u Werne Ki 9 4 . . — Wr PERLE TEE ZN eh EIS HE IE WE f 5 Nene 8 6 je 1 \ H “ Ale VVV. i i 7 uhr un) 791 241 Ar 4 EN; 7 EN. 25 9 757 the university of connecticut lipraries hbl, stx bl, s 3 7153 PT2599S49N3 ul. 00441680 7 En/6trs/6552/1Ld Be a we ER 1 e Bra 4 1} 6 1 BZ — Napoleon der Dritte oder des ige verfehlte Wirkung. Hiftorifches Schaufpiel in drei Akten + - . 1 | von 1 * ER ; | Zeno von Siengalewig. kinſtens las man, was erdacht, Heut’, was der Verleger macht. Damals ward dem dichter Ruhm, 2 5 heute dem Derlegertum. x ; Ziengalewicz. dresden und Leipzig k. Pierſons verlag 197. * — 4 2 5 75 sus 74 = F ni Napoleon der Dritte oder Des Kriegs . Wirkung. Hiſtoriſches Sthauſpiel - in drei Akten von Teno von Siengalewig, >> Einftens las man, was erdacht, Heut’, was der Derleger macht. damals ward dem dichter Ruhm, heute dem Derlegertum. Siengalewicz. Dresden und Leipzig k. Pierſons verlag Alle Rechte vorbehalten. Den Bühnen gegenüber als Manuftript gedruckt. Be mi 8 Perſonen zu Napoleon des Dritten. Napoleon der Dritte, Kaiſer von Frankreich. Eugenie, ſeine Gemahlin. Lulu, Dauphin von Frankreich, beider Sohn. Pietri, Napoleons Sekretär. Conneau, Napoleons Leibarzt. Erſter Diener. Zweiter Diener. Die Stimmen der betrogenen Republikaner. Herzog von Gramont, Miniſter des Aeußern. Chevreau, Miniſter des Innern. Graf von Palikao, Kriegsminiſter. Rouher, ehemaliger Staatsminiſter. de la Gravière, Admiral. Pietri, Polizeipräfekt. Leboeuf Bazaine Marſchälle. Mac Mahon Trochu Douay von Wimpffen Generäle. Froſſard Lebrun Graf d' Ollone, Oberſt. Graf Reille, Napoleons Adjutant. Ein Offizier. Ein zweiter Offizier. Ein Ordonnanzoffizier. Ein zweiter Ordonnanzoffizier. Ein Küraſſier. Thiers Gambetta oppoſitionelle Deputierte, nachmals, Favre ausſchließlich Thiers, republikaniſche Peyruſſe Regierungsmitglieder. Picard Ein Ein zweiter ( Deputierter. Ein dritter Ein Saaldiener. Volk, franzöſiſche Truppen, Offiziere, Soldaten, deutſche Truppen, Boten, Diener, Hofdamen, das Gefolge der Kaiſerin, Deputierte. Die Szene iſt in Frankreich. Erſter Akt. Paris. — Tuilerien. Napoleons Arbeitszimmer. Es iſt Nacht. In einen Mantel gehüllt, ſchläft Napoleon in der Mitte des Zimmers auf einem Stuhle. Sein Haupt umſchwebt ein Adler, der ſich einige Male hoch empor hebt und ſchließlich ganz entſchwindet. Napoleon (im Schlafe). Verwegner Flug. — Du kommſt nicht mehr? — Hab' ich dir jemals etwas vorenthalten? Verrat! Hab' ich dich nicht mit den Präcordien Von tauſenden Franzoſen großgemäſtet? Die blühendſten hab' ich für dich geopfert Und nicht die Jugend, noch die Ehr' geſchont. Iſt das nicht väterliche Gunſt? O bleibe, Ich opfre dir noch weitre Legionen. Ich ſpende Spanien dir und wär' es um Den Preis des fürchterlichen deutſchen Kriegs. Iſt das nicht Liebe? O noch mehr verſprech' ich, Doch kehr' zurück aus der verwegnen Höhe! — Weh' mir, geſchmäht! Habſüchtiger Verräter! Dem Berge jauchzt er zu, dem freien Horſt, Von wo er um die Maſſen buhlend auszieht. Weh' meiner Majeſtät, ihr Glück taucht unter! . v. Siengalewiez, Napoleon der Dritte. 1 N Zu leicht geſchürzt war ihres Reiches Aar. (Laut rufend.) Zu Hilfe, wer mir treu! Helft eurem Kaiſer!. (Er erwacht.) (Pietrie mit einer Kerze tritt auf.) Napoleon. Pietri. Pietri. Zu Bett, gequälte Majeſtät, zu Bett! Das Kleid beengt, ſein Gold iſt ſchwer, der Stuhl drückt. .. Napoleon | (ſchlaftrunken). Warum haſt Du des Adlers Schwingen nicht geſtutzt? Jetzt iſt er fort, mit ihm mein Kaiſerreich. Pietri. Sire, geht zu Bett, die Nacht will ihren Frieden! Napoleon. Warum haſt Du die Fenſter nicht geſchloſſen? Tatſt Du's nicht, mußteſt Du den Aar entfedern. Er flog mit meiner Kaiſerkrone fort. Pietri. Nicht eine Mücke kann entflogen ſein; Die Läden ſchließen und die Wach' iſt treu. Napoleon. Dem Aar mußt Du die gelbe Haut entfedern! Tu's, tu's, er hebt ſich neuerlich empor! (Schläft wieder ein.) „ Pietri. Träumt diesmal heiterer, ſchreckt mich nicht wieder Mit wirrem Schlafgetriebe! — Sprach er nicht Schwer wie ein Fiebernder? — Soll Frankreichs Aar Entfedern — wenn das nur nicht Deutſchlands Krähen Beſorgen. Wär' er krank? — Ich ruf' den Arzt. (Pietri ab und kommt mit Conneau zurück.) Pietri. Conneau. Pietri. Zu Bett iſt ſeiner Majeſtät Gebilde Nicht zu bewegen und im Stuhl macht er mir Sorgen. Conneau (vor ſich). Was in Spitälern täglich uns gelingt, Darf im Palaſte hier uns nicht gelingen; An den gekrönten Häuptern ſcheitert unſere Kunſt. Das freie Herz, der leichte Sinn, die treu'ſten Geſellen der geſchickten Hand erlahmen, Und all die weltberühmte Chirurgie Iſt in der Urzeit Schoß zurückgekehrt. — Er geht dem ſicheren Verfall entgegen. Er dauert mich; von Hunderten umgeben, Bewacht ihn doch kein liebeſorgendes Gemüt. Was nützte ihm die Ehe, was die Frau, Und was das Kind? Der Dreien keines hat Ihm Liebe eingebracht; vielleicht noch Haß. Ein ſeltnes Tier ſcheint er zu ſein, das man Gepaart, daß ſeine Art erhalten bleibe 1* . Und das man pflegt, weil teuer man's erſtanden. — Nun denn, zurück zu meinem Amtsgedanken. — Was ſchuld ich Frankreich? — Wahrheit über ſeinen Muß ich fie geben? — Dien' ich ihm dadurch? — [Kaiſer. Der Kaiſ'rin trau' ich nicht, ſie darf die Schwere Der Krankheit nicht erfahren, ſie iſt lüſtern, Und könnte die Regierung an ſich reißen. (Zu Pietri.) An dem Verordneten iſt nichts zu ändern; Braucht Euch auch weiter keine Sorgen machen. (Conneau und Pietri ab.) Napoleon. Die Stimmen der betrogenen Republikaner. Napoleon c (im Schlafe). Gott gab mir Recht, daß ich die deportiert, Die ſich in meinem Staat hervorgewagt. Frankreich bin ich, ich bin mein Eigentum, Und dieſes will ich nun von neuem ſäubern. Wer kaiſerlich nicht handelt, wird gerichtet, Wer kaiſerlich nicht denkt, kommt zur Armee Und muß für's Vaterland ſich tapfer ſchlagen, Das ſeine Grenze weit nach Oſten rückt. Frankreich muß über Nacht Europa heißen, Paris muß der Kulturen Puls bedeuten und Ich muß das Lichtmeer aller Staaten ſein. (Die Stimmen der betrogenen Republikaner haben ſich bei den letzten Worten allmählich erhoben; es erſchallt ein beängſtigendes Gelächter.) EN 0 VER Die Stimmen. Fluch Deinem feiſten, laſterhaften Maule! Fluch Deiner falſchen kaiſerlichen Würde! Fluch Deinem Glück, das Dir, dem Räuber, treu blieb! — Du haſt den freien Staat die Treu' gebrochen, Du haſt die Menſchenrechte bloßgeſtellt, Du haſt Dir treu Ergebne hingemordet, Du biſt der Alp, der ſchon die Sanfteſten erzürnt. Du drohſt mit Tod, mit kriegeriſchem Zwang, Willſt mit Mißmutigen nach Deutſchland zieh'n; Greif nur dahin, die Habgier wird gerächt. So groß Dein Heer iſt, feine Treue iſt gering; Der Fluch der Republik wird Dich zerſchmettern. — Es bleib' den Ländern in der Rund die Krone, Frankreich wirft dieſe Laſt von ſeinem Haupt, Wozu ihm Deine äußern Feinde helfen. Napoleon. O ſeid gerecht; ich war die Wohltat Frankreichs. Ich hab' ſo manches Blutgericht verhindert, Und hab' ſo manche Not vom Volk gewendet. Ich hab' dem Land die Eiſenbahn gegeben, Ich hab' die Heiden der Gironde befruchtet. Ich hab', was Gott ſelbſt nicht gelungen iſt, Die Alpen und die Pyrenäen bewaldet. Ich hab' den Handel durch Verträge Euch geordnet, Hab' Weltausſtellungen zu Stand gebracht, Die aus Paris ein Märchenland gebildet. Ich hab' die größten Staatsbauten errichtet, N et Ich gab dem ärmſten Volk ein Kapital Und pflegte liebreich Kunſt und Wiſſenſchaft. Die Stimmen. Ja, ja, das tateſt Du, jedoch warum? — Um uns zu blenden; das gelingt Dir nicht. (Die Stimmen verſtummen nach einem beängſtigenden Gelächter.) Napoleon (traumverloren). Die Republik iſt los, Pietri, Hilfe! Beeidige die Garderegimenter, Und ruf' zum Krieg! Ruf' laut im ganzen Land! (Pietri tritt auf.) Napoleon. Pietri. Pietri (Napoleon Medizin reichend). Sire, davon nehmt, s'iſt Eurer Aerzte Rat! Und geht zu Bett, s'iſt Eurer Aerzte Wunſch! Napoleon. Die Wachen ſchlafen, überall ſind Feinde. Pietri, weck' die Garde, jag' mit ihr Die längſt enthaupteten Empörer fort! Pietri. Sire, friedlich iſt der Nacht Regentſchaft, Und keine Seel' verſucht die Ruh' zu ſtören. Napoleon (gefaßt). Wenn niemand ſtört, warum ſtörſt Du dann mich? — Pietri. Sire, geht zu Bett, Ihr tut's für die Geſundheit. \ Be er . Napoleon. Geh' Du zu Bett, fühlſt Du Dich krank und müde, Ich kann die Quelle dieſer Kraft entbehren. Geh', geh', erreg' nicht Deines Kaiſers Zorn! (Pietri ab; Napoleon ſchläft wieder ein.) Napoleon. Es gibt kein deutſches Reich, es gibt nur Preußen, Das mir das Rheinſtück zugeſtehen muß. Es kann dafür ſich, was ich ihm erlaube, Ein kleines deutſches Königreich erobern. Vielleicht, daß ich dann Belgien noch begehre. Gebt ihr es willig, hat die Welt den Frieden, Doch wehe, wenn ihr Schwierigkeiten macht! — Franzoſen vor! Es fand zur Herde ſich Die Raſſe: Sachſen, Württemberger, Baiern Ziehn mit den Preußen gegen uns Franzoſen. Ein gutes Beiſpiel, eint auch ihr euch, endigt Den Bruderzwiſt, vereint euch Klaſſen und Zieht für den beſten Kaiſer in den Krieg! Erdrückt die Flanken und zerſtreut das Zentrum! — Weh' mir, ich bin verraten und umgangen! Wo iſt mein Heer? Wo bleiben meine Siege? Wo iſt mein Gott, der mich zum Kaiſer machte? — (Pietri tritt auf.) Pietri. Es mahnt der neue Tag ſchon an die Arbeit, Ich hab' die Müdigkeit noch des vergang'nen in mir. — Mein Herr und Kaiſer ſchläft, er rührt ſich nicht, Obwohl er mich auch diesmal aus dem Schlaf geſchreckt. . Als Kaiſer reich, iſt er ein armer Menſch, Der ſelbſt des Bauern Wohlergehn entbehrt. Soll nun der Arme auch die Sonn' genießen, Die lang' die Vagabunden ſchon erfreut. (Er öffnet die Fenſter.) Wie ſie erquickt; mög' dieſe Wohltat auch Mein Herr empfinden! Er bewegt ſich, er iſt wach. Napoleon. Iſt das Gewitter ſchon vorbeigezogen? — Pietri. Nichts war von einem ſolchen zu vernehmen. Die ganze Nacht hindurch gab's keine Störung. Seht ſelbſt; das Firmament iſt lieblich blau. Napoleon. Dein lieblich Blau, es trügt; es wetterte, Und weitere Gewitter ſteigen auf. — Hab' eine fürchterliche Nacht verbracht; Ich wag' es nicht mein Frühſtück zu verlangen. — Geſund wollt' ich am ganzen Körper ſein Und friedlich meine Staatsgeſchäfte führen. Ja, glücklich möcht' ich wieder einmal ſein! Vergeſſen wollt' ich jede große Sorge! — Geh', Pietri, zweimal fleht mein Herz um Liebe; Die Mutter und das Kind will ich um mich! — (Pietri ab.) Könnt' ich das Zimmer hier in eine Flur Verwandeln, könnt' ich Frühlingszauber ſtreun, Ich würde einen zweiten Sommer machen, 1 A n ae u" vr RN RER Um Frankreichs ſchönſte Kaiſ'rin zu erfreun! 5 Sie kommt, ich fühl' ihr ungeſtümes Nahn, Und ihr folgt meines Stammes Ewigkeit. (Eugenie und Lulu treten auf.) Napoleon. Eugenie. Lulu. Napoleon. Weil ich Dich nur wiederſehe, Götterſchönes Weſen Du, Luft verichaffit Du meinem Herzen, Meiner Seele gibſt Du Ruh'. Das vermochte keine Sonne, Das vermag kein ferner Stern, Das vermagſt nur Du, Geliebte, Meines Lebens ſüßer Kern. — Du ſchweigſt und ſchmollſt nach meiner Herzensgabe? Haſt nicht ein liebes Wort auf Deinen Lippen? Wie ſoll ich mein bedrückt Gemüt befreien, Wenn ſeinen frohen Liederſchatz Du ſchmähſt? — Und Du, Lulu? — Ich kenne Euch nicht wieder. Seid Ihr's, um die ſich meine Sorgen drehn? — Lulu. Ich hab' für mich ein Heldenlied erwartet, Und Du beſingſt Mama mit Liebesſchwüren. Eugenie. Wie Du in dieſer Zeit, wo alles nach Bedeutung ruft, die Zeit dazu nur findeſt? In Preußen drüben wird fürs Feld gerüſtet; Napoleon iſt in ſein Weib verliebt. BR Napoleon. Wie ſollte anders ich den Tag beginnen? Eugenie. Mit Krieg! Wie Frankreich es ſchon lang erſehnt. Ein jeder Tag des Zögerns iſt Verluſt; Für Preußen unermeßlicher Gewinn. Weit ſind ſchon ſeine Vorbereitungen Gediehn und unſere Armee wiegt ſich In leichtfertigſter Müſſigkeit. Denk doch An Deinen Sohn, der in die Mannesjahre Bald treten wird und der noch keinen Schuß Aus feindlichem Gewehr vernommen hat. Schon ſeine Kindheit ſollen Schlachten zieren, Als Jüngling muß er Frankreichs Herrſcher ſein Und Mann einſt, wird er Deinen Oheim rächen. Napoleon. Wird er's? — Laß Dich umarmen gute Mutter! Eugenie (die Liebkoſung zurückweiſend). Er wird's, wenn Du mit ſeinem Ruhm beginnſt. Und dazu bietet ſich Dir eben jetzt Gelegenheit. Du brauchſt nicht dulden, daß Die deutſchen Ketzer ſich des frommen Spaniens Bemächt'gen. Strafe dieſe Kronengier! Ein jeder Bürger wird Dich dafür preiſen. Greif ein und jeder Chriſt wird Deine Schritte ſegnen. Schlag' Preußen nieder und Du haſt für ew'ge Zeiten Die Kirchenſtaaten unſ'res Gottes für Dich Und Deinen Stamm erobert! Fürchte nichts; ARE Kriegsluſtig iſt das kaiſerliche Heer; Der Feind iſt ſeit Jahrtauſenden gehaßt, Iſt ſchlecht bewaffnet; Spielzeug trägt er ſtatt Gewehren, Du dagegen haſt Chaſſepots Und tauſend unnahbare Mitrailleuſen. Gibt es da noch etwas zu überlegen? — Napoleon. Wohl noch die Frage, ob ganz Frankreich, wie Der Kaiſer denkt? Ob die Republikaner Die kaiſerlichen Schritte nicht verkürzen? Eugenie. Auch der Republikaner iſt Franzoſe. Iſt er in innrer Politik auch wider Dich, Wird er Dich gegen Deutſchland doch beſchützen. (Vor ſich.) Was nützen meine Worte, er iſt krank Und ſchwach. Kaum daß er mich vernimmt; ein Zuſtand, Der die Regierungsfähigkeit ihm nimmt. — Wo könnte ich da auf Verſtändnis ſtoßen? — Napoleon (nachdem er längere Zeit nach oben geſchaut). Lulu, mein Kind, haſt Du zu mir Vertrauen? Kannſt Du in mir ein Lebensbeiſpiel ſehn? Hängſt Du mit Lieb' an mir, wie an der Mutter? — Lulu. Wenn Du bedenkſt und ſchweigſt nnd traurig ſchauſt, Iſt's immer mir, als müßte ich verzweifeln; . Doch wenn die Mutter voll Begeiſt'rung redet, Wächſt in mir Heldenmut und ich bin glücklich. Napoleon. Deswegen iſt die Mutter Dir auch lieber? Lulu. Das nicht; doch lieber iſt mir ihr Verſprechen. Napoleon. Wer Dir verſpricht, hat Dir noch nichts gegeben. Wer hat, der gibt; Verſprecher gäben gerne, Was ſie im Augenblick nicht haben und Von dieſem bis auf den erſehnten Tag Liegt doch das umgeſtaltende Gewoge Der Zeit. — Erfahr' nun meinen Reichsgedanken. — (Verbleiben im Geſpräch.) (Conneau tritt auf.) Dieſelben. Conneau. Eugenie. Ah, Doktor, Ihr ſeid meiner Rechnung Zahl. Conneau. O wäre auch ſchon der Erfolg verbürgt. Oft irrt der Rechnende, oft täuſcht die Zahl, Oft macht die Zeit verneinend einen Strich — O, daß zu meinem Glück uns nichts zuwider laufe! . Eugenie. Ein guter Arzt, beherzt und mir ergeben — Unartiger — wohin habt Ihr mich denn Verleitet; Eure Pflicht habt Ihr zu tun; i Die Sorge um das Wohl des Kaiſers plagt mich. — Heut' hat er mir gar ein Gedicht gemacht. Connecau. Das Wohl des Kaiſers, nicht das Wohl des Gatten? Eugenie. Des Kaiſers Wohl, da ich die Kaiſ'rin bin. | Conneau. Die Lieb', mein' ich, ſpricht nicht in Titeln an. Eugenie. Wie ſchlecht verſteht Ihr doch das Frauenherz, Das ſeine Liebe ſtets mit Pracht vereint. Conneau. Bin Arzt, nicht Höfling, Majeſtät, dt Eugenie. Vielleicht im Anhang unſrer Unterredung. — Was fehlt dem Kaiſer? Sprecht Euch endlich aus. Conneau. Die Wiſſenſchaft weiß nicht ſehr viel darüber. Eugenie. Faßt Euch nur kurz und gebt die Diagnoſe! Conneau. Das Alter äußert ſich, nichts weiter, Majeſtät. Eugenie. Und kann die Aeußerung ihn nicht erdrücken? Conneau. Kann, kann; er kann noch fünfzig Jahre leben. PB, |): ya Eugenie. Noch fünfzig Jahre, das bei dieſem Zuſtand? Conneau. Sein Zuſtand wird ſich beſſern, wie wir hoffen. Eugenie. Wenn Ihr das wißt, ſo kennt Ihr auch die Krankheit. Conneau. Wir fragen überhaupt zu viel nach Krankheit; Die Zeit vergeht, mit ihr, was ſie gebildet; Doch der Verfall iſt nie vorauszuſehn. Eugenie. Da Ihr ſchon das geſteht, könnt Ihr auch noch Die Zeichen der Vergänglichkeit benennen. Conneau. Die Sorg' iſt's, die das Oberhaupt bedrückt. Und dieſe kann der Gattin Lieb' erleichtern, Wie Pflege ihm die Schmerzen lindern kann. Eugenie. Wenn aber die Verordnung ihren Zweck verfehlt? Conneau (gereizt). Wenn dieſe dennoch unterbleiben ſollte, Iſt unſers Kaiſers Leben auch noch nicht bedroht. Eugenie (heftig). Habt Eures Wort's Gewicht Ihr auch bemeſſen? Conneau. Ja. Was Ihr denkt, hat mich dazu berechtigt. 15 Eugenie (zu Napoleon, dem ſie ſich raſch genähert). Der Arzt iſt hier. Bedarfſt Du ſeines Wiſſens? Napoleon. Wo Deine holde Stimme mich umſchmiegt, Wo Deine ſüßen Blicke mich umgeben, Dort kann der Arzt ſich ſorgenlos entfernen, Denn Du biſt wohl die beſte Medizin. Ben: ab, nachdem er mit Eugenie verſtändnisvolle Blicke getauſcht.) Napoleon (zu Eugenie). Belohne mich mit einer Zärtlichkeit! Eugenie. Du haſt noch nichts für meinen Wunſch getan, Der unerfüllt mein Herz zu brechen droht. Lulu. Ahnſt Du es nicht? Der Krieg iſt ſchon geſichert. Der öffentlichen Meinung Zweifel iſt nur Ein notwendiges Spiel der Diplomaten. Eugenie. Jetzt komm' an meinen Hals; hab' Deine Frau, Die Dich und den Entſchluß zu würd'gen weiß. Napoleon. Mög' alles auch getreu zuſammenhalten! Mög' Kirche, Gott und Heer für uns jetzt walten! (Eugenie und Lulu ab.) Napoleon. Mit Eugenie würd' ich mich gern noch freuen; Die Kriegesfreude iſt bereits verrauſcht. — Er Was iſt's, das mich bedrückt? Was dämpft mein Weſen? Was fürchte ich? Was flößt mir Schwäche ein? Hab' ich denn wirklich etwas zu befürchten? Ruft man nach Krieg mit zitternder Gebärde? Muß ich die ſchreckliche Trompete blaſen? Ich hab's verſprochen und man rechnet auf Mein Wort. — Man rechnet auch auf Gottes Wort Und doch bleibt oft die Ernteſonne aus. Lulu, will Deine Mutter wirklich auch das Beſte? (Gramont tritt auf.) Napoleon. Gramont. Napoleon. Vergebens ſuch' ich Staatswahrheiten Eurem Geſichte abzuleſen; nichts verrät es. Vergebens ſuche ich darauf ein Bild der Seele, Auf deren Wogen meine Schiffe warten, Zu finden; nichts werd' ich gewahr. So ſprecht Doch endlich, herzogliches Maskenbild! Ich hab' den Krieg verſprochen; gebt mir Grund Mein Wort mit Recht und Pflicht zu widerrufen. Ich zittre vor dem Krieg, den ich erſehnen möchte, Wüßt' ich, daß wir Franzoſen auch gewinnen, Welch Glück die Friedensfreunde nicht erwarten. Gramont. Der Krieg iſt aller Monarchien Rückgrat; Für Euch iſt er ein Eichenſtamm, auf dem Die zarten Epheuranken Eurer Krone In Staats- und Wetterſtürmen eine Stütze finden. e Napoleon. Was aber, denkt doch, wenn die Eiche fällt? Gramont. Das ewige Bedenken. Können wir zurück? — Eu'r Jugendtraum iſt dieſer Krieg geweſen, Seit Jahren arbeiten wir darauf hin, Ganz Frankreich iſt in brennender Erwartung, Ein jeder Bub' hat ſchon ſein Meſſer ſcharf gemacht, Und Ihr wollt weichen? Wollt dem kriegeriſchen Franzoſen ſeinen Freudentraum zerſtören? Habt ſeine Hand zum Schlage Ihr gehoben, Müßt Ihr ihm ein Objekt auch eh'ſtens ſtellen, Soll er ſich nicht an Eurem Leib vergreifen. Die todesmut'ge Nation verſorgt Das Schwert nicht nach marktſchreienden Paraden; Sie wird ſich nicht mit dem Verdruß begnügen, Sie wird Euch prüfen und als Schwächling Euch vernichten. Wo nun liegt mehr Gefahr, im Krieg mit Preußen, In dem mit Euch der deutſche Süden kämpfet, oder Im Frieden, den das Reich nicht mehr erleidet? Napoleon. Habt Recht. Ihr habt mich wieder neu beſtärkt. Doch kann ich mich auch auf das Heer verlaſſen? Gramont. Sire, Ihr beleidigt, die ſich aufgeopfert. Denn Frankreichs heutige Armee iſt tücht'ger, Als jene aus der Zeit der großen Kriege. v. Siengalewiez, Napoleon der Dritte. 2 e Und ihre Waffen würden ihres Gleichen Vergebens ſuchen. Laßt ſie nur ins Feld Und Eure Sorge um den Sieg wird ſchwinden. Napoleon (aufgerichtet). Genieße ich die Liebe aller Truppen? Gramont. Und wäre das jetzt auch noch nicht der Fall, So ſeid Ihr jedes Mannes Liebe ſicher, Sobald Ihr den erſehnten Krieg erklärt, Den Ihr erklären müßt, da eben Benedetti Zu Ems vom König abgewieſen wurde, Nachdem er ihm beſtimmt erklärt hat, auf Den ſpan'ſchen Thron nicht gänzlich zu verzichten. Ihr ſehet nun, auch das habt Ihr erwirkt. Napoleon. Der Krieg iſt zur Notwendigkeit geworden. Sadowa, Spanien und ſchließlich ich. Wir müſſen Halt gebieten. Glück berauſcht; Gehn wir daran die Räuber zu ernüchtern. — Jedoch die unzufriedenen Franzoſen? — Gramont. Im Augenblick des Kriegs iſt die Gefahr Vorbei; denn dieſes Element ſucht Lärm Und Wirren, die im Krieg es ſattſam findet. So wirkt der Krieg nach beiden Seiten heilſam Und überträgt die Weltherrſchaft an Euch. a a ee ER Napoleon. So will ich denn in Kriegsbewegung atmen, Und mit dem Hauch den großen Brand entzünden. Flammt ſtoffverzehrend auf, ihr Feuergarben, Begeiſtert krafterzeugend mit dem Lichte, Und ſammelt in der Glut die reichen Schätze, Die wir als Ernte dieſer Saat erwarten! — Rechtfertigt mich nun vor den Volksvertretern, Bewegt Ollivier für den Kredit, Und ich will, auf Bazaine geſtützt, den Plan entwerfen! (Vor ſich.) Glückſtrahlend macht ihn, was mich ſchwer bedrückt; Bin ich zu ſchweren Muts? Iſt er zu leicht? — Ich wollt', ich trüg' den Irrtum in der Bruſt! Salon in den Tuilerien. Eugenie. Ihr Gefolge. Leboeuf. Bazaine. Douay. Mac Mahon. Froſſard. Trochu. Offiziere. Damen. Eugenie die Geſellſchaft betrachtend). So ſchön ſah ich noch nicht das Antlitz Frankreichs, Das eine Jugendquelle übergießt; Hochzeitlich iſt es für den Krieg geſchmückt. Vor allem krönt Verſtändnis ſeine Stirne, Weltſchöpfend glüht in ſeinem Aug' die Liebe, Und die Ergebenheit dämpft höflich ab. Für immer ſcheint die Furcht verſcheucht zu ſein, Und wahrt nur halb ein Jeder ſeinen Glanz, So hat das Kaiſerreich nichts zu befürchten. (Beifall und Rufe: „Es leb' die Kaiſerin!“ „Es leb' Napoleon!“ 2* . Mac Mahon. Mit Euch ſind alle Götter, Majeſtät. Ihr habt für Frankreichs Krone nichts zu ſorgen. Bazaine. Sorgt dennoch; denn die Götter ſelbſt, die Euch Umgeben, können gnadenweiſe Euch die Krone tur ſolang' überlaſſen, als ſie ſelbſt Sich des Beſitzes freu'n und dieſer iſt Nicht feſt in ihren Händen. Alles nun Auf dieſen Zirkelkreis zu ſpielen, wäre töricht. Setzt deshalb auch ein Kleines auf den Teufel, Denn der iſt's, der mit Göttern öfters tauſcht. (Zuſtimmung und übermütiges Lachen.) Trochu (vor fi). Wie meint er das; hätt' er das Volk im Auge? Eugenie. Ihr lacht und ſcherzt ganz auf Euch ſelbſt geſtützt; Merkt nichts vom Mißvergnügen Eurer Kaiſ'rin? Bazaine. Was, Euch zu dienen, meinem Herzen ſich entrang, Kann nichts Beleidigendes in ſich tragen, Und nochmals wiederhol' ich meine Mahnung. (Zur Geſellſchaft.) Mög' ſich Ei ein ernſtes Walten knüpfen! Rufe. Ihr habt mißfallen. Ziehet Euch zurück! EEE Eugenie (zu Bazaine). Nicht Eure Abſicht; mein Gefühl entſcheidet, Das ſolche Anwürfe am Hof nicht duldet. Von Gott auf dieſe Fließen hergeordnet, Vertrauen wir auf ſeinen Glauben und Auf ſeinen Willen, der die Krone Frankreichs Für uns betreut. Erfaßt Ihr dieſe Gnade? — Ein Lächeln zwingt mir Eure Drohung ab. (Alles lacht.) Bazaine. Wohl, mein' ich, wär's nicht an der Zeit zu ſpaßen. Eugenie (zu Bazaine). Ihr langweilt mich. Ihr trübt die gute Laune. Bazaine. Für Ernſt hat jeder brave Mann zu ſorgen. Leboeuf. Mag dieſer jedes Mannes Zierde ſein, Das zarte Frauenherz iſt nicht ſein Hort. Vielmehr iſt es des Ernſtes Wellenbrecher, An dem auch deſſen Baſe, die Verzweiflung, Zerſchellt. Alſo iſt, was Ihr tadelt, unſre Rettung. Bazaine. Wie aber ſoll der tolle Übermut der Frauen Befruchtet werden, ſetzt die Männlichkeit Ihm keine Grenzen? Krieg ruft Frankreichs Ehre, Die ſchwerſten Sorgen kommen übers Volk, Das ſeine Güter für Euch opfern ſoll 1 Und Ihr beluſtigt Euch darüber, wär's Ein Faſtnachtsſpiel. Wo bleibt des Hofes Würde? Eugenie. Fragt, was Ihr wollt, ſchützt Frankreichs Sorgen vor Im Kampf des Eigennutzes, den Ihr führt; Ich gründe Euch kein zweites Mexiko. (Sie wendet Bazaine den Rücken und geht mit Douay und Leboeuf im Saale auf und ab. Dieſen folgen die Übrigen.) Bazaine (zu Mac Mahon). Riecht nicht die Dirne aus dem Gold heraus, Das hier der Kaiſer luſtverwirrt verſchenkt? Iſt nicht das ganze Reich durch ſie geſchändet, Die das Verdienſt des Offiziers verlacht? Wer würde einer Züchtigung entgegnen, Die ich vor aller Offentlichkeit plane? Mac Mahon. 5 Ihr ſucht mit mir Eu'r Argernis zu teilen, Jedoch iſt mir die Stimmung unerwünſcht. Bazaine. Bleibt! Fürchtet nichts, ich will Euch nur erklären ... Mac Mahon. Nicht nötig; ich weiß nicht, was Ihr geſprochen. Bazaine. Bleibt dennoch; laßt den Kameraden mich genießen! Mae Mahon. Verzichtet, bitt' Euch, augenblicks nicht möglich. TREE 2 FREE Bazaine. Warum nicht? Wahrheit jetzt bei Eurer Ehre! Mae Mahon. Nicht mehr in ihrer Gunſt, um die, mein Glück Im Krieg erwartend, ich noch immer buhle, Kann ich mich nicht gefahrlos zu Euch gliedern. i (Wendet ſich ab.) Bazaine (zu Froſſard). Sagt mir, iſt Mae Mahon klug oder feig? Froſſard. Ich bitt' Euch, laßt mich meine Wege gehn! Bazaine. Ihr zittert auch vor dieſem Weibe dort? Ihr trachtet auch durch ſie zu Ruhm zu kommen? Wankt nur auf dieſem parfümierten Pfade, Wir werden ſehn, was Euch im Feld das Mieder nützt. (Alles weicht in merkbarem Bogen Bazaine aus.) Ihr Beiſpiel hat gewirkt; erbärmliche Erkenntnis dieſer kaiſerlichen Raben. — Wie ſich zu dieſen nun Napoleon verhält, So will den Karren meiner Politik ich lenken. Eugenie. Nur artig, Kinder, die Ihr mitverdient An dem Zuſtandekommen dieſes Krieges ſeid, Wofür Euch ſpätere Geſchlechter danken werden. (Bewegung.) Jetzt gehe ich zum Kaiſer; habt Ihr einen Wunſch? — (Douay neigt ſich an ihr Ohr, Leboeuf küßt ihre Hand, worauf fie nach der einen Seite abgeht und alle anderen bis auf Bazaine nach der anderen Seite abgehen.) . Bazaine. Hochmütiges Gehaben, eitles Schwätzen, Das große Hoffnungen im Kreis verſpricht; Habt ihr ein Pfand, das auch die Einlöſung erwirkt? — Wohl aber hab' ich Machtvollkommenheiten, Die Euch den Dank der ſpäteren Geſchlechter In deutſcher Sprache übermitteln werden. (Trochu tritt auf.) Bazaine. Trochu. Trochu. Jetzt wart' ich nur noch, ob der Hahn das Ei auch brütet, Das er gelegt und das die Henne zeugte? — Sollt' er es nicht? Könnt' er die Rolle wechſeln, Die ihm die Lieb' nach der Erob'rung gab? Da müßt' er erſt ſich mit dem Haß befreunden, Doch läßt die Freundſchaft Eugenie nicht zu. Sie thront, befiehlt, gebietet und gewährt, Wie eben es ihr Nervenſpiel verlangt, Und er, in ſeinem Aberglauben, nimmt Des Weibes Peſtgeruch für Glücksduft hin. Bazaine. Was macht im Selbſtgeſpräch Euch ſo vergnügt? Trochu. Ihr? — Die Beleidigungen der Tuilerien, Die abwechſelnd bald uns, bald Frankreich treffen. Bazaine. Empört darüber würd' ich Euch verſteh'n. 5 . Trochu. Die Dummheit kann Empörung nicht erzeugen, Und ſonſt hat hier Beleidigungen nichts geſchaffen. Und wahrlich, wüßt', was ich weiß, auch der Preuße, Er ließe ſich in keinen Krieg verſtricken; Denn Ehre kann ein ſolcher Kampf nicht bringen. Dem deutſchen König ſteht ein Schatten gegenüber, Dem kriegsgöttlichen Moltke eine Puppe, Und dem geſtählten Heer, ein unzufried'nes Volk. Bazaine. Was ſagt Ihr da von einem Puppenzeug? Trochu. Das iſt es ja, was mich ſo amüſiert — Leboeuf iſt zum Höchſtkommandierenden bereits Ernannt. — Ich wollt' zum Kaiſer, horchte an Der Tür und hörte eben, wie die Kaiſ'rin Das Schlußwort über dieſe Stelle ſprach. Bazaine. Ließ er ſich doch von dieſem Weib betören, Das erſt durch ihn zu Frauenehr gekommen? Man nennt es Liebe und beſingt das Treiben, In Wahrheit aber iſt es Schändlichkeit Und nur ein Meſſerſchnitt könnt' dieſe Beſtie heilen, Die alles für den parfümierten Haarwuchs opfert, Auf den er kaum das eheliche Recht beſitzt. Die Ehr' des Staates iſt an ſie verpfändet, Jetzt geht er dran, auch die Armee ihr auszuliefern. Nein, hier verſagt der ehrgeizige Krieger. . Trochu. Zu tun, was Euer Mann für recht und billig hält, Das wär' in dieſem Augenblick nicht klug. Im Dienſte Euerer Idee, müßt dieſer Ihr dienen und nicht, ein Gekränkter, ſie verlaſſen. Ich rat' Euch, nehmt für dieſen Krieg das kleinſte Kommando an. Ihr wißt, im Kriege wird Getötet; was der Feind nicht tut, das tun Die eignen Leute. Mancher Unbeliebte Wird fallen und — der Teufel ſchläft nicht — endlich Kommt Ihr dran. Ich wart' auch auf meine Zeit, Die mir mehr Deutlichkeit gewähren wird. (Ab.) Bazaine. Er offenbarte ſich, er riet mir freundlich, Und noch dazu mit aufrichtigem Blick. Ja, mehr; fein ganzes Tun ſpricht von Vertrau'n — Das hab' ich noch bei keinem Offizier erlebt. In der Erbitt'rung hat er mich gefunden. War es ein Fehler nicht, daß ich mich finden ließ? — „Ein großes Sterben gibt's im Krieg“. So ſagte er. Und wieder er, riet mir, im Sattel auszuharren. — Und mein beſonnenes Gemüt befolgt. Ein Zimmer im Hauſe Thiers. Thiers. Favre. Gambetta. Picard. Peyruſſe. Thiers. Notlichter muß der gute Sohn entzünden, Unheimlich ſchwarz erſcheint der Horizont, RT. Die Sonne Frankreichs droht ſich zu verfinſtern. Was mühſam für die Menſchheit wir geſchaffen, Soll jetzt der Beſtie vorgeworfen werden. Die Ernte ſoll ein wilder Trieb vernichten Und auf den weiten blüh'nden Feldern, Soll Mord und Tod ein Wettſpiel unterhalten, An dem ſich eine Eugenie erfreu'n will. In liebesgeometriſchem Geſtalten Bezwang Napoleon die Diplomaten, Zu dieſen fanden ſich die buhlende Nobleſſe, die Geiſtlichkeit, die weit'ren Paraſiten Der Krone und das unmündige Volk. In dieſer Anmaßung liegt die Gefahr. Doch da der Irrtum in der Mehrheit liegt, So können wir, die Minderheit noch immer Das Unheil von uns wenden, wenn es uns Gelingt, die ehrlichen Gemüter in Der Kammer für die Kriegsverneinung zu gewinnen. Bleibt deshalb einig, brandmarkt die Leichtfertigkeit, Mit der die Hofpartei den Krieg betreibt, Und ſtimmt einmütig gegen den Kredit! Gambetta. Ich bleibe, wer ich war, der Fünfen einer, Werd' Rechenſchaft, wie Ihr, von allen fordern, Doch die Kreditbewilligung vernein' ich nicht; Denn dieſer kaiſerliche Krieg mit Deutſchland Iſt unſre langerſehnte Republik. Thiers. Auch wenn Napoleon die Preußen ſchlagt? Gambetta. Vereint mit Süddeutſchland? — Napoleons Traum, Der ſeine Freunde ihm erhalten hatte, Doch der ihn ſtürzen wird. So groß der Streit Im deutſchen Neſte iſt, von den Franzoſen Weiſt der Bedrückteſte die Hilfe ab, Weil ſie dem deutſchen Bruder ſchaden würde. So ſehr einander ſie ſich haſſen, Haß Der fremden Nation wird ſie empören, Und alle Waffen, die ſie gegen ſich Geſchärft, verkehren ihre Spitzen, um Den Eindringling in ihrer Wut zu treffen. Thiers. Und wenn Napoleon ganz Deutſchland ſchlagt? Gambetta. Das wird das kaiſertreue Heer erſehnen, Das Heer der Republik jedoch wird es verhindern. — Ich ſelbſt will da noch mit Bazaine verhandeln — Er iſt, ſo hör' ich, in den Tuilerien, Von Eugenie und von dem ganzen Hof Sehr ſchwer beleidigt worden. Außerdem Trennt die Befehlsentſcheidung ihn vom Kaiſer. 5 (Bewegung.) Verwickeln wir das Reich nur in den Krieg Mit Deutſchland, wie's der Kaiſer will; der wahre Franzoſe wird ſich mit dem Preußenkönig Verbünden. Preußens Sieg iſt Frankreichs Rettung. (Starke Bewegung.) er TE, WI en N * N Thiers. Mich ſchaudert es vor dieſem Plane, Freunde. Ich lieb' mein Vaterland, ich liebe Frankreich, Ich möchte keinen deutſchen Sieg erleben. Stürzt Ihr die teure Erde ſchon in einen Krieg, Müßt Ihr des rechten Sieges ſicher ſein. Vom Joch ſoll Frankreich ſich allein befreien. Das Herz des Landes gebe ich nicht preis, Dem Erbfeind will ich nichts zu danken haben, Will es mit keinem Sumpf entſchäd'gen, nein, Ich geb' mein Vaterland dem Feind nicht hin. Favre. 's iſt auch nicht nötig, das beſorgt der Kaiſer. Thiers. Sprecht nur dagegen, handelt wider ihn, Stürzt Ollivier, vielleicht ſtürzt Ihr ihn mit, Und unſer armes Frankreich hätte Frieden. Gambetta. Gelang es uns nicht, jene Maſſen vor Der Anſammlung zu überwältigen, Wird ſicher es uns wen'ger noch gelingen, Die ſtürzende Lawine aufzuhalten. Ein Leichtes iſt's jedoch, das rollende Verderben zu beſchleunigen und nach Der kaiſerlichen Kataſtrophe, aus Den Trümmern Quaderſteine aufzuleſen, Mit welchen wir die Republik begründen. Es wäre töricht anders zu verfahren, 3 Es wäre kleinlich Ollivier zu bekämpfen, Denn er in ſeiner blinden Kaiſertreue, Stürzt dieſen, ſtürzt ſich ſelbſt und rettet uns. Ein Abtrünn'ger, iſt er uns dienlicher, Als es ein Gegner des Kredites ſein kann. Peyruſſe. Ihr ſeid ein ſchlechter Patriot, Ihr fragt Nicht um die Größe Eurer Republik. Wißt Ihr, wieviel Euch Preußen laſſen wird? Gambetta. Was mit dem Kaiſer wir im Krieg verlieren, Das wird das Heer der Republik zurückerobern. Thiers. Krieg ohne Ende, nein und nimmermehr. Picard. Wer ſoll dazu Euch die Soldaten ſtellen? Das wär' ein Fluch auf Frankreichs freien Bürgern. Favre. Auf einen Schlag wird der Franzoſe ſich Nicht ändern. Er war immer kriegeriſch Geſinnt, er wird als freier Bürger auch [ſchmälert. Zum Schwerte greifen, wenn man ſeinen Boden Gambetta. Er wird es gern. Euch aber, Thiers und die Noch widerſprechen, Euch fehlt ſchon die jugendliche Begeiſterung für Frankreichs Neugeſtaltung. BEN A Thiers. Begeiſterung für einen Trümmerhaufen, Der Frankreich einſt und einſt Paris geheißen? Wahrhaftig, nein, die hab' ich nicht. Mich haben Frankreichs Kühe groß geſäugt, Mir hat Paris ſein Wiſſen abgegeben, Mich haben Frankreichs Reben alt gemacht, Und mich erhält nur noch die Schönheit Frankreichs. Ein ſolches Kind iſt dankbar über alles Und läßt die Heimat nicht ſo leicht, für ein Verſprechen ohne Bürgſchaften, zerſtören. Picard. Wenn Frankreich wieder ſtürzt, dann ſtürzt es tief Und wer könnt' es aus dieſem Abgrund retten? Gambetta. Ich, Freunde, ich mit meinem Anhang. Glaubt, Ich habe alles vorgeſehn, ich habe Gewiſſenhaft das Land geprüft und fand, Daß es auch dieſe Prüfung noch beſtehen wird. Thiers. Wer wollt' die letzten Kräfte ihm entwinden? Favre. Zürnt doch darob Napoleon; wir haben nichts Mit Eugenie gemein. Sie hat den Krieg Gezeugt, der nicht mehr abzuwenden iſt. Thiers. Iſt auch das Furchtbarſte ſchon auf dem Weg, So ſoll die edle Oppoſition, ER Ba Nicht auf der Seite deren ſtehen, die dem Barbarentum die Wege ebnet. Wer Den ungeheuren Kriegskredit genehmigt, Iſt ein Geächteter des Weltgerichts. Vorhalle im Hauſe des geſetzgebenden Körpers. Volk. Das Volk. Krieg oder Frieden? — Wie habt Ihr entſchieden? — Gebt uns die notwendige Löſung kund! — Verpflichtet ſeid Ihr zur Verſtändigung! — Rechtfertigt Euch vor Euren Wählerklaſſen! — Befriedigt unſer durſtiges Verlangen, Eh' uns die Ungeduld zum Ernſte treibt! — (Ein Deputierter tritt auf.) Volk. Der Deputierte. Deputierter. Herz hoch, Ihr Freunde, alles iſt bewilligt, Der Krieg und der Kredit. Zu Eurem Mut Geſellt ſich jetzt das Kriegsglück, das dem Wohlſtand Nicht widerſtehen kann. Verſchwend'riſch rollt Das Gold aus allen Kaſſen, klingend kommt Es in die Taſchen der Soldaten, die In dieſem Kriege ſelbſt zu Göttern werden. (Jubel,. Weh' Deutſchland, wagt es ſich an unſre Grenze! Zu Staub mit ſeinem König, der zu Ems Wie einen Bettler, Benedetti abwies, RE Als er ein deutſches Recht auf ſpan'ſchen Thron Beſtritt! Und da gab es noch Stimmen gegen Den Krieg. Doch dieſe Feiglinge und Staatsverräter Sind tief gebeugt. Und findet dennoch Ihr Solch einen Schreier, dann lehrt gründlich ihn das Schweigen! (Jubel; Deputierter ab.) (Thiers tritt auf.) Das Volk. Thiers. Das Volk. Auf nach Berlin! — Auf! — Nieder mit den Preußen! — Tod, allen Friedensheuchlern! — Hoch der Krieg! — Thiers. Weh' Euch, Barbaren! Schänder Frankreichs! Rächen Wird dieſer Tag an Euren Kindern ſich. Erpreſſer, die Ihr Hunderte bezwungen, Mich ſchreckt Ihr nicht, ich tue meine Pflicht. Zehn Kehlen ſtimmten gegen Eu'r Verlangen, Die Zehn ſind auf das Wohl des Staats bedacht. Das Volk. Verräter, Ihr! — Zu Tod mit Euch, Ihr Schurken! — Thiers. Wohlan, beginnt mit mir! Ich bin Euch dankbar, Denn wo das Volk ſich ſelbſt vergeſſen hat, Verdrießt es ſeinen Freund, noch fortzuleben. (Das Volk, das immer drohender an Thiers herankam, flieht endlich lärmend.) v. Se e Napoleon der Dritte. 3 FEN AS RR — Thiers. Genugtuung hat mir der Augenblick gegeben; Am Wege von der Abſicht zu der Tat, Hat dich ein zahmeres Gefühl ereilt, Das in dem Lichte meiner Friedenslieb' erſtand. O blendende Empfänglichkeit des Volksgemüts, Schlecht kamſt du an; umarmt, geküßt, befruchtet Hat dich der Staatsdämon; wärſt an die Güte du Geſtoßen, du wärſt gut und du wärſt friedlich. (Ab.) (Bazaine tritt auf. Von der anderen Seite kommen Trochu und Gambetta, die Hand in Hand über die Szene ſchreiten und wieder abgehen.) Bazaine. Die Monarchie fand ſich zur Republik; Zwei Frauen ſind es, im Geſpräche eifrig Und mit der Herzlichkeit nicht allzu ſparſam. Verfehlt wär's, mit Bedeutung hier zu rechnen. (Gambetta kommt zurück.) Er kommt zurück, er ſcheint ſich mir zu nähern — Wär' eine ſpeichelreiche Spinne er, Auf frühherbſtlicher Wand'rung? Flöchte dieſe Verſtrickend ein Geweb' auf neuem Boden? — Schon rollt ſie ihre Fühler auf und ſinnt. Gambetta. In ernſten Zeiten ſchwinden Vorurteile, Die in des Friedens Langweil' ſich gebildet. Geſünder ſind die Lüfte, freundlicher Die Herzen und ertragreicher des Landes Schooß. 3 Der Menſch ſucht bei den Menſchen Schutz und Hilfe, Der Bruderzwiſt erliſcht in jeder Form, Und nähern kann man ſich auch ſeinen Gegnern. Bazaine. Sonach wär' Deutſchland Euer einz'ger Feind, Und Ihr wär't ein Verbündeter des Kaiſers. Gambetta. Ja. In gewiſſem Sinn bin ich des Kaiſers Und ſuch' mit Recht nach ſeinen Offizieren. Bazaine. Sofern Eu’r kaiſerlicher Sinn Euch nicht Von dieſen drängt. — Im übrigen: Ihr wollt? — Gambettta. Laßt meinen Willen im Geſpräch erhärten! Bazaine. 6 Habt kein Vertrau'n zu mir, wie ich bemerke. Gambetta. Wohl trau' ich meiner engbemeſſ'nen Sehkraft nicht, Doch um ſo beſſer iſt mein Ohr geübt, Das mich zu weiterem Verbleiben mahnt. — Was iſt, das hat für uns nur wenig Intereſſe Und könnte mit dem Schickſal uns verſöhnen. Jedoch, was ſein ſoll und was werden wird, Zwingt uns zu Wachſamkeit und regerem Gehaben. Der Krieg, den Übermut und Unverſtand Heraufbeſchworen haben, iſt für uns Republikaner ein notwendiger ER N NE Behelf geworden. Ihr erſeht daraus, Wie weit wir mit dem Kaiſer einig ſind; Nur daß wir uns in der Erwartung unterſcheiden. Er ſichtet nach den beſten Offizieren, Und wir ſind froh, daß er den beſten abwies. Er wähnt, die Nation für ſein Heil zu bewaffnen, Und wir ſind froh, daß er ein Volksheer ſchafft. Er wünſcht zu ſiegen, hofft fein Kaiſerreich Neu zu erheben, wir hingegen hoffen, Auf einen deutſchen Sieg, der uns befreien ſoll. Bazaine. Es ſcheint, als ruft Ihr mich um Hilfe an; Allein ich habe keine Macht, um hier zu wirken. Gambetta. Hier trennen wir uns abermals vom Kaiſer Und geben Euch, was er Euch vorenthalten. Bazaine. Erhebendes Verſprechen, Argwohn weckſt du. | Gambetta. Bezweifelt alles, aber rechnet dennoch. Mit ihrer Allmacht wird die Oppoſition Für Euch als Oberbefehlshaber eintreten; Und ſeid bereit, nach kleinen Mißerfolgen Leboeufs, ſeid Ihr an ſeine Stell' berufen. Bazaine. Und dann? Ich bitte Euch, ſprecht noch das Schluß— wort! — 37 — Gambetta. Und dann dürft kleine Siege Ihr erfechten, Den Krieg jedoch, den dürft Ihr nicht gewinnen. Bazaine. Sprecht deutlich — ich ſoll Euch die Republik errichten? Gambetta. Was danach kommen ſoll? — Ich weiß es nicht; Doch die Notwendigkeit erkenn' ich, daß Das Kaiſerreich Napoleons fallen muß. Und nachher kann, wer ſtark iſt, ſich erheben. (Bei Seite.) Und das ſind wir, die freie Republik. Bazaine (vor ſich). Der Boden ſchwankt bedenklich auf und nieder. — Wie du geworden biſt, Napoleon, Sollſt du vergehn — durch einen Staatsſtreich, den Ich mit republikan'ſcher Macht verübe, Dir meine Intereſſen gegenüberſtellend. (Zu Gambetta.) Ich weiß von keiner Unterredung zwiſchen Euch Und mir — verſteht mich recht — ich habe nie Mit Euch geſprochen — merket auf — ich kenne Euch nicht, und ſollte je ein Kriegsereignis In Eurem Sinne zu verzeichnen ſein, So hat es nichts mit unſerem Geſpräch gemein. Gambetta. Beſchäftigt wie ich bin, taucht mein Geſpräch Nie nach bereits Vergangenem zurück. Br Von Mann zu Mann, wie ich gewöhnlich eile, Treibt mich ja ſtets ein neugebornes Wort, Das nie an die verklung'nen Reden mahnt. Und werd' von Zeitungsſchreibern ich befragt, So leitet mich mein Wunſch und nicht die Frage. Beginne nun das Frühlingsungewitter, Zertrümm're es des langen Winters Reſte, Und falle, den das Kleid der Jugend nicht beglückt! (Bazaine will gehen.) Ein Wort noch: Sollt ein Umſtand alles Euch vergällen, Dann rechnet auf das Herz der Republik, In dem ein Platz Euch freigehalten wird. Napoleons Arbeitszimmer. Es iſt Tag. Napoleon ſchläft im Stuhle. Volk (hinter der Szene). Es leb' der Friede! — Tod den Friedensbrechern! — Wir gehen nicht! — Es leb' die Republik! — (Pietri tritt auf.) Napoleon. Pietri. Pietri. Verhetzte Horden. — Majeſtät, erwacht! Napoleon ſſcchlaftrunken). Mich hat ein fürchterlicher Traum geplagt. 8 Pietri. Getäuſchte Majeſtät, die im Erwachen Glaubt, daß das Böſe überwunden ſei. Napoleon. f Wie, Dein Geſicht zeigt ſich mir ſchreckerfüllt? — Bin ich für Böſeres erwacht? — Was gibt's? — Pietri. Vor Eurem Schloſſe ruft man Euch zuwider. Napoleon. Du irrſt; das war ein Traum; es rührt ſich nichts. Pietri. O wollte Gott, daß es ein Irrtum ſei; Ich möcht' darob nicht um Verzeihung bitten. (Sie horchen.) Das Volk (hinter der Szene). Tod denen, die den Krieg erkünſtelt haben! — Verräter! — Volksbetrüger! — Hoch der Friede! — (Napoleon erhebt ſich, ſchleicht an die Fenſter und öffnet eines, durch welches die Unruhe der Straße eindringt.) Napoleon (zum Bolt). Nicht hier wohnt Frankreichs Kriegspartei. Nicht hier Iſt der Beſchluß geworden; in den Kammern. Ich tret' Euch, meine Freunde, nicht entgegen. Macht, was Ihr wollt, ſingt Eure Lieblingslieder, Ich geb' Euch frei, ich will Euch fröhlich ſeh'n, Denn davon hängt mein Wohlergehen ab. Das Volk (hböchſt erregt). Es leb' der Friede! — Hoch die Republik! — e Napoleon (das Fenſter mit Entſetzen ſchließend). Kavallerie herbei! — Kavallerie! (Pietri ab.) Was ſoll ich gegen Preußen ſenden, wenn Ich gegen meine Untertanen die Armee verwenden muß? — Das Volk iſt auf, Zum Bruderkrieg iſt es gerüſtet. Kaiſer, Deck' deinen Thron, erob're deine Krone, Du haſt damit genug zu tun; laß' Preußen, Laß' Deutſchland, das durch unſer Kriegsgeſchrei Sich innerlich geſtärkt. „Le Temps“ hat Recht. Das Volk (hinter der Szene). Es leb' der Friede! — Nieder mit der Kriegspartei! — Napoleon. Recht ſo, ich unterzeichne nicht; wo iſt Die Kriegserklärung, die mich alt und krank Gemacht; ich zeichne nicht; hinweg, hinweg! (Er wirft die Kriegserklärung zu Boden.) (Hornſignale. Lärm und Pferdegetrappel hinter der Szene.) Napoleon (vor dem Fenſter). Welch kühner Ritt; geſäubert iſt der Platz; O wär' dadurch auch die Gefahr beſeitigt! Eugenie tritt auf. Napoleon. Eugenie. Eugenie. Iſt die Erklärung ſchon nach Deutſchland abgegangen? Gramont iſt da, er könnt' ſie übernehmen. „ Napoleon. Hat für mich denn Dein ſchöner Mund nichts Süß'res? Ihm ſteht die Häßlichkeit der Staatsgeſchäfte nicht. — Sag', guten Morgen, ſag', Du liebſt mich, ſage, Was immer für ein nichtiges Geſchwätz, Doch laß' die Häßlichkeit der Politik! Eugenie. Wo iſt die Kriegserklärung? — Zeichne, zeichne! Du biſt dazu verpflichtet, ſtör' den Gang Der Staatsnotwendigkeiten nicht, Du machſt Dich, mich und unſre Freunde lächerlich Und Preußen wird das Zögern ſich als Furcht erklären. Napoleon. Haſt Du das Wutgeſchrei nach Frieden überhört? Eugenie. Zerſtäubt, verſtummt iſt es für alle Zeiten. Napoleon. Du trügſt Dich ſelbſt und ſuchſt auch mich zu trügen. Eugenie. Dazu iſt jetzt nicht Zeit; der Krieg iſt los, Dein Sträuben nützt nichts, unterzeichne, was Die Kammern Dir zu dieſem Zwecke vorgelegt! (Gramont tritt auf.) Dieſelben. Gramont. Eugenie (zu Gramont). Er will nicht zeichnen; er hat ſie verſteckt. . Gramont. Sire, alles drängt, die Kammern, die Armee, Das Volk; ich werde, wo ich bin, beſtürmt, Man glaubt mir nicht. Ich, der den Krieg betrieben, Ich muß auch die Erklärung geben. Zeichnet! Ich red' Euch gütig zu, ſäumt länger nicht, Denn möglich iſt's, daß man Euch morgen zwingt. Ihr kennt doch die Franzoſen, hütet Euch, In Kriegserwartung iſt es ihnen gleich, Wo ſie mit Blut beginnen. Unterzeichnet! Eugenie. Doch wo? — Er hat die Kriegserklärung nicht. Verſchafft Euch ſchnell ein zweites Exemplar! Gramont. Das würde uns ums Staatsvertrauen bringen. — Wir müßten einen trift'gen Grund erſinnen — Ein Element erregen — Feuer legen. Napoleon. Laßt die Verwüſtung hier, laßt mich noch froh Des ſchönen Bau's, der wohl noch früh genug In Trümmer geht; ich ahne das Verbrechen, Als einziger im Kreiſe meines Throns. Ihr hört das kriegeriſch geſinnte Volk nur, Ihr überhört den Friedensruf der Maſſen, Die durch den Kriegsbetrieb Republikaner wurden Und die mich bis zum Nachtgeſchirr verfolgen. Ihr tragt das Haupt emporgehoben, Seht nichts, als was Ihr gerne haben möchtet, N Wollt Krieg, Verwicklungen, Verwüſtung, Tod. Denn würdet Ihr beſorgt um Euern Kaiſer ſein, Müßt die Erklärung Ihr hier liegen ſehen Und müßt't ſie auf der Erde auch belaſſen. Eugenie (die Kriegserklärung haſtig aufhebend). Welch törichtes Verhalten. — Unterzeichne! Gramont. Seit Jahren war der Kriegsbetrieb mein heil'ges Amt, Mit Herz und Geiſt und Mark war ich dabei, Mein Leben ſpielte ich für dieſe Ehre Und Ehre iſt für Frankreich dieſer Krieg. Eugenie. Seit Deiner Jugend war es doch Dein Traum, Erkenne Dich nur, es iſt heut' noch Deiner. Reiß' Dich nur los von den Gewohnheiten des Friedens, Wirf dieſe Krücken weg, ſie hemmen Dich, Und an dem Derbytag der Diplomaten, Bleibſt Du, gleich einem lahmen Pferd, zurück. Ermann' Dich nur, erkenne Deinen Feind, Erkenn' des Feindes Schwächen, faß ſie an! Zieh' an der Spitze Deines Heers ins Feld, Du ſchuld'ſt es Deinem Sohn und Frankreichs Söhnen! Gealtert biſt Du leider, ohne Feuer. Jedoch ſoll dies kein Vorwurf ſein, wenn Du Den Jüngern, die im Vollbeſitz der Kraft Noch ſtehen, folgſt: Sei lieb und unterzeichne! Gramont. Tut es! Ihr gleicht das Recht mit Pflichten aus IR Und macht Euch fühlbar fränk'ſcher Tugend würdig Ein kühner Griff wird Süddeutſchland ermuntern Und es, wie Ihr es plant, mit Euch verbünden. Ein Zögern wird Euch ſchwach erſcheinen laſſen, Und an den Schwachen lehnt ſich niemand an. Im Kriege ſelbſt, den Ihr nicht mehr verhindert, Bleibt Ihr allein. Säumt deshalb nicht, erzwingt Raſch einen Sieg, und Dän' mark, Oſt'rreich und Italien geſellen ſich zu Euch! Napoleon (vor fi). Ein großes Reich ſeh' wieder ich erſteh'n; Um Frankreich ſchart ſich, was Bedeutung hat Und zu Napoleon blickt alles auf. Von Starken rings umgürtet, ſteh' ich feſt, Und keine Macht kann dieſen Ring durchbrechen. — Doch wenn ein Glied verräteriſch ſich lockert? Dann halten and're noch. Wenn weit're reißen? — Dann bleibt ein treuer Reſt zum Unterſchiede. | (Laut.) Wohlan, ich endige nach Eurem Wunſch. (Schreibend.) „Napoleon“. Auch Euer Schickſal iſt beſiegelt. Eugenie (haſtig die Kriegserklärung Gramont reichend). Das muntre Kriegsſpiel kann jetzt ernſt beginnen, Sei ſeine Weihe dieſer erſte Sieg! 8 Sweiter Akt. Napoleons Arbeitszimmer. Es iſt Nacht. (Zwei Diener ſchleppen einen großen, mit Silber- und Goldgegenſtänden beladenen Korb herein.) Erſter Diener. Wär' dieſes Gold nicht kaiſerliches Eigen, Ich wett', es wäre nicht ſo hart zu tragen. Zweiter Diener. 's gibt eine Wiſſenſchaft der ungleich Gleichen, Doch weshalb ſolche Gründlichkeit dahier. Kommt, ſchleppt mit mir an dieſem Teufelskram. Erſter Diener. O nein. Laßt mich ein bischen traurig ſein, So recht im Sinne des bedrängten Kaiſers. Zweiter Diener. Packt an! Napoleon hat nichts zu ſorgen. Erſter Diener. Warum läßt er die Silberſchätze bergen? — Nach Brüſſel ſchickt er ſie, fort aus dem Reiche. Wißt, was das heißt? — Das ſeinen Wällen er nicht traut. EA Zweiter Diener. Pah, Vorſicht iſt's, die ihn dazu beſtimmt. Napoleons Platz iſt uneinnehmbar. Erſter Diener. O geb' es Gott! — Doch wer ſein Hab und Gut Von einem Platz fortſchaffen läßt, denkt nicht Daran, denſelben bis aufs Außerfte zu halten. Vielmehr verrät er, daß er augenblicklich ſchon Bereit iſt, ihn beim Anſturm zu verlaſſen. Zweiter Diener. Laßt dieſe wüſte Träumerei, und ſammelt Dahier, was für die Börſe Wert beſitzt! (Sie werfen alle Schmuckgegenſtände auf den Korb.) Erſter Diener. Mich kann dies Treiben hier nicht froh erhalten. (Beide mit dem Korb ab.) (Eugenie tritt auf. Sie geht an den Schreibtiſch und blättert in Schriften.) Eugenie. O Bonaparte, größter aller Kaiſer! Geborner Weltenumgeſtalter, der Die höchſte Erdenmacht, den Papſt, gebeugt, O ſchau herab auf deinen Neffen, ſpei' Ihn an, er hat nichts Kaiſerliches an ſich! Kaum daß er ſeiner Krone Macht begreift. Er wagt nichts, iſt voll Furcht, hat kein Vertraun, Weil keine Fähigkeiten er beſitzt. Ich arme Frau, die, Bonaparte, dich „ Begreift, die deinem Geiſt im Fluge folgt, Ich bin an ſolch' ein lahmes Herz gebunden. — Die bayriſche Armee iſt Wilhelm unterſtellt, Die württembergiſche an ihn verpfändet, Und die Badenſer, nach der Art der Juden, An ihn verkuppelt. — Gut, Großherzog, gut, Du Württemberger; Ludwig aber, dir Du ſchöner, edler Frauenfeind, den ich In Dämmerſtunden ſtets als herzlichſten Gedanken hegte, dir verzeih' ich nicht, Daß du dem Preußenjoch dich unterworfen. — (Sie weint.) Feſt aneinander knüpft ſich Deutſch an Deutſch, Nur Frankreich iſt in ſich zerworfen. Selbſt Im Heere gibt es Wirren. Allerorts Verweigern Truppen die Gehorſamkeit Und nirgends fürchtet, nirgends achtet man den Kaiſer. (Sie fällt ſchluchzend in den Stuhl.) (Douay tritt auf.) Eugenie. Douay. Douay. In Tränen, ſchöne Majeſtät? — Warum? — Eugenie. Weil er ſo ſchlecht regiert. Der deutſche Süden Iſt abgefallen, das iſt ſeine Schuld; Er gab die Zeit zur deutſchen Allianz. Duerot ſchlug vor, Landau und Kehl zu nehmen, Wodurch um einen Sieg voraus wir wären; n Dies ſchlug er ab. Er fürchtete, dadurch Den Süden mit dem Norden zu vereinen. | Jetzt hat er Kehl und Landau nicht, und wer Ein Nickel iſt, kämpft doch für Preußens Sache. Douay. Welch ein Verhängnis; ſchonet Eure Augen. (Bei Seite.) Die große Not, ſie fängt mit Kleinigkeiten an. Eugenie. Und was er von ſich ſelber hält, erklärt Der Zimmer Leere; was beweglich und Von Wert, das ſchafft er furchtſam fort nach Brüſſel. Sagt ſelbſt, iſt er nicht Frankreichs Untergang? — Douay. Darüber kann und darf ich mich nicht äußern. Eugenie. Iſt auch ein Eingeſtändnis. Er muß fort. Fort an die Spitze der Armee, dort ſoll Er ſiegen oder ſterben. Der Regierung Geſchäfte aber, ſoll er länger nicht Mit ſeinen ungeſchickten Händen führen. Douay. Bedenket, Majeſtät, er iſt der Kaiſer Und Euer Herr Gemahl, und was ihm zuftößt, Das trifft nicht wen'ger Eure Majeſtät. Teilt die Gefühle Ihr auch nicht mit ihm, So müßt Ihr doch die äußern Formen teilen. Und iſt er, lebend oder tot, nicht mehr der Kaiſer ... 1 f Re ERBE Eugenie (ihn unterbrechend). So bleib’ ich immer noch die Kaiſerin. Douay nach einer Pauſe). Vergönne Frankreich es Euch, ſo wie ich. — Und die regier'nde Kaiſerin, bitt' ich nun, Mich endlich auch zu meinem Korps zu ſenden! Eugenie. Welch' Bosheit, jetzt das von mir zu verlangen. Douay. Die Kaiſerin, müßt Ihr die Not erkennen; Mein Korps iſt ohne jegliche Befehle, Und iſt der Kaiſer an des Heeres Spitze, Muß er die Truppenkommandanten finden. Eugenie. Was ſchuf die Bitterkeit auf Eurer Zunge. Douay. Ihr müßt die Not erkennen und den Krieger Verſtehen lernen. Fort drängt's mich, dem Feind Entgegen. Nützen will ich, wo ich kann. Eugenie. Dies könnt Ihr hier, wie Ihr's bisher getan. Douay. Was ich bisher getan, tat ich der Frau; Nun hab' ich für die Kaiſerin zu ſorgen. Eugenie. Setzt Ihr ſo wenig auf Napoleon? v. Siengalewicz, Napoleon der Dritte. 4 ö . * . +. . x 5 E A ** 4 a Douay. Viel oder nichts; ſein Glücksſtern wird entſcheiden. Eugenie. f Und hängt davon auch meine Lebensſtellung ab? Douay. Ja, denn Napoleon iſt Frankreichs letzter Kaiſer. (Napoleon und Gramont treten auf.) Die Vorigen. Napoleon. Gramont. Napoleon. Douay! Noch hier? — Nicht einen Funken Ehrgeiz? — Habt Ihr des Reiches Notſchrei nicht vernommen? — Gibt es für Euch denn keine Kriegspflicht? — Dau'rt Euch das ſchwerbedrohte Frankreich nicht? — Seid Ihr um Euer Wangen Rot beſorgt? — Wißt Ihr nicht wie es ſteht? — Wir ſind verlaſſen, Verraten, auf uns ſelber angewieſen. Ganz Deutſchland hat ſich gegen uns vereint, Und keine der zu Danke uns verpflichteten Großmächte ſendet die verſproch'ne Hilfe. Allein, auf unſre eigne Kraft geſtellt, Hat jedes Herz ſich doppelt ſtark zu faſſen. Denn trotz des Mißgeſchicks muß Frankreich ſiegen. — Macht Euch nun auf den Weg zu Euren Truppen! Eugenie. Nein, ich kann ohne Stütze hier nicht bleiben. Napoleon. Ich bleib', wodurch Dir jede Sorg' genommen iſt. UST RR Eugenie. Du darfſt nicht hier verbleiben, Du mußt fort. Du mußt ins Feld, wo Du begeiſtern mußt, Wo Du den Sieg erringen mußt, denn Du Empfiehlſt. Du mußt der Heere Führer ſein, Du mußt ermannen und beherzen, Du Mußt die Verzweifelten ermutigen, Du mußt in den Gefahren vorbildlich Verharren, Du und wieder Du, der Kaiſer Muß ſeines Krieges Siegesgottheit ſein. Scheu'ſt Du jedoch das Feld und bleibſt Du hier, In dieſem unverläßlichen Paris, Wird der geringſte Mißerfolg der Truppen Ein Ende Deiner Herrlichkeit bereiten. Gramont. Dies letzte Wort muß Eure Majeſtät Beachten, und ich rate Euch dasſelbe. | Napoleon. Ob die Geſundheit es mir auch erlaubt? Eugenie. Das wird ſich zeigen; Arzte haſt Du mit, Und auch an Pflegerinnen wirds nicht fehlen. Napoleon. So ſei es nun. Macht Lulu! reiſefertig; Ein ſchönes Beiſpiel ſei dadurch gegeben. | Eugenie. Doch Douay laß mir, laßt ihn, Majeſtät! 4 * „ (Zu Douay.) Lebt Ihr nur für den Augenblick? Erſtickt Der Lärm der unbeſtimmten Gegenwart All unſre Wonnen der Vergangenheit? Habt Ihr nicht etwas dankbar auch zu ſein? Erweckt mein Fleh'n kein Pflichtgefühl in Euch? Meint Ihr am Schlachtfeld glücklicher zu werden? Dort harrt auf Euch der Tod mit ſeinen Schrecken; Laßt andre ſterben, bleibt getreu um mich, Wo ungetrübt des Lebens Freude fließt. Douay (zu Eugenie). Ich bin zum Bleiben nicht mehr zu bewegen. Wo der bedenklich ſchwer erkrankte Kaiſer Zum Schwerte greift, ſoll meine Klinge nicht verroſten. Eugenie. Nun geht Ihr beide weg; und ich? Was ich? Napoleon. Dir übertrag' ich die Regentſchaft. Sorge In meinem Sinne. Statt Douay bleibt Dir Trochu, der ſehr viel in Paris vermag. Eugenie (vor ſich). Trochu — Trochu — hab' ich nur die Regierung. . N Der Reppertsberg vor Saarbrücken. (Deutſche Scharen fliehen kämpfend vor den nachdrängenden Franzoſen.) Napoleon. Lulu. Offiziere. a Napoleon. War das ein Sieg? Iſt es ein wichtiges Ereignis? Iſt es wahr, was ich hier ſehe? (Zuſtimmung und Jubel.) So iſt's mir doch vergönnt, dem künft'gen Kaiſer Des großen Frankreichs eine Ruhmesbahn zu ebnen. — Freu' Dich, mein Sohn, und ſtreue eigner Hand Die Todesſchloßen dieſer Mitrailleuſe Auf Frankreichs Erbfeind. Weih' die wundertät'ge Kanone ein, die aller Welt ein Vorbild iſt. (Lulu ſchießt.) Könnt' die Sekunde ich zur Ewigkeit Erheben, dieſes ſchöne Bild, es dürft' Dem ſpät'ſten Auge nicht entzogen werden. (Eine Granate ſchlägt ein, Lulu ſchießt unerſchrocken weiter.) Bewund'rungswürdiges Verhalten; Tränen Entlockt es, Lieb' verraten dieſe; Kind, Dein Glück hat ſich mit dieſem Sieg enthüllt. (Zu den Offizieren.) Saarbrücken iſt mit ſeiner Kohle unſer; Ein Beiſpiel habe ich Euch jetzt gegeben, Der Anfang iſt gemacht, mög' nun das Ende Nicht anders ſich geſtalten. Sorgt dafür In meinem Sinn, im Sinne dieſes Siegs, Und Frankreich iſt für einen Weltenflug gerüſtet. TRENNT Eine Anhöhe bei Spicheren. (Schlachtenlärm und Kriegsbewegungen in der Ferne.) Bazaine (allein. Bazaine. Ein Schauſpiel will die Welt, und Helden will Sie ſeh'n; entwickelt euch, drängt zur Entſcheidung, Die euer Zögern nicht verneinen kann. Hier gibt es Ehr', hier könnt ihr euch mit Ruhm bedecken, Hier kämpfen, wie bei Weißenburg, die deutſchen Heere, Und nicht die Krauthüter des Reppertsberges. Saarbrücken war die prinzgefällige Parade, die Paris verblüffen ſollte. Doch von Manöverbildern kann das Reich Im Krieg nicht leben; und anſonſt vermögt ihr nichts. — Die Siegeskränze winden deutſche Mädchen, Und deutſche Kehlen ſingen Siegeschöre. Auch mich ereilt die Bitternis darüber, Doch nur der Fall geſtattet die Erhebung Der neuen Form. — Schafft nun Gewißheit auf Der Höh'; die Täler ſind in deutſcher Macht, Die langſam aber ſicher ſich den Berg verſchafft. (Douay tritt auf.) Bazaine. Douay. Douay. Dem heut'gen Tag das ganze Herz geopfert, Und nächſtens kämpfen wir auf deutſchem Boden. N N Von dieſen Höhen führt der Weg zur Grenze, Und dort hat Frankreichs Kraft ſich zu vereinen. Bazaine. Mich mutet es ſehr freundlich an, was Ihr Euch von Leboeuf verſprecht. Doch ſagt, verſpricht Er ſich auch ſelbſt ſo viel von dieſem Tag? Douay. Der Kaiſer, er und alle Generäle Sind einig, daß ein Sieg uns ſicher ſei. Wir müſſen auch den Eindruck Weißenburgs verwiſchen, Sonſt wird der eine Fehler noch zum Unheil. Die Truppenzüge ſind in guter Ordnung, Die Kampfluſt ſteigt mit der Erbitterung, Der Wunſch wird zum Gebot, die Macht gehorcht, Und Frankreich fühlt den Schlag, durch den es ſiegt. Und ſo ein Sieg iſt gar ein herrliches Gebilde. Gleich einem Morgenrot reißt er die Nation Aus einer fürchterlichen blut'gen Nacht, Und Millionen Seelen jubeln auf, Zur Freude jedes göttlichen Verſtands. Wer könnte, den ſein Heimatland geboren, Sich da des Spatenſtichs erwehren, den Er dem bedrohten Staate leiſten ſoll? Wen würd's nicht ehren, hier am Dom zu zimmern, den Die Nation zum Schutz der Freiheit baut? — Wer ein Franzoſe iſt, tut alſo mit, Und lebend oder tot, er wird umjubelt. Wohlauf, nach Spicheren, ſäumt nicht und folgt! (Ab.) Bazaine Im ſchnellſten Schritt kommt ihr zu ſpät — und gut iſt's. — Die Schlacht gedeiht, der Tod ſetzt ein, das blonde Heer Stürmt auf den Berg, Blutbäche rieſeln, aber vorwärts Geht es auf deutſcher Seite. Armes Frankreich, Vergebens mühn ſich deine Söhne ab, Und eitel ſcheint ihr todesmutig Ringen. (Ein Ordonnanzoffizier tritt auf.) Bazaine. Der Ordonnanzoffizier. Der Ordonnanzoffizier. Von einer Übermacht in eine Schlacht Verwickelt, bittet Euch Froſſard um Hilfe. Sein rechter Flügel iſt gezwungen, ſich Zurückzuziehn. Er iſt aufs äußerſte Gefährdet und bedarf mit allen Mitteln Truppen. Bazaine. Sagt ihm, ich ſteh' nicht in der Gunſt des Hofes, Und kann dort nichts mehr helfen, wo Leboeuf Und Eugenie die ſchwache Streitmacht Frankreichs Den deutſchen Maſſen ausgeliefert haben. (Ordonnanzoffizier ab.) Helft euch jetzt, wendet die Granaten ab, Die ins Gewebe eurer Lügen leuchten. Gebt Frankreich nun, was ihr verſprochen habt. Zerſchmettert euren Erbfeind, rettet eure Ehre. Fleht eure Götter an, die euch umkreiſen, Verrichtet euer ſorgbefreiendes Gebet. ae 7 u . Buhlt mit den unverſtandnen Elementen, Vielleicht erbarmt ſich euer eines und Verſchlingt den Feind, der tötlich euch umklammert. (Im Hintergrunde ſchlagen und zerſprengen deutſche Scharen franzöſiſche Truppen. Daraufhin bewegt ſich das Bazai⸗ ne'ſche Korps, das bisher hinter der Szene gehalten hatte, ohne Kommando gegen das Schlachtfeld.) — Bazaine (mit gezogenem Säbel die Truppen zurückdrängend). In Eure Stellungen! Ihr werdet früh Genug noch Euer Blut vergießen können. Doch dienlicher, wenn ich es Euch befehle, Und nicht, wenn man zum Wohlgefallen Deutſchlands In der Arena fränk'ſche Kälber ſchlachtet. (Soldaten bringen Douay verwundet.) Bazaine. Douay. Douay. Ihr ſteht noch da? — Und wohl erhalten? — Welcher Schutzengel hieß Euch hier zu bleiben? — Sagt, Wer gab Euch die Vernunft ein? Denn vernünftig Wart Ihr; am Schlachtfeld gab's nur deutſche Ehren. — O hätt' ich ihr gefolgt, wär' ich geblieben, Die große Schmach wär' mir erſpart geweſen. Vom Tode feſt umklammert, kann ich das Geſchick nicht wenden, enden muß ich, ein Beſiegter, nimmer würdig einer Eugenie. O edle Frau, Du hatteſt es mir prophezeiht. — i Raſch mit der eiſigen Umarmung — füßes Vergeſſen ſtreut der Tod ſanft auf die Wunden. (Er ſtirbt.) Bazaine. So ſchön wie Du, ging keiner noch dahin; Dein Sterben iſt ein Troſt für den Vergänglichen. Mir iſt es nun vergönnt, Dir nachzuſchaun, Kann mich beliebig faſſen, fluchen, loben, Kann um Dich trauern oder triumphieren, Wie Du einſt über mich, der Kaiſerin zu Liebe. Doch nichts mit Leichen; Dir will ich verzeihen; Im Tode warſt Du größer als im Leben. Platz hinter den Forts von Metz. (Truppen marſchieren ein.) Bazaine. Die Truppen. Die Truppen. Im ganzen Land iſt Krieg; nur für uns nicht. — Zurück iſt ſtets nur unſere Bewegung. — Laßt uns ins Feld! — Wir wollen an den Feind! — Wir wollen unſer Vaterland befreien! — Bazaine. Beim Angeſicht des Feindes, ich verſteh' Euch. Ich fühl' mit Euch und klage gern auch mit. Doch helfen kann ich nicht; bin nur Bazaine, en Ar. ENTE Bin nicht Leboeuf, den Weibergunſt zum Feldherrn Gemacht. (Bewegung.) Wie eine Frage nach Verhalten Klingt Euer Mißmut mir entgegen; gut, Ich will Euch raten. — Da Ihr an Leboeuf Heran nicht könnt, müßt Eure Wünſche Ihr An ihn vermitteln laſſen, und wer iſt Vermittlungsfähig? — Nun, weiß keiner es Aus Eurer Mitte? — Sagt das große Wort! — Der Kaiſer. (Bewegung.) Ja, der Kaiſer. Mahnt ihn nur, 's iſt Eure Pflicht. Er ſoll es wiſſen, daß Ihr ſchlecht geführt ſeid. — Nichts als Niederlagen Erleidet unſre Nation, der wir Noch keinen Dienſt erwieſen haben. Müßig Und feige müſſen wir hier liegen, weil Dem Günſtling es beliebt. Und Deutſchland jubelt. Des Sieges ſicher wähnt es ſich, und wahrlich, Nur wen'ge Tage noch und Frankreich iſt Verloren. Alſo Herz vor Eurem Kaiſer. (Bazaine ab). (Hornſignale, Trommelwirbel, Rufe: „Der Kaiſer!“, worauf (die Offiziere Bazaine folgen.) (Napoleon, innerlich müde, tritt auf.) Die Truppen. Napoleon. Die Truppen. Ins Feld! — Ins Feld! — Fort aus dem Mauerwerk! — Sind wir denn feige? — Vorwärts wollen wir! — Genug des Weichens! — Nichts als Niederlagen! — o Nicht einen Schuß tat bisher unſer Korps! — Fort mit dem Oberkommandanten! — Siege! — Napoleon. Formt Eure Reihen! — Schweigt! — Kritik wird mit Dem Tod beſtraft. — Horniſten, Kriegsgericht! — Die Truppen. Fort, an den Feind! — Fort aus dem Mauerwerk! — Napoleon. Zerwürfnis. Unheilvolle Meuterei. Zerfahr'nheit; dezimieren, Kommandanten! Die Truppen. Uns morden? — Vor dem Feinde retirieren? Nein, Badinguet, hier endet jeder Spaß. (Tumult.) Napoleon (vor fi). Und hier fol ich das Heil der Krone finden? Dem Chef der Meutrer ſoll das Feld ich überlaſſen? O traurige Geſtaltung meines Schickſals! (Bazaine und die Offiziere kommen zurück.) Bazaine. Die Truppen. Bazaine. Berkehren! — Ruhen! — Stärken! — Morgen Schlacht! — (Truppen lärmend ab.) Napoleon. Bazaine. Offiziere. Napoleon. Marſchall, in Eurem Korps iſt Anarchie. e Bazaine. Ja, Sire. Mit Scheinmanövern muß ich täglich Die mißmutigen Maſſen niederhalten. Ihr ſah't die Lüg', verſpürtet ihre Wirkung. Sie wollen eine Schlacht, ſie wollen ſiegen. Die Niederlagen wirken fürchterlich Auf dieſe tapferen Soldaten ein. Sie zweifeln an dem guten Willen Frankreichs, Und fluchen über läſſiges Kommando. Napoleon. Was mich zum Zweifler macht', hat Euch ermutigt? Ihr lobt die Truppen und hegt Hoffnungen? Bazaine. In ihnen liegt das neue Leben Frankreichs, Und wie Ihr's packt, ſo iſt dies Leben Euer. Napoleon. O hätt' ich früher mich an Euch gewandt, Wie ich gewollt, es wär' uns manche Demut Erſpart geblieben. — Feinde rieten mir Es jetzt. Republikaner ſtimmten für Euch; Und für Paris verlangten ſie Trochu. Es ſcheint, daß ſie die Not für uns gewonnen. Kennt Ihr die Herren — wie Gambetta? — Kennt Ihr ſie? — Zerſtreut Euch nicht! — Kennt Ihr Gambetta? (Bazaine höchſt verlegen.) Verzeiht, ich will zu keiner Achtung Euch verpflichten. Wie Euch der Menſch im Herzen angeſprochen, a Alſo bewahrt Euch fortan ein Gefühl, Daß Euer Innerſtes befriedigt iſt. Nur keinen Zwang, auch ich verſtehe gegen dieſe Die Abneigung. — Euch fällt der Höchſtbefehl Nun zu, den Euch doch nur der Kaiſer überträgt. Bazeine (vor ſich). Wo weil' ich, und wo ſoll ich halten? — Wie Soll ich mich jetzt gebärden? — Er weiß nichts. Nichts iſt an ihm verkleidet; nackt das Wort, Nackt das Geſicht; gefaßt: ich bin am Ziel. (Zu Napoleon.) Jetzt find' ich mich vor Eurer Größe wieder, Und füge mich, wie's Euch beliebt. Ehr' häuft Der Kaiſerliche Wille zu der Arbeit, Und für den Sieg ſorgt hoffentlich das Glück. Napoleon (gebrechlich auf Bazaine geſtützt). Wo aber reine Kraft entſcheiden kann, Entſcheide dieſe; dort verlaßt Euch nicht Auf Glück, denn dieſes lockt oft ins Verderben. (Zu den Offizieren.) Marſchall Bazaine iſt Höchſtbefehlender. Seid ihm mit Eurer Tüchtigkeit ergeben, Und Frankreich ſtürmt im Siegesſchritte vor. 8 Ze ä Napoleons Arbeitszimmer. (Es iſt Nacht.) Pietri. Trochu. Chevreau. Pietri. Wohin, ungnäd'ge Gäſte? — Eulenvolk. Laßt meiner Herrin ihren nächt'gen Frieden. Zu Euren Übeln iſt bei Tag auch Zeit. Chevreau. In Staatsgeſchäften gibt es keine Rückſicht; Weckt Eure Herrin in des Kaiſers Namen! Pietri. Bedenkt, es iſt ja Mitternacht vorüber. Chevreau. Wir haben Krieg bei ungezählten Stunden; In ſolcher Zeit gibt's weder Ruh' noch Gnade. Armeen wachen, Regimenter bluten, Der Kaiſer ſorgt in Fieber; weckt auch ſeine Gemahlin. Weckt fie ſanft, ich müßt' es lärmend. Pietri. So will ich denn, weil ich es muß; doch will Ich zärtlich, wie das Morgenrot, den Dienſt beſorgen. (Ab.) Chevreau. Tritt Wahrheit oder Lüge hier heraus? Die Zeit, die wir hier warten, wird es lehren. Währt's lang, macht ſie erſt große Staatstoilette, Kommt ſie ſofort, ſamt ihres Bettes Wärme, . Im Kleide ihrer liebatmenden Träume, Dann riechen wir die Wahrheit, die wir lieben. (Eugenie tritt auf.) Die Vorigen. Eugenie. Eugenie. Was bringt Ihr? — Eine Liſte der Gefallenen, Juſt Namen, deren Träger ich am Leben wünſche? Wollt Ihr ein zweites Mal mein Herz durchbohren? Vermögt Ihr es, daß Douay überwunden? Chevreau (ein Dekret Eugenie reichend). Der Kaiſer hat entſchieden: General Trochu ift Gouverneur der Stadt Paris. Genehm'ge Eure Majeſtät nun die Perſon, die Eure Zeichnung erſt ermächtigt! Eugenie. Trochu zum Gouverneur? — Wer riet ihm das? O ſeine Feinde, die den kranken Mann Beſtürmen. Niemand meint es ehrlich, niemand! — Froh, daß ich endlich ihn ins Feld gebracht, Muß ich das Ungeheuer wiederſeh'n. (Sie weint.) Trochu. Madame, ich bin ein biederer Bretagner, Ein gottergeb'ner röm'ſcher Katholik, Ein treuer, kugelſicherer Soldat, Und bei der Ehre des Bretagners, des Soldaten und ergeb'nen Katholiken Sa Schwör' ich, die Kaiſ'rin zu verteidigen Und müßt' ich vor den Tuilerien ſterben. (de la Gravidre und Palikao treten auf.) Die Vorigen. de la Gravière. Palikao. Eugenie. Ich kann's nicht glauben, wär' es wirklich ſo? Palikao. Was iſt's, das Eure Majeſtät erregt? Eugenie. Die Frage wundert mich aus Eurem Munde. Als Kriegsminiſter ſollt Ihr wiſſen, wem Man unſre Hauptſtadt unterſtellen will. Palikao. Jetzt erſt errat' ich, was Euch wohl bekannt. Eugenie (zu Trochu). Mein Mißtrau'n iſt bekräftigt: warum habt Ihr Euch beim Kriegsminiſter nicht gemeldet? Trochu. Wir waren ſicher, ihn hier anzutreffen. Eugenie. s Auch Euere Geſchmeidigkeit mißfällt mir. Palikao. Sagt, Majeſtät, will es der Kaiſer? Dann. v. Siengalewiez, Napoleon der Dritte. 5 . de la Graviere (zu Eugenie). Ihr ſollt Trochu jetzt um Verzeihung bitten; er Trägt ſeines Kaiſers kaiſerlichen Sinn. Eugenie. Ich glaubte es, hätt' ich ihn nie bei Hof geſeh'n. So aber ſteht vor meinen Augen, unauslöſchlich, Sein gräßliches Geſicht, auf welchem die Republikaniſchen Verträge frei ſich ſpiegeln, Wenn ſeiner Zunge Macht in kaiſertreuen Geſängen ſich gefällt; ja, das ſich nie Verkleidet, nie die Maske nötig findet, Da man bei Hofe nur das Wort bewertet. de la Gravieère (Eugenie unterbrechend). O Majeſtät, wer tröſtet den Gekränkten? Trochu. Nicht was geſchwätzt wird, was geſchieht, kränkt oder ehrt. Eugenie (fortfahrend). Das Wort allein wird angehört. Das Auge Der Höflinge bleibt vornehm vorgerichtet, Kein Einziger durchforſcht des Sprechers Mienenſpiel, Und deshalb braucht kein Lügner eine Maske. Nur ich hab' mir aus meiner prakt'ſchen Welt Ein gutes Stück behalten. Ich hab' oft Und oft Trochu gemuſtert und durchſchaut, Weshalb er mich auch öffentlich geſchmäht. Ich ſah es oft, ſein Antlitz, und bemerkte ſtets, BERN Wie fih in deſſen Faltengängen die Revolutionären Heere fortbewegten. (Widerſpruch. Eugenie heftiger.) Es ſtrotzt in dieſem Blutgeſicht von Pfaden, die Des Kaiſerreiches Wege kreuzen und Auf denen ſeine Horden Fallen ſtellen. Ich ſeh' es, weiß es, fühl' es, daß Paris Da über dieſe Klaſſe fallen wird. | Ich aber, ich, ein Weib, ich habe kein Recht, Mir glaubt man nicht, Ihr alle nicht, auch nicht Der Kaiſer, deſſen Thron von dieſem da bedroht iſt. Trochu Paris; Bazaine das Feld — verloren! (Sie weint.) Douay iſt tot; gebt Canrobert Paris! de la Graviere (nach einer Pauſe). Im Dienſt erſtarrt die Rührung unſrer Herzen. Entſchließt Euch, Majeſtät, vertraut Trochu, Er iſt der ehrenvollſte Mann des Staates. Und was er Euch verſpricht, das wird er halten. Palikao (ſorgend ergriffen). Die Ehre ihm, die ihm gebührt, jedoch, Daß er der Revolutionen Stützen, die Mobilgarden mitbrachte, gibt Bedenken. Trochu. Die Garden hat der Kaiſer ſelbſt gebildet. Palikao. Hier will ich keine Unterſuchung leiten, Erwähnen aber, daß der Kaiſer dieſe 5* BE Gewiß nicht für Paris gedacht kann haben. Es ſind die ſchlimmſten Elemente Frankreichs. Trochu. Der Kaiſer ſelbſt hat ſie mir mitgegeben. Palikao. Wer kann jetzt dieſen Fehler korrigieren? Erlaubet das Dekret, Herr General! (Eugenie reicht es Palikao.) Vollgiltig, ordentlich gezeichnet, danke. Wir müſſen gegenzeichnen, Majeſtät. Eugenie. Wir müſſen zeichnen? Jede Forderung? Auch wenn man meine Diamanten will? Und wenn man alle Wälle Frankreichs fordert? Schon zwingt man uns zu zweifelhafter Freundſchaft; Mein klares Auge ſieht die Anarchie, Und wohl zu ſpät entpuppt ſich mancher Kriegsfreund Zu einem Feind der kaiſerlichen Krone. Palikao. Ihr ſehet, General, wie wenig Euch Die Kaiſerin vertraut; entſagt und kehrt Zurück. Nehmt Eure Bataillone mit, Und ſagt dem Kaiſer, daß es in Paris Bereits an kaiſertreuen Elementen fehlt. Trochu. Ich rühr' mich nicht von meinem Platz, auf dem Ein Kriegsrat unterm Kaiſer mich geſtellt. 8 Im Gegenteil, ich ford're die Regierung In Güte auf, zu zeichnen. Dieſes zu Erzwingen, hab' ich mir zur Pflicht gemacht. Eugenie. Erweckt in mir nicht tieferes Bedenken Mit Drohungen, die Eure Garden grell beleuchten. Trochu. Madame, die Garden, gute Bürger von Menilmontant und Belleville, haben Ein Recht auf das Verweilen in der Hauptſtadt, Und ihre Bajonette leuchten ihr, Wie die der Garde unſres Kriegsminiſters. Palikao (erzürnt). Ihr ſtellt Euch abſeits, teilt die Wehrmacht Frankreichs, Wählt Euch die revolutionäre Hälfte, | Und ſchielt mit feindlichem Gefühl auf mich. Mit Euch kann ich die Kräfte nicht vereinen; Sollt Ihr verbleiben, iſt mein Dienſt beendet. Eugenie. So ſpricht ein Freund und ſo nur kann er handeln. de la Graviere. Wenn auch nicht Euer, bin ich doch des Kaiſers, Und ſeine Intereſſen muß ich wahren. Er hat Trochu entſandt, wir haben für Ihn kaiſerlich zu ſorgen. Müh'voll war die Wahl, Erleichtert atmete nach ihr er auf, „ Und Ihr wollt ihn ein zweites Mal damit beladen? Bewahrt ihn davor, laßt die Kraft ihm für Die kriegeriſchen Operationen, Die ſein Geſundheitszuſtand ohnedies nicht fördert. Palikao. Ich darf mich nicht in dieſer Dunkelheit verlieren. de la Graviere. Ich will Euch lichten helfen. — Sagt, Trochu, Bei Eurer Ehr', erkennt Ihr die Autorität Des Kriegsminiſters Palikao's an? Trochu. Es iſt im Staate keiner ihm ergebner, Als ich, und niemand kann ihn höher achten. de la Graviere. Wie tretet einer Volksbewegung Ihr entgegen? Trochu. Mit dem Befehl und mit des Kaiſers Mittel. de la Graviere. Die Ehre ſprach, ich wage nicht zu zweifeln. Palikao (nachdem er mit de la Gravidre vertraulich geſprochen). Ein mir Ergebner, gibt nichts zu bedenken, Und ohne Scheu nehm' ich die Arbeit auf. Wir müſſen unterzeichnen, Majeſtät. ER 1 Eugenie (nach innerem Kampfe). Nur die Erkenntnis hält noch treu zu mir. Der ganze Stab, verſtrickt in dieſem Fehlgriff, Fiel von der Kaiſerin, die ſich beweint. (Zeichnend.) Bewußt iſt mir das Unglück, das ich bilde; O möge man mich nie beſchuldigen! (Sie reicht das Dekret Palikao, der es auch unterzeichnet und es Chevreau übergibt.) Das Schlachtfeld vor Gravelotte. Gefechtslärm allerorts. Franzöſiſche Truppen verjagen die deutſchen. Bazaine allein. Bazaine. Seid ſtolz, Franzoſen, Euer iſt die Ehre, Die heute auf den Schlachtgefilden blühte. Ihr ſeid die Sieger, ihr habt Deutſchlands Macht Bezwungen, ihr habt hier Germaniens Ring Durchbrochen. Hier geht es zum großen Siege; Hier führt' ich jeden legitimen Kaiſer durch; Napoleon nicht. Weit klafft das Tor, der Feind Erzittert, flieht und fürchtet Feldherrn Logik. Nur Mut, mein gutes, blondes, frommes Lamm, Ich rühr' mich nicht, ich warte bis du die Geriſſ'ne Kette wieder feſt geſchmiedet. Du ſtaunſt. — Ich hab' dir Frankreichs alte Kraft Gezeigt, hab' einen Masſtab dir gegeben, Und warte jetzt, bis du das Tor geſchloſſen. (Ein Offizier tritt auf.) EIN 6 Bazaine. Der Offizier. Der Offizier. Geworfen iſt das deutſche Heer, das Feld Iſt frei. Laßt zur Vernichtung Euere Armeen folgen! Tod dem deutſchen Stamm! Ihr zögert? — Seht, den blut'gen Riß, ſeht, die Zerrüttung. Laſſet den verdienten Truppen Den Ruhm, die deutſchen Weltgelüſt' erſtickt Zu haben. Laßt uns vor! Der Sieg iſt ſicher, Der nach Berlin den Weg uns bahnen wird. Bazaine. Wagt nicht mehr, über mich hinweg zu denken! Der Offizier. Marſchall, ich denk' für Frankreich als Franzoſe. Bazaine. Laßt jede Denkart und gehorcht. — Wir dürfen nicht... Der Offizier (Bazaine unterbrechend). Nicht ſiegen?. — Fluch, in Euch liegt Anarchie. Auf, armes Frankreich, richte den Verräter! (Er zieht.) Bazaine (im Gefecht ihn erſchlagend). Das neue Frankreich wolltet Ihr befehden; Tor, der ſich einer unbekannten Macht, Allein auf ſeine Kraft geſtützt, entgegenwirft. REN NR Der Offizier (ſterbend). Hab' Euch erkannt. — Für den Verbrecher gibt Es nichts Schrecklicheres, als dafür eingeſchätzt Zu werden, was er wahrhaft iſt. Weh' mir, Rächt mich! — Weh' meinen Kindern, Gott beſchütz' ſie! (Er ſtirbt.) Bazaine. Befriedigung erfaßt mich jetzt noch, Wolluſt Erfüllt mich; Recht tat ich zum Heile Frankreichs, Das ſich von einer Eugenie befreit. (Napoleon und Lulu treten auf.) Bazaine. Napoleon. Lulu. Bazaine. Der Kaiſer? — Ha, vergangne Herrlichkeit, Du zwingſt mich kaum noch mehr zu einer Lüge. Napoleon. Marſchall, erdrückt die blutende Armee! Schiebt Eure Maſſen vor, und nehmt den König, Der hinter Gravelotte bebt, gefangen! — Ihr überlegt? — Habt Ihr nicht ſchon zu viel Verſäumt? — Befolgt das kaiſerliche Wort! Bazaine. Sire, Euer Rat hat öfters ſchon geſchadet. Verlangt von mir nicht, daß ich Euch gehorche; Das Loch iſt eine Falle; ich verbleibe. SR a Al Napoleon. Und hab' ich ſtets geirrt, heut irr' ich nicht. Hier führt der Weg zurück zu meiner Krone, Hier durch geht es zu Frankreichs Weltherrſchaft. Der Himmel ſpielt hier mit, der Himmel teilte Des Feindes Macht; ſeht, den vom Sonnenlicht Entzweiten Wolkenpanzer; gleich liegt es Nach links und rechts zerſprengt, das deutſche Heer. Und übers freie Feld der blut'gen Lichtung, Strahlt ſie, die Sonne aller blüh'nden Erden, Die Sonne meines Glücks, das mir noch nie So nah geweſen. Weiſend jagt die Abendglut Voran. Marſchall, laßt Eure Heere folgen, Mit Gottes Hilfe, Tod dem deutſchen Blut! 2% Bazaine. Was kann ein Gott dort, wo der Teufel wütet. Das Göttliche iſt längſt von Euch geſchieden; Was Ihr vermeint, iſt reine Eitelkeit. Napoleon. l Schaut auf, ſchaut hin, dort liegt die Überzeugung Bazaine. Der Lüge, die im Sonnenglanze unverſchleiert Auf ihre große Weltverfaſſung lauert. Napoleon. Entziffert mir das ungelöſte Rätſel; Mir fehlt die Zeit in dieſem Augenblick. . e Bazaine. Sire, täuſcht Euch nicht, heut' wird Euch nichts mehr drängen. (Soldaten aller Waffengattungen treten auf.) Die Vorigen. Die Soldaten. Die Soldaten. Marſchall, der Sieg iſt unſer, laßt uns ſtürmen! Ein Stoß und Deutſchlands Heere ſind vernichtet. Das Feld iſt frei, die Wege ſind gebahnt. Auf, nach Berlin, zur Ehre der Franzoſen! Napoleon. Euch ſei die Ehre, wackere Soldaten, (Er zieht). Ich will Euch führen, vorwärts, Unerſchrockne! Die Soldaten (nach längerem Zögern). Nur mit Bazaine; genug der Dilletanten. (Napoleon ſtützt ſich tief gebeugt auf Lulu.) Bazaine (zu den Soldaten). Horniſt, Abbruch des Kampfs! — Rückzug nach Metz! (Bazaine, den die Truppen folgen, ab.) Napoleon. Lulu. Lulu. Ja, Vater, gibt's für uns kein Strafgeſetz? Gibt es für unſre Not kein Kriegsgericht, Das dem Verräter ſeine Strafe ausmißt? Und er iſt ein Verräter, er ſpielt falſch. * Es ſteckt in dieſem Kleid der Ehre einer Der preußiſchen Vampyre. Vater, ſtraf' ihn! Napoleon. Die Republik, nicht Deutſchland, ſteckt in ihm, Und daran ſcheitern kaiſerliche Mächte. Ich ſelbſt lief in die ungeheure Falle, Die mir Gambetta, die Hyäne, ſtellte. O unglückſel'ger Krieg! O unglücklicher Menſch! Faſt ſelbſt ſchon eine Leiche, bin ich von Kadavern nur umgeben. Eugenie, O Eugenie, was haſt du angeſtellt. Was wird aus mir und was aus meinem Sohne? Verloren iſt für uns Bazaine's Armee; So hold ſie uns gelächelt, ſie verriet mich. Nun iſt auch Metz mit Gravelotte verloren, Denn er bezieht's und nicht das kaiſerliche Heer. Wo find' ich eine Stütze, um den Herrn Zu zücht'gen, der das Spiel dem Feind ſo leicht macht? Noch iſt mir Mae Mahon geblieben; Zu ihm, ſein Heer ſei meiner Krone Rettung. Schon wälzen neue Maſſen ſich heran, Grün flimmert's, Sachſen ſind es, die die Breche ſchließen. . Courcelles. Napoleon. Lulu. Mac Mahon. Napoleon. Es iſt doch leichter hier zu atmen als Vor Metz. Nicht wahr, Lulu? Vertrauensvoller Iſt's mir. Ich hoffe wieder. Lache, Kind, Und mach' mir Freud', Du ungewiſſe Zukunft! Lulu. Kann nicht recht fröhlich werden. Mae Mahon Iſt tief gebückt und unentſchloſſen. Was Auf ihn Du ſetzt, iſt unverzinſt verloren. Napoleon. Du biſt geſchreckt, mein Kind. Du ſollſt erfahren, Daß es noch kaiſertreue Helden gibt, Worauf Du hoffnungsvoll Dich von mir trennen kannſt. (Zu Mac Mahon.) ö Wie denkt Ihr nun der Waffen Ehr' zu retten? Mac Mahon. Die Sorge dreht ſich um Bazaine. Bricht er. Nach Norden durch, kann ich ihm helfen; wendet Er ſich nach Süden, darf ich gar nichts wagen. Napoleon. Und warum wißt Ihr nicht, was er zu tun gedenkt? Mac Mahon. Weil ſeinen Nachrichten kein Glück beſchieden iſt. Auf den geheimſten Wegen ſchleicht der deutſche Marder. e Napoleon. Der deutſche Marder iſt er ſelbſt. Das Feld Iſt frei, ein jeder Bote müßte her Gelangen. Doch was kümmert Frankreich den Verräter? Ihm ſteht Preußen näher, ihm, Dem Anarchiſten im Marſchallgewande. Mac Mahon. Sire, macht mir meine Pflicht nicht ſchwer; Marſchall Bazaine iſt ehrenvoll mein Kamerad. Napoleon. Bei Gravelotte hat er ſich entpuppt; Der Sieg war unſer, Deutſchland war geworfen, Und er tat nichts, um die Geworfenen zu feſſeln. Ja, er verhinderte den Siegesmarſch, Er half den Deutſchen in die alten Stellungen, Er zog ſein Heer zurück. Kein Preuße wollte Es anfangs glauben, Wahnſinn ſchien's zu ſein, Und niemand war zum Schluſſe mehr erſtaunt Als König Wilhelm ſelbſt, als er erfuhr Von einem deutſchen Sieg; denn er ſah Frankreich ſiegen, Und iſt doch ſelbſt nur müh'voll der Gefangennahme Entkommen. — Unterſtützt Ihr noch Bazaine? Mae Mahon. Eh' nicht ein Kriegsgericht geurteilt hat, Darf ich den Marſchall nicht beſchimpfen laſſen. Napoleon. Jetzt ſeid Ihr dort, wo ich hinkommen wollte; Wir müſſen vor ein Kriegsgericht ihn bringen. Doch dieſe Züchtigung gelingt uns nur, wenn Ihr Mit Eurem Heer Euch nach Paris begebt. Mac Mahon. Ich kann Bazaine's Armeen nicht entblößen. \ Napoleon. Bazaine, fein Heer und Metz find ſchon verloren, Und wer ſich ihm geſellt, fällt mit dem Schurken. Mac Mahon. Ich darf den Schimpf nicht dulden, Majeſtät, Napoleon. Ein Kriegsgericht für ihn! — Geht nach Paris, Verbindet dort Euch mit den neuen Heeren, Lockt Deutſchland ins Bereich der mächt'gen Forts, Zerſchmettert es, und ihr habt redlich Recht getan! Tut Ihr das nicht, wird es mir nie gelingen, Bazaine zu ſtrafen. Denn ein andrer Weg, Als der, den ich Euch zeichne, ſtürzt uns ohne Entſchädigung. Ein ſpätrer Landesvater, Gleich welcher Erde er entſtammen mag, Wird nie empfindlich dies Verbrechen rächen, Denn er verdankt gerade dieſem ſeine Höhe. An manchem Morgen nennt die Welt das Tugend, Was ſie am Vortag noch ein Laſter hieß. FRE ER Mae Mahon. Sire, ich verſtehe meine Pflicht, ich will Für Euch verbluten, aber ruhmlos kann Ich vor dem Feinde nicht die Flucht ergreifen. (Rouher tritt auf.) Die Vorigen. Rouher. Napoleon. Und ich, ich bin der Kaiſer, den man fürchtet, Der Kriegserregende, vor dem man zittert, Der Kriegsgewaltige, der ſtets entſcheidet, Der Gravelotte gewinnt und Gravelotte verliert, Der überſtürzt, der zögert und der zweifelt, Ich bin das Schlachtfeld, bin Paris, bin Frankreich, Bin alles, will die Welt Verantwortung, Bin aber nichts, wenn ich entſcheiden ſoll. Rouher. Sire, nichts für mich erſehnend, nichts erwartend, Uneigennützig, ohne Amtsgewalt, Bin ich aus eignem Antrieb hergeeilt, Um Euer Wohlergehen zu verſichern. Napoleon. Ihr kommt, um uns zu retten, ſprecht es aus, Ihr kommt, um nach Paris uns zu bewegen. Rouher. Bewahr' der Himmel Euch davor; Paris Nimmt in Bedrängnis Euch nicht auf. Paris BR REES Empfängt den Kaiſer nur als Sieger mehr. Wie's jetzt ſteht, iſt die Stadt für Euch verloren. Napoleon. Seid Ihr gekommen, um mich zu entmutigen? Hinweg! Verlaßt mich, Ihr wollt Frankreich ſchwächen! Rouher. Ich hab' Euch viele Jahre treu gedient, War öfters zur Beſtechung ausgeſucht, Hab' Milionen reulos abgewieſen, Hab' manch' Verſchwörung aufgedeckt, und hätte Erſt jüngſt der Republik verhelfen ſollen. Ich blieb Euch treu, trotz allem wahrem Golde, Und bin es Euch, auch jetzt in der Beſtürzung. Und glaubt mir, die Gefahr iſt groß, die Euch Umgibt. Bazaine iſt eingeſchloſſen; geht Ihr nach Paris, wird man Euch dort für den Verräter halten und behandeln. Helft Bazaine ſo gut es geht, mit wenig Glück, Wird es gelingen ſeine Heere zu Befrein, wodurch Ihr wieder angeſehen ſeid. Mac Mahon. Vernunft und Ehre heiß ich Eure Rede. Napoleon. Anmaßender Gehilfe der Unwiſſenheit; Wohin Ihr drängt, dort iſt der tiefe Abgrund, In den Bazaine uns ſtürzen wird, nicht Preußen. v. Siengalewicz, Napoleon der Dritte. 6 RAR | Rouher. Davon könnt Ihr wohl keinen Überzeugen; Glaubt nicht den Anwurf eines Unbeſonnenen. Napoleon. Vom Glauben nichts, ich ſah am Werk den Schurken. | Rouher. Dann ſaht Ihr ſchlecht, Verzeihung, Majeſtät! Napoleon. Bin ich ein Lügner, daß man mir nicht glaubt? Fragt Euch bei Bismarck an, er wird's beſtät'gen. Rouher. Bedauerlich Zerwürfnis; doch ich wiederhole, Daß Euch Paris darüber nicht entſchuldigt. Napoleon. Entſchuldigen? — Ich bin kein gottverlaſſ'ner Kaiſer, Und komm' ich nach Paris, ſoll es erzittern; Ich werde Rechenſchaft von ihm verlangen, Nicht geben, und werd' die Verantwortlichen Bezeichnen. Täuſcht Euch nicht mit falſchen Schlüſſen, Noch kreiſt der Aar in ungeſtörter Höhe, Der Beute ſicher, mißt er Zeit und Raum. (Ein Bote tritt auf.) Die Vorigen. Der Bote. Der Bote. Marſchall Bazaine, zu handen Mae Mahons. (Bote ab.) DER LA Mae Mahon. Sire, ehret uns und brecht das Siegel auf! Napoleon (die Depeſche leſend). Die Truppen ſind für ein'ge Tage unbrauchbar. Die Füße ſind bis auf's Fleiſch wundgedrückt, Die Herzmuskeln ſind durch die fortwährenden Erregungen der Kämpfe ſtark erweitert, Wodurch gefährlich die Nervoſität Geſtiegen iſt. Des Weiteren gedenk' ich Nach Norden aufzubrechen, um Chälons zu Erreichen. Auf gut Glück, wagt alles! Rouher. Da ſeht den braven, wie er ſich bemüht. Mac Mahon. Begeiſterung bricht über mich herein; Mein ſchönſter Traum; nach Norden bricht er auf. Jetzt kann ich Hilfe ſeinen Heeren bringen. Es lebe Frankreich! Hoch Napoleon! Napoleon. Mein Heil verpflichtet Euch zum Marſche nach Paris, das nicht gefährdet werden kann, Wenn einmal hundertfünfzigtauſend Mann Sich unter den Kanonen ſeiner Forts anhäufen. Rouher. Von außen nicht; dafür wär' bald geſorgt. 6* e Napoleon. Und was ſcheint Euch im Inneren bedrohlich? Rouher. Fragt danach nicht, gebt Euren Freunden nach! Napoleon (gebieteriſch). Möcht's wiſſen, was befürchtet Ihr ſo ſehr! Rouher. Schwer ſprech' ich es aus, Sire, — es iſt der Zweite Dezembertag des Jahres einundfünfzig. | Napoleon. Ihr nennt Euch „Freund“? Hinweg! Hinweg! Hinweg! — Erhabner ward noch nie ein Thron beſtiegen. (Ein Ordonnanzoffizier tritt auf.) Die Vorigen. Der Ordonnanzoffizier. Der Ordonnanzoffizier. Vom Kriegsminiſter, an den Kaiſer der Franzoſen. (Ab.) Napoleon (die Depeſche leſend). Verlaſſet Ihr Bazaine, iſt in Paris Die Revolution, die diesmal ſich Wohl nicht ſo ſanft entfalten würde, wie Die früheren. Nach außen iſt Paris Geſchützt. — Uns allen iſt es klar, daß Ihr Bazaine erreichen könnet. In Chälons Iſt nicht der Kronprinz Preußens, ſondern einer 1 5 * U * * + * 1" EN ge Der Brüder ihres Königs mit bedeutender Kavallerie. Die Deutſchen fürchten fich Vor Euerer Umgehung. Führt ſie aus, Ihr habt noch achtundvierzig Stunden Vorſprung. Hier macht ein Jeder es zu Eurer Pflicht, Bazaine ſobald als möglich zu entſetzen. Die Angſt, mit der Euch alles folgt, iſt grenzenlos. Nouher. Erfreulich iſt die richtige Erkenntnis. Mac Mahon. So drängt die Wahrheit doch dem Staat ſich auf. Napoleon. Ja, nehmen alle Teil an dem Verrat? Mae Mahon. Nicht weiter, Sire, und achtet unſern Willen. Napoleon. Ob Ihr's wißt oder nicht, Ihr ſeid Verräter; ich, der Kaiſer, fühl's genau. Der rechte Mann weicht bis ins ſchützende Paris, vor deſſen Forts ſich kein Feind halten kann. Bazaine nur einen Mann zu opfern, iſt Verbrechen, denn er kämpft nicht mehr für uns. (Ein Bote tritt auf.) Die Vorigen. Der Bote. Der Bote. Dem Marſchall Mae Mahon, vom Kriegsminiſter. Ab.) — 86 — Mac Mahon (die Depeſche Iefend;) Im Namen des Miniſterrats und des Geheimen Rates fordre ich Euch auf, Bazaine ſobald als möglich zu befreien. Ihr könnt die vierzig Stunden Vorſprung, die Ihr vor dem Kronprinzen von Preußen habt, Benützen. Vinoy's Korps ſchick' ich nach Reims. Napoleon. Weh' mir, s'iſt alles wider mich verſchworen! Rouher. Verzeihet, Sire, Ihr ſeid Euch ſelbſt im Wege. In Treue hegt der ganze Staat Eu'r Wohl, Und Ihr klagt ihn des Hochverrates an. Mae Mahon. Nun iſt mein Weg gezeichnet; auf, nach Metz! Napoleon. Ihr Tor, kann der Miniſterrat befehlen? Mae Mahon. Wie der, ſo eben niemand. Alles zögert, Ein jeder fürchtet für ſein Vaterland Zu viel zu tun. Und laß' ich mich jetzt halten, Verdien' ich auch denſelben Vorwurf. Auf, Nach Metz! Gefahr iſt hier wie dort. Hier ſind Wir müßig, dort gibt's edles Kriegertum. BER Napoleon. Noch einmal Halt, auf Eurem abſchüſſigen Pfade! All die Verantwortung, ſie fällt auf Euch. k Mae Mahon. Auch dort, wo Ihr mich hin beſtimmen wollt. (Alle gruppieren ſich entfernt von Napoleon, zu dem ſich Lulu geſellt.) Ein Teil des Schlachtfeldes vor Sedan. Schlachtenlärm. (Soldaten aller Waffen laufen über die Szene.) Die Soldaten. Der Tod iſt hinter uns. — Lauft! — Rettet Euch! — Verloren iſt das Kaiſerreich. — Die ganze Armee iſt eingefangen. — Mae Mahon Verwundet. — Alles iſt vernichtet. — Fluch, Dem Kaiſer! — Rette ſich, wer kann! — Es lebe Die Republik! — Das Kaiſerreich erſtirbt. — (Napoleon zu Pferde tritt auf.) Napoleon (mühſam vom Pferde ſteigend, auf einem Kanonenſtück zuſammenſinkend.) Ich hab's gewußt, daß alle irrten; immer irrt Die Mehrheit. Die Erkenntnis flieht die Maſſen; Zum Einzelnen geſellt ſie ſich; zu einem, Den ſie geprüft, von dem ſie ſicher iſt, Daß er ſie würdigt. Alle irrten, die e Nicht ſchurkiſch handelten. Helft jetzt Bazaine. Helft jetzt dem Hochverräter. Rechnet auf ihn. Er weiß, wie es mit uns ſteht, er könnt helfen. Hilft er? Hilft er? Er hilft uns nicht; er iſt Bereit, den Gnadenſtoß der Monarchie Zu geben. — Armer Kaiſer! O, ich armer Verratner Menſch! Was ich ihm geben konnte, Hab' ich gegeben: Mexiko, Maxmilian, Den Marſchallſtab, die Herrlichkeit in dieſem Krieg, Und alles das war ihm zu wenig. Was Will er? — Mich ſelbſt? Die Republik? Warum? — Kein Zweiter kann ſo viel, wie ich, ihm bieten. (Offiziere fliehen über die Szene.) Napoleon. Die Offiziere. Napoleon. Iſt das Eu'r Platz, Ihr Herrn des Portepees? Ein Offizier. Wie Eurer an der Spitze der Armeen. Napoleon. Wär' es ein Sieg, da hätten ſie geſiegt; Die Niederlage, die hab' ich verbrochen. (Soldaten bedrängen ihn.) Napoleon. Die Soldaten. Ein Soldat. Führ' uns hinaus aus dieſem Feuerherd! Bring' uns zu unſern Lieben nach Paris! ET BE Napoleon. Flieht weiter! Ihr erreicht fie, ich nicht mehr. (Soldaten ab.) Und unbehelligt wär' ich hingelangt. O großer Gott, ſei Du jetzt der Barmherz'ge! (Man bringt Mac Mahon verwundet.) Napoleon. Mac Mahon. Mac Mahon. Wer atmet noch in dieſem eiſern Ringe? Und wer von dieſen hofft auf einen Sieg? — Iſt es ein Fieberbild? — Ich ſeh' ihn hier — Den Kaiſer mein’ ich; hat ihn Duerot nicht Nach Carignan gebracht? — Sire, ſeid Ihr's wirklich? — Napoleon. Ich bin es hier, und Ihr ſeid daran Schuld. Habt meinen wohlgemeinten Rat mißachtet, Habt Palikao und den übrigen Phantaſten Euch ergeben, habt Bazaine Ehr' beigemeſſen, habt auf ihn gerechnet, Habt dieſen Schurken mehr als mir geglaubt, Und habt dadurch mein Glück, mich und Euch ſelbſt zerſtört. ; So mußt es kommen, ich ſah es voraus. Mac Mahon. Iſt alles denn verloren, Sire? — O ſprecht! . Napoleon. Ihr fragt, als hättet Ihr uns noch gerettet. Mac Mahon. Ja, Sire, nach Carignan wär' ich noch durchgekommen. Allein, da traf mich das Granatenſtück. Napoleon. Dann habt Ihr ſchlecht geſorgt; denn für ſein Vaterland Hat der Befehl'nde laut zu denken, Und ſterbend hat er ſeine Pläne auszuhauchen. Mac Mahon. Nun wär' ich Schuld. — Ich wollt' fie wär' jo ſchwer, daß Sie mich erdrück'. — Weh', meinem armen Körper! O meine Wunden, mein gebrochnes Becken! — Sire, rafft Euch auf, gebt mir den Todesſtoß! Napoleon. Obwohl es nur Vergeltung wäre, tu Ich's nicht. Erhalt Euch Gott bis Ihr umfaſſend Geſehn, wie tief Ihr Euern Herrn geſtürzt! (In wilder Flucht jagen Truppen über die Szene.) (Ein Küraſſier bricht verwundet zuſammen.) Napoleon. Der Küraſſier. Der Küraſſier. Du haſt dein Wort nicht eingelöſt, mein Vaterland; In deinen Liedern haſt du uns den Sieg verſprochen. Ich ehrte dieſe, folgte ihrer Weiſung, Beſtieg das Pferd, ergriff das Schwert, empfahl h Die Seele Gott, und ſtürmte mutig in Der Schar der vielen Tauſend gegen Deutſchlands Macht. Die Erde dröhnte tief aus dem metallnen Gefüge, Lebensfreude zeugte dieſer Klang, Und keiner achtete die tötlichen Granaten, die die Brüder rings um uns Zerriſſen. Fort ging es durchs Salvenfeuer, Das uns der totenblaſſe Feind entgegnet, Und wer nicht wich, der ward zerhauen. Reih' Um Reihe haben wir durchbrochen, und Als Helden erſt das blut'ge Schwert verſorgt. An meines Pferdes Hufen klebte Hirn, Und meine Sporren zierten feindliche Gedärme, Geſiegt jedoch hat nicht der fränk'ſche Reiter. O heimatliche Lieder, ihr habt mich betrogen, Denn des Soldaten Mut führt nicht allein zum Sieg. So manches feige deutſche Herz füllt Siegesjubel. — (Napoleon erblickend.) Weh mir, der Kaiſer! — Sire, nehmt mich als feig nicht hin; Ich hab' für Euch gelebt, für Euch gekämpft. Napoleon. Gut, wiſſe auch jetzt noch für mich zu ſterben. (Soldaten tragen den Küraſſier weg.) (Ein Ordonnanzoffizier tritt auf.) Napoleon. Mac Mahon. Der Ordonnanzoffizier. Der Ordonnanzoffizier. Inmitten des Gewirrs hat General Wimpfen Sein klares Herz bewahrt und einen Ausweg . Gefunden: Carignan will er erreichen, Und wünſcht Euch an die Spitze der Armee, Der es zur höchſten Ehr' gereichen würde, Den Weg ins Freie Eurer Majeſtät zu bahnen. Mac Mahon. Ein braver General; folgt Majeſtät! Ihr rettet Euch und ich kann glücklich ſterben. Napoleon. Es nützt nichts mehr, der Kaiſer iſt verloren. Der Ordonnanzoffizier. Noch nicht; für ſeine Rettung iſt geſorgt. Mac Mahon. Sire, weiſt nicht leichtfertig die Hilfe ab, Hängt doch noch mehr daran als Euer Wohl. Napoleon. Zu ſpät; erſpart mir den Verzweiflungskampf. Der Ordonnanzoffizier. Nun hab' ich Euch noch dringender zu bitten, Und Euch zu melden, daß Euch dieſer nicht Erſpart bleibt, daß vielmehr ſich dieſer nur Noch fürchterlicher ausgeſtalten wird. Der deutſche Ring wird immer enger, der Granatenhagel immer dichter, ſo, Daß es ſchon jetzt als Wunder anzuſehen iſt, Wenn jemand heil durch dieſes Reich des Todes kommt e Napoleon. Die Wirkung Eures letzten Mittels iſt Verkehrt. — Ihr alle habt mich ſchlecht gekannt. — Ich bleib', wo die Gefahr des Todes wächſt, Denn dieſen zieh' ich der Gefangennahme vor. Der Turenneplatz. Leichen überall; Granaten ptatzen ununterbrochen. Napoleon allein. Napoleon. Was hier geprangt, iſt Schutt, was hier gelebt, Iſt tot, was irgend eine Form noch zeigt, Iſt ein Magnet den ſtürzenden Granaten. Wohlan, ich halte: deutſche Schützen, zielt! Schießt, unbeweglich will ich mich verhalten! Zielt, ihr franzöſiſchen Verräter! Schießt! Erloſchen iſt der Glanz der Majeſtät, Mein mächt'ger Ruhm iſt ſchlechter Ruf geworden, Die ſchönſte Frau der Welt, die Kaiſerin, Hat mich, den Unterlegenen, verſchmäht, Mein vielgeliebtes Kind kann ich nicht mehr erfreu'n, Was will ich alſo noch im Licht des Lebens? — Dort platzen ſie, dort wirken ſie vernichtend. — (Geht dorthin, wo die Granaten einſchlagen.) Weh', wäre ich geblieben, wär's vorbei. — Schon wieder hinter mir — ich ſollte halten. — Ay DAN RL Jetzt, weil ich halte, meiden fie dies Plätzchen. — Ein Splitter nur, ein Splitter möcht' genügen. — (Er greift nach den umherfliegenden Splittern. Soldaten treten auf, die ſofort niedergemäht werden.) Hätt' ich an eurer Stelle nur gehalten! Ihr ſtarbt für mich; ich dorf für Euch nicht ſterben. Ich wär' erlöſt und hätt' nichts mehr zu ſorgen. Nichts hab' im Leben ich ſo heiß erſehnt, Wie jetzt den Tod, der mich zu meiden ſcheint. Schon läßt der Hagel der Geſchoſſe nach; Der Feind, er ſichtet, wendet die Kanonen; Nichts hat für ihn mehr einer Kugel Wert. Ernüchternd iſt das Leichenſpiel des Feindes. Fort fallen Tauſende, und ich leb' noch. — Genug des Blutvergießen! Streckt die Waffen! — Ich geh' mit der Ergebung Euch voran. — (Rufend.) Herbei, Getreue! Einſichtsvolle Männer, Hißt auf den Wällen Frankreichs weiße Fahnen! (Lebrun und ein Offizier mit weißer Fahne treten von der einen Seite auf; Wimpfen und d' Ollone von der anderen.) Napoleon. Lebrun. Der Offizier. Wimpfen. d' Ollone. Wimpfen. Mit welchem Recht, Sire, noch iſt alles nicht Verloren. Nicht einmal verſucht. Noch kämpfen Die braven Truppen, öfters mit Erfolg, Und jeder edelmütige Franzoſe, Hofft noch, und hofft mit Recht auf einen Sieg, Den jeden Augenblick Bazaine im Rücken Des Feinds einleiten kann. Schon dröhnt es dumpf Aus weiter Ferne, herzerhebend wirkt Der Schall, der uns verkündet, daß der Ring Der deutſchen Einheit auch nicht unzerbrechlich iſt. d'Ollone (dem Offizier die weiße Fahne aus der Hand reißend). Fort, mit der kriechenden Gebärde! Trotz Der Demut, die Ihr vorzeitig entfaltet. Lebrun. Bekennen wir's, wir ſind bereits verloren, Und ſelbſt das Märchen von Bazaine nützt nichts mehr. Wimpfen. Fürwahr, wenn Ihr Euch ſelbſt zu teuer ſeid. Lebrun. i Pflicht des Gewiſſens; was Ihr opfert iſt vergebens. Wimpfen. Ihr ſeid das lahmlegende Element, Seid die Gefahr, die uns bedroht, und ſeid 0 f | Die Schuld, wenn jemals Frankreich untergeht. Napoleon. Ihr hättet Recht, und ich würd' Euch auch glauben, Wenn Eure Hoffnung auf Bazaine nicht ſtünde. Doch da Ihr Euch dadurch bis in die Seel' entblößt. Beharr' ich mit bewieſ'nem Recht auf der Ergebung. Es iſt ernſt, wir ſind verloren. — Hätt' Euer Aug', wie meines, hier verweilt, e Seitdem die Heere Frankreichs wirr marſchieren, Ihr wäret zahmer. Hättet Ihr, wie ich, Den Druck der Ungehorſamkeit verſpürt, Ihr wäret kühler. — Ihr habt aber noch Die Munterkeit des afrikaniſchen Manöverfelds in Euch, Ihr ſeid noch friſch, Und wollt die junge Kraft an morſchem Holz vergeuden. Wimpfen. Mattherzigkeit, mich ſollſt du nicht berühren. Was noch zu finden iſt, das will ich ſammeln, Und retten, was zu retten iſt — die Ehre. (Mit d' Ollone ab.) Lebrun. Sire, mißverſteht mich nicht, wenn ich hier folge; Mich peitſcht der Ehrgeiz, auf dem Feld zu ſterben. (Mit dem Offizier ab.) Napoleon. Geht, Wackrer, ich verſteh's und ehre Euch. Mög's Euch gelingen; mir war's nicht vergönnt — Da hätt' ich einleitende Worte an — O ſprech's wer andrer aus, mich würgt das Wort — Doch wer? Ich bin allein, ich bin verlaſſen. Lulu, Lulu, die Krone iſt verloren! Die Gunſt der Ode hilft mir zum Geſtändnis, Und die Kanonen drängen zur Erklärung. — Wie ſoll ich fie beginnen? — Hatt' ſchon Worte... O könnte ich ſie wieder finden! — An Der Helden Tod hab' ich dabei gedacht. — RER Nee O rettet mich, Ihr wohlgeprägten Silben! Ich finde keinen beſſeren Beginn. Wie alles, ſo verläßt mich auch die Denkkraft. — Nun hab' ich wieder dieſes ſchöne Wort; O Freude, ich kann liederreich erlöſchen. (Er ſchreibt.) Da mir es nicht vergönnt geweſen, an Der Spitze der Armee zu ſterben, lege Ich meinen Degen Eurer Majeſtät zu Füßen. (Er faltet das Schriftſtück.) (Reille tritt auf.) Napoleon. Reille. Napoleon. Euch iſt's beſtimmt, Ihr kommt zu rechter Zeit. Ihr habt noch nie mir einen Dienſt verſagt. Reille. Ich bin bereit. Was immer Ihr verlangt, Ich will es tun. Wie könnt' ich auch den größten Kaiſer Im Unglück, das die Anarchie verurſacht, Verlaſſen? — Und befaß' ich mich mit Euch, So blick' ich immer noch zum Himmel auf; Denn trotz der Niederlage habt Ihr nur gewonnen. Wird Euch die Gegenwart auch nicht gerecht, So zürnt ihr nicht. Die Welt, ſie kann nicht anders. Es liegt im rätſelhaften Menſchenherzen, Das fortgeſetzt im Joch der Sehnſucht ſtöhnt. In dieſem ſüßen Schmerz verliert es ſich Stets an das Glück des Siegers, dem es alles hingibt. v. Siengalewicz, Napoleon der Dritte. 7 9 So wird das ſiegberauſchte Deutſchland auch Von Eurem innern Kampf nichts wiſſen wollen, Weil dieſe wicht'ge Note ſeinen Ruhm verſchmälert. Und unſre Stimmen wird die Welt nicht achten. Was immer wir betonen, wird als eine Beſchönigung nur hingenommen werden; Darüber wird ſich Eure Größe helfen. Dereinſt jedoch wird ſonnenhelle Wahrheit Den Schlag, der Euch getroffen hat, beleuchten, Und alle Welt wird ſtolz ihr Wiſſen kund tun: Daß Ihr kein kriegsgeſchlagener Kaiſer ſeid, Daß Euerer Armee doch keine Zweite gleichkommt, Und daß Ihr Frankreichs edles Opfer ſeid. Napoleon. Man weiß es und geſteht's; ich bin entſchädigt. Ein kaiſertreues Frankreich hätt' geſiegt. Bei Gravelotte hätte es geſiegt, Und dort hätt' es das deutſche Reich vernichtet. — Ich muß jetzt fort, auf ewig fort vom Plan Des Lebens. Könnt Ihr es erfaſſen? Wißt Ihr was Das heißt, wenn man ſo lange vorbildlich geweſen, Und ſchließlich unter Deutſchlands Tritt gerät? — Nun es iſt nicht mehr abzuändern. Ihr Habt mich erfreut durch Eu'r Verſtändnis. — Bringt Jetzt dieſen Brief noch in des Königs Hände; Es iſt der letzte Dienſt, den Ihr dem Kaiſer Napoleon erweiſt. — Gehabt Euch wohl! Dritter Akt. Napoleons Arbeitszimmer. Eugenie. Lulu. Eugenie. Gebleicht ſind Deine Wangen, ſchwach Dein Körper; Biſt Du erkrankt, verwundet? Fehlt Dir etwas? Lulu. Nichts von dem Ehrenhaften, das Du fürchteſt; Mich haben Tränenbäche leergewaſchen. Statt meines Schwerts hielt ich mein Taſchentuch Stets in der Hand, und wahrlich, ich entſprach. Eugenie. O ſtänd' es ſchlechter noch als uns berichtet? — Ich glaubte, daß man etwas übertreibe, i Um in Paris uns williger zu ſtimmen. Lulu (weinend). O Mutter, Mutter, alles iſt verloren. Eugenie. | O ſag', was unter „alles“ Du verſtehſt? f Lulu. Den Krieg, das Reich, die Krone und die Ehre. Eugenie. Das wäre alles. Doch ſo Vieles kann man Auf einmal nicht verlieren. Rechnet Frankreich 75 — 100 — Doch immer noch auf einen Sieg. Noch ſtehen die Armeen, noch befiehlt der Kaiſer, und Noch immer lauert hinter Metz Bazaine. Lulu. Da liegt's. Bei Spichern und bei Wörth hat uns Bazaine verlaſſen, unſern Sieg bei Gravelotte Hat er verräteriſch nicht ausgenützt, Und jetzt, da Mae Mahon mit dem Papa Bedrängt ſind, rührt er trotz der Bitten und Befehle ſich nicht aus dem ſichern Metz. Eugenie. Hier glaub' ich jedes Wort, und die Gefahr, Die Du mit zarten Linien umgrenzt, Sie bricht in mächt'ger Form aus dem Verſteck, In welches meine Träume längſt ſchon leuchten. Lulu. So ſteht's, Mama; ein Schlag noch und wir ſind verloren. — Wie es Papa gewollt, wär' es gegangen, Doch niemand wollte nach Paris zurück, Wohin er wollte, als Bazaine entlarvt war. Selbſt Mae Mahon, der ſtets gefügig war, Hat ſich dagegen aufgelehnt, und das Wohl, weil Du davon abgeraten haſt. Eugenie. | Ja, wenn fo ernit es ſteht, fo foll er kommen. a A — 101 — Lulu. Jetzt iſt's zu ſpät; jetzt kann er es nicht mehr. Zu ſehr iſt mit dem Feind er engagiert. Eugenie. O Gott, o ſchlichte Du! O hilf uns Du, Wo uns der Kaiſer nicht mehr helfen kann! (Pietri tritt auf.) Die Vorigen. Pietri. Pietri. Herr General Trochu iſt noch nicht ausgeruht. Eugenie. Nicht ausgeruht? Nachtsüber war er nirgends An kaiſerlicher Stelle anzutreffen, Jetzt iſt es Tag und er iſt ruhbedürftig? — War er des Nachts bei den Republikanern? — Pietri (eine Depeſche ſchon länger hinreichend). Ich bitte, Majeſtät, noch die Depeſche. (Pietri ab.) Eugenie. Von wem? — Vom Fürſten Metternich! — Verbeſſert Sich unſre Lage? — Greift doch Oſt'rreich ein. — O wollt' es Gott, dem ich ſo viel geopfert! — Verrat, aus dieſer Himmelsdimenſion! — (Leſend.) Napoleon der Dritte kriegsgefangen! — (Sie ſinkt zuſammen.) Vorbei die Herrlichkeit. Fluch, allen Mächten, Die Frankreichs Krone in der Not verlaſſen! (Faßt ſich, vor ſich.) — 102 — O Tag, den ich ſo ſehr erſehnt, heut' biſt du da, Und deine Wirklichkeit erſchreckt mich. — Verkenne ich den zarten Wink des Schickſals? Der Kaiſer iſt nicht mehr; ich bin die Kaißrin, Und ſelbſt Thiers Beſtreben hilft hier mit: Der Reichsrat unterſtehet meiner Macht; Sein Titel muß jetzt dieſer ſchmeichelnd dienen. — (Lulu an ſich reißend.) Ein Lichtſtrahl liegt am Horizont; hell wird's Um mich, Ich finde meinen Glauben wieder, Und dieſer bringt uns allen Gütern näher. Kind, Frankreich hat jetzt ſeine Kaiſerin, Und dieſe Kaiſerin ſorgt für Lulu, Für Dich, den Glanz und Ruhm entſchäd'gen ſollen! Lulu. Nicht weiter, laß' das häßliche Verſprechen, Es wird Dich kränken, hinterm Wort zu bleiben. Eugenie. So raſch kannſt Du der Mutter Glück nicht rauben; Sie gibt einmal, was ſich in ihr geſtaltet. (Palikao tritt auf.) Die Vorigen. Palikao. Eugenie. Ihr ſeht beſtürzt aus. Was hat Euch ermattet? — Ihr ſchweigt. Was hat die Zunge Euch gelähmt? — Wohlan; der Kaiſer iſt bei Sedan zum Gefang'nen 0 Geworden. — Faßt Euch nun darüber, und Berichtet, was Ihr amtlich abgefaßt! Palikao. O Majeſtät, o unerſchrockne Frau, Die Ihr das Schreckliche gelaſſen hingenommen, Euch kann ich nun, befreit von jeder Scheu, Getreu den Unglückstag von Sedan ſchildern. — Dort war's, wohin ſich die Armee geflüchtet, Nachdem ſie nicht mehr zu Bazaine gelangen konnte. Dort wurden unſre achtzigtauſend Mann, Von dreimalhunderttauſend Mann umringt, Bedrängt, gedrückt, gepreßt und aufgerieben. Ans Wunderbare grenzt' die Haltung der Franzoſen, Die gegen die gewalt'ge Übermacht Drei Tage lang ſich heldenmütig wehrten. Die glänzendſten Attacken wurden dort Geritten, und die gründlichſte Ergebenheit Ward dort Napoleon bezeugt. O Ehre Dem Kaiſer, der, um einen kleinen Reſt Zu retten, ſchließlich ſich ergeben hat. Lulu. Warum iſt ihm Bazaine zu Hilfe nicht gekommen? Palikao. Die Frage birgt in ſich ein weitres Fragen, Wozu die Zeit uns gegenwärtig mangelt. Ceugenie. Was drängt ſo ſehr, daß die geringſte Frage Ihr als gewaltige Verzögerung erkennt? — 104 — Palikao. Wir ſind verlorn; verſammelt die Miniſter! Eugenie. Wozu, wenn nichts mehr zu erretten iſt? Palikao. Die Kaiſerin darf ſterbend nicht verzweifeln. Eugenie (nach einer Paufe). Belaſſet das, ich werde aufrecht bleiben. — Wie ſteht es um Paris, kann ich vertraun? Palikao. Das Volk iſt auf, und es iſt ernſt. Die Garden, die Trochu zurückgebracht, befeinden uns, Und auch die Truppen wenden die Gewehre. Eugenie. Welch trauriges Gemälde, das Ihr ſchildert; Zu welchem Schritte ſoll ich mich entſchließen? — (Vor ſich.) Wo iſt Gramont? Wo iſt der Kriegserreger? Er hat's verſtanden, dieſes Feuer anzufachen, Sollt' er es nicht verſtehn, mich jetzt zu ſchützen? Weh' mir, auch er iſt über dieſen Krieg geſtürzt! — Ich weiß nicht aus; doch eines iſt mir klar: Mein Traum kehrt nach dem erſten Schritt im Leben, Ins Traumgebiet auf ew'ge Zeit zurück. — Unmutig knarrn die Bretter unter mir, Der Teppich bäumt ſich überdrüſſig auf, Und höniſch lachen mich die Wände an. nn el ren ni rt — 105 — Palikao. Nur nicht verzagt, wär's auch der letzte Augenblick. (Trochu tritt auf.) Die Vorigen. Trochu. Eugenie (auf Trochu weiſend). Und dieſer tritt mit dieſem Manne ein. Wie anders ſtünd' es, hätte ich Douay. (Zu Trochu.) Soll ich Euch noch vertrauen, der die Kaiſ'rin In Angſt und Not verlaſſen hat? Soll ich Euch, Säumer, nicht des Eides gleich entbinden? Trochu. Ich hab' bis jetzt noch immer nichts gegeſſen. Palikao (ihm ein Stück Brot reichend). Habt hier ein Stückchen Zwieback, das den Truppen Im Felde lange Zeit genügen muß, Und Euch wohl an dem Tag, an dem der Thron Erbebt, ein Mittagmahl erſetzen kann. Trochu. Nicht, ob's mir wie den Truppen mundet; fragt, Ob es mich zweckentſprechender ernährt? Eugenie. Iſt ſo viel Zeit uns noch gegeben, daß Wir dieſer Nahrung Wirkung an Euch merken? er Trochu. Dazu iſt kein zu großes Maß Bedingung. Der Zauber, der den Speiſen innewohnt, übt feine Wirkung ſchon am Gaumen, und Von dort aus ziehn die Kräfte der Ermunt'rung. (Kauend.) Doch dieſes Backwerk läßt den Zwängling kühl. (Pietri, der Polizeipräfekt tritt auf.) Die Vorigen. Pietri der Polizeipräfekt. Polizeipräfekt. Vorangeeilt dem Sturm der Maſſen, der Die blüh'nden Zweige unſres kaiſerlichen Gartens Zerſtörte, rat' ich Euch zur Flucht. Die Wut Setzt ein, die Niederlagen unſrer Macht Verleiht dem Blutdurſt freies Recht, und zügellos Wälzt ſich die hochgehende Flut einher. Flieht, Majeſtät, o flieht, eh' Euch die Wucht Des Wogengangs erreicht, der ſich ſchon meldet. (Lärm hinter der Szene.) Eugenie. Wie viel vermögt Ihr noch für unſern Schutz zu tun? Polizeipräfekt. Nur noch zu ſterben, Euch und Gott ergeben. Eugenie. Ich dank' Euch; doch verlange ich es nicht. (Polizeipräfekt ab.) (Neuerlicher Lärm hinter der Szene.) — 107 — Eugenie. Seht nach, Graf Palikao, ſeht, ich bitt' Euch! Palikao (verſteckt am Fenſter). Volk ſammelt ſich in ziemlicher Erregung. Eugenie (Lulu an ſich reißend). Um Gottes Willen, Freunde bleibt bei uns! Trochu. Befürchtet nichts, Madame; das Volk von heute Iſt nicht mehr das der großen Revolution. Eugenie. Ihr zittert nicht, Ihr ſeid der Einzige, Der ſich nicht fürchtet, nehmt in Eure Gunſt Uns auf, Ihr ſeid ein Mächtiger der Republik. Trochu. | Der Republik, Madame? — Auf meinem Platz, Den ich mit meinem Lebensdurſt behaupte. Das Volk (hinter der Szene). Es leb' Trochu! — Bewaffnet Euch! — Entſetzt den Thron! — : Palikao. Wir ſind verloren. Flüchten wir. Die Maſſe wächſt, Und wütender wird ſie in der Gebärde. Trochu. Faßt Euch, ich will den Abgang Euch erleichtern. (Er öffnet das Fenſter, zu dieſem herein Lärm und Schußdetonationen dringen.) a Trochu (zum Volk). Was wollt Ihr? — Hier iſt Torheit Euer Wunſch.“ Die Thronentſetzung kann die Kammer nur beſchließen. Hier iſt es wüſt und leer, hier gibt es niemanden, Der Eurem Ziel Euch näher bringen könnte. Das Volk (hinter der Szene). Auf, nach der Kammer! — Hoch die Republik! — (Er ſchließt das Fenſter.) Eugenie. Habt Dank! — Verzeiht mir, daß ich Euch geſchmäht! Trotz allem dient Ihr doch der Kaiſerin. Trochu. Jetzt aber ſchnell von hier; das Volk kommt wieder, In größ'rer Zahl und blutigeren Sinns. (Eugenie rafft einige eee zuſammen, die ſie mit Lulu teilt.) Alle ab. Ein kleiner Saal im Hauſe des geſetzgebenden Körper. Thiers. Peyruſſe. Favre. Gambetta. Picard. Thiers. Verwaiſt iſt Frankreich. Hingegangen iſt Der väterliche Unmenſch, den die Hochflut Des Schlammes ſeiner Sünden fortgeſchwemmt. Befreit iſt Frankreich, keine Träne wird Vergoſſen, keine Trauer wird empfunden. — 109 — Die Herzen quellen auf, die Freud berauſcht, Ein Wunder iſt geſcheh'n: Recht iſt geworden. Zermalmt iſt dieſer, der den Frieden brach, Verjagt iſt er, der uns verjagen wollte, Und ich geſteh's, uns half der Krieg dazu, Den wir mit Glück und Liebe enden wollen. (Beifall.) Vorerſt doch ſachte zum verwaiſten Kind, Zu unſerm Liebling, dem wir uns geopfert. Betreten wir nun ſanft und einig ſein Gemach, in dem wir unſre Vaterſchaft Verſuchen. Keine Krone, keinen Scepter Entbieten wir, doch Lieb' und Treu und Hilfsbereitſchaft. Favre (ſchreibend). Napoleon und ſeine Dynaſtie Iſt abgeſetzt. Das freie Haus ernennet eine Regierungskommiſſion, mit erſter Pflicht, Den Feind aus unſerm Lande zu vertreiben. — Trochu als Gouverneur iſt zu beſtätigen. — So nun verleiht dem Schriftſtück Macht durch Euer Zeichen! — (Alle unterzeichnen.) Thiers (ſchreibend). Der Kammern Titel iſt zu ändern. Statt Reichsrat der kaiſerlich napoleoniſchen Regierung, hat er Rat des Reichsregims zu lauten. — Sobald es irgend wie erforderlich erſcheint, Iſt eine neubegründende Verſammlung Einzuberufen. — Bitte unterzeichnet! — 110 — Gambetta. Der Schutz der Kammern iſt der Linie zu entreißen, Und der Nationalgarde zu übertragen. (Lebhafte Zuſtimmung.) (Ein Saaldiener tritt auf.) Die Vorigen. Der Saaldiener. Der Saaldiener. Gewalt'ge Maſſen wogen ums Palais, Die Truppen ſind erdrückt, ein Sturm bricht los, Und jeder flieht, der dieſe Macht vernommen. (Diener ab.) Thiers. Wir haben nichts darüber zu befürchten; (Gambetta ſpringt erregt auf.) Bleibt ruhig an der Arbeit unſrer Freiheit! Gambetta. Gerade dieſe ſuch' ich zu erleichtern. (Gambetta ab, dem alle, außer Thiers folgen.) Thiers. Iſt es in Ordnung, daß man mich allein Gelaſſen, mich, der alle ſtets im Aug' hat? — Bin nah' daran ein altes Bibelwort zu Gebrauchen. — Doch ich will nichts nach empfinden; Ich könnt' mein richtiges Gefühl verlieren. — Ich hab' noch Freunde, mehr als je, denn da Das Kaiſerreich zertrümmert, wächſt die Zahl der P — 111 — Republikaner. Sitzt doch der Gedanke, Den ich einſt ſchüchtern ausgeſprochen habe, Im Volke feſt. — (Horchend.) Schon hör' ich hier es rufen: (Von außen her begleitet.) „Es leb' die Republik!“ Kommt, Freunde, hört! (Laut rufend.) Gambetta! Favre! Jules Simon! Grevy! (Der Tumult hinter der Szene iſt immer ſtärker geworden.) (Peyruſſe kommt zurück.) Thiers. Peyruſſe. Peyruſſe. Ein Traumbild kann nicht farbenreicher ſein, Und mutiger als Frankreichs Volk, kein zweites. Das Haus iſt ſein, ſein Wille herrſcht, und dieſen meiſtert Gambetta, der, vereint mit Pelletan und Picard, die Republik ausrufen ließ. Und niemand mildert die gelöſten Zungen, Und niemand dämmt den Strom der Freien ein. In ihm verſank Graf Palikao, den Picard der Volkswut anempfohlen hat. Thiers. Und alles ohne Kampf in dieſer blutigen Zeit? Peyruſſe. Zu Anfang wehrten ſich verſchiedne Elemente, Und auch die Linie rückte gegen die Erſtürmer; Bedrohlich ſah es aus, da aber ſenkten auf Trochu's Befehl die Truppen die Gewehre, — 12 — Worauf ein ungeheurer Jubel losgebrochen. Sodann ſprach Favre gegen das gewaltſame Vorgehen und betonte, daß man augenblicklich Die Republik nicht proklamieren kann. Daraufhin reißt man ihn von der Tribüne, Und fordert noch energiſcher die Republik. Auch rief man jetzt: „Es lebe Rochefort!“, „Auf, Nach Sankt Pelagia!“ — Der Lärm war furchtbar, Man konnte nur noch Favre hörn, der rief: „Hier kann es nicht geſchehn!“ — „Auf, nach dem Stadthaus!“ Und nun folgt alles Favre nach dem Stadthaus. Thiers. Den Freund und die Partei vergeſſend, ſtürzt Die Habgier ſich dem Kaſtenwilde nach. Freibeuter iſt, wer nicht geordnet kämpft. Ein Unrecht iſt ein Sieg, den nicht die Klaſſe rein Erficht. Zum Stadthaus jagt ein wilder Haufe, Und nicht die Republik der Menſchlichkeit. — Und alle, alle, ſagt Ihr, zogen mit? — Hab' ich an Anhang mir nicht mehr verdient? — O undankbares Menſchenherz, ich habe Es brüderlich mit dir gemeint. Peyruſſe. Wer Euch ein Freund geweſen, iſt es noch. Die Freundſchaft gleicht dem unverfälſchten Golde, Das in den rauh'ſten Wettern die Geſtalt nicht ändert. W i Thiers. Wer hier nicht iſt, mit dem kann ich nicht rechnen. Die Zahlen ſind geſchwunden, niedrig iſt Die Summe, nichts kann ich mit ihr beginnen. Peyruſſe. Und doch rat' ich Euch noch etwas Geduld. Wir ſind im Haus, das die Geſetze macht Und die Geſetze ſtürzt; ſie ſtehen draußen. Wir wollen ſehen, wer zu uns ſich findet. Thiers. Recht habt Ihr. Hier ſoll Klärung werden, hier Soll ſich des Staates Neubildung vollziehen. Ruft ihn herbei, den Reſt der Couloirs! (Peyruſſe öffnet die Türe; zwei Gruppen Deputierter treten auf.) Thiers. Peyruſſe. Die Deputierten. Ein Deputierter der einen Gruppe. Das Pflichtgefühl, das uns am Platz erhalten, Hat uns vor Eure ernſte Stirn gebracht. Und wär' es zum Verdruſſe unſrer Wähler, Wir laſſen nicht mehr vom Entſchluſſe, den Wir während dieſes blutgen Sturms gefaßt. Ihr habt durch das Verbleiben Euch das Haus erobert, Wir weihen Euch ernüchtert unſre Ehre. (Beifall.) Ein Deputierter der andern Gruppe. Jahrzehnte Euer Gegner, landen wir bei Euch, Der Einzige im Hauſe der Geſetze, — 114 — Das heute Frankreich umgeſtalten ſoll. Wir tuen mit, befehlt das Schöpfungswerk, Es haftet nirgends Zweifel am Gelingen! Alle. Es leb' Thiers! — Es leb' die Republik! — Thiers. O gnadenreicher Augenblick, der mich Für das erlittne Ungemach entſchädigt, Verſöhne mich auch mit den alten Freunden! — Mit Euch will ich nun für die Heimat ſorgen; Faßt darob edel Euch, als ging's zu Tode, Denn edel ſei der neue Staat gegründet. (Beifall.) (Favre und Picard treten auf.) Die Vorigen. Favre. Picard. Favre. Unnötig, meine Herrn. Entſendet von Der neuen Reichsregierung, melden wir Die Auflöſung der beiden Kammern an. (Entrüſtung.) Auch wenn Ihr unſere Autorität Nicht anerkennt, behaupten wir die Macht. Peyruſſe. Ein jeder hört's, und jeder ſchweigt? — Soll wieder einmal Paris für Frankreich die Geſetze machen? — Favre. Ihr ſeht in uns Gewalten, fürchtet Namen; Die Republik iſt kein perſönlich Werk. . un \ DD — 115 — Wohl haben wir die Siegel aufgedrückt, Wohl hat Paris das rote Wachs dazu gegeben, Das Petſchaft aber hat das ganze Reich geprägt. Picard. Von Gau zu Gau erſcholl der gleiche Ruf, Die ſelben Pflichten folgten dieſen nach, Und auch das Recht wird ſich in Frankreich gleich verteilen. Wir ſind beſtrebt ganz Frankreich zu befried'gen, Und tut Ihr mit, wird es uns auch gelingen. (Bewegung.) Thiers. Nun ſagt die größte Wichtigkeit uns an, Und nennt die Namen unſrer Staatsregenten! Favre. Picard, Leflö, Gambetta, Crémieux, Simon und ich. Des weit'ren Dorian, Grévy und Lavertujon. Als Gouverneur Verblieb Trochu, den niemand angezweifelt. Thiers. Gewiß hat jeder der Genannten ſein Verdienſt an der geword'nen Republik; Wie ich doch keiner, und Ihr habt mich nicht genannt. Favre. Ihr ſeid das Werk, Ihr braucht den Namen nicht verleihn. Und was geſchehen iſt, geſchah um Euch. — 116 — Thiers. Wohlan, ich will mit mir zufrieden ſein. Rufe. Niemals! — Rächt Euch! — Wir ſind mißbraucht! — Rächt uns! — Thiers. Wär' es ein monarchiſtiſches Regim, Würd' ich ſofort die Kampffanfaren blaſen; Republikanern müſſen wir verzeih'n. Sie waren es, die Mut genug gehabt, Den napoleon'ſchen Giftzahn auszubrechen. Wer weiß, ob uns die Tat gelungen wäre. — Napoleons Herrlichkeit iſt nun zu Ende. Geſetzgebend ſind wir mit ihm verblaßt, Doch tröſtet Euch, wir werden neu gewählt. Dann wollen wir die Fehler korrigieren. Die neue Macht jetzt aber zu bekämpfen, Das wär' unpatriotiſch. Alle Bürger müſſen Die Zuſtimmung ihr geben, daß ſie Frankreichs Erbfeind Bezwingen kann. Nichts mehr von Zugeſtändniſſen! Kein Hieb mehr flach geführt! — Kein Scheinmanöver! Und keinen deutſchen Sieg mehr unſrer Abſicht! — Beherzte Männer, ballt die Fauſt, verbergt Sie aber gut, und ziehen wir uns nun Mit Würde angeſichts des Feinds zurück, Dem wir Bazaine und Metz entreißen müſſen. — Wir find am Ziel; es leb' die Republik! Jubel.) (Favre, Picard und Thiers umarmen ſich.) Ende. Von Zeno von Siengalewicz erſchienen ferner in E. Pierſons Verlag in Dresden: Donaufluten (erſtlingswerh. Roman. Preis Mk. 3.—, geb. Mk. 4.—. ö Sankt Elend. Trauerſpiel in 3 Akten. Der Lieb' verlorne Urkund'. Dramatiſche Dichtung in 3 Akten und einem Vorſpiel. Atlantis oder des Volles und ds Königs Frühling. Sozial⸗romantiſches Schauſpiel in 4 Akten. Der Verbrüd'rung Frucht u. Blüten. Ein Demokratiſch-romantiſches Schaufpiel in 5 Akten. In Vorbereitung: Der Lüge ungeahnte Wahrheit. Ein Schauſpiel. Eddy, Ohm und die Mutter. Ein Roman und Napoleon der Erſte. Ein hiſtoriſches Schauſpiel. - & — a - 2 — j — aa 28 8 — . University of Connecticut Libraries a wre 3 ee a „ Her; 5 Pr „ 4 1 EEE Er en 5 3 22 *. 2 “ rn Fr Fr EIER Aare EEE a [5 er ie. 55 * Bee * 1 N 1 1 e r 2 x ut mie 22 . e 4 1 75 32 Deen e eee 717 — — 5 AEN rr 7 A Rn BAR 31 47 DER “ee f 12 i 55 „ r zer N 4 115 10 re, er n er er 45 ar F I 2 ri Ka 2 40 a: image Po 77) Kr Boa Ze BER 2 ine rn * N 8 an * i „ rn are BETH RER VELTSEEL, „ „ in er P} n 772 5 En 57 1 za 3 { } 5 2, Pen ' } 299 6% DZ nr seh . * wi Te BE BE ee a 1 2 —— * 2 Uns N 4 5 Ne . hi KuAr y f . 7 We Ins . tllhn ihn, s N 1555 65484 u. uhr, 17 6774455 Ale Ne A Dear ande —— Te BER, — 41 W = 2 — 1 SUCH. ES ut — * Wr r 7 I u 8 s 14. * * u Kur ys e * 2 e KEN 1 70 ed x N A 2 * u Sa R% KR 1 Ar NER umanne Br .% Ne rer 85. 4 8 Sar aan: 5 N a x 5 N [mar KR \ ’ 9 600 fer er ‘ . a u 12 — 4 1 7 N 94 N 5 OR nt 6. „ % 4 N Nee ca“ uU JE ER * ee We * enen “ 1 A AA