pi BF I a e 000000000008 000000 8000 0000000000 ne S 2 BIBLIOTHEQUE DE Louis AGAssIZ. Sede gd Tibrary of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, Founded by private subscription, in 1861. From the Library of LOUIS AGA SSI. No. SS / Ir KK» AAA AA AA——. — RE ̃ ̃ œ M ee Sal 20 4 e 3 2044 072 216 492 Eee 2 NY) vo =: Uaturgeſchichte „ 5 In fuſionsthierchen 240 3 großem Werke über dieſe Thiere, in einer gedrängten vergleichenden Ueberſicht dargeſtellt ’ von Dr. J. L. C. Gravenhorſt, Profeſſor an der Univerſität Breslau. Breslau, Verlag und Druck von Graß, Barth und Comp. — 1844. 5 av. . > 44,09 4 ; N HERAN 7 75 ja vor wi 2 Vorwort. Vor der Herausgabe meiner vergleichenden Zoologie im Jahre 1843 war es mir noch nicht vergönnt ge— weſen, mich mit Ehrenbergs großem vortrefflichen und in aller Hinſicht Bewunderung erregenden Werke über die Infuſionsthierchen (Leipzig 1838 Fol.) ver— traut zu machen und daſſelbe ſo recht eigentlich zu ſtudiren; daher ſind auch diejenigen Abſchnitte meines Buches, welche über dieſe Thiere (meine Schleimthiere, mit Ausnahme der Elemententhierchen) ſich verbreis ten, nur ſehr dürftig ausgefallen, enthalten manches 1* 5 1* Vorwort. Schwankende und unrichtige, und geben über mehres Merkwürdige aus der Naturgeſchichte dieſer Thiere gar keine Auskunft. Nachdem ich aber Ehrenbergs Werk vollſtändig kennen gelernt hatte, entfland in mir bald der Entſchluß, aus dem überreichen Worrathe deſſelben an neuen Beobachtungen und Entdeckungen, eine kurze vergleichende Ueberſicht der ganzen Naturgeſchichte die— ſer höchſt merkwürdigen Weſen einer mikroskopischen Thierwelt, ganz nach den Abſchnitten 979 wie 1 ich ſie in meiner vergleichenden Zoologie eingerichtet habe, zuſammenzuſtellen; und ſo entſtand vorliegendes Werkchen. Anfangs war es nicht die Abſicht, meine Arbeit zu veröffentlichen, ſondern ich hatte dieſe nur fürmich ſelbſt ausgeführt; da ich aber glaube, daß dies ſer Auszug aus dem großen Ehrenbergeſchen Werke, in der Form, wie ich denſelben geſchrieben habe, auch andern Naturforſchern, und ſelbſt den Beſitzern jenes großen Werkes, nicht unwillkommen ſein werde, auch Herr Prof. Ehrenberg gegen die Veröffentlichung Vorwort. V nichts einzuwenden hatte, ſo habe ich demſelben durch den Druck eine weitere Verbreitung geben wollen. Bekanntlich haben manche von Ehrenberg ge— machte Auslegungen gewiſſer Erſcheinungen in dieſen mikroskopiſchen Thieren vielerlei Widerſpruch erfahren, ſowohl von deutſchen als von franzöſiſchen Naturfor— ſchern; und da unter dieſen Gegnern auch Männer auftraten, welche mit Unterſuchung mikroskopiſcher Ge— genſtände vertraut ſind und in der dabei vorzunehmen— den Handhabung die nöthige Gewandtheit beſitzen, ſo iſt freilich Manches aus der Naturgeſchichte dieſer Thiere, beſonders was den innern Bau und die Aus— legung der Functionen mancher Theile des Körpers betrifft, noch nicht mit ganzer Sicherheit feſtgeſtellt Ich habe indeß in meiner Ueberſicht dieſe Controver— ſen gar nicht berührt, ſondern rein und unvermiſcht die Ehrenbergeſchen Anſichten geliefert. So habe ich auch in den von Ehrenberg für die Gattungen und Familien der Infuſionsthierchen gewählten Benennun— a vi . Vorwort. gen nichts geändert, obgleich viele derſelben nicht den Grundſätzen entſprechen, die von mir, in der berg chenden Zoologie (Einleitung Seite XVIII) für die Bildung und Anwendung ſolcher Namen aufgeſtellt worden ſind. | Breslau, im Juli 1844. J. TC. C. Gravenhorſt. Infuſionsthierchen. Erſter Abſchnitt. Alaſſifilation. § 1. * Erſte Klaſſe. Magenthiere, Polygastrica. — — 1 A. Darmloſe, Anentera. afte Familie: Monadina, Monadinen. 5 Monas, Monade. . Uvella, Traubenmonade. Polytoma, Theilmonade. ‘ Microglena, Augenmonade. Glenomorum, Brautmonade, Phacelomonas, Wedelmonade. Doxococeus, Walzmonade. . Chilomonas, Lippenmonade. Bodo, Schwanzmonade. * E 9 % — sone 2te Familie: Cryptomonadina, Panzermonaden. 10. Cryptomonas, Panzermonade. 11. Ophydomonas, Schlangenmonade. 2 4% 1. Klaſſifikation. 12. Provocentrum, Stachelmonade. 13. Lagenella, Flaſchenmonade. 14. Cryptoglena, Panzerauge. 15. Trachelomonas, Rüſſelmonade. ate Familie: Volvocina, Kugelthiere. 16. 17. Gyges, Gygesring. Panclorina, Beerenkugel. Gonyum, Tafelthierchen. . Synerypta, Doppelmantel. . Synura, Strahlenkugel. . Uroglena, Strahlenauge. . Eudorina, Augenkugel. Chlamydomonas, Hüllenthierchen. Sphaerosira, Ruderthierchen. 25. Volvox, Kugelthier. Ate Familie: Vibrionia, Zitterthierchen. 26. . Vibrio, Zitterthierchen. . Spirochaeta, Schlingenthierchen. „ Spirillum, Walzenſpirale. 30. Spirodiscus, Scheibenſpirale. Bacterium, Gliederſtäbchen. Ste Familie: Closterina, Spindelthierchen. 31. Closterium, Spindelthierchen. gte Familie: Astasiaca, Aenderlinge. 1 32. 33. 34, 35. Astasia,. Aenderling. Amblyophis, Stumpfauge. Hunglena, Augenthierchen. Chlorogonium, Nixenthierchen. 1, Klaſſifikation. 36. Colacium, Flohfreund. 37. Distigma, Doppelpunkt. zte Familie: Dinobryina, Wirbelmoosthierchen. 38. Epipyxis, Hermenthierchen. 39. Dinobryon, Wirbelmoosthierchen. Ste Familie: Amoebaea, Wechſelthierchen. 40. Amoeba, Wechſelthierchen. Hte Familie: Arcellina, Kapſelthierchen. 41. Difflugia, Schmelzthierchen. 42. Arcella, Kapſelthierchen. 43. Cyphidium, Höckerthierchen. note Familie: Bacillaria, Stabthiercheu. Erſte Section: Desmidiacea. 44. Desmidium, Kettenſtäbchen. 45. Staurastrum, Kreuzſtern. 46. Pentasterias, Fünfſtrahl. 47. Tessararthra, Kugelkette. 48. Sphaerastrum, Kugelſtern. 49. Nanthidium, Doppelklette. 50. Arthrodesmus, Vierling. 51. Odontella, Zapfenkette. 52. Micrasterias, Zellenſternchen. 53. Euastrum, Sternſcheibe. 54. Microtheca, Stachelſcheibe. Zweite Section: Naviculacea. 55. Pyxidicula, Kugelroſe. 56. Gallionella, Doſenkette. 10 64. 1. Klaſſifikation. . Actinoeyelus, Strahlendoſe. Navieula, Schiffchen. . Eunotia, Prachtſchiffchen. Cocconeis, Schildſchiffchen. . Bacillaria, Zickzackthierchen. 2. Tessella, Plattenkette. . Fragilaria, Bruchſtäbchen. Meridion, Fächerſtäbchen. Dritte Section: Echinellea. 65. Isthmia,, Iſthmenthierchen. 5. Synedra, Ellenthierchen. Podosphenia, Keilſchüppchen. Gomphonema, Keilbäumchen. . Echinella, Palmenthierchen. Cocconema, Stelzkorn. . Achnanthes, Fahnenthierchen. Striatella, Zickzackfähnchen. Vierte Section: Lacernata. D 1 * min m} . A na a8ie Familie: 80. 81. 82. Frustulia, Gallertſchiffchen. Syneyelia, Ringſchiffchen. Naunema, Röhrenſchiffchen. Gloeonema, Nöhrenforn. Schizonema, Strahlenſchiffchen. Micromega, Röhrenbäumchen. Acineta. Strahlenbäumchen. Cyclidina, Scheibenthierchen. Cyclidium, Scheibenthierchen. Pantotrichum, Muffthierchen. Chaetomonas, Borſtenmonade. 1. Klaſſifikation. 11 1 2te Familie: Peridinaea, Kranzthierchen. 83. Chaetotyphla, Klettenthierchen. 84. Chaetoglena, Borſtenauge. 85. Peridinium, Kranzthierchen. 86. Glenodinium, Augenkranzthierchen. B. Darmführende, Enterodela. 13te Familie: Vorticellina, Glockenthierchen. 87. Stentor, Trompetenthierchen. 88. Trichodina, Urnenthierchen. 89. Urocentrum, Kreiſelthierchen. 90. Vorticella, Glockenthierchen. 91, Carchesium, Glockenbäumchen. 92. Epistylis, Säulenglöckchen. 93. Opercularia, Schirmglöckchen. 94. Zoothamnium, Doppelglöckchen. 14te Familie: Ophrydina, Panzerglockenthierchen. 95. Ophrydium, Gallertglöckchen. 96. Tintinnus, Klöppelglöckchen. 97. Vaginicola, Mantelglöckchen. 98. Cothurnia, Stelzenglöckchen. 15te Familie: Enchelia, Walzenthierchen. 99. Enchelys, Walzenthierchen. 100. Disoma, Doppelleib. 101. Actinophrys, Sonnenthierchen. 102. Trichodiscus, Strahlenſcheibe. 103. Podophrya, Strahlenfuß. 104. Trichoda, Haarthierchen. 12 105. 106. 107. 108. 1. Klaſſifikation. Lacrymaria, Thränenthierchen. Leucophrys, Wimperthierchen. Holophrya, Wollthierchen. Prorodon, Zahnwalze. 16 te Familie: Colepina, Büchſenthierchen. 109. Coleps, Büchſenthierchen. a2te Familie: Trachelina, Halsthierchen. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. Trachelius, Halsthierchen. Loxodes, Lippenthierchen. Bursaria, Börſenthierchen. Spirostomum, Schneckenthierchen. Phialina, Zapfenthierchen. Glaucoma, Perlenthierchen. Chilodon, Seitenſchnabel, Nassula, Reuſenthierchen. Ste Familie: Ophryocereina, Schwanenthierchen. 118. Trachelocerca, Schwanenthierchen. 19 te Familie: Aspidiscina, Schildthierchen. s Aspidisca, Schildthierchen. 20ſte Familie: Colpodea, Buſenthierchen. 120. 121. 122. 123. 124. Colpoda, Buſenthierchen. Paramecium, Längethierchen. Amphileptus, Doppelhalsthierchen. Uroleptus, Schleppthierchen. Ophryoglena, Wimperauge. 1. Klaffifitation. 21fle Familie: Oxytrichina, Hechelthierchen. 125. Oxytricha, Hechelthierchen. 126. Ceratidium, Hornthierchen. 127. Kerona, Krallenthierchen. 128. Urostyla, Griffelthierchen. 129. Stylonychia, Waffenthierchen. 22ſte Familie: Euplota, Nachenthierchen. 130. Discocephalus, Scheibenkopf. 131. Himantopliorus, Peitſchenfuß. 132. Clamidodon, Gedenkthierchen. 133. Euplotes, Nachenthierchen. Zweite Klaſſe. Räderthiere, Rotatoria. A. Ringräderthiere, Monotrocha. a. Einräderthiere, Holotrocha. Iſte Familie: Ichthydina. Wimperfiſchchen. Ptygura, Faltenſchwanz. Ichthydium, Wimperfiſchchen. Chaetonotus, Bürſtenfiſchchen. Glenophora, Augenkreiſel. 0 — Po 2te Familie: Oecistina, Hülſenfiſchchen. 5. Oecistes, Hülſenfiſchchen. 6. Conochilus, Lippenkreiſel. 13 14 1. Klaffifitation. b. Kerbräderthiere, Schizotrocha. * ate Familie: Megalotrochaea, Sonnenſchirmthierchen. 72 Cyphonautes, Buckelfiſchchen. 8. Microcodon, Glockenfiſchchen. 9. Megalotrocha, Sonnenſchirmthierchen. Ate Familie: Floscularia, Blumenfiſchchen. 10. Tubicolaria, Futteralrädchen. 11. Stephanoceros, Kronenrädchen. 12. Limnias, Waſſerdütchen. 13. Lacinularia, Hufeiſenthierchen. 1A. Melicerta, Bierbladt. 15. Floscularia, Blumenrädchen. B. Haufräderthiere, Sorotrocha. a. Vielräderthiere, Polytrocha. Ste Familie: Hydatinaea, Kryſtallfiſchchen. 16. Enteroplea, Organenfiſchchen. 17. Hydatina, Kryfiallſiſchchen. 18. Pleurotrocha, Pfriemenzahn. 19. Furcularia, Gabelfiſchchen. 20. Monocerca, Fadenſchwanz, 21. Notommata, Nackenauge. 22. Synchaeta, Borſtenkopf. 23. Scaridium, Springer. 24. Polyarthra, Floſſenfiſchchen. 25. Diglena, Zweiauge. 26. Triarthra, Dreibart. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 1. Klaſſifikation. 15 Rattulus, Brillenratte. Distemma, Doppelſtern. Triophthalmus, Reihenauge. Eosphora, Dreiauge. Otoglena, Stielauge. Cyeloglena, Kreisauge, Theorus, Vielauge. Ste Familie: Euchlanidota, Mantelfiſchchen. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. b. Lepadella, Schuppenfiſchchen. Monostyla, Stachelfuß. Mastigocerca, Peitſchenſchwanz. Euchlanis, Mantelfiſchchen. Salpina, Salpenfiſchchen. Dinocharis, Pokalthierchen. Monura, Griffelfuß. Colurus, Zangenfuß. Metopidia, Stirnauge. Stephanops, Diademthierchen. Squamella, Augenſchüppchen. Doppelräderthiere, Zygotrocha. 2 te Familie: Philodinaea, Weichräderthierchen. 45. 46. 47. 48. Callidina, Schönrädchen. Hydrias, Waſſerdreher. a Typhlina, Blindwirbler. Rotifer, Rüſſelrädchen. 49. Actinurus, Dreizack. 50. Monolabis, Gabelzange. 51. Philodina, Nackenrädchen. 16 1. Klaſſifikation. ste Familie: Brachionaea, Schildräderthierchen. 52. 53. 54. 55. Noteus, Eiträger. Anuraea, Stutzrädchen. Brachionus, Wappenthierchen. Pterodina, Flügelrädchen. 2. Aeußeres. 17 Zweiter Abſchnitt. Aeuſzere körperliche Beſchaffenheit. 8 2. Die Infuſionsthiere ſind, der bei weitem größeren Zahl nach, mikroskopiſch klein, Monas crepusculum ſo klein, daß 8000 Millionen derſelben nur einen Raum von einer Kubiklinie einnehmen. Die größeren Arten werden indeß von einem ſcharfen geübten Auge ſchon ohne Vergrößerung als winzig kleine Pünktchen erkannt. Sehr ſelten erreichen ſie die Länge einer halben Linie, z. B. eine Art Trompe— tenthierchen (Stentor Mülleri) und mehre Blumenfiſchchen, unter denen die Vierblätter eine Linie lang find. Ans ders iſt es aber mit ſolchen Arten, wo mehre Thiere gemein ſchaftlich zu einem Stocke vereinigt ſind: Dergleichen Stöcke bilden zum Theil Bäume von drei Linien Höhe, z. B. in den Gattungen der Schirmglöckchen und Doppelglöckchen, oder fauſtgroße Gallertklumpen, z. B. die Gallertglöckchen (Ophrydium versatile), § 3. Die Subſtanz des Körpers iſt zart gallertartig, mehr oder weniger contractil und durchſcheinend; bei der Hälfte der Gattungen aber mit einer ſtarren unbeweglichen Hülle oder Panzer bekleidet, welche theils ſelbſt nur gallertartig, 2 18 2. Aeußeres. meiſt aber entweder häutig oder ſelbſt hart, theils kalkartig häufiger aber kieſelartig iſt; im letzten Falle zuweilen glas— und kryſtallartig (z. B. in der Familie der Stockthierchen), wo ſie Kieſelerde und mitunter auch Eiſen enthält. Bei einigen Schmelzthierchen iſt ſie äußerlich dicht mit Sand— körnchen bekleidet; bei den Vierblättern und Waſſerdütchen beſteht ſie aus gleichgroßen Körnern, welche durch den After ausgeleert werden und ſich aneinander ſetzen; auch bei den Kapſelthierchen iſt fie zuweilen aus kleinen Körnern zuſam— mengeſetzt. Theils bedeckt ſie nur, wie ein Schild, den oberen Theil des Körpers, ſo bei einigen Panzermonaden, Kapſelmonaden, Schildthierchen, Gelenkthierchen; theils hat ſie unten oder oben einen Längsſpalt, ſo bei manchen Mantelfiſchchen; theils umgiebt ſie den ganzen Körper, und hat dann entweder nur vorn eine Oeffnung, ſo bei den meiſten, oder iſt vorn und hinten offen, wie eine Schildkrö— tenſchale, ſo z. B. bei den Schildkrötenthierchen, oder hat mehre, zwei bis ſechs, Oeffnungen an verſchiedenen Stellen, wie bei manchen Stabthierchen und Mantelfiſchchen; ſelten iſt ſie ganz geſchloſſen, bei einigen Kugelthieren. Sie iſt theils einſchalig, ſo bei den meiſten, theils zweiſchalig oder mehrſchalig, z. B. den meiſten Gattungen der zwei— ten, dritten und vierten, Section der Stabthierchen. Mehre der gepanzerten Infuſionsthiere haben eine doppelte Hülle, z. B. die Doppelmantel- und einige Stabthierchen, nament⸗ lich die der vierten Section, deren Panzer noch mit einer gallertartigen Hülle umgeben iſt. Selten iſt die Hülle dreifach, z. B. an manchen Röhrenbäumchen, in der vier⸗ ten Section der Stabthierchen, wo nämlich der eigentliche Panzer in einer Röhre ſteckt, die wieder einen gallertartigen Ueberzug hat. — Die Thiere find in ihrer Hülle ange— 2. Aeußeres. 19 wachſen, jedoch hat man an einigen beobachtet, daß ſie dieſelben freiwillig verlaſſen, davonſchwimmen, und ſich nach— her wahrſcheinlich eine neue Hülle anbilden, z. B. einige Kugelthiere und Hülſenfiſchchen. Was die Farbe betrifft, ſo ſind die meiſten Magen— thiere farbenlos durchſcheinend. Viele ſind aber grün, z. B. einige Monaden, Traubenmonaden, Panzermonaden, Kugelthiere, Spindelthierchen, Stabthierchen, viele Arten von Augenthierchen u. ſ. w. An einigen Kugelthieren ſind nur die innern Kugeln grün. Unter den Darmführenden kom— men grüne weniger häufig vor, z B. Trompetenthierchen, Wollthierchen. Seltener iſt die gelbe Farbe, z. B. an eini— gen Monaden, Augenmonaden, Höckerthierchen, Stachelſchei— ben, Schiffchen, Echinellen; unter den Darmführenden an Seitenſchnäbeln und Reuſenthierchen. Noch ſeltener iſt die rothe, z. B. an Arten der Walzenmonaden, Aenderlinge, Augenthierchen; unter den Darmführenden kommen bei den Wimperthierchen und Hechelthierchen rothgefärbte Arten vor. Die Räderthiere ſind ſämmtlich farbenlos, doch haben die meiſten einen weißen oder gelben durchſcheinenden Eierſtock; die Waſſerdütchen und Vierblätter haben eine gelbe Hülle. §4. Die Geſtalt der Infuſionsthierchen bietet eine unend— liche Mannigfaltigkeit in ihren Veränderungen dar, indem dieſelbe, von der einfachſten Form, der kleinſten punktförmi⸗ gen Kugel, ausgehend, verſchiedenen Modifikationen in ihrer Umbildung folgt: Wenn die Kugel ſich nach zwei entgegen— geſetzten Richtungen ausdehnt, ſo wird ſie nach und nach eiförmig, ſpindelförmig, cylindriſch, wurmförmig, fadenförmig, in den mannigfaltigſten Abänderungen, als 2% 20 2. Aeußeres. büchſenförmig, keulenförmig, ſtabartig u. ſ. w. Alle dieſe Formen kommen unter den Magenthieren vor. In der Klaſſe der Räderthiere fehlt die wurmförmige, faden— förmige, ſtabförmige Geſtalt; deſto häufiger iſt die ſpindel— förmige und keulenförmige. Die Kugelform findet ſich nur in wenigen Familien, beſonders unter den Kugelmona- den und Kugelthieren; auch bei einigen Kranzthierchen, Walzenthierchen und Stabthierchen, z. B. bei den Kugel: ketten, Kugelſternen und Doppelkletten. Unter den Räder thieren bildet nur Conochilus volvox Gallertkugeln, die ſich drehen. Deſto häufiger iſt die Eiform, welche zum Theil auch in jenen Familien und in vielen andern, z. B. unter den Büchſenthierchen, Halsthierchen, Buſenthierchen, auch unter den Räderthieren, bei den Kryſtallfiſchchen, Weichräder⸗ thierchen, Schildräderthierchen, vorkommt. Spindelför— mig ſind die meiſten Spindelthierchen und Weichräderthier— chen, auch einige Stabthierchen, Halsthierchen, Kryſtallfiſch— chen u. ſ. w. Cylindriſch find einige Zitterthierchen, Stab thierchen, Panzerglockenthierchen, Walzenthierchen, Weichrä— derthierchen, Kryſtallfiſchchen u. ſ. w. Wurmförmig iſt ſelten, bei einigen Zitterthierchen und Schneckenthierchen; ſo auch fadenförmig, bei einigen Zitterthierchen, Spindel— thierchen, Schlangenmonaden; büchſenförmig bei einigen Panzermonaden, Moosthierchen, Kapſelthierchen, Panzer— glockenthierchen, Hülſenfiſchchen; keulenförmig bei Thrä— nenthierchen, einigen Walzenthierchen, häufig aber in den vier erſten Familien der Räderthiere; ſtabartig bei einigen Spindelthierchen und Stabthierchen. — Wenn die eben genannten Formen zuſammengedrückt erſcheinen, ſo ha— ben wir linſenförmige, ſcheibenförmige, lanzett— förmige, und wenn dieſe eckig werden, tafelförmige, > 2. Aeußeres. ' 21 viereckige, rautenförmige, dreieckige Geſtalten u.f.w. Linſenförmig ſind z. B. manche Panzermonaden und Halsthierchen; ſcheibenförmig manche Scheibenthierchen, Urnenthierchen, Walzenthierchen; lanzettförmig, meiſt viereckig, die Tafelthierchen und Stutzrädchen; rauten— förmig einige Kranzthierchen; dreieckig Pokalthierchen. — Andere Geſtalten ſind noch die faſt würfelförmige bei Höckerthierchen und Fadenſchwänzen; die ſchalenförmige und theils in die urnenförmige übergehende der Urnen— thierchen; die häufig vorkommende glockenförmige der Glockenthierchen und einiger Kryſtallfiſchchen; die trompe— tenförmige der Trompetenthierchen, u. dgl. Manche In— fuſionsthiere ſind mehrkantig, z. B. die keilförmigen, wie die Fächerſtäbchen, Keilſchüppchen, Keilbäumchen; die prismatiſchen, wie die meiſten Stabthierchen, deren Pan— zer drei- bis fünfſeitig iſt, die Schuppenfiſchchen, Zangen— füße. Manche ſind an der Oberfläche theils mit erhabenen Linien getäfelt oder facettirt, wie z. B. unter den Au— genkranzthierchen (Glenodinium tabulatum), die meiſten Büchſenthierchen, die dadurch zum Theil ein geringeltes An— ſehen erhalten, mehre Schildräderthierchen, einige Kryſtall— thierchen. An den ungepanzerten Infuſionsthieren ſind aber die äußern Formen meiſt ſehr veränderlich, wegen des hohen Grades von Contractilität, der dieſen Thieren eigen iſt, fo daß, im zuſammengezogenen Zuſtande derſelben, die vollkommene Geſtalt, welche ſie im ausgeſtreckten Zuſtande zeigen, oft gar nicht mehr erkannt wird, und auch die wei— chen Fortſätze des Körpers (ſ. § 5) gänzlich verſchwinden. Unter ihnen ſind nur die Monadinen unveränderlich. An— ders verhält es ſich mit den gepanzerten Infuſionsthieren, 22 2. Aeußeres. deren Geſtalt im Ganzen, durch den Panzer, welcher, wegen ſeiner Starrheit, den Contractionen des Thieres nicht folgt, beſtimmt wird. Dieſe ſind von unveränderlicher Ge— ſtalt, und nur die vortretenden weichen Fortſätze können ein= | gezogen werden. Nur wenn der Panzer häutig und fehr zünn iſt, giebt er zum Theil den Zuſammenziehungen nach, ſo daß die Geſtalt ſich verändert, z. B. bei einigen Stutz⸗ sädchen (Anuraca striata) ſ. 8 22. $ 5. An vielen Infuſionsthieren kann man beſondere Abthei— lungen des Körpers, wie Kopf, Hals, Schwanz u. ſ. w. unterſcheiden: Wenn das vordere Ende des Körpers mehr oder weniger verdickt und durch eine längere oder kürzere Einſchnürung von dem übrigen Rumpfe getrennt iſt, ſo nennt man jene Verdickung Kopf, die Einſchnürung Hals, z. B. an Thränenthierchen, Halsthierchen, Schwanenthier⸗ chen, Scheibenköpfen, Weichräderthierchen. Der Hals iſt ſehr lang bei manchen Magenthieren, z. B. bei Schwanen— thierchen, Thränenthierchen, Doppelhalsthierchen; an letztern ohne kopfförmiges Ende; an einer Art der Halsthierchen (Trachelius trichophorus) iſt er peitſchenförmig verlängert. Einen kurzen ſtarken Hals haben mehre Räderthiere, beſon— ders viele Weichräderthierchen; auch die Flaſchenmonaden haben einen ſolchen Hals, aber ohne Kopf. Schwanz nennt man im Allgemeinen eine hintere dünnere Verlängerung des Körpers. Wenn dieſe weniger dünn und zum ſich Feſtſetzen eingerichtet iſt, und wenn ober— halb vor derſelben ſich der After befindet, wird ſie Fuß genannt. Einen eigentlichen Schwanz haben z. B. die Schwanzmonaden, manche Kugelthiere und Aenderlinge, die Doppelhalsthierchen, Schleppenthierchen. 2. Aeußeres. 23 Der Fuß, ein beweglicher, einziehbarer und ausſtreck⸗ barer Theil, welcher ſich bei allen Räderthieren, mit weni— zen Ausnahmen, wie z. B. nicht bei Floſſenfiſchchen und Stutzrädchen, findet, iſt entweder einfach oder getheilt. Der einfache iſt theils griffelförmig, z. B. an den Falten— ſchwenzen, Augenkreiſeln, Hülſenfiſchchen, mehren Kryſtall— fiſchcher, den Flügelrädchen, an welchen letztern er ſich mit einer Amaugeſcheibe endigt; theils geht er in eine kürzere oder längere borſtenförmige Verdünnung aus, z. B. an Fadenſchwänzen und Dreibärten, an welchen letztern ſie zuweilen faſt dreimal ſo lang als der übrige Körper iſt; theils iſt er zangenförmig, d. h. am Ende mit ein Paar zapfenförmigen Fortſätzen, die zum Feſthalten beim Anſetzen dienen, wie bei vielen Räderthieren, beſonders bei den Kry— ſtallfiſchchen und allen Weichräderthierchen, wo er zuweilen noch zwei bis vier ähnliche Nebenfortſätze hat. Wenn die beiden Zangenfortſätze ſich mehr ſtrecken und verlängern, ſo wird der Fuß getheilt, gabelförmig oder zweibor— ſtig, z. B. an ſehr vielen Kryſtallfiſchchen, namentlich an den Gabelfiſchchen, Doppelſternen, Dreiaugen, Springern u. ſ. w., ſo auch an den meiſten Mantelfiſchchen und Schild— räderthierchen. Sehr häufig zeigt ſich der Fuß wie geglie— dert, mit zwei bis vier Abſätzen, z. B. bei den meiſten Mantelfiſchchen und Weichräderthierchen, welche aber keine eigentliche Glieder ſind, ſondern dadurch entſtehen, daß der Fuß ſich an dieſen Stellen beim Verkürzen mehr oder we— niger einſtülpt. So erſcheint aus gleicher Urſache, der Fuß mancher Schildräderthierchen geringekt. Bei einigen endet der Fuß mit einer Anſaugeſcheibe, z. B. an den Lip⸗ penkreiſeln und Flügelrädchen. — Uebrigens werden auch zuweilen noch andere Theile, welche manchen Infuſions— 24 2. Aeußeres. thierchen zum Kriechen oder Feſthalten dienen, mit dem Na— men Füße bezeichnet, z. B. gewiſſe ſtelzen- oder borften- förmige Organe, die ſich an der Bauchſeite mancher Arten 3. B. an Krallenthierchen und Peitſchenfüßen, finden, fo me die warzenförmigen Organe, welche aus dem Längspalt mancher Stabthierchen hervortreten. An den Strahlenbium— chen beſteht das Bewegungsorgan aus mehren fühlerarti- gen Organen. | . Von dem Fuße oder Schwanze dieſer Thiere iſt aber der Stiel wohl zu unterſcheiden, in welchen, bei mehren von ihnen, der Hintertheil des Körpers ausgeht, und mit— telſt deſſen ſie an andern Gegenſtänden oder auch unter ſich feſtſizen. Unter den Räderthieren kommen keine geſtielte vor, aber ſchon unter den darmloſen Magenthieren finden ſich dergleichen, z. B. die Flohfreunde, Hermenthierchen, manche Stabthierchen aus den Sectionen der Echinella und Lacernata u. ſ. w, am häufigſten in den Familien der Glok— kenthierchen und Panzerglockenthierchen. Bei dieſen iſt der Stiel immer ſehr dünn, hohl, kann ſich nicht einziehen, wohl aber bei den meiſten ſpiralförmig zuſammenziehen; nur bei wenigen iſt er ſteif, z. B. bei den Stelzenglöckchen, Säulenglöckchen, Schirmglöckchen. Manche dieſer Thiere können ſich aber von ihm losmachen, worauf ſie ſich dann frei umherbewegen und wahrſcheinlich einen neuen Stiel aus ſich hervorbilden, z. B. viele Stabthierchen und Glok— kenthierchen. § ©. Außer den im vorhergehenden Paragraphen betrachte— ten Theilen kommen aber, an mehren Infuſionsthieren, noch andere Fortſätze, Anhängſel, Vorſprünge und Bekleidungen des Körpers vor, unter denen wir folgende herausheben: 2. Aeußeres. 25 Am Kopfe bildet die Stirn bei einigen einen zapfenförmi— gen oder kegelförmigen Vorſprung, z. B. an den Bör— ſenthierchen, Schönrädchen, Rüſſelrädchen. Die Wappen— thierchen haben zwei bis drei ſolcher Stirnzapfen, die zu— weilen griffelartig geſtaltet ſind; auch die Floſſenfiſchchen und die Hornthierchen haben zwei dergleichen Stirnzapfen (vergl. 10). An den Eiträgern iſt die Stirn in drei Lap— pen getheilt, an den Halsthierchen iſt ſie in eine lange, rüſſelartige, an den Lippenthierchen und Seitenſchnäbeln in eine breite Lippe verlängert. Bei den meiſten Räderthieren geht das Vorderende des Körpers, wenn es vollſtändig ent— faltet iſt, in mancherlei Vorſprünge oder Verlängerungen aus, theils als ein mehr oder weniger vorſpringender oder überhängender, einfacher, kreisrunder Rand, ſo bei den Ein— räderthieren; theils als ein mehr oder weniger ausgeſchweif— ter Kreis, bei den Kerbräderthieren. Wenn dieſe Ein— ſchnitte tief gehen, ſo bekommt das Ganze dadurch das hübſche Anſehen einer Blumenkrone, z. B. bei den Blumen— fiſchchen; und zuweilen verlängern und verſchmälern ſich dieſe Lappen ſo, daß ſie ein fühlerartiges Anſehn erhalten, wie es bei den Kronenrädchen der Fall iſt. Von einigen andern mannigfaltig gebildeten, ohrförmigen, ſtielförmigen, röhrenförmigen Fortſätzen wird in der Folge noch die Rede ſein. Mehre Monadinen, Kranzthierchen, Aenderlinge, Ku— gelthiere u. |. w. haben vorn einen längern oder kürzern fadenförmigen oder peitſchenförmigen Anhang, welchen Eh— renberg Rüſſel nennt. Zuweilen ſind darin zwei, ſelten mehre vorhanden. An den Panzern mehrer Infuſionsthiere befinden ſich noch mancherlei Vorragungen: Die Peitſchenſchwänze haben einen Rückenkamm; die Höckerthierchen ſind mit 26 2. Aeußeres. Höckern beſetzt u. ſ. w. Beſonders häufig aber kommen ſtachelförmige, hörnerförmige, hakenförmige Verlängerungen vor. Die Doppelkletten haben dergleichen lange, gerade Stacheln an verſchiedenen Stellen der Oberfläche; die Stachelſcheiben vier vorn und vier hinten; die Eiträger, viele Stutzrädchen, Wappenthierchen und Salpenfiſchchen vorn zwei bis ſechs, hinten einen bis drei, von denen aber einige zum Theil nur kurze zahnförmige Spitzen find, andere gekrümmte Dornen oder Hörner. Mehre Kranzthierchen haben vorn einen oder zwei große gerade oder gekrümmte hörnerförmige Fortſätze, hinten einen geraden ſtarken Stiel. Die Hechelthiere, Nachenthierchen und Mantelfiſchchen ha— ben zum Theil Haken und Griffel an verſchiedenen Stel— len; die Krallenthierchen und Peitſchenfüße find beſonders . am Bauche mit dergleichen zahlreich verſehen; vorzüglich lang ſind ſie an den letztern. Der Körper der Nackenräd— chen iſt mit weichen, beweglichen ſtachelförmigen Fäd— chen beſetzt. Unter den Kryſtallfiſchchen ſind einige Gattun— gen, z. B die Floſſenfiſchchen und Dreibärte, an der Bruſt mit zwei bis zwölf langen beweglichen, ruderförmigen An— hängſeln, ſogenannten Bruſtfloſſen oder Bruſtbärten oder Sprungbärten, verſehen, welche beſonders in einer Art der Dreibärte (Triarthra longiseta) ſehr lang, faſt drei— mal ſo lang als der Körper, ſind. § 7. Faſt alle Infuſionsthiere haben mehr oder weniger Borſten oder Haare an verſchiedenen Stellen des Kör⸗ pers: Borſten find ſtärkere, ſteife Haare, z. B. an den Doppelkletten, Borſtenmonaden, manchen Kranzthierchen, den Hechelthierchen, Floſſenfiſchchen, mehren Mantelfiſchchen, 2. Aeußeres. 27 Scheibenthierchen u. ſ. w. Die Schildthierchen führen, be— ſonders am Bauche, ſolche längere Borſten; die Bürſten— fiſchchen auf dem Rücken. Dieſe Borſten find meiſt mehr oder weniger beweglich; einige Nackenaugen haben jederſeits eine einziehbare Borſte. Viel häufiger kommen Haare oder Wimper vor. Unter letzter Benennung verſteht man vorzugsweiſe diejenigen Haare, durch deren Bewegung ein Strudel im Waſſer her— vorgebracht wird (ſ. $ 22). Solche Wimper haben alle Rä— derthiere und die bei weiten meiſten Magenthiere, von ver— ſchiedener Länge und an verſchiedenen Stellen des Leibes, beſonders aber am Vorderende. Ueberall am Körper be— haart ſind vorzüglich mehre Magenthiere, z. B. die Trom— petenthierchen, Wimperthierchen, Rollthierchen, Muffthier— chen, Zahnwalzen, Halsthierchen, Längenthierchen, wo dann aber die um den Mund befindlichen Haare etwas länger als die übrigen, zu fein pflegen. An den Buſenthierchen ſtehen die Haare reihenweiſe. Nur am Munde gewimpert ſind z. B. die Schwanenthierchen, die Schildthierchen und die bei weiten meiſten Räderthiere. Die Wimperhaare ſtehen meiſtens einreihig in einem Kreiſe am Vorderende des Körpers um den Mund, und bilden einen Wimperkranz. Die Form des Kranzes iſt aber auf mannigfache Weiſe mo— dificirt, je nachdem der Fortſatz oder die Fortſätze des Kör— pers, deren Ränder ſie beſetzt halten, verſchieden gebildet ſind (vergl. § 6). Das Ganze aber, nämlich die Fortſätze, mit den daran ſitzenden Wimpern, bildet ein Organ, wel— ches man Strudelorgan oder Wirbelorgan, auch wohl Räderorgan genannt hat (ſ. § 22 u. 23). Schon manche Monadinen haben einen Wimperkranz um den Mund; ſo auch manche Borſtenmonaden, die Glockenthierchen und Hals— 28 2. Aeußeres. thierchen, welche überdem am ganzen Körper mit ſtrudeln— den Wimpern beſetzt ſind, die Scheibenthierchen, welche einen einfachen Wimperkranz um den ganzen Körper haben. Doch iſt das ganze Strudelorgan bei dieſen Thierchen noch un— vollkommen, immer ſehr einfach und wenig oder gar nicht vortretend. Bei einigen Glockenthierchen erſcheint indeß zu— weilen periodiſch noch ein zweiter Wimperkranz am hintern Körperende oder, bei andern, z. B. bei den Gallertglöckchen, Glockenbäumchen, Säulenglöckchen auf dem Rücken. Voll— ſtändiger und mannigfaltiger ausgebildet iſt dieſes Organ an den Räderthieren, wo es den Mund umgiebt, ſo jedoch, daß es nicht ſelten ſich auch noch am Bauche hinzieht. Der Form nach iſt es entweder ganzrandig oder ausgeſchweift, oder mehr oder weniger tief eingeſchnitten (ſ. § 6); zuwei⸗ len ſind noch beſondere Griffel mit ihnen verbunden, z. B. an den Borſtenköpfen. Der Zahl nach iſt es entweder einfach, wenn es nur Einen zufammenhängenden Wim— perkranz bildet, ſo bei den Einräderthieren; oder zweifach, wenn es in zwei Kränze getheilt iſt, ſo bei den Doppel⸗ räderthieren, wo es dann zuweilen auf zwei ſtiel- oder za— pfenförmigen Fortſätzen ſitzt und gleichſam geſtielt erſcheint, z. B. an den Waſſerdrehern und manchen Rüſſelrädchen; oder mehrfach, bei den Vielräderthieren, drei- bis zwölf— fach, in der geringſten Zahl, z. B. an den Stirnaugen und Diademthierchen, in der größten z. B. an den Kryſtallfiſch— chen und Dreiaugen. Die Mittelzahlen, fünf bis acht, ſind die häufigern. Zuweilen find auch einige kleinere Wirbel- organe in einen größern Wirbelkranz eingeſchloſſen, z. B. an Nackenaugen, Pfriemenzähnen, Kryſtallfiſchchen. 2. Aeußeres. g 29 § 8. Bisher haben wir die Infuſionsthiere in ihrem einfa— chen Zuſtande, als Einzelthiere betrachtet. Viele derſel— ben, ſelten aber Räderthiere, kommen zuſammengeſetzt vor, ihrer mehre zu Einem Stocke oder in eine gemein— ſchaftliche Hülle vereinigt. Solche Stöcke ſind entweder frei oder feſtſitzend. Unter den freien haben wir hier beſon— ders die Familien der Stabthierchen zu betrachten: Ihrer ſind oft mehre mit einander ſo vereinigt, daß ſie bandför— mige Stöcke bilden, indem ſie der Länge nach meiſt dicht aneinander liegen; bei den Zapfenketten aber hängen die einzelnen Thiere durch Seitenzapfen zuſammen, entweder in der Mitte durch Einen ſolchen Zapfen, oder durch zwei End— zapfen, ſo daß, im letzten Falle, in der Mitte durchbrochene Bänder oder Ketten gebildet werden. In manchen Gat— tungen, z. B. in der der Zickzackthierchen, beſtehen dieſe Bänder aus ſehr vielen Thieren, in andern aber findet man immer nur zwei bis viere vereinigt, z. B. in denen der Do— ſenketten und Schiffchen. Die Fächerſtäbchen, welche eine keilförmige Geſtalt haben, hängen ſo zuſammen, daß ſie ge— bogen, zuweilen ſelbſt ringförmige oder ſpiralförmige Bänder darſtellen. Die Zellenſternchen und Sternſcheiben ſind ſternförmig verbunden. Manche Zickzackthierchen und Plattenketten bilden zickzackförmige Stöcke. Der Pan— zer der Wirbelmoosthiere treibt Knoſpen, die ſich am Kör— per entwickeln, wodurch freiſtehende Bäumchen entſtehen. nn Unter den feſtſitzenden bietet ſich eine noch größere Mannigfaltigkeit dar: So hängen z. B. die Iſthmenthier⸗ chen mittelſt ihres kurzen Stieles reihenweiſe zuſammen. Die Fahnenthierchen und Zickzackfähnchen bilden geſtielte 30 2. Aeußeres. Bänder oder Fähnchen. Beſonders häufig kommt unter denjenigen Magenthieren, welche mittelſt eines Stieles feſt— ſitzen, die veräſtelte oder baumförmige Zuſammenſetzung vor, z. B. bei den Flohfreunden, Keilſchüppchen, Keilbäum— chen. Auch manche geſtielte Stabthierchen bilden baumför— mige Stöcke, z. B. die Palmenthierchen, ſolche von fächer— förmiger oder wirtelförmiger Geſtalt. Vor allen aber zeich— nen ſich die Glockenthierchen durch ſolche baumförmige hüb— ſche Verbindungen aus, z. B. die Glockenbäumchen, Dop- pelglöckchen, Säulenglöckchen, Schirmglöckchen. Merkwürdig ſind hier noch diejenigen Gattungen, bei denen ungleiche Thierchen an einem und demſelben Bäumchen ſitzen, wie die Doppelglöckchen und Schirmglöckchen, wo, außer den gewöhnlich gebildeten glockenförmigen Thierchen, auch noch größere eiförmige vorkommen. Manche Magen— thiere ſind in Haufen oder Klumpen vereinigt, z. B. Traubenmonaden, Theilmonaden, Brautmonaden. Die Gal— lertglöckchen (Ophrydium versatile) bilden zuweilen fauſt⸗ große Gallertklumpen, mit Millionen Thierchen; ſo auch, nur weniger groß, die Klöppelglöckchen. — Unter den Rä— derthieren haben die Hufeiſenthierchen haufenweiſe, zu Gallertklümpchen verbundene Hüllen; auch bei den Son— nenſchirmthierchen trifft man mehre in eine gemeinſchaftliche Gallertkugel vereinigt an, ſo daß ſie mit den Schwanzenden in einem gemeinſchaftlichen Punkte feſtſitzen; und bei den Lippenkreiſeln find mehre Thiere mit ihren Panzern zufam- mengewachſen. Bei den meiſten der in dieſem Paragraphen angeführ— ten Formen, namentlich unter den Magenthierchen, entſteht der Zuſammenhang mehrer Thiere aus einer unvollkom— menen Selbſttheilung der einzelnen Thiere, d. h. da— 2. Aeußeres. 31 durch, daß letztere ſich theilen und abermals theilen u. ſ. w., ohne ſich vollſtändig zu trennen (§ 24). Vielleicht findet daſſelbe auch bei den fadenförmigen Zitterthierchen ſtatt, deren Körper durch mehre Querlinien in gleiche Abſchnitte getheilt erſcheint. Sie können anfangs runde Thierchen ge— weſen ſein, die, durch unvollkommne Selbſttheilung, nach und nach zu Fäden ſich ausdehnten, gleichſam fadenförmig zuſammengeſetzte Monaden. — Sollte man nicht auch die Doppelleiber, welche zwei Leiber an einem gemeinſchaftlichen Munde haben, und die zweiköpfigen Schwanenthierchen, deren Hals geſpalten iſt und an jedem der beiden Enden einen Kopf mit einem Munde hat, als ſolche in Theilung begrif— fene aber ſtehen gebliebene Thierchen betrachten können? 89. Einen Mund, zum Einnehmen der Nahrung, haben alle Räderthiere und vielleicht auch alle Magenthiere; doch iſt er bei vielen der letztern noch nicht erkannt worden. Seine Lage iſt verſchieden, meiſt am Vorderende des Kör— pers. Bei vielen Monadinen und Aenderlingen iſt er un— terwärts an der Baſis des peitſchenförmigen Rüſſels (§ 6) vorhanden; etwas weiter zurück an der Unterſeite, z. B. an den Scheibenthierchen und Wimperaugen; am Bauche, theils in der Mitte deſſelben, an den Kranzthierchen, Perlenthier— chen, Buſenthierchen, Krallenthierchen: theils mehr ſeitlich, ſo an den Börſenthierchen. Bei den Schiffchen iſt er an dem mittelſten der zapfenförmigen Fortſätze befindlich, welche aus dem Längsſpalt hervortreten. Bei den Schönrädchen iſt er am Ende eines rüſſelförmigen Stirnfortſatzes. Die Bürſtenfiſchchen und Rüſſelrädchen können den Mund röh— renförmig vorſchieben, und ſo ragt auch bei einem Blumen— 32 2. Aeußeres. rädchen (Floscularia proboscidea) aus der Mitte des Stru- delorgans eine Röhre hervor, welche am Ende eine große Oeffnung zu haben ſchien. Einen doppelten Mund ha— ben vielleicht einige Stabthierchen, wenn man nämlich von den Zickzackthierchen die beiden Oeffnungen an jedem Kör— perende, und bei den Schiffchen die beiden untern, vordern Oeffnungen, als Münde betrachten kann. Die zweiköpfigen Schwanenthierchen haben wirklich zwei Münde. Dieſen ent: gegengeſetzt ſind die Doppelleiber, welche zwei Leiber mit einem gemeinſchaftlichen Munde haben. — Von dem Gebiß wird im § 15 die Rede ſein. Die darmloſen Magenthiere ſind ohne After, und die unverdaueten Ueberbleibſel der Nahrungsmittel werden durch den Mund ausgeleert. Auch unter den darmführenden Ma— genthieren und unter den Räderthieren iſt er nur bei weni— gen Gattungen entdeckt; obgleich wahrſcheinlich bei allen vor- handen. Bei den Glockenthierchen liegt er mit dem Munde in einer gemeinſchaftlichen Grube; bei den Buſenthierchen und Krallenthierchen am Bauche, neben dem Munde; bei den Walzenthierchen und Schildthierchen hinten, alſo weit vom Munde getrennt; bei den Schwanenthierchen und Wim— peraugen oberwärts vor dem Hinterende des Körpers; bei den Räderthieren oben an der Baſis des Fußes. § 10. Die eigentlichen Athemorgane der Infuſionsthierchen ſind im Innern gelegen (§ 28) und münden nach Außen entweder durch eine einfache Oeffnung, oder durch eine oder zwei Röhren aus. Bei den Magenthieren ſind dieſe Organe noch zweifelhaft: Die Schiffchen haben ober— wärts vorn zwei Oeffnungen, die vielleicht hieher gehören. 2. Aeußeres. 33 Bei vielen Räderthieren aber ſind jene Organe beſtimmter vorhanden: Die Stielaugen ſcheinen auf dem Rücken eine ſolche Oeffnung zu haben. Häufiger finden ſich dergleichen am Vorderende (dem Kopfe), wo ſie dann auch zum Theil mit Wimpern verſehen ſind. Mehrere Kryſtallfiſchchen, z. B. die Nackenaugen, haben ſolch eine Oeffnung oder vorſtehende Röhre im Nacken; eben ſo die Rüſſelrädchen und Stutz⸗ rädchen. Die Fadenſchwänze führen eine Röhre an der Stirn. Die Floſſenfiſchchen haben eben daſelbſt zwei mit feinen Borſten beſetzte Hörnchen, die vielleicht auch Athem— röhren find (vergl. § 6). Bei den Futteralrädchen gehen vorn am Bauche zwei Athemröhren aus; und zwei zapfen— förmige Vorragungen an der Bruſt der Vierblätter ſcheinen ähnliche Organe zu ſein. Ss 11. Aeußere Bewegungsorgane ſind bereits im 8 5, unter den Benennungen Schwanz und Fuß, und im §6 als Rüſſel, Stacheln, Krallen, Borſten, Wim— per, Bruſtbärten, dargeſtellt. Von den Bewegungen dieſer Theile wird im § 22 das Weitere angeführt werden. § 12. Die bekannten Sinnesorgane der Infuſionsthierchen beziehen ſich auf das Taſtgefühl und auf das Sehen. Zum Taſten dient wohl mit der ſogenannte Rüſſel der Monadinen. Auch die vielen ſtrahlenartigen, zurückzieh— baren und ſtrudelnden Fühler der Strahlenbäumchen ſchei— nen hieher zu gehören. Einige Walzenthierchen haben lang— ſam ſich bewegende Taſter. Auch mögen noch manche an- dere bewegliche und vorſtreckbare Körpertheile, manche Bor⸗ 3 34 2. Aeußeres. ſten und Haare zum Taſten dienen, wie denn auch Ehren: berg die am Rande des Körpers der Strahlenſcheiben, und die an den Sonnenthierchen nnd Strahlenfüßen überall am Körper hervorſtehenden Borſten Fühlborſten nennt (vergl. § 6 und 7). Mehre Infuſionsthierchen haben auf der Oberſeite des Vorderkörpers einen oder einige tiefgefärbte, meiſt dunkel rothe oder ſchwarze Punkte, welche als Augen betrachtet werden, zumal da unter dieſen Punkten ein drüſiges Organ liegt, welches, der Analogie nach, als Augennervenknoten gelten kann. Beſonders ſind unter den Räderthieren nur wenige Gattungen ohne Augen; bei einigen verſchwinden ſie aber im Alter, z. B. bei den Hülſenfiſchchen, Sonnenſchirm— thierchen, Waſſerdütchen u. ſ. w. — Die Zahl der Au— gen iſt verſchieden: Nur Ein Auge haben mehre Magen— thiere, z. B. die Wirbelmoosthierchen, Wimperaugen u. ſ. w.; unter den Räderthieren z. B. die Stutzrädchen und Wap— penthierchen. Mit zwei Augen ſind verſehen unter den Ma— genthieren, z. B. die Doppelpunkte, unter den Räderthieren z. B. die Weichräderthierchen. Die Kryſtallfiſchchen und Mantelfiſchchen haben eins, zwei, drei, vier und zum Theil noch mehr Augen; letzteres z. B. bei den Kreisaugen, wo ſie kreisförmig geſtellt ſind, und bei den Vielaugen, wo ſie in zwei Gruppen zuſammengehäuft ſtehen, aber farbenlos und daher noch zweifelhaft als Augen zu betrachten ſind. Die beiden Augen der Rüſſelrädchen ſtehen auf dem zapfen— förmigen Stirnvorſprunge dieſer Thiere. Die Stielaugen haben, außer einem Nackenauge, noch zwei geſtielte Stirn- augen. Dieſe Augen der Räderthiere find unter der durch- ſichtigen Oberhaut auf ihrem Nervenknoten bew eglich; ob fie aber mit einer wahren Hornhaut, Linſe u. ſ. w. verſehen 2. Aeußeres. 35 ſind, wie zum Theil angegeben wird, iſt doch wol erſt noch ſicher zu ſtellen. Daß ſie den Wechſel von Licht und Fin— ſterniß empfinden, iſt wahrſcheinlich; aber ſchwerlich dienen ſie zum Erkennen und Unterſcheiden äußerer Gegenſtände. 5 13. Aeußere Geſchlechtstheile ſind an dieſen Thieren nicht vorhanden, ſondern nur die äußere Geſchlechtsöff— nung iſt beſtimmt an mehren Räderthieren erkannt worden, wo ſie mit dem After zuſammenfällt, z. B. an den Son— nenſchirmthierchen, Kryſtallfiſchchen, Hufeiſenthierchen. Unter den Magenthieren hat man z. B. an den Buſenthierchen dieſe Oeffnung, ebenfalls in den After ausgehend, entdeckt; an den Schildſchiffchen iſt vielleicht die Rückenöffnung, und an den Schiffchen eine der Rückenöffnungen, als Geſchlechts— öffnung zu betrachten. 36 | 3. Inneres. Dritter Abſehnitt. nie re r a n. § 14. Obgleich die Maſſe des weichen Körpers der Infu⸗ ſionsthierchen aus einer gallertartigen Subſtanz beſteht, ſo hat man in derſelben doch ſchon mehr oder weniger deut⸗ liche Muskeln erkannt, beſonders bei den Räderthieren, wo ſie in mehreren Richtungen und Formen vorkommen, je nachdem es die Bewegung der Theile, auf welche ſie ein— wirken, erfordert. Beſonders deutlich ſind die der Strudel— organe, welche in eben ſo viele Bündel ſich theilen, als Stru— delorgane vorhanden ſind. Unter den Magenthieren laſſen ſie ſich am deutlichſten in der Familie der Glockenthierchen erkennen, wo ſie bei einigen Gattungen als Längs- und Quermuskeln ſich zeigen; und namentlich erſtreckt ſich bei denjenigen, welche einen ſpiralförmig zuſammenziehbaren Stiel haben, ein Schnellmuskel durch die hohle Axe deſſel— ben, da hingegen bei denen mit ſteifem Stiele jener Mus⸗ kel fehlt. § 15. Was die innern Ernährungs- und Verdauungs— organe und zuförderſt den Nahrungskanal betrifft, ſo fängt derſelbe äußerlich mit dem Munde an, welcher in feiner Höhle keine beſondern Theile enthält, außer daß ſich 3. Inneres. | 37 bei einigen Gattungen, z. B. bei den Buſenthierchen und Längethierchen, zuweilen ein kurzes, zungenartiges Or— gan aus demſelben hervorſchiebt, und bei einigen andern ſchon Zähne in ihm enthalten ſind, die bei den Zahnwal— zen und Gedenkthierchen einen Kranz bilden, bei den Sei— tenſchnäbeln und Reuſenthierchen aber zuweilen ſelbſt aus dem Munde hervorragen. In vielen der kleinern Magenthiere ſind innre Er⸗ nährungs= und Verdauungsorgane entweder noch gar nicht oder unvollkommen geſehen. Wo dergleichen ermittelt wur— den, da zeigen ſie ſich als mehrere blaſenförmige Mägen, welche, bei den darmloſen Gattungen, unmittelbar mit dem Munde zuſammenhängen, bei den darmführenden aber mit einem Kanale (Speiſeröhre oder Darm) der an einem Ende in den Mund, am andern in den After ausgeht. In den Räderthieren iſt der Nahrungskanal voll— kommner entwickelt und beſteht, wenn er vollſtändig iſt, aus einem mit harten Kinnladen verſehenen Schlundkopfe, von dem eine Speiſeröhre in einen einfachen Magen | führt, der ſich in einen Darm öffnet, deſſen Ausgang der After iſt. Sehr ſelten aber ſind alle dieſe Abtheilungen deutlich vorhanden, ſondern bald fehlt die eine, bald die an— dere. Man kann die Räderthiere nach dieſen Verſchieden— heiten folgendermaßen ordnen: 1) Schlundräderthiere (Trachelogastrica), mit langer, enger Speiſeröhre, die gleich in einen kurzen Darm, ohne Magen, übergeht, z. B. Wim— perfiſchchen, Borſtenfiſchchen. 2) Darmräderthiere (Coe— lögastrica), mit kurzer Speiſeröhre, die gleich in einen lan— gen Darm, ohne Magen, übergeht, z. B. Kryſtallfiſchchen, Borſtenköpfe. 3) Mag enräderthiere (Gasterodela), mit einem beſtimmten, vem Darm geſonderten Magen, z. B. 38 3. Inneres. Mantelfiſchchen, Wappenthierchen, Sonnenſchirmthierchen. In dem letztern ſieht man am Hinterende des Nahrungs: kanals auch mehrere Blinddärme. A) Fadendarmthier⸗ chen (Trachelocystica), mit undeutlicher Speiſeröhre, aber mit einem fadenartigem, ſehr langen Dünndarme und einem kugelförmigen Dickdarme dicht am After, z. B. Rüſſelräd⸗ chen, Dreizacke, Nackenrädchen u. ſ. w. f Die am Schlundkopfe ſitzenden Kinnladen ſind zangenförmig geſtaltet und bewegen ſich auch ſo, daß ſie zangenartig ſich öffnen und ſchließen. Sie ſind kürzer oder länger, bei einigen Nackenaugen ſo lang, daß ſie weit aus dem Munde hervortreten können; haben Zähne, die ent— weder mit einem Ende an ihnen feſtſitzen, oder quer auf ihnen liegen. Manchen fehlen dieſe Zähne, z. B. den Buk— kelfiſchchen, welche an deren Statt nur einige Borſten haben, und den Organenfiſchchen. Einen Zahn haben die Pfrie— menzähne und Gabelſiſchchen, zwei die Rüſſelrädchen und Schönrädchen, viele die meiſten. Die Blumenrädchen ha— ben einen doppelten Schlundkopf, wo denn nur der hintere mit Kinnladen verſehen iſt. | Uebrigens aber find der Nahrungskanal und feine be⸗ ſondern Abtheilungen nicht etwa bloße Aushöhlungen in der Subſtanz des Körpers, ſondern wirkliche ſelbſtſtändige Organe, die ſich frei darlegen laſſen. S 16. Von Organen, die vielleicht Berdauungsfäfte ab— ſondern, iſt nur weniges beſtimmt erkannt worden: Die Reuſenthierchen und Seitenſchnäbel haben ein Organ, wel— ches gefärbte Flüſſigkeit enthält, vielleicht der Galle analog; und bei einigen Räderthieren, z. B. unter den Nackenaugen, 3. Inneres. 39 zeigen ſich am Magen fadenförmige Gefäße, wie Blind— därme, die als Darmgefäße angeſprochen werden könnten. Die meiſten Räderthiere haben hinter dem Schlunde zwei große Drüſen, vielleicht Speicheldrüſen; mehrere derſelben, z. B. die Nackenaugen, am Magen oder am Darm en zwei Bauchſpeicheldrüſen. $ 17. Ah. Gefäße wurden bei mehren Räderthieren mehr oder weniger deutlich geſehen, z. B. in Sonnenſchirmthierchen, Lippenkreiſeln, Kryſtallfiſchchen. Wo ſie am vollſtändigſten erſchienen, da bildeten ſie ein Syſtem, welches aus Längs— gefäßen und queren Kreisgefäßen zuſammengeſetzt war, die mit einem Gefäßnetz in Verbindung ſtanden und fadenför— mige Kanäle zum Nahrungskanal ſandten. Aber ein Kreis- lauf von Flüſſigkeit hat in ihnen noch nicht entdeckt werden können. | um § 18. Organe, die man für innere Kiemen halten könnte, zeigen ſich im Hinterkörper mehrerer Räderthiere als eine oder zwei Reihen ovaler ſtets zitternder Körper, die entweder an freie Röhren oder an die Samendrüſen (f. § 20) geheftet ſind. In den Lippenkreiſeln haben ſie die Form zweier Spiralbänder. Die Sonnenſchirmthierchen und die Kronen— rädchen haben vier zitternde Kiemen im Kopfe. Bei den Kryſtallſiſchchen (Hydatina senta) füllte ſich der Körper bald mit einer waſſerhellen Flüſſigkeit, bald wurde dieſe wieder ausgeſtoßen; wahrſcheinlich geſchah dieſes durch die Oeff— nung im Nacken, als Ein- und Ausathmungsprozeß. 40 3. Inneres. § 19. Von Nerven zzeigt ſich ſchon in den Magenthieren eine Spur, indem bei vielen von denen, welche Augenpunkte haben, unter dieſen ein drüſiger Körper, als Augenner: venknoten, befindlich iſt, z. B. in den Stumpfaugen und Augenthierchen. Alle mit Augen verſehenen Räderthiere haben ebenfalls dieſen Knoten; außerdem aber find an meh: reren derſelben noch andere Nervenknoten und Nervenfä— den an andern Stellen, beſonders im Nacken, zuweilen auch ein Gehirnknoten, z. B. in den Kryſtallſiſchchen (Hyda- - tina senta) und Pfriemenzähnen (Pleurotrocha leptura), ſichtbar. Die Nackenaugen (Notommata clavulata) haben acht Paare ſolcher Knoten im Körper. Von den meiſten Knoten gehen Nervenfäden zu den verſchiedenen Theilen des Körpers. § 20. Wir haben nur noch die innern Geſchlechtstheile zu betrachten. Unter ihnen ſind die Eierſtöcke am größ- ten und deutlichſten, als eine größere oder kleinere Anſamm— lung runder Körperchen von verſchiedener Größe und Zahl, in eine oder mehrere Gruppen zuſammengehäuft, zu erkennen. Die Magenthiere haben meiſt ſehr viele und kleine Eier; die Räderthiere hingegen wenigere aber deſto größere. Die männlichen Geſchlechtstheile beſtehen aus Samendrüſen oder Hoden, und Samenblaſen, und ſind nicht immer ſo deutlich wie die Eierſtöcke zu erkennen, zwi⸗ ſchen denen ſie meiſtentheils liegen. In den Räderthieren ſind ſie faſt durchgängig geſehen, doch die letzten ſeltener als die erſten. Die Hoden ſind in Geſtalt, Größe und Zahl 3. Inneres. 41 verſchieden, meiſt blaſenförmig und einfach, bei mehreren dop— pelt, z. B. bei manchen Panzermonaden, Kugelthieren und bei den Räderthieren. Die Samenblaſen ſind ebenfalls in Geſtalt, Größe und Zahl verſchieden, liegen neben den Ho— den, unterſcheiden ſich aber von dieſen dadurch, daß ſie ſich zuſammenziehen können. 42 4. Lebensweiſe. Vierter Abſehnitt. e h e n 0 w ei i § 21. Die Infuſionsthierchen wohnen ſämmtlich im Waſ— ſer, die Mehrzahl, wie es ſcheint, im ſüßen, viele aber auch im Meere; manche Arten in beiden zugleich. Diejenigen, welche weder Fuß noch ſonſtige Organe zum Sichfeſthalten haben, ſchwimmen faſt beſtändig umher; die andern ſetzen ſich theils willkürlich feſt, theils find fie angeheftet an Pflan— zen, Thiere, Steine u. ſ. w. Manche ſcheinen recht eigent- lich auf Pflanzen zu leben, indem ſie entweder an den— ſelben umherkriechen, wie die Prachtſchiffchen und Schild— ſchiffchen, oder an ihnen feſtſitzen, wie die Sonnenſchirm⸗ thierchen und mehrere Blumenfiſchchen. Andere halten ſich an Waſſerthieren auf. Die Flohfreunde z. B. ſitzen mittelſt ihres Stieles, auf Arten von Cyclops; die Krallen— thierchen leben und laufen umher an Armpolypen; ſo woh— nen auch manche Kryſtallfiſchchen paraſitiſch auf andern Thieren, z. B. einige Nackenaugen an andern Magenthieren und Räderthieren, und zwar eine Art derſelben (Notommata petromyzon) auf den Säulenglöckchen, welche wiederum pa— raſitiſch auf Cyelops ſitzen, alſo Schmarotzer. Es kommen aber auch zuweilen Arten ſelbſt im Innern von Thie— ren und Pflanzen vor, z. B. Monadinen; obgleich ſehr 4. Lebensweiſe. 43 häufig dergleichen Kügelchen für Monaden gehalten worden find, ohne daß fie es wirklich waren. Eine Art Naden- augen (Notommata Werneckii) lebt in kolbenartigen Aus— wüchſen der Vaucheria; eine andere (Not. parasita) in Ku⸗ gelthieren (Volvox globator), deren Inneres ſie verzehrt. Mehrere Arten Börſenthierchen wohnen im Maſtdarme der Lurche; eine Art Längethierchen (Paramecium compressum) im Darme der Regenwürmer und Muſchelthiere. § 22. Was die Bewegungen dieſer Thiere betrifft, ſo ha— ben wir hier zuförderſt die Beweglichkeit (Contractilität) des weichen Körpers und der äußern Theile deſſelben, dann die verſchiedenen Arten der Ortsbewegung zu betrachten. Ueber die Beweglichkeit des Körpers und ſeiner Theile iſt ſchon am Ende des § 4 Einiges angeführt wor— den. Unter dieſen geſtaltverändernden Thieren haben beſon— ders die Wechſelthierchen von jeher die Aufmerkſamkeit der Beobachter gefeſſelt und, wegen der beſtändigen und man— nigfaltigſten Geſtaltveränderung des Körpers, der bald hier bald dort ſich ausdehnt, zuſammenzieht, theilweiſe aus ſich ſelbſt fühlerförmig, armförmig, äſtig u. ſ. w. hervor- und wieder zurück- zu fließen ſcheint, ſchon früh den Namen Proteus erhalten. Dergleichen willkürlich veränderliche Fort— ſätze haben auch manche gepanzerte Magenthiere, z. B. die Kapſelthierchen, am Vorderende des Körpers. Auch die Aenderlinge haben von dieſer Beweglichkeit den Namen er— halten, und unter ihnen ſind beſonders die Doppelpunkte in dieſer Hinſicht auszuzeichnen. Der Körper der Weich— räderthierchen bekommt dadurch, daß er ſich an mehreren Stel— len einziehen und einſtülpen kann, oft ein Anſehen als ob er gegliedert ſei. 44 s 4, gebensweiſe. Die Ortsveränderung findet in verſchiedenen Gra= den und auf mannigfaltige Weiſe ſtatt: Mehrere Gattungen, insbeſondere aus der Familie der Stabthierchen, zeigen nur ſelten einige kaum merkliche Bewegung und ſcheinen zum Theil ganz bewegungslos zu fein. — Die Bewegung der feſtſitzenden beſteht, namentlich bei denen, die mittelſt eines dünnen Stieles feſtſitzen (ſ. § 6), nur in einem ſtär⸗ kern oder ſchwächern Hin- und Herſchwanken, je nachdem der Stiel länger oder kürzer, dünner oder dicker iſt. Die langgeſtielten, hauptſächlich die aus der Familie der Glok— kenthierchen, ſchnellen ſich auch größtentheils, mittelſt des Stieles, vorwärts nnd zurück. Das Zurückſchnellen geſchieht, indem der Stiel ſich blitzſchnell ſpiralförmig zuſammenzieht, was ſelbſt bei den einzelnen Thieren der Klöppelglöckchen in ihrer gemeinſchaftlichen Gallerthülle ſtattfindet. Dieſe feſtſitzenden Arten machen ſich aber auch öfters frei, z. B. die Ellenthierchen, die Keilſchüppchen und die geſtielten Glok— kenthierchen. Letztere reißen ſich entweder von dem Stiele los, kriechen dann umher und bilden wahrſcheinlich einen neuen Stiel aus ſich hervor, oder ſie reißen ſich mit dem Stiele los und ſchwimmen umher, bis ſie ſich wieder an— ſetzen. — Außerdem aber giebt es noch viele Thierchen, die ſich durch beſondere Organe willkürlich anklammern und anheften können. Dieſe Organe ſind beſonders der Fuß der Räderthiere, vorzüglich wenn er ſich mit zangenförmigen Fortſätzen oder einer Anſaugeſcheibe endigt (ſ. § 5). Solche Anſaugeſcheiben haben auch die Trompetenthierchen und einige Uranenthierchen hinten auf dem Rücken. Manche Rä⸗ derthiere halten ſich zuweilen auch mit dem Munde feſt. Die zur eigentlichen Orts veränderung dienen⸗ den Bewegungen beſtehen im Schwimmen und Kriechen, 4. ‚Lebensweife, 45 beides aber auf verſchiedene Weife: Das Schwimmen ift entweder eine einfache, gleichmäßige Fortbewegung im Waſ— ſer, wie bei den meiſten Monadinen, oder der Körper dreht ſich dabei zugleich um feine Längsaxe, wie bei mehreren an— dern Monadinen und den meiſten der übrigen freien (nicht feſtſitzenden) Infuſionsthierchen; oder er rollt ſich, d. h. dreht ſtch um ſeine Queeraxe, was jedoch nur ſelten vor— kommt, z. B. bei den Walzenmonaden und Kugelthieren; oder er ſchlängelt, ſo bei den Zitterthierchen; oder endlich das Schwimmen geſchieht zuweilen ruckweiſe, gleichſam hü— fend oder ſpringend, wie bei einigen Scheibenthierchen, Schildthierchen, den Springern, Floſſenfiſchchen, Dreibärten u. ſ. w. Die Hechelthierchen bewegen ſich auf dieſe Weiſe ſowol rückwärts als vorwärts. — Zu den kriechenden Infuſionsthierchen gehören die Doppelpunkte, welche niemals ſchwimmen, ſondern wie Egel kriechen; auch viele Räder— thiere, z. B. die Weichräderthierchen, kriechen wie Egel; die Höckerthierchen und Schiffchen kriechen mittelſt eines ſchnek— kenfußartigen, beweglichen Fortſatzes; auch die Prachtſchiff— chen kriechen, wie Schnecken, auf dem Bauche. Einzelne Zickzackthierchen kriechen zuweilen ziemlich ſchnell mittelſt der zapfenförmigen Fortſätze, die aus dem Längsſpalt hervortre— ten. Viele Hechelthiere und Schildthierchen kriechen (oder gehen und laufen vielmehr), mittelſt der an der Unter— ſeite befindlichen Borſten und Haken, an Pflanzen und Thieren umher, zuweilen klettern ſie ſelbſt. Alle dieſe Bewegungen werden mittelſt der äußern Or— gane, Fortſätze und Anhängſel hervorgebracht, welche wir in den 88 5, 6, 7 kennen gelernt haben. Das Schwimmen hauptſächlich durch die Bewegung der Wimper, beſonders wieder da, wo dieſe einen Wimperkranz bilden. Wenn 46 4. Lebensweiſe. der Kranz vollſtändig iſt, ſo gewährt er, in ſeiner Bewe⸗ gung, auf das Täuſchendſte das Schauſpiel eines ſchnell umlaufenden Kammrades, und in der That hatte man ſich auch zum Theil wirklich ein dergleichen Organ gedacht. Als aber die Unhaltbarkeit einer ſolchen Anſicht einleuchtete, glaubte man die Erſcheinung dadurch erklären zu können, daß die einzelnen Wimper ſich ſchnell und mehrmals nach einander, und in beſtimmten und gleichen Zeiträumen, auf- richten und wieder niederlegen ſollten, wodurch die optiſche Täuſchung entſtände, als ſehe man die Wimper hinter ein⸗ ander weglaufen. Nach Ehrenbergs Beobachtung ent— ſteht jener Schein dadurch, daß jede einzelne Wimper ſich auf ihrer Baſis nur einfach dreht (wie der Arm eines Men— ſchen in ſeiner Gelenkpfanne), wodurch ſie mit ihrer Spitze einen Kreis, mit der ganzen Länge einen Kegel beſchreibt; und wenn ſo alle Wimper ſich zugleich und in gleicher Ge— ſchwindigkeit bewegen, und in dem Kegel der einen Wim⸗ per dieſe an der vom Auge abgewendeten Seite ſich findet, alſo weniger ſichtbar iſt, während die des vorhergehenden Kegels gerade vorn, alſo ſichtbar iſt, ſo wird, wenn dieſe zurücktritt und in demſelben Augenblicke die folgende vor⸗ tritt, die Täuſchung entſtehen, als ob dieſelbe Wimper wei— terlaufe und alle Wimper des ganzen Kranzes hinter eins ander hinliefen. Durch dieſe Bewegung entſteht ein Stru⸗ del im Waſſer, deſſen nächſter Zweck wohl das Anziehen von Nahrungstheilen zu fein ſcheint; zugleich aber dient das Strudeln auch, wenn das Thier ſich nicht angeheftet hat, zu Fortbewegung. — Andere Schwimmorgane ſind die peitſchenförmigen Anhängſel, ſogenannte Rüſſel, am Vor⸗ derende mancher Magenthiere, indem durch die Bewegung derſelben ebenfalls ein Strudel im Waſſer hervorgebracht 4. Lebensweiſe. 47 wird. Denjenigen Thierchen, die einen langen dünnen Hals oder Schwanz haben, dienen auch dieſe mit als Bewegungsorgane zum Schwimmen (ſ. § 5). Das ſtoß— weiſe, gleichſam hüpfende und ſpringende Schwimmen wird theils durch die Bruſtfloſſen (f. § 6), theils durch die einfachen oder doppelten, verlängerten peitſchenförmigen oder borſtenförmigen und gabelförmigen Anhängſel des Hin- terkörpers oder Fußes bewirkt (ſ. § 5), indem dieſe Theile mehr oder weniger ſchnell hinter einander folgende Schläge machen. Das ſchlängelnde Schwimmen geſchieht durch eine ſchlängelnde Bewegung des ganzen Körpers. Das eigentliche Kriechen wird durch Organe ausge— führt, welche mehr oder weniger dem ſogenannten Fuße der Schnecken entſprechen. Einen ſolchen Fuß haben z. B. einige Schiffchen und die Höckerthierchen. Hieher können auch die zapfenförmigen und kegelförmigen Warzen gezählt werden, welche die Zickzackthierchen und Spindelthiere aus der Oeffnung des Panzers hervorſtrecken; gewiſſermaßen auch die veränderlichen Fortſätze der Wechſelthierchen, ſo wie die fühlerförmigen Bewegungsorgane der Strahlenbäumchen. Viele Räderthiere, z. B. die Weichräderthierchen, kriechen, wie Egel, durch abwechſelndes Anſetzen und Loslaſſen des Mundes und der Fußzange. — Auf andere Weiſe kriechen, oder gehen und laufen vielmehr, manche Magen— thiere mittelſt der Krallen, Haken und Borſten, die an der Unterſeite derſelben befindlich ſind, z. B. die Nachen— thierchen und beſonders die Hechelthierchen, unter denen die Krallenthierchen und Peitſchenfüße mittelſt Krallen, die bei letztern, als Hakenfüße, von vorzüglicher Länge find. 48 4. Lebensweiſe. § 23. Die Nahrung beſteht meiſt in kleinern Magen— genthieren, welche eingefangen und verſchlungen werden; ſelbſt kleine Kiemenfüßler dienen den Nackenaugen zur Nahrung; eine Art der letztern (Notommata parasita) lebt in Kugelthieren, deren Inneres ſie verzehrt. Auch kleine ve⸗ getabiliſche Atome werden nicht ſelten mit verſchluckt. Die äußeren Organe, welche zum Herbeiziehen und Einſaugen der Nahrung dienen, ſind hauptſächlich die beweglichen Wimper und die Wimperkränze, die wir be- reits im §7 und 22 kennen gelernt haben, deren vorzüg— licher Zweck aber darin zu beſtehen ſcheint, durch den Stru⸗ del, den ſie im Waſſer hervorbringen und der gegen den Mund zuſtrömt, die in den Strudel gerathenden Nahrungs: mittel dem Munde zuzuführen. Die Blumenrädchen ſchei⸗ nen dabei auch, durch eine eigene ſchlagende Bewegung der lappenförmigen Ränder des Strudelorgans, die Nahrungs⸗ mittel gegen den Mund hinzutreiben, und mit den fang⸗ armförmigen Fortſätzen ihres Strudelorgans fangen die Kro⸗ nenrädchen kleinere Infuſionsthierchen. Denſelben Zweck, wie die Wimper, haben auch die peitſchenförmigen Rüſſel mehrerer Magenthiere (§ 6), indem durch die Bewegung der— ſelben ebenfalls ein Strudel im Waſſer hervorgebracht wird. Manche Mantelfiſchchen, die Pfriemenzähne und verwandte Gattungen, verfolgen zum Theil andere Magenthiere, greifen ſie mit den Kinnladen, zerkäuen die weichen Theile oder ſaugen ſie aus, und laſſen die harten Theile fallen oder werfen ſie ſie von ſich. 5. Vermehrung. 49 Fünfter Abſchnitt. Hermehrung und Entwickelung. Ss 24. Die Vermehrung der Infuſionsthierchen iſt dreifach, entweder durch Selbſttheilung oder durch Knospen, oder geſchlechtlich. Die Selbſttheilung findet in den meiſten «vielleicht in allen) Familien der Magenthiere ſtatt, niemals aber bei Räderthieren. Sie beſteht darin, daß ein ſolches Thierchen ſich in zwei ähnliche Thierchen trennt, jedes derſelben nach einiger Zeit abermals, und ſo fort. Die Trennung ſelbſt geſchieht entweder der Länge nach, und dies iſt der häufi— gere Fall, oder in die Queere, welches auch nicht ſelten vorkommt, z. B. bei den Scheibenthierchen. Mehrere Gattun— gen theilen ſich in beider Weiſe, z. B. Walzenthierchen, Reuſenthierchen, Buſenthierchen, Hechelthierchen, Nachen— thierchen. Die Theilung iſt ferner entweder vollkommen oder unvollkommen; jenes, wenn das Thier ſich voll— ſtändig in zwei ganz von einander getrennte Thiere ſondert, ſo die meiſten nicht feſtſitzenden und nicht gepanzerten Ma— genthlere; unvollkommen, wenn die Thiere, nach der Thei— lung, doch noch in irgend einem Zuſammenhange bleiben, jo bei den meiſten zuſammengeſetzten Thieren (§ 8). Letzte⸗ res findet wieder auf verſchiedene Weiſe ſtatt, denn entwe— 4 50 5. Vermehrung. der theilt ſich das weiche Thier, während die Hülle oder der Panzer ungetheilt bleibt, ſo z. B. die Gallertglöck— chen (Ophrydium versatile), deren Thiere ſich oft in unge⸗ heurer Menge, zu Millionen, theilen, während die ſie um— gebende Gallerthülle ungetheilt bleibt, aber wächſt und zu— weilen mehrere Zoll im Durchmeſſer haltende Haufen bildet; ſo auch manche Kugelthierchen, welche von einer beſonderen Hülle umgeben ſind, innerhalb derer ſie ſich durch Selbſt⸗ theilung vermehren, während die Hülle ſich ausdehnt, bis ſie platzt und die einzelnen Thiere frei werden, bei welchen letzteren indeß nicht ſelten, noch ehe ſie frei geworden ſind, die Selbſttheilung im Innern ſchon wieder beginnt; oder es theilt ſich der Panzer vollſtändig, während die Thiere ſelbſt mehr oder weniger zuſammenhängend bleiben, ſo z. B. die Zickzackthierchen und Plattenketten, wo das Verſchieben der einzelnen Thierchen an einander eben daher rührt, daß die weichen Thiere noch an einigen Stellen zuſammenhän⸗ gen, während die Panzer ſchon vollſtändig getrennt ſind. So entſtehen auch die bandförmigen Zuſammenſetzungen mancher Stabthierchen, und die ſternförmigen Verbindungen der Zellenſternchen und Sternſcheiben. Die geſtielten Gattungen theilen ſich ſehr häufig nur bis an den Stiel, welcher alſo ungetheilt bleibt und ein Stamm wird, auf dem zwei Thierchen ſitzen, die wieder jedes einen Stiel bekommen, ſich abermals theilen u. ſ. w., daß das Ganze zuletzt ein mehr oder weniger äſtiges Bäumchen darſtellt, z. B. Flohfreunde, Keilſchüppchen, manche Glockenthierchen. Von letzteren iſt noch zu merken, daß auch die vom Stiel abgelöſten Thierchen, nachdem ſie eine Zeitlang im Waſſer umhergetrieben find, ſich wieder feſtſetzen, einen neuen Stiel treiben, und nun, auf die eben beſchriebene Weiſe nach und 5. Vermehrung. 51 nach Bäumchen bilden. Vielleicht ſind auch die ſcheinbar aus gleichen Gliedern zuſammengeſetzten Zitterthierchen als eine, durch unvollkommene Selbſttheilung entſtandene Reihe zuſammenhängender Monaden zu betrachten. Dieſe Vervielfältigung durch Theilen geht bei manchen Magenthierchen, z. B. bei Längenthierchen, Waffenthierchen u. ſ. w. unter günſtigen äußeren Umſtänden, und wenn keine Unterbrechungen eintreten, ſo raſch hinter einander von Statten, daß ein einziges Mutterthier nach acht bis zehn Tagen wohl eine Nachkommenſchaft von einer Million In— dividuen haben kann. Ja einzelne Glockenthierchen können ſich möglicherweiſe binnen 24 Stunden bis über 16 Millio— nen vervielfältigen. § 25. Vermehrung durch Knospen findet ſelten ſtatt, z. B. an den Wirbelmoosthierchen, deren Panzer Knospen treibt, wodurch freiſchwimmende Bäumchen entſtehen. Auch manche Glockenthierchen treiben Knospen. Unter den Räderthieren iſt dergleichen nie beobachtet worden. S 26. Was nun die geſchlechtliche Vermehrung betrifft, ſo ſind, nach den bis jetzt gemachten Beobachtungen, die Infuſionsthierchen Zwitter, die ſich ſelbſt befruchten, indem die Samenblaſe ſich zuſammenzieht und ihren Inhalt an die in der Nähe befindlichen Eier ausleert. Was man früher zum Theil für Begattung gehalten hatte, waren in Theilung begriffene Thierchen. Die Magenthiere haben in der Regel eine ſehr große, zum Theil eine ungeheuere Menge winzig kleiner Eier, welche alle zu gleicher Zeit frei wer— 3 5. Vermehrung. den. Die Räderthiere haben weniger aber verhältnißmäßig große Eier, welche ſich eins nach dem andern entwickeln und frei machen; in den Glockenfiſchchen bildet ſich immer nur ein Ei von faſt gleicher Länge mit dem Mutterkörper aus. Die Eier fangen ſich erſt dann zu entwickeln an, wenn das Thierchen einen gewiſſen Grad der Ausbildung erreicht hat, wenigſtens geſchieht jenes bei vielen Stabthierchen erſt, nach— dem ſie ſich ſammt den Eierſtöcken vielfach unvollkommen getheilt und zuletzt völlig getrennt haben. In manchen Rä— derthieren bilden ſich zweierlei Eier aus, nämlich glatte und andere, welche geadert oder haarig oder ſonſt an der Ober— fläche uneben ſind. Letztere entwickeln ſich langſamer und werden von Ehrenberg Wintereier genannt, z. B. in mehreren Kryſtallfiſchchen und Schildräderthierchen. Die Geburt der Eier geſchieht bei mehreren Magen— thieren dadurch, daß das Mutterthier zerfließt oder platzt und nun die Eier frei werden, z. B. bei Monadinen, Ku gelthieren, Trompetenthierchen; auch bei manchen Halsthier— chen zerfließt ein Theil des Körpers bei der Geburt. Die, welche einen After haben, geben durch dieſen die Eier von ſich; | fo kommen z. B. die Eierſchnüre der Buſenthierchen durch den After hervor, und ſo iſt es auch bei allen Räder— thieren. Die Magenthiere legen ihre Eier ohne weiteres in das Waſſer. Bei den Räderthieren finden hierin Modifika⸗ tionen ſtatt: manche ſetzen die Eier an Waſſerpflanzen ab, z. B. die Salpenfiſchchen reihenweiſe, manche Mantelfiſch— chen ſo, daß ſie dieſelben mit einem Schleim überziehen, wo fie dann wie ein Faltercoccon ausſehen u. ſ. w. Die ges panzerten legen ihre Eier zum Theil in die Körperhüllen, z. B. die Blumenfiſchchen. Mehrere ſetzen ihre Eier an an— dere Thiere ab, z. B. manche Nackenaugen an andere lebende 5, Vermehrung. 53 Magenthiere oder an andere ihrer Nebenarten; eins derſel— ben (Notommata parasita), welches im Innern der Kugel— thiere lebt, ſetzt auch daſelbſt die Eier ab, wobei übrigens das Kugelthier ſelbſt ganz munter umherrollt. Bei vielen bleiben die Eier, wenn ſie hervortreten, äußerlich an dem eigenen Körper hängen und werden ſo, bis zu ihrem Aus— kommen, von dem Thiere mit umhergetragen. So führen die Floſſenfiſchchen, Dreibärte und einige Nackenaugen die Eier auf dem Rücken mit ſich; und da manche Arten der letzteren ihre Eier auf dem Rücken anderer Nebenarten ab— ſetzen, ſo geſchieht es zuweilen, daß ein und daſſelbe Thier zweierlei Eier, nämlich ſeine eigenen und die einer anderen Nebenart, auf ſich trägt. Die Sonnenſchirmthierchen, wie auch mehre Schildräderthierchen tragen die Eier an kurzen Fäden hängend am After oder am Bauche mit ſich. Die Entwickelung des Fötus im Ei iſt bei eini— gen Räderthieren wenigſtens in ſo weit beobachtet, daß man ſich überzeugt hat, daß er in ſeinen letzten Stadien ſchon dem Mutterthiere im Weſentlichen gleicht, daß er im Ei rotirt, daß Augen, Wimperkranz und Schlingorgane (Kehl— kopf und Kinnladen) nicht nur deutlich zu erkennen ſind, ſondern daß auch ſchon der Wimperkranz ſtrudelt und die Kinnladen käuen. Manche Räderthiere ſind lebendiggebärend, indem die Eier innerhalb des Körpers auskommen; und zwar brin— gen ſie periodiſch bald Eier bald Junge hervor, ſo mehrere Weichräderthiere, z. B. Rüſſelrädchen, Dreizacke, Nackenräd— chen, wo dann, wenigſtens iſt es bei letzteren ſo beabachtet, vor der Geburt der Jungen die leeren Eierſchalen ausge— worfen werden. Vielleicht ſind auch die Kronenrädchen 54 5. Vermehrung. lebendiggebärend, da ihre Eier ſchon ſehr weit entwickelt, im Körper gefunden wurden. Die ebengebornen Jungen ſind, wenn man die Kleinheit abrechnet, den Alten ähnlich, nur mit dem Unter— ſchiede, daß bei den gepanzerten oder mit einer Hülle ver⸗ ſehenen Arten, der Panzer oder die Hälle ſich erſt ſpäter bildet; wenigſtens iſt dieſes bei den Hufeiſenthierchen der Fall. Die jungen Räderthiere haben jedoch auch ſchon eine bedeutende Größe, oft zwei Drittel der Erwachſenen, da die Eier ſelbſt ſchon ſehr groß ſind. Bei denen, welche ihre Eier äußerlich an den Körper geheftet mit ſich umhertragen, bleiben die ausgekommenen Jungen zuweilen noch eine zeit— lang an der Mutter, bis ſie gänzlich frei werden und da— von ſchwimmen. Die der haufenweiſe verbundenen Huf— eiſenthierchen bleiben entweder zwiſchen den Alten ſitzen, oder ihrer mehrere vereinigen ſich mit den Schwanzſpitzen, ſchwim— men ſo davon und ſetzen ſich irgendwo an, um eine neue Colonie zu bilden. — Von anderen, mit zunehmendem Wachsthume vor ſich gehenden Veränderungen der Infu— ſionsthierchen iſt nichts weiter bekannt, als daß bei den Bu— ſenthierchen (Colpoda cucullus) eine Häutung wahrgenom— men worden iſt, und daß bei mehreren derjenigen Arten, welche mit Augenpunkten verſehen ſind, dieſe Organe im Alter verſchwinden (ſ. § 12). Uebrigens geht die Entwickelung der Eier und Jun— gen vieler Infuſionsthierchen ungemein raſch von ſtatten; daher bei denjenigen Arten, welche eine große Menge Eier hervorbringen, auch eine unglaublich ſchnelle und ſtarke Ver— mehrung eintritt, wie dergleichen auch ſchon, in Hinſicht der Theilung der Magenthiere ($ 24 am Ende) angeführt wor⸗ den iſt. Selbſt unter den Räderthieren, die doch nur wenig 5. Vermehrung. 55 Eier hervorbringen und dieſe nicht auf einmal, ſondern nach einander entwickeln, findet doch zum Theil eine ſehr ſtarke und ſchnelle Vermehrung ſtatt, denn z. B. ein Kryſtallfiſch— chen (Hydatina senta) kann in zehn Tagen eine Million Nachkommen haben. Von jeher, ſeitdem die Infuſionsthierchen entdeckt wur— den, hat der Glaube an eine Selbſterzeugung (genera- tio spontanea s. aequivoca) derſelben Eingang gefunden, und auch noch jetzt bei vielen Naturforſchern die Oberhand. Dieſe Thiere ſollen unmittelbar aus der Verbindung oder Belebung überall verbreiteter organiſcher Atome entſtehen, beſonders aber da, wo andere organiſche Körper ſich auflö— ſen, indem dann die, durch die Auflöſung frei gewordenen organiſchen Theilchen, deren einzelne Leben bis dahin, in der Verbindung zu einem gemeinſamen Leben gefeſſelt waren, ihr ſelbſtändiges Leben entwickelten und in Thätigkeit ſetzten. Theils glaubte man auch, daß die Fortpflanzungskörner (Sporen), die ſich in manchen der kleinſten Algen (Confer— ven u. dgl.) erzeugten, wenn ſie frei würden, erſt als wirk— lich belebte Monaden in dem Waſſer umherſchwämmen, dann ſich feſtſetzten oder zu Boden fielen, und nun aus ſich einen neuen Confervenfaden hervortrieben; oder auch daß mehrere ſolcher Monaden, durch Juxtappoſition, ſich an einander reihe— ten und ſo zu einem neuen Faden verſchmelzten; kurz man nahm ein ſolches Wechſelverhältniß zwiſchen den niedrigſten und kleinſten Thieren und Pflanzen an, nach welchem ſie bald als Thiere leben, bald als Pflanzen vegetiren ſollten. Endlich ſind einige Naturforſcher dahin gekommen, anzuneh— men, daß alle organiſchen Geſchöpfe durch Verbindung von Monadenkeimen entſtehen und ſich wieder in ſolche auflöſen. Ehrenberg hat unter den unzähligen Beobachtungen, die 56 5. Vermehrung. er in dieſer Beziehung machte, keine einzige als überzeugend für die Selbſterzeugung erkannt, ſondern Alles ließ ſich auf die drei, zu Anfang des § 24 angegebenen Vermehrungs— und Fortpflanzungsweiſen zurückführen. Wenn im Waſſer organiſche Subſtanzen ſich auflöſen, ſo wird dadurch den Infuſionsthierchen reichlichere Nahrung gegeben und die Ver— mehrung derſelben befördert. Die freien Eierkeime werden mit Waſſerdünſten in die Luft gehoben und mit derſelben allenthalben hin verbreitet und abgeſetzt, alſo auch in das Waſſer, wie denn die Luft ſelbſt in hermetiſch verſchloſſene Gefäße dringt. Daß eine ſolche Erhebung und Verbreitung der Eier möglich ſei, leidet wohl keinen Zweifel, wenn man bedenkt, wie unendlich klein die Eier von Thieren fein müſ— ſen, deren 1000 Millionen etwa erſt den Raum einer Kubik⸗ linie ausfüllen (vergl. die erſten Zeilen des § 2). 6. Phyſiologiſches. 57 Sechſter Abſehnitt. Beſonderes Pbyfinlogifches. § 22. Die bedeutende Lebenskraft vieler Infuſionsthierchen iſt durch mehrere Beobachtungen und Verſuche erkannt wor— den. Sie können bei einem ſo geringen Grade von Feuch— tigkeit, daß ſie eingetrocknet zu ſein ſcheinen und gar keine Bewegung mehr äußern, Jahre lang am Leben blei— ben, und wenn ihnen dann ein Tröpfchen Waſſer zugeſetzt wird, ſo erhalten ſie bald ihre vorige Fülle und Munterkeit wieder zurück. Die Erzählungen aber von ſolchen Thier— chen, die nach zwanzigjähriger vollſtändiger Eintrocknung in das Leben zurückgekehrt ſein ſollen, wenn ſie wieder ange— feuchtet wurden, ſind übertrieben. Sie vertragen zum Theil auch ſehr große Hitze: Mehrere leben in heißen Quellen, oder in einer künſtlichen Hitze von 35 bis 40 Grad R. Manche halten ſogar, eine kurze Zeit lang, eine Temperatur von 80 Grad R. aus; z. B. einige Monaden, Seitenſchnäbel, Buſenthierchen, Län— gethierchen. Andererſeits werden ſie auch nicht durch große Kälte getödtet, ſondern vertragen 15 bis 20 Grad R. Sie frieren, ohne zu ſterben, in Eis ein; und weil ſie in demſelben in kleine Blaſenräume eingeſchloſſen liegen, als 5 58 6. Phyſiologiſches. ſei das ſie zunächſt berührende Eis geſchmolzen, ſo glaubt Ehrenberg, daß ſie eigene Wärme beſitzen, die ſie ſchütze. § 28. Noch iſt hier die Erſcheinung zu erwähnen, daß meh— rere Infuſionsthierchen im Dunkeln leuchten. Man hat dieſes beſonders an manchen Kranzthierchen, wie auch an einigen Borſtenköpfen bemerkt. 0 7. Nutzen und Schaden. 59 Siebenter Abſchnitt. Aussen und Schaden. § 29. Die neueſten Entdeckungen, hauptſächlich Ehrenberg's eifrige und vielfältige Unterſuchungen, haben dargethan, daß den Magenthieren ein ſehr großer Antheil an der jetzi— gen Beſchaffenheit und Geſtalt der Erdrinde zu— komme. Es ſind nicht nur in vielen Mineralien, z. B. im Feuerſtein, Halbopal u. ſ. w. unzählige foſſile Reſte der här— teren Hüllen dieſer Thierchen aufgefunden, ſondern weit aus— gedehnte Erdſchichten, zum Theil von Meilen Länge und 20 Fuß Mächtigkeit (wie z. B. das Kieſelguhrlager bei Oberohn im Lüneburgiſchen), beſtehen ganz aus dergleichen Panzern. Alle Polirſchiefer, Tripel, Kieſelguhr, Bergmehl, Kreide, manche (alle?) Thonerde und Eiſenocher u. ſ. w., ſcheinen nichts anders als Niederſchläge von Magenthierchen zu ſein, denn ihre Mengtheilchen ſind bloße Ueberreſte von Panzern derſelben. So hat man es in mehreren Gegen— den von Europa, und auch in Afrika und Amerika gefun— den. Ehrenberg konnte künſtliche Kieſelguhr aus lebenden Magenthieren darſtellen. Das ſogenannte Wieſenleder und das Meteorpapier beſteht aus Conferven und Magenthieren. Das Bergmehl in Lappland, welches dort gegeſſen wird wie auch der eßbare Thon in Südamerika u, ſ. w., ver: 60 7. Nutzen und Schaden. danken ihre ſättigenden und nährenden Eigenſchaften ohne Zweifel den Reſten von Magenthieren, aus denen ſie, nach neueren Unterſuchungen, beſtehen. Die Vorſtellung von dem Entſtehen ſolcher weit aus- gedehnten und ſehr mächtigen Erdſchichten und ganzer Ge— birge, bloß durch den Niederſchlag unſichtbarer Infuſions— thiere, verliert ihr Unglaubliches und, man möchte ſagen, ihr Abentheuerliches, wenn man die ungeheuere Vermehrung erwägt, die bei mehreren dieſer Thiere ſtattfindet (ſ. § 24 am Ende). Einhundert Millionen Magenthiere mit Kiefel- panzern wiegen nur einen Gran, und doch brachte Ehren— berg in einer halben Stunde ein Pfund ſolcher Panzer in dem Moder ſtehender Gewäſſer des Thiergartens bei Ber— lin zuſammen; der gereinigte Niederſchlag derſelben war aber geradezu guter Tripel oder Kieſelerde.