche zwischen Hypoglossus und Ganglion supremum des N. sympathicus ausgespannt waren. Im Stamme des Hypoglossus konnten diese Fasern bis zur Abtrennungsstelle (For. hypoglossi) verfolgt werden. RorGAans fand die centralwärts ver- laufende Anastomose zwischen Hypoglossus und Cerviealnerven bei 27 menschlichen Präparaten wieder — hat aber über ihre spinale Her- kunft nicht weiter nachgeforscht, beschreibt dieselbe im Allgemeinen als vom N. cervicalis I herrührend, was sie dem Anschein nach auch ist. Über die Art der beschriebenen Arcaden vermag ich nichts Weiteres beizubringen. Dass es sogenannte »Schlingen ohne Ende« im Sinne von HyYRTL waren, hat nur einen geringen Grad von Wahr- scheinlichkeit, da bei meinem Individuum die Möglichkeit bestand, dass die Fasern im Canalis vertebralis sich mit Accessoriuswurzeln verbanden, um mit diesem Nerven wieder peripherwärts zu ver- laufen. — Derartige von Ascu (3) zuerst aufgedeckte Anastomosen finden sich doch fast bei jedem Individuum in wechselnder Zahl und Art. Weiteres darüber findet sich z. B. bei Hour (39, pag. 502 ff.) und in der vorzüglichen Abhandlung von Beck (6), der die ver- schiedenen Modifieirungen dieser Anastomosen als auf einander fol- gende Phasen eines einheitlichen Differenzirungsprocesses erkannte. Dass die gefundenen Arcaden mittels dieser Anastomosen peripher im Accessoriusstamme umbogen, ist vor der Hand wahrscheinlicher als die Annahme, dass dieselben wieder ins Centralnervensystem zuriickkehrten. Wohl sagt RorGans mit Beziehung zur Arcade zwischen Hypoglossus und N. cervicalis I, dass dieselbe nicht in die Accessoriuswurzeln übergehen konnte, da sie im Hypoglossus- stamme bis zur Medulla oblongata verfolgt werden konnte. Aber damit war nur eine Verbindungsstelle mit dem Centralnervensystem festgestellt, postulativ wurde dabei vom Autor angenommen, dass das so verfolgte Faserbündel schon mit dem ersten Cervicalnerven aus der Medulla ausgetreten war — wie es auch die Ansicht von HyrTL war. Aber die Verlaufsrichtung kann gerade umgekehrt gewesen sein. Austretend mit dem Hypoglossus aus der Medulla oblongata können die Fasern abwärts verlaufen, sich mit dem ersten Cervi- calnerven verbinden, im Canalis vertebralis zurückkehren, und sich mit Accessoriuswurzeln vereinigen. Dieselben Überlegungen gelten für die übrigen umschriebenen Arcaden. Ob die diesbezügliche z. B. vom zweiten Cervicalnerven abwärts zum dritten verläuft, oder vom "dritten aufwärts zum zweiten, ist nicht zu entscheiden. Nur 502 Louis Bolk eine Untersuchung mit Behaltung der Wurzelverbindungen vom Canalis vertebralis vermag die Frage zu lösen. Ich wende mich jetzt zur Besprechung der eigentlichen Plexus hypoglosso-cervicalis. Die Tektonik des Plexus hypoglosso-cervicalis und sein peripheres Gebiet. Die spinale Innervation unterrichtet uns allein über die Myo- tome, aus denen der eine oder andere Muskel sich differenzirt hat. Daneben können wir die Anordnung des peripheren Nervensystems, die gegenseitigen Beziehungen von Bündeln aus benachbarten Spinalnerven zu Hilfe ziehen, um uns genauer zu unterrichten über den Differenzirungsprocess verwandter Muskeln im Allgemeinen, und über die Entwicklungsphasen, welche die einzelnen Muskeln von ihrer Entstehung aus der indifferenden Muskelmasse ab bis zu ihrer definitiven Lagerung und Ausbildung durchliefen. Die definitive Zusammensetzung des peripheren Nervensystems, die interne Tek- tonik eines Plexus, ist die kondensirte Entwicklungsgeschichte ihres peripheren Ausbreitungsgebietes. Jedes Faserbündel, das sich im Plexus oder Nervenstamme von seinen Gefährten loslöst, um sich an andere anzuschmiegen, ist -ein Wort in dieser langen Ge- schichte. Wenn wir von jedem Muskelnerven genau erforschen könnten, an welche andere Muskelnerven er sich im gemeinschaft- lichen Stamme zeitlich anlegt, wo und wie (ganz oder theilweise) er seinen ersten Genossen verlässt, mit welchen und auf welche Weise er mit anderen in nähere Beziehung tritt, und besonders, wie seine Lagerungsverhältnisse im Plexus sind — wenn wir das Alles für jeden Muskelnerven speciell nachforschen könnten, dann wären wir damit zur fast vollkommenen Kenntnis des Differenzirungsprocesses des Muskelsystems bei einem Individuum gelangt. Ist schon an sich die Bestimmung des centralen Anfangspunktes eines Muskel- nerven äußerst schwierig, so fällt eine Aufgabe, wie oben beschrieben, zur Zeit noch dem Gebiete der pia vota zu. Die Ansa hypoglossi stellt sich diesem Wunsche noch am giinstigsten gegenüber. Ihre Tektonik lässt sich in allgemeinen Verhältnissen erkennen, zeigt uns aber zugleich eine Plexusbildung, deren Ebenbild man am Spinalnervensystem nicht wiederfindet. Da sich so manche Fragen an dieselbe festkniipfen, ist es nothwendig, über die Entwicklung unserer Kenntnis dieses Gebildes Einiges einzuschalten. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 503 Die älteren Anatomen hielten die Ansa hypoglossi einfach durch die Anastomose des Ramus descendens des Zungenfleisch- nerven mit dem N. descendens aus dem Plexus cervicalis gebildet, also durch eine Verflechtung von Hypoglossus- und Spinalnerven- fasern. Mit Bach (4) ändern sich die Ansichten. Dieser Autor sprach die Meinung aus, dass der Ramus descendens hypoglossi aus jenen Fasern des ersten und zweiten Cervicalnerven besteht, welche sich mit dem Hypoglossusstamme, kurz nach dessen Austritte aus dem Canalis hypoglossi, verbinden. VALENTIN (50, pag. 520) accep- tirt nur theilweise diese Auffassung, indem er sagt, dass neben den spinalen Nervenfasern sich immer legale Hypoglossusfasern im Ramus descendens dieses Nerven befinden. Diese Ansicht wird getheilt von ARNOLD (2, II, pag. 838), E. BıscHorr (9, pag. 32), RUDINGER (62, pag. 62), SAPPEY (69, III, pag. 371). VoLKMANN kommt auf experimentellem Wege zu dem Schluss, dass im R. descendens hypoglossi ausnahmsweise eigene Hypoglossus- fasern verlaufen, in der Mehrzahl der Fälle aber nicht. HorLL (38, pag. 93) und Roreans (61, pag. 40) schließen sich wieder ganz der Ansicht von Bacu an, und sprechen in jedem Falle dem R. descendens hypoglossi Fasern dieses Nerven ab, welche Ansicht sich auch in den neueren Handbüchern findet. Sehen wir von den älteren Anatomen ab, so giebt es drei Ansichten: 1) der Ramus descendens hypoglossi enthält immer nur Spinalfasern, 2) er ent- halt neben Spinalfasern immer legale Hypoglossusfasern, 3) er ent- halt ausnahmsweise Hypoglossusfasern. Für die weiteren Auseinandersetzungen erweist es sich als zweckmäßig, jenes Nervenbündel, das sich aus den oberen Cervical- nerven zusammensetzt, an den Hypoglossusstamm sich anlegt und mit demselben peripherwärts zieht, mit einem besonderen Namen zu bezeichnen. Ich wähle dafür den Namen »Nervus comitans«. Bei meinem Präparat bog sich ein Theil der Fasern des N. comitans in den R. descendens hypoglossi um. Kommt also durch die Herkunft eines Theiles seiner Fasern diesem Ramus schon eine besondere Stellung zu, so ist daneben noch eine ganz besondere Eigenthümlichkeit in der Verlaufsrichtung der übrigen denselben zusammensetzenden Fasern gegeben. Während die Fasern, welche durch den Nervus comitans dem R. descendens hypoglossi zugeführt werden, darin abwärts verlaufend zu den vorderen Halsmuskeln gehen, verläuft ein Theil der Fasern, welche im Nervus descen- dens des Plexus cervicalis enthalten waren, in dem R. descendens 504 Louis Bolk hypoglossi wieder aufwärts, um in suprahyoidealen Muskeln zu. enden. Es war, wie ich glaube, VoLKMANN (I. c. pag. 513), der auf Grund seiner Experimente zuerst den entgegengesetzten Verlauf der Fasern im R. descendens hypoglossi entdeckte. BiscHOFF unter- scheidet ebenfalls schon ein ascendirendes und ein descendirendes Bündel. — Eine umfassendere Untersuchung über diese Frage, sowie über die ganze Ansa hypoglossi verdanken wir Hour. Bis auf diesen Autor meinten die anatomischen Forscher, dass der N. hypo- glossus, wenn er seinen Ramus descendens abgegeben hat, aller Cervicalfasern verlustig gegangen wäre, dass also der N. comitans sich ganz im R. descendens umböge, und weiter, dass die im R. des- cendens hypoglossi ascendirenden Cervicalnervenfasern nur sub- hyoideale Muskeln innervirten. Desshalb lautete im Allgemeinen der Satz: Die suprahyoidealen Muskeln und der M. thyreo-hyoideus wurden vom Hypoglossus innervirt, die subhyoidealen Muskeln, mit Ausnahme des genannten, von Cervicalnervenfasern. Das Irrige in dieser Auffassung hat HoLL nachgewiesen, indem er behauptete, dass erstens der N. comitans sich nicht ganz im R. descendens hypoglossi umböge, sondern ein kleiner Theil seiner Fasern dem Hypoglossus bis zur Peripherie angeschlossen bliebe, und zweitens, dass die ascendirenden Fasern im R. descendens hypoglossi nicht alle in den subhyoidealen Muskeln endeten, sondern theilweise den Hypoglossusstamm erreichten, sich in denselben peripherwärts bögen und den M. thyreo-hyoideus und M. genio-hyoideus erreichten. Hott entnahm also diese beiden Muskeln dem Hypoglossusgebiet. Diese beiden Befunde von HoLL sind von Ror@Ans bestätigt, der den M. thyreo-hyoideus vom zweiten oder dritten Cervicalnerven innerviren lässt, für den M. genio-hyoideus aber auch Hypoglossus- fasern zugiebt (l. c. pag. 41 und 42). Früher hat schon VOLKMANN auf Grund seiner Experimente eine Innervation beider Muskeln durch Cervicalnerven zugegeben. — Zum Schlusse ist von Hott und Roreans noch die Frage be- rührt, ob von den suprahyoidealen Muskeln nur der Genio-hyoideus von Cervicalnerven innervirt wird; denn beide Forscher konstatirten noch Spinalfasern im Hypoglossusstamme nach Abgabe der Muskel- iste zum Genio-hyoideus. HoLL erklärt diese Fasern für sensibel, »weil ja die Zungenmuskulatur hinlänglich reich mit motorischen Nerven vom Hypoglossus versorgt wird«, eine Argumentation, die wohl von Niemand als überzeugend angesehen werden kann. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 505 Rorsans erklärt diese Fasern für motorisch, ohne nähere Angabe, welche Zungenmuskeln von ihnen innervirt sind. Diese Auffassung stimmt mit der VoLKMANN’schen Beobachtung überein, dass bei centraler Reizung des R. descendens hypoglossi nicht nur der M. genio-hyoideus sondern auch der M. genioglossus und hyoglossus zucken. en Fie. 5. Der Faserverlauf im Plexus hypoglosso-cervicalis. Prüfen wir nach dieser historischen Übersicht die Zusammen- setzung des von uns aufgelösten Plexus hypoglosso-cervicalis an den Ansichten der Autoren. — Es muss vorab auf die etwas abweichende Form der Anastomosenbildung zwischen Hypoglossus und Cervical- nerven bei meinem Präparat hingewiesen werden. Der N. comitans nämlich entsteht nach der üblichen Angabe der Autoren aus einer Anastomose von Fasern des ersten und zweiten Cervicalnerven. Dieses traf in so weit bei meinem Präparat nicht zu, als dass sich der Nerv in einen rostralen und einen caudalen Zug gespalten hatte, 506 Louis Bolk wovon der rostrale Theil als selbstiindiger Ast des ersten Cervical- nerven sich direkt dem N. hypoglossus anlegte, der caudale Theil, aus Fasern von Cervicalis I und II zusammengesetzt, dem Hypoglossus parallel verlief, um sich selbständig mit dem R. descendens hypo- glossi zu vereinigen. Dieser Zustand, welcher als individuelle Va- riation sehr werthvoll ist, ist aber für die Beurtheilung des Faser- verlaufes in dem Plexus hypoglosso-cervicalis von unwesentlichem Interesse. Wenn man sich in Fig. 5 den dem Hypoglossus in “einiger Entfernung parallel verlaufenden Faserzug mit jenem Cer- 'viealfaserzug, welcher direkt dem N. hypoglossus anliegt, verschmol- zen denkt, dann hat man das Bild eines »normalen« Plexus hypo- glosso-cervicalis. So vorgestellt, ist der N. comitans zusammengesetzt aus Fasern von Cervicalis I und Cervicalis II und verhält sich folgenderweise zum Hypoglossusstamme. Gelagert am konvexen Rande des Nerven, schickt er bald einen Theil seiner aus Cervicalis I stammenden Fasern über die vordere Fläche desselben. Dieses Faserbündel beschreibt eine Spiraltour um den Hypoglossustamm und giebt auf diesem Wege allmählich den größten Theil seiner Elemente an den Hypoglossus ab. Diese Elemente konnten ihrer Feinheit und innigen Verkittung mit Hypo- slossusfasern wegen nicht weiter verfolgt werden. Seine restirenden Fasern verbinden sich wieder an dem konvexen Rande des Nerven mit dem N. comitans. Somit erscheint der N. hypoglossus wie ring- förmig von Fasern des ersten Cervicalnerven umfasst, eine Erschei- nung, deren Analogon mir bei meinen Nervendissektionen bisher nicht begegnet ist. Eine Strecke weiter gab der N. comitans dem N. hypoglossus wieder aus Cervicalis I stammende Fasern, welche sich fächerförmig über die Außenfläche des Nerven ausbreiteten, um sich unentwirrbar mit dessen Fasern zu verbinden. Sodann bog sich ein Theil der Fasern aus Cervicalis I, und (denkt man sich den caudal gelagerten, dem Hypoglossus parallel verlaufenden Zug dem Hypoglossus ange- schlossen) eben so des zweiten Cervicalnerven nach abwärts zur Bil- dung des »Fasciculus descendens« des Ramus descendens hypoglossi. Der iibrig bleibende Theil des N. comitans, aus Fasern von Cervi- calis I und Cervicalis II zusammengesetzt, verlief weiter mit dem Hypoglossus peripherwärts, nahm die aus Cervicalis II stammen- den Fasern des »Fasciculus ascendens« rami descendentis hypoglossi auf, und innervirte mit Elementen von beiden Spinalnerven den M Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 507 thyreo-hyoideus und M. genio-hyoideus. Letztgenannter Muskel bekam aber noch Fasern, welche nicht direkt vom N. comitans ableitbar waren, scheinbar also dem N. hypoglossus entstammten. Die Mög- lichkeit bestand aber, dass es ein Theil der früher abgelösten Spinal- fasern waren, dessen Schicksal nieht weiter verfolgt werden konnte. Die Litteraturangaben über die Innervation dieses Muskels sind, wie oben schon gesagt, strittige. Während Hexte (32) und Krause (45) den Muskel ausschließlich vom N. hypoglossus innervirt sein lassen, Hott ausschließlich von Cervicalnerven, lässt Roraans den Muskelnerv aus beiden Quellen stammen. Aus Obenstehendem folgt mit Sicherheit, dass die Annahme von HENLE und Krause unrichtig, dass aber eine Entscheidung zwischen Hou und Roreans auf Grund des von mir Beobachteten nicht möglich ist. Ich schließe mich aber der Meinung von RoTGANS an, und zwar desshalb, weil das Faser- bündel zum M. genio-hyoideus, welches sich nicht auf den N. comi- tans zurückführen ließ, ein ziemlich kompaktes war, während jene Fasern, welche vom N. comitans in den N. hypoglossus übergegangen waren und deren Schicksal nicht weiter verfolgt werden konnte, sich sehr diffus zwischen den Hypoglossusfasern einschoben. Wie auch Horn und Roreans gefunden hatten, war nach Ab- gabe dieser Muskeläste an den M. thyreo-hyoideus und genio-hyoideus der N. comitans noch nicht erschöpft. Obwohl ein Verfolgen zur Peripherie gänzlich unmöglich war, weil die Fasern sich als schmäch- tige Filamentchen zwischen den Hypoglossusfasern einschoben, war es doch nachzuweisen, dass dieselben nur aus Cervicalis I stammten, da alle Fasern aus Cervicalis II sich in die genannten Muskeläste umgebogen hatten. Der »Fasciculus descendens« rami descendentis hypoglossi, der, wie aus der Beschreibung folgt, nur aus Spinalfasern zusammenge- setzt war und keine legalen Hypoglossusfasern beherbergte, inner- virte den M. omo-hyoideus (oberen Bauch) und die Mm. sterno-thy- reoideus und sterno-hyoideus, doch nur bis zur früher erwähnten Inseriptio tendinea. Die genannten Muskeln erlangten längs diesem Fasciculus Elemente von den beiden oberen Spinalnerven. Ein Theil der Fasern für den M. sterno-hyoideus durchsetzte den M. omo-hyoi- deus und bildete zusammen mit von abwärts aufsteigenden Fasern einen kleinen Plexus. Der N. comitans innervirte also bei meinem Präparat alle sub- hyoidealen Halsmuskeln, und von den suprahyoidealen mit Bestimmt- heit den Genic-hyoideus und die daneben unbekannt gebliebenen 508 Louis Bolk Zungenmuskeln. Denn dass ich mich contra Hot mit Roreans für die motorische Natur der nicht weiter verfolgten Fasern vom N. comitans ausspreche, beruht auf folgender Überlegung. In der be- kannten Weise senden der zweite, dritte und vierte Cervicalnery ihre sensiblen Fasern alle um den M. sterno-cleido-mastoideus zum peri- pheren Ausbreitungsgebiet. Ein Analogon für den die Rumpfnerven charakterisirenden Ramus eutaneus anterior fehlt aber den genannten Cervicalnerven. Führte nun, wie HorL will, der erste Cervicalnerv sensible Fasern in der erwähnten Weise zur Nachbarschaft der ven- tralen Medianlinie, war also das Analogon eines Ramus cutaneus anterior bei dem ersten Cervicalnerven wohl anwesend, dann miisste man denselben eben so bei dem zweiten bis vierten erwarten. Es beherrscht doch derselbe Differenzirungsprocess das Gebiet dieser vier Nerven. Aber weder der zweite noch die beiden folgenden senden sensible Fasern liings des Plexus hypoglosso-cervicalis zur ventralen Medianzone. Auch der giinzliche Mangel an anderweitigen sensiblen Fasern im ersten Cervicalnerven spricht sehr gegen die Horr’sche Deutung. Wir haben nicht einen triftigen Grund zu der Annahme, dass die in Rede stehenden Fasern sensibler Natur waren. Alles spricht dagegen dafür, dass dieselben motorisch waren, besonders wenn wir die Phylogenese der Zungenmusku- latur näher ins Auge fassen. Überdies stützen die VoLKMANN’schen Experimente die von Rore@ans und mir verfochtene Ansicht, dass die Zungenmuskulatur nieht allein vom zwölften Hirnnerven inner- virt ist. Der zweite, den Plexus hypoglosso-cervicalis zusammensetzende Nerv, der Nervus descendens e plexu cervicale (Autorum), war bei meinem Präparat verdoppelt. Ein selbständiger N. descendens bil- dete sich aus dem zweiten Cervicalnerven und zog abwärts, um erst in dem, caudal der Ansa hypoglossi anhängenden Geflechte mit dem zweiten N. descendens in Verbindung zu treten, welcher aus Fasern des dritten und vierten Cervicalnerven zusammengesetzt war. Ich weise hier auf die Eigenthümlichkeit hin, dass der N. des- cendens e plexu cervicale in einem Geflechte verdoppelt ist, in dem eben so der N. comitans nicht zu einem einzigen Zug zusammen- geflossen war. Es sind also die beiden Komponenten des Plexus hypoglosso-cervicalis, der N. comitans und der N. descendens e plexu cervieale gleichzeitig gespalten. Diese Koincidenz verleiht vielleicht dem von mir beschriebenen Plexus hypoglosso-cervicalis bei einer eventuellen Untersuchung der individuellen Variationen dieses Plexus Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 509 einen nicht geringen Werth; besonders noch, wenn man in Erwägung zieht, dass auch der vierte Öervicalnerv an der Zusammensetzung des Plexus betheiligt war — ein Zustand, der von HENLE als seltene Ausnahme angesehen wird. Obgleich durch diese natürliche Locke- rung mein Plexus ein abnormes Aussehen erlangte, erleichterte die- selbe, nicht unwesentlich die artificielle Auffaserung. Der caudale N. descendens e plexu cervicale schickte, wie oben beschrieben, einen Theil seiner aus dem dritten Cervicalnerven stam- menden Fasern zum ersten Foramen intervertebrale zurück, der übrige Theil innervirte die Portionen der hypobranchialen Musku- latur, welche caudal von den Zwischensehnen gelagert waren, und schiekte einen Ast zum N. phrenicus. Die Elemente des vierten Cervicalnerven zogen theilweise zum M. sterno-thyreoideus, theilweise bogen sie sich in dem Aste zum Phrenicus um. Der aus dem zweiten Cervicalnerven entstehende N. descendens e plexu cervicale verzweigte sich in folgender Weise. Dort, wo er die Halsgefäßscheide passirte, ging er mit einem Theil seiner Fa- sern in den mit Hilfe von Elementen aus Cervicalis III und Cervi- calis IV gebildeten Plexus über, und verzweigte sich in den Sterno- thyreoideus, sterno-hyoideus und omo-hyoideus. Ein anderer Theil seiner Fasern verlief aufwärts als Fasciculus ascendens mit dem Fasciculus descendens aus dem N. comitans, um den R. descendens nervi hypoglossi zusammenzusetzen. Dieser Fasciculus ascendens innervirte alle subhyoidealen Muskeln, gelangte zum Hypoglossus- stamme, wo er sich in der beschriebenen Weise mit dem N. comi- tans zur Innervirung des M. thyreo-hyoideus und M. genio-hyoideus verband. Fassen wir einmal kurz die Ergebnisse unserer Dissection des Plexus hypoglosso-cervicalis zusammen, so hat sich Folgendes ge- zeigt. Der N. hypoglossus innervirt nur suprahyoideale Muskeln. Fraglich aber wahrscheinlich war es, dass Hypoglossusfasern zum M. genio-hyoideus gelangten. Die Cervicalnerven innerviren alle subhyoideale Muskeln, den M. genio-hyoideus, und außerdem mittels des N. comitans unbekannt gebliebene Zungenmuskulatur. Die spinalen Elemente für die Zungenmuskeln kamen aus dem ersten Cervicalnerv, jene für den M. genio-hyoideus aus dem ersten und zweiten. Der N. comitans spaltet einen Fasciculus descendens ab, welcher jenen Theil der subhyoidealen Muskulatur innervirt, der oberhalb der Inscriptiones tendineae oder der Zwischensehne im Omo-hyoideus sich befindet. Sein Fasciculus anterior innervirt 510 Louis Bolk Zungenmuskeln, den M. genio-hyoideus und M. thyreo-hyoideus. Der N. descendens e plexu cervicale innervirt mittels seines Fasciculus ascendens alle subhyoideale Muskeln und den M. genio-hyoideus. Der Ramus descendens hypoglossi ist aus dem Fasciculus descendens des N. comitans und dem Fasciculus ascendens des N. descendens e plexu cervicale zusammengesetzt. — Zwischen den Austrittstellen der segmentalen Komponenten des Plexus hypoglosso-cervicalis finden sich periphere Nervenarcaden unbekannt gebliebener Natur. — Mehr rostrale Muskelpartien sind von mehr rostralen segmentalen Kom- ponenten innervirt, obwohl eine Fusion von Material benachbarter Myotome stattgefunden hat. Es gestatten die dargestellten Auffaserungsergebnisse des Plexus hypoglosso-cervicalis Rückschlüsse auf die ontogenetische Differen- zirung der hypobranchialen Muskulatur. Überdies sind wir in den Stand gesetzt, von unserem Standpunkte aus die Frage nach einem eventuellen Zusammenhang zwischen dieser Gruppe und der Zungen- muskulatur zu beleuchten. In dieser Richtung bringt die Analysirung des Plexus hypoglosso-cervicalis nur eine Bestätigung der Ansichten, zu denen in den letzteren Jahren alle Embryologen mit Ausnahme von His gelangt sind. Die embryologischen Befunde z. B. von Cor- NING (14), VAN BEMMELEN (7) und MOoLLIER (50, 51) brachten ihrer- seits die Bestätigung dessen, was seitens der vergleichenden Ana- tomie schon lange vorher behauptet war. Ich brauche auf den Inhalt dieser Arbeiten nicht einzugehen und begnüge mich mit dem Hinweis auf das Referat von von Kuprrer in den »Ergebnissen« von MERKEL und Bonner (Bd. V) mit Bezug auf die entwicklungs- geschichtliche Litteratur und ganz besonders auf die vorzügliche und inhaltsreiche vergleichend-anatomische Arbeit von FÜRBRINGER in der Festschrift für GEGENBAUR (27), in welcher die Zusammengehörigkeit der Zungen- und hypobranchialen Muskulatur wohl aller Zweifel enthoben wird. Aus meinen Ergebnissen werde ich nur auf folgende Thatsachen weisen, welche dieser Zusammengehörigkeit eine neue Stütze verleihen, nämlich dass beim Menschen Elemente des ersten Rumpfmyotoms in die Zungenmuskulatur übergegangen sind — und dass es einen Muskel giebt, der sich aus dem ersten und zweiten Rumpfmyotom und zugleich mit großer Wahrscheinlichkeit aus Hypo- glossusmyotomen bildet, d. i. der M. genio-hyoideus. — Aus diesen Thatsachen darf man ohne Weiteres wohl nicht schließen, dass auch die übrige Zungenmuskulatur sich phylogenetisch von spinaler Mus- kulatur herleiten lässt. Aber dass wir Rumpf- und Hypoglossus- Die Segmentaldifferenzirung des mensch]. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 511 myotome gemeinschaftlich am Aufbaue gewisser Muskelindividuen thätig finden, ist doch für die Entscheidung dieser Frage eine nicht unwichtige Thatsache. Die Grenze zwischen Kopf- und Rumpfmyotomen geht also wäh- rend der Entwicklung in dem ventralen Abschnitt verloren. Die ventrale Muskelgruppe stellt sich in dieser Hinsicht in einen be- stimmten Gegensatz zu der aus einem mehr dorsalen Niveau sich bildenden Kopf-Schultermuskulatur, da sich hier, wie wir sehen werden, eine segmentale Unterbrechung zwischen dem von den Rumpfmyotomen herstammenden und dem aus dem Kopfgebiete stammenden Material dieser Muskelgruppe findet. Es besteht eine segmentale Kontinuität in der differenzirten Zungen- und hypobran- chialen Muskulatur nicht in der Art, dass die Grenze zwischen beiden gerade zwischen das letzte Hypoglossusmyotom und das erste Rumpfmyotom fällt, sondern die Grenze zwischen dem Bil- dungsniveau beider Gruppen geht durch das erste Rumpfmyotom. Der Verlauf der Grenze zwischen Hals- und Zungenmuskulatur macht die Zusammenfügung von Fasern des ersten und zweiten Cervicalnerven (des N. comitans) mit dem Hypoglossusstamme be- greiflich, aber zugleich warnt sie vor zu aprioristischen Aussprüchen mit Bezug auf die Nervenverhältnisse in diesem Gebiet. Denn wo wir in jedem ein und denselben Entwicklungsprocess durchlaufenden Gebiet auf individuelle Variationen stoßen, so wird das auch hier der Fall sein. Es ist dadurch die Möglichkeit gegeben, dass kon- traktile Elemente von Hypoglossusmyotomen sich ausnahmsweise in einem der subhyoidealen Muskeln wiederfinden lassen, in welchem Falle also legale Hypoglossusfasern in den Ramus descendens hypo- glossi übergehen werden, ein Zustand, der wohl von Ho. für unmöglich erklärt, von Roreans angezweifelt wird, aber von den älteren Anatomen ausdrücklich betont, durch die Experimente von VOLKMANN bewiesen, und durch den gemeinschaftlichen Differen- zirungsproeess der oberen Halsmyotome und Hypoglossusmyotome begreiflich ist. Ich erinnere dabei an die Mittheilung von Fir- BRINGER (27, pag. 509), dass bei nahe verwandten Vögeln der Ramus descendens bald nur vom N. hypoglossus, bald vorwiegend von diesem, aber auch von spinalen Nerven, bald überwiegend von letzteren gebildet wird. Während der Differenzirung der hypobranchialen Muskulatur muss auch beim Menschen eine nicht geringe Durcheinandermischung von Myotomenmaterial stattgefunden haben, wie es auch von Cor- 512 Louis Bolk nınG (l. ¢.) bei Embryonen von Tropidonotus beobachtet ist. Denn während doch ursprünglich das ganze zweite Myotom caudal vom ersten gelagert war, findet man im ausgebildeten Zustande, in dem- selben Muskelkomplex Derivate des zweiten Myotom rostral von jenen des ersten gelagert. In den R. descendens hypoglossi finden sich Fasern des ersten Cervicalnerven absteigend zu tiefer befind- lichen Muskelportionen, solche des zweiten aufsteigend zu höher gelegenen Bezirken. Es müssen desshalb die beiden Myotome mit ihrer Ventralkante nach einander zugewachsen sein und sich dureh- mischt haben. Dass diese Fusion eine ziemlich intensive gewesen sein muss, schließe ich aus dem Umstand, dass mit nur einer ein- zigen Ausnahme jedes in die Muskeln eintretendes Ästehen poly- spinaler Natur war. Die Fusion von Theilen des ersten und zweiten Myotoms muss erfolgt sein, bevor diese Elemente sich am Visceralskelette fest- hefteten, denn man findet sowohl in den supra- als auch in den subhyoidealen Muskeln Elemente beider Myotome. Eine Fusion nach stattgefundener Festheftung lässt sich schwerlich annehmen. Diese Thatsache beweist aufs Neue, dass die Beziehungen zwischen Rumpfwandmuskulatur und Visceralskelet nur sekundäre sein können. Der theils aufwärts, theils abwärts gerichtete Verlauf vou Nerven- fasern im R. descendens hypoglossi ist verständlich durch, und wirft umgekehrt Licht auf ontogenetische Vorgänge, denen der ventrale Theil der ersten Halsmyotome unterworfen war. Aber gerade diese Vorgänge machen uns das Vorkommen des Plexus hypoglosso- cerviealis in der Anordnung, wie wir denselben beim Menschen beobachten, desto unverständlicher. Denn wo die Mischung des polymeren Materials eine so innige ist, konnte man doch eher erwarten, dass die Muskeln aus einem einzigen zusammengesetzten polyspinalen Nervenstamme innervirt wurden. Je hochgradiger zwei Myotome oder Theile derselben durch einander wachsen, desto enger werden sich die beiden Spinalnerven ganz oder theilweise zu einem Tractus vereinen, und eine Innervirung durch einen zusammen- gesetzten Nerv die Folge sein. Bei der hypobranchialen Muskulatur sehen wir aber das Gegen- theil. Betrachtet man Fig. 5, dann sieht man, dass jedes Muskel- individuum dieser Gruppe in der That ein diploneures Gebilde im Sinne FÜRBRINGER’s ist. Jeder Muskel ist innervirt sowohl vom N. comitans wie vom N. descendens e plexu cervicale. Warum haben diese Nervenfasern sich nicht zu einem Stamme vereinigt, wo doch Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 513 ihre peripheren Elemente sich so intens durch einander mischten ? Warum beschreiben die Fasern des zweiten Cervicalnerven, welche im N. descendens e plexu cervicale absteigen, um im Fasciculus as- cendens rami descendentis hypoglossi wieder aufzusteigen und den M. genio-hyoideus und M. thyreo-hyoideus zu innerviren, einen solchen langen Umweg, und warum haben dieselben sich nicht ihren gleich- werthigen Genossen angeschlossen, die im N. comitans auf kürzestem Wege dasselbe Endgebiet erreichen? Wir haben hier einen Fall, in dem Nervenfasern ihrem Muskel nicht auf kürzestem Wege zu- streben, ohne dass wir augenscheinlich eine Ursche für diese Abweichung finden können. Die ontogenetischen Mittheilungen über die Entstehungsmomente des Plexus hypoglosso-cervicalis sind nur sehr ungenügende, und wir werden durch sie gar nicht in den Stand gesetzt, die erwähnten Eigenthümlichkeiten zu begreifen. So sagt z. B. CornınG (14, pag. 168) in einer Mittheilung über die Ent- wieklung der Zungenmuskulatur bei Reptilien: »Die Entstehung und die Bedeutung der Ansa hypoglossi werden aufgeklärt durch eine Beobachtung, die ich an Embryonen von Tropidonotus machen konnte. — Hier verschmelzen in späteren Stadien auch Theile des sechsten und siebenten Myotoms mit der Zellmasse, welche von den vereinigten Hypoglossusmuskelknospen caudalwärts gegen das Cora- coid auswiichst.« (Die Hypoglossusmuskulatur stammte von den fünf ersten Myotomen her.) »Diese Auswüchse oder richtiger gesagt Muskelknospen des sechsten und siebenten Myotoms sind von ihren Nerven begleitet, wie überhaupt Nerv und Muskelknospe in ihrem Auswachsen unzertrennlich mit einander verbunden sind.« ÜORNING leitet also die Bildung der Ansa hypoglossi von dem Aufwärts- wachsen und Verschmelzen von Halsmyotomabschnitten mit Hypo- glossusmyotomen ab. Dadurch ist aber nur im Allgemeinen eine Verbindung von Spinalfasern und Hypoglossusfasern erklärt, aber noch nicht die Form des Plexus hypoglosso-cervicalis erläutert. Hıs theilt Beobachtungen über die Entstehung des Ramus des- cendens hypoglossi, d. i. also eines Theiles der Ansa hypoglossi mit, welche hier nicht ohne Kritik bei Seite gesetzt werden können, weil dieselben als »ontogenetische Beobachtungen« mit scheinbarem Recht meinen folgenden »ontogenetischen Reflexionen« gegenüber- gestellt werden könnten. Hıs führt in einer Abhandlung über die Entwicklung der ersten Nervenbalınen beim menschlichen Embryo (35, pag. 376) als Ursache der Entstehung des R. descendens hypoglossi den Umstand an, dass der N. hypoglossus bei seinem Morpholog. Jahrbuch. 25. >4 914 Louis Bolk Auswachsen gegen die Vena jugularis stößt und dadurch sieh in seinen Ast für den Zungenmuskel und den Ramus descendens spaltet. Diese Vorstellungsweise ist ganz in Übereinstimmung mit den all- semeinen Auffassungen von Hıs, aber nicht mit den schließlichen topographischen Befunden. Verursachte die Vena jugularis eine Spaltung des Nervus hypoglossus, dann sollte man doch auch später das eine Spaltungsprodukt unter, das andere über der Vena verlaufend wiederfinden. Das ist nun nicht der Fall. Dort, wo die Vena jugularis den Nervus hypoglossus passirt, ist der Ramus des- cendens noch nicht abgegeben, oder wird gerade an dieser Stelle, aber dann unter der Vena jugularis abgespalten, das heißt die Elemente des Hypoglossus selbst und jene des R. descendens ver- laufen zusammen unter der Vena jugularis. Von einem Spaltungs- einfluss der Vena jugularis auf den ursprünglichen Hypoglossusstamm kann desshalb durchaus keine Rede sein. Wohl hat die Vena jugularis Einfluss und von überwiegender Art auf die Entstehung der Ansa hypoglossi. Aber in ganz anderer Richtung als Hıs es angiebt. Außerdem habe ich noch ein Bedenken gegen die Auseinander- setzungen von His. Angesichts meiner Dissection der Ansa hypo- glossi, welche in ihren Grundcharakteren mit den Befunden von Hout und Roveans übereinstimmt, ist mir die Profilrekonstruktion, welche His von diesem Nerv und seiner Umgebung giebt, nicht recht deutlich. In Fig. 8 seiner genannten Abhandlung und in Fig. 62, pag. 59 Theil III seiner »Menschlichen Embryonen« (36) giebt Ver- fasser von zwei verschiedenen Embryonen eine Rekonstruktion der Kopfnerven, wobei der Autor den N. hypoglossus mit einem statt- lichen R. descendens versehen einträgt, während der erste und zweite Cervicalnerv noch nicht mit dem Hypoglossus- stamme sich vereinigt haben. Nach den embryologischen Rekonstruktionen von Hıs entstammt desshalb der Ramus descendens hypoglossi dem Hypoglossusstamme, nach den anatomischen Dissec- tionen am erwachsenen Präparat rührt er von Cervicalnerven her. Ich vermag diesen Widerspruch nicht zu lösen, werde aber bei den folgenden Reflexionen mich auf die anatomischen Thatsachen stützen. Hat Hıs in der That die Verhältnisse gesehen, so wie er die- selben abbildet, dann liefert ein Vergleich zwischen den Figuren von Hıs und dem definitiven Zustand den stringenten Beweis, dass die freien Enden des ersten und zweiten Cervicalnerven, welche Hıs wahrgenommen und abgebildet hat, nicht die wirklich freien Enden sein können, sondern Artefakte sind. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 515 Weil wir den allgemeinen Regeln gemäß erwarten konnten, dass die Differenzirung der vorderen Halsmuskeln eine Zusammen- fügung aller ihrer Nervenfasern in einem Stamme zur Folge hatte, so müssen wir schließen, dass, da dieses nicht der Fall ist, sich etwas dieser Zusammenfügung entgegengestellt hat. Meiner Meinung nach erlangen wir hierüber Aufschluss, wenn wir die topographischen Verhältnisse der spinalen Fasern in dem Plexus hypoglosso-cervicalis näher ins Auge fassen. Es fällt dabei sofort auf, dass die sämmt- lichen Fasern dieses Plexus die Vena jugularis ringförmig umfassen. Die Fasern von Cervicalis I und II, welche den N. comitans zusammen- setzen, verlaufen wie der N. hypoglossus unter der Vena jugularis; jene, welche im N. descendens e plexu cervicale ihren Weg nehmen, sind oberflächlich von der Vene gelagert; medial und auf der Vene ver- Fig. 6. | Sup 7a - hyoid. Muskeln Sub. hyotd Muskeln Topographisches Verhalten zwischen Vena jugularis und die Elemente des Plexus hypoglosso- cervicalis, fleehten sich diese zum Gefäß ungleich gelagerte Fasern. In Fig. 6 habe ich schematisch die Lagerung der die Zungen- und hypo- branchiale Muskulatur innervirenden Nervenfasern zur Vena jugu- laris wiedergegeben, so wie ich dieselbe in meinem Präparat fand. Diese Figur giebt ein deutliches Bild. Alle Fasern von Cervicalis I und vom N. hypoglossus verlaufen axial von der Vena jugularis, alle in Betracht kommenden Fasern von Cervicalis III und IV verlaufen peripher von der Vene, während von Cervicalis II ein Theil der Ele- mente axial, ein anderer Theil peripher vom Gefäße gelagert ist. Die Nerven für die genannten Muskelgruppen bilden desshalb nicht eine einfache Ansa, sondern einen wirklichen Annulus um die Vena jugularis. — Die Vena jugularis zieht zwischen den Fasern des zweiten Spinalnerven hindurch. Aus diesen Verhältnissen der Nerven- 34* 516 Louis Bolk fasern zur V. jugularis dürfen wir Anschauungen über die Ätiologie des Plexus hypoglosso-cervicalis, und über die wichtige Rolle, welche die Vena jugularis hierbei spielt, entlehnen. Dass sich Spinalfasern an den Hypoglossusstamm anschmiegten (jene des N. comitans) darf wohl auf den Umstand zuriickgefiihrt werden, dass sich auf dem Grenzgebiete zwischen Hypoglossus- und Rumpfmyotomen Muskeln bildeten, welche ihr Bildungsmaterial beiden Myotomkomplexen ent- nahmen, wodurch von selbst an der Peripherie eine Durcheinander- mischung und Verbindung von Hypoglossus- und Spinalfasern zu Stande kam. Bei der ungleichen Lagerung der Spinalfasern aber zur V. jugularis bildete dieses Gefäß ein Hindernis für die Ver- einigung sämmtlicher Spinalfasern zu einem Stamme. Er trennte die Fasern in tiefer und oberflächlich von ihm gelagerte. Durch intra- muskuläre Verschiebungen des von mehreren Myotomen herrührenden Bildungsmaterials vereinten sich aber die oberflächlichen und tiefen Fasern mit einander und so kam es zur Bildung eines Nervenringes um die Vena jugularis. Wir haben hier also einen Fall vor uns worin ein Gefäß formbestimmend auf ein Nervengeflecht einwirkt. Im frühern Zustande der Entwicklung, wenn die vordere Hals- region sich noch nicht ausgebildet, der Kopf sich noch nicht ge- streckt hat, werden die Nervenfasern einen einfachen Ring um die Vene dargestellt haben. Dass wir schließlich die periphere Hälfte desselben in der Form einer abhängenden Schleife wiederfinden, muss dem mechanischen Zug zugeschrieben werden, welchem diesen Theil des Ringes in Folge der Ausbildung des Halses unterworfen war. Mehrere Momente sind dafür anwesend. Als vornehmste führe ich folgende an. Das Schulterblatt vollführte eine caudale Wan- derung und übte einen Zug auf den an ihm inserirenden M. omo- hyoideus aus. Dieser Zug wurde durch den Muskel auf den inner- virenden Nerv übertragen — und dieser verlegte den Angriffspunkt auf die periphere Hälfte des Nervenringes. Als ein zweites Moment muss die sich abändernde Richtung der Ebene der Apertura thoracis superior angesehen werden. Anfänglich sieht dieselbe dorsalwärts (siehe: Hıs, Menschliche Embryonen), später bekanntlich ventral- wirts. Es senkt sich also mit dem Sternum die Befestigungsstelle der hypobranchialen Muskulatur an demselben. Die caudale Partie dieser Gruppe erleidet einen Zug, trägt denselben auf ihren Nerven über, welche ihrerseits das periphere Stück des Nervenringes in eine Schleife überführen. Die topographischen Verhältnisse der Vena jugularis interna Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 517 zu den beiden oberen Spinalnerven geben uns das Recht, eins der Ergebnisse einer Arbeit von SALZER (68) auch auf das Gebiet der beiden ersten Halssegmente auszudehnen. SALZER kam im Gegen- satz zu REMAK und Luscuka zu dem Schluss, dass die erste Ab- flussbahn des embryonalen Kopfes beim Meerschweinchen und Menschen nicht die äußere Jugularvene ist, sondern ein Gefäß, das von dem Autor als V. cardinalis anterior bezeichnet wird, welches den Kopfnerven gegenüber eine mediale Lage einnimmt. Mittels um die Nervenstämme sich bildende Gefäßinseln und zwar zuerst um die Vagusgruppe dann um den Hypoglossus und zuletzt um den Trigeminus, und darauf folgende Obliteration des medialen Ab- schnittes dieser Gefäßringe, kommt ein Gefäß zur Ausbildung, das an der lateralen Seite der Nerven gelagert ist. SALZER macht keine Mittheilung über die Verhältnisse zu den oberen Spinal- nerven. Die schließlichen topographischen Verhältnisse gestatten uns aber diesbezügliche Deduktionen. In Betreff des dritten, des vierten und eines Theiles des zweiten Spinalnerven ist die Vena jugularis noch im erwachsenen Zustand medial gelagert — das ursprüngliche Verhalten ist geblieben. Alle Fasern des ersten und ein Theil jener des zweiten Cervicalnerven sind medial von der Vena gelagert. Das die ursprüngliche Vena cardinalis anterior zersetzende Gefäß, das zur Vena jugularis interna wird, hat sich also auch bezüglich dieser Nerven lateral entwickelt, ob mittels einer besonderen Veneninsel, ob mittels der Insel, welehe sich um den N. hypoglossus anlegt, kann dahingestellt bleiben. Sicher ist es, dass die von SALZER verfolgte Ausbildung eines lateralen Gefäßes nicht mit dem Hypoglossusstamme abschließt, sondern sich im Bereich des ersten und eines Theiles des zweiten Segmentes fortsetzt. Die Konfluenz der sekundären, lateral von den Nerven sich bildenden Gefäße und des ursprünglich medial von den Nerven angelegten primitiven Gefäßes findet in der Höhe des zweiten Segmentes statt. Der caudal vom zweiten Segmente sich befindende Theil der Vena jugularis erweist sich desshalb als ein primitiveres Gebilde, als der rostral davon sich befindende Theil. GEGENBAUR (28) hat seiner Zeit auf Grund der bekannten Variationen des M. omo-hyoideus überzeugend bewiesen, dass dieser Muskel demselben Muskelkomplexe entstammt wie die übrigen sub- hyoidealen Muskeln und spricht dieses ausdrücklich aus (]. e. pag. 253). Diese Auffassung war jener von HENLE entgegengesetzt, der nur 518 Louis Bolk dem oberen Bauche Verwandtschaft zum subhyoidealen Muskelkom- plexe zuschreibt, den hinteren Bauch dagegen als eine Serratuszacke deutet und der intermediären Sehne die Bedeutung einer Rippe beilegt. Auch Humrary (40) verficht wie HENLE die Verwandtschaft zwischen Omo-hyoideus und Serratus. Denn obwohl er 1. e. pag. 314 von der Inseriptio im M. sterno-hyoideus sprechend, sagt: »this inseriptio is continued into the omohyoid with which the sternohyoid is sometimes continuous«, rangirt er den Sterno-hyoideus und Sterno- thyreoideus unter seine Rectusgruppe, während er den Omo-hyoid mit dem Levator scapulae und Serratus zu seiner Serratus- oder costo-scapular-Gruppe bringt. »Anteriorly this group is prolonged into the neck as the levator scapulae and as the omo-hyoid« (I. e. pag. 314). Dass nicht nur die segmentale Herkunft, sondern auch die Nervenverhältnisse die GEGENBAUR’sche Auffassung als die richtige kennzeichnen, ist leicht zu beweisen. Denn nicht nur ist der hintere Bauch des Omo-hyoideus denselben Myotomen ent- sprossen wie der untere Theil der übrigen vorderen Halsmuskeln, nämlich dem zweiten und dritten, was schon an und für sich gegen die HEnLE’sche Deutung der intermediären Sehne als einer nicht entwickelten untersten Halsrippe spricht, sondern die Nervenfasern für den distalen Bauch nehmen einen gleichen Antheil wie die übrigen Muskelnerven an der der Bildung des Plexus hypoglosso- cervicalis. Dies ist nur dann möglich, wenn diese Muskeln derselben Muskelmasse mit einheitlichem Differenzirungsschicksal entstammen. Dass wir aus denselben Gründen die Ansicht von ALBRECHT (1) ablehnen, dass der M. omo-hyoideus nicht dem System der ventralen Halsmuskulatur zugehört, sondern von der inneren Interbranchial- muskulatur der Fische herkömmlich ist, ist selbstverständlich. — Eine andere Frage ist aber die, ob die intermediäre Sehne als eine ausgebildete Inscriptio tendinea zu deuten ist. GEGENBAUR ist dieser Ansicht zugethan und erkennt in ihrer mechanischen Be- deutung, zugleich mit ihrer Lage zur Halsgefäßscheide, die Ursache ihrer Ausbildung. Die metamere Herkunft des vorderen und hinteren Bauches erweisen sich dieser Auffassung nicht günstig, denn ober- halb und unterhalb der Sehne findet sich Material desselben Myo- toms und zwar des zweiten. Vergleicht man aber den Zustand bei den verwandten Muskeln, den Sterno-thyreoideus und Sterno-hyoideus, so mahnt dieser zur Vorsicht bezüglich einer darauf basirten Ab- lehnung der Ansicht von GEGENBAUR. Denn wiewohl sich in beiden Muskeln eine Inseriptio fand, war dennoch ebenfalls oberhalb und Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 519 unterhalb derselben Material des zweiten Myotoms nachzuweisen. Der Zustand war eigenthümlicher Weise bei meinem Präparat so, dass es nicht zu entscheiden war, von welchem Ligamentum intermus- eulare die Inseriptio herstammte. Nur oberhalb derselben befand sich Material des ersten Myotoms, und unterhalb derselben nur solches vom dritten, dagegen befand sich Material des zweiten Myotoms sowohl oberhalb als unterhalb der Inscriptio. In dieser Hinsicht stimmen die Beziehungen der Inscriptio tendinea zum segmentalen Muskelmaterial in den beiden Sternalmuskeln und der Sehne des Omo-hyoideus vollkommen mit einander überein. Sind dieselben also zurückführbar auf das Septum intermusculare zwischen dem zweiten und dem ersten Myotomo der zwischen jenem und dem dritten. Das war nicht zu entscheiden. Beim Menschen halten sich also die Spinalnerven, welche den hypobranchialen Muskelkomplex innerviren, nicht an die Grenze der Inseriptio tendinea. Dasselbe ist, wie FÜRBRINGER an mehreren Stellen seiner Arbeit über die spino-oceipitalen Nerven hervorhebt, der Fall bei niederen Formen, z. B. Selachii, bei denen diese Mus- kelgruppe mehrere Inseriptionen aufweist als beim Menschen. — Dieser Umstand ist desto merkwürdiger, wenn man in Betracht zieht, dass RuGE in seiner Arbeit über den M. rectus thoroco-ab- dominalis der Primaten (65) niemals bei einer vollkommenen Inseriptio tendinea Material ein und desselben Segmentes ober- und unterhalb einer solehen Inseriptio fand. Auch beim für diese Untersuchung verwertheten Individuum war dasselbe nicht der Fall. Wie sind diese eigenthümlichen Verhältnisse der hypobranchialen Muskulatur beim Menschen zu deuten? Ob in den M. sterno-hyoideus und M. sterno-thyreoideus die Inseriptionen den Muskel vollständig in zwei Bäuche trennten, war nicht zu entscheiden, dieselben waren dazu zu wenig ausgebildet. Im M. omo-hyoideus war allerdings die Zwischensehne vollständig. Sollte die Inscriptio in diesem Muskel in einer gewissen Zeit während der Entwicklung unterbrochen gewesen sein, und sich später unter dem Einfluss der von GEGEN- BAUR angeführten Momente von mechanischer und topographischer Art zur vollständigen und stark entwickelten intermediären Sehne ausgebildet haben? Das kommt mir wohl am wahrscheinlichsten vor. Die Kopf-Schultergürtelmuskelgruppe. Diese Gruppe kennzeichnet sich bekanntlich dadurch, dass die Innervation vom N. accessorius und von cervicalen Spinalnerven 520 Louis Bolk erfolgt. Die Angaben in der Litteratur über die innervirenden Cervicalnerven, d. h. also über die cervicalen Myotome, welche am Aufbau beider Repräsentanten dieser Gruppe Theil nehmen — sind recht variirende. Als Beispiele führe ich folgende an: Sappey: aus N. cerviealis II und III geht ein Ast zum M. sterno-cleido-mastoi- deus, der N. accessorius empfängt Fasern von Cervicalis II, III und IV, — HENLE: mit dem N. accessorius verbinden sich Fasern von Cervicalis II und III, — GEGENBAUR: vom III. und IV. Cervical- nerven gehen Fasern zum N. accessorius, — RorGans: macht gleiche Angaben wie GEGENBAUR; VALENTIN und BOURGERY lassen die erwähnte Gruppe von Cervicalis II, III, IV und V innerviren. Bei meinem Präparat war eine Theilnahme des II., III. und IV. Cervical- nerven zu konstatiren und war besonders der Ast von Cervicalis IV, welcher sich an der Unterfläche des Trapezius mit dem N. acces- sorius verband, besonders stark. Die Angaben variiren also nicht nur in der Anzahl der Spinal- nerven, welche von zwei bis vier schwankt, sondern auch in der Reihe, welche sie im metameren Spinalnervensystem einnehmen. In einem Punkt aber stimmen diese Angaben alle überein, und zwar darin, dass das erste Cervicalmyotom am Aufbau der Muskeln keinen Antheil nimmt. Auch die von Srarr gesammelten klinischen Wahr- nehmungen berichten nur über eine Innervation dieser Muskeln vom zweiten und dritten Cervicalnerven (siehe EDINGER 18, pag. 145). Dass dieser Umstand unser höchstes Interesse beansprucht, wird sofort klar, wenn man bedenkt, dass wir es bei dem M. trapezius und M. sterno-cleido-mastoideus mit dysmetameren Muskeln zu thun haben. Die vom N. accessorius innervirte Portion rührt von — so zu sagen — Kopf(occipital)myotomen her; hieran schließt sich eine Muskelportion, deren Bildungsniveau höchstens mit ihrer rostralen Grenze bis in das zweite Cervicalmyotom hinaufreicht und stets durch das erste Halsmyotom von der caudalen Grenze der Bildungs- masse der Kopfportion getrennt bleibt. Bei der Beurtheilung der Gruppe ist diesem Umstand ein sroßer Werth beizulegen, denn in der menschlichen Myologie sind diese beiden Muskeln die einzigen dysmetameren Individuen, welche ich gefunden habe. Ist die dysmetamere Natur dieser Gruppe etwas beim Menschen Erworbenes oder ist es ein primitiver Zustand? Die schönen Untersuchungen von FÜRBRINGER enthalten Genügendes zur Entscheidung dieser Frage (25). Aus dessen Mittheilungen entnehme ich Folgendes: Bei Urodelen Die Segmentaldifferenzirung des menschl, Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 521 und Anuren ist die Gruppe noch ganz vom N. vagus innervirt. Von den Chelonii sollte nach BosJanus bei Emys europaea der R. accessorius Vagi mit Zweigen von Cervicalis III und IV Anastomosen eingehen, die Gruppe desshalb Cervicalmyotome zum Aufbau be- nutzen. FÜRBRINGER konnte aber bei den von ihm untersuchten Chelonii solehe Anastomosen nicht nachweisen. Bei den Eidechsen war die Gruppe außer durch den Vagus-accessorius von Cervicalis III und IV mittels Anastomosen mit dem N. accessorius innervirt. Bei den Chamaeleoniden wurde der M. cucullaris von Cerviealis III inner- virt, ohne Anastomosenbildung zwischen diesem Spinalnervenzweig und dem N. accessorius. Eben so fehlte den Krokodilen eine solche Anastomose, doch war der M. cueullaris neben dem N. accessorius von Cervicalis V und VII innervirt. Innerhalb der Klasse der Reptilien sehen wir die Kopf-Schulter- gürtelmuskelgruppe Beziehungen zu Cervicalmyotomen erlangen. (Nach Angaben über die Verhältnisse bei Säugern und Vögeln habe ich nicht geforscht, weil dieses in Bezug auf das Folgende neben- sächlich war.) Gleichzeitig aber mit dem Auftreten dieses Zu- standes begegnen wir der dysmetameren Natur, ja dieselbe scheint bei den niederen Formen sich ausgesprochener einzustellen, da eine Innervation der Gruppe aus Cervicalis II von FÜRBRINGER bei keinem Objekt erwähnt wird, dieser Zustand jedoch beim Menschen wohl nicht konstant aber doch laut der Angabe der Autoren in der Mehrzahl der Fälle aufzutreten pflegt. Die dysmetamere Natur dieser Gruppe bei Menschen. ist etwas Althergebrachtes, etwas Primitives. Ich habe dasselbe ausdrücklich zu betonen gesucht, um damit der Auffassung einen Riegel vorzuschieben, dass die erwähnte Dysmetamerie durch eine etwaige Reduktion des ersten Halsmyotoms entstanden sei. Als metamerologische Erscheinung fordert dieselbe durch ihre Seltenheit, dass sie näher kritisch ins Auge gefasst wird. Wenn ein Muskel in Folge gesteigerter funktionellen Inanspruch- nahme sich im Laufe der Phylogenese stärker entfaltet, wirkt diese Kräftigung in solcher Weise auf die metamere Anlage des Muskels zurück, dass das segmentale Bildungsniveau sich auch in die Länge, das heißt in rostro-caudaler Richtung ausdehnt und sich dadurch über mehrere einander benachbarte Myotome erstreckt als bei den älteren Formen. Ein vorzügliches Beispiel dazu vermag ich aus früher von mir angestellten, nicht veröffentlichten, Untersuchungen anzuführen. Während ich bei sechs Exemplaren von Cercopithecus 599 Louis Bolk (fünf eynomolgi, ein sinicus) mit ihrem bekanntlich schwach ent- wiekelten Glutaeus maximus, diesen Muskel stets nur dimerer Her- kunft fand, ist derselbe beim Menschen immer trimerer Natur. Ein Konnex zwischen der kräftigeren Entwicklung und dem ausgedehnteren Anlageniveau lässt sich nur schwer von der Hand weisen. Kann nun aber eine stärkere mechanische Inanspruchnahme im Stande sein einem Muskel ein dysmetameres Bildungsniveau zu verleihen? Hierauf muss die Antwort lauten: direkt nicht, indirekt wohl. Ein soleher Einfluss kann sich doch immer nur bei der On- togenese im ursprünglichen Niveau selber geltend machen, derselbe kann das Niveau zur Ausdehnung in jeder räumlichen Richtung zwingen, aber die Bildungsmasse soll doch immer eine. einheitliche bleiben. Es lässt sich nicht denken, dass, ganz abgesondert von diesem ursprünglichen Bildungscentrum, sich ein neues aus den Gesammtmassen gleichsam herauskrystallisirt. Es fehlt für ein solches Centrum jeder erbliche Impuls. Begegnen wir desshalb einem Muskelindividuum mit zwei. metamer gesonderten Bildungscentren, so muss man schließen, dass ursprüng- lich jedes dieser Centren sein eigenes gesondertes Muskelindividuum hatte hervorgehen lassen, denn ein circumscriptes Bildungscentrum kann nur im Anschluss an einen gesonderten Muskel entstehen. Aus dieser Überlegung folgt, dass ein dysmetamerer Muskel nur durch Zusammenfluss von zwei ursprünglich gesonderten Muskel- individuen entstehen kann, deren Bildungsniveau durch ein oder mehrere Segmente getrennt war. Stärkere funktionelle Beanspruchung kann desshalb in zwei Richtungen von Einfluss sein: entweder dehnt sich das ursprüngliche Bildungsniveau des Muskels aus, oder der Muskel verleibt sich einem benachbarten Muskelindividuum ein und kann auf diese Weise — da letzteres sein eigenes Anlagecentrum beibehält — dysmetamerer Natur werden. Wenden wir diese Ansichten auf die Kopf-Schultergürtelmuskel- gruppe beim Menschen an, dann müssen wir folgern, dass diese Gruppe aus ursprünglich zwei gesonderten Muskeln zusammengesetzt ist, einem von den Kopfmyotomen herstammenden und vom N. acces- sorius innervirten Muskel, und einem solchen, der sich einst als ge- sonderter Muskel aus den mittleren Halsmyotomen bildete. Die Segmentalneurologie gestattet uns über den cervicalen Kom- ponenten dieser Gruppe weitere Auffassungen. Aus den Abhand- lungen von FÜRBRINGER geht hervor, dass, je mehr caudal die vor- dere Extremität in den Segmenten angelegt ist, desto mehr caudal Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 523 sich das cervicale Bildungscentrum der Gruppe findet, was sich am deutlichsten bei den Krokodilen zeigt. Zweifach ist die Bedeutung dieser Thatsache. Erstens weist sie darauf hin, dass, obwohl der Muskel schließlich während der Ontogenese mit seinem dem Ocei- pitalmyotom entstammenden Mitkomponenten konfluirt, dessen Bil- dungscentrum nichtsdestoweniger sein eigenes Schicksal beibehält, und als selbständige Einheit an der metameren Umbildung (Fir- BRINGER) Theil nimmt. Zweitens zeigt sich das Schicksal dieses Bil- dungscentrum im Allgemeinen an dasjenige der Extremität gebunden, der einst hieraus hervorgehende selbständige Muskel muss desshalb ein Extremitätenmuskel gewesen sein. Ist dieses testgestellt, so er- öffnet das Verhalten der Nerven wieder einen weiteren Ausblick. Wie aus der speciellen Angabe bei der Besprechung der Segmente her- vorgeht, findet sich im M. sterno-cleido-mastoideus nur Material des zweiten Halsmyotoms, im Trapezius des zweiten, dritten und vierten. Auch aus den Beschreibungen von SAPppEy und BOURGERY (13) sind diese Verhältnisse abzuleiten. Bei dem M. sterno-cleido-mastoideus konnte ich feststellen, dass nur die eine tiefere Lage einnehmende elavieuläre Portion Elemente des zweitens Myotoms enthält (siehe Fig. 1). Für den M. sterno-cleido-mastoideus war es also bei meinem Präparat evident, dass die Derivate der Halsmyotome im Muskel tief, jene der Occipitalsegmente oberflächlich gelagert waren. Dieser Nachweis konnte an dem M. trapezius nicht erbracht werden. »>o weit ich feststellen konnte, waren aber die beiden Ursprungs- massen im Muskel nicht scharf gesondert. Vom vierten Cervical- nerven konnte ich noch starke Fasern bis zum oberen Rande der Scapula an der Unterfliiche des Muskels verfolgen in Zusammen- hang mit Accessoriusfasern. Da ich den übrigen Theil des Muskels in situ erhalten musste, konnte ich dieselben nicht weiter verfolgen. Der zweite und dritte Spinalnerv vertheilte sich an der Unterfläche der Kopf- und Halsportion, ebenfalls im Verein mit Accessoriusfasern. Obwohl ich nicht bestimmt nachweisen konnte, dass das von Cer- vicalmyotomen herstammende Material auch im Trapezius ein tiefes Stratum des Muskels bildete, so ergab sich doch, dass erstgenannter keine abgerundete Portion des Muskels entstehen ließ, sondern sich der Fläche nach im Muskel vorfand. Es darf wohl der Absicht der leichteren Belehrung und Übersichtlichkeit zuzuschreiben sein, dass Hasse (31) in seinem Atlas die Portionen von Hals- und Kopfmyo- tomen so scharf in beiden Muskeln sondert. ringen wir jetzt die erörterten Verhältnisse mit der der Seg- 524 Louis Bolk mentalmyologie zu entnehmenden Thatsache zusammen, dass das Bildungsniveau des M. rhomboideus sich unmittelbar dem Cervical- centrum des Trapezius caudal anschließt, dann haben wir einen Fingerzeig in jener Richtung, ob nicht die Kopf-Schultergiirtelmuskel- eruppe, während sie sich phylogenetisch stärker entwickelte, einen Theil einer tiefer gelagerten Gruppe in sich aufnahm, wovon noch der M. rhomboideus als selbstiindiger Rest iibrig geblieben ist. Die topographischen Verhältnisse zwischen Trapezius und Rhom- boideus, besonders ihr gleicher Ursprung von Dornfortsätzen der Wirbel, stiitzen diese Vermuthung eben so wie die zwischen beiden Muskeln vorkommenden Variationen. Besonders muss ich hierbei auf die Angabe von SappEy hinweisen, dass nicht selten Nerven- fasern des N. rhomboideus den Muskel durchsetzen, um sich im M. trapezius zu verlieren. Eine Untersuchung nach dem Parallelis- mus der Variationen in der metameren Anlage der Halsportion dieser Gruppe und jener des M. rhomboideus vermag diese Frage ihrer Entscheidung näher zu bringen, so lange dieselbe nicht von ver- gleichend-anatomischer Seite gelöst ist. Die morphologische Stellung des ersten Segmentes. Wie ich schon Gelegenheit hatte zu bemerken, besaß der erste Spinalnerv bei meinem Präparat keine Fasern, welche die Haut innervirten. Das erste Segment war seines Dermatoms verlustig ge- sangen. Die Handbücher geben im Allgemeinen wohl die Abwesen- heit von sensiblen Fasern im R. dorsalis an, und es ist sicher eine große Ausnahme, wenn der N. suboceipitalis einen Hautnerv abgiebt. Ein soleher Fall ist von Fronse mitgetheilt (24, pag. 8). Es bleibt aber die Möglichkeit vorhanden, dass sensible Fasern des hinteren Astes vom ersten Cervicalnerven mittels der oftmals vorhandenen Anastomose mit jenen des zweiten sich vereinen und längs der Bahn des N. oceipitalis magnus die Haut erreichen. Diese Möglich- keit war bei meinem Präparat nicht vorhanden, da die Rami dor- sales der ersten zwei Cervicalnerven keine Anastomosen bildeten.‘ Über eine Theilnahme des R. ventralis des ersten Cervicalnerven an der Hautinnervation habe ich in den Handbüchern nichts Be- stimmtes finden können. Für den meist rostral aus dem Plexus sich ablösenden Hautnerv (dem N. occipitalis minor) heißt es, dass er entweder allein aus dem dritten oder aus dem zweiten und dritten Spinalnerv entsteht. Letzteres würde nach französischen Autoren Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 525 Regel sein. Obwohl also eine positive Angabe fehlt, wird eine Hautinnervation durch Cervicalis I indirekt doch in Abrede gestellt. Die Dissection an meinem Präparat überzeugte mich, dass in diesem Falle keine Fasern von Cervicalis I die Haut erreichten. Auch beim Hunde sollte nach den Experimenten von Türck der erste Cervicalnerv sensible Fasern entbehren. Dieser Befund ist als Symptom des Umwandlungsprocesses wichtig, welcher sich zwischen dem distalen Kopftheil und proxi- malen Halstheil ontogenetisch und phylogenetisch abspielt und wo- bei der Kopf sich ursprünglich dem Halse zukommende Elemente einverleibt. Bei diesem Process geht das Myotom theilweise direkt in die Zungenmuskulatur über, wie uns auch die Innervation der Zungenmuskulatur durch den ersten Cervicalnerven lehrt. Das Skle- rotom verwächst mit den Sklerotomen der Oceipitalsegmente zu einer einheitlichen Masse, wie aus den Fällen der Verwachsung von Atlas und Occipitale abzuleiten ist. Das Dermatom geht verloren. Der erwähnte Process wirkt also sowohl metamorphosirend als reducirend, und es ist vornehmlich der Dermatomabschnitt, der dieser Reduktion unterliegt. Damit soll nichts bezüglich des wirklichen Schicksals jenes Segmenttheiles gesagt sein, woraus einst das Dermatom hervor- ging. Als Dermatom wird es reducirt; ob es metabolisch zu einem anderen Zweck benutzt wird, darf dahingestellt bleiben. Durch den Verlust seines Dermatoms entfernt sich das erste Segment in seinem Differenzirungsmodus von jenen der übrigen Körpersegmente, um sich darin jenen zu nähern, woraus der N. hypoglossus und sein Gebiet entstanden ist. Bekanntlich ist der N. hypoglossus aus dem Zusammenfluss mehrerer Spinalnerven entstan- den, welcher Entstehungsprocess mit der Reduktion der dorsalen Wurzeln der bezüglichen Nerven gepaart ging. Dieser im Laufe _ der Phylogenese sich allmählich über mehrere Segmente erstreckende Wurzelverlust, welcher auf eine gleichzeitige Reduktion von Derma- tomen weist, rekapitulirt sich noch theilweise bei der Ontogenese. Das Vorkommen dorsaler Hypoglossusganglien während einer kurzen Phase der Entwicklung ist, nachdem von FrRorrer darauf aufmerk- sam gemacht worden ist, von verschiedenen Forschern bestätigt. OsrrouMOFF konnte das embryonale Vorhandensein und Schwinden von FRORIEP'schen Ganglien bei Pristiurus nachweisen, van BEM- MELEN bei Reptilien, Cataruai bei Reptilien, Vögeln und Kaninchen, Martin bei Katzenembryonen. Von großem Interesse war der Nach- weis von Frortep’schen Ganglien bei menschlichen Embryonen, 526 Louis Bolk womit Hıs unsere Wissenschaft bereichert hat (37, pag. 380). Dass der Reduktionsprocess in seinem Fortgang individuelle Variationen zeigt, lehren uns jene seltenen Fälle von Persistenz eines Hypo- glossusganglion beim Menschen. Nach kritischer Prüfung aller diesbezüglichen Mittheilungen in der Litteratur vermeint BEck (6, pag. 340) die von CnIArugGi und von KAzZANDER mitgetheilten Fälle als einwandsfreie Beispiele der Persistenz eines dorsalen Hypoglossusganglion bei Menschen auffassen zu dürfen. Die Ab- wesenheit von Hautnervenfasern in dem ersten Cervicalnerv zeigt, dass der erwähnte Process nicht mit den präcervicalen Segmenten abschließt, sondern auch schon das erste Cervicalsegment in Mit- leidenschaft gezogen hat. Und schon so überwiegend ist der Ein- fluss dieses Processes auf die Differenzirung dieses Segmentes, dass der erste Spinalnerv bereits drei Merkmale mit jenen Seg- mentalnerven, woraus der N. hypoglossus zusammengesetzt ist, gemein hat: nämlich die Innervation der differenzirten Zungen- muskulatur, den Verlust der sensiblen Hautelemente, und den Verlauf der Fasern, tiefer als die Vena jugularis. Ein viertes Merk- mal kommt in jenen Fällen vor, in denen der ganze Radix posterior dieses Nerven fehlt, was BECK unter 32 Fällen dreimal gefunden hat (l. ec. pag. 279). Ist dieses letztere der Fall, dann hat das erste Segment nur noch sicher die Ausbildung der typischen dorsalen Muskelmasse mit den Rumpfsegmenten gemein. — Aber auch be- züglich der Innervation der suboceipitalen Muskeln durch den ersten Cervicalnerven will es mir erscheinen, dass eine Untersuchung werth- volle individuelle Variationen zu Tage fördern wird. Was wir aus unseren Befunden an einem Individuum schon sicher herauslesen können, ist, dass das erste Segment einem Assimi- lationsprocess in der Richtung des Kopfes unterliegt. Die Kompo- nenten des Segmentes zeigen aber den Einfluss desselben in verschiedenem Maße. Die Entwicklung des Dermatoms ist unter diesem Einfluss schon ganz supprimirt. Ob es auf das Myotom nur umbildend oder auch reducirend wirkt, lässt sich vor der Hand nicht sagen. Das Sklerotom erweist sich als das meist konservative. Der hohe Werth für den Mechanismus der Kopfbewegungen des sich hieraus bildenden Wirbels ist dafür verantwortlich zu machen. Ich glaube aber in dieser Hinsicht noch auf einen anderen Punkt die Aufmerksamkeit lenken zu müssen und wohl darauf, dass der Atlas sich aus dem caudalen Theil des Segmentes bildet, das heißt der Einwirkungszone des Assimilationsprocesses am meisten entfernt. Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I, 527 Beobachtet man die Lagerung der in Anwendung kommenden Deri- vate des ersten Myotoms zum Atlas, dann findet man, dass sich solche nur rostral von diesem Skelettheile finden, was nicht nur für die dorsale sondern eben so für die ventrale Muskulatur gilt. Was von dem ersten Myotom nicht in die ventrale Halsmuskulatur über- gegangen ist, ist zwischen Oceipitale und Atlas gelagert. Sicher ist das für den M. rectus capitis anticus und lateralis, für den Rectus capitis posticus minor und obliquus capitis superior. Fiir den Rectus capitis posticus major und Longus capitis war eine Innervation sowohl durch N. cervicalis I als N, cervicalis II zu konstatiren. Die vom erstgenannten Nerv innervirte Portion konnte aber nicht näher festgestellt werden. Der M. obliquus capitis inferior war von dem zweiten Spinalnerven innervirt. In so weit es sicher zu be- stimmen war innervirte der erste Spinalnerv nur Muskelmassen, die rostral vom Atlas gelagert waren; in den dubiösen Fällen war es wahrscheinlich. Die gegenseitige Lagerung von Muskel- und Skelet- theilen des ersten Segmentes ist eine sehr primitive geblieben, eine Wanderung von Muskelmaterial dieses Segmentes der Skeletachse entlang, wie wir es überall in ausgiebigster Weise wahrnehmen, fehlt am Verbindungssegment zwischen Kopf und Rumpf. — O. ScHuutzE hat (71, pag. 87) auf Grund embryologischer Unter- suchungen den Befund gemacht, dass am Thorax jede Rippe mit der sich kopfwärts anschließenden Muskulatur unmittelbar von einem Ursegment abstammt. Die Derivate des Sklerotoms liegen also caudal von den Myotomderivaten. Ein analoger Zustand liegt für den Atlas vor. Auch hier sind die gesammten Muskelderivate laut der Innervation rostral zum Sklerotomderivat gelagert. Die distale Lagerung des Atlas ist dem Assimilationsprocess gegenüber gewiss eine günstige Dass er demselben aber doch schließlich unterliegt, zeigen die Fälle von Verwachsung dieses Wirbels mit dem Occipitale. Durch Vorstehendes hoffe ich genügend den Hauptcharakter des ersten Segmentes ins Licht gestellt zu haben. Zeichnen sich dessen Derivate durch ihre funktionelle Bedeutung als Verbindungs- elemente zwischen Kopf und Rumpf aus, auch seine vornehmste morphogenetische Bedeutung entlehnt derselbe seinem Charakter als segmentale Übergangszone. Die Reduktion eines Dermatoms kommt auch an anderen Stellen des menschlichen Körpers vor. Derartiges findet z. B. auch statt am Übergangsgebiete zwischen Rumpf und unterer Extremität, 528 Louis Bolk wie wir an geeigneter Stelle hervorzuheben haben. Sowohl an der rostralen als auch an der caudalen Grenze des Rumpfes können wir die Unterbrechung der metameren Kontinuität in dem Dermatomen- system dem Einfluss eines tief in die Organisation der Körperwand eingreifenden Umbildungsprocesses zuschreiben. Demgegenüber stehen jene Fälle, in denen die Ursache dieser Unterbrechung für uns eine causa occulta bleibt. Ich denke hierbei z. B. an jenen Befund von Russ (64, pag. 315), der bei Avahis laniger den R. ventralis des 13. thoraco-lumbalen Spinalnerven frei von sensibelen Elementen fand, während der 12. und 14. sich in typischer Weise in der Haut verästelten. Das bezügliche Segment hat den ventralen Abschnitt seines Dermatoms sich nicht ausbilden sehen, wodurch am Rumpfe selbst die metamere Kontinuität der Dermatome unterbrochen war. Es fragt sich ob nicht vielleicht in solchen Fällen, welche scheinbar in so starkem Widerspruch zum allgemeinen Entwicklungsplan der Rumpfwand stehen, der Radix posterior der bezüglichen Nerven im Wirbelkanal sich einem oberen oder unteren Radix posterior an- geschlossen hat, oder sich auf beide vertheilt. Bekannt doch ist es, dass besonders die hinteren Wurzeln der Spinalnerven einander Fasern zuschieben, ja dass nach HıLBerr (34) ein Faserbündel einer dorsalen Nervenwurzel selbst sich mit dem zweitnächsten verbinden kann. Ein solcher Vorgang muss Variationen von ganz besonderer Art in der peripheren Ausbreitung der bezüglichen Nerven ins Leben rufen. In wie weit die typische segmentale Innervation dadurch beeinflusst wird, sei Gegenstand besonderer Forschung. Die Selten- heit der Erscheinung gestattet uns, ihr in dieser Arbeit keine Rechnung zu tragen, sie sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Die Bedeutung der topographischen Verhältnisse des N. phrenicus. Dass das Diaphragma nicht an der Stelle seiner definitiven Lagerung angelegt ist, war schon von von BAER erkannt, der wahrgenommen hat, dass der Dorsalabschnitt des Zwergfells bei seiner ersten Entwicklung an den Halswirbeln befestigt ist, und die Innervation durch Cervicalnerven durch die hohe Bildungsstelle erklärte (5, I. Theil, pag. 227). His, der uns zuerst näher mit der ontogenetischen Vorgeschichte des menschlichen Diaphragma bekannt gemacht hat (36 I, pag. 125), spricht sich über die Herkunft des muskulösen Theiles oder über die Art, auf welche die Muskeln Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 529 in Beziehung zum primären Zwerchfelle oder Septum transversum treten, nicht näher aus. Uskow (79) hat die Befunde von Hıs bei Kaninchen bestätigen können. An den Befund beider Forscher, dass dem Zwerchfelle eine zweifache Anlage, aus einem älteren ventralen und einem jüngeren dorsalen Theile zukommt, knüpft sich die Frage nach dem Verhalten des Muskels an, ob demselben ebenfalls eine doppelte Anlage zuzuschreiben ist. Die neurologischen Betrachtungen bleiben auch hier die Antwort nicht schuldig. — Ich schicke eine kurze Übersicht der Auffassungen der Autoren voraus. Humpeury hat schon lange vor dem Erscheinen der Arbeiten von Hıs und Uskow auf Grund vergleichend anatomischer Betrach- tungen die Ansicht der doppelten Entstehung des M. diaphragmaticus behauptet (40, pag. 309). Er leitet die Zwerchfellspfeiler von seinem »subvertebral reetus« ab, wodurch dieser Portion eine Verwandtschaft mit dem Longus colli et capitis zugeschrieben wird, während der übrige Theil des Muskels aus einer mehr ventralen Zone des »Stra- tum transversalis« hervorgeht. Uskow lässt den ganzen M. dia- phragmatieus »von der Dorsalwand des Embryo her in die binde- gewebige Dorsalanlage des Zwerchfells« hineinwachsen (I. e. pag. 190). GEGENBAUR (29, I. pag. 394) spricht sich für eine einheitliche Her- kunft des Muskels aus, und zwar aus einer ventral gelagerten Bil- dungsstelle. Die Bahn des N. phrenicus vor dem Herzen ist dem Autor der Beweis dafür. — Vergleichend-anatomische, ontogenetische und topographische Beobachtungen führen so zu einer gesonderten Auffassung. Es ist also die Frage, ob dem Muskel im Halsniveau eine einheitliche (GEGENBAUR, Uskow) oder doppelte (Humrary) An- lage zukommt, und ob die eventuelle einheitliche Anlage ventral (GEGENBAUR) oder dorsal gelagert ist (Uskow). Mein Präparat lehrt darüber Folgendes. Der N. phrenicus stammt überwiegend aus dem vierten, zum kleineren Theil aus dem dritten Spinalnerven, woraus die Herkunft des M. diaphragmaticus aus gleichzähligen Segmenten hervorgeht. Die Fasern vom N. cervi- calis III und ein Theil jener vom N. cervicalis IV waren der Ansa hypoglossi angeschlossen (Fig. 5), und diese Fasern vereinten sich erst in der Brusthöhle mit dem Hauptstamme des N. phrenicus. Es fand sich also ein N. phrenieus secundarius (SÖMMERING) an meinem Präparat. Es war aber, wie aus Fig. 5 hervorgeht, evident, dass die Fasern von den Cervicalnerven stammten und nicht, wie HALLER ‚und WRISBERG für analoge Fälle annahmen, vom N. hypoglossus (8. HENLE, |. c. pag. 522). Von Interesse ist es, dass dieser N. phrenicus Morpholog. Jahrbuch. 25. 35 530 Louis Bolk secundarius mit dem motorischen Ast für den untersten Theil des M. sterno-thyreoideus verbunden war, was mit der Beschreibung von HALLER übereinstimmt. Überlegen wir nun, dass dieser Muskel der einzige dieser Gruppe war, der Elemente des vierten Myotoms auf- genommen hat und desshalb aus denselben Segmenten gebildet war wie der M. diaphragmaticus, so dürfen wir schließen, dass wenig- stens die vom N. phrenicus secundarius innervirte Portion des Dia- phragma von einer Muskelmasse herstammte, die im dritten und vierten Segment unmittelbar jener Masse anlag, aus der der M. sterno-thyreoideus hervorgegangen ist, d. h. aus einem der ventralen Medianlinie benachbarten Niveau, oder vielleicht besser gesagt, aus einem ventralen Theil der Myotome. Die Vereinigung von zwei oder mehr Muskeln innervirender Nerven zu einer gemeinschaftlichen Bahn kann doch entweder der Ausdruck eines Erhaltenbleibens des primitiven Zustandes sein, — die Muskeln sind isomere und die Nervenfasern ursprünglich im Spinalnerven zusammengelagert, haben sich nicht gespalten — oder sie ist die Folge einer sekundären An- einanderlagerung ursprünglich getrennter Nervenbahnen. Wo wir ersterem begegnen, müssen wir schließen, dass die Bildungsniveaus der Muskeln einander sehr benachbart waren. Und die Frage, ob die Aneinanderlagerung des N. phrenicus secundarius und N. sterno- thyreoideus als eine Nichtspaltung ursprünglich verbundener Fasern oder als eine sekundäre Aneinanderlagerung ursprünglich getrennter Fasern gedeutet werden muss, ist wohl im erstumschriebenen Sinne zu beantworten. Eine sekundäre Vereinigung ist doch bei der aus- giebigen Caudalwanderung des Muskels nur schwer denkbar. Weitere Verhältnisse sprechen gegen die Ansicht von Humpnry, nach welcher wenigstens beim Menschen der Dorsaltheil des Muskels als dem Systeme des Rectus subvertebralis zugehörig aufzufassen ist. Wäre diese Auffassung richtig, dann würde die Muskelmasse, woraus die Lumbalportion des Zwerchfells sich bildet, in direktem Zusammenhang gestanden haben mit jener Muskelmasse des dritten und vierten Segmentes, woraus sich die übrigen Vertreter der Sub- vertebralgruppe bildeten, d. h. mit dem Longus capitis und Longus colli. Dann hätte aber auch der Nerv für diese Portion einen Ver- lauf wie jener für diese Muskeln nehmen müssen, d. h. zwischen den Ursprungsportionen des M. scalenus antieus hindurch. Das ist nun in der That nicht der Fall. Der Nerv ist bei seinem Anfang zwischen Sealenus anticus und medius gelagert, und zieht nun über dem Scalenus anticus ventralwärts, um sich an dessem Ventralrande Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 531 umzubiegen. Diese topographischen Verhältnisse sind unverständlich bei der Ansicht von HumrHry und nur zu verstehen, wenn man die Auffassung von GEGENBAUR theilt, dass der ganze Muskel einer ur- sprünglich ventral gelagerten Masse entwachsen ist. Die Motivirung knüpft sich an das Rekonstruktionsbild in Fig. 7 an. Denkt man sich das Diaphragma bis zu seiner Bildungsstelle im vierten Seg- ment aufgehoben, dann bekommt man, von oben betrachtet, mit In- achtnehmung der bei meinem Präparat aufgefundenen Innervations- verhältnisse, Folgendes zu sehen. Vom vierten Cervicalnerven geht zwischen den Ursprungszacken des Scalenus antieus der Nerv für die Subvertebralmuskeln hindurch. Ganz gesondert davon verläuft der N. phrenicus erst zwischen Scalenus anticus und medius und danach über die Oberfläche des erstgenannten Muskels bis zu dessem Vorderrande, biegt an dem- selben herum und verläuft jetzt wieder dorsalwärts, um den M. diaphragmaticus zu erreichen. Diese Umbiegung um den Rand des Scalenus anticus ist uns der Beweis, dass der Muskel, ursprünglich ventral gelagert, in dorsaler Richtung sich ausgebreitet hat. In der Figur ist eben so der an meinem Präparat vorhan- dene N. phrenicus secundarius mit dessen Beziehung zum N. sterno-thyreoideus ein- getragen. Durch eine unterbrochene Linie habe ich angegeben, wie der Nervenver- lauf sein wiirde, wenn die Lumbalportion des M. diaphragmaticus, wie HumrHry will, dem Rectus subverte- bralis zuzurechnen wäre. Dann müsste ein Nerv vorhanden sein, der nicht peripher, sondern axial vom M. scalenus anticus seinen Weg zum Zwerchfellmuskel nähme. Die Fig. 7 kann zur genaueren Deutung der Musculi scaleni als Homologa der Intercostalmuskeln verwerthet werden. Denn gerade der Verlauf des N. phrenicus, oberflächlich vom M. scalenus anticus, lässt nur zu, diesen Muskel als einen M. intercostalis in- ternus zu deuten. Freilich ist der Faserverlauf im Muskel jenem eines M. intercostalis externus ähnlich, aber dafür muss man das ungleiche Wachsthum der Processus costales der Cervicalwirbel ver- antwortlich machen. Deutet man den Scalenus anticus als einen 35* Erklärung im Text. 592 Louis Bolk Intercostalis externus, so schafft man dadurch. einen Zustand, bei dem ein motorischer Theil eines Spinalnerven, in easu der N. phre- nicus, ganz oberflächlich über das Myotom hin verläuft, da dieser Muskel sich aus dem oberflächlichen Stratum des Myotoms bildet; und dieser Zustand, es sei hier ausdrücklich erwähnt, kommt nicht vor. Eine von Seiten der Embryologen festgestellte Thatsache, dass der motorische Theil eines Spinalnerven nur entweder axial vom Myotom oder durch die Masse des Myotoms, jedenfalls nicht peripher von demselben verläuft, ergiebt sich stets, wenn man versucht, die topographischen Verhältnisse des definitiven Nervensystems zur Mus- kulatur aus den ursprünglichen Verlaufsverhältnissen abzuleiten. Denkt man sich die Processus transversi der Halswirbel weiter im Sinne einer Rippe spangenartig den Hals umfassend und die zwei Scaleni in gleichem Maße mit ihren Ursprungsflächen ausge- dehnt, dann liegt der N. phrenicus zwischen den beiden Sealeni, eben so wie der Intercostalnerv zwischen den beiden Intercostal- muskeln. Über sich hat er den M. scalenus medius, unter sich den anticus. Die Hautnerven des zweiten bis vierten Spinalnerven und ihr Dermatomensystem. Die Hautiiste der genannten Nerven bilden in ihrer Differen- zirung so sehr eine zusammengesetzte Einheit, dass sich ihre Be- sprechung nur schwierig trennen lässt, wesshalb dieselbe zusammen abgehandelt werden müssen. Wir können auf zwei Merkmale hinweisen, welche diesen drei Spinalnerven gemeinschaftlich sind. Erstens ist es auffallend, dass sich die motorischen und sensiblen Fasern bald nach der Spaltung des Nerven in einen Ramus dorsalis und Ramus ventralis von ein- ander trennen, um gesondert ihr Endgebiet, es sei Muskel oder Haut, zu erreichen. Aus dem zweiten bis vierten Spinalnerven gehen keine gemischten Äste hervor. Nur die motorischen Fasern vom zweiten und dritten Spinalnerven für die Kopf-Schultergürtelmuskeln waren bei meinem Präparat dem N. oceipitalis minor eine Strecke weit an- geschlossen. Ein zweites gemeinschaftliches Kennzeichen ist in dem Fehlen eines R. eutaneus anterior als besonderer, den muskulösen Theil des Segmentes durchbohrender Ast gegeben. Die sensiblen Hautnerven des Plexus cervicalis, welche am lateralen Rande des M. sterno-eleido-mastoideus zum Vorschein treten, repräsentiren also ‘ Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 533 nicht nur den Ramus cutaneus lateralis eines Spinalnerven, sondern enthalten eben so die sensiblen Elemente des Ramus cutaneus an- terior. Die gesammten Äste zeigen in ihrem topographischen Ver- halten noch Primitives darin, dass jene Äste, welche aus höheren Spinalnerven entstehen, mehr rostral um den Rand des Muskels sich umbiegen. Sind die Hautäste des Plexus cervicalis als die Analoga von Ramus cutaneus lateralis + Ramus cutaneus anterior eines typischen Spinalnerven aufzufassen, so fragt es sich, ob an der Gesammtmasse dieser Hautäste die Analoga der dorsalen und ventralen Äste jener Rami laterales noch nachzuweisen sind. Das ist nicht so ganz leicht, da die später zu erörtern- den Momente die Hautäste so beträchtlich beeinflusst haben, dass die ursprüng- lichen topographischen Ver- hältnisse fast ganz ver- schwunden sind. Wir wer- den uns die Nervenäste wieder in jene Verhältnisse zurückzudenken haben, welche sie in einem frühe- ren ontogenetischen Stadi- um aufwiesen. Dazu habe ich Fig. 8 entworfen. Als / Unterlage dazu benutzte ich Rekonstruktion der Hautnerven des Halses in einem frühen . . . Stadium der Entwicklung. IJ, III und IV zweites bis die Abbildung, welche His viertes Dermatom. a erster Kiemenspalt. d Gehörbläschen. (Menschl. Embr. II. pag. 48) von seinem Embryo LXXIII giebt, und habe darin mit Inachtneh- mung ihrer topographischen Charaktere die Äste der Spinalnerven eingetragen, so wie ich dieselben an meinem Präparat fand (s. Fig. 3). Die einander zugekehrten Ränder des M. sterno-cleido-mastoideus und Trapezius sind angedeutet. Die Rami dorsales des zweiten bis jvierten Spinalnerven bieten keine Schwierigkeit. Jener des zweiten Spinalnerven durchbohrte den M. trapezius hart an seinem Ursprung mit zwei Ästen, einem medialen und einem lateralen, kam also oberhalb des Nackens an die Peripherie, um sich zum Scheitel zu verzweigen. Dem entspre- chend habe ich diesen Ast oberhalb jener Grube anfangen lassen, welche von Hıs als Nackengrube angedeutet ist (l. e. pag. 51) und, 534 Louis Bolk iiber den Nackenhöcker sich ausbreitend, eingezeichnet. Der R. dor- salis des dritten Cervicalnerven sandte einen Ast zur Haut, welcher sich direkt unter geringer fächerförmiger Ausbreitung aufwärts ver- ästelte, seinen Genossen des zweiten Cervicalnerven eine Strecke weit von der Medianlinie abtrennend, ein Verhalten, das von SCHWALBE als oftmals vorkommend angegeben ist (72, pag. $97). Der R. dor- salis des vierten Cerviealnerven spaltete sich ebenfalls fächerförmig aus einander, aber im Gegensatz zum Vorhergehenden nicht in ro- straler, sondern in ventraler Richtung. Ein Ast verlief von hinten nach vorn und oben, ein anderer nach vorn und unten, wodurch dieser R. dorsalis einen Übergang zu dem entgegengesetzten Verlauf der oberen und unteren dorsalen cervicalen Hautnerven bildete. Die Übertragung dieser Aste in die Fig. 8 erheischt keine nähere Er- läuterung. Gehen wir zu den Rami ventrales der Spinalnerven über. Fangen wir dabei mit dem zweiten an, so begegnen wir erst einem Ast, welcher, nur aus diesem Spinalnerven entstehend, am oberen Theile des Hinterrandes vom M. sterno-cleido-mastoideus zum Vorschein kommt, um dem R. dorsalis des zweiten Cervicalnerven parallel sich hinter und oberhalb des Ohres zu verästeln. Übertragen wir diesen Ast, so hat uns hierbei die Kenntnis von der Entwieklung des äußeren Ohres zu leiten. Wie bekanntlich Hıs (Menschl. Embr. III. pag. 211 ff.) sehr genau beschrieben hat, entwickelt sich die Ohr- muschel aus den wiilstigen Rändern, welche die erste Schlundspalte äußerlich umgeben. Da der bezügliche Ast der Ohrmuschel selbst fern blieb, und sich eben so weit nach vorn ausstreckte wie der R. dorsalis des zweiten Spinalnerven, so habe ich denselben so einge- zeichnet, dass er parallel dem letztgenannten Ast in einem Bogen sich bis oberhalb der ersten Schlundspalte erstreckt, dieselbe aber nicht berührt. Weitere Fasern des zweiten Cervicalnerven finden sich nur mit solehen des dritten zu mehreren Ästen verbunden. Einer davon kam mehr nach unten um den Rand des Sterno-cleido-mastoi- deus zum Vorschein und verästelte sich zwischen der Ohrmuschel und dem unteren Gebiete des vorhergehenden in der Kopfhaut bis zur Ansatzstelle der Muschel, ohne merkbar in dessen Haut einzu- treten. Desshalb habe ich diesen bispinalen Ast bis auf einigen Ab- stand der Knorpelhöcker, welche die erste Kiemenspalte umgeben, eingezeichnet. Andere sensible Fasern von Cervicalis II vereinigten sich mit solehen von Cervicalis III, um, in mehrere Zweige getheilt, sich Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 535 fächerförmig in der Haut des Ohres und dem Hautbezirk, der den Unterkieferrand überdeckt, auszubreiten. Von der Ohrmuschel wurde der Tragus, Antitragus, nebst dem Lobulus, die Cauda helieis, der Antihelix und ein Theil der medialen Conchaoberfläche durch einen dieser Äste innervirt, ebenfalls der Hautbezirk unmittelbar vor dem Tragus. Dieser Abschnitt der Ohrmuschel entwiekelt sich bekannter Weise aus den Höckern 1, 4, 5 und 6 von Hıs, das sind jene, welche den unteren Theil der ersten Kiemenspalte beiderseits umwachsen. Wenn man dabei ins Auge fasst, dass der übrige von diesen ge- mischten Ästen innervirte Hautbezirk mit dem den genannten Höckern abwärts sich unmittelbar anschließenden Kinnhöcker von Hıs über- einstimmt, dann erweist es sich, dass diesen Ästen ursprünglich ein sehr beschränkter Bezirk zukommt, der sich mit dem, den unteren Theil der ersten Kiemenspalte umgrenzenden Gebiet deckt. Ich habe in der Skizze die genannten aus Cervicalis II und III zusam- mengesetzten, aufwärts verlaufenden Äste durch einen einzigen er- setzt, da die strahlenförmige Ausbreitung erst unter dem Einfluss der späteren Halsstreckung zu Stande kam. Der untere Theil der Regio mediana colli und der Regio sterno- cleido-mastoideus war von gesonderten Ästen aus Cervicalis III in- nervirt. Bei dem als Unterlage benutzten Embryo ist. erstgenannte Regio noch nicht ausgebildet, wesshalb ich diese Nervenäste nur durch einen Nerv, der in der Richtung des Winkels zwischen em- bryonalem Kinn und Brust ausgezogen ist, vorstellen kann. Von dem vierten Cervicalnerven war ein nicht sehr starker Ast vorhanden, der sich nicht um den Rand des Sterno-cleido-mastoideus herumbog, sondern ein wenig dorsal von diesem Rande die Halsfascie durchbohrte und unmittelbar in einen aufsteigenden und einen ab- steigenden Zweig zerfiel. Ersterer versorgte das Hautgebiet zwischen Sterno-cleido-mastoideus und Trapezius, letzterer breitete sich in der Haut über dem Trapezius aus (s. Fig. 3). Es erinnert dieser ganze Ast an den Dorsalast des Ramus lateralis eines Spinalnerven. Ich habe im vergangenen Semester mehrere Male auf dem hiesigen Präparirsaale Gelegenheit gehabt, diesen eigenthümlichen dorsalen Ast des vierten Cervicalnerven zu beobachten. Besonders der rostralwärts strebende Zweig lenkte einige Male durch sein Aufsteigen bis in die Regio mastoidea die Aufmerksamkeit auf sich. Zweimal fand ich diesen Zweig weit abwärts den M. trapezius durchbohren, um sich danach in einem scharfen Winkel aufwärts zu wenden. Ganz gesondert vom vorhergehenden, mehr den sensiblen Fasern 536 Louis Bolk des dritten Cervicalnerven angeschlossen, kamen die übrigen Haut- äste hinter dem Rande des Sterno-cleido-mastoideus zum Vorschein, um sich über der Clavicula, der Schulter und der Scapula bis zur Crista scapulae zu verästeln. Die Rekonstruktion der ursprünglichen topographischen Verhältnisse der Äste dieses Spinalnerven bedarf keiner weiteren Erklärung. Was lehrt uns nun diese Rekonstruktion ursprünglicher topo- sraphischer Verhältnisse? Unmittelbar ersieht man, dass in diesem Rekonstruktionsbilde schon Entwicklungsvorgänge ihren Einfluss zei- sen, denn das keilförmige Gebiet, das ich dem zweiten Spinalnerven darin habe zuerkennen müssen, tritt stark in den Vordergrund gegenüber den zwei parallelen Zonen des dritten und vierten Spinal- nerven. Die sich bildende Winkelstellung zwischen Kopf und Rumpf und die sich entwickelnde Protuberanz des Nackenhöckers lassen sich unmittelbar dafür verantwortlich machen. Der Verlauf des Ner- ven ist mit diesem Vorgang in Übereinstimmung. Denkt man sich im Bilde in Fig. 8 diesen Process rückgängig, überträgt man das sewonnene Schema auf einen jüngeren Embryo, wobei der Kopf sich noch nicht in Winkelstellung vornübergebeugt hat, dann tritt sofort die sehr einfache und regelmäßige Ausbreitung der drei Spinalner- ven zu Tage. Es sind die ursprünglichen Dermatome des zweiten bis vierten Halssegmentes durch drei gürtelförmige Zonen, welche sich regel- mäßig in dorso-ventraler Richtung ausstrecken, gegeben. Nach unten berührt der meist caudale den Extremitätenhöcker, nach oben dehnt der meist rostrale sich bis in die Kopfregion aus. Die Rekonstruk- tion erweist, dass auch am Halse die Dermatome in einem jungen Stadium ein Verhalten zeigen, wie wir es bleibend an dem Rumpfe vorfinden, und es ist Aufgabe im Besonderen zu erforschen, unter dem Einfluss welcher Momente dieser so einfache Zustand in den so sehr abgeänderten definitiven übergeführt ist. Vorher müssen wir aber die Frage beantworten, ob in der rekonstruirten Verästelung der Spinalnerven sich Übereinstimmendes mit den typischen Charak- teren des R. ventralis eines Intereostalnerven ergeben hat. Das ist nicht viel. Der R. cutaneus anterior fehlt als gesonderter Ast allen drei, und an dem R. cutaneus lateralis kann man nur am vierten Cervicalnerven einen dorsalen und ventralen Zweig erkennen. Am zweiten und dritten kann man höchstens nur Andeutungen einer der- artigen Verästelung wahrnehmen. Wenn man als Kriterium dieser Unterscheidung aufstellt, dass die Zweige des dorsalen Astes’ in Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 537 dorsal offenem Winkel vom Hauptstamme abgehen, jene des ventra- len Astes in ventral offenem Winkel, dann kann man mit Hilfe dieses Schema nicht genau bestimmen, welcher Nerv noch dem vorderen, welcher noch dem hinteren Ast zuzurechnen ist. Am sichersten noch darf man jenen Nerv vom zweiten Spinalnerven, welcher sich in unmittelbarem Anschluss an das Gebiet des Ramus dorsalis Nervi cervicalis II ausbreitete, als dem hinteren Ast des R. lateralis zu- gehörig betrachten. Dieser Nerv ist der Nervus oceipitalis minor. Mit Hilfe der Fig. 8 sind wir im Stande, die Frage zu beant- worten, unter dem Einfluss welcher Bildungsmomente das Hautner- vensystem des Halses sein definitives, eigenthümlich strahlenartiges Gepräge erhalten hat. Drei Momente sind dafür anzuführen, 1) die Entwicklung des Hinterhauptes, 2) das Selbständigwerden des Halses, und 3) das Freiwerden der Brust durch die Entwicklung und Dorsal- verschiebung der Schultern. In welcher Richtung die Entwicklung des Hinterhauptes bahn- bestimmend einwirkte, ist direkt an der Fig. 8 abzulesen, wenn man sich dabei denkt, dass diese Form des oberen embryonalen Körpers aus einer solchen entstanden ist, worin der Kopf sich ungebeugt zum Rumpfe fand. Vornehmlich in jener Zone, in der sich der R. dorsalis des zweiten Spinalnerven ausdehnte, formirte sich der Nackenhöcker; die Fasern wurden in einem bogenförmigen Verlauf über diesen Höcker ausgezogen. Der sich ventral anschließende Ast war diesem selbigen Einfluss, sei es auch in geringerem Maße, unterworfen. Man darf aber in Betreff der großen Ausbreitung des dorsalen Bezirkes vom zweiten Spinalnerven eine andere Sache nicht vergessen, jene nämlich, dass zwischen dem zweiten Rumpfsegment und dem Gebiet des Trigeminus mehrere Segmente gelagert waren, deren Nerven keine Fasern zur Haut schiekten (nur der Bezirk des R. lateralis vagi trennt an einer kleinen Stelle das Trigeminusgebiet von jenem des zweiten Spinalnerven), und dass zum Theil vielleicht der zweite Spinalnerv durch ausgedehntere Ausbreitung vikariirend eintrat. Wie dem auch sei, im Allgemeinen darf man die ganze Aus- breitung des zweiten Spinalnerven an der dorsalen Seite des Körpers, mittels N. oceipitalis magnus und minor, als bedingt durch die ven- trale Neigung des embryonalen Kopfes auffassen, verbunden mit der starken Entwicklung des Nackenhöckers. Wichtige Veränderungen rief die Bildung des Halses und die Dorsalstreckung des Kopfes hervor. Bei einem Embryo, wie er 538 Louis Bolk Fig. 8 als Unterlage benutzt ist, kann man schwerlich von einem Halse als selbständigen Theil des Körpers reden, an der vorderen Median- linie gehen Kopf und Brust unmittelbar in einander über, wie denn auch dem entsprechend nach Hıs die in diesem Stadium noch nicht verbundenen Sternalleisten mit ihren rostralen Gipfeln sich bis sehr nahe dem ersten Kiemenbogen erheben. Die Regio sterno-cleido- mastoidea steht fast senkrecht zur Körperachse, es fehlt eine vordere Halsgegend. Das ganze vordere Halsdreieck muss sich noch aus- bilden und die Haut desselben entsteht durch Wucherung der Nach- barregionen. Diese Nachbarregionen waren die Regio sterno-cleido- mastoidea und jene, welche ventral von der ersten Kiemenspalte gelagert waren. Die in diesen Regionen sich vertheilenden Nerven wurden in diesen Wachsthumsprocess hineingezogen. Nachdem das Kinn durch eine Einschnürung, welche dem Vorderrande des M. sterno-cleido-mastoideus parallel verlief, frei geworden war, fängt der Kopf an sich zu strecken und es wurden so zu sagen dadurch die in ventraler Richtung verlaufenden Nervenfasern wie ein Fächer entfaltet. Will man aber aller Momente, welche zur Entwicklung der ventralen Halsgegend beitragen, Erwähnung thun, dann muss neben der Streckung des Kopfes die Senkung des ventralen Theiles des Brustkorbes genannt werden. Wie dieser Vorgang im Stande ist, die Vorderfläche des Halses zu verlängern, zeigt der sogenannte paralytische Thorax. Dass dieser Vorgang embryonal stattfindet, folgt daraus, dass die Ebene der vorderen Thoraxapertur embryonal nach hinten, beim Geborenen nach vorn schaut. Sowohl Streckung: des Kopfes als auch Senkung der Brust wirkten wie entfaltend auf die Nerven, welche ursprünglich in der Richtung von dem Winkel zwischen Kinnhöcker und Brust verliefen. Die meist rostralen dieser Nerven fanden ihre Vertheilung über den Knorpelhöckern um die erste Kiemenspalte, woraus die Ohrmuschel sich bildete, und wurden aus einer dorso-ventralen in eine senkrechte Richtung übergeführt. Es war vornehmlich der dritte Spinalnerv, der diesem Einfluss am meisten unterlag. Das Sichausbilden der Schultern und das mehr Selbständigwer- den der Brust waren mehr bestimmend für den Verlauf der Äste des vierten Cervicalnerven. Wenn man bedenkt, dass die obere Extremität sich aus den unteren Halssegmenten, also viel höher als ihre definitive Stellung, entwickelt, dass sie dabei aus demselben Ventralabschnitt ihren Ursprung genommen hat, so folgt daraus, dass ihre Ansatzstelle am Rumpfe während der Entwicklung von oben Die Segmentaldifferenzirung des menschl. Rumpfes u. seiner Extremitäten. I. 539 mehr ventral, nach unten mehr dorsal sich verlagert hat. In dem Abschnitte über die Extremität werden wir den Antheil dieser Verlagerungen für die definitiven topographischen Verhältnisse zu erforschen haben, hier müssen wir uns mit dem Hinweis begnügen, dass diese Vorgänge für den Verlauf des distalen Theiles des Halsnervensystems bestimmend waren. Der vordere Ast des R. lateralis vom vierten Cervicalnerven, der sich proxima! in der un- mittelbaren Nähe der Ansatzstelle der Extremität ausbreitete, und noch zum kleineren Theil sich über den Extremitätenhöcker selbst verzweigte, folgt passiv dem von der Gliedmaße abgelegten Weg. Aus seiner ursprünglichen dorso-ventralen Richtung wurde er in einen rostro-caudalen Verlauf unter strahlenförmiger Entfaltung über- geführt. Schon aus der Innervation der Haut können wir schließen, dass. der rostrale Rand des Extremitätenhöckers bis in das vierte Derma- tom reichte, was sich mit dem Befund deckt, dass auch das vierte Myotom schon an der Bildung von Extremitätenmuskulatur betheiligt war (M. supraspinatus). In Vorstehendem habe ich versucht, die Anatomie des Haut- nervensystems des Halses auf ihre Causalmomente zurückzuführen. Die wichtigsten Charaktere haben eine mechanische Grundlage, die in der Bildung der Körpertheile und äußeren Körperkontouren ge- geben ist. Auch hier ergiebt sich das passive Verhalten des Ner- vensystems. (Fortsetzung folgt.) Litteraturverzeichnis. 1) P. ALBRECHT, Beitrag zur Morphologie des M. omo-hyoideus und der ven- tralen inneren Interbranchialmuskulatur. Kiel 1876. 2) ARNOLD, Handbuch der Anatomie. 1851. 3) AscH, De primo pare nervorum medullae spinalis. Göttingen 1750. 4) C. E. BacH, Annotationes anatomicae de Nervis Hypoglosso et Laryngeis. Turici 1834. 5) C. E. v. 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Die an Triton taeniatus gemachten Beobachtungen, die ich im Folgenden beschreiben will, stehen mit obiger Voraussetzung in gutem Einklange; einer andersartigen Auffassung der speciellen Homologie der Segmente sind sie dagegen durchaus nicht günstig. Untersucht habe ich 200 Exemplare des kleinen Teichmolches, 117 Weibchen und 83 Männchen. DAvIporr> hat gezeigt, dass bei Salamandra maculosa die ven- tralen Äste von vier bisweilen auch fünf Spinalnerven an der Bildung des Plexus sacralis betheiligt sind. Dabei liegt der ganze Plexus bald weiter nach vorn, bald weiter nach hinten, so dass Nerv XIV bis XIX also im Ganzen sechs Spinalnerven bei der Plexusbildung in Frage kommen. Ich habe nun bei Triton taeniatus die Grenzen des Plexus gar nicht berücksichtigt, sondern nur untersucht, welche Nerven den mittleren, stärksten Theil des Plexus bildeten. Ich ging ! Homolog, falls die Grenze zwischen Kopf und Rumpf an homologer Stelle liegt. Diese Grenze hat aber, wie kaum zu bezweifeln, bei verschiedenen Gruppen der Wirbelthiere eine verschiedene Lage. Vgl. PETER, 95. 2 76. 3 84. Über das Wandern der Extremitätenplexus u. des Sacrum bei Triton taeniatus. 545 in der Weise vor, dass ich für jedes Exemplar eine Zählkarte an- fertigte, auf welcher ich die Hauptnerven des Plexus notirte. Den dicksten Nerven des Plexus notirte ich mit 1, von den beiden nächst- benachbarten Nerven, dem proximal und dem distal folgenden, habe ich den diekeren mit 2, den dünneren mit 3 bezeichnet. Waren diese beiden Nerven gleich dick, so bezeichnete ich sie beide mit 2. Waren zwei Nerven gleich dick und zugleich die dieksten Nerven des Plexus, so notirte ich sie beide als 1 und machte keine weiteren Notizen über die Wurzeln des Plexus sacralis. Die beistehende Tabelle A giebt eine Übersicht darüber, welche Nerven das Centrum Tabelle A. Variationen in der Zusammensetzung des Plexus sacralis (Lazen 9 - der aS | Beob. D zu u rg ert Zu oo > > 8 ER =e =a, 5 © — Er iss) 400 Häufigkeit in 9%, des Plexus zusammensetzten und wie häufig die verschiedenen Zu- sammensetzungen angetroffen wurden. Der Kürze wegen habe ich diese Variationen in der Zusammensetzung des Plexus als Lage 1 bis 9 bezeichnet. Wenn der Plexus am weitesten nach hinten liegt (Lage 1), ist Nerv XVI der dickste Nerv des Plexus, Nerv XVII ist dünner als Nerv XV. Bei Lage 2 sind Nerv XVI und XV gleich dick und zugleich die dicksten Nerven des Plexus. Bei den Lagen 3, 4 und 5 ist Nerv XV der dickste Nerv des Plexus, Nery XVI ist dicker, gleich dick oder dünner als Nerv XIV. Bei Lage 6 sind Nerv XV und XIV gleich dick und zugleich die dieksten Nerven des Plexus. Bei den Lagen 7, S und 9 ist Nerv XIV der dickste Nerv des Plexus, Nerv XV ist dieker, gleich dick oder dünner als Nerv XIII. Die extremen Lagen 1 und 9 stehen um zwei volle Segmente von einander ab. Beide Extreme kommen äußerst selten vor. Die dazwischen befindlichen Lagen sind im Allgemeinen um so häufiger, je weiter sie vom Extrem .abstehen. Lage 5, die zwischen beiden Morpholog. Jahrbuch. 25. 36 546 H. Adolphi Extremen gerade in der Mitte steht, ist bei Weitem die häufigste, sie vereinigt nahezu 2/, aller Fälle auf sich. Weleher innere Zusammenhang besteht nun zwischen dieser Lage 5 und den extremen Lagen 1 und 9? Einer älteren Auffas- sung! folgend, müsste man annehmen, Lage 1 sei aus Lage 5, die als Norm zu gelten hätte, hervorgegangen, indem ein neues prä- sacrales Segment eingeschoben wurde. Lage 9 dagegen sei aus Lage 5 hervorgegangen, indem ein präsacrales Segment ausfiel. Die Übergangsformen bleiben dabei unerklärt. Eine Modifikation dieser Auffassung ist die WELCKER’sche? Lehre von der Umtheilung. Ich werde auf dieselbe weiter unten zurück- kommen. Die Auffassung RosENBERG’s? ist völlig abweichend. Nach ihm wandern die Extremitäten in einer gewissen Richtung (in dem Falle, den ROSENBERG behandelt, die hintere Extremität der Primaten nach vorn zu). Der zugehörige Nervenplexus wandert mit, er verändert seine Lage, indem an dem einen Ende neue Nerven in den Plexus aufgenommen werden, während an dem anderen Ende die Nerven aus dem Bestande des Plexus ausscheiden. Danach ist das eine Extrem in der Lage des Plexus als der primitivste zur Zeit noch vorkommende Zustand zu betrachten, während das andere Extrem den am weitesten fortgeschrittenen Zustand darstellt. Die Seltenheit der Extreme, das Vorkommen aller Übergangsformen und die immer mehr zunehmende Häufigkeit der mittleren Formen stimmt mit dieser Auffassung gut überein. An der Bildung des Plexus brachialis betheiligen sich bei den urodelen Amphibien meist die ventralen Äste der Nerven II bis V. FÜRBRINGER* hat den Plexus brachialis von Siredon piseiformis, Proteus anguineus und Salamandra maculata genau beschrieben und abgebildet. Ich habe bei Triton taeniatus auf den Zählkarten nur das Verhalten der Hauptnerven III und IV notirt. Nerv IV war dicker, gleich dick oder dünner als Nerv IH. Der Kürze wegen bezeichnete ich diese Variationen in der Zusammensetzung des Plexus wieder als Lage 1, 2 und 3. Die erste Lage umfasst, wie Tabelle B zeigt, ziemlich genau '/, aller Fälle, der zweite etwas mehr, der dritte etwas weniger als !/,. Der Diekenunterschied zwi- schen Nerv IV und III war meist gering, in extremen Fällen aber 1 vy, IHERING, 78. 2 78. 3 76. 4 73, pag. 251 ff. und Taf. XIV. Über das Wandern der Extremitätenplexus u. des Sacrum bei Triton taeniatus. 547 sehr bedeutend. Bei einigen Plexus war der Durchmesser von Nerv IV dreimal so groß wie der Durchmesser von Nerv Iil, in Tabelle B. Variationen in der Zusammensetzung des Plexus brachialis (Lagen) 1 Hauptnerven Ill des Plexus brach. IV Anzahl der Beob. Häufigkeit in P/, anderen gleichfalls sehr seltenen Fällen war das Verhältnis umge- kehrt. Die Querschnitte beider Nerven verhielten sich demnach in extremen Fällen wie 9:1 resp. wie 1:9. Tabelle C. Lagen des Plexus brachialis 2 | Anzahl Anzahl | der if der | | Beob. Beob. | Lagen des Plexus sacralis bo = 3 1 5 6 (100,0) | 9 | (100,0 Mm «1 Summe 5 i \ Er 295 5 5) der Beob. ® ‘ Jr Z 28.0 Es ist nun die Frage, ob zwischen der verschiedenen Zusammen- setzung des Plexus sacralis und des Plexus brachialis eine Beziehung besteht. Tabelle C giebt hierauf Antwort. Die Tabelle giebt zu- nächst in absoluten Zahlen an, wie häufig bei jeder Lage des Plexus sacralis die verschiedenen Lagen des Plexus brachialis vorkommen. 36* 548 H. Adolphi Die procentische Häufigkeit ist in Klammern nebenbei gesetzt. Aus letzteren Zahlen geht ganz deutlich hervor, dass, während der Plexus sacralis seinen Schwerpunkt nach dem Kopfe zu verlegt, die Fälle, in denen Nerv IV dicker ist als Nerv Ill, immer seltener werden, die Fälle dagegen immer häufiger werden, in denen Nerv III dieker ist als Nerv IV. Bei extrem distaler Lage des Plexus sacralis ist immer Nerv IV der Hauptnerv des Plexus brachialis, bei extrem proximaler ist es immer Nerv III. Es ist somit über jeden Zweifel erhaben, dass einerseits die mehr distale Lage der beiden Plexus zusammengehört, während andererseits die mehr proximale Lage beider Plexus wiederum zusammengehört. Demnach wandern beide Plexus in der gleichen Richtung‘. Welches ist nun diese Richtung? Wenn man berücksichtigt, dass bei den Derotremen und Perennibranchiaten beide Plexus weiter distal, bei den Anuren beide Plexus weiter proximal gelegen sind, so erscheint die Annahme berechtigt, dass bei Triton taeniatus beide Extremitätenplexus nach dem Kopfe zu wandern. Das Saerum der urodelen Amphibien besteht in der Regel aus einem einzigen Wirbel, der jederseits eine starke, gelenkig mit ihm verbundene Rippe trägt. Diese Sacralrippe ist bei Triton taeniatus nach hinten und außen gerichtet. Das laterale Ende ist noch be- sonders nach außen gekrümmt. Im Allgemeinen ist die Sacralrippe nach außen zu kegelförmig verjüngt, das äußerste Ende ist meist wieder knopfförmig verdickt. Das Ende des Ileum ist nach innen und vorn gekrümmt, es liegt der Saeralrippe von vorn und außen her an. Beide Skeletstücke sind gelenkig mit einander verbunden. Ein derartiges, aus einem einzigen Wirbel bestehendes Sacrum fand ich unter den 200 untersuchten Exemplaren von Triton taenia- tus 181mal. Bei den übrigen 19 Exemplaren betheiligten sich zwei Wirbel an der Bildung des Sacrum. In Frage kommen dabei immer nur Wirbel XV und XIV, sei es, dass sie beide zusammen das Sa- crum bilden, sei es, dass einer von beiden der alleinige Sacral- wirbel ist. An Wirbel XV und XIV können, wenn man zunächst nur eine 1 Auch neun Exemplare von Siredon piseiformis habe ich auf ihre Extre- mitätenplexus hin untersucht. Es fanden sich Variationen in der Zusammen- setzung sowohl des Plexus sacralis als auch des Plexus brachialis. Eine Zu- sammenstellung der Befunde ergab, dass bei Siredon, ganz wie bei Triton, die beiden Plexus in der gleichen Richtung wandern. Über das Wandern der Extremitätenplexus u. des Sacrum bei Triton taeniatus. 549 Körperhälfte berücksichtigt, vier verschiedene Zustände unterschieden werden: a) Wirbel XV trägt die Sacralrippe, Wirbel XIV eine kleine freie Rippe. b) Wirbel XV und XIV tragen je eine starke Rippe. Die Rippe des Wirbel XIV ist so stark nach hinten gerichtet, dass ihr Ende die Rippe des Wirbel XV erreicht. Letztere ist relativ kurz. Das dorsale Ende des Ileum liegt von vorn und außen her beiden Rippen an und artikulirt mit beiden Rippen. Es sind also auf einer Körper- seite zwei Sacralrippen vorhanden. ec) Wirbel XIV trägt die Sacralrippe, Wirbel XV eine kurze, freie Rippe; ihre Gestalt ist kegelförmig. d) Wirbel XIV trägt die Sacralrippe, Wirbel XV trägt keine Rippe. Von diesen vier Zuständen ist der erste als der primitivste, der letzte als der am weitesten fortgeschrittene zu betrachten. Zustand a kam 116mal vor, 4 5mal, ce 2imal und d 258mal. Das giebt in Summa 400 Körperhälften. Dadurch nun, dass die Wanderung des Sacrum nicht immer auf beiden Körperhälften gleich weit fortge- schritten ist, kommen mannigfache Formen der Sacralregion zu Stande. Je vier Zustände einer Körperhälfte können sich mit je vier Zuständen der anderen Körperhälfte kombiniren, daher sind an Fig. 1—7. Wirbel XIV und XV von sieben Individuen in ventraler Ansicht. sich 16 verschiedene Kombinationen denkbar. Von diesen 16 Kom- binationen habe ich 12 in der That angetroffen. Die vier fehlenden sind: beiderseits 4; links 4 — rechts ce; links e — rechts 5; links a — rechts c. Es fehlten also die Kombinationen nach Maßgabe der Seltenheit des einseitigen Vorkommens der Zustände. Obenstehend sind Wirbel XIV und XV von sieben verschie- denen Individuen in ventraler Ansicht abgebildet. In den Fig. 1 550 H. Adolphi bis 4 behält die rechte Körperhälfte mit der Ausbildung der Rippe des Wirbel XV als Sacralrippe ihren primitiven Zustand bei, wäh- rend auf der linken Seite die sacrale Funktion von der Rippe des Wirbel XV auf die Rippe des Wirbel XIV übergeht, worauf die Rippe des Wirbel XV zunächst an Größe abnimmt und dann voll- ständig schwindet. In den Fig. 5 bis 7 folgt die rechte Seite in der Umbildung nach, so dass Wirbel XIV zum alleinigen Sacral- wirbel wird und Wirbel XV beiderseits seine freie Rippe verliert. Fast alle von mir untersuchten Exemplare entsprachen den Fig. 1 bis 7 oder dem Spiegelbilde der Fig. 2 bis 6. Fig. 1 ent- sprachen 50 Exemplare, Fig. 2 — 1 Exemplar, dem Spiegelbilde — 1 Exemplar, Fig. 3 — 1 Exemplar, Fig. 4 — 9 Exemplare, dem Spiegelbilde — 4 Exemplare, Fig. 5 — 1 Exem- Fig. 8. plar, dem Spiegelbilde — 2 Exemplare, Fig. 6 — I 7 Exemplare, dem Spiegelbilde — 7 Exemplare, a Ss Fig. 7 — 114 Exemplare. Das sind in Summa =) 197 Exemplare. Bei den iibrigbleibenden drei Er Exemplaren trug Wirbel XIV beiderseits eine Sa- Wirbel XIV ana xv in ralrippe, Wirbel XV beiderseits eine freie, knö- ventraler Ansicht. cherne Rippe. Ein derartiges Individuum ist in Fig. 8 abgebildet. Die den Fig. 8, 6 und 7 entsprechenden Exemplare haben das Gemeinsame, dass bei ihnen Wirbel XIV der alleinige Sacralwirbel ist. Es sind im Ganzen 131 Exemplare. Bei 50 Exemplaren ist Wirbel XV der alleinige Sacralwirbel. Das giebt in Summa 181 Exemplare mit nur einem Sacralwirbel. Bei den übrigen 19 Exem- plaren betheiligen sich zwei Wirbel an der Bildung des Sacrum!. Dass die Wanderung des Plexus sacralis und des Sacrum die gleiche Richtung einhalten, ist eine innere Nothwendigkeit, denn beide Vorgänge sind durch die Wanderung der Extremität bedingt. Wie eng beide Vorgänge mit einander verknüpft sind, lässt |sich aus Tabelle D ersehen. Bei den Lagen 1 und 2 des Plexus sa- cralis artikulirt das Ileum immer mit der Rippe des Wirbel XV, bei den Lagen 6 bis 9 immer mit der Rippe des Wirbel XIV. Bei den 1 CLAus (86, pag. 810) macht die Angabe, bei Triton taeniatus scheine der Beckengürtel dem Wirbel XVI anzugehören. Ich habe diesen Wirbel nie als Sacralwirbel angetroffen, dagegen in 2/3 der Fälle Wirbel XIV. Somit ist der hier vorkommende kleine Teichmolch dem mitteleuropäischen gegenüber als Varietät anzusehen. Meine Exemplare habe ich alle im Frühjahre 1892 in einem kleinen Wassertümpel in der Nähe der Stadt Dorpat gefangen. Uber das Wandern der Extremitätenplexus u. des Sacrum bei Triton taeniatus. 551 Lagen 3 bis 5 kommen alle drei Artikulationsarten des Ileum vor, wobei die Rippe des Wirbel XV mit abnehmender, die Rippe des Wirbel XIV mit zunehmender Häufigkeit als Sacralrippe auftritt. Ist somit die Gemeinsamkeit des Wanderns von Plexus und Sa- crum erwiesen, so besteht zwischen beiden Vorgängen doch ein be- merkenswerther Unterschied. Die Umbildung des Plexus findet ganz allmählich statt. Die Fälle nehmen nach einem Maximum hin an Häufigkeit zu und jenseits desselben wieder ab. Die Wanderung des Sacrum findet mehr sprungweise statt. Es ist gleich, ob man die einzelnen Körperhälften oder die Individuen als Ausgangspunkt Tabelle D. Das Ileum artikulirt mit den Rippen der Wirbel | XV XV und XIV XIV || Anzahl | Anzahl | Anzahl || en den || der % | der | % der | % der ze: pace Beob. | Beob. | Beob. | Beob. 1 3 (100,0)| — — — (—) 3 2 Mer. Oh ML ul 44 7 3 30 (83,3)| 2 5,6) | 4 (11) 36 4 Mies (SU) la... 26 5 55 (22,0) 3 (1,2) | 192 (76,8) | 250 6 ee ei LS (100.0) |: 52 7 — — — — 20 (100,0) 20 8 9 ıi- Wl 8 2 (100,0)| : ne nl GE 280. |e Bio |, (tae | 279 69.8 wo | der Betrachtung wählt, in beiden Fällen ergeben sich für die Lage des Sacrum zwei Maxima. An den Körperhälften ist meist entweder die Rippe des Wirbel XV oder die Rippe des Wirbel XIV alleinige Sacralrippe. Am Individuum ist meist entweder Wirbel XV oder Wirbel XIV alleiniger Sacralwirbel. Die dazwischen liegenden Über- gangsformen sind zwar vorhanden, aber relativ selten. Der Grund ist ein mechanischer. Die gleichzeitige Artikulation eines lleum an zwei Rippen beeinträchtigt die Beweglichkeit der Wirbelsäule, die z. B. beim Schwimmen stark in Anspruch genommen wird. Die Artikulation beider Ilea an den Rippen zweier verschiedener Wirbel beeinträchtigt die Festigkeit des Stützpunktes der Beine beim Gehen. Es ist somit für die Amphibien am vortheilhaftesten, wenn der 992 H. Adolphi Beckengürtel beiderseits an die Rippe eines und desselben Wirbels angelenkt ist. Dieser günstigste Fall war denn auch bei 181 unter 200 Exemplaren verwirklicht, also in 90,5%. Die Übergangsformen kommen aber immerhin vor, und das ist mir ein Beweis, dass das Sacrum durch Umbildung der Wirbel XV und XIV vorrückt, dass es also wandert. Diese Übergangsformen machen in keiner Weise den Eindruck, als seien sie durch irgend einen pathologischen Vorgang zu Stande gekommen. Sollte aber Jemand trotzdem denselben die Beweiskraft absprechen und, sie bei Seite lassend, nach WELCKER den inneren Zusammenhang zwischen den 50 Exemplaren, bei welchen Wirbel XV Sacralwirbel ist, und den 131 Exemplaren, bei welchen Wirbel XIV Sacralwirbel ist, darin sehen, dass der präsacrale Theil der Wirbel- säule bei der einen Gruppe in 14, bei der anderen in 13 Segmente zerfallen sei, so lässt sich eine solche Annahme mit mehreren Er- gebnissen der Beobachtung sehr schlecht vereinigen. Je nachdem, ob Wirbel XV oder XIV Saeralwirbel ist, kommen in der Lage des Plexus sacralis zu diesem Sacralwirbel sehr be- merkenswerthe Unterschiede vor. Der dickste Nerv des Plexus liegt dicht hinter oder dicht vor dem Sacralwirbel, oder es giebt zwei dickste Nerven, und dann liegt der eine vor, der andere hinter dem Sacralwirbel. Bei den 50 Exemplaren mit Wirbel XV als Sacral- wirbel lag der erste Hauptnerv des Plexus 3mal hinter dem Sacrum, 7mal gab es zwei erste Hauptnerven, von denen der eine vor, der andere hinter dem Sacrum lag, 90mal lag der erste Hauptnerv vor dem Sacrum. Bei den 131 Exemplaren mit Wirbel XIV als Sacral- wirbel kamen die entsprechenden Lagen des Plexus 185, 52 und 25 mal vor. Procentisch berechnet ergeben sich 3,0%, 7,09% und 90,0% gegen 70,6%, 19,8% und 9,5%. Somit liegt, wenn Wirbel XV Sacralwirbel ist, der Schwerpunkt des Plexus fast immer vor dem Sacrum, wenn aber Wirbel XIV Sacralwirbel ist, so liegt dieser Schwerpunkt meist hinter dem Sacrum, Durch die Annahme der Umtheilung lässt sich ein solches Verhalten gar nicht erklären. Man müsste erwarten, dass der Schwerpunkt des Plexus seine Lage zum Sacrum beibehält, gleichviel ob der präsacrale Abschnitt des Rumpfes in 14 oder 13 Segmente zerfällt. Die Annahme der Wanderung von Sacrum und Plexus erklärt dagegen diesen Befund ganz ungezwungen. Gegen die Umtheilung spricht ferner das Verhalten der post- sacralen Rippen. Bei den 50 Exemplaren mit Wirbel XV als Sa- Uber das Wandern der Extremitätenplexus u. des Sacrum bei Triton taeniatus. 553 eralwirbel habe ich keine einzige postsacrale Rippe gefunden!. Bei den 131 Exemplaren mit Wirbel XIV als Sacralwirbel fand ich am ‚ersten postsacralen Wirbel 3mal doppelseitig und 14mal einseitig eine wohlverknöcherte, freie Rippe. Es ist nun aber doch wirklich ganz unbegreiflich, wie die Theilung des präsacralen Rumpfab- schnittes in 13 Segmente die Entstehung einer postsacralen Rippe begünstigen sollte, während die Theilung des präsacralen Rumpf- abschnittes in 14 Segmente die Entstehung einer solchen Rippe unterdrückt. Es ist hier so recht deutlich zu sehen, wie viel besser die Hypothese ROSENnBERG’s den Thatsachen entspricht als die Hypo- these WELCKER’S. © Die Lage der unteren Bögen habe ich nicht untersucht. Es ist aber anzunehmen, dass bei Triton taeniatus der erste untere Bogen im Allgemeinen weiter nach vorn liegt, wenn das Sacrum weiter nach vorn liegt und umgekehrt; dass also beide Verschiebungen die gleiche Richtung einschlagen. Dem entsprechende Beobachtungen haben CrAus? an Salamandra maculosa, PARKER? an Necturus und ROSENBERG! an Myrmecophaga jubata gemacht. Craus hat hieraus ganz konsequent gefolgert:: wandert das Sacrum nach dem Kopfe zu, so müssen wir annehmen, dass bereits verlustig gegangene untere Bogenstücke von Neuem gebildet werden. Wie eine derartige Neu- bildung zu Stande käme, sei nicht wohl einzusehen, CLAus hält da- her die Wanderung des Sacrum nach dem Schwanz zu für wahr- scheinlicher. Nun scheint es mir aber doch, dass, so lange nicht der Gegenbeweis geliefert ist, mit der Möglichkeit einer derartigen Neubildung gerechnet werden darf, und dass die von mir auf pag. 548 angeführten Gründe mit Bestimmtheit für ein Wandern des Plexus sacralis und damit auch des Sacrum nach dem Kopf zu sprechen. CREDNER® hat über Branchiosaurus amblystomus Beobachtungen veröffentlicht, welche dafür sprechen, dass bei diesem Stegocephalen der Beekengürtel im Laufe der ontogenetischen Entwickelung um mehrere Segmente in distaler Richtung fortrückt. Wanderte hier also die hintere Extremität in anderer Richtung wie bei Triton tae- niatus und war dieses bei allen Stegocephalen der Fall, so muss, da die recenten Amphibien als von ihnen abstammend gelten können, eine Umkehr des Phänomens der Wanderung stattgefunden haben. 1 Eben so wenig bei zehn weiteren Exemplaren mit Wirbel XV als Sacral- wirbel, die ich behufs mikroskopischer Untersuchung in Schnittserien zerlegte. 2 76. 3 96. 4 96. 5 86, pag. 620. 554 H. Adolphi, Über das Wandern der Extremitätenplexus ete. Ergebnisse. 1) Bei Triton taeniatus wandern beide Extremitätenplexus, der Plexus sacralis und der Plexus brachialis, in der gleichen Richtung. 2) Aus vergleichend-anatomischen Gründen ist anzunehmen, dass die Richtung dieser Wanderung die proximale ist. 3) Das Sacrum wandert gleichfalls nach dem Kopfe zu. 4) Die Annahme einer Umtheilung der Wirbelsäule im Sinne WELCKER’s wird durch die an Triton taeniatus gemachten Beobach- tungen nicht gestützt. 1875. 76. 76. 78. 96. 96. 4. November Jurjew (Dorpat), den ——————_ 1897. 23. Oktober Verzeichnis der citirten Litteratur. M. FÜRBRINGER, Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln. Theil I. Jenaische Zeitschrift. Bd. VII. pag. 237—320. E. ROSENBERG, Uber die Entwickelung der Wirbelsäule und das Centrale carpi des Menschen. Morph. Jahrbuch. Bd.I. pag. 83—197. C. CrAaus, Beiträge zur vergleichenden Osteologie der Vertebraten. Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der kais. Akad. der Wissen- schaften. Bd. LXXIV. I. Abth. pag. 785—818. H. v. IHERING, Das peripherische Nervensystem der Wirbelthiere als Grundlage für die Kenntnis der Regionenbildung der Wirbelsäule. . H. WELcKER, Zur Lehre vom Bau und Entwickelung der Wirbelsäule. Zoolog. Anzeiger. Jahrgang I. pag. 291—295 und 311—314. . M. Davivorr, Über die Varietäten des Plexus lumbo-sacralis von Sala- mandra maculosa. Morph. Jahrbuch. Bd. IX. pag. 401—414. . H. CREDNER, Die Stegocephalen aus dem Rothliegenden des Plauenschen Grundes bei Dresden. Theil VI. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XXXVIII. pag. 576—633. . K. PETER, Uber die Bedeutung des Atlas der Amphibien. Anatom. An- zeiger. Bd. X. pag. 565—574. G. H. PARKER, Variations in the vertebral Column of Necturus. Anatom. Anzeiger. Bd. XI. pag. 711—717. E. ROSENBERG, Uber die Wirbelsäule der Myrmecophaga jubata Linné. Festschrift zum siebenzigsten Geburtstage von CARL GEGENBAUR. Bd. II. Die Entwicklung und funktionelle Gestaltung des Schädels von Ichthyophis glutinosus. Von Dr. Karl Peter, Assistent am anatom. Institut der Universität Breslau. (Aus dem anatomischen Institut zu Breslau.) Mit Tafel XIX—XXI und 1 Figur im Text. Der Schädel der Gymnophionen hat von jeher die Aufmerk- samkeit der vergleichenden Anatomen auf sich gezogen, hauptsäch- lich in Folge seiner festen, vom Amphibientypus scheinbar so ab- weichenden Bauart. Man suchte zwar die Kopfknochen denen der Urodelen zu homologisiren, stieß dabei aber, da nur erwachsene Thiere untersucht wurden, auf mancherlei Schwierigkeiten. So kommt es, dass selbst die neuesten Bearbeitungen des Kopfskelets der Blindwühlen, wie sie WIEDERSHEIM in seiner »Anatomie der Gymnophionen« von verschiedenen Arten und die Vettern SARASIN in ihrem prächtigen Werke »Ergebnisse naturwissenschaftlicher For- schungen auf Ceylon« von Ichthyophis glutinosus gaben, trotz ihrer Genauigkeit doch noch einige Punkte nicht sicher zu stellen vermochten, die nur auf Grund der Entwicklungsgeschichte des Kopfes erklärt werden können. Es versprach also die Erforschung der On- togenese des Blindwühlenschädels interessante Aufschlüsse. Ich ver- danke es der entgegenkommenden Liebenswürdigkeit der Herren SARASIN, dass ich in den Stand gesetzt wurde, Embryonen und Lar- ven von Ichthyophis glutinosus zu untersuchen. Die Herren stellten mir eine reiche Auswahl ihres kostbaren Materials zur Verfügung; es sei ihnen dafür auch hier der herzlichste Dank dargebracht. Karl Peter on or (or) Material und Methode. Zur Untersuchung lagen mir folgende Stadien vor: I. Embryonen. A. Embryo mit groBem, noch nicht gewundenen Dotter und kurzen Kiemen, etwa gleich Fig. 35 Taf. IV des SARASIN- schen Werkes. B., C., D. ziemlich gleichen Stadiums wie Fig. 43 Taf. V, mit gedrehtem Dotter und langen Kiemen. E. Embryo mit deutlicher Ringelung, gleich Taf. V Fig. 46. II. Larven in verschiedenen Größen. Drei — willkürlich ge- wählte — Stadien wurden unterschieden. A. Länge 8,8 em. Keine Andeutung des Seitenstreifs. B. Länge 10 em. Seitenstreif undeutlich, Kiemenloch bei- derseits offen. C. Länge 16 cm. Seitenstreif deutlich, Kiemenloch ge- schlossen. Tentakel vom Auge entfernt, Flossensaum geschwunden. Das Material, welches in Chromsäure fixirt war, wurde aus dem 80%igen Alkohol in allmählich verstärkten Spiritus gebracht; in 96 %igem wurde durch Zusatz von 20%iger koncentrirter Salpeter- säure nach THoma entkalkt. Die Embryonen blieben drei Tage in dieser Flüssigkeit, während der schon stark verknöcherte Kopf der Larven fast eine Woche zur Entkalkung néthig hatte. Darauf wurden die Objekte in 96%igem Alkohol, der über einer Schicht von kohlen- saurem Kalk stand, in zwei bis drei Tagen entsäuert. Für die älteren Larven und ausgewachsenen Thiere erwies sich diese Me- thode jedoch als nicht zureichend; hier leistete mir die Phloroglucin- methode nach v. KAHLDEN gute Dienste. Die Färbung erfolgte mittels DELAFIELD’schem Hämatoxylin (Stückfärbung) und mit saurer Orangelösung (auf dem Objekttriger). Die für Nervenuntersuchungen bestimmten Larven wurden nach der von v. PLESSEN und Rapinovicz angegebenen Modifikation der Kuurscuirzky’schen Markscheidenfärbung behandelt. Entfernen der Linse, welche bei Tritonen ein Schnitthindernis darstellt, erwies sich hier nicht als nothwendig, da das rudimentäre Organ dem Messer keinen Widerstand bot. Eingebettet wurde, wenn möglich, in Paraffin. Nur die ältesten Larven und ausgewachsenen Exemplare, deren Knochen selbst ent- kalkt im heißen Paraffin zu hart wurden, um sich schneiden zu Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 557 lassen, schloss ich nach den Vorschriften von Aparuy (Zeitschrift für wissenschaftl. Mikroskopie und mikrosk. Technik. Bd. VI. 1889) in Celloidin ein; so ließen sich noch lückenlose Serien von 30 bis 40 u Dicke erzielen. An den Paraffinblöcken wurden, um nach den 15—20 w dieken Serien Rekonstruktion mittels Born’scher Methode zu ermöglichen, Definirebenen in bekannter Weise angebracht. Herr Professor Born, der mir während der ganzen Arbeit stets mit Rath und That hilfreich zur Seite stand, wofür ich ihm herz- lichst danke, hat dem Anstreichen der Ebene besondere Aufmerk- samkeit gewidmet, und wir haben als zweckmäßigstes Mittel dafür folgende Mischung gefunden: 10 Tropfen Mayer’sche Klebmasse aus frischem Hühnereiweiß wurden mit 1 Tropfen 1%iger Essigsäure und Neutralschwarz (Temperafarbe, in Tuben) so viel, dass die Mischung dünnflüssige Konsistenz behält, in einem Porzellanschälchen gut verrieben und mittels weichen Pinsels in dünner Schicht auf Definirebene und deren Ritzen aufgetragen. Der Block wird alsdann etwa !/, Stunde auf den Wärmeschrank gestellt, damit die Farbe etwas antrocknet, hierauf in absoluten Alkohol getaucht, der das Eiweiß fällt und das Glycerin auszieht, und dann wiederum 15 Minuten trocknen gelassen. Da bei dieser Procedur die Schwärze nicht am Paraffin haften blieb, wurde die Fläche noch vorsichtig mit Schellackfixativ bestrichen. Nach nochmaligem gründ- lichen Trocknen (15 Minuten auf dem Wärmeschrank) taucht man den Block mehrmals, aber nur für Momente, in Paraffin, das auf unge- fähr 75° erhitzt ist, so dass sich noch eine feste Paraffinschicht um die Ebene legt. Bei so behandelten Objekten bröckelte die Farbe beim Schneiden nie ab. Natürlich darf man den Block nicht lange im heißen Paraffin lassen, da sonst die Farbschicht abschmilzt. Ein ausgiebiges Trocknen vorher auf dem Wärmeschrank scheint das An- kleben der Schwärze günstig zu beeinflussen. Unsere Arbeit zerfällt in drei ungleich große Abschnitte: der erste beschäftigt sich speciell mit der Entwicklung des Blind- wühlenschädels und dem morphologischen Werth seiner Bestandtheile; — im zweiten Theil wird die biologische Bedeutung des Kopfskelettes der Gymnophionen und zum Vergleiche der Kopf zweier ebenfalls grabenden Reptiliengruppen, der Amphisbänen und Typhlopiden, einer näheren Besprechung gewürdigt werden; — endlich wird sich drittens, hauptsächlich auf Grund obiger Untersuchungen, anhangsweise eine 558 Karl Peter allgemeine Betrachtung über Wesen und Wirkungsweise der Kon- vergenz anschließen. Den ersten Abschnitt glaube ich trotz der Gefahr unvermeid- licher Wiederholungen vom zweiten trennen zu können, da sich mir so die Möglichkeit bot, die interessanten Eigenheiten, die sich im ersten Theil ergaben, im Zusammenhang auf ihre physiologische Ur- sache hin zu behandeln. Erster Abschnitt. Die Entwicklung des Blindwühlenschädels. Wir können hier gleich wieder zwei Unterabtheilungen bilden, indem wir gesondert 1) Bau und Entwicklung des knorpeligen Primordialerani- ums, und 2) die Entstehung des knöchernen Schädels besprechen, wo- bei auch auf ein interessantes Verhalten der Occipitalnerven Rücksicht genommen werden wird. I. Das Primordialeranium von Ichthyophis glutinosus. Das Primordialeranium von Ichthyophis zeigt sich — um dies gleich vorauszunehmen — in den verschiedenen Stadien seiner Entwicklung sehr gleichförmig. Es macht mit Ausnahme der Eth- moidalregion keine beträchtlichen Veränderungen durch; die vor- knorpelige Anlage wandelt sich einfach in echten Knorpel um, ohne diesem eine weitere Ausbreitung zu gestatten. Es liegen daher auch bei unserem frühesten Stadium die Verhältnisse im Großen und Ganzen wie bei späteren Embryonen, und wir können uns zur Orientirung gut des Modells bedienen, das nach dem Embryo J D aufgebaut ist. Hierbei wurde nur der Knorpel modellirt, der an den meisten Stellen bereits entwickelte Knochen aber nicht berücksichtigt. In der Nasengegend ist auch die vorknorpelige Anlage mitgezeichnet worden, wodurch freilich ein subjektives Moment in die Rekonstruk- tion eindringen musste, da wir alle Übergänge von zellreichem Binde- gewebe zu echtem Knorpel antreffen. Über das Primordialeranium der Gymnophionen finden sich noch nirgends Angaben, da es allein an Larven studirt werden konnte. Die einschlägige Litteratur der übrigen Amphibien, Urodelen wie Anuren, ist in Gaupp’s (1893) ausführlicher Arbeit »Primordial- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 559 eranium und Kieferbogen von Rana fusca« genau angeführt und be- sprochen, so dass ich davon völlig Abstand nehmen kann. Herrn Professor GAupP bin ich auch noch zu großem Dank verpflichtet für die Freundlichkeit, mir zwei seiner noch nicht beschriebenen Modelle, und zwar das einer Tritonlarve und das eines jungen Siredon zu schieken, so dass mir zum Vergleich alle Hilfsmittel zu Gebote standen. Betrachten wir unser Modell (Figg. 1, 2) erst auf seine allge- meine Gestalt, so fällt uns die äußerst geringe Ausdehnung des Knorpels auf, wobei zu bedenken ist, dass wir im Ganzen den höch- sten Entwicklungszustand des Knorpelschädels vor uns haben. An Stelle der kompakten Massen, wie sie z. B. ein knorpeliger Tritonen- schädel aufweist, finden wir nur ein zartes Sparrenwerk, das große Öffnungen in weitem Bogen umkreist, — und wo wir auf zusammen- hängende Platten stoßen, erweisen sich auch diese als außerordent- lich zart und dünn. Dass dieses Verhalten sehr erschwerend für den Aufbau des Modells war, liegt auf der Hand. Ziehen wir nun in Betracht, worauf GAupp mehrfach hinweist, dass bei der Bildung des Primordialeranium sich zuerst ein Gerüst anlegt, welches in großen Zügen die definitive Form vorzeichnet und sich aus einzelnen Spangen zusammensetzt, welche die Nerven- und sonstige Öffnungen weit umkreisen, so drängt sich uns der Gedanke auf, dass wir es hier mit dem Embryonalstadium eines Knorpel- schädels zu thun haben, das sich aus später zu erörternden Gründen nicht im gleichen Maße wie bei anderen Amphibien entwickelt. Dies im Einzelnen nachzuweisen wird jetzt unsere Aufgabe sein. Leider zeigt der jüngste Embryo schon das ganze Skelet mehr oder weniger deutlich vorknorpelig ausgebildet, und so entziehen sich die ersten Anlagen desselben der Untersuchung; da wir aber eine in wichtigeren Punkten sehr beträchtliche Ähnlichkeit des Pri- mordialeranium unserer Gymnophionen mit dem der Urodelen finden werden, so, glaube ich, würde auch in obiger Beziehung nichts Neues geboten werden, und wir können auch hier völlige Übereinstimmung voraussetzen. Gehen wir jetzt zur Betrachtung der einzelnen Theile über, wo- bei wir die altbewährte Eintheilung in Oceipital-, Labyrinth-, Orbital- und Ethmoidalregion beibehalten. Da ich das Prim- ordialeranium im Stadium seiner höchsten Ausbildung modellirt habe, so halte ich es für das Gerathenste, um ein klares Bild vom Aufbau des Knorpelskelets geben zu können, erst an der Hand des Modells den fertigen Zustand zu beschreiben, um hieran so weit mög- 560 Karl Peter lich die Entstehung desselben nach Querschnitten der Serie J A an- zuschließen. Es liegen ja, wie erwähnt, die Verhältnisse hier nur wenig anders, und nur die verschiedene Entwicklung des Vorknor- pels lässt auf die zeitliche Aufeinanderfolge der Bildung schließen. Die endliche Rückbildung des Knorpels bringt ein besonderer Ab- schnitt im Zusammenhang. A. Occipitalregion. a. Occipitalbogen. Die Hinterhauptgegend zeigt bei Ichthyophis-Embryonen (Figg. 1 bis 3) eine sehr geringe Ausdehnung. Wir finden beiderseits flache kon- vexe Gelenkhöcker (cond.occ), welche in die entsprechenden Dellen des Atlas passen, und von ihnen ausgehend zwei das weite Foramen pro nervo vago hinten und ventral resp. dorsal umgreifende Knorpel- spangen, welche dicht ans Gehirn anschließend nach vorn und nach der Seite ziehen. Die obere Spange, welche den Srönr'schen » Bogen des Oceipitalwirbels« darstellt, verliert bald ihren in dorso-ventraler Richtung längsovalen Querschnitt und wird drehrund; sie erreicht, stets in gleicher Höhe bleibend, den Anschluss an das hintere Ende der Ohrkapsel, mit dem sie etwas nach der Medianlinie zu verschmilzt. Die ventralen Spangen verwachsen am Hinterende des Nervenlochs unterhalb des Gehirns mit einander und bilden auf eine kurze Strecke eine schmale Oceipitalplatte (o.p). Bald trennen sich die beider- seitigen Komponenten derselben wieder und setzen sich unter Bei- behaltung ihrer cranialen Richtung als abgeplattete Bänder am seitlich unteren Rande des Centralorgans liegend mit den inneren unteren Theilen der Ohrkapsel in kontinuirliche Verbindung. Alle diese Theile bestehen aus völlig entwickeltem Knorpel, dessen Zellen durch reichliche hyaline Substanz getrennt werden. Interessante Verhältnisse weist nun unser frühestes Sta- dium auf. | Die Occipitalbogen bestehen bereits aus gut ausgebildetem jungen Knorpel: eingekapselte Zellen, fast ohne Zwischensubstanz dicht an einander gelagert. Dorsal und ventral haben die beiden Spangen sich an die betreffenden Abschnitte der Labyrinthkapsel angeschlossen, so dass eine vom übrigen Schädel getrennte Anlage des Hinterhaupt- theils nieht mehr zur Beobachtuug kam. Die ventral gelegenen Knorpelzüge verbreitern sich bedeutend nach der Medianebene zu, treffen auf die noch wohl entwickelte Chorda und schließen mittels Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 561 einer dünnen Zellschicht ventral von derselben zusammen. Dieses Verbindungsgewebe (Fig. 4 v.g) hat aber ein noch weniger ent- wickeltes Aussehen, indem pur vereinzelt Kapselzellen in den groß- kernigen Vorknorpel eingesprengt sind. Hierdurch wird seine spätere Bildung und somit, was STÖHrR schon bei den Urodelen zeigt, ein paariges Entstehen der Occipitalplatte nachgewiesen. Eine Zwischenstellung nimmt Embryo Z B ein (Fig. 5), der etwas Jünger ist als das Modell / D, und in der Medianlinie — ventral von der einen platten Zellstrang vorstellenden rudimentären Rückensaite (ch), eine beträchtliche Verdünnung der Hinterhauptsplatte aufweist (v.g), die bei J D kaum mehr zu bemerken ist. Von Wichtigkeit ist nun, dass die Knorpelrinne, in welcher die Chorda lagert, bei J A sich, nachdem die seitlichen Theile bereits wieder als ovale Spangen ihre laterale Lage angenommen haben, noch 3—4 Schnitte weiter cranial fortsetzt (Fig. 6). Die Platte selbst ist schon auf 10 Schnitten sichtbar. In der ebenfalls 15 « dick geschnittenen Serie / D, eines weit längeren Embryos, lässt sie sich nur auf acht Schnitten verfolgen, und der mediale Theil ist höchstens 15 « weiter rostral als zellreicher, nicht zu Knorpel dif- ferenzirter Strang erkennbar: hieraus ergiebt sich selbst ontogene- tisch schon während des Embryonallebens eine bedeutende Re- duktion der Hinterhauptsplatte und eine morphologische Erklärung für ihre geringe Ausbildung gegenüber den beträchtlichen Knorpel- massen anderer Amphibien; sie wird sich bei jüngeren Stadien rela- tiv noch mächtiger erweisen und so ihre Zugehörigkeit zum Am- phibientypus dokumentiren. Bedeutende Umbildung hat die Chorda erlitten. b. Chorda dorsalis. Wir gehen hier am besten von unserem jüngsten Stadium aus (Fig. 4, 6, 7). Wie innerhalb jedes Wirbels verknorpelt die Rückensaite auch im Atlas, aber anstatt dass sich das weite Maschenwerk der Chorda- zellen weiter cranial wieder herstellt, wie es sonst jeder Wirbel zeigt, bleibt der knorpelige Zustand erhalten; — die Chorda tritt, ohne irgend welche Veränderungen zu zeigen, in gleichmäßiger Dicke aus dem ersten Wirbel in das Hinterhaupt ein. Hier liegt sie unter Beibehaltung ihres kreisrunden Querschnitts und ihrer deutlichen Scheide oberhalb (Fig. 4) der Occipitalplatte. Schon dieses Verhalten allein beweist die Zugehörigkeit der Gymnophionen zu den Urodelen; Morpholog. Jahrbuch. 25. 37 562 Karl Peter denn auch bei diesen hat die Oceipitalplatte ihre Lage unterhalb der Chorda, während sie bei den Anuren dorsal von jener gefunden wird. Mit dem Schwinden der Basalplatte verliert die Riickensaite ihre regelmäßige Gestalt. Der Querschnitt stellt erst ein aufrechtes Oval dar, bald liegt aber der größte Durchmesser in querer Richtung; öfters finden sich Einschnürungen, bis sich weiter nach vorn das Querschnittsbild auf jedem Schnitte ändert. Die Scheide zeigt streckenweise Lücken, erhält sich aber in Resten bis ans vordere Ende. Histologisch besteht die Chorda aus großkernigen Zellen, die sich von den umgebenden Bindegewebszellen kaum unterscheiden, aus Spindelzellen und Degenerationsprodukten. Die vorderste Spitze des Organs liegt am vorderen Ende der Ohrkapsel unter der bereits vom Mundepithel abgeschniirten Hypophyse. Irgend welche weitere knorpelige Umhüllung, wie sie sonst die Balkenplatte darstellt, findet sich bei unserem Objekt nicht, so dass die Chorda nach dem Aus- tritt aus der Occipitalplatte frei im subcerebralen Bindegewebe nach vorn zieht (Fig. 7). Bedeutende Rückbildungserscheinungen zeigt schon der nächste Embryo (J B Fig. 5). Die Chorda wird innerhalb des Atlas knorpelig; ihre Scheide verliert schon beim Auseinanderweichen der Gelenk- fortsätze des ersten Wirbels ihre Kontinuität, der Inhalt seinen Knorpelcharakter, so dass er sich wenig vom umgebenden Binde- gewebe unterscheidet. Nach Verschmelzung der beiderseitigen Theile der Occipitalplatte ist das querovale Rudiment der Rückensaite nur noch schwer dorsal von ersterer zu erkennen; glänzende Reste der atrophischen Scheide lassen den platten Strang degenerirter Zellen als Überbleibsel der Chorda unterscheiden. Schon in der Mitte der basalen Brücke ist jede Spur derselben geschwunden. Das Exemplar, nach welchem das Modell hergestellt ist, verliert den letzten differenzirbaren Rest des degenerirten Stranges schon vor dem cranialen Ende der Gelenkfortsätze des Atlas, und bei dem am weitesten entwickelten Embryonalstadium (J E) ist die Chorda bereits im ersten Wirbel von Knochen eingeschlossen, findet also schon inner- halb desselben ihr Ende; das Cranium lässt keine Spur derselben mehr erkennen. Wir stehen demnach hier vor der auffallenden Thatsache, dass bei einem Amphibium die Rückensaite in ihrem Schädeltheil voll- ständig zu Grunde geht, und dies bereits während des Eilebens! Auf die leieht erkennbare Ursache dieses Verhaltens komme ich im zweiten Theil zu sprechen. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 563 e. Atlanto-Occipital-Gelenk. Auf einen Punkt, die Atlanto-Occipital-Verbindungen be- treffend, möchte ich noch hinweisen. Gaupp sagt von denselben (1893, pag. 100): »Jedenfalls sind sie aber nicht etwa zu betrachten als Bogengelenke«, und führt als Beweis an, dass bei Triton der erste Spinalnerv »über (genau genommen hinter) dem Gelenk nach außen verläuft, was nie möglich wäre, wenn es sich um ein Bogen- gelenk handelte.« Ich habe nun einmal (1894) gezeigt, dass die großen vorderen Gelenkfortsätze des Atlas den entsprechenden Apo- physen der übrigen Wirbel völlig homolog sind, und an anderer Stelle (1895) darauf aufmerksam gemacht, wie die Gelenkfortsätze des ersten Wirbels durch stärkeres Wachsthum und ventral gerichtetes Wandern sich vor die ersten Spinalnerven schoben, so dass diese hinter den Massae laterales ihren Weg durch den Atlas suchen mussten — ein Verhältnis, wie es sich auch noch weiter caudal an Wirbeln fand; der erste Rückenmarksnerv verläuft in der genau gleichen Weise, wie die folgenden, und so dürfte für die Atlanto- Occipital-Verbindung der Charakter eines Bogengelenks bewiesen sein, — von vorn herein auch wohl die natürlichste Erklärung. B. Labyrinthregion. Auch hier gehen wir aus den angeführten Gründen in der gleichen Weise vor und beschreiben erst das Modell, obgleich das jüngste Stadium in Folge größerer Annäherung an den Urodelentypus zum Vergleich geeigneter gewesen wäre. Ohrkapsel und Stapes sollen gesondert besprochen werden. a. Ohrkapsel. In ihrer allgemeinen Gestalt unterscheidet sich die knorpelige Gehirkapsel wenig von der einer Urodelenlarve; sie ist nur luftiger gebaut. Jede Ohrkapsel lässt sich als die Hälfte eines langgestreck- ten Ellipsoids auffassen, dessen Schnittfläche durch die dem Gehirn anliegende Medianwand gebildet und dessen Längsachse nach vorn etwas lateralwärts abweicht. Der nach der Mitte schauende, durch die Wölbung des Centralorgans sanft eingebuchtete Theil ist am wenigsten vollständig und durch drei weite Öffnungen unterbrochen. Die am meisten caudal gelegene befindet sich basal und stellt das Schneckenfenster vor (for.cochl. Fig. 3); nur eine dünne Spange scheidet sie vom 37* 564 Karl Peter Foramen vagi, so dass ihr unterer Rand direkt von der Fortsetzung der ventralen Spange des Oceipitalabschnitts gebildet scheint. Etwa in der Mitte der Kapsel stoßen wir am dorsalsten Theil der Wand auf ein eben so großes Loch, durch welches der Ductus endolympha- ticus (Aquaeductus vestibuli) das Gehörorgan verlässt (for.d.end Fig. 1). Schon ventral von diesem fehlt wieder die knorpelige Be- deckung; diese Öffnung, nur durch einen schmalen Pfeiler vom Fo- ramen cochleae getrennt, erweitert sich weiter rostral auch nach der Rückenseite zu und nimmt mit Ausnahme der vordersten Kuppel und eines davon ausgehenden schmalen Knorpelbandes, das sich von der Rückenkante abwärts erstreckt, die ganze vordere Hälfte der inneren Ohrkapselwand ein (Figg. 1, 3). Hier treten die Gehörnerven in ihr Sinnesorgan ein. Nach vorn und hinten zu verjüngt sich die Kapsel zu zwei Kuppeln, an welche sich caudal — etwas nach der Medianlinie zu — die obere Occipitalspange anlagert, während der vordere Theil sich in die obere Trabekelleiste fortsetzt. Die Außenseite ist in ihrer oberen Hälfte — die untere wird durch das Foramen ovale eingenommen — stark lateral ausgebuchtet und lässt in zartem Relief die Lage der Bogengänge erkennen. Mit der Medianwand verbindet sie sich dorsal im hinteren Theil durch abgerundete Wölbung, in der vorderen Hälfte mittels scharfer Kante. Caudal vom Foramen endolymphatieum und noch etwas im Bereich des- selben zieht sich diese Kante in eine Spitze aus, so dass hierdurch für eine kurze Strecke eine median schauende Leiste dem oberen Rand des Gehirns anlagert. Dieser Theil ist der letzte Rest der dorsalen Verbindungsbrücke zwischen beiden Ohrkapseln, die sich bei Urodelen und Anuren vorfindet und, früher als Occipitale superius bezeichnet, bei Fröschen von GAurP mit dem Namen Tectum syn- oticum (tect.synot Figg. 1, 2) belegt worden ist. Das knorpelige Dach ist unseren Amphibien abhanden gekommen und hat sich zu den Leisten riick gebildet. Die Wölbung der Außenseite (Fig. 3) erleidet etwa in de Mitte ihrer Höhe zwischen oberer Kante und eirundem Loch eine Ein- biegung in der Längsrichtung, durch welche sich die Grenze zwischen äußerem Bogengang (can.semic.ext) einerseits und — dorsal — vor- derem und hinterem andererseits kenntlich macht; eine darauf in senkrechter Riehtung stehende noch sanftere Delle, in der Gegend des Aquädukts gelegen, bezeichnet den Ort der Trennung der beiden letztgenannten Kanäle (can.semic.a und p). In der gleichen Weise Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 565 lässt sich die Lage derselben an der Ohrkapsel von Urodelen und Anuren erkennen. Die Gegend des äußeren Bogengangs ist übrigens etwas stärker gewölbt als die des oberen. Fast die ganze ventrale Hälfte der äußeren Seite der Ohrgegend nimmt das langgestreckte Foramen ovale ein. Die Seitenwand zeigt auch sonstige kleine, z. Th. symmetrisch gelegene Unterbrechun- gen, deren größte sich am Zusammenstoß der drei Kanäle findet; sie haben aber keine weitere Bedeutung, da sie durch Knochen ge- schlossen werden und keinerlei Gebilden zum Durchtritt dienen; sie zeugen nur für ein allmähliches Schwinden der Knorpeltheile des Schädels. Auch die Basalfläche der Kapsel ist durch zwei weite Öffnun- gen durchbrochen, deren eine in der Gegend des Foramen cochleae gelegen ist, während die größere, langgestreckte (for.bas Fig. 3) in ihrer Lage dem ovalen Loch an der Seite entspricht. Auch sie haben keinen Anspruch auf morphologische Wichtigkeit. Innerhalb der Ohrkapsel treffen wir nur auf schmale Knorpel- brücken. Der obere Rand des Foramen ovale krempelt sich nach innen um und setzt sich eine kurze Strecke weit in eine Spange fort, welche sich wieder nach oben wendet und an die innere Fläche der Außenwand anlegt, so dass ein Theil des Canalis semicircularis externus eine knorpelige Umwandung erhält. Ähnliche Brücken, nur schmäler, umschließen theilweise den hinteren und vorderen Bogengang. Alle diese Wände bestehen aus fertigem Knorpel, sind aber durch- gehend äußerst dünn, oft nur durch eine einzige Zellenreihe gebildet; nur die basalen Theile stellen etwas kompaktere Lagen vor. Der vorderste Theil der Ohrkapsel nimmt noch besonderes In- teresse in Anspruch wegen des Verlaufs des Gesichtsnerven, der ‘sich ja, wie Gaupp ausführlich darlegt, bei Anuren und Urodelen etwas verschieden verhält, indem er sich bei ersteren mit dem Tri- geminus, bei den letzteren mit dem Acusticus verbindet. Bei unse- rem Objekt liegen die Verhältnisse nun folgendermaßen: Noch caudal vom vorderen Verschluss des Foramen ovale hat der Saceulus sein eraniales Ende erreicht, und die seitliche Wand des Gehörorgans krümmt sicb an ihrem unteren Rande medianwärts, um bald das Ge- hirn zu erreichen. Die Ohrkapsel (c.a Fig. 8), den vorderen Bogengang, das vordere Ende des äußeren Kanals und den Recessus utriculi einhül- - lend, nimmt also nur noch den dorsalen Theil der Seitenwand des Cen- tralorgans ein, während ventral ein schmaler Knorpelpfeiler, das ovale Fenster vorn schließend, dem Gehirn dicht anliegt und den Rest der 566 Karl Peter Ohrkapsel mit den stets in gleicher Richtung fortlaufenden basalen Spangen in Verbindung setzt. Er bildet die hintere Abgrenzung für eine Öffnung (for. VII Fig. 3), deren vorderer Abschluss eine parallele, kaum stärkere Leiste, kurz vor dem vorderen Ende des knorpeligen Labyrinths zu den ventralen Theilen herabsteigend, herstellt. Durch dieses Loch, das demnach in Folge des unteren knorpeligen Ab- schlusses des Gehörorgans völlig von der Ohrkapsel getrennt ist, verlässt der Facialis (VZ/ Fig. 8) den Schädelraum. Ein ganz ähn- liches Verhalten beschrieb GAupP bei Siredon, und fand in ihm zu- gleich die Erklärung für den Befund bei den Fröschen einerseits, in- dem ein Schwinden des vorderen Pfeilers die Öffnungen für -Quintus und Septimus zusammenfließen ließ, andererseits ließ sich durch Atrophie der unteren Wand der dorsal verlagerten Labyrinthkapsel die Verbindung der Gesichts- mit den Hörnerven bei den Schwanzlurchen herleiten. Das Verhalten des Nerven bei den Cäcilien schließt sich also direkt an das bei den Ichthyoiden an. Den Boden für das Facialisloch bildet, wie erwähnt, die Fort- setzung des basalen Theiles der Ohrkapsel; dieser zieht dann cranial in der ventralen Spange des Trabekel weiter. Im Bereiche der be- sprochenen Öffnung zeigt sich hier ein kleines Loch, dessen laterale Begrenzung einseitig nicht vollständig ist, zum Durchtritt des Ra- mus palatinus VII ( for.VII.2 Fig. 8). Dieser etwas langen Beschreibung ist für unser jiingstes Sta- dium wenig hinzuzufügen. Die Ohrkapsel ist schon in gleichem Maße entwickelt wie bei I D, wenn auch theilweise nur vorknorpelig (Fig. 7). Die Verschmel- zung der oberen Occipitalspange mit der hinteren Kuppel ist bereits erfolgt, eben so der Übergang des vorderen in den oberen Theil der Trabekel. Nun ist es interessant, dass alle die Öffnungen, welche als nicht bedeutungsvoll erwähnt wurden, wie die zahlreichen Lücken in der Seitenwand und die zwei großen im basalen Ab- schnitt — über das Foramen ovale vergleiche das beim Stapes Ge- sagte —, dass alle diese sich noch nicht gebildet haben; das kern- reiche Vorknorpelgewebe zieht ohne Unterbrechung über die betref- fenden Stellen hinweg (ef. Fig. 7). Die ganze Kapsel ist demnach in diesem Stadium bedeutend vollständiger und erinnert mehr an die Verhältnisse bei den Urodelen, bei denen die dieken Knorpelwände des Labyrinththeiles seitlich und basal völlig geschlossen sind. Auch hier können wir schon ontogenetisch eine Reduktion des Primordial- craniums feststellen. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 567 Der Entwicklungszustand des Gewebes ist hier nicht gleich- mäßig. Am besten ausgebildet und schon als junger Knorpel zu bezeichnen ist der die spätere ventrale, mediale Spange bildende Theil, dessen Kapselzellen sich auf allen Schnittbildern scharf von den anliegenden Vorknorpelzügen abgrenzen. Dieser Knorpelzug bildet auch im histologischen Charakter seiner Elemente die direkte Fort- setzung des einzig vorhandenen, lateralen Theiles der Basalplatte, und setzt sich in derselben Qualität in die ventrale Trabekelspange fort — alles Thatsachen, die dafür sprechen, dass er nicht der Ohrkapsel zuzurechnen, sondern als »mesotischer« (STÖHR) oder »parachordaler« (Gaupp) Knorpel aufzufassen ist. Im Bereich des Facialisloches ist schon die Öffnung für dessen Gaumenast vorhanden. Im Übrigen be- steht die Ohrkapsel theils aus zellreichen Vorknorpelzügen, theils aus Reihen echter Knorpelzellen, selbst schon mit spärlicher Zwischen- substanz. Derartige verknorpelte Stellen finden sich am oberen me- dialen Rand, als Fortsetzung des oberen Occipitaltheiles eine Strecke weit deutlich erkennbar, und an der oberen und hinteren Umgren- zung des Schneckenfensters, welcher Rand aus dem ventralen Knor- pelzug auszuwachsen scheint und damit dem parachordalen Abschnitt zugehört. Wie weit des letzteren Gebiet im Einzelnen geht, ist hier kaum mehr zu entscheiden; ich möchte der fast völligen Isolation wegen nur die erwähnten beiden medianen Spangen und die Um- grenzung des Schneckenfensters für ihn in Anspruch nehmen. Die mittlere Wand, die auch bei Rana (Gaupp) sich am spätesten bildet, zeigt in der vorderen Hälfte den jüngsten Vorknorpel. Der innere Bau weist gegen das Modell keine Veränderungen auf. Sonst wäre nur noch auf die, wie zu erwarten stand, relativ mächtigere Dicke der Kapselwand und den etwas weiter ausgezo- genen Vorsprung des Tectum synoticum hinzuweisen. Eine Ver- bindung der Labyrinthgegerd mit dem Quadratknorpel hat nicht stattgefunden. b. Stapes. Das Gehörknöchelchen der Blindwühlen zeigt schon im knor- peligen Zustand eine höchst eigenthümliche Gestalt (Fig. 1, 3). Wir können an dem Stapes zwei Theile unterscheiden, nämlich 1) einen langen, dünnen Stab, der in der Mitte der Höhe des Foramen ovale durch die ganze Länge desselben streng parallel der Längsachse des Kopfes zieht (Operc Fig. 1, 3), 2) von dessen vorderem Ende in zwei die Arteria stapedia (for.a.stap 568 Karl Peter Fig. 1) umschließenden Spangen schräg nach außen und vorn ab- gehend, einen allmählich kolbig verdickten Fortsatz, der sich dem hinteren Ende des Quadratum anlagert (co/). Seine Länge beträgt nur !/, von der des Stabes. Betrachten wir unseren jüngeren Embryo, so treffen wir in der ganzen Gegend nur auf Vorknorpel. Die lateral schauende Ver- dickung, der spätere Fortsatz, ist wie das Foramen pro arteria sta- pedia deutlich erkennbar, aber nur oberhalb desselben zeigt sich im hinteren Abschnitt eine deutliche Lücke; im Übrigen ist die ganze Anlage nicht im geringsten von der Ohrkapsel abgegrenzt (Fig. 7); die Züge zellreichen Gewebes bedecken gleichmäßig die gesammte Außenfläche der Labyrinthregion — wohl der deutlichste Beweis dafür, dass der Stapes sich aus der Gehörkapsel heraus- schnürt, ein Verhalten, das sich überhaupt bei Urodelen klarer er- kennen lässt als bei Anuren (cf. GAupp, 1893, pag. 128). Im Larvenleben wuchert nur noch der Knorpel am Vorderende des Längsstabes, ohne eine Gelenkverbindung mit der Ohrkapsel herzustellen. Die Bedeutung der beiden Komponenten ist klar: die lange Spange, zu welcher sich die breite Anlage redueirt, ist dem Oper- culum zu vergleichen, der seitliche Fortsatz entspricht der Colu- mella der Schwanzlurche, die hier ja auch im Gegensatz zu den Fröschen vom Operculum direkt auswächst; ohne irgend welche Unterbrechung setzt sich der eine Theil in den anderen fort. Der Zusammenhang mit dem Quadratum ist ein sehr inniger. Im ersten Stadium trennt nur eine zellarme Schicht das distale Ende der Columella vom Quadratknorpel. Diese Scheidung ist bei JD durch einen reichlichen Zug von Zellen mit quergestellten Kernen noch deutlicher geworden, ohne dass sich schon die Sonderung des späteren Gelenks bemerkbar macht (Fig. 9, zwischen g und si). Auch spricht der weit jüngere Charakter der Vorknorpelanlage von / A im Verhältnis zu den gut entwickelten Kapselzellen des Quadratum gegen ein Auswachsen der ganzen Columella von jenem Knorpel. Indess kann ich mich hier — bei älteren Embryonen ist der Knorpel- stab durchaus homogen — des Eindrucks nicht erwehren, als ob der distale Theil des Säulchens gesonderten Ursprungs sei; beider- seits tritt erst — caudal begonnen — an seiner Seite eine noch Jüngere Vorknorpelmasse auf, scharf von der proximalen Anlage ge- trennt (si.dist Fig. 11). Obgleich dieser nach hinten schauende Fortsatz auf weiter rostral gelegenen Schnitten sehr bald äußerlich Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 569 mit dem Haupttheil verschmilzt, so lässt er sich doch histologisch von diesem abgrenzen und bildet das distale Ende der Columella. Genaueres würde sich nur bei noch früheren Stadien feststellen lassen. Da eine genaue Beschreibung der Entwicklung des Gehörknö- chelchens bei den Urodelen noch aussteht, weiß ich diesen Befund nicht sicher zu verwerthen. Es kann sich bloß um eine gesonderte Verknorpelung des distalen Abschnittes des Ligamentum suspensorio- stapediale handeln; dann aber erinnert wieder das Verhalten an die Anuren, bei denen GAaurp ein selbständiges Verknorpeln der Pars externa columellae fand, ohne jedoch den direkten Ursprung vom Quadratum sicherzustellen oder von der Hand weisen zu können, Auch hier ist eine Entscheidung nicht zu fällen, da der Zusammen- hang des fraglichen Stückes mit jenem Knorpel zwar sehr eng ist, aber doch nicht die Intensität der Verbindung desselben mit den übrigen Stapestheilen erreicht. Eine ähnliche Anlagerung an den Quadratknorpel findet sich auch bei Amphiuma; WIEDERSHEIM (1877. pag. 502) spricht hier von einer »innigen Verlöthung«; interessant dafür, wie weit diese Verbindung gehen kann, ist die ebenfalls von WIEDERSHEIM (1877, pag. 503) erwähnte Thatsache, dass bei Rano- don, Ellipsoglossa und Salamandrella das distale Ende der Columella knorpelig, ohne jegliche Intervention von Bindegewebe, mit einem hinten vom Quadratum ausgehenden Fortsatz verschmilzt. C. Orbitalregion. In diesem Abschnitt des Primordialeranium — die vordersten Partien desselben werden, wie es auch Gaupp für praktisch be- funden, im Anschluss an die Ethmoidalregion besprochen, — be- segnen wir der weitgehendsten Reduktion des Knorpelgerüstes. Das Modell zeigt nur zwei dünne Spangen, die fast parallel nach vorn ziehen; die, ventrale (¢r.v) setzt die seitlichen Theile der Basalplatte kontinuirlich fort, während die dorsale (fr.d) an die vordere Kuppel der Ohrkapsel sich direkt anschließt. Nach hinten zu sind die Spangen jeder Seite etwas weiter von einander entfernt, als vorn, und ‘erst ganz vorn beginnen sie sich der Mittellinie zu nähern; die dorsalen liegen zugleich stets etwas mehr lateral (Fig. 3). Der Querschnitt der Stäbe ist hinten längsoval, im rostralen Theil verlängert sich der dorsoventrale Durchmesser noch mehr. Am vor- deren Ende, wo sich bereits eine Verbreiterung nach der Mediar- 570 Karl Peter ebene siehtbar macht, um die dem Septum zustrebenden Grundpfeiler zu bilden, verbindet ein ununterbrochener Streifen beide Spangen, und auch an der Grenze zwischen mittlerem und vorderem Drittel zieht eine diesem parallele Knorpelbrücke dorsoventral. So werden ein kleineres vorderes und ein größeres hinteres Fenster abgetheilt; durch das erstere zieht der atrophische Sehnerv (for.ZZ). Dem letzteren liegt außen das Ganglion des Trigeminus (for.V) an. Eine ähnliche Konfiguration scheint das Primordialeranium der Saurier aufzuweisen, bei dem nach Gaupp (1893, pag. 140) ebenfalls »keine kontinuirliche Seitenwand, sondern nur einzelne Spangen an- gelegt werden«. Natürlich bringt diese Ähnlichkeit die Gymno- phionen den Reptilien nicht näher; sie ist nur auf Konvergenz zu- rückzuführen, da bei beiden Gruppen das Knorpelskelett seine Be- deutung verlor und rückgebildet wurde. Es zeigt sich hier wieder im Beibehalten eines embryonalen Verhaltens das bekannte Gesetz, dass bei einer Reduktion zuerst stets die später entstandenen Stadien eliminirt werden. Ist schon die Seitenwand der Orbitalregion nicht vollständig, so fehlen Boden und Decke ganz und gar. Der dorsalen Seite mangelt jede Andeutung einer Deckenbildung, und auch ventral zeigt sich nirgends das Bestreben einer medianen Verbindung, so dass die basicraniale Fontanelle vom Vorderrande der schmalen Occipital- platte bis zum Nasenseptum geöffnet ist. Dass bei den Vorfahren der Cäcilien — embryonal ließ es sich hier nicht erweisen — eine Balkenplatte bestand, das beweist der besprochene kontinuirliche Zu- sammenhang der Occipital- und Trabekelpartien in ihren seitlichen Theilen; es sind dies die lateralen Reste dieser Platte. Zu einer Verbindung mit dem Quadratum ist es hier auch nicht gekommen. Das jüngste Stadium weist für den hinteren Abschnitt dieser Region keinerlei Verschiedenheiten vom entwickelten Knorpelgerüst auf. Irgend eine Neigung der Trabekel, über oder unter dem Ge- hirn zusammenzuschließen, lässt sich nicht erkennen. Sie ziehen als rundliche Stäbe rostralwirts. Dagegen verbreitert sich die untere Spange bald nach oben und drängt so das Trigeminusfenster nach der Dorsalseite, während ventral der relativ bedeutend stärker entwickelte Opticus durch seine Öffnung aus dem Schädel tritt. Hier liegen dem- nach die beiden Fenster mit ihren zugekehrten Theilen fast über einander, während sie später durchaus neben einander gelagert sind. Es hängt diese Verschiebung mit der später zu besprechenden Lage- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 571 veränderung von Gehirn und Nase zusammen. Die beiden Spangen sind vorn in dorso-ventraler Richtung stark verbreitert und lassen dadurch auf eine in jüngeren Stadien noch mehr ausgeprägte Voll- ständigkeit der Schädelseitenwand schließen, zumal dieser Theil histologisch jüngeren Charakters ist. Bei J D bestehen die Trabekel aus völlig entwickeltem Knorpel, im früheren Stadium caudal aus jungem Knorpel, dem sich rostral immer jüngere Gewebe anschließen. Nach Schluss des Foramen pro nervo optico sind die Kapselzellen fast völlig geschwunden. Nach der Schnauze zu befindet sich das Primordialeranium also noch auf einem früheren Zustand, wie es sich noch eklatanter in der folgen- den Region zeigen wird. D. Ethmoidalregion. Die Nasengegend ist die einzige, welche schon in Bezug auf das Knorpeleranium erhebliche Differenzen anderen Ampbibien gegen- über aufweist. In Folge der bedeutenden Ausbildung des Geruchs- organs ist auch die Ethmoidalkapsel gut entwickelt und hat einen eigenen Charakter angenommen, doch, glaube ich, kann man auch hier den allgemeinen Urodelentypus erkennen. Theile dieses Knorpel- gerüstes persistiren noch beim Erwachsenen; es erfährt dies also eine weitere Ausbildung und wird eine längere Besprechung rechtfertigen. Entsteht die Nasenkapsel ja auch am spätesten von allen Theilen, und lässt sich daher ziemlich genau in ihrer Bildung verfolgen. Da auch im Larvenleben noch beträchtliche Umwandlungen stattfinden, so habe ich außerdem die rechte Nasenkapsel einer Larve von ca. 10 cm Länge modellirt. Es wird nun wohl am gerathensten sein, wenn ich auch hier vor- erst das Stadium Z D beschreibe und erkläre, sodann zu dessen Ent- stehung und endlich zur Weiterbildung in den definitiven Zustand übergehe. Für das Verständnis der Umwandlungen ist besonders auf die Lagerungsverhältnisse von Gehirn und Nase hinzuweisen. Born hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass (1877, pag. 53) das vordere Ende des Centralorgans, welches beim ausgewachsenen Triton vollständig hinter den Choanen liegt, bei Larven von 17 mm Länge sich eine Strecke weit zwischen die Nasenhöblen einschiebt. Ichthyophis zeigt beim Erwachsenen dasselbe wie Triton, dagegen liegen im frühesten Stadium die Nasensäcke vollständig seitlich und Du Karl Peter ventral vom Gehirn; die frontale Schnittserie zeigt erst ein ganzes Stück das letztere allein, während vordere Blindsäcke des Riechorgans und Narinen erst weiter caudal erscheinen: letztere, die vorderen Nasenöffnungen, erst im 55. Schnitt, d. h. 0,825 mm hinter dem vor- deren Kopfende, wobei jedoch auch die Beugung des Kopfes zu berücksichtigen ist. Knorpeltheile, die später rostral von anderen lagern, finden sich hier also ventral von denselben. Dies erstreckt sich bis auf die Trabekelregion und erklärt die vorstehend beschrie- bene Lageveränderung der Foramina pro nervis II und V: das später vor dem Trigeminusloch gelegene Opticusfenster schiebt sich bei 7A noch theilweise unter das erstere. Ein Blick auf die Sarasın'schen Bilder von der Entwicklung der äußeren Körperform lehrt dasselbe; es lässt sich an diesen gut verfolgen, wie die Kopfform allmählich gestreckter wird, und die Nase sich vor das Gehirn lagert. Unser Modell 7D zeigt nun folgende Verhältnisse: a. Modell ID (Figg. 1, 2). Rostral vom Opticusfenster verschmelzen, wie beschrieben, die beiden Balkenspangen wieder, doch nur auf eine kurze Strecke. Die ventrale wendet sich nämlich bald stark nach der Medianebene zu, verlagert ihren größten Durchmesser in quere Richtung und ver- einigt sich mit der andersseitigen (fr.p Figg. 1, 2, 11), um mit ihr nach vorn zu ziehen, erst als quergestellte Platte einen knorpeligen Boden für das Gehirn abgebend, dann in der Mitte sich kamm- artig nach dem Rücken zu erhebend. Da nun die obere Trabekel- spange, dem Centralorgan seitlich anlagernd, in ihrer alten Richtung nach vorn zieht, bildet sie mit der ventralen die hintere und seitliche Umgrenzung einer weiten Öffnung an der Basis und der Seitenwand des Knorpelschädels; die vordere Wand derselben wird dadurch her- gestellt, dass etwa in der Gegend, wo sich von der Medianplatte der Kamm erhebt, die lateralen Theile einen Fortsatz in Bogenform nach unten und innen schicken, der mit den mittleren Abschnitten verschmilzt, gewissermaßen eine Wiederholung der ersten Basal- vereinigung (sol.nas Fig. 2, 12). Während die caudale aber unter dem Gehirn stattfand, bildet die rostrale den Boden für die Nasenhöhlen. Durch die genannte Öffnung treten nämlich (choa) die Choanen ein, und die Riechorgane verdrängen das Centralorgan nach oben, so dass diesem nur noch die obere Spange der Seitenwand anliegt, die es bis zum Übergang in den dorsalen Riechnerven begleitet (Fig. 11, 12). Beinahe vom Beginne des Kammes an wird der ganze vordere / Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 573 Theil des Kopfes vom Geruchsorgan eingenommen. Nur das letzte Drittel desselben lagert noch seitlich vom Gehirn. Die Nasenkapsel selbst hat nun folgenden Bau. Wir haben mediane und laterale Theile aus einander zu halten. Die mediane Platte verliert allmählich nach vorn an Breiten- ausdehnung, gewinnt aber bedeutend an Höhe, so dass sie schließ- lich ein hohes Septum zwischen beiden Geruchsorganen herstellt (sept.nas Fig. 1, 2), dessen Fuß etwas verbreitert ist. Diese Vertikal- lamelle steigt ziemlich steil an und verflacht sich eben so schnell, so dass die höchste Partie das Aussehen eines Sporns hat. Auf die Hälfte seiner größten Höhe redueirt lässt sie seitlich nach vorn und lateral breite flügelartige Fortsätze (proc.al Fig. 1,2) abgehen zur medianen Umwandung der seitlich rückenden vorderen Theile der Nasen. Diese Flügel, an Höhe ziemlich gleich bleibend und in derselben leicht nach vorn konvex gekrümmt, treten an ihrem Ende mit Seitentheilen in Verbindung. — Bevor diese Fortsätze abgegeben werden, findet sich am Boden des Septum ein kleines, von einer dünnen Knorpelspange bogenförmig umrandetes Loch (for.V 1, 2), durch welches ein zarter Trigeminusast zur Haut der Schnauze und zur Schleimhaut des Mundes zieht; er wird von WIEDERSHEIM (1879) als VP 1 bezeichnet und ist aus der Verbindung des ersten und zweiten Astes dieses fünften Nerven hervorgegangen. Zwischen den Flügelfortsätzen setzt sich das Septum nur noch als runder, schwach nach unten gebogener Stab fort, dessen vorderes Ende mit dem der Nasenkapseln selbst zusammenfällt. Betrachten wir jetzt die seitlichen Abschnitte des Knorpel- gerüstes, so sehen wir die schmale obere Trabekelspange, nachdem sie sich von der ventraleu getrennt hat, av der Seite des Gehirns wie beschrieben in gleicher Richtung nach vorn und etwas nach einwärts und oben ziehen. Dabei findet sich gleich hinten ein von zwei schmalen Pfeilern begrenztes Loch (for. Vz), durch welches ein kleines Ästehen vom Ramus I Quinti und ein Gefäß ziehen. Ein zweites Fenster (for. V/) wird durch einen vom unteren Ende dieser Seiten- wand in lateral-rostraler Richtung abgehenden Fortsatz vervollständigt, der vorn die sich plötzlich stark nach unten und seitlich verbreiternde Seitenwand wieder erreicht. Dadurch, dass in dem von ihm ventral umwandeten Kanal verlaufend der Nasenast des Trigeminus in die Riechkapsel eintritt, bekundet er sich als Antorbitalfortsatz (proe.a.o). Während die Seitenwand bis jetzt am Gehirn anlag, muss se 574 Karl Peter sich nach Schluss des Fensters für die Choanen stark seitlich aus- bauchen, um mit dem dorsal gerückten Cerebrum zugleich die lateral gelegenen Geruchsorgane zu umfassen. Dass diese Partie sich breit nach unten und dann einwärts wendet, um mit der Mittelplatte zu verschmelzen, ist schon erwähnt. An dieser Stelle sind auf eine kurze Strecke die Geruchsorgane ventral, lateral und dorsal umhüllt und ent- behren nur auf der Innenseite der knorpeligen Umwandung. Auf der Ventralseite ist die Brücke sehr schmal und macht bald wieder einer breiten basalen Öffnung Platz, deren mediale Begrenzung Septum und späterhin Flügelknorpel bilden. Die Seitenwand selbst geht unter- dess manche Veränderung ein. Der oberste Theil, gewissermaßen die Fortsetzung der dorsalen Trabekelspange, endet etwas nach vorn von der basalen Brücke als spitzer Fortsatz, der unter sich den Ramus palatinus des Facialis durchtreten lässt. Er liegt etwas ein- wärts, da er sich noch dem Gehirn nähert, und in gleicher Höhe mit dem Septum. Weiterhin zeigt die breite Seitenwand eine kleine Öffnung (for. Vlext), in einer Flucht mit dem Loch für den Nasen- ast des Quintus liegend, durch welche der schwächere äußere Ast des genannten Nerven, der sich im Nasenraum vom inneren Haupt- stamm abgespalten hat, die Knorpelkapsel wieder verlässt, um in der Haut zu enden. Weiter nach unten, etwa an der Grenze zwischen unteren und seitlichen Theilen, erstreckt die Lateralwand sich in stumpfem Fortsatz caudalwärts, so dass die Öffnungen, durch welche die Choanen treten, eine Einschnürung erfahren und nieren- förmig aussehen. Diese Partie der knorpeligen Kapsel sowie in ihrer Verlängerung nach vorn gelegene Theile sind etwas stärker gewölbt und nehmen das JAcoBson’sche Organ in sich auf. Auch die Seitenwand bleibt nicht lange kontinuirlich, indem sie sich endlich in zwei dorsal und ventral nach vorn und etwas einwärts laufende Spangen auszieht. Die dorsale Spange strebt dem dorsalen Ende des Flügelknorpels zu, ohne es zu erreichen; doch bahnt sich diese Verbindung noch im Embryonalleben an. Die ventrale verschmilzt mit dem unteren Theil des genannten Knorpels. So wird ein drittes (oben anfangs nicht geschlossenes) Fenster gebildet, durch welches die Narinen (rar) gehen, und an dem der vordere Theil des JAcos- son’schen Organs endigt. Der untere Stab, der zugleich eine seit- liche Umgrenzung für die vordere basale Öffnung schafft‘, zeigt in der Mitte seiner Länge einen dorsal gerichteten kleinen Fortsatz, der sich zwischen äußere Nasenöffnung (vorn) und JacoBsoN’sches Organ (hinten) schiebt (proc.nar Fig. 2). Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 575 Die Nasenkapsel stellt demnach ein äußerst unvollständiges Ge- bilde dar; eine Decke fehlt überhaupt, und auch an Boden und Seite können wir außer den kleinen Nervenlöchern drei große Fenster unterscheiden, auf die ich nochmals hinweisen möchte. Das am weite- sten (choa) nach hinten gelegene lässt unten die Choanen eintreten; in den durch den hinteren Fortsatz der Lateralwand abgetrennten Seitentheil desselben lagert sich der Choanenschleimbeutel (SarAsın) und das hintere Ende des JacogBson’schen Organs. Eine schmale Knor- pelbrücke trennt davon ein ovales, weiter vorn in der Basis gelegenes Loch. Endlich treten durch die längliche vordere und seitliche Öff- nung vorn (»ar) die Narinen, während hinten sich der vordere Theil der Nebennase befindet. Alle diese Knorpelgebilde sind durchaus zart und dünn, nur das Septum mit seinem Sporn zeigt sich etwas kompakter. Während wir im hinteren Theile noch vollständig ausgebildeten Knorpel antreffen, beobachten wir auch in diesem Stadium weiter vorn noch jüngere Ent- wicklungszustände; nur die mittleren Abschnitte, die Enden der Tra- bekel, erhalten in ihren Zellen bis zum vordersten Ende, Septum und Knorpelstab, den echten cartilaginösen Charakter; in den Seitenwan- dungen verringert sich bald die Zwischensubstanz, und von der ganzen vorderen Umgrenzung der Choanen an treffen wir auf Vorknorpel, der sich weiter rostral immer schlechter differenzirt. Auch die Flügel- fortsätze erleiden dasselbe Schicksal. b. Morphologische Bedeutung der knorpeligen Nasenkapsel. Da die weiteren Umbildungen der Nasenkapsel zwar bedeutende Längen- und Höhenverschiebungen bedingen, jedoch wichtige Theile sich nieht mehr anlegen, da ferner Neubildung und Resorption später das Bild komplieiren, so wollen wir gleich hier die Parallele mit dem Ethmoidalgerüst der Urodelen ziehen. Den Vettern SARASIN ist es schon gelungen, das Geruchsorgan der Gymnophionen auf das der Schwanzlurche zurückzuführen, was BURKHARDT dann weiter verfolgt hat; ich glaube, in gleicher Weise lässt sich auch die schein- bar so absonderlich gebildete Nasenkapsel von Ichthyophis in Ein- klang bringen mit den Bildern, wie sie die Urodelen zeigen. Wenn ich dabei anfangs von den Salamandriden ausgehe, so geschieht dies nicht, weil sie unserer Gruppe am nächsten stünden, — es wird sich das Gegentheil nachweisen lassen —, sondern weil der ausgebildete Zustand hier am genauesten bekannt ist und die Entwicklung allein bei ihnen eine Schilderung erfahren hat. 576 Karl Peter Auch bei Urodelen vereinigen sich die Trabekel unterhalb des Gehirns zu einem knorpeligen Boden für dasselbe, setzen danu aber (Triton) ihren Weg wieder gesondert fort zur medianen Um- wandung der Nasenräume, zwischen sich den Intermaxillarraum mit der Kieferdrüse bergend, während sich bei Ichthyophis eine unpaare Nasenscheidewand vorfindet. Bevor wir diese Differenz näher be- sprechen, wollen wir ein paar Worte über die Seitenwand bemerken. Unser Modell lässt sich, was diese betrifft, leicht auf das von Born (1877) gegebene Bild einer Nasenkapsel von Triton cristatus zurück- führen. Hier wie dort die vordere Kuppel, von der ausgehend zwei Knorpelspangen die äußeren Nasengänge weit umziehen, um hinten mit einander verschmelzend, die Seitenwand zu bilden. Doch scheinen sie sich bei Triton schon früher zu vereinigen, um durch eine Spange die Öffnung, welcher das Jacogsox’sche Organ mit seinem vorderen Ende anliegt, rostral zu begrenzen — eine Brücke, von der sich ein Rest auch bei unserem Amphibium als dorsal schauender Fortsatz des unteren Bandes vorfand (proc.nar Fig. 2). Ferner verbindet sich bei dem Molche die Seitenwand auf der Rückenfläche mit den Innen- theilen, während bei unserer Blindwühle eine ventrale Kommissur die basale Öffnung in zwei Fenster scheidet. Aufmerksam machen möchte ich sodann noch auf die Gestalt des Processus antorbitalis, die auffallend an die Form desselben bei den Derotremen erinnert. Die Haupteigenthümlichkeit der Gymnophionennase scheint das unpaare Septum zu sein. Auch bei Anuren findet sich ein solches, indess betrachtet Gaupp dasselbe als eine Bildung eigener Art, die nichts mit den Trabekeln und den inneren Nasenwandungen zu thun habe. Hier dagegen wird es zweifellos von den verschmolzenen Balken dargestellt, die erst zu einer Basalplatte zusammenwachsen, um sich weiter vorn zwischen die Nasenräume zu erheben. Gleichen Ursprungs ist offenbar das Septum aller Urodelen, wo es vorhanden ist, d.h. der Ichthyoiden. Gaupp (1893) spricht sich über dessen Werth nicht bestimmt aus, sondern sagt nur: »doch scheint mir die- selbe (knorpelige Trennung der Nasenhöhlen) bei Siredon etwas an- ders zu Stande zu kommen als bei Rana«. Bei den niedrigsten Perennibranchiaten ist die Nasenscheide- wand noch wenig ausgebildet, da die Nasenkapseln in primitivem Verhalten noch fast vollständig zur Seite des Gehirns lagern; in dem Maße nun, als sie sich vor dieses erstreckten, musste die me- diane Scheidewand an Länge und Höhe zu-, an Breite dagegen ab- nehmen. Von diesem Septum ging dann seitlich vorn die mediane Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 577 Wand der Nasensäcke ab, während sich der mittlere Theil als Knor- pelstab weiter fortsetzen konnte. Dieser Befund gilt in gleicher Weise für Ichthyophis wie für Siren, wie man aus der Abbildung und Beschreibung durch WIEDERSHEIM erkennen kann. Dieser For- scher schreibt (1877, pag. 512): »Zwischen die letztgenannten Kno- chen (Prämaxillare, Parasphenoid, Frontale, Vomer) und diejenigen der Dorsalfläche schiebt sich nun die einen massiven Knorpelzapfen repräsentirende ethmoidale Trabekellamelle ein und trennt beide Knochenlager vollkommen von einander, so dass man hier nicht von einem Zusammenstoß des Stirnbeins und der Pflugschar reden kann. Kurz, man hat hier ein vollständiges hyalines, aus dem Zu- sammenfluss beider Schädelbalken gebildetes Septum narium vor sich. Da sich letzteres bis nach vorn zum Alveolarfortsatz des Zwischenkiefers erstreckt, so ist Raum für eine Intermaxillardrüse auch nicht andeutungsweise vorhanden.« Dann fährt WIEDERSHEIM fort: »Eine ähnliche, aus der ethmoidalen Trabecularplatte gebildete Nasenscheidewand ist auch bei Menopoma und wahrscheinlich auch - bei Cryptobranchus vorhanden, reicht hier allerdings nicht so weit nach vorn.« Die weitgehendste Ähnlichkeit mit unserer Blindwühle scheint mir Amphiuma aufzuweisen, durch dessen Nasengegend WIEDERSHEIM in Taf. XXII eine ganze Schnittreihe abbildete. Auch hier verschmelzen die Trabekel zu einem beide Nasenräume trennenden Septum. Die abweichenden Befunde bei den Salamandriden lassen sich nun leicht erklären durch Bildung der Kieferdrüse, die, von unten einwuchernd, das Septum narium wieder aushöhlte, die beiderseitigen Innenwände der Nasen weiter aus einander drängte und so einen Intermaxillarraum schuf, Reste des primitiven Verhaltens bestehen noch in einer Dachbildung für diesen Raum, die sich bei Larven in breiterer Ausdehnung zeigt als bei Erwachsenen, ja WIEDERSHEIM konnte bei jungen Salamandern noch eine knorpelige Ethmoidalplatte nachweisen. Auch der mediale Knorpelstab wurde durch das Ein- wachsen der Drüse gespalten und zieht bei Triton taeniatus in den Zwischenkiefern eingeschlossen nach vom. Denkt man sich den ganzen Intermaxillarraum mit Knorpel ausgefüllt, so erhalten wir genau die Befunde bei niederen Urodelen, d. h. dieser Raum ist ein Produkt dieser Drüse. Eine Kieferdrüse fehlt nun sowohl bei Perennibranchiaten und Cryptobranchiaten, als bei den Gymnophionen, so dass sich bei allen diesen der ursprüngliche Zustand einer Nasenscheidewand erhalten Morpholog. Jahrbuch. 25. 38 578 Karl Peter konnte und musste. Dieser Umstand verknüpft die Cäcilien eng mit den Ichthyoiden; ob sie sich den Derotremen enger anschließen, wie die SARASIN vermutheten, lässt sich auf Grund unserer Untersuchungen nicht mit Sicherheit entscheiden. Jedenfalls nimmt Ichthyophis unter den Amphibien auch im Bau der Nasenkapsel keine Ausnahmestel- lung ein, sondern lehnt sich direkt an die niederen Urodelen an. Indem ich die Septalbildung als primitives Verhalten auffasse und den Intermaxillarraum mir sekundär durch Einwachsen der Kieferdrüse gebildet denke, spreche ich letzteren mit WIEDERSHEIM für eine neue Erwerbung an und kann nicht mit Born in ihm den Rest eines Internasalcavums der Selachier erblicken: Nur die höheren Urodelen besitzen diesen Raum, mit dem das Vorhandensein einer Intermaxillardrüse integrirend verbunden ist, während die niederen Formen, denen die Drüse stets mangelt, sämmtlich Nasenscheide- wände aufweisen, wie auch Salamandra im Larvenstadium. — Wenn nun niedriger stehende Gattungen stets und höher entwickelte als -Larven jenes Stadium aufweisen, so dürfen wir es wohl mit Recht als phyletisch älter ansprechen. Man kann sich den Gang der Ent- wieklung leicht vorstellen: die seitlich am Gehirn gelegenen Nasen- kapseln (Selachier) rückten vor das Centralorgan, ihre Innenwände verschmolzen dabei (Ichthyoidea, Caecilia). Erst das Auftreten einer Zwischenkieferdrüse bedingte ein theilweises sekundäres Auseinander- weichen der verschmolzenen Trabekel, deren Zusammenhang sich noch in Resten als Dach und Boden erhielt (Salamandrida). Weiter- hin konnten sich von Neuem Septumbildungen herstellen (Anura). e. Stadium J A. Der jüngste Embryo, dessen Trabekel im vorderen Theile schon Vorknorpelcharakter angenommen hatten, zeigt in seinem Nasenskelet noch sehr primitive Verhältnisse, indem die hinteren Abschnitte nur aus Vorknorpel bestehen, während man die rostral gelegenen Partien allein aus einem zellreicheren Gewebe, das später Vorknorpelcharakter annimmt, gebildet findet. Im Großen und Ganzen gleicht die Nasenkapsel der des Mo- dells, wenn die Bilder auf den ersten Blick auch ganz anders aus- sehen. Wir müssen uns gemäß den obigen Betrachtungen über die Lageveränderungen im vorderen Schädelabschnitt an dem Modelle nur gewissermaßen die dem Gehirn anlagernden Theile (Trabekelspangen, incl. Begrenzung des Opticusfensters) nach vorn über die dem Ge- ruchsorgan angehörigen Partien verschoben denken, so dass etwa Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 579 die rostrale obere Trabekelspitze auf einen Schnitt mit dem Vorder- ende der lateralen Nasenumgrenzung oder mit der Mitte der Flügel- knorpel fällt; dann ergeben sich die Bilder von selbst. Wir finden daher am caudalen Ende das Loch für den Sehnerven noch auf demselben Schnitt, auf welchem von der ventralen Spange unter dem Auge, aber oberhalb des Nasensackes der Antorbitalfortsatz in lateraler Richtung abgeht (proc.a.o Fig. 13). Bald darauf findet ein Auseinanderweichen der Trabekel statt, wodurch die Öffnung für die Choanen gebildet wird. Der Processus antorbitalis muss sich nach Schluss des Foramen pro nervo optico dem oberen Vorknorpelzug anschließen (Fig. 14). Die unteren Spangen beider Seiten wachsen sich entgegen zur Bildung der Basalplatte (Fig. 15). Nach dem Zu- sammenschluss wird der Zellcharakter hier indifferenter. Eine dichte Kernanhäufung zieht in der Mittellinie unter dem Gehirn nach vorn, ohne sich natürlich, da letzteres direkt über ihr lagert, zum Septum erheben zu können. Doch zeigt sie sich deutlich unpaar, und dies erhält sich auch nach Abgabe seitlicher Fortsätze — der späteren Flügelknorpel — in Gestalt eines medianen, sich etwas nach unten ausziehenden Stabes (Fig. 16). Die lateralen Flügelfortsätze haben einen Anschluss an seitliche Theile der Nasenkapsel noch nicht er- reicht. Für eine frühere Trennung der mittleren Partien durch einen unpaaren Internasalraum spricht hier nichts. An den Seitenwänden sind in einer Flucht über einander die kleinen Löcher für das Gefäß und Trigeminusästchen (V.z), wie für den N. nasalis, der den Processus antorbitalis vom Nasengerüst abtrennt, zu bemerken. Das perirhinische Gewebe verdichtet sich sodann zur ersten Anlage einer seitlichen Nasenwandung und tritt durch zellreiche Züge einerseits mit den Basaltheilen, andererseits, weniger deutlich, mit den oberen Partien in Kontakt. Letztere wahren am besten das _ Aussehen des Vorknorpels und ziehen, das Gehirn seitlich und die Nase dorsal deckend, nach vorn, ohne nochmals deutliche Verbin- dung mit den mittleren Theilen einzugehen. Ihr vorderes Ende fällt, wie erwähnt, schon in die Gegend der Alarknorpel. Wähun>die medianen und seitlich dorsalen Partien kontinuirlich mit den Balken zusammenhängen, entstehen die seitlichen und unteren Knorpelzüge ohne Anschluss an diese für sich aus dem perirhinischen Gewebe. Damit will ich natürlich nicht den Balken eine »generative« Be- deutung für das Nasenskelet zusprechen, sondern sehe mit Gaupp darin nur den Ausdruck einer zu verschiedenen Zeiten stattfindenden Verknorpelung des Ethmoidalgerüstes. 38* 580 Karl Peter Ließen sich die Befunde bei dem jüngsten Embryo gut mit den am Modell gewonnenen Anschauungen in Einklang bringen, so können wir an der Hand der weiteren Schnittserien und des Modells nach Larve LS die Nasenkapsel in ihrer Weiterentwicklung studiren. d. Weitere Ausbildung der knorpeligen Nasenkapsel. Noch beim Embryo verbindet sich, wie bemerkt, die obere vor- dere Spange der Seitenwand mit dem oberen Rande des Flügelknor- pels zur vollständigen Umwandung der Narinen. Wie das zweite Modell (Fig. 17) zeigt, wird die Nase bedeu- tend flacher und länger. Der Sporn des Septum fällt daher nicht mehr in die Augen. Von seinem oberen Ende wuchert der Knorpel noch etwas nach rückwärts, mit den unteren Theilen eine knöchern ausgefüllte Ineisur bildend. Doch tritt hier sehr früh die Zerstörung des Knorpels durch Knochen auf, die schon bei dieser Larve einen Theil der Nasenscheidewand zum Schwund gebracht hat. Der all- gemeinen Verlängerung entsprechend, ist auch der vorderste Knorpel- stab bedeutend in die Länge gewachsen. Eben so sind die Flügel- knorpel (proc.al) beträchtlich nach vorn gewuchert und haben nach unten, hauptsächlich aber dorsal, nach der Mitte zu an Ausdehnung gewonnen, so dass sich für den vorderen Theil der Nase ein voll- ständiges Dach gebildet hat. Am Abgang vom Septum findet sich noch die kleine Knorpelspange, die die Öffnung für den dünnen Schnauzenast des Trigeminus begrenzt. Die Öffnung für den äußeren Nasengang ist außerordentlich lang geworden, hat aber dabei an Höhe stark verloren (var). Die Seitenwand hat sich gleichfalls vervollständigt und be- deckt einen größeren Theil des Riechorgans; besonders ist der Bo- den für die Nase breiter geworden; der Antorbitalfortsatz (proe.a.o) ist deutlich erkennbar. Im Übrigen haben schon stark Resorptions- processe gehaust. Die Verbindung der Basalplatte mit den seitlich dem Gehirn anliegenden Trabekeln (/r) ist völlig verknöchert, eben so ein Theil der oberen Balkenspange selbst. Zu bemerken ist noch, dass an der Stelle, wo der Processus antorbitalis sich an die Trabekel ansetzt, also an seinem caudalen Theil, der Knorpel in starke Wucherung gerathen ist; hier lagert sich später der hintere Blindsack der Nase ein (Fig. 18). Fernerhin wuchert der Knorpel nur noch an drei Stellen: 1) am Vorderende bilden die Flügelknorpel eine Kuppel zur Aufnahme des vorderen Nasenblindsackes; Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 581 2) für den hinteren Blindsack wird an genaunter Stelle eben- falls eine knorpelige Umhüllung geschaffen (4.57 Fig. 19); 3) der hintere Vorsprung der Seitenwand, an der Grenze zwischen Boden und Seite in das Loch für die Choanen ragend, wächst an seinem caudalsten Theile nach innen, um sich zwischen den sog. Choanenschleimbeutel (ventral, lateral) und den Nasen- sack mit JACOBSON’schem Organ (medial) einzulagern. Doch beherrschen jetzt Resorptionsprocesse das Bild völlig. Der hintere Theil des Septum verknöchert in seiner ganzen Ausdeh- nung; die vordere Kuppel der Flügelknorpel verliert ihren Anschluss an das Mittelstück; der Boden der Nasenhöhle schwindet bis auf einen Knorpelstab, der, dem Ethmoidale anlagernd, sich am medialen Abhange des Vomerwulstes findet; eben so werden die Seitenwände reducirt. Was sich von dem komplicirten Geriiste bei der erwachsenen Blindwühle erhält, ist demnach äußerst wenig. Wir treffen am vor- dersten Ende noch die den Blindsack umschließende Kuppel (».5/ Fig. 20), die aber seitlich durch den Eintritt des äußeren Nasenganges und bald auch inner, hier durch Knochen verdrängt, eine Kontinuitäts- trennung zeigt, so dass wir weiter caudal eine Knorpelspange auf dem Boden und eine solche in der Decke der Nasenhöhle finden (sp.d und sp.v Fig. 20). Der mediane Stab der Nasenscheidewand bleibt völlig knor- pelig erhalten und zeigt noch weiter rückwärts, mit den Anfängen der Alarknorpel dorsal und streckenweise auch ventral, dieselbe Struktur (Fig. 21). Er setzt sich direkt in das knöcherne Septum des Ethmoids fort. Von den Seitentheilen erhalten sich also nur ein oberes und unteres Stück in der ganzen Länge, beide in Verbindung mit der vorderen Kuppel stehend. Die obere Spange schließt sich dem oberen nach innen umbiegenden Fortsatze des Turbinale an und ragt mit ihm weit in den Nasenraum hinein. Weiterhin verschmälert sie sich und lagert erst zwischen Turbinale und Nasale, dann unter letzterem allein, späterhin zwischen diesem und dem Präfrontale, bis sie vom Stirnbein seitlich gedrängt wird (Fig. 22). Weiter caudal findet eine starke Verbreiterung statt; ein Fortsatz lagert sich zwischen Choanenschleimbeutel und Nebennase (sp.d Fig. 22). Endlich findet die Spange — das am weitesten nach hinten reichende Stück des erhaltenen Ethmoidalknorpels — ihr Ende in der seitlichen Ausklei- dung des hinteren Blindsackes. Der ventrale Knorpelrest lagert 582 Karl Peter Anfangs langgestreckt auf dem Prämaxillare, dann auf Vomer und Maxillare; sein Querschnitt wird im weiteren Verlaufe auch oval. Lange vor dem dorsalen Stück sein Ende erreichend, findet es sich schließlich an der medialen Seite des Vomerwulstes (sp.v Fig. 22). Alle diese Theile zeigen aber doch nieht mehr den ausgespro- chenen Charakter des hyalinen Knorpels; die Kapseln sind verloren gegangen und die zahlreichen Zellen liegen in einer strukturlosen festen Zwischensubstanz, die sich nur durch stärkere Tinktionsfähig- keit von dem ähnlich aussehenden, die einzelnen Knochen trennen- den Bindegewebe unterscheidet. Bevor wir die Schicksale des übrigen Primordialeranium be- sprechen, wenden wir uns noch zum Kieferbogen. E. Kieferbogen. a..Qimadratum, Der Körper des Quadratknorpels stellt eine kleine dreieckige Platte am vordersten Theile der Ohrkapsel dar, deren Flächen nach außen resp. innen schauen. Eine Kante, etwas verbreitert und kon- vex gerundet, sieht ventral und passt in die konkave Aushöhlung des Gelenkfortsatzes am Unterkiefer. Eine zweite trägt am caudalen Ende die Verbindung mit der Columella — dies Verhältnis ist schon früher besprochen —, steigt von da schräg nach vorn und oben, die dritte ist direkt nach vorn gerichtet. Von der letzten Seite gehen zwei lange Fortsätze ab: der eine verläuft in der Fortsetzung der schräg aufsteigenden Kante nach der oberen Trabekelspange zu, verjüngt sich allmählich und endet frei, ohne mit der Schädelseitenwand eine Verbindung einzugehen (proc.ase Fig. 1, 3, 24). Der zweite verlässt den Körper in der Mitte der Vorderseite und hat seine Richtung direkt parallel der Längs- achse des Schädels, daher ein wenig nach einwärts; er erreicht nicht ganz die Länge des oberen Auswuchses (proc.pter). Dagegen findet sich in seiner Verlängerung parallel der unteren Trabekelspange ein Knorpelstab, der sich bis in die Mitte des Opticusfensters er- streckt und seinerseits wieder in zwei Theile gespalten sein kann. Eine dichte Zellanhäufung verbindet die einzelnen Stücke mit ein- ander und mit dem Fortsatze des Quadratum, so dass die betreffen- den Elemente wohl als eines Ursprungs aufgefasst werden können. Endlich wäre noch eine schwach angedeutete Hervorragung an der schrägen Kante zu erwähnen, die sich nach dem vorderen Ende der Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 583 Ohrkapsel wendet. Die Bedeutung dieser Fortsätze ist klar: wir haben es der Reihe nach mit dem Processus ascendens, ptery- goideus und dem Rest eines Processus oticus zu thun. Am auffallendsten ist die weitgehende Reduktion des Quadrat- knorpels, besonders des Körpers. Während dieser bei Urodelen außerordentlich stark entwickelt ist, seine größte Ausdehnung in schräg nach vorn und innen gehender Richtung besitzt, und am äußer- sten Ende die Verbindung mit dem MEcker’schen Knorpel trägt, treffen wir hier die seitliche Ausdehnung fast auf Null redueirt an und das Kiefergelenk ganz nahe an die Schädelseitenwand gerückt, so dass die größte Länge des Quadratum in der Längsrichtung des Kopfes liegt. Ferner mangelt dem Knorpel jede Verbindung mit dem Cranium, mit welchem er sonst bei Urodelen an drei Stellen verschmilzt: 1) mit dem Boden der Ohrkapsel durch den Processus palato- basalis, 2) mit dem oberen Theil derselben durch den Proc. oticus, 3) mit den Trabekeln durch den Proc. ascendens. Von ersterem Fortsatz ist keine Spur mehr zu entdecken; eine nur schwache Erhebung der oberen Kante kennzeichnet den Ort des Proc. otieus. Dagegen findet sich ein aufsteigender Fortsatz gut entwickelt, geht aber mit den Balken keine Verbindung ein; nur ein dichterer Bindegewebszug zieht von seinem freien Ende zur oberen bereits mit einer Knochenschale umgebenen Trabekelspange. Eigenthümlich ist ferner die Diskontinuität des Flügelfortsatzes sowie seine große Länge. Dass er sich von seinem Mutterboden loslösen kann, zeigt schon Meno- poma (WIEDERSHEIM), und auch das atrophische Primordialeranium der Echsen weist nach Gaupp (1891) dasselbe Verhalten auf. Wenden wir uns nun noch zur Besprechung des jüngsten Embryos. Auch hier ist der Quadratknorpel stark reducirt, seine Breitenausdehnung aber verhältnismäßig noch etwas bedeutender, als im modellirten Stadium. Das Gewebe des Körpers besteht zum Theil bereits aus Kapselzellen, allerdings ohne jede Zwischensubstanz. Im Verlaufe des Processus ascendens tritt allmählich Vorknorpel auf; auch hier vermittelt von seinem oberen Ende nur ein Bindegewebs- strang die Verbindung mit den Balken. Entsprechend dem späten Auftreten des Flügelfortsatzes bei Amphibien zeigt sich dieser äußerst kurz und unentwickelt; die Gegend, in welche sich dieser Stab später erstreckt, ist nur von zellreichem Gewebe eingenommen, dem man den Charakter des Vorknorpels nicht wohl zusprechen kann, bis weiter rostral sich ein Stab von Vorknorpelzellen deutlich differenzirt. 584 Karl Peter b. MECKEL’scher Knorpel. Der Unterkieferknorpel stellt sich als dünner, langer Stab dar, der fast gerade von hinten seitlich nach vorn und in sehr spitzem Winkel nach innen zieht, ohne sich mit dem andersseitigen zu vereinen; vielmehr verlaufen vorn die gegenseitigen Enden noch eine Strecke weit parallel neben einander. Das caudale Ende des Knorpels findet sich an der Grenze zwischen hinterem und mittleren Drittel der Ohrkapsel; das Gelenk mit dem Quadratum treffen wir allerdings nicht daselbst, sondern um !/, der Länge des Stabes rostral verlagert. Ein großer Theil der Spange liegt demnach caudal vom Gelenk. Dieses Stück hat längsovalen Querschnitt; die dorsale Erhebung wird in der Gegend des Gelenkes noch höher. Hier zeigt sich der Knorpel an der oberen Seite sanft eingebuchtet, zur Aufnahme des Gelenkkopfes des Quadratum. Da letzteres so bedeutend verkürzt ist, lagert sich auch der Unterkieferknorpel nahe an den Schädel an. Vom vorderen Ende des Gelenks ändert der Stab seinen Quer- schnitt sehr schnell und wird oval, später fast rund. IA zeigt genau dasselbe. Der Knorpel ist gut entwickelt, sein hinterer Sporn und Gelenkfortsatz eben so angelegt, nur ist das Ge- lenk selbst, dessen Spalte beim älteren Embryo schon auftrat, noch nicht gebildet; nur eine Schicht Bindegewebes mit reichlichen © quer gestellten Kernen trennt die beiden Knorpel. Auffallend ist der schon im jüngsten Stadium ausgebildete hintere Fortsatz, für dessen morphologische Bedeutung kein Am- phibium eine Erklärung giebt. Ein kurzes Überragen des Gelenkfort- satzes nach hinten bildet WIEDERSHEIM allerdings auch bei Siren und Menopoma ab, aber nirgends erlangt dieses Stück eine Aus- dehnung, wie bei Ichthyophis. Im Anschluss an den Kieferbogen kann ich noch einige un- wichtige Bemerkungen über die c. Kiemenbogen einfließen lassen. Die Sarasın haben bereits richtige Abbildungen derselben von Erwachsenen und Larven gegeben. Von Einzelheiten wäre nachzutragen, dass die Copula zwischen zweitem und dritten Bogen keine Unterbrechung zeigt, worüber diese Forscher nicht ganz sicher waren; ferner tritt bei / A noch ein Verbindungsstück zwischen drittem und vierten Bogen auf, das schon im Embryonalleben verloren geht. In die Augen fallend ist aber die ungeheure Entwicklung des Kiemenkorbes beim jüngsten Embryo (A.B. Fig. 23); die Bogen legen Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 585 sich ja stets am frühesten vom Cranium an, gewinnen hier aber eine Ausdehnung, die auf eine bedeutende Funktion der langen von ihnen getragenen äußeren Kiemen schließen lässt. Rückbildung des Knorpeleranium. Da sich in der Ethmoidalgegend Rückbildungsprocesse mit weiterer Ausbildung des Knorpelskelets eng verknüpfen, so sind sie für diese Theile bereits im Kapitel über die Nasenregion besprochen. Die übrigen Partien gehen bis auf geringe Reste völlig zu Grunde, und zwar spielen sich dabei zwei Processe ab: 1) Um die meisten Knorpeltheile werden direkt Knochenspangen abgelagert, welche das Knorpelgewebe erdrücken, so dass es atro- phisch, resorbirt und durch Knochen ersetzt wird. Histologisch zeigen sich dabei die bekannten Bilder der Knorpelresorption. Bevor die umhüllende Schicht nicht eine gewisse Mächtigkeit erlangt hat, findet sich noch keine Reaktion von Seiten des eingeschnürten Gewebes. Später wird der Knorpel entweder einfach »strangulirt« oder durch einwandernde Zellen arrodirt und resorbirt. Knorpelreste erhalten sich dabei nie. Dieser Process tritt sehr zeitig auf; schon alle Embryonen mit Ausnahme des jüngsten weisen um fast alle Knorpel Knochenschalen auf. Im Einzelnen wird dies bei der Bildung der Knochen besprochen werden, auf welche ich hier verweise. Die betreffenden Knochen sind natürlich »primäre« oder »Aut- ostosen« (GAUPP). 2) An einigen Stellen bleibt der Knorpel jedoch von Knochen- schalen frei, erhält sich daher länger und wandelt sich erst spät zum größten Theil in Bindegewebe um. Während nämlich im er- steren Falle jegliche Spur des ursprünglichen Gewebes verloren geht, können sich hier Reste des Knorpels auch beim erwachsenen Thier erhalten. Hierher gehören folgende Theile des Primordialskelettes: a. Das Mittelstück der Basalplatte; die seitlichen Theile erhalten Knochenschalen, das Mittelstück bleibt frei von diesen und wandelt sich schon im Larvenleben in festes Gewebe um, welches die beiden Hinterhauptskondylen ventral verbindet. b. In der Gegend des Optieusfensters (am Zusammenstoß von Basal- knochen und Ethmoidale) erhalten die beiden Trabekelspangen keine Knochenhülle und bleiben auch beim ausgewachsenen Thier knorpelig. e. Das proximale Ende des Stapes, das sich an die Ohrkapsel anlagert, behält den spät entstandenen Knorpel auch für immer. 586 Karl Peter d. Der Processus pterygoideus quadrati lagert, so weit er nicht in den knöchernen Fortsatz des Quadratbeins einbezogen wird, mit seinen Fortsetzungen dem Flügelbein, später dem Zwischen- kiefer auf, ohne sich mit ihm zu verbinden, und degenerirt schon am Ende des Larvenlebens zu festem Bindegewebe. e. Hierher gehört ferner der MECKEL’sche Knorpel mit Aus- nahme des vordersten Stücks und des hinteren Sporns, auf welche sich direkt Knochen ablagern. Lange erhält sich der übrige Knorpel- stab unverändert, bis bei älteren Larven sich von vorn und hinten eine Degeneration einleitet. Doch bleiben Reste (von den Choanen bis hinten zum Zusammenstoß von Riechbein und Basalknochen) bestehen. f. Die Gelenk flächen (Quadratum-MEcker’scher Knorpel, Atlas- Basalknochen, Stapes-Quadratum) entbehren natürlich auch einer Knochenschale und behalten den Knorpelüberzug. g. Endlich treffen wir diesen Process vereint mit dem erstge- nannten bei der Rückbildung der Nasenkapsel in Thätigkeit. Die vorderen Seitenpartien wandeln sich mehr in Bindegewebe um, während die mittleren Theile und die Seitenwände bis zum Antorbitalfortsatz vom Knochen verdrängt werden. Das ganze übrige Primordialeranium wird von Knochenspangen umhüllt und degenerirt völlig. Beim ausgewachsenen Thier erhalten sich also außer in der Nasengegend und an den Gelenken nur noch im Opticusfenster, im Unterkiefer und am vorderen Ende des Operculum stapedis Knorpel- reste — gewiss eine weitgehende Umformung einer Bildung, die in der Amphibienwelt sonst eine so hervorragende Rolle spielt! ! Zusammenfassung. Aus den mitgetheilten Befunden ergiebt sich, dass das Primor- dialeranium von Ichthyophis glutinosus sich ohne Schwierig- keit auf das der Urodelen, und zwar (Facialis!) der Ich- thyoiden zurückführen lässt. Anklänge an die Verhältnisse bei den Anuren fehlen völlig, daher diese überhaupt nicht berücksichtigt wurden. Das Knorpelskelet zeichnet sich, wie schon Eingangs be- merkt, im fertigen Zustand an allen Theilen durch sehr embryo- nalen Charakter aus, indem sich die Knorpelbildung allein auf schmale Zellzüge beschränkt, wie sie sich bei anderen Amphibien in der ersten Anlage vorfinden. Ferner geht es mit alleiniger Aus- nahme der Ethmoidalgegend bedeutendere Umwandlungen nicht ein. Interessant war es endlich zu verfolgen, wie bei unserem jüngsten Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 587 Stadium noch ein verhältnismäßig größerer Raum vom vorknorpeligen Primordialeranium eingenommen wurde, als es vom fertigen Knorpel geschieht: ein Beweis für bedeutendere Entwicklung desselben bei den Vorfahren der Cäcilien und für die selbst bis ins Embryonal- stadium reichende Wirkung der Reduktion. Doch kann dies im Einzelnen nicht wiederholt werden. Fassen wir nun noch kurz die Beschreibung des Knorpelskelets zusammen. In der Hinterhauptgegend fanden wir zwei Gelenk- höcker zur Verbindung mit dem Atlas — dieses Gelenk erkannten wir als echtes Bogengelenk — und davon ausgehend jederseits zwei schmale Spangen, die in weitem Bogen das Foramen jugulare um- zogen; die ventralen schlossen sich zu einer schmalen Occipitalplatte zusammen. Die Chorda dorsalis, wie bei den Urodelen über dieser Platte gelegen, und im frühesten Stadium gut entwickelt, lagerte also weiter nach vorn frei im subcerebralen Bindegewebe; schon im Embryonalleben bildet sich aber ihr Schädeltheil völlig zurück. Die Ohrkapsel giebt in ihren Hauptzügen die Verhältnisse wieder, wie sie die Schwanzlurche aufweisen, nur ist sie bedeutend zarter und zeigt außer den drei an der Innenfläche stets auftretenden, hier aber stark erweiterten Öffnungen für die Schnecke, den Ductus endo- lymphaticus und die Acusticusiste noch weitere Löcher, die keine Wichtigkeit beanspruchen und durch Knochen geschlossen werden, auch beim jüngsten Embryo noch nicht gebildet sind. Ein Tectum synoticum ist nur angedeutet. Der Verlauf des Facialis schließt sich an den der niederen Urodelen (Siredon) an; der Nerv tritt weder in Verbindung mit dem Trigeminus, noch mit dem Hörnerven. An dem langgestreckten Stapes waren ÖOperculum und Columella gut erkennbar, dabei war es von Wichtigkeit, dass wir im frühesten Stadium das Herauswachsen dieses Knorpelstückes aus der noch z. Th. vorknorpeligen Labyrinthwand direkt beobachten konnten. Die Orbitalregion zeigte zwei weite nur von schmalen Spangen umgebene Öffnungen für den Optieus und Trigeminus, ohne jede Spur von Deckenbildung und Balkenplatte. Eines längeren Studiums bedurfte die Nasengegend, die sich allein im Larvenleben noch weiter ausbildet. Die ventralen Trabekel- spangen vereinigen sich unter dem Gehirn und ziehen in der Mittel- linie, zwischen beiden Nasen sich erhebend, als Septum nach vorn, eine Bildung, die sich in gleicher Weise bei den niederen geschwänz- ten Amphibien antreffen ließ, während bei den Salamandriden das Einwachsen der Kieferdrüse die mittleren Partien paarig gestaltete 588 Karl Peter und einen unpaaren Intermaxillarraum schuf. Die seitlichen Theile der Ethmoidalkapsel schließen sich an die oberen Balkenspangen an. Wir fanden die kleinen Fenster für den Nasenast des Quintus, vom Processus antorbitalis unten begrenzt, und für schwache Astehen des- selben Nerven. Die auch hier nur diinne Knorpelplatte zeigte auBer- dem drei groBe Offnungen fiir die Choanen, die Narinen und eine dritte vorn in der Basis, während eine Deckenbildung überhaupt fehlte. Späterhin streckt sich die Nasengegend, und während sich eine vor- dere und hintere Kuppel für die entsprechenden Blindsäcke des Riech- organs sowie eine Umkleidung des Choanenschleimbeutels ausbilden, wird der Knorpel anderweitig theils durch Knochen ersetzt, theils in Bindegewebe umgewandelt, so dass sich außer den vorderen Thei- len des Septum nur die beiden Kuppeln und zwischen denselben zwei schmale Spangen, theilweise den Schleimbeutel umgebend, als Reste der knorpeligen Nasenkapsel beim Erwachsenen vorfinden. Das Quadratum fanden wir platt und ohne jede Verbindung mit dem Cranium, sein Gelenk mit dem langen MECKEL’schen Knorpel, der sich durch einen bedeutenden caudal gerichteten Fort- satz auszeichnete, ganz nahe an den Schädel gerückt. Außer in der Nase ließen sich beim ausgewachsenen Thier Knorpelreste allein an den Gelenkenden, im Unterkiefer, dem Op- ticusfenster und am Vorderrande der Stapesplatte nachweisen. Schon im Stadium 7D waren die Knorpelpartien meist völlig von Knochenschalen eingehüllt, so dass es etwas Künstliches war, erstere allein zu beschreiben; ich glaube aber im Interesse der Klar- heit für die Darstellung des Primordialeranium recht gehandelt zu haben, wenn ich von einer gleichzeitigen verwirrenden Besprechung der betreffenden Knochenstücke absah und denselben ein eigenes Kapitel widme. Doch möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die Knochenbildung sich nicht an den entwickelten Zustand des Knorpelskelettes anschließt, sondern dass sie bereits während der Ausbildung desselben im Gange ist. II. Die Entwicklung des knöchernen Schädels von Ichthyophis glutinosus. Der Bau des knöchernen Schädels unserer Blindwühle und seiner einzelnen Bestandtheile ist von WIEDERSHEIM und den SARASIN so ausführlich beschrieben worden, dass eine erneute Be- handlung des Themas sich fast nur auf Wiederholungen beschränken Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 589 könnte. Einige Punkte sind aber doch noch strittig und bedürfen der entwicklungsgeschichtlichen Prüfung. Es wird sich hauptsäch- lich um den morphologischen Werth einzelner Schädelknochen handeln. Bei der Besprechung verfolgen wir denselben Weg wie am Primor- dıaleranium; in der Nomenklatur werde ich mich möglichst an die von GAaupPp vorgeschlagene halten. Von hinten nach vorn vorschreitend, stoßen wir zuerst auf den Basalknochen (SARasın). Schon Duszs nahm aus vergleichend-anatomischen Gründen an, dass dieser Knochen mehreren Schädelstücken (Occipitale laterale, Petrosum, Parabasale) der Urodelen entspräche — daher er ihn Occi- pito-spheno-rupéal nannte —, und vermuthete, dass er bei jungen Cäcilien dreifach sei. Recht hat er in so fern, als das Parabasale (Parasphenoid) sich getrennt anlegt und erst spät mit den übrigen Theilen verschmilzt, jedoch lassen sich die beiden anderen Bestandtheile nicht isolirt nach- weisen. Der Knochen besteht also bei Embryonen aus zwei Stücken: 1) Wie erwähnt aus dem einen Deckknochen repräsentirenden Parabasale (Ps Fig. 24), das sich in ganz gleicher Weise wie bei allen Schwanzlurchen anlegt, nur etwas breiter gestaltet ist, und 2) aus dem gesammten verknöcherten Primordialeranium (77 Fig. 24), von den Condylen bis zur Mitte des Opticusfensters mit alleiniger Ausnahme der Hinterhaupt-Gelenkflächen, welche knor- pelig bleiben, und des mittelsten Theiles der Oceipitalplatte, welcher zu Bindegewebe degenerirt. Dabei tritt fast gleichzeitig um den ganzen Knorpel die um- hüllende Schale auf. Es lassen sich bestimmte Centren der Knochen- bildung nicht nachweisen; wir können demnach nicht bestimmte Be- zirke als zusammengehörig bezeichnen, die wir den primordialen in der Gegend unseres Basalknochens gelegenen Skelettheilen der Uro- delen, dem Oceipitale laterale nnd dem Petrosum an die Seite stellen dürften. Dies ist ein merkwürdiges Verhalten, da bei allen ge- schwänzten Amphibien jene beiden Knochen, auch wo sie zusammen- stoßen, doch stets durch eine Naht getrennt bleiben. Die erste Anlage des Basalknochens fällt bereits in ein frühes Embryonalstadium, da schon bei /C die ganze in Betracht kommende Knorpelgegend schmale Knochenschalen aufweist, und auch das un- paare Parabasale sich als feiner Streif unterhalb des Gehirns diffe- renzirt. Die Verschmelzung erfolgt erst spät, indem noch die älteste Larve die einzelnen Stücke nur durch Naht verbunden zeigt. 590 Karl Peter Der Basalknochen ist also ein aus primären und sekun- dären Theilen verschmolzenes Skeletstück; im fertigen Zustand ist er oft genug beschrieben worden. Auf zwei, wie mir scheint, wichtige Punkte will ich nur noch hinweisen. Einmal lehrt nämlich gerade der Vergleich des so schwach aus- gebildeten Knorpelskelettes mit dem mächtigen Basalknochen, dass wir es auch bei den sogenannten primären Knochen (Autostosen) mit Mischknochen zu thun haben, indem sich an die den Knorpel substituirenden Theile Verknöcherungen des Bindegewebes direkt anschließen: so ist z. B. das Dach für das Gehirn bindegewebigen Ursprungs. Der Unterschied zwischen diesen Partien und den wahren Deckknochen besteht nur darin, dass letztere mit Knorpeltheilen direkt gar nicht in Verbindung stehen, während erstere aus der Knochenschale des Primordialeranium herauswachsen, wie es noch komplicirter das Ethmoid zeigen wird. Es spricht dies gegen eine prineipielle Scheidung der beiden Verknöcherungsprocesse. Ferner konnte ich auf Schnittserien durch Larven das Foramen pro nervo vago durch eine schmale Knochenbrücke in zwei Theile gespalten finden; den vorderen größeren benutzt der Vagus zum Durehtritt, während durch die hintere und etwas mehr ventral ge- legene kleinere Öffnung ein feiner Nerv die Schädelhöhle verlässt, der einiger Beachtung werth erscheint. Es handelt sich um ein zartes Faserbündel, das durch den hinteren Theil des Vagusloches hindurchtritt (N.oce Fig. 25); schon beim Embryo durch eine Schicht Bindegewebe deutlich vom zehnten Hirnnerven getrennt, wird es später in einen eigenen Knochenkanal eingebettet. Ob diese zarte Knochenspange beim ausgewachsenen Individuum schwindet, konnte ich nicht mit Sicherheit feststellen; an macerirten Schädeln mehrerer Gymnophionenarten fand ich nur ein einheitliches Loch. Nach dem Austritt aus dem Schädel wendet sich der Nerv etwas nach oben, ohne mit dem Vagusganglion irgend welche Verbindung einzugehen. Deutlich zeigt sich diese Trennung bei der Larve; beim erwachsenen Thier liegen beide Nerven nahe an einander, einen direkten Zusammenhang kann man aber nicht nachweisen. Bei der Präparation macht der Nerv, so weit die feinen Verhältnisse eine Darstellung ermöglichen, den Eindruck eines Vagus- astes. Das Bündel theilt sich bald in zwei Äste: der stärkere dor- sale (N.oce.d Fig. 26) schlingt sich sofort um die Ohrkapsel herum und innervirt mit seinen Zweigen die vordersten Partien des Mus- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 59] culus dorsalis. Der schwache ventrale Ast (N.oce.v Fig. 26) verläuft gerade nach hinten, tritt medial vom Sympathicusganglion nach der Bauchseite und versorgt den lateralen Theil der hypaxionen Mus- kulatur. Dieser kleine Muskel ist in Folge seiner zarten Faserbündel leicht von dem grobfaserigen mächtigen mittleren Komplex zu unter- scheiden, auch in eigener Fascienhiille gelegen. Er entspringt vom Ohrtheil des Basalknochens und endet am zweiten und dritten Wirbel, in den Dorsalis übergehend. Auf ihm liegt das langgestreckte Gan- glion des Sympathicus. Der kleine Nerv verhält sich also durchaus wie ein spinaler; dies wird noch deutlicher durch die Thatsache, dass die weiter caudal gelegenen Partien beider Muskelgruppen von den entsprechenden Ästen der ersten Rückenmarksnerven versorgt werden. Finden wir nun Homologa für diesen Nerv bei den Urodelen, und wie haben wir ihn aufzufassen? Genaue Angaben über einen ähnlich verlaufenden Nerv in der Vagusgegend bei anderen Am- phibien konnte ich nicht entdecken; selbst der sorgfältige FIscHER (1843) erwähnt nichts Entsprechendes. Möglich ist jedoch, dass er bei anderen Schwanzlurehen in den zehnten Hirnnerv einbezogen ist, dass er dem Vagusast entspricht, von dem v. PLESSEN und RABINOVICZ schreiben (1891, pag. 18): »Ein zweites Astchen aus dem Ganglion ist sehr schwach, schmiegt sich der Dorsalwand der Gehörkapsel an, ist dann mit Sicherheit nicht weiter zu verfolgen« (Salamanderlarve). Vielleicht hat auch SEWERTZOFF einen ähnlichen Nerven bei einem jungen Siredon entdeckt und in Fig. 17 abgebildet. Er bemerkt da- zu (1895, pag. 249): »Aus der Region des Gehirns, welche hinter dem Occipitalbogen liegt, tritt in das Ganglion des Nervus vagus eine feine Wurzel ein, welehe man wahrscheinlich mit dem Nervus accessorius homologisiren kann.« Ob WALDSscHMIDT (1887) das be- treffende Bündel bei Siphonops annulatus präparirt und mit der Ziffer XII bezeichnet hat, ist unmöglich zu entscheiden, da in seiner Abbildung der Hirnnerven nie die Durchtrittsstellen angegeben sind und die schwache Faser auch als Spinalis I den Atlas durchbohrt haben kann. BURKHARDT (1891) erwähnt nichts, was für unseren Befund verwerthet werden könnte. Ich sehe in diesem Gebilde einen der von FÜRBRINGER in seinem prachtvollen Werke über die spino-oceipitalen Nerven (1897) als »oceipital« bezeichneten Nerven, d. h. einen hier sehr deutlich aus- geprägten, hinter dem Vagus austretenden, frühe in das Cranium ein- bezogenen Spinalis, wie bei anderen Anamniern deren oft zahlreiche durch die Hinterhauptsregion den Schädel verlassen. FÜRBRINGER 592 Karl Peter selbst gelang der Nachweis eines solchen bei Amphibien nur einmal an einem jungen Exemplar von Cryptobranchus japonieus, und auch dort vermochte er den Verlauf des kleinen Bündels, das hinter dem zehnten Hirnnerv aus dem Schädel austrat, nicht weiter zu verfolgen. Bei unserem Gymnophionen hat sich der Nerv noch gut erhalten. Seinem Charakter, seiner Endverzweigung nach entspricht er voll- ständig einem Spinalnerven. Ich konnte ihn bei allen Embryonen, Larven und ausgewachsenen Exemplaren von Ichthyophis in dem oben geschilderten Verlauf auffinden. Ich schließe mich daher vollkommen der Meinung FÜRBRINGER'S an, der in dem Hinterhauptstheil der Amphibien »das Rudiment eines Multiplums von primären Oceipitalwirbeln« sieht, während SEWERTZOFF sagt: »bei den Amphibien entspricht der ganze Occi- pitalabschnitt einem einzigen Segmente, dem einfachen Oceipitalbogen, so dass die Amphibien in dieser Hinsicht unter allen Cranioten, mit Ausnahme der Petromyzonten, den einfachsten Zustand zeigen.« Ab- gesehen von dem Einwand, den schon FÜRBRINGER erhob, dass es wohl nicht angeht, einer so hochstehenden Gruppe derartige pri- mitive Charaktere beizulegen, spricht der Befund eines hinter dem Vagus aus dem Occipitaltheil austretenden Nerven mit völlig spi- nalem Charakter bei Ichthyophis schlagend für die Zusammensetzung des Occipitalbogens der Amphibien aus mehreren Segmenten. Stapes. Der Stapes bildet sich völlig aus der primordialen Grund- lage, die seine fertige Gestalt schon erkennen lässt. Die Verknö- cherung beginnt auch hier bereits beim Embryo, und zwar zuerst am Operculum. Erst im späten Embryonalleben, wo proximal schon Degeneration des Knorpels auftritt, überzieht sich auch die Colu- mella mit Knochen. Frei bleiben davon, wie oben bemerkt, das distale Ende des Säulchens und das rostrale des Deckels. Wäh- rend sich an ersterem bei der Larve eine Gelenkverbindung mit dem Quadratum ausbildet — worauf schon die SARASIN aufmerksam gemacht haben — geht an der zweiten Stelle der Knorpelrest un- mittelbar in das Bindegewebe über, welches das Gehörknöchelchen mit der Schädelseitenwand (ein Stück des Basalknochens, früher vorderes Ende des Foramen ovale) verbindet. Die Pars opereularis wächst noch nach oben und unten etwas in die Breite, so dass wir beim Erwachsenen eine ovale, das eirunde Fenster verschließende | Platte mit seitlichem knöchernen Fortsatz finden. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 593 Quadratam (WIEDERSHEIN). (Suspensorium: SARASIN; Quadrato-jugale, Quadrato-maxillare: GAUPP.) Das Quadratum baut sich ebenfalls auf der knorpeligen Grund- lage des gleichnamigen Theiles des Primordialeraniums auf. Dazu gesellt sich die von den SARASIN als Processus jugalis bezeichnete Fläche, die bindegewebigen Ursprungs ist und von den Knochen- schalen des Processus ascendens (squamosus SARASIN) und Proe. pte- rygoideus auswachsend die Zwischenfläche ausfüllt. Die genannten Forscher nahmen, den entwickelten Schädel untersuchend, an, dass diese Knochenfläche dem Paraquadratum entspreche; jedoch zeigt sich das Skeletstück bei der Larve nicht aus mehreren Theilen ver- schmolzen, und wir werden später noch ein Homologon auch für jenen Deckknochen antreffen. Schon bei den Embryonen vom Stadium / B besteht eine Knochen- schale um den ganzen Quadratknorpel mit Ausnahme des oberen Theils des aufsteigenden Fortsatzes; dieser bleibt an seinem Ende knorpelig bis ins Larvenleben hinein und liisst so eine friihere Ver- bindung mit der oberen Trabekelspange, der er zustrebt, ahnen (proc.ase Fig. 24). Mit Ausnahme der beiden Gelenkflächen fiir Unter- kiefer und Stapes schwindet beim ausgewachsenen Thier in diesem Skeletstiick jede Spur von Knorpel. Der bindegewebige Theil bildet sich am spiitesten aus. Unser Knochen entspricht natürlich dem kleinen, verknöcherten Plättehen, das die meisten Urodelen im Quadratknorpel aufweisen. Ich möchte ihn auch dem Quadrato-maxillare der Anuren homologi- siren, einem Schädeltheil, der in gleicher Weise wie bei unserer Art sich aus einer »Autostose« und daraus auswachsender Spange von Bindegewebsknochen zusammensetzt. Die Mächtigkeit und die langgestreckte Gestalt des letzteren Theiles ist wohl nicht von Wich- tigkeit für die Bedeutung des Ganzen, und Gaupp betont ja aus- drücklich (1893, pag. 101), dass die Verknöcherung des Maxillarfort- satzes bei Rana fusca vom caudalen Ende, also vom Quadratum aus beginnt. Ich glaube daher, Gaupp widersprechen zu müssen, wenn er bei den Urodelen das Vorkommen eines »Quadrato-jugale« in Abrede stellt; der gewählte Name passt allerdings nur für die Schwanzlosen, es würde dann für den Knochen, der bei allen Gruppen vorhanden ist, die alte Bezeichnung »Quadratum« wie- der aufzunehmen sein. Morpholog. Jahrbuch. 25. 39 594 Karl: Peter Paraquadratum (GauppP). (Squamosum: WIEDERSHEIM; Jugale: SARASIN.) Dieser platte, an der Seite des Schädels gelegene Knochen wurde von den Sarasin für einen den Amphibien sonst fremden Bestandtheil des Kopfskelets angesehen und dem Jochbein der höheren Thiere gleichgestellt. WIEDERSHEIM hielt ihn für das Ho- mologon des »Squamosum« der Urodelen, und eben so vermuthete GAuPP in ihm sein Paraquadratum (= Squamosum WIEDERSHEIM). Die Entwicklungsgeschichte des Schädels bestätigt diese letztere Ansicht. Der fragliche Knochen legt sich in völlig gleicher Weise an wie das Paraquadratum der Tritonen; beim Embryo sehen wir einen zarten Streifen von Bindegewebsknochen über dem Quadratum und dem vorderen Ende der Ohrkapsel angelegt, und wie stets bei Be- legknochen durch eine Gewebsschicht vom unterliegenden Knorpel getrennt (Pq Fig. 27). Ebenso berichtet GAupPp von Triton, dass die erste Anlage auf dem Quadratum stattfinde (1894, pag. 93), »die Verknöcherung schiebt sich allerdings sehr bald auf den äußeren Ohrkapselumfang herauf«. Die fernere Entwicklung des Knochens besteht nur in Flächen- ausdehnung und ist keiner weiteren Beschreibung bedürftig. Seine eigenthümliche Gestalt wird im zweiten Theil gewürdigt werden. Die von den Sarasin als wichtig hervorgehobene Verbindung mit dem Maxillare bahnt sich erst im späten Larvenleben an und dürfte als vollständig sekundär eine Bezeichnung des Knochens als Jugale wohl kaum rechtfertigen. Wir treffen in dem Paraquadratum also keinen neuen Bestand- theil des Schädels, sondern einen typischen Kopfknochen aller Amphibien, der nur sekundär eine Form- und Lageveränderung einging. Die übrigen Deckknochen des Schädels legen sich schon beim Embryo in bekannter Weise an. Ihre Gestalt und Lagerungsver- hältnisse sind aus den prächtigen Figuren des Sarasın'schen Werkes leicht ersichtlich. In ihrer Bedeutung schließen sie sich an die gleichnamigen Knochen der Urodelen an, nur finden sich noch einige diskrete Stücke, die bei anderen Amphibien, sogar schon bei einigen Cicilien, mit anderen Knochen verschmolzen sind. Neues habe ich darüber nieht zu berichten. Ein paar Worte. noch über das Tur- binale und das Ethmoid. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 595 Turbinale (SARASIN). (Lacrimale: Born; Intranasale: GAUPP.) Die Sarasin lieferten schon eine eingehende Beschreibung dieses interessanten Knochens und schrieben: »Bei den Urodelen findet er sich nicht vor; dagegen vermuthen wir, dass er dem von Dusäs bei den Anuren als Turbinale beschriebenen, von Born als Lacrimale gedeuteten Knöchelchen entspreche«. Letzteres ist unzweifelhaft richtig. Doch glaube ich auch sein Homologon bei den Urodelen in einem theils isolirt gebliebenen (Ranodon, Ellipsoglossa) theils mit dem Praefrontale verschmolzenen Knochen zu finden. Schon Born (1877, pag. 63) hat diese Identität ausgesprochen und gerechtfertigt, auch die Verlagerung des betreffenden Stückes ins Innere der Nase bei Anuren durch Verschiebung der äußeren Nasenöffnung erklärt, doch scheint diese Angabe keine Beachtung gefunden zu haben. Bei allen Amphibien bildet der Knochen ein Belegstück der Nasen- säcke; er geht allerdings die verschiedensten Lageveränderungen ein. So passt der von Gaupp vorgeschlagene Name »Intranasale« wohl für die Froschlurche, aber nicht für die Urodelen; ich möchte daher die Bezeichnung Turbinale oder Lacrimale beibehalten. Auch in diesem Knochen erkannten wir einen typischen Bestandtheil des Urodelenschädels. Ethmoid. Das Siebbein nimmt den vorderen Abschnitt des Primordial- cranium vom Opticusfenster an zum größten Theil in sich auf. Entsprechend der spiiten Ausbildung der knorpeligen Ethmoidal- region entsteht dieser Knochen als letzter von allen; am Ende der Embryonalzeit treten die ersten Ossificationen auf. Anfangs zeigt nur das Septum Neigung zur Verknöcherung, und diese Anlage setzt sich auf bindegewebiger Grundlage weiter nach hinten zwischen die Riechlappen des Gehirns fort. Im Anschluss an diesen mittleren Theil nimmt das Ethmoid die basale Vereinigung der unteren Tra- bekelspangen in sich auf. Damit in Verbindung stehen die »vorderen Schalen« (Sarasin), welehe zur Aufnahme der hinteren Blindsäcke einen Antheil des betreffenden Knorpels substituiren, und Abschnitte vom Boden der Nasenkapsel, die sich in den »Conchen« wiederfinden. Nach hinten zu stoßen wir noch auf die ossifieirten Balkenspangen, deren. Zwischenraum knöchern ausgefüllt ist. Alle übrigen Partien des Siebbeines sind bindegewebiger Natur. Die einzelnen Theile des komplieirten Knochens verhalten" sich 39* 596 Karl Peter bei der erwachsenen Blindwühle bezüglich ihrer Herkunft folgender- maßen: 1) das Septum ist in seinem vorderen Theil primordialen, in seinem hinteren bindegewebigen Ursprungs. 2) Die Lamina cribrosa, Gehirn und Nase scheidend, dorsal sich verbreiternd, entsteht auf bindegewebiger Basis. 3) Endlich haben die lateralen und basalen Abschnitte, Concha, vordere Schalen und seitliche Begrenzung der hinteren Schalen, letztere an ihrem oberen und unteren Rande, knorpelige Grundlage; der übrige Theil der hinteren Schalen entsteht aus Bindegewebe. Bei allen Amphibien können die in Betracht kommenden Knorpel- abschnitte ossificiren, wenn auch nie in der Ausdehnung, wie bei den Blindwiihlen. So zeigen die Urodelen häufig paarige ver- knöcherte Partien der Trabekel, während bei Anuren sich die Knochenbildung auch auf mittlere Theile erstreckt und das unpaare >08 en ceinture« CuviER’s entstehen lässt. Bei beiden Gattungen hat bereits Herrwıc (1874) die betreffenden Stücke als »Ethmoid« bezeichnet; in dem Namen liegt schon darin, dass sie die schwach entwickelten Homologa des Siebbeines der Gymnophionen darstellen. Die Knochen des Unterkiefers entstehen am frühesten; schon unser jüngster Embryo zeigt am vor- deren Ende der Mandibel zarte Knochenbiilkchen; in späteren Stadien sind sie sämmtlich angelegt. Dass am hinteren Ende des Meckkzr’schen Knorpels sich pri- mire Ossifikationen vorfinden, darauf hat Herrwıs (1874, pag. 24) aufmerksam gemacht und das betreffende Stück als Ar- ticulare bezeichnet. Dieser Theil hat sich bei unserer Art nun außerordentlich entwickelt; die direkt dem Knorpel aufliegende Knochenschale erstreckt sich vom caudalen Ende bis zum Gelenk- fortsatz (Art Fig. 8). Erst dann wird die Knorpelspange allseitig von den Deckknochen eingehüllt. Leider lässt sich eine getrennte Anlage des Articulare nicht nachweisen, da es schon beim Embryo mit dem bindegewebigen Angulare verschmolzen ist. Eben so hat das distale vordere Ende des MEcKEL’schen Knorpels eine feine Knochenlamelle dicht anliegen, die später mit dem Dentale und Spleniale verwächst. Beide »Autostosen« treffen wir bei allen Urodelen an. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 597 Zusammenfassung. Das Kopfskelet der Gymnophionen zeigt also trotz des eigenthümlichen Äußeren keine morphologisch wichtigen Unter- schiede vom Urodelenschädel. Die Verschiedenheiten beruhen darauf, dass einerseits hier die Ossificationen des Primordialeraniums ungleich ausgedehnter sind und dadurch vergleichend-anatomisch an- scheinend schwer erklärbare Skeletstücke bilden, andererseits darauf, dass die Belegknochen ihre Gestalt und Lage änderten und z. Th. mit primordialen verschmolzen. So fanden wir den Basalknochen bei Embryo und Larve noch . getrennt in Parabasale und Verknöcherung des Primordialknorpels bis zum Opticusfenster, in letzteren Partien dem Occipitale laterale und Petrosum der Urodelen entsprechend. Das Quadratum ist nur ein stark entwickeltes bei den Schwanzlurchen im gleichnamigen Knorpel gelegenes Knochenstück mit davon ausgehender bindegewe- biger Ossifikation; letzteres Verhalten trafen wir auch bei den Anuren an. Als Homologon des Paraquadratum ergab sich der die seit- liche Schläfengrube deckende, früher als Jugale bezeichnete Kno- chen. Ferner fanden wir das bei den Urodelen Praefrontale II, bei den Fröschen zuletzt Intranasale benannte Stück im Turbinale von Ichthyophis wieder; auch Ethmoidalverköcherungen sind allen Gruppen gemeinsam. Im Unterkiefer trat uns ein stark ent- wickeltes mit dem Angulare verschmolzenes Articulare, primären Ur- sprungs, entgegen. Von Interesse dürfte endlich der Befund eines occipitalen Nerven gewesen sein, der hinter dem Vagus den Schädel verlassend sich ganz wie ein Spinalnerv verhielt und eine Zusammensetzung der Occipitalregion aus mehreren Segmenten beweisen dürfte. Blicken wir auf diesen ganzen Abschnitt zurück, so sprechen die Befunde für eine unzweifelhafte Zugehörigkeit der Gymnophionen zu den Urodelen, und zwar zu den Ichthyoiden. Von Eigen- schaften, wie sie die Froschlurche charakterisiren, fand sich keine Spur, und ich glaube, wie es die letzten Untersucher alle schon ge- than haben, diese Abtheilung der Amphibien zu den Schwanzlurchen stellen zu müssen. Ob Amphiuma die nächststehende Form darstellt, wie es die SARASIN vermuthen, kann erst durch die Entwicklungs- geschichte dieses Molehes erwiesen werden. Die angeführten Gründe scheinen mir nicht recht zu genügen, beide Gruppen vereinigt allen an- deren Urodelen gegeniiberzustellen. Cope hat jenem Fischling näm- 598. Karl Peter lich ein knéchernes Ethmoid zugesprochen, wie es auch die Cäcilien besitzen und auf diese gemeinsame Eigenschaft hin beide Familien vereinigt. Nun dürfte einerseits Core’s Angabe bei Amphiuma noch- mals zu prüfen sein, andererseits wäre auf das Vorhandensein eines solchen Knochens kein hoher Werth für die Systematik zu legen, da wir Homologa desselben bei allen Urodelen fanden. Was sodann die gleichen Gewohnheiten der Eiablage und Brutpflege anlangt, welche die SaRAsIN für ihre Ansicht ins Feld führen, so scheint es mir doch äußerst gefährlich, aus biologischen Thatsachen systema- tische Folgerungen zu ziehen; ich werde im letzten Abschnitt darauf hinzuweisen haben, wie wenig die Biologie der Systematik nützen kann. So halte ich es bis zum Beibringen stichhaltiger Beweise nicht für gerathen, die Amphiumiden mit den Cäciliiden zu vereinigen und von den Derotremen zu trennen. Vorerst würde ich folgende Neben- stellung vorschlagen: I. Ichthyoidea. 1) Phanerobranchiata, 2) Derotremata, 3) Gymnophiona, II. Salamandrida. Zweiter Absehnitt. Der Bau des Blindwühlenschädels in Beziehung zu seiner Funktion. Im vorigen Abschnitt suchten wir den Bau des Blindwühlen- schädels auf den Urodelentypus zurückzuführen und forschten, von morphologischen Gesichtspunkten ausgehend, nach gemeinsamen Charakteren, um einen gemeinschaftlichen Bauplan herauszufinden, wobei wir den bedeutenden Abweichungen, welche die Gymnophionen darbieten, nur in Bezug auf ihren vergleichenden Werth Interesse entgegenbrachten. In diesem Kapitel dagegen sollen diese Diffe- renzen vom biologischen Standpunkt aus einer eingehenderen Be- sprechung gewürdigt werden. Es soll der Nachweis versucht wer- den, dass die Lebensweise der grabenden Cäcilien die Ursache abgab, welche den ursprünglichen Urodelenschädel so stark verän- derte, dass es erst in neuerer Zeit gelungen ist, die Stellung unserer Blindwühlen im System der Amphibien sicher zu stellen. Dass es eben das Graben war, welches diesen Einfluss ausübte, wird uns klar, wenn wir die Schädel der in gleicher Weise unterirdisch leben- den Reptilien betrachten, die, im Bauplan natürlich ganz verschieden, Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 599 mit den Gymnophionen äußerlich viele Eigenschaften theilen, und zwar eben die Charaktere, welche das Kopfskelet der letzteren von dem der übrigen Schwanzlurche unterscheiden. Wenden wir uns zuerst zum Kopfe unserer Blindwühlen. I. Bau des Schädels der Gymnophionen. | Schon seine äußere Form zeigt sich ganz eigenartig. Statt eines breitgedrückten, flachen Kröten- oder Molchkopfes tritt uns ein fast drehrunder, spitzer, ohne Halsabschnitt in den wurmförmigen Rumpf sich fortsetzender Körper entgegen. Dass die platte, breite Form für das Einbohren ganz untauglich war, liegt auf der Hand. Einerseits wäre leicht eine Verbiegung des flachen dünnen Schädels eingetreten, andererseits würde bei den gewiss in Betracht kommen- den Rotationsbewegungen dem Widerstande der drückenden Erde eine unnöthig große Fläche geboten werden, und das verschieden stark _ zusammengepresste Erdreich würde auch verschieden stark auf die einzelnen Punkte des Kopfes gedrückt haben. Der Schädel suchte daher eine Gestalt anzunehmen, bei welcher die Druckwirkung der umgebenden Erde an allen Stellen die gleiche ist. Diese Form wird durch die »Fläche des geringsten Widerstandes«! dargestellt, deren 1 Die Berechnung dieser Fläche findet sich in § 5 von Rurzxky’s Artillerie- ehre (Wien 1871), dem die folgenden Zeilen entnommen sind. Dort soll die zweckmäßigste Gestalt der die Luft durchschneidenden Geschossspitze gefunden werden — offenbar ein völlig analoger Fall zu dem das Erdreich durchfurchen- den Blindwühlenkopfe. Als erste Resultate werden angeführt, dass der be- treffende Körper ein Rotationskörper sei, und dass seine Achse stets mit der Bewegungsrichtung tibereinfalle. Die Kurve, welche in unveränderlichem Ab- stande um die Abscissenachse gedreht, die Fläche des kleinsten Widerstandes erzeugt, ist eine transcendente und wird durch folgende Gleichungen bestimmt — über die Rechnung ist im Originalwerk nachzulesen —: _ 3¢ V3 (1+ p?)? Y= 23 und SORE le do ed et a wey | Va 4 pt 12 wobei y die Ordinate, x die Abscisse darstellt; p ist die Tangente des dem Punkte (x, y) entsprechenden Kurvenwinkels « und durchläuft die Werthe von 0 bis Y3; e ist die kleinste Ordinate, dem Werthe p = Y3 entsprechend. log bedeutet natürlicher Logarithmus. Die Kurve beginnt im Abstande 1=c von der Abscissenachse mit dem Neigungswinkel 60°. Bis zu dem Winkel von un- gefähr 281/,° sind die Ordinaten größer als die zugehörigen Abscissen, welche demnach schneller wachsen als die Ordinaten. 600 Karl Peter Eigenthümlichkeiten aus der Anmerkung zu ersehen sind. Die nächst günstige Gestalt, die der Schädel annehmen konnte, ist die des Die Fläche des geringsten Widerstandes ist also vorn durch eine Kreis- fläche vom Halbmesser e=1 geschlossen. Beifolgende Textfigur ist eine Kopie der Fig. 4 des Rurzxy’schen Werkes. Will man den Widerstand der Luft für verschiedene Rotationskörper ver- gleichen, so muss man von der folgenden Formel ausgehen, welche den Ge- sammtwiderstand der Luft x für Rotationskörper ausdrückt: dy? indem man für y, dy, dx die Werthe aus den Erzeugungskurven der betreffen- den Körper einsetzt. Um die Kurven mit einander vergleichen zu können, nimmt man — aus praktischen Gründen — y = 8,6382c, und 2 = 15,6886c, an. Der Neigungswinkel der Kurve des geringsten Widerstandes beträgt an diesem Endpunkt « = 20°. In Rurzky’s Werk finden sich nun Berechnungen für einige Rotations- flächen. Der Luftwiderstand gegen die Widerstandsfläche ist x, = 2ce,2P. 13,8814 Halbkugel Lo = 1¢,2P . 37,3092 Kegeloberfläche 23, = 71,2 P. 17,3507 Ogival avg = 1¢,2P. 20,4531. Durch die liebenswiirdige Hilfe des Herrn Professor LonpDoN wurde ich in den Stand gesetzt, auch die Größe für das Paraboloid zu berechnen und fand da den Widerstand Paraboloid %; = nc?P. 15,0024. Letzterer Rotationskörper setzt also dem drückenden Medium den geringsten Widerstand entgegen — mit Ausnahme der Widerstandsfläche —; ihm folgen Kegel, Ogival und endlich Halbkugel. Eine weitere interessante Parallele bietet uns die Form der Wurzelspitzen der Pflanzen, denen die gleiche Aufgabe zufällt, wie dem Cäcilienschädel, sich in das relativ homogene Medium der Erde einzubohren. Es scheint meines Wissens auf diesen Faktor der Gestaltung noch nicht geachtet worden zu sein; Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 61 1 Paraboloids, und da ist es nun interessant, dass, wie ich durch Um- risszeichnungen festzustellen vermochte, der Kontour eines von oben gesehenen Gymnophionenkopfes fast in den Fehlergrenzen der Zeich- nung einer Parabel gleicht. Eine völlig drehrunde Gestalt konnte natürlich nicht erreicht werden, da z. B. die Mundöffnung allein schon eine Unterbrechung der mathematisch genauen Regelmäßigkeit abgeben musste. Die Seitenansicht besitzt also nicht so exakt den Parabelumriss. Wodurch wird nun diese Gestaltung des Kopfes erreicht? Offen- bar einzig und allein durch Umbildung des Schädels. Obgleich Sacus, bei dem sich Angaben über die Form der Wurzelspitze finden, hat die- selbe nur als Resultat innerer Wachsthumsprocesse hingestellt. Ich möchte nun vermuthen, dass auch hier die »Fläche des geringsten Widerstandes« an- gestrebt wird; wenigstens bezeichnen die meisten Autoren die Form der Wur- zelspitzen als paraboloidisch; dies ist ja, wie eben erwähnt, eine für einen bohrenden Körper äußerst günstige Gestalt. Der erwähnte Botaniker schreibt in seiner Abhandlung: »Über die Anord- nung der Zellen in jüngsten Pflanzentheilen« pag. 61: »Sehr häufig haben die medianen Längsschnitte derselben (Vegetationspunkte) parabelähnliche Umrisse, und auch die Periklinen machen den Eindruck von Parabeln. In selteneren Fällen erscheint die Wölbung des Vegetationspunktes wohl halb elliptisch oder halb kreisförmig.< Wenn die Angaben nicht bestimmter lauten, so hat es seine Ursache in dem Umstande, dass für SAcus’ Zwecke die Form der Kurve nicht von Wichtigkeit war. Weiterhin bezeichnet er pag. 66 die Längsschnitte durch Wurzelenden (Fig. 11 und 12) als paraboloide Formen, und auch SCHWENDTENER (Uber die durch Wachsthum bedingte Verschiebung kleinster Theilchen in irajektorischen Kurven. Monatsber. der Königl. Akad. der Wiss. Berlin 1880) sagt in seiner Erklärung zu Fig. 8: »Gewöhnliche Parabeln, welche an die Kappen der Wurzelhaube erinnern.« Wenn sich nun dieselben mathematischen Formen auch an den Vegetations- punkten der Stengel vorfinden, so beweist doch schon das Fehlen einer Um- ‚andlung der Wurzelspitze in eine andere Gestalt, dass die gegebene Form die zweckmäßigste ist, gleichmäßigen Druck zu ertragen. Wie wichtig übrigens diese Gestalt für die Kappe der Wurzel ist, erhellt daraus, dass die Vegeta- tionspunkte des Wurzelkörpers oft eine andere geometrische Figur darstellen, indem (Sacus) »der Focus dem Scheitel zu nahe liegt, die Periklinen vom Scheitel aus viel stärker divergiren, als es bei parabolischer Struktur möglich wäre, z.B. bei Raphanus, Plantago, Coleus, Menyanthes;« ja die Spitze des Körpers kann in der Mitte eine leichte Einsenkung zeigen: während bei der Wurzel also der Körper aus irgend welchen Gründen eine andere Gestalt an- genommen hat, behält die Haube, die allen den genannten Pflanzen zukommt, und der die Funktion des Bohrens zufällt, ihre paraboloide Form und nimmt nicht Theil an der Veränderung des Körpers. ' Die botanische Litteratur wurde mir durch die Güte des Herrn Privat- docent Dr. Rosen zugänglich gemacht, dem ich auch hier dafür bestens danke. 602 Karl Peter nämlich die Haut der Ciicilien bekanntermaßen durch Schuppenbil- dungen mächtig verstärkt wird, so kann doch die Kopfhaut allein dem Druck der Erde keinen genügenden Widerstand leisten, und wir müssen ein getreues Abbild der Kopfgestalt am knöchernen Schädel wiederfinden — wie es sich auch hier trifft: Haut und Unter- hautbindegewebe bilden nur eine gleichmäßige Umhüllung des letz- teren. Bei den Reptilien liegen die Verhältnisse, wie unten erwähnt werden wird, etwas anders. Dies ist also der Zweck der allseitig geschlossenen festen Kno- chenkapsel bei den Schleichenlurchen, die eine so eigenartige Um- bildung des Urodelenschädels darstellt. Bei der eingehenden Be- sprechung desselben werden wir hier nun gesondert auf Vervoll- ständigung und Befestigung des Schädels zu achten haben. Die Vervollständigung des Kopfskelettes wird durch drei Faktoren erreicht, nämlich 1) durch Verknöcherung sonst knorpelig bleibender Partien des Primordialeraniums, 2) durch Verbreiterung und Aneinanderschließen bereits vorhandener Deckknochen, wodurch die den Amphibien sonst zu- kommenden Lücken im Cranium überbrückt werden, 3) durch » Nivellirung« der Oberfläche, d. h. durch Beseitigung aller Vorsprünge. Auf den ersten Punkt ist schon bei Besprechung der Knochen- entwicklung im ersten Theil Rücksicht genommen worden; wir fanden, dass bei der erwachsenen Blindwühle mit Ausnahme unbedeutender Partien an Gelenkflächen, der Oceipitalplattte, am Stapes und den Trabekeln nur noch in der Nase erhebliche Reste von Knorpel er- halten bleiben, während das ganze sonstige Primordialeranium durch Knochen ersetzt wird. Die Occipital-, Labyrinth- und Trabekelregio- nen des knorpeligen Schädels bis zum Foramen opticum gehen in den sogenannten Basalknochen über; Stapes, Quadratum verknöchern für sich vollständig, die Nasenknorpel werden zum großen Theil in das Ethmoid einbezogen, wie auch der Rest der Trabekel. Wie stark sodann die Verbreiterung der Deckknochen von Einfluss auf die Vervollständigung der Schädelkapsel ist, lehrt schon der oberflächlichste Vergleich mit einem anderen Urodelenschädel. Das Parabasale hat sich so stark verbreitert, dass es seitlich fast die Pterygoide berührt; platte Ausläufer der Vomera legen sich über sein rostrales Ende. Auf der Dorsalseite haben sich die Scheitel-, Stirn- und Nasenbeine in breite an einander schließende Platten Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 603 verwandelt. Besonders sind aber die äußeren Seitenflächen erhöht und vervollständigt worden in Folge der weitgehenden Umgestaltung der Paraquadrata, der anliegenden Quadratbeine und der Postfron- talia. So kommt es, dass die Orbita, sonst ein weiter, von den Stirn-, Scheitel-, Oberkiefer- und Flügelbeinen umwandeter Raum, bei Ichthyophis zu einem kleinen, im Postfrontale gelegenen Loch re- ducirt ist. Sehen wir uns weiter in der Gruppe der Cicilien um, so be- merken wir in Bezug auf die Verbreiterung der Knochen einerseits Ubergiinge zu den Urodelen, andererseits noch weiter gehende Ver- änderungen des Kopfskelettes. Chthonerpeton indistinetum weist noch eine weite Augenhöhle auf; die Anlagerung von Paraquadratum an Parietale und Frontale ist noch nicht erreicht: hier findet sich also eine große Lücke; ferner sind auch Maxillare und Palatinum noch durch geräumige Öffnungen getrennt (ein Umstand, auf den WIEDERSHEIM besonders aufmerksam gemacht hat)'. Dagegen be- kundet Hypogeophis rostratus nach WIEDERSHEIM durch vollständige Berührung des Basalknochens mit den Flügelbeinen und durch Ein- engung der Choanen eine vollendetere Anpassung an die unter- irdische Lebensweise, als unsere ceylonesische Blindwühle. Für die Entstehung einer gleichmäßigen Schädelober- fläche ist in erster Linie auf das Quadratbein hinzuweisen, zu- nächst auf seine relative Kleinheit gegenüber dem entsprechenden gewaltigen Knorpel aller anderen Amphibien. Der ganze bedeutende Processus articularis wurde nach der Medianebene zusammengedriickt, so dass der Gelenkkopf näher an die Mittellinie des Schädels heran- rückte und der starke seitliche Vorsprung wegfiel. Wurde schon dadurch eine Gleichmäßigkeit der Seitenflächen erreicht, so erhöhte sich dieselbe noch durch eine Stellungsände- rung des Quadratknorpels resp. Knochens, die sich weniger an dem kleinen Körper als vielmehr an seinen Fortsätzen und seinem Be- legknochen bemerkbar machen konnte. Während nämlich das Qua- dratum mit seinem Belegknochen bei anderen Amphibien schräg nach vorn und außen oder rechtwinklig zur Längsachse des Craniums gestellt ist, ja bei Anuren gar schräg nach hinten, finden wir es hier vollständig in der Längsrichtung gelagert. Herrwıg hält die spitzwinkelige Stellung, die sich noch bei Perennibranchiaten findet, für das primäre Verhalten und sieht im stumpferen Abstehen des 1 PETERS’ Abbildung (1879) zeigt diese Löcher nicht. 604 Karl Peter Knorpels vom Schädel eine Weiterbildung, hervorgerufen durch starke Entwieklung der Augen und Rudimentärwerden des Visceralskelettes. Der erste Grund des stumpferen Abstehens fällt bei unseren Am- phibien weg; zwar zeigt die bei Embryonen stärkere Entwicklung des Opticus, dass das Auge bei den Vorfahren der Cäcilien wohl funktionirte, doch wird dies Organ eine höhere Ausbildung als bei den Ichthyoiden nicht erreicht haben. Die Rückbildung des Kiemen- korbes ist bei den Blindwiihlen allerdings sehr weit gediehen, doch wird dieser Faktor angesichts des Bestrebens, das Quadratum in die Schidellingsachse einzustellen und den seitlichen Vorsprung zu be- seitigen, wohl nieht gewirkt haben, falls man ihm die von HERTWIG zugesprochene Bedeutung vindieiren will. Auch embryologisch finden wir kein Stadium, das auf ein früher vom Kopfe abstehendes Qua- dratbein hindeutete. Bei den Gymnophionen hat sich also schon frühzeitig die gegentheilige Richtungsinderung vollzogen, indem der Knorpel sich mit seiner Längsachse der des Schädels parallel stellte, also noch weiter nach einwärts, als es die niederen Urodelen zeigen'. Hand in Hand mit dieser Lagerung ging dann die Richtungs-' änderung des Belegknochens am Quadratum, des Paraquadratum, welches anstatt schräg nach außen zu verlaufen sich gleichfalls in die Längsachse des Schädels einstellte, stark an Breite gewann und sich so an Parietale, Frontale, Postfrontale und Maxillare anschließen konnte. Ferner hat Herrwia auf die mit dem Quadratum sich ändernde Stellung der Flügelbeine und der Zahnbögen aufmerk- sam gemacht. Erstere theilen auch hier ihre Richtung mit dem Para- quadratum; die Maxillopalatina schlossen sich spitzwinkelig zusammen, so dass durch Anlagerung an den Belegknochen des Quadratbeins der nach hinten schauende und die Orbita vorn umgrenzende Vorsprung des Zahnbogens in die Ebene der Schädelwand fiel und die platte 1 Die SARASIN glaubten ihr »Suspensorium« anlässlich des caudal ge- legenen Gelenkfortsatzes mit seinem distalen Theil nach hinten anstatt nach vorn gerichtet und sahen dann natürlich die nächsten Anknüpfungspunkte bei den Fröschen; indess möchte ich nach der Vergleichung verschiedener Primor- dialeranien annehmen, dass die beschriebene Form des Quadratum durch seit- liches Zusammengedrücktwerden hervorgerufen sei, wobei der Gelenkfortsatz an die untere Seite zu liegen kam, jedoch noch rostral von der Verbindung mit dem Stapes. Letztere findet ja am hinteren Ende des Quadratum statt; der bezügliche Fortsatz wird von den SARASIN Processus oticus genannt, ist jedoch nicht identisch mit dem eben so bezeichneten Rest eines Fortsatzes am Quadratknorpel. Ich bin also der Ansicht, dass das Quadratbein seine Richtung von hinten nach vorn nimmt — eine Lage, die sich leicht von der der Urodelen ableiten lässt. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 605 Kopfgestalt sich der spitzen nähern konnte. Aus eben dem Grunde (um die Schädeloberfläche zu glätten) verkürzte sich die Columella stapedis, während das Opereulum sich zu einem starken Knochen- plättchen umgestaltete, das die Fenestra ovalis vollständig verschließt. Neben diesen die äußere Form des Schädels modifieirenden Eigenthümlichkeiten finden wir noch andere, welche für seine Widerstandsfähigkeit Sorge tragen. Dass schon die weitgehende Verknöcherung selbst den anderweitig biegsamen, zum größten Theil aus Knorpel bestehenden Amphibienschädel bedeutend fester gestaltete, liegt zu Tage. Der weiche Knorpel musste in voller Ausdehnung einer festen Knochen- schale Platz machen. Fernerhin beanspruchte das Erfordernis starker Ossificationen natürlich auch ein ontogenetisch frühes Auftreten der- selben. Es wurde in diesem Interesse die Rolle, die das Primordial- eranium spielt, immer mehr verkürzt. Dies kommt zum Ausdruck in den schon öfters erwähnten Eigenthümlichkeiten, dass einmal mit Ausnahme der Nasengegend sich kein Theil der knorpeligen Schädelgrundlage seit seiner Anlage verändert — das lockere Sparren- werk des Vorknorpels füllt sich hier nicht mit Knorpel, wie bei anderen Amphibien, sondern wird gleich knöchern geschlossen —, und dass ferner das Primordialeranium sogar im Stadium seiner höchsten Entwicklung nur dem embryonalen Verhalten des Knorpel- schädels bei den übrigen Urodelen an die Seite gestellt werden kann; für die einzelnen Regionen ist dies im ersten Abschnitt ge- nauer ausgeführt. Dagegen fanden wir bei unserem jüngsten Sta- dium, das noch nicht einmal ausgebildete äußere Kiemen besaß, am rostralen Ende des Unterkiefers bereits zarte Knochenspangen; am Ende des Eilebens ist der Knorpel stark reducirt und das ganze Knochenskelet angelegt bis auf das Ethmoid. Was die Vertheilung der Knochensubstanz am Schädel be- trifft, so erkennen wir im inneren Bau einen starken Innenpfeiler, der hinten das Gehirn umschließt, vorn zwischen den Riechorganen liegt, mit seitlichen schalenförmigen Schutzplatten, die in der Hinter- haupts- und Nasengegend sowie auf der Dorsal- und Ventralseite mit jenem Pfeiler in Verbindung stehen. Während die Seitenplatten hauptsächlich dem Seitendruck Widerstand zu leisten hatten und keines hervorragend kräftigen Baues bedurften, fiel dem Innenpfeiler die stärkere Aufgabe der Übertragung der bohrenden Kraft auf die Spitze des Kopfes zu; hier müssen wir demnach die weitgehendste Befestigung antreffen. 606 Karl Peter 3 Im Einzelnen wird diese Befestigung auf verschiedene Weise erreicht. Abgesehen davon, dass 1) die Knochen selbst an Stärke zunahmen, wird diesem Er- fordernis auch genügt 2) durch Verschmelzung oder 3) durch weitreichende Übereinanderlagerung derselben; endlich 4) dürfte die Verlagerung der Mundöffnung ihr Theil dazu beitragen. Die Verschmelzuug der einzelnen Skeletstücke musste den Schädel durch Verringerung der beweglichen Gelenke einheitlich und befähigter zum Graben gestalten. Bei den Cäcilien ist diese Umwandlung des Kopfskelets nun verschieden weit gediehen. Alle Arten besitzen einen Basalknochen, der, wie oben erwähnt, dem Para- basale, Occipitale laterale und Petrosum entspricht. Hier musste also auch die Chorda, die sich in den Wirbeln in ausgedehntestem Maße erhält, mit ihrer weichen Struktur völlig verdrängt werden. Unser frühestes Stadium zeigt dieselbe noch weit in den Schädel hineinragend, allein schon am Ende des Embryonallebens ist jede Spur der Rückensaite im Cranium geschwunden. Der starke Innenpfeiler wird durch die Trabecularpartien des Basalknochens und des Ethmoids fortgesetzt; — vorn an der Nase begegnen wir wieder starken, bei den einzelnen Gattungen ver- schieden verschmolzenen Knochenkomplexen, dem Maxillo-palatinum und dem Nasc-praemaxillare. Wie vorauszusetzen war, zeigten sich die intensivsten Verwachsungen an Hinterhaupt und Nase. Dass übrigens Ichthyophis in Bezug auf Verschmelzung der Knochen ein ziemlich primitives Verhalten aufweist, haben schon die Sarasin bewiesen; diese Gattung besitzt noch ein freies Pterygoid, Praemaxillare, Laeri- male und Postfrontale, während mehrere Arten diese Stücke mit an- deren Skelettbeilen verschmolzen zeigen. Wo keine Verwachsung eintrat, da befestigten die einzelnen Komponenten sich doch durch weites Übereinanderlagern der Ränder. So deckt das Paraquadratum einen großen Theil des Qua- dratum; das Stirnbein entzieht den vorderen Theil des Scheitelbeins der Betrachtung und wird seinerseits vom Nasale überlagert; das- selbe Verhältnis tritt an den Seitenflächen und der Unterseite des Schädels auf. Endlich gewann das 'Kopfskelet an Festigkeit dadurch, dass die Mundöffnung, die bei anderen Amphibien sich am vorderen Ende Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichtbyophis glutinosus. 607 des Kopfes befindet, bei den Blindwühlen ventralwärts wanderte und so der Nasenkapsel gestattete, sich zu einem festen Bohrorgan aus- zubilden. Den Schädel der Gymnophionen fanden wir also für den Zweck des Bohrens nach drei Richtungen hin umgebildet: 1) suchte sich die äußere Gestalt der für das Bohren in weicher Erde denkbar günstigsten Form des Paraboloids zu nähern; 2) musste in Folge der weichen Haut eine möglichst weit- gehende Vollständigkeit der Knochenkapsel erreicht werden, und 3) wurde besonders starke Festigkeit derselben angestrebt. II. Bau des Schädels der Amphisbäniden und Typhlopiden. Betrachten wir nun den Schädel der bohrend lebenden Rep- tilien, so sind wir überrascht, welche Ähnlichkeit derselbe mit dem der eben besprochenen Amphibien aufweist. Es kommen hier in Betracht: 1) die den Echsen zugerechneten Amphisbänen, 2) von den Ophidiern die Gruppe der Angiostomata, mit den Tortrieiden als Übergangsstadium. Die Gattung Typhlops selbst zeigt so starke Abweichungen in Folge besonderer Ausbildung der Nasenkapsel, dass ihr Gesichtsschädel nicht berücksichtigt werden konnte. Leider fehlt uns jede Kenntnis der Entwicklung dieser Rep- tilien, die gewiss interessante Analogien mit derjenigen der Cäcilien bringen würde, so dass nur der entwickelte Zustand studirt werden konnte. Schon das Primordialeranium der Eidechsen zeigt ja im allgemeinen Aufbau Ähnlichkeit mit dem der Apoden, wie Gaupp schreibt (1893, pag. 140): »Es bleibt das Sauriereranium gewisser- maßen auf dem Zustande eines ‚vorläufigen Gerüsts‘ stehen; zu einer ausgedehnten Verknorpelung kommt es nicht, da bei dem Weg- fall des Larvenlebens jener Zustand ausreicht, bis der definitive Schädel gebildet ist.« Mir lagen vor Schädel einiger Amphisbänen-Arten sowie von Tortrix, die hauptsächlichsten Angaben stammen aber aus der berühmten Abhandlung JoHANNES MÜLLERr’s: »Beiträge zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien« (1831). Wie nahe die gleiche Lebensweise diese beiden Reptiliengattungen äußerlich gestaltet hatte, illustrirt schon der Umstand, dass MüLLer selbst beide Gruppen unter die Schlangen verwies! 608 Karl Peter Natürlich kann nicht in allen Punkten völlige Übereinstimmung mit den Blindwühlen herrschen; so ist es interessant, wie sich der Umriss des Reptilienschädels zu dem jener Amphibien verhält. — Während bei der Umgestaltung des weichen, nicht widerstands- fähigen Craniums der letzteren in eine zum Bohren geeignete Knochenkapsel wegen vollständiger Neubildung des größten Theils des Schädels die relativ günstigste, den Druckverhältnissen am ehesten genügende Form angestrebt werden musste, konnten die besser aus- gerüsteten Vorfahren unserer Reptilien, die mit starken Hautschildern bewaffnet waren und ein fertig verknöchertes Kopfskelet besaßen, den schwachen Faktor des Seitendrucks des zusammengedrückten Erdreichs übersehen und den Bohrstachel geeigneter ausbilden. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: der Schritt vom weichen Amphibien- cranium zu dem knöchernen, dogh immer noch zarten Schädel der Cäeilien ist eben so groß wie der vom ossificirten Schädelgerüst der Echsen zu der äußerst festen Bohrkapsel der Amphisbänen. Bei letzteren treffen wir also mehr auf eine konische Kopfform, deren scharfe Spitze bei der den Engmäulern zugehörigen Rhinophis sogar eine knöcherne Grundlage in dem weit vorspringenden Maxillare, Nasale und besonders Praemaxillare erhält. Wie aus der Anmerkung pag. 600 erhellt, ist der Kegel auch eine günstige Form für bohrende Körper. Gehen wir bei der Besprechung der Einzelheiten in derselben Reihenfolge vor, wie im vorigen Kapitel, so begegnen wir auch hier bei beiden Gruppen einer weit gediehenen Vervollständigung der Schädelkapsel, welche allseitig geschlossen ist; alle die zahlreichen Lücken des Reptilienschädels sind durch Knochen ausgefüllt. Bei den Typhlopiden fällt dies allerdings weniger auf, als bei den Echsen, da die Schlangen auch in anderen Familien durch absteigende Fort- sätze der Parietalia und Frontalia vollständige innere Seitenwände des Schädels besitzen. Wie bei den Gymnophionen findet diese Ver- änderung durch Verbreiterung der Knochen und durch Ausgleichung der Höhenunterschiede statt. Vergleicht man den Schädel z. B. eines Teju mit dem einer Doppelschleiche — wo nicht anders erwähnt, beziehen sich die Be- funde stets auf die Gattung Amphisbaena — so bemerken wir alle bei den übrigen Sauriern nur durch Membranen verschlossene Öffnungen knöchern ausgefüllt. An der Schädelbasis stoßen wir auf drei Lücken: 1) diejenige zwischen dem tief (dorsal) gelegenen Occipitale basi- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 609 lare + Basisphenoid einerseits, Pterygoid und Quadratum anderer- seits wird geschlossen durch Verbreiterung der ersten drei Knochen, durch ventrale Hebung des mittleren Theiles und Stellungsänderung des Quadratbeines, worauf wir später zurückkommen werden. Auf ganz gleiche Weise wird 2) weiter rostral die Öffnung zwischen dem Flügelbein, Gaumen- bein und Parasphenoid in Folge Verbreiterung der betreffenden Knochen zum Schwinden gebracht. _ 3) Zwischen Pterygoid und Palatinum medial und Os transver- sum lateral hat sich eine Lücke gebildet, deren Verschluss durch Breitenwachsthum dieser Schädelstücke bewerkstelligt wird. Auf andere Weise gelangen drei Gruben, die seitlich und von oben am besten zu betrachten sind, zum Verschwinden. Es sind 1) die Orbitalhöhle, begrenzt durch Frontale, Praefrontale, Lacrimale vorn, Jugale und Postfrontale hinten; 2) die vordere Schläfengrube, welche vom Parietale, Postfrontale, Paraquadratum und Squamosum umgeben wird, endlich 3) die seitliche Temporalgrube, vorn vom Jochbein, oben durch Postorbitale und Paraquadratum, hinten durchs Quadratbein einge- schlossen, nach unten bis zum Transversum und Flügelbein reichend. Diese drei Lücken fließen durch vollständiges Fehlen des Post- orbital- und Schläfenbogens zusammen und liegen in Folge dessen frei an der Außenwand des Schädels. Hier mangelt also eine knöcherne Bedeckung der äußeren Seitenwand des Craniums, und das ist ein Unterschied vom Ciciliencranium, bei dem das Paraqua- dratum die Schläfengrube deckte. Indess war dieser Schutz bei den Echsen nicht nöthig, da die starken Hautschilder genügend fest sind, um dem Seitendruck der Erde erfolgreich Widerstand leisten zu können. Auch bedurfte das funktionslose Auge der Amphisbänen keinen Schutz von Seiten knöcherner Umwandung, wie sonst bei Rep- tilien. Dagegen finden wir die 4) hintere Schläfengrube, zwischen Parietale und dem Hinter- hauptssegment gelegen, wieder durch Verbreiterung der Knochen und Hebung der Oceipitalia — jetzt auch in dorsaler Richtung — ver- strichen. Für die Entstehung einer Gleichmäßigkeit der Schädelober- fläche wäre auch hier in erster Linie der Umbildung des Quadra- tum zu gedenken. Während dieses bei den übrigen Reptilien kräftig entwickelt ist und schräg nach außen und hinten schaut, ist es hier an Größe stark redueirt, und, wie Horrmann (1883) schreibt: »nicht Morpholog. Jahrbuch. 25. 40 610 Karl Peter bloß nach abwärts, sondern auch in einer Weise, die bei anderen Sauriern nicht gefunden wird, vorwärts gerichtet«, so dass es beim Fehlen der seitlichen Bögen (ef. unten) keinen Vorsprung am Schädel bildet: Alles dies sind Punkte, die schon bei den Blindwühlen be- sprochen wurden. Worauf sollte eine so eigenartige Analogie als Größenreduktion und in gleicher Weise singuläre Riehtungsverschie- bung dieses Knochens anders zurückzuführen sein, als auf die gleiche Lebensweise! Ferner fehlt den Amphisbänen ein Os squamosum, welchem bei den Echsen keine besondere Aufgabe zufillt. Bei den in Betracht kommenden Schlangen musste dieser Knochen, der hier sonst die Verbindung des Quadratbeines mit dem Schädel vermittelt, zu Gun- sten der Gleichmäßigkeit des Schädels natürlich ebenfalls ausfallen. Von Typhlops bestätigt MÜLLER das Fehlen seines »Mastoids« und erwähnt bei Rhinophis nichts von seinem Vorkommen, während er bei der den Eurystomaten näber stehenden Tortrix von einem sehr kleinen und unbeweglichen Mastoid spricht. Das Quadratum hat übrigens bei letzterer Schlange die oben beschriebene Stellungsver- änderung nicht mitgemacht, aber seine Verkleinerung ist so weit gediehen, dass das dünne Knochenschüppcher, wie es auch Rhinophis und Typhlops besitzen, keine Hervorragung am Schädel bilden konnte. Auch sonst zeigt Tortrix zwar ein Fehlen des Schläfenbogens, aber - einen nicht so vollständigen Verschluss der basalen Lücken; auch ist die Nasengegend nicht so fest, wie wir sie bei den anderen Gattungen finden. Tortrix lebt eben in feuchtem Laub, eventuell dicht unter der Oberfläche der nassen Erde, so dass sie keines sehr ausgebildeten Bohrapparates bedarf. In Verbindung mit dieser Stellungsänderung des Quadratum steht die rostrale Verschiebung des Kiefergelenks; da der Pro- cessus coronoides relativ weit nach vorn steht, wird hierdurch der eine Schenkel des einarmigen Hebels verkleinert; somit wurde eine verstärkte Wirkung des Kauapparates zur Aufnahme auch festerer Nahrung erreicht. Bei Ichthyophis wurde derselbe Zweck erzielt durch Verlängerung des hinteren Schenkels des zweiarmigen Hebel- apparates; das Articulare springt, wie wir gesehen haben, weit nach hinten heraus. Vollständige Analogien finden sich zwischen Amphisbänen- und Cäeilienschädel, wenn wir die Festigkeit betrachten. Wir treffen bei ersteren sogar auf eine noch weiter gehende Verstärkung der Knochen- kapsel. MÜLLER sagt von den Amphisbänen: »Die Knochen des Ge- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 611 sichts sind fest und unbeweglich wie bei Typhlops und Rhinophis, ein Umstand, der bei keinen anderen Schlangen vorkömmt; dies ist aber keine vollkommene Ähnlichkeit mit den Eidechsen, denn der Kopf .der Eidechsen ist zwischen Hinterhaupt! und Scheitelbein biegsam, der Kopf der Amphisbänen ist ein festes unbewegliches Ganze.« Es fehlt den Doppelschleichen also der für Echsen so typische »Lo- cus mobilis« (BRÜHL), so dass auch dadurch vollständige Festig- keit der einheitlichen Knochenkapsel garantirt wird. Auch Srannius (1854) erwähnt ausdrücklich: »der ganze Oberkieferapparat steht mit dem vordersten Schädelende in fester, unverschiebbarer Verbindung«. Was sonst die Beseitigung der Schädelgelenke betrifft, — ein Punkt, der bei den Blindwühlen nicht in Betracht kam — so ist nochmals auf das Fehlen des bei den Schlangen mit dem Qua- dratum artikulirenden Squamosum oder (Tortrix) auf dessen feste Ver- bindung mit dem Schädel aufmerksam zu machen, ferner auf die straffe Bandvereinigung zwischen beiden Unterkieferhälften, die jenen Ophidiern zu dem Namen der Angiostomata verholfen hat. An die Verhältnisse bei den Gymnophionen erinnert dagegen die Verschmelzung der vier das Occipitalsegment bildenden Kno- chen, die unwillkürlich an den »Basalknochen« der Apoden den- ken lässt. Während wir nun einige Knochen sich stark verbreitern oder mit einander verschmelzen sehen, schwinden andere vollständig; den Am- phisbänen fehlt eine ganze Anzahl sonst typischer Bestandtheile des Echsenschädels, und zwar nur schwache, spangenförmige Knochen. Den Grund dafür sehe ich darin, dass alle die zarten dümnen Kno- chenbrücken, die zwar den Muskeln genügend Ansatz boten, ohne den Schädel zu beschweren, aber für die Festigkeit desselben keinen Nutzen hatten, entweder schwanden oder sich verbreiterten, so dass sich an Stelle eines leichten Sparrengerüstes eine solide Knochen- kapsel bildete, die dem Bohrgeschäft besser vorstehen konnte. Wir haben gesehen, dass mit dem Schwinden des Jugale und des Post- frontale der Postorbitalbogen fiel; der Mangel eines Postorbitale und Paraquadratum verursachte Fehlen des Jochbogens, so dass, wie oben beschrieben, Orbita und seitliche Schläfengruben zusammen- flossen. Außerdem ist auch das zarte Stäbehen der Columella (Pro- cessus ascendens quadrati: Gaupp) nicht vorhanden. Weise ich nun endlich noch hin auf die bei unseren Reptilien 1 Im Original steht >Stirnbein«, wohl nur ein Druckfehler. 40* 612 Karl Peter wie bei den Cäcilien auf die Ventralseite verschobene Mundöffnung, so glaube ich alle Faktoren, die zur Befestigung des Reptilien-Grab- schädels beitragen, angeführt zu haben. Das Resultat dieser Betrachtungen ist, dass fast jede vom Urodelen- typus abweichende Eigenschaft des Blindwühlenkopfskelettes auch den Amphisbänenschädel, oft in frappant ähnlicher Weise ausgebildet, auszeichnet; daraus ergiebt sich, dass diese Abweichungen nicht etwa als altererbte Eigenthümlichkeiten, sondern dass sie als An- passungserscheinungen aufzufassen sind. Diese Abweichungen vom Typus der nächsten Verwandten, welche mehrere weit von ein- ander entfernt stehende Gruppen in so überraschender Weise ähn- lich machen, dürften wohl geeignet sein, unsere Aufmerksamkeit auf die Wirkungsweise der Konvergenz im Allgemeinen zu richten, und wir können auf Grund dieser Betrachtungen hier einige Bemerkun- gen über dieselbe anschließen. Dritter Abschnitt. Über die Konvergenz. Die folgenden Zeilen beanspruchen nicht, etwas Neues zu brin- gen; ich glaubte aber im Anschluss an das vorige Kapitel, in wel- chem ich Gelegenheit fand, die Wirkung der konvergenten Züchtung an einem geeigneten Beispiele bis ins Einzelne zu verfolgen, die oft beschriebenen Erscheinungen der »Konvergenz« oder »Anglei- chung« einmal übersichtlich zusammenstellen zu können, um sie auf ihr Entstehen und ihr Wesen zu prüfen. Wohl jede Arbeit über descendenztheoretische Themata hat der Konvergenz mehr oder weniger ausführlich gedacht. Auch Darwın widmet einen Abschnitt seines Hauptwerkes über die Entstehung der Arten den »analogen Ähnlichkeiten« und hob ihre geringe Bedeu- tung für die Systematik scharf hervor, ohne auf ihre verschiedenen Arten näher einzugehen. Wir verstehen unter konvergenter Züchtung den Vorgang, wel- cher morphologische oder physiologische Eigenschaften ver- schiedener Organismen, also sowohl Gewohnheiten wie Or- gane, zufolge Anpassung an ähnliche Lebensbedingungen ähnlich macht, sei es nun, dass die Eigenschaften eine neue Er- werbung darstellen, sei es, dass sich nur Veränderungen an bereits vorhandenen Charakteren vollziehen. Das Resultat dieser Angleichung bilden »analoge« oder »konvergente« Eigenthümlichkeiten, denen Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 613 man ja die auf Vererbung beruhenden »homologen« gegenüberstellt. Während die letzteren für den Systematiker von höchstem Werth sind, interessiren erstere ausschließlich den Biologen und sind für die Eintheilung der Organismen in ihrer Eigenschaft als »analog« völlig nutzlos; ja sie haben in der Systematik oft genug Veran- lassung zu Irrthiimern gegeben, indem die Ähnlichkeiten nicht auf Anpassung, sondern auf Vererbung zurückgeführt wurden. Denn es ist oft schwierig, den Antheil jener beiden Faktoren an einem in auf- fallender Weise veränderten Organismus aus einander zu halten. Wir haben oben gesehen, dass noch JoH. MÜLLER sich durch die äußere Ähnlichkeit der Amphisbänen mit den Typhlopiden verleiten ließ, beide Gruppen den Ophidiern anzureihen. Es wurden eben nicht nur körperliche Eigenschaften in den Wirkungsbereich der angleichenden Züchtung gezogen, sondern auch Lebensgewohnheiten. Obwohl beide natürlich in steter Wechsel- wirkung zu einander stehen, so zeigt sich doch für dieselben der Beginn der Abänderung nicht gleich. Liegt nämlich ein Grund zur Variation vor — Sei es, dass sich die Bedingungen des Aufenthalts- ortes änderten, oder dass ein neuer gewählt wurde, — so wird zu- erst die Lebensweise sich umgestalten, die später, falls es sich als nothwendig erweist, Umbildungen der körperlichen Eigenschaften nach sich ziehen wird. Es lässt sich ja leicht denken, dass eine für uns erkennbare Modifikation biologischer Art sich einstellt, ohne dass wir eine entsprechende körperliche Veränderung wahrzunehmen ver- mögen. Thier und Pflanze reagiren mit ihren Gewohnheiten leichter auf allerlei äußere Einflüsse, als mit ihrem Körper. Wir müssen daher bei der Verwerthung biologischer Charaktere für die Systematik noch vorsichtiger sein als bei der von morphologischen Eigenthüm- lichkeiten, und eher an gleiche Anpassung als an Vererbung denken. Im Folgenden soll nur auf die Analogie der körperlichen Eigenschaften eingegangen werden. Da können wir drei Arten der Konvergenz unterscheiden. Die eine Gruppe dieser Konvergenzerscheinungen ist das direkte nothwendige Resultat ähnlicher Thätigkeit, was dadurch zum Aus- druck kommt, dass die betreffenden Eigenschaften wieder durchaus nothwendig für das Leben sind. Hier ist z. B. die Wurmform aller unter der Erde bohrend lebenden Vertebraten zu nennen; eine andere Gestalt würde für eine schnelle bohrende Fortbewegung im Erdreich eben nicht passend sein. Diese Art können wir als »direkte« Kon- vergenz bezeichnen. 614 Karl Peter Die andere Art ist nicht so eng mit der Lebensweise verknüpft. Die ähnlichen Eigenschaften sind nicht die nothwendige Folge der gleichen Thätigkeit, sind daher auch nicht nothwendig für dieselbe, sondern nur vortheilhaft. Unter diese »indirekte« Konvergenz fällt das ganze Heer der Schutzfärbungen und -Gestaltungen, die sich ja bei fern stehenden Formen oft in frappant gleicher Weise entfaltet haben. Da diese Eigenschaften in so losem Verhältnis zur Lebensweise stehen, so finden sie sich oft bei Organismen von ver- schiedenen und fehlen bei solchen mit gleichen Gewohnheiten. Be- wohnen nämlich verschiedene Arten Gegenden, in denen sich ähn- liche Bedingungen vorfinden, so können sie sich derselben schüt- zenden Vortheile bedienen und in dieser Hinsicht einander gleichen. Die Lebensgewohnheiten brauchen sich dabei nicht in demselben Grade zu ähneln, besitzen doch die verschiedensten Polarthiere, Eis- bir, Eisfuchs, Hermelin, Schneeeule, Schneehuhn ete., die sämmtlich entweder stets oder nur im Winter die weiße Farbe des Schnees tragen, die verschiedenste Lebensweise. Es beruht diese’ Art der Konvergenz demnach nur auf gleichem (d. h. mit gleichen Bedin- gungen versehenen) Aufenthaltsort. Wie gesagt, ist bei der indirekten Konvergenz die gemeinsame Eigenschaft nicht nothwendig zum Leben, so dass das Thier nicht auch ohne dieselbe befähigt wäre, sich zu bewegen, Nahrung zu suchen und sich fortzupflanzen; sie begünstigt all dieses nur, in- dem sie ein »Übersehenwerden« bewirkt, das einerseits vor Nach- stellungen schützt, andererseits leichtere Annäherung an die Beute gestattet. Während nun die direkte Züchtung bei allen in gleicher Weise lebenden Thieren und Pflanzen eine Form, eben die gün- stigste, anstrebt, giebt es der Vortheile viele, und es wird sich die indirekte Angleichung nicht an allen Arten mit ähnlicher Lebens- art äußern. Geringere Verschiedenheiten werden wir natürlich auch bei direkt konvergenten Charakteren antreffen; während aber dort stets das gemeinsame Ziel im Auge behalten wird, können sich die Bestrebungen der Anpassung hier sogar nach verschiedenen Richtungen hin geltend machen. So schützen sich von den auf der Weide in gleicher Weise lebenden Raupen eine Anzahl durch grüne Farbe (Smerinthus ocellata, Scoliopteryx Libatrix), andere sind wieder durch eigenthümliche Gestalt, die der von Zweigen (Amphi- dasys Betularia) oder vertrockneten Blättern (Notodonta Ziczac) gleicht, außerordentlich schwer zu entdecken; wieder andere, wie die Raupen des Mondvogels (Phalera Bucephala), die gesellschaft- Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 615 lich die Blätter der Weide abfressen, bedienen sich gar keiner der- artigen Schutzmaßregeln; vielleicht sind sie ungenießbar und ent- gehen so den Nachstellungen. Immerhin finden sich auch in dieser Gruppe weitgehende Angleichungen; ich brauche nur auf die Sand- farbe der meisten Wüstenbewohner und die Durchsichtigkeit vieler Wasserthiere hinzuweisen. Eine Unterabtheilung dieser indirekten Konvergenz stellt die dritte Art der zu besprechenden Erscheinungen, die Mimikry, dar. Bei dieser ist die Ähnlichkeit noch viel weniger abhängig von glei- cher Lebensweise, ja die letztere kann sich als Folge der schützen- den Farbenähnlichkeit herausstellen. Erstreckt sich eine derartige Anpassung an die nachgeäffte Form doch bei Schmetterlingen sogar mit auf Flugzeit und -Art, und da wird man wohl eher annehmen, dass diese Gewohnheiten sich auf Grund der Farbenabweichung änderte, als dass in der gleichen Art des Fliegens der erste Anlass zur Nachbildung lag. Hier wäre dann die Konvergenz Hauptzweck, der zu Liebe und zufolge zur Erreichung einer möglichst auffallen- den Ähnlichkeit sich auch die Lebensweise änderte, während bei der direkten Angleichung die Konvergenz zufolge der gleichen Lebens- weise bei den somatischen Charakteren in Wirkung trat. Ein weiterer Unterschied zwischen der Mimikry und den vorher besprochenen Arten der Konvergenz ist der, dass bei diesen die konvergirende Züchtung nur mit gleichen Bedingungen ausgestattete Gegenden von Nöthen hat, während die Spottform natürlich den Aufenthaltsort mit der nachgeäfften Art theilen muss, was schon WALLACE als erstes Gesetz der Mimikry aufgestellt hat. Solche Arten, die in verschiedenen Gegenden mit ähnlichen Lebensbedin- gungen wohnen und demnach in mancher Hinsicht einander glei- chen, bezeichnet man als »stellvertretende Formen«. Man kann also sagen: die direkte Konvergenz beruht auf gleicher Lebensweise, die indirekte auf mit gleichen Bedin- gungen ausgestattetem Wohnort, die Mimikry auf gleichem Auf- enthaltsort der betreffenden Arten. Das Wesen der interessanten indirekten Anpassung ist oft genug besprochen worden; ich beschränke mich hier auf die Erscheinungen der direkten Konvergenz. Ohne eine Grenze zwischen den einzelnen Kategorien ziehen zu wollen, kann man die veränderten Organe als Resultate der Kon- vergenz von drei Seiten einer Prüfung unterziehen, nämlich von der 616 Karl Peter physiologischen, der rein morphologischen und der verwandtschaft- lichen Seite. Eine physiologische Gleichheit ist natürlich jedes Mal vollendet vorhanden, da sie ja in der Definition des Begriffes selbst liegt. Da die Konvergenzerscheinungen ja die nothwendige Folge einer glei- chen Lebensweise sind, so ist der springende Punkt stets die gleiche Funktion des gemeinsamen morphologischen Charakters. Es liegt bloß an uns, ob wir den gemeinsamen Zweck enger oder weiter fassen. Im weitesten Sinne können wir sogar den scheinbar para- doxen Satz aufstellen, dass alle Organismen, so verschieden sie auch gestaltet sind, in Bezug auf die Erhaltung im Kampf ums Dasein konvergiren; sind sie doch dafür alle gleich gut angepasst. Je enger wir nun die gemeinsame Lebensweise begrenzen, je mehr ins Einzelne die Ähnlichkeiten gehen, desto auffälliger wird sich dies auch im Organismus geltend machen. Wir kommen so zu dem zweiten Gesichtspunkt, der morphologischen Ähnlichkeit. Passt sich die Schnecke, das Wirbelthier dem Luftleben an, so werden sie in gleicher Weise Luftathmungsorgane sich aneignen. Diese werden aber zufolge der differenten Bauart dieser Thiere sich an verschie- denen Orten entwickeln, indem sich entweder bereits vorhandene Organe in gleicher Weise umgestalten oder indem sie völlig neu entstehen. Diese Luftathmungsorgane werden dann, obgleich in Funktion und Bau ähnlich, dennoch in verwandtschaftlicher Beziehung nichts mit einander zu schaffen haben. Gewöhnlich pflegt man Organe, welche dieselbe Funktion haben, als »analoge« zu bezeichnen und beschränkt den Ausdruck »konver- gent« auf die Fälle, in denen auch eine äußere Ähnlichkeit sich geltend macht. Es existirt jedoch, wie wir sahen, keine Grenze zwischen den beiden Arten; die zweite Form ist nur die speciali- sirtere der ersteren. Ist es ja auch dem Belieben jedes Einzelnen überlassen, wo er die »äußere Ähnlichkeit« beginnen lassen will, so dass bei dieser Eintheilung ein vermeidbares subjektives Moment in die Betrachtungen eingedrängt wird. Nehmen wir z. B. als Funktion die »Fähigkeit, sich unter der Erde zu bewegen« an, so können wir als physiologisch entsprechende Organe den Kopf der Blind- wühlen und die Grabpfoten des Maulwurfs bezeichnen; specialisiren wir die Thätigkeit auf »Graben« und »Bohren<, so sind die ge- nannten Theile nicht mehr konvergent, wohl aber die Grabfüße von Maulwurf und Maulwurfsgrille einerseits und der Kopf der Cäcilien und der Doppelschleichen andererseits. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 617 Dies Beispiel illustrirt auch den dritten Punkt, dass sich näm- lich die Erscheinungen der Angleichung auch an homologen Or- ganen, welche durch Differenzirung verschiedene Form gewonnen haben, geltend machen und dieselben so auffallend ähnlich gestalten können, dass die Gleichheit auf Vererbung zu beruhen scheint. Während die Grabfüße von Maulwurf und Werre nur analoge Ge- bilde darstellen, — die Extremitäten der Wirbelthiere und der In- sekten sind genetisch völlig differente Gebilde, — ist die konver- gente Züchtung bei den Gymnophionen und Amphisbänen am glei- chen Theil, am Schädel, in Wirkung getreten. Vier Faktoren sind es nun, die das Eintreten und die feinere Ausgestaltung der Konvergenz beeinflussen, nämlich 1) die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen, denen die Organismen unterworfen sind, 2) die Stellung der betreffenden Arten im System, 3) die Differenz zwischen der alten und neuen Lebensweise, und 4) der zeitliche Eintritt der konvergirenden Züchtung. Während der erste Punkt auf das Eintreten der Angleichung überhaupt von Einfluss ist, beziehen sich die übrigen drei nur auf die morphologische bezw. verwandtschaftliche Seite derselben. Dass die Bedingungen zum Leben nicht überall in gleicher Reichhaltigkeit geboten werden, liegt auf der Hand. Im tropischen Urwald herrscht tausendfache Mannigfaltigkeit gegenüber den dürren Wüstengegenden oder dem eisigen Polarlande. Je geringer nun die Verschiedenheit der Bedingungen, desto besser kann die konvergente Züchtung ihre Wirkung entfalten. Welche Fülle von verschiedenartigem Leben erfüllt die Tropenwälder! Nach allen Richtungen hin bietet die Natur den Organismen die Bedingungen zum Leben, reichliche Nah- rung in Hülle und Fülle. Daher konnten Pflanze und Thier wohl ge- deihen und sich in Anpassung an die verschiedenartigsten Verhältnisse in zahlreiche Arten spalten und zahlreiche Individuen hervorbringen. Dieser Reichthum an Einzelwesen brachte es nun aber mit sich, dass der Kampf auch innerhalb der Arten entbrannte, da sich die einzelnen Thiere die Nahrung streitig machten oder zufolge Über- produktion eines Geschlechts um die Weibchen kämpfen mussten. Der erstere Faktor wirkte wieder auf Specialisirung der Lebens- weise nach allerlei Richtungen, durch den zweiten wurde Gelegen- heit geboten, all den Reiz der sekundären Geschlechtscharaktere zu entfalten, der das Auge des Beschauers an der tropischen Vogel- 618 Karl Peter welt so entzückt. Kurz, die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen hatte eine hervorragende Differenzirung zur Folge. Wie anders stellt sich das Bild dar in einer öden, »einför- migen« Gegend! Die Thiere, welche ihre ganze Kraft aufwenden mussten, um ausreichende Nahrung zu erlangen, konnten im schweren. Kampf mit der Natur sich den Luxus von Schmuckfarben und Zier- rathen nicht gestatten. Hier hatte die Zuchtwahl einzig darauf hin- zuwirken, ihre Objekte den harten Bedingungen gegenüber möglichst geeignet zu gestalten. Da dies in Folge der geringen Mannigfaltig- keit nur nach einer oder wenigen Richtungen hin stattfinden konnte, so fiel ein wesentlicher Faktor der Artbildung weg; desshalb treffen wir in solchen Gegenden eine relativ bedeutende Armuth an Species. Schon der Norden im Allgemeinen steht bekanntermaßen darin hinter dem Süden zurück. Sodann trat die Gewöhnung an gleiche Lebens- weise auch an bereits differenzirte Formen heran und suchte dieselben einander ähnlich zu machen, so dass die Einförmigkeit der Fauna sich nicht nur in Armuth an Arten, sondern auch noch in Ähnlichkeit derselben zeigt. Am auffallendsten illustriren dies wohl die »succulenten« Pflan- zen, die in trocknen Gegenden besonders darauf bedacht sein müssen, in Stengel oder Blatt sich einen Wasservorrath zu halten. Diese gemeinsame Tendenz hat zwei weit entfernte Familien, die der Kakteen und Euphorbiaceen einander so ähnlich gestaltet, dass man bei manchen Arten, falls sie nicht in Blüthe stehen, am Aussehen nicht entscheiden kann, weleher Gruppe sie angehören. Was für die Gegenden im Allgemeinen gilt, hat natürlich die- selbe Berechtigung auch für den speciellen Aufenthaltsort. Auf der Erde, in den Bäumen sind der Möglichkeiten viele, Nahrung zu finden. Schwieriger ist dies schon für Thiere, die sich in die Luft erheben, da sie sämmtlich der Flugorgane und meist noch anderer damit in Verbindung stehender Einrichtungen (Flugsäcke der Vögel und Insekten) bedürfen, oder bei Wasserthieren, die Flossen nöthig haben. Am eintönigsten sind die Bedingungen für Organismen, die in der Erde leben, da sie entweder mit Grab- oder mit Bohrorganen ausgerüstet sein müssen, und wir haben gesehen, wie ähnlich dieser gemeinsame Zweck die Cäcilien und Amphisbänen gestaltet hatte. Für das Eintreten der Konvergenz ist also der Mangel an Vielseitig- keit der Lebensbedingungen von großer Wichtigkeit. Von den Punkten, welche für die feinere, ins Einzelne gehende gleiche Gestaltung der analogen Organe von Werth sind, steht das A Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schiidels v. Ichthyophis glutinosus. 619 verwandtschaftliche Verhältnis der betreffenden Arten oben an. Je näher nämlich die Arten einander im System stehen, desto weniger haben die Organe sich verändert, desto leichter wird es der kon- vergirenden Züchtung sein, ihren Angriffspunkt bei beiden Species gleich zu legen. Allerdings können auch weit entfernte Gruppen äußerlich frappant ähnlich werden, und da scheint der erste Faktor, die Reichhaltigkeit der Lebensbedingungen, allein von Wichtigkeit zu sein; jedoch müssen, je entfernter die Arten verwandt sind, desto verschiedenere Mittel angewandt werden, um denselben Zweck zu erreichen, und wenn auch die Anpassung an gleiche Lebensweise für sich schon genügt, um im großen Ganzen die Ähnlichkeit her- zustellen, so wird eine nahe Verwandtschaft im Stande sein, diese Abnlichkeit im Einzelnen durchzuführen. Mit anderen Worten: je weiter zwei Formen im natürlichen System aus einander stehen, d.h. je längere Zeit die divergirende Züchtung an ihnen gearbeitet hat, an desto differenteren Organen wird das konvergirende Prineip angreifen. So haben wir im zweiten Abschnitt gesehen, dass bei den Cicilien der Schädel allein der wirksame Theil beim Bohren ist, während bei den Reptilien die Hautschilder den Seitendruck der Erde aushalten und den Knochen des Kopfes nur die direkte Aufgabe des Bohrens zufällt. Auch die Amphisbänen und Typhlo- piden sind in Bezug auf ihren Bohrschädel konvergent; da ihre gemeinsamen Vorfahren aber kräftige Hautschilder besaßen, so brauchte bei beiden auf seitliche Bedeckung des Schädels durch Knochen nicht Rücksicht genommen zu werden, so dass dem Schädel nur ein Theil der Aufgabe zufiel, den das Kopfskelet der Blind- wiihlen allein zu lösen hatte. Bei diesen beiden einander nahe- stehenden Gruppen ist also die Ähnlichkeit im Einzelnen weiter ausgebildet, als zwischen ihnen einerseits und den bohrend lebenden Amphibien andererseits. Genau betrachtet ist dieser Satz nicht völlig richtig und müsste eigentlich folgendermaßen pricisirt werden: je länger die diver- girende Züchtung an den bei der Konvergenz in Betracht kommen- den Körpertheilen gearbeitet hat, an um so verschiedenen Punkten wird die Angleichung angreifen. Dies fällt ja fast immer mit Obigem zusammen; es lässt sich jedoch theoretisch der Fall konstruiren, dass in einer Familie A das betreffende Organ keinen großen Veränderungen unterworfen war, während es sich in einer anderen Gruppe B sehr ver- schieden ausbildete. Passen sich diese Gruppen nun gleicher Lebens- weise an, so können zwei Arten der ersten Gruppe, die weit aus ein- 620 Karl Peter ander stehen, im Einzelnen auffallendere Ähnlichkeiten zeigen, als zwei nahestehende Formen der Familie B, wo das Organ sehr ver- schiedene Angriffspunkte für die Züchtung bot. Dass an einem solchen »in Arbeit« befindlichen Theil selbst innerhalb einer kleinen Gruppe ein einzig dastehender Zweck auf verschiedene Weise erreicht werden kann, hat mir einmal das Beispiel zweier Gymnophionen gezeigt (cf. Berichte der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i.B. Bd. IX, 3. Zur Anatomie von Scolecomorphus Kirkii). Bei diesen ist natürlich der Schädel den weitgehendsten Veränderungen unterworfen. Nun zeigen mehrere Arten derselben die Augen von Knochen bedeckt, und dies Verhalten, für das sich in der Wirbel- thierreihe kein analoger Fall findet, ist bei zwei Gattungen auf ganz verschiedene Weise zu Stande gekommen, indem bei Scoleco- morphus die Orbita vom Präfrontale seitlich überdacht wurde, so dass das Auge durch den weiten Raum zwischen Präfrontale und Maxillare in den Schädel gelangte, während bei Gymnophis, nach der Prrers’schen Figur (1879) zu schließen, eine mitten im Knochen (Paraquadratum) gelegene Augenhöhle sich auf ein kleines Loch reducirte (wie es sich noch bei Caecilia gracilis vorfindet) und end- lich sich ganz schloss. Fernerhin haben wir als wichtig das Verhältnis der neuen erstrebten Lebensweise zur alten betont. Ist der Schritt sehr groß, so werden bedeutende Umgestaltungen von Nöthen, und das Resultat wird zwar sehr auffallend werden, jedoch sich mehr auf allgemeine Punkte erstreeken. Entfernen sich dagegen die neuen Gewohnheiten wenig von den bisher gepflogenen, so können sich auch feinere De- tails verändern; es wird dann der Effekt nicht so sehr in die Augen springen, dagegen müssen sich bei eingehenderen Untersuchungen viele interessante gemeinsame Einzelheiten im Bau ergeben. Dieser Vortheil trifft die feinere gleichgerichtete Ähnlichkeit; da jedoch kleine Veränderungen leichter wieder verloren gehen als große Um- gestaltungen, so werden letztere sich länger halten können und so eine größere Rolle zu spielen berufen sein. Endlich kann man annehmen, dass ein gleichzeitiger Beginn der konvergirenden Züchtung die feinere Ausbildung der Ähn- lichkeiten bei den einzelnen Arten sehr begünstigt. Die Anfangs- zeiten der Gewöhnung an die gleiche Lebensweise können natürlich weit aus einander liegen. Dann wird bei der Gruppe, die sich zu- erst den veränderten Bedingungen anpasste, die umgestaltete oder neue Eigenschaft bereits wieder Objekt der divergirenden Züchtung Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 621 geworden sein können, und sie kann durch Anpassung an verschiedene Nuancen der neuen Lebensart bereits mehr oder weniger ausgeprägte Modifikationen erlitten haben. Nimmt nun eine fremde Form dieselben Gewohnheiten an, so wird sie, zumal wenn diese Lebensart erheblich von den bisherigen abwich, fürs Erste sich dem Grundtypus des neuen morphologischen Charakters zu nähern suchen, ohne die Feinheiten des Baues, die sich bei der ersten Familie verschieden gebildet haben, nach- zuahmen. Auch hier wird die Ähnlichkeit demnach mehr eine allge- meine sein. Dasselbe tritt ein, wenn sich eine Form von der Lebens- weise ihrer Verwandten emancipirt hat und sich derselben wieder konvergent nähert. Auch in diesem Falle wird die Hauptgruppe sich stark divergent verändert haben und die abgezweigte Gattung nur die Grundform der neuen Eigenschaft zu erlangen suchen, ohne einer bestimmten Art gleichen zu wollen. Dass z. B. die Landverte- braten von Wasserbewohnern ihren Ursprung nahmen, wird für sicher angenommen. Passen sich die Säuger nun wieder dem reinen Wasser- leben an, so streben sie erst danach, überhaupt die Fischgestalt zu erlangen, ohne mit einzelnen Arten übereinstimmen zu wollen. Die Ähnlichkeit zwischen Fischen und Walthieren beschränkt sich daher nur auf grobe Formverhältnisse. Anders wird das Resultat, wenn mehrere Gruppen entfernt stehender Klassen relativ gleichzeitig eine beiden Theilen fremde Lebensweise annehmen; sie werden, wenn auch von verschiedenen Gesichtspunkten aus, doch gemeinsam auf ein gleiches Ziel zu- steuern. Dabei werden sie sich beide erst dem Grundtypus der passendsten Form zu nähern suchen, und bei keinem wird die ent- stehende Modifikation bereits wieder der divergirenden Züchtung unterworfen worden sein. Hier können wir daher erwarten, die analogen Organe auch im feineren Bau ähnlich gebildet anzutreffen. Auch kann sich dabei die Gelegenheit bieten, den Process der an- gleichenden Züchtung an verschiedenen Arten der beiden Gruppen direkt in seiner Thätigkeit zu beobachten. Je nachdem mehrere der angeführten Umstände zusammen- wirken oder nicht in Betracht kommen, wird das Resultat der kon- vergirenden Züchtung ein mehr oder weniger augenfälliges werden. Bei den drei Familien, welche im zweiten Abschnitt als Beispiel auf ihre gemeinsamen Charaktere hin untersucht wurden, vereinigten sich verschiedene der Faktoren zur Herstellung der frappanten Ähn- lichkeit. Die Thiere lebten in der Erde, wo die Bedingungen sehr einförmig sind; die divergirende Züchtung hatte an dem durch Kon- 622 Karl Peter vergenz veränderten Schädel noch keine beträchtlichen Differenzen geschaffen; die allen Arten fernstehende unterirdische Lebensweise brachte eingreifende Umbildungen hervor; endlich standen sich ver- wandtschaftlich Typhlopiden und Amphisbäniden näher, daher sie unter einander im Einzelnen größere Ähnlichkeiten aufwiesen als mit den Gymnophionen. | Die Wirkung der Konvergenz kann sich, wie auf das ausge- bildete Thier, so auch auf die Entwicklungsstadien desselben er- strecken, und zwar entweder auf einzelne Phasen unabhängig von einander, so dass z. B. die Larven analoge Ähnlichkeiten aufweisen, die den Erwachsenen fehlen — hierfür bieten die Insektenlarven viele Beweise —, oder die das entwickelte Individuum verändernde Tendenz erstreckt ihre Wirkung mit auf das Larvenleben. Darauf ist die in mancher Beziehung ähnliche Gestaltung des Cäcilienpri- mordialeranium mit dem der Saurier zurückzuführen; beide Familien hatten starke Verknöcherungen des Schädels nöthig, die sich daher zeitig anlegen mussten. Bei beiden fiel in Folge dessen die Bedeu- tung des Knorpelskelettes fort, das sich nun nur in reducirtem MaßB- stabe anlegte und ein lockeres Sparrengerüst darstellt. Das weitere Schicksal der konvergenten Organe ist schon mehrmals berührt worden. Das Wirken der angleichenden Züchtung wird aufhören, sobald der beabsichtigte Zweck erreicht worden ist, also sobald beide Arten die gemeinsam erstrebte Funktion gleich gut vollführen können. Das ist schon möglich, wie wir sahen, ohne dass alle Theile im Einzelnen gleich gestaltet worden sind; so wird die Doppelschleiche mit den festen Hautschildern und dem unvollständigen Kopfskelet eben so gut sich unter der Erde bewegen können, wie die Blindwühle mit der nicht widerstandsfähigen Haut, aber der lücken- losen Schädelkapsel. Nicht jedes Organ wird zur absoluten Gleich- heit verändert, sondern das Resultat der Veränderungen an den ein- zelnen Theilen muss gleich sein. Fernerhin ist das der neuen, gleichen Lebensweise angepasste Organ denselben Bedingungen unterworfen wie jedes andere, d.h. mit Änderung der Gewohnheiten wird es sich ebenfalls umgestalten müssen. Dies kann bei beiden Gruppen in gleicher Richtung ge- schehen, so dass eine Parallelentwicklung statt hat, oder auch diver- gent. Dabei braucht der früher gemeinsam erstrebte Zweck nicht aus dem Auge verloren zu werden; in jeder Gruppe können sich die Arten verschiedenen Einzelheiten der neuen Lebensweise anpassen, so dass das der konvergirenden Züchtung früher unterworfene Organ nach Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 623 verschiedenen Seiten umgemodelt wird. Bei diesen Arten wird sich die Grundform des Organs vererben, und die gemeinsame Eigenschaft beruht dann bei den Nachkommen auf Vererbung. Wir kommen so zu der Erkenntnis, und besonders SEMPER hat dies in seinem Buche über »Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere« hervorge- hoben, dass Charaktere innerhalb kleiner Gruppen sich als homolog erweisen, in weiter entfernt stehenden Klassen aber als analog zu betrachten sind. So sind z. B. die Flügel der Falter und Käfer homologe Gebilde, die sie von den gemeinsamen Vorfahren erbten, die Flugwerkzeuge der Insekten und Vögel aber analoge Organe. Die Begriffe analog und homolog sind daher nur relativen Werthes; analog sind Organe in Bezug auf gleiche Funktion auf Grund der Anpassung; — homologe Organe entsprechen einander zufolge glei- cher Abstammung auf Grund der Vererbung. Dies sind ja die bei- den Faktoren, die die Organismenwelt in ihrer Mannigfaltigkeit ge- schaffen haben, die Anpassung, sei es an gleiche oder verschiedene Verhältnisse, und die Vererbung. Verzeichnis der eitirten Litteratur. G. Born, Über die Nasenhöhlen und den Thränennasengang der Amphibien. Morphol. Jahrbuch. Bd. II. 1877. C. B. Brinn, Zootomie aller Thierklassen. Atlas. Wien 1880. R. BURKHARDT, Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. LII. 1891. A. Dusüs, Recherches sur l’ostéologie et la myologie des Batraciens. Mémoires pres. 4 l’Acad. royale des Sciences. Tome VI. Paris 1835. i G. Fiscuer, Amphibiorum nudorum neurologiae specimen primum. Berolin. 1843. — Anatomische Abhandlungen über Perennibranchiaten und Derotremen. Hamburg 1864. M. FÜRBRINGER, Über die spino-oceipitalen Nerven der Selachier und Holo- cephalen. Festschrift für GEGENBAUR. III. Leipzig 1897. E. GAupP, Zur Kenntnis des Primordialeraniums der Amphibien und Reptilien. Verhandlungen der anat. Gesellschaft zu München. 1891. — Primordialeranium und Kieferbogen von Rana fusca. Morphologische Ar- beiten von SCHWALBE. II, 2. 1893. —— Uber die Jochbogenbildungen am Schädel der Wirbelthiere. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft. Breslau 1894a. —— Zur vergleichenden Anatomie der Schläfengegend am knöchernen Wirbel- thierschädel. Morphologische Arbeiten von Scuwause. IV, 1. Jena 1894 b. 624 Karl Peter P. GERVAIS, Ostéologie des plusieurs espéces d’Amphisbenes. Ann. d. Sciences. Tome XX. Paris. R. Herrwic, Uber das Zahnsystem der Amphibien und seine Bedeutung für die Genese des Skelettes der Mundhöhle. Archiv für mikr. Anatomie. X, 1. Suppl. 1874. C. K. HorrMann, Bronn’s Klassen des Thierreichs. Amphibien und Reptilien. Leipzig und Heidelberg 1873—1883. C. v. KUPFFER, Entwicklungsgeschichte des Kopfes. Ergebnisse von MERCKEL und BONNET. V. 1895. J. MÜLLER, Beiträge zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien. Zeit- schrift für Physiologie von TIEDEMANN und TREVIRANUS. IV. 1831. W. K. PARKER, On the Structure and Development of the Skull in the Uro- delous Amphibia. Philos. Trans. of the Royal Society. London 1877. K. PETER, Die Wirbelsänle der Gymnophionen. Berichte der naturf. Gesell- schaft zu Freiburg i. B. IX, 1. 1894. —— Über die Bedeutung des Atlas der Amphibien. Anatomischer Anzeiger. X 8. . 1895. W. Perers, Über die Eintheilung der Cäcilien. Monatsberichte der Berliner Akademie. 1879. vy. PLESSEN und Rapinovicz, Die Kopfnerven von Salamandra maculata in vorgerücktem Embryonalstadium. München 1891. C. B. REICHERT, Vergleichende Entwicklungsgeschichte des Kopfes der nackten Amphibien. Königsberg 1838. P. und F. 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Modell des Primordialeranium von Ichthyophis glutinosus, Embryo, Stadium JD. 30mal vergr. Ansicht von der linken Seite und etwas von vorn. Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 625 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 2. Dasselbe. 30mal vergr. Ansicht von oben. 3. Hinterer Theil desselben nach Wegnahme des MEcKEr’schen Knorpels. 50mal vergr. Ansicht von der Seite. 4. Knorpelige Occipitalplatte und Chorda des Embryo IA. Gezeichnet mit Zeiss Objektiv D Ocular 2. 5. Schnitt durch die Occipitalplatte und Chordarest des Embryo ZB. 6. Querschnitt durch den Embryo IA, etwas weiter cranial von Fig. 4. Beginn der Ohrkapsel, craniale Fortsetzung der Occipitalplatte zur Seite der Chorda. 7. Querschnitt durch denselben Embryo ZA, noch weiter cranial wie Fig. 6. Chorda frei im subcerebralen Bindegewebe, Ohrkapsel fast ringsum vollständig, Stapesanlage mit derselben in kontinuirlicher Verbindung. 8. Querschnitt durch den vorderen Theil der Ohrkapsel des Embryo ID. Verlauf des Facialis. 9, Querschnitt durch denselben Embryo ID, 60» weiter caudal von Fig. 8. Verbindung zwischen MECKEL’schem Knorpel, Quadratum und Stapes. 10. Querschnitt durch den Embryo /A, etwas weiter cranial als Fig. 7. Vergr. Zeiss Objektiv D Ocular 2. Stapesanlage mit gesondert an- gelegtem distalen Ende. 11. Querschnitt durch die hintere Nasengegend des Embryo ID. Schema. 25mal vergr. Basale Vereinigung der unteren Trabekelspange unter- halb des Gehirns. 12. Schnitt durch denselben Embryo JD, cranial vom Loch für die Cho- anen. Schema. 25mal vergr. Vereinigung der Nasenseitenwände mit dem Septum unter dem Riechorgan. 13. Querschnitt durch die Augengegend des Embryo 7A. Foramen pro nervo optico, Antorbitalfortsatz. 14—16. Drei in oceipito-rostraler Richtung folgende Schnitte durch die Nasengegend des Embryo 7A. Schema. 25mal vergr. 14. Antorbitalfortsatz, Seiten- und Medianwand der Nasenkapsel. 15. Septum, Seitenwand. 16. Septum mit Flügelknorpeln. 17. Modell der rechtsseitigen knorpeligen Nasenkapsel der Larve, Sta- dium 7ZB. 33mal vergr. Ansicht von oben, etwas median und hinten. 18. Schnitt durch die hintere Nasengegend der Larve /IB. Schema. 25mal vergr. Knorpelwucherung, Anlage der Kapsel für den hinteren Blindsack. 19. Schnitt durch dieselbe Gegend der Larve IIC. Schema. 25mal vergr. Knorpelumkleidung des hinteren Blindsackes. 20—22. Schematische Querschnitte durch die Nase einer erwachsenen Blind- wühle, rostro-caudal folgend. 15mal vergr. 20. Etwas schräg verlaufender Schnitt, links die vordere Kuppel, rechts die zwei Knorpelstreifen an Dach und Boden zeigend, ersterer Strei- fen mit dem Turbinale sich in die Nasenhöhle hervorwulstend. 21. Septum mit Alarknorpeln; seitliche Spaugen. 22. Knorpelreste an Boden und Decke der Nasenhihle, und zwischen Choanenschleimbeutel und Jacopson’schem Organ. Morpholog. Jahrbuch. 25, 41 Schnitt durch das hintere Ende der Ohrkapsel des Embryo JA. Starke Ausbildung ‘der Kiemenbogen. 30 mal Verbindung der knöchernen Trabekel mit dem Parabasale. Schnitt durch die Oceipitalregion einer Larve JJ B dicht hinter dem Verzweigung des dorsalen und ven- Der Verlauf des letzteren ist nach Schnitt durch das Trigeminusfenster einer Larve 774A. Anlage des 626 Karl Peter Fig. 23. Schema. 20mal vergr. Fig. 24. Querschnitt durch das Trigeminusfenster einer Larve JZ B. vergr. Knorpeliges oberes Ende des Quadratum. Fig. 25. Vagusloch. Nervus occipitalis. Fig. 26. Dasselbe etwas weiter caudal. tralen Astes der Occipitalnerven. noch weiter nach hinten liegenden Schnitten ergänzt. Fig. 27. Paraquadratum. Allgemein gültige Abkürzungen. (Alphabetisch geordnet.) A Atlas, Ar Articulare, a.st Arteria stapedia, B Basalknochen, c.a Capsula auditiva, can.semic.ant Canalis semicircularis an- terior, can.semic.ext Canalis semicircularis ex- ternus, can.semic.post Canalis semicircularis po- sterior, Ce Cerebrum, ch Chorda dorsalis, choa Öffnung im Knorpelschädel für die Choanen, choa.S Choanenschleimbeutel, col Columella stapedis, cond.oce Condylus oceipitalis, E Ethmoidale, for.II Foramen pro nervo optico, For. V Foramen pro nervo trigemino, for.V,1 Foramen pro nervo trigemino Ram. ophthalm., ‚for. V, 1.ext Foramen pro nervo trige- mino Ram. ophthalm., Ram. externus, for.V,1,2 Öffnung für den Schnauzen- ast des Trigeminus, for.V.« Öffnung für das kleine Ästchen des Quintus zum Gehirn, for.VII Foramen pro nervo faciali, for.VII,2 Foramen pro nervo faeiali, Ram. palatin., for.X Foramen pro nervo vago, for.a.stap Foramen pro arteria stapedia, for.bas Öffnung im Boden der Gehör- kapsel, for.cochl Foramen cochleae, for.d.end Foramen pro ducto endolym- phatico, for.ov Foramen ovale, Fr Frontale, h.bl Knorpelhülle des hinteren Blind- sackes der Nase, Jac.O JACOBSON’sches Organ, K.B Kiemenbogen, M Maxillare, m.d Musculus dorsalis, m.k MeckEu'scher Knorpel, N Nasale, na Nasensäcke, Nar Narinen, nar Öffnung für die Narinen im Knor- pelschädel, n.oce Nervus oceipitalis, n.occ.d Nervus oceipitalis Ram. dor- salis, n.oce.v Nervus oceipitalis Ram. ven- tralis, Oc Auge, o.p Occipitalplatte, opere Operculum stapedis, 'Pbs Parabasale, Pm Prämaxillare, Pq Paraquadratum, Entwicklung u. funktionelle Gestaltung d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. 627 Prf Präfrontale, proe.al Flügelknorpel der Nase, proc.a.o Processus antorbitalis, proc.ase Processus ascendens quadrati, proe.nar Fortsatz an der unteren Um- - wandung der Narinen, proc.pter Processus pterygoideus qua- drati, q knorpeliges Quadratum, @ knöchernes Quadratum, sept.nar Septum narium, sol.nas Solum nasale, sp.d dorsale Knorpelspange in der Nase der erwachsenen Blindwühle, sp.v ventrale Knorpelspange in der Nase der erwachsenen Blindwiihle, sp.d' Fortsatz der ersteren (sp.d) zwi- schen JACOBSON’schem Organ und Choanenschleimbeutel, st Stapes, st.dist distaler Theil des Stapes, Tb Turbinale, tect.synot Tectum synoticum, tr knorpelige Trabekel, Tr knécherne Trabekel, tr.d dorsale Trabekelspange, tr.p mediane Vereinigung der Trabekel unter dem Gehirn, trv ventrale Trabekelspange, V Vomer, v.bl Knorpelhiille des vorderen Nasen- blindsackes, v.g Verbindungsgewebe der Qccipital- platte unter der Chorda, II Nervus opticus, V Nervus trigeminus, VIT Nervus facialis, A Nervus vagus. Die Figuren 1, 2 und 17 sind nach Photographien gezeichnet, welche ich der Güte des Herrn Dr. GEBHARDT verdanke. 628 K. Peter, Entwick!. u. funktionelle Gestalt. d. Schädels v. Ichthyophis glutinosus. Inhaltsübersicht. Seite Einleitunee... on Eee Eee DD Material and Methoden m jon or ee ab SE Erster Abschnitt. Die Entwicklung des Blindwühlenschädels . . . . . . 558 I. Das Primordialeranium von IChEDESPRE EISENDEN ies Shoe SR ASVCCHMBLESION. u, re Si ae EN 560 #.MOCEImITAL DORON. cha en NEAR EN N N... > 560 bb: Ciara id orsalist eee Saree Boke Ber re 561 e. Atlanto-Decipital-Gelenki "Frau eek oe 563 Bs Labyisthregion.:. Ian da a EEE... 563 ASODTERDEEI ... ua ee‘. visti teas sn tht poke cee ©. 563 | Soa i) 5 ES mS See ene Alara re hk ian PATON ae hy oe 567 COrbriminesron 140) IRRE I ER N 569 D. Eihmedalregion.: iis eta. cial at Virtual dss verte es. eee 571 3. MOORE DD nee ee N b. Morphologische Bedeutung der knorpeligen Nasenkapsel. RL ZU e.’Stasaaın TA. Sues noe ae. . | a re d. Weitere Ausbildung der knorpeligen ‚Nasenkapsel, HO) Ls ErKielferBoren.. Wire ee a. Quadrätum:. „2 <4... BES ee EEE a N. 0582 b. Megan scher’ Knorpel." ). War. u). 12.272. ©. oe Bi ce. Kiemenbogen . . . RR AN EIER IE. ee 584 Rückbildung des Primordialeranium 36°)... 2. co. 0... es Zusammenfassung... . .. . 2... , 586 II. Die Entwicklung des knöchernen Schädels von x Iehthyophis glutinosus 588 iBasalicomement... ı. 3. ace Gee ene oe Re A IAS 5 . 589 Nervusvoreipitalis -. . 2 lem. ee eal ke. en i Stapesweuemee es. 22 RR N Et En Quadrate... . N Ne aN Oe cee AES SE Paragusdrtum . .... ... EEE R EL. ERS ee. EN: Murbinalesm. .. ... 0000 en JRL” 6 ee BEE INTEL. Ve Se a el in Se Wrterkicter.. «1.0. AOS ek eB lack. SE Rion Bea AA Se MUSAMOMEMASSUNS .. 4.2 Geek on. cides Seok fh ee qe is eee 596 Zweiter Abschnitt. Der Bau des Blindwühlenschädels in Beziehung zu SemerniKunktion . au. ee ee ee 1 Fe 598 I. Der Bau des Schädels der Sumnsphignen ee re: > © 599 MleememenGestalt fo. ok. re N ae ie er = a one 599 Vervollständigung. ... . aR Ay SERA O RO. WS e aie? fe) ot Seen 602 IDRIS eT), Se CURRIER Foo ot BR AR Oe adh OR LS 5 Ai ie Seeober Il. Der Bau des Schädels der A N und onen . a ie Allsememesßrestalt , .... Pr rs ee lei Uae kee oe ce eee ae 607 Vervollsandieung . ! 2 RR SE Se 2 Re ee Beostieket et, een era en 2 en Dritter-Absehmitt:... Uber die Konvergenz. 2.4. „man sen. ee Berries Konvergenz I. er Nu: N 102. Verschiedene Arten derselben . 20.00... 613 Faktoren, die den Eintritt der konvergirenden Züchtung und die feinere Ausgestaltung der betreffenden VERS beeinflussen . . .... 617 Schicksal der analogen Organe. .... . a. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Morpholog. Jahrb. Bd. XXV. Dr procal ext vn ford.eud. [ect syat Fig.2 Fig.7. a u Ds ind sepkaar solutes choa ea st q procwo proc.al mk fordl procao cond.vcc teot.synot fort. proc. ast for-TIL--- op. ford, a) for: cochl prov.pter:. forsbas, (Pere Fig.18. proc. pleny. 7 col ; Fig 6 op tem. dehr v Wilhelm Engelmann Taf XX. Morpholog. Jahrb. Bd.XXV. N x Ga wae DEN Qr SE an 0,8 = % 9 © GI 9" OR FREE ohl- Fig.22. 2. Fe an a i} proc.al 3 Ra sol nas tr Sp.d —————_ : M. er sept nar = : forVı,2. x E choa.s E v i Jaco. wrt 5 ey = z 3 7 Aa 7 2 ei on Wilhelm Engelmann { For), Jorvı2. Tah X¥1. 2 N.occ-- = = Morpholog. Jahrb. Bd.XXV. 9 v Wilhelm Engelmann oe Ley Ebateisı dehr d a r u - I N EN 7 AN, o i a OP | Li N erty A f N fi l 7 7 =) ee i a | : pi IN HA 100130357 are ‘ ur wen MINES : rer tk i ; \; war N, re : we ay OA : re ven 1 ene RT I a eri f cathe te Gh Maes an ' ‘ ward wann ‘ at ce HUA hen wa ran ey wes eth eon navy See} Tea ue, ‘ Pe BP. h to a a VL obouns , “ i EX Sn a Nath wig : \ ‘ rb hg ri Dat bee OE \ derer NE aon, ; etait F Min HN 4 ee x nen Cad iba Ree Che When Mane teed ETF RE NR EN bet ee a a Oe RR ‘ i Sr i WME 4 ip shee N agg WR Fah ore EN, Fe ely ne Vln ns ay ‘ ‘ wr? v ee . ort ‘ m wt un u ‘ WEY Por N ws Cia | ve bee a es yap eg unse tide Ka ited yer > hs ror ra i Vilage no ia 4 HK era carer a Corso cell. \ Nana ON ny ‘ ve Vote ideas gia \ Nee Hades berets a een Ser Een, whet KT Pa ee Da r weedy woe ‘ Er 1 a “ yey kan u Haan enh : x Rn: t rm o> PrET 4 il rr bw 1 hi ah oe :