Y - \ TE N u RL, en Kun Bay unee, - J { ran RE RED as di Forschung aufgiobt an weltumt fassonden Ideen und an locken den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich orxotzt durch den Zauber der Wirklichkeit, dor ihre Schöpfungen ächmlickt, Schwendener, Redigiert von Dr. H. Potonie. er ya ne —— ZWEITER BAND ++ (April 1888 bis September 1888). — — — BERLIN. Verlag von Hermann Riemann. issensthaftlicho 9 Inhalts-Verzeiehnis. Seite Allgemeines und Verschiedenes. Dreher, Der Zweck der Natur- wissenschaft und die Art und Weise, wie sie betrieben wird 73, 83 Müller, Karl, Die Verwertbarkeit des His’schen Embryographen . 171 Pütz, Die künstliche Beleuchtung in der Phobögräpkie 3 121 Raab, Ueber Verwendung od Torfs 140 Amerikanisten Kongress . 205 Ansicht Darwin’s von der Er- schaffung der ersten Wesen 47 Anthropologen-Versammlung 15 Anwendung der lateinischen Nomen- klatur : 143 Brücke über len Kanalı 22 Chamisso’s Stellung zur Lehre von der Verwandlung der Arten 182 Chamisso, Adalbert von . 161 Fixierung des Stickstoffs durch an Pflanzenboden . 118 Humboldt-Akademie 14 Klub- u. Vereinshaus- ek fe) Lombroso, Studie über den Hypno- tismus . 1 174 Mannesmann’ sches Röhrenwalzyer- fahren 6 al, 39 Naturgeschichte des Verbrecher: 8 NeuesMittelgegenKesselsteinbildung 103 Papiererfindung, Zur Geschichte der 14 Photographische Aufnahme eines Regenbogens : 150 Spencer’s Ablehnung eines , Ehren. doktorats 6 181 Spiritus, Denaturirter . 5 62 LXI. Versammlung deutscher Natnr- forscher und Aerzte zu Köln 1888 181 Zoologie. Dewitz, Aufgaben grosser zoolo- gischer Landesmuseen . 158 Ungebetene Gäste 90, 98 Griesbach, unserer Matel . Kolbe, Aus dem Gesellschaftsleben der N 173 — Ueber die Entwicklungsgeschichte der spanischen Fliege und anderer Blasenkäfer . 137 Mährenthal, von, Wie hinaen die Zoologen Gi Einbettungswinkel . 199 Melsheimer, Abnorme Schnabel- -bildung bei v ögeln . : 57 Nehring, Das Skelett eines weib- lichen Ur. (Bos primigenius) 130 Seite Nehring, Wolf und Hund. 1 Peiter, Zwei seltene Gäste des hohen Erzgebirges x EZ ALSO Schäff, Zum Seelenleben der "Tiere 39 Schneider, Robert, Descendenz- frage und Urweltsforschung 135 Staby, Das Schweben und Kreisen der Vögel 3 196 Alpenlämmergeier, Vorkommen des- selben 23 Bastard zwischen Wwolt und End . Biber an der Elbe . 134 Byssusorgang der Demeinbaineaten 7 Gloake beim Hausschwein 62 Cormoranfischen in Japan 118 Fauna der Azoren . 125 Gittige Fische der Marschall: sale. 157 Giftige Spinnen Russlands . 45 Hausente mit Enterichgefieder 77 Käfer auf Ulex europaeus el Kegelrobbe in der Gefangenschaft . 54 Lebenszähigkeit unserer gemeinsten Süsswasserfische . er a2 Leuchtende Insekten . 93, 103 Massenvertilgung von Vögeln . 61 Miesmuscheln, giftige . 0b) Milben auf Nekrophorus germanicus 62 Missbildungen an niederen Tieren . 181 Moschusochse, geographische Ver- breitung desselben . 69 Nahrung des’ Maulwurfs . 103 Parasiten in Hühnereiern E 142 Physiologische Wirkung des Methans und seiner Chlorderivate . 142 Spargeltliege . 126 Steppenhühner in Merchland) 69 Verein von Aquarien- u. Terrarien- Liebhabern . 207 Vertreibung von Alison 207 Verwandschaft der Flöhe 151 Wie stellt man Skelette dar 205 Botanik. Ascherson, Der Farbenwechsel des Saftmals in den Blüten der Ross- kastanie . 2 Campbell, Paraftin - Einbettungs- methode für pflanzliche Objekte 61 Frank, Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. 3, 10, 76 Hennings, Ueber das Konservieren und Präparieren fleischiger Hutpilze 20 Huth, die Verbreitung der Pflanzen durch Meeresströmungen . 105 Klein, EineneueKraftquelleniederer Pflanzen . 28 Seite Kohl, Arbeitsteilung und Genossen- schaftsleben im Pflanzenreich 153, 163. Ludwig, Die Feigen und ihre Liebes- boten a 113, 123, 159 — Einige Notizen über die Doppel-. natur der Flechten . N 29 Potonie, Praktische Winke über das Pflanzensammeln . : 592 — Praktische Winke über die er legung eines Herbariums. . 188 Schwendener, Redezur@Gedächtnis- ' feier König Friedrich Wilhelms IH. in der Aula der Universität Berlin am 3. August 1383 177, 185 Algen auf den Haaren von Faultieren 103 Aufbewahrung von Pilzen „128 Bedeutung und Ursache des Honig- taues auf Laubblättern 176 Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Ptlanzen . H Düngung von ns und. Garten. pflanzen . 78 Ein neuer Flechtentypus 166 Entdecker der insektenfressenden Eigenschaften der Pflanzen . 39 Flora deregyptisch-arabischen Wüste 142 Generalversammlung der Deutschen botanischen Gesellschaft . 199 Keimung von durch den Verdauungs- kanal gegangenen Samen 190 Lathraea squamaria und Bartsia al- pina keine „tHeischfressende“ Pflanzen 77 Pilze als Weinveredler 22 Raphiden, Physiologische Bedeutungder 7 Sarracenia purpurea 117 Ueber den Getreidekrebs 111 Unterschied zwischen Raps-, Rübsen-, Rüben- und Kohlsamen 198 Ursprung der baumlosen Grasprärien Nordamerikas . .. 166 Weshalb rechnet man de Flechten jetzt zu den Pilzen? . 55, 71 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Berendt, Die Soolquelle im Admi- ralsgartenbad zu Berlin . . . . 9 — Die südliche baltische Endmoräne des ehemaligen skandinavischen Eises in der Uckermark und Mecklenburs-Strelitz .. 130 Frech, Ueber die Entstehung der Alpen . 86 — Ueber Kikreiten in riefen geo- logischen Perioden . 109 Seite Heim, Zur Prophezeihung der Erd- beben . 193, 201 Krause, Aurel, Fosile Eis 7, 23 Potonie, Ueber Stigmaria . . . 74 Wahnschaffe, Die Entwicklung der Glazialtheorie in Nord- deutschland. . . . . 4 — Ueber die Einwirkung des vom - Winde getriebenen Sandes auf die an der Oberfläche liegenden Steine. . . . 145 Zimmermann, Yenlistein ade dem Kamm des hunBer Waldes und seine Bedeutung für die Frage nach dem Alter des Gebirges . . 65 Ammonit, Der grösste . . . ! 46 Ausbreitungsgeschwindigkeit unter- irdischer Erschütterungen . . 93 Bildung von Haarsilber 134, 198 Diamant in einem Meteorstein . . 78 Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Erdbebens bei Charlestone . 126 ONEISSEUTG CHA le Höttinger Breecie 3 149 Internationaler Geologen-Kongress . 139 Rubine, Künstliche 22, 39 Physik. Dessau, Neue Phonographen. . . 116 Dreher, Das Beharrungsgesetz . . 70 Gutzmer, Ueber die Klangfiguren quadratischer Platten. 5l, 95 — Ueber einen Fernsprech- apparat . . . 156 Jordan, Die Wir ne der dynamıo- elektrischen Maschinen 107, 198 Apparat tür Experimente bei hoher Temperatur in Gasen unter hohem Druck 118 Apparat zur Dasstellang ehfesien Schwingungen. . . . 14 Astatische Nadel, Eine neue Bo der 30 Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles . Au: Ausnützung des Ninerraialles zur Elektrieitätserzeugung. . . . . 46 Beobachtungen über Höhe, Länge und Geschwindigkeit der oceani- sehen! Wellen . . .°. 205 Beziehungen zwischen der Elektrieität 150 und dem Licht BE: Brechungsexponent der Metalle I 7 Die Grösse der Sterne und das psycho- physische Grundgesetz. . . . 94 Durchgang des elektrischen Slromen durch Schwefel 110 Eindringen des Lichts in das Nasser des Genfer Sees . . . . 69 Einfluss der Intensität des Tichts Be die Fortpflanzungsgeschwindigkeit desselben. . ... Eu 8 Einfluss der Deinaunin SE die Magnetisierung des Eisens . . . 110 Elektrische Erscheinung an Berg- krystall und Glasgewichtten . . 70 Elektrieität und Mathematik . . . 70 Entstehungsgeschichte der Spektral- analyse 110 Seite Härte von Metallen . . .....30 Ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes von der Bewegung des Mittels, in welchem die Licht- schwingungen vor sich As ab- hanpied ee ne: i 135 Konstitution der Tormngen eu 150 Leitungsfähigkeit des Vakuums für Elektrieität . Leitungsvermögen beleuchteter Luft für Blektricität . .. . . A 30 110 Lichterscheinungen durch bot nische Einwirkung . 175 Mathematisches Pendel 174 Messung niedriger Temperaturen 204 Seefischerei mit elektrischem Licht. 23 Seismograph mit elektrischem Re- gistrierapparat . - . 30 Totalreflexion, Eine neue Erschei: nung der. ; 109 Ueber den infraroten Teil des Berien? spektrums . . . 93 Versuche über die Eee Ab- stossung . 198 Warum bleibt die, von der Sonne ausgestrahlte Wärmemenge be- ständig dieselbetrotz desinfolge der Strahlung stattfindenden Wärme- verlustes, den die Sonne erleidet? 166 Welches ist die geringste Lichtstärke, welche ein normales Auge noch wahrzunehmen vermag? . : 126 Wirkungen des elektrischen CRree auf feine Wagen. . . 3 Zerstäuben glühender Merlier FO Mathematik. Schlegel, Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum 41, 49, 58, 67 Schubert, Die @Quadratur des ZIrkelse Bi. 97 — Die vermeintliche Herrschaft des goldenen Schnittsin Naturund Kunst 33 Astronomie. Albrecht, Einrichtung zur Öffent- lichen Zeitregulierung . 17,25 Bestimmung der Bewegung von Sternen im Visionsradius . . . 86 Das grösste astronomische Fernrohr deWWErde Weg ic en AO Fixsternhimmel, See Führer dureh dene nn 2 Helligkeitszunahme von a Argus. 198 Kalender, Astronomischer 8, 14, 22, 31, 46, 54, 62, 71, 78 Komet Sawerthal . 22,31, 62, 175 Mondfinsternis, Totale .. . .. 14 Nachrichten vom Lyck-Observatory 167 Neuer Planet . Sl 62 2187 Ueber den „neuen“ Stern“ im Schwan 167 Veränderlichkeit zweier Sterne . . 71 Veränderungen auf der Oberfläche Gl NEWS En re Vo les Versuch, welcher die Axendrehung der Erde beweist . 159, 207 Voruntersuchungen zur Herstellung photographischer Himmelskarten . 22 Seite Meteorologie. Bendt, Ueber die niedrigste Tempe- ratur der folgenden Nacht und die Mittel - Temperatur des künftigen Pages... 3%... or Me EEE Jordan, Unter welchen Umständen und in welcher Weise geschieht die Bildung von Schneekrystallen? 27 Less, die Erhaltungstendenz im Witterungscharakter aufeinander- folgender Winter . . . 8 Wagner, Das Aspirations- ee meter us. . © 0 EIREESEE 2 — Polymeter . . . LE TB 70) — Wolken und NO 2325169 Abgeprellter Meteorit. . . 167 Atmosphär.-optische Störung, The die Entstehung und den Verlauf der 54 Beeinflussung der Richtung von Ge- wittern durch Flüsse und den Mond 119 Blitzableitertrage 9. 086 Donnerkund" Blitze EEE ERuRENEN? Drehung: der Windbahnen . . .. 9 Föhn und Bora . Polarlichtes, Eine neue Erkläru ung a8 62 Regenverhältnisse der westlichen Staaten der Nordamerikanischen UNIons = 2. er een br Wetterprophet . . . . 23 Zur Vorausbestimmung der. Menpen TEN - ee. AO) Chemie. Koppe, Ueber die Raoult’sche Methode der Molekulargewichts- bestimmung . . Bl Bleikammerprozesses, Pheorie (des 38 Braunkohlenbildung in ee von Zuckerfabriken . i Chlorstiekstoffes, Zur Kenntnis Bes 175 Knallgas-Explosion.. . . 21 Langsame- Verbrennung organischer Substanzen . SCENE 126 Liebreich’s „toter Banma Fe a Tilk: Saccharınar vr N Theophyllin ee TG Umwandlung von Hyoseyamin in INGLOpInE Er: 109 Ursprung der chemischen Grundstoffe 35 Zur Kenntnis des Färbungsvorganges 118 Geographie. Beschaffenheitderalgierischen Sahara Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Schneekoppe 7 Deutscher Geographentag . . 16) Hilfsmittel für den eosranh cken Unterricht. m 2 ee nd Mielucho@ Maclay Reise nach dem Janalande und den neusibirischen Inseln 45, 71 Rio Xingü, Erforschung des . . . 108 Medizin, Hygiene und Verwandtes. Bischoff, Arsen in Bierkouleur . 3 Gutzmer, Eine pathologische Wirkung des elektrischen Lichts 115 33812 Nussbaum, Körperliche und geistige Arbeit im Gleichgewicht . E Schmitz, Wirkungsart der krank- heiterregenden Mikroorganismenim tierischen Körper British medical association . Deutscher Aerztetag Deutscher Verein für öffentliche er sundheitspflege Einfluss der Genussmittel "auf ds Magenverdauung . Einwirkung von Gasen au dan Organismus Gesundheitsschädlichkeit mehrerer hygienisch und technisch wichtiger Gase und Dämpfe Giftigkeit der menschlichen Aus- dünstung f Kongress für innere alien 5 Krankheitskeim des gelben Fiebers und Schutzimpfung gegen dasselbe Medizinalbeamtenverein, Preussischer Ophthalmologischer Kongress . Tuberkulose-Kongress . Seite 12 148 151 199 190 134 93 134 166 14 85 205 151 135 Seite Vermeintliche Giftigkeit der ver- nickelten Gebrauchsgegenstände 181 Litteratur und Bücherschau. Beetz, Leitfaden der Physik . 143 Claus, Lamarck als Begründer der Descendenzlehre . 151 Der kleine Pilzsammler . 167 Engler und Prantl, Die en Pflanzenfamilien . 78 Fritsch, Allgemeine Geologie 55 Gizyeki, Autoritäten 206 Hölzel, Geographische Charakter. - as : 2 23 Jordan, Goethe — ind non Kerns kein Ende h 190 Kerner, nenne i 119 Nussbaum, Neue Heilmittel = Nerven et RE RE 95 Potonie, Elemente der Botanik 87 Remsen, Einleitung in das Studium der Chen: a uni 2er 8 Riese, W ia. ei 207 Runge, Die Mineralogie in Schule und Hack : 111 Schäff, Leitfaden der Zoologie für Studierende der Naturwissenschaf- ten und der Medizin Schubert, Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen- seminare . . B en Schwalbe, Griech. nr, buch Urbanitzky, von, Elektrieität des Himmels und der Erde . 39, Vilmorin’s Illustrierte Blumengärt- nerei. II. Aufl. Ergänzungsband, Die Neuheiten des letzten Jahrzehnts Weiss, Die Sigillarien der Preus- sischen Steinkohlengebiete Wittwer, Grundzüge der Molekular- physik u. d. mathematischen Chemie — Die thermischen Verhältnisse der Gase mit besonderer Berücksichti- gung der Kohlensäure . Zenker, Die Verteilung der Wärme auf der Erdoberfläche . Bücherschau 23, 31, 47, 55, 63, 71, 87, 95, 103, 111, 127, 136, 14321533 167, 176, 183, 191, 199, 207. Seite 103 63 47 139 176 135 al al 159 79, 159, Redaktion: Sonnta Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist #2 2.—; ? Bringegeld bei der Post 154 extra. Verlag von Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226 den 1. April 18 Y Inserate: [010) entsprechenden Rabatt. Dr. H. Potonie. Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Inhalt: Prof. Dr. A. Nehring: Wolf und Hund. — Prof. Dr. B. Frank: (Mit Abbild.). — Dr. F. Wahnschaffe: Die Entwickelung der Glaeialtheorie in Norddeutschland. (Mit Abbild.). — Kleinere Mit- Fossiles Eis. — Ueber das Byssusorgan der Lamellibranchiaten. — Die physiologische Bedeutung der Raphiden. — Ueber die Brechungsexponenten der Metalle. — Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Schneekoppe. — Astronomischer Kalender. — Die Erhaltungstendenz im Witterungscharakter aufeinander folgender Winter. — „Club- und Vereinshaus- Aktien - Gesellschaft“. — Fragen und Antworten: Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. — Litteratur: Ira Remsen: Einleitung in das Studium der Chemie. — Briefkasten. — Inserate. teilungen: Geographentag. — Ueber die Abstammung der Haushunde und über ihr Verhältnis zu den Wölfen und Schakalen ist schon sehr el geschrieben und gestritten worden. Viele namhafte \utoren betrachten den Haushund mit Linne als eine besondere zoologische Species (Canis familiaris), andere ehmen für die verschiedenen Gruppen von Hunderassen ‚verschiedene fossile Stammarten an, welche schon im Diluvium als wilde Arten ausgestorben sein sollen, ‚andere betrachten die noch jetzt lebenden Wölfe und 'Schakale oder doch gewisse Arten derselben als die 'Stammväter der Haushunde. Manche Autoren glauben ‚auch die Füchse als Stammväter gewisser Rassen mit in Rechnung ziehen zu müssen. Langjährige Studien an reichem Materiale haben mich zu der Ueberzeugung gebracht, dass Wolf und 'Schakal oder genauer gesagt: mehrere der noch jetzt ebenden Wolfs- und Schakal-Arten als die Stammväter T Haushunde zu betrachten sind. Selbstverständlich ällt die Domesticierung der betreffenden Wölfe und ER hakale i in eine weit entlegene Vorzeit*), und nur selten _ wird heutzutage gelegentlich eine direkte, selbständige omesticierung junger Wölfe und Schakale ausgeführt. 9) Also genau genommen betrachte ich die diluvialen und altalluvialen Vorfahren der heutigen Wölfe und Schakale als die ‚ Stammväter der Haushunde. “ Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. Arsen in Biercouleur. — Deutscher Wolf und Hund. Von Prof. Dr. A. Nehring. Dass die Zähmung und Abrichtung junger Schakale keine besonderen Schwierigkeiten bietet, steht fest; aber auch mit jungen Wölfen hat man noch kürzlich manche erfolgreiche Versuche gemacht. Abgesehen von den dressierten Wölfen, welche vor wenigen Jahren hier in Berlin dem grossen Publikum vorgeführt wurden und welche thatsächlich einen hohen Grad von Zähmung resp. Abrichtung zeigten, sind mir mehrere sonstige Fälle bekannt geworden. Besonders interessant erscheint in dieser Hinsicht eine Mitteilung von ©. Ronge, welche kürzlich unter der Ueberschrift: „Zähmbarkeit der Wölfe“ in Hugo’s Jagd-Zeitung, 1887, Nr. 8, S. 243—245 ver- öffentlicht wurde. Herr Ronge schildert in sehr an- sprechender, anschaulicher Weise, wie er einen jungen Wolf aufgezogen und derart gezähmt hat, dass er ihm folgte, wie ein Haushund. { Wir können hier die sogenannte „Hundefrage“, d.h. die Frage nach der Herkunft der Hunde-Rassen, nicht näher verfolgen; wir wollen nur die vielfach angeführten und als specifisch betrachteten Interschiede zwischen den Wölfen und den grösseren Haushunden ein wenig ins Auge fassen. Blasius sagt in seiner Naturgeschichte der Säuge- tiere Deutschlands: „Will man den Haushund als Art | von den übrigen Wölfen trennen, so giebt es auch noch en re Ba N al allen R, , y } Natuwrwissenschaftliche Wochenschrift. kein besseres Kennzeichen, als das des links gekrümmten Schwanzes der lakonischen Diagnose Linnes: C. cauda sinistrorsum recurvata.“ Ist diese Schwanzhaltung wirklich ein specifischer Unterschied zwischen Hund und Wolf? Durchaus nicht. Denn erstens giebt es zahlreiche Haushunde, welche den Schwanz für gewöhnlich abwärts hängen lassen und ihn nur im Affekt aufwärts krümmen, zweitens tragen ihn viele Hunde nicht nach links, sondern nach rechts ge- krümmt, und drittens gewöhnen sich fast alle Wölfe, welche in der Gefangenschaft aufwachsen und lange Jahre mit Menschen verkehren, das Wedeln und Auf- wärtskrümmen des Schwanzes an. Ich habe letzteres bei den meisten Wölfen, welche in Menagerien oder zoolo- gischen Gärten aufgewachsen waren, beobachtet, nament- lich dann, wenn ihr Wärter mit ihnen sprach. Ein alter Wolf, welcher fünfzehn Jahre im Berliner zoologischen Garten gelebt hat und von mir Jahre lang beobachtet worden ist, trug ‘den Schwanz fast immer nach links aufwärts gekrümmt. Eine noch jetzt im hiesigen Garten vorhandene Wölfin, welche schon über sieben Jahre in Gefangenschaft .lebt, richtet regelmässig den Schwanz auf und wedelt mit ihm, wenn der Wärter oder ein ihr sonst Bekannter sie freundlich anspricht. — Dasselbe berichtet Professor Landois von den Wölfen des zoologischen Gartens in Münster. Wo bleibt da der specifische Unterschied in der Haltung des Schwanzes? Ebenso hinfällig erscheinen die übrigen Differenzen zwischen den Wölfen und den grösseren Hunderassen, namentlich, wenn man nicht nur den Lupus vulgaris von Europa, sondern auch die zierlicheren, schwächeren Arten resp. Lokalrassen, wie Lupus pallipes (den indischen Wolf), Lupus japonicus (den Wolf von Nippon), Lupus mexicanus (eine kleinere Varietät des Lupus oceidentalis), Canis latrans (den Prairiewolf), C. anthus etc. zum Ver- gleich heranzieht, und wenn man vor allem die tief- eingreifenden Wirkungen einer Jahrtausende währenden Domestication berücksichtigt. Es ist vollkommen richtig, dass bei den Haushunden das Gebiss durchweg schwächer und namentlich die so- genannten Reisszähne (Sector) kleiner sind, als bei Wölfen gleicher Grösse; ebenso weicht die Schädelform bei manchen Hunderassen (z. B. beim Bulldog) wesentlich von derjenigen der Wölfe (und Schakale) ab. Ich habe aber vor einigen Jahren nachgewiesen, dass diese Ab- weichungen sich auf die Wirkungen der Domestication (Beschränkung der Freiheit, veränderte Nahrung, Inzucht etc.) zurückführen lassen, da die in der Gefangenschaft geborenen und aufgewachsenen Wölfe meist eine deut- liche Verkleinerung der Reisszähne und nicht selten auch Abweichungen in der Form des Schädels, wie z. B. ein gewisses Uebergreifen des Unterkiefers über den Ober- kiefer zeigen. Auch fehlt nicht selten der vorderste oder der letzte Backenzahn im Gebiss solcher, in der Gefangen- schaft geborener Wölfe, was ausnahmsweise auch wohl bei freilebenden Exemplaren vorkommt, bei Haushunden aber relativ häufig beobachtet wird. Wenn man ferner die grössere Länge des Darm- kanals als ein wichtiges Merkmal der Haushunde gegen- über den Wölfen angeführt hat, so kann ich auch diesen Unterschied nicht als specifisch betrachten. Die grössere Länge des Darmkanals bei den Haushunden gegenüber den freilebenden Wölfen erklärt sich ebenso, wie die grössere Darmlänge der Hauskatzen im Vergleich mit den Wildkatzen, der Hausschweine im Vergleich mit den Wildschweinen; sie ist lediglich eine Folge der mehr oder weniger vorwiegenden vegetabilischen Nahrung bei den genannten Haustieren gegenüber der fast ausschliess- lichen Fleischnahrung bei Wolf und Wildkatze, beziehungs- weise der relativ stark in Betracht kommenden animalischen Kost des Wildschweins. Landois glaubt in der unersättlichen Fressgier und in dem hastigen Hinabschlingen der Nahrung einen charak- teristischen Unterschied zwischen Wolf und Hund gefun- den zu haben. Ich kann aber auf diesen Punkt kein besonderes Gewicht legen; die Art des Fressens ist im wesentlichen Sache der Gewöhnung, des Temperaments, der Besorgnis vor neidischen Konkurrenten und der- gleichen. Ich besass früher einen Hund, der seine Nahrung stets, auch ohne starken Hunger zu haben, mit wahrer Wolfsgier verschlang, obgleich ihm Niemand die- selbe streitig machte; anderseits habe ich gefangene Wölfe beobachtet, welche ohne Hast mit aller Gemäch- lichkeit ihr tägliches Futter verzehrten. Da nun ferner beobachtet ist, dass sich Wölfe mit grösseren Hunden fruchtbar vermischen, und auch die Bastarde sich durchweg wieder fortpflanzungsfähig er- weisen, so bestehen meines Erachtens keine anderen Unterschiede zwischen den oben genannten Wolfsarten und den grösseren Hunderassen, als solche, welche durch langdauernde Domestication unter vielfacher Kreuzung der entstandenen oder absichtlich produzierten Rassen hervorgebracht sind. - Dass bei dem Zustandekommen der zahlreichen, mannigfaltigen Hunderassen, welche wir bei den Cultur- völkern finden, Liebhaberei und Sport neben den prak- tischen Bedürfnissen eine Hauptrolle gespielt haben, ist unverkennbar. Die Naturvölker, welche auf der Stufe des Jäger- oder Hirtenlebens verblieben sind, haben sich im Allgemeinen mit ihren primitiven wolfs- oder schakal- ähnlichen Hunden begnügt und sich nicht bemüht, die- selben umzumodeln. Ich schliesse meine Betrachtung mit dem Ausspruche Cardans: „Lupi cieures post multas generationes in Canes transeunt.“ AR 2 : er" Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 3 Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. Von Professor Dr. B. Frank. E Vor drei Jahren habe ich nachgewiesen, dass ganz 23 allgemein die Wurzeln unserer wichtigsten Waldbäume eine wesentlich andere Organisation besitzen als die ge- wöhnlichen Wurzeln der anderen Pflanzen, indem sie regelmässig mit einem Pilz vergesellschaftet sind, welcher wie ein lückenloser Mantel die ganze Oberfläche der Saugwurzel bis zu deren Spitze nicht nur überzieht, ‚sondern dabei auch in fester organischer Verwachsung mit der Wurzel sich befindet. Die letztere ist daher hier auch kein einfaches, nur der Pflanze angehöriges Organ, sondern ein aus zwei heterogenen Wesen zusammen- gesetztes Gebilde, dem ich deshalb den Namen Pilz- wurzel oder Mykorhiza gegeben habe. Genauere Untersuchung überzeugt uns, dass hier Pilz und Wurzel ein gemeinsames Ganze bilden, dass sie in gegenseitiger Abhängigkeit zusammen leben und zusammen weiter wachsen und augenscheinlich auch gemeinsame Funktionen ausüben. Es ist also einer der in anderen Formen schon bekannten Fälle von Symbiose zweier heterogenen Lebe- wesen. In welcher Weise hier die beiden Symbionten, die Baumwurzel und der Pilz, vereinigt sind und mit- / einander leben, soll in nachstehendem beschrieben werden. 3 Es ist bekannt, wie die gewöhnlichen unverpilzten Pflanzenwurzeln gebaut sind: ihre äusserste von der Wurzelhaube bedeckte Spitze ist aus lauter in Vermeh- rung begriffenen Zellen zusammengesetzt und bewirkt | daher lediglich das weitere Längenwachstum der Wurzel. Die rückwärts von der Wurzelspitze liegenden Partieen “ der Wurzel sind oberflächlich mit zahllosen Haarbildungen, den Wurzelhaaren, bekleidet, welche hauptsächlich die Nahrungsstoffe aus dem Erdboden in gelöster Form auf- saugen. Bei der Mykorhiza dagegen ist die ganze Oberfläche von einem dichten Pilzgewebe eingehüllt, welches, eben weil es die Oberfläche einnimmt, auch allein die Ueber- tragung der Nahrung in die Wurzel vermitteln muss, so Ben dass die letztere dafür auch ihre eigenen Aufnahme- organe gar nicht ausbildet; denn die Mykorhiza ist völlig ohne Wurzelhaare, die sich unter dem dichten und fest angewachsenen Pilzmantel auch nicht würden bilden ht können. Auch gestaltlich erscheinen die Mykorhizen ab- weichend von den gewöhnlichen Pflanzenwurzeln, indem sie bei einer verhältnismässig dicken und kurzen Gestalt eine hohe Neigung zur Verzweigung zeigen, so dass sie mehr oder weniger korallenförmig oder büschelförmig aussehen. Fig. 1 unten. Wenn wir diese Gebilde stärkerer Vergrösse- Er rung unterwerfen, so sehen wir ihre ganze Oberfläche von Be einer verworrenen, filzigen oder feinzelligen Masse gebildet, Fig. 1 oben, die bei genauerer Betrachtung von pilzlicher Natur sich erweist, d.h. aus Pilzfäden besteht, die ent- weder so verwoben sind, dass man ihre Fadenstruktur noch unterscheiden kann, oder auch so innig sich zwischen- einander pressen, dass ein sogenanntes Pseudoparenchym entsteht, in welchem man den Verlauf der Fäden nicht mehr verfolgen kann. Eine genügende Vorstellung von dem Ganzen gewinnen wir erst, wenn die Mykorhiza im Längs- durchschnitte betrachtet wird. Fig. 2, links. Man unter- scheidet innerlich den Wurzelkörper, welcher, wenn man von dem Fehlen der Wurzelhaare absieht, in der Haupt- sache einer gewöhnlichen Wurzel gleich gebaut ist. Aus- Fig. 1. Unten: Wurzelstück mit Mykorhizen. Natürliche Grösse. Oben: Spize einer Mykorhiza. l45fach vergrössert. Ei 23 Links: Längsschnitt durch die Spitze einer Mykorhiza von Hainbuche, p Pilzmantel. r Rinde. f Fibrovasalstrang. 240 fach vergrössert. Rechts: Stück eines Längsschnittes durch einen älteren Teil derselben Mykorhiza. p Pilzmantel. e Epidermis, darunter Rindezellen. 240 fach vergrössert. wendig gehtringsherum eine bald dickere, bald dünnere kon- tinuierliche Lage des Pilzgewebes, welche auch nicht einen Punkt der Wurzel frei lässt. Die Oberfläche dieses Pilz- mantelsist manchmal ziemlich glatt, häufiger gehen zahlreiche seiner Fäden in freiem Verlaufe weit in die umgebende Bodenmasse hinein, so dass die Mykorhiza oft eine dichte 4 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. faserige Bekleidung zeigt. Bei genauerer Verfolgung sieht man, dass diese Pilzfäden wie gewöhnliche Pilz- mycelien die umgebenden Bodenteilchen, den Humus, besonders allerhand verwesende Pflanzenreste, wie Laub, Zweigstückchen ete., offenbar um aus ihnen Nährstoffe zu holen, durchwuchern. Fig. 3. Sie sind also die nahrung- aufnehmenden Organe des Pilzmantels und vertreten da- her geradezu die fehlenden Wurzelhaare. Sogar darin sind sie den letzteren ähnlich, dass man sie vielfach mit Erd- oder Humusteilchen verwachsen findet und dass sie Fig. 3. Stück-Humus mit My- korhizen und von diesen ausgehenden Mycel- strängen, die sich im Humus verbreiten. Natürliche Grösse. daselbst anschwellend diese Teilchen mehr oder minder umwachsen. Anderseits überzeugen wir uns aber auch, dass zwischen dem Pilzmantel und dem Wurzelkern eine innige Vereinigung besteht. Denn die Pilzfäden dıingen auch zwischen die hier besonders weiten Epidermiszellen ein und umspinnendieselben ziemlich.allseitig, Fig. 2, rechts. Durch diese Einrichtungen ist offenbar ein lebhafter Stoff- austausch zwischen Pilz und Wurzel ermöglicht. Beide Teile, Wurzel und Pilz, wachsen auch Schritt haltend miteinander fort; denn auch die äusserste die Verlänge- rung des Wurzelkörpers bewirkende Wurzelspitze ist, von dem Pilzmantel umzogen; aber der letztere ist an dieser Stelle auch wachstumsfähig, d. h. aus jüngeren in lebhafter Vermehrung besriffenen Fäden zusammen- gesetzt. Er dehnt sich hier also in dem Maasse mit weiter aus, als der wachsende Wurzelkerın es verlangt. So kann sich die wachsende Wurzel nicht aus dem Pilzmantel befreien, beide wachsen zusammen gleichsam wie ein einheitliches Organ, und auch durch diese That- sache erweisen sich beide Symbionten als Teile eines höheren Ganzen. (Schluss folgt.) Die Entwickelung der Glacialtheorie in Norddeutschland. Landesgeologe und Privatdocent an der Universität Berlin. Von Dr. F. Wahnschaffe, Die lockeren Ablagerungen von Gebirgsschutt, welche das norddeutsche Flachland bedecken, wurden in den ersten Anfängen der geologischen Wissenschaft nur wenig beachtet. Man hielt sie für Absätze einer grossen Kol. katastrophenartig hereingebrochenen Flut, welehe man meist mit der biblischen Sintflut in Zusammenhang brachte. Aus dieser Zeit stammt die Bezeichnung Diluvium für das sogenannte „aufgeschwemmte Land“. Die erratischen Blöcke (Wanderblöcke, Find- linge), jenes bunte Gemisch von Trümmern der verschieden- artigsten Felsarten, welche im ganzen norddeutschen Flachlande verbreitet sind, lenkten zuerst die Aufmerk- samkeit auf sich und gaben Veranlassung zu vielfachen Hypothesen über ihre Herkunft. Obwohl einzelne Forscher schon sehr früh zu der Erkenntnis gelangt waren, dass die Hauptmasse dieser Blöcke und „Gerölle“ aus Skan- dinavien und den übrigen baltischen Gebieten zu uns gelangt sein müsse, hat es doch noch langer Zeit be- durft, bis diese Thatsache allgemeine Anerkennung fand. Wir begegnen im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts noch zwei anderen Ansichten, welche sich Geltung zu verschaffen wussten. Nach der einen sollten die Blöcke südlicher Herkunft sein und von den deutschen Mittel- gebirgen stammen, während sie nach der anderen Trümmer der im Untergrunde Norddeutschlands vermuteten an- stehenden Gesteine waren, folglich einheimischen Ur- sprunges hätten sein müssen. Diese zweite Auffassung wurde in betreff der versteinerungsführenden Geschiebe noch um die Mitte dieses Jahrhunderts mit vielem Eifer von E. Boll vertreten, nachdem auch Klöden, der un- ermüdliche Durchforscher der Mark Brandenbung, 1834 erklärt hatte, dass die Frage nach dem Vaterlande dorf Geschiebe der Lösung ferner denn je sei und dass Schweden unmöglich als die Geburtsstätte unserer Pe- trefakten betrachtet werden könne. Gleichzeitig mit der Frage nach der Heimat der Geschiebe beschäftigte man sich auch mit der Art und Weise ihres Transportes und dieser Punkt musste haupt- sächlich für die Vorkämpfer der Ansicht von der nor- dischen Herkunft der Findlinge von Wichtigkeit sein. Die meisten der hier in Betracht zu ziehenden älteren | Hypothesen kommen darauf hinaus, dass die Geschiebe durch eine grosse gewaltsame Flut oder durch Treibeis zu uns gebracht wurden. Bereits im Jahre 1775 war IR Hauptmann v. Arenswald, welcher den versteinerungs- r: führenden Geschieben in Pommern und Mecklenburg grosse Aufmerksamkeit gewidmet hatte, durch Reisen in die das Diluvialgebiet umgrenzenden Länder zu der Auf- fassung gelangt, dass die Versteinerungen eine grosse Aehnlichkeit mit schwedischen Vorkommnissen besässen. Er leitete daraus den zu damaliger Zeit leider zu wenig beachteten Schluss ab, dass ein grosser Teil unserer Ge- schiebe durch eine Flut in Schweden losgebrochen und zu uns herübergeführt worden sei. G. A. v. Winter feld wies im Jahre 1790 in einem Aufsatze „vom Vater- lande des mecklenburgischen Granitgesteines“ darauf hin, dass der nächste anstehende Granit in Schweden zu finden sei und dass der Blocktransport bei einer allge- meinen Meeresbedeckung durch Treibeis stattgefunden habe. Wie weit jedoch die Anschauungen auseinander - gingen, beweist ein von dem Berliner Gelehrten Silber- schlag im Jahre 1780 veröffentlichtes Buch, in welchem Pa Naturwissenschaftliche Wochenschrift. - 5 ie ans dem rain Sande durch ulkanische ‚äfte aus srossen Kratern, welche er in den kessel- artigen Pfuhlen unserer Diluvialplateaus zu erkennen : elanbte, hervorgeschleudert worden seien. Und noch im - Jahre 1846 kommt der um die Geognosie der deutschen - Ostseeländer sehr verdiente E. Boll auf ähnliche An- en zurück, nur dass er den Herd der vulkanischen - Thätigkeit nach Skandinavien verlegte. Bei dem daselbst stattgehabten Durchbruch der Granite soll sich ein Regen _ vulkanischer Bomben: im weiten Kreise über die um- ; liegenden Länder verbreitet haben. - Als hervorragende Vertreter der Fluttheorie bei der Verfrachtung des nordischen Materials müssen wir noch L. v. Buch (1811) und den schwedischen Geologen Sefström (1836) erwähnen. Letzterer nahm eine grosse _ Roöllsteinsflut an, welche sich über Skandinavien und - Norddeutschland fortwälzte und durch die mitgeführten Steine die Schrammung auf dem Felsuntergrunde her- vorgerufen haben sollte. _- Durch Lyell, der die geologischen Vorgänge ihres _ katastrophenartigen Charakters entkleidete, indem er zeigte, dass die Kräfte, welche noch heute wirksam sind, - auch in früheren Erdperioden thätig waren und nur durch i Länge der Zeit grosse geologische Veränderungen ‚hervorriefen, ist auch die erwähnte Fluttheorie für immer eitigt worden. Nachdem durch die Glacialforschung in den Alpen, namentlich durch die Untersuchungen von ; Agassiz, die Lehre von der Eiszeit begründet worden _ war, fand die von Lyell zuerst 1835 aufgestellte und iter weiter ausgeführte Drifttheorie immer mehr An- nger. Was insonderheit das norddeutsche Flachland trifft, so nahm Lyell eine allgemeine Meeresbedeckung desselben bis zum Nordrande der deutschen Mittelgebirge ‚während zu gleicher Zeit Skandinavien von mächtigen deutschland transportiert und bei der Strandung und Ab- schmelzung der Ersteren abgelagert worden sein. Infolge er Autorität, welche Lyell wegen seiner grossen Ver- onste um die geologische Wissenschaft besass, gelangte ein ‚ Drifttheorie bald zu unbedingter Herrschaft, und ' Theorie, welche die ganzen Diluvialbildungen Nord- deutschlands, gleichgültig ob dieselben aus. Geschiebe- m En Sanden oder Thonen bestanden, als durch den eibeistransport vermittelte Absätze des Diluvial- m meeres ansah, hatte schliesslich einen ‚gewissen Grad om Jahre 1875 an vollzog sich jedoch ein bedeut- amer Umschwung. Eine neue Theorie, die Gletscher- ‚oder Glacialtheorie, die von Schweden aus zu uns herüberkam, hat äusserst befruchtend auf alle Forschungen im norddeutschen Diluvium eingewirkt und es sind so viel Beweise für die Richtigkeit derselben erbracht worden, dass wir die ehemalige Vereisung Norddeutschlands gegen- wärtig als eine feststehende geologische Thatsache be- trachten können. Dem schwedischen Geologen Otto Torell gebührt das grosse Verdienst, diese Auffassung zuerst in Deutschland ausgesprochen und begründet zu haben. Allerdings hat in dem deutschen Forscher Bernhardi bereits einen Vorläufer besessen, doch blieben die schon im Jahre 1832 Ansichten des Letzteren vollständige unbeachtet und unbekannt. Gestützt auf reiche Erfahrungen, die sich Torell durch ein eingehendes Studium der skandinavischen Glacial- bildungen, sowie auf grossen Reisen nach Spitzbergen, Grönland, Nordamerika und den Alpen erworben, hatte er schon lange die Vermutung geheet, dass Norddeutsch- land von Skandinavien aus mit Landeis überzogen worden sei, welches die Schuttmassen seines Ausgangs- gebietes im norddeutschen Flachlande als Grundmoräne verbreitete. Diese Grundmoräne stellt eine schichtungs- lose, lehmig-sandige Masse dar, in der die nordischen Blöcke, welche bei ihrer Fortbewegung durch das Eis häufig mit Schrammen und Kritzen versehen wurden, eingebettet sind. Fig. 1 zeigt ein derartiges (Gre- schiebe. Die kanten- gerundete Form die- ses silurischen, dem Imma Raatz. „Geschiebemergel “ Fig. 1. von Hohenwarthe an der Elbe entstammenden Blockes ist für die Diluvial- geschiebe charakteristisch und beweist, dass sie nicht durch Wasser transportiert sein können, denn dieses ist 'stets bestrebt, die Steine bei der Fortbewegung gleich- mässig abzurunden. War die Annahme Torell’s richtig, so musste an den Punkten, wo sich fester Felsuntergrund in Nord- deutschland fand, eine Schrammung durch die unter dem Eise transportierten Gesteinstrümmer hervorgerufen sein. Dieser Nachweis wurde von ihm 1875 durch die Auf- findung von typischen Gletscherschrammen auf den Schichtenköpfen des Rüdersdorfer Muschelkalkes geführt, und unter Vorlegung dieser Beweisstücke trug er an dem- selben Tage seine Ansichten in der Novembersitzung der deutschen geologischen Gesellschaft vor. Die beigegebene Abbildung Fig. 2 stellt ein Stück dieses in ost-westlicher Richtung geschrammten Muschelkalkes dar. Von deutschen Gelehrten waren es in der ersten Zeit besonders Berendt, Herm. Credner, Dames, Orth und Penck, welche die Bedeutung der neuen Theorie erkannten, und wir wollen nicht unerwähnt lassen, dass Professor Dames er geäusserten 6 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. _ Nr. IE RER E zuerst auf deutschen Hochschulen die neue Lehre vor- | In dem „Gletschertheorie oder Drifitheorie in Nord age getragen hat. deutschland?“ betitelten Aufsatze suchte Berendt eine N N Vermittlung zwischen jenen beiden Theorien anzubahnen, während Helland, Penck und Dames die Bildungen des norddeutschen Flachlandes mit den glacialen Ab- lagerungen Skandinaviens verglichen und aus der voll- kommenen Uebereinstimmung derselben eine gleichartige Entstehung- folgerten. = | Angeregt durch die Untersuchungen, welche der Verfasser im Herbst 1880 mit Torell und DeGeerin Rüdersdorf ausführte und welche namentlich eine genaue Feststellung der Schrammenrichtungen bezweckten, begab er sich nach dem bei Oebisfelde gelegenen braun- schweigischen Orte Velpke, um den daselbst im Abbau ‚ befindlichen Bonebed-Sandstein auf Glacialerscheinungen zu untersuchen. Es gelang ihm auch alsbald, in ver- ' schiedenen Steinbrüchen eine deutliche Glacial- WO, schrammung nachzuweisen, welche nach Abdeckung Be Nachdem durch Torell die Anregung gegeben war, | des Geschiebelehms überall auf den Schichtoberflächen > mehrten sich seit 1879 schnell die Beweise für die Richtig- | hervortrat und sich auf zwei Systeme zurückführen lies. keit seiner Ansichten. Eine durch den gewal- Zunächst war es Herm. tigen Druck des sich Credner, welcher vorschiebenden Eises durch eine Reihe wich- tiger Arbeiten über die Diluvialbildungen Sachsens die Glacial- theorie wesentlich ge- fördert hat. Er zeigte, dass die von ihm und Penck auf den Por- phyrkuppen beiLeipzig, später auch an anderen Punkten Sachsens von Dathe, Dalmer und Herrmann nachge- wiesenen Schliffe nur durch das Vorrücken des Landeises und sei- ner Grundmoräne her- vorgerufen sein Konn- ten. Er hob die Wichtig- nung zeigte sich hier besonders deutlich in derBildung der Lokal- moränen. Fig.3 stellt dieselbe aus einem bei DanndorfunweitVelpke gelegenen Steinbruche dar. Mansieht zuunterst den regelmässig abge- lagerten dünnbänkigen Sandstein und darüber ein wirres Haufwerk von Trümmern des- selben, welche fest in einander gepresst sind. Unter ihnen kommen zerstreut einzelne nor- dische "Geschiebe vor. keit der gekritzten ein- Eins derselben, welches heimischen Geschiebe absichtlich in der nach hervor, welche sich nur Rio. 8 einer Photographie her- durch eine Vereisung gestellten Zeichnung Norddeutschlands erklären lassen, beschrieb Schichten- | schwarz gegeben ist, war zwischen die noch ungestörten störungen im Untergrunde des Geschiebelehmes, die | Schichten fest eingekeilt. Derartige Lokalmoränen, verbun- durch den Druck der sich fortbewegenden Eismassen | den mit Schichtenstörungen, sind vom Verfasser später verursacht wurden und brachte den Geschiebetrans- | auch von Rüdersdorf und Gommern beschrieben worden. port der dem sächsischen Untergrunde entstammenden | An letztgenanntem, südöstlich von Magdeburg gelegenen Gesteinsbruchstücke in Beziehung zu den Schrammen- | Orte fand derselbe ausserdem deutliche Gletscherschrammen richtungen auf anstehendem Gestein. auf. Solche für die vormalige Vereisung Norddeutschlands Ausser diesen Untersuchungen Credner’s brachten | hauptsächlich beweisende Glacialschrammen wurden ausse die nächsten Jahre noch mehrere Arbeiten, die für die | den schon erwähnten Fundorten noch bei Landsberg 5 Fortentwickelung der Glacialtheorie von Bedeutung waren. | unweit Halle a. S. durch Lüddecke, bei Osnabrück E: er er Nr. 1. durch Hamm, auf den Septarien des Hermsdorfer Sep- tarienthones bei Berlin durch Laufer und ebenfalls auf einer Septarie bei Joachimstal durch Berendt nach- gewiesen. & . 2 Die genaue Durchforschung des norddeutschen Flach- ; landes von Seiten der geologischen Landesanstalt hat er- geben, dass die früher von Lyell angenommene allgemeine Meeresbedeckung sich nicht bestätigt hat, denn abgesehen _ von einzelnen Gebieten in der Nähe der Ostseeküste, t wo Berendt, Jentzsch, Schröder u. A. eine marine | Fauna nachgewiesen haben, sind in den sogenannten präglacialen, unter den Grundmoränen liegenden Ab- lagerungen ausschliesslich Reste von Pflanzen und Tieren gefunden worden, welche das Land und die süssen Gewässer bewohnen. Von grosser Bedeutung für die ganze Gliederung der glacialen Bildungen ist das Vorkommen von Pflanzen- und Tierresten in Schichten, die zwischen den Grund- moränen gelegen sind. Die Grandschicht mit diluvialen Säugetierresten, deren Lagerung zwischen zwei Geschiebe- mergeln namentlich bei Rixdorf klar erkennbar ist, sowie ein Torflager bei Lauenburg in gleichem geologischen Niveau, sind zwingende Beweise für die Annahme einer : = N ne Natuı wissenschaftliche Wochenschrift. 7 wiederholten Eisbedeckung Norddeutschlands. Keilhack welcher die fossile Flora jenes Torfes genau untersuchte, konnte den interessanten Nachweis führen, dass der Charakter dieser Pflanzen auf ein gemässigtes Klima hindeutet und dass mithin eine vollständige, durch eine Aenderung des Klimas bewirkte Abschmelzung der ersten Vereisung vorausgegangen sein musste, um die Ein- wanderung dieser Flora zu ermöglichen. Leider müssen wir es uns versagen, auf die von Dames, Nehring und anderen vielfach hervorgehobenen Beziehungen der Dilu- vialfauna zur Eiszeit sowie auf viele andere interessante Punkte, welche durch die Glacialtheorie eine Erklärung gefunden haben, hier näher einzugehen. Erwähnt sei nur noch, dass ausser der Eisbedeckung, auch die der zweiten Vereisung folgende Abschmelzperiode nach den Untersuchungen von Berendt, E. Geinitz und Klockmann das Relief des norddeutschen Flachlandes wesentlich beeinflusste. Wir schliessen hiermit unsere Betrachtung, deren Hauptzweck es war zu zeigen, durch welche Beweise die Torell’sche Glacialtheorie gestützt wird und wie dieselbe un- sere Anschauungen über die Entstehung der norddeutschen Quartärbildungen in ungeahnter Weise erweitert hat. £ Fossiles Eis. — Im Jahre 1860 wurden von Kotzebue und seinen beiden wissenschaftlichen Begleitern, Chamisso und Eschscholtz an der Nordküste von America jene merkwürdigen Eisklippen in ‚der Eschscholtzbai entdeckt, über deren Bildung und Entstehung nachmals sehr abweichende Ansichten aufgestellt worden sind. Nach der ursprünglichen Schilderung sollte dort ein ganzer Hügelzug aus klarem festem Eise bestehen, überdeckt von einer dünnen - Erdschieht mit einem ziemlich reichen Pflanzenwuchs. Im wesent- lichen ist auch diese anfänglich stark angezweifelte Auffassung durch die neuesten Untersuchungen bestätigt worden. Es ist nun von hohem Interesse, dass ähnliche Bildungen auch auf den neu- sibirischen Inseln beobachtet worden sind Dr. A. Bunge und Baron E. Toll, welche im Auftrage der Kaiserlichen Akademie in Petersburg im Jahre 1886 die wissenschaftliche Erforschung jener _ Inseln unternahmen, fanden auf einer derselben, der grossen Ljachow- E Insel, das-hügelige Land im wesentlichen aus ungeheuren Eismassen ‘bestehend mit eingelagerten, Tier- und Pftlanzenreste führenden Erd- ‘schichten. Nach Ansicht von Dr. Bunge sind diese Eismassen, deren ‚eine eine Mächtigkeit von 22 m hatte, durch das Gefrieren des in _ Erdspalten »eingedrungenen Wassers entstanden. Durch die Ein- wirkung der Sonne findet eine jährliche Abnahme der Eishügel ‚statt, und die aufgethauten Erdmassen fliessen als dicker Schlammbrei dem Meere zu. Ein starker Moder- und Fäulnissgeruch entströmt _ diesen Massen, herrührend von den fossilen Resten, unter denen sich - nieht nur noch mit Mark gefüllte Knochen, die von den Hunden 'begierig verzehrt wurden, sondern auch Reste von Weichteilen, Fell und Haare ausgestorbener Säugetiere fanden. Eine vorläufige Untersuchung ergab das Vorhandensein des Mammuths, zweier (?) Nashornarten, des Rindes, Pferdes und Moschusochsen, dreier Hirsch- arten, des Hasen und des Seehundes. Dr. Aurel Krause. Ueber das Byssusorgan der Lamellibranchiaten teilt stud. rer. nat. Ludwig Reichel im „Zoologischen Anzeiger“ (1887 | p- 488) eine interessante Beobachtung mit. Die Byssusorgane, vr jene aus der „Byssusdrüse“ in der Füssgegend vieler Muscheln aus- gesonderten, erhärtenden Fäden, welche wie ein langer Bart zwischen ‚den Schalen herausstehen, dienen ja den Tieren zu ‚ihrer Betestigung ‚an fremde Gegenstände. Nun war man bisher der Meinung, "dass ‘die Tiere zeitlebens den einmal gewählten Platz inne behielten, ‘wenn man auch die Beobachtung gemacht hatte,. dass gewaltsam »abgerissene Tiere sieh unter Umständen wieder festzusetzen ver- mögen. Der genannte Autor hat jedoch am der Dreissena polymorpha ‘beobachtet, dass diese Muschel zeitweilig wandert, und zwar wird ‚der Byssus in seiner Gesamtheit abgestossen, worauf das Organ - durch Neubildung ersetzt wird. Ein solcher Wechsel des Byssus findet regelmässig statt mit dem Eintritt der kälteren Jahreszeit. 2 Kleinere e Mitteilungen. Im Sommer sitzen die Tiere dicht unter der Oberfläche des Wassers, im Spätherbst jedoch wandern sie unter Zurücklassung des Byssus in die Tiefe. Die physiologische Bedeutung der Raphiden. — In den Zellen der Lauborgane vieler Pflanzen kommen lange, nadel- törmige Krystalle, Raphiden aus Kalkoxalat, vor, welche gewöhn- lich in grösserer Anzahl nebeneinander liegen und so ein dichtes Bündel herstellen. Die meisten Botaniker sehen in den Raphiden für die Pflanze nutzlose Exkrete. Stahl glaubt jedoch (Biolog. Centralblatt 1887, Nr. 16) dieselben auf Grund von Fütterungsver- suchen mit verschiedenen Tieren als Schutzmittel gegen Tierfrass betrachten zu dürfen, da zahlreiche Tiere rapbidenführende Pflanzen überhaupt nicht oder nur ungern fressen, und einige Tiere — z. B. Schneckenarten — von Pflanzen, welche Nadeln aus Kalkoxalat führen, nur die nadelfreien Teile verzehren. Manche Pflanzen, welche für giftig gelten, z.B. der Aronstab (Arum maculatum), verdanken ihren brennenden Geschmack einzig den sehr zahlreichen Raphiden, welche durch den autquellenden Schleim aus ihren Behältern hervor- getrieben werden und sich in die weichen Teile der Mundwerkzeuge einbohren. Der durch Filtration gewonnene Saft hat durchaus milden Geschmack. Ueber die Brechungsexponenten der Metalle hat Prof. Kundt in den Sitzungsberichten der K. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin (16. Februar 1888) interessante Mitteilungen gemacht. Derselbe stellte sich eine grosse Zahl von Prismen aus Silber, Gold, Kupfer, Platin, Eisen, Nickel und Wismuth mit sehr kleinen Winkeln her und bestimmte durch sehr zahlreiche Beobach- tungen die Brechungsexponenten dieser Metalle und damit die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in denselben. Prof. Kundt kommt zu dem sehr interessanten und überraschenden Resultat, dass die Metalle sich in Bezug auf die Liehtgeschwindigkeit in dieselbe Reihe ordnen wie in Bezug auf die Leitung der Elektrieität und Wärme; die besten Leiter für die letzteren besitzen den kleinsten Brechungsexponenten und somit die grösste Lichtgeschwindigkeit, eine Beziehung, welche die Perspektive auf weitere interessante Untersuchungen eröffnet. A. Gutzmer. Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Schneekoppe. — Im-nächsten Sommer ist seitens des k. geo- daetischen Institutes in Berlin die genaue Bestimmung der geo- graphischen Länge und Breite der Schneekoppe in Aussicht ge- nommen. Die geographische Länge ist durch unmittelbare astrono- mische Beobachtungen überhaupt noch nicht bestimmt worden, da eine solche nur unter Benutzung des elektrischen Telegraphen er- folgen kann, die Schneekoppe aber erst seit einem Decennium mit Pa "an a Zn 9 Fa real Le ed A ee RER) VEN DIE SERER AB Bern er La) 8 N atunyissenschaftliche Wochenschrift, AT BT Pan = BR s Bed; FE SE: dem allgemeinen Telegraphennetz in Verbindung gesetzt ist. Da- gegen ist die geographische Breite zwar bereits "wiederholt ermittelt worden, aber nicht in dem Umfange der Beobachtungen und daher nicht mit der Genauigkeit, welche für einen Punkt von der Be- deutung der Schneekoppe als der höchsten Erhebung Deutschlands nördlich der Donau nothwendig erscheint. Die Beobachtungen werden ca. 3 Monate Zeit in Anspruch nehmen. X. Astronomischer Kalender. — Am 1. April Sonnenauf- gang 5 Uhr 33 Minuten, Sonnenuntergang 6 Uhr 33 Minuten; Mondaufgang 12 Uhr 42 .Minuten, Untergang 9 Uhr 21 Minuten. Am 7. April Sonnenaufgang 5 Uhr 20 Minuten, Untergang 6 Uhr 43 Minuten; Mondaufgang früh 4 Uhr 24 Minuten, Untergang 1 Uhr 17 Minuten. Am 3. April 1 Uhr 35 Minuten letztes Viertel. Von Planeten sind sichtbar Mars und Jupiter. Fixsternbedeckungen finden in dieser Woche nieht statt. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man zu dieser hinzufügen am 1. April 3 Minuten 46,15 Sekunden, am 7. April 2 Minuten 0,69 Sekunden. Dr. F. Plato. Die Erhaltungstendenz im Witterungscharakter auf- einander folgender Winter. — Bei der Untersuchung von Fragen nach der Wahrscheinlichkeit, dass der Witterungscharakter aufein- ander folgender Jahre oder Jahresabsehnitte der gleiche bleibe oder sich ändere, begegnet man gewöhnlich der Schwieriekeit, dass in den dabei in Rücksicht zu ziehenden ausgedehnten Beobachtunesreihen nicht selten die Aufstellung der Instrumente, zuweilen auch: diese selbst gewechselt haben, woraus sich systematische Fehler in der Berechnung ergeben müssen. Nach einer von solchen gänzlich un- abhängigen Methode ist kürzlich durch J. Kleiber untersucht worden (vgl. Meteorologische Zeitschrift, Februarheft 1888), in wie vielen von hundert Fällen auf einen strengen Winter in Russland wieder ein strenger und auf einen milden ein milder folge, nämlich aus der Zeit des Anfangs und Endes der Eisbedeckung der Newa, für welche fast lückenlose "Beobachtungen seit 1706 vorliegen. Im Mittel aus allen Jahren fällt der Tag des Zuganges der Newa auf den 15. No- vember, der des Aufganges auf den 10. April, und die Dauer der eisfreien Zeit beträgt 219 Tage oder sechs Zehntel des Jahres. Die wahrschemliche Abweichung der letzteren von ihrem Mittelwerte beläuft sich für den einzelnen Jahrgang auf elf Tage, aber es ist wahrscheinlicher, dass dieselbe bei aufeinander folgenden Wintern im gleichen als im entgegengesetzten Sinne stattfinde. Hat die eisfreie Zeit schon zweimal hintereinander zu lange oder zu kurze Zeit ge- dauert, so wächst noch die Wahrscheinlichkeit, dass das gleiche auch im dritten Jahre der Fall sein werde; und wenn in drei oder vier Jahren nacheinander die eisfreie Zeit in demselben Sinne von ihrer normalen Dauer abwich, so kann man fast zwei gegen eins wetten, dass auch in dem folgenden Jahre der Sinn der Abweichung derselbe sein wird. Die hierin ausgesprochene Tendenz zur Erhaltung des gleichen Witterungscharakters beschränkt sich jedoch keineswegs “ auf Russland, denn schon eine ältere Bearbeitung: der Temperatur- beobachtungen im preussischen Stationsnetz hat auch G. Hell- mann (vgl. Z. S. des k. statistischen Büreaus 1883) das Resultat ergeben, dass die Jahre mit langen Wintern sehr häufig gruppen- weise aufzutreten „pflegen. Einen neuen Beleg dafür lieferten wie- derum die drei letzten Jahre, deren Wintermonate übereinstimmend zu niedrige Temperaturen hatten. Ihre Abweichung von den lang- jährigen Mittelwerten betrug beispielsweise für Berlin —1,909 C. in den Monaten December 1885 bis Februar 1886, —0,9° C. im De- cember 1886 bis Februar 1887 und belief sich auf —140 C. in den drei letzten Wintermonaten. Dr. E. Less. Arsen in Biercouleur. — Bekanntlich werden vielfach dunkle Biere dadurch hergestellt, dass man hellen Bieren sogenannte Biereouleur zusetzt, ein Präparat, dass in der Regel aus Stärke- zucker durch Erhitzung mit kohlensauren Alkalien erzeugt wird. Im verflossenen Jahre sind mir in drei Fällen Proben von Bier- couleur zur Untersuchung zugegangen. welche bereits in geringen Mengen des Materials das Vorhandensein von Arsen erkennen liessen. Aus 3—5 gr Biereouleur wurden bei geeigneter Vorbereitung charak- teristische Arsenspiegel erhalten. Der Befund dürfte kaum zweifel- haft auf die Verwendung unreiner Rohmaterialien zur Stürkezucker- fabrikation zurückzuführen sein. Da im verflossenen Jahre auch von ©. Schweissinger für Zuekereouleur, die für Konditoreizwecke als Farbe dienen sollte, die gleiche Beobachtung mitgeteilt ist, dürfte das Vorkommen dieser gewiss nieht indifferenten Verun- reinigung weitere Verbreitung haben. Befunde dieser Art beweisen, wie aus kaum geahnten Quellen in unsere täglichen Nahrungs- und Genussmittel Spuren von Giften einwandern künnen. Dr. ©. Bischoff, vereideter Chemiker der Kgl. Gerichte u. des Kgl. Polizei-Präsidiums zu Berlin. Hierzu eine Beilage. ‚Frage veranlasst hat. _ kurzen Lehrbüchern ete. der anoreanischen Chemie nimmt die „EB Deutscher Geographentag. —. In Folge der in @ Deutschland herrschenden tiefen Trauer um das Hinscheiden des K' 2 sers ist der VIII. deutsche Geographentag, welcher vom 4. bis 6. April in Berlin abgehalten werden sollte, um ein Jahr vertagt worden. Eine „Club- und Vereinshaus Actien-Gesellschaft“ i in Berlin im Entstehen begriffen. Die Anregung ist vom Präsidium der Deutschen Chemischen Gesellschaft ausgegangen, welches Bildung eines Consortiums aus Vereinsmitgliedern, Architekten und Finanzmännern zur Vorbereitung. einer praktischen Lösung dieser Das Consortium hat sich bereits die-Br- werbung eines Grundstückes in geeigneter Stadtgegend (Maue Strasse 44—46) gesichert, Baupläne entwerfen lassen, eine Renta- bilititsberechnung des Unternehmens aufgestellt und den gesamte Plan einer aus hervorragenden Vertretern der grösseren technische und wissenschaftlichen “Vereine und Finanzmännern bestehende: Versammlung zur Prüfung vorgelegt. Diese hat das Unternelme als ein zeitgemässes und dem allgemeinen Bedürfnisse entsprechen begrüsst und zur Förderung desselben aus ihrer Mitte einen Ausschus gewählt, der nach Prüfung und auf Grund des von den Vereine) eingeholten statistischen Materials die Ueberzeugung von der Durch. führbarkeit des Planes gewonnen, und die Verwirklichung desselbe auf dem Wege der Bildung einer Aktiengesellschaft innerhalb Interessenten zur Ausführung zu Inimen, beschlossen hat, ‚ Fragen und Antworten. Hat die Intensität des Lichtes Einfiuss auf die Fo pflanzungsgeschwindigkeit desselben? Diese Frage war bis vor kurzem noch streitig, sie ist ‚jedo h von Dr. Ebert in den Annalen der Pliysik 1887, N. durch genaue Untersuchungen dahin entschieden worden, Wel lenlänge und folglich "auch die Fortpfianzungsgeschwindigke des Lichtes von seiner Intensität unabhängig ist. A. Litteratur. Ira Remsen: Einleitung in das Studium der Che Autorisierte deutsche Ausgabe. Bearbeitet von R. Seubert. Laupp; Verlage in Tübingen, 1887. Preis geb. 7 MM. A Unter den zum Teil ausgezeichneten Kompendien, Repetitorien, leitung in das Studium der Chemie“ von Remsen ohne Zweifel eit hervorragende Stelle ein. Es giebt wenige derartige Werke, die : klar, leieht verständlich und dabei doch streng wissenschaftlich“ Grundbegriffe der Chemie erörtern. In der Tiehtigen Erkenntn dass ein “Vebermass von Einzelheiten sowie ein zu frühes Eingehe: auf die Theorien geeignet ist den Anfänger zu verwirren und das ständnis für den Gegenstand zu erschweren, beschränkt siel Verfasser darauf, nur die wichtigsten Thatsachen mitzuteilen. nachdem an typischen Beispielen das Wesen der chemischen. gänge eingehend klargelegt, geht er zur Besprechung der wissens- wertesten theoretischen Grundlehren über. Das Werk ist durch- aus eigenartig und verdient die weiteste Verbreitung. Die vo liegende deutsche Uebersetzung resp. Bearbeitung dieses zuerst in englischer Sprache echt Buches ist als eine treffliche zu ‚ber 5 zeichnen. Dr. C. Baerwald. Zur Nachricht! - Die Redaktion wird sich bemühen, zeitgemässe und soweit es der Gegenstand nur irgendwie zulä allgemein-verständliche — also vor allen Din mit möglichster Fernhaltung von Fremdwörtern geschr ie: R / bene — Aufsätze und kleinere Mitteilungen aus dem Ge-' samtgebiete der Naturwissenschaft und ihre Be praktischen Anwendung zu bringen. ; - Wir bitten alle diejenigen, welchen die Naturwisse - schaft am Herzen liegt, uns ihr Vertrauen zu schenken! Redaktion und Verlag. Briefkasten. - Den Entwurf zum Titelkopf verdanken wir der 5 nst geübten Hand des Kgl. Preuss, Hof-Dekorations-M Herrn Carl Sievers. Was die naturwissenschaftliche Forschung aufgiebt an weltum- füssenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird rd ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen schinilckt. Schwendener. Redaktion: i Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. x D. Band. | Sonntag, den 8. April 1888. | Ne 2 Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist 4 2.—; ui entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- ! Bringegeld bei der Post 15,5 extra. J annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. = - Die Soolquelle im Admiralsgarten-Bad zu Berlin. E Von Professor Dr. G. Berendt. Durch die im Admiralsgartenbade zu Berlin statt- | technikers Beyer aus Flensburg durch dessen Bohr- gehabte Erbohrung einer seit dem 10. Dezember vorigen | meister Christian Jenssen — bei der angegebenen Jahres ununterbrochen fliessenden Soolquelle hat wieder | Tiefe von etwa 232 m eine zu Tage ausfliessende Sool- einmal die Geologie einen Triumph auf praktischem Ge- | quelle glücklich erreicht. Die Soole ist 3procentig; sie biete gefeiert und gleichzeitig die Intelligenz wohlver- enthält nach einer von Dr. C. Bischoff ausgeführten diente Früchte geerntet. vorläufigen Analyse Nicht umsonst war nämlich von wissenschaftlicher 27,01 Gramm im Liter Kochsalz, Er Seite schon vor ‚Jahren, als die Anstalt, um sich von dem 0,1472 ,„ » ».. Natriumsulfat, Er kostspieligen Leitungswasser frei zu machen, sich durch 0,6631 „ » *y„. Chlorcaleium, eine erste Tiefbohrung in den Besitz eines Süsswasser- 0.963975 » » . Chlormagnesium, brunnens setzte, darauf aufmerksam gemacht worden, 0,1882, » .». Caleiumsulfat. dass es zur einigen Mutes und eines gewissen ver Berechnet 28,9724 Gramm trauens auf die Beobachtungen der Geologie bedürfe, Geworen 29,62 art 5 TER ne E Ri = ne $) um die Kosten einer grösseren Tief bohrung nach Ser Eingehendere, auch auf den Gehalt von Brom, Jod dem Wasser zu wagen. Des damals gegebenen Winkes | ot«. gerichtete Analysen stehen in nächster Aussicht, wusste man sich zur rechten Zeit zu EN Ein von | einerseits durch Professor Dr. Finkener in Berlin, ander- dem Verfasser noch besonders erbetenes schriftliches Gut- | seits durch den Geheimrat Professor Dr. Fresenius in achten stellte bei einer Tiefe von 230 bis etwa 300 m Nrechalen springendes resp. sogenanntes artesisches Wasser in einiger- Die Bohrung durchsank massen sichere Aussicht. Ob die Wasser aber süsse oder 0— 52m Sande und Grande der Diluvialformation, salzige sein würden — hiess es in dem Gutachten — müsse 52— 88m Letten, Sande und Kohlen der Braunkohlen- dahingestellt bleiben; jedenfalls dürfte jedoch auch die bildung. Erschrotung von Soole dem Bade nur zum Vorteil ge- | gg 135 m Glimmersande des marinen Oberoligocän, lab 135—230 m Septarienthon des marinen Mitteloligocän, Im Juli vorigen Jahres wurde die, nicht unbedeutende | 930 _934 m Glaukonitische Sande und Sandsteinbänkchen, "Vorkehrungen erfordernde und mit den neuesten Mitteln welche wohl dem marinen Unteroligocän zu- der Wasserspülung ausgeführte Bohrung begonnen und zusprechen sein dürften. schon im Dezember — unter der Leitung des Bohr- 10 een mm Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Von Protessor Dr. B. Frank. (Schluss) Das Ueberraschende ist nun, dass diese Wurzel- verpilzung kein vereinzeltes Vorkommen, sondern für die betreffenden Pflanzen allgemeine Regel ist. Zunächst bin ich bei Gelegenheit der Untersuchung der Trüffel- entwickelung, wobei es sich auch um ein genaues Studium der Beschaffenheit der Wurzeln der Waldbäume an den Trüffelorten handelte, auf diese Eigentümlichkeit auf- merksam geworden. Monarchie erhielt, bestätigten die Allgemeinheit der Mykorhiza an den Wurzeln der wichtigsten Waldbäume. Weitere Nachforschungen zeigten, dass auch in anderen Ländern Europas und auch in anderen Erdteilen z. B. am Kap der guten Hoffnung die betreffenden Baum- gattungen ebenso verpilzte Wurzeln haben wie bei uns. Diese Mykorhiza ist auf bestimmte Pflanzenfamilien beschränkt. Vor allen ist sie den Kupuliferen in ihrem ganzen Umfange eigen, also den Buchen, Hainbuchen, Haseln, Eichen und Kastanien; daran schliessen sich die Betulaceen. Ferner ist sie unter den Koniferen, nament- lich unter den bestandbildenden Arten verbreitet: näm- lich bei der Fichte, Tanne, Lärche, gemeinen Kiefer, Krummholzkiefer et. Auch die Linde gehört dazu. Dahingegen sind andere Holzpflanzen in ihren Wur- zeln constant unverpilzt, selbst wenn sie neben jenen Bäumen stehen und ihre Wurzeln mit den Mykorhizen benachbarter Bäume verflochten sind; so z. B. die Esche, die Ahorne, die Rüstern, die Obstbäume. Auch die Wurzeln der kleineren Vegetation des Waldbodens sind nicht in dieser Weise verpilzt. Bei der Keimung der Samen jener Bäume im Boden ist natürlich die junge Keimwurzel zunächst unverpilzt. Aber nach verhältnismässig nicht langer Zeit finden sich die Wurzelpilze ein. Oft sieht man schon an einjährigen Sämlingen fast alle Wurzeln verpilzt, oder erst mit ei- nigen ist dies der Fall, um erst im zweiten oder dritten Jahre vollständig zu werden. Augenscheinlich sind es also im Boden lebende Pilze, welche schneller oder lang- samer auf die im Erdboden sich entwickelnde Baumwurzel gelangen. Sterilisiert man vorher den Erdboden durch Erhitzen oder zieht man die jungen Pflanzen in Wasser- kulturen, wo die Nährsalze in reinem Wasser gelöst den Wurzeln dargeboten werden, so entwickeln sich die Wurzeln pilzfrei und bilden Wurzelhaare, ernähren sich also selbständig. Sind einmal die Saugwurzeln einer jungen Baumpflanze zu Mykorhizen geworden, so setzt sich dies Verhältnis auch in die künftigen Lebensjahre fort und das ganze Wurzelsystem des Baumes bildet Mykorhizen. Denn abgesehen davon, dass bei der Er- ‚starkung der Wurzelentwickelung an immer neuen Punkten die Bodenpilze auf die Pflanzenwurzeln überwandern, folgt schon aus der Fortentwickelung einer Mykorhiza, dass der Pilz mit ihr selbst weitergebildet wird, indem Wurzelproben, die ich dann aus | den’ Oberförstereien des grössten Teiles der preussischen er dem Längenwachstume folgt und auch die neuen Zweige, welche die Mykorhizen treiben von Anfang an bekleidet. Wird’ die Wurzel älter und stärker, so ent- steht an ihrer Oberfläche das regelmässig in dieser Periode auftretende Korkperiderm, durch welches die Pilzhülle | abgestossen wird; in diesem Entwickelungszustande, wo die Wurzel eine Korkhaut bekommen hat, ist sie über- haupt nicht mehr zur Aufnahme von Nährstoffen geeignet. Meine jüngsten Untersuchungen haben mich nun weiter gelehrt, dass eine constante Wurzelsymbiose mit Pilzen auch noch weiter in der Natur besteht, wenn auch in anderen Formen. bisher beschriebenen Art der Mykorhiza der Pilz ausser- halb der Wurzel sich befindet, weshalb man hier von einer ectotrophischen Pilzwurzel reden kann, so ist nun auch der andere Fall denkbar, dass der die Bedenkt man, dass bei dr Nahrung für die Wurzel aufnehmende und zubereitende Pilz ins Innere der Wurzel, wenigstens in ihre peri- pherischen Gewebeschichten sich zurückzieht, so dass Be man einen solchen Fall als endotrophische Myko- rhiza bezeichnen kann. Thatsächlich habe ich diesen Fall = = nachgewiesen in dem ganzen Umfange der Familie der . » E s PER Br + Ericaceen, nämlich bei Calluna vulgaris, Vaceinium myı- tillus, vitis idaea, uliginosum, oxycoccus, Andromeda poli- folia, Ledum palustre, Azalea- und Rhododendron-Arten, 4 BR also bei Pflanzen, die teils auf humushaltigem Sand, teils auf Moorboden wachsen. Gestaltlich sind diese Myko- rhizen von den vorigen sehr verschieden. hat hier bei grosser Länge eine haarförmige Dünne und ist sehr spärlich verzweigt. Diese Wurzeln haben auf- fallend weite Epidermiszellen, die aber wiederum niemals Wurzelhaare bilden. Wohl aber enthalten die meisten in ihrem genauerer mikroskopischer Prüfung sich Pilzfäden erweist. Fig. 4. Nicht selten Membran der Epidermiszelle nach aussen mit einem vollständigen Pilzmantel über: ziehen zu können, oder sie wachsen auch von der Wurzel weg in den Boden hinein. Als endrotrophische Mykorhiza muss Fig. 4. Oben: Epidermis- zellenderMykorhiza von Andromeda poli- folia in der Ober- flächenansicht, In- haltsräume mehr oder minder verpilzt. 515 mal vergrössert. Unten: Querschnitt durch eine Myko- rhiza von A. p., die pilzerfüllten grossen Epidermis- zellen zeigend. 175fach vergrössert. kommens von Pilzen in den Orchideen- wurzeln betrachtet werden. Diese Pilze haben ihren hauptsächlichen Sitz in einer der äusseren Rindenzellen, welche wiederum wachsen einzelne dieser Fäden durch die und spinnen sich weiter über die Wurzel- 2 oberfläche hin, ohne sie jedoch wirklich auch der schon bekannte Fall des Vor- = oder mehreren kontinuierlichen Schichten durch grosse Weite ausgezeichnet sind und in ihrem Innern gewöhnlich einen mächtigen Knäuel locker Die Wurzel Innern eine dichte, trübe Masse, die bi als ein Komplex miteinander verflochtener A W ww verflochtener Pilzfäden enthalten, von denen immer einige auch durch die Zellmembran nach den Fadenknäueln der benachbarten Zellen verlaufen, zum Teil auch die nach aussen liesenden Zellen durchsetzen und in die Epider- miszellen oder in die Wurzelhaarzellen übergehen und von hier aus wohl auch in die Umgebung der Wurzel nach aussen dringen. Es liegt also auch hier rings um das Leitbündel, welches die Achse der Wurzel einnimmt, eine Scheide pilzführenden Gewebes, welches die Ueber- führung der aus dem Boden aufgenommenen Stoffe in das Leitbündel vermittelt. Von grossem Interesse muss nun die Frage sein, was für Pilze es sind, welche in dieser Weise mit den Baumwurzeln in Symbiose leben. In der Mykorhiza liegt uns der Pilz nur im Zustande des Myceliums vor; um ihn bestimmen zu können nach Gattung und Species bedürfte es der Kenntnis seiner Fruchtträger. Meine bisherigen Untersuchungen über die Speciesfrage der Mykorhizapilze sind bis jetzt noch nicht veröffentlicht worden. Ich will hier nur ganz kurz die wichtigsten Ergebnisse, die sich zunächst auf die ectotropische Myko- Yhiza der Bäume beziehen, mitteilen. Es gab zwei Wege, um diese Frage zu beantworten. Man muss entweder untersuchen, ob sich zwischen den unter Mykorhiza- Bäumen wachsenden fertigen Schwämmen ein Zusammen- hang mit dem Mycelium der Mykorhizen nachweisen lässt, oder man muss die ersten Entwickelungsstadien dieser Pilzfruchtkörper aufsuchen und beobachten, ob ihre An- lagen in einer Beziehung zu den Mykorhizen stehen. . “Ich habe auf diese Weise bis jetzt folgende Pilze als mykorhizabildend nachweisen können. 1. Tuber aestivum Vittad., die deutsche Trüffel, welche hauptsächlich im südlichen Hannover und flussaufwärts bis ins Hessische "und Thüringische in Buchenwäldern auftritt und nament- lich im Hannoverschen Gegenstand einer regelrechten Trüffeljagd und einer sehr einträglichen Forstnebennutzung ist. 2. Ein kleines Selerotium, welches mit den bis jetzt bekannten nicht übereinstimmt und dem ich den Namen Selerotium Mykorhizae geben will, aus der Gruppe der mit Sc]. semen verwandten, unterirdisch wie kleine Trüffeln in den Trüftelrevieren des südlichen Hannovers gefunden. Kulturversuche, daraus einen Fruchtträger zu ziehen, waren bis jetzt erfolglos. 3. Russula rubra Fr. wurde von mir an zwei Standorten unter Buchen und zwar genauer auf den Zusammenhang seines Myceliums mit den Buchenmykorhizen mit positivem Resultate untersucht. 4. Russula lactea Fr. in einem Buchenbestande auf Rügen ebenfalls im Zusammenhange des Myceliums mit den Buchenmykorhizen gefunden. 5. Agaricus muscarius L., der Fliegenschwamm, bei welchem ich an verschiedenen Standorten um Berlin den Zusammenhang des Myceliums mit den Mykorhizen von Kiefern, Fichten und Birken, unter denen-der Schwamm wuchs, constatieren konnte. 6. Hygeophorus virgineus Fr., bei dem ich ebenfalls an einem Standorte bei Berlin unter Fichten das Mycelium im Zusammenhange mit den Mykorhizen dieser Bäume Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 11 TITTEN RR Z ER 1 ana). nn 30,7 TREE fand. 7. Boletus bovinus L. Auch von diesem Schwamm konnte ich unter Fichten auf Rügen bei genauerer Unter- suchung die Myceliumfäden mit den Fichtenmykorhizen im Zusammenhange constatieren. Nach diesen Beobachtungen hat es den Anschein, als wenn sehr verschiedenartige Pilze mit Baumwurzeln in Symbiose treten können. Und zwar sind es, wie man sieht, lauter solche Schwämme, welche nur in Wäldern, beziehentlich unter Bäumen zu wachsen pflegen. Der Umstand, dass diese Pilze so streng an den Wald ge- bunden sind, würde durch ihre Symbiose mit den Baum- wurzeln seine Erklärung finden. Es giebt überhaupt eine grosse Anzahl typischer Waldschwämme, und es ist nun wahrscheinlich, dassnoch manche derselben in die Kategorie der mykorhizenbildenden Pilze gehören. Manche Wald- schwämme, namentlich die kleineren, zarteren Agaricus- Arten, die im abgefallenen Laub etc. wachsen, sind, wie ich mich überzeugt habe, nicht mit Mykorhizen im Zu- sammenhange. Auch die echt parasitischen und wurzel- verderbenden Schwämme, wie Agaricus melleus, zeigen, wie mich ebenfalls besondere Untersuchungen gelehrt haben, ein Verhalten des Myceliums von ganz anderer Art als das der mykorhizenbildenden Schwämme. Die letzte Frage, die ich hier noch erörtern will, ist die nach der physiologischen Bedeutung der Myko- rhiza, sowohl für den Pilz wie für den Baum. Was darüber zu sagen ist, habe ich teils in früheren Mit- teilungen schon erwähnt, teils ist es das Resultat neuerer noch nicht näher publicierten Untersuchungen. Es handelt sich hier jedenfalls um Pilze, welche im Erdboden leben und auf die Baumwurzeln, wenn sie zufällig solchen begegnen, überzugehen vermögen. Ich habe bei allen meinen Untersuchungen über die Mykorhiza der Bäume mich überzeugen können, dass der Pilz nicht bloss an den Wurzeln haftet, sondern dass er oft in üppigster Entwickelung mit seinen Myceliumfäden von der Myko- rhiza aus in den Boden eindringt und diesen durch- wuchert in den verschiedensten Richtungen, namentlich dass er solche Stellen bevorzugt, wo Humus oder noch unvollständig verweste Pflanzenreste, wie abgefallenes Laub, Holz- und Zweigstückchen, alte Wurzeln, ver- dorbene Samen u. dergl. vorhanden sind. In solchem Boden, z. B. humosen Sanden, sind diese Pilzfäden ze- wöhnlich in so reichlicher und gleichmässiger Menge verbreitet, dass die Bodenteilchen dadurch wie durch ein unsichtbares Bindemittel zusammengehalten sind zu einer flockigen Masse und dass jedenfalls ein sehr grosser Teil der organischen Substanz des Bodens, die man schlecht- weg dem Humus zuzurechnen pflegt, auf Rechnung dieser lebenden Pilzfäden kommt. Die ganze Art, wie diese Mycelfäden die pflanzlichen Trümmer durchwuchern, lässt keinen Zweifel darüber, dass sie an der Zersetzung derselben mitarbeiten und dass sie ihre Nahrung aus ihnen ziehen. Die Mykorhiza-Pilze vermögen sich also aus Humus und pflanzlichen Ueberresten im-Erdboden- zu ernähren. Wenn nun die Baumwurzeln mit diesen 12 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. [HH — Pilzen in einer Form in Symbiose treten, bei welcher | Humusgehalts nimmt auch die Entwickelung der Myko- die Uebertragung der Nahrung aus dem Boden in die Wurzel nur durch Vermittelung dieser Pilze möglich erscheint, so liegt es nahe anzunehmen, dass dabei der Baum einen gewissen Vorteil geniesst, dass er sich eine Fähigkeit des Pilzes dienstbar macht, die er selbst nicht besitzt. Es giebt vor allen Dingen eine Fähigkeit, die den Pilzen eigen ist und den höheren Gewächsen meistens abgeht, diese besteht darin, die organischen kohlenstoft- haltigen Bestandteile pflanzlicher Trümmer und des Humus direkt als Pflanzennahrung zu verwerten. Der Pilz der Mykorhiza würde also nicht bloss für sich selbst, sondern auch für die Baumwurzel Humus in pflanzliches Nahrungs- material umsetzen, die Mykorhiza würde also ein humus- assimilierendes Organ sein. Damit wäre. eine direkte Verwertung des Humus bei der Ernährung der Bäume gegeben und die alte Humustheorie in der Pflanzen- ernährung wäre in einem neuen, damals freilich nicht geahnten Sinne für die Waldbäume, soweit sie Myko- rhizen haben, wieder restituiert. Ich will hier nur kurz die Gründe anführen, welche für diese Deutung der physiologischen Rolle der Mykorhiza sprechen. Der Fichtenspargel, Monotropa hypopitys, ist eine auf Wald- boden wachsende völlig chlorophyllose Pflanze. Sie kann eben wegen des Chlorophyllmangels nicht aus Kohlen- säure ihren Kohlenstoffbedarf decken und muss daher not- wendig aus dem Humus des Bodens ihre Nahrung ziehen. Diese Pflanze hat nun regelmässig statt gewöhnlicher Wurzeln Mykorhizen, genau von der Beschaffenhsit der- jenigen der Bäume. Wir sehen hier also die Mykorhiza als ein humusassimilierendes Organ bewiesen, und es liegt nun sehr nahe, dass sie die Fähigkeit, welche sie hier ausübt, auch bei den Bäumen äussern wird. Wenn wir ferner das Auftreten der Mykorhizen je nach der Bodenbeschaffenheit verfolgen, so ist die Anzahl, in welcher sie die Baumwurzel entwickelt, am allergrössten dort, wo viel Humus oder viel verwesende Pflanzenteile anzehäuft sind. Mit der Abnahme des rhizen ab, und in Bodenschichten oder an Bodenstellen, wo der Humus fast gänzlich fehlt, finden wir auch die wenigsten Mykorhizen oder die Wurzeln wohl auch völlig unverpilzt. ö Um zu ermitteln, ob dem Baume durch die Myko- rhizen ein gewisser Vorteil erwächst gegenüber einer Ernährung durch unverpilzte Wurzeln in demselben Boden, habe ich folgenden Versuch angestellt. Eine Anzahl grosser Blumentöpfe wurde mit frischem Humusboden aus einem Buchenwalde gefüllt; die eine Hälfte dieser Töpfe samt Boden wurde mehrere Stunden lang im Dampfsterilisierungsapparate gehalten, wodurch alle in demselben enthaltenen Pilze getödtet wurden, die andere Hälfte der Töpfe blieb unsterilisiertt. Es wurden dann keimende Buchenkerne eingesäet in alle Töpfe. Die jungen Buchenpflänzchen entwickelten sich zunächst überall. Aber bald stellte sich ein Unterschied heraus, denn in den sterilisierten Töpfen fing eine Pflanze nach der anderen in längeren Zwischenräumen an abzusterben, jedoch so, dass in jedem Topfe doch eine oder einige Pflanzen am Leben blieben. So waren im zweiten Jahre von den fünfzehn Buchenpflanzen der sterilisierten Kulturen zehn tot. Dagegen hatten die nicht; sterilisierten Töpfe zur selben Zeit noch alle ihre fünfzehn Buchenpflanzen am Leben und in guter Entwickelung. Prüfung der Wurzeln ergab, dass in den nicht sterilisierten Kulturen sich die schönsten Mykorhizen entwickelt hatten, während die Pflanzen, welche in den sterilisierten Töpfen noch am Leben waren, völlig unverpilzte, wie gewöhnlich mit Wurzelhaaren versehene Wurzeln hatten, die also selbst- ständig ihre Nahrung aus dem Boden aufnehmen mussten. Es geht daraus hervor, dass die Ernährung durch Wurzel- pilze für die Buche zwar keine unerlässliche Bedingung ist, dass sie aber der Pflanze einen bedeutenden Vorteil gegenüber der nicht pilzlichen Ernährung gewährt. Körperliche und geistige Arbeit im Gleichgewicht.“) Von Geheimrat von Nussbaum in München. Wenn ich meine Erfahrungen, die mir eine neun- undzwanzigjährige ärztliche Praxis sammelte, überdenke, so habe ich nur wenige Kranke in die Hände bekommen, welche durch Ueberanstrengung ihrer Knochen und Muskeln krank geworden waren; viele Hunderte sehr ernst Leidende hingegen beobachtete ich, welche durch anhaltende geistige Arbeit krank geworden waren, und es war oft recht schwer, wieder vollständige Genesung zu bringen. Es wurde mir der ganz bestimmte Eindruck, dass des Menschen Körperbau nicht für den Studiertisch, sondern für körperliche Arbeiten geschaffen ist. Am gesundesten und heitersten sah ich jene bleiben, *) Aus der „Täglichen Rundschau“ vom 22, März 1888, welche Felder und Gärten besfhäiteten welche säeten und ernteten und sich den grössten Teil des Tages in frischer Luft bewegten. Immer schmeekt solchen Menschen ihre höchst ein- fache Nahrung, fast nie hört man von Verdauungs- störungen, von Trägheit des Unterleibes, Kopfkon- gestionen, oder gar von nervöser Aufregung. Wie ganz anders findet man das körperliche Be- finden bei Beamten, Gelehrten und Künstlern; oft haben diese einen heissen Kopf und kalte Füsse, oft träge Ver- dauung, unthätigen Darm. Wenige giebt es unter ihnen, welche nicht über fortwährende Nervenerregung klagen. Das Gefühl der Behaglichkeit, des Wohlbefindens wird in diesen Ständen immer seltener. Zr. Wir wissen, dass jedes Organ, welches benutzt wird, _blutreicher wird, dass sich seine Adern erweitern; und T wenn bereits bewiesen ist, dass durch einen arbeitenden Muskel viel mehr Blut läuft als durch einen ruhenden, so gilt ganz bestimmt das Gleiche beim Gehirn. Wird _ das Gehirn blutreicher, so kann dies nur auf Kosten anderer Organe geschehen. Deshalb werden Arme und Füsse blutarm und kühl, wenn das Gehirn vom Blute strotzt. Je mehr aber dies Zentralorgan belastet und je _ blutärmer die Peripherie wird, desto unbehaglicher ist unser Befinden. Je früher ferner solche Missverhältnisse im mensch- Jichen Körper auftreten, je jünger das Individuum ist, ‘desto verderblicher sind die Folgen solch mangelnden Gleichgewichtes. Bi Ist einmal der Körper ganz fertig, sind seine Ge- _ webe bereits solidere geworden, so sind auch alle Mem- branen, alle Gefässhäute nicht mehr so leicht ausdehnbar, _ wie bei ganz jungen zarten Naturen. Deshalb leistet der fertige Mann viel mehr Wider- stand als der Jüngling und das Kind. ; Kommt es schon beim Kinde zu solchen Missver- _ hältnissen, so ist der Schaden ein unverkennbarer und _ bleibender, und eine Rückbildung zum gesunden Gleich- wicht nur durch Opfer an Zeit und Geld möglich, E die selten gebracht werden können. Soll ich es mit er klaren Worten sagen, so muss ich behaupten, dass die Bi ganze Zukunft eines Menschen eine unbehagliche werden = "kann, wenn sich die angedeuteten Ueberreizungen schon _ im kindlichen Alter einbürgerten. Es ist durch und durch eine fehlerhafte Beobachtung, _ wenn man glaubt, dass ein neunjähriges Knäbchen in _ 7—8 Stunden täglich mehr lernt als in 4—5 Stunden. Ich habe sehr oft das Experiment gemacht und R _ einem Kinde an einem Vakanztags-Morgen, nachdem es gut geschlafen, eine Stunde im Garten herumgelaufen, Er etwas ausgeruht und etwas genossen hatte, das in _ einer Viertelstunde eingelernt, was das arme Kind am Vorabende, trotz zehnmaligem Vorlesen, nach einer Stunde noch nicht merken konnte, nachdem es während des Tages sieben Stunden gesessen hatte und mit heissem Kopfe, blöden Augen, müde und erschlafft heimge- kommen war. 2 Man spricht immer von Ueberbürdung, der Eine _ versteht dieses, der Andere jenes darunter. Einer meint, _ die Lehrgegenstände trügen die Schuld, ein Anderer glaubt, die Lehrmethode. © nein, Beides ist unschuldig und bringt die Ueberbürdung nicht. Man gehe abends 9 Uhr in die Familie; dort findet man, was Ueberbürdung ist. Der Vater ist fort in seine Gesellschaft und unterhält sich gut, die Mutter _ und Töchter haben einen kleinen Kreis von Freundinnen bei sich und erheitern sich; das neunjährige Knäbchen, das nun in das Bett gehört, sitzt allein am Schreibtisch ' und hält mit seinen kalten Händchen den heissen Kopf, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 13 dem er nicht mehr hineinbringt, was er morgen früh 8 Uhr wissen soll. Manchmal fällt eine Thräne aufs Buch, und das, was den kleinen Mann freuen soll, sein Studium, das ist ihm eine Matter. Das ist die Ueberbürdung. Wenn vom Abend bis zum Morgen Aufgaben gelöst werden müssen, welche vielleicht nur von dem talentvollsten Zehntel der Schüler ohne Beeinträchtigung des absolut notwendigen Schlafes bezwungen werden können. Das heisst das Gehirn ruinieren, nervös machen. Man frage die Väter und Mütter, ob dies nicht Wahrheit ist, ob die armen Kinder nicht bis 9 und 10 Uhr am Schreibtische sitzen, früh 5 Uhr schon wieder aufstehen, weil sie abends absolut nicht mehr auffassten. Leider aber wird es dann morgens oft zu schnell 8 Uhr, die Aufgabe ist nur halb fertig, die Strafe folgt auf dem Fuss und bringt für heute noch mehr Arbeit. Schon in den letzten Klassen der deutschen Schule, aber vorzüglich in Latein-, Gewerbeschulen und Gymnasien und in höheren Töchterschulen und Instituten kann man die erzählten Missstände überall finden. Kinder gehören nach 9 Uhr in das Bett, und vor 5 Uhr lasse man sie ja nicht aufstehen, sonst ruht ihr Gehirn nicht ge- nügend aus. Ein Bauer, ein Tagelöhner reicht bekanntlich leicht mit fünf Stunden Schlaf, aber wer Kopfarbeit leistet, soll mindestens sieben bis acht Stunden schlafen; Kinder noch mehr. Ich halte das gegenwärtige Prinzip, ein Kind den ganzen Tag zu beschäftigen, für ein recht gutes; allein ein grosser Teil der Zeit sei der körperlichen Ausbildung gewidmet, wenn möglich in frischer Luft. Es war ein guter Anfang, das Turnen obligatorisch zu machen; allein, ich möchte die gegenwärtige Dosis dieser herr- lichen Arznei eine nahezu homöopathische nennen, die nur weniges nützen dürfte. Ich bin fest überzeugt, dass die Zukunft lehren wird, dass man täglich stundenlang körperliche Uebungen mit geistiger Arbeit wechseln muss, wenn ein Kind gesund bleiben soll. Ich bin ebenso überzeugt, dass das Lernen viel leichter geht, wenn der Körper mehr gekräftigt wird, wenn die geistige Spannung nicht so viele Stunden beträgt, wie jetzt fast in allen Lehranstalten. Mit Ausnahme einzelner hervorragend talentierter Kinder tritt bei den meisten jetzt oft schon nach- mittags, aber fast immer abends, eine stumpfe, müde Hirnfunktion ein, womit sie nur wenig mehr fassen, höchstens nach langer Marter mechanisch einlernen, ohne denn Sinn zu überdenken. Diese meine Ueberzeugung wurde ganz besonders auch, durch Erfahrungen in mehreren hohen Familien bestätigt, wo man schwächliche Kinder auf meinen Rat bis zum achten und neunten Jahre ganz frei aufwachsen liess, sich nur mühte, ihren Körper durch langen Auf- enthalt und Arbeiten in gesunder Luft zu stärken und höchstens spielend vom Hofmeister den älteren Knaben Be Er Tale © 5. ae ee 14 hie und da eine von ihnen selbst erbetene kurze Lektion geben liess. { Als diese Kinder im zehnten Jahre das Lernen mit Lust und Freude anfingen, ging es so schnell vor- wärts, dass sie im sechszehnten Jahre so ausgebildet waren, wie ihre älteren Brüder im sechszehnten Jahre gewesen waren, nur, dass ihnen das Lernen Freude machte und ihr Körper nebenbei kräftig war, während bei den älteren Brüdern das Zanken und Strafen vom sechsten Jahre nicht mehr aufgehört hatte und ihr Körper ein schwächlicher geblieben war. Das Resume meiner Erfahrung geht also dahin, dass die Zukunft den Körper der Kinder durch Spiele und Arbeiten im Freien zum Lernen vorbereiten und während des Lernens die Ausbildung des Körpers energisch befördern wird, damit die Belastung des an, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a Gehirnes, welche bei Tausenden zur Ursache ihres un- behaglichen Befindens wird, verhindert werden kann. Trotz dieser Zeitopfer darf nun aber keine geringere B:> Lernergebnisse befürchten. Br Hingegen wird das Lernen, das jetzt vielen ei Marter ist, den meisten Freude machen; und es wird nicht schon in der Kindheit der Grundstein zu diese) jetzt so sehr überhand nehmenden und unglücklich machenden Nervenerregungen gelegt werden. Man haut. bekanntlich keinen Baum mit einem Streiche um. I Einführung des Turnens war der erste glückliche zum Bessern. Man wird nun alsbald die staub Turnhallen mit der freien Luft vertauschen und wird eine ne ee der Sea nr es nie et wird. Kleinere Mitteilungen. Einen neuen Apparat zur Darstellung einfacher Schwingungen, welcher sich sehr gut zur Demonstration bei Vorlesungen und in Schulen eignet, beschreibt Dr. Bergmann in den „Mitteilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein für Neu-Vor- pommern und Rügen in Greifswald“. Der Apparat besteht aus einer vertikalen, mittels einer Kurbel drehbaren Scheibe und einer Steuerung. Diese letztere wird aus einem Kreuz, dessen Arme vertikal bezw. horizontal gerichtet und durch Längsschnitte zu Schienen umgewandelt sind. gebildet. durchbrochen. während die Horizontalschiene in der Mitte eine kleine Unterbrechung; erleidet, wie es das beigefügte Schema zeigt. dem Rande der Scheibe ist ein Zapfen an- gebracht, welcher durch die Vertikalschiene gesteckt wird, während das Kreuz mittels der Horizontalschiene auf 2 Einschnitten des Gehäuses ruht. Wird nun die Scheibe ge- dreht, Kreis beschreiben, und da er das Kreuz (die Stenerung) mit sich fortbewegt (von links nach rechts und umgekehrt Zn) periodisch), so wird der Mittelpunkt des Kreuzes, welcher stets die | und sieh bei der Drehung nur in | Projektion des Zapfens darstellt horizontaler Richtung hin und her bewegen kann, das Bild emer sogenannten einfachen Schwingung darbieten und zwar mit mathe- matischer Genauigkeit. Damit nur das wesentliche bei der Demon- stration sichtbar wird, ist diese Einrichtung in einem Kasten unter- gebracht, weleher auf der Vorderseite längs eines Kreises und eines horizontalen Durchmessers desselben aufgeschnitten ist, und durch diese Einschnitte sind nur der erwähnte Zapfen und der Mittelpunkt des Kreuzes sichtbar. Der erstere führt bei gleichförmiger Drehung der Kurbel eine gleichförmige Bewegung in dem Kreise aus, wäh- rend der letztere stets die Bewegung der Projektion desselben auf einer Horizontallinie versinnbildlicht. A. Gutzmer. Zur Geschichte der Papiererfindung. — Professor Dr. Julius Wiesner in Wien hat in seiner Schrift „Die mikroskopische - Untersuchung des Papieres“ nachgewiesen, dass die allgemein ver- breitete Annahme, das Hadern- oder Lumpenpapier sei im 13. oder 14. Jahrhundert nach Christi Geburt in Europa erfunden, ebenso grundlos sei wie eine zweite gleichfalls gelüufge Annahme, nach welcher die früheren, älteren Papiere aus roher Baumwolle herge- stellt sein sollten. Nach der Untersuchung von Hunderten der alten Papiere kam er zu dem Schlusse, dass jene alten Papiere, welche man als Baumwollenpapiere bezeichnete und aus roher Baumwolle erzeugt annahra, keine Baumwollenpapiere, sondern meist aus Leinen- hadern, weit seltener teilweise aus Hanfhadern hergestellt sind, während Baumwollhadern hierzu nur selten bezw. in ganz unterge- ordneter Menge verwendet wurden. Die ältesten dieser Papiere stammen aus Aegypten oder dem Orient und es erscheint hierdurch festgestellt, dass die Erfindung der Papiererzeugung aus Hadern orientalischer Herkunft ist. G. Brelow. Astronomische Nachrichten. — Ueber die Beobachtung der totalen Mondfinsternis vom 28. Januar liegen jetzt zu- sammenfassende Notizen vor. Wir geben dieselben nachstehend wieder und bemerken, dass die eingeklammerten Zahlen auf die Die Vertikalschiene ist ganz Nahe | so wird der erwähnte Zapfen einen | Finsternis vom 4. Oktober 1884 sich beziehen. — Es wurde 35 (41) vom Wetter begünstigten Orten von 83 (46) verschi Sternen 564 (399) Kontakte mit der Mondscheibe beobachtet, nä lich 276 (234) Eintritte und 288 (165) Austritte; unter den Kontak waren 128 (63) gepaarte, d. h. jedesmal Ein- und Austritt desse Sternes notiert. Für den Durchmesser und eine etwaige Abplat der Mondscheibe, die nur minimal sein kann, lassen sich wa lich Anhaltspunkte aus diesen Beobachtungen gewinnen. neuer Planet, der 273. in der Reihe der kleinen, zwischen M Jupiter kreisenden Gestirne, ist in Wien am 9. (10.) März vo Palisa entdeckt worden. Plassmann Astronomischer Kalender. — Am 8. April Sonnenau 5 Uhr 17 Minnten, Untergang 6 Uhr 45 Minuten; Mondau: ans 5 Uhr 8 Minuten, Untergang nachmittags 3 Uhr 33 Minut Am 15. April Sonnenaufgang 5 Uhr 2 Minuten, Untergang 6 57 Minuten; Mondaufgang morgens 7 Uhr 51 Minuten. Unterga abends 11 Hr 7 Minuten. Am. 10. April 10 Uhr 1 Min am 8. In rl 1 Minute 43,9 A Sternbedeckungen finden Dr. P wie Find eis 15. April weniger 5,9 Sekandn dieser Woche nicht statt. An der Humboldt-Akademie zu Berlin werden im ® Quartal dieses Jahres die fulgenden nadılrw jsneu SEE BI Vorlesungen abgehalten: . H. Lange: Die Bewegung und die Einheit der : kräfte. (Beginn 9. April, 7 Ubr abends),. h ". M. Weitz: Experimentalehemie (Metalle). (Beginn 9. £ 8 Uhr abends), . R. Schneider: Die Umgestaltung der Erdoberfläche und ihre Ursachen. (Beginn 10. April, 7 Uhr abends), . H. Potonic: Die Pflanzenwelt unserer Heimat. (B 10. April, 7 Uhr abends), F. Kirchner: Psychologie. Be H. Spatzier: Einführung in die Lektüre philosop Werke. (Beginn 10. April, 7 Uhr abends), — Hegels Leben und Lehre. (Beginn 10. April, 8 Uhr a Die Vorlesungen finden in den Räumlichkeiten des Dorothe städtischen Real- -Gymnasiums (Georgenstrasse 30/31) statt. Aı dungen werden in der Buchhandlung in Berlin NW., Centralhö Laden 14 entgegengenommen. Jeder Cyklus besteht aus etwa Vorlesungen. "Das Honorar beträgt für den ersten belegten Oykl 5, für jeden weiteren, von demselben Hörer belegten Cyklus 4 (Beginn 11. April, 8 Der 7. Kongress für innere Mediein findet vom 9.- April zu Wiesbaden statt. Vorsitzender: Prof. Leube aus Würzbı Fragen und Antworten. Welches ist der Unterschied von Gneiss und Gr Granit und Gneiss sind ihrer mineralogischen Z usammensetzi nach idente Gesteine; beide führen die gleichen Gemengteile: spat, Quarz, Glimmer, in einigen Abarten auch Hornblen 2 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 15 ...-. git als wesentliche, Apatit, Zirkon, Magneteisen, Cordierit, Granat . w. als unwesentliche oder zufällige Gemengteile. Nach der d Augit gliedert man dieselben, den Granit in Biotitgranit. auch Granitit genannt, Muscovitgranit, Granit im engeren Sinne mit Biotit und Muscovit, Hornblende- und Augitgranit; dem oanz entsprechend den Gneiss in Biotit-, Muscovitgneiss, zwei- Beniorigen Gneiss, Hornblende- und Augitgneiss. Die Unter- hiede beider Gesteinsgruppen sind teils petrographische, durch Gefüge oder die Struktur bedingte, teils geologische, auf dem rium- _ liehen Auftreten, den Lagerungsverhältnissen und auf ihrer Ent- _ stehung beruhende. Während der Granit ein richtungslos - körniges Gefüge besitzt, ruft die Anordnung des Glimmers im Gneiss zu pa- - rallelen Lagen oder Flasern lagenfürmige, schiefrige oder flasrige truktur hervor. Die Unterschiede im Gefüge sind jedoch nicht _ immer so scharfe, dass die Untersuchung im Handstück allein ohne erücksichtigung des geologischen Zusammenhangs eine Zuteilung der einen oder anderen Gruppe ermöglichte. Körnige Struktur zwar für den Granit, lagenförmige für den Gneiss die Regel. nerseits nehmen jedoch Granite, namentlich Ganggranite, bisweilen ach den Berührungsflächen (Salbändern) mit den durchbrochenen teinen hin durch Parallellagerung der Glimmerblättchen gneiss- gen Habitus an, anderseits gehen Gneisse durch Abänderung im Gefüge, durch regellose Verteilung der Glimmerlamellen allmählig ı granitisch-körnige Gesteine über (Granitgneisse oder Lagergranite). ı jedem einzelnen Fall sind daher ausser der Struktur die Lage- ingsverhältnisse zu berücksichtigen. Nach dem heutigen Stande nserer Kenntnis von der Bildung der Gesteine, sieht man die echten ranite, wie man aus der vollkrystallinen Ausbildung, der ausge- ehnten Umbildung der Nebengesteine und dem Fehlen der Tuffe mentierte Asche) schliesst, als in Spalten und Hohlräume ‚ Erdinnern injieierte Eruptivmassen (Tiefengesteine) an, welche t infolge späterer Abtragung der auflagernden Schichten er Beobachtung zugänglich geworden sind. Dementsprechend ‚treten sie in Güngen, Stöcken und Massiven auf und sind in durehgreifender Lagerung mit dem Nebengestein, welches sie durehbrochen haben, verbunden. Gmeiss bildet die Haupt- masse der untersten uns bekannten Schichtengruppe. der Ur-Gneiss- formation, welche gemeinsam mit der darüber lagernden Formation der krystallinen Schiefer die Unterlage für die ersten, organische Reste führenden Schichtgesteine abgiebt. Der Gesteinsverband und ie Lagerungsverhältnisse der einzelnen Glieder dieser mächtigen Sehichtengruppe sind diejenigen der Schichtgesteine, über die Bil- dung derselben gehen die Ansichten der Geologen jedoch weit aus- ander; die einen fassen sie als Erstarrungskruste unserer Erde , andere sehen in ihnen ursprüngliche Schichtgesteine, welche rch metamorphe Prozesse, mechanische Umformung, Einwirkung es glutflüssigen Erdinnern und mineralischer Lösungen ihr jetziges ystallines Gepräge erhielten. Dr. Max Koch Der > Kgl. preuss. Bezirksgeologe. ne : un Unterrichtsmittel. Hilfsmittel für den geographischen Unterricht. — Die von Adolf Mang erfundenen und durch den Verlag von Fr. Ackermann in Weinheim (Baden) zu beziehenden methodischen ‚ehrmittel für den Unterricht in der astronomischen eographie sowohl für die Beobachtung der Himmelskörper als ich für die plastische Darstellung der Himmelserscheinungen sind s sehr brauchbar und zweckmässig zu bezeichnen. Namentlich empfiehlt sich der einfachste zerlegbare Gesamtapparattürden _ Unterricht in den Grundlagen der astronomischen Geographie sowohl dureh die sehr anschauliche Darstellungsweise der kosmischen Be- _ wegungen, als auch durch die leichte Ausführbarkeit der darzustellenden 4 suche. Ausserdem öglicht die Billig- eit des Apparates (22 AC) die Anschaf- tung in allen Ele- _ mentarschulen. Die hier zum Abdruck ge- - brachten Figuren mö- ‚einen Teil dieses "Universal - Apparates veranschaulichen und 1, in wie zweck- si 'eise uns er beispielsweise die Entstehung der insternisse vor ugen geführt wird. (d Fig. 1. Folgen, wenn die Mondbahn mit der Erd bahn zusammenfiele. oz ı diesen Abbildun- des Glimmers und nach dem Vorhandensein von Homblende | e Anordnung der genannten Mineralien, also durch das sogenannte | Die Mondhahn könnte mit der Erdbahn entweder zusammen- fallen oder zu ihr geneigt sein. Im ersteren Falle müsste jeden Monat wie in Fig. 1, 7 der Schatten des Neumondes bei z auf die Erde E fallen, und der Vollmond V dureh den Erdschatten gehen, ebenso in Fig. 1, //. Es müssten also jeden Monat eine Sonnen- und Mondfinsternis entstehen, was bekanntlich nicht der Fall ist. Die Mondbahn muss mithin zur Erdbahn geneigt sein. Dann aber erreicht der Mond bei jedem Umlauf einen Hoch- stand N, Fig. 3 und einen Tiefstand V. Im Hochstand N steht er über der Erdbahn öz E, wie das angelegte Lineal LZ deutlich angiebt. Der Schatten des Neumondes N fällt darum, wie Fig. 4, 7 deutlicher zeigt, über die Erde X hinweg nach 1, ohne sie zu verfinstern; ebenso geht der Vollmond V unter dem Erdschatten 2 unverfinstert hindurch, weil der Vollmond sich im Tiefstand, also unter der Erdbahn, ereignet. DE Se Nr EN Se - @® ® ® OD -« F rg az’ BG Z zZ Fig. 2. Verlauf einer totalen und ringförmigen Sonnenfinsternis. In Fig. 4, IT dagegen entsteht der Neumond N nicht über, sondern in der Erdbahn (also in seiner Mittelstellung). Der Schatten von N fällt daher auf die Erde E und es entsteht eine Sonnen- finsternis. Von der Erde E aus gesehen tritt die schwarze Mond- scheibe N vor die helle Sonnenscheibe und bedeckt sie naclı und nach so, wie Fig. 2 angiebt. Der Vollmond V Fig 4, II ereignet Fig. 3. Hoch- und Tiefstand des Mondes. S " O Fig. 4. Entstehung der Finsternisse. sich ebenfalls in der Erdbahn und geht darum so durch den Schatten der Erde hindurch, wie dies auf dem Schirm Sch daneben gezeichnet ist. Finsternisse entstehen also. wenn der Neu- oder Vollmond sich weder im Hoch- noch im Tiefstand, sondern in der Erdbahn sich ereignen. Dr. F. Wahnschafte. Briefkasten. Allerdings lautet der von der Redaktion benutzte Satz in Schwendener's akademischer Antrittsrede anders als das nach diesem gebildete Motto unserer „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Mit welchem Rechte dennoch die Unterschrift des Herrn Professor Schwendener benutzt worden ist, zeigt die folgende Korrespondenz. Berlin, den 26. Februar 1888. Hochgeehrter Herr Professor! Würden Sie mir wohl gestatten mit Veränderung eines Wortes eine Stelle aus der Rectorats-Rede als gedrucktes Motto mit Ihrer Unterschrift zu benutzen? Ich meine den Satz auf Seite 28—29: „Was sie ..... schmückt“. in welchem ich an Stelle des „sie* setzen möchte „die naturwissenschaftliche For- schung.“ Der Satz würde dann heissen: „Was die naturwissen- schaftliche Forschung aufgiebt ..... . schmückt.“ Ihr dankbarer Schüler Antwort: H. Potoni£. Geehrter Herr Doktor! 5 Ich habe nichts gegen die beabsichtigte Veränderung ein- zuwenden, obschon ich 1. e. nur von der mikroskopischen Forschung rede. Das Gesagte gilt aber von der Naturforschung überhaupt. E Berlin, den 27. Februar 1888. - Ergebenst Ihr Schwendener. 16 Herder’sche Verlagshandlung, Freiburg (Breisgau). Soeben ist erschienen u. durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Plüss, Dr. B., Unsere Bäume und Sträucher. = Führer durch Wald und Busch. Anleitung zum Bestimmen unserer Bäume und Sträucher nach ihrem Laube. Zweite Auflage, mit 80 Holzschnitten. 12% (VII u. 120 S.) AC 1. Elegant geb. in Halbleinwand mit Goldtitel und Buchdruck- oder Bronze-Umschlag 4 1,20. Inhalt: I. Die Teile der Holzgewächse. Il. Erklärung der hota- nischen Ausdrücke. Ill. Anleitung zum Bestimmen. IV. Bestimmungs- tabellen. V. Kurze Beschreibung der Holzgewächse. Das sehr reich illustrierte und splendid ausgestattete Büchlein soll ein Wegweiser sein, müttelst dessen jeder unsere wildwachsenden Bäume und Sträucher, wie er sie etwa auf einem Spaziergange trijjt, selbständig nach dem Laube bestimmen kann. In Bruhn’s Verlag (Inhaber: Eugen Appelhans) in Braun- schweig ist soeben erschienen: Natnroesehiehte für die einfache Volksschule, Naturkörper der Heimat innerhalb natürlicher Gruppen vorgeführt und von einheitlichem Gesichtspunkte -aus be- trachtet. Nebst Anleitung zu zahlreichen Beobachtungen. Ein Handbuch für Lehrer. In 2 Kursen zu je 40 Lektionen bearbeitet von Dr. Franz Kiessling u. Egmont Pfalz. Mit zahlreichen Holzschnitt-Abbildungen. Preis 2 M, geb. 2,50 M. ELLE LEITT Das Buch ist in demselben Geiste gearbeitet wie das rühmlichst bekannte grössere Handbuch derselben Verfasser, des ersten, welches den gesamten naturgeschichtlichen Unterrichtsstoff innerhalb natürlicher Gruppen (Lebensgemeinschaften) auf Jahreskurse verteilt brachte. Wie das grössere Handbuch sucht auch das oben angezeigte das Verständ- nis der Gesetzmässigkeit in der Natur, zu deren Beobachtung es an- leitet, sowie eine sinnige Naturbetrachtung zu fördern. 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(3 beit im Gleichgewicht. — Kleinere Mitteilungen: Band I (Okt. 1887—März liefern wir gegen Einsendung von #L 4,20 ko, einzelne Quartale des Bandes gegen (in Briefmarken.) Einzelne Nummern kosten 25.4. x Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Inhalt: Prof. Dr. G. Behrendt: Die Soolquelle im Admiralsgartenbad zu Berlin. — Prof. Dr. B. Frank: Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. (Mit Abbild.) Schluss. — Geheimrat von Nussbaum in München: I Einen neuen Apparat zur Darstellung einfacher Schwingungen. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. ‘Yıumy ouyauıoqn “sog Sur “LI9ATOA9Y “surydsoL IERUERTEH TG :UOA ueNTeyueN Ioqn UaISI[SIONT 9749 UHTLISUEINPIRF 1047 UURNLNEPEF UE or EpUoSsIoA | uosyonquegrayas "uossoyosodune sSTopId pun yymıd unueıpogg ejfeer Jueys ın ya Yopoqaodum ysFttq UISpeLIoFUrH JıepejleptioA "um Styeıd yoou Yar eyasne} UUBp pun uosseiyos eqoıg ueyooM P uueH ter) oyyosunmod opel war “Oryum, uoye oe and -03 yore purs uoyey, ouou omy — nz uepIoM oryome Jopop ‚Ouumouerey, ureu Jdıng 3 -säsne deqnes uopIem uemyeredoy = =} 3 o ji ie + ® = juni © (/,] “ © © = > oO 4 = 14) Me I} - En [I = w "a 4 Imie [a2 = - Mel er is) = nz + 4 . N N N B © Für Wiederverkäufer! ©» Tafelmesser u. -Gabeln Nr. 811, gute Ware Dtzd. 4 3,80; do. Nr. 812, feine Ware, Dtzd. # 8,50. Taschenmesser Nr. 142, mit 2 Klingen, Dtzd. # 2,80; do. Nr. 150, mit 1 schwer. Klinge, stark. Messer f. Land- leute, Dtzd. # 4; do. mit 2 Klingen u. Korkzieher, sehr fein, Dtzd. # 7,50. Brot- messer, gute Ware, Dizd. # 4,80. 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Kongress für innere Mediein. — Fragen und Antworten: Unterschied.von Gneis und Granit. — Unter- richtsmittel: Hilfsmittel für den geographischen Unterricht. — Briefkasten. — Inserate. $ Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. ""Simtlich in Berlin. Niemand ist unzufrieden, der den Die Expedition. Br" Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höflichst, auf i Wochenschrift“ Bezugneh- feyeyeysvapeveyerayaYayeyeYereraYeYe76’° ya Körperliche und geistige Ar- 10 Pfd. fro. Nachnahme AH. 8,—. Se & Was die naturwissenschafl .) Forschung’ aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- £ Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen schmickt. Schwendener. Redaktion: Dr. H. Potonie. = Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. I Band. | Sonntag, den 15. April 1888. | Nr. 3. . Abonnement: NMan abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 3. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 2—; . @9 entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- m Bringegeld bei der Post 15.4 extra. A annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Einrichtungen zur öffentlichen Zeit-Regulierung. * Von Professor Dr. Th. Albrecht, Sektionschef am k. geodätischen Institut in Berlin. Das Bedürfnis der Herstellung von Einrichtungen | Zeit-Regulierung in Betracht kommenden technischen zur öffentlichen Zeit-Regulierung zu dem Zwecke, die Einrichtungen ausgearbeitet, welches gesenwärtig in Ver- Zeitangaben einheitlich zu gestalten, ist besonders in den | bindung mit Vorschlägen des Herın Professor Foerster, Grossstädten zu einem dringlichen geworden. Die Aus- | betreffend die künftige Gestaltung der öffentlichen Zeit- dehnung dieser Städte und der beständig wachsende Ver- Regulierung in Berlin, publiziert worden ist. Diese Schrift kehr innerhalb derselben lassen es nicht mehr angängig | ist zwar in erster Linie zur Information für die betreffen- erscheinen, die Zeitangaben auf eine einzige Normaluhr | den Interessentenkreise bestimmt, da es sich hierbei aber zu basieren, sondern haben eine Vervielfältigung der um Erörterungen von weitergehendem Interesse handelt, genauen Zeitangaben als ein unabweisbares Bedürfnis | erscheint es angezeigt, im folgenden an der Hand dieser herausgestellt. Dieser Notwendigkeit ist bereits in ver- , Schrift eine für weitere Kreise bestimmte Darlegung der - schiedenen Städten Rechnung getragen worden; Berlin, | einschlägigen Verhältnisse zu geben. _ Wien, Neufchätel, Paris, London und verschiedene Je nach dem Präzisionsgrad, bis zu welchem das _ amerikanische Grossstädte besitzen mehr oder minder | Problem der Regulierung gelöst werden soll, sind drei ausgedehnte Systeme einheitlich regulierter öffentlicher | verschiedene Arten von Uhren zu unterscheiden. Erstens _ Uhren. Am weitesten ist man in dieser Beziehung in | die Präzisionsuhren, welche in ihren Angaben nur um _ Paris vorgegangen, indem daselbst an ein grösseres Netz .Bruchteile einer Sekunde differieren; zweitens die öffent- E öffentlicher Uhren ein ausgedehntes System privater Uhren | lichen Uhren auf Türmen, Bahnhöfen u. s. w., bei denen angeschlossen ist. i der Fehler bis zu 10 Sekunden anwachsen kann; drittens In Berlin sind bereits im Laufe des vorigen Jahr- | endlich die Uhren im Innern von Gebäuden, bei welchen zehnts auf Veranlassung des Direktors der Sternwarte | selbst ein Fehler bis zu 20—30 Sekunden zulässig ist, Professor Dr. Foerster seitens der Stadtverwaltung auf | da für den gewöhnlichen Verkehr die Minute als die öffentlichen Plätzen sechs Normaluhren aufgestellt worden, | kleinste Zeiteinheit angesehen werden kann. Als Mittel welche von der Sternwarte aus elektrisch reguliert werden | für die Regulierung ist bisher für die erste und zweite ıd die richtige Zeit bis auf die Sekunde genau angeben. | Art der Uhren ausschliesslich die Blektrieität in An- Doch hat sich gegenwärtig mit der wachsenden Aus- | wendung gekommen, als solches für die dritte Art aber _ dehmung der Stadt die Notwendigkeit einer noch weiter- | neben der Elektrieität auch komprimierte oder verdünnte gehenden Vervielfältigung herausgestellt. Um eine der- | Luft. Welches dieser beiden Hilfsmittel mit Vorteil an- artige Erweiterung der bestehenden Einrichtungen anzu- | zuwenden ist, hängt wesentlich von der Ausdehnung der bahnen, hat Dr. Leman im Auftrage des Direktors der | ganzen Anlage ab. Ist dieselbe bedeutend, so kann die - Sternwarte ein Gutachten über die für die öffentliche , Regulierung nur auf elektrischem Wege erfolgen, weil 18 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Ns. die Fortpflanzung pneumatischer Wirkungen nicht mit derjenigen Präzision vor sich geht, welche erforderlich ist, um eine ausreichende Zuverlässigkeit der Zeitüber- tragung auch für grössere Leitungslängen zu sichern. Die älteste Methode der Zeitübertragung basiert auf der Anwendung der sogenannten elektrischen Zifferblätter. Die Uhr auf der Centralstation ist mit einer selbstthätig wirkenden Vorrichtung versehen, durch welche im Ver- laufe einer jeden Sekunde ein elektrischer Strom ge- schlossen und wieder unterbrochen wird. In diesen Strom- kreis sind eine Anzahl Elektromagnete eingeschaltet, deren Anker bei jedem Stromschluss angezogen werden und durch Uebertragung dieser Bewegung auf die neben den Elektromagneten befindlichen Zeigerwerke die Se- kundenzeiger derselben jedesmal um eine Sekunde vor- wärts bewegen. Diese Einrichtung leidet aber an dem Uebelstande, dass es fast unmöglich ist, metallische Kon- takte für den Stromschluss herzustellen, welche bei der Kürze ihrer Zeitdauer (nur den Bruchteil einer. Sekunde umfassend) und der starken Inanspruchnahme (einmal während jeder Sekunde, also 86400mal im Laufe eines Tages) nicht zeitweilig infolge Oxydation der sich be- rührenden Metallflächen versagen. ‚Jedes Ausbleiben eines Stromschlusses hat aber zur Folge, dass die Anker der Elektromagnete nicht angezogen werden und infolge- dessen die Sekundenzeiger nicht weiterrücken. Die An- gaben der elektrischen Zifferblätter werden dadurch un- richtig und bleiben im Laufe einer gegebenen Zeit um so viele Sekunden zurück, als während derselben Kon- takte ausgeblieben sind. Man hat diesem Uebelstande dadurch abzuhelfen gesucht, Laufe eines Tages eintretenden Kontakte wesentlich ver- minderte und die Zeitdauer eines jeden beträchtlich er- höhte, indem man die Anker nicht mit den Sekunden-, sondern mit den Minutenzeigern in Verbindung setzte. Man erhält dann eine springende Minute und bedarf im Laufe eines Tages nur 1440 Kontakte. Dieses System ist gegenwärtig vielfach auf Bahnhöfen in Anwendung und in ausgedehntem Masse auch bei dem Betriebe der Berliner Stadtbahn eingeführt. Durch dieses Hilfsmittel ist allerdings eine Besserung erzielt, aber eine volle Be- seitigung der Uebelstände dieses Systems auch auf diesem Wege nicht erreicht worden. Man hat auch eine pneu- matische Auslösung des Zeigerwerkes in Vorschlag ge- bracht, doch ist eine solche wegen der geringeren Zu- verlässigkeit in der Fortpflanzung pneumatischer Wirkungen nur bei Anlagen von geringer Ausdehnung der Leitungen mit Erfolg anzuwenden. Im allgemeinen hat sich aber das System der elektrischen Zifferblätter nicht bewährt und nur dort gute Resultate geliefert, wo für aufmerk- same Ueberwachung und Unterhaltung der elektrischen Einrichtungen in umfassender Weise Sorge getragen ist. Dieser Unvollkommenheit des Zifferblattsystemes ist in neuerer Zeit dadurch abgeholfen worden, dass man die zu regulierenden Uhren als wirkliche Pendeluhren konstruiert und den elektrischen Strom nur dazu benutzt, dass man die Zahl der im eine Synchronisation, d. i. eine volle Uebereinstimmung der Pendelschwingungen dieser Uhren mit denen der Hauptuhr herzustellen. Es entspricht dies dem System der sympathischen Uhren, welches für die Präzisions- bezw. die Normaluhren in Berlin und Paris adoptiert worden ist und sich nach jeder Richtung hin bewährt hat. Die folgende Figur stellt das System dar, welches bei den Berliner Normaluhren in Gebrauch ist und das abgesehen von einigen Modifikationen demjenigen ent- spricht, welches im Jahre 1858 von Jones in Chester angegeben wurde. Die a ER ER EEEE uhren sind vol- { ‘ ständige Pendel- v Galı a N ie ee uhren, welche in der werden und so justiert sind, dass sie im Laufe des Tages bis auf eine geringe Anzahl Sekunden gehen. Die Pen- del tragen aber an Stelle der Linse einen Hohlcylinder, welcher 1Dalh wunden ist, dessen Enden an der Pendelstange in die Höhe führen und mit der Telegraphenleitung nach der Sternwarte oder der Erde in Verbindung gesetzt sind. Ferner ist seitlich an jeder Normaluhr ein stab- förmiger permanenter Magnet so angebracht, - dass ihn = .. die Drahtrolle bei der grössten Amplitude des Pendels gerade umschliesst, ohne ihn aber zu berühren. Die Hauptuhr auf der Sternwarte, welche so genau als mög- lich (bis auf Bruchteile einer Sekunde) auf richtiger Zeit erhalten wird, ist mit einer Vorrichtung (zeitweilige Be- rührung eines am Pendel befestigten, Metallstiftes mit einer seitlich aufgestellten Metallfeder) versehen, zufolge deren sie selbstthätig alle 2 Sekunden einen nur einige Zehntel-Sekunden andauernden Stromschluss bewirkt. Infolge dieser sich stetig wiederholenden Stromschlüsse umkreist im Verlaufe jeder Doppelsekunde ein elektrischer Strom die Drahtrolle der Normaluhr und ruft dadurch eine magnetische Anziehung: mit dem permanenten Magnet, über welchen die Rolle hinwegschwingt, hervor. Diese _ magnetische Wechselwirkung wird nur dann ohne Ein- fluss auf die Schwingungen des Pendels bleiben, wenn an die Rolle im Moment des Sn genau in Sr wird dieseihe die m des Pendels 13 schleunigen oder verzögern. habe sich in der neutralen Lage befunden, die Uhr zeige Normal- Be = gewöhnlichen Weise aufgezogen genau nach richtiger Zeit mit iso liertem Draht um- Nimmt man an, das Pendel [5 Nr» 3: DANCE Were) weitiger äusserer Einflüsse die Tendenz, gegen die rich- tige Zeit vorzueilen oder zurückzubleiben. In diesem Falle wird das Pendel bestrebt sein, seine Schwingungs- phase zu verändern; da aber bei jeder Aenderung der- selben sofort die verzögernde oder beschleunigende mag- netische Anziehung zu wirken beginnt, wird das Pendel in seine richtige Lage zurückgeführt und trotz der Tendenz der Uhr, vorzueilen oder zurückzubleiben, eine voll- kommene Uebereinstimmung der Pendelschwingungen der Normaluhr und der Hauptuhr erzielt werden. Aus diesen Darlegungen geht ferner hervor, dass ein Ausbleiben eines oder selbst mehrerer Kontakte aus dem Grunde keine Beeinträchtigung der Angabe der Normaluhr be- wirkt, weil die geringe Abweichung in der Schwingungs- phase des Pendels, welche infolge des Versagens selbst einer mässigen Reihe von Kontakten eintreten kann, durch die folgenden Kontakte binnen kürzester Frist wieder beseitigt wird. Zur Sicherung des Betriebes sind auf der Zentral- station in die nach den einzelnen Normaluhren führen- den Leitungen Galvanoskope eingeschaltet, an denen bei jedem Stromschluss eine Bewegung der Nadel wahrzu- nehmen ist. Die regelmässige Wiederkehr dieser Nadel- ausschläge nach Ablauf von je zwei Sekunden bietet a a Bo I eulierung in vollem Umfange erfolgt. Um indess volle Gewissheit zu erlangen, dass die Angaben der einzelnen Normaluhren streng mit denen der Hauptuhr überein- stimmen, ist ferner die Einrichtung getroffen, dass jede Uhr allstündlich nach der Steınwarte ein Kontrollsienal abeiebt. Zu diesem Behufe ist auf der Minutenwelle jeder zu regulierenden Uhr ein Stift angebracht, welcher einmal im Laufe jeder Stunde bei einer im Voraus be- stimmten Stellung des Zeigers eine Feder berührt, hier- durch einen elektrischen Strom schliesst und durch Ver- mittelung desselben auf der Sternwarte ein Signal ver- zeichnet. Trifft dieses Signal zu der richtigen Minute FR und Sekunde ein, so gewährt dies eine volle Sicherheit j dafür, das die Zeitregulierung vollkommen zuverlässig funktioniert. Sollte jedoch infolge vorübergehend wirken- der Hindernisse oder einer zeitweisen Unterbrechung der Leitung ein Zurückbleiben oder Voreilen einer der Normaluhren erfolgt sein, so wird der Fehler der betreffen- den Uhr von der Sternwarte aus auf folgende Weise beseitigt. Die Verbindung der Normaluhr mit der Haupt- uhr wird aufgehoben und an Stelle der letzteren eine Hilfsuhr eingeschaltet, deren Pendel, je nachdem die zu _ regulierende Uhr zurückgeblieben oder vorgeeilt ist, etwas rascher bezw. langsamer schwingt, als das Pendel der Hauptuhr. Dadurch wird die Normaluhr so lange zu einem rascheren bezw. langsameren Gange genötigt, bis der Fehler beseitigt ist, worauf die Hilfsuhr ausgeschaltet und die Verbindung mit der Hauptuhr wieder hergestellt wird. Grössere Hindernisse werden freilich auch auf _ diesem Wege nicht zu beseitigen sein, wenn man nicht ER . _ eine Gewähr, dass die Leitung intakt ist und die Re- , chronisation der Pendelschwingungen erzielt. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 19 aber infolge unvollkommener ‚Justierung oder ander- | zu dem Hilfsmittel der Anwendung sehr starker gal- vanischer Batterieen seine Zuflucht nehmen will. Da aber dieses Auskunftsmittel anderweitige Unzuträglichkeiten im Gefolge hat, und bei starkem Voreilen oder Zurück- bleiben die Gefahr nahe liegt, dass es sich um eine dauernde Beeinflussung des Ganges der betreffenden Uhr handelt, wird man bei Eintritt eines solchen Falles auf Beseitigung des Fehlers von der Sternwarte aus ver- zichten und statt dessen an Ort und Stelle die Ursache der Abweichung zu ermitteln suchen. In Paris ist ein System der Regulierung in Gebrauch, welches im Jahre 1847 von Foucault angegeben wurde und gleichfalls darauf basiert, unter Vermittelung elektri- scher Stromimpulse eine volle Uebereinstimmung der Pendelschwingungen der Normaluhren und der Hauptuhr zu erreichen. Die Pendel der Normaluhren tragen an Stelle der mit Draht umwundenen Hohlcylinder gewöhn- liche Pendellinsen, unterhalb derselben aber noch ein Stück weichen Eisens, welches sich bei den Schwingungen des Pendels an zwei zu beiden Seiten aufgestellten Elektro- magneten in sehr geringer Entfernung vorbeibeweet. Der Stromimpuls wird in diesem Falle nicht auf das Pendel selbst, sondern auf die feststehenden Elektromageneten übertragen, im übrigen aber in analoger Weise wie bei dem System ‚Jones durch die in jeder Sekunde wieder- kehrenden magnetischen Anziehungen eine volle Syn- Auch bei diesem System ist es aber nicht unbedingt erforderlich, die regulierende Wirkung von beiden Seiten aus auf das Pendel ausüben zu lassen; man kann den einen Elektro- magnet weglassen und dadurch die Anordnung gleichwie bei dem in Berlin angewandten Systeme zu einer ein- seitigen machen. Dadurch wird nicht allein eine Ver- einfachung der ganzen Einrichtung erzielt, sondern auch eine grössere Unempfindlichkeit gegen Variationen in der Stromstärke erreicht, sowie an Kosten für die Erhaltung der Batterieen gespart, da bei einseitiger Anordnung die Stromimpulse nur alle zwei Sekunden erfolgen. Welches der beiden in Berlin bezw. Paris adop- tierten Systeme den Vorzug verdient, ist schwer zu ent- scheiden; ‘im allgemeinen wird nicht zu leugnen sein, dass das System Foucault in seiner Anordnung einen eleganteren und gefälligeren Eindruck macht. Nicht allein, dass die Handhabung der ganzen Einrichtung bei dem letztgenannten System dadurch wesentlich vereinfacht wird, dass der Strom nicht an der Pendelstange herab- läuft, sondern es wird auch eine etwaige Umkehrung der Stromrichtung bei demselben einflusslos sein, wäh- rend eine solche bei dem System Jones zu sehr empfind- lichen Störungen Anlass giebt. *) *) In neuester Zeit hat Cornu (Comptes Rendus, Tome CV, pag. 1106) für die Synchronisation ein System vorgeschlagen, dessen Anwendung gegenüber denjenigen von Jones und Foucault wesent- liche Vorteile in Aussicht stellt. Dasselbe ist in gewissem Sinne eine Umkehrung des Systems von Jones, indem Cornu den seit- lich aufgestellten permanenten Magnet und die am Pendel be- festigte Drahtrolle zaiteinander vertauscht. Der etwa 15 cm lange Magnet, welcher unterhalb der Pendellinse angebracht ist. bildet 20 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Was übrigens die Aufstellungsweise der Normaluhren anbelangt, so wird in Berlin besonders bei einer Erwei- terung der Anlage eine Abänderung geboten sein, da die Uhren bei der gegenwärtigen Art der Aufstellung in zu hohem Grade störenden Einflüssen ausgesetzt sind. einen Kreisbogen, dessen Mittelpunkt dem Aufhängepunkt des Pendels entspricht. Die Drahtrolle, welche alle 2 Sekunden vom Strom dureh- laufen wird, ist soweit seitlich aufgestellt, dass im Moment der grössten Amplitude nur die auf der zugewandten Seite gelegene Hälfte des Magnet von derselben umschlossen wird. Dieser Role gegenüber steht auf der anderen Seite eine zweite von gleichen Dimensionen, deren Drahtwindungen aber nicht mit der Hauptuhr in Verbindung gesetzt, sondern in sich selbst geschlossen sind. Sobald das Pendel nach dieser Seite hin schwingt, tritt der andere Pol des Magnet in diese Rolle ein und indueiert in derselben einen | eine gemauerte und BR Kammer zu Ioeen welche Strom, welcher infolge seiner Rückwirkung auf den Magnet eine Dämpfung der Schwingungen des Pendels herbeiführt. Der An- ziehung des einen Magnetpoles infolge der stetig wiederkehrenden Stromimpulse auf der einen Seite steht daher eine fortgesetzte Dämpfung der Schwingungen auf der anderen Seite gegenüber, wo- durch eine noch wesentlich präzisere Synchronisation erzielt wird als bei den Systemen Jones und Foucault. Selbst bei Anwendung nur schwacher Batterieen ist die Wechselwirkung zwischen der Rolle und dem Magnet eine so intensive, dass das Pendel aus voll- kommener Ruhe in Schwingungen versetzt werden kann und die Synchronisation ist eine so kräftige, dass es Cornu selbst gelungen ist, eme pro Tag um 6 Minuten 30 Sekunden fehlerhaft gehende Uhr zu vollkommen übereinstimmendem Gang mit der Hauptuhr zu bringen, während bei den Systemen Jones und Foucault schon ein Fehler im täglichen Gange der Uhr von etwa einer halben Minute die Grenze dessen bezeichnet, was bei Anwendung nicht zu starker Batterieen durch diese Regulierungssysteme noch zu com- pensieren ist. Ueber das Konservieren und Präparieren fleischiger Hutpilze.“) Von P. Hennings, Assistent am Kgl. botanischen Garten zu Berlin. Mit wie grossen Schwierigkeiten das Konservieren mancher Hutpilze für wissenschaftliche Sammlungen ver- bunden ist, weiss jeder, der Gelegenheit hatte, sich hiermit zu beschäftigen. Es wird auch wohl schwerlich jemals ein Verfahren ersonnen werden, durch welches die fleischigeren Arten derselben völlig unverändert in ihrer Form und Farbe erhalten bleiben. Der ungemein grosse Wassergehalt vieler Pilze bedingt schon eine grosse Veränderung beim Trocken- werden. Ausserdem sind die einzelnen Arten sowohl, als auch grössere Gruppen der Hutpilze, so die Corti- narien, Marasmien, Russuleen, Lactarien von der eigent- lichen Gattung Agaricus durch Merkmale verschieden, die wohl im frischen Zustande recht gut kenntlich sind, durch das. Trocknen oder Aufbewahren in Spiritus aber zum Teil oder ganz verschwinden. Hierzu kommt noch, dass eine und dieselbe Pilzart häufig infolge Witterungs- | in Form | einflüsse, des Standortes, Substrates u. s. w. und Farbe sehr variiert, und ein und dasselbe Individuum ausserdem, je nach seinem Entwicklungs-Stadium, sehr verschieden sein kann. Ich will hier nur an den be- kannten Fliegenpilz erinnern. Während viele Arten, besonders aus den Familien der Helvellaceen, Pezizeen, Phalloideen, 'Tuberaceen u. s. w. sich ziemlich gut in Alkohol konservieren lassen, ohne ihre charakteristischen Kennzeichen wesentlich zu verändern, werden die meisten *) Vergl. auch Band I dieser Zeitschrift, Seite 147. Red. I von der Strasse oder dem Platze aus zu sehen und a | ich mehrere gut erhaltene, sich gegenüberstehende La- Dieselben participieren nicht allein an allen Temperatur- schwankungen der freien Luft, sondern sind infolge der einseitigen Bestrahlung des Gehäuses durch die Sonne und der Erwärmung durch die Gasflammen, welche wäh- rend der Nacht zum Zwecke der Beleuchtung der Ziffer- blätter im Innern des Gehäuses angezündet werden, Temperaturdifferenzen in noch erhöhtem Masse ausgesetzt, und es ist bei der jetzigen Aufstellungsweise kaum mög- lich, die Uhren hinreichend vor dem Verstauben zu schützen. Um diese nachteilig wirkenden Einflüsse auf ein möglichst geringes Mass abzuschwächen, schlägt D Leman vor, das Uhrwerk unter das Strassenniveau in Kammer ein Postament zu errichten, Feier allein « Zifferblatt und Zeigerwerk enthält. Die.Uhr wird. dann einem geringeren Temperaturwechsel ausgesetzt, so vor äusseren Störungen und dem Verstauben besser ; schützt sein. zulesen ist. (Schluss folgt.) — Eine Amanita- oder Russula-Species zu konservie ist mir bisher nicht gelungen. Manche Art lässt dadurch ziemlich unverändert erhalten, dass ich sie sehr kurze Zeit in schwache schwefelige Säurelösung lege, sie dann auswässere und in Spiritus setze. — Derartig pflege ich fast sämmtliche Helvellaceen, Pezizeen und manch E e Agaricineen zu behandeln. Selbst Russula adusta und R. nigricans, die in Alkohol tief schwarz werden, bleiben auf diese Weise präpariert, nebst der Flüssigkeit unver- ändert. Was nun das Präparieren eikchiger Hutpilze für das Herbar anbelangt, so verfahre ich mit diesen in fol gender Weise: : ‚Jede Pilzart wird möglichst in mehreren Exemplaren und in verschiedenen Entwickelungs-Stadien gesa Die Hüte einzelner sporenreifer Exemplare werden a der Ansatzstelle von den Stielen abgeschnitten und be- 5 hufs Erlangung von Sporenpräparaten auf entsprechende Papierstückchen gelegt. Von den übrigen Pilzen suche ich möglichst dünne Längsschnitte zu fertigen. Nachdem mellen auf der Unterseite des Hutes aufgesucht, führe ich mittelst flacher, scharfer Messerklinge einen Schnit von oben durch den Hut und Stiel aus und. zerspalte damit den Pilz in zwei gleiche Längshälften. Von beiden w erden dann ein oder mehrere dünne Längsschnitte, So welche möglichst nur eine Lamelle besitzen, gefertigt. Diese Schnitte werden auf einen glatten Seiden- oder Fliesspapierbogen gelegt und dann zwischen Fliesspapier- lagen getrocknet. Die beiden Huthälften löst man vom Stiele ab und entfernt durch Ausschneiden und Aus- _ schaben die Lamellen und das Fleisch soweit als möglich, _ ohne die Oberhaut zu verletzen. Ist letztere schmierig oder mit Warzen bedeckt, wie es beim Fliegenpilz der Fall ist, so lege ich die ausgefleischten Hüte mit der Unterseite auf Fliesspapier und lasse die Oberseite ent- weder in der Luft etwas trocken werden, oder erziele dieses durch sorgfältiges Abtupfen mit einem weichen _ Tuche. Alsdann werden die einzelnen zusammengelegten Teile auf Bogen zwischen Fliesspapierlagen gebracht und getrocknet. Für gewöhnlich ist nur ein einmaliges Wechseln der Lagen erforderlich. In manchen Fällen ist es rätlich, inzelne Exemplare nur zu halbieren, die Lamellen nicht zu entfernen und sie schwächerem Druck auszusetzen, um sie später‘ lose in Papierkapseln beizufügen. Klei- _ _nere Arten mit wenig fleischigen Hüten, wie viele My- ‚cenen, Omphalien, Marasmien u. s. w. sind ebenfalls teils halbiert, teils ganz, ohne dass Fleisch und Lamellen aus- geschnitten werden, einzulegen. Die trockenen Exemplare ‚werden, wenn nötig, mit der Scheere etwas beschnitten ‚und auf der Unterseite mit in Alkohol gelöstem (Jueck- silber-Sublimat mittelst eines feinen Pinsels bestrichen. Sollten Papierreste an den Hüten festgeklebt sein, so - lösen sich diese beim Dwrchdringen der Sublimatlösung gewöhnlich ab, oder sie lassen sich leicht abziehen. Pr Um die Pilze auf Papierbogen zu befestigen, ver- ende ich am besten einen gut zerriebenen Stärkemehl- kleister, der mit einem Vierteil aufgelösten Gummi ara- _ bieum gleichmässig gemischt wird. Zuerst wird der Stiel und dann der Hut aufgelegt, so dass das Präparat die Form des lebenden Pilzes im Profil zeigt. — Gewöhnlich klebe ich die verschiedenen Entwickelungsstadien der Reihe nach auf, und darunter in gleicher Weise die Längs- | ‚schnitte, alsdann die Sporenpräparate und etwaige Kapseln - mit losen Exemplaren derselben‘ Art. — Am besten ist in starkes, festes Papier oder Kartonpapier zu ver- 'enden und zwar in entsprechenden Formaten. Die aufgeklebten Pilze werden zwischen Papierlagen gut ge- esst. - Was nun die Anfertigung der Sporenpräparate be- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. FR trifft, so wende ich je nach der Sporenfärbung verschie- dene Methoden an. Die vom Stiel getrennten Hüte mit unverletzten Lamellen werden, falls sie farbige Sporen besitzen, auf weisses Schreibpapier gelegt, dagegen die mit weissen Sporen auf blaues Papier, dessen Farbe aber konstant sein muss und dann mit einer Glasglocke und Schachtel bedeckt. Kleinere Arten, die leicht trocken werden; kann man auf Blumentöpfe oder Schüsseln, die etwa 1 oder 2 cm unterhalb des Randes mit feuchtem Sand gefüllt sind, legen und diese dann mittelst einer Glasscheibe oder eines Brettes bedecken. Während grössere Pilze gewöhnlich schon nach 6—12 Stunden so viele Sporen abgeworfen haben, dass auf dem Papier- blatte ein deutliches Abbild des Hymeniums sichtbar ist, dauert dieses bei sehr Kleinen Pilzen oft 1 bis 2 Tage. Um farbige Sporen auf dem Papier zu fixieren, so dass sie nicht verwischbar sind, nehme ich soviel Kolophonium, als sich im Alkohol bester Qualität auflöst, und bestreiche mit dieser Lösung das Papier mit dem Sporenpräparat von unten. Die Flüssigkeit muss das Papier und die Sporen hinreichend durchdringen. — G. Herpell in St. Goar, welcher das Fixieren der Sporenpräparate zu- erst bekannt gemacht hat, wendet zu diesem Behufe compliciertere Lösungen von verschiedener Stärke an, doch dürfte das einfachere Verfahren, wenn es den Zweck gleich gut erfüllt, das bessere sein. Für die weissporigen Pilze ist in manchen Fällen die Herpell’sche Fixierungs- flüssigkeit, bestehend in einer Auflösung von einem Teil Mastic, in dreissig Teilen Aeter ganz vortrefflich. Bei vielen Tricholoma-, Clitocybe-, Mycena-, Collybia-Arten aber werden die Sporen durch diese Behandlung meistens durchsichtig oder durch zu starken Zusatz von Mastie gelblich gefärbt. — Für diese Arten verwende ich letzt- zeitig ein besonders präpariertes Papier, welches mit der oben beschriebenen Kolophonium-Lösung ein- oder mehr- mals getränkt wird. Dieses Papier kann man stetig vor- rätig halten und in Benutzungsfällen ein entsprechendes Stück abschneiden. Der Pilzhut wird darauf gelegt und wenn genügend Sporen abgeworfen sind, sorgfältig ab- gehoben. — Das Papier wird von unten über einer Gas- flamme gleichmässig erwärmt. — Hierdurch wird das im Papier enthaltene Harz flüssig und bindet beim Erkalten die Sporen, welche ihre Farbe unverändert bewahren und schwer verwischbar sind. '- Veber die Knallgas-Explosion hatte Bunsen bereits | 1867 auf Grund experimenteller und theoretischer Untersuchungen die Behauptung aufgestellt, dass dieselbe aus einer Reihe aufein- ‚ander folgender Partial-Explosionen bestehe. Gegen dieselbe war _ von einigen Seiten Widerspruch erhoben worden, so dass man über diesen Punkt unklar war. Daher haben A. v. Oettingen und A. v. Gernet neue Versuche zur Feststellung des Vorganges bei - einer Knallgas-Explosion unternommen, und sie kommen (Ann. d. Phys. u. Chem.) zu dem Resultat, dass die Befunde der experimen- _ tellen Untersuchungen sich mit Bunsen’s Annahme gut deuten lassen. Die Explosion wurde dabei mittels eines elektrischen Funkens hervorgebracht und auf einem rotierenden Spiegel, welcher Br Ton Kleinere Mitteilungen. mit einer photographischen Camera in Verbindung stand, beobachtet. Die photographischen Aufnahmen zeigen drei verschiedene Arten von Lichtwirkungen, welche sich als Wellenzüge zu erkennen geben. Ferner ergiebt sich, dass die Explosion selbst lichtlos vor sich geht; die beobachtete gelbliche Liehterscheinung rührt von anderen Teilen (Natrium) her, welehe bei der hohen Temperatur aufleuchten. Der fehlenden Lichterscheinung wegen kann die Explosion auch keine Wirkung auf die photographische Platte ausüben, während man dureh Hinzufügen von Metallsalzen gute Aufnahmen erhält. Die Explosion geschieht von der Funkenstelle aus in einer Reihe auf- einander folgender Partial-Explosionen, welche sich auf dem photo- graphischen Bilde in den sogenannten „Nebenwellen“ erkennen 22 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. lassen. Die nähere quantitative Verwertung der Resultate (Be- | bare Bestimmungen der Feuchtigkeit der Luft zu erhalten, was nach. stimmung der Explosionsgeschwindigkeit u. s. w.) können wir in diesem kleinen Rahmen nicht ausführlich angeben und müssen auf das Original selbst verweisen. A. Gutzmer. Künstliche Rubine. — Die Bedeutung, welche die Ver- suche, Mineralien künstlich darzustellen, für die Wissenschaft haben, liegt hauptsächlich darin, dass dieselben geeignet sind, eine Erklärung der natürlichen Entstehung der Mineralien und Gesteine anzubahnen und zu geben, über die Art ihres Auftretens und endlich über die genaue chemische Zusammensetzung gewisser Mineralien Lieht zu verbreiten. Dass die Darstellung der Edelsteine für das praktische Leben von hoher Bedeutung sein muss, liegt auf der Hand. Nach- dem die künstliche Erzeugung von Korund (Al? O3) schon auf ver- schiedene Weise gelungen ist, hat im letzten Jahre Fr&my in Paris in Gemeinschaft mit dem Chemiker Verneuil (Vergl. Comptes rendus) eine schon früher von ihm und Feil angewandte Methode weiter vervollkommnet. Dieselbe beruht auf der Anwendung von Fluoriden, die sich bei der künstlichen Erzeugung verschiedener Mineralien truchtbar erwiesen hat vermöge der erkannten mineralbildenden Kraft der Flusssäure. Fremy erhitzte Fluorbaryum und T'honerde, der winzige Mengen von doppelehromsauren Kali beigemischt waren, zusammen etwa 50 g, in einem Tiegel. Das Chromsalz hat nur den Zweck, die rote Farbe des. entstehenden Korunds heryorzuruten,, die von Spuren von Chromoxyd herrührt. Die Höhe der Temperatur und die Zeit des Erhitzens ist genau abzumessen (aber zunächst noch nieht bekannt geworden). Aus der weissen, 'porösen Schmelze sind die gebildeten roten Korunde (Rubine) durch Ausschütteln mit Wasser leicht zu isolieren. Die Grösse der Krystalle erreichte 0,6 bis 0,75 mm. Die chemische Analyse ergab nur T'honerde mit Spuren von Chrom. Die Krystalle gleichen in Schwere, Härte, Farbe, Glanz, Durchsichtigkeit und Lichtbrechung durchaus den natürlichen Rubinen, gleich denen sie auch rhomboädrisch krystalli- sieren. Interessant ist dabei, dass nach den krystallographischen Untersuchungen, welche Des Cloizeaux vornahm, ausser Rhomboöder und Basis sich Flächen vorfinden. die wohl an dem mit dem Korund isomorphen Eisenglanz (Fe? O®), aber nicht am natürlichen Korund beobachtet worden sind. Es sollen nun Versuche angestellt werden grössere Krystalle zu erzielen. In einer der folgenden Nummern der Naturw. W. werde ich mich über die Bedeutung und die Ergebnisse der künstlichen Er- zeugung von Mineralien aussprechen. Dr. R. Scheibe. Das Aspirationsthermometer. — Eine der schwierigsten Aufgaben der meteorologischen Beobachtungskunst, nämlich die Ermittelung der wahren Lufttemperatur eines gegebenen Ortes ist neuerdings durch die Untersuchungen des Dr. R. Assmann, Öber- beamten des Königlich Preussischen Meteorologischen Instituts, einer völlig befriedigenden Lösung nahe gerückt worden. Da die An- gaben der T’hermometer in festen Aufstellungen, d. h. in mehr oder weniger gut ventilierten Gehäusen resp. Hütten durch vielfache Fehlerquellen störend beeinflusst werden, ferner das von Arago an- gegebene „Schleuderthermometer“ neben seinen Vorzügen leichter Handhabung und grosser Empfindlichkeit dennoch erhebliche Mängel besitzt, erscheint die Konstruktion eines T'hermometers das von den Nachteilen sowohl der festen Aufstellung als auch des T’hermometers „fronde* frei ist, als ein erheblicher Fortschritt. Da die erste Bedingung zur Erhaltung der wahren Luft- temperatur die beständige Berührung des 'Thermometergefässes mit den der freien Atmosphäre angehörenden Luftmassen ist, erwies sich als einzig zum Ziel führendes Verfahren die Aspiration der zu untersuchenden Luft, indem diese durch ein Röhrensystem an dem Thermometer vorbeigeführt wird, ohne vorher durch Wärme- wirkung fremder, grössere Masse besitzender Körper beeinflusst werden zu können. Der zweiten Bedingung, nämlich der Fern- haltung jeglicher Erwärmung durch Strahlung wurde nach langen Versuchen durch Anwendung hochpolierter Metallflächen genügt, welche zur Umhüllung des 'Thermometers verwendet werden. Danach besteht das Aspirationsthermometer aus zwei Haupt- teilen: dem Thermometer, umschlossen von einem hochpolierten Metall- rohr und dem Aspirator, der mit demselben durch einen Gummi- schlauch verbunden wird. Als bequemster Aspirator dient ein mit sehr exakt schliessenden Ventilen versehener Saugebalg (als um- gekehrt wirkender Blasebalg zu denken), mittelst dessen ein Luft- strom von konstanter Geschwindigkeit aus der freien Atmosphäre durch die Umhüllung des Thermometers hindurchgesaugt wird. Zur Verhütung eines etwaigen Restes von Strahlung kann das 'T'hermo- metergefüss mit einer zweiten polierten Metallhülse versehen werden, durch welche gleichfalls die Aspiration stattfindet. Ein so kon- struiertes Instrument zeigt bei gleichmässiger Aspiration im Schatten und im vollen Sonnenschein keinen wahrnehmbaren Unterschied seines Standes — die Verwendung desselben Instruments als Psychro- meter, indem ein ebenso konstruiertes befeuchtetes T'hermometer da- eben geschaltet wird, ermöglicht es, endlich zuverlässige und brauch- . 20,3 Sekunden, am 23. April 1 Minute 50,1 Sekunden. den bisherigen Methoden namentlich bei Frostwetter oft unaus- führbar ist. Wir hoffen die Eigenschaften des neuen Apparates später ein- gehend darzulegen, und bemerken nur, dass er wegen seiner grossen Empfindliebkeit.. mit welcher er jede Aenderung der Temperatur sofort anzeigt, bei Ballonfahrten und auf Reisen als einzig: brauchbar erscheint, aber auch für die gewöhnlichen Aufgaben klimatologiseher Forsehung der ausgedehntesten Verwendung fähig ist. - “ _ Dr. Ernst Wagner. Astronomisches. — I. Astronomische Neuigkeiten: Voruntersuchungen zur Herstellung photographischer Himmelskarten. Bei dem im Frühjahr 1887 stattgehabten astronomischen Kongressin Paris wurde beschlossen, photographische Aufnahmen des gesamten Sternenhinnmels zu machen. Einen grossen Teil der hierzu nötigen Vorarbeiten übernahm das Potsdamer astrophysikalische Observatorium zu Potsdam. Die bezüglichen Aufgaben waren die folgenden: 5 1. Herstellung photographischer Gitter zur Ausmessung der Plat- ten. — Diese Gitter sollten zunächst dem Zwecke dienen, Verzerrungen der lichtempfindlichen Schicht nachzuweisen, um bei den Messungen dieselben in Rechnung stellen zu können. Während der Unter- suchung zeigte es sich, dass sie auch direkt zu Messungszwecken sich vorzüglich verwenden ‚liessen. Bei der Ausführung der Netz versalı man zunächst Glasplatten mit verschieden „efärbten Lac überzügen, in welche feine Linien eingerissen wurden. Allein die Kopien fielen nieht zur Zufriedenheit aus, ebensowenig wie die von Netzen, die dadurch hergestellt wurden, dass man feine Platin- drähte über einen Rahmen spannte. Vorzügliche Gitter dagegen wurden von Dr. Scheiner bei der Verwendung stark versilberter Glasplatten erhalten, allerdings auch nur bei besonderer Form und Anwendung des Reissers. - Ma 2. Untersuchungen über die Veränderung der empfindlichen Schicht in Folge der durch Hervorrufung und Fixierung ‘bedingte Manipulationen. — Die Untersuchungen des Dr. Scheiner haben gezeigt, dass trotz des hohen Genauigkeitserades der Messungen, der Betrag der Verziehungen ein ausserordentlich geringer sei bei der Anwendung von Gelatineschichten, dass er dagegen bei Kol- lodiumschiehten unter gewissen Umständen recht erheblich werden kann. — ö - ge Komet Sawerthal. Dieser Komet ist nun auch in Europa gesehen und zwar auf der Sternwarte in Palermo am 13. März. Der Kern erscheint glänzend, der Schweif breit, divergent und nach WSW gerichtet. x a Populärer Führer durch den Fixsternhimmel. Unter diesem Namen bringt Vogtherr in Bamberg ein Instrument in den Handel, das in der einfachsten Weise dem Laien erlaubt jeden Stern am Himmel aufzufinden. Der Apparat ist von Liebhabern der Astronomie und auch für Unterrichtszwecke recht gut zu verwerthen. 5 Il. Astronomischer Kalender. — Am 16. April Sonnenaut- gang 4 Uhr 59 Minuten, Untergang 6 Uhr 59 Minuten, Mondaufgang- morgens 8 Uhr 32 Minuten, Untergang abends 12 Uhr 5 Minuten. Am 23. April’ Sonnenaufgang 4 Uhr 44 Minuten, Untergang 7 Uhr 11 Minuten; Mondaufgang nachmittags 3 Uhr 18 Minuten. Untergang früh 4 Uhr 22 Minuten. Am 19. April mittags 12 Uhr 45.8 Minuten erstes Viertel. Von Planeten sind Mars die ganze Nacht und Jupiter sechs Stunden sichtbar. Um bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten muss man von letzterer abziehen am 16. April In der Zeit vom 19. bis 23. April findet ein verhältnismässig bedeutender Stern- schnuppenfall mit mehreren Strahlungspunkten statt, dessen’ Bahn mit der des Kometen I von 1861 ziemliche Uebereinstimmung zeigt. Dr. F. Plato. Pilze als Weinveredler. — Unsere Kenntnis derjenigen Pilze, die dureh ihre Lebensprozesse bei der Bildung unserer Genuss mittel sich beteiligen, ist neuerdings vermehrt worden durch eine Arbeit von Dr. H. Müller- Thurgau über den Traubenpilz Botrytis einerea. (Landwirtschaftliche Jahrbücher 1888.) Dieser Schimmelpilz, eine Conidienform der zu den Aseomyceten gehörigen Peziza Fuckeliana, befällt die reifen Trauben und versetzt sie in einen Zustand der Fäulnis. Während nun andere Schmarotzerpilze der Trauben, wie das Oidium Tuckeri oder selbst der gemeine Pinselschimmel (Penieillium glaucum), den Ertrag der Beeren er- heblich schädigen, kann die Botrytis einerea unter günstigen Um- ständen im Gegenteil eine wesentliche Verbesserung des Weins zur Folge haben. Dass die faulen Trauben vielfach bedeutend edlere Weine liefern, wissen die Winzer der deutschen Rhein- und Mosel- gegend längst, sie lassen daher in guten Jahren die Trauben am Stock, bis sie faul geworden sind, und lesen die faulen Beeren aus, um sie gesondert zu verkeltern. Müller-Thurgau hat nun nach- gewiesen, dass die Ursache der Veredlung in den Lebensprozessen des Pilzes zu suchen ist, und dass diese Fäulnis, die „Edelfäule“, eine ausschliessliche Wirkung der Botrytis einerea ist, nicht aber D 4 E ) . 55 S Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 23 durch andere Pilze. z. B nicht durch Penicillium glaucum, das auch auf den Trauben vorkommt, hervorgerufen werden kaun. Der Pilz verbraucht zu seiner Ernährung Zucker, Säure und Stickstoff aus der Beere, die beiden letzteren aber in viel höherem Verhältnis, und da zugleich aus den edelfaulen Beeren mehr Wasser verdunstet, als aus den gesunden, so erhält man aus jenen zwar eine geringere Menge Most, aber einen solchen von viel edlerer Beschaffenheit, ‘mit höherem Zucker- und viel geringerem Säure- und Stickstoffgehalt. Daraus entstehen mildere und zugleich langsamer und weniger voll- ständig vergährende, daher süssere Weine. Dieses Resultat wurde durch chemische Untersuchung gesunder und fauler Trauben, sowie dureh Reinkultur des Botrytispilzes in vorher sterilisiertem Most gewonnen. Reinkulturen des Penieillium brachten im Gegensatz zu solchen der Botrytis eine erhebliche Verschlechterung hervor. Die Veredlung des Weines durch den Pilz betrifft nieht mit die (übrigens nach Müller von dem „Aroma“ zu unterscheidenden) eigentümlichen „Bouquetstoffe“, die den deutschen Rieslingweinen den lieblichen Duft und Geschmack geben; im Gegenteil wirkt die Fäulnis auf diese zerstörend ein. aber um so weniger, je edler die "Traube. d. h. je zuckerreicher sie ist. Ueberhaupt machen sich die günstigen Wirkungen der Fäule nur bei edlen Reben, in guten Lagen und bei günstiger Witterung voll geltend; weniger gute Trauben werden von der Fäulnis leicht zu sehr ergriffen, und bei - feuchter Witterung kann leicht ein erheblicher Schaden durch Aus- waschen der faulen Beeren entstehen. Der Winzer wird daher mit den Verhältnissen seines Weinbergs und insbesondere mit dem Wetter zu rechnen haben, wenn er sich entscheidet, ob er seine Trauben gesund oder edelfaul ernten will. Dr. H. Klebahn. Eine Brücke über den Kanal ist neben dem unterseeischen "Tunnel schon ein altes Projekt, um England mit Frankreich zu verbinden. Dasselbe musste früher mit Recht für unausführbar gehalten werden, soll aber nach den neuesten Erfahrungen über Eisenkonstruktionen als vollkommen möglich zu betrachten sein. Nach dem Plane des Unternehmers der Arbeiten beim Suezkanal. Hersent, würde diese Brücke in Frankreich am Kap Gris-Nez_ be- ginnen und in zweimal gebrochener Linie bei der Länge von 37,5 km bei Folkestone in England enden. Die Kosten dieses Riesenprojektes werden im ganzen auf etwa eine Milliarde Franks geschätzt — wird ‚es ausgeführt werden? wird sich eine solehe Summe durch den Ver- kehr verzinsen? Seefischerei mit elektrischem Lichte wird jetzt in Ame- rika in grösserem Masse betrieben. Zu dem Zwecke wird in dem Netz eine Glühlampe angebracht, durch deren Lichtschein die Fische angelockt und so leicht gefangen werden. — Aehnlich hat man das elektrische Licht zur Aufsuchung von Gegenständen verwendet, welche sich auf dem Grunde des Wassers befinden. Fragen und Antworten. 1. In der Fragebeantwortung Seite 210—211, Band I, bezüglich des Vorkommens des Alpenlämmergeiers oder Bartgeiers geht uns folgende Ergänzung zu: Vom Bartgeier Bosniens und der Herzegowina habe ich ein altes Paar und einen jungen Vogel, von jenem des Kaukasus ein altes Männchen in Händen gehabt; alle diese Exemplare stimmten mit solchen aus den Alpen, aus Siebenbürgen und Spanien bis auf (die durch das Alter bedingten Verschiedenheiten vollständig überein. Der afrikanische Bartgeier, von dem ich selbst je ein Männ- chen ad., Männchen und Weibehen med. und Männchen juv. besitze, unterscheidet sich konstant vom europäischen durch etwas geringere ‚Grösse und durch die Befiederung der Tarsen, welche bei ihm nicht so tief an die Zehenwurzel hinanreicht, wie bei jenem. Aber auch er bildet nur eine klimatische Varietät (Gypaötus barbatus, var. meridionalis Schlegel), keine Art. In den österreichischen Alpen hat das letzte Paar im Jahre 1880 gehorstet. Im Retyezat, dem Grenzgebirge zwischen Rumänien - und Siebenbürgen, wo alljährlich 1—2 Stücke geschossen werden, ist der Bartgeier noch regelmässiger Brutvogel. E. Ritter v. Dombrowski, Chefredakteur der Zeitschrift „Der Weidmann.“ 2. Nach einer Angabe soll ein Witterungswechsel auf eine luft- ‚dicht abgeschlossene Mischung von Salmiak, Salpeter, Kampher, Spiritus, Wasser, mehrtägig digeriert und dann abgegossen, derartig verändernd einwirken, dass man das kommende Wetter vierundzwanzig Stunden vorher bestimmen kann. Es wurden genau nach Vorschrift zwei Wettergläser hergestellt; aber absolut keine Veränderung infolge von Witterungswechsel an denselben wahrgenommen. Wie stellt sich die Wissenschaft zu dem geschilder- ten Wetterpropheten? Derartige Hausmittel zur Vorausbestimmung der Witterung pfle- gen meistens auf mangelhafter Statistik oder Beobachtung zu beruhen. Auf eine luftdicht abgeschlossene Salzlösung könnten, abgesehen von der 'Temperatur, höchstens Aenderungen in der Intensität oder Qualität der Sonnenstrahlung Einfluss üben, aus denen sich jedoch nach unseren heutigen Kenntnissen noch keinerlei Schlüsse auf das kommende Wetter ziehen lassen. Dr. E. Less. a 3. Bezüglich der Frage: In welcher Flüssigkeit kann man Pilze aufbewahren? Oder kann man sie auch noch auf andere Weise konservieren? vergl. den Artikel des Herım Hennings in dieser Nummer der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift.“ Litteratur. Hölzel’s Geographische Charakterbilder. Kleine Hand- ausgabe. 30 Chromolithographische Tafeln mit beschreibendem Text von Prof. Dr. Fr. Umlauft und V. v. Haardt. Wien. Eduard Hölzel. Preis 7,50 Mark. Die vor kurzem erschienene und für den Handgebrauch bestimmte kleinere Ausgabe von Hölzel's Geographischen Charakterbildern kann als eine vortreffliche litterarische Gabe bezeichnet werden. Auf 30 Tafeln werden uns die hauptsächlichsten geographischen Landschafts-Typen vor Augen geführt, deren Farben- gebung zum Teil eine: so ausgezeichnete ist, dass uns die eigen- tümlichen Charaktere der Landschaft in voller Naturwahrheit ent- gegentreten. Von diesen Darstellungen zeichnen sich durch be- sondere Schönheit aus: der Canon und Wasserfall des Shoshone aus der nächsten Nachbarschaft des Nationalparks in Nordamerika, die Wüste Sahara mit dem gelblichen Ton ihrer Sanddünen, das Pano- rama des Berner Oberlandes, der heisse Sprudel Otukapuarangi in Neuseeland mit seiner rosarothen Sinterterrasse, das Panorama des Golfes von Neapel. der Gross-Glockner mit dem Pasterzengletscher, das Säulenkap auf Kronprinz Rudolfs-Land, der Hafen Nagasaki auf der japanischen Insel Kiu-Siu, die eigentümlichen Erosionsformen der Weckelsdorfer Felsen, das Stettiner Haff, der Tafelberg mit der Capstadt und der Grand Canon des Colorado. Eine allgemein ver- ständliche kurze Beschreibung macht uns auf die Eigentümlichkeiten jedes einzelnen Bildes aufmerksam. Auf diese Weise stellt das Buch ein treffliches Hilfsmittel für den geographischen Anschauungs- unterricht dar und kann überhaupt jedem Freunde der Erdkunde auf das Wärmste empfohlen werden. Möge es bei seiner grossen Wohlfeilheit die weiteste Verbreitung finden. Dr. F. Wahnschaffe, Kgl. Landesgeologe und Privatdocent an der Universität Berlin. Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen. 6. Bd. Nr. 6. (Botanische Abtlg.) gr. 80%. Preis 6 M. Inhalt: Prodromus der Alpenflora von Böhmen. 1. Tl. (Enthält die Rhodophyceen, Phaeophyceen u. Chlorophyceen).. Von A. Hans- irg. 2. Hft. (m. Illustr.) Fr. Rivnäd in Prag. Goldschmidt, V., Ueber krystallographische Demonstrationen mit Hilfe von Korkmodellen mit farbigen Nadelstiften. gr. 8°. (20 S. m. 6 Taf.) Preis 3 #. Julius Springer in Berlin. — Index der Krystallformen der Mineralien. 2. Bd. 1.—3 Hit. u. 3. Bd. 1. Hft. gr. 8%. Preis 12 # 80,4. Inhalt: II. 1. Fahl- erz—Frieseit. (64 S.) Preis 3 # 60 4. — 2. Gadolinit—Gyps. (S. 65—128) Preis 3 # 60 4. — 3. Haidingerit — Jarosit. (S. 129—192). Preis 3 # 60 4. — Ill. 1. Quarz. (25 S.) Preis 2 #. 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Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. EN N N U UN UN RUN RUN RN RC N N N N RC RUN Seit Anfang dieses Jahres erscheint die Praktische Physik Zeitschrift für Experimentalphysiker, Studierende der Physik, Mechaniker, Optiker u. s. w. und Organ für den physikalischen Unterricht. Unter Mitwirkung hervorragender Autoritäten und bewährter Fachmänner herausgegeb. von ' Dr. M. Krieg. Monatlich 1—1!/sa Bogen. Die „Praktische Physik“ enthält Original-Artikel, welche sich auf die Praxis der Physik beziehen, unterstützt die Veröffentlichung guter und brauchbarer, teils verbesserter, teils neu konstruierter Apparate und ist eine Centralstelle aller Bestrebungen zur Förderung der physikalischen Technik und der physikalischen Demonstrationen. Preis halbjährlich 3 #. Trotz ihres kurzen Bestehens erfreut sich die „Praktische Physik“ bereits grosser Beachtung in den Kreisen der Dozenten der Universitäten und. teech- nischen Fachschulen und der höheren Schulen, der Studierenden, Mechaniker, Optiker u. s. w. ee" Bestes Insertions-Organ. SE Inserate die einmal gespaltene Petitzeile 40 3; grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt; Beilagen nach Vereinbarung. Probenummern gratis und franko durch die Verlagsbuchhandlung Expedition der Faber’sche Buchdruckerei, oder „Praktischen Physik“ A. u. R. Faber, Magdeburg. Magdeburg, Poststr. A 9-08 20-70-20.F8-I0.P0-20. 70 I8-, 8 Deutsche m m Chemiker-Zeitung | \ L erscheint im Verlage von EUGEN GROSSER in BERLIN und beriehtet aus folgenden Disziplinen regelmässig, schnell und den Gegenstand erschöpfend: Theoretische, physikalische, allgemeine anorganische und organische, analytische, technische, Agrikultur- u. Pflanzen- Chemie, Elektrotechnik, Berg- u. Hüttenwesen, Medizinische u. physiologische Chemie u. 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Annoncen 40 = 5 Anzeigen 30 .„s, chiffrierte 3 Petitzeile Raum; Bezugsquellenliste 8..% pro Jahr. i Probe-Nummern gratis und franko. Inhalt: — Fragen und Antworten. — Litteratur: — Inserate. Verantwortlicher Redakteur:-Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sümtlich in Berlin. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Prof. Dr. Th. Albrecht: Einrichtung zur öffentlichen Zeit-Regulierung. (Mit Abbild.) — P. Hennings: Ueber das Konservieren und Präparieren fleischiger Hutpilze. — Kleinere Mitteilungen: Ueber die Knallgas-Explosion. — Künstliche Rubine. — Das Aspirations- thermometer. — Astronomisches. — Pilze als Weinveredler. — Bine Brücke über den Kanal. — Seefischerei mit elektrischem Liehte. Hölzel's Geographische Charakterhilder. — Bücherschau. — Briefkasten. — Berichtigung. Sammlungen, Insektarien u. s. w, Nebst ausführlichem Käferkalender. Herausgegeben von : A. HBärrach2 2 178 8. Geb. 3Mark. [78] Vorrätig in allen Buchhandlungen. -onueıeg) oFyosunme uwsyeMm Ole anı Free {a} ErER = SEBESEaS 8 Verlag v.B.F. Voigt in Weimar. SER Sen = BerSgER 2 Der En da sung > Bi [2 © Fr} ERELURN gi N f l 8 o_g A alersammier. SsE’SrEp’sessg " ame £ sBsn2ain ” E „28 ER I 3 Praktische Anleitung 25 PR B8E. 588 zum Fangen, Präparieren, Auf- = £ : g28 SsEe8 5 bewahren und zur Aufzucht .. au 8 ee ee 4 der Kütfer. Ser22228 | \s Herstellung von trockenen Insekten- 2. 58 = präparaten, Anfertigung mikroskopi- Sta scher Objekte, Anlage biologischer 5 [= u » = >} = g [=] & I © -93 you puIs uoyen ourout ey — uz uopıeM 'oryome, dopef ‘gurwoueyjay, urom Jıng 3 -säsne Ioqnes uepıomn uemyeredoy ET FE Notarielle Bestätigung des tausendfachen Lobes über den Holländ. Tabak v. B.Beckerin Seesen.a.Harz10 Ptd.fko.8Mk., haben die versch. Zeitungsexpedi- tionen eingesehen. 3 [34] GET "AJSUDTAPOLAA SA UNTIL NUALFUOHEM ‘SOTJOHT ITTOKATE Riemann & Möller Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. % Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. 3% Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. re TEN EEE Band I (Okt. 18987—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von X 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von 2 2,10 (in Briefmarken.) ie: Einzelne Nummern kosten 25 „3. : Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Be ERTERENEETTERERTEN EETZWETEER A ö Inserate für Nr. ö Bei Benutzung der 7) der „Naturwissenschaftlichen Inserate bitten wir un- | Wochenschrift“ müssen späte- sere Leser höflichst, auf stens bis Sonnabend, 21. April in die „Naturwissenschaftliche ri unseren Händen sein.;... Wochenschrift“ Bezugneh- Die Expedition. men zu wollen. Er R e: 5 un Redaktion: Was die naturwissenschaftli Forschung aufgiobt an wel fassenden Idcen und an locken- Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. II. Band. | Sonntag, den 22. April 1888. Nr. 4. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- - Anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 2.—; Bringegeld bei der Post 15.7 extra. . Y [010] J Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 „. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Einrichtungen zur öffentlichen Zeit-Regulierung. Von Professor Dr. Th. Albrecht, Sektionschef am k. geodätischen Institut in Berlin. | System der sympathischen Uhren als die beste Lösung des Problems der Zeit-Regulierung anzusehen ist, wird man für die in viel grösserer Zahl vorhandenen öffent- Eöhichen Uhren zweiter Art, bei denen ein Fehler bis zu 10 Sekunden zulässig ist, entsprechend diesem geringeren Genauigkeitsgrade einfachere Lösungen des Problems in _ Anwendung bringen können. Br Im Vordergrunde stehen in dieser Beziehung die E ensnnen Stundensteller, welche darauf basieren, dass ' allstündlich oder nach Ablauf einer gewissen Anzahl von Stunden durch Vermittlung eines elektrischen oder pneu- _ Matischen Stromes der Minutenzeiger richtig eingestellt ; Während für die Präcisionsuhren unstreitig das = und somit der in der Zwischenzeit entstandene Fehler | _ wiederum beseitigt wird. Da der Minutenzeiger nur ‚durch Reibung auf seiner Achse aufsitzt, kann diese ® Manipulation vor sich gehen, ohne dass hierdurch eine E Störung auf den Gang des Uhrwerkes ausgeübt wird. Ei (Schluss) Je nach der Art und Grösse der zu regulierenden Uhr sind für den Regulierungsmechanismus sehr ver- schiedenartige Vorrichtungen in Vorschlag gebracht worden. Am einfachsten ist die in nebenstehender Figur dargestellte Einrichtung. Auf der Achse des Minutenzeigers ist dicht hinter dem Zifferblatt ein Arm angebracht, der zur Zeit der ' Regulierung d. i. bei Beginn einer jeden Stunde senkrecht nach abwärts gerichtet ist. Unter demselben befindet sich, um eine horizontale Achse drehbar, ein Ankerhebel, dessen freies Ende nach oben hin gabelförmig aus- geschnitten ist. Sobald nun zur vollen Stunde die Centraluhr den Kontakt schliesst, wird dieser Ankerhebel durch den Elektromagnet nach oben gezogen, die Gabel umfasst den Hilfsarm und führt ihn, falls er um diese Zeit nach der einen oder der andern Seite geneigt steht, genau in die senkrechte Lage zurück. Da bei dieser Konstruktion die Kraft des Elektromagnet unmittelbar zur Zeigerstellung benutzt wird, kann diese Einrichtung nur zur Regulierung kleinerer Uhren angewendet werden, wenn man nicht unverhältnismässig starke und grosse Elektromagnete benutzen will. Dieselbe lässt sich aber ohne Schwierigkeit auch auf grössere Uhren übertragen, wenn man davon absieht, den Elektromaenet direkt auf den Ankerhebel wirken zu lassen und ihn nur zur Aus- lösung eines Hilfsmechanismus verwendet, welcher unter der Wirkung eines Gewichtes oder einer Feder die Richtigstellung des Minutenzeigers bewirkt. Das Auf- ziehen dieses Mechanismus erfolgt gleichzeitig mit dem 26 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. N Aufziehen der Uhr in analoger Weise wie das des Schlagwerkes bei den gewöhnlichen Uhren. Ausser dieser einfachsten Vorrichtung zur Regulierung: sind noch andere mehr oder minder komplizierte Ein- . richtungen in Vorschlag gebracht worden, welche gleich- falls auf dem Prinzip basieren, den vorgeeilten oder zurückgebliebenen Minutenzeiger nach Ablauf ‚bestimmter Zeitintervalle wieder in seine richtige Lage zurück- zuführen. Andere Einrichtungen gehen von der Er- wägung aus, dass es einfacher ist, eine Uhr von Zeit zu Zeit richtig zu stellen, bei der die Abweichungen immer nur nach derselben Seite gerichtet sind, welche also von Hause aus so 'justiert ist, dass sie täglich um ein bis zwei Minuten voreilt oder zurückbleibt. In diesem Falle wird die Regulierung an das JRädeıwerk verlegt; dasselbe wird entweder so lange angehalten bis der durch die Voreilung entstandene Fehler wiederum beseitigt ist, oder bei jeder Regulierung das Echappement ausgelöst, bis der fehlende Betrag wieder eingeholt ist. Bei der Beurteilung des Wertes derartiger Einrichtungen ist zu bedenken, dass es unnatürlich ist, ein Pendel gleich von vornherein mit einem Fehler zu behaften. Alle Vor- richtungen dieser Art sind überdies ziemlich kompliziert und funktionieren kaum mit grösserer Zuverlässigkeit als die Regulierung mittelst direkter Einstellung des Zeigers, bei der eine unrichtige Justierung des Pendels nicht vorausgesetzt ist. Endlich giebt es noch Systeme, bei denen jeder Eingriff auf die Zeiger und das Räderwerk vermieden wird und die Regulierung durch ein kleines längs der Pendelstange verschiebbares Gewicht erfolgt. Im Prinzip sind Einrichtungen dieser Art deshalb am vorteilhaftesten, weil sie auf möglichst natürlichem Wege die Aufgabe zu lösen suchen; ob sie aber auch in der praktischen Ausführung am besten funktionieren, ist gegenüber der Einfachheit in der Konstruktion und Wirkungsweise der eigentlichen Stundensteller um so mehr in Zweifel zu ziehen, als die bisher in Vorschlag gebrachten Ein- richtungen dieser Art der wünschenswerten Einfachheit entbehren. Ein System (Redier-Tresca), welches sich auf dieses Prinzip gründet, ist bei der Regulierung der öffentlichen Uhren in [Paris eingeführt. An jeder Uhr sind zwei durch Windflügel regulierte Laufwerke an- gebracht, welche sich in entgegengesetzten Richtungen drehen und durch Vermittlung einer Rolle eine Hebung oder eine Senkung des an der Pendelstange verschieb- baren Gewichtes bewirken. Bei richtigem Gange der Uhr laufen am Schlusse jeder Stunde beide Laufwerke nacheinander je 15 Sekunden lang, das Gewicht wird unter der Wirkung dieser Bewegungen um ebensoviel gehoben als gesenkt und infolge dessen keine Aenderung der Schwingungsdauer des Pendels hervorgebracht. Wenn aber die Uhr voreilt oder zurückbleibt, findet das Anhalten des einen und das Auslösen des anderen Laufwerkes nieht in der Mitte der Zeit, sondern um so viel früher oder später statt, als der Fehler !der Uhr beträgif; das Gewicht verändert infolge dessen seine ‚Stellung, und das Pendel schwingt in der Zwischenzeit zwischen dieser und der nächstfolgenden Regulierungsepoche langsamer oder rascher, wodurch der Fehler allmählich wieder ein- gebracht wird. > Ein anderes System (Aron) schliesst sich mehr dem- jenigen an, welches bei der Regulierung der Berliner Normaluhren in Gebrauch ist. Das Pendel trägt an E seinem unteren Ende an Stelle der Linse eine Drahtrolle,. N. welche bei jeder Regulierungsepoche, sobald en Fehler der Uhr eingetreten ist, je nach der Grösse dieses Fehlers kürzere oder längere Zeit von einem konstanten positiven oder negativen elektrischen Strom durchlaufen wird. Dar die Rolle über einen permanenten Magnet schwingt, der, aber. in diesem Falle nicht seitlich sondern senkrecht unter dem Aufhängepunkte des Pendels aufgestellt ist, E erfährt das Pendel für die Zeitdauer der Einschaltung = des Stromes eine konstante Verzögerung oder Beschleuni- 4 gung, durch welche der Fehler der Uhr allmählich wieder 3 beseitigt wird. Diese Einrichtung hat den Uebelstand, dass die Regulierung in hohem Grade von der Intensität des elektrischen Stromes abhängig ist und daher bei einer Aenderung der Stromstärke leicht einmal versagen kann; auch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass in- folge der magnetischen Anziehung zwischen der Draht- rolle und dem Magnet eine so starke Dämpfung auf die Pendelschwingungen ausgeübt wird, dass das Echappe- ment nicht mehr auslöst und die Uhr stehen bleibt. Was die Anordnung der ganzen Anlage betrifft, so wird man bei allen Systemen der zweiten Art.von dem 3 Verfahren Gebrauch machen, eine grössere Anzahl Uhren in ein und dieselbe Stromschleife zu legen; anderseits ” wivrd man aber die Uhren nicht von einem einzigen. Centralpunkte aus regulieren, sondern sie an die einzelnen Normaluhren anschliessen, weil hierdurch der Umfang der Leitungen und somit auch der Kostenbetrag der ganzen Anlage wesentlich herabgemindert wird. K: Endlich sind noch die Uhren im Innern von G- bäuden zu erwähnen, welche für. den Privatgebrauch E; bestimmt sind. Zur Regulierung dieser Uhren ist, ab-_ gesehen von dem nicht sehr zuverlässigen System der elektrischen Zifferblätter, nur das System von Mayrhofer mit wirklichem Erfolg in Anwendung gebracht. Bei B diesem System wird die Regulierung durch den Druck komprimierter oder verdünnter Luft bewirkt, und diese Kraft ausser für die Zwecke der Regulierung auch zum selbstthätigen Aufziehen der Uhren verwendet. Hier- durch wird der grosse Vorteil erlangt, dass die nach diesem System regulierten Uhren gar keiner Beaufsichti- gung bedürfen. Als Motor ist in einfacher und sinn reicher Weise der Druck der Wasserleitung in der Art verwendet, dass die Centraluhr selbstthätig zur betref- a fenden Zeit einen Hahn öffnet und das Wasser in einen 4 Windkessel oder einen Ejektor ausströmen lässt. Hier- di durch entsteht eine Verdichtung oder Verdünnung der oberhalb des ausfliessenden Wassers befindlichen Luft, Pre { a Lt nd 2 Re . Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 27 Immo. „_-sSsSszazmz]=yjzhe,.,.,.,zeaea ee welche sich in kürzester Frist durch das ganze Röhren- system fortpflanzt, an das sämmtliche Uhren angeschlossen sind. Die nach den einzelnen Uhren führenden Zweig- rohre endigen in Metallkapseln, welche durch Membranen abgeschlossen sind. Wenn diese unter dem Drucke der Luft gespannt werden, tritt ein Hebel in Thätigkeit, der nach dem System der Stundensteller den Minutenzeiger in seine richtige Lage zurück führt. Sobald dies ge- schehen ist, gleitet der Hebel ab und fällt in seine Ruhelage zurück, worauf infolge der fortgesetzten Kom- pression oder Evakuation ein zweiter Hebel die Winde- oder Federtrommel der Uhr um soviel vorwärts bewegt, "als sie seit der letzten Regulierungsepoche abgelaufen ist. Dieses System ist zwar in der Ausdehnung der An- lage gewissen Beschränkungen unterworfen, weil die Fortpflanzung pneumatischer Wirkungen nur bei mässigen Leitungslängen mit der erforderlichen Präeision vor sich geht; es gestattet aber anderseits, eine grosse Anzahl Uhren an dieselbe Leitung anzuschliessen und diese Zahl beliebig zu verändern, ohne die Sicherheit im Betriebe der Anlage zu gefährden. Es können auch Uhren von sehr verschiedener Grösse in ein und dieselbe Leitung eingeschaltet werden, da man bei grösseren Uhren nur eines weiteren Zuführungsrohres und einer Membran von grösserem Durchmesser bedarf, um den zur Regulierung und zum Aufziehen derselben notwendigen Mehrbedarf an Kraft zu erhalten. Bei ganz grossen Uhren (Turm- uhren u. s. w.) ist es zweckmässiger, die Regulierung nicht mehr direkt zu bewirken, sondern den pneumatischen Impuls nur zur Auslösung eines mittelst Gewichtes be- triebenen Hilfsmechanismus zu benutzen, welcher letztere die richtige Zeigerstellung ausführt. Der Wasserverbrauch ist selbst für ausgedehnte An- lagen nur ein geringer und auf nicht mehr als 10—30 Liter pro Regulierung zu veranschlagen. Da das be- nutzte Wasser überdies in keiner Weise verunreinigt wird, ist es für die meisten gewerblichen und Haus- haltungszwecke noch weiter verwendbar. Die Uhren sind als Pendeluhren konstruiert, welche nach vollem Aufziehen acht Tage lang gehen und es wird daher eine zeitweise Absperrung der Wasserleitung kein Versagen der ganzen Anlage zur Folge haben, sondern nur bewirken, dass die Uhren während dieser Zeit unreguliert weitergehen. Um nichts desto weniger hinsichtlich des ungestörten Funktionierens der ganzen Anlage eine fortlaufende Kontrole zu haben, ist sowohl an der Centraluhr als auch an der entferntesten Stelle des Leitungsnetzes je ein Zählwerk angebracht, von denen das Erstere von der Centraluhr direkt, das Letztere in ähnlicher Weise wie die Stellvorrichtungen an jeder Uhr mittelst einer Membran ausgelöst jwird. So lange die Angaben beider Zählwerke untereinander überein- stimmen, hat der Apparat ohne Störung £&earbeitet; zeigt sich aber eine Differenz, so ist aus derselben zu ersehen, wie lange die Störung angehalten und innerhalb welcher Zeit weder eine Regulierung noch ein Aufziehen der Uhren stattgefunden hat. Es bedarf bei längerer Dauer des Versagens nur einer nachträglichen Prüfung: des Standes der Uhren und eines gelegentlichen direkten Aufziehens der Uhrwerke bis zum vollen Betrage, ‘um jeden nachteiligen Einfluss einer derartigen Störung zu beseitigen. Eine besonders ausgedehnte Verwendung hat dieses System zum Betriebe der Privatuhren in Paris gefunden, aber auch in Berlin ist in der Börse seit dem vorigen Jahre eine ziemlich umfangreiche Anlage dieser Art, 30 gewöhnliche und 2 grosse mit Schlagwerk versehene Uhren umfassend, in Betrieb. Eingehende Prüfungen dieser letzterwähnten Anlage haben einen Genauigkeits- grad ergeben, welcher die Anwendung dieses Systems sogar zum Betriebe öffentlicher Uhren als geeignet und zweckmässig erscheinen lässt. Die Vorzüge dieses Systems beruhen hauptsächlich darin, dass bei demselben drei Faktoren in sehr zweckentsprechender Weise verwertet sind: die Blektrieität zur Regulierung der Centraluhren, die komprimierte Luft zur Signalübertragung auf die einzelnen Punkte und zur Ausübung einer mässigen Kraftäusserung, und der Druck der Wasserleitung als bequemer, billiger und zuverlässiger Motor. Das vorteilhafteste System der Zeitregulierung besteht daher darin, von einem Centralpunkte aus eine geringe Anzahl auf die einzelnen Stadtgebiete verteilte Präcisions- uhren nach dem System Jones, Foucault oder Cornu zu regulieren; diese wieder als Ausgangspunkte einer grösse- ren Zahl öffentlicher Uhren anzusehen, welche gleichfalls unter Anwendung des elektrischen Stromes nach einem der hierfür angegebenen Systeme allstündlich in ihren Angaben berichtigt werden, und an Letztere endlich die nach dem System von Mayrhofer regulierten Privatuhren anzuschliessen, welche unter Benutzung des Druckes der Wasserleitung auf pneumatischem Wege nicht allein reguliert, sondern auch aufgezogen werden. Unter welchen Umständen und in welcher Weise geschieht die Bildung von Schneekrystallen? Von Dr. K. F. Jjordan. Wenn in der Atmosphäre die Temperatur unter den Gefrierpunkt gesunken ist, so hält sich das Wasser da- selbst im festen Zustande auf, vorausgesetzt, dass solche Umstände nicht fehlen, welche eine Unterkühlung ver- - hindern. (Vergl. darüber meine Mitteilung über Rauhreif und Glatteis in Bd. I Nr. 25 dieser Zeitschrift.) In den höchsten Luftschichten sind nach neueren Beobachtungen auf Luftschiffahrten wahrscheinlich immer Eiskrystalle vorhanden, auch wenn sie — ihrer Feinheit wegen — von der Erde aus nicht gesehen werden, ebenso gut wie 28 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. d; die niederen Schichten oft Wasserdunst oder Nebel, sicher aber stets Wasserdampf führen; diese Eiskrystalle schweben oberhalb einer mannigfach in ihrer Gestalt wechselnden, im ganzen wagerechten Fläche, in welcher die Luft die Temperatur 0 Grad besitzt — der soge- genannten Isothermfläche Null. Wenn in der kalten Jahreszeit oder in kalter Gegend die Isothermfläche Null sich gesenkt hat, so dass auch auf der Erdoberfläche negative Temperaturgrade herrschen und wenn sich nun ein Niederschlag der Feuchtigkeit ereignet, so erscheint derselbe statt in der Form der Wassertropfen in der- jenigen der wohlausgebildeten Schneekrystalle, der dich- teren Schneeflocken oder der festen Graupelkörner; auf den Hagel wollen wir an dieser Stelle nicht eingehen. Die schön ausgebildeten Schnee- oder Eiskrystalle treten in selteneren Fällen auf; meist hängen unvollkommen entwickelte oder zertrümmerte Bisnädelchen oder -blätt- chen in dichten Haufen aneinander und bilden so die Schneeflocken, welche wegen der lockeren Anhäufung | der Bestandteile und der zahlreichen, zwischen ihnen eingeschlossenen lufthaltigen Zwischenräume die bekannte undurchsichtige, weisse Beschaffenheit erhalten. Die Schneeflocken entstehen wahrscheinlich immer in Wolken, welche entsprechend ihrer dichten Beschaffenheit in dem niedrigen Gebiete des Haufengewölks — dem Cumulus- gebiete — schweben; die anfangs vorhandenen kleineren Eiskrystalle werden durch fortwährende Verdichtung von Wasserdämpfen grösser, fügen sich aneinander und wachsen dann noch beim Herabfallen durch die untersten Luftschichten. Die Schneeflocken treten meist bei reich- licherem Schneefall auf. Ihnen können die Graupelkörner zur Seite gestellt werden, da auch diese aus zusammen- gehäuften Eisnädelchen bestehen, die aber ziemlich fest zusammengeballt sind. Sie erscheinen hauptsächlich in der stürmisch bewegten Uebergangszeit vom Winter in den Frühling oder auch vom Herbst zum Winter. Wenn die Umstände in der Atmosphäre eine ruhige Krystallbildung vor sich gehen lassen, so werden feine, zarte Schneekrystalle von schönster Ausbildung gezeitigt. Aus ihnen besteht das hoch schwebende, wenig massige Feder- oder Cirrusgewölk. Bei spärlichem Schneefall und mehr oder minder trockener Kälte gelangen sie an Stelle der Schneeflocken zur Erdoberfläche herab. Einige ; trocken kalte, zugleich stark windige und fast heitere Tage im verflossenen Februar (der 22. und 24.) brachten den Niederfall von Schneekrystallen mit sich, welche nach dem, was ich beobachtete, die in Fig. 1 bis 6 ab- gebildeten Formen aufwiesen. En [ Dieselben gehören dem drei- und einachsigen oder hexagonalen Kıystallsystem an, einesteils bestehen sie aus feinen Nadeln, die wahrscheinlich sechsseitige Säulen sind und zu sternartigen Figuren zusammentreten (Fig. 1 bis 3); andernteils sind sie sechseckige Täfelchen oder Blättehen, denen oft Verstärkungsrippen aufgesetzt sind. E und die in verschiedenen Verbindungen beobachtet werden können (Fig. 4, 5 und 6). Br \ Wann die einen, wann die anderen Formen in der a Atmosphäre entstehen, lässt sich bisher mit völliger Sicher- heit nicht sagen. Erwähnt sei, dass die grossen Mon: 1-55 und Sonnenringe auf das Vorhandensein der Eisnadeln, Re % die irisierenden Wolken auf dasjenige der Ristäfelchen in der Atmosphäre hinweisen. Die Eisnadeln beobachtet % man ferner bei Schneefällen, die nicht bei allzu niedrigen Temperaturen auftreten, während bei strengerer Kälte die Eisblättchen häufiger werden. In seltenen Fällen werden neben den genannten Formen auch körperliche Gebilde, sechsseitige Pyramiden und dergleichen gesehen. Kleinere Mitteilungen. ! a Eine neue Kraftquelle niederer Pflanzen. — Allver- breitet in stehenden und fliessenden Gewässern, namentlich in solchen, in welchen organische Stoffe faulen, wie Fabrikabwässer, aber auch im Meere wie z. B. in dem sogenannten toten Grunde der Kieler Bucht, und ganz besonders in schwefelwasserstoffhaltigen Quellen finden sich grosse Spaltpilze, die Beggiatoön und ihre Verwandten, ausgezeichnet durch meist reichliche Einlagerung von stark licht- brechenden, dunkelcontourierten Körnchen, die durch Cramer's Untersuchungen von 1870 als Schwefelkörnchen erkannt wurden. Diese reichliche Schwefeleinlagerung in Verbindung mit dem Umstande, dass die Beggiatoen in schwefelwasserstoffreichem Wasser am besten gedeihen und selbst dann noch am Leben bleiben sollten, wenn Schwefelwasserstoff bis zur Sättigung in dem betreffenden Wasser gelöst ist — Verhältnisse, die für alle anderen Organismen unbedingt tödlich sind — führte Cohn 1875 dazu, einen causalen Zusammenhang zwischen der Lebensthätigkeit der Beggiatoön und dem Schwefelwasserstoffgehalt des betreffenden Wassers anzunehmen, und bis in die neueste Zeit sah man allgemein die Beggiatoön als Organismen an, welche Sulfate unter Bildung von Schwefel und Schwefelwasserstoff zu reducieren vermöchten, wobei sie den Schwefel in ihren Zellen aufspeicherten. Dabei blieb es zweifelhaft, ob Schwefel in den Beggiatoazellen direkt aus Schwefelsäure abge- schieden würde oder durch Oxydation von Schwefelwasserstoff ent- stände. Letzterer Annahme standen indess schwerwiegende Bedenken chemischer Natur gegenüber, da nicht wohl in einer und derselben Zelle neben energischer Sulfatreduktion, wie sie die Entstehung des Schwefelwasserstoffs voraussetzt, eine Schwefelwasserstoffox dation stattfinden kann. Hoppe-Seyler (1886) fand dann b seinen Untersuchungen über Cellulosegährung, dass dieser Proze im Sommer in jedem wasserdurchtränkten Boden stattfindet und als Produkte dieser Gährung Kohlensäure und Methan zu gleichen Teilen gebildet werden, dass dagegen bei Gegenwart von leicht re- ducierbaren Körpern wie Eisenoxyd, Manganoxyd und Sulfaten ein Teil des Methans im status nascens Sulfate unter Schwefel- AN una Se u ET ERTEBEEN, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 29 wasserstoffausscheidung redueiert. Das gleiche gilt auch für andere bei Luftausschluss vorsichgehende Gährungen, bei denen Methan und Wasserstoff gebildet werden. Demgemäss ist diese Reduktion der Sulfate „für sich allein nicht denkbar und stets ein sekundärer Prozess“, kann also darum auch nicht ein von Beggiatoen hervorgerutener Vorgang sein, wie er überhaupt nicht an irgend eine bestimmte Species geknüpft sein kann. Durch diese Resultate wurde natürlich die Schwetelfrage der Beggiatoen aufs neue verdunkelt, indess nur auf kurze Zeit, denn die ganz vorzügliche Experimentaluntersuchung von Winogradsky (Botanische Zeitung 1887. Nr. 31—37) brachte auf einmal neues und unerwartetes Licht in die Sache. Diese Arbeit ist es, auf die sich vorliegende Mitteilung als Quelle stützt. Winogradsky fand unabhängig von Hoppe-Seyler und auf anderem Wege, dass die Beggiatoön, und die anderen, Schwefel- körnehen in ihren Zellen enthaltenden Bakterien, die er unter dem Namen Schwefelbakterien zusammenfasst, keinen Anteil an der Sul- fatreduktion und Schwefelwasserstoffentwickelung nehmen, vielmehr den Schwefel nur infolge von Oxydation des aufgenommenen Schwe- felwasserstoffs im Plasma der Beggiatoön eingelagert wird in Form von kleinen Kügelchen, welche aus amorphem, weichem Schwefel bestehen und innerhalb der lebenden Zellen wie in den krystallini- schen Zustand übergehen. Er kam ferner zu dem überraschenden Resultate, dass freier Schwefelwasserstoff, fast für alle andere Orga- nismen ein heftiges Gift, nicht nur günstig auf die Beggiatoenent- wickelung einwirkt, sondern vielmehr für das Leben derselben ganz unentbehrlich ist, indess nur dann, wenn der Schwefelwasserstoff- gehalt des Wassers noch ziemlich weit von Sättigung entfernt ist. Dieser Konzentrationsgrad tötet auch die Beggiato@ön. Bei Schwefel- (resp. Schwetelwasserstoff-) Entziehung werden Lebensprozesse und Bewegung sistiert und es tritt früher oder später der Tod ein. Dem- gemäss kann auch der Schwefelgehalt kein morphologisches Merkmal sein, wie frühere Beobachter glaubten und ebenso wenig kann davon die Rede sein, dass die Beggiatoön, wie Hoppe-Seyler noch an- nahm, den Schwefelwasserstoff unter sonst für sie günstigen Be- dingungen „ertragen“, indem sie Schwefel aufspeichern. Die Beggiatoön begnügen sich aber nicht damit, den Schwefelwasserstoff zu Schwefel zu oxydieren, sondern dieser Oxydationsprozess wird noch weiter geführt der in den Zellen ausgeschiedene Schwefel wird noch weiter in denselben oxydiert bis zur höchsten Oxydationsstufe, der Schwefel- sänre und zwar weit (ungefähr 20 mal) energischer als die Oxydation von Schwefelpulver im Wasser vor sich geht, so dass man sie hier- mit nicht vergleichen kann. Die so gebildete Schwefelsäure wird von den Zellen wieder ausgeschieden und verwandelt die kohlen- sauren Basen des Wassers in schwefelsaure, hauptsächlich kohlen- sauren Kalk in schwefelsauren Kalk, em Vorgang, der sich höchst wahrscheinlich sehon innerhalb der Beggiatoönzelle abspielt, denn mit dem Verbrauch der im Wasser gelösten Karbonate steht auch die Beggiatoönentwickelung still und niemals lässt sich dann freie Schwefelsäure im Wasser nachweisen. Darum ist auch das Leben der Beggiatoön an die Gegenwart von Karbonaten geknüpft. Ein starker Schwefelverbrauch findet auch bei langsamem Wachstum und selbst dann noch statt, wenn das Wachstum ganz stille steht. Die eingelagerten Schwefelmengen sind im Verhältnis zur Masse des Fadens und namentlich im Verhältnis zur Masse des Plasmas sehr gross und zwar um so grösser. je gerundeter und beweglicher der Faden ist; sie können sicher bis zu 80 mitunter vielleicht bis zu 950/, des Gesamtgewichtes betragen. Mit diesen Eigentürnlichkeiten stehen die Schwefelbakterien ganz vereinzelt da. Zur Synthese der Eiweissstoffe können diese Schwefelmassen nicht verbraucht werden, dazu sind sie viel zu gross und ausserdem werden sie fortwährend aufgelöst, die Beggiatoön verbrauchen täglich das 2 bis 4 und mehrfache ihres Gewichtes an Schwefel. Winogradsky's Versuche die Beggiatoen mit organischen Substanzen zu ernähren, gestatteten auch hierfür die Erklärung zu finden. Die Beggiatoön brauchen nämlich ausserordentlich wenig organische Substanz zur Erhaltung ihres Lebens, so wenig, wie es bis jetzt für keinen chlorophylifreien Organismus bekannt ist, und können dabei als Kohlenstoffquelle noch solche Substanzen benutzen. wie Ameisen- und Propionsäure, welche das Leben anderer Organis- men nicht zu erhalten vermögen. Sie können leben und sich sehr üppig vermehren in einer Flüssigkeit, die kaum nachweisbare Spuren von organischer Substanz enthält, wie viele natürliche Schwetel- quellen. Dagegen sind die gewöhnlichen Bakterienkulturflüssigkeiten, überhaupt alle sogenannten „guten“ Nährstoffe wie Kohlehydrate. in erster Linie Zucker, also Stoffe bei deren Zerfall resp. Verbrennung viel Wärme frei wird — die Haupt-Kraft-Quelle für die übrigen Organismen — für die Beggiatoön geradezu schädlich. Sie be- günstigen eine rapide Vermehrung anderer Bakterien, deren Kon- kurrenz sie rasch erliegen. Die Erklärung für diese in ihrer Art einzig dastehenden Ver- hältnisse findet Winogradsky wohl mit Recht die der oben er- wähnten Schwefeloxydation. Sie bildet hier die Kraftquelle, sie ersetzt hier die normale mit Kohlensäureausscheidung verbundene Athmung, obwohl ein chemisch ganz verschiedener Prozess, physiolo- gisch doch vollkommen. Eine solch normale Atmung findet bei den Schwefelbakterien höchst wahrscheinlich überhaupt nicht statt und wenn, dann jedenfalls in ganz untergeordnetem Masse. Die Schwefel- bakterien passen eben nicht in das gewöhnliche ernährungsphysiolo- gische Schema und stellen eine eigenartige Anpassungserscheinung dar, die es diesen Pflanzen ermöglicht an Orten und unter Bedingungen zu leben, wo alles sonstige Pflanzenleben und damit auch jede Kon- kurrenz ausgeschlossen ist. Dies sind aber nur die hauptsächlichsten Resultate. Bezüglich der zahlreichen interessanten Details und der sinnreich ausgedachten und kritisch durchgeführten Experimente, die zu obigen Resultaten führten, muss auf das Original verwiesen werden. Dr. L. Klein, Privatdocent in Freiburg i. B. Einige Notizen über die Doppelnatur der Flechten. — Auf Seite 78, Bd. I dieser Zeitschrift hat Herr Dr. Kienitz- Gerloff die Leser über den gegenwärtigen Stand der Flechtenfrage unterrichtet und über die wichtigen Arbeiten, welche neuerdings im Laboratorium Brefeld's ausgeführt worden sind, berichtet. Es ist hiernach festgestellt, dass durch geeignete Kulturen nicht allein der eine Bestandteil der Flechte, die Alge, sundern auch der Pilz für sich zu selbständiger Entwickelung gebracht werden kann. Während jedoch die in den Flechtenarten aufgefundenen Gonidienbildner schon seit langer Zeit als selbständige freilebende Algen bekannt sind, hat man in freier Natur die Flechten-Pilze nur zusammenlebend mit ihnen gefunden. Eine Arbeit der letzten Jahre, an die mich die neueren Kulturen des Pilzelementes der Flechte erinnern, behauptet jedoch auch das isolierte Vorkommen eines Flechtenpilzes. Die Roesleria hypogaea Thüm. et Pass., eine Discomycetenform, die bald als Ursache, bald als Begleiterin der Wurzelfäule des Weinstockes auftritt, ist nach den eingehenden Untersuchungen, welche der belgische Botaniker E. Laurent angestellt hat, nichts als ein unterirdischer gonidienloserZustand desFlechten- konsortiums Coniocybe pallida Pers. Auch der berühmte englische Mykologe Cooke, zieht den Pilz in die Entwicke- lung der Flechte Coniocybe pallida Pers. (vgl. Laurent, E., De- couverte en Belgique du Coniocybe pallida (Pers.) Fr. (Roesleria hypogaea T'hüm. et Pass.). (Compt. rend. d. seances de la s. bot. Belg. T. XXILL. II 1884 S. 17—27 u X. Gillot, Notes mycologiques, Revue mye. VI p. 65—68). — Die bekannten einheimischen Flechten gehören ihren Pilzele- menten nach ausschliesslich zu den Schlauchpilzen (Ascomyceten), während die grosse Gruppe der Basidiomyceten, die z. B in der Gattung Telephora die Pilze der von Mattirolo und Johow ent- ‘decekten westindischen Hymenolichenen bilden, bei uns Flechten nicht zu bilden scheint. Dass sich indessen auch hier wenigstens Ueber- gänge irgend welcher Art finden müssten, vermutete ich öfters, wenn ich an feuchten Stellen des Waldes und nach anhaltend feuchtem Wetter Exemplare von T’rametes, Daedalea, Telephora, Polyporus (z. B. versicolor) von grünen Algen üppig durchwuchert fand. G. v. Lagerheim hat nun thatsächlich in ähnlichen Fällen eine ‘ Beeinflussung der Algen seitens der Pilze Trametes Pini, Daedalea quereina, Polyporus lueidus beobachtet, die der in bekannten Flech- ten der Ascomyceten ganz gleich ist. Die Alge Stichococcus baeillaris Näg. nimmt nämlich auf und in jenen Pilzen eine Form an, wie sie von Neubner im Flechtenthallus der Calicien bei derselben Alge beobachtet worden ist. Von Lagerheim hat diese Form, die er in Deutschland und Schweden antraf und welche De Toni und Levi neuerdings in Italien fanden (Intorno ad una Palmellacea nuova per la flora veneta. Notarisia 1887 p. 281) als Stichococeus bacillaris Näg. b. fungicola Lagerh. bezeichnet (vgl. Algologiska och mykolo- giska anterkningar fran en botanisk resa i Luleä Lappmark. Ofvers. af k. vet. Akad. Förhandl. 1884 p. 106, Flora 1888 Nr. 4). Prof. F. Ludwig. Das Saccharin. — Seit einiger Zeit wird von der Firma Fahlberg, List & Comp. in Salbke a. Elbe ein chemisches Prä- parat unter dem Namen Saecharin*) in den Handel gebracht, welches durch seinen ausserordentlich süssen Geschmack und seine ander- weitigen physiologischen Wirkungen ausgezeichnet, die Aufmerksam- keit weiterer Kreise auf sich gelenkt hat. Dasselbe, ein Benzol- derivat, wird unverändert vom Organismus wieder ausgeschieden und ist deswegen geeignet als Versüssungsmittel für die Nahrung der Diabetiker zu dienen. Auch wird es als Versüssungsmittel für Arzneien angewendet. Ferner zeichnet es sich durch seine anti- septischen Eigenschaften aus. *) Dieser Name ist insofern unglücklich gewählt, als bereits ein anderer organischer Körper diesen Namen führt. Es ist dies das Anhydrid der Saccharinsäure C; Hjo O5. Dasselbe ist isomer mit Stärke. 30 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Ueber die Darstellungsweise dieses interessanten Körpers ist bisher folgendes bekannt geworden: Toluol wird ‚bei einer Temperatur unter 100°. unter starkem Rühren mittelst gewöhnlicher konzentrierter Schwefelsäure sulfuriert. Wird das entstandene Gemisch von Ortho- und Paratoluolsulfosäure mit Oxydationsmitteln behandelt, so erhält man ungefähr gleiche Teile von Ortho- und Parasulfobenzotsäure. Die getrockneten Alkali- salze dieser Säuren gehen beim Behandeln mit Chlor bei Gegenwart von Phosphortrichlorid in die Dichloride C,; H, (SO, Cl) (C O GC) über. Setzt man zu diesen, nachdem das entstandene Phosphoroxi- chlorid abdestilliert ist, Ammoniumcarbonat, so wird das Dichlorid der Parasäure in das unlösliche Diamid übergeführt, während das ÖOrthosulfobenzoösäuredichlorid in das wasserlösliche Ammoniumsalz der Orthosulfaminbenzo&säure übergeht. Laugt man nach beendeter Reaktion mit Wasser aus und setzt Salzsäure zu dieser Lösung, so erhält man das Saccharin. Dasselbe hat die Zusammensetzung C; H, : CO - SOs* NH, ist also das Anhydroderivat der Orthosul- faminbenzo&säure. “ Von einigen Seiten ist die Ansicht ausgesprochen worden, dass dieser Körper der Zuckerindustrie gefährlich werden könnte. Dies muss jedoch bezweifelt werden. Denn, abgesehen davon, dass noch keine Erfahrungen darüber vorliegen, ob nieht ein Antiseptikum wie das Saecharin bei fortgesetztem Gebrauch dem Körper schadet, so ist im Auge zu behalten, dass das Saccharin stets nur als Genussmittel dienen wird, während dem Zucker doch als Nahrungsmittel ein beträchtlicher Wert zukommt. Dr. K. Baerwald. ' Neues aus der Elektrieitätslehre. — 1) Eine neue Form’ der astatischen Nadel. — Um sehr schwache elektrische Ströme nachzuweisen und zu messen. führt man bekanntlich den Strom in vielfachen Windungen um eine Magnetnadel, wodurch die Wirkung desselben auf die letztere sehr verstärkt wird. An Stelle der einfachen Magnetnadel verwendet man die von Nobili ange- gebene, viel empfindlichere „astatische“ Nadel, welche aus zwei fest verbundenen, gleich grossen, gleich schweren und möglichst gleich stark magnetisierten Nadeln besteht, welche in derselben Ebene einander parallel sind, und deren Pole : entgegengesetzt gerichtet sind, wie _ ) die schematische Figur erkennen lässt. N Ss Eine neue Form der astatischen Nadel giebt nun Herr Oberlehrer A. Hempel in der wissenschaftlichen Beilage zum SEITE Frege. Programm der Friedrichs-W erdersehen N Ober-Realschule zu Berlin: „über elektrische Induktion“ an. Die- selbe besteht aus einem Paar hufeisenförmiger, magnetischer Stahl- nadeln, die in ihren indifferenten Teilen fest miteinander in der Weise verbunden werden, wie es die Figur ! darstellt. Bin solehes Nadelpaar von ; Huteisenmagneten lässt sich natürlich N B3 S auch als eine obere und eine untere | Nadel auffassen, so dass dasselbe wie- der eine astatische Nadel darstellt. a ge re Es gelang A. Hempel durch geeig- > N; netes Abschleifen der Schenkel u. s. w. ein nahezu völlig symmetri- sches Nadelpaar herzustellen, das nur sehr langsame Schwingungen machte. Die so konstruierte Nadel zeigt, wenn sie in das Galvano- meter eingehängt wird, eine sehr grosse Empfindlichkeit und giebt sogar bei dem Strom einer Holtz’schen Maschine einen Ausschlag. Als Hauptvorteile dieser neuen Form der astatischen Nadel bezeich- net A. Hempel a. a. O.: 1) dass die Nadel auf die Dauer nahezu gleich stark astatisch bleibt; 2) dass dem Nadelpaar leicht ein vor- er Grad von Astasie erteilt werden kann derart, dass das aar an einem Coconfaden von gegebener Länge aufgehängt in der Zeiteinheit eine vorgeschriebene Zahl von Schwingungen macht. 2) Ueber das Leitungsvermögen beleuchteter Luft hat Arrhenius im neuesten Heft von Wiedemann’s Annalen d. Phys. u. Chemie interessante Mitteilungen gemacht. In einem Glas- rohre, welches mit Luft gefüllt war,und zur Regulierung des Druckes mit einer Luftpumpe in Verbindung stand, waren zwei Platindrähte eingelöhtet. Dieselben waren durch eine Leitung verbunden, in der ein empfindliches Galvanometer eingeschaltet war. Die in dem Glas- rohre befindliche Luft konnte nach Belieben durch elektrische Funken von aussen beleuchtet werden, welche von einer Holtz'schen Maschine erzeugt wurden. Die Versuche von Arrhenius zeigen nun, dass der Druck sowohl als auch die Beleuchtung auf die elektrolytische Leitung der eingeschlossenen Luft von starkem Einfluss ist. Es ergiebt sich nämlich, dass bei Drucken von etwa 1—20 mm die Luft bei Bestrahlung mittels geeigneten Lichtes sich wie ein Elektrolyt verhält. Dies wurde noch in einer etwas veränderten Versuchsan- ordnung bestätigt, indem hier ein Draht aus Platin und einer aus Zink verwendet wurden. Es wurde in allen Fällen beobachtet, dass in der durch Beleuchtung leitend gemachten Luft ein Strom vom Zink zum Platin ging, ganz in derselben Weise als ob statt der Luft IR -} Wasser zur Vereinigung von Zink und Platin verwendet worden wäre. Wie Arrhenius selbst hervorhebt, ist es ihm nicht gelungen, ra diese Erscheinung bei höheren Drucken zu beobachten, doch unterliegt - es seiner Ansicht nach keinem Zweifel, dass eine solche Wirkung der Beleuchtung auf die Leitungsfähigkeit der Luft auch dann stattfindet. Es sprechen allerdings die interessanten Versuche von Hertz für eine solche Ansicht; denn aus denselben .geht mit Sicherheit hervor, dass in Luft von gewöhnlichem Druck die elektrischen Funken sich leichter ausbilden, wenn die Funkenstrecke beleuchtet wird, als wenn f dies nicht der Fall ist. = Es ist ‚mit diesen Versuchen ein neues Feld schöner Unter- suchungen eröffnet worden, welche vielleicht geeignet sein werden, uns nähere Aufschlüsse über das Wesen der Blektrieität zu gehen, j wie sich auch erwarten lässt, dass die Lehre von der Elektrieitit der ne und die Meteorologie ihnen Fortschritte verdanken werden. y 3) Seismograph mit elektrischem Registrierapparat. | — Dr. Carl Fröhlich giebt in Exner's Repertorium der Physik, Ba. 24 Heft II, die Beschreibung eines neuen, von ihm selbst er- I fundenen Seismographen. Das Wesentliche desselben besteht im folgendem. An einer Spirale hängt frei ein Gewicht aus Metall, welches mit einer Spitze in ein Quecksilbergefäss taucht und da- durch mit einem Elemente verbunden ist. Dem Gewichte stehen, den vier Himmelsrichtungen entsprechend, vier Kontaktfedern gegen- über. Bei der geringsten Erschütterung des Bodens wird das Ge- wieht eine oder zwei der Kontaktfedern berühren,, dadurch wird aber eine elektrische Leitung geschlossen, denn jede der Federn steht in Verbindung mit je einem Elektromagneten, welche Auslösevor- richtungen besitzen, ähnlich den in Hötels und Wohnungen üblichen elektrischen Einrichtungen. Ebenso wird eine Hebung oder Senkung des Gewichtes angegeben. Der Apparat steht ferner mit einer Regulatoruhr in Verbindung, welche bei einer eintretenden Er- schütterung sofort zum Stillstehen gebracht wird. Dadurch wird die Zeit des ersten Anstosses und durch die an einem Blektro- magneten herabfallende Signalscheibe die Richtung desselben ange- geben. Damit wird zugleich ein Läutewerk geschlossen, das so lange ertönt, bis die Hemmungsvorrichtung der Uhr wieder zurückgestellt ist. Die nähere Einrichtung des Apparates können wir hier nieht ausführlich angeben. Wir wollen nur bemerken, dass der Apparat 1) die Himmelsrichtung der horizontalen Erdbewegung (und zwar die Richtung, in welcher eine Senkung stattfindet), 2) die vertikale Richtung (aber nur falls der Apparat sich zufällig gerade über der Zentralstelle der Bewegung befindet) und 3) die Zeit des ersten Stosses angiebt. Sind mehrere solcher Apparate an verschiedenen Stellen aufgestellt, so lässt sich aus ihren Angaben der Ort einer Senkung oder Hebung bestimmen. — Da der Apparat die kleinsten, sonst gar nicht bemerkten Erschütterungen der Erdoberfläche an- giebt, so empfiehlt Dr. Fröhlich denselben in vereinfachter Form als Warnungssignal für vulkanische Gegenden, wobei dann auf die Richtungsbestimmungen kein Gewicht gelegt zu werden braucht. A. Gutzmer. Die Härte von Metallen. — Wenn man nach der älteren Methode, welche Calvert und Johnson (1859) und Bettone (1873) zur Bestimmung der Härte fester Körper angewendet haben, eine belastete Stahlspitze bis zu einer bestimmten Tiefe in den Körper eindringen lässt, so ergiebt das zur Verwendung gelangte Belastungs- gewicht kein reines Mass der Härte, sondern eines Widerstandes, der sich aus der Härte und der Zähigkeit zusammensetzt; denn zum . Eindringen der Stahlspitze gehört nicht nur ein Vorsichherschieben, sondern auch ein Seitwärtsdrängen der Kleinsten Teilchen des festen Körpers. Th. Turner (Beibl. z. d. Annal. d. Phys. u. Ch. 1887. Bd. XI. S. 752.) hat sich daher ‘eines anderen, schon von See- beck, Franz und Pfaff vorgeschlagenen Verfahrens bedient, um die Härte unabhängig von der Zäühigkeit zu bestimmen. Ueber die polierte Fläche des zu untersuchenden Metalls wird eine belastete Diamantspitze geführt, welche einen Strich einritzt; alsdann wird die Belastung so weit vermindert, bis kein Einritzen mehr zu be- obachten ist. Die letzte Belastung, welche noch einen Strich hervor- brachte, gilt als Mass der Härte. — Aus den nach diesem Verfahren vorgenommenen Untersuchungen ergab sich die interessante Beziehung, dass bei den Metallen im amorphen Zustande die Härte proportional dem Quotienten s/a ist, worin s das specifische Gewicht, a das Atom- gewicht bedeutet. Derselben Grösse zeigte sich auch die Zühigkeit proportional, für welehe die absolute Festigkeit als Mass genommen wurde. Bei krystallinischen Materialien findet keine Proportionalität zwischen Härte und Zähigkeit statt. — Was lehrt dies Ergebnis? Die Grösse s/a ist, wenn wir s und a auf dieselbe Einheit beziehen, nichts anderes als die relative Anzahl der in der Volumeinheit enthalte- nen chemischen Atome des untersuchten Metalls. Je grösser diese An- zahl ist, je dichter also die chemischen Atome in einem Metall bei- einander liegen, desto grösser ist — sofern der amorphe Zustand verhanden ist — die Härte und auch die Zühigkeit des Metalls. Dr. K. F. Jordan. si re De el N P .: 4 Rh "TIER Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 31 Mannesmann’sches Röhrenwalzverfahren. — Ein neues Bearbeitungsverfahren für dehnbare Metalle, das sogenannte Mannes- mann’sche Röhrenwalzverfahren verdient wegen seiner fast ans Wunderbare grenzenden Leistungen auch über den engeren Kreis der Techniker hinaus bekannt zu werden. Mittelst desselben ist man nämlich im Stande volle Metallstäbe ohne ein ins Innere der- selben dringendes Werkzeug, nur durch Eirfwirkung auf die äussere Oberfläche in Röhren von beliebigen äusseren und inneren Durch- messer zu verwandeln. Diese dem Uneingeweihten ganz unmöglich erscheinende Wir- kung wird dadurch hervorgebracht, dass der Oberfläche des Metall- stabes, der sich in dehnbarem oder teigartigem (z. B. als Eisenstab in glühendem) Zustande befinden muss, mittelst zweier sich unter spitzem Winkel kreuzender, in Umdrehung versetzter Walzen von Kegelstumpf-Gestalt eine schraubenförmig fortschreitende Bewegung erteilt wird, deren Geschwindigkeit in der Richtung der Fort- schreitung zunimmt. Hierbei muss notwendiger Weise eine Dehnung oder Streekung der Oberfläche in derselben Richtung erfolgen und das darunter liegende Metall vermöge seiner Kohäsion an dieser Dehnung teilnehmen. Wenn jedoch ein Körper in einer Richtung ausgedehnt wird, so ist damit stets eine Zusammenziehung in der Querrichtung verbunden, wie man an jedem angespannten Gummi- band oder -Schlauch beobachten kann. Diese Zusammenziehung er- folgt nun bei unserem Metallstabe in der zu allen Windungen der schraubenförmigen Fortschreitungslinie senkrechten, d. i. in der ra- dialen Richtung derart, dass das Metall sich rings um die Stabachse nach aussen etwas zurückzieht. Da nun alle Stellen der Stabober- fläche, nacheinander zwischen den Walzen hindurchgehend, gleich stark gedehnt werden, so wird auch überall im Stabe eine gleiche radiale Zurückweichung des Materials von der Achse stattfinden oder mit anderen Wortew im Innern ein eylindrisches Loch und aus dem Stab eine Röhre gebildet werden. Durch Vorstellung der Walzen lässt sich der äussere und innere Durchmesser des Rohres verändern, so dass man mit einem und demselben Walzenpaare Röhren von den verschiedensten Durch- messern, oder Röhren mit beliebig‘ abwechselnden Verengungen und Erweiterungen oder auch mit eingeschalteten vollen Stücken her- stellen kann. Das ist in kurzen Worten das Prineip des _Walzverfahrens, welches, eine deutsche Erfindung, bestimmt zu sein scheint, eine vollständige Umwälzung in der Metallindustrie, soweit sie auf der “ Walzarbeit beruht. hervorzurufen. G. Brelow, Ingenieur und Docent an der Kgl. Bergakademie zu Berlin. Astronomisches. — I. Astronomische Neuigkeiten. — Wiederum ist die Anzahl der kleinen Planeten zwischen Mars und Jupiter um ein Exemplar vermehrt worden. In der Nacht vom 3. zum 4. April entdeckte Palisa in Wien den 274. Stern dieser Gattung im Sternbilde der Jungfrau. Das Objekt ist ausserordent- lich lichtschwach und nur 13. Grösse, seine Bewegung ist nach Nord- westen gerichtet. — Der Komet 1888 (Sawerthal) ist Ende März und Anfang April in Turin, Nizza, Rom, Strassburg und Kiel be- obachtet. Da seine Nordpoldistanz sich immer mehr verringert, so nimmt die Dauer seiner Sichtbarkeit für die nördlichen Gegenden zu, leider aber nimmt seine Helligkeit in gleichem Masse ab. Schon Ende März war sein Kern nur noch so hell wie ein Stern fünfter Grösse. II. Astronomischer Kalender. — Am 24. April Sonnen- aufgang 4 Uhr 42 Minuten, Untergang 7 Uhr 13 Minuten; Mond- aufgang nachmittags 4. Uhr 42 Minuten, Untergang morgens 4 Uhr 46 Minuten. Am 1. Mai Sonnenaufgang 4 Uhr 28 Minuten, Unter- gang 7 Uhr 25 Minuten; Mondaufgang nachts 1 Uhr 22 Minuten, Untergang abends 9 Uhr 56 Minuten. Am 25. April abends 7 Uhr 15,7 Minuten findet Vollmond statt. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von diesen abziehen am 24. April 2 Minuten 1,2 Sekunden, am 1. Mai 3 Minuten 4,9 Sekunden. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. Kommen auf Ulex europaeus L. Käfer vor, welche nur diese Pflanze beherbergt? Nur auf Ulex europaeus L. lebt Apion Ulicis Schh.; auf Ulex nanus L. Apion scutellare Kirby (=ulicieola Perr.), der nach Kalten- bach auf U. europaeus vorkommt. Wahrscheinlich ist auch das nur aus Frankreich bekannte Apion uliciperda Pand. ein alleiniger Be- wohner von Ulex. Man vergl. E. Perris, Observations sur les insectes qui habitent les galles del’Ulex nanus et du Papaver dubius (Ann. Soc. Ent. France 1840 S. 89—99 Taf. 6). — und Goureau, ‚Note pour servir A l’'histoire des inseetes qui vivent dans les gousses du genet epineux (Ulex europaeus) (Ann. Soc. Ent. France 1847 S. 245—253 Taf. 3 Nr. II). H. J. Kolbe. Litteratur. ) W.C.Wittwer: Grundzüge der Molekular-Physik und der mathematischen Chemie. — Stuttgart, Verlag von K. Wittwer. Preis 5 # 2) W.C.Wittwer: Die thermischen Verhältnisse der Gase mit besonderer Berücksichtigung der Kohlensäure. — 8°, 56 Seiten. — Verlag von K. Wittwer, Stuttgart. 1887. Preis 1A 80 4. 1) Obwohl dieses Werk, welches uns soeben von der Verlags- handlung zugeht. bereits vor längerer Zeit (1885) erschienen ist, wollen wir doch nicht unterlassen, unsere Leser auf dasselbe auf- merksam zu machen. Verfasser sucht tiefer in die Erkenntnis der Konstitution der Materie einzudringen und studiert zu dem Zwecke ganz besonders den „Aether“ im Verhältnis zu den „Massenteilchen“. Dabei wird manche der bisherigen Anschauungen über den Aether, als, mit den Erfahrungsthatsachen im Widerspruch stehend, durch neue ersetzt. Besonders bemüht sich Verfasser, den Aether in der Chemie einzubürgern, wo er bisher gar nicht berücksichtigt worden ist. Wenngleich Verfasser teilweise auf dem älteren Standpunkte der Physik steht und z. B. dem Gesetze der Wärmeäquivalenz keine allgemeine Bedeutung zuerkennt, bietet das Werk doch manche An- regung, und empfehlen wir dasselbe der Beachtung. — Die Aus- stattung in Papier und Druck seitens des Verlages muss als vor- züglich bezeichnet werden. 2) Dieses Heft bildet gewissermassen eine Fortsetzung der „Molekulargesetze“ (Leipzig 1871) und der vorstehend besprochenen „mathematischen Chemie“ desselben Verfassers. Es wird hier der Aether in die Wärmelehre eingeführt und besonders bei den ther- mischen Verhältnissen der Gase berücksichtigt. Die Kohlensäure studiert Verfasser eingehender, weil dieselbe das bestbekannte Gas ist. Verfasser steht nicht auf dem Standpunkte der kinetischen Gastheorie und nimmt deshalb nur „Öscillationen* der Atome inner- halb enger Grenzen als Grundlage der Wärmeerscheinungen der Gase an. Der originelle Versuch eines tieferen Eindringens in das Verständnis der noch so wenig aufgeklärten Molekularverhältnisse enthält mancherlei Anregungen und ist der Beachtung sicher wert. A. Gutzmer. Anton, F., Specielle Störungen u. Ephemeriden für die Planeten Cassandra u. Bertha. gr. 80. Preis 604. G. Freytag in Leipzig. Beiträge zur Anthropologie u. Urgeschichte Bayerns. Organ der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urge- schichte. Red.: J. Ranke u. N. Rüdinger. 8. Bd. 1. u. 2. Hft. gr. 8°. (105 S. m. Illustr.) Preis pro kplt. 24 #. Literarisch- artistische Anstalt (Theodor Riedel) in München. Ellenberger, W., Grundriss der vergleichenden Histologie der Haussäugetiere. gr. 8°. (VI, 270 S. m. Illustr.) Preis geb. 7 M. Paul Parey in Berlin. Grofe, G., Ueber die Pendelbewegung an der Erdoberfläche. 49. Preis 1 # 20 4. E. J Karow in Dorpat. _ Pinner, A., Repetitorium der organischen Chemie. 8. Aufl. gr. 80. Preis 6 #£ 50 4. Robert Oppenheim in Berlin. Rath, G. vom, Durch Italien und Griechenland nach dem heiligen Land. Reisebriefe. 2. Ausg. 2 Bde. 8°. Preis 6.#. geb. 8 M. C. Winter in Heidelberg. Reich, E., Das Heilbestreben der Natur im Organismus der Ge- sellschaft. gr. 80. Preis 2.#. Verlagsverein für Wissenschaften, (Rothermel & Co.) in Karlsruhe. Sarasin, P., u. F. Sarasin, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon in den Jahren 1884— 1886. 1. Bd. 2. Hft. Fol. (Mit 4 Taf.) Preis in Mappe 14 #. C.W. Kreidel's Verlag in Wiesbaden. Sitzungsanzeiger der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Jahrg. 1888. Nr. 1. (gr. 80.) pro kplt. Preis 3%. G. Freytag in Leipzig. Sitzungsberichte und Abhandlungen der naturwissenschaft- lichen Gesellschaft Isis in Dresden. Jahrg 1887. Juli— Dechr. gr. 8°. Mit 1 Taf. Preis 3 #6. Warnatz & Lehmann in Dresden. Steinbruch, Der Darwinismus und seine Folgerungen. Ein Vor- trag. gr. 80. Preis 30 4. Ludwig Wiegand in Hilchenbach. Tollens, B., kurzes Handbuch der Kohlenhydrate. 8°. (M. Illustr.) Preis geb. 9 #. Eduard Trewendt in Breslau. Zaengerle, M., Grundriss der Mineralogie. Anh. zum Grundriss der anorgan. Chemie. 3. Aufl. gr. 8%. Preis 1. 204. Gustav Taubald in München. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der ‚„Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. 323 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 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VOOOOHYYYYYLYYOYYYOYT ärz 1888) unseres Blattes (ia- Briefmarken.) Einzelne Nummern kosten 25 „1. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226, Bei Benutzung der SUINIDIVININININIIIINIIIIOINIIIISE BE” Der heutigen Nummer der Inserate bitten wir un- „Naturwissenschaftlichen Wochen- sere Leser höflichst, auf schrift“ liegt ein vierseitiger Pro- 'die „Naturwissenschaftliche ‚ spekt der Verlagsbuchhandlung von Wochenschrift“ Bezug neh- | Ferdinand Hirt i. Breslau üb. „‚Natur- men zu wollen. geschichtliche Lehrbücher‘ bei. Se EEE SEES TEEERBERREROFSFCTEGBEIRESIE TETREEBERTETTEE Dan 35 E33 Ein Te Er ET RE Te De Inhalt: Prof. Dr. Th. Albrecht: Einrichtung zur öffentlichen Zeit-Regulierung. (Mit Abbild.) (Schluss.) — Dr. K. F. Jordan: Unter welchen Umständen und in welcher Weise geschieht die Bildung von Schneekrystallen? — Kleinere Mitteilungen: Bine neue Kraft- quelle niederer Pflanzen. — Einige Notizen über die Doppelnatur der Flechten. — Das Saccharin. — Neues aus der Blektrieitätslehre. — Die Härte von Metallen. — Mannesmann’sches Röhrenwalzverfahren. — Astronomisches. — Fragen und Antworten: Kommen auf Ulex europaeusL. Küfer vor, welche nur diese Pflanze beherbergt? -- Litteratur: W.C. Wittwer: Grundzüge der Molekular-Physik und der mathematischen Chemie. — W. ©. Wittwer: Die thermischen Verhältnisse der Gase mit besonderer Berücksichtigung der Kohlensäure. — Bücherschau. — Inserate. Na Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Säntlich in Berlin. u a u in a at be De Tin mn Zen man Er 1 19 We ILA/N v x reichlich ersetzt durch den Zauber der Wi rklichkeit, der ihre Schöpfungen sch Redaktion: Dr. H. Potonie. Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. April 1888. Nr: Verlag: I. Band. | Sonntag, den Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 2.—; [010) entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 15.5 extra. Il annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. bei den Griechen das über den goldenen Schnitt. in fünf, zwanzig, Die vermeintliche Herrschaft des goldenen Schnittes in Natur und Kunst. Von Dr. H. Schubert, Professor am Johanneum in Hamburg. Zu den beliebtesten Kapiteln der Geometrie gehörte Eine Strecke heisst nach dem goldenen Schnitt oder stetig geteilt, wenn sich der kleinere Teil zum grösseren Teile so verhält, wie eben dieser grössere Teil zur ganzen Strecke. So teilt in der beistehenden Figur der Punkt C die Strecke AB stetig, weil das Verhältnis von CB | (ei B zu CA gleich dem Verhältnis von CA zu AB ist. Schon Euklid, der grosse Systematiker der Geometrie, lehrte, dass man den AB stetig teilenden Punkt C findet, indem man in B auf AB ein Lot errichtet, halb so lang wie AB, den Endpunkt D mit A verbindet, um D mit | DB einen Kreis beschreibt, der AD in E schneidet, und "um A mit AB einen Kreis beschreibt, der AB in dem gewünschten Punkte C schneidet. Die Beliebtheit des goldenen Schnittes bei den in der Aesthetik der Formen hochgebildeten Griechen hat wohl wesentlich darin ihren Grund, dass derselbe in so eleganten Konstruktionen und Figuren auftritt. So gelingt die mathematisch genaue Einteilung einer Kreis-Peripherie in zehn, und also 'auch vierzig, fünfzehn u. s. w., gleiche Teile nur vermittelst des goldenen Schnittes, weil die Seite eines einem Kreise einbeschriebenen, regulären Zehnecks der grössere Abschnitt des stetig geteilten Radiusist. In ein- fachster und schönster Weise zeigt den goldenen Schnitt die hier beigegebene Figur des Pentagramms oder Druden- fusses, d. h. der Figur, welche aus den fünf Diagonalen eines regulären Fünfecks besteht, weil jede der fünf auf- | einanderfolgenden Strecken des Pentagramms von jeder andern, sie schneidenden Strecke nach dem goldenen Schnitt geteilt wird. Am Ende des Mittelalters bekam das Penta- gramm den Beigeschmack des Mystischen und Wunderbaren, und wurde dadurch schliesslich das Wahrzeichen der Geheim- ‚ künstler und Alchymisten. Darum lässt auch Goethe auf Faust's Schwelle ein Pentagramm angebracht sein, das dem Mephisto ein Hindernis bereitet. Noch heute wird diese das Auge fesselnde Figur häufig benutzt. Beispiels- weise ist sie dem Wappen des chemischen Staatslabora- toriums in Hamburg eingefügt. Laien verwechseln das Pentagramm bisweilen mit dem aus zwei sich durch- dringenden gleichseitigen Dreiecken bestehenden Wirts- hauszeichen. Letzteres ist ein sechseckiger Stern, der aus zwei Zügen besteht, während das Pentagramm in einem einzigen Zuge hergestellt werden kann. Nicht allein das Pentagramm, sondern überhaupt die stetige Teilung und die derselben zu Grunde liegende stetige Proportion fand im sechzehnten Jahrhundert lebhafte Bewunderung, namentlich bei dem Priester Pacioli und dem Astronomen Keppler. Pacioli vergleicht in seinem 1509 in Venedig erschienenen Werke „Divina propor- tione“ die Proportion des goldenen Schnittes mit der Gottheit, welche eine Dreieinigkeit enthalte, ebenso wie diese Proportion aus drei Gliedern bestehe. Von Pacioli rührt auch die Ausdrucksweise „göttliche oder goldene Proportion, goldener Schnitt“ u. s. w. her. Keppler ver- gleicht in seinem Mysterium cosmographicum den pytha- 34 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. goräischen Lehrsatz mit einer Masse Goldes, das Ver- hältnis des goldenen Schnittes aber mit einem Edelstein. Es liegt nahe, dieses Verhältnis, also das Verhältnis des kleineren Abschnitts zum grösseren, oder was ja eben ihm gleich sein soll, das Verhältnis des grösseren Ab- schnitts zur ganzen Strecke numerisch auszurechnen. Man findet dafür Ya (v5—1) oder in Decimalstellen 0,618.. Dieses Verhältnis, das wir im Folgenden „das goldene“ nennen wollen, ist irrational, d. h., es giebt keine zwei ganzen Zahlen, und wären dieselben noch so gross, die dieses Verhältnis genau ausdrücken könnten. Man kann aber in beliebiger Menge Paare von ganzen Zahlen finden, die das goldene Verhältnis näherungs- weise ausdrücken. Alle solche Zahlen-Paare erhält man durch je zwei benachbarte Zahlen einer eigentümlichen Reihe, welche entsteht, wenn man, von den Zahlen 1 und 2 ausgehend, jede folgende durch Addition ihrer beiden Vorgänger bestimmt. Diese Reihe — Lame’sche Reihe genannt —, lautet also: 1,2, 3,5, 8,18, 21, 34, 55, 89, 144, 238, 377, 610,... Die hieraus entstehenden Brüche !/a, ?/s, ®/s, a, » - - sind immer abwechselnd. kleiner und grösser, als das goldene Verhältnis, kommen demselben aber immer näher, ohne ihm je genau gleich werden zu können. Die Lame’sche Reihe hat überdies die Eigenschaft, dass das Quadrat jedes ihrer Glieder sich nur um 1 von dem Produkte ihrer beider Nachbarglieder unterscheidet, und zwar abwechselnd um 1 zu gross oder zu klein ist, wie man findet, wenn man zweimal zwei mit einmal drei, drei- mal drei mit zweimal fünf u. s. w. vergleicht. Die im Vorangehenden geschilderten, geometrischen und arithmetischen Eigenschaften des goldenen Schnittes und des goldenen Verhältnisses sind natürlich nicht durch Beobachtung gewonnen, sondern mathematisch beweisbar, d. h. aus den Grundeigenschaften des Raumes und den Grundlagen unseres Denkens direkt abzuleiten. Den Untersuchungen, die sich mit derartigen Eigenschaften beschäftigen, stehen jedoch Untersuchungen krass gegen- über, die in unserm Jahrhundert von phantastisch an- gelegten Gelehrten angestellt sind, und die kein geringeres Ziel haben, als den Nachweis, dass das goldene Ver- hältnis alle Natur- und Kunstkörper beherrsche und deshalb gewissermassen ein morphologisches Grundgesetz der Natur und der Kunst sei. Hauptsächlich hat in dieser Richtung der Münchener Gymnasial- Professor Adolf Zeising um die Mitte unseres Jahrhunderts ge- arbeitet. Von hervorragenden Naturforschern haben dann namentlich der Botaniker Alexander Braun und der Mineraloge Naumann Messungen angestellt und Arbeiten geliefert, welche gleichfalls das überwiegende Vorkommen des goldenen Verhältnisses an Naturkörpern beweisen sollten. Neuerdings ist endlich in Augsburg ein von Professor Pfeiffer in Dillingen verfasstes und „Der gol- dene Schnitt in Mathematik, Natur und Kunst“ betiteltes Werk erschienen, welches, unter Hinzufügung der eigenen Untersuchungen des Verfassers, alle früheren, auf das Vorkommen des goldenen Verhältnisses gerichteten Unter- suchungen in ausführlichster Weise bespricht. Zunächst soll der goldene Schnitt das Planeten-System beherrschen. Nun haben aber die Entfernungen der acht grossen Planeten von der Sonne nicht das ersehnte Verhältnis. Die Enthusiasten des goldenen Schnittes aber wissen sich zu helfen. Sie addieren die Entfernungen des ersten und dritten, des zweiten und vierten, des fünften und siebenten, des sechsten und achten Planeten von der Sonne, und geben ihrer Freude darüber Ausdruck, dass die erste und zweite dieser vier Summen, sowie auch die dritte und vierte das goldene Verhältnis näherungsweise zeigen. In einer ähnlich willkürlichen Weise werden auch von den auf die Monde der Planeten sowie ihre Umlaufszeiten bezüglichen Zahlen solche herausgesucht, die in die Zwangsjacke des goldenen Verhältnisses einiger- massen passen. Dass wirklich zwei kleine Planeten, Medusa und Hermione, in ihren Entfernungen von der Sonne dem goldenen Schnitt annälıernd entsprechen, darf nicht Wunder nehmen, wenn man beachtet, dass man, wenn man nur 180 solche Planeten rechnet, 16110 Ent- fernungs-Verhältnisse bilden kann. Um auch die Herr- schaft des goldenen Schnittes in der Geographie zu zeigen, hat Zeising den vom Lande bedeckten Teil mit dem vom Meere bedeckten Teile der Erdoberfläche verglichen. Da beide Teile aber im jetzigen ‚Jahrtausend sich etwa wie 100 zu 263 verhalten, und diese Zahlen unmöglich mit dem goldenen Schnitt in Einklang zu bringen waren, so zog Zeising aus beiden Zahlen die Quadratwurzel, Nur hatte und der gewünschte Einklang war erreicht. Zeising dabei vergessen, dass, wenn die Vornahme be- liebiger arithmetischer Operationen zulässig ist, jedes Verhältnis in jedes andere verwandelt werden kann. Dies gelingt sogar schon durch blosse Addition. So kann man z. B. aus 1000 zu 2000 dadurch, dass man zu beiden Zahlen 618 addiert, das goldene Verhältnis herausbringen. Auf etwas festeren Füssen stehen die Untersuchungen, welche den goldenen Schnitt im Pflanzenreiche nachzu- weisen streben, wenigstens, soweit sie die Blattstellung betreffen. Geht man am Stengel einer Pflanze von der Ansatzstelle eines Blattes nach oben bis zur Ansatzstelle des nächst höheren Blattes, von diesem Blatte ebenso 7 weiter zum zweiten Blatte, u. s. w., so trifft man schliess- lich auf ein Blatt, dessen Ansatzstelle sich gerade ober- halb derjenigen des Anfangs-Blattes befindet. Ist dieses das b-te Blatt, und hat man, um auf dasselbe zu kommen, den Umfang des Stelles a-mal umkreisen müssen, so ist a:Db immer derselbe Bruch, welches Blatt man auch als Anfangsblatt nehmen mag, oder, was auf dasselbe hinaus- kommt, projiziert man die Ansatzstellen zweier aufein- anderfolgender Blätter auf einen kreisförmig gedachten Querschnitt des Stengels, so erhält man zwei Punkte, deren Bogen-Entfernung immer dieselbe Grösse hat, näm- lich a:b mal 360°. Den Bruch a:b nennt man den Blattstellungsbruch der betreffenden Pflanze. Als Blatt- stellungsbrüche treten nun vorherrschend diejenigen Brüche Tr ee el ne ı re; kB PET a ET Berir A ee ee en 2: An ut Nr. By Naturwissenschaftliche Wochenschrift. A Be a U A ’< ru x , Dr 3 35 auf, welche Näherungswerte des goldenen Verhältnisses sind, mit anderen Worten, die aus den Gliedern der Lame'schen Reihe hervorgehenden Brüche !/e, ”/s, ?/s, 5/s, is, "/aı,.... Nach Alexander Braun gehorchen diesem Gesetze auch die Schuppen an den Tannenzapfen, und zwar ergiebt sich z. B. bei Pinus Larix 1?/sı, bei Pinus alba °/3 als vorherrschend. Die Untersuchungen über den goldenen Schnitt in der Blattstellung stehen auch schon darum höher als die analogen Untersuchungen in anderen Gebieten, weil man hier wenigstens versucht hat, die Erscheinung mit bekannten Naturgesetzen in Beziehung zu setzen, nämlich mechanisch zu erklären. Hierüber ver- gleiche man die Abhandlung Schwendener's über die „mechanische Theorie der Blattstellungen‘“ (Leipzig 1878). Was das Tierreich anbetrifft, so hat Pfeiffer Messungen angestellt, welche die Herrschaft des goldenen Schnittes auch hier beweisen sollen. Die Messungen be- ziehen sich vorzugsweise auf die Windungen und Zeich- nungen der Schnecken-Gehäuse, auf die Flügellängen und Flügelspannweiten der Insekten in ihrem Verhältnis zu den Körperlängen, auf das Verhältnis von Kopf, Thorax und Hinterleib bei den Käfern, auf die Teilung der Fischlängen durch die Flossen und auf das Verhält- nis der Längenachse zur Breitenachse bei Vogeleiern. Ueber die Proportionen am menschlichen Körper hat Zeising eine besondere, 1854 in Leipzig erschienene Schrift publiziert. Pfeiffer hat dann speciell die mensch- liche Hand auf den goldenen Schnitt hin untersucht. Er fasst die zwei Glieder des Daumens und die drei Glieder der übrigen Finger mit dem zugehörigen Mittelhand- knochen zusammen und erhält dann folgende Längen- Verhältnisse: beim Daumen 2:3:5, beim Zeigefinger 8:13:21:34, beim Mittelfinger 3:5:5:58, beim Gold- finger 1:2:3:4 und beim kleinen Finger 13:21:34 : 55. Diese Verhältnis-Zahlen sind beim Daumen, Zeigefinger und kleinen Finger 3 oder 4 aufeinanderfolgende Zahlen der Lame’schen Reihe; die beiden anderen Finger ge- horchen jedoch diesem Gesetze nicht. Das Evangelium des goldenen Schnittes ist von Zeising und Pfeiffer aber nicht allein den Naturforschern, sondern auch den Künstlern gepredigt. „Da die menschliche Hand den Uebergang von der Natur zur Kunst vermittelt, und die Natur, besonders aber auch die menschliche Hand, den goldenen Schnitt zeigt, so muss ihn auch die Kunst zeigen“. In der Architektur ist es den Aposteln des goldenen Verhältnisses nicht schwer geworden, Bauwerke, | namentlich alt-christliche Kirchen, ausfindig zu machen, bei denen die Breite und die Länge, letztere, wie es am besten passte, teils mit Vorhalle, teils ohne Vorhalle ge- messen, das gewünschte Verhältnis haben. Auch in Auf- rissen lassen sich natürlich Längenpaare finden, die dem Gesetze gehorchen. Um zu zeigen, wie in der Plastik und Malerei die passenden Beispiele mit den Haaren herbeigezogen werden, wählen wir folgendes Beispiel. Auf dem „Abendmahl“ von Leonardo da Vinci befinden sich rechts und links vom Heiland zwei Gruppen von je drei Aposteln. Der Raum nun, welchen auf jeder Seite die Köpfe der drei näheren Apostel einnehmen, hat zu dem Raume, welchen die Köpfe der drei entfernteren Apostel einnehmen, das Verhältnis 3:5, also ein Ver- hältnis, das als Näherungswert des goldenen Schnittes aufgefasst werden kann. In der Musik will Pfeiffer den goldenen Schnitt schon durch die Schwingungszahlen der Töne eines gewöhnlichen Akkordes bestätigt finden. Diese Zahlen verhalten sich aber bei c, e, g, c’ wie 4:5:6:8. Besser passt daher nach des Referenten Ansicht der erweiterte Akkord c, g, e‘, c“, dessen Schwingungszahlen sich wie 2:3:5:8 verhalten, also vier aufeinanderfolgende Zahlen der Lam&’schen Reihe geben. In der Poesie sieht Pfeiffer den goldenen Schnitt in dem Gesetze der „Vermittelung“. Die vermittelnde | Rolle spielt z. B. in der antiken Tragödie der Chor, in | Schiller’s „Bürgschaft“ der Freund, der also nicht bloss mittlere Proportionale zwischen Möros und dem Tyrannen, ‘ sondern auch gleich der Differenz beider ist. Gegen die Untersuchungen, die den goldenen Schnitt als morphologisches Naturgesetz hinstellen wollen, lassen sich mancherlei Bedenken geltend machen. Die wesent- | liehsten Bedenken sind wohl folgende. Erstens ist das Vorherrschen des goldenen Schnittes in Natur und | Kunst so lange nicht bewiesen, als nicht durch Beobach- tungen und Messungen klargelegt ist, dass nicht auch jedes andere Verhältnis, etwa 1:2, wenn man es nur ebenso eifrig sucht, ebenso häufig zu finden ist. Zweitens sind alle solche Untersuchungen so lange mehr Spielereien als wissenschaftlich wertvoll, als sie nicht von dem Streben , begleitet werden, den inneren Grund dieses Vorkommens mechanisch oder biologisch zu erklären, d.Iı. das vermeintliche Gesetz mit den feststehenden Naturgesetzen in logischen Zusammenhang zu bringen, um dadurch dem Vorherrschen des goldenen Schnittes den Charakter des Zufälligen und Unbegreiflichen zu nehmen. | Descendenzfrage und Unterweltsforschung. Von Dr. Robert Schneider. Bekanntlich gipfelt die moderne Naturanschauung, wie . sie besonders durch Darwin und seine Schule zur Geltung gekommen ist, im Prinzipe der Descendenz, d.h. in der Auffassung, dass alle heute lebenden Tier- und Pflanzen- arten allmählich im Laufe der unendlich langen geologi- schen Zeiträume aus anderen, meist niedriger organisierten Formen sich auf natürlichem Wege entwickelten; dass nahe verwandte Formen (Gattungen, Arten) auch stets in gene- tischem Zusammenhange stehen, d.h. von gemeinsamen Vor- fahren abstammen müssten. Die „Veränderlichkeit der Ar- ten“ ist die fundamentale Voraussetzung, die „Entstehung der Arten“ die nächste Konsequenz dieses Natursystemes. 36 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Es liegt nun nahe, dass die Anhänger und Verfech- ter dieser natürlichen Entwickelungslehre in erster Linie darauf bedacht sein müssen, nicht nur auf dem Boden eines Theoremes stehen zu bleiben, sondern ein möglichst reiches Beweismaterial für die Richtigkeit ihrer Anschau- ung im einzelnen beizubringen. Solches Beweismaterial ergiebt sich aber der exakten Forschung in erster Linie da, wo es gelingt, Vermittelungs- und Uebergangsformen zwischen mehreren sich verwandtschaftlich nahestehenden, aber doch artlich unterschiedenen Organismen nachzu- weisen, sodass der Weg, welchen die Entwickelung, die Abänderung im einzelnen Falle genommen, gewisser- massen aufgedeckt und beleuchtet erscheint. .Je mehr derartige Fälle von genetisch verwandtschaftlicher Be- ziehung, also positiver Beweiskraft, bekannt werden, desto besser für die Begründung und Sicherung der Descendenz- lehre. Dieselbe kommt insofern lediglich auf eine Zeit- frage, auf ein Additionsexempel hinaus. Bis jetzt nun freilich ist es der Wissenschaft erst gelungen, eine relativ geringe Zahl solcher wirklich be- weiskräftigen Bindeglieder zwischen bestimmten sich nahe- stehenden Tier- oder Pflanzenarten aufzufinden. Darwin selbst legt seinen eigenen Erwägungen und Entwickelungen in dem berühmten Werke: „On the origin of species“ als Ausgangspunkt die Thatsache zu Grunde, dass die mancherlei im Laufe der Kulturent- wickelung dem Menschen zu eigen gewordenen Haustiere ‚und Kulturpflanzen, von ursprünglich wild lebenden, die als solche meist nicht mehr vorhanden, also ausgestorben, abstammen; dass deren gezähmte und gezüchtete Nach- kommen ihrerseits wieder unter dem verschiedenartigen Einflusse der Menschen in eine oft grosse Zahl ver- schiedener sogenannten Rassen und Spielarten ausein- ander gegangen seien, — und das alles in — mindestens geologisch gesprochen — kurzen, zuweilen nachweisbar sehr kurzen Zeiträumen. Was aber der Mensch, der hier gewissermassen selbst neue Arten gemacht hat, innerhalb verhältnismässig beschränkter Zeitdauer vermag, sollte dies nicht, fragt Darwin, durch die allmächtig und un- aufhaltsam wirkende Werde-Energie der Natur innerhalb der ungeheueren geologischen Zeitspannen weit gross- artiger zuwege gebracht worden sein? Wir hätten also hier eine Gruppe von Thatsachen, welche die Abstammung, die Abänderungs-Fähigkeit, ja -Notwendigkeit der Lebewesen unter veränderten äusseren Bedingungen darthun. Indessen wird hiergegen von ge- wisser Seite mit einer Art Recht der Einwand erhoben, dass es sich hier gar nicht um spontane Abänderungen, um natürliche Entwickelungsprozesse einer Art in eine andere und neue handele, sondern um künstlich er- zwungene, auf dem Wege der sogenannten künstlichen Zuchtwahl zu Stande gebrachte, was sich mit dem Ver- laufe der Dinge im Frei- und Naturleben gar nicht ver- gleichen lasse. Ja, man hat sogar überhaupt alle Hausrassen schlechthin als krankhafte Missbildungen — im Vergleiche zu ihren wildlebenden Vorfahren — hinstellen wollen! Mag man nun diese Bedenken teilen oder nicht, — von besonderem, durchgreifendem Werte werden jeden- falls im Frei- und Naturleben beobachtete Uebergangs- und Vermittelungsstadien sein, — und auch solche auf- zudecken ist der Forschung der letzten Decennien mehr- fach gelungen. So hat man, um einıge Beispiele zu er- wähnen, in der Krebsgattung Artemia (Blattfusskrebse) zwei Arten kennen gelernt, welche früher als völlig selbst- ständig und getrennt galten, von denen in Wahrheit aber die eine durch eine natürliche und allmähliche Reihe von : Zwischenstadien in die andere übergehen kann, und zwar, was in diesem Falle besonders interessant, unter dem rein physischen Einflusse salzhaltigen Wassers, in welches sie versetzt wird oder worden ist. Ferner entdeckte man bei einer südamerikanischen Erd-Orchideen-Gruppe, dass drei äusserst verschiedene Angehörige derselben, die sogar als gänzlich verschiedene Gattungen beschrieben worden waren, (Catasetum, Monachanthus und Myanthus) ineinander übergehen können, oder wie laienhafte Berichte schon vorher erwähnt hatten, Neigung hätten, „sich in- einander zu verwandeln“. Es ist begreiflich, dass, nachdem die ersten Anre- gungen dieser Art einmal gegeben waren, besonders die Vorwesenkunde es sich angelegen sein liess, bei ihrem Durchforschen der im Laufe geologischer Vergangenheit abgelagerten Erd- und Gesteinschichten nach fossilen Tier- und Pflanzenresten, die Ahnen und Urahnen unserer heute lebenden Geschlechter aufzusuchen und auch hier womöglich die heute fehlenden, weil offenbar ausgestor- benen Bindeglieder zwischen verwandten, aber nicht mehr direkt vermittelten Örganismengruppen ausfindig zu machen. Da ist es besonders den unermüdlichen Anstrengungen amerikanischer Forscher neuerer Zeit gelungen, in ihren weiten, bisher nur wenig aufgeschlossenen Gebieten die wichtigsten und wertvollsten Funde ans Tageslicht zu fördern. Da hat man in den unzähligen dort aufge- häuften Knochenresten und Versteinerungen der palaeo- und mesozoischen Formationen die Ueberbleibsel von Ge- schöpfen erkannt, welche die grossen, heute völlig zu- sammenhangslos erscheinenden Hauptäste des Wirbel- tierstammes in schönster Weise vermitteln und zu ihrem gemeinsamen Ursprunge wieder zusammenleiten: so direkte Uebergänge zwischen Vogel und Reptil, zwischen Am- phibium und Säugetier etc., wie solche heutzutage nicht mehr vorkommen. Nachdem man schon vorher in unserem Vaterlande den berühmten Archaeopteryx, ein direktes Mittelglied zwischen Vogel und Eidechse, aufgefunden hatte, unterlag es keinem Zweifel mehr, dass die Vor- wesenkunde ganz besonders dazu auserlesen war, in Zu- kunft eine der vornehmsten Stützen der modernen Ent- wickelungslehre zu werden. Neuester Zeit scheint auch die Untersuchung der : unterirdisch, also in Höhlen, Grotten, Brunnen und Schächten lebenden Wesen dazu berufen, eine gewisse Rolle in der Descendenzfrage zu spielen und Beiträge im obigen Sinne zu liefern. N a ET ae a Bela = a "nl ae a eg k Er >» ev u; en ne a Ca TE Pr RN a “r x x Si, a A) wu.LI, EN Ne ET 3 %, ”.., en ie a Dr Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 37 Schon Darwin widmet diesem Gegenstande eine wenn auch nur kurzgefasste Besprechung. Es musste für ihn ausserordentlich nahe liegen darauf hinzuweisen, dass jene heutzutage im Dunkel der Unterwelt ein- heimischen Tiere, meist durch Körperbleichheit und ver- kümmerte Sehorgane gekennzeichnet und von den nächst- verwandten oberirdischen Arten somit scharf unterschieden, nicht gleich von Anfang an dort gelebt haben konnten, sondern ursprünglich von normalen, oberirdisch lebenden Formen abstammen mussten, welch letztere in alter Zeit durch verschiedene Ursachen in jene, zum Teil Schutz _ gewährenden Tiefen der Erde hinabgeführt worden waren. Die Bedeutung dieser Erscheinung für die Abstammungs- lehre liegt also klar zu Tage. Dass alle jene merkwürdig abgeänderten Unterweltsbewohner in der That erst von obenher hinabgelangt sein werden, dafür spricht schon der Umstand, dass jene Grotten, Höhlen etc., in denen sie besonders vorkommen, vorwiegend Tropfsteingebilde sind und als solche erwiesenermassen einer nicht allzu- weit zurückgelegenen geologischen Vergangenheit ihre Entstehung verdanken. Ferner hat man bei genauerer Untersuchung gefunden, dass viele jener bleichen und blinden Höhlenbewohner noch deutlich nachweisbare Reste eines Gesichtsorganes besitzen; so hat der berühmte Grottenmolch der Krainer Kalksteinhöhlen, der Olm oder Proteus, in seinem verkümmerten, unter der Haut ver- | steckten Auge noch alle Teile aufzuweisen, nur die Linse fehlt. ‚Jene vorhandenen Bestandteile aber können nicht wohl vom Organismus bei stetem Leben im Dunkel er- worben worden sein, sondern nur als verkümmerte Reste ursprünglich normal, d. h. im Lichte funktionierender Organe erklärt werden. Gerade hier haben wir also schlagende Beispiele einer wirklichen natürlichen Neu- | Entstehung von Arten innerhalb geologisch nicht allzu bedeutender, wenn auch nicht näher bestimmbarer Zeit- räume. Trotzdem ist es äusserst schwierig, die unmittelbare Abstammung solcher stark und eigentümlich abgeänderten Unterweltsarten von bestimmten noch vorhandenen und bekannten oberweltlichen Formen nachzuweisen. Kein Mensch weiss bis jetzt, von welchem oberirdischen Molche der Olm, von welchem Ahnen der merkwürdige Blind- fisch (Amblyopsis) aus der Mammuthhöhle von Ken- | tucky abstammt; die nächsten oberirdischen Verwandten dieser einzig dastehenden Gattungen sind eben allem Anscheine nach nicht mehr am Leben. wegen oder durch glückliche Fossilfunde dürfte man vielleicht den hier fehlenden Mittelgliedern noch auf die Spur kommen können. Näher lag die Möglichkeit eines Abstammungs-Nach- | weises bei einigen typischen Vertretern unserer vater- ländischen Höhlenfauna, besonders dem bleichen und blinden Grotten-Flohkrebs (Niphargus puteanus) und der Höhlen-Wasserassel (Asellus cavaticus). Beide, obwohl als selbständige Arten völlig bestimmbar, haben eine entschieden nahe Verwandtschaft mit zwei ganz bekannten oberirdischen Arten aufzuweisen: ersterer mit dem gewöhnlichen Bachflohkrebse (Gammarus pulex), letztere mit der gewöhnlichen Wasserassel (Asellus aquaticus). So allgemein verbreitet diese beiden Tiere bei uns in ihren oberirdischen Bezirken, sind auch jene in ihren unterirdischen. Die Haupt- Eigentümlichkeit beider Dunkelbewohner besteht auch hier wieder in der vollkommenen Körperbleichheit, d.h. dem Fehlen von Haut-Farbstoffen, und dem Mangel der Gesichtsorgane, während die beiden oberirdischen Arten sehr lebhafte Färbung und wohlentwickelte Augen be- sitzen. Dazu kommen noch feinere, weniger ins Auge springende Abweichungen. Sollte sich nun in diesem unserem Falle eine Ab- stammung der beiden Höhlenarten von der entsprechenden oberirdischen Form oder einer ihr sehr nahestehenden mit annähernder Sicherheit erweisen lassen? — sollten irgendwo vermittelnde Uebergangsstufen zwischen den je zwei entsprechenden Extremen zu finden sein? Diese Fragen sind durch Untersuchungen der letzten Jahre im bejahenden Sinne entschieden worden. Die Stollen und Bauten unserer ältesten Bergwerke haben für beide Tierformen solche Zwischenstadien geliefert, Clausthal im Oberharze für die Flohkrebse, Freiberg im Erz- gebirge für die Wasserasseln. So leben in den alten Stollen von Clausthal Scharen bleicher Gammariden, die seit ca. 300 Jahren dort eingebürgert sein°müssen und, wie die noch deutlich vorhandenen Augenflecke und der übrige Körperbau zeigen, vom gewöhnlichen Flohkrebse abstammen. Die Bleichheit aber weist sie wieder mehr zu den Höhlentieren hin, und die genauere Untersuchung des Auges lehrt, dass dasselbe schon un- verkennbare Spuren von Verkümmerung, speziell der Linsenkörper, an sich trägt. Bezeichnend ist es dabei, dass die auch in den jüngeren Stollenstrecken lebenden Flohkrebse diese Abweichungen erst in weit geringerem Grade aufzuweisen haben und schliesslich stufenweise zu der normalen oberirdischen Form übergehen. Eine ganz entsprechende Mittelstellung zwischen den beiden Extremen nimmt auch die im „Alten tiefen Fürstenstollen“ von Freiberg entdeckte bleiche ı Wasserassel ein; auch sie zeigt uns, in welcher Weise die Dunkeltiere aus den gewöhnlichen Formen entstanden sind. Grubenbewohner, soweit sie in sehr alten Schächten , nachzuweisen, dürfen also ganz allgemeinhin als Mittel- Nur auf Um- | stufen zwischen der oberirdischen und der Höhlenform gelten und bieten ausserdem den wichtigen Anhalts- punkt, dass man bei ihnen mit annähernder Genauigkeit die Dauer ihrer unterirdischen Existenz ermitteln kann, was bei Höhlenbewohnern kaum möglich ist. Uebrigens ist es gleichzeitig auch gelungen, andere dem kleineren Tierleben angehörige Schachtbewohner als Anpassungs-Mittelglieder zwischen den entsprechen- den oberirdischen und den unterirdischen Arten zu er- kennen, so gewisse dort lebende Cycelopenkrebse, Daphniden oder Wasserflöhe u. a., bei welchen allen 38 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Neunk auch: vorherrschend Auge und Körperfarbstoff die be- wussten Anklänge an Höhlenformen verraten. Auf die stark umgestaltende Kraft jener wichtigen Verhältnisse, welche dort in den dunklen Erdtiefen so unverkennbar auf den Organismus einwirken, kann ich hier nur hindeuten; so auf den bedeutsamen Einfluss der Finsternis an sich, den Fortfall jahreszeitlicher Unter- schiede, den iübernormalen Eisen- und Kalkgehalt der Grundwässer. Mag die jüngst von einem Forscher ausgesprochene Hoffnung in immer reicherem Masse in Erfüllung gehen: dass einer jener zur Aufhellung der natürlichen Schöpfungs- geschichte beitragenden Lichtstrahlen aus dem Dunkel heraufzudringen bestimmt sei. Kleinere Mitteilungen. Der Ursprung der chemischen Grundstoffe. — Ueber dieses T'hema hat der englische Forscher William Crookes, der durch die Rrfindun g des Radiometers und noch mehr durch die Ent- deckung der „strahlenden Materie“ auch in weiteren Kreisen bekannt geworden ist, in der „Royal Institution“ zu London einen Vortrag *) gehalten, in welchem er die gemeinsame Herkunft aller unserer chemischen Grundstoffe aus demselben Urstoff verkündet. Der Ge- danke, den er hiermit’vertritt, ist nicht neu; schon längst hatte man vermutet, dass den Elementen jene starre Unveränderlichkeit, welche wir als ihre Grundeigenschaft ansehen, nicht von: Ewigkeit her zu- kommt, dass sie nicht das schlechthin und in letzter Hinsicht Ein- fache in der Welt des Stoffes sind; auf diese Vermutung war man durch die Thatsache hingewiesen worden, dass die Spektren der Grundstoffe aus einer grösseren oder kleineren Anzahl von Licht- linien zusammengesetzt sind und diese Linien sich verschiedenen Bedingungen gegenüber verschieden verhalten. Dem genannten Gedanken, der indessen bisher nur ein loser, unsicherer war, geben die Crookes’schen Versuche über die Yttrium- Metalle eine neue wissenschaftliche Stütze. — Die Scheidung dieser Metalle, die sich im Samarskit, Gadolinit und einigen anderen Mine- ralien finden, ist eine äusserst schwierige, weil die Eigenschaften der Blemente wie ihrer als „seltene Erden“ bezeichneten Sauerstoff- verbindungen nur wenig verschieden voneinander sind. Man glaubte bisher drei jener Metalle zu kennen: Yttrium, Erbium und Ytterbium, doch wurde neben ersterem wohl noch das Samarium als besonderer Grundstoff genannt; und im Jahre 1866 hatte Nordenskjöüld dazu die merkwürdige Entdeckung gemacht, dass sich jene drei Elemente nicht nur immer in Gesellschaft, sondern auch stets in demselben Mengenverhältnis vorfinden: das in den verschiedenen Mineralien ent- haltene Gemisch der Oxyde der drei Elemente zeigte nämlich stets das gleiche Molekulargewicht. Deswegen war Nordenskjöld auch berechtigt, ihm einen einheitlichen Namen — Gadoliniumoxyd — zu geben. ‚Jetzt aber ist Crookes zu dem Ergebnis gelangt, dass das „alte Yttrium“ aus neun Körpern besteht, welche sich durch ihr phosphoreszierendes Spektrum in so bestimmter Weise unterscheiden, dass man genötigt ist, sie als ebenso viele Grundstoffe anzusprechen. Crookes stellte seine Versuche in der Weise an, dass er die Lösung der Yttriumerde mit schwachem Ammoniakwasser versetzte und einen Teil des gelösten Oxydes ausfälltee Das in der Lösung bleibende Oxyd musste dann etwas, aber nur ganz wenig, stärkere basische Eigenschaften haben als der Niederschlag. Wurde nun das Oxyd wieder gelöst und in beiden Lösungen eine abermalige teil- weise Fällung vorgenommen, so erhielt der Versuchsansteller 4 Oxyde (zwei als Niederschlag, zwei gelöst), welche eine regelmässige Stufen- folge der Basieität einhielten. Auf diesem Wege der „Fraktionie- rung“ konnte Crookes solche Oxyde erhalten, die in ihren Bigen- schaften so weit als möglich auseinander gehen. Den Yttrium-Metallen gegenüber scheinen wir nach dem Ge- sagten den Begriff des chemischen Grundstoffes nicht aufrecht er- halten zu können. Das Nordenskjöld’sche Gadolinium benimmt sich wie ein Element und besteht doch aus drei anderen: Yttrium, Erbium, Ytterbium, von denen sich aber das erste wiederum aus neun anderen zusammengesetzt erweist. Crookes erklärt dieses Verhalten durch die Annahme, dass die Atome, aus denen sich das „alte Yttrium“ (und ebenso das Gadolinium) zusammensetzt, nicht alle gleicher Natur sind; dass vielmehr verschiedene Arten der Atome jener für Grundstoffe ge- haltenen und in gewissem Sinne ja auch als solche auftretenden Körper unterschieden werden müssen, welche wahrscheinlich in ihrem Gewichte, sicher aber in ihren inneren Bewegungszuständen von- einander abweichen. Letzterer Umstand bewirkt es, dass gewisse Atome diese, andere wieder jene Linien und Bänder des Gesamt- Spektrums des Elementes liefern, so dass bei einer Trennung: der Atome verschiedene Spektren erhalten werden. *) Als eigene Schrift erschienen unter dem Titel: „Die Genesis der Elemente“, deutsch von Dr. A. Delisle. Vieweg & Sohn in Braunschweig 1888. | in Reihen Soweit stützt sich dieCrookes’sche Hypothese fest und sicher auf die beobachteten 'Thatsachen. Aber auch der weitere Ausblick, den sie uns auf alle übrigen Grundstoffe und auf das periodische System derselben gewährt, scheint mir ein durchaus klarer und be- friedigender zu sein, wenn auch mit ihm noch nicht das Rechte ge- troffen sein sollte. Nicht nur das Gadolinium und das „alte Yttrium*, sondern alle Grundstoffe sollen aus Atomen von verschiedener Be- schaffenheit, aber in feststehenden Verhältnissen zusammengesetzt sein; aus ihnen entspringen die verschiedenen Spektralstrahlen, wel- che in ihrer Gesamtheit erst das Spektrum des Elementes, wie wir es zu sehen bekommen, bilden. Aber auch diese Bestandteile sind nicht das Letzte, sie bringen uns demselben nur näher. Die letzten Bestandteile alles Stoffes sind gleichartig beschaffene Atome (ver- gleichbar den „philosophischen Atomen“ Fechner’s), welchein ver- schiedener Anzahl und Lagerung zusammentreten, um so die Atome der Elemente zu bilden. Den Stoff, welchem jene Atome angehören, nennt Crookes „Protyle“ oder „Protyl“; ich möchte den deutschen Namen „Urstoff“ wählen. Dieser Urstoff erfüllte einst den Welt- raum, und er ist es vielleicht, der noch heute als Welt- oder Licht- äther uns Kunde von den übrigen Himmelskörpern giebt, denn ohne ihn würden die Strahlen, die sie aussenden, nicht zu uns gelangen. Aus ihm haben die chemischen Grundstoffe ihren einstigen Ur- sprung genommen und zwar infolge fortschreitender Abkühlung und Verdichtung und unter Mithilfe elektrischer Erregungen. Nachdem eine gewisse Anzahl von Atomen der Grundstoffe entstanden war — und zwar derjenigen mit den niedrigsten Atomgewichten: des Wasser- stoffs, Lithiums, Berylliums, Bors, Kohlenstoffs, Stickstoffs, Sauer- stoffs, Fluors, ferner des Natriums, Magnesiums,- Aluminiums. Sili- ciums, des Phosphors, Schwefels und Chlors — kehrten ähnliche Bedingungen der Stoffbildung wieder; nun aber war die Demperatur gesunken und so ist anzunehmen, dass die dann entstehenden Blemente jenen zuerst aufgetretenen zwar ähnlich wurden (so Kalium dem Lithium ete.), aber eine Abänderung in gewissem Sinne aufwiesen, vor allem geringere molekulare Beweglichkeit und ein höheres Atom- gewicht besassen. Später wiederholte sich die Stoffbildung noch öfters, so dass nach und nach Elemente das Dasein gewannen, die eines periodischen Systems wie es ja von Mendelejeff und L. Meyer begründet wurde — eingeordnet, werden können. Die zuerst gebildeten Grundstofte hatten die grösste chemische Energie, welche indess im Verlaufe der Zeit ebenso wie die Wärme abnahm. Erfolgte in einem gewissen Zeitpunkte der Bildung der Grund- stoffe der Abkühlungsvorgang rasch und unregelmässig, so entstand nicht ein einzelnes Element, sondern es schlugen sich verschiedene Arten von Atomen gleichsam nieder, die zwar Elementen mit &hn- lichen Eigenschaften, aber doch mehreren besonderen Elementen zu- zuweisen sind, welche eine Gruppe wie die Yttrium-Metalle oder wie Risen, Niekel und Kobalt bilden. — Wieder ist es somit in erster Linie die Spektralanalyse, welche — wie sie uns vor mehr als einem Vierteljahrhundert lehrte, dass die gleichen Stoffe, welche die Erde zusammensetzen, auch in den fernsten Himmelskörpern angetroffen werden — uns nun auf die Einheit alles Stoffes in Bezug auf seine Herkunft und seine wahren Elemente mehr oder weniger deutlich hinweist. Dr. Karl Friedr. Jordan. Die Theorie des Bleikammerprozesses. — Prof. Lunge in Zürich hat vor kurzem die von Raschig aufgestellte Theorie in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft einer Kritik unterzogen und sich überhaupt sehr eingehend mit diesem theoretisch so interessanten und für-die chemische Teehnik so wiehtigen Gegen- stand beschäftigt. Raschig nahm im Gegensatz zu seinen Vor- gängern, welche die Theorie des Bleikammerprozesses aufzuklären versuchten, eine neue unbekannte Substanz an, welche durch Zu- sammentreten von salpetriger und schwefliger Säure entstehen soll. Im Augenblicke des Entstehens soll sie sich in Berührung mit mehr salpetriger Säure in Stickoxyd, Schwetelsäure und Wasser: spalten. Das Stickoxyd soll mit Sauerstoff und Wasser wieder salpetrige Säure geben. Lunge hält die von Raschig angegebene: x Fe we ee ee ET 1 2 Sys TE RT Re ' PEN DE TOTEN, > Pi . AUGEN, wart - den Draht und nestelten so lange an dem Falken, Ba N ta a ERDE Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 39 Erklärung des Prozesses nicht aufrecht, zeigt vielmehr, dass diese Theorie auf unhaltbaren Voraussetzungen beruht und erklärt seiner- seits den Prozess, ohne irgend eine unbekannte Substanz anzunehmen. Lunge's Ansicht ist die: Das Schwefeldioxyd tritt mit Stickstoft- trioxyd, Sauerstoff und wenig Wasser zu Nitrosylschwetelsäure zu- sammen. Letztere ist ein wichtiges Zwischenglied des Prozesses. Beim Zusammentreffen mit mehr Wasser zerlegt sich die Nitrosyl- schwetelsäure in Schwefelsäure und Stickstofftrioxyd. Dieses ver- mag nun abermals zu wirken. Nicht, wie man bisher allgemein an- nahm, das Stiekoxyd, sondern das Salpetrigsäureanhydrid fungiert als Sauerstoffüberträger. Die gelbrote Färbung im hinteren Teile der Kammer beruht auf der Anwesenheit von Stickstofftrioxyd. Die Existenz des Stickstofftrioxydes in gasförmigem Zustand steht nicht test, und das ist es auch, was man gegen Lunge's Theorie vor- bringen könnte. Für den vorderen Teil der Kammer muss die an- gegebene Theorie erweitert werden. Ein Teil der Nitrosylschwefel- säure wird hier durch Schwefelsäure denitriert. Das so gebildete Stickoxyd giebt mit Sauerstoff, schwefelige Säure und Wasser direkt Nitrosylschwefelsäure. Als Nebenreaktion kann Nitrosylschwefel- säure auch durch Einwirkung von Salpetersäure (ursprünglich ein- getührte oder frisch gebildete) auf Schwefeldioxyd entstehen. Unter- salpetersäure tritt im normalen Kammerprozesse gar nicht auf, das Stieckoxyd aber nur im Anfang durch eine Nebenreaktion. — Fort- schritte der Schwefelsäurefabrikation scheinen in einer Richtung möglich, nämlich wenn es gelingt, die lange Zeitdauer des Prozesses und den grossen Raum, der bei demselben nötig ist (das Bleikammer- system), zu verringern. Das wichtigste Problem, welches hierbei zu lösen bleibt, ist das, ein brauchbares System zur enden und gründlichen Mischung der Gase zu finden. Dr. R. Worms. Zum Seelenleben der Der — Unter obiger Ueberschrift erzählt Hans v. Basedow in Nr. 1 der „Zeitsehrift für Ornitho- logie und praktische Geflügelzucht* (XLL. Jahrg.) folgenden Vorfall: „Auf den Türmen der alten Frauenkirche (in München nämlich) nisten mehrere Paare Turmfalken (Tinnunceulus claudarius) und Dohlen (Corvus monedula). Mein Arbeitszimmer gewährt den Blick auf die Frauentürme, so dass ich viel Gelegenheit hatte, die Tiere zu beobachten. Am 7. Oktober abends war ich nun Zeuge einer ebenso interessanten, wie rührenden Scene. Da starker Wind wehte, machte einer der Falken vergebens Anstrengungen zu fussen, geriet dabei, wahrscheinlich infolge des Windes, unter den Draht des Blitz- ableiters und wurde dort festgeklemmt und zwar so fest, dass er sich absolut nieht befreien konnte, Er erhob ein jümmerliches Ge- ‚schrei, auf welches eine Dohle herbeieilte, sie liess sich neben dem Zappelnden nieder und untersuchte augenscheinlich den Thatbestand. dann rief sie ihre Genossen herbei. Nachdem die übrigen angekommen waren und die erste Dohle ihre Genossen auf den Umstand auf- merksam gemacht hatte, stemmten die sämtlichen Dohlen sich unter bis er frei war.“ An diese Beobachtung knüpft der Autor einige Betrachtungen über das Seelenleben der Tiere und sagt weiter: „Diese Scene beweist erstens: Mitleid mit einer Vögel jagenden Species, zweitens: Ueberlegung, drittens: Mitteilungsvermögen des Tieres alias Sprache in ihrer Art.* Etwas weiter wird die Meinung geäussert, dass dieser Vorfall mehr bewiese als Ueberlegung: von seiten der Dohle, dass er vielmehr eine „Folge aufopfernder Freundschaft, hervorgerufen durch jahre- langes Beisammenwohnen“ sei. Das klingt alles recht hübsch und ist sicher der Feder eines sefühlvollen Tierfreundes entflossen — aber wie hinkend sind die Schlüsse, wie mangelhaft die Beweisführung, wenn dies Wort hier überhaupt gebraucht werden darf, wo von Beweisen gar nicht die Rede sein kann. Der Autor lässt sich in überströmender Tierfreund- lichkeit hinreissen, unter Ueberspringung einer langen Reihe von Zwischengliedern aus einer einzelnen Beobachtung: die weitgehendsten Schlüsse zu ziehen. Vom Fenster eines Wohnhauses bis zu den Frauentürmen ist eine so beträchtliche Entfernung (wie ich aus eigener Anschauung weiss), dass es mir sehr gewagt erscheint, einen Vv or- gaug, wie er in der zu Anfang angeführten Erzählung zu Grunde liegt, in der Weise zu deuten, wie es geschehen ist. Wie sämtliche Dohlen es z. B. anfangen, sich unter den Draht des Blitzableiters zu stemmen, ist nicht recht verständlich. Dass der Draht ferner so lose sein sollte, dass die Dohlen ihu bewegen können, ist sehr zu verwundern; in der Regei pflegen die mehrfach zusammengedrehten Blitzableiter-Drähte recht straff und gut befestigt zu sein. Woher weiss der genannte Autor, dass die Dohle überhaupt die Absicht hatte, dem Falken zu helfen? Gerade so gut könnte man sagen, die erste Dohle hätte die Absicht gehabt, den Falken anzugreifen, hätte sich aber nicht stark genug gefühlt und deshalb andere ihrer Art herbeiserufen. Hierdurch erschreckt und durch die Zahl der Feinde arg bedrängt, hätte der Falke mit auf das höchste angespannten Kräften sich befreit. Diese Deutung ist gerade so berechtigt wie die v.Basedow's. Letzterer hat die in der „Seele“ der Dohle sich abspielenden Vorgänge so dargestellt, wie sie in der Seele eines Menschen unter ähnlichen Umständen sich abspielen würden. Das ist ein Fehler, in den viele Beobachter fallen, welche sich bemühen, äusseren Handlungen oder Erscheinungen innere T hätigkeiten, seelische Vorgänge zu Grunde zu legen. Wir wissen aber von der Tierseele noch so wenig, dass wir höchstens sagen können, sie sei von der des Menschen wohl nur graduell verschieden. Ob dieselben Affekte, wie wir sie beim Menschen kennen, auch dem Tier zukommen, ist sehr fraglich, keinenfalls bewiesen. Im vorliegenden Fall von Mitleid und aufopfernder Freundschaft zu reden, dürfte daher kaum berechtigt sein. Dr. E. Schäft. Fragen und Antworten. Wer hat die „insektenfressenden“ Eigenschaften der Pflanzen entdeckt und wie viele und welche Pflanzen- arten in Deutschland gehören zu den insektenfressenden? Wie so oft in den Wissenschaften Entdeckungen und aus guten Beobachtungen einzelner hergeleitete Anschauungen unbeachtet bleiben oder gar unterdrückt werden, weil sie von dem Gewohnten und Bekannten gar zu weit abliegen, so waren auch die schon vor mehr als hundert Jahren gesammelten Erfahrungen von einigen ge- wissenhaften Forschern über das Fangen und Verdauen von Tier- chen so sehr in Vergessenheit geraten, dass sich erst durch ein im ‚Jahre 1875 erschienenes Werk (Inseetiverous plants) des grossen Darwin die Aufmerksamkeit der Botaniker dem in Rede stehenden Gegenstande wieder mehr zuwandte. Sehon 1765 machte der englische Naturforscher Ellis mit der ihm aus Amerika gesandten Dionaea museipula Experimente über das Fangen und Töten von Insekten vermittelst der sich auf einen Reiz schnell zusammenklappenden Laubblätter, und bald darauf 1779 hatte Roth auf einer Exkursion bei Bremen unseren Sonnenthau (Drosera) mit zahlreichen gefangenen Insekten auf den Blättern be- obachtet und wurde dadurch veranlasst ebenfalls Experimente an- zustellen. Schon Roth meint, dass die gefangenen und getöteten Insekten möglicherweise der Pflanze als Nahrung dienten. Gleich- z:itig hatte auch der Engländer Whateley mit Drosera experi- mentiert. Bald, 1791, wurde auch durch Bartram die Eigentüm- lichkeit der Gattung Sarracenia aus Nordamerika bekannt, welche in ihren schlauchförmigen, Wasser erfüllten Blattstielen gut wirs kende Insekten-Fallen besitzt. Es haben sieh dann noch, jedoch ohne viel Beachtung zu finden, mehrere Forscher eingehender mit Sarracenien beschäftigt, so Macbride (1815) und Burnett (1829), von denen der letztere vom Verdauen der gefangenen Tiere durch die Pflanze sprieht und die Sarracenien-Schläuche direkt mit dem Magen der Tiere vergleicht. Zu nennen ist dann noch Curtis, der 1834 die Dionaea eingehender erforsehte. Bis auf Darwin's gründ- liche Untersuchungen haben dann die insektenfressenden Pflanzen vorwiegend nur nach ihrer morphologischen Seite hin nähere Be- sprechungen erfahren; einige Forscher haben allerdings wenige Jahre vor dem Erscheinen des Darwin'schen Buches die Aufmerksamkeit etwas rege gemacht. Besonders der Amerikaner Canby (1868), der die Dionaea wieder vornahm. In Deutschland sind uns jetzt nicht weniger als 14 insekten- fressende Arten bekannt, nämlich Drosera rotundifolia, intermedia und anglica, Aldrovandia vesiculosa, Utrieularia minor, Bremii, ochroleuca, intermedia, vulgaris und negleeta, Pinguieula vulgaris und alpina und endlich die erst neuerdings von Kerner und v. Wettstein als insektenfressend erkannten Lathraea Squamar’a und Bartsia alpina HER: Litteratur. Dr. A. Ritter von Urbanitzky: Die Elektricität des Himmels und der Erde. — Verlag von A. Hartleben in Wien. Von diesem Werke, dessen erste Lieferung wir in Nummer 24 (Bd. I) besprochen haben, sind bis jetzt 10 Lieferungen erschienen. In klarer und allgemein-verständlicher Sprache führt uns Verfasser das weite Reich der elektrischen und magnetischen Erscheinungen der Erde und des sie umgebenden Luftkreises vor Augen, unterstützt durch grösstenteils treffliche Abbildungen. Die neuesten Forschungen und namentlich das reiehhaltige Beobachtungsmaterial der meteoro- logischen Stationen aus den letzten Jahren finden dabei ausgedehnte Verwertung. Wir können das Werk, welches in 1S—20 Lieterungen erscheinen wird, empfehlen. A. Gutzmer. „ = Berichtigungen. Seite 22 muss es in der kleineren Mitteilung über „Künstliche Rubine“ Zeile 22 heissen gegeben und nicht geworden. muss es in der kleineren Mitteilung über das „Mannesmann- sche Röhrenwalzverfahren“ in der ersten Zeile des dritten Absatzes heissen Verstellung und nicht Vorstellung. 40 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr: 5. Imserate E: namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. > ZIELEPEHEDEDEILEDEHEPEDEDEDEOEIEOLEGEDEDEPEIEDE DELL DEDLELELDDEDESLEDEDLDEDEDEDELDELLE DEE DEEDGSEOEEIEEDEE DEE 10} STE Borrätig in allen Buchhandlungen. 6 a = 3 = = 2 = U ++ © = ne 4 2 = z 2 I R Se ungen Ss ; [2 n5R SR SIR - 4 )) | mn” lZassss® z ad [4 9 0 5 a 5Es BEsszue 5 mes Brszssz . 3 / DREERSREER FE: z bringen = Beite aus allen Litteraturen in muitergültiger Bearbeitun 5. Base ge A mnS< e. Fe Et z und gediegener Yusjtattung. Sealalzssss B 7 . “2289 Samen e 2 Preis jeder Nummer 10 Pfennig. = 4sscızase B 4 $ A, DH BI R h = 933° 8 2 Jedes Bändchen ijt einzeln Fäuflih. 500 Nummern liegen bereit3 vor. Barg-s 3 a nn © zaM=2: Arnim, Die Ehenjdhmiede Voethe, Glavigo 224. Staa Die Jäger. 340. Sehlenjläger, ‚Sowe- Seume, art Leben. = z»3 Brez — Der tolle Inva | - Eymont. 57. gw. 359. 2,48 Bas lide. - Zürjt Ganz: | - Haut l. 2.3. = ar ehlefke: 395.396. | Peftaloyji, ne und | - Mein ae 1805. Sg SB°5 ea gott md Eunger | - ;jaujt Il. 106- 108. Immermann, Der Ober Gertrud. 315-320. 499. 500. Z—Es47505 Yalbgott. 349. 38 - Ausgerw Ged. 216. 217. hof. 81-84. Platen, Bedichte. 269.270. Shafejpiare, Antonius u. = 23 AS AB ufhylos, Der gejejjelie Söß v. Berlid). 48. 49. — D.neue'Byginalion.85. Pulgn, Boris Godunof. Gleopatra. 222.223. Br 35 use 4 Pronmeiyius. 237. - Se fiel — Zriftan und Sfolde. - Goriolan. 374. 375. = 2, er 23 2 Benumardnid, Figaros 'phigenie. 80. [16. 428-430. | Bacher, *patio; 172. — Hamlet. 9. 10. Be2csH 535? % Hodzeit. 298.299, | — — Stat. Reije. 258-262. — Zulifantdien. 477 478. | - Britannicuß. 409. — Julius Cäjar, 79. = 58 4 Beer, Strueniee. 343 344. — Die Yaune des Ber- Irving, Sagen von der — Phädra. 440. — Der Kaufmann von 3» = 7 Biernasti, Die Hallig. liebten. — Die Ge- Alyambra. 180, Raimund, Der Bauer Venedig. 50. £ = Su x P% 412-414. ichwijter. 434. Sean Paul, Flegeljahre. als Millionär. 436. _ u Heinrid IV is 52 Z Björnfon, Ame 53.54. — Die Leiden de3 jungen 28-33. - LE 437. eil 326. 327. u S 2 - Bauernnovell. 134.135. Werther. 23. 24. — Der Komet. 144-148. 2. Teil. 328. 329. - 7 - Swilden den Schlad- | - Wild. Meifters Lehr- — GSiebentäs. 115-120. Raupa, Der Müller u. — Heine VIII. 419. 420, en 2 te. 408, jahre. 201-207. Jung: Stillings Yeben. fein wind. 435. — König Year. 149. 150. = 2 4 BLABANGr Ende. — DieMitichuldigen.431. 310-314. Saint:Pierre, Paul und - sah Ricyard IIL 125. are G 368 — — Die natürlidie Zodpter. | Kant, Von derMadtdes | Virginie. 51. 52. IS 7| Börne, Yun en Tas 432. 433, Gemürs. 325. 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Inserate für Nr. % 74 rger,©edi: 1te.272.2 h — Lihhtenitein. 34-3: — gung. 42. 43. — D.Neffe a. Ontel 456. — Bhilofteted. 397. P2 . . 2 ündhaufens Reifen | - Der Mann im Mond. | Kortum, Jobfiade. 274- - Die Ruuber. 17. 18. | — D.Zracinierinnen.d4t. |) der „Naturwissenschaftlichen 7 u. Übent. 300. 301. 415-417. 277. — Über Unmut und Sterne, Empfindfame Wochenschrift“ müssen späte- % Burn: Ehilde Harolds — Die Sängerin. -Lehte | Kofebue, Die deuticen | Würde. 99. Meile. 167. 168. 7 tens bis Sonnabend, 5. Mai in 4 Pilgerfahrt.398.399. Ritter von Mariens Kleinjtädter. 171. | — über naive und jene | Tegner, Krithjofs-Sage |, S 3 Fr = 7 - =& Snjel. - Beppo. — Su 130. 131. - N timentaliihe Didys in; 175. Did 2 unseren Händen sein. % raut bon YUbydos. — Der Seil vun?llejjans 257. 156. 15 | tung. 346. 347. Tennpfon, Ausger. Did) . rt £ 188. 189. dria. 139. 140. Beau, Die ülbigenier.) | - Matichftein 1. 9.76. tungen. 371-373. 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Paradies. 199.200, = 441-443. - Kleine Yovellen. 136. | - Du vier Heymonze der Adelige. 166. 7| Die vermeintliche Herrschaft des Defoe, Ren Srufoe. | Hofmann, Das Fräulein | Milton, Das verlorne finder. 403 404. — Dberon. 66-68. #| goldenen Scehnittes in Natur und 1 110- von Scuden. 15. Baradies. 121-124, — Hirlanda. - Genovefa — Pervonte oder ;die |, K nst. (Mit Abbild.) = Dri-BRos Drofte = Dale, Die | - D.gold Topf. 161.162. | Moliere, Die gelehrten - Das Ed)log in der Wünjde. 459. Z uns = e Bon ar A Ben = ar ARajprat Er A En Rue Xu Xa. 449. | Zadhariü, Der Nenom- bert Schneider: Descendenzfra- — Byr.Gedichte, % — Meilter Martin. : - Der Mifanthrop. 165. mit. 7 R - oe, — - Die Shlaht im Loe- | - Der unheimliche af | - Der Tartüff 8 ir hdneWtelufina 284. | Biholte, Abenteuer einer || SC und Une Be. ner Brud. 439. - Don Juan. 129. MRöjer "Naobkan Boynbane — FKaijer Octavianus. Neujahrznacht.-Das |, Kleinere Mitteilungen er t- Euripibes, Ipbigenia bei Bene „Debbe vom taiten. 422-424 406. 407. blaue Wunder. 181. sprung der chemischen Grundstoffe. ben Tauriern. 342. Ber, Mufäus, Legenden von — KleineSagendes Alter -— Der Weldweibel. — |7 Die Theor des Bleikammer- — Mebea. 102, Bätberlin, Genie. 190. Rübezahl. 72. tums. 309. D. Walpurgisnact | 7 2° eorie B Biate, Rebena.b, beutje — Volfsmärden I. 225. | - Der, gehörnte Gieg« — Das Bein. 366. || prozesses. — Das Seelenleben der Nation. 453-455 - Euer al. 472. 22%. =) fried. — Die jdhöne 367. en Tiere. — Fragen und Antworten: £ Eu Venezianische Homer, Yliad. 251-256. - Volfamärdhen IL 227 Magelone. — Der — Kleine Urjahen. 363 ? f N BL) ovellen. 494-496. — DObdyjiee. 211-215. - U ABER LIL 229. arme Heinrich. 445. — Kriegerifhe Abenteuer | Wer hat die „insekten ressenden“ "ER eg De nk DD i le ae 9 id) von Ofs en Bräulein ir N % Bigenschaften der. Pflanzen ent 2 » « an , Heinrich von = zählungen. 231-288. 302-307. terdingen. 497. 498 vom See. 330.931. | - DertoteGaft. 361.362 17 deckt a Tide N Me 3 [4 nzenarten ım eutschlan: = Meyers Volfsbücher find auf ftarfem, geglättetem Papier Far gedrudt und folio || nyın zu den insektenfressenden? 4 geheftet. Die Orthographie ilt die neue nad) „Diens Wörterbuch”. 2| — Litteratur: Dr. A. Ritter von 4444 7 itzky: i ktrieität en Snitituts in Leipzi a Urban tzky:’ Thnzole Verlag des Bibliographiic N j Palg. *|des Himmels und der Erde. — h — [| n‘ Ö) . a IRRE EEBEBEBLSZ, 7 | Berichtigungen. Inserate. GELELELELELEIEOEDELEOEOEGELELELDE GEIL OELDEDEGE LEGE LE LELEOLLEOENN Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder, Kiesau. Sämtlich in Berlin. Redaktion: Was die naturwisscnschaftlich« Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- / den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch don Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen schmlckt Schwe Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. Ei x ) . @) ?) R I. Band. | Sonntag, den 6. Mai 1888. Nr. 6. a BE Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 „. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Bringegeld bei der Post 15.4 extra. Der Vierteljahrspreis ist «#4 2.—; .&@ NA entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. _ Wenn wir die Fortschritte betrachten, welche die geometrische Wissenschaft gemacht hat, seit sie durch - Euklid in ‚die Form eines logisch begründeten Systems gebracht wurdez so fällt uns auf, wie sehr die Bereiche- _ rung ihres Inhalts durch neue Wahrheiten und die Er- ? kenntnis des Zusammenhanges derselben jederzeit ab- | hängig gewesen ist von der Ausbildung ihrer Methoden. Welche Fülle neuer Resultate verdankt sie nicht dem genialen Gedanken des Descartes, die Operationen der Aritlimetik und Algebra, deren sie sich vorher nur zu ı als unmögliche bezeichnete. dem beschränkten Zwecke von Messungen bediente, ihr zum Zwecke systematischer Durchforschung von noch unbekannten Gebieten dienstbar zu machen! Wie sehr wurde nicht die Einsicht in den inneren Zusammenhang dieser Resultate gefördert durch Steiners erfolgreichen . Versuch, die Geometrie auf ganz neuer Grundlage aufzu- bauen, unabhängig, wie das System des Euklid, von den inzwischen schon oft zur drückenden Fessel gewordenen Rechnungsmethoden, umfassend, und aus dem engen Ge- dankenkreise der Euklidischen Forschung hinausführend, wie das System des Descartes! ke > Wir sehen aber auch, wie bei allen diesen Fort- schritten die Geometrie in einer bestimmten Hinsicht den Charakter einer Erfahrungswissenschaft bewahrt. Wenn sie auch längst über das in ihrem Namen liegende be- schränkte Ziel, die Thatsachen der Ebene zu erforschen, hinausgegangen war und den Raum in den Kreis ihrer Betrachtung gezogen hatte, unseren Weltraum mit der Fülle der in ihm teils wirklich existierenden, teils ge- dachten körperlichen Gebilde: aus diesem a priori gege- Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Schlegel. benen Gebiete war sie nie herausgekommen, ja man würde, selbst in den Kreisen der Mathematiker, bis in die neuere Zeit jeden Gedanken einer ausserräumlichen Geometrie als absurd verworfen haben, wie man noch vor 30 Jahren in den Lehrbüchern die imaginären Grös- sen, die jetzt ein Gemeingut unserer Rechnungen sind, Auch die philosophischen Spekulationen und wechselnden Ansichten über das Wesen dieses Weltraumes hatten auf die Richtung und den Charakter der geometrischen Forschung keinen Ein- fluss gehabt; aus der Erfahrung nahm man die Grund- lagen der Geometrie, in dem Erfahrungsraume vollzogen sich ihre Operationen, entstanden und blieben ihre Gebilde. Wenn nun trotzdem in verhältnismässig kurzer Zeit Begriffe wie „vierte Dimension des Raumes“ und „vierdimensionaler Raum“ nicht nur in der Wissen- schaft sich eingebürgert, sondern sogar die Aufmerksam- keit des grossen Publikums, welches doch sonst von den Spekulationen der reinen Mathematik sich fernzuhalten pflegt, in dem Masse auf sich gezogen haben, dass sie ihm trotz ihrer Rätselhaftigkeit wenigstens geläufige Ausdrücke geworden sind, so drängen sich von selbst die Fragen auf: Woher stammen diese anscheinend so widerspruchsvollen Begriffe? wie konnten sie so populär werden? wie sind sie zu verstehen? und welche wissen- schaftliche Berechtigung haben sie? — Ein Versuch, diese Fragen von dem hier allein massgebenden mathematischen Standpunkte zu beantworten, dürfte auch den Lesern unserer Zeitschrift nicht unwillkommen sein, zumal da in 42 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr726: der Regel jeder, der über diesen Gegenstand Belehrung | wickelung durch die Forderungen der Zeit beeinflusst, sucht, nicht nur den in der Natur der Sache liegenden | hier gehemmt, da gefördert werden, dass aber eine reine Schwierigkeiten, sich darüber klar zu werden, gegenüber- steht, sondern auch einer teils durch weitverbreitete, unabsichtliche Missverständnisse, teils durch bewusste Täuschungen herbeigeführten argen Verwirrung der Vor- stellungen und Begriffe. Schon die doppelte Ausdrucksweise: „vierte Dimen- sion des Raumes‘ und „vierdimensionaler Raum“ ist ein Zeichen dieser Verwirrung. Wenn man von einer vierten Dimension des Raumes spricht, so stellt man sich vor, dass unserem Weltraume neben den drei Ausdehnungen der Länge, Breite und Höhe, noch eine mysteriöse vierte Dimension von gleichartiger Natur mit den anderen zu- geschrieben werde. Dies ist aber ein Unding, und die ganze Ausdrucksweise „vierte Dimension des Raumes“ beruht auf einem Missverständnis und ist zu verwerfen. Spricht man dagegen von einem vierdimensionalen Raume, so hat zu diesem Begriffe die folgende Ueberlegung ge- führt: In der Geometrie wird uns gezeigt, dass der Punkt keine Ausdehnung hat, die gerade Linie eine einzige, die wir Länge nennen, die ebene Fläche deren zwei, nämlich Länge und Breite, der Raum dagegen, wie jeder Körper, der ja nur einen Teil desselben vor- stellt, deren drei, wie schon oben bemerkt. Da nun die Gerade, die Ebene und der Raum in gleicher Weise Gebiete sind, in denen wir allerlei geometrische Gebilde konstruieren und deren Eigenschaften untersuchen können, so können wir auch den Begriff des Raumes erweitern, indem wir die Gerade einen eindimensionalen Raum nennen und die Ebene einen zweidimensionalen, während unser Weltraum ein dreidimensionaler Raum bleibt. Und wir können uns, zwar nicht in anschaulicher, aber doch in abstrakt denkender Weise zu dem Begriffe eines vier- dimensionalen Raumes erheben, in welchem unser Welt- raum (Erfahrungsraum) neben beliebig vielen anderen seinesgleichen ebenso Platz hätte, wie beliebig viele Ebenen in unserem Weltraume, oder beliebig viele Ge- raden in einer Ebene. Dieser ‚„vierdimensionale Raum‘ ist also ein reines Produkt mathematischer Spekulation, dient nur mathematischen Zwecken, und um die Frage nach seiner etwaigen wirklichen Existenz kümmert sich kein Mathematiker. Dies musste zur Klarstellung des Begriffes vorange- schickt werden. Man wird nun fragen: Wenn die Ge- ometrie sich 2000 Jahre lang mit den Räumen zufrieden gab, die nur mit einer, zwei oder drei Dimensionen be- dacht sind, und wenn doch von diesen allein praktische Anwendungen auf die Gebilde der realen Welt zu machen sind, wie kam man in dem nach praktischen Anwendungen alles Wissens gierigsten aller Jahrhunderte dazu, die Geometrie auf ein so nebelhaftes Gebiet auszudehnen, und hiermit einen Schritt ins Abstrakte zu thun, wie er in gleicher Kühnheit in der Wissenschaft selten dage- wesen? — Die Erklärung ist leicht, wenn man bedenkt, dass zwar die angewandten Wissenschaften in ihrer Ent- Geisteswissenschaft, wie die Mathematik, in ihrer Aus- bildung unentwegt vorwärts schreitet, da die treibenden Kräfte nur in ihr selbst wirken. Wie diese Kräfte nun gerade in unserem Jahrhundert zur Entstehung einer Geometrie des vierdimensionalen Raumes drängten, sei der nächste Gegenstand unserer Betrachtung. Schon lange war es den Mathematikern aufgefallen, dass für einen der elementarsten geometrischen Sätze, betreffend die Winkel, welche eine Gerade mit zwei Parallelen bildet, ein strenger Beweis nicht erbracht werden konnte, so dass derselbe als eine unbewiesene - | Thatsache unter dem Namen „Parallelenaxiom“ (11. Axiom des Euklid) in den Lehrbüchern seine Stelle fand. Dieser Umstand führte schliesslich mehrere Geometer auf den Gedanken, die Grundzüge einer Geometrie zu entwickeln, in welcher dieses Axiom nicht galt, also auch nicht be- wiesen zu werden brauchte. Natürlich wurden in dieser „nichteuklidischen“ Geometrie alle diejenigen Resultate, die sonst aus jenem Axiome folgten, durch neue, unseren gewohnten geometrischen Anschauungen und Begriffen widersprechende ersetzt. Namentlich zeigte sich, dass in der nichteuklidischen Geometrie die Winkelsumme eines Dreiecks kleiner als 180° war. Später fand man, dass noch eine dritte Geometrie erdacht werden konnte, in welcher jene Summe grösser als 180° gefunden wurde. Theoretisch erschienen alle drei Arten der Geometrie als gleichberechtigt, aber es mussten die beiden neu gefun- denen Arten so lange als widersinnig betrachtet werden, als man nicht ein Gebiet angeben konnte, in welchem sie wirklich galten. Nun stellte sich aber heraus, dass die letztgenannte Geometrie keine andere war als die der (konstant positiv gekrümmten) Kugelfläche, vorausgesetzt, dass man die grössten Kugelkreise als gerade Linien der Kugelfläche auffasste; und auch für die nichteuklidische Geometrie wurde eine (konstant negativ gekrümmte) Fläche gefunden, auf welcher sie unter entsprechenden Voraussetzungen Geltung fand.*) Diese Flächen erhielten nun durch die besonderen Geometrieen, die man für sie gefunden, gewissermassen gleichen Rang mit der Ebene (Fläche mit der Krümmung Null); und wenn man nun alle drei Flächen als zweidimensionale Räume bezeichnete, die sich nur durch die Beschaffenheit ihrer Krümmung: unterschieden, so konnte es nicht ausbleiben, dass man diese neuen Vorstellungen auch auf den dreidimensionalen Raum zu übertragen suchte, und neben den bisher allein betrachteten Weltraum, der jetzt als einziges uns be- kanntes und zugängliches Exemplar der Gattung „drei- dimensionaler Raum mit der Krümmung Null“ erschien, *) Beispiele für die oben erwähnten Dreiecke liefern: 1. im Falle der zuletztgenannten Geometrie ein Dreieck auf der Erdkugel, begrenzt von einem Aequatorbogen und zwei aus seinen Endpunkten nach einem Pol gehenden Meridianbogen; 2. im Falle der nicht- euklidischen Geometrie ein ebenes Dreieck, gebildet aus drei Kreis- bogen, welche einem in der Dreiecksfläche gelegenen Punkte sämt- lich ihre convex gekrümmte Seite zuwenden. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 43 noch zwei Arten von Räumen setzte, einen positiv und einen negativ gekrümmten. Selbstverständlich verzichtete man hier von vornherein auf jeden Versuch, einen der- artigen Raum wirklich aufzufinden; auch war man in der Erkenntnis der Bedeutung der abstrakten Geometrie schon weit genug vorgeschritten, um diese Räume nicht deshalb als widersinnige Denkprodukte zu verwerfen, weil unsere Erfahrung über die Existenz eines einzigen krümmungslosen Raumes uns verbot, diese Räume als wirklich existierend anzusehen. Dieselben waren eben Produkte mathematischer Ueberlegung, wie tausend an- dere geometrische Gebilde, nur dass sie der Anschau- lichkeit entbehrten. Nun lehrte aber die Geometrie, dass alle ebenen und gekrümmten zweidimensionalen Flächen in unserem dreidimensionalen krümmungslosen Weltraume existierten, oder konstruiert, oder wenigstens gedacht werden konnten, und es lag daher wieder nahe, für die drei Arten des dreidimensionalen Raumes ein gemeinsames krümmungs- loses vierdimensionales Gebiet anzunehmen, in welchem sie alle Platz finden konnten, und zwar nicht in je einem, sondern in beliebig vielen Exemplaren. Dieses Gebiet ist der vierdimensionale Raum der Mathematik. Die Methode der Analogie, welche uns hier aus dem Gebiete des dreidimensionalen Raumes in das des vier- dimensionalen geführt hat, gestattet sofort den Schluss, dass dieser abstrakte Prozess der Raumbildung beliebig weit fortgesetzt werden kann, und in der That besitzen wir schon zahlreiche Resultate der Geometrie, welche für einen Raum von beliebig vielen Dimensionen gelten. Neben den Betrachtungsweisen der nichteuklidischen Geometrie boten sich aber auch noch andere Wege, um zu einer Ausdehnung des Raumbegriffes auf mehr als drei Dimensionen zu gelangen. Namentlich hätte die von alters her bekannte und seit Descartes, wie im Ein- gange erwähnt, zur Auffindung neuer Wahrheiten plan- mässig ausgenutzte Anwendung des Zahl- und Massbe- griffes auf die Geometrie schon längst zur Ausführung jener Verallgemeinerung führen können, wenn nur irgend eine zwingende Veranlassung dazu sich geboten hätte. Bedenkt man nämlich, dass eine einfache Zahl a die | Länge einer gemessenen Strecke darstellt, die zweite Potenz dieser Zahl, a°, den Flächeninhalt des über der Strecke a als Seite errichteten Quadrates, und die dritte Potenz a° den Rauminhalt des über diesem Quadrate als Grundfläche konstruierten Würfels, so entsteht naturge- mäss die Frage nach der geometrischen Bedeutung der folgenden Potenzen a*, a° u.s. w., und man sieht leicht, dass diese Grössen die Resultate der einfachsten Inhalts- bestimmungen in den Räumen mit 4, 5 und mehr Di- mension sind, sobald man sich nur entschliesst, diesen Räumen und den für sie geltenden Geometrieen das Bürgerrecht in der Geometrie zu gewähren, trotzdem dass die Anschauung uns hier überall im Stich lässt. — Da ferner eine Gleichung als algebraische Ausdrucksform für einen Punkt, eine Linie oder eine Fläche angesehen werden Kann, je nachdem sie 1, 2 oder 3 veränderliche Grössen enthält, so ergiebt sich von selbst die Frage nach der geometrischen Bedeutung einer Gleichung mit 4 und mehr Veränderlichen. Und auch diese Bedeutung wird in den Räumen mit 4 und mehr Dimensionen ge- funden. Wenn nun auch, wie gesagt, diese Ueberle- gungen nicht die Veranlassung zur Aufstellung des Be- griffs mehrdimensionaler Räume geworden sind, so sieht man doch, wie einfach diese Räume sich in den Rahmen geläufiger geometrischer Vorstellungen einfügen, und wie brauchbar sie sind, um die sonst nur in beschränkten Grenzen mögliche gegenseitige Verwandlung algebraischer und geometrischer Betrachtungen und Resultate beliebig weit auszudehnen. Wir haben oben gesehen, dass die Geometrie ur- sprünglich den Charakter einer Erfahrungswissenschaft besitzt, und zwar nicht nur, weil die Ausgangspunkte ihrer Betrachtungen in dem Erfahrungsraume und der in demselben verteilten Körperwelt liegen, sondern auch, weil sie beständig in der Lage ist, die Richtigkeit ihrer Ergebnisse durch die Uebereinstimmung derselben mit den Thatsachen der Wirklichkeit messend zu Kkontrolieren. Da aber anderseits die geometrischen Gebilde neben ihrer Verkörperung (wozu auch Zeichnungen und alle sonstigen Hilfsmittel der Anschauung zu rechnen) auch eine ideale Existenz in unserem Geiste besitzen, und sogar erst in diesen gedachten und vorgestellten Gebilden ihre Eigen- schaften in voller Reinheit zum Ausdruck kommen, so muss es nicht nur möglich sein, die Geometrie, wie längst üblich, in dem Sinne als reine Geisteswissenschaft auf- zufassen und zu entwickeln, dass man, den Begriff des Weltraums und die Grundaxiome abgerechnet, von der Erfahrung gänzlich Abstand nimmt, sondern es muss auch möglich sein, die Anzahl der Dimensionen des betrach- teten Gebietes (Gerade, Ebene oder Raum) als neben- sächlich anzusehen und eine Geometrie zu entwerfen, deren Wahrheiten in jedem Gebiete von beliebig vielen Dimensionen gelten. Zu dieser abstrakten Wissenschaft würden dann unsere Geometrieen der Ebene und des Raumes in dem Verhältnis stehen, dass sie specielle Fälle derselben darstellen, welche in den Erscheinungen unserer Körperwelt ein reales Geltungsgebiet besitzen. Diese abstrakte Auffassung der geometrischen Wissenschaft ist nun in der That vor mehr als 40 Jahren durch Grass- mann begründet und zur Durchführung einer solchen n-dimensionalen Geometrie, der „Ausdehnungslehre“, ver- wendet worden, wozu allerdings eine besondere analy- tische Methode erforderlich war, die schliesslich von dem parallelen geometrischen Gedankenprozesse sich nur durch die äussere Form der Darstellung und die Terminologie unterscheidet. Es ist demnach im Ganzen ersichtlich, dass es sich bei diesem Unternehmen nicht nur um einen vierdimensionalen Raum, sondern um ein Gebiet mit be- liebig vielen Dimensionen handelt, und dass in dieser abstrakten Geometrie der anscheinende Widerspruch, in welchen sich der Begriff eines mehr als dreidimensionalen 44 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Raumes mit den sonstigen Thatsachen der Geometrie setzt, völlig verschwindet. Aus der Art und Weise, wie man zu dem Begriffe eines vier- und mehrdimensionalen Raumes gelangt, er- giebt sich nun auch die Methode, wie man diese anfäng- lich leeren Gebiete mit widerspruchsfreien geometrischen Gebilden füllen und an diesen Gebilden Bigenschaften erkennen kann. Es ist einfach die Methode der Ana- logie, die freilich mit umso grösserer Vorsicht gehandhabt werden muss, da die Kontrole der Anschauung, durch die wir in der Geometrie gewissermassen verwöhnt sind, hier fehlt. Da wo man eine algebraische Grundlage für die geometrischen Untersuchungen hat, also namentlich in der analytischen Geometrie des Descartes, ist diese Methode der Analogieschlüsse eine ganz leichte und sichere; denn die Ausdehnung der algebraischen Be- trachtungen auf mehrdimensionale Gebiete erfolgt nach bestimmten, allgemein anerkannten Gesetzen, und im Uebrigen kommt es nur noch darauf an, die Ergebnisse der Rechnung in die Sprache der Geometrie zu über- tragen. Denn ebenso, ‘wie man aus mehreren aufein- anderfolgenden Gliedern einer gesetzmässig gebildeten Zahlenreihe, z. B. 1, 4, 9, 16... oder 1, 3, 6, 10... auf die Grösse aller folgenden schliessen kann, ebenso ist auch das Verfahren, durch welches man aus der .Ge- stalt der Gleichungen mit 1, 2 oder 3 veränderlichen Grössen auf die Existenz und die Eigenschaften der ihnen entsprechenden geometrischen Gebilde schliessen kann, vorbildlich für die Untersuchung von Gleichungen mit noch mehr Veränderlichen und die durch sie darge- gestellten Gebilde. (Fortsetzung folgt.) Ueber die Beziehungen zwischen Funktion Professor G. Haberlandt in Graz hat über das im Titel genannte Thema ein interessantes Buch (Jena 1887) veröffentlicht. Er bietet in demselben eine Zu- sammenfassung und abgerundete ausführliche Darstellung desselben Gegenstandes, über den er schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahres in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft eine vorläufige Mitteilung ge- macht hat. ; Der berühmte Botaniker C. Nägeli hat in seinem Werke „Mechanische Theorie der Abstammungslehre“ den Begriff des Idioplasma aufgestellt mit der Vorstel- | lung, dass dieses derjenige Teil des Gesamt-Plasmas sei, durch welchen der Organismus die Gesamtheit seiner Eigenschaften bei der Fortpflanzung vererbe: das Idio- plasma ist also der Träger der vererblichen Rigenschaften des Organismus. Nach Nägeli tritt das Idioplasma strang- förmig, je nach der Form der Zelle verschiedengestaltig auf. Es wird in den grösseren Pflanzenzellen gewöhnlich innerhalb der Membran die Oberfläche überziehen, ferner auch häufig durch den Zellraum verlaufen und besonders auch im Kern zusammengedrängt sein. Dem Idioplasma gegenüber steht das Ernährungsplasma. Der Kern wird als ein Magazin von Idioplasma und Ernährungs- plasma angesehen. Die vom Kerne ausgehenden und zu demselben zurückkehrenden Plasma-Strömchen deuten nach dem genannten Autor ohnehin darauf, dass sich hier ein Centrum von Stoff und Kraft befindet. Sehr bald sprachen sich jedoch mehrere Gelehrte: ©. Hertwig, Wasmann, Kölliker, dahin aus, dass das Idioplasma ausschliesslich in den Zellkernen vorhanden sei, eine Ansicht, die sich auf Grund der Beobachtung gebildet hat, dass der Befruchtungsvorgang allein auf der Ver- schmelzung des Eikernes mit dem Spermakerne beruht. Dazu kam dann noch die Entdeckung Pflüger's, dass der Körper des Eies aus gleichartigen Teilen besteht, so dass also nicht bestimmte Organe des Embryos aus ganz bestimmten Teilen des Eikörpers hervorgehen. und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. Haberlandt glaubt ebenfalls, dass die Zellkerne die alleinigen Träger des Idioplasmas sind. Sie sind es, welche die besondere Fntwickelungsrichtung im den Organismen bedingen und die besondere Ausgestaltung jedes einzelnen Organes, Gewebes und jeder Zelle an- regen und beherrschen. ; Wenngleich nicht ohne weiteres behauptet werden darf, dass in einem künstlichen Kernlosen Teilstück einer Zelle der Einfluss des Zellkernes auf das kernlose Plasma aufgehoben ist, da er ja möglicherweise eine „Nach- wirkung“ ausübt, so sprechen doch Versuche, welche zeigen, was solche ihres Kernes befreite Plasmateile leisten können, ein gewichtiges Wort mit. M» Nuss- baum und A. Gruber haben solche künstliche Teilungs- versuche an Infusorien vorgenommen, und es hat sich als Hauptresultat ergeben, dass kernlose Teilstücke von Infusorien unfähig sind, verloren gegangene Teile zu ersetzen, Neubildungen zu erzeugen und so eine voll- ständige Regeneration zu einem normal gebauten Indi- viduum zu erfahren, daher Gruber den Kern als den „arterhaltenden Bestandteil der „Zelle“ bezeichnet. Mit Pflanzen sind entsprechende Experimente von G. Klebs ausgeführt worden. Er brachte meist Algen-Zellfäden in 16 bis 25prozentige Rohrzuckerlösung, in welcher Plasmolyse der Zellen eintritt, d. h. der Zellsaft giebt einen grossen Teil seines Wassers an die Lösung ab, was sich durch Zusammenballen des Plasmas und Zurück- ziehen desselben von der Wandung kund thut. Bei dieser Zusammenziehung des Plasmakörpers durchschnürt sich derselbe häufig und zerfällt in zwei Teile, von denen der eine den Kern enthält, der andere kernlos ist. Es zeigte sich nun, entsprechend den Beobachtungen an Infusorien, dass nur die kernhaltigen Teilsticke im Stande sind, Sich mit einer neuen Zellwandung zu umklejden, in die Länge zu wachsen und überhaupt die ganze Zelle voll- ständig wiederzubilden. Was nun die jeweilige Lage des Kernes in seiner EL N ur, 4 u N I a Rn Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 45 Zelle anbetritft, so ist diese keineswegs beliebig sondern steht mit seiner Funktion in Beziehung, ebenso wie auch die Lage der Chlorophylikörper in den assimilierenden Zellen von bestimmten Verhältnissen abhängig ist. Mit Nägeli stellt sich Haberlandt die Wirkungsweise des Idioplasmas im Kern auf das übrige Plasma ausserhalb des Kernes, das Cytoplasma, dynamisch vor, und berück- sichtigt man, dass eine Uebertragung von Bewegungs- zuständen um so gesicherter und vollständiger sein muss, je kleiner die Entfernung zwischen den in Bewegung | gesetzten Teilen und dem dynamisch wirkenden Apparat ist, so kann es keineswegs gleichgiltig sein, welche Lage der Zellkern in der sich entwickelnden Zelle einnimmt. In der That zeigt denn auch Haberlandt an vielen Beispielen im „speciellen Teil“ seines Buches, dass sich der Kern in grösserer oder geringerer Nähe jener Stelle in der Zelle findet, wo besondere Wachstumsvorgänge einzuleiten sind. Die Lage des Kernes in sich ent- wieckelnden Zellen ist also häufig keineswegs regellos — f wie man stillschweigend früher annahm —, vielmehr nimmt der Kern in jungen Geweben und Zellen eine je nach der Art derselben verschiedene, ganz bestimmte Lage ein. Er befindet sich in grösserer oder geringerer Nähe derjenigen Stelle, wo das Wachstum der ganzen Zelle und speciell auch — wie unsere Figuren zeigen — wo ein Dicken- oder Flächenwachstum der Zellhaut stattfindet. Ist mehr als eine Stelle im Wachstum be- vorzugt, so nimmt der STST WT Kern eine solche cen- ee] trale Lage ein, dass er | m von den Orten aus- en a au Epidermiszellen des ungefähr gleichweit ent- Cypripedium in- fernt ist. In der aus- Dan gebildeten Zelle zeigt der Kern meist eine unbestimmte La- gerung. Bezüglich der Funktion des Zell- kernes schliesst Haberlandt aus den beobachteten Thatsachen, dass dieselbe hauptsächlich mit den Entwickelungsvorgängen zusammenhängt, und dass der Kern beim Wachstum der Zelle, speciell beim Dicken- und Flächenwachstum der Zellhaut eine Rolle spielt. Da- mit ist nicht ausgesehlossen — bemerkt unser Autor aus- tea Stark vergrösserte, nahezu vollkommen ausgebildete Epi- dermiszelle der Samenschale von Scopolina atropoides. Innenwand und teil- weise auch die Seiten- wände sehr stark verdickt. ‚ drücklich —, dass er in der ausgebildeten Zelle eventuell noch andere Funktionen zu erfüllen hat. Als Hauptergebnis seiner Arbeit stellt Haberlandt den Satz auf: „Die Lage des Kernes in sich entwickelnden Pflan- zenzellen steht in der Regel in Uebereinstimmung mit der Funktion des Zellkernes als Trägers des die Ent- wickelung beherrschenden Idioplasmas.“ EI: Kleinere Mitteilungen. Eine Reise nach dem Jana-Lande und den Neu- Sibirischen Inseln. — Baron Eduard v. Toll berichtete in der” am 3. März d. J. abgehaltenen Sitzung der Gesellschaft für Erd- kunde zu Berlin über seine, in Begleitung des Dr. Bunge nach den Neu-Sibirischen Inseln unternommene Reise. Die Reisenden verliessen im Dezember 1884 Petersburg, am 5. März des folgenden | stiegen. den gelangten. Die Expedition blieb auf den Inseln bis zum Winter und benutzte die Zeit zu wissenschaftlichen Sammlungen und Beob- achtungen. Am 10. Juli war das Thermometer auf + 10° ©. ge- Der Pflanzenwuchs der Inseln ist sehr gering. Insekten \ sind zahlreich. Auch die Vogelwelt ist reich vertreten. Von Säuge- Jahres Irkutsk am Baikal-See, gelangten über Jakutsk die Lena | abwärts bis zu dessen östlichem Zuflusse Aldan, den sie eine Strecke _ weit verfolgten, und passierten dann nordwärts einen Pass, um das noch wenig bekannte Thal der Jana, welche in das Eismeer mündet, zu besuchen. Das Thermometer zeigte hier am 26. April — 380 C. Im Winter sinkt das Quecksilber oft bis tief unter —50° herab. Für die weitere Reise nordwärts, die schnell im Schlitten zurückgelegt wurde, musste die Pelzbekleidung der zunehmenden Kälte wegen bedentend vermehrt werden. In der von Jakuten spärlich bewohnten Gegend sind Stationen nur alle 20 bis 24 Stunden anzutreffen. Am 1. Mai war Werchojansk erreicht, welcher Ort schon jenseits des Polarkreises liegt. Die Jana wurde am 1. Juni eisfrei. Im August befanden sich die Reisenden an der Mündung dieses Flusses und an der Küste des Rismeeres. Hier liegt der Ort Kasatschje. Von demselben aus wurde in westlicher Richtung ein Ausflug quer durch die Tundra nach Bulun an der Lena unternommen. Der arktische Sommer machte sich hier durch die unermesslich vielen Mücken in empfindlicher Weise bemerkbar. Die Reisenden schützten sich gegen diese Plage durch Rauch und doppelte Schleier. Zurückgekehrt nach der Jana richteten sie ihre Winterquartiere ein. Die Nähe des Meeres milderte die Kälte, welche im Binnenlande viel inten- _ siver ist; nur zweimal im Winter stand das Thermometer tiefer E als —50° C. Im April 1886 wurde die Reise fortgesetzt, zunächst um den Mammutplatz aufzusuchen, der unter 71° n. Br. 35 Meilen östlich von Kasatschje liegt. Man sah den wohlerhaltenen Kadaver eines Mammuts teilweise in gefrorenem Lehm steckend auf einer mächtigen Bisschicht liegen; die Weichteile waren so gut erhalten. dass einer von den Eingeborenen Fleischstücke von den Gelenk- kapseln der Ulna behaglich verspeiste Vermittelst Hundeschlitten fuhr man alsdann zum Kap Swjatoi Noss und erreichte von hier ' aus bald die 10 Meilen vom Kap entfernte Ljachofski-Insel, die nächste der Neu-Sibirischen Inseln, wohin die Schlitten in neun Stun- tieren wurden Eisbären, Eisfüchse und wilde Renntiere gefunden. Auf der Ljachofski-Insel befinden sich die Knochenlager ausge- storbener Tiere, die namentlich vom Mammut, Nashorn und Moschus- ochsen herrühren. Die Mammutzähne locken viele Elfenbeinsammler nach den Inseln, die den ganzen Sommer auf diesen zubringen. Mitte Dezember 1886 kamen die Reisenden wieder in Kasatschje auf dem Kontinent an und kehrten nach Petersburg zurück. Das über diese Reise ausgearbeitete Werk, betitelt „Expedition nach den Neu-Sibirischen Inseln und dem Jana-Lande“, bildet den in diesem Jahre in St. Petersburg erschienenen III. Band der dritten Folge der „Beiträge zur Kenntnis des russischen Reichs“ und ent- hält sechs Karten. H. J. Kolbe. Ueber die giftigen Spinnen Russlands, von denen drei ein besonderes Interesse haben, hielt Prof. Dr. Kobert in einer der letzten Sitzungen der Dorp. Naturf.-Ges. einen Vortrag. I. Die Solpuge, Galeodes araneoides Pall., wird, da es kein eigentliches russisches Wort dafür giebt. vom Volke Phalang genannt, ein Wort, welches Aristoteles für gittige Spinnen über- haupt eingeführt hat, und das von Linn& dafür acceptiert wurde. Die erste genaue Kunde und zugleich leider auch die letzte stammt von dem Akademiker Pallas (1778). Danach soll sie ausserordent- lieh giftig sein und Menschen und Tieren eefährlich werden. Es ist aber jetzt wieder in Frage gestellt, ob sie giftig ist oder nicht. Experimente wurden über die Giftwirkung wenigstens nie angestellt und von keinem Zoologen die Anwesenheit der Giftdrüse nachge- wiesen. Dass ihr Biss eme starke Verwundung setzt, ist bei der Grösse des Tieres natürlich selbstverständlich und soll nicht be- stritten werden. Il. Die Tarantel, Trochosa singoriensis Lax., ist mit der italienischen nicht identisch und scheint weniger giftig als diese zu sein. In Berichten des vorigen Jahrhunderts wird zwar oft von der „giftigen Tarantel“ gesprochen, es ist jedoch nur sehr selten 46 ; Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. darunter die 'Trochosa zu verstehen. Wenn sie überhaupt dem Menschen gefährlich wird, so ist dies in den Monaten Juli und August der Fall. In anderen ist sie so wenig bösartig, dass in manchen Gegenden die Kinder mit ihr spielen können. An der Existenz ihrer Giftdrüsen ist nicht zu zweifeln; pharmakologische Versuche über das Gift liegen aber nieht vor. Hoffentlich findet sich noch Gelegenheit, solche in Dorpat anzustellen. Ill. Die Malmignatte, Lathrodeetustredecimguttatus Walk., kommt in Russland in einer bunten und einer schwarzen Varietät vor. Letztere wird Kara kurt, d.h. schwarzer Wolf, in anderen Gegenden auch schwarze Wittwe genannt. Mit Un- recht hat Prof. Kessler dieses Tier als ungiftig bezeichnet, dasselbe ist vielmehr, wie beispielsweise Motschulski behauptet hat, enorm giftig und ist dadurch schon den Schriftstellern des Altertums auf- gefallen. 1839 wurden von ihr an der unteren Wolga 7000 Rinder getötet. Für Pferde und Kamele ist sie aber noch viel gefährlicher. so dass in manchen Gegenden 33 Prozent aller Kamele daran zu Gründe gehen. Auch Berichte über Todesfälle nach ihrem Biss bei Menschen liegen bereits aus Spanien, Italien und Russland (z. B. von Ucke) vor. Vortragender untersuchte die Wirkung des Gittes der leben- den und der toten Spinne an Ratten, Vögeln, Katzen, Hunden und Fröschen. Für alle diese Tiere ist dasselbe gleich gefährlich; selbst der Igel kann demselben nicht widerstehen. Ob das Schaf es ver- mag, ist noch nicht ausgemacht, nach den Berichten der Reisenden aber denkbar. Kobert verbreitete sich weiter über das Zustande- kommen der Wirkung, die das Blut und das Herz sowie wahrschein- lich auch das Zentralnervensystem betrifft. Das Gift lähmt die ge- nannten Organe noch bei mehr als millionenfacher Ver- dünnung und ist hinsichtlich der Stärke seiner Wirkung nur mit dem Schlangengift zu vergleichen. Wie dieses, ist es bei innerlicher Darreichung ganz unwirksam. Während aber das Schlangengift sich nur in der Giftdrüse und nicht im übrigen Körper findet, wird das Malmignattengift im ganzen Körper und selbst in den Beinen und in den unentwickelten Eiern ange- troffen. Seiner chemischen Zusammensetzung nach ist es eine Ei- weisssubstanz und zwar ein sogenanntes Ferment. Daher wird es durch Kochen vernichtet. während das Schlangengift selbst bei mehr- minutlichem Kochen seine Wirksamkeit behält. An eine Identität beider Gifte kann also gar nicht gedacht werden. 3: Der grösste Ammonit. — Im Münsterlande ist, wie Prof. Landois in der Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. mitteilt, im vorigen Sommer ein Ammonit (Ammonites Coesfeldensis) gefunden worden, der durch seine Grösse gerechtes Staunen erregt und das grösste bekannte Weichtier überhaupt bilden dürfte. Während die grössten bisher gefundenen Ammoniten etwa 1 m Durchmesser hatten, zeigt dieser bei 35 em Dieke 1,50 m Durchmesser. Da daran nun auch noch die mindestens 1/; Umfang einnehmende Wohnkammer fehlt, so muss das Gehäuse des lebenden Tieres mindestens 2,40 m Durch- messer besessen haben. Das Gewicht des versteinerten Restes be- trägt 25 Centner! Denkt man sich das ausgewachsene Gehäuse gestreckt, so würde schon der letzte Umgang eine Länge von mehr als 7,5 m haben. Was wollen gegen solche Riesenformen die grössten, versteinerten Formen der zweiten Cephalopodenabteilung, die 2 m langen Orthoceren sagen? — Der genannte Riesenammonit fand sich in der obersten Kreide, und es hat von je Wunder genommen, dass gerade in dieser Schichtengruppe, in welcher die Ammoniten auf der ganzen Erde plötzlich ausstarben, die grössten Individuen auftreten. Eine Erklärung hierfür ist bisher nicht gegeben. Vermutungsweise hat Carus Sterne ausgesprochen, dass diese Tiere einen Meister in der Gefrässigkeit gefunden haben könnten in dem verwandten Stamm der gehäuselosen Tintenfische, welcher sich seitdem mannig- tacher entfaltete und sie aus dem Felde drängte. Sind doch von diesen Tintenfischen („Polypen“) Exemplare beobachtet worden, die mit ausgestreckten Armen 30 Fuss massen. Dr. E. Zimmermann. Donner und Blitz. — Bekanntlich kann aus der Zeit, welche zwischen dem Sichtbarwerden eines Blitzes und dem Hörbar- werden des darauffolgenden Donners verstreicht, auf die Ferne der heranziehenden Entladungsstelle (die Entfernung des Gewitters) ge- schlossen werden. Jede Sekunde, die nach einem Blitze donnerlos verläuft, entspricht nach dem Gesetze der Schallbewegung annähernd einer Entfernung von 330 m, so dass -—- da man mehrfach 40 Se- kunden zu zählen vermochte — der Halbmesser des ganzen. Schall- kreises eines Blitzschlages eine Länge von nahezu 2 Meilen = 15 km haben kann; nach einigen Angaben betrug derselbe bisweilen sogar 3, ja & Meilen; der Kreis des Blitzscheines in der Nacht ist bei weitem grösser (sein Halbmesser kann 30 Meilen = 225 km betragen), da das Licht der Gewitterwolke von den höchsten Cirruswolken zurückgeworfen werden kann. Da der Donner längs der ganzen Blitzbahn entsteht und zwar wegen der grossen Blitzgeschwindig- keit, die sich für 1 km nur auf zehntausendstel Sekunden beläuft, innerhalb sehr kurzer Zeit, weil aber ferner die Fortpflanzung des Schalles verhältnismässig langsam geschieht, so werden wir das- jenige Donnergeräusch zuerst hören, welches an der uns zunächst gelegenen Stelle der Blitzbahn entsteht, während die weiteren Schall- wellen in dem Masse später nächfolgen werden, als sie an ferneren Stellen ihren Ursprung nehmen. der Dauer eines Donnerschlages einen gewissen Schluss auf die Länge der Blitzbahn machen (genauer zunächst nur auf die Länge des Teiles der Bahn von dem dem Beobachter am fernsten bis zu dem ihm am nächsten gelegenen Punkte), wenn wir ausserdem die Riehtung der Bahn in Betracht ziehen. Als grösste Länge hat sich so 8000 m, als durehschnittliche 1000 m ergeben. — Die Ursache der Lufter- schütterung, welche sich uns als Donner kundgiebt, hat man inder Wärmeausdehnung der Luft erblicken wollen. Ueber eine solche selbst ist aber nichts bekannt; es ist noch sehr zweifelhaft, ob der Blitz, welcher in festen Körpern eine grosse Erhitzung zu erzeugen ver- mag, wie es insbesondere die Blitzröhren lehren, in dünnen oder lockeren Stoffen, welehe ausweichen können, auch nur entfernt ähn- liche Wirkungen nach sich zieht. So wird z. B. trockenes Schiess- pulver durch einen Blitzschlag auseinander gestreut, ohne zu zünden. Zudem müsste, damit ein Schall entstehen könnte, die Luft nach der Ausdehnung plötzlich wieder an Dichte zunehmen, die Wärme also plötzlich verlieren, was nicht anzunehmen ist. In dem vorigen Jahr- gange (1887) der Zeitschrift „Das Wetter“ wird daher die Ansicht ausgesprochen, dass die Ursache des Donners in der plötzlichen mechanischen Ausdehnung und in dem ebenso plötzlichen Zu- . sammenschlagen der Luft längs der ganzen Bahn zu suchen ist. Diese Ansicht stützt sich auf die Thatsache, dass der Blitz auf die von ihm getroffenen Körper mechanisch zerreissend, zersprengend wirkt. — Käme es bei der Entstehung des Donners bloss auf Er- hitzung an, so müsste derselbe auch bei Meteoriten zu hören sein, die in der Atmosphäre bis zu 6000°C. erhitzt werden, während bei ihnen doch nur ein kurz dauerndes Geräusch unterschieden werden kann, das vielleicht von einer Explosion herrührt. Dr. K. F. Jordan. Ausnutzung des Niagarafalles zur Elektrieitäts- erzeugung. — Die von Dr. William Siemens vor längerer Zeit gegebene Anregung, die Wasserfälle zum Betriebe von dynamo- elektrischen Motoren zu benutzen, ist nach dem „Centralblatt für Elektrotechnik“ bei den berühmten Niagarafällen ausgeführt worden. Die Anlage wird den umliegenden Ortschaften grossen Vorteil ge- währen, da die Kosten sehr geringe sind. Dabei ist der Bezirk, welcher von dieser Stelle aus mit Elektrieität versehen werden soll, ein sehr ausgedehnter, denn sogar das 32 km entfernte Buffalo ver- langt allein ein Zehntel der gesamten Kraft zum Betriebe der elek- trischen Beleuchtung. Vorläufig wird den Fällen nur ein Prozent ‚des Wassers entzogen, doch wird man wohl in kürzerer oder längerer Zeit eine neue Anlage machen müssen, da die Anfragen wegen des Anschlusses an das elektrische Stromnetz sich ausserordentlich häufen. Das grösste astronomische Fernrohr der Erde. — Für die Lick-Sternwarte in Kalifornien ist von den Mechanikern Warner und Swassey in Cleveland (Nord-Amerika), wie die Zeitschrift für ° Vermessungswesen mitteilt, ein Fernrohr hergestellt worden, dessen Grösse alles ähnliche in den Schatten stellt. Das Fernrohr wird von einer quadratischen gusseisernen Säule getragen, die nicht weniger als 360 Zentner wiegt und für sich die Höhe eines dreistöckigen Gebäudes besitzt. Diese Säule trägt zunächst einen 80 Zentner schweren Aufsatz, innerhalb dessen sich eine 28 Zentner wiegende Stahlaxe von 10 Fuss Länge befindet, welche der Erdaxe parallel gerichtet ist. 23 Zentner schwere Deklinationsachse. Die letztere wieder hat das Rohr zu tragen, welches, bei einer Länge von 50 Fuss, aus dünnem Stahlblech - hergestellt ist. Das Objektivglas, dessen Durchmesser 36 Zoll und dessen Gewicht 638 Pfund beträgt, lässt eine 4000fache Vergrösserung zu. Die verschiedenen Teilkreise werden durch elek- trisches Glühlicht beleuchtet und können vom Okularende des Fern- rohres abgelesen werden. Desgleichen kann man jede dem Instru- mente zu erteilende Bewegung vom Okularende aus bewirken. Damit der beobachtete Himmelskörper immer in der Mitte des Sehfeldes bleibt, wird das Fernrohr durch ein genau reguliertes Uhrwerk um seine Achse gedreht. so dass es der Bewegung des Objekts folgt. Wenn das Instrument nach dem Zenith gerichtet ist, so hat das Objektivglas eine Höhe von 22 m über dem Säulenfuss. Das Ge- wicht des ganzen Instrumentes beträgt 650 Zentner. A. Gutzmer. Astronomischer Kalender. — Am 2. Mai geht die Sonne auf um 4 Uhr 26 Minuten, sie geht unter um 7 Uhr 26 Minuten; Mondaufgang 2 Uhr 0 Minuten früh, Untergang mittags 11 Uhr 5 Minuten. Am 9. Mai geht die Sonne auf um 4 Uhr 14 Minuten, sie geht unter 7 Uhr 38 Minuten; Mondaufgang nachmittags 4 Uhr 14 Minuten, Untergang abends 7 Uhr 38 Minuten. Am 2. Mai nachts Deswegen können wir auch aus An dieser befindet sich wieder die 10 Fuss lange und ua 2 TE gr [ ee u a a a a ne ET EN UL 12 Uhr 40,7 Minuten letztes Viertel. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von der letzteren ab- ziehen am 2. Mai 3 Minuten 15,9 Sekunden, am 9. Mai 3 Minuten 44.4 Sekunden. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. An welcher Stelle sagt Darwin in seinen Werken von dem ersten oder den ersten Wesen, von welchen die übrigen abstammen sollen, „dass diese von Gott geschaffen worden seien“? (Vergl. „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“ Bd. I Seite 181). Auf Seite 488 der ersten deutschen Uebersetzung des Darwin- schen Buches über die Entstehung der Arten, die wir H.G. Bronn verdanken (E. Schweizerbart. — Stuttgart 1860), findet sich der folgende Satz: Daher ich annehme, dass wahrscheinlich alle organi- schen "Wesen. die jemals auf dieser Erde geleht, von irgend einer Urform abstammen, welcher das Leben zuerst vom Schöpfer einge- haucht worden. ist.“ In späteren Auflagen (z. B. Seite 573 der 6. deutschen von J. Vietor Carus besorgten Auflage. — Stuttgart 1876) lässt Darwin an dieser Stelle jedoch den Schöpfer weg und der ent- sprechende Satz lautet hier folgendermassen: e, Und wenn wir dies zugeben, so müssen wir auch zu- geben, dass alle organischen Wesen, die jemals auf dieser Erde ge- lebt haben, von irgend einer Urform abstammen.“ Allein der Anfang des Schlusssatzes des ganzen in Rede stehenden Werkes lautet in allen Auflagen: Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns neiebn ‚nur wenigen Oder nur einer einzigen Form eingehaucht hat, 3 Litteratur. Prof. Dr. B. Schwalbe: Griechisches Elementar- buch, Grundzüge des Griechischen zur Einführung in das Verständnis der aus dem Griechischen stammenden F'rremd- wörter. Berlin, S. Reimer 1887. Preis gebunden 3,20 MH. Das vorliegende Buch enthält eine praktische und theoretische ‘Widerlegung der Ansicht, dass ohne die auf den humanistischen Gym- nasien gebotene Kenntnis der griechischen Sprache die Erklärung und das Verständnis der wissenschaftlichen Nomenklatur überhaupt unmöglich sei. Es wäre ja auch kläglich, wenn man eines so rein äusserlichen Zweckes willen die edle Sprache der Hellenen auf den Gymnasien 6 Jahre hindurch gelernt würde. Ist ja doch auch in jeder Wissenschaft die Sachkenntnis das eigentlich wesentliche und wichtige, während die Wortkenntnis nur Vokabelwert besitzt. Schwalbe zeigt, dass die Deutung der aus demGriechischen stammen- den termini techniei auf einfachere und leichtere. aber doch rationelle Weise erreicht werden kann. Er zeigt aber auch, dass in der Medizin, Mathematik, Naturbeschreibung, besonders aber in der Chemie und Physik neugebildeten Worte keineswegs alle mit dem Primaner- griechisch zu erklären sind, dass die meisten Klassizisten „sich mit der Empfindung begnügen, dass das Wort aus dem Griechischen stammt.“ (Wie viele Philologen werden in diesen Wochen um die Erklärung des Wortes „Perichondritis“ auch von „klassisch Ge- bildeten“ angegangen worden sein! ?). Es ist sehr dankenswert, dass Schwalbe mit grosser Sorgfalt und Umsicht „aus der Summe der griechischen Sprachkenntnis heraus, wie sie auf dem Gymnasium erlangt wird, dasjenige zusammenstellt, was für das Wortverständnis des gewöhnlichen Lebens und der wissenschaftlichen Nomenklatur von Wichtigkeit ist“; er leistet damit auch uns gymnasial Gebildeten einen grossen Dienst. Aber noch mehr haben ihm diejenigen für das Buch zu danken, welche einen realistischen Bildungsweg zurückgelegt haben; denn sie gewinnen daraus jedes wünschenswerte Wortverständnis für die dem Griechi- schen entlehnte Nomenklatur. Diese Nomenklaturen sind übrigens grossenteils recht willkürlich gewählt und erfordern die Kenntnis der verschiedensten Sprachen, wie Schwalbe u. a. in seinem Vortrage . auf der deutschen Naturforscherversammlung 1886 dargethan hat. Die Grundsätze, nach welchen er sein Elementarbuch ausge- “arbeitet hat, legt der Verfasser im Vorworte ausführlich dar: wir können denselben nur beistimmen. Auch an der Ausführung des Planes im Einzelnen dürfte wenig auszusetzen sein. Die Beispiele für die Lese- und Uebersetzungsübungen sind recht passend gewählt; erwünscht aber wäre die Hinzufücung einer kurzen Quellenangabe. Die interlineare Uebersetzung könnte für wissenschaftlich Gebil- dete etwas freier gestaltet sein. Und so hätte der eine vielleicht dieses, der andere jenes zu wünschen. Aber jeder wird den grossen Wert dieser ebenso mühevollen als verdienstlichen Arbeit freudig und bereitwillig anerkennen. Das zuverlässige Register macht das Ele- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 47 ——— _——. sun a mentarbuch übrigens auch zu einem wertvollen Nachschlagebuch für jeden: höher Gebildeten, insbesondere für den ‚Jünger der Natur- wissenschaft. Dr "Th. Bach. Direktor des Falk-Real-Gymnasiums zu Berlin. Amsel, H., Grundzüge der anorganischen und organischen Chemie als Leitfaden und zu Repetitionen für Mediziner, Pharmazeuten, Chemiker ete. 80, Preis 3. A 60 4. R. Friedländer & Sohn in Berlin. Bungartz, J., Kaninchen-Rassen. Illustriertes Handbuch zur Be- urteilung der Kaninchen-Rassen. 8%. Preis 2 A. Üreutz'sche Buchh in Magdeburg. Emmerig, A., Unser nächtlicher Sternenhimmel. 8°. M. Illustr. u.1 Karte. Preis kart. 2.40. Buchner'sche Verl.-Buchh. in Bamberg. Erde, die, in Karten und Bildern. Hand-Atlas in 60 Karten u. 800 Illustr. 25. Lfg. Fol. M.1 Karte. Preis 80 s. A. Hart: leben's Verlag in Wien. Hoppe, J. J., Erklärung der Sinnestäuschungen (Hallucinationen und Illusionen aller fünf Sinne) bei Gesunden und bei Kranken. Beitrag zur Lehre von den Geisteskrankheiten. 4. Aufl. gr. 8°. Preis 5 A. Adalbert Stuber's Verlagsh. in Würzburg. Israel-Holtzwart, K., Beiträge zur Anwendung unendlicher Reihen im Gebiete der Bahnberechnung der Planeten uw. Kometen. gr.8. Preis 2# 40.4. J. F. Bergmann in Wiesbaden. Krieger, R., Grundriss der Zoologie. Für höhere Lehranstalten. 2. Aufl. gr. 8%. M. Illustr. Preis 140 60 4, kart. 1M 80 4. F. A. Brockhaus in Leipzig. Krist, J., Anfangegeinde der Naturlehre. 5. Aufl. 8°. müller in Wien. Leuckart, R., u. H. Nitsche, Zoologische Wandtafeln zum Ge- brauche an Universitäten und Schulen. 26. Lfg. Taf. 57, 62 u. 63. & 4 Blatt. Lith. u kolor. Fol. Mit Text. 4°. Preis 9 M. F. Aufziehen auf Leinw. m. Rollen & Taf. 342. Theodor Fischer in Kassel. Pietsch, J., Herleitung und Aussprache der wissenschaftlichen Namen in dem 2 F. v. Zeeger schen Verzeichnisse der Vögel Deutschlands. '. 80. Preis 2 #2. Carl Gerold's Sohn, Ver- lagsbuchh. in wien. Rabenhorst’s L., Kryptogamen-Flora von Deutschland, Oester- reich und der Schweiz. 2. Aufl. 3. Bd. Die Farnpflanzen oder Getässbündelkryptogamen v. Ch. Luerssen. 11. Lfg. gr. 8°. Preis 2 A 40 4. Eduard Kummer in Leipzig. Rahmer, S., Physiologie oder die Lehre von den Lebensvorgängen im menschlichen und tierischen Körper. 8. u. 9. Lfge. gr. 8°. M. Illustr. Preis pro Lfg. 50 4. Otto Weisert in Stuttgart. Schubert, A., Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen-Seminare. 1. Teil. gr. 8%. M. Illustr. Preis geb. 2 A. Paul Parey in Berlin. Settegast, Die Lehre der Tierzucht, vertreten in der zovtechnischen Abteilung d. Museums der königl. landwirtschaftl. Hochschule in Berlin durch Sammlungen. 3. Aufl. gr. 8°. M. Illustr. Preis 1 A. Paul Parey in Berlin. Steinthal, H., Der Ursprung der Sprache im Zusammenhange mit den letzten Fragen alles Wissens. 4. Aufl. gr 8°. Preis 8 #£. Ferd. Diümmler's Verlagsbuchh. in Berlin. Vogel, H., Schulmaturgeschichte. Ausg. B. Ein Wiederholungs- buch für Schüler. 2. Heft. gr.8°%. Preis 364. H.W. Schlimpert in Meissen. Wächter, Ch., methodischer Leitfaden für den Unterricht in der Zoologie. 1. u. 2. Tl. gr. 8%. Preis 3 # 504. Inhalt: 1. Die Wirbeltiere.e. (XIX, 215 S. m. Illustr.) Preis 2 #4. — 2. Die wirbellosen Tiere. (IX, 140 S. m. Illustr.) Preis 1 4 50 2. Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. Ausg. f. Realschulen. 264 S. Preis geb. 2 # 50 „4. Wilhelm Brau- Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Briefkasten. Herrn L. u. a. — Wir beschränken uns — der Richtung unseres Blattes entsprechend — in unserer Rubrik „Fragen und Antworten“ auf die Beantwortung von Fragen aus den Gebieten der Naturwissenschaften. 48 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- Gesuchen und -Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Samm ee ee er ete. vermitteln. SELL EEE 2 EIEREREEETETERESIEEEREN In Ernst Günther’s Verlag in Leipzig erscheint: Die menschliche | nach ihrer Entstehung und natürlichen Entwicklung er Friedr. v. Hellwald. In 10 monatlichen Lieferungen zu 1 Mark. Aus dem reichen Inhalt lassen wir folgende Uebersicht folgen: 1) Die Geschlechter u. d. Paarungstrieb, | 9) Exogamie und Clanbilduug. B 2) Werbesitfen, Geschlechtsverkehr im | 10) Das Matriarchat etc. 11) Polyandrie u. verw. Erscheinungen. 12) Der Frauenraub und seine Folgen. 13) Die Kaufehe und ihre Verbreitung. 14) Das Patriarchat. 15) Die antike Familie. 17) Die väterliche Familie der neueren Zeit etc. etc. Tierreich. 3) Die Familie im Tierreich. 4) Natur- und Urmensch. 5) Das Schamgefühl u. dessen Aeusse- rungen. 6) Kuss und Liebe. 7) Der Geschlechtsverk. in der Vorzeit. | Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen oben: schrift‘ ist in den Stand gesetzt, die erste Lieferung vorzulegen und Bestellung auf die Fortsetzung entgegen zn nehmen. Grundzüge der Meteorologie. Die Lehre von Wind und Wetter nach den neuesten Forschungen gemeinfasslich dargestellt von H. MOHN Professor der Meteorologie an der Universität zu Christiania, Divektor des norwegischen meteorologischen Instituts. Deutsche Original-Ausgabe. Vierte verbess. Auflage m. 23 Karten u. 36 Holzschnitten, 1887. Preis gebunden 6 Mark. Zu haben bei der Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochen- schrift‘, Berlin SW. 48. BED FERBESHREE ET EEE ER E Gegen Einsendung von 1 # 20 „ pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. EBleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. =, Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Bleg. geh. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- bildungen. Eleg. geb. Becker, Dr. "Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. Mit 68 Ab- bildungen. Eleg. geb. 5 Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Elee. geb. Peters, Prof. Dr. 6. F. W., Die Fixsteme. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Bleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. A, Die Elektrieität und ihre Anwendung, Mit 119 Abbildungen. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die eng der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geh. Berlin SW. 48. Riemann & Möller. [BE FR ERTEILEN Az 52) Von Aquarien, Terrarien, Fontänen, Felsen, Fischen, Reptilien, Pflanzen, Laubfrosch- l. Wetterhäuschen, Bienenzuchtge- ‚ räthen vers. illustr. Preislist& gratis W. Siebeneck, Mannheim. (51) "979 noTIsuagnpsepf | “uasuonquagrayag 2 Neue Preisliste über Coleopteren ER R ist erschienen u. wird an kaufende sE2 Sammler gratis u. franko eingesandt. Er SER K. V. Steigerwald, Entomologe ws razrzeR [80] im Chotebor (Bohemia). a SBsEtE er ee ee ne] ER 5B53 ® {e) -} Se fe} ABS: oO © Se Joreqıwegum Sätpq WIEPBLISJULF ‚oqueıen) o}yosunmod opel Yor owyaursqn „uoyen\ one and treuer Kunden an Freunde fand tausendfach der vorzügl. Holländ. Tabak. B. Becker in Seesen a. Harz [32] nz uopIom oroMesIepr[LIlepIoA "um SIyeıd yoou yor eypsne} uuep pun uosseryos agoıT uepoy pP uumy -93 Yorywe purs uoyeA\ eurem ey — Jopop 'OWWoUSLTEA\ ureur dung Iumuerpag erfoeı Zuers ma "yny -oäsne Ioqnes uepIem uamyeıwdoy Aahhadahaadtsahshrdahaan unserer „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ liegt ein Prospekt: von A. Pichler’s Wwe. & Sohn in Wien über empfehlenswerte Bücher, Lehrmittel etc. bei. = = ° I Ile & ® = = © = z Sg © So BD. 5 SS © al je = © les) 4 = z . [<) = 2 + [a . N a Ss D Band (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von X 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von #210 (in Briefmarken.) Einzelne Nummern kosten 25 2. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. — MEYERS KONVERSATIONS- LEXIKON VIERTE AUFLAGE. Das 1. Heft und den 1. Band liefert jede Buchhandlung zur ‚Ansicht. Achtzig Aquarelltafeln. + "mal wı usßunpjtggy 000€ 256 Hefte ä 50 Pfennig. — 16 Halbfranzbände ä 10 Mark. SEE” Zu beziehen durch Riemann & Möller in Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226. Inserate für Nr. 8 Bei Benutzung der der „Naturwissenschaftlichen Inserate bitten wir un- Wochenschrift“ müssen späte- sere Leser höflichst, auf stens bis Sonnabend, I2. Mai in die „Naturwissenschaftliche a a SE Wochenschrift“ Bezug neh- Die Expedition. men zu wollen. Inhalt: Dr. V. Schlegel: Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. — Ueber die Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. (Mit Abbild.) — Kleinere Mitteilungen: Eine Reise nach dem Jana-Lande und den Neu-Sibirischen Inseln. — Ueber die giftigen Spinnen Russlands. — Der grösste Ammonit. — Donner und Blitz. — Ausnutzung des Niagarafalles zur Elektrieitäts-Erzeugung. — Das grösste astronomische Fernrohr der Erde. — Astronomischer Kalender. — Fragen und Antworten: An welcher Stelle sagt Darwin in seinen Werken von dem ersten oder den ersten Wesen, von welchen die übrigen abstammen sollen, „dass diese von Gott geschaffen worden seien“? — Litteratur: Prof. Dr. Griechischen zur Einführung in das Verständnis der aus dem Griechischen stammenden Fremdwörter. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesan. B. Schwalbe: Griechisches Blementarbuch, Grundzüge des — Bücherschau. — Briefkasten. Süämtlich in Berlin. Verbreitung durch Empfehlung 10 Pfad. tranko 8H bei DEE Ter heutigen Nummer Aa 22 2 1 2 2 I ze Redaktion: U. Band. | Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 2.—; Bringegeld bei der Post 15,4 extra. Sonntag, den 13. Mai 1888. Y 1010) ale Was die naturwissenschaftliche Forschung aufgiobt an weltum- Zauber der Wirklichkeit, de Schöpfungen schr Ss Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. | Nr. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Sehlegel. (Fortsetzung) Schwieriger wird der Fortschritt ins Mehrdimensionale da, wo die rechnerische Begründung dieses Fortschrittes nach der Natur der Sache ausgeschlossen oder nur künst- lich zu erlangen ist. Ein Beispiel für diesen Fall bietet die Frage nach der Anzahl und Beschaffenheit der so- genannten regulären Gebilde, zunächst im vierdimen- sionalen Raume. Man weiss, dass es in der Ebene re- guläre Vielecke von jeder beliebigen Seitenzahl giebt, die das gemeinsame Merkmal haben, dass ihre Flächen von lauter gleichlangen Strecken begrenzt werden, von denen immer je zwei in einem Eckpunkte, und zwar unter lauter gleichen Winkeln zusammenstossen. Die entsprechenden Gebilde des Raumes sind die regelmässigen Körper, die von kongruenten regelmässigen Vielecken begrenzt werden, von welchen in jeder Ecke des Körpers eine gleiche Anzahl zusammenstösst, während in allen Kanten je zwei Flächen unter gleichen Winkeln zu- sammentreffen. Solcher Körper giebt es bekanntlich nur ‘ fünf. Unter diesen werden drei von gleichseitigen Drei- ecken begrenzt, von welchen in jeder Ecke drei (beim Tetraöder) oder vier (beim Oktaöder) oder fünf (beim Ikosa&der) zusammenstossen; einer (der Würfel oder das Hexaöder) wird von Quadraten, einer (das Dodekaöder) von regelmässigen Fünfecken begrenzt, wobei jedesmal | drei Grenzflächen um eine Ecke gelagert sind. Es ist nun nachgewiesen, dass auch der vierdimensionale Raum ganz analoge regelmässige Gebilde besitzt, die ihrerseits wieder von regelmässigen Körpern begrenzt werden, und zwar so, dass bei jedem dieser Gebilde in allen Ecken und Kanten jedesmal gleich viele Grenzkörper zusammen- treffen. Solcher Gebilde giebt es sechs, und zwar sind ' die Grenzkörper in drei Fällen Tetraöder, in je einem Falle Hexaöder, Oktaöder und Dodekaöder. Dehnt man ‚ diese Betrachtungen auf Räume von beliebig vielen Dimen- sionen aus, so findet sich, dass drei Arten regelmässiger Gebilde in jedem dieser Räume vertreten sind. Die erste Reihe von Gebilden beginnt in der Ebene mit dem gleichseitigen Dreieck, begrenzt von drei kon- gruenten Strecken; dann folgt im dreidimensionalen Raume das regelmässige Tetraöder (Vierflach), begrenzt von vier kongruenten eleichseitigen Dreiecken, und im vier- dimensionalen Raume das sogenannte Fünfzell, begrenzt von fünf kongruenten regelmässigen Tetraödern. Die zweite Reihe beginnt in der Ebene mit dem Quadrat (Viereck), begrenzt von vier kongruenten Strecken, setzt sich im dreidimensionalen Raume fort mit dem Würfel (Sechsflach), begrenzt von sechs kongruenten Quadraten, und im vierdimensionalen Raume mit dem Achtzell, begrenzt von acht kongruenten Würfeln. Die dritte Reihe beginnt in der Ebene ebenfalls mit dem Quadrate; es folgt im gewöhnlichen Raume das Oktaöder (Achtflach), begrenzt von acht kongruenten Dreiecken, und im vierdimensionalen Raume das Sechzehnzell, begrenzt von sechzehn Tetraödern. Das Bildungsgesetz dieser drei Reihen von Gebilden ist nach diesen Angaben auch für die höheren Räume leicht zu erkennen. Aber so einfach auch für das abstrakte Denken der Fortschritt in den vierdimensionalen Raum sich oft ge- or pe Naturwissenschaftliche Wochenschrift. staltet, immer wieder macht sich der Mangel an An- Raum betreffen, auf das Störendste geltend, und selbst geübte Forscher sind Irrtümern aus diesem Anlass nicht entgangen. Man hat daher auch nach verschiedenen Richtungen überlegt, wie wohl diesem Mangel abzuhelfen sei. Die gründlichste Abhilfe wäre freilich die, dass es uns gelänge, unsere geometrische Vorstellungskraft in der Weise auszubilden, dass es uns möglich würde, vier- dimensionale Gebilde uns im Geiste ebenso vorzustellen, wie es mit den dreidimensionalen Gebilden der Fall ist. Man könnte nämlich so argumentieren: Dasjenige Sinnes- organ, welches in erster Linie uns geometrische An- schauungen vermittelt, das Auge, giebt uns ursprünglich auch nur die Eindrücke von Flächen, also zweidimen- sionalen Grössen. Nicht anders steht es mit dem das Auge unterstützenden Tastsinn. Trotzdem erwerben wir uns vom Beginn unseres Lebens an allmählich die Fähig- keit, die uns umgebende Körperwelt als eine dreidimen- sionale zu erkennen, und ebenso auch nach Belieben, ohne Zuhilfenahme des Auges, uns dreidimensionale Ge- bilde aller Art so anschaulich vorzustellen, wie wir es zum Zwecke geometrischer Einsicht nur verlangen können. Dass im übrigen diese letztere Fähigkeit, sich räumliche Dinge vorzustellen, je nach dem darauf verwandten Masse von Uebung eine sehr verschiedene sein kann, thut hier nichts zur Sache. An diese Thatsache liesse sich nun die Erwartung knüpfen, dass, wenn nicht das Auge, so doch vielleicht die geometrische Phantasie das erwähnte Vorstellungsvermögen so ausbilden könnte, dass zu dem hinzuerworbenen Sinne für die dritte Ausdehnung auch noch der für die vierte treten könnte. Es ist aber leicht einzusehen, dass dieser Gedanke gänzlich hoft- nungslos ist. Dasjenige nämlich, was unsere Wahr- nehmungsfähigkeit für dreidimensionale Dinge ‘erzeugt und ‘ausbildet, ist erstens die Erfahrung, welche wir teils mittelst des Auges durch die Bewegungserschei- nungen unseres eigenen Körpers und der uns umgebenden Welt, teils mittelst unseres Tastsinnes erlangen, zweitens unser Urteil, welches die durch Sehen und Fühlen ge- wonnenen Erfahrungen combiniert, und die immer nur zweidimensional bleibenden Wahrnehmungen des Gesichts- und Tastsinnes zu einem der objektiven Wirklichkeit entsprechenden Bilde vereinigt.*) Aber erst diese ge- steigerte Fähigkeit des Gesichtssinnes befähigt uns auch *) Die Hilfe, welche das stereoskopische Sehen mit zwei Augen gewährt, kommt natürlich ebenfalls in Betracht. — Wie sehr übrigens selbst für ein normal ausgebildetes Auge in besonderen Füllen der Mangel jener Erfahrung und jenes Urteils das objektive Sehen beeinträchtigen kann, und wie unbehilflich das Auge in solchen Fällen wird, bemerken wir am besten, wenn wir vom Gipfel eines hohen Berges eine tief unter uns liegende Landschaft betrachten. Dieselbe wird unserem Auge verhältnissmässig eben erscheinen, und so überraschend der durch diesen Umstand gesteigerte Eindruck der Höhe unseres eigenen Standpunktes ist, ebenso überraschend wird beim Abstieg die Entdeckung von allerlei förmlich unter unseren Augen anwachsenden Unebenheiten sein, von deren Vorhandensein wir oben keine Ahnung hatten. Aehnlichen Täuschungen ist namentlich das Auge des Bewohners der Ebene im Gebirge auch beim horizon- talen Sehen ausgesetzt. | zur Bildung von Vorstellungen dreidimensionalen Inhalts, schaulichkeit bei allen Begriffen und Sätzen, welche diesen | denn mit der Wahrnehmungsfähigkeit wird gleichzeitig unser Vorstellungsvermögen ausgebildet, welches beständig Veranlassung hat, die Gegenstände der Wahrnehmung innerlich (vor dem „geistigen Auge“) zu reproduzieren. Vergleichen wir mit diesen Thatsachen die Bedingungen, unter welchen eine Vorstellung von vierdimensionalen Gebilden möglich wäre, so ist vor allem klar, dass hier die wesentliche Grundlage vollständig fehlt, nämlich das Vorhandensein einer vierdimensionalen Aussenwelt, aus welcher wir die Erfahrungen schöpfen könnten, welche die ursprüngliche Thätigkeit unserer Sinneswerkzeuge ergänzen würden. Es ist dahe: auch dem Geiste un- möglich, sich irgend welche Vorstellungen auf diesem Gebiete zu bilden. Denn wenn der Geist auch frei schaffen und sich Dinge vorstellen kann, die das Auge nie gesehen hat, so bleibt doch dieses Schaffen stets in die allgemeinen Grenzen gebannt, die auch der Wahr- nehmung des Auges gesteckt sind. Mit anderen Worten: wir können uns nur solche Gegenstände und Gebilde vorstellen, von denen wir, wenn wir sie nicht schon ge- sehen haben, doch wenigstens begreifen, dass wir sie sehen könnten. . Muss nun auf eine direkte Wahrnehmung und Vor- stellung von Gebilden mit mehr als drei Dimensionen endgiltig verzichtet werden, so kann man zunächst ver- suchen, die vierte Dimension durch irgend ein Surrogat der Vorstellung näher zu bringen. Gesetzt, wir betrachten die gewöhnliche perspektivische Zeichnung eines undurch- sichtigen Würfels, bestehend aus einem Quadrat mit zwei anstossenden Parallelogrammen. Ein im Betrachten solcher Zeichnungen ungeübtes Auge wird im vorliegenden Falle vielleicht nur die eben erwähnten ebenen Figuren sehen, nicht aber eine Darstellung des räumlichen Körpers. Denn es ist eben bei dieser Abbildung eines Körpers auf einer Ebene eine Dimension verloren gegangen. Erscheint aber etwa das Quadrat in hellgrauer Färbung, und die beiden Parallelogramme in zwei abgestuften dunkleren Farbentönen, so kann die Färbung jedes einzelnen Punktes der Zeichnung gewissermassen als ein Surrogat der fehlen- den dritten Dimension angesehen werden, so dass wir statt mit Länge, Breite und Dicke ‘nunmehr zu thun haben mit Länge, Breite und Farbe. Der Nutzen dieses Surrogats bewährt sich sogleich darin, dass es dem Auge dadurch leichter wird, in der Zeichnung die Darstellung eines körperlichen Gebildes zu erkennen, weil ein wirk- licher Würfel unter gewöhnlichen Beleuchtungsverhält- nissen ähnliche Abstufungen in der Färbung seiner sicht- baren Flächen zeigt. In ähnlicher Weise könnte man allgemein sagen, dass bei einem in Farben ausgeführten Gemälde die fehlende dritte Dimension für das Auge durch die Farben ersetzt wird, bei einem Holzschnitt oder Kupferstich durch die Schattierungen, während eine nur die Umrisse der Gegenstände bietende Skizze die Vorstellung des- Körperlichen am unvollkommensten her- vorrufen wird. Wenn trotzdem solche Skizze, von der AR Rn. vi aubssars Ve N I Br ur Ve ET 0 ee ee „ Nr. 7: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 51 Hand eines Meisters hervorgebracht, grossen Werth haben kann, so liegt der Grund .darin, dass ein geübtes Auge ‘sich von selbst ergänzt, was der Skizze zur Hervor- | bringung ‚eines körperlichen Eindruckes fehlt, gerade so wie ein im Betrachten stereometrischer Zeichnungen ge- übtes Auge mit der einfachen Darstellung der Ecken und Kanten eines Körpers sich begnügt, um aus einer solehen Zeichnung den Eindruck des Räumlichen zu ge- winnen. Noch -auffälliger und einfacher als an dem oben gegebenen Beispiele der Würfelzeichnung zeigt sich der Nutzen des Verfahrens, jedem Punkte der ebenen Zeich- nung eines Körpers eine bestimmte Färbung zu geben, wenn ein gewöhnlicher Kreis als Bild einer Kugel be- trachtet werden soll. Denn hier giebt die einfache Zeichnung auch dem geübten Auge durchaus keine Ver- anlassung, etwas Räumliches in ihr zu sehen, während eine zweckmässige Färbung aller Punkte durch abgestufte Farbentöne sofort ein plastisches Bild der Kugel erzeugt und die fehlende dritte Dimension ergänzt. An dieses Beispiel wollen wir denn auch anknüpfen, um Surrogate für die vierte Dimension zu betrachten. Wie nämlich die zweidimensionale Kreisfläche als Abbild des drei- dimensionalen Kugelkörpers, so kann dieser wieder als Abbild eines analogen vierdimensionalen Gebildes be- trachtet werden. Denken wir uns nun eine Kugel aus Sandstein, und alle Körnchen derselben in einer be- stimmten Abstufung der Farbentöne gefärbt, so lässt sich sagen, dass in dieser Kugel, wenn sie als Abbildung jenes vierdimensionalen Gebildes gelten soll, die fehlende vierte Dimension ebenso durch die Farbe ersetzt‘ wird, wie in dem Kreise als Abbildung der Kugel die fehlende dritte Dimension. — Aber hier entsteht sofort die Frage: Leistet in diesem Falle die Farbe etwas Aehnliches für die Anschauung oder Vorstellung wie vorhin? Keines- wegs! Denn vorhin wurde durch die gefärbte Zeichnung eine bekannte Vorstellung geweckt, nämlich die des An- blicks, welchen eine wirkliche Kugel bietet. Hier aber handelt es sich darum, dass eine ganz neue, vorher un- bekannte Vorstellung, nämlich die eines vierdimensionalen Körpers, erzeugt werden soll. Und das leistet das Surrogat der fehlenden Dimension nicht, mag es nun Farbe heissen, wie wir hier angenommen haben, oder Masse, oder An- ziehung, oder wie sonst die Versuche heissen mögen, die man in dieser Richtung angestellt hat. Es scheint sogar; dass gerade aus einem Missverständnis derartiger Ver- suche die irrtümliche Auffassung stammt, als liege es im Begriff des vierdimensionalen Raumes, dass dem Welt- raum oder den in ihm enthaltenen Gebilden eine vierte Dimension beigelegt werde. (Fortsetzung folst.) Ueber die Klangfiguren quadratischer Platten. Von August Gutzmer. Wie eine gespannte, durch Streichen mit dem Bogen in Schwingung versetzte Violinsaite sich in eine bestimmte Anzahl gleicher, entgegengesetzt schwingender Teile teilt, welche durch ruhende Punkte (Knotenpunkte) von ein- ander getrennt sind, so besitzt bekanntlich eine irgend- wie geformte elastische Platte, die am -besten ebenfalls | durch Streichen mit dem Bogen zum Schwingen gebracht wird, Linien (Knotenlinien), an denen keine Bewegung - stattfindet. Den Verlauf dieser Knotenlinien oder die sogenannte Klangfigur macht man am besten durch Auf- streuen von feinem staubfreiem Sande auf die durch eine Klemme in horizontaler Lage gehaltene Platte sichtbar. Natürlich ist es von grossem Interesse, die Schwin- gungsweise und damit den Verlauf der Knotenlinien einer elastischen Platte von gegebener Form und Beschaffen- heit theoretisch zu bestimmen. Es ist dies eine sehr schwierige Aufgabe der theoretischen Physik, die bis jetzt nur für kreisförmige Platten vollständig von G. Kirchhoff gelöst worden ist. Für quadratische Platten hatte schon Wheatstone ‚eine eigentümliche Bestimmung der Knotenlinien versucht, die indes nicht einwurfsfrei war. Auf seine Betrachtungen gestützt, hat neuerdings Dr. Tanaka aus Tokio einen weiteren Schritt zur Lösung dieses Problems gethan. Es ist ihm gelungen, mittels eines einfachen trigono- metrischen Ausdrucks die Knotenlinien bei quadratischen Platten -rechnerisch zu bestimmen. Die so erhaltenen Klangfiguren stimmen sehr gut mit den experimentell gefundenen überein, wie sich aus den beigefügten Ab- 713. Ba=-1. Fig. 2. Fig. b. bildungen ergiebt. Fig. 1 und Fig. 2 sind die experi- mentell gefundenen Formen”zweier Klangfiguren, während ‚ Fig. a und Fig. b die zugehörigen, durch Rechnung gefundenen Figuren sind. Wie schon aus diesen beiden Beispielen ersichtlich ist, treten Abweichungen haupt- sächlich am Rande ein, was damit zusammenhängt, |dass der trigonometrische Ausdruck nur die für das Innere 52 { Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. #78 der Platte geltenden Bedingungen, nicht aber die so- genannten Randbedingungen befriedigt. Immerhin ist aber damit ein Fortschritt in der Theorie der Schwin- gungen elastischer Platten zu verzeichnen. Wir wollen an diesem Orte zwar nicht auf die mathematischen Er- | örterungen eingehen, welche in Wiedemann’s Annalen der Physik und Chemie, N. F. Bd. 32 zu finden sind, | wollen aber doch den Grundgedanken derselben und die Gesetze, zu denen die Formeln führen, angeben. Die Versuche mit quadratischen Platten zeigen nämlich, dass es Klangfiguren giebt, welche aus einem gitterförmigen Systeme von geraden Linien bestehen, die den Rändern der Platte parallel sind. Ein solches System kann man leicht durch einen trigonometrischen Ausdruck darstellen. Nimmt man an, es trete dasselbe System von Knotenlinien gleichzeitig noch einmal auf, aber um 90 ° gegen das erste gedreht, so wird aus dem Zusammen- wirken dieser beiden Schwingungsweisen, der „Schwester- schwingungen“, eine Klangfigur sich ergeben, welche im allgemeinen aus krummlinigen Knotenlinien besteht. Auch diese ist dann leicht durch eine allgemeinere mathematische Formel darstellbar. Dieselbe liefert alle bekannten Klang- figuren. So entstehen die als Beispiele gewählten Figuren, wenn zu der aus 7 geraden, parallel dem einen, und 5 geraden, parallel dem anderen Rande bestehenden Figur die Schwesterschwingung hinzutritt, welche also aus 3 ge- raden, die zum ersteren, und 7 geraden, die zum letzteren. Rande parallel sind, besteht. Je nachdem nun das Amplitu- denverhältnis B/A beider Schwingungsformen andere und andere Werte annimmt, verändert sich auch die zugehörige Figur, was aus den Abbildungen gleichfalls zu erkennen ist. Chladni hatte schon für die Schwingung quadra- tischer Platten die beiden Gesetze gefunden: Unter gleichen Umständen ist die Schwingungszahl des von der Platte erzeugten Tones 1. der Dicke der Platte direkt und 2. dem (Quadrate der Seitenlänge umgekehrt pro- portional, welche auch aus der theoretischen Formel fliessen. Diesen fügt Dr. Tanaka das dritte Gesetz hinzu: In einer und derselben Platte ist die Schwingungs- zahl der Summe der Quadrate der Anzahl von Knoten- linien in beiden den Rändern parallelen Richtungen direkt proportional. Ein anderer bemerkenswerter Punkt ist der, dass hiernach eine grosse Zahl von anscheinend ganz ver- schiedenen Klangfiguren zusammengehören. Sowohl nach der gefundenen Formel durch Aenderung des Ampli- tudenverhältnisses der Schwesterschwingungen als auch experimentell durch allmähliche Verschiebung der Stütz- und Streichpunkte verwandeln sich die Figuren, bei Fest- haltung derselben 'Tonhöhe, in andere, bis man schliess- lich die erste Figur wieder erhält. Alle diese durch eyklische Veränderung hervorgebrachten Figuren wird man naturgemäss zu einer Familie zählen. Die angeführte Abhandlung enthält nur das wesent- liche Resultat der Untersuchungen Dr. Tanaka's, aus- führlich gedenkt derselbe diesen Gegenstand in den Denkschriften der Kaiserlich Japanischen Universität Tokio in deutscher Sprache zu behandeln. Praktische Winke über i Von Dr. H. Die erwachende Pflanzenwelt erregt in Vielen den Wunsch sich eingehender mit ihr zu beschäftigen und es dürfte diesen daher recht sein, etwas Näheres über Pflanzensammeln zu hören. Wir wollen im Folgenden die Aufmerksamkeit auf verschiedene hierbei in Betracht kommende Einzelheiten lenken, die jedem, der nicht selbst floristische Exkursionen macht, nebensächlich scheinen mögen und dennoch — wie jeder erfahrene Florist weiss — von grossem Belang sind. Zunächst versieht man sich mit einem kräftigen Messer und einem Pflanzenstecher, dessen Bauart wohl zu erwägen ist. Die fertig käuflichen Pflanzen- stecher sind gewöhnlich durchaus unbrauchbar; es bleibt einem daher nichts übrig, als sich für den ernsten Ge- brauch ein solches Instrument selbst anfertigen zu lassen. Am besten giebt man dem Stecher, der aus gutem Stahl bestehen muss, die Form einer kleinen Brechstange von etwa 35 cm Länge und 5 cm Umfang, denn gerade die- jenigen Bodenarten, welche Pflanzen mit charakteristischen (oft für die Bestimmung notwendigen) unterirdischen Or- ganen tragen, sind häufig von einer ungemeinen Festig- keit. Nicht selten kommt man auch auf steinigem Boden in die Lage, die in den Ritzen wachsenden Pflanzen das Pflanzensammeln. Potonie. vollständig ausheben zu müssen, wobei auch gelegentlich ein Auseinanderbrechen von Felsstücken vermittelst eines brechstangenähnlichen Werkzeuges sehr wünschenswert erscheint. Der Spitze des Stahlstabes giebt man eine spatelige, langherzförmige Form und schärft dieselbe etwas an. Es ist jedoch besonders darauf zu achten, diesen spateligen Teil des Stechers nicht zu flach zu gestalten, sondern ihm eine gehörige Dicke zu belassen, um den Brechstangen-Charakter zu wahren. Erscheint er zu dünn, so bricht er leicht durch, womit die Spitze verloren geht, und fehlt diese, so kann man nicht mehr in festen Erdboden und in Ritzen hineindringen. andere [inde versieht man mit einem hölzernen Griff, durch dessen ganze Länge der sich nur wenig: verjüngende Stahlstab hindurchgehen muss, so dass derselbe am Gipfel des Heftes zum Vorschein kommt, wo er durch Ver- nietung oder durch eine Schraubenmutter wie beim Knauf eines Degens oder eines Stossfechtels befestigt wird. — Der Transport des beschriebenen Instrumentes geschieht zweckmässig in einer Lederscheide, die man sich an einem bequemen Gurt umhängt. müssen so vollständig als möglich eingelegt werden, be- sonders bei Gewächsen, deren oberirdische Teile alljährlich Patı® Das Die zu sammelnden Pflanzen a air o Ir, “ Ta. en a a Pre RN IR ET a nt u, EEE RER I 12 Aa al nd ar Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 53 absterben; es sind daher bei den Stauden sowie bei den einjährigen Pflanzen die unterirdischen Organe, die Wurzeln und Rhizome (unterirdische Stengelausläufer) sorgfältigst zu beachten, da in den Floren mit Recht gerade hierauf Rücksicht genommen wird. Nichts ist verdriesslicher, als ein aus „Schauerschnipseln“ (sit venia verbo) zusammengesetztes Herbarium, wie es deren nur zu viele giebt, in denen nur flüchtig oben abgerissene Stücke zu sehen sind, ohne die charakteristischen Organe oder doch die für eine sichere Bestimmung wichtigen Verhältnisse zu zeigen. Während man früher allgemein mit der Botanisier- trommel hinauszog, in die alles hineingequetscht wurde, pflegt man heutzutage die für das Herbarium bestimmten gesammelten Schätze sofort am Fundort einzulegen. Man benutzt hierzu eine leicht tragbare, im Rücken 'breitere Mappe, in welche man zur Aufnahme der Speeci- mina Papier (z. B. Zeitungspapier) thut. Das Einlegen in die Exkursionsmappe braucht keineswegs mit pein- licher Sorgfalt vorgenommen zu werden, wenn man nur auf eine einigermassen schickliche Lage der Teile Acht giebt und die Pflanzen nicht geradezu ohne Weiteres in (die Mappe wirft. Diese Art des Pflanzenaufbewahrens hat, wie jeder Praktiker weiss, mehrerlei Vorzüge. In der Trommel werden sehr viele zartere Gewächse voll- ständig unansehnlich, so dass ihr Habitus nicht mehr erkannt werden kann, namentlich wenn holzige und stachelige Gewächse mit ihnen zusammengebracht werden; aber auch wenn sie allein sind, schrumpfen sie leicht zusammen und verlieren den Turgor, dessen Vorhanden- sein während des Einlegens wichtiger ist, als man meinen sollte. Allerdings lässt sich der letztere meistens dadurch wieder erzeugen, dass man die Pflanzen in Wasser stellt: aber eine Befeuchtung derselben vor dem Trocknen ist natürlich zu vermeiden. Häufig lässt sich übrigens der Pflanze in der genannten Weise der Habitus gar nicht ‚wiedergeben, weil sie oft bereits zu schlaff geworden ist. Sehr zarte Organe, wie z. B. die Blumenkronen von Helianthemum u. s. w. sind in der Trommel unvermeidlich verloren, und aus reifen Früchten herausfallende Samen, ‚die man im Herbarium den Arten gern in Papierkapseln beifügt, werden in derselben mit anderen Samen ver- mengt, während sie zwischen dem Papier in der Mappe ‚bei der zugehörigen Art verbleiben. Und wie sieht nun ‚gar der am frühen Morgen gesammelte Inhalt einer Trommel am Abend nach einer grösseren, an einem heissen Sommertage unternommenen Exkursion aus! Namentlich wenn stachelige, zarte, überhaupt Pflanzen verschiedener Beschaffenheit zusammen gethan wurden. Der gesammelte ‚Schatz bildet eine meist schwer oder gar nicht entwirr- ‚bare Masse. Es soll übrigens mit dem Gesagten die Botanisier- ‘Trommel nicht als durchaus wertlos für den Floristen 'hingestellt werden. Ein passendes Unterkommen bietet sie für manche dickere, zu Hause weiter zu präparierende Pilze und derbe-Gewächse, die beim Einlegen besonders widerspenstig sind und daher „gebändigt“ werden müssen. Auch wenn es sich um den Transport grösserer Mengen einer und derselben Art handelt, die zu Hause besonders untersucht oder behufs weiterer Beobachtung verpflanzt werden soll, ist die Trommel, die in solchen Fällen mit feuchtem Torfmoos oder einem feucht zu haltenden Bade- schwamm zu versehen ist, nützlich. Aber man sollte dann wenigstens nicht versäumen, dieselbe weiss, nicht grün lackieren zu lassen, da dunklere Farben ja die Wärmestrahlen stärker absorbieren, die doch, um die Pflanzen frisch zu erhalten, möglichst abgehalten werden müssen. Kommt der Florist nach Hause, so braucht er keines- wegs sofort an das sorgfältigere Einlegen seiner Schätze zu gehen; aber dann muss er wenigstens seine Mappe an einen günstigen Ort bringen, wo sich die Pflanzen frisch erhalten. Letzteres wird nun dadurch erreicht, dass man die Mappe in einem (feuchten) Keller am besten auf dem steinernen Fussboden aufbewahrt. Zur Aushilfe mag auch die Mappe über einem Behälter mit Wasser aufgehängt oder aufgestellt werden, da es zweckmässig erscheint, wenn sie feucht liegt, ohne dass jedoch die Pflanzen hierbei auch nur im Geringsten nass werden dürfen. Ist dies befolgt worden, so wird der Florist mit Freuden am anderen Tage seine Pflanzen in einem Zu- stande vorfinden, als wenn er sie eben erst eingelegt hätte, und er kann während des sorgsameren Einlegens zwischen trockenes Papier mit Geistesfrische an die Untersuchung „Bestimmung“ gehen, die immer am besten an der lebenden Pflanze vorgenommen wird. Die einzelnen Pflanzenlagen müssen beim Trocknen durch ziemlich dicke Papierschichten geschieden werden. Die letzteren müssen alle Tage mindestens einmal so lange gegen vollkommen trockene Papierlagen gewechselt werden, bis die Pflanzen ganz trocken sind. Ein so zu- bereitetes, nicht zu dickes Pflanzenpacket wird entweder gelinde beschwert oder zwischen zwei Draht- oder Holzgitter gebunden. Bei der letzteren Einrichtung kann man die Packete leicht in der Sonne oder an luftigen, trockenen Orten aufhängen. Sehr fleischige Arten taucht man entweder einen Augenblick mit Ausnahme der Blüten in kochendes Wasser, oder man legt dieselben vor dem Trocknen auf kürzere oder längere Zeit in eine gesättigte Auflösung von schwefeliger Säure in vier Teilen Wasser und einem Teil Spiritus. Auf mehrtägigen Exkursionen ist unterwegs oft ein Umlegen und überhaupt Trocknen der Pflanzen bei un- günstigen Verhältnissen erschwert oder unmöglich, und für solche Fälle ist es angerathen, mit einem Bekannten eine Vereinbarung zu treffen, der das Trocknen der ihm vermittelst der Post zugesandten Pflanzen übernimmt. Vorher müssen natürlich die letzteren mit genauen Eti- quetten, welche tiber den Fundort und das Datum des Sammelns Aufschluss geben, versehen werden. Als Ver- packung dienen am besten zwei dünne Pappendeckel, 54 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. zwischen welche der vorher in trockenes Papier um- | Thüringen, dem Harz und sogar dem Riesengebirge sind gelegte Inhalt der Exkursionsmappe gethan wird, um das Ganze mit starkem Papier zu umwickeln. Mit solchen Sendungen hat der Verfasser dieses die allerbesten Er- fahrungen gemacht: nicht nur aus den entlegensten Oert- lichkeiten der Mark Brandenburg, sondern auch aus | solche Packete in vorzüglichem Zustand in Berlin an- gekommen. Vom Pflanzentrocknen feucht gewordenes Papier breitet man zum Trocknen auf dem Fussboden aus. Kleinere Mitteilungen. Die Kegelrobbe, Halichoerus grypus Nilss., in der Gefangenschaft. — Es wird allgemein angenommen, dass die Kegel- rubbe, Halichoerus grypus, welche neben dem gemeinen Seehunde, Phoca vitulina L.. in der Nord- und Ostsee (z. B. bei Rügen), aber auch bis Island und Grönland vorkommt, unzähmbar sei und die Gefangenschaft überhaupt nicht ertrage. Professor Nehring weist nunmehr (Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin 1888, Seite 7 und 8) darauf hin, dass diese weniger bekannte Robbenart in vereinzelten Fällen schon in früheren Jahren Monate lang in der Gefangenschaft am Leben erhalten wurde. Im Berliner zoologischen Garten befindet sich ein Exemplar seit Ostern 1886 noch jetzt sehr munter. Auch das Berliner Aquarium besitzt seit einiger Zeit eine Kegelrobbe. Es ist ein erwachsenes Männchen, welches im April 1887 beı Pillau unweit Königsberg in der Ostsee gefangen wurde. Obgleich dieses Tier länger als ein halbes Jahr in einer engen Kiste zubringen musste und in vielen Städten Deutschlands zur Schau gestellt wurde, so befindet es sich doch ganz wohl und hat im Aquarium sogar eine gewisse Zähmung angenommen. Die Länge dieses Exemplars beträgt 7 Fuss. Sein Gewicht wurde im Apnil v. J. auf 33/, Centner festgestellt. In der Seehundsgrotte des Aquariums befindet sich auch ein erwachsenes Männchen der Phoca vitulina, so dass man die Unterschiede dieser beiden Robbenarten, namentlich die Differenzen in der Form des Kopfes, sehr gut erkennen kann. H. J. Kolbe. Ueber die Entstehung und den Verlauf der atmo- sphärisch-optischen Störung, welche von Ende August 1883 bis Juli 1886 beobachtet worden ist, hat Prof. Kiessling Unter- suchungen angestellt und im Märzheft der met. Zeitschrift eine vor- läufige Mitteilung veröffentlicht. Die Königliche Gesellschaft in London hat im Januar 1884 eine Kommission eingesetzt zur Untersuchung aller Erscheinungen, welche im unmittelbaren Anschluss an den Krakatau-Ausbruch beobachtet worden sind. Obgleich der Berieht dieser Kommission noch nicht erschienen ist, hält es Prof. Kiessling auf Grund des umfang- reichen, von ihm persönlich im Laufe der vergangenen Jahre ge- sammelten und gesichteten Beobachtungsmaterials für angebracht, die Hauptergebnisse seiner Untersuchung zu veröffentlichen, da die- selbe eine Reihe meteorologiseher Fragen, welchen seiner Zeit die weitesten Kreise mit grossem Interesse nahe getreten sind, zu einem | endgiltigen Abschluss bringen. Die Erscheinungen, in welchen die Störung sich äussert, sind in dreifacher Form aufgetreten. Ausser ungewöhnlichen grünen und blauen Sonnenfärbungen ist eine erhebliche Steigerung im ‘der Entwickelung der Dämmerungsfarben und ein die Sonne umgebender Beugungsring beobachtet worden. Da alle drei Erscheinungen zuerst gleichzeitig auftraten und die beiden letzteren eine ununterbrochene Entwickelung in der Aus- breitung zeigten, müssen sie auch auf eine gemeinschaftliche Quelle zurückgeführt werden. Aus den überaus zahlreichen für die Tage vom 26. bis 31. August 1883 vorliegenden Beobachtungen ergiebt sich, dass der zeitliche Beginn der Störung genau mit der Steigerung der vulkanischen Thätigkeit auf der Insel Krakatau am 26. und 27. August 1883 zusammenfällt, und dass der geographische Ausgangspunkt gleichfalls in der Sunda-Strasse liegt. Der Verlauf der geographischen Ausbreitung der Erscheinungen bis zu ihrer ausgedehntesten Entwickelung lässt drei Perioden unter- scheiden. In der ersten Periode bis Ende September beschränken sich die Erscheinungen, welche eine die Erde mehr als zweimal in der Richtung von OÖ nach W mit 40m Geschwindigkeit umkreisende Bewegung erkennen lassen, im allgemeinen auf die äquatoriale Zone. Daneben ist eine nach NNO gerichtete Bewegung von 20 m Ge- schwindigkeit vorhanden, deren westliche Grenze durch die zahl- reichen Beobachtungen auf japanischen Stationen sich sehr genau feststellen lässt. In der zweiten Periode, etwa bis Mitte November, wird die äquatoriale Zone allmählich frei von optischen Störungen, welche die | das durchgehende Sonnenlicht ausüben. west-östliche Bewegung verlierend, auf beiden Hemisphären polwärts vordringen. Zugleich bilden sich Gebiete von grösserem Umfang aus, in welchen ohne Unterbrechung Dämmerungserscheinungen auftreten; die bedeutendsten derselben liegen östlich. von Mauritius und nord- östlich von den Capverdischen Inseln. Das letztere Gebiet erweitert sich anfangs November wahrscheinlich unter dem Einfluss einer Reihe den nordatlantischen Ocean durchsetzender Minima bis nach der Nordsee und ruft hier in England und Dänemark die anfang November beobachteten Erscheinungen hervor. Auf Mauritius sind die anhaltenden Dämmerungserscheinungen von einer auffallenden Steigerung der Gewitterhäufigkeit begleitet. Eine optische Einwirkung der vulkanischen Vorgänge auf St. Augustin (Alaska) am 6. Okto- ber 1883 ist nirgends zu erkennen. In der dritten Periode. bis Ende Dezember 1883, breitet sich das Störungsgebiet gleichzeitig in der nördlichen und südlichen Hemisphäre über die ganze gemässigte Zone diffundierend aus. Eine vierte Periode würde die Zeit umfassen, in welcher die optischen Störungen aus der Atmosphäre allmählich schwinden. Dies dauert bei den ungewöhnlichen Dämmerungserscheinungen über Jahres- - frist, bei dem Ring-Phänomen sogar bis zum Sommer 1886. Die Annahme des Eintrittes einer kosmischen Staubwolke in die Erdatmosphäre ist für den Beginn der ersten Periode ausgeschlossen, sowohl durch die Form der anfangs getrennt liegenden partiellen Störungsgebiete, als auch durch die geringe Höhe der lichtreflektieren- den Materie. < Es bleibt daher nur die Annahme zulässig, dass die Störung durch die vulkanische Katastrophe auf der Insel Krakatau verursacht _ worden ist. Aus den umfangreichen Untersuchungen von Verbeek ergiebt sich, dass die Hauptexplosion am 27. August 101; Uhr morgens stattgefunden hat, und zwar infolge des Einsturzes des grössten Teiles der Insel. Diese Katastrophe ist der grösste unterseeische Vulkanausbruch, welcher bis jetzt beobachtet worden ist. 5 Die durch den Einsturz der Insel erregte Wasserwelle und die durch die heftige Explosion erzeugte Luftwelle haben gleichzeitig von derselben Stelle aus ihre die ganze Erde wiederholt umkreisende Bewegung begonnen. Die bei der letzten Explosion in die Atmosphäre emporgetrie- benen vergasten und zerstiebten mit Verbrennungsprodukten ver- mischten Wassermassen sind als die einzige Quelle der fast drei Jahre lang dauernden optischen Störung der Erdatmosphäre anzusehen. Die optischen Phasen der Dämmerung bei normaler Entwicke- lung beruhen auf der Absorption und Lichtbeugung, welche die Kondensationsprodukte in den untersten Atmosphärenschichten auf Alle Erscheinungen, welche während der Störungsepoche beobachtet worden sind, stimmen im wesentlichen mit denjenigen Erscheinungen überein, welche hei tropischen Dämmerungen unter geeigneten Umständen eintreten. Dieselben lassen sich in allen Einzelheiten durch Liehtbeugung in künstlich erzeugtem Nebel experimentell darstellen. Aus den experimentellen Untersuchungen mit mechanisch er- zeugtem Staub ergiebt sich, dass die festen Auswurfsstofte, d. h. die aus Bimsteinstaub bestehende „vulkanische Asche“ bei der Steige- rung der Dämmerungsfarben keine Rolle gespielt haben kann. Alle Volumenbereehnungen der ansgeworfenen ‘Asche sind daher für die optische Seite der Frage gegenstandslos. Der lange Aufenthalt der fremden Stoffteilchen in der Atmo- sphäre steht in vollem Einklange mit der experimentell bestimmten Fallgeschwindigkeit von Rauch in atmosphärischer Luft. Kiessling glaubt, dass durch diese Ergebnisse die „Krakatau- Frage“ im wesentlichen als erledigt anzusehen sei. X. Astronomischer Kalender. — Am 10. Mai Sonnenaufgang 4 Uhr 12 Minuten, Sonnenuntergang 7 Uhr 40 Minuten, Mondauf- gang abends 6 Uhr 53 Minuten, Untergang früh 4 Uhr 54 Minuten. Am 17. Mai Sonnenaufgang 4 Uhr 1 Minute, Untergang 7 Uhr 51 Minuten; Mondaufgang ‘früh 10 Uhr 23 Minuten, Untergang ir Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 55 nachts 1 Uhr 4 Minuten. Am 10. Mai nachts 2 Uhr 17,1 Minuten Neumond. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 10. Mai 3 Minuten 46,8 Sekunden, am 17. Mai 3 Minuten 47.2 Sekunden. Am 14. Mai wird der Stern 7 im Sternbilde der Zwillinge vom Monde bedeckt. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. Weshalb rechnet man die Flechten jetzt zu den Pilzen? Wenn man den Körper einer zu der Pflanzenabteilung der Flechten gehörigen Art mikroskopisch untersucht, so findet man ein Zellfadengeflecht („Hyphen“-Geflecht), welches kugelige Einzelzellen mit grünen Inhaltsbestandteilen (Chlorophylikörnern), die man hier | als Gonidien bezeichnet, zwischen sich birgt. Schwendener, der sich wiederholentlich (1860—1872) mit der Anatomie der Flechten beschäftigt bat, machte die interessante Entdeckung, dass jene Zell- fäden Pilzen (aus den Gruppen der Pyreno- und Discomyceten) an- gehören, welche auf Algen, den Gonidien, schmarotzen oder, wohl besser gesagt, mit ihnen zusammenleben. meist den Abteilungen der Cyanophyceen und Palmellaceen ange- hören, erscheinen gewissermassen als besondere, das Kohlendioxyd (die „Kohlensäure“) der Luft assimilierende Organe des Flechten- körpers und sind demselben als solche nützlich. Den Pilzen fehlt ja das Chlorophyll, welchem allein die genannte Funktion zukommt, sodass sie sich als Schmarotzer (Parasiten) oder Fäulnisbewohner (Saprophyten) ernähren. Die Fortpflanzung der Flechten ist dieselbe wie bei den genannten Pilzgruppen, indem in keuligen Anschwellungen, ‚Hyphenendigungen, die zu besonderen Fortpflanzungsorganen (Peri- Os = thecien resp. Apothecien) vereinigt sind, Zellen (Sporen) individuali- siert werden, aus denen beim Zusammentreffen mit bestimmten Algen- zellen wieder Flechten hervorgeben. Ausserdem gliedern sich aus Hyphen und Gonidien zusammengesetzte Körnchen vom Flechten- körper ab, die ebenfalls der Verbreitung der Art dienen. Einen schlagenden Beweis für die Richtigkeit der Schwende- ner'schen Deutung des Flechtenkörpers haben 1867 Famitzin und | Baranetzky geliefert; diese beiden Botaniker haben nämlich nach- gewiesen, dass die Gonidien, also die Algen des Flechtenkörpers, auch ausserhalb des letzteren selbständig weiterzuleben im Stande | sind. A. Möller hat nun, wie schon in Bd. I der „Naturwissensch. Wochenschrift“ Seite 87 auseinandergesetzt worden ist, im vorigen „Jahre auch den Nachweis erbracht, dass man aus den Sporen der Flechten algenfreie Individuen zu erzielen vermag, wenn man ihnen eine günstige Nührlösung bietet, wie solche für Pilzkulturen oft an- gewendet wird. Es ist dem genannten Botaniker gelungen, seine Kulturen bis zur Sporenbildung zu bringen Neben den erwähnten Sporenbehältern der Fleehten resp. Pilze | sind bei diesen Pflanzen noch andere Behälter (Spermogonien) bekannt, welche Hyphen-Endigungen bergen, die stäbchenfürmige Zellen „Sper- matien“ abschnüren. Bisher wusste man nichts rechtes mit den Spermatien snzufangen und hielt sie vielfach für männliche Betruch- tungselemente zur Erzeugung der Perithecien und Apotheecien, ent- sprechend ähnlichen Gebilden, wie sie mit der in Rede stehenden Funktion bei den Rhodophyceen (Florideen) unter den Algen bekannt sind. Möller hat jedoch die Spermatien der Flechten, wie das auch schon lrüher gelungen war, zum Keimen gebracht und aus ihnen ‚neue Spermogonien tragende Individuen erzogen; diese Gebilde sind also ungeschlechtliche Keimzellen. (Vergl. weiteres in Bd. I Seite 87.) MAP. Litteratur. K. v. Fritsch: Allgemeine Geologie. Mit 102 Ab- bildungen. Verlag von J. Engelhorn. Stuttgart 1888. Preis 14 MH. In der von Fr Ratzel herausgegebenen Bibliothek geogra- phischer Handbücher erschien vor kurzem das vorliegende Buch, welches, wie der Verfasser im Vorwort sagt, „in der Ueberzengung geschrieben ist, dass naturwissenschaftliche Lehren nie auf Theorien und Hypothesen begründet werden sollen, sondern nur auf Erfahrungen und Beobaöhtungen. Im Leser soll das Streben wach erhalten werden, im Freien zu sehen und zu arbeiten, um auf Grund eigener Wahrnehmungen in der Natur jede Schlussfolgerung und jeden Lehr- satz sorglältigst prüfen zu können.“ Diesen Grundsätzen ist der Verfasser in seinem Buche in vollstem Masse getreu geblieben. Er hält sich fern von unbegründeten Hypothesen und besitzt in der Behandlung aller geologischen Fragen einen sehr objektiven Stand- punkt. Eine grosse Zahl der zur Begründung der geologischen Lehrsätze dienenden Beispiele ist aus eigenen Beobachtungen ent- lehnt, die der Verfasser während seiner geologisch-kartogıaphischen Thätigkeit, sowie auf seinen grösseren Reisen gemacht hat. Sowohl aus diesem Grunde als auch infolge der ganzen Anordnung und Behandlung des Stoffes besitzt das Buch den Vorzug grosser Ori- ginalität. i Die Grundzüge der allgemeinen Geologie werden in den fünf Die Algenzellen, welche | nachbenannten Abschnitten behandelt: I. Geophysiographie. II. Geo- tektonik. III. Geochemie oder chemische Geologie. IV. Geomechanik oder physikalische Geologie. V. Allgemeine Abschnitte der histo- rischen Geologie oder Geogenie. Sehr instruktiv für die Einführung in die praktische Geologie ist das Kapitel über die Darstellung des Gebirgsbaus, in welchem auf Grund mathematischer Entwicklungen die Ermittelung der Grenzflächen. die Bestimmung der Mächtigkeit und die Berechnung der Profilkonstruktion sehr klar erläutert werden. Das durch zahlreiche originelle Abbildungen vortrefflich aus- gestattete Buch wird sowohl von dem Fachgelehrten als auch von demjenigen willkommen geheissen werden, welcher sich mit den Lehren der allgemeinen Geologie erst vertraut machen will. Dr. F. Wahnschafte. Abich, H., Geologische Forschungen in den kaukasischen Ländern. 3. Tl. Geologie des armenischen Hochlandes. II. Osthältfte. 4, (XII, 162 S. m. eingedr. Holzschn. u. 21 Taf., nebst Atlas in Fol. v. 20 Karten. Profilen u. Panoramen.) Preis 100 #. Alfred Hölder in Wien. — Geologische Fragmente. 4°. (46 S. m. 1 Atlas in Fol. v. 7 Tat.) Preis 20 A. Alfred Hölder in Wien. Balling, C. A. M., Grundriss der Elektrometallurgie. gr. 8°, (VIL. 123 S. m. Illustr.) Preis 4 #%. Ferdinand Enke in Stuttgart. Beetz, W.v., Leitfaden der Physik. 9. Aufl., hrsg. v. J. Henrici. gr 8°, (VILL, 3548. m. Holzschn.) Preis 3 42 60... Th. Grieben’s Verlage (L. Fernau) in Leipzie. Bernstein J., Ueber die Kräfte der lebenden Materie. 4°. (22 5.) Preis 1 ,/C 20 . Max Niemeyer in Halle Bisching, A., Geologische Karte der österreichisch-ungarischen Monarchie zum Schulgebrauche. 1: 6000000. Chromolith. 49, Preis 404. Alfred Hölder in Wien. Bleicher, H., Grundriss der Theorie der Zinsrechnung. gr. 8°. (IV, 75 S.) Preis 2 #. Julius Springer in Berlin. Bornhak, K., Gartenbuch für alle Gartenbesitzer und Blumen- liebhaber. 4. Aufl., bearb. v. E. J. Peters. 8%. (IV, 145 S.) Preis 1%. Moritz Ruhl in Leipzig. Boyman, J.R., Lehrbuch der Mathematik. 1. Tl. Geometrie der Ebene. 12. Aufl., besorgt v. K. Werr. 8%. (IV, 191 S.) Preis 2 #. L. Schwann’sche Verlagshandlung in Düsseldorf.) Gegen Einsendung des Betrages (auch in Bvrief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Berichtigung. In dem Artikel über giftige Miesmuscheln (Bd. 1) ist auf S. 184 die Bemerkung enthalten, dass die Schalen der Muscheln im Binnen- (Haten-) Wasser thatsächlich — „kleiner“ — seien. wie in der offenen See. — Diese Bezeichnung (kleiner) entspricht jedoch meines Wissens nicht dem betreffenden Wortlaute in dem eitierten Berichte des Kreisphysikus Dr. Schmidtmann in Wilhelmshaven (in Nr 2 der Zeitschrift für Medizinalbeamte) und sie stimmt auch nicht mit der von mir, Dr. Lohmeyer und anderen Forschern ge- machten darauf bezüglichen Beobachtungen überein. Die Gehäuse der im Hafenwasser zu Wilhelmshaven zeitweise zur Beobachtung kommenden Giftmuscheln erscheinen nämlich in der Regel keineswegs kleiner, wie die gesunden Muscheln aus der offenen See; sie sind vielmehr oft ungewöhnlich gross, indem die darin lebenden, — meist durchweg orangegelb gefärbten und übelriechenden — Muscheltiere — wahrscheinlich infolge ihrer vergrösserten und kranken Leber — häufig auffallend diek und fettreich sind. — Im allgemeinen ist ihre Grösse je nach dem Alter zwar ver- schieden. jedoch findet man gewöhnlich mehr grosse als kleine Indi- viduen darunter. Ihre Schalen aber sind fast immer auffallend dünn, brüchig, oft papierdünn und durchscheinend und wahrscheinlich infolge von Kalkarmut — speeifisch leicht. Hin- sichtlieh- ihrer Form sind sie platter und nicht so gewölbt, wie die Muscheln aus offener, bewegter See; ihre Oberhaut ist meist glänzend und glatt, wie Chitin oder Hornsubstanz. Ihre Farbe ist nicht, gleichmässig dunkelblau, sondern verschiedenartig, stellenweise näm- lich entweder orangeartig oder braungelb oder dunkelblaubraun; namentlich findet sich regelmässig bei ihnen eine vom Schlosse nach den Rändern hinziehende, radiale blaue oder braunblaue Streifung, welche von ebenso gefärbten, konzentrisch verlaufenden Querstreifen durchzogen ist. Dr. Lindner, Generalarzt a. D. 56 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- Gesuchen und-Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen ete. vermitteln. | Te ee yrrhaahhahahhhhhhhhhhhhhhhhrhhhhhhhhhhhn Heinr. Boecker, Wetzlar $ empfiehlt mehrfach prämiierte mikroskopische Präparate | und Mikroskope sowie sämtliche Utensilien zur Mikroskopie. [73] Kataloge gratis. Ahdaaahaahhahashahahahhaahahahhhh % VOOUUUOUOUOUIUTUULUIIYYYTHYY LH YLYYYHTYYYY ner sana2222 222 a 2a Lee ALL LLLLSAAEALAI II Gegen Einsendung von 1% 20 .s pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: | Klein, Dr. Herm. ]., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Bleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere, bildungen. Eleg. geb. * Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Bleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. leg. geb. Peters, Prof. Dr. €. F. W., Die Fixsteıne. Mit 69 Abbildungen. Bleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Bleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Bleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektrieität und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Berlin SW. 48. Riemann & Möller. EEE EN EI nr EEE SET TEEN Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. — . MEYERS KONVERSATIONS-LEXIKON VIERTE AUFLAGE. Das 1. Heft und den 1. Band liefert jede Buchhandlung zur Ansicht. 256 Hefte a 50 Pfennig. — 16 Halbfranzbände ä 10 Mark. DER Zu beziehen durch Riemann & Möller in Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226. 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VUPYLYLIYLIYYIYYIYYIYYYYNY Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“ Bezug neh- men zu wollen. Inhalt: Dr. V.Schlegel: Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. — August Gutzmer: Ueber die Klangfiguren quadratischer Platten. (Mit Abbild.) — Dr. H. Potonie: Praktische Winke über das Pflanzensammeln. — Kleinere Mitteilungen: Die Kegelrobbe, Halichoerus grypus Nilss., in der Gefangenschaft. — Ueber die Entstehung und den Verlauf der atmosphärisch-optischen Störung. — Astronomischer Kalender. — Fragen und Antworten: Weshalb rechnet man die Flechten Allgemeine Geologie. — Bücherschau. — Berichtigung. — Inserate. jetzt zu den Pilzen? — Litteratur: K. v. Fritsch: Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. 3 u, 4 - Ö 2» Su. . P en f . A Zauber der V Schöpfungen sc Dr. H. Potonie. LTE NE WR Redaktion: Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. HD. Band. | Sonntag, den 20. Mai 1888. Nr. &. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ii 2.—; [010) entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 15,5 extra. A annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Abnorme Schnabelbildung bei Vögeln. 3 Von Oberförster Melsheimer in Linz am Rhein. “ Im Oktober 1854 beobachtete ich einen Flug Staare Mit welchem Bifer es sich dieser Liebesarbeit unterzog (Sturnus vulgaris 1.) und eing aus dem überaus wohl- es fiel mir dabei auf, dass genährten, feisten Zustan- einer darunter von einem de des Weibchens hervor, andern gefüttert wurde. wie ich es früher beim Da das Füttern der jungen Staare nie wahrgenommen Staare durch die Alten habe. Fig. « stellt den um diese Zeit längst auf- Kopf dieses Staarweib- gehört hat, so vermutete chens in natürlicher ich gleich, dass der also Grösse dar. sefütterte Staar in einem Nachdem ich vorstehen- Zustande sich befinden des in der Herbstversamm- müsse, der ihm eine Selbst- lung des Naturhistorischen ernährung unmöglich Vereins der preussischen mache. Um mir Gewiss- Rheinlande und Westfalens heit darüber zu verschaffen, vom Jahre 1886 unter Vor- schoss ich ihn, leider aber zeigung des betreffenden mit so dicekem Schrot, dass Kopfes mitgeteilt hatte, nur der Kopf unversehrt kam tags darauf, am 4. blieb. Der untere Schnabel Oktober, mein Sohn Leo- weicht um 32° naclı rechts pold zu mir und sagte, es ab, wodurch sich meine sitze ein Spatz (Passer obige Vermutung bestätig- domesticus L.) auf einem te. Bei der Untersuchung Baume, der von einem an- zu Hause stellte sich her- deren gefüttert würde. Ich aus, dass es ein altes liess ihn den gefütterten Weibchen war. Das Männ- Spatz mittelsteinesFlobert- chen hatte also schon seit flintehens ° herabschiessen Jahren nicht nur seinem a \ -und fand, dass es ein altes Weibchen, sondern auch den Jungen Nahrung zugetragen. | Männchen war, das diesmal von seinem Weibchen ge- 58 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 8 füttert worden ist. . Der obere Schnabel ist fast ganz verkümmert, so dass eine Selbsternährung auch hier ganz ausgeschlossen erscheint, wie Fig. b in natürlicher Grösse veranschaulicht. Später im Dezember erhielt ich von meinem Bruder aus Andernach eine Saatkrähe (Corvus frugilegus L.) zu- geschickt, deren Kopf in natürlicher Grösse in Fig. ( abgebildet ist. ‚ über den unteren herabgebogen, der untere aber gegen Hier erscheint der Oberschnabel 1!’ cm | den oberen linksseitig kahnförmig heraufgebogen, so dass zwischen beiden eine rechtsseitig 1 mm, linksseitig 2 mm weite nach vorn und hinten spitz zulaufende Oeffnung sich befindet. Allem Anscheine nach war auch diese Krähe nicht im Stande, sich selbst zu ernähren und er-. hielt ihre Nahrung ebenfalls von einer anderen zugetragen. Ueber den sogenannten YERÜRNENEIDNS EN Raum. Von Dr. V. Schlegel. (For jeerzung) Gleichwohl braucht man as eben beschriebene Ver- fahren nur von der überflüssigen und störenden Zuthat | dessen zu befreien, was die vierte Dimension ersetzen soll, um ein auf dem Boden der reinen Mathematik wurzelndes Anschauungsmittel zu erlangen, welches alles das leistet, was man hier der Natur der Sache nach überhaupt von einem solchen verlangen kann. Es ist bereits hervorgehoben worden, wie eine ebene Zeichnung sehr wohl als Abbildung eines gewöhnlichen Körpers gelten kann, wobei zwar eine Dimension verloren geht, aber durch unser Vorstellungsvermögen wieder hineinge- tragen wird. Das Verfahren, durch welches eine solche Zeichnung zu stande kommt, ist die Projektion, deren Begriff hier wohl nichts erörtert zu werden braucht. — Nehmen wir nun die schon oben erwähnte Zeichnung des Würfels wieder vor, nur mit dem Unterschiede, dass der Würfel jetzt als durchsichtig gelten soll, wodurch also sämtliche Ecken und Kanten in der Zeichnung zum Vorschein kommen. Gesetzt, es sei jemand, der diese Zeichnung betrachtet, nicht im stande, sie als Abbildung | eines Körpers zu erkennen, indem sein räumliches Vor- stellungsvermögen ihn hierbei im Stich liesse.”) Er wird gleichwohl, wenn er wenigstens weiss, was sie vorstellt, aus der Zahl der Ecken, Kanten und Flächen, und der Art ihrer Verteilung aneinander im stande sein, allerlei Angaben über den Körper zu machen, und so von der Figur Nutzen zu ziehen. Werden, wie es in der dar- stellenden Geometrie geschieht, zwei oder drei solcher Projektionszeichnungen hergestellt, so können dieselben sogar überhaupt zur wissenschaft- lichen Erforschung der Eigenschaften des dargestellten Körpers benutzt werden. In ganz entsprechender Weise kann nun auch von einem vierdimensionalen Gebilde, namentlich wenn es von gewöhnlichen, ebenflächigen Körpern begrenzt ist, eine Projektion im dreidimensionalen Raume hergestellt werden. Wie bei der gewöhnlichen ebenen Projektionszeichnung eines Körpers, so werden auch bei der Herstellung der Projektion eines vierdimen- sionalen Gebildes nur die Kanten, und zwar durch Drähte, resp. Fäden zur Darstellung gebracht, so dass die Pro- Jektion sich als ein räumliches Liniennetz darstellt. Auf !*) Dies kann auch einem geübteren Beobachter leicht begegnen, wenn die Zeichnung den Körper in einer ungewohnten Stellung zeigt. über | . PRRT- ae | in gesetzmässiger Weise | antwortet werden, diese Weise hat z. B. der Verfasser die oben erwähnten regelmässigen Körper des vierdimensionalen Raumes zur - Anschauung gebracht. Das einfachste dieser Projektions- | modelle besteht aus einem Draht-Tetraöder, in welchem ein innerer Punkt durch Fäden mit den vier Ecken ver- bunden ist. Gebilden, die man sich nicht einmal vorstellen kann, erstens die theoretische Existenz zu beweisen, und zweitens \ zuverlässige Projektionen derselben herzustellen, diese Frage kann in dem Raume dieses Aufsatzes nicht be- würde auch zu sehr in das specielle- Gebiet der Mathematik hinübergreifen. Es ist im all- gemeinen von diesen räumlichen Projektionsgebilden nur , noch zu sagen, dass genau so, wie bei den oben be- schriebenen Projektionszeichnungen, eine Dimension des dargestellten Gebildes verloren geht, dass aber diese Dimension nicht durch unser räumliches Vorstellungs- vermögen ersetzt werden kann, weil uns eben dieses Vermögen hinsichtlich der vierten Dimension im Stich lässt. Sie leisten also dem Beobachter dieselben Dienste wie jene Zeichnungen, vorausgesetzt, dass die letzteren vom Verstande als richtige Abbildungen begriffen, vom Auge aber nicht als solche erkannt werden. Die im Vorstehenden gelegentlich mitgeteilten Proben vierdimensionaler Gebilde können als Bausteine zu- einer Geometrie des vierdimensionalen Raumes angesehen werden. Und nachdem wir in der Projektion dieser Gebilde auf den dreidimensionalen Raum auch ein Hilfsmittel der Anschauung gewonnen haben, wie wir es in analoger Weise auch in der Stereometrie benutzen, wenn wir ebene Zeichnungen der betrachteten Raumgebilde anfertigen, so sehen wir, dass die wissenschaftliche Entwiekelung einer solchen vierdimensionalen Geometrie keineswegs ausser dem Bereich der Möglichkeit liegt. T’hatsächlich ist auch in den letzten beiden Jahrzehnten auf diesem Gebiete nach allen Richtungen, sowohl in niederer wie in höherer Geometrie, so vieles geleistet worden, dass der Abschluss wenigstens der elementaren Geometrie des vierdimen- sionalen Raumes nicht mehr fern zu liegen scheint. Diese „Zukunftsgeometrie“ wird allerdings mangels jeder Anwendbarkeit auf Verhältnisse der Wirklichkeit niemals die Wichtigkeit und Bedeutung der Geometrie der Ebene und des Raumes erlangen, und auch in ihrer Wie es nun überhaupt möglich ist, von gruent. Er Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 59 Eigenschaft als formales Bildungsmittel unseren Schulen fernbleiben, es müsste denn sein, dass in einer künftigen (Generation die Entlastung von unmodernem Lehrstoff eine noch ungeahnte Steigerung des Vorstellungs- und Abstraktionsvermögens zur Folge hätte. Dahingegen ist der ‘rein wissenschaftliche Nutzen der ‘geometrischen Betrachtungen und Resultate auf vier- wie auf mehrdimensionalem Gebiete keineswegs gering anzuschlagen. Denn nicht nur wird der Zusammenhang analoger Wahrheiten in den Gebieten der geraden Linie, der Ebene und des gewöhnlichen Raumes besser be- griffen, wenn wir diese Gebiete als Anfangsglieder einer ganzen Reihe von Gebieten kennen lernen; wir vermögen auch aus Resultaten der mehrdimensionalen Geometrie durch Specialisierung und andere Mittel neue Wahrheiten der ge- wöhnlichen Geometrie abzuleiten, zu denen ein andererWeg nur schwer aufzufinden wäre. Dazu kommt, dass jede Fort- entwickelung eines Zweiges der mathematischen Wissen- sehaft auch auf andere Zweige befruchtend und fördernd es als Hilfswissenschaften, zusammenhängen. Aus dem, was wir bisher über den vierdimensionalen nur dadurch möglich, dass das Dreieck aus der Ebene ‘in den Raum hinaus gebracht, dort umgewendet, und -einwirkt, die mit jenem, sei es als Anwendungsgebiete, sei | endlich wieder in die Ebene zurückversetzt wird. — Eine ganz analoge Aufgabe bietet der Raum selbst. Ziehen wir nämlich auf den weissen Seiten zweier Papier- blätter der vorigen Art von einem Punkte des Randes aus zwei Linien, welche mit dem Rande auf beiden Blättern gleiche Winkel bilden, falten dann beide Blätter längs dieser Linien so, dass die schwarzen Flächen nach aussen kommen, und befestigen die offenen Ränder jedes Blattes aneinander, so entstehen zwei kongruente drei- seitige Ecken, die so in einander eeschoben werden können, dass Scheitelpunkte, Kanten und Flächen der einen sich mit denen der andern vollständige decken. Faltet man dagegen das eine der beiden Blätter längs derselben Linien so, dass die weisse Fläche nach aussen kommt, so sind die beiden Ecken symmetrisch, d. h. sie lassen sich trotz Gleichheit aller ihrer Winkel nieht mehr in einander schieben. Man schliesst nun durch Analogie wie folgt: Gerade so, wie eins von zwei symmetrischen Dreiecken dadurch zur Deckung mit dem andern gebracht , werden Kann, dass man es erst aus der gemeinschaft- Raum gesagt haben, ist nun wohl ersichtlich, dass er das Interesse des Mathematikers erregen kann; allein die weite Verbreitung, welche wenigstens die Kenntnis seines | Namens im grösseren Publikum erlangt hat, würde sich hieraus noch lange nicht erklären. Denn naturgemäss sind es nicht die Resultate der reinen Wissenschaft, sondern erst ihre Anwendungen auf Verhältnisse der Wirklich- keit, welche die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich ziehen. Und es ist vorhin ausdrücklich betont worden, wie sehr gerade die vierdimensionale Geometrie von praktischen Anwendungen entfernt ist. Wie nun trotz- dem der Begrift des vierdimensionalen Raumes mit ge- wissen Problemen, die uns im Weltraume begegnen, theoretisch zusammenhängt, dieser Frage wollen wir im Folgenden näher treten. Zunächst giebt es Probleme der ebenen (Geometrie, die sich nicht in der Ebene allein erledigen lassen, sondern nur unter Zuhilfenahme des dreidimensionalen Raumes. Legen wir z. B. zwei einseitig schwarz gefärbte Papier- blätter so auf einander, dass die schwarzen Seiten oben liegen, schneiden gleichzeitig aus beiden ein ungleich- seitiges Dreieck aus, und legen dann diese beiden Drei- ecke, die schwarzen Seiten wieder nach oben gewendet, ‚auf eine Ebene, so können dieselben durch einfaches Verschieben in der Ebene zu vollständiger Deckung ge- bracht werden. Man nennt sie in diesem Falle kon- Lagen dagegen die Papierblätter etwa so auf- einander, dass die schwarzen Seiten einander von innen berührten, so können die beiden (in diesem Falle sym- metrisch genannten) Dreiecke, wenn sie ebenso wie oben auf die Ebene gebracht worden sind, nicht mehr durch blosse Verschiebung zur Deckung gelangen. Man muss vielmehr das eine derselben vorher so umklappen, dass die weisse Seite oben liegt, und diese Umklappung ist lichen Ebene herausnimmt, in den dreidimensionalen Raum bringt, dort umkehrt (d. h. Ober- und Unterseite ver- tauscht) und dann wieder in die Ebene zurücktransportiert, geradeso könnten wir, wenn uns ein vierdimensionaler Raum zur Verfügung stände, und die Möglichkeit, Gegen- stände im denselben hinein zu versetzen, gegeben wäre; die eine von zwei symmetrischen Ecken erst aus unserem Weltraume in diesen vierdimensionalen Raum bringen, dort umkehren (d. h. Innen- und Aussenseite vertauschen) und dann in unseren Raum zurückbringen, worauf die Deckung der beiden Ecken durch Ineinanderschieben gelingen würde. Diese Operation würde möglich sein, ohne irgendwie die Gestalt der Ecke zu ändern und nachträglich wieder herzustellen. Wenn freilich dieses letztere Verfahren zugestanden wird, dann kann eine solche Papierecke, selbst ohne den Zusammenhang ihrer Oberfläche zu zerstören, auch im gewöhnlichen Raume umgekehrt werden. Sehr nahe liegt hier der Vergleich der beiden symmetrischen Ecken mit einem Handschuh- paar, dessen ebenfalls symmetrisch gestaltete Glieder dadurch kongruent gemacht werden können, dass man durch Umkehrung die Innenseite des einen zur Aussen- seite, und so z. B. aus dem linken Handschuh einen zweiten rechten macht. Ein geschickter Taschenspieler könnte, indem er den linken Handschuh verschwinden lässt, und dann statt desselben einen zweiten rechten produziert, uns glauben machen, er habe die Umkehrung auf die vorher beschriebene Weise im vierdimensionalen Raume vollzogen oder vollziehen lassen, wohin unser Blick natürlich nicht reicht. Alles selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass wir entweder den Glauben an die wirkliche Existenz des vierdimensionalen Raumes schon mitbringen, oder durch dieses Experiment uns in diesen Glauben versetzen lassen. Theoretisch wäre unter dieser 60 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NY. 8. Voraussetzung nichts gegen einzuwenden. Ein anderes Beispiel. auf der Ebene, setzen die einen Punkt bedeuten soll, in das Innere des Kreises, und lassen, indem wir die Spitze der Feder auf dem Papier vorwärts rücken lassen, diesen Punkt sich bewegen. Wollen wir den Punkt aus dem Innern des Kreises herausbringen, ohne dass er die Ebene verlassen soll, so muss er nothwendig irgendwo die Kreislinie passieren, d. h. die Spitze der Feder muss die Kreislinie kreuzen. Heben wir aber die Feder vorher auf und setzen ihre Spitze ausserhalb der Kreisfläche auf dem Papier nieder, so ist unser Punkt von innen nach aussen gekommen, ohne die Kreislinie zu passieren, er hat dieselbe offenbar dadurch umgangen, dass er sich aus der Ebene in den Raum hinausbewegte, um nach erfolgter Umgehung in die Ebene zurückzukehren. Dabei ist zu beachten, dass der Uebergang in den Raum an jeder beliebigen Stelle der Kreisfläche erfolgen kann, und dass der Punkt für ein Auge, welches ihn nur in der Ebene sucht, so lange verschwindet, als er ausserhalb derselben im Raume ver- weilt. — Denken wir uns jetzt eine vollständig geschlossene hohle Glaskugel, und innerhalb derselben einen beweg- lichen Punkt; derselbe mag durch ein Schrotkorn dar- gestellt sein. Offenbar kann dieser Punkt aus dem von der Kugelfläche eingeschlossenen Raume nur dadurch nach aussen kommen, dass die Kugelfläche irgendwo durchbrochen wird. Hätten wir aber einen vierdimen- sionalen Raum, so würden wir dieselbe Wirkung ohne Verletzung der Kugelfläche erzielen können, wenn wir den Punkt da, wo wir ihn gerade vorfänden, in den vierdimensionalen Raum versetzten, ihn hier die Kugel- fläche umgehen liessen, und ihn endlich ausserhalb der- selben irgendwo in den gewöhnlichen Raum zurückver- setzten. Ohne Schwierigkeit ist hieraus das Recept zu entnehmen, nach welchem der Taschenspieler, der uns dieses Wunder vorführen will, zu verfahren hat, indem er nämlich zwei äusserlich ganz gleiche Kugeln, von denen die eine das Schrotkorn enthält, mit einander verwechselt. Eine dritte, sehr bekannt gewordene und viel- umstrittene Aufgabe möge als letztes Beispiel dienen. Man kann in einem mit zwei offenen Enden versehenen Stück Band eine einfache Schlinge oder einen Knoten anbringen, und ebenso diese Gebilde wieder auflösen. Sind dagegen die beiden Enden an einander befestigt, so dass das Band die Gestalt einer geschlossenen oder in sich zurückkehrenden Linie hat, so ist weder das eine noch das andere möglich. Auch diese, im dreidimen- sionalen Raume unlösbaren Aufgaben könnten, natürlich ohne die Geschlossenheit des. Bandes aufzuheben, oder sonst irgendwie den Kern der Aufgabe zu umgehen, im vierdimensionalen Raume gelöst werden, und das in den Weltraum zurückversetzte Band würde im ersten Falle die vorgebrachte Erklärung Zeichnen wir einen Kreis Spitze der Feder, die uns mit der Schlinge versehen, im zweiten von derselben befreit, wieder in die Erscheinung treten. Der Beweis für die theoretische Richtigkeit dieser Behauptung ist auf streng mathematischem Wege erbracht worden, und jeder Mathematiker kann sich ohne Schwierigkeit durch Verfolgung der gar nicht weitläuftigen, allerdings hier nicht mitteilbaren Rechnung davon überzeugen. Auch sonst hält es eben nicht schwer, mancherlei im gewöhn- lichen Raume unlösbare Raumprobleme anzugeben, die unter Zuhilfenahme des vierdimensionalen Raumes ihre Erledigung finden würden. Aber ebenso leicht ist auch einzusehen, dass alle diese Lösungen nur in der geometrischen Phantasie be- stehen können. Dort freilich sind sie gleichwertig mit zahllosen anderen Konstruktionen und Lösungen von Aufgaben, die man eben auch nu in Gedanken ausführt, wie (um nur einige ganz einfache Beispiele anzuführen) das Legen einer Ebene durch drei Punkte des Raumes, die Konstruktion einer Kugelfläche mit gegebenem Radius aus einem Punkte des Raumes. Ja selbst unsere Zeich- nungen von Linien und Figuren auf einer Ebene ent- sprechen ja keineswegs genau den reinen geometrischen Konstruktionen unserer Phantasie, sondern sind nur mehr oder weniger grobe Veranschaulichungsmittel für das Auge. Und der einzige Unterschied zwischen den eben genannten Arten von Konstruktionen und denjenigen, welche den vierdimensionalen Raum zu Hilfe nehmen, besteht darin, dass wir uns die letzteren eben nicht vorzustellen und daher auch nicht, ihrer richtigen Beschaffenheit ent- sprechend, zu veranschaulichen im Stande sind. — Indem wir nun insbesondere die mathematischen Gesetze, welche wir an den von uns ausgedachten und durch Zeichnungen oder Modelle veranschaulichten Körperformen entdecken, in der uns umgebenden Körperwelt verwirklicht und bestätigt finden, so geben auch umgekehrt die noch un- erklärten Erscheinungen dieser Körperwelt uns Anlass, verborgenen mathematischen Gesetzen nachzuspüren, und ebenso veranlassen uns Aufgaben, welche wirklich vor- handene Körper aller Art betreifen, die Lösungen dieser Aufgaben an den entsprechenden mathematischen, d. h. gedachten Körpern auf mathematischem Wege zu suchen. Soll nun eine so gefundene Lösung in die Wirklichkeit umgesetzt, d. h. an wirklich vorhandenen Körpern aus- geführt werden, so ist es eine unerlässliche Voraus- setzung, dass dazu nur das uns allein zugängliche Gebiet des Weltraums in Anspruch genommen wird. Reicht dieses Gebiet zur Lösung einer solchen praktischen: Auf- gabe nicht aus, muss vielmehr der vierdimensionale Raum dazu herangezogen werden, so ist die Aufgabe eine für uns absolut unlösbare. — Werden dennoch vor unseren Augen solche im Weltraum unlösbare Aufgaben, wie die oben beschriebenen, gelöst, so handelt es sich eben um eine Täuschung unserer Gesichtswahrnehmung, d. h. um ein mehr oder weniger interessantes Taschenspieler- Kunststück. (Schluss folgt.) \ \ nr a 5 en ou er r ir I; = En R b e- ar R BITTER DER Be At = Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 61 Paraffin-Einbettungs-Methode für pflanzliche Objekte. Von Dr. Douglas H. Campbell. In der letzten Zeit sind Versuche gemacht worden die von den Zoologen mit so grossem Erfolge gebrauchte Methode der Paraffin-Einbettung solcher zarteren Organe, die zur anatomischen Untersuchung durchschnitten werden müssen, auch für das Durchschneiden zarter pflanzlicher Gewebe zu verwenden. Bei embryologischen Untersuchungen, die ich an- gestellt habe, erwies sich mir die genannte Methode als | äusserst brauchbar, jedoch habe ich weder die von S. Schönland (Bot. Centralblatt 1887 Nr. 22), noch die von J. W. Moll (Bot. Gazette. Jan. 1888) angegebenen | Verfahren allein benutzen können, sondern habe beide verbunden und modifiziert. Wenn die Zellmembran nicht cuticularisiert ist, kann man Alkohol-Material benutzen, ist sie aber cuticula- risiert — wie bei der Macrospore von Pilularia —, So ziehe ich dem Alkohol eine einprozentige Chromsäure- Lösung oder das auch von Moll empfohlene Flemming- | sche Gemisch von Chromsäure, Osmiumsäure und Essig vor; mit Alkohol zehärtete Sporen machen das Durch- dringen des Paraffins durch das Exosporium fast un- möglich. Zur Einbettung empfehle ich ein Paraffin mit dem Schmelzpunkt von etwa 50° C., weil das leichter schmelz- bare zu wenig fest ist, um gute Schnitte zu bekommen. | Im Gegensatz zu Schönland habe ich nie gefunden, dass eine Temperatur von 50—55° C. im mindesten schädlich auf die Pflanzenobjekte wirkte. Das Verfahren der Einbettung, das ich anwende, ist das folgende: Ich nehme zur Herstellung eines Papierkästchens für die Einbettung, einen Papierstreifen, wickele diesen um einen Flaschenkorken und klebe das freie Ende mit Gummi fest; bis das Gummi trocken geworden ist, be- festige ich das freie Ende mit einer Stecknadel. Zur Fertigstellung des Kästchens entfernt man den Kork und legt ein kreisförmiges, festes Stück Papier als Boden in den Papiercylinder hinein. Der einzubettende Gegen- stand wird dann auf den Boden gebracht und das Käst- chen mit geschmolzenem Paraffin gefüllt. Darauf stellt | man das Ganze in ein mit Paraffin gefülltes Schälchen, welches S—10 Stunden lang in einem Wärmschränkchen in einer Temperatur von 50—55° C. verbleiben muss, | um ein vollständiges Eindringen des Paraffins in das zu untersuchende Objekt zu erreichen. Um Luftblasen zu vermeiden, muss die Abkühlung möglichst plötzlich er- folgen. Sobald daher die Oberfläche des Kästcheninhaltes mit einer dünnen Paraffinhaut bekleidet ist, tauche man | dasselbe in kaltes Wasser. | | | Kleinere Mitteilungen. Ueber Massenvertilgung von Vögeln. — Als das nun- mehr erschienene und demnächst in Kraft tretende Reichs-Vogel- schutzgesetz Gegenstand der Verhandlungen des Reichstages war, bildete den am meisten besprochenen und von allen möglichen Seiten erörterten Punkt derjenige Paragraph, welcher vom Fang der Krammets- 'vögel handelte. Von den Gegnern des Krammetsvogelfanges wurde besonders hervorgehoben, dass durch die ausserordentlich grosse Zahl der gefangenen‘ Drosseln diese nützlichen Vögel stark vermindert ‘werden müssten. Von anderer Seite wurde geltend gemacht, dass es barbarisch und unästhetisch sei, einen Singvogel massenweise in Schlingen zu fangen und zu verspeisen. Es müsste ferner besonders dies dem Zustandekommen eines internationalen V ogelschutzgesetzes hinderlich sein; denn wenn z. B. von den Italienern verlangt würde, sie sollten keine Singvögel und Wachteln in der bisher üblichen ‘Weise fangen, so dürften in Deutschland auch keine Drosseln auf dem Dohnenstrich gefangen werden. In vielen Zeitschriften und Tagesblättern kam man bei dieser Gelegenheit wieder auf das un- erquickliche Thema des Vogelfanges in den Mittelmeerländern. All- bekannt, genugsam beklagt und (umsonst) bekämpft ist die Art und ‘Weise, in der speciell in Italien den Zugvögeln nachgestellt wird. Ob eigentlicher Jagdvogel oder Singvogel, das ist dem Italiener gleich- giltig. Was Federn trägt, sei es Drossel, Schwalbe, Nachtigall, das wird erlegt, in Netzen gefangen, erschlagen und wandert in die Küche. Unzählbar sind die Scharen der auf diese Weise getöteten ‘Vögel und mit Recht schreibt man es diesem Verfahren zum grossen "Teil zu, wenn von Jahr zu Jahr die Zahl vieler Vogelarten bei uns abnimmt. Wenn wir aber anderen Nationen vorwerfen, dass sie in über- -triebenem Masse zur Verminderung der Vögel beitragen, so müssen ‚wir auch im eigenen Lande Umschau halten, ob sich nicht ähnliches auch in Deutschland findet. Zwar sind Finkenherde und eine ganze Reihe anderer Einrichtungen zum Fange kleinerer und nützlicher Vögel wohl für immer verschwunden; vom Dohnenstrich ist mit Sicherheit und zablenmässig nachgewiesen, dass er eine Verminderung der Drosseln nicht herbeigeführt hat. Aber wir haben noch an ‚unseren Küsten besonders in Ostfriesland, ferner auf den Inseln an den Küsten Schleswig-Holsteins in den Entenkojen Vorrichtungen, in denen ein wichtiger Vogel der Niederjagd, die Stockente, nebst vielen ihrer Verwandten (Pfeit-, Kriek-, Eis-, Samt-, Trauerenten | ete.) in geradezu erstaunlichen Mengen gefangen wird. E. Pfannen- schmid führt in einem kleinen Aufsatz im „Weidmann“ (1888, Nr. 27) Zahlen an, für die in einem Jahr durch die Entenkojen und durch unter Wasser an den Küsten errichtete Netze gefangenen Enten. (Es werden nämlich vielfach die Tauchenten durch unter der Ober- ı fläche des Wassers befindliche Netze gefangen, in welche sie beim Tauchen geraten, um darin zu ersticken). „Nach einer glaubwürdigen Notiz sind auf Föhr im vergangenen Jahre gegen 32000 Stück er- beutet worden. Auf Fehmarn und an verschiedenen Orten der Küste, wo „unter Wasser“ gefangen wird, dürfte die Kopfzahl mindestens 50,000 betragen; wir hier an der ostfriesischen Küste nehmen unser bescheidenes Teil, d. h. weidmännisch, wenn es hoch kommt alles in allem mit ungefähr 10,000 Stück weg. Streiche ich auf Sylt und Föhr selbst diverse Tausende und schätze ich den Fang auf den beiden Inseln zusammen jährlich auf 50,000, Fehmarn mit der Küste auf 50,000, in Ostfriesland auf 10,000, so beläuft sich die Gesamt- ausbeute an der deutschen Nord- und Ostseeküste auf 110,000 Stück Enten .... Muss es da nicht Wunder nehmen, wenn es überhaupt noch Enten giebt?“ .... In der That ist es klar, dass die Entenkojen zur Verminderung der Enten ausserordentlich viel beitragen, und es erscheint gerecht- fertigt, wenn die Frage angeregt wird, ob nicht etwa dieser Massen- fang etwas eingeschränkt werden könne oder müsse, etwa durch Ver- kürzung der Fangzeit oder vielleicht durch ein Verbot des Unter- Wasser-Fangens. Nicht nur, dass diese Methode durchaus unweid- männisch ist, sondern das Wildpret wird sehr oft durch das lange Liegen im Wasser für die Küche total unbrauchbar. Freilich ist der Entenfang ein altes friesisches Recht, welches die zähen Küsten- bewohner nicht werden aufgeben wollen. Es könnte aber schliess- lich dahin kommen, dass die Kojen von selbst ausser Betrieb gesetzt werden, weil es an genügender Beute fehlt. Dr. Ernst Schäff. 62 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. „Kloake‘“ beim Hausschwein. — G. Lutze teilt in dem - „Zoologischen Garten“ (März 1888). die Beobachtung, emer Miss- bildung am Verdauungskanale eines Hausschweines mit. Das. Tier, vielleicht ein halbes Jahr alt, 150 Pfd. schwer und zum Schlachten bestimmt, hatte keine besondere Afteröffnung, sondern der Mastdarm mündete etwa einen Zoll von der Vnlva in die Scheide ein, so dass in dieser Vereinigung em Analogon zur Kloake der Monotrematen erblickt werden kann. Eine neue Erklärung des Polarlichtes. — Auf Seite 30 Bd. II der „Naturw. Wochenschrift“ habe ich kurz über die inter- essanten Versuche von Arrhenius über das Leitungsvermögen beleuchteter Luft berichtet und am Schlusse angedeutet. dass diese Untersuchungen mit denen von Hertz und Wiedemann neue Aufsehlüsse über die Elektrieität der Luft erwarten liessen. Dieses hat sich nun.überraschend schnell schon während des Drucks jener Nummer bestätigt, denn in Nr. 16 des „Naturforscher“ benutzt Dr. P. Andries die erwähnten T'hatsachen zur Erklärung des Polarlichtes. Neuere Untersuchungen haben mit Sicherheit dar- gethan, dass unsere Atmosphäre stets Eisnadelschichten enthält und diese verwertet nun Dr. Andries für seine Auffassung. Es lüsst sich nämlich experimentell nachweisen, dass die Sonnenstrahlen im Eise Elektrieität hervorrufen, und daher kann man wohl schliessen, dass durch die Bestrahlung der Eisnadelschichten durch die Sonne elektrische Ströme in denselben erregt werden. ‘Die Luftschicht auf derjenigen Seite, welche von der Sonne beleuchtet wird (Tag- seite), befindet sich, da Beleuchtung und Leitungsvermögen eines Gases ja in Zusammenhang: stehen, im Zustande grüsster Leitungs- fähigkeit. Zur selben Zeit findet aber in den Eisnadelschichten die Elektrieitätsentwicklung statt und zwar am stärksten da, wo die Sonne im Zenith steht. Von dieser Stelle der stärksten Beleuchtung und Blektrieitätsentwieklung wird daher die Blektrieität nach allen Richtungen strömen, so dass an der Beleuchtungsgrenze die Dichtig- keit derselben wächst. Denkt man sich nun die Erde als aus zwei zum Brdmittelpunkt konzentxischen Kugelschalen bestehend, von denen die eine mit freier positiver Elektrieität geladen ist, und sich an der Grenze der Atmosphäre befindet, während die ‚andere, mit negativer Elektrieität geladene, sich im der Erdrinde befindet. so kann man sich von den elektrischen Vorgängen der Erde und Luft eine Vorstellung machen. Unter dieser Annahme erklärt Dr. An- dries das Nordlicht als den „Ausgleichungsprozess zwischen der Erdoberfläche und jener elektrischen Kugelschicht der Atmosphäre“. Hat die Blektrieität in der Luft eine gewisse Spannung erreicht, so wird dieser Ausgleich vor sich gehen, wobei die untere At- mosphäre durch ihren Widerstand hemmend wirkt. Die Folge ist, dass in höheren Schichten Strahlen auftreten. die Nordlichtstrahlen, welche also nur die Ströme darstellen, die den Ausgleich bewirken. Bei dieser sehr interessanten Rrklärung des Nordlichtes ist das Auftreten lokaler Polarlichter ohne weiteres erklärlich, es wird dies dann geschehen, wenn der Leitungswiderstand der Luft aus irgend welchen Gründen an einem Orte verringert ist, hier wird alsdann jener Ausgleich stattfinden. d. h. ein Nordlicht zum Vorschein kommen. Nimmt man diese Erklärung an, so sieht man sofort ein, dass einerseits die Erdströme sehr stark vom Nordlicht beeinflusst werden müssen, und dass anderseits das letztere von den Veränderungen der Beleuchtungsgrenze und der Beleuchtungsintensität abhängt. Die Grenze ändert sich sowohl täglich als auch jährlich, es wird also der Nordlichtgürtel, d. h. das Gebiet, in welchem Nordlichter auftreten, eine tägliche und jährliche Veränderung oder Verschiebung erleiden. Von der Beleuchtungsintensität hängt ferner die mehr oder minder grosse Stärke und Häufigkeit des Polarlichtes ab, und zwar weiss man, dass hierin eine elfjährige Periode herrscht. Da aber die Intensität der Sonnenstrahlen ohne Zweifel mit der grösseren oder geringeren Zahl der Sonnenflecken in Zusammenhang steht und in dem Auftreten der letzteren eine elfjährige Periode kon- statiert ist, so wird jedem der hier herrschende ursächliche Zu- sammenhang einleuchten. Wir müssen es uns versagen, diese interessante und einfache Erklärung jener geheimnisvollen und rätselhaften Lichterscheinung weiter zu verfolgen, wie dies Dr. Andries in seinem Aufsatze thut. Der Schleier des Geheimnisvollen ist von dem Phänomen des Polarlichtes gezogen worden, welches dazu bestimmt sein sollte, dem Bewohner der Polargegenden während der langen Nacht des Winters das rosige Licht zu ersetzen, — ist aber der „Zauber der Wirkliehkeit“ dadurch verringert worden? A. Gutzmer. Ueber die Regenverhältnisse der westlichen Staaten der nordamerikanischen Union sind von dem General Greely Untersuchungen angestellt worden, welche vor allen Dingen beweisen, dass es in Nordamerika keine regenlosen Gebiete giebt, wie so oft behauptet worden ist. Je mehr Stationen in Thätigkeit traten, desto mehr zogen sich die Trockengebiete auf den Karten zusammen und das Gebiet des mit weniger als 125 mm geschätzten jährlichen Niederschlages ist fast ganz verschwunden. Dass überhaupt die Existenz umfangreicher Trockengebiete sa lange als sicher angenommen wurde, hat zum "Teil seinen Grund darin, dass man von der irrigen Ansicht ausging, zur Kulturfähig- keit der beregten Landstrecken gehöre eine jährliche Niederschlags- menge von mindestens 500 mm Höhe. ‚Jedoch ist die: Regenhöhe allein nicht massgebend. wie die Erntestatistik von Dakota beweist. woselbst die durchschnittliche Regenhöhe 1885 und 1887 nur 349 resp. 384 mm betrug.. Der Schluss von der Kulturfähigkeit des Landes auf das notwendige Minimum des Niederschlages ist daher unzulässig, da sehr viel von der Jahreszeit abhängt, in welcher die Hauptmasse des Niederschlages fällt, sowie von: der grösseren oder geringeren Verdunstungsfähigkeit des Bodens. Die in. früheren Jahren gemeldeten niedricen Regenmengen erklären sich zum Teil durch den Umstand, dass 'eine grosse Zahl der Stationen an der Zentral-Paeifie-Eisenbahn geiegen war, welche gerade den allertrockensten Teil des Landes durchschneidet. sodass der Durchschnitt für das Land infolgedessen viel zu gering ausfallen musste. Dr. Emst Waener. Astronomisches. — I. Astronomische Neuigkeiten. — Neuer Planet. — Der unermidliche Planetenentdecker, Palisa hat die Anzahl der kleinen Planeten wieder um ein Exemplar vermehrt, es ist dies bereits der 276. seiner Gattung. Aufgefunden wurde er am 17.- April im Sternbilde der Jungfrau. Seiner Helliekeit nach ist er der elften Grössenklasse zuzuzählen. — Komet Sawerthal. — Der neue Komet gewährt einen ausser- ordentlich schönen Anblick im Fermrohr. Engelhardt berichtet aus Dresden unterm 15. und 19. April, der Komet ist sehr hell. Der Schweif, welcher am 15. eine Länge von 40 Bogenminuten hatte, ist am 19. bereits bis auf 75 Bogenminuten angewachsen. Anfing- lich schmal, erweitert er sich allmählich und ist an dem Ende etwa dreimal breiter als am Kopfe. Vom Kopfe bis zur Mitte des Schweifes ist in demselben ein heller, linienförmiger Streifen sicht- bar. welcher genau in der Schweifachse liest. Der Kern war am 15. von gelblich-weisser Farbe und doppelt. Der Hauptkern ist scheibenförmig, sein Begleiter ist kleiner, sternartig und geht dem Hauptkerne südlich voran. Die Kerme liegen in einer kleinen, ge- meinschaftlichen, ovalen, hellen Hülle, welche von einer zarten Nebel- hülle umgeben ist. Am 19. war die Hülle gelblich und so hell, wie die Kerne selbst, dass die Treilkerne in unscharfer Trennung erschie- nen. Die Entfernung der beiden Kerne betrug 6,3 Bogensekunden. Il. Astronomischer Kalender. — Am 18. Mai Sonnenauf- gang 4 Uhr 1 Minute, Sonnenuntergang 7 Uhr 52 Minuten; Mond- aufgang nachts 1 Uhr 4 Minuten, Untergang mittags 10 Uhr 23 Minuten. Am 25. Mai Sonnenaufgang 3 Uhr 52 Minuten, Unter- gang 8 Uhr 2 Minuten; Mondaufgang abends 7 Uhr 53 Minuten. Untergang nachts 4 Uhr 9 Minuten. Am 18. Mai 11 Uhr 58.7 Minuten erstes Viertel, am 25. Mai 2 Uhr 33,7 Minuten Vollmond. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 18. Mai 3 Minuten 47.2 Sekunden. am 25. Mai 3 Minuten 15,5 Sekunden. Dr. F. Plato. Denaturierter Spiritus. — Die unter dem Publikum noch immer bestehende Abneigung gegen den Gebrauch von denaturiertent Spiritus im Haushalte, sowie zu gewerblichen Zwecken, rührt, wie die Chemiker-Zeitung vom 18. April d. J. ausführt, zum grossen Teil daher, dass anfangs die zur Ungeniessbarmachung dienenden Zusatzstoffe in einem anderen Mischungsverhältnis und in zu grosser Menge angewandt wurden und dass der so denaturierte, ziemlich stark riechende Spiritus gegenwärtig noch nicht völlig im Kleinhandel abgesetzt worden ist. Das zuerst angewandte Verfahren bestand darin, dass man zwei Raumteile Holzgeist mit einem Raumteil Pyridin mischte und von diesem Gemisch 37 auf 100 2 100 prozentigen Alko- hol anwaändte. Das Pyridin (C, H, N), eine farblose, stark basische, bei 11700. siedende Flüssigkeit, ist nebst anderen Pyridin-Basen namentlich in dem durch trockene Destillation entfetteter Knochen gewonnenen animalischen Teer enthalten. ö Es ergab sich nun schon nach den ersten Monaten, dass die zugesetzte Menge des Pyridins zu hoch gegriffen war. Infolgedessen hat man durch Bundesratsbeschluss vom 15. Dezember v. J. ab das Denaturierungsverfahren derartig abgeändert, dass man 4 Teile Holz- geist mit einem Teil Pyridin mischt und den Zusatz auf 21/, 7 für 100 2 100prozentigen Alkohol ermässigt. Auf diese Weise untrink- bar gemacht, dürfte er den billigen Anforderungen des Publikums entsprechen, da er durch den Zusatz die Verwendbarkeit zu allen sonstigen Zwecken behält, während der gegen früher weit schwächere Holzgeist- und Pyridin-Geruch bei einiger Lüftung ziemlich rasch verfliegts W. Fragen und Antworten. Gesammelte Exemplare von Necrophorus germanicus fand ich mit einer Menge von Milben besetzt. In welchem ‚Niesst der - geschaffen hätte, wird kaum jemand zu behaupten wagen. aufgenommen und bei Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 63 Verhältnis stehen diese zu dem Käfer? An Schmarotzer ist doch wohl kaum zu denken. Die auf der Körperoberfläche von Neerophorus germanieus und anderen Arten derselben Gattung befindlichen Milben gehören zu Gamasus eoleoptratorum L. (Gamasidae, Klasse Arachnoidea). Es sind keine eigentlichen Schmarotzer, da sie auf dem Körper der Käfer sitzen, ohne sich festzusaugen. Sie leben vielmehr in faulen- den ‘Substanzen (Aas, Kotauswurf) und benutzen die an gleichen Orten lebenden Käfer, z. B. die oben genannten, nur als Vehikel. Auch Mistkäfer (Geotrypes) sind gewöhnlich mit diesen. Milben be- haftet. Kolbe. Litteratur. A. Schubert: Pflanzenkunde für höhere Mädchen- schulen und Lehrerinnen-Seminare. Teil I. (Erster und zweiter Kursus). Mit 104 Holzschnitten. — Verlag von Paul Parey in Berlin. 1888. Preis geb. 2 M. Weitgehender Arbeitsteilung verdankt unsere Zeit die raschen Fortschritte auf vielen Gebieten der Kultur. Aus unzähligen Quellen Strom unserer naturwissenschattlichen Erkenntnis. Die Pädagogik kann und darf sich nicht der allerdings schwierigen Aut- gabe entziehen, die leitenden Ideen ihrer Zeit für die Erziehung und Bildung der ‚Jugend ‚soweit fruchtbar zu machen, als aus ihnen ein gesicherter Bildungsinhalt von bleibendem Werte sich gewinnen lässt. An der Vermittelung dieses Bildungsinhaltes nimmt heutzutage das weibliche Geschlecht einen stets wachsenden Anteil. Dass aber die derzeitige Mädchenerziehung dafür überall genügende Grundlagen Am schwächsten ist es erfahrungsmässig mit der Befähigung bestellt, auch nur die Blemente naturkundlichen Erkennens richtig und zweek- | mässig der Erziehung dienstbar zu machen. Die Schuld trägt häufig eine Art der Unterweisung, welche die Natur nicht beim Geiste zu fassen versteht. Wie wenig insbesondere der botanische Schulunter- richt den modernen Standpunkt der Wissenschaft bericksiehtigt, lehrt zur Genüge ein Blick auf die noch vielfach in Mädchenschulen demselben zur Grundlage dienenden sogenannten Leitfäden, welche meist den Eindruck hervorbringen, als hätte die botanische Forschung seit Linne's Zeiten einen hundertjährigen Schlaf geschlafen und nie- mals Männer wie Darwin, Müller, Nägeli. Sachs, Eichler, Schwendener u. a. in ihren Reihen gehabt. Diesem Mangel ab- zuhelfen, den unerschöpflichen Bildungsgehalt der Pflanzenwelt dem "Teile der Menschheit besser zu erschliessen, dem mehr und mehr die Aufgabe zufallen muss, den heranwachsenden Geschlechtern schon vor der Schulzeit durch die erste Anleitung rung die Grundlagen einer vernünftigen Weltanschauung bereiten: das ist der Zweck. des im "Titel genannten Buches. sucht denselben zu erreichen durch Unterstützung bei einer ein- gehenden und gründlichen Betrachtung pflanzlicher Individuen. durch mannigfaltige Anregung zur Naturbeobachtung, durch stete Bezugnahme auf den Zusammenhang zwischen Form und Funktion der Organe, durch Hinweis auf die Wechselwirkungen in der organischen Welt, durch Anbahnung des Verständnisses der die Veränderungen in der organischen Gestaltung bedingenden lokalen und klimatischen Verhältnisse u. s. w. Die Form, in welcher der angedeutete Inhalt dargeboten wird, berücksichtigt in geschickter Weise die Mädchennatur und trägt dem jugendlichen Verständnisse Reehnung, ohne sich soweit zu verflachen, dass sie aufhörte, be- ständige Denkarbeit herauszufordern. Schubert hat mit Begeisterung für seine Sache die Arbeit den gediegenen Kenntnissen, die ihm zur Verfügung stehen, trefflich ausgeführt. Für die Schule, welche die Zukunft des Menschengeschlechtes in Händen hat, ist „das Beste gerade gut genug“. Schubert's Pflanzenkunde ist das dem Rezen- senten bekannte beste Buch seiner Art: möchte es den Schund (ich tinde kein besseres Wort). den man den Kindern vielfach zu bieten wagt, verdrängen helfen! Es Breuer, A., Konstruktive Geometrie der Kegelschnitte auf Grund der Fokaleigenschaften. gr. 8%. (V, 110 S.) Preis 1 60 4. J. Bacmeister in Eisenach. Cecchi, A., Fünf Jahre in Ostafrika. Reise durch die südlichen Grenzländer Abessiniens von Zeila bis Kaffa. gr. 8%. (XI, 5418. m. Illustr.) Preis 15 #.; geb. 17 #. Julius Bohne in Berlin. Damm, L. A., Neura Handbuch der Mediein für Aerzte und gebildete Nichtärzte. 1. Bd. 6. Lfg. gr. 8°. (S. 145—176.) Preis 80 4. Staegmayr'sche Verlagsh. (Ant. Carl Staegmeyr) in München. Darwin, Ch., Gesammelte Werke. Aus dem Engl. übersetzt von J. V. Carus. 112. u. 113. (Schluss-)Lfg. gr. 80%. (16 Bd. S. 257 bis 402.) Preis a 1% 20.5. E. Schweizerbart’sche Verlagshdlg. (E. Koch) in Stuttgart. Drechsel, E., Leitfaden in das Studium der chemischen Reaktionen und zur qualitativen Analyse. 2. Aufl. gr. 8%. (VIII, 126 S.) Preis geb. 3. #. Johann Ambrosius Barth in Leipzig. i und Beleh- | vorzu- | Engler, A., u. K. Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen rd wichtigeren Arten, insbesondere den Nutzpflanzen. 18. Lig. . 80. (3 Bog. m. Illustr.) Subskr.-Pr. 1. 50.4, Einzelpr. 3 . " Wilhelm Engelmann in Leipzig. Ettingshausen, C. Frhr. v, u. F. Krasan, Beiträge zur Er- forschung der atavistischen Formen an lebenden Pflanzen und ihrer Behungen zu den Arten ihrer Gattung. (Sep.-Abdr.) gr. 4°. (12 S. m. 4 Taf.) In Komm. Preis 2 .# 20 4. 6. Freytag in Leipzig. Everett, J. D., Physikalische Einheiten und Konstanten. Den deutschen Verhältnissen angepasst durch P. Chappuis u. D. Kreich- gauer. gr. 8%. (V, 1268.) Preis 34%. J. A. Barth in Leipzig. Erk, F., Der Föhn. Eine EOE- Skizze. (Sep.-Abdr.) gr. 89. (19 S.m. 4 Karten.) Preis 1. Literarisch-artistische Anstalt (Theodor Riedel) in München. Griebsch, P., Beiträge zur Kenntnis & Den Isomerie einiger Hydroxylaminderivate. 8°, S.) Preis 1#. Gräfe und Unzer in Königsberg in Pr. Haeckel, E., System der Siphonophoren, auf phylogenet. Grund- lage entworfen. (Sep.-Abdr.) ‘gr. 80%. (46 S.) Preis 12 20 4. Gustav Fischer in Jena. Hansen, A., u G. Köhne, Die Pflanzenwelt. 9. Lig. gr. 89. (2 Bog.) Preis 40 4. Otto Weisert in Stuttgart. Hauck, G., Lehrbuch der Stereometrie. Auf Grund v. F. Kommerell's Tehrbuch neu bearb. 6. Aufl. gr. 8°. &VI, 226 S. m. Illustr.) Preis 2 % 40... H Laupp'sche Buchh. in Tübingen. Horimie, O., Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte d. Menschen der Wirbeltiere. 2. Auf. gr. 8%. (XII, 519 S. m. Illustr.) Preis 11.#%. Gustav Fischer in Ten, Hann, J., Resultate d. 1. Jahrganges der meteorologischen Be- obachtungen auf dem Sonnblick (3095 m.) (Sep.-Abdr.) gr. 8°. (34 S.) In Komm. Preis 60... G. Freytag in Leipzig. Hempel, A., Ueher elektrische Induktion. 4°. (18 S.) Preis 1#. R. Gärtner in Berlin. Hollenberg, A., Stücke aus der Physik. Bin Wiederholungsbuch für Schüler der Volksschulen, 3. Aufl. 8%. (32 S.) Preis 20 4. J. W. Spaarmann in Moers. Hölscher, F. M. A., Die naturwissenschaftliche Weltansicht in Beziehung auf Religion und Staat, Erwerb und Ehe. Kritik v. M. Nordau's konventionelle Lügen ete. gr. 8%. (127 S.) Preis 2 A 40 ..° Friedrich Andreas Perthes in. Gotha. Hüttmann, Jastram, Marten, Weltkunde. Leitfaden d. Geographie, Geschichte, Naturgeschichte, Physik und Chemie 12. Aufl. Be- arbeitet v. Hüttmann, Marten, Renner. gr. 8%. (394 S.) Preis 14 60... Helwing’sche Verlags-Buchhandlung (Th. Mierzinsky) in Hanuover. Hoesch, L., Ueber die Koefficienten d. Ausdrucks A”"x" u. m. ihnen verwandte Zahlenverbindungen. 4°. R. Gärtner's Verlag in Berlin. Kerner v. Marilaun, A., Studien über die Flora der Diluwvial- zeit in den östlichen Alpen. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (33 8.) In Komm. Preis 60... G. Freytag in Leipzig. Klencke, H., Das Weib als Gattin. Lehrbuch über die physischen, seel. u. sittl. Pflichten, Rechte u. Gesundheitsregeln der deutschen Frau im Eheleben. 9. Aufl. 8°. (XV, 506 S.) Preis 5.4; geb. einige (22 S.) Preis 14. 6%. Eduard Kummer in Leipzig. Krebs, G., Grundriss der Physik für höhere realist. Lehranstalten. 2. Aufl. gr. 8%. (VI, 524 S.) Preis 5 #. Veit & Comp. in Leipzig. en Dis Lehrbuch der Physiologie der Menschen. 6. Aufl. Abt. er. 8%. (S. 481—720.) Preis 5. AM. Urban & Schwarzen- dere in Wien. Mitteilungen, Botanische, aus den Tropen, hrsg. v. A. F. W. Schimper. 1. Heft! gr. 8°. Preis 4 # 5043 Inhalt: Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen u. Ameisen im tropischen Amerika. Von A. F. W. Schimper. (96 S. m. Illustr.) G. Fischer in Jena. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke frranko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Briefkasten. Herrn William Baer. — Denaturierter Spiritus kann auch zum Konservieren naturhistorischer Objekte verwendet werden. Vergl. die kleinere Mitteilung in dieser Nummer der Naturw. Wochenschr. Herrn Hayn. — Die Beantwortung Ihrer Frage finden Sie in dem Buch von G. A. Ziegeler: „Die Analyse des Wassers“ (Stutt- gart 1887). 64 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- | Gesuchen und -Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen ete. vermitteln. Herder’sche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau. Soeben ist erschienen u. dureh alle Buchhandlungen zu beziehen: Jahrbuch der Naturwissenschaften. "te Jar: Enthaltend die hervorragendsten Fortschritte auf den Gebieten: Physik, Chemie und chemische Technologie; Mechanik; Astro- nomie und mathematische Geographie; Meteorologie und physi- kalische Geographie; Zoologie und Botanik. Forst- und Land- wirtschaft; Mineralogie und Geologie; Anthropologie und — Urgeschiehte; Gesundheitspflege. Medizin und Physiologie; eur Sl ! 1 ystolog &, Länder- und Völkerkunde; Handel, Industrie und Verkehr. Unter Mitwirkung von Fachmännern herausgegeben von Dr. Max Wildermann. Mit 24 in den Text gedruckten Holz- | sehnitten. 80%. (XX u. 565 8.) 4.6; in Original-Einband, Lein- wand mit Deekenpressung 2 7. — Die Einbanddecke alle 70 4. Dieses Jahrbuch führt in gemeinverständlicher, anregender Sprache die wichtigsten Errungenschaften vor, die das verflossene Jahr aul' dem Gesamtgebiet der Naturwissenschaften gebracht hat. Die beiden früheren Jahrgänge haben eine überaus eünstige Auf- nahme eefunden. Um so mehr ist dies von dem vorliegenden, in mehr- facher Beziehimg vervollkommneten neuen ‚Jahrgang zu erwarten. in. ee Balbi-Arends, Allgemeine Erdbeschreibung oder Hausbuch des geogr. Wissens. 6 Aufl. 2 starke Bände. Lex. 8°. 2424 Seiten mit vielen Dlustr. 1878. In 2 eleg. Ganzleinenbänden. &tatt M. 30,— nur M. 10,—. Bernstein, A., Naturkraft M. 5,— nur M. 3,—. Diercks, 6., Entwicklungsgeschichte des Geistes der Menschheit. 2 Bde. 1882. Statt M. 10,— nur M. 5,—. Haeckel, E., Gesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der Ent- wiekelungslehre. 2 Bde. mit S2 Abbild. Lex. SQ 1879. broch. Statt M. S.— nur M. 5,—. Harms, F., Die Philosophie in ihrer Geschichte. Statt M. 13,50 nur M. 7,—. Geschichte der Psychologie. M. 5,—. Geschichte der Logik. 1881. statt M. 6.— nur M. 4,—. Homeyer, E. F. v., Die Wanderungen der Vögel. 1851. broch. M. 8.— nur M. 4,—. —, Omithologische Briefe. gr. 8%. 1881. broch. Statt M. 6.— nur M.2,—. Vorstehende Bücher sind zu den beigesetzten — bedeutend | ermässigten — Preisen von uns franko zu beziehen. Berlin SW. 48, Riemann & Möller. Friedrichstrasse 226. Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer. | und Geisteswalten. 1876. broch. statt 2 Bde. 1879/80. 3, Aufl. 1879. Statt M. 7,50 nur Statt Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. KONVERSATIONS-LEXIKON VIERTE. AUFLAGE. Das 1. Heft und den 1. Band liefert jede Buchhandlung zur Ansicht. Achtzig Aquarelltafeln. w o [=] o > or Eu = E = U} © = 3 — o© >” Ser ’ 256 Hefte a 50 Pfennig. — 16 Halbfranzbände ä I0 Mark. SE 7u beziehen durch Riemann & Möller in Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226. 6.—10. Tausend. Dr. Wilh. Medicus, Illustriertes mit 183 fein kol. n Abbildungen. Käferbuch hocheleg. gebd. Gegen Mk. 1,80 liefern franko. Illustriertes ' Schmetterlingsbuch. 6.—10. Tausend. Mit 87 fein SErET TER = LERLERLEERLELLLERDLEBLDE SSrES&n& 3 Notarielle Bestäti Bacssarı S Notarielle Bestätigung enge 3 = des tausendfachen Lobes über den gsarluuese® Holländ. Tabak v. B. Becker in Fe SRZZIER =: Seesena.Harz10 Pfd.fko.SMk., 2335 3 s=2 3 haben die versch. Zeitungsexpedi- Fe : gesar2z tionen eingesehen. 34] "So5s3s3 5 GEIGE GBGBGGC BB DE DGDSDSS 4? 203 1 en NOTE I 28% RE m& = 3 nq Junuerpogg ejfsor Zuens ng yosunmos opal en) ©} -03 yoıyue püıs uoyua\ suraw oly — kol. Abbild., hocheleg. gebd. Gegen Mk. 1,80 liefern franko. Unsere essbaren Schwänme. "OWWIOUOLOA\ UI nes uepIom U 36. 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Instituts in Leipzig. x Aaaaaaraahahahahahadk EEE Inserate für Nr. 10 |_ Bei Benutzung der der „Naturwissenschaftlichen Inserate bitten wir un- Wochenschrift“ müssen späte- stens bis Sonnabend, 26. Mai in die „Naturwissenschaftliche unseren Händen sein. Wochenschrift“ Bezug neh- Die Expedition. men zu wollen. 14242424444224444244444 ET TEE BE Er EEE EEE SRG BEHRENS ERHEBEN N1 00 ED ED AR LAD PR (DLR RAR LER GE EI PR EAE F —u Inhalt: Obertörster Melsheimer: Abnorme Schnabelbildung bei Vögeln. (Mit Abbild.) — Dr. V. Schlegel: Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. (Fortsetzung.) — Dr. Douglas H. Campbell: Paraffin-Binbettungs-Methode für pflanzliche Objekte. — Kleinere Mitteilungen: Ueber Massenvertilgung von Vögeln. — „Kloake“ beim Hausschwein. — Eine neue Erklärung des Polarlich- tes. -— Ueber die Regenverhältnisse der westlichen Staaten der nordamerikanischen Union. — Astronomisches. — Denaturierter Spiritus. — Fragen und Antworten: Gesammelte Exemplare von Necrophorus germanicus fand ich mit einer Menge von Milben besetzt. In welchem Verhältnis stehen diese zu dem Käfer? An Schmarotzer ist doch wohl kaum zu denken. — Litteratur: A. Schubert: Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen-Seminare, "Tl. I. — Bücherschau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. sere Leser höflichst, auf. = . von ihm „zu Hilfe gerufenen wackeren Porphyre“ mäch- | ‚, Redaktion: ch auber der W 1 Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. I. Band. | Abonnement: anstalten, wie bei der Expedition. Bringegeld bei der Post 15.4 extra. Sonntag, den 27. Mai 1888. Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Der Vierteljahrspreis ist # 2.—; [010] N Nr7.-9. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Zechstein auf dem Kamm des Thüringer Waldes und seine Bedeutung für die Frage nach dem Alter des Gebirges. Von Dr. Ernst Zimmermann. Das eigentliche Thüringer Waldgebirge scheidet sich, wie jedem seiner zahlreichen Besucher sofort bei der An- näherung an dasselbe oder bei einem Ausblick vom Kamm aus auf das Vorland auffällt, von letzterem sehr scharf ab, sowohl durch die Höhe und Bodengestaltung, wie auch durch die Vegetation: Das Gebirge ist ein mächti- ger Körper aus hohen, dichtbewaldeten Kegeln und Kuppen, die zum Teil noch hoch über den etwa 2300‘ hohen Kamm emporragen und durch tiefe Thalschluchten getrennt sind; das Vorland ist ein feldbedecktes, flaches Tafelland von etwa 1400 bis weniger als 1100’ Meeres- höhe, und von flachen Thalrinnen durchfurcht. Die Ur- sache dieses scharfen Unterschiedes beruht auf dem eben- so schroffen Gegensatz, den der geologische Bau beider Landesteile zeigt: Das Vorland ist lauter „sedimentäres Gebräu“, wie es V. v. Scheffel in seinem bekannten „Lied vom Granit“ nennt, gebildet aus weithin horizon- talen oder schwachgeneigten Schichtentafeln der Trias (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper), im Gebirge aber sehen wir Eruptivgesteine, jenen Granit und die, wie es im selben Liede, aber freilich wenig naturwahr heisst, tige Bergmassen zusammensetzen, und daneben noch deren Epigonen, d. h. die aus ihrer mechanischen und chemi- schen Zertrümmerung und Verarbeitung hervorgegangenen | Tuffe, Konglomerate und Sandsteine in hervorragender, manchmal fast ausschliesslicher Weise am Gebirgsbau sich beteiligen; es haben diese Bildungen Rotliegendalter, sonst waren im eigentlichen Thüringer Walde bisher nur noch ältere, keine jüngeren Gesteine bekannt. — Der geologischen Bildungszeit nach ist nun zwischen Rotliegend- und Bunt- ‚ sandstein das Bindeglied der Zechstein,; und dieser Rolle entsprechend findet sich dieser denn auch als fast un- unterbrochenes, wenn auch oft recht schmales Band am ganzen Fuss des Gebirges, d. h. also an der Grenze gegen das Vorland.. Auch um den Harz herum bildet der Zechstein ein ebensolches Band. Er ist eine der ältestbekannten Formationen, ja von ihm ist ein gutes Teil der ersten geologischen Wissenschaft ausgegangen, -da in seiner untersten Schicht, dem Kupferschiefer, ein reicher Kupfer- und Silbergehalt sich findet, seit alters der „Segen des Mansfelder Bergbaues“, von welch’ letz- terem viele Bergleute und Geologen sich ihre Ausbildung geholt haben. Dieser Zechstein nun besitzt, wenn man nur wenig- stens !/s bis 1 km vom Fuss des Gebirges entfernt ihn durch Bergbau aufgeschlossen vor sich sieht, ebenso wie die Trias eine ziemlich horizontale oder nur schwach vom Gebirge weg geneigte Lagerung, und so schloss man, dass das letztere vor seiner Bildung entstanden war und nun als Festland aus dem Meere herausragte, dessen er- härtete Kalk- und Mergelschlammabsätze eben nun als Zech- stein bezeichnet werden. Bei dieser Annahme ist aber schwer zu erklären, woher dann die steile bis senkrechte Schichtenaufrichtung des Zechsteines, ebenso aber auch der Trias an der unmittelbaren Grenze gegen das Rot- liegende komme; ebenso ist schwer zu erklären, warum nicht Gerölle, welche die Flüsse aus jenem Festland doch 66 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. bringen mussten, nicht im Zechstein, Buntsandstein u. s. w. | die Richtigkeit der Horsttheorie liefern. Und solche Reste zu finden sind; endlich hätten doch, wenn das jetzige | finden sich in der That. Bekanntlich ist eine sehr charakte- Thüringer Waldgebirge Festland von der Zechsteinzeit an war, die Witterungseinflüsse (Frost und Hitze, Luft, Regen und Flüsse) im Laufe der seitdem verflossenen Millionen von ‚Jahren Zeit genug gehabt, das Gebirge zu zerstören, wo doch die Flüsse jetzt noch alljährlich ungeheuere Mengen von Schutt daraus fortführen. Man sah sich deshalb zur Aufstellung einer anderen T'heorie über das Alter des Gebirges genötigt. Man sagte: das- selbe habe zur Zeit des Zechsteines und der ganzen Trias noch nicht als solches existiert, sei vielmehr damals unter Meer getaucht gewesen und von dessen Schlamm- und Sandabsätzen überdeckt worden, sodass man sich das in dem Gebiete, wo heute der Thüringer Wald sich erhebe, bestanden habe. Man nahm dann weiter an, dass später (man hat Grund zu der Vermutung, dass es zur Zeit der | Norddeutschen Braunkohlenbildung geschehen sei) entlang von zwei gewaltigen, am ganzen jetzigen Gebirge beider- seits hinlaufenden Spalten AA und BB im Fig. 2 das jetzige Vorland um wenigstens 2000 bis 2500’ in die Tiefe gesunken und so das Gebirge erst als Hervorragung entstanden sei. Ursprünglich war es dann natürlich noch von der ganzen Schichtenreihe des Zechsteines und. der Trias bedeckt, aber diese Decke ist im Laufe der oben erwähnten Jahrmillionen abgespült worden; ebenso hat die Abspülung auch im Vorland gewirkt, wenngleich natürlich nicht so mächtig, und so mussten in der Zeich- nung durchpunktierte Linien die ehemals vorhandenen Lager, die jetzt nicht mehr vorhanden sind, ergänzt werden. Bei Gelegenheit des Niedersinkens wurden die Rand- partien der Senkungsfelder geschleift und so ihre Schichten in steile Stellung gebracht. Man muss dieser Theorie, welche den Thüringer Wald als einen zwischen gesunkenen Tafeln stehen ge- bliebenen „Horst“ ansieht, grosse Einfachheit und Ueber- einstimmung mit allen beobachteten Thatsachen, also grosse Wahrscheinlichkeit zusprechen; aber sie blieb doch einigermassen immer noch Theorie gegenüber der anderen, dass der Thüringer Wald schon zur Zechsteinzeit aus dem Meere emporgeragt habe, bis nicht zusammenhängende Lager oder wenigstens einzelne Reste der vorauszusetzen- den ehemaligen Sedimentärdecke auf der Höhe des Ge- birges gefunden waren. Diese erst konnten Beweis für ristische Tierform, welche zur Zechsteinzeit gelebt hat, ein muschelartig, zweiklappiges Tier mit langen Stacheln, welches den Namen Productus horridus führt. Die von mir bewirkte geologische Aufnahme des beliebten herr- lich gelegenen Luftkurortes Oberhof unweit des grossen Brandleitetunnels lehrte auf einem 1840° hohen Berg- gipfel bei dem Chausseehaus Wegscheid nördlich von Oberhof, und in einigen Thälchen, die von da nach ver- schiedenen Richtungen ausgehen, überaus zahlreiche und ı bis über centnerschwere Gesteinsblöcke kennen, von denen einzelne ziemlich häufig jenen Productus samt seinen | Stacheln enthielten. Fig. 1 dargestellte schematische Bild des Schichtenbaues | machen könne, wie es etwa am Ende der Triaszeit in | Diese Blöcke lagen also ungefähr 450° über dem Fuss des Gebirges, und nur etwa 250° unter dessen Kamm; und ihre Beweiskraft war eigentlich schon gross genug; aber es fanden sich später im Schnabel- bach südöstlich von Oberhof noch ebensolche Blöcke in nur 1 km Entfernung vom Kamm, mussten also gerade- zu auf diesem selbst ursprünglich gelegen haben, wenn man in Betracht zieht, dass sie nicht mehr fest anstehen und somit schon ein Stück am Bergabhang von den 'Wässern hinabgeführt worden sind. An letzterem Orte fanden sich freilich keine Productus im Gestein vor, und zudem zeigt dieses — und das ist der zweite Grund, warum der Zechstein auf dem Kamm des Thüringer Waldes ein ganz besonders hohes Interesse verdient — eine solch himmelweit abweichende Ausbildung, dass wohl selbst kein Geolog, wenn er nicht die Gesteinsübergänge in die ebenfalls sehr stark, aber doch noch nicht ganz so stark abweichende Muttermasse der oben erwähnten Productus sehen könnte, an die Zechsteinnatur jener Blöcke glauben würde. Es ist näm- lich im Schnabelbach ein sehr grobkrystallinischer, dunkel- brauner, dem Eisenkiesel ähnlicher Quarzit, der äusserst hart und zäh ist, am Stahl Funken giebt und nicht die Spur von Kohlensäure enthält, während alle sonst be- kannten Zechsteingesteine ziemlich weich, kalkig, doJo- mitisch oder mergelig sind, und mit Salzsäure befeuchtet stets lebhaft aufbrausen und Kohlensäure entwickeln. Auch das produktusführende Gestein an der Wegscheid ist ein solcher Quarzit, aber nicht so grobkrystallinisch. Unter dem Mikroskop zeigt das Gestein beider Fund- orte eine überraschende, überaus charakteristische Struktur, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann; aber diese ist so eigentümlich, dass der Beweis für das Zech- steinalter der Schnabelbacher Blöcke trotz des Productus- mangels unumstösslich ist. — Es ist nicht anzunehmen, dass der Quarzit ursprünglich als solcher entstanden, sondern durch kieselhaltige Quellen aus Kalkstein um- 3 gewandelt ist. — Näheres über die interessanten Blöcke findet man in den Erläuterungen zur geologischen Speeial- karte von Preussen und den Thüringischen Staaten, Blatt Crawinkel. ti N 2 u Fa FEN u a) 3 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 67 Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Schlegel. (Schluss) Durch die letzten Betrachtungen haben wir uns der | so als dreidimensionale Gebilde Ihnen sichtbar zu werden. Grenze genähert, wo die Kompetenz der exacten Wissen- — schaft in Sachen des vierdimensionalen Raumes aufhört, und das freie unbegrenzte Feld beginnt, auf welchem sich willkürlich und ohne zwingenden Grund erdachte Hypothesen tummeln, abergläubische Vorstellungen, welche den Inhalt dieser Hypothesen als Wahrheit betrachten, und endlich gewissenlose Spekulationen, welche sich be- mühen, wider besseres Wissen jene abergläubischen Vor- stellungen zu verbreiten. - Ist nämlich der Mann, welcher vor unseren Augen das Schrotkorn aus der geschlossenen Kugel heraus- eskamotiert, ehrlich, so zeigt er uns entweder, wie er die Täuschung durch natürliche Handgriffe in unserem Raume zu stande gebracht hat, oder er lässt uns wenig- stens die Ueberzeugung, dass er unsere Wahrnehmung auf eine wenn auch von uns nicht begriffene Weise ge- täuscht hat. — Will er sein Kunststück würzen, so kann er dazu einen Vortrag halten, etwa wie folgt: „Verehrtes Publikum, Ihr gesunder Menschenverstand sagt Ihnen, dass weder ich noch ein anderer Sterblicher im Stande ist, das Schrotkorn, welches Sie in dieser Glaskugel liegen sehen, oder, wenn ich schüttle, Klappern hören, aus der Kugel heraus zu bringen ohne irgendwo die Kugel zu öffnen. Ich würde es können, wenn ich im Stande wäre, die Kugel mitsamt ihrem Inhalt für einen Augenblick in den vierdimensionalen Raum zu versetzen.“ (Folgen die oben mitgeteilten Gründe.) „Dieser vierdimensionale Raum existiert nun allerdings, und wird, geradeso wie unser Weltraum, von denkenden und fühlenden Wesen bewohnt, welche einen vierdimensionalen Körper besitzen, geradeso wie Sie selbst einen dreidimensionalen. Diese Wesen sind keine anderen als die Geister unserer Ab- | geschiedenen, welche dort in einer höheren Existenz weiter leben. Für einen solchen Geist ist leicht, unsichtbar für uns, an jeder beliebigen Stelle in unseren Raum einzugreifen, und dort Dinge zu voll- bringen, die uns, weil sie die Gesetze der natürlichen 'Weltordnung verletzen, als Wunder erscheinen, wie es für uns selbst ist, in jedem beliebigen Punkte der Papier- fläche die Federspitze aufzusetzen; daselbst Zeichnungen auszuführen, und die Spitze der Feder wieder von der | Papierfläche verschwinden zu lassen. Wäre die Papier- fläche von zweidimensionalen Wesen bevölkert, so würde diese Zeichnung für sie ein ganz gleiches Wunder sein.“ (Folgt als Vorbereitung auf das zu erwartende Kunst- stück die Schilderung des oben beschriebenen zweidimen- sionalen Wunders, wie ein Punkt aus dem Innern eines Kreises herauskommt, ohne die Kreislinie zu passieren.) „Ja noch mehr, ebenso, wie Sie selbst auf einer Ebene einen zweidimensionalen Schatten werfen, so vermögen auch die vierdimensionalen Leiber jener Geister sich in unseren dreidimensionalen Raum zu projizieren, und es ebenso | Es giebt nun besonders veranlagte Menschen, zu denen auch meine Wenigkeit gehört, welche im stande sind, die Geister zu solchen Eingriffen in unseren Raum zu veranlassen. Ich werde demnach die Ehre haben, diese ‚Kugel einem von mir eigens zu diesem Zwecke eitierten Geiste zur Verfügung zu stellen, der Geist wird sie, uns selbst unsichtbar, ebenfalls zum Verschwinden bringen, indem er sie in den vierdimensionalen Raum versetzt, dort wird er sie von dem Schrotkorn befreien, und dann wird beides, die Kugel und das herausgenom- mene Schrotkorn, plötzlich wieder vor Ihren Augen er- scheinen.“ — Ist nun nach dieser Vorbereitung das Kunst- stück geglückt, und hat der Künstler seinen Vortrag mit dem Humor und dem Tone der leisen Selbstironie ge- halten, welcher dem Zuschauer die Ueberzeugung giebt, dass der Künstler zwar im Ernste seine Augen, aber nur im Scherz seinen Verstand habe täuschen wollen, so werden die Zuschauer die oratorische Zugabe als eine passende geistige Würze des Kunststückes betrachten. — Sollte aber einer unter ihnen sein, der dem Redner alles aufs Wort geglaubt hat, und dem nun eine vorher un- geahnte Perspective in eine vierdimensionale Geisterwelt und einen möglichen Verkehr mit derselben aufgegangen ist, so ist dieser Mann ein Spiritist geworden, und zwar ein ehrlicher, der wirklich glaubt, was er gesehen und gehört, und was er selbst vielleicht andere glauben machen will. — Wenn endlich der oben erwähnte Künstler den Anspruch erhebt, dass alles, was er zur Erklärung seines Kunststückes sagt, von den Zuschauern für wahr gehalten werden soll, und wenn er diese seine vermeint- lichen Ueberzeugungen auch im Ernste anderen bei- zubringen sucht, so ist er ebenfalls ein Spiritist, aber einer von der schlimmen Sorte derjenigen, welche unter dem Deckmantel der Wissenschaft das in dieser Wissen- schaft nicht genügend bewanderte oder sonst leicht- gläubige Publikum zu täuschen versuchen. Wir können jetzt die Popularität des vierdimensionalen Raumes begreifen. Denn wir sehen ja diesen Begriff durch den Spiritismus in Zusammenhang gebracht mit derjenigen Frage, die von jeher den denkenden Geist wie keine an- dere beschäftigt hat und beschäftigen wird, so lange es Menschen giebt: mit der Frage nach unserer Fortexistenz nach dem Tode. Fassen wir lediglich die eine Behaup- tung des Spiritismus, dass die Seelen im vierdimensionalen Raume weiterexistieren, als eine der zahlreichen Hypo- thesen auf, welche zur Beantwortung dieser Frage auf- gestellt worden sind, so ist die Annahme dieser Hypo- these, wie so vieles Andere, wofür kein direkter Beweis erbracht werden kann, eben Sache des Glaubens. Wenn aber wirklich jemand im Ernste die Verbreitung dieses Glaubens sich wollte angelegen sein lassen, dann würde er besser thun, ein ehrliches ignorabimus auszusprechen, 68 ne als wie der Spiritist es macht, ein aller Wissenschaft | und Erfahrung hohnsprechendes Beweisverfahren einzu- schlagen, welches nicht nur alle Augenblicke als Täuschung entlarvt wird, sondern selbst dem Gläubigen die Aussicht auf eine Zukunft verleiden müsste, in der er keinen Augenblick sicher wäre, von seinen ehemaligen Mit- menschen citiert und zur Verübung von allerlei Unfug und Albernheiten missbraucht zu werden. Ueberlassen wir also den vierdimensionalen Raum den Mathematikern, die schon seit einer ganzen Reihe Naturwissenschaftliche Wochenschrift. von Jahren sich in demselben häuslich eingerichtet und | eine wahrhaft fruchtbringende und für die Fortentwicke- lung der Wissenschaft nützliche Thätigkeit darin ent- | Nr. 9. faltet haben. Unterscheiden wir aber vor allen Dingen zwischen diesem rein abstrakten Gebilde geometrischer Ueberlegung, welches uns nirgends in Widersprüche mit anerkannten Gesetzen verwickelt, und dem Raum der _ Spiritisten, welcher ohne weiteres als wirklich existierend angenommen und mit unserem Weltraum in einen Zu- sammenhang gesetzt wird, der zwar zum Teil theoretisch richtig begründet ist, dagegen in seinem Anspruch auf wirkliche Existenz mit den durch jahrtausendelange Er- fahrung bestätigten‘ Gesetzen unserer Weltordnung in Widerspruch gerät und daher zu verwerfen ist. Mit ' dieser Gegenüberstellung dürfte der Begriff des vier- dimensionalen Raumes hinreichend geklärt sein. Ueber die niedrigste Temperatur der folgenden Nacht und die Mitteltemperatur des künftigen Tages. Von Franz Bendt. ; Es ist eine bekannte Erscheinung, dass durch eine | mit Wasser angefüllten Gefässe andauernd feucht ge- einzige kalte Nacht zuweilen die gesamte Ernte der Weinberge einer Gegend vernichtet werden kann. Auch | der Gärtner hat jene launige Eigentümlichkeit der Witte- rung zu fürchten, durch welche besonders im Frühling und im Herbst nach einem milden Tage die Temperatur der Nacht plötzlich unter den Gefrierpunkt sinkt. Es dürfte daher von Interesse sein, mit einer vor kurzem von dem halten. Dies auf dem Wege kapillarer Leitung zu ver- mitteln, dient ein entsprechend langes Bündel von etwa zehn Baumwollenfäden, welche oberhalb der Thermometer- kugel zusammengeschlungen, im übrigen Verlaufe zu- sammengeflochten werden und in das mit Wasser gefüllte ‚ Gefäss hineinhangen. Die Musselinhülle, sowie die Baum- ‚ wollenfäden müssen vor Genfer Astronomen A. Kammermann gegebenen Me- thode bekannt zu werden, welche es ermöglicht, die tiefste Temperatur der folgenden Nacht schon am Nachmittage | vorausbestimmen zu können. — „Eine für die Land- wirtschaft höchst bedeutungsvolle Frage“, schreibt der- selbe, „ist im Frühling unzweifelhaft die Vorausbestim- mung der tiefsten Nachttemperatur, und gerade diese können die meteorologischen Centralstationen für einen bestimmten Ort unmöglich beantworten. Es ist ja längst | bekannt, dass zwei nur wenige Meilen oder weniger von einander entfernte Orte zwei sehr verschie- dene Nachtminima aufweisen können und meist auch aufweisen. Diese Bestimmung ist also nur durch örtliche Beobachtungen möglich, und zwar, wie ich zeigen werde, mit ziemlich grosser Annähe- rung, schon um 1 Uhr Nachmittags.“ Es erschien anfangs, als ob der Beobachter, welcher sich der Kammermann’'schen Methode bedienen wollte, gezwungen sei, eine bestimmte Konstante für seinen Ort zu ermitteln. Durch spätere Untersuchungen von Troska ist aber festgestellt worden, dass die Zahlen für Genf allgemeine Giltigkeit haben. Wir gehen nun zur Schilderung des höchst einfachen Verfahrens über: Man bedient sich zur Vorausbestimmung der tiefsten Temperatur des „feuchten Thermometers“, welches | folgende Einrichtung hat. Ein gutes Celsius-Thermometer mit möglichst grosser Gradeinteilung wird an seiner Kugel mit einer Hülle von Musselin oder Leinwand in einfacher Lage umwickelt und aus einem darunter aufgestellten, noch dem Gebrauche in warmem, weichen Wasser ausgewaschen und fernerhin sehr sauber gehalten werden; gut ist ein monatlicher Wechsel. Das feuchte Thermometer ist sodann an einem Orte auf- zustellen, wo es vor den Sonnenstrahlen und auch vor der Ausstrahlung des Hauses geschützt ist, am besten innerhalb eines weiss angestrichenen Kastens, dessen Inneres mit der Luft möglichst frei zivkuliert, wie solcher zu diesem Zwecke von den Mechanikern verfertigt wird. Man wird bemerken, dass ein feuchtes Thermometer um einige Grade tiefer steht, als ein trockenes und zwar um so mehr je trockener die Luft ist. Die wichtige Thatsache nun, welche Kammermann fand und auf | welche sich die Prognose gründet, ist, dass die tiefste Temperatur der nächsten Nacht um 4°C. niedriger ist, als die Temperatur, welche das feuchte Ther- mometer am Nachmittage des vorhergehenden Tages zeigt. Um die Prognose für diekommende Nacht zu stellen, hat man daher von der Temperatur, welche das feuchte Thermometer am Nachmittage zeigt 4° zu subtrahieren; ergiebt die Differenz eine Temperatur unter Null, dann ist Nachtfrost zu erwarten. * * * Durch eine ähnliche Methode, wie die soeben ge- schilderte ist es Dr. Troska, dem oben bereits ge- nannten Gelehrten, auch gelungen, die „mittlere Tem- peratur“ des nächsten Tages vorausbestimmen zu können. Er zeigte nämlich, dass die niedrigste Tempe- ratur der Nacht im allgemeinen in bestimmter gesetz- Ar A > EN Tal * Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 69 mässiger Beziehung zu der Temperatur um 8 Uhr morgens des darauf folgenden Tages steht. Die Temperatur um 8 Uhr morgens ist aber erfahrungsgemäss gleich der mittleren Temperatur desselben Tages. — Zur Bestimmung des nächtlichen Minimums bediente sich Troska der Taupunktmethode. Unter Taupunkt versteht man bekanntlich den Temperaturgrad, bei welchem sich die atmosphärische Feuchtigkeit kon- densiert; in jedem Klementarlehrbuch der Physik findet man Methoden zu seiner Bestimmung. Wir wollen uns merken, dass beim oben beschriebenen feuchten Ther- mometer die Temperatur des Taupunktes in der warmen Jahreszeit 4° C., in der kalten Jahreszeit 3° C. unter - dem Stande desselben liegt. Es zeigt sich also, dass | die niedrigste Temperatur der Nacht gleich der Temperatur des Taupunktes ist. — Gehen wir nun zur Schilderung der Vorhersagung selbst über. . kalte Nacht ein kühler Tag und auf eine warme Nacht ein noch wärmerer Tag folgt. Kann man aber, wie soeben gezeigt, schon am Nachmittage oder am Abende das Minimum der Nacht bestimmen, dann muss es auch möglich sein, die wahrscheinliche "Temperatur für 8 Uhr am Morgen des nächsten Tages zu ermitteln. Das nächt- liche Minimum tritt regelmässig etwas vor Sonnenaufgang ein und von da an bemerkt man ein Ansteigen der Temperatur. Dr. Troska fand hierfür folgende Regel: Die Temperatur um 8 Uhr morgens (= der mitt- leren Tagestemperatur) übersteigt die des nächt- lichen Minimum um soviel Grade, wie Stunden seit dem Aufgange der Sonne verflossen sind. An einem Beispiele mag jetzt gezeigt werden, wie eine Prognose mit Hilfe dieser Regel zu stellen ist: Man bestimme die Temperatur des nächtlichen Minimum (Tau- punktes) am Nachmittage; sie sei gleich 9° ©. — Die Sonne gehe um 6 Uhr auf. Dann ist die Mitteltempe- Es ist eine bekannte Regel, dass auf eine | ratur des folgenden Tages = 9 + (8—6) = 11°C. Kleinere Mitteilungen. Ueber die geographische Verbreitung des Moschus- ochsen (Ovibus moschatus) in Europa während der Quartärzeit macht ©. Struekmann gelegentlich eines Fundes von | Resten dieser Art bei Hameln Mitteilung (Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesellsch. 1888 S. 601- 604). Hier wurde in einer 10 m unter der Oberfläche befindlichen Kiesschieht ein Schädelfragment entdeckt, | welches Gottsche als zum Moschusochsen gehörig erkannte. Die- selbe Schieht enthielt Reste des Mammuts (Rlephas primigenius), des wollhaarigen Nashorns (Rhinoceros tiehorhinus), des Edelhirsches (Cervus elaphus), des Wisent (Bison priseus), des Auerochsen (Bos primigenius) und des Pferdes (Bgquus caballus). Diese Fauna gehörte der älteren Diluvialzeit an. Fossile Reste des Moschusochsen sind in Deutschland nur selten, aber weit auseinanderliegend gefunden. Man kennt Knochen desselben vom Kreuzberge bei Berlin, aus Schlesien, von Merseburg, Dümitz, Jena. Unkelstein am Rhein, Langen- brunn im oberen Donauthale, Moselweiss bei Coblenz, Vallendar am Rhein und jetzt auch von Hameln an der Weser. ‘ ist die Art auch über einen grossen Teil von Frankreich und Eng- land und über Sibirien verbreitet gewesen. Höchst wahrscheinlich ist es, dass der Moschusochs noch zur Zeit des Menschen in Mittel- europa vorhanden war. Man schliesst das aus Funden in der Höhle von Thayingen und aus den von Boyd-Dawkins nach englischen ‚Höhlenrunden zusammengestellten Tharsachen, sowie aus den von Schaafthausen an einem Schädel von Moselweiss beobachteten künstlichen Einschnitten. Gegenwärtig lebt der Moschusochs nur noch in den. hochnordischen Ländern und Inseln Nordamerikas. Die Vergesellschattung von jetzt nur in der Nähe des Nordpols lebenden Tieren mit dicht behaarten Verwandten (Mammut, Rhinozeros) von sulchen, die gegenwärtig nur der heissen Zone angehören, weist auf ein sehr rauhes Klima in unseren Breiten hin, was durch die gleich- | zeitige Ausdehnung grosser Gletscher bestätigt wird. H. J. Kolbe. Steppenhühner in Deutschland. — Ein für Omith.logen höchst bemerkenswertes Ereignis vollzieht sich in den letzten Wochen in Deutschland. Es wandern nämlich, wie schon einmal in grösserer Zahl im Jahre 1863, Steppen- oder Fausthühner (Syrrhaptes paradoxus Pall.) bei uns in Deutschland ein. Diese eigentümlichen Vögel haben ihre Heimat in den Steppengegenden Asiens, östlich vom Kaspischen Meer, in den tartarischen Steppen bis hinauf zum Altai, „östlich his nach China hinein. Hier leben sie im Frühjahr in kleinen, im Herbst aber in grossen Flügen von oft mehreren hundert Stück; sie nähren sieh von Sämereien und zarten, grünen Pflanzenteilen. In ihrer äusseren Erscheinung bieten die Steppenhühner manche Eigentümlichkeiten. Der ganze Habitus erinnert teils an Tauben, teils auch an Feldhühner, hinsichtlich der spitzen Flügel an die Brach- sehwalben (Glareola). Die erste Schwinge ist wie das mittlere Paar der Schwanzfedern sehr lang und dabei äusserst fein zugespitzt, weit feiner noch als bei der Rauchschwalbe. Die Beine sind einschliess- Nach Dawkins | ' gelegenheit thätig zu sein, Steppenhühner dringen. lich der Zehen befiedert; eine Hinterzehe ist nicht vorhanden, die drei Vorderzehen sind in eigentümlicher Weise miteinander ver- wachsen, so dass der Fuss von unten gesehen eine einzige Sohle bildet, aus welcher vorn die drei stumpfen Krallen hervorragen. Die Färbung der Vögel passt sich vortrefflich der des Bodens an: sie ist auf der Oberseite sand- oder lehmfarbig mit kleinen, dunklen Flecken, unten isabellfarben, am Bauch dagegen schwarz. Am Kopf finden sich rostbraune Partien, welche beim Weibchen weniger schön und kräftig sind, als beim Männchen. Letzteres ist ausserdem noch durch ein feines, schwarzes Band quer über die Unterbrust kenntlich. Im Fluge sollen die Steppenhühner nach Berichten. welche mir durch Augenzeugen zugingen. viel Aehnlichkeit mit Regenpfeifern haben; auch lassen sie während des Fliegens beständig ein eigentümliches Geschrei hören, welches sich schwer beschreiben lässt. Die asiatischen Gäste sind seit den letzten acht Tagen in Posen, Schlesien, der Mark, Sachsen, Hannover, Westfalen ete. bis nach dem Elsass und Lauenburg beobachtet worden. Bei | Liegnitz wurden mehrere Ketten bemerkt, welche sich schliesslich zu einem Fluge von etwa 150 Stück zusammenschlugen. Eine Anzahl der Steppenhühner hat sich durch Anfliegen an Tele- graphendrähte tötlich verletzt. Die Kgl. landwirtschaftliche Hoch- schule in Berlin erhielt durch die Redaktion der „Deutschen Jäger- zeitung“ (Neudamm) ein Weibchen, welches in der erwähnten Weise den Tod gefunden hatte. Der Eierstock war ziemlich stark ent- wickelt, sodass anzunehmen ist, das Tier würde in einiger Zeit reite Eier produziert haben. Es wäre von grossem Interesse, wenn die Steppenhühner dies- mal bei uns brüteten und es muss daher mit allen Kräften danach gestrebt werden, dass sie möglichst wenig beunruhigt, besonders nicht beschossen werden. Jeder, welcher Gelegenheit hat, in dieser An- sollte auf möglichste Schonung der Dr. Ernst Schäff. Ein fruchtbarer Bastard zwischen Wolf und Hund. — Ein Bastard zwischen Wolf und Hund, der in dem Londoner Zoo- logischen Garten erzielt worden war. starb, wie „The Field“ vom März d. J. mitteilt, dieser Tage, ohne dass er sechs vollständig aus- grbildete Junge wegen eines Fehlers im Becken hätte zur Welt bringen können. Schon während der Zeit der Trächtigkeit war es dem Beobachter W. Lort aufgefallen, dass das trächtige Tier nur geringen Umfang in den Flanken hatte, dass aber die Rippen stark ausgedehnt waren. Der Vater der ungeborenen ‚Jungen war ein Skya Terrier von der ungeführen Grösse des Bastards. Ueber das Eindringen des Lichtes in das Wasser des Genfer Sees hatte Forel bereits 1873 auf photographischem Wege festgestellt, dass die Grenze absoluter Dunkelheit für das Chlorsilber im Sommer 45 m, im Winter 100 m unter der Oberfläche liegt. Seitdem sind von Asper, Fol u. a. teils ebenfalls im Genfer See, 70 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a er Da Nr. 9. teils in anderen schweizerischen Seen diese Versuche wiederholt worden. und sie sind dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass für die ausserordentlich empfindlichen Platten von Monckhoven die Grenze erst in fast doppelter Tiefe liegt. Während der letzten Zeit hat Forel nun alle zwei Monate diese Versuche, welche für die Tiefenfauna ein ganz besonderes Interesse haben, wiederholt. Er hat sich dabei wieder des durch Chlorsilber empfindlich gemachten Papiers bedient, welches sich für diesen Zweck leichter anwenden lässt, als empfindliche Platten. Um eine Reihe von gleichzeitigen Beobachtungen in verschiedenen Tiefen zu erhalten, befestigte Forel an einem Tau, welches mit einem Senkblei versehen war, immer von 10 zu 10 m die photographischen Apparate; dieses Ganze wurde dann während der Nacht in 3,5 km Entfernung vom Ufer bis zu 130 m Tiefe in das Wasser des Genfer Sees versenkt. Die Apparate blieben dort bis zu einem klaren, sonnigen Tage und wurden in der darauffolgenden Nacht wieder emporgeholt. Aus den Zahlen, welche Forel in den „Comptes Rendus“ veröffentlicht, ergiebt sich, dass für das Chlorsilber die Grenze absoluter Dunkelheit im März 100—110 m, im Mai 75 m, im Juli 45 m, im September 50 m, im November— Februar 85 m unter der Oberfläche des Wassers liegt. Dass die Durch- lässigkeit des Wassers für Licht im Sommer beträchtlich kleiner ist als im Winter, schreibt Forel wohl mit Recht dem im Sommer in ausserordentlich grosser Menge suspendierten organischen „Staube“ zu. Ausserdem ergab sich noch, dass die photographische Wirkung nahe der Grenze absoluter Dunkelheit im Sommer in stärkerem Grade abnimmt als im Winter. A. Gutzmer. Elektrische Erscheinungen an Bergkrystall und Glas- gewichten. — Bei Gelegenheit der Prüfung von Gewichten aus Bergkrystall (Quarz) hat die Normal-Aichungs-Kommission eine eigen- tümliche Wahrnehmung gemacht. Diese Gewichte werden im all- gemeinen in Kästen aufbewahrt, die mit Leder, Sammet oder Seide gefüttert sind. Nimmt man nun die Gewichte aus dem Kasten, so zeigen sich dieselben, wohl infolge der Reibung an der Stofffütterung, elektrisch erregt, und zwar kann ihre Ladung so stark sein, dass selbst Körper mit kleiner Oberfläche und einem Gewichte bis zu 50 mg an jeder Stelle der Gewichtsstücke getragen werden. Da diese Ladung auch das Wagengehäuse und die einzelnen Teile der Wage elektrisch erregt, treten fremde Kräfte in Wirksamkeit, welche die Wägungsresultate unter Umständen erheblich verfälschen. Es empfiehlt sich daher, solehe Gewichte, die wegen ihrer Un- veränderliel.keit mit Recht geschätzt werden, auf einem Glasteller unter einer Glasglocke aufzubewahren, wenn man nicht genöthigt sein will, nach Herausnahme der Gewichte aus dem Kasten mit der Benutzung so lange zu warten, bis die Ladung sich zerstreut hat. Das Letztere kann je nach dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft und der Unterlage, auf welcher das Gewicht steht, bis zu zehn Stunden und länger dauern. Von Vorteil wird auch sein, vor der Benutzung die Oberfläche des Gewichtes mit einem frei in der Hand gehaltenen Staniolblatt zu umfahren. Auf Glasgewichte erstrecken sich die Wahrnehmungen der Kommission nicht. doch werden sich diese ähnlich verhalten. Aehnliche Beobachtungen sind früher gemacht von Regnault, Dumas, Boussignolt und Stas. Die Stärke der Elektrisierung scheint noch von weiteren Umständen abzuhängen, denn Wild und andere Forscher wollen bei der Anwendung von Quarzgewichten wenig von Störungen durch Elektrisierung empfunden haben, aller- dings ohne dass erhellt, ob dies besonderen Vorsichtsmassregeln zu danken war. Dr. F. Plato. Elektrieität und Mathematik. — Die Blektrieität, die in unserem Jahrhundert sicherlich eine sehr grosse Rolle spielt, nimmt bekanntlich auch mathematische Kenntnisse von ihren Jüngern in Anspruch. Dafür scheint sie jetzt auch den Mathematikern etwas bieten zu wollen. Nicht zufrieden mit dem Nebengebiet der Elektro- therapie, hat sie nun auch das der reinen Mathematik betreten — sie löst nämlich Gleichungen auf. — In den „Comptes rendus“ der Pariser Akademie der Wissenschaften vom 5. März d. J. wird ein Verfahren von F. Lucas veröffentlicht, durch welche sich alle algebraischen Gleichungen jedes Grades mit reellen, numerischen Coeffieienten vermittels der Anwendung von Elektrieität auf graphi- schem Wege ohne irgend welche Rechnungen lösen lassen, und zwar dergestalt, dass alle Wurzeln, reelle wie imaginäre, bestimmt werden. Das wesentliche Resultat der Methode lässt sich in die Worte fassen: Die Knotenpunkte der äquivalenten Potentiallinien sind die Wurzel- punkte eines Polynomes vom selben Gleichungsgrad. — Lucas sagt am Schluss seines Aufsatzes: So hoch auch der Grad einer alge- braischen Gleichung sein möge, eine einzige Operation genügt, um alle, reellen oder imaginären, Wurzeln zu erhalten. Dr. C. Ochsenius. Das Beharrungsgesetz. — Auf Seite 184—185 von Bd. I der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ finde ich einen Artikel: „das Trägheitsgesetz — ein Grundgesetz der Physik“ von Dr. K. F. Jordan, in welchem der Verfasser die Unhaltbarkeit der Gründe nachweist, welche J. Hensel in seinem Buche: „Das Leben, 1. Teil: Die Fortdauer der Urzeugung“, gegen das Gesetz der Beharrung geltend macht. Nach genanntem Artikel kulminieren die Einwände, welche J. Hensel gegen das in Frage stehende Axiom erhebt, in der Betrachtung: „dass Bewegung ein Kraft-Aequivalent sei und daher für ein endliches Mass von Kraft (im besonderen etwa Stosskraft) keine ewig dauernde Bewegung, d. h. kein unendliches Mass von Bewegung geleistet werden könne; wenn dennoch ein Körper in die Welt hinausgestossen werde, so könne er nur so lange fliegen, bis für die angewendete Kraft genug Bewegung geleistet worden sei. —*“ Im Anschluss an die Widerlegung des Herrn Dr. Jordan erlaube ich mir noch zu bemerken, dass, wenn Hensel die Bewegung für ein Kraft-Aequivalent ausgiebt, dies in der theoretischen Mechanik nur insofern einen Sinn hat, als die Bewegung eines Körpers auf eine bestimmte Zeiteinheit bezogen wird, womit gerade das Gesetz der Beharrung und das der Erhaltung oder Energie in Kraft treten würde, da ‘ein xmal so grosser „Stoss“ denselben Körper im derselben Zeitgrösse auch xmal soweit bewegen müsste. — Dieser Voraussetzung gemäss würden wir nicht berechtigt sein, eine Ab- nahme der Geschwindigkeit bewegter Körper. viel weniger noch emen einstigen Stillstand derselben im absolut leeren Raum anzunehmen, indem kein Widerstand, auch nur ein Minimum des treibenden Agens, der aktuellen Kraft vergeht. — Anders verhält es sich, wenn wir nachfolgende Betrachtung anstellen, die ich, ganz unabhängig von irgend welcher Beeinflussung Hensel's, wie der Gang meiner Studie erweist, in der „Natur* (Halle a./S.) im vorvorigen Jahre veröffentlicht habe. In dieser Studie: „Erweiterungen im Kalkül der theoretischen Mechanik“ betitelt, heisst es: „Bei der Annahme des Axioms, dass ein im absolut leeren Raum sich bewegender Körper seine Geschwindigkeit ungeschwächt beibehält, übersieht man jedoch, dass auch der innere Widerstand, den eine Materie als solche ihrer Fortbewegung entgegensetzt, dazu beitragen muss, ibre Bewegung zu hemmen oder allmählich zu vernichten, selbst wenn diese Hemmung oder diese Vernichtung auch rein phänomeneller Natur sein sollte. Für unsere Zwecke genügt es hier zu zeigen: wie die den Körper bewegende Kraft und sein Widerstand bei der Bewegung eine Resultierende veranlassen, die 2 Kleiner und immer kleiner wird, während nach den bisher b- lichen Ansichten in der Physik keine Bewegungsabnahme zulässig ist.“ Es folgt alsdann der auf dem Kalkül der theoretischen Mechanik fussende Beweis für die ganz allmähliche Abnahme der Geschwindig- keit eines sich im völlig leeren Raume bewegenden Körpers, wobei der Widerstand der bewegten Materie, wie es allein geboten ist, als eine unter 180° kontinuierlich wirkende Kraft gegen das den Körper vorwärts zu treiben suchende Agens aufgefasst wird. Ich muss diejenigen Leser dieser Zeitschrift, welche sich für dieses Problem der theoretischen Mechanik interessieren, auf die Lektüre der genannten Studie verweisen und greife hier nur noch _ den auf das in Frage stehende Problem Bezug nehmenden Schluss- satz dieser Arbeit heraus, welcher das Resum@ meiner Spekulationen enthält, nachdem ich den theoretischen Nachweis geliefert habe. dass das Trägheitsgesetz, obwohl in Anbetracht sich bewegender Körper nicht mathematisch zutreffend, dennoch für praktische Zwecke als giltig erachtet werden muss: , ; „Die angestellten Betrachtungen lehren also, dass zur Fortbewegung eines Körpers im völlig leeren Raume sowohl der rückwärts wirkenden Widerstandskraft der bewegten Materie ein Gleichgewicht zu halten als auch ein die Masse fortrückendes Agens erforderlich ist. Weil aber, wie gesagt, der Widerstand als eine kontinuier- lich wirkende Kraft an der der Materie mitgeteilten (momentanen) Kraft beständig zehrt, so muss dem bisher angenommenen Beharrungsgesetze zuwider auch im völlig widerstandslosen Raume die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers, wenngleich unmerklich, den- noch mit jedem Zeitteilchen abnehmen. —“ Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent a. d. Universität Halle. Unter dem vielversprechenden, aber eigentlich wenig bezeichnen- den Namen „Polymeter‘“ empfiehlt der bekannte Göttinger Mecha- niker Lambrecht ein Instrument, das der lokalen Wetterprognose besondere Dienste leisten soll. Dasselbe besteht aus einem Hygro- _ meter, welches in Verbindung mit einem Thermometer die relative Feuchtigkeit, den Dunstdruck und den Taupunkt durch einfache Ablesung der an dem Instrumente angebrachten Skalen zu bestimmen gestattet. für meteorologische Dilettanten ganz nützlich erscheinen, und wer ohnehin von der Unfehlbarkeit der Lokalprognosen überzeugt ist, findet in den der Gebrauchsanweisung beigegebenen Wetterregeln die nötige Stärkung seines Glaubens. Ob jedoch nach denselben die Die Einfachheit der Handhabung lässt dieses Instrument 23 na A . PR! ir ww 4 A Din RR EEE T ee Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 71 Aufstellung einer Prognose bei den vielen „wenn und aber“ so über- aus einfach sein dürtte, ist eine andere Sache. Im übrigen würden wir auf das Polymeter nicht näher ein- sehen, da es durchaus nichts neues bietet, wenn nieht die Bemer- kungen des Herr Lambrecht über die Psychrometrie einige auf- klärende Worte nötig machten. Es macht auf Dilettanten bekannt- lich stets den Eindruck der Schneidigkeit, wenn man den „Meteoro- logen von Fach“ eins anhängen kann. Letztere wissen aber sehr genau, dass das bekannte vielverbreitete Psychrometer nach August nur ein Notbehelf ist, da es für das Gros der Beobachter am leich- testen zu handhaben ist; während Instrumente, die die Feuchtigkeit der Luft nach umständlicheren Methoden bestimmen, zu kostspielig sind, und ein grösseres Mass von physikalischer Technik verlangen, als gewöhnlich vorausgesetzt werden darf. Daher ist man sich der Mängel, welche den meisten Psychrometerablesungen anhaften, wohl bewusst und eifrig bestrebt, denselben abzuhelfen. Dass das Haar- Iıygrometer, welches vor mehr als hundert Jahren von Saussure angegeben wurde, mit den modernen Verbesserungen ein sehr nütz- liches Instrument zur Bestimmung der relativen Feuchtigkeit nament- lich in den Fällen ist, wo die atmosphärischen Bedingungen für das Psychrometer ungünstig sind, wird nirgends geleugnet. Es wäre aber erwünscht gewesen, zu erfahren. wie Herr Lambrecht den Punkt für 100 Prozent der relativen Feuchtigkeit bestimmt, denn wenn wir auch mit ihm darin übereinstimmen, dass in freier Luft vollkommene Sättigung mit Wasserdampf äusserst selten vorkommen dürfte, so haben wir auch n ch seinen Darlegungen noch keinen An- halt für eine richtige Bestimmung des Punktes vollkommener Sättigung — oder sollte man das Instrument in Wasser legen, und nach dem erreichten Stand 100 anschreiben? Schliesslich wollen wir noch zu erwägen geben, ob die Be- stimmung des Taupunktes, der für die Voraussage von Nachtfrost massgebend ist, unter Umständen nicht sehr fehlerhaft ausfallen dürfte, wenn man das Thermometer des Instruments ohne allen Schutz gegen Bestrahlung einfach am Fenster befestigt. Dr. Ernst Wagner. Astronomisches, — I. Astronomische Neuigkeiten. Neuer Planet. Am 3. Mai nachts 12 Uhr 54 Minuten ist wiederum ein neuer Planet aufgefunden worden in der Nähe des hellsten Sternes im Sternbilde der Jungfrau, Spiea. Der Entdecker ist der ÖObservator der Sternwarte in Nizza Charlois. Der neue Planet ist der 277. seiner Art und der 11. Grössenklasse zuzuzählen. In Prag hat Professor Safarik die Veränderlichkeit zweier Sterne festgestellt, die bisher als veränderliche nicht bekannt waren. Der Stern D. im Sternbilde des Wallfisches wechselt seine Hellig- keit, soweit die Beobachtungen dies bis jetzt klarlegen können, von der S,4. bis zur 9,2. Grösse und zwar wahrscheinlich in länger als 4 Monaten. beim Sterne S. im Schützen waren die beobachteten Helligkeitsextreme 9,4. und 10.2. Grösse. Die Dauer der Periode ist noch fraglich. U. Astronomischer Kalender. Am 27. Mai Sonnenauf- gang 3 Uhr 50 Minuten, Sonnenuntergang S Uhr 5 Minuten; Mond- aufgang abends 10 Uhr 20 Minuten, Untergang vormittags 5 Uhr 35 Minuten. Am 2. Juni Sonnenaufgang 3 Uhr 44 Minuten, Unter- sang 8 Uhr 23 Minuten; Mondaufgang nachts 12 Uhr 25 Minuten, Untergang mittags 1 Uhr 26 Minuten. Am 1. Juni mittags 1 Uhr 47 Minuten letztes Vierte. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 27. Mai 3 Minuten 2,4 Sekunden, am 2. Juni 2 Minuten 12,5 Sekunden. Am 30. Mai wird der Stern 3. Grösse im Steinbock vom Monde bedeckt. Von Planeten sind Mars und Jupiter die ganze Nacht hindurch sichtbar, Saturn etwa nach zwei Stunden. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. Auf Seite 12 Bd. II der N. W. findet sich die Be- merkung, dass die im Boden enthaltenen Pilze vermittelst des Dampfsterilisierungs-Apparates getötet wurden, könn- ten sich hierbei nicht einige mineralische Bodenbestand- teile verändern und so dem Pflanzenwuchs ungünstig werden? Die Frage, ob der Erdboden durch hohe Temperatur Verände- rungen erleidet, welche für das Wachstum der Pflanzen nachteilig sind, ist mit Rücksicht auf die vorliegenden Bodenverhältnisse von mir durch Versuche mit einem humushaltigen Boden geprüft worden, in welchen teils im unveränderten Zustande teils nachdem er im Dampfsterilisierungsapparate gewesen war, Lupinen oder Hafer, also Pflanzen ohne pilzlicbe Wurzelsymbiose eingesäet wurden. Stets entwickelten sich die Pflanzen in diesem Boden weitaus günstiger wenn derselbe sterilisiert als wenn er nicht sterilisiert war. Prof. Dr. B. Frank. Litteratur. Lüben, A., Leitfaden für den Unterricht in der Naturgeschichte. 2. Kursus. 19. Aufl. 8°. (140 S. m. Illustr.) Preis 80.4. Hermann Schultze, Verlags-Cto. in Leipzig. : Martini & Chemnitz, Systematisches Conchylien-Cabinet. Neu herausgegeben u. vervollständigt von H. ©. Küster u. W. Kobelt. 358. Lig. 4%. (64 S. m. 6 Taf.) Preis 9 #. Bauer & Raspe in Nürnberg. Medicus, L., Kurze Anleitung zw Massanalyse. 3. u. 4. Autl. gr. 80%. (IX, 144 5.) Preis 2.# 40.5; geb. 3 4. H. Laupp'sche Buchh. in Tübingen. Michaälis, C. Th., Stuart Mills Zahlbegriff. 4°. (18 S.) Preis 1#. R. Gärtner's Verlag in Berlin. Nussbaum, J. N. v., Neue Heilmittel für Nerven. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (16 S.) Preis 60 4. Breslau. Peschel, O., Physische Erdkunde. Nach den hinterlassenen Manuskripten selbständig bearb. u. hrsg. v. G. Leipoldt. 2. Aufl. Neue Ausg. 1. Lfg. gr. 8%. (96 S.) Preis 1% 40 4. Duncker und Humblot in Leipzig. Potonie, H., Elemente der Botanik. gr. 8°. (323 S. m. 539 Illstr.) Preis 2.#. 80.4., geb. 3 A 60.5. Moritz Boas, Verl.-Buchh. in Berlin. Rausenberger, O., Lehrbuch der analytischen Mechanik. 1. Bd. Mechanik d. materiellen Punkte. gr. 8°. (VIIL, 316 S.) Preis 8 #. R. G. Teubner in Leipzig. Schmidt, E., Anthropologische Methoden. Anleitung zum Beobachten und Sammeln für Laboratorium und Reise. 8°. (IV, 336 S.) Preis 6 4. Veit & Co. in Leipzig. Seelhorst, G., Katechismus der Galvanoplastik und Galvanostegie. 3. Aufl. v. G. Langbein. (Weber's illustr. Katechismen Nr. 62.) 80. (X, 137 S m. Illustr.) Preis geb. 2 #0. J. J. Weber in Leipzig. Semler, H., Die tropische Agrikultur. Ein Handbuch für Pflanzer und Kaufleute. 3. Bd. gr. 8%. (XII, 806 S.) Preis 15 #. Hinstorff’sche Hofbuchh., Verl.-Cto. in Wismar. Specialkarten, Geologische. des Königreichs Sachsen. 1: 25000, Hrsg. vom k Finanz-Ministerium. Bearb. unter der Leitg. v. H. Credner. Sect. 13—20. Cbromolith. gr. Fol. Mit Erläutergn. gr. 80. Preis 3.4. Inhalt: 18. Grossenhain-Skässchen. Bearb. von O. Klemm. (27 S.) — 19. Schönfeld-Ortrand. Bearb. von ©. Herrman. (57 S.) — 20. Schwepnitz. Bearb. von E. Weber. (23 S.) 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Da Quecksilber bei —40° C. erstarrt. muss es auf Seite 45 in der Zeile 12 der ersten kleineren Mitteilung heissen: Im Winter sinkt die Temperatur oft bis tief unter — 50° herab. Briefkasten. Unsere Post-Abonnenten machen wir hierdurch darauf aufmerksam, dass die Post bei Bestellungen, die ihr nach dem 1. Tage im Quartal zugehen, die Nach- lieferung der bereits erschienenen Nummern nur auf Verlangen besorgt und dafür tarifmässig 10 Pfennig für Porto erhebt. Sollten einige unserer Post-Abonnen- ten noch nicht alle Nummern des laufenden Quartals besitzen, so bedarf es nur einer diesbezüglichen Rekla- mation bei der Bestell-Postanstalt. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller o ptischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. 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Plumacher, 0., Zwei Individualisten der Schopenhauer'schen Schule (Mainländer u. Hellenbach). 1881. broch. Statt M 2,40 nur M. 1,50. Riesenthal, 0. v., Die Raubvögel Deutschlands u. d. angrenzenden Mitteleuropas. Mit Atlas von 60 farb. Tafeln in gr. Folio. Lwha. | , Text in 8°. Lwbd. Statt M. 80,— nur M. 40,—. Wipper & Graap, 46 Beweise des Pythagoraeischen Lehrsatzes nebst biogr. Mitteilungen über Pythagoras. Mit 59 Fig. Lex. 8%. 1888. Statt M. 1,50 nur M. 1,20. Vorstehende Bücher sind zu den beigesetzten — bedeutend ermässigten — Preisen von uns franko zu beziehen. Berlin SW. 48, Riemann & Möller. Friedrichstrasse 226. Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer, Von Aquarien, Terrarien, Fontänen, Felsen, Fischen, Reptilien, Pflanzen, Laubfrosch- u, Wetterhäuschen, Bienenzuchtge- räthen vers. illustr. Preisliste gratis W. Siebeneck, Mannheim. (51) Kein Nachahmer hat notariell bestät. lobende Anerkennungen wie zu Tausenden nur B. Becker in Seesen a. Harz über s. Holl. 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"08 = SE 4 EIEL ps 2 5 3828 ee > = 258 N BE ER edoy ‚onueaen) oFyosunmed opel yor ewyeursqn oyasue} uuep pun uesseIyos eqoıT ueyooA, P uuey wo © = B ° [<} Br = =Y un < o 3 = © je = (cY 1 [ [) E1 8, e1 © = ©) ei © 3 S E -83 yoıwe purs uopeNy euro oy — uoge a are and 1opaf "OULWIOUOTIO AN Anus UOPIoM Lo, Prächtige Labradore von der Paulsinsel, angeschliffen, schöner Schreibtischschmuck, ver- sende franko gegen Einsendung von 0,75, 1,—, 1,50, 2,—, 2,50, 3,—., 4.—, 5,— in Briefmarken. -gäsne 19 85] W. Baer, Museum zu Niesky, Oberlausitz. "6C] -ASUOLIPOLLA Eee Eee Tor ea eng er r Eellabrese Be a Ka Se | Gegen Einsendung von 1 «#4 20 „3 pro Band (auch in Brief- ‚ marken) liefern wir franko: Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Bleg. geb. ‚ Taschenberg, Prof. Dr. E.,, Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Bleg. geb. ı Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- | bildungen. 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Schlegel: Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. — Franz Bendt: Ueber die niedrigste Temperatur der folgenden Nacht und die Mitteltemperatur des Verbreitung des Moschusochsen (Ovibus moschatus) in Buropa künftigen Tages. — Kleinere Mitteilungen : Ueber die geographische während der Quartärzeit. — Steppenhühner in Deutschland. — Ein fruchtbarer Bastard zwischen Wolf und Hund. — Ueber das Eindringen des Lichtes in das Wasser des Genfer Sees, — Elektrische Erscheinungen an Bergkrystall und Glasgewichten. — Blektrieität und Mathematik. — Das Beharrungsgesetz, — Polymeter. — Astronomisches. — Fragen und Antworten. — Litteratur. — Berichtigung. — Briefkasten. — Inserate. } Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sümtlich in Berlin. Was die naturwissenschaftlich Forschung aufgicbt an weltinne fassenden Ideen und an loc Ken ‘ hr otz Zauber der Wirk] ko it, Schöpfungen # Redaktion: 4 Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. Il. Band. | Sonntag, den 3. Juni 1888. Nr. 10. - Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ‚X 2.—; (010) entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 15,5 extra. NL annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Der Zweck der Naturwissenschaft und die Art und Weise wie sie heute betrieben wird.”) Von Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent an der Universität Halle. Die grossartigen empirischen Errungenschaften, welche Haben nun die Naturwissenschaften unseren Geist die Naturwissenschaft fast’ in allen ihren Zweigen in den | in dem Masse gefördert, wie unsere materielle Wohlfahrt letzten Decennien aufzuweisen hat, Erfolge von derartiger | durch sie gehoben worden ist? Tragweite, dass unser ganzes Kulturleben dadurch eine ‚Die Frage muss leider verneint werden. Der geistige wesentliche Förderung und Hebung erfahren hat, legen | Gewinn bleibt weit, weit hinter dem materiellen zurück. dem besonnenen Denker um so mehr die Pflicht auf, zu | Es würde nicht schwer fallen, diese Behauptung nach fragen: ob auch der hierdurch erworbene rein geistige | allen Seiten hin zu begründen und durchzuführen. Für Gewinn diesen glänzenden äusseren Vorteilen entspricht. | unsere Zwecke genügt es hier, sie durch einige in die Dass die Naturwissenschaften als ihre Hauptaufgabe die | Augen fallende Beispiele zu stützen. Man denke an die Klärung des Urteils, die Herausbildung des Verstandes, | vielen, weitreichenden Intdeckungen auf dem Gebiete die Erweiterung unserer Erkenntnis, die Befreiung vom | der Elektrieität und an den sich jedem Fachmann auf- Aberglauben und von den mit uns nur zu oft verwachsenen | drängenden Mangel einer Theorie, sie ursächlich zusammen Vorurteilen zu betrachten haben, wozu sich noch das | zu fassen. Man blicke sich um in der Chemie, welche Erwecken der Lust zu einem sinnigen und gemütsvollen | fast täglich Stoffe entdeckt, die für unsere Kultur in Vertiefen in die Wunder der Schöpfung gesellt, unterliegt | mannigfachster Beziehung von ganz hervorragender Be- für denjenigen keinem Zweifel, welcher das Streben nach | deutung sind, und man beachte dabei die schwachen, dem Ideal als die höchste Aufgabe des Lebens erachtet. | hinfälligen Säulen des theoretischen Lehrgebäudes, welche Dass aber diese rein ideale Bestrebung uns nicht | die Wucht des vorliegenden empirischen Materials tragen der Wirklichkeit entfremdet, sondern vielmehr darauf | sollen. Man überzeuge sich von der Reichhaltigkeit hinweist: wie auch die äussere Seite des Lebens an- | unserer heutigen Heilmittel und deren überraschender genehm und vorteilhaft zu gestalten ist, die wir wegen | Wirkung, und frage nach dem Wie des Zustandekom- ihrer Quellen reichhaltigen Genusses und wegen ihrer | mens der ungeahnten Erfolge. Man betrachte die inter- Rückwirkung auf unseren Geist nicht unterschätzen | essanten Produkte der Tier- und Pflanzenzucht und be- dürfen, leuchtet jedem ein, der nicht, in blöder Einseitig- | merke, wie wenig noch der darwinistische Gedanke, vor keit befangen, überall diejenigen Grenzlinien schaut, die | allem bei dem Systematiker, Eingang gefunden hat! — er sich seiner Bequemlichkeit halber selbst gezogen hat. Mit Recht erwecken die unerwarteten Aufschlüsse der —— ‘| Spektralanalyse, welche ihre Macht auf die Sternenwelt ‚*) In dem obigen Artikel kämpft Verfasser gegen einige all- | wie auf den Mikrokosmus ausdehnt, das grösste Staunen. — gemein angenommene Principien der Naturwissenschaft; wir glauben | je Vorgänge jedoch, welche die charakteristischen Licht- aber der ehrlich gemeinten Kritik — so lange sie rein sachlich | F j 5 z —L - b bleibt — unsere Spalten nieht verschliessen zu dürfen. Red. | Phänomene, die verschiederartigen Spektren erzeugen, 0 74 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. nn atomistische, ob molekulare Prozesse sie bedingen, sind in Dunkel gehüllt. Fragen wir jetzt nach dem Grunde für die That- sache: dass die Praxis der Theorie so unverhältnismässig vorausgeeilt ist, so könnte es auf den ersten Blick scheinen, dass dies seine volle Begründung in dem Wesen der Forschung finde, insofern der Forscher angewiesen ist, der Natur ihre Gesetze abzuspähen und abzulauschen, was nur langsam und mühevoll geschieht, und den ge- fundenen Thatsachen gemäss seine Hypothesen und Theorien aufzustellen, und nicht, wie viele Naturphilo- sophen bedauerlicher Weise gethan haben und noch thun: Gesetze, Phänomene und das ihnen zu Grunde liegende Weltprinzip zu erdichten, wo es sich um die heiligsten Fragen handelt. Wie sehr diese in der Philosophie häufige Entweihung der Wissenschaft: vor- zugeben, das Rätsel des Daseins gelöst zu haben, die nur aus grösster Selbsttäuschung oder aus niederem Egoismus fliessen kann, den Fortschritt der Wissenschaft nicht nur hindert, sondern auch demoralisierend wirkt, ist leicht zu beweisen. . Dass in der angeführten Entschuldigung der That- sache, dass „die Theorie der Praxis nachhinkt“ ein gut Teil Wahrheit liegt, kann niemand in Abrede stellen, der auch nur eine Ahnung von dem überaus reichhaltigen | widerstrebenden Stoff hat, welchen der Forscher ursächlich verknüpfen soll, und der die Schwierigkeit zu würdigen weiss, befriedigende, zeitgemäss erschöpfende Erklärungen für Naturerscheinungen auszusinnen. Sehr würde man jedoch irren, wollte man diesem Umstande allein die . Ungleichheit des praktischen und theoretischen Fort- schrittes beimessen. Ein viel mehr Ausschlag gebender Grund, warum die Praxis der Theorie vorausgeeilt ist, liegt zweifelsohne in dem geringen wissenschaft- | lichen Idealismus unserer Zeitrichtung, die in wissen- schaftlicher Beziehung den äusseren Erfolgen den Vorzug vor den innern einräumt und im mühelosen Fluge die geistigen Güter als nicht gerade zu entbehrendes Bei- werk zu erhaschen wähnt. Dass unserer Zeit der Schwung der wissenschaftlichen Geistesbewegung fehlt, die, Finde des vorigen Jahrhunderts mit veralteten brechend, eine der Vernunft entspringende moralische Traditionen | Weltordnung zu gründen trachtete, kann nicht geleugnet werden; und der Umstand, dass dieser hohe Ideenflug, den an ihn gerichteten Anforderungen nicht gewachsen, in den seichten Materialismus umschlug und so den Stoff? statt des Geistes zum Träger der Weıtordnung erhob, kann mit zur Entschuldigung dienen, dass unsere Zeitrichtung mit wenig Zutrauen dem Idealismus ent- gegen kommt. Die Thatsache ferner, welche namentlich für unser Vaterland gilt: dass der blosse Idealismus dem Volksbewusstsein entfremdet ist, indem er uns von den durch Geburt und Vaterland zunächst Stehenden mehr ais thunlich isoliert, insofern er die Ideenwelt als das einzig Schätzenswerte vorspiegelt, kann gleichfalls mit zur Recht- fertigung unserer Zeitrichtung angeführt werden. Was aber an völliger Rechtfertigung noch. fehlt, muss den Irrtümern und der in mancher Beziehung oberflächlichen und denkträgen Richtung unserer Zeit zugeschrieben werden, die gern anerkannten Autoritäten ohne Vor- behalt glaubt, um sich die Mühe zu sparen, selbst prüfen und urteilen zu müssen, die den Erwerb idealer Güter vernachlässigt, um dem materiellen um so besser nach- jagen zu können. Sehr zutreffend sagt E. du Bois-Reymond in seinem Vortrage: „Kulturgeschichte und Naturwissenschaft“, wo er von der in Amerika herrschenden engherzigen Nütz- lichkeitslehre spricht: „Aber wie? Sehen wir nicht, indem wir über amerikanische Kultur uns erheben, den Splitter in unseres Bruders Auge, und werden nicht gewahr des Balkens in unserem Auge? Wie steht es mit dem Widerstande, den die im Vergleich zur ameri- kanischen so alt gesicherte, so fest gegründete deutsche Kultur jenen bedrohlichen Strebungen entgegensetzt? Wollen wir uns nicht einer der neuerlich bei uns beliebt gewordenen Selbsttäuschungen hingeben, so müssen wir gestehen, dass wir in der Amerikanisierung schon be- unruhigende Fortschritte gemacht haben. U. s. w.“ Es soll in der folgenden Nr. der Naturw. Wochenschr. meine Aufgabe sein: die nicht genügende Gründlichkeit unserer modernen wissenschaftlichen Richtung an einigen Fällen, die zu den hervorragendsten gehören, eingehend nachzuweisen. (Schluss folgt.) Ueber Stigmaria. Von Dr. Henry Potonie. Unsere Lycopodiaceen, Bärlappgewächse, sind kleine Pflanzen. Die meisten Arten dauern zwar mit ihren oberirdischen Organen aus, erreichen aber niemals auch nur annährernd die Grösse von Bäumen; in den Tropen können sie mehrere Fuss hoch werden, unsere ein- heimischen Arten jedoch erheben sich nieht weit über den Erdboden, auf welchem sie meist als „Schlangen- moos“ weit hinkriechen. Ihnen nahe verwandt sind die Psilotaceen, seltene Gewächse der Tropen, die Selaginella- ceen und die häufig unter Wasser lebenden Iso@taceen: \ alles nur kleine Gewächse. Diese vier Familien fasst man als Lycopodineen zusammen, da sie sich von den anderen Pteridophyten (Farngewächsen im weitesten Sinne) durch besondere gemeinsame Merkmale wohl abgliedern. Ihre Laubblätter sind einfach; die Sporenbehälter sitzen meist einzeln auf der Oberseite oder in den Winkeln von Blättern, und die Wurzeln sind gabelig verzweigt. Diese charakteristischen Merkmale besitzen auch jene baumförmigen Pteridophyten der Vorwelt, besonders der Steinkohlenzeit, welche namentlich die Gattungen Lepi- re a a ‘ F Nr. 10. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 75 dodendron und Sigillaria bilden. Die meisten Autoren rech- nen denn auch diese schon so lange vom Erdboden verschwundenen und uns nur in kümmerlichen Resten überkommenen Bäume zu den Lycopodineen. Die Lepidodendreen, von denen unsere Fig.1 einen restaurierten Baum veränschaul cht, sind besonders in den unteren und mittleren Schichten der Steinkohlenformation stanvierter Lepidodendron. „Elemente der Botanik“. Fie.1.: Ein v (Aus Potonie: sehr häufig; aber noch im Rotlierenden (also über der Steinkohlenformation) einerseits und Unterdevon (also unter -der Steinkohlenformation) anderseits wurden spär- liche Reste gefunden. — Die Lepidodendreen sind gabelig sich verzweigende Bäume, deren Stamm-Oberfläche in ‚ auffallendeır Weise in Schrägzeilen gestellte „Polster“ zeigt, von denen jedes eine Blattnarbe trägt. Die Formen der Polster und Blattnarben, die uns meist allein als Abdrücke erhalten sind, geben die Merkmale für die „Arten“ ab. Die Ausbildung von deutlichen Polstern mit Blattnarben auf Stengelteilen ist übrigens auch bei vielen jetzt leben- den Arten — wie Fig. 2 zeigt — derartig charakteris- tisch, dass sich danach ganz wohl eine systematische Gliederung vornehmen lässt. B ce D:, Fig. 2. Stengelstückchen einiger Koniferen (specieller Abietineen) mit Blatt- narben und Polstern. + Abies pertinata, 3 Tsuga canadensis, C Tsuga Dou- glasii, D Picea excelsa, Z Cedrus Libani, 7 Larix europaea, G Pseudolarix Kaempferi. — (Aus Engler u. Prantl: „Die natürlichen Pflanzenfamilien“). Die Blätter der Lepidodendreen sind meist einfach und von länglich-lanzettlicher Gestalt. Nicht selten finden sich an den Enden jüngerer, noch beblätterter Zweige oft grosse, tannenzapfenartige Sporenbehälterstände (Le- pidostroben): einfache Achsen mit dichtgedrängt stehenden Blättern (Lepidophylien), an deren Grunde je ein Sporen- behälter, ein Sporangium, sitzt. Man kennt Gross- und Kleinsporen. — Die Stämme besitzen ein zentrales, von einer mächtigen parenchymatischen Rinde umgebenes Leit- bündel. Sie wachsen nachträglich in die Dicke und zwar sind es Zellteilungen eines Gewebes der Rinde, welche die Fig. 3. Eine restaurierte Sigillarie mit Stigmaria. (Aus Potoni@: „Elemente der Botanik“.) Diekenzunahme ganz oder vorzugsweise bedingen; jedoch wird in manchen Fällen auch ein aus einem Cambium- ring hervorgegangener, zuweilen beträchtlicher, nachträg- lich entstandener Holzkörper ohne ‚JJahresringe beobachtet. Die Sigillarien, von denen Fig. 3 ein restauriertes Exemplar vorstellt, sind in den untersten Schichten der Steinkohlenformation noch sehr selten und in den mitt- leren am häufigsten. Auch im Rotliegenden finden sie sich; eine Art ist aus dem oberen Bundsandstein, also in viel jüngeren Schichten, bekannt geworden. — Die Si- gillarien sind einfach- — seltener gabelig- — stämmige Bäume mit charakteristischen Blattnarben auf der Stamm- oberfläche, die bei den typischen Arten deutliche Längs- reihen bilden; bei vielen sind auch Polster vorhanden. Die Oberflächenbeschaffenheit nähert sich bei manchen Arten ungemein derjenigen der Lepidodendreen. Da auch hier meist nur Abdrücke der Stammoberflächen vorliegen, so ist man auch hier auf die Verwertung der Unterschiede der- selben für die — selbstredend hierdurch ganz künstliche — Systematik dieser Gewächse angewiesen. Die nur sehr selten noch dem Stamm anhaftend aber oft abgefallen sich findenden Blätter sind lang-lineal. Aehrenförmige Sporangienträger, die bisher allerdings noch nicht in Zusammenhang mit Sigillarien gefunden worden sind, hinterlassen an ihren Ansatzstellen auf den Stämmen be- sondere Narben zwischen den Blattnarben. — Im Zentrum des Stammes erblicken wir ein Markparenchym umgeben von Holz, dessen Erstlingszellen aussen liegen. - Aus einem Cambiumring hervorgegangenes Holz ohne Jahresringe und eine starke Rinde kommen hinzu. 76 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. Was nun die Wurzeln der in Rede stehenden vor- weltlichen Lycopodineen anbetrifft, so hat man lange hin und her gestritten, ob als solche die häufigen, ja in manchen Schichten der Steinkohlenformation ganz ge- meinen, jedenfalls allbekannten Petrefakten, die unter dem Namen der Stigmarien bekannt sind, anzusprechen sind, oder ob die Stigmarien eigene Organismen vorstellen. Ihre genauere Verbreitung stimmt so ziemlich mit der der Lepidodendreen überein: in der Steinkohlenformation also am allergemeinsten, lassen sie sich zurück bis zum Devonverfolgen. Auch imRotliegenden findet man sie noch. Bevor wir des näheren auf die Frage ihrer Zuge- hörigkeit eingehen, wollen wir zur Orientierung die wesentlichsten Merkmale der Stig- marien angeben. (Vgl. hierzu Fig. 3). Die Stigmarien sind eylindrische Kör- per. Ihre Ober- fläche ist in etwa gleichen Abständen mit kreisförmigen Narben besetzt, in denen ein stark markierter Mittel- punkt hervortritt; den Narben sitzen oftmals noch An- hänge von gestreck- ter Gestalt an, wel- che die Nahrung aus dem sumpfigen Boden aufgenom- men haben, in wel- chem die Stigmarien lebten. Die wieder- holt gabelig-ver- zweisten Körper besitzen ein starkes 4. Cycadee. A Encephalartos Hildebrandtii, blühende weibliche Pflanze, 3 Blüte derselben: eine mit nis der in Rede stehenden eigentümlichen Gebilde erfahren wir aus dem ausgezeichneten, kritischen Buche des Grafen zu Solms-Laubach „Einleitung in die Palaeophytologie“ (Leipzig 1887) und aus der ebenfalls im vorigen Jahr erschienenen Monographie über Stigmaria ficoides des englischen Phytopalaeontologen Williamson. Auf ein näheres Eingehen der Deutungen älterer Autoren, welche die Stigmarien mit Opuntien, Cacalien, Ficoideen, Stapelien, Aroideen und gar mit Palmen ver- glichen, wollen wir verzichten und mit A. Brongniart beginnen, der 1828 zuerst die Stigmarien mit Lycopodineen in Beziehung brachte. Lindley und Hutton haben dann in den dreissi- ger Jahren ein kuppel- oder dom- förmiges Gebilde aus England be- schrieben, von wel- chem strahlig, schräg absteigend, zwölf wohlerhalte- ne, zum Teil gega- belte und mit „An- hängen“ versehene Stigmarienäste ab- gehen. Sieglaubten, dass Stigmaria eine niederliesende dickfleischige diko- tyledone Land- pflanze gewesen sei, mitstrahlig aus- - gehenden, gesabel- ten Zweigen. Die „Anhänge“ hielten sie demgemäss für Blätter, die dem Schlamm, in wel- chem sie wuchsen, Nahrung entnah- men. Göppert (1841) u. & Mu HR II = 5 Fig. & a Mark undeinedicke Frucatblättern besetzte Achse, C weibliche Blüte von E. villosus. — 4 um das zehnfache, Z und € um das schlossen sich die- Rinde undzwischen beiden einen aus einem Verdickungsring hervorgegange- nen Holzeylinder. Die beschriebenen Körper gehen von einem gemeinsamen Hauptkörper aus, der unter- wärts zwei sich kreuzende Furchen aufweist, welche denselben in vier Stücke unterabteilen, von denen je ein dicker Stigmaria-Arm abgeht. Diese Vierteilung lässt sich begreiflicherweise als rasch wiederholte gabelige Verzweigung auffassen. Nach oberwärts setzt sich der zentrale Hauptkörper oft in einen Stamm fort, sodass die Stigmarien dann in der That vollkommen den Eindruck von Wurzeln machen. Ausführlicheres über die Geschichte unserer Kennt- fünffache verkleinert. — (Aus Engler und Prantl: „Die natürlichen Pflanzenfamilien“.) * ser Anschauung an, wennschon dieser Autor die Stigmarien lieber als ein Mittel- glied betrachten möchte, welches namentlich die Lycopodien den Cycadeen nähert, jenen „Sago- oder Farnpalmen* unserer warmen Zonen inkl. Tropen, Fig. 4. Seit der in der Mitte der vierziger Jahre ebenfalls in England erfolgten Binney’schen Entdeckung auf- rechter Sigillarienstammstümpfe, die unterwärts in je vier Aeste mit Stigmariencharakter ausliefen, ist die Frage endlich zur Entscheidung gebracht worden. Es sind dann noch wiederholentlich Stämme in Zusammenhang .mit Stigmarien — namentlich von Rich. Brown in Amerika — gefunden worden, deren Oberflächenbeschaffenheit aber Nr. 10. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 77 keine genügende Auskunft giebt. Wenn die von diesem Autor geäusserte Ansicht, dass unter diesen auch Lepi- dodendreen vorkämen, jetzt durchgedrungen ist, so liegt dies daran, dass H. B. Geinitz (1854 und 1855) und W. Ph. Sehimper (1862) auf die ausserordentliche Häufigkeit von Stigmarien in Schichten (Culmsandstein) betonten, in denen keine Sigillarien, wohl aber zahl- reiche Lepidodendreen-Reste vorkommen. Schimper hat dann aber auch in dem Anfang der siebziger Jahre eine Lepidodendree mit Stigmaria bekannt gemacht und so auch diese Frage abgeschlossen. Auch ist nach William- son vor wenigen Jahren ein Steinkohlen-Wald in Oldham (Lancashire) zu Tage gelegt worden, in welchem einige Bäume unzweifelhafte Lepidodendreen mit Stigmarien waren. 3 Dass die Stigmarien in physiologischer Hinsicht wie Wurzeln funktionieren, scheint nun zwar nach allem, was wir von ihnen wissen, zweifellos; ihrem Baue nach haben sie aber manches mit Rhizomen gemein, die ja bei jetzt- lebenden Pflanzen — z. B. manchen Orchideen wie Corallorhiza innata — Wurzelfunktion besitzen können. Von echten Wurzeln unterscheidet die Stigmarien die Stellung der Anhänge, der „Würzelchen“ Williamson’s, sowie die „exogene“ Entstehung derselben aus den oberen Schichten der Körper, im Gegensatz zu den echten Neben- wurzeln, welche „endogenen“ Ursprungs sind, also im Inneren der Mutterkörper entstehen. Die Gabelung der Körper — auch gelegentlich der „Anhänge“ — spricht allerdings nicht gegen die Wurzelnatur von Stigmaria, da ja die Lycopodineen — wie wir eingangs sahen — gabelige Wurzeln besitzen. Kleinere Mitteilungen. Eine Hausente mit Enterichgefieder beschreibt Dr. Kor- schelt in den „Sitzungsberiehten der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin“ (1887 Nr. 9). Die Ente lebte vom Jahre 1871 bis zum Frühjahre 1887, also 16 Jahre, auf einem Hühnerhofe, glich in ihren Federn etwa einer weiblichen Wildenre, legte regel- mässig bis 1883 Eier, brütete dieselben aus und führte auch ihre Jungen gut. Mit der Mauser in ihrem 13 Jahre nahm sie die Färbung eines Enteriehs an. der Kopf wurde grün. die Brust rotbraun, das übrige Kleid grau, fein gesprenkelt, der Rücken dunkel grün- sehillernd. Zugleich-nahm die Enre die Gewohnheiten eines Enterichs sogar den übrigen Enten gegenüber an. Die Sektion ergab eine starke Verkürzung und Verkümmerung des Eileiters. Der Eierstock war zu einem 15 mm langen und 4 mm breiten Körper am oberen Rande der Niere geworden; er bestand in seiner Hanptsache ans dichtem Bindegewebe, E'zellen waren nieht mehr vorhanden. Der Eierstock konnte also keine Bier mehr erzeugen und die „Hahnen- fedrigkeit“ hängt hier demnach mit der bei hohem Alter eingetretenen Unfruchtbarkeit der Ent- zusammen Dieser Fall erinnert an die Wirkungen der Kastration, bei der ebenfalls eine Veränderung des einen Geschlechts nach dem anderen hin stattfindet. Auch bei Krabben, deren innere Geschlechtsuorgane durch die Einwirkung von Schmarotzerkrebsen (Bopyrus u. a.) eine Rückbildung erfahren. nähern sich infolgedessen die Weibchen in ihrer äusseren Gestalmmng den Männchen und umgekehrt. Das- selbe findet bei manchen Erdbienen (Andrena) statt, die von Stylops befallen werden. A Giard, der die letzterwähnten Erscheinungen beschreibt, be- zeichnet dieselben als „paras’täre Kastration“. Darwin behauptete das Vorhandensein „larenter Gesehleel.tscharaktere*. Danach würden beim. Männchen die weihlichen, beim Weibehen die männlichen Charaktere latent vorhanden sein, und diese latenten Geschlechts- charaktere können erst dann zur Au-bildung gelangen, wenn die eigentliche vorherrschende (seschleehtstunktion des betreffenden Tieres aus irgend einem Grunde erloschen ist; bei der erwähnten Ente würde dies mit der Entartung des Bierstocks infolge des Alters ‚eingetreten sein. Dass aber auch die Hahnenfedriekeit bei jungen, eierlegenden Vögeln vorhanden sein kann, lehrt z. B. die in der Zeitschrift „Der zoologische Garten“ (Jahrg. VII. S 167) beschriebene und abgebil- dete Henne sowie die weiteren Notizen über ähnliche Vorkommnisse in Bd. IX, S. 94 und Bd. X, S. 63 und MW. Lathraea squamaria und Bartsia alpina sind keine „teischfressende“ Pfianzen. — A. Kerner und R. Wettstein glaubten in einer in den Sitzungsberiehten der Wiener k k. Aka- demie der Wissenschaften (Die rhizopodoiden Verdauungsorgane tier- fangender Pflanzen) nachgewiesen zu haben. dass die in der Ueber- schrift genannten Pflanzenarten Tiere fangen und verdauen. Lathraea squamaria, die Schuppenwurz, blüht von März bis Mai und ist, wenn auch nieht gerade häufig, so doch auch nicht selten in ganz Deutschland anzutreffen und in Europa weit ver- breitet. Man sieht der l'tlanze sogleich an, dass sie zu den Schma- rotzern gehört, da ihr ein Kohlensäure-Assimilations-Apparat, näm- lich grüne Laubblätter vollständig fehlen, und man kann sich leicht überzeugen, dass sie in der T'hat mit Baumwurzeln, vorzugsweise mit denen des Haselstrauches in organischer Verbindung steht. Ausser einer Aufnahme von Nahrung durch die Wurzeln nimmt nun die Lathraea nach den beiden genannten Autoren organische Nahrung durch Tierfang. welchen die dickfleischigen, schuppigen Blätter des Rhizoms besorgen, zu sich. Die Rhizomschuppen werden nämlich (vergl. die Figur auf Seite 15 Bd. I der N. W.) von 5—13 in der Längsrichtung des Blattes verlaufende, längliche Kammern durch- zogen, welche am Grunde, an der Rückenseite der Schuppen Ein- gangsöffnungen für den Eintritt kleinerer Tiere, vorwaltend Infu- sorien, besitzen. Sobald ein Tierchen in die Kammer gelangt ist, soll dasselbe (ähnlich wie die Pseudopodien der Rhizopoden ihre Beute festhalten) von Protoplasmafäden, die von besonderen Drüsen ausgehen, umklammert und am Entschlüpfen verhindert werden. Die Eiweissteile sollen verdaut und nur z. B. Chitinsubstanzen zurück- gelassen werden. A. Scherffel weist nun in einer kürzlich erschienenen Ab- handlung, betitelt „Die Drüsen in den Höhlen der Rhizomschuppen von Lathraea squamaria L.“ (Mitteilungen des botanischen Instituts zu Graz. Heft II), nach, dass jene Deutung irrtümlich ist. Die vermeintlichen Plasmafäden haben sich nämlich als Ketten von Stäb- chen-Bakterien erwiesen, sodass nach Scherffel die Höhlen der Rhizomsehuppen mit dem Tierfange nichts zu thun haben. Es ist hingegen eine offene Frage, ob die der Höhlenwand ansitzenden Bakterien nicht irgend eine Rolle bei der Ernährung der Lathraea spielen oder ob nicht gar ein symbiotisches Verhältnis zwischen beiden Organismen besteht. Es ist nicht so unwahrschein- lich, dass in den Höhlen Stoffe ausgeschieden werden, die diese Bakterien veranlassen, sich hauptsächlich auf den Höhlenwänden an- zusiedeln, und dass sie vielleicht chemische Vorgänge einleiten, aus denen die Lathraea dann Nutzen zieht. Dann müsste man die Drüsen der Höhlenwand in der That nicht nur als secernierende, sondern auch als absorbierende Organe ansehen. Auch Bartsia alpina, die im arktischen Gebiete und in der Flora der Hochgebirge durch fast ganz Eiropa verbreitet ist und bei uns nicht selten in den höheren Regionen des Riesengebirges vorkommt, wo sie im Juni und Juli blüht, ist nach Kerner und Wettstein's Darstellung dadurch besonders bemerkenswert, als sie ihre Nahrung auf viererlei Weise zu sich nimmt: nämlich durch Aufnahme von Kohlensäure vermittelst der Laubblätter, ferner durch die Wurzeln, die sowohl aus der Erde als auch schmarotzend aus Pflanzen ihrer Umgebung Nährstoffe beziehen und endlich durch Tierfang. Letzterer soll ebenfalls von unterirdischen Schuppen be- werkstelligt werden, welche im Herbste entstehende Sprösschen be- kleiden, die im nächsten Frühjahr zu einem oberirdischen Stengel auswachsen. Der Tierfang sull in derselben Weise von statten gehen, wie bei der Lathraea, nur werden die Schuppen nicht in ihrem Innern von Kammern durchzogen, sondern besitzen ihre „rbizopoiden“ Zellen an den nach rückwärts rinnig zurückgebogenen beiden seitlichen Rändern. Die so entstehenden Rinnen werden von den tieferstehenden Schuppen gedeckt, sodass auch hier von oben 78 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NESIOR her zugängliche, morpbologisch allerdings mit denen von Lathraea nicht vergleichbare Kämmerchen gebildet werden. Auf Veranlassung des Herausgebers der Mitteilungen des bo- tanischen Instituts zu Graz, des kürzlich verstorbenen Prot. Leitgeb, hat nun der Assistent desselben, Dr. Heinricher, auch die Bartsia einer Nachuntersuchung unterzogen, der nunmehr ‘ebenfalls zu dem Resultate kommt, dass die der Bartsia alpina zugeschriebene „tier- fangende“ Eigenschaft in hohem Grade unwahrscheinlich ist. Es scheinen dieser Pflanze selbst die vermeintlichen „rhizopoiden Ver- dauungsorgane“, welche bei Lathraea also als den Drüsen aufsitzende Bacterien erkannt wurden, zu fehlen. Die einzige Uebereinstimmung zwischen Lathraea und Bartsia besteht in dem Besitz der gleichen Drüsentypen auf ihrer Blattunterseite; diese findet aber in der nahen Verwandschaft der beiden Rlimantideen, welche von Bentham als Angehörige der gleichen Gruppe. der Euphrasieae, betrachtet werden, ihre genügende Erklärung. } Ueber Liebreich’s „toten Raum“. — Auf der 59edeutschen Naturforscher-Versammlung zu Berlin machte Liebreich Mitteilung von einigen Erscheinungen, für welche er eine Erklärung gab, die. im Falle ihrer Richtigkeit, im stande gewesen wäre, eine totale Um- wälzung unserer Anschauungen über chemische Reaktionen hervor- zurufen. Er glaubte gefunden zu haben, dass einige Reaktionen nicht völlig gleichmässig durch die ganze Reaktionsmasse hindurch verlaufen, sondern dass ein l’eil der Mischung, der „tote Raum“, sich der Reaktion entziehe. Den experimentellen Nachweis suchte er durch zwei Reaktionen zu führen: a) Umsetzung von Chloral- hydrat und Natriumcarbonat zu Chloroform und Natriumformiat, b) Jodausscheidung durch überschüssige Jodsäure auf schweflige Säure. Seine Ansichten fasst er folgendermassen zusammen: 1. In Flüssigkeiten wird der Raum der chemischen Reaktion durch eine reaktionslose Zone (den tsten Raum) begrenzt und zwar da, wo die Flüssigkeit mit der Luft in Berührung oder von der Luft durch eine feine Membran getrennt ist. 2. In engen Röhren tritt die Reaktion langsamer ein als in weiten Röhren. 3. Kapillarräume sind im stande, chemische Reaktionen vollkommen aufzuheben. Nachdem v. Fuchs die betreffenden Erscheinungen ohne Ex- perimente matlıematisch-physikalisch zu erklären versucht hatte. weist neuerdings Dr. R. Gartenmeister (Liebig’s Annalen der Chemie, Band 245, 230) nach. dass sie sich vollkommen durch bekannte Gesetze erklären lassen, und die Hypothese Liebreich's über- Hüssig sei. Gleiche Volume 20prozentige Chloralhydrat- und 1l4prozentige Natriumearbonatlösung wurden im verschlossenen Glase miteinander gemischt, dann das Reagensglas umgekehrt und stehen gelassen. Es findet eine Zerleeung des Chloralhydrats statt, gemäss der Formel: 2001,.CHO.H30 + NaC0; = 2CC]..H-+2CHO.ONa-+ H50 + COs. Chlorallıydrat. Chloroform. Natrinmformiat. Die gebildete Kohlensäure wird von dem überschüssigen Na- triumearbonat absorbiert, so dass keine Gasentwiekelung sichtbar wird. Nach 5 Minuten beginnt die nebelartige Ausscheidung von Chloroform. Es bleiben aber die der Oberfläche zunächst gelegenen Schichten (der „tote Raum“) zuerst völlig klar, trüben sich aber allmählig, so dass die klare Zone immer kleiner und kleiner wird und endlich dauernd verschwindet. Die Erscheinung erklärt sich folgendermassen: Die Reaktion geht allmählig vor sieh, das C'hloro- form wird zuerst in der Flüssigkeit gelöst und scheidet sich nach vollendeter Sättigung derselben aus. In den obersten Schichten finden zugleich zwei physikalische Vorgänge statt: Verdunstung des Chloroforms von der Oberfläche ats. und Diffusion desselben aus den tieferen nach den oberen Schichten. In letzteren tritt bei Gleichheit von Verdunstunge und Neubildung des Chloroforms ein konstanter Zustand ein. Jede Schicht wird durch Diffusion um dieselbe Chloroformmenge ärmer. die sich durch die chemische Zer- setzung neu bildet. In den tieferen Schichten nimmt der Gehalt an Chloroform zu, bis der Sättigungsgrad erreicht ist, und dann die sichtbare Ausscheidung beginnt, und zugleich die Diffusion aufhört. Die Höhe der klar bleibenden Schicht wird kleiner mit der Abnahme der in der Zeiteinheit gebildeten Chloroformmenge und mit der Ab- nahme der Verdunstung zu der Oberfläche. Ist die über dem Ge- menge befindliche Luftschieht mit Chloroform gesättigt, so hört die Verdunstung desselben auf, statt dessen findet seine Ausscheidung in der bis dahin klar gebliebenen Schicht statt, es ist dann die Flüssigkeit gleichmässig getrübt. Feine Membranen heben die Verdunstung nicht auf; daher findet die Bildung von Liebreich's totem Raum auch in diesem Falle statt. Dass in der That im toten Raum Chloroformbildung stattfindet, weist Gartenmeister in der Weise nach, dass er die verdünnten Lösungen in einer Höhe von 2 mm in ein weites Gefäss mit ebenem Boden bringt und das Gefäss verschliesst. Die Flüssig- keit bleibt völlig und dauernd klar, während die Chloroformbildung sich unzweifelhaft an dem Geruch kenntlich macht. Auch in Kapillarröhren konnte Gartenmeister die C'hloroform- ' Oberfläche. bildung unter dem Mikroskop an dem Auftreten von Tröpfchen erkennen. j Aehnlich wie bei der Chloroformbildung erwiesen sich die Ver- hältnisse bei der Reaktion von Jodsäure auf schweflige Säure. Auch hier können die von Liebreich zur Begründung seiner Hypothese geltend gemachten Erscheinungen mit Hilfe bekannter physikalischer Gesetze erklärt werden, so dass die Hypothese vom „toten Raum* als abgethan angesehen werden kann. Dr. M. Bragard, Assistent am chemischen Laboratorium der Kgl. Bergakademie zu Berlin. Diamant in einem Meteorstein. — In den Verhandlungen der Russischen Kaiserl. Mineralog. Gesellschaft veröffentlichen M. Jetofejeff und P. Latschinoff eine Arbeit über den im Sep- tember 1886 bei Nowo-Urei, Gouv. Pensa in Russland, gefallenen Meteorstein, der ausserordentliches Interesse wegen seines Gehaltes an Diamant beansprucht. Der Stein. etwa 1900 g schwer, besteht zum grösseren Teil aus Olivin; geringer treten Augit und Nickel- eisen auf und 2,26 Prozent beträgt der Gehalt an Kohlenstoff, wo- von 1.26 Prozent auf Kohle, 1 Prozent auf Diamant kommen. Der- selbe tritt in Form von sogenanntem Carbonat auf, d. h. nicht in. Krystallen, sondern in derben, schwärzlichen 'Körnern von rauher Chemische Natur (=C), speeifisches Gewieht (= 3,1 im Mittel), Härte (> 9) und optisches Verhalten charakterisieren diese Körmer als Diamant. Partsch und Haidinger haben 1846 in dem Meteoreisen von Arva kleine Würfel aufgefunden, die aus graphit- artiger Substanz bestanden und über die Gustav Rose bemerkte, dass sie vielleicht P’seudomorphosen nach Diamant seien. Neuerdings fand L. Fletscher ganz entsprechende Würfel im Meteoreisen von Joundegin (Westaustralien), deren specifisches Gewicht — 2,12, deren Härte = 2,5 sie vom Graphit scheiden. Er nannte den Stoff Cliftonit, eine reguläre Form des Graphitkohlenstoffes. Diese Funde gewinnen nun neues Interesse. Wir wissen, dass Diamant bei starker Er- bitzung und unter Luftabschluss in Graphit übergeht. Es liegt sehr nahe, in den Würfeln graphitischer Natur umgewandelten Diamant zu sehen. Dr. R. Scheibe. Astronomischer Kalender. — Am 3. Juni Sonnenaufgang 3 Uhr 43 Minuten, Sonnenuntergang S Uhr 13 Minuten, Mondauf- gang nachts 1 Uhr 42 Minuten, Untergang mittags.1 Uhr 27 Mi- nuten. Am 9. Juni Sonnenaufgang 3 Uhr 40 Minuten, Untergang 8 Uhr 18 Minuten; Mondaufgang vormittags 3 Uhr 53 Minuten, Unter- gang nachmittags 7 Uhr 55 Minuten. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 3. ‚Juni 2 Minuten 3 Sekunden, am 9. Juni 0 Minuten 57 Se- kunden. Am 9. ‚Juni 5 Uhr 28 Minuten nachmittags Neumond. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. Ich erbitte eine Vorschrift zur Düngung von Zimmer- und Gartenpflanzen. Die „Pharm. Zeit.“ vom 26. März 1887 giebt die folgende Vorschrift. \ Man nehme 40 Teile Ammonium nitrieum = NH,NO;3 2003 n phosphorieum = (NH,); PO, 25 „ Kali nitrieum = KNO, \ 5 „ Ammonium chloratum = NH,CI 6 „ Calcium sulfuricum = CaSO, 4 „ Ferrum sulfurieum = FeSO, oder: 5 „. Kali nitrieum = KNO; 5 „ Caleium carbonicum — CaCO; 5 „Natrium chloratum = NaCl 5 „ Caleium phosphoricum = (az (POy)s 5 „ Natrium silicum = N3Si 0; 1; ,„ Ferrum sulfurieum = FeS0,. , Die einzelnen Präparate werden als grobe Pulver mit einander gemischt. Auf eine Giesskanne von etwa 5 Liter Inhalt benutzt man einen Theelöffel voll und begiesst die Blumentöpfe etwa 2—3 Mal wöchentlich mit der Lösung. Litteratur. Engler und Prantl:Dienatürlichen Pflanzenfamilien. — Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Bis jetzt 18 Liefe- rungen, 1887—1888 a 1,50 4 als Subskriptionspreis und 3 A als Einzelpreis. Dieses ausgezeichnete Werk mit seinen zahlreichen, trefflichen Abbildungen (von denen die Figuren 2 und 4 in dieser Nummer der „Naturw. Wochensehr.* Proben geben) soll etwa 300—330 Bogen hy u a Ye Gr eg ne Sn > BR ler > aa ige ’ ns BETT, a5 PET En uhr, Nr. 10. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 79 in Lexikon 8° ausmachen, von denen jährlich etwa 50 Bogen in Lieferungen von 3 Bogen erscheinen. | Die Behandlung der einzelnen Familien erfolgt im wesentlichen nach folgender Vorlage: 1. Wichtigste Litteraturangaben. 2. Merkmale jeder Familie in knapper Form und allgemeinverständ- lieber Darstellung. 3. Besprechung der Vegetationsorgane mit Rücksicht auf die Existenz- bedingungen. Hervorhehung besonders wichtiger anatomischer Verhältnisse. Besprechung der Blütenverhältnisse mit Rücksicht auf Entwicke- lung und. Bestäubungseinrichtungen. . Besprechung von Frucht und Samen mit Rücksicht auf Ent- wieckelung und namentlich auf Verbreitungsmittel. . Geographische Verbreitung. Kurze Erörterungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Familie. 8. Einteilung der Familie in Unterfamilien, Gruppen und Gattungen. 9. Anführung aller bekannten Gattungen, zwar ohne Diagnosen, aber mit kurzer Angabe der wirklich unterscheidenden Merkmale, sowie des Vorkommens und der Artenzahl. Anführune der Arten, welche an der Vegetationsdecke der Erde hervorragenden Anteil nehmen, der Nutzpflanzen und schäd- lichen Arten. Ausführliche Besprechung der Nutzpflanzen und ihrer Produkte, sowie der besonders schädlichen Arten. Die Reihenfolge der Pflanzenabteilungen geschieht nach dem von Engler in einigen Punkten zeitgemäss umgestalteten natürlichen System, welches wir hier in seinen grösseren Abteilungen anführen: I. Abteilung. Mycetozoa. Klassen: Acrasiei, Myxogasteres, Phytomyxini. I. Abteilung. Thallophyta. 1. Unterabteilung Schizophyta. 2. Unterabteilung Aleae. Klassen: Baeillariaceae (Diatomaceae), Chlorophyceae inkl. Characeae, Phaeophyceae, Rhodophyceae (Florideae). 3. Unterabteilung. Fungi. Klassen: Phyceomycetes, Ustilaginei, Ascomycetes (inkl. Lichenes z. T.), Uredinei, Basidiomycetes (inkl. Lichenes z. T'). IH. Abteilung. Embryophyta zoidiogama (Archegoniatae). 1. Unterabteilung. Bryophyta (Muscinei). Klassen: Hepaticae. Musei foliosi. 2. Unterabteilung. 10. Al. Pteridophyta. Klasse: Filieinae. Unterklassen: Filieinae isosporae und Filieinae heterosporeae (Hydropterides). Equisetinae. Unterklassen: Equisetinae isosporae und hetero- ” 4 1 1% sporae (letztere fossil). a Sphenophyllinae (fossil). Lyeopodinae. Unterklassen: heterosporae IV. Abteilung. Embryophyta siphonogama. 1. lung. Gymmospermae Klassen: Öycadinae, Cordaitinae (fossil), Coniferinae, Gnetalos. 2. Unterabteilung. Angiospermae. Klasse: Monocotyledoneae. 5 Dieotyledoneae. 1. Unterklasse: Archichlamydeae. 2. Unter- Lyeopodinae isosporae und ” Unterabtei- klasse: Symperalae Besonders wichtig erscheint die Teilung der Arbeit unter. be- währte Systematiker, von denen die meisten monographisch gearbeitet haben; es kann somit vieles zuverlässiger geboten werden, als z. B. in der von einem einzigen — wenn auch sehr tüchtigen — Antor bearbeiteten, prächtig illustrierten Histoire des plantes des uner- müdlichen Baillon. Dass andererseits aus diesem Grunde der Gegen- stand in den natürlichen Pflanzenfamilien im Gegensatz zu der Histoire des plantes eine ungleichmässigere Bearbeitung findet, ist ‚erklärlich aber nur von untergeordneter Bedeutung Es dürfte geboten sein, ‚eine Uebersicht von was bis jetzt erschienen ist: Zu Ende gebracht sind die Familien der ‚Juncaceen (durch Buchenau), Stemonaceen, Liliaceen, Flagellariaceen, Mayacaceen, Xyridaceen. Rapateaceen, Typhaceen, Saururareen, Piperacern, Chlo- ranthaceen, Lacistemaceen, Casuarinaceen, Juglandaceen. Myrieaceen, Leitneriaceen, Ceratophyllaceen, Lactoridaeeen, Philydraceen. Ulmacren «(durch Engler), Cyeadaceen, Coniteren und Gnetaceen (dureh Eichler). Palmen und Cyelanthaceen (durch Drude). Haem»doraeren, Amarylli- di ceen, Velloziaceen, Taccaceen, Dioscoreaceen. Salicaceen, Cyperaceen, Iridaceen (durch Pax), Restionaeeen, Centrolepidaceen, Eriocaulaceen (durch Hieronymus), Pandanaceen (duıch H. Grafen Solms), Betula- ceen, Magnoliaceen, Trochodendraceen, Myristicaceen, Fagaceen (dureh Prantl), Nymphaeaceen (durch Caspary), Gramineen (durch Hackel), Bromeliaceen (durch Wittmack), Commelinaceen u. Pontederiaceen «durch Schönland). Angefangen sind die Familien der Araceen, Sparganiaceen, Moraceen (durch Engler), Ranunculaceen (dureh Prantl). Ausserdem bieten uns die bisher erschienenen Lieferungen zwei dem zu geben, Abschnitte allgemeineren Inhaltes aus der Feder schrieben: „Embryophyta siphonogama* gamen) und Angiospermae. In dem erstgenannten Abschnitt bietet der Verfasser auch einen Ueberblick des von ihm angewandten Systemes bezüglich der grösseren Abteilungen, welches wir oben zum Abdruck gebracht haben. Die Autoren und die Verlagshandlung halten — wie das übri- gens bei dem guten Klange der Namen derselben nur erwartet worden ist — voll. was sie versprochen haben. Es wird immer mehr zur Gewissheit, dass die natürlichen Pflanzenfamilien ein unentbehrliches Handbuch der systematischen Botanik zu werden bestimmt sind. Engler's, über- (das sind also die Phanero- Bock, C. E., Hand-Atlas der Anatomie a Menschen. 7. Aufl. umgearb- u. hrsg. v. A. Brass. 4 Life. (M 8 Tat), Preis pro ‚Lief.3 Mt. Renger' sche Buchh. (Gehharat &Wilisch in Leipzig. Claus, C., Lamarck als Degr ünder der Descendenzlehre. Vortrag. gr. 8°. RE S.) Preis 1 #6. Alfred Hölder in Wien. Cramer, C Ueber die vertieillierten Siphoneen besonders Neomeris und Cymopolia. (Separat-Abdr.) 40%. (M. 5 Taf.) Preis 4 M. H. Georg, Verlag in Basel. Daniel, H. A., Leitfaden für den Unterricht in der Geographie. 166. Aufl., hrsg. v. B. Volz. Preis 804. Einbd. 20.4. Buch- handlung d. Waisenhauses, Verl.-Cto. in Halle. Dietlein, W., Die un Sachsen in geschichtlichen u. geogra- phischen Bildern. 8%. Preis 40.5; als Anh. zum vaterländ. Lesebuch v. Keck u. oben 'n. Preis 25.4. Buchhälg. d. Waisen- hauses in Halle a,S. Fol, H., et E. Sarasin, Pönetration de la lumiere du jour dans les eaux du lac de Geneve et des celles de la Mediterranöe. 4°. (M. 1 Taf.) Preis 1% 604. H. Georg, Verlag in Basel. Früh, J. J., Beiträge zur Kenntnis der Nagelfluh der Schweiz. 4°. (M.4 Taf.) Preis 8%. H. Georg, Verlage in Basel. Hartmann, E. v., Moderne Probleme. 2. Aufl. ERNST Prog 5 . Wilhelm Friedrich, K. R. Hofbuchh. in Leipzig. Hartmann, Die Chemie für das Tentamen physicum. 4°. Preis 2.1 40.4. Andreas Deichert in Erlangen. Krukenberg, C. F. W., Die Durchflutung d. Isthmus v. Suez in chorologischer, hydrographischer und historischer Beziehung. gr. 8%. (M. 2 lith Taf.) Preis 7 4. Carl Winter's Univ.-Buch- hdlg. in Heidelberg. Löhle, M., Heimatskunde des Kreises Forbach. 90.4. .J. Boltze’sche Buchh. in Gebweiler. Strasburger, E., Histologische Beiträge. und Zellteilung im Pflanzenreiche, gr. 8°. (XVILL, 258 S. m. 3 in Jena. Todt, C., Lehrbuch der Gewebelehre, sichtigung des menschlichen Körpers. 3. Aufl. gr. 80. (XVI, 708 S.) Ferd. Enke in Stuttgart. Preis 15 M. E Gegen Einsendung des Betrages (aueh in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Brief kasten. Herrn K. F. in S. — 1. Ueber Mikroskopie finden Sie Auskunft in Nägeli und Schwendener: Das Mikroskop und in der „Zeitschrift für wissensehaftliche Mikroskopie.“ Herausgegeben von Dr. W. J. Behrens. (Verlag von Harald Bruhn in Braunschweig.) 2. Werke über Mor- phologie der Pflanzen sind: Eichler: Blürendiagramme. — Drude: Die Morphologie der Phanerogamen (Ans Schenk’s Handbuch der Botanik I). — Goebel: Grundzüge der Systematik und speeiellen Pilanzenmorphologie. — Hofmeister: Allgemeine Morphologie der Gewächse. — A. St. Hilaire: Morphologie veretale. — Potonie: „Elemente der Botanik* und „Illustrierte Flora von Nord- und Mitreldentschland“. 3. Für anatomische Untersuchungen bestimmte P’tlanzenobjekte bewahrt man in Alkohol auf. 80, Preis kart. 1. Heft. Ueber Kern- nebst e. Anh. über Befruchtung. Taf.) Preis 7 #. Gustav Fischer mit vorzugsweiser Berück- K. Freise, Stettin. — ie von uns eingeführte Verpackung der Nummern ist die praktischste. Würden wir die Nummern un- gefalzt verschieken. so würden sie, wie die Erfahrung gezeigt hat, in defektem Zustande in die Hände der Leser gelangen. Die Falze werden übrigens von einem geschiekten Buchbinder beim Einbinden durch Anfeuchten beseitigt. Das Versenden von unverlangten Probe- nummern ist leider ziemlich erfolglos. Die grösste Verbreitung finder eine Zeitschrift durch die Empfehlung ihrer Leser. Wollten Sie auf diese Weise für unser Blatt wirken, so wären wir Ihnen dankbar. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LILaserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Imsertion von Stellen- Gesuchen und -Angeboten, sowie zw Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen etc. vermitteln. Gegen Einsendung von 1 .# 20 „s pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Bleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Bleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Bleg. geb. Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Mit 68 Ab- Schaden. Mit 70 Abbildungen Bleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 83 Ab- bildungen. EBleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektrieität und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. Bleg. geb. Berlin SW. 48. Riemann & Möller. Band I (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von „% 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von # 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten für Abonnenten 25 4. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift‘ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Balbi-Arends, Allgemeine Erdbeschreibung oder Hausbuch des geogr. Wissens. 6. Aufl. 2 starke Bände. Lex. 8%. 2424 Seiten mit vielen Illustr. 1878. In 2 eleg. Ganzleinenbänden. Statt M. 30,— nur M. 10,—. Bernstein, A., Naturkraft und Geisteswalten. Statt M. 5,— nur M. 3,—. Diercks, 6., Entwicklungsgeschichte des Geistes der Menschheit 2 Bde. 1882. Statt M. 10,— nur M. 5,—. Haeckel, E., Gesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der Ent- wieckelungslehre. 2 Bde. mit 82 Abbild. Lex. 8%. 1879. broch. Statt M. S.— nur M. 5,—. Harms, F., Die Philosophie in ihrer Geschichte 2 Statt M. 13,50 nur M. 7,—. , Geschichte der Psychologie. 2. Autl. 1879. Statt M. 7,50 nur N. 5,—. Geschichte der Logik. 1881. Statt M. 6,— nur M. 4,—. Homeyer, E. F. v., Die Wanderungen der Vögel. 1881. broch. statt M. 8.— nur M. 4,—. E Ormithologische Briefe. gr. &°. 1881. broch. Statt M.6.— nur N.2,—. Lassalle, Ferd,, Die Philosophie Herakleitos des dunklen von Ephesus. 3% Bde. Lex. 80, 1858. broch. Statt M. 26,— nur M. 18,—. —, Dasselbe, Band 2. 1858. broch. Statt M. 12,— nur M. 8,—. Inhalt: Physik. — Lehre vom Erkennen. — Ethik. Lewes, Geschichte der Philosophie von Thales bis Comte. 2 Bde. gr. 8°. 1876 In 2 eleg. Halbfrzbdn. geb. Statt M. 25,— nur M. 18,—. Nasemann, Gedanken und Erfahrungen über Ewiges und Alltägliches. 2 Bde. 2. Aufl. 80%. 1880. brosch. Statt M. 15,— nur N. 9,—. Plumacher, 0., Zwei Individualisten der Schopenhauer'schen Schule (Mainländer u. Hellenbach). 1881. broch. Statt M 2,40 nur M. 1,50. Riesenthal, 0. v., Die Raubvögel Deutschlands u. d. angrenzenden Mitteleuropas. Mit Atlas von 60 farb. Tafeln in gr. Folio. Lwbd. Text in 8%. Lwbd. Statt M. 8S0,— nur M. 40,—. Wipper & Graap, 46 Beweise des Pythagoraeischen Lehrsatzes nebst biogr. Mitteilungen über Pythagoras. Mit 59 Fig. Lex. 8°. 1888. Statt M. 1,50 nur M. 1,20. Vorstehende Bücher sind zu den. beigesetzten — bedeutend ermässigten — Preisen von uns franko zu beziehen. Berlin SW. 48, Riemann & Möller. 1876. broch. Bde. 1879/80. Friedrichstrasse 226. 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[eYeYereyeYereTerereTeTeTerereTe7eTeTe’e) Inhalt: Dr. Eugen Dreher: Der Zweck der Naturwissenschaft und die Art und Weise wie sie heute betrieben wird. — Dr. ‚Henry Potoni6: Ueber Stigmaria. — Kleinere Mitteilungen: Bine Hausente mit Enterichgefieder. — Lathraea squamaria und Bartsia alpina sind keine „Neischfressende“ Pflanzen. — Ueber Liebreich’s „toten Raum“. — Diamant in einem Meteorstein. — Astronomischer Kalender. — Fragen und Antworten: Vorschritt zur Düngung von Zimmer- und Gartenpflanzen. — Litteratur: Engler und Prantl: Die natür- lichen Pflanzenfamilien. — Bücherschau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni6. — Verlag: Riemann & Müller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. U. Band. | Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MM 2.—; Bringegeld bei der Post 15.7 extra. J Sonntag, den 10. Juni 1888. Nre-H Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Naturgeschichte des Verbrechers. Unter dem Titel „Der Verbrecher in anthropolo- ‘ gischer, ärztlicher und juristischer Beziehung“ *) ist im vorigen Jahre eine von Sanitätsrat Dr. M. O. Fraenkel besorgte Bearbeitung eines Epoche machenden Werkes aus der Feder des Professors der Medizin an der Uni- ‘versität Turin Cesare Lombroso erschienen, dessen eingehendere Besprechung hier durchaus am Platze ist, weil dasselbe einen äusserst wichtigen Beitrag zur Natur- geschichte des Menschen, insbesondere also zu der Naturgeschichte des Verbrechers bietet. Möchte unser besonderer Hinweis auf jenes Werk diesen und jenen anregen, es selbst zur Hand zu nehmen! Wir wolien auf den naturgeschichtlichen Teil der Sache im Fol- genden näher eingehen und müssen die wichtigen Fol- gerungen, die sich für das Strafrecht ergeben, unbeachtet lassen; soviel aber wollen wir sagen, dass das aufmerk- same Studium des in Rede stehenden Buches jedem mit Pharisäer-Neigungen behafteten eindringlich macht, wie sein oder nicht. Giebt es z. B. wohl eine schwerere Sühne für ein im Wahn begangenes Unrecht als das Irrenhaus? Die menschliche Gesellschaft sucht eben ‚ naturgemäss jeden,.der ihre Einrichtungen gefährdet, un- ‚ schädlich zu machen: sie besitzt. die Macht und unter- ' drückt alles ihr Feindliche. , im Lombroso weist ausführlich durch seine Unter- suchungen an weit über 1000 Verbrechern und gestützt auf eine grosse Anzahl aus der Litteratur gesammelten Thatsachen nach, dass sich die Verbrecher im ganzen durch gewisse Merkmale von dem Gros der Menschen unter- scheiden. Er hat die Handlungen der Tiere vom Ge- sichtspunkt des menschlichen Begriffes vom Verbrechen ersten Teile seines Buches: „Uranfang des Ver- | brechens“ in die Betrachtung gezogen und folgert aus kurzsichtig ein hochmütiges‘ Herabschauen auf die un- | glücklichen Mitmenschen ist, die das Strafgesetzbuch fühlen lernen. Wir beeilen uns, gleich hinzuzufügen, dass wenn der Naturforscher ‘auch die Einsicht gewinnt, dass die Verbrecher ‘bei ihren verbrecherischen Hand- lungen zwingenden Trieben folgen, doch daraus natürlich “noch nicht folgt, dass sie nunmehr straflos ausgehen sollen: ein jeder, der sich nicht in den allgemeinen Lauf der Menschenwelt fügt, wird dafür im Kampf um's Dasein hart bestraft, mag der Unglückliche nun in juristischem Sinne für seine Handlungen verantwortlich er | hinweist. seinen Beobachtungen, dass die Verbrecher atavistische Formen darstellen. Die Untersuchungen Lombroso's zeigen eine merk- würdige Uebereinstimmung der Thatsachen, aus denen die Aehnlichkeit des Verbrechers mit dem sogenannten wilden und dem kranken Menschen hervorgeht. Vor allem ist es das Tättowieren, das uns darauf Sein häufigeres Vorkommen bei ‘den blut- dürstigen und rückfälligen Verbrechern, die obseönen, den ganzen Körper bedeckenden Bilder, die Eitelkeit und körperliche Gefühllosigkeit, die sich darin aus- spricht, erinnert ganz an den Charakter und die Sitten wilder Völkerschaften. Die körperliche Fühllosigkeit wurde experimentell ' nachgewiesen, zugleich der wichtige Umstand, dass die *) Verlag von J. F. Richter in Hamburg. 1887. Preis 15 Mk. | eine Körperhälfte und zwar die rechte weniger empfindlich 82 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. ist als die linke. Dabei ist die grössere Gesichtsschärfe überhaupt und die des linken Auges insbesondere bei den Verbrechern zu beachten — ebenso wie die Grösse der Augenhöhlen — beides Dinge, die sie mit dem Wilden gemein haben. Daran reiht sich das häufige Vorkommen von Farbenblindheit, endlich die grössere Empfänglich- keit für magnetische und Witterungseinflüsse. Die Reflexe zeigen Anomalien. Dazu kommen Krämpfe, Epilepsie und andere ähnliche Krankheits- erscheinungen. Die Muskelkraft erwies sich auf der linken Seite stärker als auf der rechten. — Linkshändigkeit wurde drei bis viermal häufiger bei Verbrechern als bei normalen Menschen beobachtet. Daraus, wie aus der grösseren Empfindlichkeit der linken Körperhälfte lässt sich der Schluss ziehen, dass bei dem Verbrecher die rechte Hirnhälfte entwickelter ist, als bei dem gesunden Menschen, wo der umgekehrte Fall stattfindet. Die Gefässreaktion ist schwächer als bei Gesunden. Das Erröten fehlt insbesondere bei den Dieben. Während Schmerzeindrücke keine Reaktion hervorriefen, thaten es unter Umständen lascive Bilder. Die Unempfindlichkeit gegen Körperschmerz und Gemütseindrücke erklärt bei Verbrechern und Wilden die Gleichgültigkeit gegen das Leben anderer und gegen das eigene Leben, mehr noch die Grausamkeit, mit der sie sich zur Befriedigung der Rache, von Hass oder aus Gewohnheit an den Leiden anderer weiden. Darauf beruht auch öfter der gänzliche Mangel an Gründen, oder die Geringfügigkeit der letzteren, für Ausübung der schwär- zesten Verbrechen. Ihr Verstand ist nicht für voll und richtig anzusehen. Genie ist bei ihnen eine Ausnahme. Wo ein Verbrechen mit grossem Geschick ausgeführt wird, da kommt mehr die Uebung in diesen Dingen und eine gewisse Schlau- heit in Betracht, die nur als „Schild für Verstandes- schwäche“ dient. Leichtsinn, launenhafte Einfälle und Winkelzüge treten bei ihnen an die Stelle von solider Ueberlegung und Ausdauer. Das erkennt man an ihrer Sprechweise, die ihnen wie das Tättowieren mit dem Urmenschen ge- mein ist, erstere insofern atavistisch als sie die Natur- laute nachbildet und abstrakte Dinge personifiziert. Soviel über die im dritten (letzten) Teil des Lom- broso’schen Buches behandelte „Biologie und Psychologie des geborenen Verbrechers“. Nun noch die Resultate aus dem zweiten Teile: „Pathologische Anatomie und Messungen an Verbrechern“. Die Messungen am Leichnam zeigen, dass die Ver- brecher, besonders die Diebe, auf einer niedrigeren Ent- wickelungsstufe stehen als die normalen Menschen. Da- für spricht der geringere Schädelraum und -Umfang, der geringere Stirndurchmesser, die Kurzköpfigkeit, die Grösse der Augenhöhlen, die gewaltige Kinnlade und die un- verhältnismässige Höhe des Gesichtes. Das Gehirn entspricht den Schädel-Anomalien: im Ganzen ist es kleiner als bei Normalen. Die Windungen zeigen viele atavistische Abweichungen, z. B. grosse Neigung zum Zusammentliessen. Merkwürdiger aber ist die Thatsache, dass bei dem Verbrecher häufiger als beim Irren diejenigen Anomalien auftreten, bei denen atavistischer Ursprung nicht anzu- nehmen ist, wie z. B. die Schädel- und Gesichtsassymetrie. Verschiedene krankhafte Erscheinungen sind bei den Verbrechern häufiger als bei anderen Menschen, z. B. Vollblütigkeit, Leberleiden. Trotz alledem findet man erstaunlicherweise ein höheres Körpergewicht, gleiche, vielleicht sogar eine grössere Körperlänge und eine verhältnismässig längere Lebensdauer bei den Verbrechern, letztere erklärlich durch die erwähnte Unempfindlichkeit für Körperschmerz und die geringe Gefässreaktion. Die Betrachtung der Photographien verschafft uns das Mittel zur Kontrolle und Feststellung des Verhält- nisses, in welchem die Verbrecher-Physiognomie vorkommt; nämlich 25°/ mit einem Maximum von 36°/o bei den Mördern und einem Minimum von 6 bis 8° bei Banke- rottierern, Betrügern und Bigamisten. Ferner ist daraus ersichtlich, dass bei den Gelegenheits-Verbrechern Kopf- und Gesichtanomalien in fast gleichem Verhältnis wie bei ehrlichen Leuten vorhanden sind. Die Beobachtung am Lebenden bestätigt das häufige Vorkommen von Kleinköpfigkeit, Asymmetrie, Schrägheit der Augenhöhlen, Schiefzähnigkeit (Prognathie), Auf- treibung der Stirnhöhlen. Sie hebt neue Thatsachen von Aehnlichkeit zwischen Irren, Wilden und Verbrechern hervor. Die Prognathie, die Ueberfülle an schwarzem, krausem Haar, der spärliche Bart, die häufig braune Hautfarbe, die Spitzköpfigkeit, die schrägen Augen, der kleine Schädel, die grossen Kiefer und Wangenbeine, die fliehende Stirn, die ungestaltenen Ohren, der verwischte Geschlechtsunterschied in der äusseren Gestalt, die grössere Spannweite der Arme — sind, zusammen mit den ana- tomischen, ebensoviele neue Merkmale, welche dem eu- ropäischen Verbrecher fast den Stempel der australischen und mongolischen Rasse aufdrücken. Ausserdem zeigen uns das Schielen, die Schädel- Assymetrie und die schweren histologischen Fehler, die Knochenauswüchse, die Folgezustände von Genickkrampf, Herz- und Leberleiden u. a. m., dass wir es bei dem Verbrecher mit einem Menschen zu thun haben, den entweder Entwickelungshemmung oder erworbene Krank- heit, besonders der Nervencentren, schon von seiner Ge- burt an in einen anomalen, dem des Irren ähnlichen Zustand versetzt hat, — kurz mit einem wirklich chro- nisch-kranken Menschen. , * Wie eindringlich mahnen uns nicht wieder die Untersuchungen Lombroso's, wie sehr gründlichere naturwissenschaftliche Kenntnisse jedem Gebildeten not- wendig sind! Leistet doch selbst nach dem Ausspruch eines anerkannt tüchtigen Juristen, des Prof. Dr. jur. [2 nr : ho 3 2% ee“ E au Br ern Nr. 11. von Kirchenheim (der die deutsche Ausgabe des Lombroso’schen Buches mit einer „Einführung“ versehen hat), die nunmehr gewonnene Erkenntnis mehr für das Strafrecht als die Forschungen der sogenannten Klassi- schen Jurisprudenz. Leider werden aber die wichtigen Resultate Lom- | broso’s voraussichtlich nur sehr langsam die dringend notwendig gewordene wesentliche Aenderung in der jJaridischen Behandlung der Verbrecher bewirken, weil Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 83 eben den Juristen im allgemeinen — vermöge ihrer Vor- bildung und ihres Studienganges — das Verständnis für die Wucht der naturwissenschaftlichen Logik begreiflicher- weise abgeht. Mit Befriedigung sieht der Naturforscher den Beweis geliefert, dass auch die angewandte Rechtswissenschaft die Naturforschung nicht entbehren kann, die sie allein in den Stand setzt, ihre Objekte zu. „erkennen“. H. Potonie. Der Zweck der Naturwissenschaft und die Art und Weise wie sie heute betrieben wird. Von Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent an der Universität Halle. (Schluss) Zu den weitragendsten Errungenschaften der Natur- wissenschaft gehört unstreitig das um die Mitte unseres Jahrhunderts von Robert Mayer aufgestellte „Gesetz von der Erhaltung der Kraft“. Ist der Dualismus von Kraft und Materie (letztere im engeren Sinne des Wortes) erwiesen, besteht Kraft und Materie jede für sich, so muss, da keine Neu-Schöpfung noch Vernichtung an- genommen werden kann, die Kraftgrösse der Ursache gleich der ihrer Wirkung sein, so dass die Kraft der Ursache sich nur in verändeter Form in der Wirkung vorfindet. Hiermit wäre vom rein philosophischen Stand- punkte aus das Gesetz von der Erhaltung der Kraft im | strengsten Sinne des Wortes als bewiesen zu erachten. Anders hat sich der Naturforcher dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft gegenüber zu stellen. Wie die Geschichte darlegt, ist dieses Gesetz nicht wie das von Descartes aufgestellte Axiom von der Undurch- dringlichkeit der Materie, wie das von demselben Forscher herrührende Beharrungsgesetz als plötzlicher Lichtgedanke aufgetaucht, sondern mühselige experimentelle Unter- suchungen vieler Forscher haben ganz allmählich zu seiner | klaren Aufstellung geführt, so dass es dem genannten Heilbronner Arzt, der als Entdecker dieses Gesetzes ge- nannt wird, streng genommen, nur vorbehalten war, dieses Gesetz am tiefsten und weitgreifendsten zu motivieren | und in zusprechen. Dies geschah aber zu einer Zeit, wo man schon - brauchbare Hypothesen von der Wirksamkeit und dem Wesen der Kräfte hatte, Annahmen, die in der modernen Wissenschaft noch üblich sind und welche Robert Mayer, wenngleich sehr einseitis, behufs Durchführung seines Gesetzes auch verwendete, wobei er gewiss nicht ahnte, dass man diese Hypothesen auch gegen die Richtigkeit seines Gesetzes ins Feld führen kann. So viel steht jedoch dem historischen Gange gemäss fest: dass das Gesetz von der Erhaltung der Kraft nicht als ein natur- wissenschaftliches Axiom aufzufassen ist, welches man den Phänomenen zu Grunde legt, um sie daraus her- zuleiten, sondern vielmehr als ein Massstab, mit welchem | man die Richtigkeit unserer Erklärungen in Bezug ihres seinem vollen Umfange am schärfsten aus- | | falle, weil die Wurfkraft in theoretisch-mechanischen Wertes zu messen hat. In diesem Sinne wünscht selbst Robert Mayer sein Gesetz von der Erhaltung der Kraft verwertet zu wissen, indem er stets nach der gleichen Kraftgrösse von Ursache und Wirkung forschte. Ganz anders betrachten selbst moderne Koryphäen der Physik wie von Helmholtz und John Tyndall die Bedeutung des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft. So sucht von Helmholtz, dessen vorsichtiges Forschen sonst hohe Anerkennung verdient, genanntes Gesetz dadurch annehmbar zu machen, dass er an nicht erheblich schwierigen Fällen nachweist, dass wenn eine Kraft- wirkung aus der Erscheinung tritt, eine ihr gleichwertige phänomenell werden kann, woraus er, bei unrichtiger Berücksichtigung von Ursache und Wirkung den ver- frühten Schluss zieht, dass ein Kraftumsatz stattgefunden habe. Indem so von Helmholtz nicht genügend naclı Ursache und Wirkung forscht, gelangt er zu Folgerungen, die unverträglich mit der Wissenschaft sind, wie z. B. zu der, dass ein in die Höhe geworfener Stein deswegen ihm aufgespeichert sei. (Vergl. seine Vorträge: „Ueber die Erhaltung der Kraft“. „Ueber die Wechselwirkung der Naturkräfte u. s. w.“) Um aber zu zeigen: wie leichthin man mit dem Gesetz von der Erhaltung der Kraft umgeht, will ich hier einige Citate anführen und zwar aus dem berühmten Werke von John Tyndall: „Die Wärme, betrachtet als eine Art der Bewegung“ (Braunschweig, 1875), welches von Helmholtz und G. Wiedemann heraus- gegeben haben, ein Umstand, der gewiss für die hohe Bedeutung des genannten Werkes spricht. In diesem Buche findet sich durchgängig der freilich nahe liegende Irrtum, dass Massenbewegung wie: | Reibung, Stoss und Druck direkt in Wärme sich um- setzen kann. So heisst es beispielshalber daselbst (Seite 10): „Durch das Ueberwinden hemmender Reibung wird ‚ Wärme erzeugt, und die gewonnene Wärme ist das genaue Mass der Kraft, welche angewendet wurde, um die Reibung zu überwinden. Die Wärme ist einfach die ursprüngliche Kraft in einer anderen Form u. s. w.“ Der erste Satz dieses Citats ist richtig; der zweite 84 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. hingegen: der die Wärme als eine direkte Umsetzung der bei der Reibung in Anwendung gekommenen Kraft hinstellt, wurzelt in einem Missverständnisse des ob- waltenden Verhältnisses von Massen- und Molekular- bewegung, in einem Missverständnisse, welches dadurch herbeigeführt worden ist, dass man behufs Erklärung der auftretenden Wärme das Gesetz von der Erhaltung der Kraft in zu einfacher Weise verwerten zu können glaubte. Denn: würden zwei absolut starre Körper, die je ihr Volumen vollkommen ausfüllen, wie etwa zwei Atome, aufeinander stossen, so würde nie umd nimmer Wärme entstehen, sondern die zusammentreffenden Körper würden einfach hinsichtlich ihrer Bewegung dem Gesetze von dem „Parallelogramm der Kräfte“ unterworfen sein. Wärme kann nur dann auftreten: wenn eim Körper Moleküle bestimmter Elastieität besitzt, die durch ürgend welchen Anstoss ihr elastisches Gleichgewicht verloren haben und dasselbe durch ihre Oscillationen wieder herzustellen suchen. Diese „Schwingungen“ sind eben dasjenige, was der Physiker Wärme nennt. Die hierbei in Anwendung kommende Kraft, die der Elastieität der Moleküle zu- gesprochen werden muss, ist jedoch gleichwertig der ver- schwundenen Kraft des Anstosses.. Man kann diesen Vorgang mit dem Schwirren einer angeschlagenen ge- spannten Seite vergleichen, welche, streng theoretisch ' gefasst, zu Schall- statt zu Wärmephänomenen unter geeigneten Umständen Veranlassung: bietet. Wie im genannten Falle dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft Rechnung getragen wird, dies zu ergründen, bleibt demjenigen vorbehalten, der es nicht scheut, einen ursächlichen Zusammenhang auch dort noch nachzuweisen, wo derselbe viel verwickelter ist, als man beim ersten Blick glauben möchte. Begeistert von dem Grundgedanken des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft, fand ich, dass die uns zu Gebote stehenden Erklärungen der einzelnen darauf Bezug nehmenden Phänomene nicht diejenige genügende Beweis- kraft besitzen, die wir der „theoretischen Mechanik“ gemäss, in den exakten Naturwissenschaften beanspruchen. Aus diesem Grunde suchte ich genanntes Gesetz fester, als es bisher geschehen war, für mich zu begründen und stiess hierbei auf vorher nicht geahnte Schwierigkeiten, deren Wegräumung an fast unüberwindliche Hindernisse gebunden ist. Meine Schrift: „Ueber den Begriff der Kraft mit Berücksichtigung des Gesetzes von der Er- haltung der Kraft (Dümmler. Berlin 1885.) mag u. a. wenigstens Zeugnis dafür ablegen, dass es mir nicht an ernstem Willen gefehlt hat, ein Gesetz von solcher Trag- weite, wie das in Frage stehende, den Anforderungen unserer heutigen Hypothesen entsprechend, fest und fester zu begründen. Dass eine derartige Begründung des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft jedoch nicht leicht fällt, fühlt Tyndall sehr wohl, indem er sich am Schluss des ge- nannten Werkes die erdenklichste Mühe giebt, das Gesetz von der Erhaltung der Kraft in einem demselben beson- ders gewidmeten Artikel: „Bemerkungen über die Aegqui- valenz der Naturkräfte“ dem Zuhörer plausibel zu machen. Der kritisch veranlagte Leser wird sich jedoch wundern, wie der sonst so klare und gewandte Autor sich hierbei in zahlreiche Widersprüche verwickelt, wie seine Dar- stellung mit Steigerung der zu überwältigenden Schwierig- keiten immer mehr an Klarheit verliert, bis man schliess- lich deutlich erkennt, dass Tyndall nicht im Stande ist, dasjenige durchzuführen, was er wohl möchte, d. h. das „Gesetz von der Erhaltung der Kraft“ zu begründen. Trotz des ausgesprochenen Tadels will ich dennoch nicht verkennen, dass das besagte Kapitel entschieden zu dem besten gehört, was über das Gesetz von der Erhaltung der Kraft geschrieben ist, da der gewissenhaft unternommene Versuch der Begründung dieses Gesetzes jeder Oberflächlichkeit' entbehrt und so auch Schwierig- keiten würdigt, um deren Beseitigung es sich bei der Begründung handelt. Um das Behauptete zu belegen, mögen schliesslich einige Stellen aus dem besagten Kapitel hier Erwähnung finden. So erklärt John Tyndall im genannten Werke (Seite 703) ausdrücklich: „Von der inneren Eigenschaft, welche den stoff befähigt, Stoff amzuziehen, wissen wir nichts; und das Gesetz von der Erhaltung der Kraft stellt in Bezug auf diese Eigenschaft nichts fest. Es nimmt die Thatsachen der Anziehnng so wie sie sind, und bestätigt mur die Konstanz der Arbeitsgrösse.“‘ Wäre dem so, so hätte das „Gesetz von der Er- haltung der Kraft keine Bedeutung, weil: immanente Kräfte: wie Gravitation, chemische Verwandtschaft, obwohl, als Kraftanlagen unverändert bleibend, dennoch zw Be- wegungen, also zu aktuellen Kräften Veranlassung bieten, womit im Haushalte der Natw der Vorrat an Kraft, und zwar am aktueller Kraft, wachsen muss, während nichts an virtueller verloren geht. Unter „aktueller“ Kraft verstehe ich sachgemäss diejenige, die in Wirksamkeit begriffen ist, selbst wenn die Resultate ihrer Arbeit sich auch teilweise oder ganz aufheben. Unter „virtueller“ diejenige Kraft, die als Anlage vorhanden ist. In demselben Kapitel lautet es ferner: „Wenn z. B. zwei Wasserstoff- Atome sich mit einem Scmerstoff-Atom verbinden, um: Wasser zu bilden, werden die Atome zuerst gegen einander hingezogen; sie bewegen sich, prallen auf einander, und infolge ihrer Elasticität prallen sie zurück und zittern. Dieser zitternden Bewegung geben wir den Namen Wärme.“ John Tyndall übersieht zunächst hier, dass Atome unserer modernen Theorie zufolge sich wegen der ihnen | innewohnenden abstossenden Kraft gar nicht berühren können, dass ferner Atome, falls sie „aufeinander prallen“ könnten, mit einer unendlich grossen Kraft aneinander - gekettet sein würden, mit einer Kraft, die keine Aether- welle, kein physikalisches noch chemisches Agens zu überwinden vermag. Derartige Atomgruppen würden er Br „bewegliche, immer wechselnde Ketten. Nr. IE Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 85 gewissermassen als absolut. unteilbar bilden. - Ferner ist es doch widersinnig, von elastischen Atomen zu sprechen, da die Elastieität auf der Möglich- keit der Verschiebung von Massenteilchen beruht. Mit demselben Rechte könnte man von einer Zerstäubung der Atome u. s. w. reden, was nicht minder gegen den Begriff der Atome verstossen, als denselben Elastieität zuzusprechen. Derartige Behauptungen streiten ‚nicht nur gegen das Gesetz der Undurchdringlichkeit der Materie, sondern entziehen auch der ganzen „exakten Naturwissenschaft“ ihren Boden. Sie tragen nicht zur Aufklärung des Geistes bei, die ich als wesentlichstes Merkmal aller Naturwissenschaft erachte. Deswegen will ich es nicht unterlassen, hier zu erwähnen, dass sich in dem bekannten Werke: „Ausführliches Lehrbuch der neue Atome umgearbeitete Auflage“ (Braunschweig. Vieweg & Sohn.) Seite 62 nachfolgende Stelle findet: „Wir heben hier ausdrücklich hervor, dass diejenigen Atome, welche die Chemie annimmt, noch die allgemeinen Zusammendrückbarkeit und Ausdehnbarkeit be- sitzen. Absolut harte Atome sind ein Unding, da zwischen diesen jede Wechselwirkung unmöglich ist.“ Der Verfasser ahnt nicht: wie unverträglich Raum- erfüllung (Undurchdringlichkeit) mit Zusammendrückbar- keit und Ausdehnbarkeit ist. — Atome sind als die Flementarbestandteile der Körper stets als Kraftecentren zu erachten, während Moleküle u. s. w. ihrer zusammen- gesetzten Beschaffenheit wegen als Kraftsysteme auf- gefasst werden müssen. Dass John Tyndall die Wärme für eine ato- mistische, statt für eine molekulare Bewegung erachtet, fällt zu wenig den angeführten Unrichtigkeiten gegenüber ins Gewicht, als dass es hier Beachtung ver- , diente, wo vorher schon von der Wärme als Molekular- anorganischen | Chemie von Dr. A. Michaelis, auf Grund von Ötto's aus- führlichem Lehrbuch der Chemie neu bearbeitet, fünfte | bewegung gesprochen wurde. Das Angeführte mag einen Beweis dafür liefern: wie höchst erforderlich es ist, dass der Schüler nicht bloss lernt, was in anerkannten Büchern steht, sondern dass er beständig selber prüft und urteilt. Jeder von uns ist und bleibt aber „Schüler“, wie dies die englische Sprache durch das Wort: „scholar“, welches Schüler Eigenschaften der Materie vor allem Raumerfüllung, | und Gelehrter bezeichnet, zutreffend ausdrückt. Kleinere Mitteilungen. Ueber den Krankheitskeim des gelben Fiebers und die Schutzimpfung gegen dasselbe sind in den letzten Jahren interessante Untersuchungen angestellt worden, über welche Kreis- physikus Dr. med. Schmitz in dem „Jahrbuch der Naturwissen- schaften 18857—1888“ wie tolgt berichtet: Dr. Domingos Freire in Rio de Janeiro machte bereits im November 1884 Mitteilungen über einen Mikro-Organismus, welchen er sowohl in den Organen als auch in den erbrochenen Massen der am Gelben Fieber erkrankten Personen aufgefunden hatte und welchen er als den Krankheitserreger dieser so gefährlichen Krankheit er- achtete. Seine Entdeckungen begegneten mannigfaltigen Anzweife- lungen sowohl seitens europäischer als brasilianischer Aerzte. Neuer- dings legte derselbe die weiteren Ergebnisse seiner Forschung der französischen Akademie vor, welche folgende sind: „Untersucht man mikroskopisch das Blut eines im letzten Stadium des Gelben Fiebers befindlichen Kranken, so erkennt man zwischen den Blutkörperchen eine grosse Menge sehr feiner, glänzender, be- weglicher Mikrokokken; dieselben Mikro-Organismen findet man in der Magenschleimhaut, sowie in den erbrochenen schwarzen Massen der Erkrankten. Entnimmt man mittels einer sterilisierten Pipette eine kleine Menge Blut aus dem Herzen eines am Gelben Fieber Gestorbenen und bringt dasselbe in ein mit sterilisierter Bouillon beschiektes Kulturglas, so findet man, dass die Kulturflüssigkeit sich innerhalb der nächsten Tage immer mehr trübt, währenddessen sich die Blutkörperchen zu Boden des Glases setzen. Späterhin bildet sich dann eine anfangs käsig aussehende, hernach dunkel ge- färbte Substanz im Kulturglase, welchem zu dieser Zeit ein eigen- tümlicher Geruch entsteigt, ähnlich dem der von den Kranken er- brochenen Massen. Mikroskopisch untersucht, enthält die Kulturflüssigkeit eine Menge Mikrokokken von gleicher Art, wie sie im Blute der Er- | krankten vorkommen. Dieselben hängen aneinander und bilden lange. Bringt man von dieser Masse in eine gute Nährflüssigkeit, so geht die Entwickelung des Mikro- kokkus in Kolonien vor sich, welche von Anilinfarben leicht gefärbt werden. In Gelatine wachsen die Mikro-Organismen in Nagelform, unter allmählicher Verflüssigung des Nührbodens. Die chemische Untersuchung der dunkel gefärbten Massen, welche sich auf dem Boden des Kulturglases abgesetzt haben, zeigt, dass diese Ptomaine enthalten von gleicher Art, wie sie sich in den erbrochenen Massen vorfinden. Es lässt sich das Gelbe Fieber auf Tiere — Kaninchen, Meer- schweinchen, Vögel — durch Injektion sowohl mit den erbrochenen Mässen, als auch mit Kulturflüssigkeit übertragen.“ Zu Mänzel. „Bemerkenswert ist, dass die Gittigkeit der Kulturflüssig- keit nur 8-10 Tage andauert. Wenn man mit einer älteren Kulturflüssigkeit Tiere impft, so gehen dieselben nicht zu Grunde, sondern erlangen umgekehrt eine Schutzkraft gegen das GelbeFieber, so dass eine Impfung mit unter sonstigen Verhältnissen sicher wirkender Kulturflüssigkeit wirkungslos bleibt. Die Heftigkeit der Wirkung der Kulturflüssigkeit nimmt mit dem zunehmenden Alter derselben ab. Demnach hat man es in der Hand, sich einen Impfstoff gegen das Gelbe Fieber zu bereiten, dessen Ein- impfung: gefahrlos bleibt und den Geimpften gegen die Krankheit immun macht.“ Das gewonnene Resultat hat Freire in der Art verwertet, dass er von Januar 1885 bis September 1886 in Rio de ‚Janeiro 4949 Brasilianer und 1575 Ausländer impfte. Von den Geimpften ver- starben seitdem acht Personen an Gelbfieber (0,12%). Von den nieht Geimpften, deren Zahl auf 160,000 geschätzt wird, welche unter gleichen Verhältnissen und an denselben Orten lebten, gingen innerhalb desselben Zeitraumes 1675 Personen am Gelben Fieber zu Grunde (1,05%). Aus den angeführten Zahlen lässt sich folgern, dass die Wirksamkeit der Impfung über allen Zweifel erhaben sein dürfte. - Freire machte auf dem im September 1887 zu Washington abgehaltenen internationalen Kongresse noch folgende Einzelheiten über seine Entdeckungen bekannt: „Die specifische Mikrobe des Gelben Fiebers ist das Amarillus- Bakterium von 1—-1Y/ » (12 = 0,001 mm) Länge. Dasselbe findet sich in einer einzelligen Form, anfangs als kleiner runder Punkt beginnend, vor und ist bei einer Vergrösserung von 700 linear kaum zu erkennen. Die Punkte vergrössern sich ganz allmählich und breehen stark das Licht. Die Zellen haben sphärische Gestalt, sind von einem graulichen oder schwarzen Rande umgeben und enthalten Protoplasma in ihrem Innern. Wenn die Zellen grösser geworden sind, dann platzen sie, worauf das Bakterium heraustritt. Gleich- zeitig gehen aus der Zelle zwei verschiedene Pigmente hervor. ein gelbes. welches alle Körpergewebe des Kranken infiltriert und dadurch die gelbe Farbe desselben hervorruft, und ein schwarzes, welches, in den Blutstrom geleitet, zu Verstopfung der Blutkapillaren und zu Blutstauungen innerhalb der Körperorgane führt. Die schwarze Farbe der erbrochenen Massen rührt von dem schwarzen Pigment her.“ Der Mikrokokkus des Gelben Fiebers scheint demnach ein chromogener. d. i. einen Farbstoff hervorbringender zu sein. Der- artiger Organismen sind bereits verschiedene bekannt und näher gleichem Ergebnisse gelangten Range, Finlay und 86 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 1e | untersucht, wie z. B. der Baeillus eyanogenus, welcher ein blaues | Teil der Erdrinde, welcher einmal durch heftigen Seitendruck ver- 2 Pigment, und der Mierocoeeus prodigiosus, welcher ein rotes Pigment | festigt und gewissermassen komprimiert ist, wird sich gegenüber produziert. Freire demonstrierte auf dem Washingtoner Kongresse Präpa- rate seines Bacillus.. Die Einimpfung dieses Bacillus bewirkte das Gelbe Fieber. Meerschweinchen und Kaninchen wurden dadurch in 2—10 Tagen getötet. Die Einatmung der mit dem genannten Mikro- Organismus erfüllten Luft hatte denselben Erfolg. Durch successive Kulturen wird der Amarillus Baeillus "weniger giftig. Die vierte Ueberpflanzung wird von Freire in der letzten Zeit als Impfstoff henutzt. Die Kulturflüssigkeit wird in 4—8 g fassende Röhrchen gebracht. durch Hitze sterilisiert und verschlossen. 2—15 Tropfen, je nach dem Alter des Impflings, werden mittels einer Pravaz- schen Spritze unter die Haut bei der Impfung. injiziert. Die nach der Impfung auftretenden Symptome sind starkes Fieber, Kopfschmerz, bisweilen Erbrechen und leichte Gelbsucht; jedoch werden diese Krank- heitserscheinungen niemals gefährlich und schwinden in 2—3 Tagen. Die Mortalität der geimpften Personen an Gelbsucht betrug nach Freire’s Angabe 0,001 °,. Die Gestorbenen seien Arme gewesen, welche unter schlechten hygieinischen Verhältnissen gelebt hätten. Ueber die Entstehung der Alpen. — Bekanntlich sind die höchsten Gebirge der Erde, die Alpen, der Himalaya, die Anden, vor. einer — geologisch gesprochen — kurzen Zeit entstanden (Mitte der Tertiärperiode). Auch Apenninen und Pyrenäen sind nur um ein weniges älter. Es wäre jedoch unrichtig, hieraus den Schluss zu ziehen, dass in den früheren Abschnitten der Erdgeschichte, der- artige hohe Gebirge gefehlt hätten. Man muss vielmehr annehmen, dass zum Teil durch Verwitterung und fliessendes Wasser, zum Teil durch die Brandungswelle des vordringenden Meeres die älteren Ge- birgserhebungen wieder eingeebnet worden sind. Der Geologe vermag nun aus dem Gefüge der Schichten, aus der Architektur der Erdrinde zu erkennen, wo früher Gebirge ge- standen haben. Gebirge bilden sich entweder durch Runzelung der Erdrinde, durch Faltung und Aufwölbung der Schichten, oder durch Bruch und Absenkung ausgedehnter Schollen in die Tiefe; die zwischen den Bruchfeldern stehen bleibenden Stücke werden ebenfalls als Gebirge bezeichnet. Wo nun die Schichten stark gefaltet sind, die Oberfläche des Landes aber eben ist — wie z. B. im südlichen Russland — oder wo gewaltige Brüche durch Höhenunterschiede sich an der Oberfläche nicht mehr bemerkbar machen, pflegt der Geologe das Vorhandensein eines „erloschenen“ Gebirges anzunehmen. Z.B. deuten die Faltungserscheinungen, die man im rheinischen Schiefer- gebirge und den angrenzenden belgischen Kohlenrevieren beobachtet, auf das Vorhandensein einer uralten Gebirgskette, die wahrschein- lich die Alpen an Höhe übertroffen hat. Die Einebnung ist hier durch das Vordringen des Meeres erfolgt und die heutige Oberflächen- gestaltung durch die Erosion des tliessenden Wassers geschaffen. Von Wichtigkeit sind nun die von mir gemachten Beobachtungen (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1887, p. 239 ff. |Ueber Bau und Entstehung der Karnischen Alpen]), welche darauf hinweisen, dass schon am Ende der palüozoischen Aera ein später eingeebnetes Gebirge an der Stelle der heutigen Alpen gestanden hat. Der südliche Teil der heutigen Ostalpen trägt das Gepräge eines Schollen- oder Bruchgebirges; nun fand sich, dass die paläo- zoischen Schichten der Karnischen Alpen innerhalb der von Brüchen begrenzten Schollen in der mannigfachsten Weise gefaltet und ver- schoben waren. Es ist der Natur der Sache nach undenkbar, dass diese Falten gleichzeitig mit den Brüchen entstanden sind, denn bei der Faltung verhält sich die Erdrinde gleichsam elastisch, bei der Entstehung von Bruchgebirgen hingegen als starre Masse; bei der Faltung findet eine Kompression und Raumverminderung. bei Brüchen und Absenkungen hingegen eine Zerrung und Raumerweiterung statt. Da nun heute die Brüche das formgebende Element des Gebirgs- baues sind, muss die Faltung in früherer Zeit erfolgt sein. Die Altersbestimmung der Faltungsperiode ergab sich aus der Beobach- tung, dass die jüngsten paläozoischen Schichten (Perm) auf den Schiefern der Steinkohlenperiode ungleichförmig (mit abweichendem Neigungswinkel) aufgelagert sind. Die Faltung und Aufriehtung des alten Gebirges, das den heutigen Alpen an Höhe wahrscheinlich gleichkam, hat also in der Zwischenzeit, im Beginn der jüngsten paläozoischen, der Permperiode, stattgefunden. Aehnliche Beobach- tungen über ungleichförmige Auflagerung waren schon früher in den Westalpen (Dauphin6) gemacht; es ist also im höchsten Grade wahr- scheinlich, dass die Längserstreckung der „paläozoischen Alpen“ mit der des heutigen Gebirges übereinstimmte. Jedoch ist der Umstand von Bedeutung, dass die Centralkette des alpinen Urgebirges süd- licher (in der Zone der heutigen Südalpen) lag; aus den heutigen Nordalpen sind keine Anzeichen älterer Faltung bekannt. Die Beobachtung, dass die gebirgsbildende Kraft an bestimmte Regionen der Erde auf unendlich lange Zeiten hin gewissermassen gebunden ist, wurde schon in früherer Zeit gemacht; wichtig, aber leicht erklärlich, ist der Umstand, dass innerhalb dieser Regionen die Zone der stärksten Faltung nieht beständig bleibt. Denn der späteren Aeusserungen der gebirgsbildenden Kraft passiv verhalten. Möglicherweise liegt in diesem letzteren Umstand die Erklärung für den abweichenden Bau der Südalpen. Die heutigen Nord- und Centralalpen bilden den Typus von Faltengebirgen, die Südalpen sind ein Schollengebirge soweit sie noch sichtbar geblieben und so- weit sie nicht an einem kolossalen Bruch am Rande der Lombardei abgesunken sind. Hier stossen nämlich die Centralalpen (Monte Rosa-Gruppe) unvermittelt an die Ebene. Erwägt man nun, dass das Centrum der uralten Faltung eben in den Südalpen lag, so ist die Vermutung nicht ungerechtfertigt, dass das Vorhandensein eines alten gefalteten Gebirges in der Tiefe (unter den mesozoischen Schich- ten) den abweichenden Bau der Südzone bedingt hat. Dr. F. Frech Privatdozent in Halle. Zur Blitzableiterfrage. — Gegenüber der bereits seit Jahr- zehnten beständig zunehmenden Blitzgefahr*) ist es von grösster Wich- tigkeit, nieht nur möglichst vollkommene Blitzschutz-Vorkehrungen zu treffen, sondern auch auf eine wirklich verlässliche, regelmässige Prüfung derselben bedacht zu sein. Was die ersteren anbetrifft, so richtete man bisher bei der Anlage eines Blitzableiters das Haupt- augenmerk auf Dinge, die keineswegs zuerst berücksichtigt zu werden brauchen. Schon der elektrotechnische Verein zu Berlin bezeichnete: in der von ihm herausgegebenen Schrift „Die Blitzgefahr* die An- wendung vergoldeter, silberner oder platinierter Spitzen als keines- wegs unumgänglich notwendig zu einem ausreichenden Blitzschutz. Die gleiche Meinung vertritt jetzt in entschiedenster Weise A. Herricht in seiner Schrift „Zur Blitzableiterfrage, Lübeck 1887, Selbstverlag d. Verf., Preis 60 3“, indem er ausführt, dass eine doch keinesfalls sebr dicke Oxydschicht, welche sich an der Oberfläche verzinkter, eiserner oder kupferner Spitzen bildet, nicht im stande sei, bei dem Ausgleich der bedeutenden Spannungen der Gewitter- elektrieität eine störende Einwirkung auszuüben. Viel wichtiger sei es, dafür zu sorgen, dass der Ableiter selbst in allen seinen Teilen genügend stark, leitungsfähig_ und unversehrt ist, sowie dass der Uehergangswiderstand der Erdleitung, der entsteht, wenn die Elek- trieität aus der Erdplatte in das sie umgebende, verschieden be- schaffene, insbesondere nicht immer gleich gut vom Grundwasser durchsetzte Erdreich abfliesst, ein möglichst „eringer ist. Diese Widerstandsverhältnisse sind besonders einer regelmässig. zu wieder- holenden, messenden Prüfung zu unterziehen. Die bisherigen : Prüfungen, welehe sich meist darauf beschränkten. den oberirdischen = Ableiter in den Stromkreis einer Batterie einzuschalten und fest- E zustellen, ob danach beim Ingangsetzen der Batterie ein merklicher ! Strom vorhanden ist, sind durchaus ungenügend. Keimeswegs unter- u lassen darf man es ferner, metallische Röhrenleitungen mit dem Blitz- Be ableiter zu verbinden. Da nämlich der Uebergangswiderstand einer ur Röhrenleitung auf jeden Fall geringer als der des Ableiters ist, die Br elektrische Entladung aber unter allen gebotenen Wegen stets den kürzesten und bestleitenden wählt, so wird der Blitz von dem Ab- leiter auf die Röhrenleitung überspringen, wenn beide nicht mit- einander verbunden sind und — sei es auch nur in einem Punkte — nahe bei einander liegen; die Folge davon wird die Zerstörung oder Entzündung der zwischen beiden liegenden Hindernisse sein. — Als (wenigstens für zahlreiche Fülle) höchst zweckmässiges Blitzschutz- System empfiehlt der genannte Verfasser, ebenso wie in einem jüngst in Magdeburg gehaltenen Vortrage Herr Dr. Assmann, das des holländischen Prof. Melsens, welches darin besteht, eine grosse Anzahl weniger hoher Spitzen mit zahlreichen Ableitungen und Erdleitungen zu einem weitmaschigen Netze zu verbinden, und welches vergleichbar den städtischen Fernsprechnetzen sein würde, deren auf den Dächern befindliche Träger sowohl untereinander, als mit der Erde in leitender Verbindung stehen, sodass dergestalt die Fernsprechnetze als Schutzmittel gegen die Blitzgefahr gelten können. Dr. K. F. Jordan. - Astronomisches. --— Astronomische Neuigkeiten. — Ueber die Bestimmung der Bewegung von Sternen im Visionsradius. Im Jahre 1842 machte Doppler darauf aufmerksam, dass gleichwie die Höhe eines Tones sich ändert, wenn die Entfernung zwischen N dem Beobachter und dem tönenden Körper sich mit einer im Ver- ; hältnis zu der des Schalls merklichen Geschwindigkeit vergrössert } oder verkleinert, so auch die Farbe eines leuchtenden Körpers sich a ändern müsse, sobald derselbe sich in Bezug auf den Beobachter — x *) Die Opfer, welche der Blitz alljährlich an Blut und Gut AR fordert. sind viel beträchtlicher, als man gemeinhin annimmt. Im Königreich Preussen werden durchschnittlich im Jahre mehr als hundert Menschen vom Blitze getötet, in Deutschland Brandschüden im Betrage von 6—8 Millionen Mark durch den Blitz hervorgerufen. Von 15 Bränden überhaupt, im Königreich Sachsen aber schon ‚von 5 Bränden, ist einer auf Blitzschlag zurückzuführen. PEN T NT. IE Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 87 mit einer Geschwindigkeit bewegt, welel:e in messbarem Verhältnisse zu der des Lichtes steht. Diese Farbenänderung macht sich im Spektrum des Sternes durch eine Verschiebung der Spektrallinien geltend und zwar werden, wenn der Körper in der Richtung der Gesichtslinie sich vom Beobachter fortbewegt. Wellen grösserer Länge ankommen, die Spektrallinien sich nach dem weniger brech- baren Ende des Spektrums verschieben und ähnlich umgekehrt beim Näherkommen des Sternes. Diese Verschiebungen bieten daher ein Mittel an die Hand, Sternbewegungen im Visionsradius direkt zu bestimmen, wie dies schon früher von Huggins und Vogel ge- schehen ist. Indessen stellte sich bei den Beobachtungen der Uebel- stand heraus, dass bei den geringen Geschwindigkeiten der Sterne auch die Verschiebungen so geringe sind, dass die Messungen, die ausserdem vom Zustande der Atmosphäre stark beeinflusst werden, ausserordentlich schwierig sich gestalten. Anfang dieses Jahres machte Professor Vogel den Versuch, die Photographie auf diese Beobachtungen anzuwenden und bei den aussordentlichen Fort- schritten derselben, namentlich in Bezug auf die Empfindlichkeit der Platten, haben sich die Erwartungen desselben vollständig be- stätigt. Unter Assistenz des Dr. J. Scheiner ist es gelungen, Photographien der Spektra von Sirius, Procyon, Castor, Arcturus, Pollux, Rigel, Orionis und Regulus zu erhalten, aut denen die Ver- schiebung der Linien gegen die H y-Linie des Wasserstoffspektrums mit grosser Deutlichkeit zu erkennen und recht- sicher zu messen ist. Die Unruhe der Luft übt hier keinen Einfluss mehr. Die Messungs- resultate stimmen mit den älteren Erfahrungen von Huggins und Vogel gut überein. — Entdeckung eines neuen Planeten. — Diesmal kommt von der Marseiller Sternwarte die Kunde von der Entdeckung eines neuen Planeten, den der Assistent an derselben, Borelly, am 12. Mai auf- gefunden hat. Der neue Planet ist der 278. und der 15. den Borelly entdeckt hat, er ist 11,5. Grösse. Dr. F. Plato. Litteratur. Dr. H. Potoni&: Elemente der Botanik. — Mit 539 in den Text gedruckten Abbildungen, 89%, 323 Seiten. Berlin, Verlag von Moritz Boas. 2 # 80 4, gebunden 3 # 60 «. Vorliegendes Werk liefert einen sehr wertvollen Kommentar zu der in Nr. 20 des ersten Bandes dieser Zeitschrift von Herrn Inspektor H. Lindemuth besprochenen dritten Auflage der illustrierten Flora von Nord- und Mitteldeutschland desselben Verfassers. Schon in dieser Flora hatte Potoni@ dem speciellen Teile ausser mehreren wichtigen praktischen Winken einen allgemeinen Teil, enthaltend die Grundzüge der Morphologie, Physiologie, Phytopaläontologie, Pflanzen- geographie und Systemkunde, vorangehen lassen. In den Elementen der Botanik geht nun der Verfasser auf die einzelnen obengenannten Zweige der Wissenschaft näher ein. Die vielen schönen Abbildungen, dienen wesentlich dazu, den Wert des in allgemeinverständlicher Sprache abgefassten Buches zu erhöhen. So ist die auf S4 Seiten abgehandelte Lehre von der Morphologie der Pflanzen von nicht weniger als 82 ganz vortrefflichen Ab- bildungen begleitet; der Physiologie fallen 28 Abbildungen zu. Die Abteilung der Systematik wird eingeleitet durch eine sehr anziehende, kurze- Darstellung der Descendenz-Lehre. Wie auch in der Flora ist der Aufzählung und Beschreibung der Pflanzen das natürliche System von Richler zu Grunde gelegt. Diese Abteilung ist mit 419 sehr guten, anschaulichen Abbildungen verseben. Wenn auch in derselben die Pflanzenwelt Deutschlands in erster Linie berück- ‘ siehtigt ist, so sind doch die Pflanzen fremder Länder keineswegs unerwähnt gelassen und von manchen der wichtigsten unter ihnen, ‘ wie z. B. Zuckerrohr, Zimmet, Cycas, Dattelpalme u. s. w. finden sich hübsche verkleinerte Abbildungen in diesem das gesamte Gebiet der Wissenschaft umfassenden Werke. Auch die Pflanzengeographie, ‘ Paläontologie, sogar Pflanzenkrankheiten fehlen nieht, und das Buch schliesst mit einem ganz kurzen Ueberbliek über die Geschichte der Botanik. Das Register umfasst 14 dreigespaltene Seiten. Die Disposition des Ganzen geht aus der folgenden Inhaltsübersicht hervor: Einführung, Morphologie, 1. Grundbegriffe, 2. Entwickelungsgeschichte, 3. Die äussere Gliederung der Pflanzen, 4. Anatomie, Physiologie, Systematik, Autzählung und Beschreibung der wichtigsten Pflanzen-Ab- teilungen und -Arten, Pflanzengeographie, Paläontologie, Pflanzenkrankheiten. Geschichte der Botanik, Register. Es dürfte nicht viele Lehrbücher geben. welche in so gedräng- ter, aber doch so klar verständlicher Form die Lehre vom Pflanzen- reich in ihrer ganzen Ausdehnung bringen, und das Werk kann allen denen, welche eines Führers in dieser Wissenschaft bedürfen, nicht warm genug empfohlen werden. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass dies Buch mit seinen so sehr zahlreichen vorzüglichen. Ab- bildungen für. einen - ungewöhnlich niedrigen Preis geboten wird. Sicherlich wird es sich Eingang in sehr weite Kreise verschaffen und der Ausbreitung der Wissenschaft recht förderlich sein. J. Grönland, Lehrer an der Landwirtschaftsschule zu Dahme. Mantegazza, P., Die Ekstasen d. Menschen. Aus dem Italienischen v. R. Teuscher. gr. 8%. Preis 7 #; geb. 8 #M 50 4. Hermann Costenoble in Jena, Moos, S., Untersuchungen über Pilz-Invasion des Labyrinths im Gefolge v. Masern. gr. 8°. M.5 Taf. Preis 3 # 604. J.F. Bergmann in Wiesbaden. Müller J., Graphideae Feeanae inclus. trib. affinibus nec non Graphideae exoticae Acharü, El. Friesü et Zenkeri. 4°. Preis 4 #. H. Georg in Basel. Pahde, A., Die theoretischen Ansichten über Entstehung der Meeresströmungen. 4°. Preis 1A 50. J. Greven in Krefeld. Posselt’s, L., Kreuz- und Querzüge durch Mexiko u. die Ver- einigten Staaten v. Nord-Amerika. Nach Tagebuchaufzeichnungen bearbeitet v. F. Maurer. 2. Ausg. 8°%. Preis 2 #. Carl Winter in Heidelberg. Recherches sur la transparence des eaux du lac Leman faites en 1884, 1885 et 1886 par une r&union de membres de la Societe de physique. (Sep.-Abdr.) 4°. Preis 14660... H. Georg in Basel. Saussure, H. de, Spicilegia entomologica Genavensis. 11. Tribu des Pamphagiens. 40%. M. 2 Taf. Preis 8#. H.Georg in Basel. Schwarz, C. G., Ueber die sogenannte „Schleimdrüse“ der männ- lichen Cypriden. gr, 8°. M. 2 Taf. Preis 3 #. J. ©. B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i. B. Soret, J. L., Sur la couleur de l’eau. 4°. Preis 1. H. Georg in Basel. Thurein, H., Elementare Darstellung der Mondbahn. 4°. (26 8.) Preis 1 #. R. Gärtner's Verlag in Berlin. Universitäts-Kalender, Deutscher. Herausg. v. F. Ascherson. 33. Ausg. Sommer-Semester 1888. 2 Thle. 16°. (72 u. 245 S.) Preis: In 1 Bd. geb. 2 #, 2. Thl. brosch. ap. 1 4. 80 4. Leonhard Simion in Berlin. Vilmorin’s illustrierte Blumengärtnerei. hrsg. v. Th. Rümpler. Jahrzehnts. 2. Lfg. Parey in Berlin. Weber, Th., Metaphysik. Eine wissenschaftl. Begründung der Öntologie des positiven Christentums. 1. Bd. Einleitung u. An- thropologie. gr. 8%. (VIII, 427 S.) Preis 8#. F. A. Perthes in Gotha. Wettstein, R. Ritter v.. Rhododendron Ponticum L., fossil in den Nordalpen. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (12 S. m. 1 Taf.) Preis 50 4. G. Freytag in Leipzig. — Ueber die Verwertung anatomischer Merkmale zur Erkennung hybrider Pflanzen. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (26 S. m. 2 Taf.) Preis 90.4. In Komm. G. Freytag in Leipzig. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der ‚„Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Briefkasten. Chiffre x. — Eine auf Exkursionen handliche „Flora von Braunschweig“ enthaltend die Phanerogamen und Pteridophyten ist von Pastor W. Bertram geliefert worden. Sie erschien 1885 in dritter, durch einen Nachtrag vermehrter Ausgabe im Verlage von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig zum Preise von 3 #. Das rein floristische an dem Buch ist gut. Standortsangaben sind gewissenhaft zusammengetragen. Das behandelte Gebiet ist kein politisch begrenztes; es umfasst zwar zunächst den nördlichen Teil des Herzogtums Braunschweig, geht aber an einzelnen Punkten da- rüber hinaus. 2. Aufl., neu bearb. u. Ergänzungsbd.: Die Neuheiten d. letzten gr. 8°. (S. 49—96.) Preis 1 4. Paul Berichtigung. Seite 68 muss es Zeile 4 des Aufsatzes von Bendt heissen launisch und nicht launig. 88 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- Gesuchen umd-Angeboten, souie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen ete. vermitteln. Gegen Einsendung von 1 20 „3 pro Band (auch; im Brief- marken) liefern wir franKo: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. EBleg. geb. Gerland, Dr. E., Lieht und Wärme. Bleg. geh. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb: Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. . Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Bleg. geb. Mit 68 Ab- any 13 yoou. yoL ‘sneH Sur »p pum uosseiyos aqoıg uayooyı F uuBy d pun yynıd ‘sunosoL BEREICH EL TU epel or ewmeuseqn uOA uoNeyneN Joqn UOISI[STOLT Sure STORL -03 You purs uoyeAy euro oly — sUI9ATOAOH Zum ysStpq WIOPeLLEJUg 949 HOTISUSJnpSRF suasuanquagwyag 194} uUEIWIEPSF Ue YDT EpUasIoA “UOSSOL[OSE. ‚Yopoy.t 21er) EYyOSUnMeZ any RUE M ‘SOTyogL ITTOdUFH our gImg Zunuorpogt eyfesı Suays ma A HIyomnedIeprLopIoA "um SIye yenzdoy Offerte m Eine exquisite Petrefakten-Samm- ‚lung: ersten Ranges a. d. lithogr. Schiefern v. Solenhofen (Bayern), darunt. bes. Prachtexempl. v. Rep- tilien, als: Pterodactylen mehrere Speeies, ferner Chelonien, Lacerten u.s. w. meist in vollendetster Schön- heit, wie sie als sogen. „Unieas“ kaum zum zweitenmale wieder sich irgendwo zeig. dürften, ist z. einem besond. Ausnahmepr. z. vergeb. — , D. Samnl. umf. viele Kabinetstücke, d. neh. ihr. Seltenh. an. Vollstdgk. a. Sehönh. nichts z. wüniseh. übrig lass. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und | Photogr. Aufn. in natürl.Gr. d.inter- Sehaden. Mit 70 Abbildungen Bleg. geb. 5 | essantest. Exempl steh. z. gef. Ans. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. "Mit 88 Ab- z z. Dienst. u. Einsichtn d Samml. ist bildungen. Bleg. geb. a = ‚ immer erw., dam. nach all. Seit. gew Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Bleg ‘geb. = ‚ Aufschl. bereitw. erteilt w. kann. Wassmuth, Prof. A., Die Blektrieität und ihre Anwendung. Mit 119 3 , Pappenheim. Ernst Haeberlein. ©. | Abbildungen. Berlin SW. 48. Band I (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von % 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von 4 2,10 Bleg. geb. Riemann & Wöller. Ka -SUOTIPOLLT a wild Wilh. sehläter in Halle a8, reichhaltiges Lager aller natur- historischen Gegenstände, sowie | Naturalien- und Lehrmitteihandlung. | sämtlicher Fang- und Präparier- werkzeuge, künstlicher Tier- und _ (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern KOnsen für Abonnenten 25.2. | Vogelaugen, Insektennadeln und Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ | norfplauten. Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. A er ee er > Kind PoEBDäreR Co 5 el m en Balbi-Arends, Allgemeine Erdbeschreibung oder Hausbuch des geogr. zsü 0 Sa Wissens. 6. Aufl. 2 starke Bände. Lex. 80, 2494 Seiten mit Bo, = 4 es vielen Ilustr. 1878. In 2 elez. Ganzleinenbänden. Statt M. 30,— =& 1073 Eo se n nur M. 10,—. EEE 202%. 12: Bernstein, A., Naturkraft und Geisteswalten. 1876. broech. Statt 32 2°22 Pen 0:7 M. 5,— nur M. 3,—. E58 5.2.8 sg Ss“ Diercks, &., Entwieklungsgeschichte des Geistes der Menschheit. 2 Bde. E33 2 wi zenez 1882. Statt M. 10,— nur M. 5,—. sE | See Haeckel, E., Gesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der Ent- a Pr 4 > »s wiekeluneslehre. 2 Bde. mit 82 Abbild. Lex. 8%. 1879. broch. ES en: re Statt M. S.— nur M. 5,—. s n.|2 8 S3#7 Harms, F., Die Philosophie in ihrer Geschichte. 2 Bde. 1879/80. sea ig Sr Statt M. 13,50 nur M. 7,—. 32 15.0 S — , Geschichte der Psychologie. 2. Aufl. 1879. Statt M. 7,50 nur M. 5,—. Selle NEE au EIER TEN DAR EN 25) F [F Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 95 | ee —— nn 5 Litteratur. J.N. von Nussbaum: Neue Heilmittel für Nerven. Ein populär-wissenschaftlicher Vortrag. 2. Aufl. Verlag von Eduard Trewendt in Breslau. 1888. Preis 0,60 #. Wir geben aus dieser allgemeinen interessanten Schrift im folgenden ein ausführliches Referat. Nach einigen einleitenden Bemerkungen über die Bedeutung der verschiedenen Teile des Nervensystems und der Physiologie des- selben geht Verfasser zunächst auf ein aus dem Turnen hervor- gegangenes Heilmittel für Nerven ein: auf die schwedische Heil- gymnastik. Die schwedische Heilgymnastik veranlasst passive, aktive und duplizierte Bewegungen. Die passiven Bewegungen, von denen viele den bei der Massage vorkommenden ganz gleich sind, erzeugen „Nerven- Vibrationen“, die ein neues bedeutendes Heilmittel für die Ner- ven sind. Die aktiven Bewegungen der schwedischen Heilgymnastik werden langsamer ausgeführt als die beim Turnen und sind für den Stoffwechsel auch wirksamer. Eine duplizierte Beweeung ist eine solche. die (er Patient macht. während ein Widerstand geleistet wird. Um die Bewegungen möglichst dem Zweck entsprechend aus- zuführen, hat man eine Maschinen-Gymnastik ersonnen. Der Ergostat ist z. B. eine Maschine die bei Entfettungskuren gebraucht wird: die zehnstündige Arbeit an derselben bedingt 8 g Fettverlust. Der Ergostat verlangt eine Kurbelarbeit, welche eine grosse Anzahl von Muskeln am Hals und Nacken, an Brust und Rücken, am Unter- leib, an Armen und Füssen anstrengt. Deshalb kann man auch mit der Kurbel die meiste Arbeit leisten. Der Ergostat ist aber auch ein herrliches Heilmittel bei Ueberreizung des Gehirns und der Nerven, indem bei Benutzung desselben das Blut in wohl- thätigster Weise von dem Gehirne weg in die Muskeln geleitet wird. Ein zweites neues Heilmittel ist die Hypnose. Die Hypnose ist offenbar ein Reizzustand unserer Nerven, unseres Gehirnes und Rückenmarkes. Wenn Massage für neuralgische Schmerzen und Krämpfe an- gewendet wird, ist die Hand, welche massiert, nicht ganz gleichgültig. Niemand kann sich z. B.'selbst so kitzeln, dass er stark lachen muss, während fremde Hände einen Menschen totkitzeln können. Ein noch grellerer Beweis, dass die berührende Hand oft nicht gleichgültig sein dürfte, wird von der verschiedenen Empfindlichkeit ‚gegen Blektrieität geliefert. So vermochte eine Dame durch ihr Gefühl augenblicklich zu unterscheiden, in welcher Schachtel ein vielfach eingewickelter, elektrisch positiver und in welcher ein ebenso eingewickelter, elektrisch negativer Körper sich befand. Ein so feines Gefühl dürfte auch ein Beweis sein, dass die Homöopathie kein Betrug ist; denn wenn man in der geschilderten Weise noch deutlich unterscheidet, ob man einen elektrisch positiven oder negativen Kör- per in der Hand hat, dann kann man wohl auch die Wirkung eines Milliontel Tropfens fühlen. Magnetismus und Elektrieität sind aber eng verbunden: man kann ja einen Eisenstab sofort zu einem Magnet machen, wenn man durch einen um denselben gewickelten Draht einen galvanischen Strom leitet. Es lässt sich also nicht leugnen, dass die Menschen auch für den Magnetismus voneinander verschieden disponiert sein können. : Man nennt den hypnotischen Schlat auch den tierisch magnetischen Schlaf, weil der metallische Magnet auf solche Schlafenden einen ganz enormen Eindruck macht. Ist jemand in hypnotischen Schlaf gebracht, und man nähert ihm einen metallischen Magnet, so tritt grosse Unruhe ein, und es entsteht eine höchst merkwürdige Erscheinung. welche man Transfert, einen Umtausch, nennt. Schrieb der Schlafende z. B. vorher mit der rechten Hand, so schreibt er, wenn man einen Magnet nähert, mit der linken Hand, und zwar sogenannte Spiegelschrift, wenn er selbe auch nie gelernt hat. Ist der linke Arm von Krämpfen befallen und man bringt, während der Patient im hypnotischen Schlafe liegt, einen ' Magnet in die Nähe. so geschieht der Transfert, dass der Krampf des linken Armes verschwindet und auf den rechten übergeht. Hat man ferner dem Schlafenden z. B. beigebracht, dass er diese oder jene Person hasst, so bewirkt der genäherte Magnet den Transfert der Liebe in Hass, der Freude in Leid. Die Hypnose wird immer durch Konzentration aller Gedanken auf den Schlaf und durch monotone Erregung der verschiedenen Nerven erzeugt. Der Hypnotisierte, das sogenannte Medium, ist das willenlose Werkzeug des Magnetiseurs: desjenigen. der ihn eingeschläfert hat. Dass dies sein Bedenkliches hat, liegt auf der . Hand, um so mehr als das Medium vom Magnetiseur auch Befehle bekommen kann, welche es erst eine gewisse Zeit nach dem Schlafe ausführen muss und auch wirklich ausführt. Es lässt sich durch die Suggestion, d. i. das Zureden während der Hypnose, viel ‚Unrecht erreichen. = Was nun die Hypnose als Heilmittel anlangt. so lüsst sich durch dieselbe bei manchen Kranken eine Beruhigung schaffen. Ferner wird bei manchen hypnotisierten Personen die körperliche Gefühllosigkeit (Anaesthesie) so gross, dass man ihnen kranke Arme und Füsse schmerzlos amputieren kann; bei sehr vielen Menschen tritt Anaesthesie allerdings nicht ein. Die grössten Resultate er- reicht man aber durch die Suggestion; denn jede Empfindung kann man durch dieselbe geben und jede nehmen. Krämpfe, Schmerzen und Lähmungen, denen keine bedeutenden objektiven Veränderungen zu Grunde liegen, kommen hier besonders in Betracht. In der Hypnose kann man auch jede Arzneiwirkung durch Suggestion erreichen, gleichgültig vb die Arznei wirklich vorhanden ist oder nur fingiert wird. Wenn der Magnetiseur einem Schlafenden ein Stückehen Papier auf den Arm legt und ihm sagt: „Sie werden an der bedeckten Stelle Brennen fühlen und einen roten Fleck be- kommen“, so trifft das Gesagte auch ein. HSB3 Beobachtungen der kaiserl. Universität-Sternwarte Dorpat. 17. Bd. 4°. Preis 15.#%. Inhalt: Reduzierte Beobachtangen am Meridian- kreise v. Zonensternen u. mittlere Oerter derselben f. 1875,0, an- gestellt u. hrsg. v. L. Schwarz. K. F. Köhler in Leipzig. Breese, G., Ein Beitrag zur Statistik u. pathologischen Anatomie der Hirnblutung. gr. S°. Freis 1 ,#. Lipsius & Tischer in Kiel. David, A., Beitrag zur Kenntnis der Wirkung des chlorsauren Natriums. gr. 8%. Preis SO .„. Lipsius & Fischer in Kiel. Engels, F., Ludwig Feuerbach u. der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie. Mit Anhang: Karl Marx über Feuerbach vom J. 1845. gr. 8°. (VII, 728.) Preis 1%. J.H.W. Dietz in Stuttgart. Kahnmeyer, L., und H. Schulze, Naturgeschichte, in Lebens- gemeinschaften dargestellt. 6. Aufl. gr. 8%. M.Illustr. Preis 65 4; kart. 80 4. Hellmuth Wollermann, Verl.-Buchh. in Braunschweig. Kosmann, B., Die Marmorarten des Deutschen Reichs. gr. 40, Preis 3 40. Leonhard Simion in Berlin. Nussbaum, J. N. v., Neue Heilmittel für Nerven. Vortr. 3. Aufl. gr. 8°. Preis 60 „4. Eduard Trewendt in Breslau. Wiedemann, G. O., Die geometrische Darstellung der Quadratur des Kreises. gr. S%. (4 S. m. 1 Taf.) Preis 60 4. Wilhelm Friedrich Nachf. in Berlin. Wossidlo, P., Leitfaden der Botanik für höhere Lehranstalten. gr. 8%. M. Illustr. Preis geb. 3 „C. Weidmann’sche Buchhandl. in Berlin. Wulfinghoff, R., Invarianten-Rechnung. Methode zur Bestimmg. der gerenseit. Abhängigkeit der Konkomitanten e. binären Form. 4%. (25 8.) Preis 1%. R. Gärtner's Verlag. H. Heyfelder in Berlin. Yung E., Contributions & Uhistoire physiologique de l’Escargot (Helix pomatia). 40%. M. 2 Taf. Preis 4 W. H. Georg in Basel. Zopf, W., Untersuchungen über Parasiten aus der Gruppe der Monadinen. gr. 4%. (39 S. m. 3 Taf.) Preis 6 #. Max Nie- meyer in Halle. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Herrn K. Freise in Stettin. — 1. An die Firma Paul Wächter (Optische Werkstätte in Berlin) können Sie sich behufs Ankauf eines Mikroskopes vertrauensvoll wenden. Andere gute Firmen sind z. B. Carl Zeiss, Optische Werkstätte in Jena, welche vorzügliche, wenn auch allerdings teure Instrumente liefert; W. & H. Seibert, Optisches Institut in Wetzlar; L. Böneche, Optiker und Mechaniker in Berlin SW, Grossbeerenstr. 55. — 2. Mikroskopische Präparate für Schulen und Demonstrationen erhalten Sie bei J. D. Möller: Institut für Mikroskopie, Wedel in Holstein; bei J. Klönne & G. Miüiller, Berlin NW, Luisenstr. 49. Herrn H. R. in @. — Eine Monographie der Weiden hat Andersson geliefert in De Candolle’s Prodromus systematis univer- salis regni vegetabilis. Pars XVI. Seetio posterior. Pag. 191 u. ff. Rektor A. Ch. in D. u. a. Die Einbanddecke zur Naturwissen- schaftlichen Wochenschrift ist augenblicklich in Arbeit. Sobald sie fertig: ist, werden wir dies im Inseratenteil der „Naturwissenschaft- lichen Wochenschrift“ bekannt geben. Berichtigung. Bd. O, S. 52, Zeile 25 von oben in der ersten Spalte muss es statt 5. geraden, .... heissen 3 geraden, .... 96 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. TE TEE ET EEE EEE EEE EEE TEE TEERE TIERES EEE ET EEE EN Inserate -namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Imsertion von Stellen- Gesuchen und -Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen ete. vermitteln. Ein Chemiker, Dr. phil., [89 der seine Studienzeit in Marburg, Giessen u. Berlin (6 Sem.) beendete, mit besten Empfehlungen, sucht per | Oktober d. J. Anfangsstellung. Gefl. Offerten sub L. R. 42 d.d. Exp. d. „Naturw. Wochenschrift.“ Neu erschienen: Katalog derVerkaufsvorräte unseres 3 Conchylien-Lagers (eirca 12,000 = Species). Katalog der Verkaufsvorräte in Fossilien des Mainzer Beckens u. and. tertiärer Ablagerungen. Berlin NW. 6, Linnaea. Luisenplatz 6. Naturalien- und Lehrmittelhandlung. Reichhaltiges Lager aller natur- historischen Gegenstände, sowie sämtlicher Fang- und Prüparier- | werkzeuge, künstlicher Tier- und Vogelaugen, Insektennadeln und Torfplatten. Kataloge kostenlos ' und portofrei. [86] Alle Arten Waldvögel, spec. feine Singer. desgl. Eroten u. sprechende Papageien, sowie Amphibien u. Reptilien in grosser Auswahl empf. billigst WILHELM’s [90 Tier- und Naturalien-Handlung, Berlin, Lindenstrasse 37. Wil, Schlte in Halle a8, Band I (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von 2 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von #% 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 4. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Gegen Einsendung von 1 #4 20 3 pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonn bildungen. EBleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. | Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Lehmann, Paul, Die Erde und der »rne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixst« Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Schaden. Mit 70 Abbildung bildungen. Bleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Wassmuth, Prof. A., Die Elektrieität und ihre Anwendung. Abbildungen. Berlin SW. 48. Bleg. geb. Riemann Buchhandlung für ren Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. e und die Planeten. Mit 68 Ab- Eleg. geb. Eleg. geb. Bleg. geb. Mond. Eleg. geb. geb. Insekten nach ihrem Nutzen und Bleg. geb. Mit 88 Ab- Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb Mit 119 Riemann & Möller. & Möller Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedriehstrasse 226 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- liehen Werken und Zeitschriften. % Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. /& Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. 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[88] Inserate für Nr. 14 müssen späte- stens bis Sonnabend, den 23. Juni in unseren Händen sein. Die Expedition, — Dr. med. et phil. H. Griesbach: auf den Organismus. -— Leuchtende Insekten. — Ueber die Ausbreitungsgeschwindigkeit unterirdischer Erschütterungen. — Erklärung für die Drehung der Windbahnen. — Optisches. — Die Grösse der Sterne und das psychophysische Grundgesetz. — Litteratur: J. N. v. Nussbaum: Bücherschau. — Briefkasten. — Berichtigung. — Inserate. Neue Heilmittel für Nerven. — Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Simtlich in Berlin. hielten wir einiges Material in den sammenstellung v. Metamorphosen- a Redaktion: Was die nat Forschung av Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. ‚I. Band. | “ Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist #1 2.—; Bringegeld bei der Post 15.5 extra. Sonntag, den 24. Juni 1888. [10] N Nr. 13: Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 3. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Quadratur des Zirkels. Von Dr. H. Schubert, Professor am Johanneum in Hamburg. Schon das älteste mathematische Handbuch, das wir besitzen (Papyrus Rhind des British Museum), und das im 18. oder 19. Jahrhundert vor Christi Geburt in Aegypten verfasst ist, enthält einen Versuch zur Lösung der Aufgabe, einen Kreis in ein flächengleiches Quadrat zu verwandeln. Die dort gegebene Vorschrift lautet, man solle den Durchmesser um !/, verkürzen, und über dem Reste ein (@uadrat errichten. Freilich ist diese Lösung ungenau, aber doch immer noch genauer, als so manche Lösung, die heutzutage von Leuten, in denen ebensoviel Arroganz wie Ignoranz steckt, in die Welt posaunt wird. Alle älteren Kulturvölker, auch Inder und Chinesen, namentlich aber die Griechen, haben Bei- träge zu dem noch heute vielumworbenen Probleme ge- liefert. Ja, man kann sagen, dass die Entwicklung der griechischen Geometrie zum grossen Teile der Unlösbar- keit dieses Problems zu verdanken ist. Denn Hippokrates und viele andere griechische Mathematiker beschäftigten sich mit Geometrie hauptsächlich deshalb, um dabei die Lösung der Quadratur des Zirkels zu erzielen. Hippias von Elis konstruierte ‚sogar einen Mechanismus, welcher eine eigenartige Kurve, die rerpaywvetovsa der Griechen, die quadratix der Römer, aufzeichnet, mit deren Hilfe man die Aufgabe mathematisch genau lösen könne. Der- artigen mechanischen Lösungsversuchen gegenüber wurde schon von den Griechen geltend gemacht, dass es nicht darauf ankäme, die Aufgabe mit irgend welchen Hilfs- mitteln zu lösen, sondern darauf, sie mit alleiniger Anwendung von Zirkel und Lineal zu lösen. Archimedes, der grösste Mathematiker des Altertums, hat zwar über die Lösung dieser Aufgabe nichts gesagt, wohl aber hat er die Berechnung des Kreises gelehrt, indem er durch Vergleichung der einem Kreise um- und einbeschriebenen regulären Polygone von hoher Seiten- zahl (er kam, vom Sechseck ausgehend, bis zum Sechs- undneunzig-Kck) bestimmte, dass die Zahl x, d. h. die Zahl, welche angiebt, wieviel mal so gross der Umfang ' eines Kreises ist als sein Durchmesser, oder auch, wieviel mal so gross der Inhalt eines Kreises ist, als das Quadrat über seinem Radius, zwischen 3%/- und 3!°%/7ı liegen müsse. Einen noch genaueren Näherungswert fand um 1550 Adrian Metius, nämlich °°°/ı1s. In Decimalstellen be- rechneten die Zahl x Vieta, Adrianus Romanus und Ludolf van Ceulen (letzterer auf 35 Stellen), indem sie, nach der Methode des Archimedes, zu Polygonen von immer höherer Seitenzahl aufstiegen. Nach Erfindung der Differential- und Integralrechnung gelang es dann Newton und Leibniz, Potenzreihen aufzustellen, aus denen man x, ohne grosse Rechenmühen, auf noch viel mehr Decimalstellen bestimmen konnte, und gegenwärtig kennt man die Zahl x auf mehr als 500 Stellen, ein Genauigkeitsgrad, von dem man sich nur schwer eine Vorstellung verschaffen kann, und der, selbst für die subtilsten Fragen der Praxis, ohne Nutzen ist. Durch die immer genauer gewordene Berechnung der Zahl = war aber das alte Problem der Quadratur des Zirkels in keiner Weise gefördert. Vergeblich mühten sich die bedeutendsten Mathematiker ab, die historisch gewordene Nuss zu knacken. Aber auch unberufene Köpfe, die nicht einmal hinreichende Kenntnisse hatten, um klar 98 | Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr: 27272701011 nn nn — — — — — — —_ [| _ _ ——— auffassen zu können, um was es sich bei der Quadratur des Zirkels überhaupt handelte, haben von jeher dafür gesorgt, dass die Geschichte dieses Problems nicht ohne Curiosa ist. Im vorigen Jahrhundert bestürmten derartige Quadratoren die wissenschaftlichen Akademien mit ihren vermeintlichen Lösungen, bis im Jahre 1775 die französische Akademie den Beschluss fasste, keine ihr eingereichte sogenannte „Lösung der (Quadratur des Zirkels“ mehr prüfen zu wollen, da die Anzahl der ein- gesandten, vermeintlichen Lösungen nicht mehr bewältigt werden könne (Mem. de l’Ac., 1775, Histoire, p. 61). Seitdem finden alle auf Lösungen des Problems gerich- teten Abhandlungen bei den Akademien ihren sicheren Papierkorb. Doch der Quadrator sieht in einer solchen vornehmen Abweisung nur den Neid der Grossen auf seinen Geistesfund. Er wendet sich deshalb an die Oeffentlichkeit, um die Würdigung und Anerkennung zu erzielen, die er verdient zu haben glaubt, und die ihm die Wissenschaft verweigert. Daher kommt es, dass alle Jahre mindestens einmal die Zeitungen die mathema- tische Seeschlange durchläuft, ein Herr N. N. in P. P. habe endlich das alt-berühmte Problem der Quadratur des Zirkels gelöst. Der Grund, warum Nicht-Mathema- tiker gerade dieses und kein anderes mathematisches Problem in Angriff nehmen, liegt einerseits in dem hohen - Alter des Problems, wodurch es gekommen ist, dass dasselbe, ebenso wie die Trisektion des Winkels, in der Laienwelt als ein von den Mathematikern noch nicht bewältigtes Problem, als der mathematische Stein der Weisen, bekannt ist; gebraucht man doch vielfach die Ausdrucksweise „Quadratur des Zirkels lösen wollen“ im bildlichen Sinne für „etwas Unmögliches versuchen.“ Anderseits ist auch die seit mehr als 100 Jahren ver- breitete Fabel, dass auf die Lösung des Problems eine hohe Prämie ausgesetzt sei, daran schuld, dass sich Leute damit beschäftigen, welche glauben, dass es mit der Lösung nicht anders sei wie mit dem grossen Loose einer Lotterie, das ihnen ebenso gut in den Schoss fallen könne, wie jedem andern. Nachdem schon der grosse Physiker Huygens den Wunsch geäussert hatte, die Mathematiker möchten sich nicht mehr mit der Quadratur des Zirkels, sondern viel- mehr damit beschäftigen, streng zu beweisen, dass die Konstruktion eines einem gegebenen Kreise flächen- gleichen Quadrates mit Zirkel und Lineal unmöglich sei, wiederholten am Ende des vorigen Jahrhunderts Legendre und andere Mathematiker diese Aufforderung. Zwar hatte Lambert 1761 bewiesen, dass die Zahl x irrational sei, d. h. nicht als Quotient zweier ganzer Zahlen; und wären dieselben noch so gross, genau dargestellt werden könne. Aber gewaltige Fortschritte musste die Mathematik noch machen, ehe auf diesen Beweis ein Un- möglichkeitsbeweis für die Quadratur des Zirkels folgen konnte. Zwar erkannte man schon damals, dass ein solcher Beweis streng geleistet wäre, sobald man bewiesen hätte, dass die Zahl x nicht Wurzel einer algebraischen Gleichung irgend welchen Grades mit ganzzahligen Koeffizienten sein könne, und deshalb waren die Be- mühungen der Mathematiker seitdem vielfach darauf gerichtet, den letzterwähnten Satz zu beweisen. Endlich gelang dies im Juni 1882 dem Professor Lindemann, damals in Freiburg, jetzt in Königsberg; und damit ist seit nunmehr 6 Jahren die Unlösbarkeit des Problems streng bewiesen. Der Lindemann'sche Beweis wurde dann von dem Senior der deutschen Mathematiker, Pro- fessor Weierstrass, noch etwas vereinfacht. Immerhin ist aber auch der vereinfachte Beweis so beschaffen, dass er nur denen verständlich gemacht werden kann, die mehrjährige Studien in der höheren Mathematik unseres ‚Jahrhunderts hinter sich haben. „Es ist unmöglich, mit Zirkel und Tineal ein Quadrat zu konstruieren, das einem gegebenen Kreise inhaltsgleich ist“. So lautet die schliessliche Entscheidung über eine Streitfrage, die so alt ist wie die Geschichte des menschlichen Geistes. Aber unbekümmert um diesen Urteilsspruch der Mathematik, des unfehlbarsten Schieds- richters, wird das Geschlecht der Quadratoren nicht aus- sterben, so lange Halbwisserei und Ruhmsucht sich paaren. Ungebetene Gäste unserer Tafel. Von Dr. med. et phil. H. Griesbach, Privatdozent an der Universität in Basel. (Schluss) Gelangt nun ein Cysticercus mit Schweinefleisch in unseren Magen, so scheint der sonst wie im Scheintod Verharrende plötzlich von neuem Leben beseelt. Er sprengt seine verkalkte Kapsel und unser Magen unter- stützt ihn hierbei. In kurzer Zeit ist es den vereinten Kräften, der lösenden Wirkung des säurehaltigen Magen- saftes und den peristaltischen Bewegungen des Band- wurmkeimes, gelungen, die lästige Kalkhülle zu sprengen. Nunmehr stülpt sich der aus Kopf- und Halsteil be- stehende Zapfen um, sodass die Haftapparate für den späteren Bandwurm, die sich ja im Grunde des hohlen Cysticereus-Zapfens befinden, nunmehr nach aussen ge- langen. Es geschieht die Umstülpung in der Weise, dass die zweite Umhüllung des Zapfens in Bewegung gerät und dadurch auf ihren Inhalt drückt, dieser wird so unter Beihilfe seiner eigenen Muskulatur genötigt, sich aus sich. selbst und somit auch aus der häutigen Umhüllung hervor- zustülpen, die damals als sogenannte Schwanzblase dem unteren Ende des Zapfens anhängt. Der eigentliche, Haken und Saugnäpfe tragende Kopf bleibt bis zum Uebertritt in den Darm noch unausgestülpt. Während der peristaltischen Vorgänge beginnt aber auch durch die unaufhaltsam chemische Thätigkeit unseres Magensaftes eine völlige Auflösung der Schwanzblase. Sie unterliegt der Verdauung. a LT a ea Kasse vr et > INKHILS: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 99 Warum aber wird denn der kleine Bandwurm nicht mit verdaut? Die Wirkung des Magensaftes während der im Mittel drei und eine halbe bis vier und eine halbe Stunde dauern- den Verdauungsarbeit des Magens steht in enger Be- ziehung zu der Art und Weise, wie leicht lösliche Nahrungs- substanzen mit schwer löslichen oder ganz unlöslichen "gemengt sind. Während nun der Magensaft an dem hineingelangten Cysticercus zunächst auf die Umhüllungen wirkt, erst die kalkige Cyste, dann die Schwanzblase löst, bleibt der Bandwurmkopf noch vor der direkten Einwirkung des- selben mehr oder weniger geschützt. Kommt aber jetzt auch die Reihe an ihn, so ist schon ein geraumer Teil der Zeit, während welcher die Speise im Magen sich auf- hält verstrichen, ausserdem ist auch er so stark mit Kalk- körperchen imprägniert und gepanzert, dass er wenigstens den ersten Anprall lösender Gewalten auszuhalten im stande ist. So erklärt es sich denn, dass der Parasit mit dem gebildeten, fortwährend in den Darm übergehenden Chymus wohlbehalten in den Dünndarm gelangt. Hier nach circa “fünf Stunden angekommen, stülpt der Wurm den bis jetzt noch versteckt gehaltenen Kopf ganz hervor und befestigt sich mittelst der beschriebenen Haken und Saugnäpfe in der Darmwand. Noch ist der ganze Wurm hohl, wie er es in den Cysten war, und an seinem hinteren Ende sind oft noch kleine, nicht ganz verdaute Fetzen der früheren Schwanzblase wahrzunehmen. Aber schon während der nächsten Tage verwandelt sich durch mannigfaltige Verwachsung der hohle Leib in einen soliden, und oft, unter günstigen Bedingungen, kann er nach zehn bis vierzehn Tagen schon die Länge von anderthalb bis zwei Fuss erreicht haben. Unser Wurm ermangelt aller derjenigen Organe, welche für das Aufsuchen der Nahrung und für die Auf- nahme derselben bei anderen Organismen von grösster Wichtigkeit sind. Er hat keine Augen, um seine Nahrung zu erspähen, keinerlei Extremitäten, um dieselbe zu er- reichen, keinen Mund, um sie aufzunehmen, keine Spur von Verdauungswerkzeugen, um sie zu assimilieren. In dem Speisebrei, der von unserem Magen zur Resorption in den Darm gelangt, liegt er gebettet und ernährt sich davon auf endosmotischem Wege, seine ganze Körperfläche dient ihm gewissermassen als Mund. Und in der That, es ist dafür gesorgt diesen Mund möglichst gross zu machen. Wir können uns gar keine bessere Form und Gestalt des Wurmleibes, als die ilım zugehörige denken, um recht viel des präparierten Speisebreies auf- zunehmen. In seiner Gestalt ist mit Anpassung an die Raumverhältnisse des Wohnortes zugleich das Maximum an Flächenausbreitung erreicht, jede andere Körperform, die runde, die eckige, würde an Grösse der Fläche weit hinter der bandförmigen zurückstehen. Nachdem der schlauchartige, junge Wurm solid ge- worden ist, streckt sich der unmittelbar hinter dem Kopfe befindliche Teil, den wir als Hals bezeichneten, in die Länge. Zugleich bilden sich in einiger Entfernung vom Kopfe durch ringförmige Einschnürung mehrere hinter- einander liegende Glieder, die desto grösser, breiter und entwickelter sich zeigen, eine je entferntere Stellung, vom Kopfe aus gerechnet, sie in der Reihe einnehmen. Ein einzelnes Glied, anfangs Kaum als schmales Segment er- kennbar, gelangt dadurch, dass sich vor ihm immer neu- gebildete Glieder einschieben, weiter und weiter in der Reihe, bis es endlich das letzte wird und sich von der Kette ablöst, um den nachrückenden den Platz zu räumen. Der ganze Körper des Bandwurmes besteht aus einer parenchymatösen Masse, d. h. die Zellen, welche die Gewebe des Tierleibes bilden, sind nach allen Richtungen hin ungefähr gleichmässig ausgebildet. Zwei Schichten setzen das Körperparenchym zusammen, eine innere und eine äussere. In der ersteren sind die Fortpflanzungs- und Exkretionsorgane des Tieres gelegen, die letztere enthält vorzugsweise Körpermuskulatur und das Nerven- system, welches im Kopfe ein Gehirn, in der Gliederkette zwei seitliche von Strecke zu Strecke miteinander ver- bundene Längsnerven bildet. Beide Schichten, besonders aber die äussere, ent- halten unzählige mikroskopische Konkremente von Kalk- salzen. Die Entstehung dieser Gebilde hängt mit den Exkretionsorganen zusammen. Das Leben jedes Organis- mus ist an einen Stoffwechsel gebunden, die aufgenomme- nen Nährstoffe werden verarbeitet. Dabei treten Zer- setzungsprodukte auf, welche ausgeschieden werden, oft aber für den Körper noch praktische Verwendung finden. Letzteres findet in hohem Grade beim Bandwurme statt, der exkretorische Apparat, das sogenannte Wassergefäss- system durchzieht in Form von zwei Paar im seitlichen Rande der Mittelschicht gelegenen Kanälen den ganzen Bandwurm vom Kopf, wo sich eigentümliche Schlingen- bildung der Kanäle findet, bis zum letzten Gliede. Die Längskanäle stehen am hinteren Ende eines jeden Gliedes untereinander in Verbindung und nehmen auch zahlreiche, feine verzweigte Aeste des Körperparenchyms auf. Das- selbe ist überall von eigentümlichen Lücken, sogenannten Lacunen, welche die Leibeshöhle des Tieres repräsentieren, durchsetzt und von diesen Lacunen liegen die trichter- förmig gestalteten Anfänge des „Woassergefässsystems“. Mit Hilfe dieses ganzen Apparates werden nun die zahl- losen Kalkkörperchen gebildet und durch den wasser- klaren, flüssigen Inhalt durch den ganzen Körper getragen und überall in demselben verteilt. Diese Kalkmassen bilden einen natürlichen Panzer, welcher die weichen Gewebe des Bandwurmleibes widerstandsfähig macht. Während Muskulatur und Exkretionsorgane und das Nervensystem der ganzen Gliederkette des Parasiten ge- mein sind, finden sich in den Fortpflanzungsorganen andere Verhältnisse vor. Die Berechtigung den Bandwurm als eine in inniger Gemeinschaft lebende Kolonie von Tieren, in der jedes Glied ein Individuum darstellt, zu betrachten, liegt in 100 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 13, der Organisation und Anordnung der organe. Jedes der Bandwurmglieder bildet eine selbständige Einheit, denn jedes hat seine eigenen Fortpflanzungsorgane, welche überdies noch zweifach geartet sind; männliche sowohl, als auch weibliche Organe finden sich in einem Gliede vereinigt, wir haben ein eklatantes Beispiel der Zwitterbildung vor uns. Jedes Glied erzeugt seine eigene Nachkommenschaft, die in tausenden von kleinen Eiern in den mütterlichen Organen verharrt. Die Fortpflanzungs- organe und deren Inhalt haben aber noch nicht gleich am Anfang der Kette, in den ersten Gliedern, den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. In den ersten Segmenten ist noch keine Spur davon aufzufinden, dann beginnt ganz allmählich die Anlage und erst in denjenigen Gliedern, welche ungefähr die vierhundertste Stelle hinter dem Kopfe einnehmen, macht sich eine deutliche Differenzierung bemerkbar. „In der kontinuierlichen Aufeinanderfolge der Glieder spricht sich das Entwicklungsgesetz für die Ent- stehung und das Heranreifen der Fortpflanzungsorgane und deren Inhalt aus, und in der Zahl der Bandwurm- glieder, von der Anlage der Fortpflanzungsorgane bis zu! völligen Reife des Gliedes“, welches soweit gediehen, eigentlich nichts weiter ist als ein mit Eiern prall ge- füllter Behälter (Uterus) „liegt der Formelausdruck für die Anzahl der Stadien enthalten, welche jedes Glied bis zu seiner völligen Reife durchlaufen muss“. Die Anzahl der Eier eines einzigen abgestossenen Gliedes beträgt mehrere Tausend, würde sie nur ein Tausend betragen, dann würde sich die Nachkommenschaft, . welche ein normaler Bandwurm mit achthundert Gliedern hervorbringen könnte, schon auf achthunderttausend be- laufen. Wenn man die mannigfaltigen Schranken und Schwierigkeiten berücksichtigt, die sich m den verschie- denen Entwicklungsstadien unseren Parasiten entgegen- setzen, so erkennt man, dass die Natur, da wo sie einer- seits eine so ungeheuere Nachkommenschaft begünstigt, auf der anderen Seite auch den richtigen Ausgleich be- werkstelliet. Je verwickelter die Prozesse in der Lebens- geschichte eines Parasiten sind, desto schwieriger ist das Gelingen derselben: für einen Bandwurm z. B. 1:85 Millionen, d. h. von 85 Millionen Eiern bringt erst eines wieder einen Bandwurm hervor. Für die Weiterentwicklung des Bandwurmes ist es erforderlich, dass die abgestossene Proglottis, so wird das reife Glied genannt, in den Magen gewisser Warmblütler gelangt. Für das Schwein als omnivores und Koprophages Tier liegt durch seine Lebensweise die Möglichkeit sehr nahe, sich mit geringeren oder grösseren Bandwurm- massen zu infizieren. An jedem Abort, vorzugsweise durch die menschlichen Exkremente die Proglottiden gelangen, schnobert es herum, ja mancher Bauer mag sogar glauben, sein Schwein könne ohne die Fortpflanzungs- an jedem Düngerhaufen, wohin nötigen Exkremente nicht recht fett werden und ‚ge deihen! Bei solchen Tieren, welche lediglich unter Stall- fütterung gross geworden sind, finden wir weit seltener eine Infektion, als bei denen, die gelegentlich an Dünger- gruben etc. sich aufhalten. Sobald die abgelösten Proglottiden, vom Schwein - gefressen, in dessen Magen gelangen, spielt der Ver- dauungsprozess an ihnen seine Rolle. Die parenchymatöse Masse der Proglottis wird verdaut und die davon um- schlossenen stark mit Kalksalzen imprägnierten Eier werden frei. Nach stattgefundener Befruchtung, welche in jedem einzelnen Bandwurmglied vor sich geht, hat sich während des Aufenthalts der Eier in den mütterlichen Organen in ihnen bereits der Embryo gebildet. Zwischen diesem und dem elterlichen Organismus liegen die seltsamsten Verwandlungen, von denen wir schon einen Teil kennen lernten. Der Embryo, der aus den Eiern, deren ver- kalkte Hüllen vom Magensafte des Schweines bald ge- löst sind, ausschlüpft, zeigt keine Spur von Aehnlichkeit mit dem Bandwurm, von dem er abstammt. Der von seinen Hüllen befreite Embryo, welcher in Grösse ungefähr dem vierzigsten Teil eines Millimeters entspricht, hat eine kugelige Gestalt und zeigt an seinem vorderen Ende sechs kleine, zum Festhalten dienende Häkchen, nach denen er den Namen: der sechshakige Embryo führt. Dieser sucht sich jetzt über die Körper- verhältnisse seines neuen Wirtes zu orientieren, um sich dort, wo es ihm am besten gefällt, ansässig zu machen. Er begiebt sich also auf die Wanderung, durchbohrt zu- nächst mit Hilfe seiner sechs Haken vom Magen oder Darm aus deren Wandung, bahnt sich selbst seinen Weg durch die anderen Weichteile des Körpers, bis er ein ihm zusagendes Ruheplätzchen gefunden hat. Nicht gar selten kommt es vor, dass er auf seinem Wege die Wände irgend eines Gefässes, einer Vene beispielsweise, durch- bohrend, in die Blutbahn gelangt, wo er dann von den roten Wellen bis in die feinsten Haargefässe der ent- ferntesten Organe getragen wird. An Ort und Stelle angelangt, verliert der Embryo seine Haken und damit zugleich die Möglichkeit sich ferner zu bewegen. | Nach beendeter Wanderung des sechshakigen Embryos, nach dem Verlust seiner Haken wird derselbe an seinem neuen Aufenthaltsort zur Finne. Zunächst treten zur Isolierung des Fremdkörpers alle jene Verhältnisse ein, welche wir als pathologische geschildert haben. Dann zeigt sich an dem jetzt schon bis zur Grösse eines Zehntel- Millimeters herangewachsenen Parasiten ein eigentümlicher Verflüssigungsprozess, durch welchen das Innere des bis dahin festen Körperchens in ein Ligquidum umgewandelt wird. Die sich 'ansammelnde Flüssigkeit nimmt einen immer grösseren Raum ein und drängt dadurch das Körper- parenchym des Parasiten peripherisch auseinander, so dass er zur Wand eines mit Flüssigkeit gefüllten Hohlraumes wird. Von diesem Stadium, in welchem uns der Parasit an I Un SENT. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 101 unter dem Namen Finne als kleines, weisses Pünktchen im Schweinefleische erscheint, sind wir in unseren Be- trachtungen ausgegangen. Bei diesen Entwicklungsvorgängen fällt nicht, wie beim Menschen und den höheren Tieren, die Lebens- geschichte der Art mit der Entwicklung des einzelnen Individuums zusammen, sondern baut sich aus dem Leben mehrerer auseinander hervorgehender Generationen auf, daher man in solchen Fällen von Generationswechsel spricht. Eine geschlechtlich ausgebildete Generation wechselt nach ganz bestimmten Gesetzen beim Bandwurm mit einer Gene- ration, die sich auf ungeschlechtlichem Wege fortpflanzt. Wir können fünf verschiedene Stadien in der Ent- wicklung unserer Parasiten verfolgen. Als erstes tritt uns der sechshakige Embryo entgegen, welcher zum zweiten Stadium, das der Finne (Cysticercus), führt. Alsdann folgt, als drittes in der Reihe, der frei gewordene Bandwurmkopf ohne Glieder (sogenannte Scolexform), daran schliesst sich viertens der eigentliche Kettenwurm (Strobila) und den Abschluss bildet das fünfte Stadium, das sich ablösende, geschlechtsreife Glied oder Pro- glottis. Unter diesen fünf bilden das zweite und vierte Stadium aber nur Uebergangsformen. Schon älteren Forschern war es bekannt, dass der Mensch gelegentlich einen Bandwurm beherberge, den sie als eine Spielart des gewöhnlichen zu betrachten pflegten. In den fünfziger Jahren aber wurde festgestellt, dass beide Parasiten sich zwar der äusseren Form und Gestalt nach ähnlich, in ihrem anatomischen Baue aber ganz verschieden verhielten. Der gemeine Bandwurm führte den wissenschaftlichen Namen Taenia solium, den neu entdeckten nannte man Taenia mediocanellata. Lietzterer, auf den wir jetzt zu sprechen kommen, wird aber nicht durch den Genuss von Schweinefleisch, sondern vielmehr durch den des Rindfleisches in unseren Darm importiert, daraus erhellt also, dass das Finnenstadium dieses Para- siten im Rinde verläuft. 1. Kopf von Taenia solium, a. von oben, ö. von der Seite, c. ein zwei- wurzliger Haken. 2. Kopt von Taenia medioc., a. von:oben, d. von der Seite. 3. Glieder von Taenia solium, a. mittlere, 5. eines der End- glieder, c. abgelöste Proglottide mit Uterusverzweigung. 4. Glieder von Taenia medioc., a. mittlere, d. eins der Endglieder, c. abgelöste Proglottide mit dendritisch verzweigtem Uterus. 5. Freigewordener Scolex von Taenia solium mit Resten der Schwanzblase. Die allgemeine Entwicklung des T. med. geht nach denselben Gesetzen vor sich, wie bei T. solium. Was den Bau der Finnen beider Parasiten betrifft, so ähneln sich beide, abgesehen davon, dass die Rinderfinne etwas grösser und mehr kugelig ist als die des Schweines, äusserlich so vollkommen, dass man sie, ohne detaillierte Verhältnisse zu Rate zu ziehen, kaum voneinander zu unterscheiden im stande ist. Anders liegt die Sache bei den ausgebildeten Parasiten. Der Kopf der Taenia medioc. (Fig. 2) entbehrt der hakigen Bewaffnung, hat dafür aber grössere und mit stärkerer Muskulatur versehene Saugnäpfe. Auf der Stelle, wo bei dem gemeinen Bandwurm der Stirnzapfen (das sogenannte Rostellum), in welchem die Haken wurzeln, steht (Fig. 1), findet sich bei Taenia medic. noch ein kleiner Stirnsaugnapf, so dass ihr Kopf also mit fünf zum Ansaugen dienenden Apparaten versehen ist. Der ganze Wurm übertrifft seinen Verwandten gewöhnlich an Länge und ist auch feister als dieser. Die einzelnen Glieder der Kette (Fig. 4) sind breiter als die der Taenia solium (Fig. 3). Während die abgestossenen Proglottiden von Taenia solium nur spärliche Verzweigungen des Uterus, Ei-Behälters, zeigen, sind die entsprechenden Verzweigungen bei Taenia medioc. dicht dendritisch. Das Vorkommen dieser beiden Bandwurmarten beim Menschen steht in inniger Beziehung zu der Verbreitung ihrer Finnenträger. In Gegenden, wo Rindviehzucht vor- waltet, werden wir im allgemeinen mehr Menschen an Taenia medioc. leiden sehen, in solchen, wo das Schwein den Hauptbestand der Viehzucht ausmacht, wird sich Taenia solium häufiger finden. Dazu kommt die mehr oder minder reinliche Haltung des Viehes und vor allem der überwiegende Konsum des einen oder anderen Fleisches. Abgesehen von Europa, wo in Deutschland (statistische Untersuchungen aus Dresden und Erlangen ergeben von fast viertausend Sektionen zweiundzwanzig mal Band- würmer, darunter Taenia solium siebzehn mal), England und Russland die meisten Fälle vorkommen, ist der ge- meine Bandwurm (Taenia solium) mit Sicherheit noch im Orient, am Kap, in Algier und in Nordamerika beobachtet. Taenia medioc. dagegen scheint eine bei weitem grössere geographische Verbreitung zu haben, im’ Zu- sammenhange damit, dass die Rinderzucht über die ganze Erde ausgedehnt ist. Vor allen anderen Gegenden muss aber Indien und Abyssinien als häufigster Fundort der Taenia medioc. erwähnt werden. Dort trägt fast jeder Bewohner diesen Bandwurm und nicht nur in einem Exemplare, sondern oft zu zweien und mehreren. Dieses massenhafte Vor- kommen erklärt sich aus der nachlässigen Haltung der Rinder und aus der grenzenlosen Unsauberkeit ihrer Be- sitzer. Bei uns sind es das Boeuf Aa l’anglais, Roastbeef, vor allem aber die Beefsteaks A la Tatare, welche zur Verbreitung des Bandwurmes, speciell der Taenia medioc. beitragen. Roher Schinken, rohe Würste aller Art 102 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 13. können leicht, ganz abgesehen von der Trichinose, die Bandwurmkrankheit bewerkstelligen. Um die Finnen ihrer Lebensfähigkeit zu berauben, um sie zur weiteren Entwicklung unschädlich zu machen, ist es nötig, dass mindestens eine Temperatur von 60 bis 75°C. eine Zeit lang auf sie eingewirkt hat. Dieses gilt sowohl von der Schweinefinne, als von der des Rindes. Unter solchen Bedingungen erst wird das betreffende Fleisch, welches dann auch nicht mehr „blutig rot“ er- scheint, ohne Schaden, auch wenn wirklich Finnen vor- handen sind, genussfähig. Endlich müssen wir noch eines Artikels gedenken, der, wie sich neuerdings herausgestellt hat, den Import aller möglichen Parasiten bewerkstelligt. Es ist der roh genossene Salat. Wenn man berücksichtigt, dass der Salat in den Gemüsegärten vielfach einer Beschmutzung mit Exkrementen ausgesetzt sein kann, dass ferner die auf dem Markte Einkäufe machende Haushälterin die Fleischwaaren auf den Salat in ihrem Korbe ausbreitet, so wird es Jedem klar, dass an den Flächen der Blätter mancherlei Unliebsames haften kann. In grossen Restau- rants und Hotels wird das Abwaschen des Salates oft recht oberflächlich betrieben und die für den Tisch er- forderlichen Zuthaten, wie Essig und Oel, beeinträchtigen die Lebensfähigkeit etwa vorhandener Parasiten oder deren Keime nicht. Es sind mannigfaltige Beschwerden, teils örtliche, teils den ganzen Organismus betreffende, welche die An- wesenheit eines erwachsenen Bandwurmes hervorruft. Als örtliche Störungen kommen Schmerzen in den Ein- geweiden, krampfhaftes Würgen, namentlich im nüchter- nen Zustande, oft auch das sogenannte Sodbrennen in Betracht. Dabei leidet der Patient oft an Apypetitlosig- keit, bisweilen aber wird er auch von kaum zu stillen- dem Hunger geplagt. Wird das Leiden nicht erkannt, und trägt das betreffende Individuum seinen Bandwurm längere Zeit mit sich herum, so leidet die Ernährung und schwerere Symptome meist nervösen Charakters können hinzutreten. Doch müssen wir hier bemerken, dass solche und ähnliche Erscheinungen auch andere Ursachen haben können. Nur dann kann man mit Gewissheit auf An- wesenheit eines Bandwurmes schliessen, wenn man in den Exkrementen Eier oder Proglottiden findet. Taenia medioc. lässt sich wegen der kräftigeren Saugapparate schwerer entfernen als Taenia solium, letztere führt insofern grössere Gefahren herbei, weil das Cysticercusstadium, die Ent- wicklung der Finne, zum Unterschiede von Taenia medioc. sich auch im menschlichen Organismus selbst vollziehen kann. Ein Mensch, der den gemeinen Bandwurm vom Schwein bei sich beherbergt, ist — um mit den Worten eines bedeutenden F'achgelehrten zu reden — ein gemein- schädliches Individuum (!) und ebenso gefährlich als ein toller Hund! Nicht allein die Möglichkeit einer Selbst- infektion liegt vor, sondern auch die Umgebung kann mit entwicklungsfähigen Keimen unvermerkt versehen werden. Uebertragung auf diese zweifache Weise kommt häufig vor, sei es durch Unsauberkeit, sei es durch un- bewusste mechanische Handlungen etc., wodurch dann die klebrigen, mikroskopisch kleinen Eier einzeln oder zu mehreren den Fingern anhaften und entweder auf die Lippen des betreffenden Trägers selbst, oder auf fremde Gegenstände, wie Fleischwaaren, Brod, Obst übertragen werden, welche letztere dann für andere einen Import zur Folge haben. Gelegentlich ereignet es sich auch, dass sich der Bandwurmträger durch einen Brechakt, bei . welchem oft ganze Proglottiden durch den Pförtner vom Daım in don Magen gelangen, ansteckt. Wenn aber abgelöste Proglottiden oder deren Eier auf irgendwelche Weise in den menschlichen Magen gelangen, so wird dort der sechshakige Embryo frei und entwickelt sich im selben Organismus zum Cysticercus cellulosae. Die hinteren Teile des Auges — aus den vorderen lässt sich der Parasit oft auf operativem Wege entfernen — und vorzugsweise das Gehirn bilden den Wohnsitz des schlimmen Einwanderers, der dann Veranlassung zu den schwersten Störungen der Sehfunktion und des Geistes wird. Es ist eine statistische Thatsache, dass bei grassieren- den Epidemien die niederen Volksklassen in bei weitem grösserer Mehrzahl heimgesucht werden als die höheren, deshalb, weil sie im allgemeinen weniger Sorgfalt auf Reinlichkeit verwenden. Geradeso ist es mit der Ver- breitung der Bandwürmer, ihre Zahl wächst mit Ver- nachlässigung der Sauberkeit. Auch verteilen sich die Parasiten ungleich auf beide Geschlechter und deren Be- schäftigung, sowie auf Nationalität. Wir finden das weibliche Geschlecht häufiger vom Bandwurm geplagt als das männliche, für Schlächter, Garbereiter, Köche etc. scheint der Bandwurm ebenfalls eine besondere Vorliebe zu haben, und Juden und Muhamedaner beherbergen ihn seltener als die übrigen Nationen. Die Gründe dafür liegen einerseits in der Beschäftigung, durch welche die Möglichkeit einer Infektion in den besagten Fällen grösser wird, anderseits aber darin, dass wir die erwähnten Völker sich mehr von dem Genusse des Schweinefleisches zurück- halten sehen. Aufmerksamkeit, Reinlichkeit und Sorgfalt in der Zubereitung der Nahrungsmittel, scharfes Braten, Kochen, Räuchern ete. sind die besten Schutzmittel gegen Ein- wanderungen aller Parasiten. Das zu verwendende Fleisch muss einer genauen Be- trachtung und alsdann einer sorgfältigen Waschung unter- zogen werden; denn auch wenn das betreffende Stück anund für sich vollkommen gesund ist, so können doch Parasiten und deren Keime an der feuchten Oberfläche desselben haften, um so mehr, wenn man sich vorstellt, wie in einem Schlächterladen manches bunt durcheinander liegt, und wie dort mit Messern und anderen Instrumenten hantiert wird. NT. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 103 Kleinere Mitteilungen. Auf den Haaren von Faultieren lebende Algen sind seit längerer Zeit bekannt, neuerdings hat Frau Weber van Bosse dieselben eingehender untersucht. Janse berichtet über die Arbeit der letzteren im „Botanischen Centralblatt* Bd. XXXIV. Nr. 6. Die Algen finden sich ganz allgemein auf den Haaren von Bradypus, sowie auf denen von Choloepus, einer zweiten Gattung “ der Faultiere. Es wurden sowohl Haare von toten, wie auch die von acht lebenden Tieren untersucht. Bei Bradypus befinden sich die Algen ausschliesslich auf den steiferen Haaren, welche aus einem hornartigen Cylinder bestehen und von einer dieken Schicht von „Bastzellen“ umgeben sind. Diese Zellen sterben bald ab und lösen sich dann ohne Mühe vom Central- Cylinder los; dadurch entstehen eine grosse Zahl von Spalten, in denen die Algen nisten. An dieser beschützten Stelle und in der feuchten Atmosphäre der Urwälder Amerikas, in der die Faultiere leben, vermehren die Algen sich stark, drängen sich gegenseitig und können so bis in die Mitte des Haares eindringen. Der Entdecker dieser Algen berechnete, dass auf einem einzelnen Haar etwa 150- bis 200000 Algen leben können. Wenn die Tiere in zoologischen Gärten in unserem Klima leben, so sterben die Algen der trockenen "Luft wegen allmählich ab. Die erwähnte äussere „Bast“-Zellschicht der Haare von Cho- loepus bildet nicht eine zusammenhängende Schicht, sondern Längs- streifen, welehe mit Leisten abwechseln. Auch hier findet man die Algen nur dort, wo die Bastzellen ausgefallen sind. Hauptsächlich wurden die Haare von zwei lebenden Exem- plaren von Bradypus cuculiger untersucht; die Haare des einen hatten eine grüne, die des anderen eine violette Farbe. Es stellte sich nun heraus, dass dieser Unterschied durch das Vorkommen zweier Algenarten hervorgerufen wurde. Die ganze Entwicklung der grünen Alge konnte nicht ver- folgt werden, doch scheint sie zu einer neuen Gattung der Familie der Chrolepidaceen zu gehören; sie erhielt den Namen Trichophilus Welckeri. Die violette Alge gehört zu der Gruppe der Chamaesiphoneen; sie bildet eine neue Gattung mit zwei Arten: Cyanoderma Brady- podis und ©. Choloepodis. Bei der Kultur der Haare entwickelten sich die violetten Algen ausserordentlich bei einer Temperatur von 15° C., hingegen ent- wickelte sich auf dem Sande oder auf dem Sügemehl, auf dem die Haare lagen, keine einzige Alge; es scheint dieselbe somit an das Substrat gebunden zu sein. Ebenso misslangen stets die Versuche, sie auf dem Öbjektträger sich entwickeln zu lassen. Da die Faultiere ihre Jungen auf dem Rücken tragen, kann die Infektion der Haare leicht erfolgen. Als ein neues Mittel gegen Kesselsteinbildung wird Petroleum vorgeschlagen. Dasselbe wird dem Speisewasser zugesetzt, und zwar ein sehr geringes Quantum zu Anfang der Speisung und ein ebensolches während derselben. Es soll nieht nur die Entstehung von Kesselstein verhindert, sondern auch bereits vorhandener wieder elöst werden. Auf den ostindischen Eisenbahnen hat man das etroleum mit Erfolg angewandt, auch anderweitig soll es sich ver- schiedentlich gut bewährt haben. — (Die Oel- u. Fett-Industrie 1888, S. 340.) Dr. M. B. Fragen und Antworten. Ist es wahr, dass der Maulwurf nur in der höchsten Not die Larven des Maikäfers frisst und lieber verhungert, als sich beständig von denselben zu nähren, so dass also sein Nutzen zweifelhaft wird? Der Maulwurf nährt sich ganz ausschliesslich von lebenden Tieren, z. B. Engerlingen und Würmern, die sie in grosser Menge verzehren. Man nimmt an, dass ein Maulwurf in einem Jahre über 10000 Stück Gewürm aller Art frisst.- Prof. Fleischer beob- achtete Maulwürfe in der Gefangenschaft; sie frassen nur Enger- linge, Würmer, andere Gliedertiere ete., liessen aber vegetabilische Nahrung unberührt. Auch der Befund des Mageninhalts hat das- selbe bewiesen. Dass der Maulwurf sich von Wurzelfasern nähre, soll eine falsche Annahme sein. E Kolbe. Litteratur. Dr. Ernst Schäff: Leitfaden der Zoologie für Studierende der Naturwissenschaften und der Medizin. Stuttgart 1888. Schweizerbart (E. Koch). 214 Seiten mit 101 Holz- schnitten. Gr. 8%. Preis 3 #. Während für Mittelschulen (Gymnasien, Realschulen, höhere Bürgerschulen) eine grosse Zahl von zoologischen Leitfäden existiert, fehlte es bis vor kurzem fast ganz an ähnlichen Büchern für Hoch- schulen, namentlich für Studierende der Naturwissenschaften und Medizin. Es sind nun zwar kürzlich einige derartige Hilfsbücher erschienen, doch dürfte der von Dr. E. Schäff vor einigen Monaten herausgegebene Leitfaden der Zoologie immerhin eine hervorragende Stelle unter ihnen einnehmen. Der Inhalt ist mit Fleiss und Um- sicht zusammengestellt; die in den Text eingefügten 101 Holz- schnitte sind einfach, aber klar und instruktiv. Jeder Studierende der Naturwissenschaften und der Medizin wird den genannten Leitfaden, welcher teils zum Gebrauch neben den Universitäts-Vorlesungen, teils zur Repetition bestimmt ist, mit wesentlichem Vorteil benutzen; derselbe sei hiermit bestens empfohlen. Prof. Dr. Nehring. Adler, G., Ueber die elektrischen Gleichgewichtsverhältnisse von Konduktoren und die Arbeitsverhältnisse elektrischer Systeme überhaupt. Preis 504, G. Freytag in Leipzig. Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen. Her- ausg. von G@. Neumayer. 2. Aufl. 2 Bd. gr. 8°. Preis 16 #6; geb 17 4 504. Robert Oppenheim in Berlin. Averbeck, H., Die Kehlkopfmassage. 8%. Preis 50 4. Eugen Grosser in Berlin. Baginsky, A., Ueber Rückgratverkrümmungen der Schulkinder. Vortrag. 8°. Preis 50 4. Eugen Grosser in Berlin. Baer, K., Parabolische Koordinaten in der Ebene und im Raum. 4°. Mit 2 Taf. Preis 1.4 60.4. Mayer & Müller in Berlin. Bail, Methodischer Leitfaden für den Unterricht in der Natur- geschichte. Zoologie. 1. Heft. Unter Mitwirkung von Fricke. 6. Aufl. gr. 8%. (194 S. m. Illustr.) Preis geb. 1 # 50 4. Fues’s Verlag (R. Reisland) in Leipzig. Behr, F., Neueste Karte von Australien. 1:12500000. Chromo- lith.. Fol. Preis in Mappe 6 #. Julius Maier in Stuttgart. Beobachtungen, Deutsche überseeische meteorologische. Gesam- melt u. hrsg. von der deutschen Seewarte. 1. Heft. gr. 4%. (76 S.) Preis 7 A. L. Friederichsen & Co in Hamburg. Bergh, R., Ueber Ansteckung und Ansteckungswege bei Syphilis. er. 80%. Preis 80 4. Leopold Voss in Hamburg. Brühl, C. B., Universität und Volksbildung, — Priestertum und Naturwissenschaft. 2. Aufl. 8%. Preis 1 A. Franz Deuticke, Verlag in Wien. Candolle, L. de, Considerations sur la question de lutilisation agrieole de eaux d’egout & Geneve. gr. 8°. Preis 40 4. Henri Stapelmohr in Gent. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der ‚„Naturwissenschaftlichen Wochensehrift“. Abonnements- Erneuerung für das III. Quartal 1888 bitten wir gefälligst bei den betreffenden Bezugsstellen recht bald bewirken zu wollen. Die Post erhebt für Bestellungen, die ihr erst nach dem 1. Juli zugehen, vorschriftsmässig 10 Pf. für Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern. Wir glauben mit Befriedigung auf das verflossene Vierteljahr zurückschauen zu können, da wir kein Mittel unversucht liessen, durch Heranziehung be- währter Kräfte als Mitarbeiter und Vorführung mög- lichst vieler Illustrationen unser Unternehmen unsern Lesern recht wertvoll zu machen. — Bei dem Reich- tum an gediegenem Inhalt und guten Illustrationen ist es uns aber leider nicht möglich, den bisherigen so billigen Abonnementspreis künftig beizubehalten, und haben wir uns deshalb entschlossen, denselben vom nächsten Quartal ab um Mark 1.—, also auf Mark 3.— pro uartal, zu erhöhen in der Hofjnung, dass unsere Leser diese kleine Mehrausgabe nicht scheuen und unserm Blatte treue Abonnenten bleiben werden. Den beiliegenden Bestellzeitel empfehlen wir güti- ger Beachtung. Die Redaktion und Verlagshandlung. Berichtigung. In der kleineren Mitteilung des Herrn H. J. Kolbe: „Leuch- tende Insekten* muss es in Zeile 11 von oben heissen 360. 104 Naturwissenschaftliche \Wochenschrift. Laserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Wir empfehlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- Gesuchen und -Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebot, Nachfrage und Tausch naturwissenschaftlicher Sammlungen etc. vermitteln. Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von #% 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Finsendung von 4 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 „4. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Gegen Einsendung von 1.# 20 „4 pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Bleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Bleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Bleg. geb. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Bleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Bleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. bildungen. Bleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Wassmuth, Prof. A., Die Elektrieität und ihre Anwendung. Abbildungen. Eleg. geb. Berlin SW. 48. Mit 68 Ab- Mit 88 Ab- Eleg. geb. Mit 119 Riemann & Möller. Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. — MEYERS‘. KONVERSATIONS-LEXIKON VIERTE AUFLAGE. Das 1. Heft und den 1. Band liefert jede Buchhandlung zur Ansicht. 256 Hefte a 50 Pfennig. — 16 Halbfranzbände ä 10 Mark. 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Riemann & Möller Buchhandlung für Naturwissenschaft Berlin SW. 48, Friedrichstr. 226. ' Coloradokäfer. = \. Von dem im Juli verg. Jahres ‚bei Mahlitzsch, Kr. Torgau, ver- | heerend auftretenden Insekte er- | hielten wir einiges Material in den | versehiedenen Entwicklungsstadien. ı Wir verwenden dasselbe zur Zu- ı sammenstellung v. Metamorphosen- | reihen. Bine solche (entwickeltes Insekt, Puppe und 2 Larven, die ‚ letzteren in Sprit konserviert) liefern | wir inkl. Kasten m. Glasdeckel zum | a Bo bei freier Zusendung. ı Berlin .6 = Luisenplatz 6. Linnaea. Notarielle Bestätigung des tausendfachen Lobes über den Holländ. Tabak v. B. Becker in Seesen a. Harz 10 Pfd.fko.8Mk., haben die versch. Zeitungsexpedi- tionen eingesehen. [34] ‚Ein Chemiker, Dr. phil., [89 der seine Studienzeit in Marburg, Giessen u. Berlin (6 Sem.) beendete, _ mit besten Empfehlungen, sucht per Oktober d. J. Antangsstellung. Gefl. Offerten sub L. R. 42 d.d. Esp. c = - FR! 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Schluss. — Kleinere Mitteilungen: Auf den Haaren von Faultieren lebende Algen. — Ein neues Mittel gegen Kesselstein- bildung. — Fragen und Antworten: Ist es wahr, dass der Maulwurf nur in der höchsten Not die Larven des Maikäfers frisst und lieber verhungert, als sich beständig von denselben zu nähren, so dass also sein Nutzen unzweifelhaft wird? — Litteratur: Dr. Ernst Schäff: Leitfaden der Zoologie für Studierende der Naturwissenschaften und der Mediein. -- Bücherschau., — Abonnements-Er- neuerung. — Berichtigung. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau.” Sümtlich in Berlin. Inserate für Nr. 15 müssen späte- a h d. „Naturw. Wochenschrift.“ » x Er u Redaktion: Dr. H. Potonie. al Du a Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. Il. Band. | Sonntae, den Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MM 3.—; Bringegeld bei der Post 15.5 extra. J Y [010] l. Juli 1888. Nr. 14. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Verbreitung der Pflanzen durch Meeresströmungen. Von Dr. Wenn der Seefahrer die weiten Flächen des Stillen Ozeans durchfurcht, muss er beim Anblicke mancher Inselgruppen von Staunen ergriffen werden: hunderte von Meilen trennen sie oft vom nächsten Kontinente, unbewohnt und keine Spur eines menschlichen Kultur- versuches aufweisend liegen sie da und doch sind ihre Ufer von Palmen und anderen Gewächsen begrünt. Wer hat die Samen dieser tropischen Wälder ausgestreut ? Viele leichte, mit einem Flugapparat versehene Samen mag wohl der in jenen Gegenden mit grosser Regel- mässigkeit wehende Wind herbeigetragen haben, manche Steinkerne können sodann durch Vögel dorthin verschleppt sein, aber die grossen und oft schweren Früchte der | Palmen, wie die Kokosnuss oder die einem Hühnerei an Grösse gleichkommenden Samen der Riesenhülse können von beiden nicht herbeigeführt sein. Hier sind es die Strömungen des Meeres gewesen, die oft hunderte von Meilen weit Früchte und Samen vom Heimatsorte wegtrieben und mit den brandenden Wellen auf die oft nur wenige Fuss den Meeresspiegel überragenden Ufer der Atolle und anderer Inseln werfen. Es ist diese Thatsache seit langer Zeit bekannt, doch haben erst die neueren Entdeckungsfahrten, besonders die der Challenger-Expedition, bewiesen, dass diese Art der Pflanzenverbreitung eine wirklich sehr häufige ist. Schon Rumpf führt 1741 in seinem „Herbarium am- boinense“ ein hübsches Beispiel dafür an; „Wenn die reifen Äste der strauchartigen Nipapalme (Nipa fruticans Thubg.) ins Wasser fallen, werden sie weit und breit durch das Meer getrieben; werden sie dann an ein E. Huth. sumpfiges Ufer geworfen, so keimen sie dort und wachsen zum Strauch auf, der dann selber sich wieder vermehrt, Ich selbst fand einst auf der Küste von Hitoö einen solchen im Keimen begriffenen Fruchtballen.“ Ebenso berichtet derselbe Autor von einer Epheuart Amboinas (Hedera umbellifera D. C.): „Oft fand ich grössere Zweige dieser Bäume, ja selbst halbe Bäume hier und dort auf dem Ufer, von welchen die Einwohner genau wussten, dass sie dort nicht gewachsen waren: auch konnte ich an ihnen beobachten, dass sie eine Zeit lang im Meere getrieben hatten. An der Küste von Hito& lag zu meiner Zeit ein derartig angetriebener Baum, dessen Zweige die Frauen als Räuchermittel abhieben, und in späterer Zeit fanden wir an jener Stelle derartige Bäume, die an anderen Stellen der Insel unbekannt waren.“ Auch von Barringtonia speciosa L., einer auf den Inseln des Indischen und des Stillen Ozeans heimischen Myrtacee, berichtet Rumpf dasselbe und dass er Recht hatte, beweisen neuere Beobachtungen, denn ihre Früchte werden nach Thiselton Dyer an alle Küsten des Malayischen Meeres angespült und vor kurzem erst wieder am Strande der „Christmas Island“ auf- gefunden;*) dieselben sind nach Betche,**) der sie auf einzelnen Atollen der Marshalls-Inseln antraf, be- sonders zu dieser weiten Verbreitung durch das Meer durch den dieken Korkmantel der Früchte geeignet. Auch Casuarina equisetifolia Forst. verdankt *) Flora of Christmas Island in „Nature“ 1887, Nr. 917 pag. 78. **) Vegetationsskizze der Marshalls-Inseln. (G.-Z. III. 1884. pag. 133.) 106 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nt19% jedenfalls den Meeresströmungen ihre weite Verbreitung, für welche sie durch den leichten, holzigen Fruchtstand befähigt wird. Decandolle (Prod. XV1. 2. pag. 339) giebt als Fundorte dieser Pflanze unter anderen Orten folgende an: Madagaskar, Mauritius, Bourbon, Ceylon, Sumatra, Java, Borneo und Celebes, Timor, Amboine und andere Mollucken, Philippinen, Mariannen, Freundschafts- und Gesellschafts-Inseln, Marqueses, Tahiti etc. geographische Verbreitung, die bei dem gänzlichen Mangel von Kletter-, Flug- oder Lockvorrichtungen für Tiere einzig durch die Wirkungen der Meeresströmungen erklärlich ist. Ebenso war es Linne bekannt, dass verschiedene Früchte von Amerika her bis an die Küsten Norwegens getrieben werden und dort im keimfähigen Zustande an- kommen. Zweifellos ist es hier der Golfstrom, welcher vom Golf von Mexiko aus nach Norden fliesst, in seinen Verzweigungen die Küsten der Hebriden, Islands, Nor- wegens und Spitzbergens berührt und tropische Früchte dorthin verschleppt. Auch den Japanern war ähnliches seit längerer Zeit bekannt, denn wie von Siebold berichtet, meldet ein japanisches Werk, dass der Mais, dessen Kultur die Europäer in Japan schon antrafen, obschon er in Amerika zu Hause ist, vor 1200 Jahren dort angeschwemmt sei. - Aus Holmann's Reisewerk eitiert Darwin eine Stelle, aus welcher hervorgeht, dass Samen und Pflanzen von Sumatra und Java von den Wellen an der vor dem Wind gelegenen Seite der Keeling-Islands angetrieben worden sind. Darunter befanden sich die Kokosnuss, der Rieinus, die Sagopalme und andere. Er vermutet, dass dieselben sämtlich von dem N.ordwest-Monsun nach der Küste von Neu-Holland und von dort durch den Südost-Passat nach den genannten Inseln getrieben worden sind. In ähnlicher Weise äussert sich Chamisso in dem Bericht über seine Weltumseelung, dass das Meer die Samen und Früchte vieler Bäume zum Radek-Archipel hinbringe, von welchen die meisten dort früher nicht wuchsen. Eugen Robert fand Samen amerikanischer Pflanzen an den Küsten Islands und sogar an denen des weissen Meeres. Aehnliche Thatsachen erfahren wir aus dem Berichte über die Weltumseglung durch die „Uranie“ und die „Physicienne“, welche 1817 bis 1820 stattfand, am ausführlichsten aber erhalten wir aus dem erst neuer- dings erschienenen Berichte der „Challenger-Expedition“, welcher nicht weniger als 97 Arten aufführt, die als „Treibfrüchte“ beobachtet wurden, Kunde hierüber. Manche dieser Früchte sind von vornherein zum Schwimmen ausgerüstet; so besitzt die Kokos in der die eigentliche Nuss umhüllenden, stark lufthaltigen Faser- schicht einen guten Schwimmapparat. Die meisten Früchte aber erhalten erst durch das Austrocknen die zum Schwimmen nötige Leichtigkeit. Wie nämlich Darwin experimentell bewiesen, gehen viele Samen im frischen Zustande zu Grunde, die, wenn sie vorher genügend aus- getrocknet sind, oft sehr lange schwimmen. Reife Hasel- nüsse z. B. sanken, getrocknete schwammen 90 Tage, eine eine Spargelpflanze mit reifen Beeren sank nach 23 Tagen, wurde sie getrocknet, erst nach 85 Tagen. Unwillkürlich werfen wir diesen Beobachtungen gegen- über die Frage auf: wirkung des Seewassers nicht verderblich für die Keim- fähigkeit der Samen sein? Auch nach dieser Richtung hin hat Darwin Versuche angestellt und seine Resultate veröffentlicht, von denen wir einige als Beispiel anführen. Hafer wurde 85 Tage dem Seewasser ausgesetzt und keimte ausgezeichnet, nach 100 Tagen keimten schon weniger, nach 120 Tagen nur noch einzelne Körner; ganz ähnlich verhielt sich Kartoffelsamen, welcher nach 90 Tagen gut keimte, nach 120 Tagen aber völlig ab- gestorben war; bei der Lupine lebte ein Drittel nach 22 Tagen, ein Sechstel keimte nach 36 Tagen, nach 50 Tagen waren alle abgestorben. Schon die Widerstandsfähigkeit dieser Pflanzen, die übrigens als Landpflanzen dem Seetransporte noch gar nicht angepasst sind, würde genügen, sie keimungsfähig durch. die Meeresströmungen weit zu verbreiten, denn der Haupt - Aequatorialstrom durchfliesst täglich Strecke von 60, der Kapstrom sogar eine Strecke von 90 Meilen, so dass wenige Tage genügen würden, eine schwimmende Frucht von einem Kontinente zum anderen oder nach weit gelegenen Inseln zu führen. stimmen denn auch die Erfahrungen anderer Forscher überein. Linne teilt in seinen Amoen. acad. VIII. pag. 3 ausdrücklich mit, dass die nach Norwegen durch das Meer verschleppten Früchte (Cassia Fistula, Anacardium oceidentale, Mimosa scandens und Cocos nucifera) keimten und sich entwickelten, und ähnlich berichtet der oben erwähnte Holmann: „Alle kräftigen Samen, wie die der Kletterpflanzen, behalten ihre Keimkraft, aber die zarteren Sorten, unter denen sich die Mangostine befindet, werden auf dem Wege zerstört.“ In der That giebt es auch viele Früchte, die den Wassertransport nicht er- tragen, wie z. B. Rumph von Canarium decrunanum Willd. erwähnt, dass seine Samen vom Meere oft ans Ufer geworfen werden, aber ihre Keimfähigkeit dann eingebüsst haben. Da es nun besonders zwei grössere Familien sind, welche zahlreichere Repräsentanten mit „Treibfrüchten“ aufweisen, nämlich die Palmen und die Leguminosen, so will ich zum Schlusse einige derselben hier als Beispiele aufführen. Nipapalme bereits erwähnt: wir nennen als dritte im Bunde die fälschlich „Maldivische Nuss“ genannte Lo- doicea Sechellarum. Ihre Heimat sind nämlich nicht, wie man lange glaubte, die Malediven, sondern allein die Sechellen, wo sie La Boudonnaie 1743 entdeckt hat. Hier wachsen sie meist am Strande, von wo die Früchte oft ins Meer fallen und nach den Malediven, der Mala- barküste und anderen Gegenden hingetrieben werden. Die Javaner haben daher die Tradition, dass diese Frucht nur auf einem einzigen Baume mitten im Meere wachse, in dessen Krone der Vogel Greif niste. Das merkwürdigste Muss denn eine tagelange Ein- eine Damit. Von ersteren hatten wir die Kokos und die. aus, von der sich die dynamo-elektrische dadurch unter- | ist wohl bei ihrer Verbreitungsweise die auftallende Grösse und Sehwere der Frucht, welche 20—25 Pfund schwer wird. Trotzdem traf sie schon ihr Entdecker Labillar- diere mitten im Meere treibend. Ausser den Palmen sind es, wie bereits gesagt, be- sonders viele Arten der Leguminosen, welche durch das Meer vertrieben werden; der Bericht der Challenger-Ex- pedition führt deren nicht weniger als 29 Spezies auf. Zu ihnen gehört die Riesenhülse (Entada Pursaetha DC), welche im tropischen Asien, Afrika und Amerika verbreitet ist und Samen von der Grösse eines Hühner- eies hat, ferner die Röhren-Cassie, Cassia Fistula, deren rundliche, 2 Fuss lange Hülse in zahlreiche Fächer geteilt ist, die zwar anfangs mit einem süssen Marke er- füllt sind, beim Austrocknen desselben aber eben so viele Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 107 Hohlräume bilden, und so die Schwimmfähigkeit der Frucht erhöhen. Die runden Samen des Kugelstrauches (Guilandina Bonduc), welche die Gestalt und Grösse einer Flintenkugel haben, wurden aus dem Golf von Mexiko bis nach England vertrieben, wo sie zwar noch keimten, dann aber der Ungunst des Klimas erlagen. Die wenigen hier aufgeführten Beispiele könnten nun vielleicht beim Leser die Idee erwecken, dass dies Vertreiben der Früchte durch das Seewasser immerhin ein sehr vereinzeltes, und im grossen Haushalte der Natur von sehr ungeordneter Rolle sei. Dass dies aber, wenig- stens für die tropischen Strandgegenden nicht der Fall ist, erhellt aus Helmsley’s Beobachtungen, nach welchen über 37°/o aller Phanerogamen der Bermudas-Inseln zu den Treibpflanzen gehören. Die Wirksamkeit der dynamo-elektrischen Maschinen. Von Dr. K. F. Jordan. Die dynamo-elektrische Maschine, auch kurz Dynamo- maschine genannt, ist eine jener Erfindungen der Neuzeit, bei welchen — wie beim Telephon, Mikrophon und beim Phonographen — der einfache und doch so wunderbare unmittelbare Umsatz physikalischer Bewegungsformen eine Rolle spielt. Bei der dynamo-elektrischen Maschine handelt es sich um die Verwandlung von gewöhnlicher Massenbewegung in Magnetismus und strömende Blektrici- tät. Wenn wir uns die Wirksamkeit einer solchen Maschine klar machen wollen, so gehen wir am besten von der Thätigkeit der magneto-elektrischen Maschine scheidet, dass sie nicht wie jene einen im voraus vorhandenen Magneten, z. B. einen durch einen besonderen elektrischen Strom hergestellten Elektromagneten enthält, sondern dass der von der Maschine gelieferte Strom selbst zur Er- zeugung eines Magneten benutzt wird. Bekanntlich entsteht in einem Stromleiter, z. B. einer Drahtspirale ein elektrischer Strom, wenn ein in ihrer Nähe befindlicher Magnet seine Lage zu ihr ändert oder wenn sie gegen den Magneten bewegt wird; und zwar ist der Strom nach der Lenz’schen Regel derart, dass er die entgegengesetzte Bewegung zu jener hervorzurufen strebt, durch welche er selbst entstanden ist. Denken wir uns, dass in Fig. 1, welche eine Form der Dynamomaschine schematisiert darstellt, NS und NıSı zwei Elektromagnete sind, an deren Polen eiserne Arma- turen M und Mı angebracht sind, zwischen denen ein starker Eisenring R oder besser ein ringförmiges Bündel zahlreicher dünner Eisendrähte in Umdrehung (um die Achse A) versetzt werden kann. Dieser sich drehende Ring ist von einem Drahtgewinde umgeben. Sobald man den Ring in dem Sinne des grossen, gefiederten Pfeiles dreht, werden die einzelnen Windungen desselben gegen die Pole N und Sı und die durch die- selben in dem Eisenkern des Ringes erzeugten entgegen- gesetzten Pole verschoben; die Folge ist, dass die Win- dungen von einem elektrischen Strom durchflossen werden, dessen Richtung durch die Kleinen Pfeile angedeutet wird; dieselbe ist auf der linken Hälfte des Ringes derjenigen auf der rechten entgegengesetzt. Suchen wir diese Richtung für die obere Hälfte des Ringes festzustellen! — Den ganzen Eisenkern des Ringes können wir uns aus zwei Magneten — einem oberen und einem unteren — zusammengesetzt denken; beide haben ihren Nordpol auf der rechten Seite (gegenüber Sı), ihren Südpol auf der linken (gegenüber N). Die Lage beider Pole an sich (im Raume) bleibt bei der Drehung des Ringes unverrückbar dieselbe, weil sie den festliegenden Polen N und Sı der Elektromagnete NS und NıSı ihre Entstehung verdanken; den sich drehenden Ring dagegen durehwandern die Pole, oder sagen wir: der Ring dreht sich über die Pole hinweg. Nach der Ampere’schen Vorstellung von der Natur des Magnetismus können wir uns einen Magneten als einen Eisenstab vorstellen, den ein elektrischer Strom von solcher Richtung umfliesst, dass — wenn wir mit dem Strome schwimmen und den Stab ansehen — der Nordpol sich linker Hand befindet; diese Richtung würde für den unteren Magneten durch den Pfeil p angegeben werden. Dem Nordpol dieses Magneten nähert sich nun die rechte Hälfte des den oberen. Magneten um- gebenden Drahtgewindes fortdauernd; nach der Lenz- schen Regel muss daher in den Windungen derselben ein Strom von solcher Richtung erzeugt werden, dass er den den Magnetismus des unteren Magneten darstellenden Strom von der Richtung p abstossen würde. Da aber entgegengesetzt gerichtete Ströme einander abstossen, so muss die Richtung des in dem’ rechten oberen Viertel des Drahtgewindes erzeugten Stromes die entgegengesetzte von p sein; sie wird durch die Pfeile pı angegeben. Die die linke Hälfte des oberen Magneten umgeben- den Windungen entfernen sich von dem Südpol des unteren Magneten; daher muss der sie durchfliessende 108 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. Strom dem den Magnetismus darstellenden Strom von der Richtung p gleich gerichtet sein, d.h. so, wie es die Pfeile angeben. Z U RS 29 " AT, % q Fr {al In ‚gleicher Weise, wie hier entwickelt, findet man die Richtung des Stromes in der unteren Hälfte des Ringes. — An den beiden oben und unten befindlichen Punkten des Ringes, welche um 90° von den links und rechts befindlichen Polen entfernt liegen, also Indifferenzpunkte sind, fliessen die Ströme der linken und rechten Hälfte des Drahtgewindes zusammen bezw. auseinander. Oben gehen sie auf die Speichen, welche sich zwischen dem Ringe und einem die Achse umgebenden Holzcylinder H ausspannen, über und von hier auf Metallstreifen des Holzeylinders selbst (siehe Fig. 2, welche den Ring mit den zunächst daran sitzenden Teilen von oben gesehen zeigt). Mit den letzteren steht ein bürstenartig geformter Stromsammler B in Berührung, von welchem ein Leitungs- draht den (positiven) Strom fortführt. In den rechts befindlichen Stromsammler Bı tritt der Strom ein und geht auf die Windungen der unteren Hälfte des Ringes über und nach beiden Seiten auseinander, wie die Pfeile zeigen. { Hätten wir es nun mit einer magneto-elektrischen Maschine zu thun, so würde der an Bı befindliche Leitungs- draht gleich dem an B befindlichen frei endigen. Bei der dynamo-elektrischen Maschine sind aber die beiden Eisenkerne NS und NıSı von diesem Drahte umwickelt, so dass der Strom des letzteren ihren Elektromagnetismus erzeugt. Die freien Enden des Drahtes sind durch + und — bezeichnet. Nach dem Gesagten entsteht durch die blosse Um- drehung des Ringes: erstens in den Windungen des Ringes der bei + austretende und bei — eintretende positiv elek- trische Strom, und dieser Strom ist es zugleich zweitens, welcher NS und NıSı zu Elektromagneten macht. Dagegen könnte der Einwand erhoben werden, dass die Magnete NS und NıSı vorher vorhanden sein müssen, damit dann der das Drahtgewinde durchfliessende Strom entstehe, dass man daher nicht erst mittelst des letzteren Stromes die Magnete erzeugen könne. Allein es ist an- zunehmen, dass in NS und NıSı eine gewisse Menge — wenn auch nur eine Spur — von Magnetismus zurück- geblieben ist; infolgedessen entsteht beim Drehen des Ringes in dem Stromleiter, sobald er geschlossen ist, zunächst ein schwacher Strom. Dieser verstärkt nun den Magnetismus der PoleN und Sı und wird dadurch selbst wiederum stärker. So steigern sich gegenseitig Strom und Magnetismus bis zu einer Grenze hinauf, welche eintritt, wenn NS und NıSı bis zur Sättigung magneti- siert sind. — Die dynamo-elektrische Maschine liefert nicht nur auf Kosten mechanischer Arbeit einen elektrischen Strom, der zu verschiedenen Zwecken, z. B. zur Speisung elek- trischer Lampen, benutzt werden kann, sondern sie Kann auch die umgekehrte Thätigkeit entfalten. Wird nämlich durch den bei + und — endigenden Draht ein elektrischer Strom geschiekt, so bewirkt derselbe eine Umdrehung des Ringes”). In diesem Falle kommt der Maschine der Name „elektro-dynamischer Motor“ zu. Wendet man zwei dynamo-elektrische Maschinen an, so kann man eine Uebertragung von Kraft auf weite Strecken in’s Werk setzen. Es liefert dann die eine Maschine den Strom, welcher zu der anderen Maschine, die als elektro-dynamischer Motor wirkt, geführt wird und dieselbe in Thätigkeit versetzt. *) Wenn der positive Strom die in der Figur angegebene Rich- tung einschlägt, so dreht sich der Ring in umgekehrter Richtung, ‚als es der gefiederte Pfeil anzeigt. Kleinere Mitteilungen. Elektricität als Nachrichter. — In New-York wurde in den letzten Tagen gesetzlich beschlossen, die zum T'ode verurteilten Verbrecher mittelst Elektrieität binrichten zu lassen. Im Anschlusse hieran machte man den Vorschlag. die Exekution in folgender Weise zu vollziehen. Der Delinguent wird auf einen Sessel gesetzt, welcher mit den Polen einer galvanischen Batterie derart in Verbindung steht, dass der elektrische Strom, welcher der Stärke des Blitzes gleichkommt, durch den Körper des Hinzurichtenden hindurchgehen muss. Die Drahtleitung ist an einer Stelle durch das Einschalten einer Wage in der Weise unterbrochen, dass, wenn die Wage in Ruhe verharrt, der elektrische Strom nieht in Thätigkeit tritt, während hingegen durch das Hinabgehen einer Wageschale, infolge des Herstellens eines Kontaktes, der elektrische Strom sich auslöst. Der Richter, welcher dem Delinquenten sein Urteil ver- kündet, zerbricht dabei einen Stab und wirft die Stücke auf eine Wageschale, worauf diese hinabsinkt und sofort das Urteil vollstreckt. Kreis-Physikus Dr. L. Schmitz zu Malmedy. Ueber die Erforschung des Rio Xingü teilt Dr. Max Wildermann in dem von ihm herausgegebenen „Jahrbuch der Naturwissenschaften 1887—1888“* folgendes mit. F Auf unseren Atlanten und Karten sind auch die centralen Teile Brasiliens sebr detailliert mit Flüssen und Gebirgen ausgefüllt; und doch sind diese Gegenden so unbekannt, wie es bis vor kurzem ET AÄETT PIE VER Nr. 14. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 109 die centralen Teile Afrikas waren. Die grosse, äusserst erfolgreiche Xingü-Expedition der Gebrüder von den Steinen im Jahre 1884 hat das für das Quellgebiet und den Oberlauf eines der grössten Nebenflüsse des Amazonas gezeigt. Die Reisenden fuhren von Montevideo aus den Paraguay aufwärts über Asuneion nach Corumba und Cuyaba. Vom Präsidenten der Provinz Mato Grosso erhielten die Herren eine militärische Begleitung von -30 Mann, mit deren Befehlshaber Dr. von den Steinen aber bald in Differenzen geriet. Die Expedition fand, dass der Xingü aus drei Quellflüssen entstehe, dem Ronuro (westlich), dem Kuliseu (östlich) und dem Batovy (in der Mitte zwischen den beiden ersteren). Die Reisenden fuhren den durch fast zahllose Stromschnellen ausgezeichneten Batovy auf selbst- gemachten Rindenkähnen hinunter. Die Vereinigung der genannten Quelltlüsse erfolgte auf 110 55‘ s. Br. Der Batovy ist hier 65 m, der Ronuro 450 m und der Kuliseu 380 m breit. Nach der Ver- einigung fliesst der Xingü in einer Breite von 500 m und mit einer Geschwindigkeit von 40—45 m weiter. Nach den bisherigen. An- gaben sollte der Xingü erst auf dem elften Grade südlicher Breite entspringen, während er auf dem zwölften Grade schon eine Breite von 500 m hat. Die Weiterfahrt auf dem Hauptstrome war sehr beschwerlich wegen zahlreicher Stromschnellen und Wassertüälle. Die Reisenden trafen folgende Indianerstimme an. Bevor die- selben den Batovy erreicht hatten, stiessen sie auf zwei Dörfer mit zahmen Bakairi-Indianern. Während der Fahrt auf dem Batovy trafen sie wilde Bakairi und die Kustenau. Am obern Lauf des Xingü wohnen die Trumai, Suyä und Manitsauä. Diese drei Indianer- stämme waren noch niemals mit Europäern in Berührung gewesen und kannten noch kein Metall. Etwas unterhalb der Wohnsitze der Manitsauä befindet sich ein grosser Wasserfall, den die Reisenden den „Martius-Katarakt“ nannten zum Andenken an den grossen deutschen Brasilienforscher. Dieser Wasserfall ist ethnologisch von grösster Bedeutung als Scheidewand zwischen den nördlich und südlich von ihm wohnenden Indianerstäimmen. Mehrere Tagereisen nördlich vom Katarakt sind die Ufer des Xingü und wahrscheinlich auch die hinter demselben liegenden Landstrecken gänzlich unbewohnt. Die Indianer oberhalb des Kataraktes haben von den unterhalb des- selben wohnenden nicht die mindeste Kenntnis. Diese letzteren sind zunächst die Yurunas, bei denen man schon verschiedene An- zeichen der Civilisation antrifft. Die Yuruna haben statt der leichten. zerbrechlichen Rindenkähne starke Baumkähne, die sie Ubäs nennen. Bei der Weiterfahrt halfen verschiedene Yurunas der Expedition die zahlreichen Stromschnellen und Wasserfälle überwinden. Nach einer sehr anstrengenden und gefahrvollen Reise, die ohne die Yurunas kaum möglich gewesen wäre, langte die Expedition in Piranhaquara an, dem Endpunkte der denkwürdigen Xingüfahrt des Prinzen Adalbert von Preussen. Damit war eines der grössten geogra- phischen Rätsel, an denen Süd-Amerika noch so sehr reich ist, glücklich gelöst. Die Erforscher konnten eingehende Studien über die Körper- beschaffenheit, die Wohnungen, Gerätschaften, Waffen, die Sitten und Gebräuche der angetroffenen Indianerstämme anstellen. In dem ausführlichen Reisewerke von Dr. Karl von den Steinen sind diese Studien, wie auch die meteorologischen Beobachtungen und die Ortsbestimmungen von Dr. Clauss mitgeteilt. Augenblicklich weilt Dr. von den Steinen in Begleitung von Dr. P. Ehrenreich auf einer zweiten Expedition wieder in Brasilien. Während die erste Expedition hauptsächlich geographische Ziele verfolgte, handelt es sich bei dieser zweiten wesentlich um ein genaueres, eingehendes Studium der unbekannten Indianerstämme am Xingü. Die Verwandtschaftsverhältnisse der grossen südameri- kanischen Indianer-Gruppen sind noch nicht ganz klar; wir können die Beziehungen der verschiedenen südamerikanischen Sprachen noch nicht hinreichend übersehen; die Heimat der Karaiben, die Ein- führung der Banane, dieser so wichtigen Tropenfrucht: alles das sind ethnologische Probleme, welche nach der Meinung Dr. von den Steinen’s und seines sprachkundigen Begleiters gerade hier im Innern Brasiliens am ersten — wenn überhaupt — gelöst werden können. Freilich, das eine betrübende Resultat der ersten Expedition wird keine Aenderung erleiden: dass der gewaltige, wasserreiche Xingü wegen der Unzahl von Katarakten niemals Handels-, Verkehrs- und Völkerstrasse gewesen ist und niemals eine solche werden kann. Ueber Eiszeiten in früheren geologischen Perioden. — Die Frage, ob die Eiszeit, welche der jetzigen Periode voranging, die einzige ihrer Art in der Entwicklungsgeschichte der Erde gewesen sei, hat seit langer Zeit die Geologen beschäftigt. Schon vor Jahren glaubte Ramsay in England eine öftere Wiederholung der Eiszeit nachweisen zu können. Da er jedoch jede mächtigere Konglomerat- bildung auf glaeialen Ursprung zurückführte, fanden seine Ansichten keine weitere Beachtung. Neuerdings hat man jedoch in Südafrika, Ostindien und, wie es scheint, auch in Australien Ablagerungen mit zahlreichen, un- regelmässig gelagerten, gekritzten Blöcken gefunden, deren glacialer Ursprung (? Eisberge) sehr wahrscheinlich ist. Die Altersbestimmung dieser Schichten machte mannigfache Schwierigkeiten und gab zu interessanten Erörterungen über die verschiedene Entwicklung der Lebewesen im Wasser und auf dem Lande Anlass. Man fand in den mit den glacialen Konglomeraten in Zusammenhang stehenden Bildungen eigenartige Reptilien, sowie eine Flora, die durchaus an die in Europa vorkommenden mesozo- ischen Pflanzen erinnert. Es erschien damit die Zurechnung dieser mächtigen terrestrischen Schichten zu Trias und Jura geboten. Jedoch fand man später, eingelagert in den oberen Teil der Land- pflanzen führenden Bildungen eine Schichtengruppe marinen Ursprungs mit zweifellosen paläozoischen (karbonischen) Tierresten. Die An- nahme, dass die älteren Meerestiere in der Südhemisphäre länger ausgedauert hätten, als im Norden, ist höchst unwahrscheinlich. Es bleibt somit nur die Möglichkeit, dass im paläozoischen Zeitalter auf einem Kontinent, der das heutige Ostindien, Südafrika, Australien, sowie die zwischenliegenden Meere umfasste, eine Pflanzenwelt von mesozoischem Charakter gleichzeitig mit den paläozoischen Pflanzen des Nordens lebte. Die schneller entwickelte, höher stehende Flora ist dann später nordwärts gewandert. Zur Erklärung dieser sonder- baren Verhältnisse hat nun Waagen an die glacialen Ablagerungen gedacht, die gleichzeitig mit den Pflanzenschichten auftreten. Er hat die Ansicht ausgesprochen, dass der paläozoische Südkontinent, dessen Zusammenhang durch die nahe Verwandtschaft der afrikani- schen, indischen und australischen Floren erwiesen wird, von einem, riesige Gletscher tragenden Hochgebirge erfüllt war, und dass die hierdurch bedingte Temperaturerniedrigung den abweichenden Charak- ter der Flora erkläre. Die Bestätigung dieser geistreichen Hypothese muss ferneren Forschungen vorbehalten bleiben. Dr. Fr. Frech. Die Umwandlung von Hyoscyamin in Atropin. — Die Solanumbasen Hyoseyamin und Atropin finden ihrer mydriatischen Wirkung wegen auszebreitete Anwendung in der Augenheilkunde und werden infolgedessen in grösserem Massstabe technisch dargestellt. Bei der Verarbeitung von Belladonnawurzel auf die genannten Alka- loide unter verschiedenen Bedingungen hatte sich nun das bemerkens- werte Resultat ergeben, dass das Verhältnis der auszebrachten Menge von Atropin und Hyoscyamin je nach der Art der Verarbeitung ein eanz verschiedenes war. Diese wechselnde Ausbeute an dem einen oder anderen Alkaloid schrieb man früher entweder einem von vornherein verschiedenen Gehalt der Wurzel an beiden Basen zu oder aber dem Umstande, dass je nach der angewandten Methode bald die eine, bald die andere derselben der Wurzel vollständiger entzogen werde. Sorgfältige, in der chemischen Fabrik auf Aktien vormals E. Schering angestellte Beobachtungen dieses Prozesses haben nun gezeigt, dass man es völlig in der Hand hat. aus der- selben Wurzel bei zweckmässig geleiteter Extraktion überhaupt nur Hyoscyamin, bei weniger vorsichtig geleiteter Extraktion dagegen ein atropinreiches Produkt zu erzielen. Diese Erfahrung führt notwendig zu der Annahme, dass das Hyoseyamin während der Verarbeitung im Atropin umgewandelt werde, und in der That haben Versuche, welche Dr. W. Will auf Wunsch der genannten Fabrik angestellt und welche er in den Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 1888. S. 1717—1726 mitgeteilt hat, das interessante Ergebnis geliefert, dass sich wirklich Hyoseyamin auf verschiedene Weiseleichtin Atropin umwandeln lässt. Diese Umwandlung erfolgt z. B. schon, wenn man Hyoscyamin in einem ausgepumpten Gefäss einige Stunden auf die Temperatur seines Schmelzpunktes (109—110°) erhitzt. Sie tritt ferner. und zwar bei gewöhnlicher Temperatur, ein, wenn man alkoholische Hyoseyaminlösung mit etwas Natronlauge versetzt. 1 g in etwa zehnprozentiger Lösung wird so durch einen Tropfen Natronhydrat in zwei Stunden völlig in Atropin umgewandelt. Ammoniak wirkt ebenso, aber langsamer. Wie es scheint, geht diese Umwandlung auch bei längerem Erwärmen mit verdünnter Salzsäure vor sich. Da bei der Verarbeitung. der Belladonnawurzel das Alkaloid aus dem sauren Extrakte stets durch ein Alkali abgeschieden wird, und die alkalische Flüssigkeit längere oder kürzere Zeit mit dem Alkaloid in Berührung bleibt, so ist dadurch das Mengenverhältnis, in welchem Atropin und Hyoscyamin aus der Wurzel gewonnen werden, bedingt. Dr. Max Koppe. Eine neue Erscheinung der Totalreflexion hat Dr. C. Pulfrich beobachtet und in den „Verhandlungen des naturhistori- schen Vereins der preussischen Rheinlande, Westfalens und des Reg.- Bez. Osnabrück“ beschrieben. Füllt man einen rechtwinkligen Glaskasten mit Wasser und lässt dasselbe aus einiger Höhe (etwa der Wasserleitung) in das Gefäss strömen, um die mitgeführ- ten und mitgerissenen Luftteilchen im Wasser zu verteilen, setzt man dann das Gefäss den horizontal einfallenden Sonnenstrahlen aus und blickt unter 90% etwa gegen die Richtung der letzteren nach dem Gefässe, so erbliekt man nach kurzer Zeit einen rötlichen Schein und bald auch die anderen Farben des Spektrums. Bald zeigen sich auch die sogenannten „überzähligen* Bogen. Sobald die letzten 110 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. TEE TE TEE TEE EEE —— Luftkügelehen zur Oberfläche autgestiegen und das Wasser verlassen haben, hört die Erscheinung auf. Wir haben hier also einen Regen- bogen, hervorgebracht durch die Grenzstrahlen der Totalreflexion der Sonnenstrahlen an den Luftkügelchen im Wasser — so dass hier die Luftteilchen dieselbe Rolle im Wasser übernehmen, welche die Wasserbläschen in der Luft bei der Hervorbringung der Regen- bogen spielen. — Neues aus dem Gebiete der Elektricität und des Magnetismus. — 1. Ueber die Leitungsfähigkeit des Vakuums für das Durchströmen der Elektrieität herrschte bisher vielfach die Goldstein-Edlund’sche Ansicht, dass das Vakuum an und für sich ein guter Leiter der Elektrieität sei und dass der bemerkte Widerstand nur entweder von einer Polarisation der Elek- troden oder von dem Uebergang von diesen zu den verdünnten Gasen des Vakuums herrühre. In Wiedemann’s Annalen ver- öffentlicht jetzt A. Foeppl eine neue Untersuchung, aus welcher hervorgeht, dass die eben ausgesprochene Anschauung nicht zu- treffend ist. Bei seinen Versuchen benutzte A. Foeppl nicht wie gewöhnlich ein Paar Elektroden, welche sich im Vakuum befinden, sondern er stellte sich, um von allen sekundären Vorgängen und Erscheinungen unabhängig zu sein, einen homogenen geschlossenen Stromkreis aus Glasspiralen her, in welehen er durch eine grosse Kupferdrahtspirale Induktionsströme hervorzurufen suchte. Es zeigte sich nun hei allen diesen Versuchen kein Induktionsstrom, wie an einem Magnetspiegel beobachtet werden konnte, hingegen entstand, wenn ein Kupferdraht statt der Glasspiralen verwendet wurde, sofort ein grosser Ausschlag, aus welchem man schliessen kann, dass das Vakuum sicher 4400 mal schlechter als Kupfer leitet. 9%. Ueber den Durchgang des elektrischen Stromes durch Schwefel. — Bekanntlich ist der Schwefel bei gewöhn- licher Temperatur ein äusserst schlechter Leiter für Elektrieität, dagegen wird derselbe, wie B. Duter in den „Comptes Rendus“ vom 19. März angiebt. sehr gut leitend, wenn er auf die Siede- temperatur gebracht wird. Um diese Eigenschaft nachzuweisen, wurde ein Glastubus in ein Sandbad gestellt und in denselben reiner krystallisierter Schwefel eingeführt, zunächst ohne ihn zu kochen. In den Schwefel wurden zwei Platinelektroden gebracht, während ein Kommutator die Plektroden mit einer galvanischen Säule oder mit einem Blektrometer in Verbindung setzte. Auf diese Weise stellte Duter fest, dass die Platinelektroden polarisiert wurden, doch musste er sie, da der Schwefel das Platin angriff, durch Elektroden ans reinem Golde ersetzen; dabei war zu beachten, dass das Metall das Glas nicht berührte, weil das erwärmte Glas ebenfalls ein Leiter wird. Es zeigte sich, dass wieder eine Polari- sation der Elektroden eintrat, ohne dass indessen der Schwefel die- selben angriff. Es wurden nun Versuche mit reinem kochenden Schwefel gemacht. durch welchen jetzt ein starker Strom geschickt wurde. Um die Stärke des Stromes zu schätzen, wurde ausserdem in den Stromkreis eine Lösung von Kupfervitriol eingeschaltet, in welche zwei Platinelektroden tauchten. Solange der Schwefel nicht kochte, wurde nichts bemerkt. aber sobald das Sieden eintrat, salı man, wie die eine Platinelektrode sich mit Sauerstoffbläschen be- deckte, während auf der anderen eine Schicht metallischen Kupfers angesetzt wurde, woraus hervorging, dass ein Strom durch den Stromkreis, also auch durch den kochenden Schwefel ging, oder mit anderen Worten, dass der Schwefel während des Siedens die Elek- trieität leitete. Nach 8 Stunden wurden die Goldelektroden aus dem Schwefel entfernt; sie zeigten sich gleichfalls mit einer Schicht be- deckt. die noch genauer untersucht werden soll. 3. Ueber das Zerstäuben glühender Metalle hat A. Berliner Versuche angestellt, über welche er in den Annalen der Physik berichtet. Es war nämlich von Nahrwald bei Unter- suchungen über die elektrische Leitungsfähigkeit der Luft die An- sicht geäussert worden, dass der schwarze Spiegel, welcher auf der Glaswand entsteht, wenn ein Platindraht in einem abgeschlossenen Glasraume glüht, von abgeschleuderten Metallteilchen herrühren, welche die Träger und Leiter der Blektrieität bilden. In seiner Arbeit zeigt nun Berliner, dass hier die in Metall eingeschlossenen und beim Glühen wieder frei werdenden Gase die eigentliche Ursache für das Zerstäuben bilden, beim Freiwerden reisst das Gas, wahr- scheinlich rein mechanisch, kleine Partikelehen mit sich fort, welche sich an der Gefässwand ansetzen. Die Versuche wurden sowohl mit Platin als auch mit Palladium gemacht, und es zeigte sich ganz zweifellos, dass der Spiegel auftrat, wenn in dem Metalle Gas eingeschlossen war, dagegen trat derselbe sehr schwach oder gar nicht auf, wenn dem Metalle vorher durch Glühen u. s. w. das Gas entzogen worden war. 4. Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Magnetisierung des Eisens. — Seit langer Zeit ist bekannt, dass Eisen in der Rotglut seine magnetische Eigenschaft vollständig verliert. Coulomb und nach ihm viele andere Forscher untersuchten das Eisen daraufhin in systematischer Weise, wobei sich das er- wartete Resultat ergab, dass der Magnetismus sich nicht plötzlich, sondern nur sehr schnell bei einer dem Dunkelrotglühen nahen Tem- peratur verliert. Aber die bisherigen Untersuchungen bezogen sich nur auf Hitzegrade bis wenig über 300°, wo die Veränderungen im Magnetismus des Eisens noch nicht bedeutend sind. In einer im Journal de Physique erschienenen Arbeit veröffentlicht Ledeboer die Resultate seiner Untersuchungen, die sich von der gewöhnlichen Temperatur bis zu der der Rotglut durch alle Zwischengrade er- streckten. Die von Ledeboer angewendete sinnreiche Methode und die theoretischen Erörterungen, auf welchen dieselbe beruht, lassen sich indessen hier nicht kurz auseinandersetzen, und müssen wir unsere Leser auf.das Original verweisen. Es sei nur bemerkt, dass die Erhitzung des Eisens durch eine dasselbe umgebende Platindrahtspirale geschah, welche durch einen Strom von ver- schiedener Intensität das Eisen auf verschiedene Temperaturgrade bis zum Kirschrot zu bringen im Stande war. Es ergiebt sich aus Ledeboer’s Resultaten, dass bis nahe 680° die magnetische Per- meabilität des Risens fast konstant bleibt. Von 680° an findet eine äusserst starke Abnahme derselben statt, und bei 760° hört das Eisen gänzlich auf, magnetisch zu sein. Ledeboer schliesst seine Mitteilung mit dem Hinweis auf eine Arbeit Pionchon’s über die specifischen Wärmen bei hoher Temperatur. Dieser Forscher schloss aus seinen Untersuchungen, dass das Eisen zwischen 660° und 720 ° eine „allotrope* Veränderung erfährt. Vielleicht stimmen beide Temperaturen, die Ledeboer’s und Pionchon's, überein. A. Gutzmer. Ueber die Entstehungsgeschichte der Spektralanalyse wird in der „Praktischen Physik“ (Nr. 4, 1888) das Folgende mitge- teilt. Mögen die Fachgelehrten über die wissenschaftliebe Bedeutung der Spektralanalyse schreiben, die Entstehungsgeschichte wurde von Gustav Kirchhoff bei dem Abschiedessen. welehes dem scheiden- den Kollegen gelegentlich seiner Uebersiedelung nach Berlin von der Heidelberger Universität gegeben wurde, in folgender Weise erzählt — ohne dass es möglich ist, die feine, liebenswürdige, humoristische- Darstellung getreu zu kopieren. Robert Bunsen war in Breslau mit Kirchhoff bekannt und bald vertraut geworden; beide wussten, was sie aneinander hatten und für einander sein konnten. Auf einem der täglichen gemeinsamen Spaziergänge nach dem Mittagessen blieb der berühmte Chemiker — in seiner bekannten Art — plötzlich stehen und sagte: „Kirchhoff, man müsste einmal eine Entdeckung machen, bei der man sich sagen müsste: nein, das ist doch zu dumm!“ Beide lachten und setzten, diesen Gedanken weiter ausspinnend, ihren Weg fort. Jahre waren vergangen. Bunsen und Kirchhoff lehrten an der Ruperto-Carola und arbeiteten zusammen in einem engen Stübchen der oberen Etage des sogenannten „Riesen“ gegenüber dem heutigen physikalischen Institute. Eine Lampe wurde durch Zufall in den Bereich der einfallenden Sonnenstrahlen gesetzt. Kirchhoff bemerkte, dass eine der hellen Stellen sich verdunkelte. Er glaubte an eine Sinnestäuschung, nahm die Lampe fort — der Streifen wurde wieder bell. Er wiederholte dasselbe Experiment mit gleicher Wirkung. Jetzt rief er Bunsen herzu, und beide überzeug- ten sich von der Richtigkeit des Gesehenen. Aber wie ist das mög- lich?! Beide sannen, sprachen, rieten lange hin und her. Endlich meinte Bunsen: „So kommen wir nicht weiter. Wir wollen in Ihre Wohnung hinübergehen, eine Cigarre rauchen und von ganz anderen Dingen sprechen, dann wird uns vielleicht nach einiger Zeit das Rich- tige einfallen“. Gesagt, gethan. Bunsen streckte sich in seiner ganzen Länge auf die ihm wohlbekannte Chaiselongue, Kirchhoff | sass in semem Lehnstuhl, und sie qualmten heftig, über alles mög- liche plaudernd und scherzend, scheinbar gleichgiltig, aber in Wahr- heit tief erregt und in Gedanken nur mit der merkwürdigen That- sache beschäftigt. Eine Stunde etwa mochte vergangen sein, da sprang Bunsen plötzlich auf: „Kirchhoff. ich hab's! Die Flamme der Lampe wird von demselben Stoffe gespeist, welcher in der Sonne brennt!“ Sie eilten wieder nach dem „Riesen“, stellten wieder eine Anzahl Versuche an, und — die riesige Entdeckung war gemacht und konstatiert! Zur Vorausbestimmung der Temperatur. — Auf Seite 68 und 69 Bd. II der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ hat Herr Fr. Bendt die Frage der Temperatur-V orausbestimmung er- örtert und dabei auch meiner Methode zu diesem Zwecke gedacht. Sie erlauben mir nun wohl die Mitteilung, dass ich die Methode in letzter Zeit bedeutend habe vereinfachen können. Die verbesserte Regel lautet dahin: „Die Temperatur, welche das feuchte Thermo- meter eine Stunde vor Sonnenuntergang im Freien und im Schatten anzeigt, ist, wenn man von Abweichungen bis zu 1° CO. als un- erheblich absieht, in 80°), aller Fälle gleich derjenigen Temperatur, welche dasselbe Thermometer trocken um 8 Uhr des nächsten Vor- mittags im Schatten zeigen wird. Letztere Temperatur ist aber der Regel nach die Mittel-Temperatur des Tages, so dass diese schon am Nachmittage des vorhergehenden Tages bestimmt werden kann.“ Diese Regel trifft glücklicherweise in der wärmeren Jahreszeit — vom April bis Oktober —. wo sie am meisten gebraucht wird, La), ES Nr. 14. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 111 am besten zu, während man in den Wintermonaten noch 2° von dem Stande des feuchten Ühermometers abziehen muss, um die Mittel- Temperatur des nächsten Tages zu erhalten. Die Gründe für diese scheinbare Anomalie zu erörtern, würde hier zu weit führen Darnach aber kann jedermann für sich die nützlichsten und interessantesten Beobachtungen anstellen. Man braucht nur sein Thermometer eine Stunde vor Sonnenuntergang mit einem in reinem Wasser getränkten kleinen Lappen von Musselin, Tüll oder feiner Leinwand an der Quecksilberkugel einfach, aber anschliessend zu umwickeln und den Lappen mit etwas Bindfaden daran festzuschnüren, worauf man das Instrument im Freien und im Schatten, am ein- fachsten also vor einem nach Osten gehenden, geschlossenen Fenster, etwa eine Viertelstunde hängen lässt. Die dann von dem T'hermo- meter angezeigte l’emperatur ist die Mittel-Temperatur des nächsten Tages. Die vorkommenden Abweichungen gleichen sich in einem längeren Beobachtungs-Zeitraum in bewunderungswürdiger Weise wieder aus; in der Zeit von drei Monaten beträgt besonders im Sommer der Fehler meist nur + 0,50 C., Wenn nach dieser einfachen Be- obachtung das feuchte Thermometer für den nächsten Tag eine Mittel- Temperatur von + 20°C. oder mehr angiebt, so kann man mit grosser Sicherheit auf ein kommendes Gewitter schliessen. Wie man übrigens mittelst des feuchten Thermometers oder des Hygrometers auf ein- fachste Weise auch die gesamte Witterung des nächsten Tages mit 80—85°/, Treffern vorausbestimmen kann, habe ich auf Grund zahl- reicher Beobachtungen, welche nach meiner Methode auch von sehr vielen auswärtigen Interessenten angestellt worden sind, bereits viel- fach und unter anderem auch in einer kleinen Schrift: „Die Vorher- bestimmung des Wetters“ (J. P. Bachem,. Cöln a. Rh. 1886) zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Dr. A. Troska. Fragen und Antworten. Was versteht man unter Getreidekrebs, und wo findet man Näheres über denselben? „Getreidekrebs“ ist einer der vielen Namen für die Maulwurfs- grille. Gryllotalpa vulgaris. Die Bezeichnung Krebs hat sich dieses höchst schädliehe, mit den Heuschrecken verwandte Insekt bei den Landleuten wegen seiner entfernten Aehnlichkeit mit einem echten Krebse verschafft. Dem Laien fallen die kräftigen, mit zackigem Rande versehenen Grabbeine, den Krebsscheeren vergleich- bar, der breit gewölbte Brustkasten und der geringelte, dem Krebs- schwanze entfernt ähnliche Hinterleib auf. Für die Gryllotalpa sind die Ausdrücke Ackerkrebs, Werre, Reutwurm, Reitwurm, Paduchse u. a. ausser den oben genannten in Gebrauch. Näheres über die Lebensweise und die Vertileung des die Wurzeln unserer Kulturpflanzen vernichtenden und daher äusserst schädlichen Tieres findet man in jedem populären Handbüchlein über acker- und forstschädliche Insekten. Dem Fragesteller empfehlen wir Schmidt-Göbel, Die schädlichen und nützlichen Insekten in Forst. Feld und Garten, Wien 1881, G. Jäger und E. Hoffmann, Abbildungen landwirtschaftlich schädlicher Insekten (2 Tafeln); W. Hess. Bilder aus dem Leben schädlicher und nützlicher In- sekten. Leipzig 1881. zur Lektüre. Ueber „Werren im Saatkampe“ schrieb von Alten in der Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1884, 16. Jahrg. S 175—176 einen besonderen Aufsatz. Dr. Carl Müller (Berlin). Litteratur. Dr. Wilh. Runge: Die Mineralogiein Schule und Haus. Anleitung zum mineralogischen Unterricht. Mit 18 Holzschnitten. 4. Auflage. Breslau 1888. Verlag von E. Morgenstern. Preis SO 4. Das Büchlein des Geheimen Bergrates Runge besteht aus einer Einleitung, in welcher der Lehrer über den Gebrauch desselben, über weitere Hilfsmittel der Litteratur, über die Binriehtung der nötigen Schulsammlunge und Verwendung derselben unterrichtet wird. Mit Recht wird betont, dass die Stücke der Sammlung gross und charakteristisch sein sollen, dass der Lehrer dieselben möglichst selbst sammeln soll und dass auch der Schüler an ihnen probieren soll. Die Kennzeichenlehre ist nur für den Lehrer bestimmt, von dem sie fleissiges Studium erfordert. Dann folgen die den Hauptteil bildenden zwölf Vorträge. Hier wird in allgemeinverständlicher Weise zuerst das Wichtigste über die Gestalt der Erde, die Erdwärme, die Erdrinde angeführt. Es werden die üussereren Kennzeichen der Mineralien besprochen, die Krystallbildung, das Wesen und die Form der Kıystalle er- läutert. Von den einzelnen Mineralien findet der Quarz eingehende Berücksichtigung. Feldspat, Thon, Glimmer, Talk, Homblende, Kalk, Aragonit, Phosphorit, Flussspat, Gips. Schwerspat. Bleiglanz, Anti- monglanz, Schwefelkies, Arsenikkies, Zinnober. die Eisenerze, Mangan- erze, Quecksilber und andere gediegene Metalle, Steinsalz, Soda, ‘Salpeter, Schwefel. Graphit, Diamant, Kohlenarten, Bernstein, Erdöl werden dann mehr oder weniger ausführlich erörtert. Immer aber werden die interessanten Punkte, wird die Bedeutung für das prak- tische Leben, die Verwendung, der Zusammenhang mit anderen Gebieten der Natur hervorgehoben. Die Bildung der Erdrinde, Erd- beben, Vulkane, Erdrutsche, die Formationsglieder und charakteristische Versteinerungen, die geographische Verbreitung wichtiger Schichten, die Gletscher und die Eiszeit der Erde und endlich die Abschnitte der vorgeschichtlichen Zeit seit dem Auftreten des Menschen finden Berücksichtigung. Man erkennt, dass Liebe zur Sache und Beherrschung des Stoffes das Werk gefördert haben. Einzelnes, so die Darstellung der Krystallsysteme, die Begründung der Krystallform, die hier und da eintretende Häufung des Stoffes wird mancher anders wünschen. Im ganzen erfüllt aber das gute Werk seinen Zweck recht wohl. Es wird den Lehrern ein willkommener Leitfaden sein und ihn und die Schüler anregen. Bemerken will ich noch, dass als ein Buch, in welchem die Mineralien nicht troeken und kalt beschrieben werden, die Quenstedt'sche Mineralogie zu nennen und zum tieferen Ein- dringen zu empfehlen sein dürfte. Das Kurr-Kenngott'sche Mineralreich in Bildern wird wohl gerade durch manche Abbildungen falsche Anschauungen hervorrufen. Dr. R. Scheibe. Block, F., 3000 Fälle von Hautkrankheiten aus der dermato- logischen Klinik von H. Köbner. Klinische Analyse nebst the- rapeut. Bemerkg. gr. 8%. Preis 1.40 80 4. Fischer's mediein. Buchh. (H. Kornfeld) in Berlin. Braune, W., u. O. Fischer, Ueber den Anteil, den die einzelnen Gelenke des Schultergürtels an der Beweglichkeit des menschlichen Humerus haben. (Sep.-Abdruck.) Lex.-8%. Mit 3 Tafeln. Preis 1. 60 „. S. Hirzel in Leipzig. Clessin, S., Die Mollusken-Fauna Oesterreich-Ungarns und der Schweiz. 3. Ltg. 8°. (S. 321—480.) Preis 3 4. Bauer & Raspe in Nürnberg. } Coordes, C., Die klimatologische Karte von Europa. Preis 75.4. 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(Mit Abbild.) — Kleinere Mitteilungen: Blektrieität als Nachrichter. — Ueber die Erforschung des Rio Xingü. — Ueber Eiszeiten in früheren geologischen Perioden. — Die Umwandlung von Hyoseyamin in Atropin. — Eine neue Erscheinung der Totalreflexion. — Neues aus dem Gebiete der Elektrieität und des Magnetismus. — Ueber die Entstehungsgeschichte der Spektral- analyse. — Zur Vorausbestimmung der Temperatur. — Fragen und Antworten: Was versteht man unter Getreidekrebs, und wo findet man Näheres über denselben. — Litteratur: Dr. Wilh. Runge: Die Mineralogie in Schule und Haus. -— Bücherschau. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Inserate bitten wir un- _ 4, Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. II. Band. | Sonntag, den 8. Juli 1888. | Nr. 15: Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ‚X 3.—; Bringegeld bei der Post 15.45 extra. Y Inserate: (010) A Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Feigen und ihre Liebesboten. Von Prof. Dr. F. Ludwig. Wie Galiläi einst die Ansicht, dass unser Planet das Centrum des Weltalls sei, um das sich alles andere drehe, als eine irrige erwies, so haben die Sprengel, Fritz und Hermann Müller und andere uns die Meinung genommen, dass die Erde ausschliesslich des Menschen halber da sei, indem sie die Wunder der Blumenwelt, die wir so gerne als Schöpfungen zu Freud und Ergötzen des Menschen betrachteten als Anpassungen an andere Wesen, die Insekten erklärten. Freilich gelang es Ihnen ebensowenig ohne ein gewisses Martyrium, ihre Mitwelt dieses anthropocentrischen Standpunktes zu berauben, als dem grossen Astronomen die Verrückung des geocentri- schen Standpunktes ohne dasselbe möglich ward. Und welch’ wunderbare Klarheit hat diese moderne Blumen- lehre in das Chaos der Blumengestalten gebracht! Welch’ zweckmässiges Walten tritt uns da überall entgegen, wo wir vordem nichts als ein launenhaftes Spiel der Natur zu erkennen vermochten! Da erscheinen uns nicht nur die merkmürdigen Blütenmechanismen der Orchideen, der Osterluzei, der Schwalbenwurz und tausend anderer Pflanzen erklärlich, nein jedes Strichel- chen und Härchen in der Blüte erscheint uns wie eine wohlbedachte Einrichtung, die zu den Insekten in Be- ziehung steht. In der ganzen Pflanzenwelt dürfte es kaum ein besseres Beispiel für das Ineinanderleben von Blumen und Insekten geben, kaum auch ein anderes die Frucht- barkeit der neuen Anschauungen schlagender erweisen als das der Feigen und ihrer Liebesboten: der bestäubungs- vermittelnden Wespen. Die Geheimnisse, welche der Blütenboden der Feige birgt, sollen uns im Folgenden etwas näher beschäftigen. Schon den Alten war ein Verfahren bekannt, das noch heute in Griechenland, dem früheren Königreich Neapel etc. bei der gewöhnlichen Feige, Ficus Carica, geübt wird, um reichlicheren Ertrag zu erzielen. Herodot, Theophrast und Plinius berichten darüber. Theophrast schrieb: „Dem Abfallen der Früchte des Feigenbaumes beugt man durch die Kaprifikation (Erinasmos) vor. Man hängt nämlich an den zahmen Baum wilde Feigen (Erineos, Caprificus), aus denen Gallwespen hervorkommen, die in die zahmen Feigen von deren Aussenende aus hinein- kriechen. ... Die Gallwespen kommen nur aus wilden Feigen und zwar aus den Kernen. Den Beweis dafür liefert der Umstand, dass die Kerne fehlen, wenn die Gallwespen ausgeschlüpft sind“. — Der Entomologe Löw hat im Jahre 1843 Studien über dies Verfahren der „Kaprifikation“ auf der Insel Leros gemacht. Nach seinem Berichte werden nach Mitte Juni die halbreifen von Wespen befallenen und an ihrer nicht so vollkommen geschlossenen Oeffnung kenntlichen Früchte der wilden Feige gesammelt, je zwei derselben durch Binsen vereinigt und in gleichmässiger Verteilung auf die Zweige der kultivierten Feige gehängt oder ge- schickt geworfen. Beim Einschrumpfen der aufgehängten Früchte brechen die Wespen daraus hervor und legen ihre Eier in die Früchte der Kulturfeige, die aber reift, bevor sich die junge Brut entwickelt. Im Jahre 1881 hat der Professor Graf zu Solms-Laubach in einer grösseren Abhandlung „die Herkunft, Domestikation und 114 N aturwissenschaftliche Wochenschrift. INTARISE Verbreitung des gewöhnlichen Feigenbaumes (Abh. d. Kgl. Ges. d. Wiss. Göttingen, Bd. XXVIIl)“ über Wesen Ursprung und Verbreitung der Kaprifikation die Resultate eingehenderer Studien niedergelegt, ohne indessen die Zu- gehörigkeit des Kaprifikus, der Ziegenfeige, richtig zu erfassen. Während bei der Feige der ganze Blütenstand saftig wird, Blütenhülle und Blütenstiele anschwellen und sich mit süssem Saft füllen, bleibt das Fruchtgehäuse des Kaprifikus hart und milchend bis zur Fruchtreife und vertrocknet schliesslich. Fritz Müller kam erst 1882 hinter die Bedeutung der zur Kaprifikation verwendeten Ziegenfeigen — Graf zu Solms-Laubach hatte die Essfeige als Kulturform der letzteren betrachtet. Fritz Müller wies nach, dass die Ziegenfeige und Ess- feige, von welchen letztere nur weibliche Blüten ent- hält, erstere nur im Grunde weibliche, um den Blüten- eingang herum dagegen männliche, die sich erst monatelang: nach den weiblichen entfalten, zusammengehörige Formen derselben Art sind, wie sie die Biologen in den kleinblüticen, weiblichen Stöcken des Thymians und vieler anderen Lippenblütler, Nelkengewächse etc. oder in den lang- und kurzgriffeligen Stöcken der Primeln etc. erkannt haben, er verglich den Kaprifikus den männ- lichen, die Essfeige den weiblichen Exemplaren anderer Pflanzen. Damit war eines der wichtigsten Rätsel gelöst — es war diese Deutung, wie Solms-Laubach selbst sich ausdrückt, das Ei des Columbus. Solms- Laubach fand dann auch bei javanischen Feigen- arten eine ähnliche Geschlechterverteilung, so bei Ficus hirta Vahl., wo er bereits nach dem äusseren Aussehen der Feigen zweierlei Büsche unterscheiden konnte: die einen trugen kugelige, später kirschrot und saftig werdende Feigen, die anderen aus kugeliger Basis gegen die Spitze verschmälerte, birnen- förmige, die ihre grüne Farbe und lederzähe Kon- sistenz behielten. Die ersteren enthielten stets nur weibliche Blüten, aus denen normale Früchtchen sich entwickelten. Die anderen, die männlichen Feigen, enthielten oben die männlichen Blüten (mit 1—2 Staub- gefässen) darunter ausschliesslich (bis zur Mitte der Feige) weibliche Blüten, welche unfruchtbar blieben. — Es war hierdurch die Zwiegestalt der Feigen und das Wesen der Kaprifikation klargestellt. Die Feigenwespen — bei der gewöhnlichen Feige Blastophaga grossorum Gasp. — müssen den Blütenstaub des Kaprifikus in den weiblichen Blütenstand der Essfeige übertragen, wenn Samen gebildet werden sollen. Auch bei der Sykomore, Ficus Sycomorus, bei der nach Valentiner in Unter- ägypten eine Kaprifikation vorgenommen wird, war es nicht anders, nur besorgt hier Blastophaga Sy- comori die Bestäubung. Eine weitere Entdeckung machte zuerst an den javanischen Feigen Graf Solms-Laubach 1885. Schon länger war es bekannt, dass die Feigen- wespen — die geflügelten Weibchen, die Männchen sind ungeflügelt — ihren Besuch den Feigen zu dem Zwecke. machen, um in die Fruchtknoten, die Samenblüten der darauf gallenartig anschwellen, ihre Eier abzu- legen, nicht wie andere Insekten dem Honig und dem Pollen nachgehen. Wie bei manchen Pollenblumen zweier- lei Antheren, Beköstigungs- und Befruchtungsantheren gebildet werden, so sind bei den Feigen zweierlei weibliche Blüten vorhanden, Gallenblüten und Samenblüten, von denen die ersteren der Ei- ablage dienen, die letzteren dagegen eben durch jene vor dem Angriff der bestäubenden Insekten geschützt bleiben. Auch bei der gewöhnlichen Feige erwiesen sich die weiblichen Blüten des Kaprifikus als Gallenblüten, die der Essfeige als Samenblüten. Diese beiden Blütenformen haben wesentliche Unterschiede. In den Samenblüten der weiblichen Bäume (Essfeige), der Ficus Carica, sind die Griffel etwa zweimal so lang, als die Fruchtknoten und konstant gebogen, in den Gallen- blüten sind sie ohne Narbenpapillen, kürzer als der Frucht- knoten und aufrecht, so dass der Legestachel der Blasto- phaga grossorum bequem in die Samenknospe gelangen kann, wogegen dies bei den Samenblüten wegen der Länge und Krümmung der Griffel nicht möglich ist. Wir nennen hier einige der javanischen Feisen, bei denen gleichfalls zweierlei Stöcke vorkommen, von denen die einen in ihren Feigen nur weibliche Samen- blüten, die anderen (männlichen Stöcke) in dem oberen Teile unter der Ausgangsmündung männ- liche Blüten und darunter früher zur Entwick- lung kommende Gallblüten erzeugen. Ficus hirta Val. Bestäubungs-- )Blastophaga javanica vermittelnde Gallwespe -@. Mayr F. diversifoliaBl. , R B. quadratipes G.M. F. Ribes Mig. 5; r B. crassipes G. M. F. subapposita Miq. , Fe B. constrieta G. M. F. canescens Kurz „ y B. Solmsi G. M. F. lepicarpa Miqg. , s; B. bisuleata G. M. Die Inquilinen kommen hier also nur auf den männlichen Stöcken in den Gallblüten zur Ent- wicklung. Sie finden beim Verlassen ihrer Feigen reifen Blütenstaub vor, den sie nach den weib- lichen Feigen anderer Stöcke tragen. In letz- teren können sie aber nur Bestäubung vollziehen; die Versuche Bier daselbst abzulegen misslingen. Bei der gemeinen Feige, Ficus Carica, fanden sich an dem männlichen (Gallenblüten-) Baum, dem Kaprifikus, mehrere Generationen von Inflorescenzen vor, deren wichtigste die überwinternden „Mamme“ und die später sich entwickelnden „Profichi“ sind. Die Mamme enthalten nur weibliche Gallblüten und in ihnen die über- winternde Generation der Blastophaga grossorum, während die Profichi nur in ihrem unteren Kessel (etwa °/s) Gall- blüten (für die befruchtende Wespengeneration), darüber unter dem Ausgang zahlreiche wochen- oder monate- lang später aufspringende männliche Blüten erzeugen. Um die Zeit der Entwicklung der letzteren sind die weiblichen Stämme empfängnisfähig. der Essfeige ET a Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 115 Ueber die Ausbildung dieser eigentümlichen Ge- schlechtsanordnung und der Doppelgestalt der weiblichen Blüten der Feigen scheinen einige andere Arten Licht zu verbreiten. Bei dem Gummibaum, Ficus (Urostigma) elastica (bestäubende Wespe Blastophaga clavigera G. M.), und anderen Urostigmaarten, die dem ältesten Feigen- typus anzugehören scheinen, stehen noch in ein und derselben Feige männliche und weibliche Blüten regellos durcheinander und die letzteren zeigen keinen Unterschied, so dass es zufällig erscheint, ob aus ihnen samenbergende Früchte oder wespenbergende Gallen werden. Bei anderen Ficus- und Urostigma- arten, z. B. bei Urostigma religiosum (Wespe: B. quadraticeps G. M.) hat sodann eine Scheidung in ‚eine vordere männliche und eine hintere weib- liche Blütenzone stattgefunden. Im weiteren findet eine Scheidung in langgriffelige und damit dem Einstich der Inquilinen entzogene Samenblüten und kurzgriffelige, der nun überflüssigen Narbenpapillen entbehrende Gallblüten statt, die aber bei Ficus (Sycomorus) glomerata (Wespe: B. fuscipes G. M.) u.a. noch regellos durcheinander stehen. Hieraus dürfte sich dann erst die vollkommene Geschlechts- trennung (eine diöcische — die monöcische ist weder beobachtet noch wahrscheinlich) der oben genannten Feigen herausgebildet haben, indem für die weiblichen Blüten durch gesteigerte Griffelverlängerung die Möglichkeit der Gallenbildung verloren ging. — Die hochgradige An- passung der Feigen an ihre Inquilinen wird noch auf- fälliger, wenn man berücksichtigt, dass innerhalb der Familie noch ein der Windbestäubung angepasster Zweig in der Gattung Sparattosyce existiert. (Schluss folgt.) Eine pathologische Wirkung des elektrischen Lichtes. Von A. Gutzmer. Wie grosse Sonnenhitze während des Sommers häufig den sogenannten Sonnenstich veranlasst, so übt auch elektrisches Licht von grosser Intensität eine ganz merk- würdige, ähnliche pathologische Wirkung aus, die man geradezu als „elektrischen Sonnenstich* bezeichnet hat, obwohl dieser Name etwas sonderbar klingt. In den grossen französischen Eisenschmelzwerken zu Creuzot verwendet man seit einiger Zeit die Blek- trieität in grossem Massstabe zum Schmelzen und Schweissen ven Metallen. Man verfährt dabei so, dass man das zu bearbeitende Metall mit dem einen Pole, und einen Kohlenstab mittels eines Kabels mit dem anderen Pole einer elektrischen Batterie von entsprechen- der Stärke verbindet. Der Kohlenstab wird alsdann für kurze Zeit mit dem Metall in Berührung gebracht und darauf wieder entfernt; es entsteht infolgedessen zwischen Metall und Kohle ein elektrischer Lichtbogen von so bedeutender Hitze, dass in ihm die Metalle augenblicklich schmelzen. Nichtsdestoweniger ist selbst in nur 5 m Entfernung von einer solchen Schmelzvorrichtung Keine merkliche Temperaturerhöhung wahrzunehmen. Der auf- tretende Lichtbogen besitzt eine Stärke von über 100000 Kerzen, und dieser ist es, welcher noch in 10 bis 12 m Entfernung dem Sonnenstich ganz gleiche pathologische Wirkungen auf den Körper ausübt. Dieselben wurden von dem Arzt der Eisenwerke, Dr. Defontaine, der Gesellschaft für Chirurgie zu Paris in einem ausführlichen Berichte mitgeteilt und verdienen allgemeinste Aufmerk- samkeit, da sie zeigen, welchen ausserordentlichen Einfluss das Licht haben kann. Die auftretenden Erscheinungen geben sich für einen in etwa 10 m Entfernung von dem Lichtbogen befind- lichen Menschen zunächst darin zu erkennen, dass der- selbe nach kurzer Zeit eigentümliche Stiche und ein heftiges Brennen empfindet, trotzdem er keine Temperatur- erhöhung wahrnehmen kann. Die Stellen, wo der Schmerz sticht — und zwar findet dies am Halse und im Gesicht, namentlich an der Stirn, statt — werden kupferrot bis bronzefarben. Die Augen werden gerade so wie vom Sonnenlicht, selbst bei Anwendung geschwärzter Gläser, geblendet, so dass minutenlange Blindheit eintritt; die Retina wird ganz ausserordentlich gereizt, das sogenannte „Gelbsehen“ tritt ein, das Auge thränt stark, und Ent- zündungen der Bindehaut folgen, begleitet von der Empfindung, als befänden sich Sandteilchen unter den Lidern. Kopfschmerz und Schlaflosigkeit stellen sich ein, und bisweilen treten Fieberanfälle auf. Diese Erschei- nungen halten in der Regel zwei Tage an, um dann nachzulassen. Die Haut löst sich alsdann in grossen Stücken ab, während das Gesicht eine hellrote Farbe behält. Wie man sieht, sind dies sehr ähnliche, wenn nicht gleiche Krankheitserscheinungen, wie man sie beim Sonnenstich beobachtet. Zieht man die Umstände in Betracht, so sieht man, dass es einzig und allein das ausserordentlich starke Licht ist, welches die geschilderten unangenehmen Wirkungen hervorbringt, denn auch die von diesem „elektrischen Sonnenstich“ betroffenen Personen haben deutlich die Empfindung, dass sie Stiche, aber keine Hitze empfinden. Die Arbeiter schützen sich gegen den verderblichen Ein- fluss, wenn auch nur in unvollkommener Weise, indem sie Gesicht und Hals bedecken und sich geschwärzter Gläser bedienen. Da man über die Ursachen des Sonnen- stichs selbst noch nicht Gewissheit besitzt, so ist wohl denkbar, dass derselbe gleichfalls von dem von der Sonne ausgestrahlten Lichte und weniger von der begleitenden grossen Hitze herrührt, wie man gewöhnlich annimmt. Dr. Defontaine selbst stellt keine Erklärung der von ihm beobachteten „elektrischen Sonnenstiche“ auf, und es bleibt daher noch zu untersuchen, welche Strahlen — 116 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nperse nn die gelben und roten oder die violetten und ultravioletten (sogenannten chemischen) — die Ursache bilden. In- teressant ist es jedenfalls, hierüber Aufschluss zu erhalten und ähnliche Einflüsse des elektrischen Lichtes auf Or- ganismen festzustellen, was bei der grossen Verbreitung und Verwendung desselben muss ohne Schwierigkeit ge- schehen Können. Neue Phonographen. Von Dr. B. Dessau. Die grossen Hoffnungen, welche sich seinerzeit an die Erfindung des Edison’schen Phonographen knüpften, haben sich, wie bekannt, in keiner Weise erfüllt; der Apparat, der das Briefschreiben überflüssig machen und die Glanzleistungen berühmter Sängerinnen verewigen sollte, ist zur Rolle eines interessanten Schaustückes physikalischer Kabinete herabgesunken. Trotzdem hat die Technik das einmal aufgeworfene Problem nicht wieder aus dem Auge verloren, vielmehr sind eine Reihe Erfindungen aufgetaucht, welche die Mängel des Edison- schen Phonographen beseitigen sollten. Bei dem letzteren war vor allem, um eine möglichst laute Wiedergabe zu erzielen, die Deutlichkeit zum Opfer gefallen, da die Eindrücke, welche eine schwingende Spitze in einem widerstehenden Metall hervorbringt, unmöglich das ge- treue Bild dieser Schwingungen sein können. Diesen Uebelstand hat nun Graham Bell in seinem „Graphophon‘“ oder „photischen Phonographen‘, einem auch in rein physikalischer Hinsicht sehr interessanten Apparate zu vermeiden gewusst. Die Aufgaben des Empfängers und des Gebers sind getrennten Vorrichtungen übertragen. Soweit aus den unvollständigen Beschrei- bungen zu erkennen ist, dienen als Empfänger sogenannte empfindliche Flammen, welche durch Töne in Schwin- gungen geraten, oder vibrierende, gefärbte Flüssigkeits- schichten, durch welche ein Lichtstrahl fällt. Vermittelst beider Einrichtungen werden den Schallwellen entsprechend schwankende Lichtintensitäten erhalten, welche man auf einer kontinuierlich bewegten photographischen Platte (etwa einer Cylinderfläche) nebeneinander abbildet. Als lichtempfindliche Substanz fungiert dabei vermutlich Chromgelatine, welche an den vom Lichte getroffenen Stellen erhärtet und so bei nachherigem Waschen mit Wasser eine Art von Reliefbild der Schallschwingungen liefert. Auf diesem lässt man behufs Reproduktion der Töne einen Mikrophonkontakt gleiten, welcher, in den Stromkreis eines Telephons eingeschlossen, in bekannter Weise dieses zum Tönen bringt. Die ganze Einrichtung ist jedenfalls sehr sinnreich; ob der Apparat jedoch in der Praxis dem Edison’schen überlegen ist, bleibt vor- erst abzuwarten. Von den zahlreichen anderen Apparaten zur zeit- lichen Aufbewahrung und Wiedergabe von Tönen ist namentlich Berliner's „Gramophon‘“ bemerkenswert. Die „Elektrotechnische Zeitschrift“ (Jan. 1888, Nr. 59) entwirft von demselben folgende Beschreibung: „Ein Uhrwerk bewegt eine Glasscheibe horizontal um ihre vertikale Axe unter gleichzeitiger geradliniger horizontaler Verschiebung ihres Mittelpunktes. Die Glas- scheibe ist auf ihrer unteren Fläche mit einer Kohlen- schicht bedeckt, welche auf folgende Weise hergestellt wird. Mit Hilfe einer Druckerwalze wird zunächst eine Seite der Scheibe mit einer dünnen Lage von Drucker- schwärze bedeckt, darauf wird jene Fläche einer stark russenden Flamme ausgesetzt. Es bildet sich dadurch auf derselben eine zähe, beinahe feste, gleichmässige un- durchsichtige Schicht. Die so präparierte Platte ist dazu bestimmt, das Phonogramm aufzunehmen. Zu diesem Zwecke ist die Membrankapsel wie gewöhnlich mit einer Schreibspitze versehen. Die Bewegung derselben jedoch findet nicht senkrecht zur berussten Fläche statt, sondern parallel dazu. Die Schwingungen der Membran bringen daher eine Furche in der Kohlenschicht hervor, deren Hauptzüge die einer archimedischen Spirale sind; die einzelnen Teile derselben sind wellenartig gezackt und ihre Tiefe ist überall gleichmässig dieselbe. „Eben dieser Punkt bildet den prineipiellen Unter- schied des Gramophons von den übrigen Phonographen. Während bei den letzteren die Schwingungen der Mem- bran in einer Richtung durch den Gegendruck der Folie oder der Kohlenschicht gehemmt werden, in der anderen aber frei stattfinden, ja von jenem Gegendruck unterstützt werden, erfährt der Stichel und mit ihm die Membran in Berliner’s Gramophon stets denselben, übrigens sehr geringen Widerstand, so dass die Form der Sehwingungen eine regelmässigere ist und diese nicht deformiert werden. „Das erhaltene Phonogramm ist direkt nicht ver- wendbar, sondern muss erst in haltbarerem Material re- produeiert werden. Dies geschieht entweder durch Abguss mit Wachs oder leichtschmelzbarem Metall oder durch Galvanoplastik, oder endlich vorzugsweise auf chemischem Wege durch das Chromgelatine-Verfahren. Aus den derart erhaltenen Negativen werden dann die eigentlichen Phonogramme in beliebiger Zahl meist durch Galvano- plastik hergestellt. „Die Wiedergabe der Sprache wird ebenso wie beim Phonographen durch Umkehrung des Vorganges erzielt, wobei Berliner die Methode empfiehlt, ein scharf zu- gespitztes Bambusstäbchen zwischen die Zähne zu nehmen und unter Zuhaltung der Ohren die Scheibe rotieren zu lassen, während man die Spitze leicht in die Furche presst; man soll dann die Stimme vollkommen deutlich wieder hören.“ Neuerdings ist nun Edison selbst mit einer wesent- lich verbesserten Auflage seines alten Phonographen her- vorgetreten; auf die Intensität des Tones ist verzichtet Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 117 und dafür soll eine grössere Schärfe und Genauigkeit der Wiedergabe erzielt sein. Das zu wenig nachgiebige Stanniol des alten Apparates ist durch einen Ueberzug von besonders präpariertem Wachs auf dem Cylinder ersetzt. Dieses Material ist jedenfalls für Eindrücke empfänglicher, dafür aber dürften nunmehr die Leistungen des Apparates sehr von der Temperatur abhängig sein. Während früher der Cylinder sich drehte und dabei zu- gleich eine Längsverschiebung erhielt, erfährt er in der neuen Anordnung nur die Drehung, wogegen der Schall- trichter sich verschiebt — eine Veränderung, die für den Sprechenden oder Hörenden kaum vorteilhaft sein dürfte. Die Bewegung des Mechanismus geschieht nicht mehr von der Hand, sondern mittelst eines elektromagnetischen Motors von sehr einfacher Konstruktion und, wie es heisst, sehr regelmässigem Gange. Als wesentliche Ver- besserung muss es gelten, dass zur Aufnahme und Wiedergabe der Töne Diaphragmen von verschiedener Einrichtung dienen, welche, an dem Apparate befestist, sich rasch gegeneinander auswechseln lassen; eine einfache Vorrichtung dient ferner dazu, die Wachsfläche jedesmal vor dem Gebrauche zu glätten. So die Beschreibungen amerikanischer Quellen, nach welchen ferner besondere Kästen zum Postversandt der Wachseylinder konstruiert worden sind. Man ist drüben des Lobes voll für die neue Erfindung, welche wieder einmal Telegraph, Telephon ete. verdrängen soll. Dem ist aber doch entgegenzuhalten, dass eine phonographische Mitteilung im besten Falle den Wert eines durch die Stimme beglaubigten Briefes haben, aber niemals die Schnelligkeit des Telegraphen oder die Vorteile der tele- phonischen Unterhaltung im sofortigen Austausch von Rede und Antwort bieten kann. Kleinere Mitteilungen. Sarracenia purpurea. — Um ein kleines Beispiel aus dem | der Schlauehmündung weiter hinten be- sprochenen Ker- ner'schen Werke „Pflanzenleben“ zu bieten, geben wir hier eine Ab- bildung der in Sümpfen des öst- lichen Nord- amerika von der Hudsonsbai herab bis Elorida vor- kommenden, tier- fangenden Sarra- cenia purpurea, von der Kerner das Folgende sagt. Die in Schläuche metamorpho- sierten Blätter sind rosettig ge- stellt, liegen mit ihrer Basis der feuchten Erde auf, krümmen sich von da bogenförmig: empor, sind un- -gefähr in der Mitteetwasblasig aufgetrieben, an der Mündung da- gegen wieder ver- engert und gehen dort in die ver- mit einer dünnen Schicht des süssen Saftes überzogen ist. Durch diesen Honig werden nun zahlreiche kleme Tiere an- gelockt, teils ge- tlügelte, welche angeflogen kom- men, teils unge- tlügelte, welche eine eigentüm- liche, an der kon- kaven Seite des Schlauches vor- springende Leiste zum Empor- kriechen benut- zen. Gelangen diese Näscher des Honigs von der Blattspreite weg in jene Region der schlauch- förmigen Kanne, welche mit den nach abwärts ge- richteten glatten und schlüpfrigen Zellen tapeziert ist, was sehr leicht geschieht, so sind sie auch so gut wie ver- loren ; sie gleiten hältnissmässie‘ über diese Zellen kleine Blattspreite ; über. Die Blattspreite ist von roten Striemen wie von Blutadern durchzogen, hat eine muschelförmige Gestalt und wendet ihre konkave Seite dem einfallenden Regen zu. Sie dient zum Auf- fangen der Regentropfen, welche von ihr in den Grund des Schlauches hinabfliessen und diesen mehr oder weniger hoch mit Wasser füllen. Aus den bogig gekrüimmten Schläuchen verdunstet das Wasser nur sehr langsam. Selbst dann, wenn es eine Woche lang nicht geregnet hat, findet man in der Tiefe von früher her noch immer etwas Wasser angesammelt. Die Zellen, welche die Innenseite des Schlauches auskleiden, sind wie die Schmelzschuppen ‚auf dem Rücken eines Hechtes angeordnet; die gegen den Hohlraum vorspringende Wand jeder dieser Zellen gestaltet -sich zu einer starren, nach abwärts gerichteten Spitze, und je weiter nach ab- wärts, desto länger werden diese Spitzen. Die muschelförmige Blattspreite über der verengerten Mündung des Schlauches dagegen trägt Drüsenhaare, welche Honig ausscheiden, so dass die Umgebung nach abwärts; jeder Versuch, wieder in die Höhe zu kommen, wird durch die tiefer unten die Wand bekleidenden, abwärts starrenden nadel- förmigen Spitzen vereitelt, und schliesslich fallen sie in die mit Wasser gefüllte Tiefe, wo sie ertrinken und verwesen. Die Pro- dukte der Verwesung aber werden von den Oberhautzellen im Grunde des Schlauches als Nahrung aufgesaugt. Manchmal ist die Menge derartig verunglückter Tiere so gross, dass sich von den zerfallenen Leichen ein widerlicher Geruch entwickelt, der den Schläuchen ent- steigt und sich auf ziemliche Entfernung bemerkbar macht. Im Freien sollen die kannenförmigen Schläuche oft bis zur Mitte mit ersäuften Tieren erfüllt sein, und es wird erzählt, dass sich dann auch Vögel einstellen, welche einen Teil der toten Tiere aus den Schläuchen herauspicken. Ob die Flüssigkeit, welche den Grund der Schläuche erfüllt, nur aus Regenwasser besteht, oder ob dieses Regenwasser nicht doch vielleicht durch eine aus den drüsenartig gruppierten Zellen her- 118 stammende Ausscheidung des Sarracenia-Blattes verändert wird, ist noch zweifelhaft. Ein. über 4 cm langer Tausendfuss, welcher im Laufe der Nacht in einen der Schläuche der Sarracenia purpurea fiel, war nur zur Hälfte unter Wasser gekommen, die obere Hälfte des Tieres ragte über die im Schlauchgrunde angesammelte Flüssig- keit empor und machte lebhafte Versuche zu entkommen; der untere Teil aber war nach wenigen Stunden nicht nur beweguneslos ge- worden, sondern erhielt infolee des Einflusses der umgehenden Flüssigkeit auch eine weisse Farbe, war wie maceriert und zeigte Veränderungen, welche an den in gewöhnliches Regenwasser ge- fallenen Tausendfüssern in so kurzer Zeit nicht beobachtet werden, Sind einmal mehrere in die Falle gegangene Tiere in Zersetzung übergegangen, dann färbt sich die Flüssigkeit braun und bekommt ganz das Ansehen einer Jauche. (Vergl. auch die Mitteilung über S. p. in Bd. I der „Naturw. Wochenschr.“ Seite 23.) Kormoranfischen in Japan. — Im Januarheft d. J: des „American Naturalist“ findet sich eine interessante Beschreibung einer neuen Art und Weise des Fischfanges vermittelst abgerichteter Kor- morane, wie sie von Jong in Japan gesehen wurde. Gewöhnlich wird die Fischerei mit Kormoranen in der Weise betrieben, dass der Fischer sich in einem Boot befindet, auf dessen Rand eine Anzahl von gezähmten Kormoranen sitzen. Die Vögel schiessen von hier aus in das Wasser und fangen in gewohnter Weise Fische. Damit sie dieselben nicht verschlingen können, ist ihnen ein Messingring um den Hals gelegt: Oft sind die Vögel gewöhnt, auf einen Pfiff oder ein ähnliches Zeichen ihres Herrn zum Boot zurückzukehren. Manchmal jedoch muss der Fischer sehen, wie er seine Beute erlangt‘; er wirft, wie Doolitle erzählt (ef. Brehm, Tierleben) einen an einer Stange befestigten, netzartigen Beutel über Vogel und Fisch und zieht so beide zu sich heran, worauf er dem Kormoran den Fisch abnimmt. In dieser lange bekannten Manier benutzen die Chinesen auf ihren ruhig fliessenden Gewässern die gelehrigen beschwingten Fischer. Ganz anders ist dagegen das Fischen mit Kormoranen in den reissenden Berg-Strömen Japan’s. Man fischt hier des nachts und zwar je ein Fischer mit nur einem Kormoran. Jong schildert in seinem Tagebuch den Fang in folgender Weise: „... Der Mann erwartete uns an dem steinigen Ufer des Flusses mit seinem Vogel und mit emer hell brennenden Kienfackel. Der Vogel war sehr zahm und sass auf einem Felsen dicht dabei. Eine Leine war ziemlich straff um den unteren Teil der Kehle und zwischen den Schultern befestigt; an derselben war ein Stück Bambusrohr (mit einem Wirbel an jedem Ende) angebracht, lang genug um über des Vogels Flügel hinauszuragen und zu verhindern, dass die Leine sich verwickelte, während der Vogel im Wasser war. Der Mann trug einen Korb an der Seite, um die Fische hineinzuthun, und eine Art Schürze, in welcher er Kienspäne hatte, um Licht zu machen. Die Laterne war ein an einer langen Stange befestigter Drahtkäfig. oder -Korb. Diese, sowie die an dem Vogel befestigte Leine, welche jenem einen Spielraum von ungefähr 20 Fuss giebt, wird in der linken Hand gehalten, während die rechte damit beschäftigt ist, den Vogel zu lenken, das Feuer anzufachen und die Fische einzustecken. Wenn Alles bereit ist, nimmt der Fischer die Fackel in die linke Hand, wickelt die Leine frei, welche den Vogel hält und watet in den Strom. Der Vogel folet ihm und nachdem er eilig Toilette gemacht hat, indem er Kopf und Hals ins Wasser taucht und sich putzt, beginnt die nächtliche Arbeit. Der Fischer hält das Feuer gerade nach vorn und über den Kopf des Vogels, so dass er den Fisch in dem klaren Wasser sehen kann. Der Vogel scheint völlig furchtlos zu sein und wenn er empor kommt fallen Feuerfunken ihm beständig auf Kopf und Rücken. Das Fischen geschieht strom- aufwärts und der Mann hat genug daran zu thun, mit dem Vogel Schritt zu halten, da das Wasser beinahe bis an seine Schenkel reicht. In der That war es für uns an der Küste ein hartes Stück Arbeit, in dem ungewissen Licht über die Felsen weiter zu kriechen und gleichzeitig auf den Vogel zu achten. Der Vogel taucht, schwimmt 8 oder 10 Ellen weit unter Wasser, kommt herauf und ist wieder hinunter; er arbeitet sehr schnell und ergreift beständig Fische. Wenn diese klein sind, darf er 2 oder 3 gleichzeitig in seiner Kehle behalten, aber ein Fisch von guter Grösse wird ihm sofort abgenommen und in den Korb gethan. Während einer halben Stunde wurden 15 Fische gefangen, was für einen guten Fang erklärt wurde in Anbetracht der Hellig- keit der Nacht. Die grössten dieser Fische, welche alle derselben Art angehörten,. waren 9 bis 10 Zoll lang und kaum verletzt, da sie dem Vogel sofort aus dem Schnabel genommen waren .... Die Vögel werden besonders für diese Arbeit abgerichtet und fischen am Tage nicht. Unser Vogel war 2 Jahre alt und wurde als vorzüglicher und eifriger Fischer angesehen,. da er in guten Nächten, wenn die ganze Nacht gefischt wurde, nicht weniger als 400 Fische gefangen hatte, während 300 als gute Leistung angesehen wurden. Nur ruhige Nächte sind günstig und je dunkler, desto besser. Der Fang erstreckt sich auf einen besonderen Fisch aus der Familie der Salmoniden, den Plecoglossus altivelis T. und S. Dieser Naturwissenschaftliche Wochenschrift. ‚Chlorid des Rosanilins. Fisch, der „Ai“ der Japaner steht seinem Aeussern nach zwischen einer Forelle und einem Stint, wird 12 bis 14 Zoll lang und ist von. silberglänzender Farbe mit einem goldigen Fleck an jeder Schulter. Er ist von ausgezeichnetem Geschmack und für die Tafel sehr ge- schätzt. In einem Lande, welches durch die Mannigfaltigkeit und Vortrefflichkeit seiner Fische berühmt ist, nimmt diese Art den ersten Platz ein und erzielt den höchsten Marktpreis. Sie wird auf viele sinnreiche Art und Weise gefangen, von denen die mit dem Kormoran die interessanteste ist. Dr. Ernst Schäft. Ueber die Fixierung des Stickstoffs durch den. Pflanzenboden hat sich zwischen den französischen Forschern Schloesing und Berthelot ein Streit erhoben, der sich in den’ Sitzungen der Acad&mie des Sciences und in den Comptes Rendus. abspielt, ohne bisher zu einer Erledigung der streitigen Frage zu führen. in unserer Atmosphäre enthaltenen Stiekstoffs durch die Pflanzen- decke. Während Schloesing und mit ihm Boussingault diese Fixierung leugnen, behauptet Berthelot, dass dieselbe unter ‚ge- wissen Bedingungen stattfinde. Die Wichtigkeit der Fragestellung ist ohne weiteres einleuchtend, und schon seit 1884 hat Berthelot eine Reihe von einschlägigen Versuchen angestellt. Er glaubt nach- gewiesen zu haben, dass manche Thunböden und Sandarten durch Fixierung des Stickstoffes der Atmosphäre sich mit stickstoffhaltigen organischen Verbindungen anfüllen können. Und zwar geschieht dieses — nach Berthelot — unter dem Einfluss gewisser Mikro- organismen, welche den Boden durchsetzen. Ein weiteres Moment, das gleichfalls günstig auf die Aufnahme des Stickstoffes durch den Boden einwirken soll, ist die Zirkulation der atmosphärischen Luft im Boden, also Porosität desselben u. s w. Demgegenüber behauptet Schloesing, dass diese „stiekstofffixierende* Mikrobe vorläufig nur eine Hypothese sei. Der von Berthelot gemachten Angabe, dass dieser Mikroorganismus bis zu 1200 kg Stickstoff auf 1 ha fixieren könne, stellt Schloesing die Frage gegenüber. warum die Land- wirte alsdann für grosse Summen Ammoniumnitrate u. s. w. kaufen, um schliesslich nur 40 bis 60 kg Stickstoff auf den Hektar zu haben. — Wie bemerkt, ist die so entbrannte Frage noch nicht zu einer völlig zufrieden- stellenden Erledigung gelangt; wir wollten aber nicht verfehlen, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf den Gegenstand zu lenken. A.G. Apparat für Experimente bei hoher Temperatur in Gasen unter hohem Druck. — In „La Nature“ (11. Februar) beschreibt L. Cailletet einen von ihm erfundenen und bereits seit mehreren Jahren benutzten Apparat, welcher das Experimentieren in Gasen bei hohem Druck und hoher "Temperatur gestattet. Der- selbe besteht aus einer eylindrisch geformten Stahlmasse, welche innen einen Hohlraum besitzt. Dieser steht einerseits mit dem Be- hälter des komprimierten Gases, andererseits mit einem Metall- manometer in Verbindung und erlaubt die Vorgänge im Innern durch ein sehr dickes, kleines Glasfenster von aussen zu beobachten. Diesem gegenüber befindet sich innen der zu untersuchende Körper entweder zwischen zwei Platinplatten, die wie Schmelztiegel gehöhlt sind, oder in einer Spirale von Platindraht oder auch zwischen zwei Kohlen- spitzen. Diese stehen durch Kupferdrähte mit einem Akkumulator in Verbindung. Geht ein Strom durch die Drähte, so wird der innen befindliche Körper in Glühen versetzt, geschmolzen u. s. w. und kann dabei bequem beobachtet werden. Die erreichte Temperatur: kommt der des Schmelzpunktes von Platin ziemlich nahe. Mit diesem Apparat hat Cailletet Versuche über elektrisches Lieht unter Druck und über das Verhalten gewisser Mineralien bei hohem Druck und hoher Temperatur angestellt und empfiehlt denselben für chemische und mineralogische Untersuchungen. re des Ueber Zur Kenntnis Färbungsvorganges. — chemische Vorgänge, welche beim Färben der Wolle und Seide mit. basischen Theerfarben stattfinden, berichtet Edm. Knecht (Ber. d. . d. chem. Ges. 21, 1556) auf Grund quantitativer Versuche Die Erklärung der Thatsache, dass Wolle oder Seide in Lösung basischer Theerfarben (Fuchsin, Methylviolett) den Farbstoff anziehen und: so- gefärbt werden, war bisher die, dass entweder der Farbstoff mechanisch von der Faser absorbiert werde oder damit eine chemische Ver- bindung eingehe. Um den Vorgang klar zu stellen, löste Knecht abgewogene Mengen basischer Farbstoffe, nämlich Fuchsin, Chrysoldin und Krystallviolett in Wasser auf, brachte zu den Lösungen Wolle oder Seide, und kochte, bis die Lösungen entfärbt waren. ’ Die Wolle oder Seide hatte dann den Farbstoff? aufgenommen. Doch stellte es sich heraus, dass nicht der gesamte Farbstoff, sondern nur ein Theil von. der Faser aufgenommen wird.: Besagte Farbstoffe 'sind die Chloride von. Basen der allgemeinen Formel X.OH. Die an sich farblosen. Basen gehen in Farbstoffe über, wenn sie sich unter Wasseraustritt mit Säuren verbinden. So ist Fuchsin das Seide entfärbten Lösungen auf Chlor und fand, dass der Gesamt- chlorgehalt des Farbstoffs in Lösung geblieben war, Daneben liess Es handelt sich dabei natürlich nur um die Fixierung des - Knecht untersuchte die durch Wolle oder ’ on sich auch Ammoniak ‘So war es auch zu allen Zeiten - grossen Zahl eifriger Forscher ‚wickelt, Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 119 nachweisen. Es handelt sieh daher bei der Färbung tierischer Faser mit basischen Teerfarben nieht um eine mechanische Absorption, sondern eine quantitative chemische Um- setzung, verbunden mit Spaltung des Farbstofls. Das darin ent- haltene Chlor verbindet sich mit Ammoniak, das wahrscheinlich von " einer teilweisen Zersetzung der Faser herrührt, während die Farben- base sich mit der Wolle verbindet, unter Färbung letzterer. Dafür, dass in der That nur die Base an sich aufgenommen wird, spricht der Umstand. dass sich Wolle in farbloser Rosanilinlösung ohne Säure intensiv fuchsinrot färbt. Was aber für Verbindungen sich auf der Faser beim Färben mit diesen Farbstoffen bilden, ist eine Frage, die sieh vorläufig noch nieht entscheiden lässt. E. Knecht beabsichtigt den Gegenstand noch genauer zu untersuchen. Dr. M. Bragard. Fragen und Antworten. 1. Wird die Richtung eines Gewitters, wenn es auf seinem Wege an einen grösseren Fluss kommt, durch ‚denselben beeinflusst? 2. Es wird behauptet, dass ein Gewitter nicht über einen Ort heraufziehen könne, wenn derselbe im Mond- schein liegt. Inwiefern könnte ein Gewitter in dieser "Weise von dem Monde beeinflusst werden? 1. Die Zugriehtung eines Gewitters wird im allgemeinen durch einen grösseren Fluss nicht geändert, wohl aber haben die grossen Wasserläufe einen entscheidenden Anteil an der Verbreitung des Gewitters, da’der über Flüssen und Seen vorherrschende absteigende Luftstrom der Weiterverbreitung eines Gewitters ein Hindernis zu bieten geeignet ist, und das Fortschreiten des Gewitterzuges an die Bedingung aufsteigender Luftströme geknüpft ist. Es kommt sehr 'häufie vor, dass ein Gewitterzug an der Elbe Halt macht, und nicht auf das jenseitige Ufer tritt, oder dass bei stärkeren Gewittern plötzlich auf beiden Seiten des Flusses, aber in grösserer Entfernung von demselben die Linien gleichzeitigen ersten Donners parallel verlaufen. Dieser Einfluss lässt sich mit Sicherheit nicht durch Beobachtungen an einem einzelnen Ort wohl aber durch die synop- tische Methode entscheiden. 2. Dass der neuerdings wiederum betonte, immer noch sehr problematische Zusammenhang zwischen Mondumlauf und Gewitter- häufiekeit sich in der geäusserten Weise zeigen sollte, ist eine so sonderbare Ansicht, dass sie deswegen bei manchen Anklang finden dürfte; die Behauptung selbst beruht nur auf ungenügenden Be- obachtungen. Dr. E. Wagner. Litteratur. Anton Kerner von Marilaun: Pflanzenleben. I. Bd.: Gestalt und Leben der Pflanze. Mit 553 Abbildungen im Text und 20 Aquarelltafen. Verlag des Bibliographischen Instituts. Leipzig 1888. Preis 16 MM. Die Entwicklung aller naturwissens haftlicher Disciplinen ist wesentlich von zwei Faktoren abhängig, die sich unbedingt erfordern und deren Ineinandergreifen zum guten Teile diesen Disciplinen den Charakter inductiver Forschung verliehen hat. Die unendliche Zahl von Naturobjekten, deren verschiedene Verbreitung und Veränderlich- keit hat nämlich seit Beginn wissenschaftlicher Forschung stets ‚eine grosse Zahl von Menschen angezogen und beschäftiet. Von momentanen und oft zufälligen Einflüssen beherrscht, arbeitet ‚der einzelne und sammelt Thatsachen bis endlich der kommt, der diese Unsumme von Einzelbeobachtungen sammelt, in Verbindung bringt, aus ihnen Gesetze allgemeinen Charakters ableitet und endlich (die Bahnen vorzeichnet, auf denen die Forschung zu wandern hat. auf dem Felde der Botanik als 'Gesammtwissenschaft wie ihrer einzelnen Diseiplinen; neben der raeen dann die Namen einzelner Männer, wie Linne, Jussieu, Unger, Darwin u. a. hervor. die die Resultate ihrer Vorgänger sammeln, verwerten und Epochen m der Geschichte der Wissenschaft kennzeichnen. — Im Laufe dieses ‚Jahrhunderts haben sich die einzelnen Zweige der Botanik ent- und sie alle, Morphologie und Entwicklungsgeschichte, Anatomie und Physiologie ete. haben es bis heute zu einem hohen Grade der Ausbildung gebracht. Neben diesem hohen Werte der . Arbeitsteilung brachte dieselbe auch den Schaden weitgehender Specialisierung; die Zahl der Botaniker wird immer kleiner, jene (der „Pflanzenanatomen“, „Physiologen“, „Systematiker“ ete. immer ‚grösser. In einer solchen Zeit muss es einem Bedürfnisse entsprechen, wenn ein Ruhepunkt geschaffen wird, von dem aus. wir Rückblick halten können auf die zurückgelegten Wege, in dem diese alle zu-. sammenlaufen, und-von dem aus wir nach allen Seiten Ausblicke auf die einzuschlagenden Richtungen erhalten können. Einen solchen Ruhepunkt kennzeichnet in. der Entwicklung der Wissenschaft ein soeben erschienenes Werk: „Das Pflanzenleben“ von A. von Kerner, “ von dem uns’ der I. Band vorliegt, der jedoch vollkommen die Be- deutung: desselben abschätzen lüsst. Es ist das erste Mal, dass man durch Zusammenfassung der Resultate aller einschlägigen Disciplinen ein anschauliches Bild von dem Zusammenhange äusserer Form und innerer Organisation, zwischen Form, Bau und Funktion erhält, mithin Einblick in all’ das, was wir Pflanzenleben nennen können. Durch Kerner's Werk ersieht der Fachmann, welchen Wert die wissenschaftlich. festgestellte einzelne Thatsache durch Verbindung mit anderen erhalten kann, lernt der Laie die Pflanze als ein lebendes, für die mannigfachen Erfordernisse des Lebens ausgerüstetes Wesen kennen. Wir entnehmen demselben aber auch allerorts Weisungen, welche Wege die Wissenschaft zunächst zu gehen hat, um Lücken in der Erkenntnis auszufüllen. Die Reichhaltiekeit des Inhaltes und der Gedankengang des vorliegenden I. Bandes wird am besten aus einer kurzen Uebersicht des behandelten Stoffes hervorgehen. Nach einer dem Entwieklungsgange der botanischen Forschung sewidmeten Einleitung, die insbesondere eine Darleeung der gegen- wärtigen Ziele und Aufgaben enthält, wendet sich der V' erfasser zur Schilderung des „Lebendigen in der Pflanze“. Die Lebensthätigkeit des Protoplasten, in Bewegungen, Ausscheidungen und Bauthätigkeit, ferner in den wechselseitigen Beziehungen sich äussernd, finden wir im Zusammenhange mit den Prinzipien der Pflanzenanatomie ge- schildert. Das nächstliesende Ziel des Lebens der Pflanzen ist die Aufnahme der Nahrung, welche den Gegenstand des 2. Abschnittes bildet. Derselbe gliedert sich naturgemäss in eine Besprechung der Aufnahme organischer Stoffe, da Aufnahme organischer Stoffe aus verwesenden Pflanzen und Tieren, der Aufnahme der Nahrung durch Schmarotzer, der Aufnahme des Wassers, der Ermährungsgenossen- schaften, sowie der durch die Ernährungstätiekeit der Pflanze be- dineten Veränderungen: des Substrates. In diesen Abschnittten finden wir insbesondere die lebendige Schilderung der mannigfachen Einrichtungen zur Versorgung der Pflanze mit der nötigen Nahrung, der Tierfänger und Schmarotzer u. s. w., erläutert durch zahlreiche prächtige Dlustrationen.*) In natürlicher Folge schliesst sich an diesen Abschnitt des Werkes jener über die Leitung der Nahrung an die Stellen des Verbrauches, in welchem die verschiedenen Ur- sachen der Nahrungsleitung, vor allem die Transpiration geschildert wird, sowie die Regulierung und Abhängigkeit derselben von äusseren Faktoren. Der 4. Abschnitt behandelt die Bildung organischer Stoffe aus der aufgenommenen anorganichen Nahrung durch Ver- mittlung der Chlorophylis, die Bildung und Verteilung der grünen Blätter, die Beziehungen der Blattform zur Blattstellung, endlich die Schutzmittel des Blattes. In einem weiteren Abschnitte finden wir die Besprechung der Stoffwandlung in der lebenden Pflanze, der Zu- und Ableitung der Stoffe, der Bedeutung des Anthocyans für die Stoffwandlung, sowie der die Wandlung und Wanderung der Stoffe beeinflussenden Kräfte (Licht, Wärme ete.). Die Aufnahme au Umwandlung der Nahrung bedingt das weiterhin abgehandelte Wachstum und den Aufbau der Pflanze. Nach emer Darlerung der Theorie des Wachstums zeigt Verfasser die mannigfachen Beziehungen des Wachstums der Pflanze, resp. dieser selbst zur Wärme. Den Abschluss des Werkes bildet eine allgemein morphologische Dar- stellung, in der wir von der Entstehung und Ausbildung des Keim- blattes ausgehend einen Ueberbliek über die mannigfachen Organe der Pflanze, sowie des innigen Zusammenhanges der Form derselben mit ihrer Funktion erhalten. In allen Teilen des Werkes tritt die umsichtige Benutzung der früheren Litteratur hervor, zum grossen Teile enthält es aber neue T'hatsachen als Resultate der Untersuchungen des Verfassers. Als Kapitel, die sieh durch die Fülle neuer, wichtiger Beobachtungen auszeichnen, nenne ich insbesondere jene über die Aufnahme der Nahrung, besonders mit Rücksicht auf die Aufnahme organischer Substanz, von Wasser und auf den Einfluss der Pflanzenernährung: auf den Boden, das Kapitel über die Bildung organischer Stoffe in der Pflanze, jenes über Wachstum und Aufbau u. s. w. Einen erhöhten Wert gewinnt das Werk durch die prächtige Sprache bei wirklich populärer Schilderung. Dort, wo wir zur Be- zeichnung von Objekten und Vorgängen deutsche Worte haben oder haben können, sind dieselben angenommen oder gebildet und kon- sequent durchgeführt. Die Ausstattung kann die höchsten Ansprüche befriedigen; ganz besonders sind die bildlichen Darstellungen hervor- zuheben, die zum Teil in Farbendruck, zum Teil in geradezu muster- haftem Holzschnitte ausgeführt Schönheit der Darstellung mit grösster wissenschaftlicher Genauigkeit vereinigen. Ausserdem sind es durchweg: Originalabbildungen nach Untersuchungen des Verfassers, die vielfach überhaupt noch nicht illustrirte Gegenstände und Vorgänge darstellen. Wenn ein englisches Fachblatt in jüngster Zeit den Ausspruch that: „Es ist dies ein Werk, um das wir die Deutschen beneiden“, so: möchte ich mit den Worten schliessen: Es ist ein Werk, auf das wir Deutsche stolz sein können, das einen Markstein auf dem Boden wissen» schaftlicher Entwicklung. zu bilden berufen ist. Dr..R.v.. Wettstein.. *) Vergl. die kleinere Mitteilung über Sarracenia purpures und die dazu gegebene Figur in dieser Nummer der „Naturw. Wochen- schrift“. Red. 120 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 15. Imserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. Band I(Okt.1887—März 183) unseres Blattes. Wilh. sehlüter in Halle a, Naturalien- und Lehrmittelhandlung. liefern wir gegen Einsendung von % 4,20 (in Briefmarken) fran- | ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von A 2,10, Reichhaltiges Lager aller natur- z (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 4. | | historischen Gegenstände, sowie 2 sämtlicher Fang- und Präparier- Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ a a Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Vogelaugen, Insekten ano Torfplatten. Kataloge kostenlos ‚ und portofrei. [86] Naturwissenschaftlich.Sammlungen | verweisen wir auf unsere reichen VerkaufsvorräteinSäugetieren (Bäl- ge, Skeletten. Schädel), Vogelbälgen, Eiern, Reptilien u. 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Friedriehstrasse 226 Zıng Sumuaıpagy oyfeeı Zuons ng day nz uopIoM er[oAe. ‘oyueıen) oDSUnMe: uogpea\ Oo And Jopopf empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. « Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. 3% Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma im Korrespondenz setzen. ‚HWWOULOLTOA\ UTOUL 4 -adsne Joques uopIoMm UamyEIL Central=- Anzeiger für Erd- und Völkerkunde a _ Wegweiser durch d. geograph. Litteratur alter u. neuer Zeit. Neueste Nachrichten für alle Freunde der Erdkunde. | Unter Mitwirkung der Herren Professor Dr. K. W. v. Dalla Torre, Doz. a. d. Univ. Innsbruck; Dr. 0. Feistmantel, Prof. a. d. techn. Hocli- | [83] L. Wiegand. 63 ii ‚ Friedrichstrasse 226 = ei & = Se Ss S2\.c9 s E23 ;€% ® 5 = ERUE-| = schule in Prag; Dr. Günther, Prof. d. Erdkunde a. d. techn. Hochschule rs Er = a8 in Münschen: Dr. Jentzsch, Dir. d. geol. Provinzialmus. u. Doz. a. d. E DE S = S_- Univ. Königsberg; Dr. K. Keilhack, k2l. Bezirksgeol. in Berlin; Dr. | 3 & 3 Q= 25 == 0. Krümmel, Prot. d. Brdk. a. d. Univ. Kiel; Dr 0. Lenz, Prof. d. = S r@ Hee®. .3E Erdk. a. d. Univ. Prag; Dr. F. Regel, Doz. d. Erdk. a. d. Univ. Jena; | = E8o S2> a5 5 Dr. Riggenbach, Doz. a. d. Univ. Basel; Dr. F. Wahnschaffe, kel. E-TETe) a Anz 2 Landesgeol. u. Doz. a. d. Univ. Berlin u. a. herausgegeben von | nn. 5 = 957 Dr. Paul Buchholz. i se E06. Er Monatlich erscheint ein Heft von 1—2 Bogen. Der Jahrgang beginnt | a” „eg 2 im April. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen zum Preise | Palm Ar = von 3 Mk. pro Halbjahr. 58 = = =; E3--] zum FARBEN ee A — ———en Ein fast neues Mikroskop [| Tägliche Zuschriften bestätigen, 200 fache Linearvergrösserung, Fabrik | dass der seit 1880 nur von mir - ”- It Wetterlein, Berlin, ist bill. zu verkauf. B Be rm Soeben erschien: Gefl. Offerten unter: J. M, postlagernd fabriz. Holländ. Tabak (10 Pfd. lose F 2 Damerau, W.-Preussen, einzusenden. in ein. 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Redaktion: ihr reichlich ersotzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen ‚schmlickt. Schwendcner. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. II. Band. | Sonntag, den 15. Juli 1888. Nr: 16. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.—; Bringegeld bei der Post 154 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 „. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die künstliche Beleuchtung in der Photographie. Von.W. Pütz. Photograph und Zeichner an der Kgl. Preuss. geologischen Landesanstalt. Seitdem die Photographie sich aus ihren bescheide- nen Anfängen zu der heutigen Vollkommenheit empor- geschwungen und für die verschiedensten Zwecke dienst- bar gemacht worden ist, war man bestrebt, sie auch von dem, besonders in nördlichen Klimaten, häufig ungenügen- den Tageslicht mittelst künstlicher Beleuchtung unabhängig zu machen. Der Wert eines solchen künstlichen Ersatz- lichtes hängt naturgemäss von der Sonnenähnlichkeit des- selben, mit anderen Worten, von dem Spektrum und der Intensität ab. Bei dem elektrischen Licht, der stärksten künstlichen Beleuchtung, die der Menschengeist in weiser Benutzung geheimer Naturkräfte schuf, werden jene Be- dingungen in so reichem Masse erfüllt, dass dasselbe für photographische Zwecke noch einer Abschwächung bedarf, jedoch steht seiner grösseren Verbreitung die kostspielige und umständliche Einrichtung entgegen. Man war daher unablässig bemüht, neue billigere und einfacher zu hand- habende Lichtquellen zu entdecken, oder bekannte zu ver- bessern. Versuche mit Gas-, ja selbst mit Kerzenlicht seien hier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt, dagegen scheint dem Magnesium, welches schon lange vor dem elektrischen Lichte zu photographischen Beleuchtungs- zwecken diente, neuerdings noch eine bedeutende Rolle vorbehalten, nachdem die Brennvorrichtung mittelst eigens zu diesem Behufe konstruierter Lampen wesentliche Ver- besserungen erfahren hat. Diese Lampen, welche von O. Ney in Berlin und dem Eisenwerk Gaggenau in Baden gefertigt werden, bestehen aus einem Uhrwerk, welches in Thätigkeit gesetzt, das auf drehbarer Rolle aufgerollte Magnesiumband successive austreten lässt, so dass es, entzündet, eine andauernde Flamme bildet, welche, je nach dem zu erreichenden Zwecke entweder mittelst Reflektors auf eine grössere Fläche, wie in der Porträt- photographie, oder mittelst Linsenkombination auf einen bestimmten Punkt konzentriert wird, wie dies in der Mikro- photographie, d. h. der Darstellung stark vergrösserter photographischer Bilder von tierischen und pflanzlichen Gewebsteilen, Gesteins-Strukturen u. dergl. der Fall ist. Für letztgenannten Zweck hat diese Beleuchtung vielfache Anwendung gefunden, dagegen steht ihrer Ein- führung in die Porträtphotographie die verhältnismässig lange Expositionszeit entgegen. Gleichwohl dürfte, wenn nicht alle Zeichen trügen, gerade im Porträtfach sich das Magnesium bald ein weites Gebiet erobern, nur in anderer Form und zwar in Pulverform und (zur Erhöhung der Entzündbarkeit) mit chlorsaurem Kali gemischt. Die Anwendung dieser neuen und originellen Beleuchtungs- methode, womit im verflossenen Jahre Vogel und Gaedicke die photographische Welt überraschten, und deren ersten staunenerregenden Versuchen Referent bei- wohnte, geschieht auf folgende Weise. Zunächst wird das aufzunehmende Objekt mittelst einer gewöhnlichen Lampe oder Kerze in die richtige Beleuchtung gebracht, und die Schattenseite durch Aufstellen einer weissen Wand etwas aufgelichtet. Nachdem sodann das Bild auf der Visierscheibe eingestellt worden, wird die Lampe entfernt und an ihrer Stelle das vorher aufgeschüttete geringe Quantum Magnesiumpulver mit einem Wachsstock oder dergleichen entzündet, welches den dunklen Raum auf einen Moment fast sonnenhell erleuchtet und so die Auf- 122 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 16. nahme. bewirkt. Die Vorzüge dieser Beleuchtungmethode drängen sich sofort auf, wenn man sich die grossartige Entwicklung der heutigen Porträtphotographie infolge Erfindung der jetzt ausschliesslich dazu benutzten schnell wirkenden Trockenplatten vergegenwärtigt. Jene Porträts mit dem starren, ermüdeten Gesichtsausdruck, jene steifen, durch Kopf- und Rückenhalter erzwungenen Stellungen und Haltungen, wie sie das Ergebnis der langsam wirkenden, sogenannten nassen Platten waren, haben längst einem freien, ungezwungenen Aussehen und einer natürlichen Körperhaltung Platz gemacht, und lieb- liche Kinderaufnahmen, die früher fast zu den Unmöglich- keiten gehörten, erfreuen allenthalben mit Köstlicher An- mut das Auge. Aber das Bessere ist stets der Feind des Guten, und da es in unserer sehr an Nervosität leidenden Zeit sehr viele Menschen giebt, die, ein Schrecken für den Photographen, namentlich bei, infolge trüben Wetters erforderlicher längerer Expositionszeit auch nicht einige Sekunden sich absolut ruhig zu verhalten im Stande sind, so wird eine möglichst kurze Belichtung, oder, wie es bei vorgenannter Beleuchtungsmethode geschieht, eine Momentaufnahme im Atelier sets anzustreben sein. Ein weiterer, der künstlichen Beleuchtung im allgemeinen zu gute kommender Umstand betrifft die Einrichtung des Ateliers; das Publikum, namentlich in Grossstädten wäre nicht mehr gezwungen, vier bis fünf Etagen hoch zu klettern, sondern die Aufnahme könnte in jedem dunklen Parterre-Hinterzimmer vor sich gehen. Eine dritte in jüngster Zeit zu grösserer Vervollkomm- nung gediehene Art künstlicher Beleuchtung geschieht mittelst Zirkonlicht. Dieselbe ist besonders für Re- produktionen, Vergrösserungen und mikrophotograpbische Aufnahmen geeignet und beruht im wesentlichen auf einer Verbesserung des bekannten, zu ähnlichen Zwecken sowie auf Leuchttürmen etc. angewandten Drumond’schen Kalklichtes, die sich sowohl auf das dazu benutzte Leucht- gas-Sauerstoffgebläse, als auch auf das zum Glühen zu bringende Kalkplättchen (hier also Zirkon) bezieht. Während die bisher gebrauchten Knallgas-Brenner sämtlich den Fehler hatten, dass die Verbrennung der Gase schon innerhalb der Düse stattfand, hat Professor Linnemann diesem Mangel durch Konstruktion eines neuen Brenners in erfolgreicher Weise abgeholfen. Der Sauerstoff tritt hierbei unter fünfzehnmal stärke- rem Drucke wie das Leuchtgas in den Cylinder des Brenners und entzündet sich erst beim Austritt an der Gasflamme, wodurch eine solche Hitze erzielt wird, dass die bisher üblichen Kalkplättchen zwar im ersten Augen- blick auch ein gutes Licht gaben, aber binnen kurzem unbrauchbar wurden. Dagegen gelang es Linnemann aus Zirkonerde (ZrO,), dauerhafte Plättchen herzustellen, was freilich jahrelange Schwierigkeiten verursachte. Die Zirkonerde wird in Platin gefasst und in den heissesten Punkt der Flamme gebracht; sie giebt ein prachtvolles, weisses Licht, dessen kontinuierliches Spektrum den besten Ersatz für, Sonnenlicht bietet. In Fig. I ist der neue Knallgasbrenner, wie der- selbe von der optischen Werkstätte von Franz Schmidt Zirkonplättehen & Haensch in Berlin gefertigt ) wird, mit Stativ in ein Fünftel natür- licher Grösse, in Fig. II der Längs- schnitt des Brenners selbst in natür- licher Grösse dargestellt. — Das in a (Fig. II) einströmende Leuchtgas tritt in den hohlen Raum der Düse, um- kreist den Cylinder, welcher durch die Schraube c verstellbar ist und tritt aus der Düse aus. In 5 tritt Sauerstoff unter fünfzehnmal höherem Druck wie das Leuchtgas durch vier Löcher in das Innere der vorher erwähnten Schraube c ein, um dann mit grosser Vehemenz aus der kapillaren Durch- bohrung D dieser Schraube zu ent- weichen und nun in gemeinsamer Ver- brennung mit -der Leuchtgasfllamme das bei Fig. I sicht- bare Zirkonplätt- chen zum Glühen zu bringen. NÜIIIIIIIN N Beleuchtungsme- thode findet z. B. bei den mikropho- tographischen Ar- beiten an der Kgl. Preuss. geologisch. „Landesanstalt und Bergakademie be- hufs einer vom Ministerium der =? öffentlichen Arbei- = ten angeordneten ga mikroskopischen ERRLN=S nd Eisenuntersuchung ps ihre erste Anwen- = dung, wobei der Gererm)d, eigenartigen, einer besonderen Besprechung vorbehaltenen Beleuchtung wegen Tageslicht nicht benutzt werden kann. Wenn es somit auch der Erfindungsgabe des Men- schen gelungen ist, die Hilfe des Tagesgestirns bei Ausübung einer Kunst zu entbehren, die nur seinen Zauberstrahlen ihre Entstehung verdankt, so wird das- selbe dennoch, namentlich in der von künstlerischem Blick geleiteten Porträt-Photographie, wo es gilt, die feinsten. Nuancierungen von Licht und Schatten mit weisem Ver- ' ständnis auszunützen, wohl stets der Urquell bleiben, Diese neueste der Licht und Leben in reichster Fülle und Vollkommen- “ heit spendet. Te . ' Rr - denen Luftröhren münden. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. —— 123 Die Feigen und ihre Liebesboten. Von Prof. Dr. F. Ludwig. (Schluss) Noch rätselhafter fast, als die Feigen selbst, waren ihre zahlreichen Bewohner und vor allem ihre Liebes- ‘boten, die zur Familie der Agaoniden (Chaleidix) ge- hörigen Gallwespen, über welche besonders von Paul Mayer, Gustav Mayr, und Fritz Müller merkwürdige Thatsachen zu Tage gefördert worden sind. Nachdem schon früker von Rudow, Valentiner, Solms-Lau- bach u. a. der sexuelle Dimorphismus von Männchen und Weibchen der Blastophaga grossorum der gemeinen Feige und der Blastophaga Sycomori und Blastophaga erassipes der Sycomore nachgewiesen worden — die Männchen sind gelb, ungeflügelt, die Weibchen schwarz, geflügelt, mit Punktaugen versehen —, hat Paul Mayer Begattungsweise und Entwicklung der Blastophapa grosso- rum genau geschildert (Mitt. d. zool. Stat. Neapel Bd. III Heft 4 1882, p. 551—590 Tf. XXV, XXVD. Betreffs der Zahl und Folge der Generationen hat er darauf hin- gewiesen, dass nicht alle Feigenbäume ihre Insekten zu gleicher Zeit entlassen. Die Neapolitanischen Gärtner unterscheiden bereits zweierlei Kaprifikusformen, eine frühreife und eine spätreife ©. „tempestivo“ und „tardivo“). Von den drei zeitlich verschiedenen Blütenständen des Kaprifikus, den Mamme, Profichi, die bereits früher erwähnt wurden und den Mammoni (welche zur Aufnahme, Entwicklung und Ueberwinterung der Bestäuber der Essfeige dienen) werden die Mammoni eines frühreifen Baumes von den Insekten aus den Profichi eines spätreifen Baumes und um- gekehrt aufgesucht. Paul Mayer hat an der Ficus Carica nun noch eine zweite Wespe — „Ichneumon fiearius Carolini“ untersucht, die Fritz Müller gleich- falls als Bestäubungsvermittler betrachtet. Ein ständiger Gast der Feige Anguillula Caprifici Gasp. lässt sich von der weiblichen Blastophaga von denalten zu Jungen Feigen tragen, ähnlich wie der ständige Gast der gährenden Eschen, das Eichenälchen, über welches. wir kürzlich berichteten durch Hornissen von . Baum zu Baum getragen wird. Die flügellosen Männchen der Feigenwespen sind zuweilen mundlos, so die der Sykomore, bei denen der sehr dehnbare Hinterleib ein Paar seitlich abstehende, sehr lange Fortsätze trägt, an Sie dienen nach Mayers Vermutung zum zeitweiligen Verschluss der grossen im sechsten Hinterleibsringe befindlichen Luftlöcher, die sonst von. dem braunroten, klebrigen Saft der Sykomore an- gefüllt würden. In den Feigen und Sykomoren der alten Welt ist die Zahl der Wespenarten eine sehr geringe. Ganz anders sind die Verhältnisse die Fritz Müller (1885—1887) und G. Mayr (1885) an den brasilianischen Feigenarten vorfanden. Wie bei, den: Feigen anderer Länder sind zwar auch hier die Blastophagaarten die hervorragendsten Bestäubungs- vermittler. Während aber in. der alten Welt — ab- gesehen von Blastophaga grossorum, der den Alten bereits bekannten Wespe, welche auf verschiedenen nahe ver- wandten Feigenarten in Kleinasien, Persien, Afghanistan, am Nil und in Abessynien auftritt — jede Blastophaga- species zu einer besonderen Feigenspecies gehört; ist Blastophaga brasiliensis in fünf bis sieben Fikusarten des Itajahy besonderer Bestäubungs- vermittler, nur eine zweite Blastophaga, B. bifossuluta fand sich in einer einzigen Feigenart. Neben den Blastophagaarten (von denen fast ausschiesslich nur eine Species in einer Feigenart sich findet) kommen in den brasilianischen Feigen — bisher als Parasiten derselben betrachtet, nach Fritz Müller aber gleichfalls Gallenerzeuger und Bestäubungsvermittler noch schlanke Wespen mit langer Legescheide vor, Tetragonaspisarten, deren ungeflügelte Männchen von G. Mayr als Ganosoma beschrieben worden sind. — (Bei Fieus Carica: Phitotrypesis Caricae, der früher erwähnte „Ichneumon ficarius“ Cavolinis). Tetra- gonaspis flavicollis mit seinem Männchen (Ganosoma robustum) kommt allein in sieben von den neun untersuchten Feigenarten des Itajahy vor. Um- gekehrt sind zuweilen bis sechs verschiedene Tetra- gonaspisarten in derselben Feige enthalten und dann ist es schwer zu verstehen, wie die flügellosen Männchen (Ganosoma) die Gallen der zugehörigen Weib- chen finden, in welche sie ein Loch beissen, um die Weibchen zu befruchten. Während bei den meisten brasilianischen Fikusarten — der Untergattung Urostigma Blastophaga und die ihnen geselligen Tetragonaspis — Ganosoma die Liebesboten sind, fehlen diese Wespen bei der Gattung Pharmacosycea (P. radula), die sich überhaupt am frühesten von dem Fikusstamm abgezweigt zu haben scheint. Blastophaga ist bei dieser Feige vertreten durch Tetrapus americanus G. Mayr und Tetragonaspis-Ganosoma durch Trichaulus, dessen ungeflügeltes Männchen von G. Mayr als Critogaster beschrieben ward. Oft finden sich die drei Arten Critogaster singularis, C. piliventris, ©. nuda G. Mayr mit den zu ihnen gehörigen Weibchen Trichaulus versicolor in derselben Pharmacosyceafeige. Andere Inquilinen fehlen der Pharmacosycea, da sie be- sondere Schutzmittel gegen ungebetene Gäste zu haben scheint, während es bei anderen Feigen noch von allerlei Wespenarten wimmelt, deren Verhalten in der Feige nur teilweise bekannt ist. In einer der von Fritz Müller untersuchten Feigenarten fanden sich z. B. nach G. Mayr: Blastophaga brasiliensis, Physothorax diseiger und annuliger, Tetragonaspis flavicollis, T. gracili- eornis, T. forticornis, Ganosoma parallelum, G. attenuatum Diomorus variabilis, Plesiostigma bicolor, Decatomai aequiramulis, D. breviramulis, Heterandium longipes, Colyostichus longieaudus, Aipocerus excavatus, A. amar 124 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 16. nn EEE] ginatus, A. simplex, A. flavomaculatus, A. punctipannis, A. inflaticeeps. — G. Mayr hatte in seinem Werk über Feigeninsekten (Wien 1885) im Ganzen 67 Arten (21 Genera) von Feigenwespen (66 Chaleidier und 1 Braconidus, Psenobolus pygmaeus Reinh. aus brasil. Urostigma) be-_ schrieben, von denen 63 (15 Gattungen) neu waren, 25 aus der alten Welt, 38 vom Itajahy in Brasilien stammten, — dabei ist zu berücksichtigen, dass man erst kaum den zwanzigsten Teil der bekannten Feigenarten und von diesen die meisten höchst ungenau untersucht hat. Die fortgesetzten mit ausserordentlichem Eifer betriebenen Untersuchungen der Inquilinen der neun erwähnten Feigenarten durch Fritz Müller haben von diesen ver- meintlichen Arten allerdings manche beseitigt und zu sehr merkwürdigen Resultaten geführt. Er schrieb mir darüber: „Die Feigen und mehr noch ihre Bestäubungs- vermittler und sonstigen Insassen haben mich während der letzten Monate fast ausschliesslich beschäftigt, und es haben schon die recht zeitraubenden und langweiligen Untersuchungen der letzteren einen über Erwarten günsti- gen Erfolg gehabt. So hatte G. Mayr aus den Feigen eines Baumes nicht weniger als zwanzig verschiedene Arten beschrieben, darunter neun d’ ohne 2 und vier 2 ohne J’; dadurch, dass ich aus 40 Feigen dieses Baumes die Wespen gesondert sammelte und die jeder Feige ge- sondert untersuchte — es waren im ganzen über 2000 Wespen — gelang es mir fast für alle diese Fälle die zusammengehörigen Z’ und 2 herauszufinden. Der Ueber- schuss der d' erklärt sich daraus, dass in mehreren Fällen dasselbe 2 zweierlei d’ hat: geflügelte, die ihm sehr ähnlich sind, und ungeflügelte, die nicht die geringste Aehnlichkeit mit ihm haben. So ist Physothorax diseiger G. M. das flügellose S von Diomorus variabilis (? 5). [Diomorus variabils G. M. und Diomorus n. sp. finden sich bei Ficus (Urostigma) doliaria nicht selten beide in derselben Feige. Sie ent- wickeln sich in grossen Gallen, die nichts mit den Blüten der Feige zu thun haben; die der D. variabilis sind sitzend Seepocken (Balanus) ähn- lich, dieder zweiten Art gestielt, Entenmuscheln (Lepas anatifera) ähnlich. Heterandrium longipes G.M. das flügellose d' von Colyostichus longicaudis (2? J'), Heterandrium nudiventre G. M. das flügellose d' zu Colyostichus brevicaudis G. M. Aöpocerus inflaticeps G. M. (aus Ficus doliaria mit geflügelten und ungeflügelten gehört zu A. emarginatus von dem G. M. nur 2 be- schrieb u. s. w. — Aus einer anderen Feigenart hatte G. Mayr nach flügellosen J’ die Gattung Nannocerus aufgestellt; dazu gehört nun als 2 ein Diomorus (wie D. variabilis zu Physothorax disciger). — Mit dem rein systematischen Teile wäre ich somit nun ziemlich im klaren; aber es bleiben noch die schwierigen biologischen Fragen: in welcher Beziehung steht jede der zahlreichen Wespen- arten zur Feige und zu den übrigen Insassen der Feige? Aöpocerusarten sind Schmarotzer von Diomorus... Aber für die Mehrzahl der zahlreichen Feigenwespen habe ich noch keine Ahnung, was sie eigentlich in der Feige wollen und bedeuten.“ Auch weitere Beobachtungen von Fritz Müller sind noch von Interesse, so die, welche es ihm wahrscheinlich machen, dass die Männchen von Feigen- wespen ähnlich wie die der Honigbiene aus unbefruch- teten Eiern entstehen. Während man es bisher als Regel betrachtete, dass die flügellosen 5° die Feigen, in denen sie geboren werden, nie verlassen, beobachtete F. Müller frei umherkriechende Männchen und ist der Ueberzeugung, dass diese von Feige zu Feige wandern. Ohne dieses Wandern wäre eine Inzucht zwischen Geschwistern un- vermeidlich zumal derselbe Forscher weiter beobachtet hat, dass bei kleinfrüchtigen Feigenarten in jede Feige nur ein Weibchen einzudringen pflegt. Aus letz- terer Beobachtung folgt, dass die Blastophaga- weibchen diejenigen Feigen zu erkennen und -zu meiden wissen, von denen bereits ein anderes Weibchen Besitz ergriffen hat. Es resultiert daraus ein dreifacher Vorteil: 1) werden möglichst viele Feigen bestäubt; 2) findet die Brut der 2 reichliches Futter; 3) reifen in den Feigen möglichst viele Samen. Wir sind am Ende. Blicken wir noch einmal zurück auf die wichtigen Entdeckungen, welche die Biologie in Bezug auf Feigen und Feigenwespen zu Tage gefördert: auf die einzig im Pflanzenreich dastehende Geschlechter- verteilung, auf die Arbeitsteilung in den weiblichen Blüten, auf die völlige Anpassung der zeitlich getrennten Generation des Kaprifikus bei der am gründlichsten unter- suchten Ficus Carica und seiner frühzeitigen und spät- reifen Form an die Generationen der Feigenwespen, auf die engen Anpassungen einzelner Wespen- und Feigen- arten aneinander, auf die merkwürdige von Fritz Müller entdeckte Vielgestaltigkeit der Wespengeschlechter, so müssen wir Ausdauer und Genie der genannten Forscher, die mit der Leuchte der modernen Blumenlehre in diese Geheimnisse des Feigenkessels eindrangen, gleichermassen bewundern; uns aber gleichzeitig gestehen, dass wir bis jetzt erst die Erstlingsfrüchte dieses hoch interessanten Specialstudiums kennen gelernt haben. Wer die wunder- baren brasilianischen Feigenwespen in ihren mannigfachen Formen sich unter dem Mikroskop noch näher besehen hat mit ihren merkwürdigen Fühlern und Esswerkzeugen, dem tauchen fast ebensoviel neue Fragen auf, als uns die Natur bereits beantwortet hat. _ Unsere gewöhnliche Feige ist aber nicht nur ein Züchtungsprodukt jener merkwürdigen Tierchen aus der gleichen Gruppe der Insekten, der die hunderte zierlicher Eichengallen ihren Ursprung verdanken — sie ist auch eine alte Kulturpflanze und daher der Zuchtwahl der Menschen unterworfen gewesen. Auch das ist ihr an- zumerken. Sie hat mit vielen anderen Kulturpflanzen, deren Früchte der Mensch sich nutzbar gemacht hat, das gemein, dass ihre Fruchthülle oder hier richtiger der Fruchtboden auch ohne Befruchtung und Samenbildung fleischig wird. Daher mag für den Menschen die Kaprifi- kation, die anfangs zur Erzeugung nutzbarer Feigen nötig 2 FE EITURER, vr or er Ma = As D R Nr. 16. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 125 gewesen sein dürfte, überflüssig geworden sein, jetzt nur | (natürlich dann ohne Samen) gezogen. noch ein zwecklos gewordenes Kulturaltertum darstellen. Thatsächlich wird die Essfeige an vielen Orten, wo die Kaprifikation nicht mehr geübt wird, gegenwärtig auch ohne jene und stellenweise sogar bei fehlendem Kaprifikus Ueber die Be- ziehungen des Feigenbaumes zum Menschen und die An- passung, die er unter dessen Zucht gewonnen hat, ver- weisen wir zum Schluss nur noch auf die zitierte Ab- handlung des Grafen zu Solms-Laubach. Kleinere Mitteilungen. Die Fauna der Azoren. — Der französische Zoologe Jules de Guerne, welcher an der vom Fürsten von Monaco ausgeführten dritten wissenschaftlichen Seereise teilnahm, brachte hierbei einige Zeit auf den Azoren zu, um auf den Inseln Fayal und San Miguel faunistische Studien anzustellen, deren Resultate er in den Comptes Rendus der Pariser Akademie der Wissenschaften (Oktober 1887) niedergelegt hat. Das Hauptaugenmerk wurde auf die Fauna des Süsswassers gerichtet, welche den Zoologen noch fast ganz unbe- kannt geblieben war. Die untersuchten Gewässer waren die Seeen von Sete Cidades, die grössten des Archipels, von denen der Lagoa ‚Grande 30 m tief ist. Da es für ziemlich sicher gilt, dass diese Seeen bei der vulkanischen Eruption des Jahres 1444 entstanden sind, so sind sie auch die ältesten Seeen der Azoren. Die pelagische Fauna des Lagoa Grande enthält eine Menge Volvocineen, einige Glenodinium, verschiedene Diatomeen und zahlreiche Bakterien. Ferner wurden gesammelt Daphnella bra- chyura Liev.. Chydorus sphaericus Jur., Cyelops viridis S. Fisch. Asplanchna Imhofi sp. n, und Pedalion mirum Huds. Einige Reste lassen sich vielleicht auf Leptodora hyalina Lillj. beziehen. Diese Crustaceen und Rotiferen sind an der Ober- fläche viel weniger häufig als in einer gewissen Tiefe, während die Zahl der mikroskopischen pflanzlichen Organismen (mit Ausnahme der am Grunde lebenden Diatomeen) sich mit der Zunahme der Tiefe progressiv vermindert. Die Untersuchung der Tiefenfauna hat Nematoden, Tur- bellarien und Rhizopoden geliefert. Die Diatomeen wuchern auf der Oberfläche des Schlammes und bilden, wie in den Schweizer Seeen, den feutre organique (organischen Filz), wie ihn Forel nennt. Die littorale Fauna ist verhältnismässig reich, unterscheidet sich aber beim ersten Anblick sogleich von den analogen continen- talen Faunen durch das gänzliche Fehlen von Mollusken. Hingegen sind die hinsichtlich des Verbreitungsvermögens begünstigten Tiere zahlreich; z. B. eine Bryozoe, Plumatella repens L., deren Kolonie 0.30 m lang werden und deren Statoblasten oft isoliert vor- kommen; verschiedene Cladoceren und zahlreiche Acariden; eine Tardigrade, Macrobiotus; von Würmern Nais elinguis Müll. und eine Art von Chaetonotus. Die Rotiferen, sowohl die frei als die in Röhren lebenden, scheinen sehr gemein zu sein; sie ge- hören zu verschiedenen, sehr weit verbreiteten Gattungen, z. B. Cephalosiphon, Rotifer, Philodina, Furcularia. Von Wasserinsekten fand sich nur ein einziges Exemplar einer Hemiptere, Corixa atomaria 1l. Endlich sind noch Protozoen gefunden, nämlich Vorticellen, Acineten, mehrere Rhizopoden, Trinema enchelys Ehrenb., Centro- pyxis aculeata Ehrenb. und eine Difflugia, deren Schale aus den Resten von transparenten Bimsteinstückchen besteht. Es ist wahrscheinlich Difflugia azorica (Ehrenberg), eine einfache Varietät von D. pyriformis Perty. Dies sind die bei Sete Cidades erhaltenen Resultate. Andere Untersuchungen, und zwar in der Umgegend von Ponta Delgada, in stagnierenden Gewässern, führten zur Entdeckung verschie- dener anderer, meist zu denselben Gruppen gehörender Arten: von Rotiferen Aetinurus neptunius Ehrenb.;, von Würmern Tubifex rivulorum d’Udek und einer Hirudinee, von der nur Cocons ge- funden wurden. Auf Fayal fand sich Nephelis octoculata Berg.; von Crustaceen Daphnia pulex Geer, Cyelops diaphanus S. Fisch. und eine neue Ostracode, Cypris Moniezi. _ Auf Fayal, und zwar in dem centralen Krater der Insel, wurde besonders sorgfältig gesammelt. Es existiert dort kein eigent- licher See, sondern nur ein morastiges Gewässer ohne Tiefe, welches wegen der Häufigkeit der Regen unregelmässigen Niveauschwankungen unterworfen ist. Pelagische Formen fanden sich dort nicht, wohl aber ziemlich viele littorale; verschiedene Acariden, Nematoden und viele Cladoceren: Pleuroxus nanus Baird, Alona costata @. O. Sars, A. testudinaria S. Fisch. ete.;, auch Insektenlarven: Aeschna, Agrion, Phryganea ete., ferner einer der seltensten Käfer, Agabus Godmani Crotch, der den Azoren eigentümlich ist. Die interessanteste Entdeckung bildet aber ein Pisidium, die erste Süsswassermolluske, welehe eme typische Form der Azoren ist, und die erste Lamellibranchie, welche von den Inseln bekannt ge- macht wird. Früher wurde dort schon eine zu den Gasteropoden gehörige Molluske (Physa) gefunden, welche nach Morelet im- portiertist und auf Ph. acuta Drap.(Madeira, Kanarien) bezogen wird. Hinsichtlich der Landfauna lieferte die Untersuchung des Kraters von Fayal sehr anziehende Ergebnisse. Es fanden sich dort zwei neue Crustaceen: eine Isopode, Philoscia Guernei, und eine Amphipode, Orchestia sp. Letztere Gattung ist für die marine Küstenregion typisch; und ihr Vorhandensein im Grunde eines Kraters in einer Höhe von 700 m ist schwer zu erklären. Es ist aber be- merkenswert, dass eine Art derselben Gattung, Orchestia tahitensis Dana, auf Tahiti in ähnlicher Weise in einer Höhe von 500 m über dem Meeresspiegel unter feuchtem Laube vorkommt. Ueber die schon von früheren Forschern untersuchten Land- Mollusken ist nichts Neues zu sagen.. Von Myriopoden wurden bei Fayal und San Miguel 3 oder 4 nach v. Porath den Azoren eigen- tümliche Arten gefunden. Guerne fügt diesen Cryptops hortensis Leach hinzu, der wahrscheinlich eingeführt ist. Von Isopoden fanden sich ausser Philoseia Guernei zwei bisher noch nicht dort ge- sehene Arten, Eluma purpurascens Bl. und Metopornarthrus sexfasceiatus Bl., gemeine, weit verbreitete und sicher einge- führte Tiere. Das Resultat von Guerne’s Forschungen auf den Azoren ist folgendes: 1) Die Süsswasserfauna der Azoren, die bisher für kaum vor- Hunden galt, besteht aus einer ziemlich grossen Zahl von ten. 2) Die meisten Arten gehören zu denjenigen, welche sich auf leichte Weise weit verbreiten, dank ihrer eigenen Widerstandsfühigkeit oder derjenigen ihrer Wintereier, Statoblasten ete. 3) Im Ganzen betrachtet hat die Fauna einen kontinentalen und selbst europäischen Charakter; übrigens ist zu berück- sichtigen, dass die meisten Arten kosmopolitisch sind. 4) Von eigenen Formen besitzen die Azoren nur einige Arten von Landtieren, speeiell Crustaceen und Mollusken. Letz- tere scheinen vor dem Eindringen introduzierter Arten mit der Zeit zurückzuweichen oder verschwinden zu wollen. H. J. Kolbe. Ueber die Lebenszähigkeit unserer gemeinsten Süss- wasserfische teilt Karl Knauthe in der Zeitschrift „Der zoolo- gische Garten“ (März 1888) Beobachtungen mit. Einige unserer gemeinsten Süsswasserfische vermögen mit dem Wasser einzugefrieren und beim Auftauen desselben wieder zu neuem Leben zu erwachen. — Eine ähnliche Beobachtung verzeichnet schon Brehm, welcher freilich in Bezug auf Fische ein sehr unzuverlässiger Führer und Berater ist, in seinem „ Tierleben“; er schreibt: „Jäckel sah den Bitter- ling im März unter dem Eise eines seichten Grabens, welcher im Winter bis auf den Grund gefroren gewesen sein musste, munter umherschimmen.“ Weitere Wahrnehmungen über diesen Punkt sind Knauthe nicht bekannt. Er berichtet über drei neue Fälle auf Grund eigner Anschauung. 1. In unmittelbarster Nähe von” Schlaupitz in Schlesien liegt, inmitten ziemlich trockner Wiesen, eine nicht ganz 3 Fuss tiefe, quellenlose Grube. Obwohl der Tümpel nun im Sommer, da er eben sein Wasser nur von Regengüssen hernimmt, fast vertrocknet, be- herbergt er doch, wahrscheinlich durch Wildenten angesammelte Fische und zwar die Karausche, Carassius vulgaris Nilss., die Schleie, Tinca vulgaris Cuv. (selten), Cyprinus Kollari Bl. und den Wetterfisch, Cobitis fossilis L. — Im letztverflossenen Winter war das damals nur 21/, Fuss tiefe Wasser der Grube entschieden bis auf den Grund erstarrt, denn eine in unserem Gehöft befindliche 6 Fuss tiefe Cisterne war völlig eingefroren, und trotzdem schwammen im Frühling sämt- liche obengenannte Fische wieder munter, aber auffällie abgemagert und bedeutend abgeblasst in ihrem Element herum. 2. Unfern des Heimatsortes des genannten Beobachters liegt auf einer grossen Wiese der Mergel fast zu Tage. Man hat schon früher versucht, dieses wertvolle Düngemittel zu heben und zu ver- werten, jedoch bald von dem Vorhaben abstehen müssen, weil sich der Abbau nicht lohnte. Es sind nun zwei Gruben, jede einen Morgen gross und anderthalb Fuss tief, vorhanden, welche sich regelmässig infolge der Regengüsse des Frühlings mit Wasser füllen, 126 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 16. im Sommer austrocknen und im Herbst abermals voll Wasser stehen. Nach Land- oder heftigen Gewitterregen vermögen sie jedoch häufig den 'Zufiuss nicht zu fassen, das Wasser muss sich also zum nahe gelegenen Graben einen Weg bahnen. Dieser beherbergt, da er in der Forellenregion gelegen ist, neben Schmerle, Cobitis barbatula L., ganze Schwärme des „Sonnenbrüters“ oder „Sonnenstriches“ Phoxinus laevis Ag. Die Elritze steigt aber sehr gern, ‚besonders wenn das Wasser trüb ist, stroman, der Quelle entgegen, und gelangt auf diese Weise in die Gruben; so geschah es auch im Vorjahr. Als nun der strenge Winter übers Land kam, da froren die Elritzen natürlich em — man bedenke nur die geringe Höhe des Wasser- standes! — blieben eine recht ansebnliche Zeit im Eise stecken und erwachten beim Einzug des Lenzes sämtlich; aber auch sie waren sehr abgemagert. ‘3. Ueber den dritten Fall endlich berichtet Knauthe wie folgt: Anfane‘November des Jahres 1887, wir hatten gerade einen Teich gefischt, in welchem es von „wildem Zeug“ allerlei Art: Schmerle, Cobitis barbatula, Flritze, Phoxinus laevis, Gründling, Gobio fluviatilis Cuv., Barsch, Perca fluviatilis L., Leucaspius deli- neatus Sieb. etc. wimmelte, liess ich in einer quellenlosen Letten- grube eine Vertiefung von 1 qm Fläche und 2 cm Höhe anfertigen, dieselbe voll Wasser füllen und sodann mit drei einsommrigen Barschen, 6 grösseren Exemplaren von Leucaspius delineatus, 3 Schuppenkarpfen, Cyprinus carpio L., 3 Edelspiegelkarpfen, Cypri- nus rex cyprinorum, ebenso vielen Gründlingen und der doppelten Anzahl verschiedenartiger Schmerlen besetzen. In der folgenden Nacht trat Frost ein, welcher mehrere Tage anhielt und das Wasser nachweislich auf den Grund erstarren liess. Bekanntlich regieren aber strenge Herren nicht lange; der Wind, der bisher aus Norden geweht hatte, warf sich nach Süden herum und brach gar bald das Eis. In dem Thauwasser schwammen meine Fische mit Ausnahme der 3 Stück Edelspiegelkarpfen, welche eingegangen waren, freudig herum. Nur war ebenfalls die Färbung sämtlicher heller geworden, und namentlich hatte die, ehedem prächtig blaugrüne der Barsche einer hellgelben Platz gemacht, auf welcher man nur schwer 8 violette Binden erkennen konnte. Langsame Verbrennung organischer Substanzen. — Bekanntlich erhitzen sich viele organische Substanzen (Blätter, Heu, Gras, Dünger ete.), wenn sie in grösseren Haufen aufgestapelt und dem Zutritt der Luft ausgesetzt sind, mehr oder minder stark und können ziemlich hohe Temperaturen erreichen. Da man es hierbei mit einer Art Gährune zu tbun hat, so könnte man sich zu der Annahme bewogen fühlen, dass durch den Einfluss von Mikroorga- nismen die organischen Substanzen langsam oxydiert werden. Die Temperatur steigert sich aber zuweilen bis zu 60—80°, manchmal sogar bis zur Feuererscheinung. Offenbar können bei solchen Tem- peraturen Bakterien keinen Einfluss mehr ausüben; eme einfache chemische Verbrennung ersetzt dann die mikrobiologische Aktion. Doch kann der Uebergang nicht deutlich wahrgenommen werden. Von einer bestimmten Temperatur an -hört die bakteriologische Wirkung auf, während die chemische Reaktion zunimmt. Das Re- sultat aber, das nur durch Bestimmung aller erzeugten Kohlensäure festgestellt werden kann, bleibt nahezu dasselbe. Schloesing (Comptes rendus 1888, S. 1293) stellte über den Gegenstand Ver- suche mit Tabakblättern an. Zur Schnupftabakfabrikation wird das Rohprodukt, mit Salzwasser übergossen, einer Gährung überlassen, bei welcher eine Temperatur bis 80° erreicht werden kann. Be- stimmte Mengen Tabak, teilweise vorher sterilisiert, teilweise im . natürlichen Zustande angewandt, wurden bei verschiedenen Tempera- turen in Luftbädern Monate lang erhitzt, und während der Dauer der Versuche Luft übergeleitet. Von Zeit zu Zeit wurde die er- zeugte Kohlensäure bestimmt. Aus seinen Versuchen zieht Schloesing den Schluss, dass die anfängliche Erhitzung, wie a priori angenommen wurde, durch organische lebende Wesen verursacht wird, ihr Einfluss aber bei 40—50° aufhört und einer rein chemischen Verbrennung Platz macht. Diese nimmt schnell mit steigender Temperatur zu. Schloesing beabsichtigt weitere Versuche über die langsame Ver- brennung des Düngers vorzunehmen. Dr. M. Bragard. Ueber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Erd- bebens zu Charlestone, welches am 31. August 1886 stattfand, sind von Simon Newcomb und E. Dutton im American Journal of Science nähere Einzelheiten veröffentlicht worden. Dieses Erd- beben wurde an sehr vielen Stellen beobachtet und es war daher möglich, eine ungewöhnlich grosse Zahl von näheren Zeitangaben zusammenzustellen, welche nach einer genauen und eingehenden Sichtung und unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Fehler eine Berechnung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erschüt- terungen ermöglichen. Bei der Sichtung der Zeitangaben zeigte sich, dass sehr viele der letzteren auf Multipla von 5 lauteten: 9h 50 m, 9h 55 m, 10h u.s. w., welche natürlich mit berechtigtem Misstrauen betrachtet wurden. Indessen ist trotz solcher abgerun- deten Angaben die berechnete Zahl für die Geschwindigkeit der Fortpflanzung im Mittel nur mit einem wahrscheinlichen Fehler von + 80 m behaftet; die Ausbreitungsgeschwindiekeit des Erdbebens beträgt im Mittel 5184 + 80 m. AG Welches ist die geringste Lichtstärke, welche ein nor- males Auge gerade noch wahrzunehmen vermag? — Daauch . im geschlossenen Auge in völlig dunkler Umgebung stets ein schwacher, Lichtreiz auf der Netzhaut besteht, so kann hier selbstverständlich nur jene objektive Lichtintensität gemeint sein, welche mindestens- erforderlich ist, um neben jenen subjektiven Reizen bemerkt zu werden. Aubert (Physiologische Optik, Leipzig 1876) nahm dieselbe zu Yaop. des Lichtes an, welches von einem dem Vollmond ausgesetzten weissen Papiere reflektiert wird. Diese Schätzung, welche sich auf weisses Licht bezieht, sagt nichts über die relative Empfindlich- keit des Auges für die verschiedenen Farben — eine Lücke, welche H. Ebert (Wied. Ann. XXXII, 1888, p. 136) nunmehr ausgefüllt hat. Das Licht, aus der Flamme eines Argandbrenners. ‚etwa 1 cm oberhalb des letzteren ausgeblendet, fällt auf ein Oel- papier, welches dadurch vollkommen gleichmässig erleuchtet wird, und nunmehr als eigentliche Lichtquelle ein Spektrum hervorzu- bringen. bestimmt ist; dabei wird die in das Spektroskop gelangende. Lichtmenge durch ein zwischen diesem und dem Oelpapier verschieb-. bares Diaphragma variiert. Der Beobachter verschiebt, während er einen ausgeblendeten schmalen Streifen des Spektrums betrachtet, das Diaphragma, bis die Lichtempfindung gerade verschwindet und. giebt ihm dann die entgegengesetzte Bewegung, bis das Licht eben wieder erscheint. Die Distanz des Diaphragmas von der Linse des. Spektroskops wird beide Male von einem zweiten Beobachter abee- lesen und liefert ein Mass im ersten Falle für die geringste Inten- sität, bis zu welcher das Auge den verschwindenden Eindruck zu verfolgen vermag, im zweiten Falle für das Minimum der zur Ent-. stehung des Eindrucks erforderlichen wachsenden Intensität. Der Wert der Intensität im ersteren Falle ist natürlich kleiner als im- zweiten; das Mittel aus beiden wird dann als wahres Minimum be- handelt. Ex Es ergiebt sich zunächst, dass die Empfindlichkeit des Auges für die verschiedenen Farben durchaus nieht die gleiche ist. Be-. rücksichtigt man die relative Intensität der verschiedenen Farben in der angewendeten Lichtquelle und reduziert danach die Beobachtungen. auf eine Quelle mit gleichen Energien aller Lichtarten, so zeigt sich,. dass von grünem Lichte die kleinste Intensität oder Vibrationsenergie zur Hervorbringung eines Lichteindruckes genügt; die Empfindlich- keit ist also für Grün am grössten, während sie für Blau 3—4mal,. für Gelb 15—17mal, für Rot gar 25—34mal geringer ist. Die beiden Zahlen, welche für jede der Farben angegeben sind, beziehen sich auf verschiedene Beobachter; numerische Uebereinstimmung: ist natür- lich nicht möglich, wo es sich um physiologische und psychologische Vorgänge handelt, doch lässt der gleiche Sinn der beiden Zahlen- reihen keinen Zweifel, dass hier ein allgemeines Gesetz vorliegt, welches Ebert übrigens noch an einer Reihe von Individuen zu prüfen beabsichtigt. Dieses Gesetz erklärt auch die Beobachtungen von Weber und Stenger, wonach die Lichtemission eines durch Erhitzung strahlend gewordenen Körpers stets mit dem Grün be- ginnt; dasselbe erklärt ferner das Vorherrschen grüner Strahlen im Spektrum liehtschwacher Nebelflecke. Dr. B. Dessau. Fragen und Antworten. Was wissen wir über die Spargelfliege? Die Spargelfliege (Platyparea poeciloptera Schrank) gehört zur Familie der Bohrfliegen (Trypetidae). Diese halten sich im Sommer ausschliesslich auf Pflanzen auf; ihre Larven leben zum Teil in den Stengeln kraut- oder staudenartiger Pflanzen, andere im Samen, Nach Meigen bewohnen die Bohrfliegen und ihre Larven haupt- sächlich die Pflanzen mit zusammengesetzten Blüten (Compositae). H. Loew behandelt in seinem Prachtwerke „Die europäischen Bohrfliegen (Trypetidae)* — Wien 1862 — diese Insekten in um- fassender Weise. Ihre wesentlichen Merkmale sind (vergl. Archiv für Naturgeschichte, Bericht 1862 S. 213) 1. der weibliche Lege- bohrer. Derselbe ist hornig, dreigliedrig und einfach zugespitzt. Der an der Spitze ungeteilte Penis des Männchens entspricht ihm. an Länge. 2. Die Stimm. Diese ist in beiden Geschlechtern breit und am vorderen Teile ihres Seitenrandes mit Borsten besetzt, welche. eine von den vom Scheitel herabsteigenden unabhängige Reihe bilden,. 3. Am Ende der Mittelschienen finden sich Sporen, sonst fehlen Borsten mit wenigen Ausnahmen ganz. 4.. Das Flügelgeäder ist. sehr vollkommen ausgebildet; die Hilfsader biegt sich jäh gegen den Vorderrand und wird am Ende undeutlich. Durch das zweite und vierte Merkmal werden die Trypetiden gut von den Ortaliden unter- schieden. Platyparea gehört zu derjenigen Gruppe der Trypetiden, welche durch die ungegitterten Flügel ausgezeichnet ist und die grosse, Mehrzahl der Trypetiden enthält. Er \ BT ade br 1 ee m ei a r * Nr. 16. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 127 Der berühmte Fliegenkenner Meigen beschrieb die Spargel- fliege in seinem Werke „Systematische Beschreibung der bekannten europäischen zweiflügeligen Insekten“, Band V, 1826, S. 275, unter dem Namen Ortalis fulminans. Auf der Tafel 46 stellt die Figur 20 das Insekt im Bilde dar. Der Hinterleib der Fliege ist schwarz mit vier grauen Quer- binden. Die Flügel haben eine braune Ziekzackbinde. Das Unter- gesicht st rötlich gelb: die flachen Taster gelb; die Fühler rotgelb; ihre Wurzel braun, das dritte Glied unten spitzig. Das Rückenschild ist fein grau bereift und mit drei schwarzen schmalen Längslinien versehen. Das Schildehen ist glänzend schwarz. Die Schwing- kölbehen sind gelb, an der Spitze braun. Die Länge des Körpers beträgt 3 Linien. Loew schied in semer eben angeführten Monographie die ‚Spargelflliege von der Gattung Ortalis aus und gründete dafür die neue Gattung Platyparea, während er zugleich den älteren Artnamen poeciloptera Schrank an die Stelle des späteren Meigen’'schen setzte. Da diese Fliegenart den Spargelpflanzungen gefährlich wird, so hat sie die Aufmerksamkeit in höherem Grade auf sich gelenkt, als ihre zahlreichen Verwandten. Nach Bouche (Stett. Entomol. Zeitung, 1847, p. 145) lebt ‚die Larve vom Mai bis September in den Stengelteilen von Aspa- ragus officmalis, worin sie Gänge gräbt und oft vielen Schaden an- richtet, indem die Pflanzen dadurch zu Grunde gehen. Sie ist walzenförmig, glänzend, glatt und gelblich weiss; die Mundteile ‚schwarz; die Prothorakalstigmen gelb. Das Afterende bildet einen ‚grossen hornartigen, etwas ausgehöhlten, schwarzen Stigmenträger, auf welchem die beiden gekrümmten, keglig zugespitzten Stigmen ‚stehen. Die Länge des Körpers beträgt 4 Linien. Die Verpuppung findet im Herbst innerhalb der Gänge statt. Im April und Mai des folgenden Jahres fliegt die Fliege aus. Die Puppe ist nach demselben Beobachter ein langgestrecktes hellbraunes Tönnchen;- das Kopfende ist oben flach gedrückt, wulstig ‚gerandet und auf der Unterseite jederseits mit einem tiefen Längs- eindrucke versehen; der Mund ist vorn schwarzbraun. An dem schwarzbraunen Afterende stehen die beiden einander genäherten ‚Stigmen auf einem gemeinschaftlichen pyramidalischen Träger, Die Länge des Körpers beträgt 3 Linien. H. J. Kolbe. Litteratur. ‘1. Im Verlage von Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen ist erschienen: Ambronn, L., Beitrag zur Bestimmung der Refraktions-Kon- stanten. 4°. (28 S. m. 2 Taf.) Preis 2 4. Becker, E., Beiträge zur Geschichte der Aspirationspneumonie. gr. S°. (75 S.) Preis 1. 80 4. Berggreen, H., Zur Kenntnis der Thiophosgens. Anh.: Zur Kenntnis der Isonitrosokörper. gr. 8%. (45 5.) Preis 1 #. Drude, P., Ueber die Gesetze der Reflexion und Brechung des Lichtes an der Grenze absorbierender Krystalle. gr. 80. (47 5.) Preis 1 #. Erlenmeyer, E., Zur Kenntnis der Phenyl-alpha und der Phenyl- alpha-beta-oxypropionsäure. gr. 80%. (48 S.) Preis 1 M. Gerland, J., Ueber intrathoraeische Tumoren. gr. 8%. (23 S.) Preis 60 . Hermann, A., Ueber m. — Nitro — p. Tolylglycerin bezw. deszen Reduktionsprodukt: „Oxydihydrotoluchinozalin“. gr. 8°. (42 S.) Preis 1 #. Herzberg, W., Ueber die Einwirkang von Phenyleyanat auf Orthotoluylendiamin und Orthoamidophenol. gr. 8°%. (36 S.) Preis 80 4. Hess, W., Ueber die Einwirkung von Harnstoffchloryd auf Phenol- äther bei Gegenwart von Albuminiumchlorid. gr. 8. (56 S.) Preis 1A 60 %. ‚Hildebrandt, W., Ueber den therapeutischen Wert der Borsäure bei Mittelohreiterungen. gr. 8%. (27 S.) Preis 80 %. Horn, E., Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungs- und Lebens- ‚geschichte des Piasmakörpers einiger Kompositen. 8°. (46 S.) Preis 1 #. Huff, Ph., Ueber den jährlichen und täglichen Gang der erd- magnetischen Kräfte in Tiflis während der Zeit der internatio- nalen Polarexpeditionen 1882 und 1883. 4°. (35 S. mit 1 Taf.) Preis 2. 40 . Irish, P. H., Ueber die Einwirkung von alkalischen Ferricyan- kaliumlösungen auf Ketone. gr. 8°. (37 S.) Preis 80 . Lueder, J., Beiträge zur Lehre von der Leukämie mit besonderer - Berücksichtigung der Steinbildung. gr. S%. (28 S.) Preis 60 4. "Meyer, C., Ueber die thermische Veränderlichkeit des Daniell’schen Elements und des Accumulators. gr. 8°. (27 S. mit 1 Taf.) Preis LM. "Römer, M., Ueber die Eimwirkung von Acetylchlorid auf halogen- _ ‚substituierte Thiophone und deren Homologe. Ueber die Ni- trierung der *a- Thiophensäure. gr. 80%. (61 8.) Preis 1 60.4. Schecker, G., Ueber einige Umsetzungen aromatischer Körper. gr. 80. (43 S.) Preis 1 MM. 2. In Fischer's medizin. Buchhandlung (H. Kornfeld) in Berlin ist erschienen: Berliner Klinik, Sammlung klin. Vorträge. Hrsg. v. E. Hahn u. P. Fürbringer. 1. Hft. gr. 8%. Preis 60 4. Bonome, A., Ueber die Aetiologie des Tetanus. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (6 8.) Preis 50 4. Demme, Zur Kenntnis der schweren Erytheme und der akuten multiplen Hautgangrän. Erythema nodosum mit. Purpura, von akuter multipler Hautgangrän gefolgt. (Sep.-Abdr.) gr. 8°. (26 S. mit 3 Taf.) Preis 1 # 50 4. Dührssen, A., Die Anwendung der Jodoformgaze in der Geburts- hilfe. gr. 8%. (34 S.) Preis 14 30 4. Ebert, J. C. und C. Schimmelbusch, Der Baeillus der Frett- chenseuche. (Sep.-Abdr.) gr. 8°. (4 S.) Preis 50 „. — Dyskrasie und Thrombose. (Sep.-Abdr.) gr. 8°. (13 8.) Preis 75 4. Hueppe, F., Historisch-kritisches über den Impfschutz, welchen Stoffwechselprodukte gegen die virulenten Parasiten verleihen. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (7 S.) Preis 50 +. Löwit, M., Ueber Blutplättchen und Thrombose. er. 8%. (6 S.) Preis 50 4. Lubarsch, O., Ueber Abschwächung der Milzbrandbaeillen im Froschkörper. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (9 S.) Preis 50 +. Lübbert, A., Die a-Oxynaphtoesäure. (Sep.-Abdr.) gr.8°. (158.) Preis 50 4. Noeggerath, E., Ueber eine neue Methode der Bakterienzüchtung (Sep.-Abdr.) auf gefärbten Nährmedien zu diagnostischen Zwecken. (Sep.- Abdr.) gr. 8%: (3 S mit 1 Taf.) Preis 75 4. Senator, H., Ziele und Wege der ärztlichen Thätigkeit. Ueber Icterus, seine Entstehung und Behandlung. (26 S.) Soyka, J., Zur Theorie und Praxis der Desinfektion. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (11 S.) Preis 50 4. Unverricht, Ueber multiple Hirnnervenlähmung. gr. 8%. (18 S.) Preis 75 4. — Zur Reform unseres Schulwesens. Preis 50 „4 3. Verschiedener Verlag: Adamkiewiez, A., Ueber die Nervenkörperchen des Menschen. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (20 S. mit 3 Taf.) In Komm. Preis 1#% 80 4. G. Freitag in Leipzig. Bau, A., Handbuch für Insektensammler. II. Bd. Die Käfer. Beschreibung aller in Deutschland, Oesterreich-Ungarn und der Schweiz vorkommenden Coleopteren. gr. 8%. (49 S. mit Illustr.) Preis 6 #; geb. 7 A. Creutz’sche Verl.-Buchh. (R. & M. 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Band I (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von # 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von #2 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 4. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. % Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. }& Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. ES ern ne] Central- Anzeiger für Erd- und Völkerkunde Wegweiser durch d. geograph. Literatur alter u. neuer Zeit. Neueste Nachrichten für alle Freunde der Erdkunde. Unter Mitwirkung der Herren Professor Dr. K. W. v. Dalla Torre, Doz. a. d. Univ. Innsbruck; Dr. 0. Feistmantel, Prof. a. d. techn. Hoch- schule in Prag; Dr. Günther, Prof. d. Erdkunde a. d. techn. Hochschule in Münschen; Dr. Jentzsch, Dir. d. geol. Provinzialmus. u. Doz. a.d. Univ. Königsberg; Dr. K. Keilhack, kgl. Bezirksgeol. in Berlin; Dr. 0. Krümmel, Prof. d. Erik. a. d. Univ. Kiel; Dr 0. Lenz, Prof. d. Erdk. a. d. Univ. Prag; Dr. F. Regel, Doz. d. Erdk. a. d. Univ. Jena; Dr. Riggenbach, Doz. a. d. Univ. Basel; Dr. F. Wahnschaffe, kgl. Landesgeol. u. Doz. a. d. Univ. Berlin u: a. herausgegeben von Dr. Paul Buchholz. Monatlich erscheint ein Heft von 1—2 Bogen. Der Jahrgang beginnt im April. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen zum Preise von 3 Mk. pro Halbjahr. WEEEEEEEEEEEETEEEEETEEEEEEEEEEEEEEEEEEEDE _ W.VIEREOE Präparator Berlin N. Invalidenstrasse Nr. 38 und 42 empfiehlt sich zum naturgetreuen und zoologisch richtigen Ausstopfen von Säugetieren und Vögeln. 2 Präparieren und Ausführung jeder Art Schädel, Skelette u. s. w. Billige Preise. Beste Referenzen. 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Inserate für Nr. 18 der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift‘ müssen späte- stens bis Sonnabend, 21. Juli in unseren Händen sein. Die Expedition. Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochesnschrift“ Bezug neh- men zu wollen. dwig: Die Feigen und ihre Liebes- Süsswasserfische. — Langsame Verbrennung organischer Substanzen. — Ueber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Erdbebens zu Charlestone. — Welches ist die geringste Lichtstärke, welche ein normales Auge gerade noch wahrzunehmen vermag? — Fragen und Antworten: Was wissen wir über die Spargeltliege? — Bücherschau. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Süämtlich in Berlin. ‚S. 114). Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. 1. Band. Sonntag, den 22. Juli 1888. Nr.ste Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist Mt 3.—; Bringegeld bei der Post 15,4 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 43. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Der Farbenwechsel des Saftmals in den Blüten der Rosskastanie. Von Prof. Dr. P. Ascherson. Vor einer Reihe von Jahren wies ich auf die mir damals neue Thatsache hin, dass der als Saftmal dienende Fleck am Grunde der Blumenblätter der Rosskastanie (Aesculus Hippocastanum L.) unmittelbar nach dem Auf- blühen gelb ist, später diese Farbe aber allmählich in Carminrot ändert. (Sitzb. bot. Verein Brandenb. 1877 Diese Beobachtung war anf einem der von mir geleiteten botanischen Ausflüge von einem meiner Zuhörer, dem jetzigen Gymnasiallehrer OÖ. Ohmann ge- macht worden; Herrn Dr. Koehne war dieser Sachverhalt seit Jahren bekannt. Selbstverständlich unterliess ich es da- mals nicht, mich in der Litteratur umzusehen, ob diese so leicht festzustellende Thatsache auch schon früher auf- - gezeichnet sei; durch einen eigentümlichen Zufall versäumte ich, das Werk zu vergleichen, in dem ich in erster Linie hätte erwarten dürfen, Aufschluss zu finden: das klassische Buch Konrad Sprengel’s über das „Entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen“, in dem diese Erscheinung S. 210—212 eingehend be- sprochen wird. Es ist charakteristisch, dass mit dem Sprengel'’schen Werke auch diese auffällige Thatsache so völlig in Vergessenheit geriet, dass sie fast hundert Jahre später für neu gehalten werden konnte. Sprengel spricht a.a. O. mit Recht sein Erstaunen aus, dass das Saftmal in dem zweiten Stadium, das doch den Insekten verkünden soll, dass für sie nichts mehr in der Blüte zu holen ist, wenigstens für ein menchliches Auge auffälliger ist als im ersten.*) Dagegen ist seine *) Die Blüten verhalten sich also entgegengesetzt wie die der Macrotomia echioides (L.) Boiss. (= Arnebia e. Alph. D.C.), bei der, Bezugnahme auf den ihm nur aus der Litteratur (Leers Flora Herbornensis, S. 66) bekannten Umstand, dass bei _Ribes alpinum L. die Krone der männlichen Blüten gelb, die der weiblichen Blüten aber rot gefärbt sei, in doppelter Hinsicht unzutreffend. Die Annahme Sprengels, dass die Blüten der Rosskastanie proterandrisch seien, dass also die rote Färbung des Saftmals das weibliche Stadium anzeige, wird durch die Beobachtungen von Hildebrand und H. Müller, nach denen sie vielmehr proterogynisch sind, nicht bestätigt. Jedenfalls aber ist ein Vergleich der lebhaft purpurnen Saftmale der Rosskastanie mit den weiblichen Blüten von Ribes alpinum L. kaum berechtigt. Bekanntlich wird die Augenfälligkeit der Ribes-Blüten hauptsächlich durch den Kelch hervorgebracht und die Kronblätter sind nur in ganz untergeordneter Weise dabei beteiligt. Ob die Leers’sche Angabe zutreffend ist, davon konnte ich mich an dem mir jetzt allein zu Gesicht stehenden trockenen Material nicht überzeugen. Dass die Blumenblätter der weiblichen Blüten, wenn überhaupt deut- lich rot gefärbt, jedenfalls sehr unscheinbar sein müssen, geht aus der Angabe von H. Müller hervor, der (Befruch- tung der Blumen durch Insekten, S. 94) die Blüten von Ribes alpinum beschreibt und abbildet aber, wie die meisten Floren, die weiblichen nur im Gegensatz zu den auffälligeren, gelblich grünen, männlichen als „mehr grün“ bezeichnet. Auch bei Besprechung der Blumen von Saxifraga umbrosa L., deren Saftmal aus mehreren kleinen roten und zwei grösseren gelben, am Grunde der Blumenblätter befind- nach der schönen Beobachtung von E. Loew (Berichte D. Bot. Ges. 1886, S. 165), „die Honigsignale eingezogen“ werden. 130 Naturwissenschäftliche Wochenschrift. PEN eier lichen Flecken besteht, spricht Sprengel (Sp. 247) noch einmal unter Bezugnahme auf die Rosskastanie die Ver- mutung aus, „dass die gelbe Farbe für die Insekten mehr Reiz haben, oder denselben stärker in die Augen fallen müsse, als die rote.“ Die. richtige biologische Deutung des auf den ersten Blick paradox erscheinenden Farben- wechsels bei Aesculus ist aber sicher nicht in dieser Rich- tung zu suchen, sondern ohne Zweifel die von H. Müller für farbenwechselnde Blumen im allgemeinen, wie Ribes aureum, Lantana, Weigela (Bot. Zeit., 1882, Sp. 280) und Pulmanaria (Kosmos XIII, 1883, S. 214, Nature XXVII, S. 81) gegebene. Durch das gleichzeitige Vorhandensein auffälligerer aber ausbeuteloser und un- scheinbarer Blumen, die die Vermittler der Bestäubung durch Ausbeute belohnen, wird eine Auslese der Besucher bewirkt, indem die dümmeren und nutzlosen auf die auf- fälligeren abgelenkt werden, die intelligenten und nütz- lichen aber den unscheinbaren sich zuwenden. Denselben Farbenwechsel des Saftmals wie bei den Rosskastanien*) finden wir auch bei dem zu derselben Familie (Sapindaceen) gehörigen chinesischen Zierstrauche Xanthoceras sorbifolia Bunge (vgl. Wittmack, Garten- zeitung, 1884, S. 247). *) Auch an Aesculus carnea Willd. und A. flava Ait. hat Martelli dieselbe Farbenänderung des Saftmals beobachtet (Giorn. bot. it. 1888 p. 402). Das Skelet eines weiblichen Ur (Bos primigenius). Von Prof. Dr. A. Nehring. Am 12. Mai 1887 wurde auf der Sollle des Torf- moores von Guhlen unweit Goyatz, also westlich von dem Südende des Schwieloch-Sees in der Niederlausitz, das Skelet eines grossen Rindes gefunden, welches sich dem- nichst bei genauerer Untersuchung als zu Bos primigenius gehörig erwiesen hat. Die betreffenden Skeletteile lagen nahe bei einander, meistens noch in natürlichem Zu- sammenhange, so dass man unzweifelhaft annehmen darf, dass sämtliche Knochen an dem Fundorte vorhanden waren; da aber der ganze Fund spät abends, als die Arbeiter schon nach Haus gehen wollten, gemacht wurde, hat man einige Stücke übersehen; es fehlen die unteren „Knochen des rechten Vorderbeines, die unteren Knochen des linken Hinterbeines, die Mehrzahl der Schwanzwirbel, sowie einige kleine Knöchelchen der Hand- und Fuss- wurzeln. Auch sind einige Zähne abhanden gekommen. Die übrigen Teile sind vollzählig vorhanden und aus- gezeichnet erhalten. Durch Vermittlung des Herrn Pastor Overbeck in Zaue (am Schwieloch-See) kam der Fund bald in den Besitz des Herrn Baumeister Overbeck zu Berlin. Nachdem dieser die Skeletteile durch Herrn J. Wickers- heimer kunstgerecht hatte montieren lassen, (wobei die fehlenden Knochen aus Holz ergänzt wurden), ist das Skelet kürzlich von dem Curatorium der Königl. land- wirtschaftlichen Hochschule in Berlin angekauft und der zoologischen Sammlung der letzteren eingereiht worden. Aus der Schmalheit des Schädels, aus der Schlank- heit der Extremitätenknochen und manchen anderen Verhältnissen ergiebt sich, dass wir das Skelet eines weiblichen Bos primigenius, also einer Urkuh, vor uns haben. Die Widerristhöhe beträgt bei der jetzigen annähernd richtigen Aufstellung 168 cm; die Länge des Schädels 65!/a cm, die Länge eines der Hornkerne, aussen der Krümmung nach gemessen 70 cm, die grösste lichte Weite zwischen den inneren Krümmungen der Hornkerne 74 cm, die Entfernung ihrer Spitzen voneinander 67 cm. Zur Vergleichung sei erwähnt, dass das in unserer Sammlung befindliche Skelet einer sehr grossen Kuh hollän- discher Rasse eine Widerristhöhe von 148 cm, eine Schädel- länge von 54V/ cm zeigt, und dass die Hornkerne des Schädels viel kürzer und schwächer sind, als die jener Urkuh. Der Gesamthabitus des subfossilen Skelets von Guhlen erinnert stark an die Steppenrinder von Podolien und Ungarn, namentlich auch in der Form und Grösse der Hornkerne. : Das Steppenklima scheint ganz allgemein einen fördernden Einfluss auf die Hornbildung der Rinder auszuüben; in vielen Steppengegenden der Erde, welche überhaupt fruchtbar genug für die Zucht von Rindern sind, findet man sehr ansehnliche Hörner bei den letzteren, so in Podolien, in Ungarn, in Südafrika, in den Campos von Brasilien. Die sogenannten „Franqueiros“ der Cam- pos von Brasilien gehen in ihrer Hornentwicklung noch über Bos primigenius hinaus; ihre Hörner erreichen eine fast unglaubliche Grösse. Da jene Franqueiros von euro- päischen Rindern abstammen, welche keineswegs so grOSS- hörnig waren, so dürfen wir annehmen, dass die eigen- tümlichen Lebensbedingungen der Campos von Brasilien die Hornentwicklung der Rinder ganz besonders fördern. Die südliche baltische Endmoräne des ehemaligen skandinavischen Eises in der Uckermark und Mecklenburg-Strelitz. Von Prof. Dr. G. Berendt, Kgl. Preuss. Landesgeologe. Es ist immer und immer die alte Erfahrung, die der Mensch von neuem zu machen hat, dass er in oft weiter Ferne sucht oder schon kennt, was er im eigenen Vater- lande hat, aber nicht kennt; dass er sich die Lösung fernliegender Rätsel zur Aufgabe macht und die nächst- liegenden Fragen nie gestellt hat. So gehen auch wir Norddeutsche bis jetzt, um alte Gletschermoränen kennen zu lernen, in die Alpen oder nach Norwegen und haben N I . ER > NEUNK Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 131 mm mn nn nicht gewusst, dass wir sie in Norddeutschland in der schönsten Ausbildung besitzen, ja im stande sind auf einer dreitägigen Fussreise uns ein Bild alter End- moränen zu verschaffen, wie es grossartiger kaum in der Ferne zu finden. In der Mai-Sitzung der Deutschen geologischen Gesellschaft entrollte ich ein Bild der alten südbaltischen Endmoräne des grossen einstmaligen skandinavischen Eises die ich im vorigen Herbste auf eine Erstreckung von vollen acht deutschen Meilen in ununterbrochenem Zu- sammenhange durch die Uckermark hin verfolgt hatte. Zweck dieser Zeilen war es anfänglich nur, auch hier einen kurzen Bericht über jenen Vortrag zu geben. Da ich jedoch inzwischen Gelegenheit genommen habe, zum Teil in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Wahnschaffe, den weiteren Verlauf dieser grossartigen Endmoräne bis ins Mecklenburgische hinein, also nunmehr auf über zwanzig Meilen hin, zu verfolgen, so kann ich mir das Vergnügen nicht versagen, den Lesern auch hierüber zu berichten. Es wird dadurch an dieser Stelle zum ersten Male ein Ueber- blick über dieses grossartige und unwiderlegliche Zeug- nis von der zusammenhängenden ehemaligen Eisdecke unseres engeren Vaterlandes gegeben*). Endmoränen sind bekanntlich die, vor dem stetig abschmelzenden Gletscherrande noch heute unter den Augen des Hochgebirgsbewohners sich bildenden bezw. vergrössernden Hügel oder Kämme von Gesteinsschutt, zum Teil auch grossen Blöcken, welche das Gletschereis auf, in und unter sich mitführt. Ganz in derselben Weise musste das skandinavische Eis der Diluvial-, Glacial oder Eiszeit, welches einst von den skandinavischen Gebirgen herab bis an die Deutschen Mittelgebirge hinan unser Vaterland bedeckte, falls es abschmelzend auf seinem Rückzuge irgendwo längere Zeit Halt machte, so dass an seinem scharfen Südende Nach- schub und Abschmelzen, wie beim Gletscher der Jetztzeit, in der Wage gehalten wurde, sich ein mehr oder weniger . deutlicher Kamm, eine mehr oder weniger zusammen- hängende Linie von Schutt- und Steinhügeln bilden, welche diese zeitweise Südgrenze bezeichnet. In überraschender Weise hat sich diese immer wieder von den verschieden- sten Seiten angezweifelte, noch in den jüngsten Tagen aufs entschiedenste geleugnete Steinmoräne nun derartig verfolgen lassen, dass sie in ihrer Längenausdehnung bereits auf dem kleinsten Kartenbilde Deutschlands zum deutlichen Ausdruck gebracht werden kann. Ich sage in überraschender Weise; denn es ist, wie so oft hinter- “her, kaum glaublich, wie es möglich war, dass diese End- moräne in ihrer Deutlichkeit bisher übersehen werden konnte. Zwar ist ein Teil der Endmoräne unter dem Namen der Steinberge durch die Steinlieferungen für das Berliner Strassenpflaster aus der Gegend von Joachimsthal, von *) Eingehendere Nachrichten geben zwei im Drucke befindliche Abhandlungen über diesen Gegenstand im Jahrbuche der Kgl. Geolog. Landesanstalt für 1887. Chorin und von Liepe bei Oderberg bereits seit langem bekannt geworden und auch von Geologen vielfach besucht worden — hatte Berichterstatter doch selbst die Ehre den Deutschen Geologentag im Jahre 1880 zu einem der schönsten Aufschlüsse des sogenannten Geschiebewalles bei Liepe zu führen — immer aber war es nur der innere Aufbau des Geschiebewalles, die Verschiedenartigkeit der Gesteine u. dgl. fast nie aber die eigentliche Längs- erstreckung desselben, welche Beachtung fand*).. Zwar spricht ferner schon Boll, dessen Verdienst um die Geologie. Mecklenburgs unvergessen bleiben wird, im Jahre 1846 von mehreren Geschiebewällen, welche in nordwestlicher Richtung Mecklenburg und die Uckermark durchsetzen und werden seine Angaben nunmehr in ge- wissem Grade glänzend gerechtfertigt. Aber diese An- gaben sind doch auch wieder so unbestimmt, vermengen so oft den grösseren Geschiebereichtum einer Gegend mit Anhäufungen von Geschieben zu einem wirklichen Geschiebewall und umgekehrt, ja ziehen ganze Feldmarken, welche als steinarm bezeichnet werden können, in die Streifen hinein, während andere, durch welche: der Stein- rücken hindurchzieht, ausserhalb liegen bleiben, dass man sieht, auch er hat nie den Geschiebewall als eine schmale, fortlaufende Endmoräne wirklich verfolgt, sondern zum grossen Teil auf Mitteilungen ortskundiger- Bewohner über besonderen Steinreichtum einzelner Gegenden, wie solcher in der Nähe der Endmoräne vielfach bemerkbar wird, mehr oder weniger breite Streifen erkannt, welche einiger- massen gleichlaufend das Land durchsetzen. Die aus dem beigegebenen Kartenbild ersichtliche Erstreckung der Endmoräne von Öderberg bis Strelitz, zum Teil mit einer zweiten ein paar Meilen dahinter gelegenen von Gerswalde bis Fürstenwerder und bezw. Wendorf bis Neuhof bei Feldberg, ist nun endlich das Ergebnis thatsächlicher Beobachtungen, wie ich sie teils im vorigen Herbste, teils in diesem Frühjahr zunächst allein, hernach zum Teil in Gemeinschaft mit Dr. Wahnschaffe gemacht habe. So hatte ich im vorigen Herbste Gelegenheit, den Verlauf der Endmoräne aus der Gegend von Oder- berg und Liepe über Kloster und Dorf Chorin bezw. Chorinchen bis Senftenhütte mit einer Rückbiegung bis in die Gegend von Schmargendorf und zurück, vorbei an Amt Grimnitz, bis Alte Hütte, sowie weiter über Joachims- thal, Friedrichswalde und Ringenwalde, mit einer aber- maligen Rückbiegung nach Alt-Temmen zu, und weiter bis Gross- und Alt-Kölpin in ununterbrochenem, mit der jedesmaligen Oberfläche auf- und absteigenden Zuge volle 8 deutsche Meilen oder etwa 60 km genauer zu verfolgen **). Die Breite desGeschiebewalles oder der eigent- *) Prof. Remel& in Eberswalde, Bergassessor Busse, in seiner derzeitigen geognostischen Arbeit zum Bergreferendarexamen, und Dr. Helland in Christiania waren bisher die einzigen, welche mit mir tür die Endmoränennatur des bisher bekannten Teiles des Geschiebe- walles eintraten. j ji ’*) Siehe die demnächst erscheinende Abhandl. im Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landes-Anstalt für 1887. 132 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NREITE lichen Endmoräne schwankt auf diese ganze Erstreckung hin in der Hauptsache nur zwischen 100 und 400 m. Das Doppelte, also 8—900 m, erreichende Verbreiterungen kommen nur ganz vereinzelt an zwei Stellen, einerseits bei Senftenhütte, andererseits bei Ringenwalde vor. Was die Höhe dieses Kammes oder der einzelnen ihn zuweilen zusammensetzenden Kegelberge betrifft, so überragen sie ihre Umgebung um durchschnittlich etwa 5—10, aber auch zuweilen bis 20 m mit mehrfach 35 und 40 Grad erreichendem Böschungswinkel. Ihre innere Beschaffen- heit lassen schon oberflächlich die zuweilen dicht.bei dicht aus der Gras- und Moosdecke des sie vielfach bedecken- den Waldes hervor- blöcke erkennen. geschlossen und bis auf eine Tiefe von 8 und 10m aus richtiger Stein- packung bestehend, in welche nur untergeordnet eine Mergel- oder Sand- bank eingelagert ist, zeigen diese innere Be- AQyychen schaffenheit der End- Ir 2 : ZZ moränen alle die zahl- reichen Steingruben einerseits bei Joachims- thal, andererseits bei Senftenhütte und Chorin- chen und drittens in der Gegend von Liepe und Oderberg. Ueberblickt man den soeben angedeuteten Verlauf des Ge- schiebewalles an der Hand des beigegebenen Kärtchens genauer, so sieht man, dass man es auf der in Rede stehen- IC, Venbergf jp 4 old 2 (db Karwii en De] > N en u AZehdenick ht. Löwanberg — Se en 2 Entw. u. 6. Barandı. Nr Endmoräng 1 Die südbaltische ADS lich kleine Kuppen und Wi i in di Vorsprünge unverhüllt h lich i bildenden Geschiebe- ’ Forst Hullerbusch ein- Auf- 0, g, Li N SU m Boitzenb er - f oitzen I S 2 >47: nen o Krewsk 80 ofelnick az I We vT Mittenwalde a "8 Kia a 3 E -Temmen UM — anal Marienwerder 2 1.1 {Derzeitige Eisdacke. schön ausgeprägte dritte Bogen, an Kreuzkrug, Kloster- walde und Warthe vorbei fort. Nordwestlich Warthe bei Mahlendorf, wo die Endmoräne über die Senke des Küstrin- und des Boitzenburger Haus-Sees setzt, verliert man auf kurze Strecke ihre Spur, findet dieselbe jedoch schon westlich Brüsenwalde wieder, westlich an Thomsdorf vorbei, wo sie längs des sogenannten Alten-Grundes bei Charlottenthal und im Priesterholze die volle Deutlichkeit wiedererlangt, geht sie auf kurze Strecke in der Halbinsel nordwestlich Thomsdorf in eine breitere Steinbeschüttung über, taucht dann aber bei Karwitz in voller Urwüchsig- keit aus dem gleichnamigen See wieder auf, um in ge- schlossenem Zuge und scharf nördlicher Rich- tung in die grossherzog- mecklenburgische zutreten. Ja die kammartige N = 70 moräne kommt hier so- gar in dem Grade zur Erscheinung, dass man sich in der Mitte des Hullerbusch mit dem Fahrwege auf einem kaum mehr als 30 Schritt oder 20 m breiten, beider- seits steil abfallenden Kamme befindet: | Während nun, gerade von dieser Stelle aus, einerseits eine EN SBerkhöl, = fe: ee = licher Richtung auf Wittenhagen zu zu ver- Ü folgen ist, auf die ich | demnächst zurückkomme, setzt die eigentliche älteste Moräne, einen vierten Bogen beginnend, spitzwinklig zurück durch den Schmalen SON Kane OD 3 «oSenftenhüttg Chorinchen OS N FIN, EL Te Bee Gez.v.M Pütı den Strecke mit zwei grossen gegen W. bezw. WSW. | Luzin See, welcher hier nicht nur seine schmalste, sondern vorgeschobenen bogenartigen Ausbuchtungen der grossen Endmoräne zu thun hat, innerhalb welcher, also gegen O. bezw. ONO., der Geschiebemergel, die alte Grund- moräne, in der Hauptsache die Oberfläche bildet, während ausserhalb der Bogen weite, anfangs wellige, weiterhin zum Teil völlig ebenflächige und nur von aufgesetzten Dünenkämmen durchzogene Sandflächen, nach Art der aus Island vor dem Eise bekannten Sandes, sich vorlegen. Durch solche Sandüberschüttungen auf längere Strecken verhüllt und nur in seinen höchsten Kuppen hervorragend setzt nun der bei Alt-Temmen beginnende und bis Gross- und Alt-Kölpin in seiner Moränennatur auch, durch Steingeröll bekannte, flachste Stelle hat, er- scheint auf etwa !/s Meile südlich Feldberg durch deut- liche Wasserwirkung in eine Reihe ziemlich kegeliger, flacher Hügel zerlegt, setzt dann aber längs des Feldberg- Neuhöfer Weges in geschlossenem Kamme und fast genau westlicher Richtung zur Lüttenhagener Forst fort. Die Ausbildung der Moräne hier bei Neuhofals schma- ler,imGanzenvielleicht50mbreiter, nurmitSchleh- dorn und Besenginster bewachsener Steinwallmit- ten im fruchtbaren Felde, ist so in die Augen sprin- gend, dass eskaum verständlich ist, wie sein Bekanntwerden gerade den Geologen so lange sich hat entziehen können. Ausbildung der End-- schmalsten Te PR Er; RE eh ET ie OFT rt NI-17. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 133 Der in genau westlicher Richtung in der genannten Forst beginnende sogenannte Herrenweg läuft sodann etwa eine halbe deutsche Meile unmittelbar auf dem Rücken der Moräne entlang und trägt, nach Aussage der Leute, seinen Namen davon, dass anfänglich bevor die Steine allmählich zu Steinmauern beiderseits aufgepackt waren, höchstens Herren im stande waren zum Besuche der prachtvollen Buchenwaldung, der sogenannten Heiligen Hallen, Pferde und Wagen auf demselben aufs Spiel zu setzen. Hinter einer sandigen Unterbrechung am Dolgener Teerofen liess sich der Geschiebewall der Endmoräne sodann durch die Warsberge, über die Steinberge bei Goldenbaumer Mühle und zwischen dieser und dem Dorfe Goldenbaum stets in westlicher Richtung aufs schönste _ weiter verfolgen bis in die Gegend der Willerts- oder Judenmühle. Jenseits derselben biegt die Endmoräne, etwa eine Meile vor den Thoren von Alt-Strelitz, ziem- lich scharf wieder nördlich über den Aussichtsturm und das Denkmal beim Schweizerhaus und verliert sich, nach Aussage des dortigen Försters, nach Dianenhof zu, um wahrscheinlich, ähnlich wie zwischen Fürstenwerder und Feldberg, vor dem noch breiteren durch die dortigen grossen Seen gekennzeichneten Schmelzwasser-Abfluss von Alt- und Neu-Strelitz abermals auf eine Strecke aus- zusetzen. Kehren wir jetzt noch einmal zu jenem flachen, mittleren Bogen von Warthe, zwischen Feldberg einer- seits und Alt-Temmen andererseits, zurück, so sehen wir demselben parallel, etwa zwei Meilen nordöstlich zurück- gelegen, einen zweiten ebenso flachen Endmoränenbogen verlaufen und erkennen hier mit Leichtigkeit die Ursache des scheinbar geringeren Zusammenhanges des Moränen- kammes von Warthe.e. Haben wir es doch bei letzterem offenbar mit der eigentlichen ersten Endmoräne zu thun, welche von dem der Zeit nach späteren Eisrande der Fürstenwerder—Gerswalder Endmoräne aus zum Teil mit Sandmassen überschüttet oder durchwaschen wurde. Diese zweite Endmoräne, welche sich in der Hauptsache immer längs der, nur einmal von dem Thale des Boitzenburger Fliesses oder sogenannten Stromes unterbrochenen, fast nördlich streichenden Hauptboden- erhebung verfolgen lässt, beginnt schon nördlich der etwa meilebreiten Gerswalder Senke zwischen Gerswalde und Buchholz deutlich in die Erscheinung zu treten. An- fangs die eigentliche Höhe der genannten Hauptboden- erhebung beherrschend, bleibt sie in der Folge mehr auf dem westlichen Gehänge und wird von dahinter liegenden Sandkämmen noch überragt. Nördlich Hasleben vorüber noch in einem einfachen Kamme, beginnt sie sich schon vor dem Boitzenburger Thale in mehrere Parallelketten zu spalten, welche nach der Unterbrechung des Thales in der grossen Zerweliner Forst westlich Berkholz und Naugarten nach den Beobachtungen Dr. Wahnschaffe's zu vollster Entwickelung kommen. Die von dem Ge- nannten ausgeführte Kartenaufnahme der Sektion Boitzen- burg, deren nordöstliche Ecke die Endmoräne durch- setzt, verzeichnet hier sechs deutlich unterscheidbare Hauptkämme und einige Nebenkämme. In der Gegend des Forsthauses Zerwelin, südlich Arendsee, westlich Naugarten, wo ich in diesem Früh- jahr in Gemeinschaft mit Dr. Wahnschaffe die Beobachtungen wieder aufnahm, haben sich diese Para- lellkämme jedoch bereits wieder zu einem schmalen, kaum mehr als 100 m breiten Walle vereinigt, welcher nun nur auf kurze Strecken oberflächlich mit Sand bedeckt oder von, nach Westen ihn durchquerenden Wasserzügen unterbrochen, sich mit seiner Steinfülle über Arendsee (südwestlicher Rand des Parkes) an Parmen vorbei über die Parmener Mühle und Schulzenhof bis unmittelbar vor das Südthor von Fürstenwerder verfolgen lässt und hier verläuft. Dass letzteres in der That der Fall ist, zeigt sich schon etwa °/ı Meile südlich Fürstenwerder, wo er nur noch eine 1,50 m mächtige Geröll- und Geschiebebeschüt- tung auf dem Geschiebemergel ausmacht, welche bei genanntem Städtchen selbst sogar auf 0,5 m zusammen- schmilzt. Nördlich von Fürstenwerder bis Woldegk und bis hinauf auf die Höhe des den baltischen Höhenrücken hier beherrschenden Helpter Berges überschreitet man fast nichts weiter als die wellige Fläche des gewöhn- lichen, sogar als verhältnissmässig fett und steinarm zu bezeichnenden Geschiebemergels. Erst nach einer, ungefähr eine deutsche Meile breiten Unterbrechung, in welcher eine Anzahl grosser Seen unschwer einen Hauptabfluss namhafter Schmelzwasser des alten Inlandeises, und gleichzeitig der Blockreichtum der echten Moränenlandschaft zwischen Wrechen und Neugarten auch wieder die Fortsetzung erkennen lassen, beginnt die Endmoräne in fast gleich unscheinbarer, der Hauptsache nach nur in einer dünnen Beschüttung des Geschiebemergels bestehenden Weise, wie sie bei Fürsten- werder geendet hat, genau westlich bei Wendorf von neuem. Schon eine halbe Meile weiter südlich ist sie jedoch wieder unverkennbar, setzt in fast genau nord- südlicher Richtung mit deutlicher Unterlagerung durch den Geschiebemergel, durch den Breiten Luzinsee, ver- breitert sich dann zwar namhaft bei Tornowshof und Wittenhagen, wodurch sie an wallartiger Erscheinung einbüsst, gewinnt aber südlich genannten Dorfes im sogenannten Hullerbusch diese Ausbildung in solchem Masse wieder, dass bereits oben auf die besonders schmale und scharfe Kammausbildung in dieser Gegend des An- schlusses an die erste Endmoräne aufmerksam gemacht werden musste. Es wird nun in der Folge Aufgabe des Geologen sein, die beiderseitige Fortsetzung sowohl nach Westen wie nach Osten aufzusuchen. Nach Westen, für Mecklen- burg, geben dazu die bereits erwähnten Mitteilungen Bolls über die nordwestliche, besser westnordwestliche Richtung der durch Geschiebereichtum ausgezeichneten Landstriche, sowie das in dem vorliegenden Uebersichts- 134 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. el: kärtehen gebotene Bild der eigentümlichen Art des Ver- laufes der Endmoräne den besten Anhalt. Oestlich der Oder dagegen, bis zu welcher der Geschiebewahl sich von Oderberg an in einem Bogen bis Lunow noch ver- folgen lässt, während Geschiebeanhäufungen auf der Oderinsel bei Brahlitz auch in dieser Richtung ein Fort- setzen vermuten lassen, fehlt es dagegen bisher noch an jeder sicheren Nachricht. Zu vermuten ist, dass die Hauptstreichrichtung der Endmoräne, die auch hier sicherlich nicht fehlt, dem geänderten Streichen der pommerschen Seenplatte ent- sprechend, ebenfalls eine mehr östliche beziehungsweise ostnordöstliche Richtung annimmt. Gewaltige Geschiebe- anhäufungen, echte Steinpackung, wie ich sie gerade auf den höchsten Kuppen der Gegend von Bublitz schon vor ‚Jahren zu beobachten Gelegenheit hatte, deuten darauf hin und bieten zu recht baldiger Auffindung die beste Aussicht. Kleinere Mitteilungen. Aus der Hygiene. — 1: Ueber den Einfluss der Genuss- mittel auf die Magenverdauung hat Herr A. Henezynski, Assistenz- arzt der Rostocker Medizinischen Klinik neuerdings Versuche angestellt, indem er nach vier Stunden den Magen von Personen aus- pumpte, welche gewisse Speisen in Verbindung mit Genussmitteln zu sich genommen hatten, und dann den unverdauten Rückstand untersuchte. Die Versuchstabellen hat der Genannte in einer Inau- guraldissertation (Rostock 1887) niedergelegt. Wir entnehmen der grossen Reihe von Untersuchungen folgende Ergebnisse. 1) Wasser übt in einem Quantum bis zu 650 g einen merklichen Einfluss nicht aus 2) Alkolische Lösung in mässiger Konzentration von ca. 4%/, und in mässiger Menge — bis zu 2 — hat, wenn auch keine direkt befördernde, so doch sicherlich keine hemmende Wirkung, da- gegen verzögert sie in eimer Konzentration von 10°, schon merklich, in einer solchen von 20°, sehr erheblich die Verdauung. 3) Dem Biere ist, bis etwa 8/4 7 getrunken, eine gleiche Wirkung wie einer schwachen alkoholischen Lösung zuzuschreiben. Bei mangelhafter Magenbewegung befördert es sogar die Verdauung. 4). Rotwein, bis zu Y/g Z einverleibt, steht dem Biere gleich. Weisswein wirkt befördernd. 5) Am günstigsten auf die Verdauung wirken Kaffee und Thee und (bei Rauchern) mässiges Rauchen, während starkes Rauchen die Verdauung verzögert. 2. Einem Vortrage M. v. Pettenkofer’s, geh. in der bayer. Akademie der Wissenschaften (Sitzungsber. 1887, II, 179—194), womit die Hauptresultate einer von dem Doc. Dr. Lehmann im hygienischen Institute ausgeführten Untersuchung ‚über Gesundheits- schädlichkeit mehrerer hygienisch und technisch wichtiger Gase und Dämpfe‘ dargelegt werden, entnehmen wir folgendes: Die gewöhn- lichen eurrenten Anschauungen, welche, in “der Litteratur über die - Menge gewisser schädlicher Gase, welche, in der Atemluft vorhan- den, schon Gefahr bringen, sind von der Wahrheit weit entfernt und bedürfen sehr der Berichtisung. 1) Salzsäuredampf. Schon 0,1 pro mille erzeugt bei Kaninchen, Katzen etc, lebhafte Unruhe, Speichel- und Nasensekretion; bei 1,5 bis 2% treten Dyspno&, Thränen, Canjunctivitis und Trübung der Cornea auf und sekundäre Katarrhalpneumonien führen oft zum Tode. Der Mensch scheint noch empfindlicher gegen HCl zu sein, als die Tiere. 2) Amoniak. Die Wirkung ist in mancher Beziehung ähnlich, nur schwächer als bei HCl. Lehmann giebt nach Versuchen an Menschen und an Tieren 0,3090 als Grenze für die Gesundheitsschädlichkrit und hält 0,5%/90 für die äusserste bei Gewöhnung längere Zeit zu ertragende Konzentration für Menschen. 2,5 bis 49/99 geben bei mehrstündiger Einwirkung Anlass zu gefährlichen Lungenentzündungen. 3) Chlor. Schon sehr geringe Mengen (0,01°/) bringen Reizsymptome in den Atmungsorganen hervor; 0,015 bis 0,030/9, lebhafte Reizsymptome, Bronchitis, katarrhalische Pneumonien. Gaben von 0,04 bis 0,06%/oo sind lebensgefährlich; 0,6% tötet rasch, 4) Brom wirkt genau wie Chlor. Die Angaben in Büchern (z. B, m Hirt's Gewerbekrank- heiten) überschreiten die zulässigen Mengen von Amoniak Chlor und Brom um das 100-, ja 1000fache. 5) Schwefelwasserstoff. Die grosse Giftigkeit von HS ist allgemein bekannt; doch wird sie ge- wöhnlich höher angenommen, als die von Cl und Br, was sich aber nicht bewahrheitet. Dosen von 0,7%/,, wirken tötlich. 6) Schwefel- kohlenstoff. Verschiedene Schwefelkohlenstoffe erweisen sich als verschieden giftig. 0,2 mg in 11 Luft sehr heftig wirkte, verursachte ein aus einer anderen Quelle bezogener bei 0,84 mg in 1/2 Luft keine emsteren Symptome. 7) Anilin und Nitrobenzol. Anilin, in 0,84 mg in 12 (=0,1°/ des Volums) zeigen sich schon gefährlich. Katzen und Menschen sind dafür fast gleich empfänglich, Kaninchen und Meer- schweinchen dagegen merkwürdigerweise fast unempfindlich. Nitro- benzol scheint durch die Lungen nur sehr wenig aufgenommen zu werden, anders verhält es sich dagegen, wenn es vom Magen aus verabreicht wird. Pettenkofer spricht am Schlusse seines Vortrages die Während einer schon bei einem Gehalt von | Meinung aus, dass die Schädlichkeit der genannten Gase und Dämpfe nicht bloss auf lokalen Veränderungen des Blutes beruhen, sondern auch auf Wirkungen auf das Nervensystem und namentlich seine Centralorgane. Weiterhin scheint festzustehen, dass, je höher ein Organısmus entwickelt ist, desto empfindlicher er für schädliche Gase und Dämpfe ist. so lange und in so grosser Menge, wie sie für Menschen und warm- blütige Tiere sicher und in kürzester Zeit tötlich sind. Das sei auch vielleieht der Grund, warum gerade der Mensch in seiner Woh- nung eine reinlichere Luft braucht als alle seine Haustiere. Dr. Ackermann. Biber an der Elbe. — Oberhalb Ranies am Gegenwehrs- berg unweit Schönebeck a. E., Provinz Sachsen, haben sich seit Mitte März etwa 30 Biber eingefunden, die in Ermangelung von Burgen vorläufig in dem den Elbdamm. bekleidenden Buschwerke Schutz suchen. Gegenwärtig beginnen sie den Damm zu unter- wühlen, so dass dieser leicht gefährdet werden kann, weshalb es fraelich erscheint, ob man die Gäste auf die Dauer wird dulden dürfen. Für den Zoologen und Naturfreund ist diese in Nr. 30 des Weidmann (Jahrg. 1888) sich findende Notiz von hohem Interesse, Der Biber ist in Deutschland eine ausserordentlich seltene Erschei- nung, und es ist daher sehr erfreulich, zu hören, dass sich noch eme Gesellschaft von 30 Stück dieser "Tiere zusammenfindet. Leider giebt esin denjenigen Gegenden, wo noch Biber vorkommen, Leute, welchen es ruhmvoller erscheint, die seltenen Tiere zu erlegen als zu ihrer Erhaltung durch Schonung beizutragen. So wird in Nr. 28 der. oben genannten Zeitschrift gemeldet und — wie wir mit Genug- thuung lasen — getadelt, dass zwei Jagdberechtigte bei Griebo in Anhalt zwei Biber an der Elbe erlegten. Biber werden möglicherweise durch Hochwasser veranlasst worden sein, ihre bisherige Heimat zu verlassen, ihnen, nene Wohnsitze zu finden, an welchen sie ungestört ihr Da- sein fristen können. Dr. E. S. Bildung von Haarsilber. — Opifieius (Chem. Ztg. 1888, 649) macht darauf aufmerksam dass man durch Glühen von pulvri- gem Schwefelsilber im Wasserstofistrom das Silber m Form feiner Haare erhält, die aus der Masse emporschiessen. Es entsteht zuletzt ein dichter Wald von centimeterlangen feinen Fäden metallischen Silbers. Wendet man das Schwefelsilber in Stücken an, so dauert die Reduktion etwas länger, aber man erhält stärkere Fäden von Silber, darunter Exemplare von 7 cm Länge und 2—3 mm Dicke. Man kann auf diese Weise dem natürlichen dendrytischen Silber ähnliche Bildungen künstlich darstellen. Steine mit passenden Ver- tiefungen werden mit dem Schwefelsilber im Wasserstoffstrom erhitzt. Die entstehenden Silberfäden schmiegen sich genau den Vertiefungen des Steines an. Silber aus Schwefelsilber in derselben Form genommen. seren Fäden wachsen dabei entgegengesetzt zur Richtung des Gas- stromes. Wie Schwefelsilber verhält sich auch Kupfersulfür, welches schön ausgebildetes Haarkupfer liefert. Diese Versuche sprechen für die Annahme, dass das in der Natur vorkommende haarförmige Silber aus Schwetelsilber entstanden sei. Dr. M. B. Wirkungen des elektrischen Stromes auf feine Wagen. — Da feine Wagen oft durch geringe Wirkungen sehr stark beein- flusst werden, sei es durch kleine Temperaturschwankungen oder geringe Erschütterungen u. dgl., so ist auch die Frage berechtigt, inwieweit dieselben — da sie Risen oder Stahl enthalten, — durch elektrische Ströme in ihrer Empfindlichkeit gestört werden. schiedene amerikanische Fabrikanten, so schreibt die Centralzeitung. für Optik und Mechanik, die Einführung des elektrischen Lichtes in ihren Fabriken abgelehnt haben, weil sie von dem elektrischen Strome eine nachteilige Einwirkung auf ihre Wagen fürchteten, Bakterien ertragen eiftige Gase in der Luft Die anfangs erwähnten Hoftentlich gelingt es Durch Erhitzen im Kohlensäurestrom wird das Die grös- Daver- r N da Nr. 17. [3 x Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 135 so hat G. H. Torrey n New-York eine Untersuchung über derartige Einflüsse angestellt. Zu diesem Zwecke stellte er Präcisionswagen in der Nähe sehr starker Ströme auf und bemühte sich, etwaige Veränderungen an denselben zu entdecken. Doch hat er nichts finden können, was den vermuteten Einfluss nachgewiesen hätte! Die Wagen enthielten nur sehr wenig Eisen oder Stahl. Um sich. zu verge- wissern, welehen Einfluss der Strom auf Wagen mit grösseren Eisen- teilen hat, lerte Torrey ein Stück Eisen in eine Wagschale und brachte einen stromdurchtflossenen Leiter in die Nähe desselben. Der merkbare Einfluss entstand erst, als die Entfernung des Eisens vom Leiter auf 3 mm vermindert worden war. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass die Ströme de» Beleuchtungsanlagen einen Einfluss auf die Präcisionswagen nicht haben können. A. G. Veränderungen auf der Oberfläche des Mars. — Unter allen Planeten ist Mars unstreitig der interessanteste, nicht nur weil er schon dem blossen Auge durch seine rötliche ‚Farbe einen ganz verschiedenen Anblick bietet, wie die übrigen Pla- neten. sondern weil er der Erde am ähnlichsten ist in seiner ganzen Beschaffenheit, weil man mit dem Fernrohr auf seiner Oberfläche eine ausserordentliche Fülle von Einzelheiten erkennen kann und weil endlich diese Einzelheiten fortwährenden Aenderungen unterworfen zu sein scheinen. Schon im vorigen Jahrhundert sind eine Reihe von Zeichnungen des Planeten angefertigt, welche deut- lich Flecke verschiedener Farbe erkennen lassen, vor allen anderen Beobachtern aber hat Schiaparelli in Mailand, begünstigst durch die ausserordentliche Klarheit des Himmels in der dortigen Gegend die wunderbarsten Feinheiten der Marsoberfläche gesehen und gezeichnet. Zunächst zeigen sich am Nord- und Südpole zwei grosse Flecke, die durch eine glänzend weisse Farbe sich scharf von der Umgebung abheben, Flecke, die als grosse Schnee- und Eisfelder zu betrachten sind, ähnlich den Eisregionen in der Umgebung der Erdpole. Auf der ganzen Fläche des Planeten ‘aber sieht man rötliche Flecke, die von dunkleren grauen oder blaugrünen begrenzt werden, erstere sind als Kontinente, letztere als Meere aufzufassen. Endlich sind noch lange schmale dunkle Linien zu erwähnen, die die Kontinente netz- artig überspannen und stets Meere mit Meeren oder wenigstens mit Kanälen verbinden. Diese haben die verschiedenste Richtung, folgen aber meist grössten Kreisen der Marskugel. Alle diese Details sind meist, wie auch die beiden Marsmonde im Jahre 1877, als sich der Planet der Erde bis auf 54 Millionen Kilometer näherte, aufgefunden. Schon 1882 fand Schiaparelli in 20 Füllen, dass Kanäle sich ver- doppelt hatten und 1886 wurden neue Veränderungen bemerkt. Im Mai dieses Jahres, wo wiederum der Mars der Erde ziemlich nahe stand, hat Perrotin m Nizza ebenfalls ganz neue Erschemungen auf dem Mars wahrgenommen. Die Eiszone lässt sich vorzüglich er- kennen, aber mitten durch dieselbe hindurch zieht sich jetzt ein Kanal, der sich von den umgebenden Schneefeldern scharf abhebt und zwei bisher getrennte J’olarmeere verbindet. Im Norden bei 250 Breite ist ein Kanal entstanden von 250 Länge und 1 bis 1,5° Breite; er läuft dem Aequator gleich gerichtet und bringt einen Meeresteil mit einem schon vorhandenen doppelten Kanal in Zu- sammenhang. Hingegen sind einzelne Kanäle, die 1886 gut ge: sehen und auch gezeichnet wurden, vollständig verschwunden. Die grössten Aenderungen aber sind in der Nähe des Aequators vor sich gegangen, auf einem Gebiete von 600 000 qkm, d.h. auf einem Ter- rain, grösser wie Frankreich. Dort befand sich ein Kontinent, der den Namen Lybien führt, von dreieckiger Gestalt, in Westen durch ein Meer, im Osten und Norden durch Kanäle begrenzt. Dieses Festland ist vom Meere vollkommen überschwemmt und sieht schwarz aus, wie ein Meer, dagegen ist das Meer im Süden zurückgetreten und der von ihm verlassene Strich hat eine hellblaue Farbe, wie ein leichtbewölkter Winterhimmel. Vielleicht finden hier periodische Ueberschwemmungen statt, in ganz anderer Ausdehnung wie auf Erden. Ueber die Ursachen dieser Erscheinungen lässt sich vor- läufig noch nichts sagen. Dr. F. Plato. Tuberculose-Congress. — Vom 25. bis 31. Juli 1888 wird in Paris ein Congress tagen, der sich das Studium der Tuberculose bei Menschen und Tieren zum Ziel gesetzt hat. Vorsitzender des bereits ernannten Comites ist: Chauveau; Vicepräsident: Villemain; ausserdem gehören dem Comite an: Cormil, Grancher, Launelonge, Verneuil, Butel, Leblane; L. H. Petit ist Generalsekretär. — Ein Tag ist zu anatomischen Demonstrationen im Laboratorium Comil, Professors der Anatomie an der Faculte, bestimmt sein, ein anderer zur Besichtigung tubereuloser Tiere in der Ecole d’Alfort. Fragen und Antworten. Ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes von der Bewegung des Mittels, in welchem die Licht- schwingungen vor sich gehen, abhängig? „Diese Frage war schon 1851 von Fizeau experimentell geprüft und in verneinendem Sinne entschieden worden. Der Gegenstand ist deshalb von grosser Bedeutung, weil er bisher so ziemlich die ein- zigen Anfsehlüsse über die Natur des lichttragenden Aethers zu liefern im stande ist: in der That würde die Abhängigkeit der Fort- pflanzungsgeschwindigkeit von der Bewegung des Mediums nur durch die Existenz von Reibungskräften im Aether zu erklären sein. 1836 haben nun A. Michelson und E. W. Morley (American Journal of Seienee XXXI p 377) die Frage wieder aufgenommen. Ein Liehtbündel wird durch ein Refraktometer in zwei Teile zerlegt, und durch zwei parallele Röhren hindurchgesendet, welche in entgegengesetzter Richtung von destilliertem Wasser durchströmt werden. Die wiedervereinieten Komponenten geben ein System von Interferenzstreifen, aus «dessen Verschiebung bei verschiedener Strömungsgeschwindigkeit des Wassers auf einen etwaigen Einfluss der letzteren zu schliessen. wäre. Das Resultat war jedoch völlig negativ. Schon Fresnel hatte aus theoretischen Gründen geschlossen und Fizeau hatte experimentell verifiziert, dass der Aether nicht be- einflusst wird durch eine Bewegung des von dem Lichte durch- setzten Mittels. Michelson und Morley, welche mit vortreff- lichen Apparaten und unter Ausschluss aller störenden Einflüsse arbeiteten, fanden dieses Resultat vollauf bestätigt. Dr. B. D. Litteratur. Die Sigillarien der preussischen Stein- kohlengebiete. I. Die Gruppe der Favularien. Mit 9 Tafeln. Beiträce zur fossilen Flora IV. Abhandlungen zur geologischen Spezialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. Band VII, Heft 3, Berlin 1887. Die Systematik der fossilen Lycopodineen-Gattung Sigillaria, über deren Bau in diesen Blättern (IH. Bd., p. 74—77) bereits das Nähere mitgeteilt wurde, ist mit grossen Schwierigkeiten ver- knüpft. Diese sind darin begründet, dass stets nur Bruchstücke von Stämmen oder Zweigen und zwar meist ohne Blätter und ohne Pr- haltung der inneren Struktur, sehr selten mit Anfängen der abgehenden Wurzeln vorliegen, bisher aber noch nie ansitzende Reproduktions- organe gefunden wurden. Von allen den sicher zusammengehörigen Teilen bietet aber wiederum nur die Rindenoberfläche für eine Gruppierung der Sigillarien geeignete Merkmale. Diese letzteren sind leider bisher nicht allenthalben mit der Sorgfalt berücksichtigt und dargestellt worden, dass die vorhandenen Abbildungen und Be- schreibungen durchweg als hinreichende Unterlage für weitere Be- stimmungen und Gruppierungen gelten Könnten. Es ist daher ein sehr verdienstliches Unternehmen des bewährten Autors, die Sigillarien einer Neubearbeitung zu unterziehen. Mit welcher ausserordentlichen Sorgfalt er dabei zu Werke geht, davon giebt die vorliegende Arbeit, die nur ein Vorläufer des Hauptwerkes sein soll, den sprechendsten Beweis. Es dürfte die Leser interessieren, zu hören, welches Verfahren der Verfasser einschlägt, um Abbildungen von denkbar grösster Natur- treue zu erzielen. Es ist folgendes: Nach erfolgter photographischer Aufnahme des Gegenstandes in natürlicher Grösse wird ein Licht- druckbild hergestellt, das mindestens alle Konturen schon richtig enthält. Dieser Abdruck dient dann als Grundlage zur Herstellung der gewünschten genauen Abbildung mit der Hand und das so er- langte möglichst vollkommene und revidierte Bild zu einer zweiten Aufnahme im Liehtdruckverfahren und zur endgiltieen Fertigstellung‘ der Tafeln. Speziell bei den Sigillarienzeichnungen wird stets von dem betreffenden Künstler zuerst unter Anleitung eine vergrösserte Detailfigur entworfen und nach dieser erst bei erlangter richtiger Erkenntnis der Form die Ausführung der Hauptfigur vollendet. Das vorliegende Heft behandelt nur die Gruppe der Favularien und enthält auf den ersten 8 Tafeln nur vergrösserte Detailfiguren in der oben erwähnten mustergiltigen Ausführung, auf Tafel 9 Kopieen derjenigen älteren Figuren, welche erforderlich erschienen, um den Vergleich mit den neuen Formen möglichst zu erleichtern. Die Abbildungen der Originale selbst sollen später mit ausführlicher Bearbeitung nachfoleen. Wie die Sigillarien überhaupt, so zeigen insbesondere die Favularien in der Beschaffenheit ihrer Rindenoberfläche einen Formen- reichtum, wie er bei keiner anderen Pflanzenfamilie der Vorwelt und der Jetztzeit vorkommt, während wir nach des Verfassers Darlegungen den besten Anhalt dafür haben, dass in den übrigen Teilen dieser Pilanzen die grösste Einförmigkeit herrscht. Freilich sind die Beschaffenheit der Rippen, der Längs- und Querfurchen, die Form der Blattpolster und Blattnarben und ihre gegenseitige Stellung, sowie gewisse Binkerbungen und Dekorationen ausserordentlich veränderliche Merkmale, ausserdem ist die ausschliessliche Berücksichtigung derselben bei Einteilung der Sigillarien ein einseitiees Verfahren, welches nur zu einem künst- lichen Systeme führen kann. Dessen ist sich der Verfasser recht wohl bewusst, aber es giebt eben für den Paläontologen vorläufig kein anderes Mittel für eine Gruppierung der fraglichen Fossilreste. „Mit der vorliegenden Arbeit soll daher auch“ — so spricht sieh der Verfasser selbst aus — „nichts anderes erzielt werden, als nach- Weiss, E.: 136 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a 4 „Der 17., zuweisen, dass die Natur uns hier eine viel grössere Fülle von Formen bietet, als bisher geglaubt wurde, und dass diese Formen unter sich zwar wohl erkennbaren Gestaltungsgesetzen unterworfen, aber so innig mit einander zusammenhängen und verbunden sind, dass die grösste Schwierigkeit vorhanden ist, feste Arten in der üblichen Weise in der Gruppe zu erkennen und auszuscheiden. So sicher es ist, dass unvereinbare Formen auch unter der beschränkten Gruppe der Favularien existieren, die jeder wohl als „Arten“ an- erkennen wird, so schwierig wird ihre Begrenzung bei einer so voll- ständigen Reihe, wie z. B. die hier vorliegende, welche noch viel mehr erweiterungsfähie sein wird. Kein einziges Merkmal ist fest; keine einzelne Form existiert, welche nicht vermittelnde Zwischen- glieder nach anderen derselben Gruppe hin hat; wo noch einige Lücken erscheinen, da werden sie sichtlich durch neue Funde immer mehr ausgefüllt, so dass kein unüberbrückbarer Zwischenraum zwischen den einzelnen — Arten? — bleibt. Wollte man diese Erfahrung, die zunächst am vollständiesten bei den Favularien zu machen ist, auf alle Sigillarien anwenden, wie man es ja müsste, wenn sie für jene Gruppe gilt, so würde man zuletzt zu dem Schlusse gelangen, dass alle Sigillarien nur eine einzige Art darstellen, — freilich mit einem unglaublichen Reichtum der verschiedenartigsten Formen- entwicklung.“ Der Autor belegt 41 Formen der Favularien mit Artnamen, weil „man diese Methode der Unterscheidung und die dadurch her- vorgerufene Benennung nicht wohl entbehren kann.“ Er ist aber weit entfernt, diese Formen als „Arten“ im strengen Sinne aus- zugeben. „Besser immerhin erscheint es, einige Arten zu viel zu unterscheiden, die durch Beobachtung reduciert werden können, als heterogene Formen zusammen zu werfen und sie so für die Beobach- tung gleichsam unzugänglich zu machen, indem man sich der Wahr- nehmung ihrer Verschiedenheiten verschliesst.“ Die Hauptmerkmale der Favularien sind nach Weiss folgende: Die Blattpolster stehen auf Rippen, welche durch ziekzackförmig verlaufende Längsfurchen getrennt sind. Zwischen den Blattpolstern verlaufen Querfurchen. Längs- und Querfurchen sind aber von ver- schiedener Deutlichkeit. Die Form der Polster ist von dem Ziekzack und-dem Verlauf der Querfurche abhängig; nur die Wölbung der- selben entwickelt sich selbständie. Die Form der Blattnarben wird an demselben Individuum ziemlich konstant gefunden. Sie ist rhom- bisch, sechseckig, rundlich-sechsseitig, rundlich-fünfseitig, breit- eiförmig, glockenförmig, kopfförmig (ähnlich einem Batrachierkopf), ähnlich dem Thorax eines Seekrebses u. s. w. Von grosser Wichtig- keit ist die Stellung der Blattnarbe zum Polster. Für einige Reihen werden gewisse durch kantige Erhebungen, Punkte oder eigentümlich gruppierte Runzeln gebildete Dekorationen des Polsters charak- teristisch. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale gelangt Weiss zur Aufstellung folgender Gruppen der Favularien: I. Favulariae centratae. Narben völlig oder nahezu centrisch auf den Polstern. Abstand der Narben von den benachbarten Längs- und Querfurchen etwa gleich gross. 9 Arten. I. Favulariae contiguae. Narben central, stossen aber oben und unten ganz oder fast zusammen. a) Contiguae acutae. Narben mit scharfen Seitenecken. 6 Arten. b) Contiguae obtusae. Narben mit stumpfen oder ab- gerundeten Seitenecken. 3 Arten. III. Favulariae eccentrae. Narben mit sichtlich excentrischer Lage auf den Polstern, meist nach oben gerückt. a) Eccentrae laeves. Polster glatt; ohne, höchstens ver- einzelt mit Andeutungen von Kanten oder Runzeln unter den Blattnarben. aa) mit schärferen Seitenecken der Narben, bb) mit schwachen bis abgerundeten Seiten- narben. — 10 Arten. b) Eecentrae decoratae. Polster mit konstanten Zeich- nungen des Feldes über oder unter der Blattnarbe. ' aa) mit Runzelung unter der Narbe. 2 Arten. bb) mit schwachen kantigen Erhebungen des Polsters unter der Narbe, eingestochenen Punkten über derselben. 2 Arten. ce) mit deutlichen Kanten auf dem Polster unter der Narbe. 9 Arten. Dr. T. Sterzel. Albrecht, P., Schemata zur Veranschaulichung Albrecht’scher ver- gleichend anatomischer Theorien. Schema Nr. 4 u. 5. Serie 1. Die vier Zwischenkiefer der Wirbeltiere. 3. u. 4. Blatt. Kolor. Fol. Preis 3 # 60 4. Paul Albrecht's Selbstverl. in Hamburg. Anderson, R. B., Die erste Entdecknng von Amerika. Eine histor. Skizze der Entdeckung Amerikas durch die Skandinavier. Uebers. von M. Mann. (62 S.) Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von R. Virchow und F. v. Holtzendorff. Preis 14 204. J. F. Richter in Hamburg. Baurath, H., Ueber a-Stilbazol und seine Reduktionsprodukte. gr. 80. 36 8.) Preis 14. Lipsius & Tischer, Verl.-Cto. in Kiel. Classen, A., Ueber den Einfluss Kants auf die Theorie der Sinneswahrnehmung und die Sicherheit ihrer Ergebnisse. gr. 80 (XI, 275 S.) Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. j Cohn, F., u. A. Engler, Das botanische Museum der Universität Breslau. Reden, geh. zur Einweih. desselben. 8°. (48 8.) J. U. Kem’s Verlag (Max Müller) in Breslau. Curr, E.M., Australian race, its origin, language, customs. 4. Vols. S°, Preis 42$. Trübner & Co. im London. Flower, W. H., Einleitung in die Osteologie der Säugetiere. Nach der 3. unter Mitwirkung von H. Gadow durchgeseh. Orig.-Aufl. er. 80. (X, 349 S.) Preis 7 #1. Wilhelm Engelmann i. Leipzig. Förster, W. u. E. Blenck, Populäre Mitteilungen zum astrono- mischen und chronologischen Teile des königl. preussischen Nor- malkalenders für 1889. gr. 80%. (288.) Preis 1. Verlag des könig]. statistischen Bureaus in Berlin. Fresenius, R., Chemische Analyse der Soolquelle im Admirals- gurten-Bad zu Berlin. gr.8%. (20 8.) Preis 804. ©. W. Krei- del's Verlag in Wiesbaden. Gaerdt, H., Gärtnerische Düngerlehre. gr. 8°. (VII, 189 S.) Preis 2% 254. Trowitzsch & Sohn in Frankfurt a. O. Geyer, W., Katechismus für Aquarienliebhaber. 8°. (80 S. m. Nlustr.) Preis 1 .#. Creutz’sche Verl.-Buchh. (R. & M. Kretsch- mann) in Magdeburg. - Göppert, H. R., Nachträge zur Kenntnis der Ooniferenhölzer der palaezoischen Formationen. Aus dem Nachlasse bearb. v. G. Stenzel. 4°. (68 S. m. 12 Tafeln.) Preis kart. 9.4. Herausgegeben von der Akademie der Wissensch. zu Berlin. Georg Reimer in Berlin. Groth, P., Ueber die Molekularbeschaffenheit der Krystalle. Fest- rede. 4%. (29 8.) Preis 80 s. G. Franz’sche Verlagsh. (J. Roth) in München. Hoffmann, J., Anleitung, Schmetterlinge zu fangen, aus Raupen zu erziehen und eine Sammlung anzulegen. gr. 8%. (15 S.) Mit Beigabe eines Apparates für junge Schmetterlingssammler in einem poliertem Holzkasten. Preis 7 #% 50,4. Julius Hoffmann ‚in Stuttgart. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. : Die Expedition der ‚„Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. ? Briefkasten. : Hr. K. F. in St. — Zur anatomischen Untersuchung des Holzes sind Sehnitte in drei verschiedenen Richtungen notwendig, der eine von diesen, der Querschnitt, ist senkrecht, die beiden anderen, die Längenschnitte, sind parallel zur Längsachse des Baum- stammes oder Zweiges, dem das Holz entstammt, zu führen. Die Längsschnitte sind nun entweder Radialschnitte, wenn die Schnitte in Richtung der Radien des im allgemeinen kreisähnlichen Quer- schnitts geführt sind, also die Radialwände der Holzzellen zur An- schauung bringen, während alle Längsschnitte, die nicht durch den Kreismittelpunkt gehen, Tangentialschnitte sind, weil sie — dort wo sie recktwinklig auf eine Radialebene treffen — die tangen- tial verlaufenden Wände im mikroskopischen Bilde zeigen. Hr. Neumann in Rietschen. — Ihre Frage ist der Redaktion nicht zugegangen, sonst hätte dieselbe gewiss längst Erledigung gefunden. ; Inhalt: Prof. Dr. P. Ascherson: Der Farbenwechsel des Saftmals in den Blüten der Rosskastanie. — Prof. Dr. A. Nehring: Das Skelett eines weiblichen Ur (Bos primigenius) — Prof. Dr. G. Berendt: Die südliche baltische Endmoräne des ehemaligen skandina- vischen Eises in der Uckermark und Mecklenburg-Strelitz. (Mit Karte.) — Kleinere Mitteilungen: Aus der Hygiene. — Biber an der Elbe. — Bildung von Haarsilber. — Wirkungen des elektrischen Stromes auf feine Wagen. — Veränderungen auf der Oberfläche des Mars. — Tuberculose-Congress. — Fragen und Antworten. — Litteratur: E. Wei s: Die Sigillarien der preussischen Steinkohlengebiete. — Bücher- schau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Hierzu eine Inseraten-Beilage. Redaktion: tzt en chkeit, dor ihre ickt. Dr. H. Potonie. Verlag:| Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. I Band. |] Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.—; Bringegeld bei der Post 15.5 extra. Sonntag, den 29. Juli 1888. 1 T Nr. 18. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. 4 Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber die Entwicklungsgeschichte der spanischen Fliege und anderer Blasenkäfer”). Von H. J. Aus der Familie der blasenziehenden Käfer (Vesi- | cantia) ist am bekanntesten die ‘sogenannte spanische | Fliege, (Vergl. die Figur) auch Pflasterkäfer und in der | . Wissenschaft Lytta oder Cautharis vesicatoria L. genannt, jenes Insekt, aus dessen Körper bekanntlich ein medizinisch verwendetes blasenziehendes Mittel gewonnen wird. Zu den Vesicantien gehören eine Reihe von Gattungen, ausser Lytta namentlich Meloe, Mylabris, Cerocoma, Epicauta, Sitaris. Die meisten Gattungen und Arten kommen in den subtropischen und tropischen Ländern vor. Die blasenziehende Eigenschaft von An- gehörigen dieser Familie ist seit den ältesten Zeiten bekannt; und auch gegenwärtig dienen in den verschie- denen Ländern die eine oder die andere der dort ein- heimischen Arten zu medizinischen Zwecken, in Europa die oben genannte Art. Ebenso merkwürdig wie durch ‚jene absonderliche Eigenschaft ist die Entwicklungsgeschichte der Vesican- tien. Die Verschiedenheit von anderen Käfern beruht darin, dass auf das erste und zweite Larvenstadium ein puppenartiges, dann ein drittes von den beiden ersten *) Ueber den in der Ueberschrift genannten, von dem fran- zösischen (Gelehrten Beauregard behandelten Gegenstand habe ich in der „Pharmaceutischen Zeitung“ vom 31. März d. J. S. 159—191 ein Referat geliefert, welches ich auf Wunsch der Redaktion der „Naturw. Wochenschrift“ mit wenigen Aenderungen auch in dieser Zeitschrift zum Abdruck bringen lasse. Das erscheint um so gerecht- fertigter, als die nunmehr endlich bekannt gewordene und durch ihre merkwürdigen Einzelheiten auch em weiteres, für die Geheimnisse der Natur empfingliches Publikum interessierende Naturgeschichte der „spanischen Fliege“, Cantharis vesicatoria L., in Deutschland noch kaum zur weiteren Kenntnis gelangt ist. Kolbe. verschiedenes Larvenstadium, demnächst ein wirkliches Puppenstadium und endlich das entwickelte Insekt folgt. Es giebt also fünf Entwicklungsstadien nach dem Eizu- stande; das dritte Stadium heisst das der Pseudonymphe. Allen übrigen Käfeın kommen nur drei Entwicklungs- stadien zu, nach dem Rizustande das der Larve, Puppe (Nymphe) und des fertigen Insekts. Genau bekannt war bisher nur die Entwicklungs- geschichte einiger Arten von Meloe und Sitaris, welche namentlich von Newport und Fabre beobachtet worden ist. Vor einigen Jahren hatte Lichtenstein kurze Mit- teilungen über die Entwicklungsformen der Cantharis vesicatoria publiziert, ohne dass man einen Einblick in das Entwicklungsleben dieser Art erhielt. Andere Beob- achter schrieben etwas auch über andere Arten, sowohl europäische wie nordamerikanische. Nunmehr hatte der Franzose Beauregard unter Aufwendung von grosser Mühe und Geduld das Glück, die Entwieklungsgeschichte der im fertigen Zustande so bekannten Cantharis vesicatoria auf's genaueste kennen zu lernen; auch diejenige einiger anderer französischer Arten der Vesicantien, deren Lebensgeschichte bisher ebenfalls noch ganz unbekannt war. Es war anzunehmen, dass die jungen Larven der Cantharis, welche Triungulinen genannt werden, weil sie drei Klauen an jedem Fusse besitzen, wie die von Meloe Blumen ersteigen würden, um sich an den Pelz blumen- besuchender Bienen zu hängen, so dass sie in deren Nester getragen werden, wo sie an dem Honig der Zellen die ihnen zusagende Nahrung fänden und ebendaselbst 138 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. nn oder teilweise in der Nähe der Bienennester ihre ganze Entwicklung durchzumachen hätten. Beauregard bekam im Laufe des Monats Juni 1883 mehrere hundert lebende Cantharis vesicatoria, hielt sie in grossen Käfigen, deren Wände aus Drahtgaze bestanden, stellte kleine Flieder- pflanzen in Töpfen in die Käfige und gedachte so die ganze Lebensgeschichte dieses Pflasterkäfers verfolgen zu können. Bald schon beobachtete er die Paarung und das Ablegen der Eier. Das letztere fand am 27. Juni statt. Es war 2 Uhr 10 Minuten nachmittags, als er die Käfige inspizierte. Einer‘ von den Pflasterkäfern schien an einer vom Krautwerk entblössten Stelle des mit Erde bedeckten Bodens ein Loch zu graben. An dieser Stelle lag ein Kloss harter Erde, und unter diesem legte der Käfer in schräger Richtung einen Gang an. Mit seinen Man- dibeln grub er in den Boden und zerkleinerte die Erd- teilchen zu feinen Krümchen, die er durch die successive Bewegung der drei Beinpaare hinter sich warf. Die Bewegung der Hinterbeine kann am besten mit der der Beine eines Hundes verglichen werden, wenn er dasjenige mit Erde bedeckt, was er den Augen verbergen zu müssen glaubt. Kleine Wurzeln von der Stärke eines Fadens, welche beim Graben hinderlich waren, zerbiss der Käfer mit den Mandibeln oder Fresszangen und entledigte sich so dieses Hindernisses. Bald war der gegrabene Gang tief genug, dass das Tier ganz hineinkommen konnte. Es war so den Augen des Beobachters für vier Minuten entzogen. Er sah es abermals, wie es rückwärts wieder an die Mündung des Ganges kam.‘ Das hatte aber keinen anderen Zweck als den, die nachgestürzten Erdkrümchen wieder nach aussen zu schaffen. Danach verschwand das Insekt auf kurze Zeit; aber das zuletzt erwähnte Ver- fahren wiederholte sich dreimal, während es sich immer tiefer in den Boden hineingrub und sich bald ganz unter- halb des Erdklosses befand, unter dem es zu graben be- gonnen hatte. Schon hatte es sich eine zeitlang nicht mehr sehen lassen, als der Erdkloss, welcher die Decke des Ganges bildete, sich zu bewegen schien und wieder- holt gehoben wurde, woraus man schliessen durfte, dass unter ihm heftige Bewegungen sich bethätigten. Danach war alles still. Der Beobachter wartete zehn Minuten, und als sich noch nichts regte, entschloss er sich, den Erdkloss emporzuheben. Er blickte in die kreisförmige ‚ Oeffnung des Ganges und bemerkte in dieser in mäs- siger Tiefe, indem er sie mit einem Spiegel erhellte, den Kopf und die Füllhörner des Käfers. Das Tier hatte sich also umgewendet, so dass sich der Hinterleib jetzt im Grunde des Ganges befand. Das Umwenden hatte also die Hebungen des Erdklosses verursacht, unter dem es operierte. Um 4 Uhr 10 Minuten, also zwei Stunden nachdem .es mit dem Graben begonnen, bewegte der noch still sitzende Käfer den Kopf und die Fühlhörner. Bald begann er aus seinem Lioche hervorzukommen, und als er schon mit dem Vorderkörper und den Beinen draussen war, machte er sich daran, die Erde mit den Beinen zu- sammen zu kratzen, die Erdkrümchen ‘von neuem mit den Fresszangen zu zerkleinern, endlich das Loch, in dem er seine Bier abgelegt hatte, wieder zuzufüllen und dann den Boden derart zu nivellieren, dass es unmöglich war, den Ort wieder zu erkennen, wo er soeben seine Arbeit verrichtet hatte. Beauregard hat diese Beobachtung wiederholt ge- macht; alle Canthariden operierten in derselben Weise. Aber die Zahl der abgelegten Eier war sehr verschieden und variierte von 80 bis zu mehreren hunderten. Entgegen der Meinung, dass die auskommenden Larven, die kleinen Triungulinen, zu dem oben genannten Zwecke eine Blume zu erreichen suchen würden, sah der Beobachter, dass die Lärvchen gerade das Licht flohen und sich in den Boden gruben. Er hatte die Eierpäck- chen in Glasröhren gelegt, deren blindes Ende mit Erde versehen war, und konnte nach 20 bis 25 Tagen kon- statieren, dass die aus den Eiern geschlüpften Triungu- linen sich immer schnell in die Erde eingruben; sie hatten also garnicht die Neigung, sich an Blumenbienen zu hängen und sich von diesen umhertragen zu lassen, wie die Triungulinen von Meloe und Sitaris. Aber die Nahrung der Cantharislarven war nicht bekannt; was sollte ihnen vorgesetzt werden? Riley hatte gefunden, dass die Larven einer Art der mit Can- tharis nahe verwandten Gattung Epicauta sich von Heu- schreckeneiern ernähren, und die Vermutung ausgesprochen, dass auch die Cantharislarven von demselben Nahrungs- stoffe lebten. j Beauregard reichte deshalb seinen Larven Eier von Acridiern und Locusten dar, die er in grosser Zahl sich verschafft hatte. Vergebens. Rileys Meinung war un- richtig. Die Larven von Cantharis hatten einen anderen Küchenzettel als die Epicauta Amerikas. Aus Mangel an etwas besserem gab er seinen Pfleglingen nun Eier von Ameisen und Schnecken, sowie künstliche Mischungen - Alles dieses wurde Bienenzellen mit Honig waren schwer zu bekommen. Die Saison war zu sehr vor- geschritten. In dem dünnflüssigen Honig der gewöhn- lichen Honigbiene ertranken die Larven. Der Beobachter teilt mit, dass er anfing, den Mut zu verlieren; denn es schien ihm, dass die Larven unruhig wurden und die Erde mit einer Schnelligkeit durcheilten, welche wohl zeigte, dass sie von Hunger getrieben wurden. Indes bekam er noch rechtzeitig halbflüssigen Honig enthaltende Zellen von Osmia tridentata, welche sich an trockenen Zweigen von Brombeersträuchern befinden; ferner einige Zellen von Hallictes, welche ziemlich trockenen Honig enthielten, und eine Zelle von Megachile, welche zur von weissem Honig uud Rosenpollen. hartnäckig verweigert. Hälfte mit braunem, halbflüssigen Honig angefüllt war. | Mit diesem Futter waren die schönsten Aussichten auf Erfolg verbunden. Es war am 28., Juli, als der Beob- achter zu sehen glaubte, dass die in die Zelle von Me- gachile gesetzte Larve mit Gier frass. Er wurde gewahr, dass seine Aufregung darüber so lebhaft war, dass er SR I ag 2 an Nr. 18. das Tierchen nur -einige Augenblicke zu betrachten wagte, aus Furcht, es zu stören. Er hatte die Geduld, bis zum. folgenden Tage zu warten und dann von neuem nach- zusehen. Da hatte er die. Freude, zu sehen, dass die junge Larve sich deutlich ausgedehnt hatte. Am 31. Juli hatte sie sich zum ersten Male gehäutet. Dieselben Beobachtungen wurden an mehreren Larven gemacht, welche in die Zellen von.Osmia gesetzt waren; es waren im.ganzen zehn Larven, welche nunmehr Aussicht auf weitere Entwicklung gewährten. Die mit Megachilehonig gefütterte Larve war am 4. August schon 6 mm. lang. Aber: sie. war mit ihrem Vorrat an Honig. ungefähr zu Ende gekommen und es wurde ihr eine halbe Honigzelle von: Osmia gereicht und sie darin in eine Glasröhre ge- sperrt, deren Grund mit Erde angefüllt war. Nach zwei Tagen war auch das neue Futter verzehrt. Die Larve mass jetzt 10 mm. Eine weitere halbe Honigzelle von Osmia war gleichfalls nach zwei Tagen ausgeleert. Da- nach .häutete sich die Larve zum zweiten Male und war 14 mm lang. Es war am 10. August. In zwölf Tagen hatte die Länge der Larve, nachdem sie die erste Nah- rung bekommen, um 13 mm zugenommen. Hiermit war sie auf der Höhe ihrer Entwicklung angelangt; denn am -folgenden Morgen, als sie nicht mehr frei zu sehen war, fand sie sich am Grunde der Glasröhre, zusammen- gekrümmt in einer aus Erde angefertigten Zelle liegend, Sie verwandelte sich jetzt nach einer nochmaligen Häutung in. die Pseudonymphe, um zu überwintern. Letztere ist von strohgelber Farbe, kurz kahnförmig, mit drei Paar kurzen Beinen, Antennen und sehr reduzierten, kurze Stummel bildenden Mundteilen versehen. Sie verbleibt den Winter über in absoluter Ruhe bis zum Frühling. Alsdann tritt sie nach einer Häutung wieder in gewöhn- licher Larvenform auf, um sich wie andere Käfer in eine Nymphe und dann in das vollkommene Insekt zu ver- wandeln. Also ausgerüstet mit der Kenntnis der verschiedenen Verwandlungsstadien der Cantharis- reiste Beauregard im Oktober nach Aramon, einem kleinen Dorfe bei Avi- gnon, wo die spanischen Fliegen jedes Jahr sehr häufig sind, und woher er auch im Juni die lebenden Tiere be- kommen hatte. Anfangs wurde hier und auch bei Seri- gnon nichts gefunden. Schliesslich aber fand sich bei Aramon eine sandige Böschung, welche wie ein Sieb durehlöchert und wie ein Schwamm von den Minirgängen unterirdisch lebender Bienen durchzogen war. Die Böschung wurde umgegraben und untersucht. In der Tiefe eines Meters fand sich endlich eine Pseudonymphe, nur eine einzige; sie hatte alle Charaktere von derjenigen der Cantharis. Aber zugleich wurden gegen hundert Stück einer Art kleiner eiförmiger Puppen gefunden, welche gelbbraun und dem Entdecker ganz unbekannt waren, der aber mit dieser freilich geringen Ausbeute nach Paris zurückkehrte, letztere bestmöglichst unterbrachte und den Frühling erwartete. Die Pseudonymphe, welche derjenigen von Cantharis Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 139 so ähnlich sah, lieferte Cerocoma Schreberi; die kleinen eiförmigen Körperchen Stenoria apicalis, die auch zu den Vesicantien gehört. Die Entwicklungsgeschichte dieser beiden Arten war bisher noch unbekannt. Die Hyme- nopterenart, bei der sie ihre parasitische Lebensweise führten, war Colletes signata. Im Dezember 1884 reiste Beauregard wiederum nach Aramon, um dort seine Erdarbeit fortzusetzen. Zwei Pseudonymphen wurden gefunden, welche derjenigen der Cantharis glichen. Diese wurden unter Beobachtung grösster Vorsicht mitgenommen und entwickelten sich, zur Genugthuung ibres Finders, im folgenden Frühling zu Larven, die nach ihrer Umwandlung in Nymphen die offizinelle Cantharis lieferten. Beauregard hatte auch diese Pseudonymphen in Zellen von Colletes signata gefunden, einer kleinen Bienenart, welche zu tausenden ihre Nester in der Erde einige Meter von der Oberfläche entfernt baut. Es war kein Zweifel, dass der Honig dieser Zellen den Larven zur Nahrung gedient hatte, seitdem wir wissen, dass der Honig ihre Nahrung bildet. Die Kleinheit der Zellen gestattet den Schluss, dass sie nacheinander mehrere Zellen angreifen. Zudem liegen immer mehrere Zellen, fünf oder sechs, zusammen. Dass die Cantharislarven im natürlichen Zustande aber auch in den Nestern anderer Bienenarten schmarotzen, wie schon die obigen künst- lichen Zuchten nicht unwahrscheinlich machen, bewies demnächst eine direkte Beobachtung. Denn es wurden Pseudonymphen von Cantharis in der Nähe von Zellen einer grossen mit Meliturgus verwandten Imme gefunden, und ebenso entwickelte sich eine Cantharis in emem Tu- bus, welcher Megachilezellen enthielt. Die Entwicklungsgeschichte der Cantharis vesicatoria lässt sich demnach in folgender Weise zusammenfassen: Die Eier werden in die Erde gelegt; die daraus hervorkommenden Triungulinen graben sich Dank ihrer Behendigkeit in den Boden ein und suchen nach Zellen unterirdisch lebender Bienen. Sicher werden die Eier von den Käfern in die Nähe solcher Honigzellen gelegt; wenn nicht, und wenn der Triungulin stirbt, bevor er seinen Lebensunterhalt gefunden hat, so genügt die Zahl der Eier, welche jedes Weibchen legt, um in jedem Falle einige Nachkommenschaft- zu sichern. Wenn der Triun- gulin die gesuchten Zellen von Colletes, Meliturgus oder Megachile gefunden hat, verzehrt er den Inhalt dieser Zellen und häutet sich unterdessen einige Male. Als- dann, ohne in einer Bienenzelle zu verbleiben, wie die Larve von Meloe und Sitaris, verlässt er dieselbe, gräbt sich in den Boden ein, häutet sich nochmals, worauf sie zur Pseudonymphe wird und überwintert in diesem Zu- stande. Dieses beständige Leben in der Erde erklärt die frühere Hypothese, dass die Cantharislarven von Pflanzenwurzeln lebten. In der That kommt auch erst das entwickelte Insekt aus der Erde hervor. Die Cantharis lebt also parasitisch bei mehreren Hymnenopterenarten aus der Gruppe der einsam lebenden 140 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Bienen, und diese Thatsache bringt sie Meloe und Sitaris nahe, entfernt sie aber von Epicauta, welche Gattung früher häufig mit Cantharis (Lytta) vereinigt wurde. Da von amerikanischen Epicautaarten bekannt ist, dass sie als Larve in Locustidennestern leben, so galt es, die noch unbekannte Lebensweise einer europäischen Art dieser Gattung, Epicauta verticalis, zu untersuchen. Beauregard beschäftigte sich also nunmehr mit der Aufzucht der Larven der europäischen Epicauta. Er bekam die Larven aus Eiern von Käfern, die er lebend zu Hause hielt. Das Glück war ‘diesem Forscher auch in diesem Falle günstig. Anfangs gab er den aus- geschlüpften Larven ein Eiernest der Gottesanbeterin, Mantis religiosa, und hatte das Vergnügen, dass sich die kleinen Larven nicht zweimal bitten liessen und mit Appetit die Eier verzehrten. Danach nahmen sie auch die von anderen Orthopteren (Dasypoden) gelegten Eier an. Die Larven gediehen gut, und alle Entwicklungs- stadien wurden erzielt. Es war nun festgestellt, dass der einzige europäische Repräsentant von Epicauta dieselbe larvale Lebensweise hat, wie die amerikanischen Arten. Dies genügt, um diese Gattung von Cantharis zu unterscheiden. Der französische Forscher hat somit die Kenntnis der Entwicklungsgeschichte - der Vesicantien um vier typische Beispiele vermehrt. Er hatte das eigentümliche Glück, eine wahrhaft merkwürdige Anomalie aus der Welt zu schaffen. Ein weltbekanntes Insekt, seit Jahr- hunderten gebraucht, über einen grossen Teil Europas verbreitet, erschien jedes Jahr in grossen Scharen, ohne dass es möglich war, zu wissen, woher es kam. Es kommt aus der Erde, hiess es; und das war alles, was man wusste, bis auf Lichtenstein, welcher versuchte, den Schleier zu heben. Aber erst Beauregard gelang es, diesen Punkt der arzneiwissenschaftlichen Natur- geschichte vollends aufzuhellen. Die Publikationen des letztgenannten Forschers finden sich in den „Comptes-Rendus“ der Pariser Aka- demie der Wissenschaften (Band 99, 1884; 100, 1885 und 101, 1886); im Auszuge auch in den „Annales“ der französischen Fntomologischen Gesellschaft (6. Ser., 5. Band p. 118—119) und in den „Annals and Magazine of Natural History“ (5. Ser., 16. Band p. 74 ff.); schliess- lich ein Rösumd in dem „Journal de Pharmacie et de Chimie“ (Paris 1888). Ueber Verwendung des Torfs. Von R. Raab, Königlich Preussischer Post-Direktor. Torf ist in erster Linie Feuerungsmaterial. Die Hausfrauen werfen ihm vor, dass er leicht zerbröckele, einen hässlichen Geruch verbreite und eigentlich nur glimme. Jene Uebelstände haften nur dem gewöhnlichen Torf, nicht aber dem steinkohlenartigen Presstorf an, der aus gestochenem und mit Messern zerschnittenen Torf durch Maschinen gewonnen wird und durch seinen Heiz- wert die besten Steinkohlen aus dem Felde schlägt. Er brennt wie Buchenholz mit gleichmässiger Flamme, voll- kommen geruchlos, und eignet sich für jeden Ofen. Als Brennmaterial verdienen auch Presstorfbriketts*) und Presstorfkoks Beachtung. Der letztere ist gepresster Torf, welcher in Meilern oder Koksöfen in Koks (Torf- kohle) verwandelt worden ist. Die Torfkohle wird wegen ihrer Porosität, ähnlich wie Holzkohle, zum Entfärben von Flüssigkeiten, zur Entfuselung von Bräanntwein u. s. w. verwendet. Bei dem Verkohlen (Verschwelen) des Torfes destil- lieren Dämpfe und Gase ab, die sich zum Teil verdichten lassen. Aus dem hierbei erhaltenen Teer stellt man Photogen, Solaröl, Paraffin, Schmieröle, Asphalt dar. Diese Substanzen unterscheiden sich wenig von den gleich- namigen Produkten der Braunkohlendestillation. *) Das Dietionnaire de l’Acadömie giebt folgende Erklärung: „Briquette: Petite masse faite de houille, ou de tourbes, ou de tan qui sert de combustible“. Hiernach darf man, obwohl als Briketts zuerst solches Brennmaterial auftrat, dem ein Bindemittel zugesetzt war, auch Kohlenziegel, Holzkohle und sogar Lohkuchen, dem französischen Sprachgebrauche gemäss, zu den Briketts zählen. Wenn man den Torf wie Steinkohlen in von aussen stark erhitzten Retorten bei gänzlichem Luftabfluss trocken destilliert, so bildet sich unter anderem auch Torfgas, für Heizung sowohl als Beleuchtung. Die obere Lage der Moore bis zu 1m Tiefe, früher ein lästiger, wegen seines Gehaltes an unzersetzter Pflanzen- faser zum Brennen unbrauchbarer Abraum, wird jetzt an der Luft getrocknet und zu Torfstreu und Torfmull verarbeitet. Die Torfstreu hat als Einstreu in Viehställe für die Landwirtschaft eine- hervorragende Bedeutung erlangt. Der Staub oder Mull, wie er allgemein heisst, wird bei Bereitung der Torfstreu durch Siebwerke von der aus den Zerreissmaschinen kommenden Streumasse getrennt. Die Torfstreu ist ebenso wie der Torfmull ein leider bei weitem nicht gebührend gewürdigtes Desinfektions- mittel. Durch die Aufsaugungsfähigkeit des Materials wird jede Flüssigkeit festgehalten und ein Versickern in den Boden, welcher häufig zufolge der Durchlässig- keit der Senkgruben ein Herd von Miasmen ist, ver- hindert. Die Humussäure des Torfes bindet das Ammoniak. In einigen Städten — in Christiania schon vor dreissig Jahren — ist den Hausbesitzern die Verwendung von Torfabfällen zum Desinfizieren der Gruben durch P olizei- verordnung vorgeschrieben. Möchte doch die in sani- tärer Hinsicht so ausserordentlich wichtige Massregel an . vielen Orten Nachahmung finden und auch auf Schulen, Krankenhäuser, Kasernen und andere öffentliche Gebäude ausgedehnt werden! R 4 . 4) TEN nn Er. ; ET TE. EN Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 141 Eine rührige und segensreiche Thätigkeit entfaltet der Verein zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche, von welchem im Februar d. J. in Berlin eine Ausstellung, die erste dieser Art, veranstaltet wurde. Rittergutsbesitzer Ringau auf Cunrau (Provinz Sachsen) ist der Begründer einer rationellen Niederungs- moorkultur. Nach seinen Feststellungen lässt sich der kalkreiche Moorboden durch Bedeeken mit einer Sand- schicht in ein Kulturmedium umwandeln, welches ledig- lich der Zufuhr von Phosphorsäure und Kali bedarf, um hohe Erträge an allen Früchten zu liefern. Als schlechter Wärmeleiter wird der Torfmull zur Ausfüllung der Doppelwände bei Eisschränken benutzt. In jüngster Zeit hat sich die Presse vielfach mit der Beraudine beschäftigt, welche ja die Damenwelt be- sonders-interessieren muss. Ich habe mich mit dem Erfinder direkt in Verbindung gesetzt und noch anderweit Erkundigung eingezogen, bin daher in der Lage, sichere Auskunft zu geben. Die Beraudine ist eine nach dem Erfinder benannte, dem Torf entnommene, präparierte, zum Verweben ge- eignete Pflanzenfaser, zu deren Fabrikation und Aus- nutzung sich in Maastricht (Holland) eine Gesellschaft H. Berauld Fils & Cie. gebildet hat. Den bisher un- benutzten und infolgedessen wertlosen Grundstoff giebt diejenige Faser ab, welche den Torf wie eine Art Füll- haar einschliesst und die entfernt werden muss, bevor man den Torf als Brennmaterial verwenden kann. Das Herstellungs-Verfahren wird geheim gehalten. Die Gesellschaft beabsichtigt, nach und nach in Holland zehn Fabriken zu errichten, und lässt gegen- wärtig zwei grosse Fabriken in Italien und in Russland bauen. Nach dem mir von Berauld Fils & Cie. zugegange- nen Schreiben verkaufen sie die Faser nach fünf ver- schiedenen Nummern. Da der Verlust beim Spinnen ein höchst gering- fügiger ist, so erklärt sich die geradezu verblüffende . Billigkeit der Beraudine-Stoffe. Aus den Faser-Abfällen gewinnen Berauld Fils & Cie. einen Kohlenstoff, welcher das weit teurere Bein- schwarz beim Klären des Zuckers in den Zuckerfahriken ersetzt, und ein Oel für die Färbereien. Chemiker haben aus der Beraudine fluorescierende Farben in allen Schattierungen ausgezogen. Bedenken sind gegen die Beraudine als Spinnfaser laut geworden. Der niederösterreichische Gewerbeverein, Abteilung für Textil-Industrie, hat nach Untersuchung der Faser und einiger daraus erzeugter Stoffe ein wissen- schaftliches Gutachten abgegeben. Dasselbe bezeichnet die Beraudine als ein stark von Bitumen durchtränktes, spissiges, sprödes Material von vorwiegend holzigem Charakter und gelangt zu dem Schluss, dass sie nicht berufen sei, eine hervorragende Rolle unter den Spinn- fasern einzunehmen. Dem gegenüber habe ich hervor- zuheben, dass die von Berauld Fils & Cie. mir über- ‘ aussehen. mittelten Proben eines aus Beraudine gewebten Tuchs an Festigkeit nichts zu wünschen übrig lassen und auch gut Aus einem Stück gemusterten Tuchs habe ich ein Kleidungsstück anfertigen lassen, das unverwüst- lich zu sein scheint. Auch der an der Königl. landwirtschaftlichen Hoch- schule in Berlin unterrichtende Professor Dr. H. Gruner hegt' kein Vertrauen zu der neuen Erfindung. Er schreibt mir u.a.: „Da die Torffaser als Zusatz zur Pappe sich nicht» eignet, diese also brüchig macht, so bezweifle ich die erfolgreiche Verwendung. Die von Berauld empfangenen Garne erschienen ziemlich grob und kann ich mir Halt- barkeit nicht versprechen.“ Das freundliche Entgegenkommen der Aktiengesell- schaft für Torfstreu-Fabrikation vorm. Fedor Wolff & Co. in Bremen hat mich in den Stand gesetzt, den ganzen Entwicklungsprozess des Garnes aus der Torffaser zu überblicken. Das vor mir ausgebreitete Bündel roher, der Torfstreu entnommener Fasern erinnert an einen zerzausten Lockenkopf, dessen ausgetrocknetes Haar jede Geschmeidigkeit eingebüsst hat. Das mir von der Ge- sellschaft zugegangene gefärbte, mit Wolle versetzte Garn ist ebenfalls recht massiv. Aus dieser „Grobheit“ lässt sich doch aber nicht auf mangelhafte Haltbarkeit, sondern nur auf Derbheit des Gewebes ein Schluss ziehen. Mag sein, dass die Beraudine es mit anderen Spinn- fasern, namentlich mit der Baumwolle und Jute, in Bezug auf Qualität nicht aufnehmen kann. Selbst wenn alles, was Berauld Fils & Cie. mir von den feinen torfge-' borenen Damenkleidern erzählen, in das Reich der Fabel gehören, selbst wenn nur gröbere Waare aus dem Neuling emporspriessen sollte, will es mich bedünken, dass die Beraudine auch als Spinnfaser für torfreiche Gegenden eine erhebliche Bedeutung erlangen wird. Der niedrige Preis dürfte ihr die Unterstützung des Unbemittelten und in vielen Fällen die Ueberlegenheit sichern. Speziell für Holland, dessen Torfmoore nicht weniger als 216000 ha Oberfläche einnehmen, ist es doch wahrlich in volks- wirtschaftlicher Hinsicht von grosser "Tragweite, dass durch die Ausnutzung des Berauld’schen Verfahrens der Wert der Torfländereien eine namhafte Steigerung erfährt. Auf der Berliner Ausstellung erregten Man- schettenknöpfe, Bierbecher, Cigarrenspitzen, Kegelspiele, Dosen, Thermometersäulen, Bilderrahmen, Briefbeschwerer, Dolche und Messer aus Torfmasse, sowie in Torf ge- stochene Wappen begreifliches Aufsehen. Das Material ist Presstorf vom Torfwerk Kolbermoor in Oberbayern, welchen der Verwalter Schill durch eigenartige Be- handlung in eine harte, feste Masse verkehrt. Die Hand des Drechslers oder Bildhauers verleiht die Gestalt. Apotheker Herold in Rosenheim hat ein Verfahren erfunden, aus Moorschlamm und zwei ihr Inkognito ge- wissenhaft wahrenden Helfershelfern allerlei ebenholz- schwarze Geräte hervorzuzaubern. Allerdings nicht wie beim Tischehen-decke-dich. Der Schlamm bedarf mehrerer 142 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr, 18, Wochen zum allmäblichen Trocknen. unter beständiger luftzuführung. Die von Herrn. Herold für mich be- sonders angefertigten und mir zugeschickten Nippsachen aus Eburit — so-hat er das Präparat getauft — sehen den schwarzlackierten Papiermache-Artikeln von Gebr. Adt in Farbach täuschend ähnlich. Gegenwärtig handelt es sich um wenig mehr als eine Spielerei. Wer wollte bestreiten, dass hier ein Boden sich darbietet, worin ein neuer Industriezweig. zu ge- deihen vermag? Zu den in Torflagern auftretenden Mineralien ge- hört der Fichtelit, ein Kohlenwasserstoff. Das Mineral findet sich: amorph.: im Kolbermoor. an den: Stöcken der sogenannten. Mooskiefer; - Apotheker ‚Herold ‚lässt, die formlosen Stücke zu zar “ehr weissen Kagstallen ASATMBERE. wachsen. j . Mehr .und. weh in Anne „die a bäder gegen Rheumatismus. Auf den:Hochebenen von die Bauern Hütten. von Torf. er Auf Schonen: werden Dächer mit Beihilfe. von n Bob und Schilf mit Torf gedeckt. Ce \ In Norwegen wird bei der er von Daruea RESET Shetland Bacon, Sic " der Raum zwischen zwei Mauern mit Torfziegeln ausgefüllt. Kleinere Mitteilungen. Mae s@ Physiologische Wirkung des Methans und seiner Chlorderivate. — Interessante Versuche über die physielogische Wirkung des Methans, der Grundsubstanz des Chloroforms, teilt Herter mit (Ber. d. d. chem. Ges. XXI, Ref. 304). Ein Gemisch von ca. 21%, Sauerstoff und 79°/, reinem Methan wurde in kon- tinuierlichem Strom durch eine Glasglocke geleitet, unter welche ein Kaninchen gebracht war. Das Tier ‚verhielt sich darin nicht anders als in atmosphärischer Luft und hatte auch nieht an üblen Nach- wirkungen zu leiden. Eingehende Versuche von Pouritz erwiesen, dass durch die Einatmung von Methan weder die Atmung noch Sauerstoffaufnahme, noch der Blutdruck beeinflusst wird. Zu dem- selben Resultat führen Versuche, welche von J. Regnault und E. Villejean (Bull. gen. de ther. 55) an Meerschweinen, Mäusen und Vögeln angestellt wurden. Das Methan ist daher als ein völlig indifferentes Gas anzusehen. Ganz anders verhalten sich die gechlorten Methane; sie üben sämtlich eine anästhesierende Wirkung aus. Der Luft als Dampf beigemischt, ruft Methylchlorid, CHz Cl, eine zwei bis drei Minuten andauernde, Methylehlorid, Hs Cl», eine vollkommene Anästhesie hervor. Die Wirkung des Chlorotorms, CH Gl;, ist allbekannt. Tetrachlorkohlenstoft, CCl,, endlich wirkt wie Methylenchlorid, aber ungleich gefährlicher, da er leicht Herz- läbmung erzeugt. % Dr. M. B. Parasiten in Hühnereiern. — Es mag wohl Manchem ein unbehagliches Gefühl erregen. dass selbst in Hühnereiern Parasiten und zwar aus der Klasse der Würmer gefunden werden. Ein Trost ist es jedoch, dass dies nur in äusserst seltenen Fällen vorkommt. Im „American Naturalist“. Januarheft 1888, findet sich eine Notiz von Eqdw. Linton (aus Proceedings U. S. Nat. Mus. 1887) über das Vorkommen von Distomum ovatum im Weissen eines Hühnereies. Der Wurm hält sich gewöhnlich in der Bursa Fabrieii auf, jenem eigentümlichen Drüsensack an der Hinterwand der Kloake. Durch Zufall kann gelegentlich ein Individuum in die Kloake kommen und von hier aus in den Eileiter dringen. Wandert er in diesem auf- wärts, so ist es wohl möglich, dass er mit einem Eidotter gleich- zeitig von dem in besonderen Drüsen gebildeten Eiweiss umhüllt wird und, nachdem das Ei eine Schale erhalten, in dem fertigen Ei eingeschlossen bleibt. Ueber einen anderen Parasiten, einen Fadenwurm, Heterakis inflexa Rud., berichtet Prof. Möbius in den Schriften des natur- wissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Bd. VII, Heft 1. Das Tier wurde lebend im Eiweiss eines frischen Hühnereies gefunden. Es war ein Weibchen der erwähnten Species, welche im Darm ver- schiedener Vögel z. B. des Haushuhns, des Truthuhns, der Ente gefunden wird. Auch diese Art gelangt in das Ei, indem sie zu- nächst vom Darm in die Kloake wandert und dann von hier in den Eileiter dringt. Das vorliegende Exemplar hatte eine Länge von 84 mm bei einer Breite von 1,4 mm in der Mitte des fadenförmigen, nach dem Kopf- und dem Schwanzende etwas verjüngten Körpers. Dr. E.S Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste ist von Dr. Georg Volkens untersucht worden; wir greifen aus seinen Mit- teilungen in den Berliner Akademie-Schriften einzelnes heraus, wohl geeignet, einen weiteren Kreis zu interessieren. Der Wechsel der Jahreszeiten zeigt im Ganzen in Beziehung zur Vegetation nur einen Gegensatz zwischen der Regenzeit, die zu- meist in den Februar und März fällt, und der ganzen übrigen trockenen Periode des Jahres. Eine Besonderheit der Wüstenflora, welche in direkter Beziehung zum Klima steht, zeigt sich darin, dass die ein- zelnen Arten sich nicht in so bestimmter Weise wie die unserigen - in ein-, zwei- und mehrjährige gliedern lassen, da manche Arten in der Mehrzahl der Fälle zwar nach der Blüten- und Fruchtreife völlig _ absterben, jedoch, wenn ihre Wurzeln tief genug-im den Boden gedrungen sind, unterirdisch dadurch überdauern, dass sie kurze und zunächst unentwickelt verbleibende Sprösschen treiben, welche die ganze trockene Zeit hindurch ruhen und erst bei Befeuchtung des Bodens schnell hervorwachsen. Besondere Eigentümlichkeiten im Bau werden bei den Wüsten- pflanzen vermisst, deren Dauer auf die Regenzeit ‚beschränkt ist; ebenso verhalten sich die Zwiebelgewächse. Jedoch besitzen die anderen Gewächse besondere Mittel, um des für das Leben so notwendigen Wassers, namentlich dureh Absorption des Boden- wassers. seitens der Wurzeln habhaft zu werden. Sie thun dies, indem sie ungemein lange, senkrecht in den Boden bis zum Grund- wasser hinabsteigende Wurzeln entwickeln, die um das 20fache an Länge die oberirdischen Teile übertreffen können. Fand man doch bei Gelegenheit der Ausgrabung des Suezkanals auf dessen Sohle Wurzeln, die zu hoch , oben auf seitwärts gelegenen Höhen wachsen-. den Bäumen gehörten. Manche Erodien besitzen Wurzelknollen, die gegen Verdunstung durch einen starken, vielschichtigen Kork- mantel geschützt sind und Speicherorgane für Wasser darstellen. Was die Absorption von Luftfeuchtigkeit und Tau seitens oberirdischer Organe anbetrifft, so kann diese durch einen hygros- kopischen Salzkörper, der von Blattdrüsen ausgeschieden wird, be- wirkt werden, so dass z. B. Reaumuria hirtella sich durch eine während und unmittelbar nach der Regenzeit erfolgende Ausschei- dung. eines,solchen Salzes die Möglichkeit schafft, in der folgenden langen Periode der Dürre die in der Atmosphäre dampfförmig vor- handene Feuchtigkeit tropfbar flüssig niederzuschlagen und mit Hilfe der oberirdischen Organe für ihr Fortbestehen zu verwerten. Eine andere Gruppe von Arten nimmt den Tau direkt durch die ober- irdischen Organe in das Innere auf, indem z. B. Haare die Tau- tropfen auffangen und nach Stellen der Oberhaut führen, die für Wasser besonders durchlässig sind. Ebenso funktionieren zarte fadenförmige Wurzeln, die nach jedem stärkeren Taufall, nach dem geringsten Regenschauer zahlreich in kürzester Zeit an die Ober- fläche kommen, um die geringe Feuchtigkeitsmenge aufzunehmen, und schnell wieder verschwinden. Ein Sehutzmittel gegen übermässige Verdunstung wird sehr oft durch verhältnismässige Herabminderung der Verdunstungsfläche geboten. Wachsbedeckungen, stark eutieularisierte Aussenwandungen dienen dem gleichen Zweck. Bei zahlreichen Arten sind die Epi- dermis-Lumina mit Celluloseschleim erfüllt, der einmal aufgenom- menes Wasser mit grosser Kraft festzuhalten vermag. Auch Gerb- stoffinhalt hat wohl dieselbe Bedeutung. Zuweilen zeigen sich die oberirdischen Organe von einem dichten Haarfilz bekleidet, der wohl geeignet ist, die Verdunstung herabzudrücken; ausserdem hält ein Filz am besten von allen Apparaten, oline hygroskopisch zu sein, geringe Mengen auftropfenden Wassers fest. Häufig scheiden ge- wisse Drüsen unter dem Filz ätherische Oele aus, und dies bietet insofern einen Vorteil, als eine mit den Dünsten eines solchen Oeles: - geschwängerte Luftschicht die strahlende Wärme weit weniger durch- lässt als reine Luft. Der Spaltöffnungsapparat liegt immer beson- ders geschützt, und das Gewirr feiner mäandrischer Intercellularen. bei Gramineen befreit die aus dem Innern kommenden Gase mög- lichst von dem Wasserdampf. Die ohnehin als Speicherorgan für Wasser bei den Pflanzen überhaupt aufzufassende Epidermis ist dieser Funktion bei den Wüsten- pflanzen besonders angepasst. Nicht selten -finden sich im Innern der Organe besondere Wasserspeicher-Gewebe. HE, . 2 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 143 Fragen und Antworien. ; . Warum gebrauchen die Mitarbeiter der „N. W.“ in der Benennung der Tiere und Pflanzen nicht stets deutsche Namen; die Anwendung von Namen aus dem Lateinischen und Griechischen macht doch wohl eine weitgehende Kenntnis dieser beiden Sprachen notwendig? Wir antworten auf diese Frage mit den Worten aus einem in der Täglichen Rundschau vom 26. Februar 1888 erschienenen Auf- satze Carus Sterne's „Vom Standesamte der Natur“. Carus Sterne sagt: Nachdem die lateinische Sprache in unserer Zeit aufgehört hat, zur notwendigen Ausrüstung des Gebildeten zu gehören, haben die Einen behauptet, auch die lateinischen Namen der Naturdinge müssten nunmehr abgeschafft und für uns durch deutsche ersetzt werden, während andere wieder aus der Unentbehrlichkeit der lateinischen Namen die unbedingte Notwendigkeit des lateinischen Unterrichtes für jedermann beweisen wollten. Beide Anforderungen sind aber gleich unberechtigt. denn man bedarf notwendig für jedes Natur- . wesen eines von allen Völkern anzuerkennenden internationalen Doppelnamens, dem der erste Beschreiber seinen eigenen Namen meist in Abkürzung z. B. L. für Linne) mit genauem Steckbrief Diagnose) hinzufügt, damit es immer wieder darnach erkannt werden kann, und welche andere Sprache als die lateinische könnte dazu gewählt werden? Etwa Volapük? Das wäre überflüssig, weil diese Namen, wie wir gleich sehen werden, gewissermassen die älteste Form des Volapük darstellen; lateinisch ist an den meisten von ihnen überhaupt nur die Endung. Aber diese Binhüllung in eine tote, starre, unveränderliche Sprache hat den Vorteil, sie selbst unantast- bar zu machen. Der Vorschlag, den man öfter gemacht, an ihre Stelle die oft hochpoetischen und sinnigen Volksnamen zu setzen, ist schon darum nieht ausführbar, weil diese Volksnamen nach Zeit, Land und Ort fortwährend wechseln, daher keinerlei Sicherheit und Beständigkeit darbieten. Unter Butterblumen versteht man in sechs preussischen Provinzen ebensoviele grundverschiedene Dinge, die Pfingstrose hat mit der Weihnachtsrose und eigentlichen Rose, das Gelbveilchen mit dem Mondveilchen oder dem blauen Veilchen gar nichts zu thun. Lateinisch zu lernen, um Tier- und Pflanzennamen zu ver- stehen, wäre verlorene Liebesmüh, denn die meisten der sogenannten lateinischen Pflanzen- und Tiernamen entstammen in ihrem ersten Teile dem Griechischen, nur der zweite oder Artnamen ist meist wirklich lateinisch. Aber"wenn man auch Griechisch und Latein be- herrseht, ist damit nicht viel gewonnen, denn ein sehr ansehnlicher Teil der wissenschaftlichen Namen entspringt nicht den klassischen, sondern den barbarischen Sprachen, bis auf die gurgelnden und schnalzenden Sprachen der Wilden herab. Wie der Mensch ihres 'Vaterlandes sie nannte, so hat man es bei unzähligen Pflanzen und Tieren, auch in den wissenschaftlichen Namen, aufgenommen. Wenn wir z. B. auf unsere Zierpflanzen einen flüchtigen Blick werfen, so werden wir finden, dass sogar in Europa wildwachsende Pflanzen, wie Tulpen, Traubenhyazinthen, Gemswurz und Stechapfel, barba- rische Namen empfangen haben: Tulipa stammt aus dem Türkischen, Muscari, Doronieum, Jasminum und Datura aus dem Arabischen. Gingko, Akebia und Kadsura sind Pflanzennamen japanischen Ur- sprungs, Araucaria, Dammara, Inga, Puja, Taesonia, Tecoma und Yueca den amerikanischen Ursprachen entlehnt, und bei den Heil- pflanzen würde man noch viel mehr solcher aus barbarischen Sprachen stammenden Namen antreffen,; ganz ebenso verhält es sich aber mit den Tiernamen. Manche andere „lateinische“ Pflanzennamen, ‚wie Beeeabunga, Bovista, Prunella u. a. sind in ihrem Ursprunge sogar deutsch. Bedenkt man ferner, dass ein sehr grosser Anteil, vielleicht ein Drittel der naturwissenschaftlichen Namen aus latinisierten Personennamen besteht, eine beträchtliche Anzahl heute überhaupt nuicht mehr enträtselbar ist, so ergiebt sich leicht, wie vergeblich es wäre, Latein zu lernen, um die wissenschaftlichen Namen zu verstehen. Namen sind da, um gerufen zu werden, oder um Personen und Dinge damit zu bezeichnen, nicht aber, um zergliedert und ver- standen zu werden. Wenn Eltern ihre Kinder Friedrich, Hans und Grete taufen lassen, so wird ihnen wenig daran liegen, zu wissen, dass nur ersterer Name deutschen Ursprungs, der zweite hebräischer und der dritte griechischer Herkunft ist, oder was ihr Sinn wäre. Im Gegenteil ist das Wortableiten eine für Ungelehrte höchst be- denkliche Leidenschaft, weil dazu nicht allein Sprach-, sondern auch Sachkenntnis gehört. Von hundert Sprachkundigen werden vielleicht neunundneunzig den Namen der Bergamottbirne auf die Stadt Bergamo in Ober-Italien, oder gar auf Pergamon zurückführen, bis der hundertste, allein wohlberatene kommt und uns sagt, es sei ein türkisches Wort (beg armödi) und bedeute „Herr der Birnen“. Litteratur. : W. von Beetz: Leitfaden der Physik. 9. Auflage, nach dem Tode des Verfassers bearb. und herausgeg. von J. Henrici. Leipzig 1888, Th. Grieben’s Verlag (L. Fernan). 8°. Preis brochiert 3,60 M. Nach dem am 22. Januar 1886 erfolgten Tode des Dr. W. von Beetz, weil. Professor der Physik an der Technischen Hoch- schule zu München, hat Professor Henriei die Bearbeitung und Herausgabe der 9. Auflage des „Leitfadens der Physik“ übernommen, der sich in seinen ersten 8 Auflagen eines guten Rufes erfreute und mit der „grössten Bündigkeit des Ausdrucks“ eine ausserordentliche Fülle physikalischer T'hatsachen zusammenfasste. Auch die jetzt vorliegende Bearbeitung gewährt in gedrängter Kürze einen Ueber- blick über. die hauptsächlichsten Errungenschaften der Physik Bei der Reichbaltigkeit sind die Erklärungen allerdings bisweilen etwas zu kurz geraten, so z. B. beim Radiometer S. 308 u. a., aber man muss im Auge behalten, dass man einen „Leitfaden“ und kein aus- führliches Lehrbuch vor sich hat. Als einen Vorzug der jetzigen Bearbeitung möchten wir hervorheben, dass in dieselbe die Zusätze der letzten Auflagen in den übrigen Stoff verflochten worden sind, wodurch eine grössere Einheitlichkeit erreicht worden ist; es betrifft dies besonders die Einführung des absoluten Masssystems und die Erklärung elektrischer Erscheinungen durch den Begriff des Potentials. Wie der Wortlaut kurz und treffend ist, so sind auch die 339 Holzschnitte in einfachen Linien und schematisch gehalten; so vortreffliche Abbildungen, wie sie z. B. das bekannte Lehrbuch der Physik von Müller-Pfaundler enthält, kann man natürlich nicht erwarten. Dennoch sind die gegebenen Figuren im allgemeinen zweckentsprechend. Jedenfalls dürfte kaum ein zweites Werk dieser Art von gleicher Reichhaltigkeit bei soleher Kürze und einem so mässigen Preise vorhanden sein. Die Gliederung des Stoffes er- giebt sich am besten aus der folgenden Einteilung: Einleitung: Körper und Kräfte im allgemeinen. 5 I. Abschnitt: Von den Kräften, welche auf die ganzen Körper wirken. II. Abschnitt: Von den Kräften, welche auf die Molekel wirken. III. Abschnitt: Von der Wärme. IV. Abschnitt: Von dem Magnetismus und der Elektrieität. V. Abschnitt: Wellenlehre. VI. Abschnitt: Vom Schalle. VII. Abschnitt: Vom Lichte. Wenn wir für die 10. Auflage einen Wunsch äussern dürften, so würde derselbe die Aufnahme eines historisch oder alphabetisch geordneten Verzeichnisses derjenigen Forscher, welche fördernd auf die Entwickelung der Physik eingewirkt haben, und der wichtigsten Entdeckungen derselben betreffen. Wir sind überzeugt, dass vielen damit ein angenehmer Dienst erwiesen werden würde. A. Gutzmer. 354 8. Grünfeldt, Die Zimmergymnastik. Ihr Wesen, ihre Bedeutung und Anwendung. (64 S. m. Ilustr.) — Medizinische Hausbücher. 35 Bd, 8°, Hampel in Berlin. Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie. Herausgegeben v. A. Reichenow. 5. Bd. gr. 8%" (640 S.) Preis 16 At. Eduard Trewendt in Breslau. Hettner, A., Reisen in den columbianischen Anden. gr. 8°. (X. 398 S. m. 1 Karte.) Preis 8 4%. Duncker & Humblot in _ Leipzig. Hofmeier, M., Grundriss der gynaekologischen Operationen. gr. 8°. (X, 352 S. m. Illustr.) Preis 9 WC. Franz Deuticke, Verlag in Wien. Holzapfel, E.,: Die Mollusken der Aachener Kreide. 1. Abteil. Cephalopoda und Glossophora. (Sep.-Abdr.) gr. 4%. (IV, 1508. m. 18 Taf.) Preis 40 #%. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchh. in Stuttgart. 3 Hutchinson, J., Syphilis. Deutsche Ausge.. bearb. und durch Erläuterungen und Zusätze vermehrt v. A. Kollmann. 8%. (XV, 606 S. m. 3 Taf.) Preis geb. 9 A. Amoldische Buchhandlung in Leipzig. Igel,B, Ueber einige algebraische Reeiproritäts-Sätze. (Sep.-Abdr.) 4%. (20 8.) In Komm. Preis 14. G. Freytag in Leipzig. Jacob, J., Ueber simulirte Augenkrankheiten. gr. 8%. (29 S.) Preis 1.4. Lipsius und Tischer in Kiel. Plassmann, J., Beobachtungen veränderlicher Sterne, angestellt in den Jahren 1881-1888. Beilage zum Jahresbericht der math.- physik.-chem. Sektion des Westf. Provinzial-Vereins für Wissen- schaft u. Kunst. Münster i. W. 1888. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die Expedition der ‚„Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Preis 1 46. Martin 144 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. ME” Bemerkung für die Leser: Für den Inhalt der Inserate sind wir nicht verantwortlich. 17 Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. %« Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. 3% Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. 5 1888) unseres Blattes! Band I (Okt. 1887—März liefern wir gegen Einsendung von # 4,20 (in Briefmarken) fran-f ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Finsendung von 4 2,10, (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 ,. 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Raab: Ueber Ver- wendung (des Torfs. — Kleinere Mitteilungen: Physiologische Wirkung des Methans und seiner Chlorderivate. — Parasiten in Hühner- eiern. — Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste. — Fragen und Antworten. — Litteratur: W. von Beetz: Leitfaden der Physik. — Bücherschau. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Siümtlich in Berlin. , von Gesteinen und fossilen Hölzerm ' Für 70 .„ franko zu beziehen von der - TA TRITT. tungen gegeben hatte. Redaktion: Jastenden Ideen und an lo en Gebilden der Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. I. Band. | Sonntag, den 5. August 1888. Nr. 19. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.—; Bringegeld bei der Post 15.4 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes auf die an der Oberfläche liegenden Steine. Von Dr. Felix Wahnschaffe, Königlicher Landesgeologe und Privatdozent an der Universität Berlin. ‘Durch sorgfältige Beobachtungen in der Natur ist in den letzten Jahren eine Erscheinung endgiltig erklärt worden, welche früher Veranlassung zu mehrfachen Deu- Es handelt sich um die Ent- stehung der sogenannten Pyramidalgeschiebe, Ge- schiebe-Dreikanter oder Kantengerölle. Es sind dies Geschiebe oder Gerölle von sehr verschiedener Grösse und Gesteinsbeschaffenheit, deren eine Seite meist das gewöhnliche Aussehen zeigt, während die entgegen- gesetzte zwei oder mehrere glatte, schwachgewölbte Flächen besitzt, die sich häufig in scharfen Kanten schneiden, wie dies die beigefügten Abbildungen deutlich erkennen lassen. Treten drei solcher Flächen an einem Geschiebe auf, so erhält dasselbe eine pyramidale Zu- spitzung, ein Umstand, der F. Meyn bestimmte, den derartig gestalteten milchweissen Quarzen, welche er 1872 im Holsteinschen aufgefunden, mit dem Namen „Pyramidalgeschiebe“ zu belegen. Jedoch schon zuvor hatte A. von Gutbier ganz entsprechende Gebilde in der Gegend von Dresden beobachtet und in den ‚Jahren 1858 und 1865 beschrieben. Als Anhänger der damals all- gemein herrschenden Drifttheorie nahm er an, dass diese Steine an der unteren Seite des Drifteises eingefroren waren und durch die Bewegung der Meereswellen an darunter liegenden Steinen abgeschliffen worden. Da- durch nun, dass sie sich lockerten, ihre Lage veränderten, von neuem festfroren und wiederum über steinigen Grund fortgeführt wurden, soll die Abschleifung der anderen Flächen bewirkt sein. Es kann nicht befremden, dass man anfangs, ehe die grosse Verbreitung der Dreikanter nachgewiesen worden war, bei Auffindung derselben in der Nähe von alt- heidnischen Grabstätten in der Lausitz (1870) und später auch in sogenannten Hünengräbern auf dem Fläming (1874) an menschliche Erzeugnisse dachte, eine Ansicht, welcher anfangs auch R. Virchow zuneigte, ihr jedoch bald nachher lebhaft entgegentrat. Schon im Jahre 1871 hatte sich Braun dahin ausgesprochen, dass die Drei- kanter durch gegenseitige Reibung nebeneinander liegen- der Gesteinsstücke entstanden seien, welche durch das Wasser hin und her bewegt, jedoch nicht von der Stelle gerückt worden wären. Er glaubte sich hierbei auf ge- wisse von Schimper an KRheingeröllen gemachte Beobachtungen beziehen zu können. G. Berendt legte in der April-Sitzung des Jahres 1876 der deutschen geologischen Gesellschaft eine Samm- lung von Dreikantern aus der Umgegend von Berlin, sowie aus der Altmark vor und veranlasste in betreff ihrer Entstehung einen sehr lebhaften Meinungsaustausch, ohne dass jedoch eine wirklich befriedigende Erklärung von irgendeiner Seite abgegeben worden wäre. Da nun in der Folge im norddeutschen Flachlande die Kanten- Geschiebe fast immer und oft in grosser Anzahl an der Oberfläche des oberen Geschiebesandes sich fanden, der von den Anhängern der Torell’schen Inlandeistheorie (Vergleiche die Naturwissenschaftliche Wochenschrift Bd. U, 1888, S. 4—7) als Rückstand der durch die Schmelzwasser des Inlandeises ausgewaschenen Grund- 146 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. moräne angesehen wurde, so veranlasste dieser Umstand G. Berendt zur Aufstellung einer der Braun’schen Auffassung nahestehenden Theorie über die Entstehung der Geschiebe-Dreikanter oder Pyramidal-Ge- schiebe. Seine im Jahrbuche der königl. preuss. geolo- gischen Landesanstalt für 1884 (Berlin 1885) veröffent- lichte sogenannte Packungstheorie kommt im wesent- lichen darauf hinaus, die Schmelzwasser des Inlandeises zur Hervorbringung der bewegenden Kraft in Anspruch zu nehmen, durch welche die in natürlicher Packung auf- einander liegenden Geschiebe in eine derartig rüttelnde Bewegung versetzt sein sollen, dass sie sich gegeneinander kantig zuschliffen. Der schwache Punkt der Berendt- schen Erklärung, welcher auch F. E. Geinitz anfangs beitrat, liegt darin, dass bisher niemals in der Natur durch die Wirkung strömenden Wassers ein den Drei- hervorgerufen kantern völlig entsprechendes Gebilde worden ist und ferner bleibt die häufig zu beobachtende narbig-grubige Oberflächenbeschaffenheit der Dreikanter und das Auftreten von warzigen Hervorragungen bei der angenommenen gegenseitigen Abschleifung durch bewegtes Wasser völlig unerklärt. Auch Fontannes glaubte im Gegensatz zu der schon früher ausgesprochenen Flugsandtheorie die an Geröllen in Sand- und Geröllablagerungen auf den Abhängen der Hügel im Rhonetal zwischen Lyon und dem Mittelmeer beobachtete Kantenbildung nicht auf eine Wirkung des Windes, sondern vielmehr des strömenden Wassers zurück- führen zu müssen. Demgegenüber hebt jedoch De Lap- parent mit Recht hervor, dass die Einwendungen Fon- tannes, sich zum grössten Teile nur dagegen richten, dass die Schliffflächen an den Geröllen sich unter den gegen- wärtigen Verhältnissen durch Wind dort nicht mehr bilden können, dass dagegen dem nichts entgegensteht, in einer früheren geologischen Periode im Rhonetal wüsten- artige Verhältnisse anzunehmen, während welcher die Gerölle durch Flugsand angeschliffen worden seien. Keilhack berichtet, dass er auf seiner Reise durch Island (1883) in den recenten Moränen Pyramidal- geschiebe gesehen habe, von denen einzelne an der Gletscherstirn auf dem Eise selbst lagen. Aus ihrem Vorkommen in der Moräne schliesst er, dass sie echte Gletscherbildungen sein müssten. Da nur die härtesten Gesteine (Dolerite und Basalte) sich dort in der Form von Pyramidalgeschieben finden, so meint er, dass die erste Veranlassung zu ihrer Bildung dadurch gegeben sei, dass bei der Zertrümmerung dieser Gesteine Bruch- stücke mit mehreren annähernd ebenen Flächen entstanden, die dann nachher bei dem Eistransporte eine weitere Abarbeitung und scharfkantige Zuschleifung erhalten hätten. De Geer hat darauf aufmerksam gemacht, dass Keilhack gleich nach der Beschreibung der Pyramidal- geschiebe die Wirkungen heftiger Stürme in den dem ausschlämmenden Einflusse der Gletscherwasser entzogenen kahlen Geschiebesandflächen schildert. Nach De Geer's Annahme, der auch ich mich anschliesse, sind die Drei- kanter, welche bisher und doch nur immer in verhältnis- mässig seltenen Fällen in Moränen beobachtet sind, im Vorlande des Gletschers gebildet und nachher beim Vor- rücken des letzteren in die Grundmoräne aufgenommen. In entschiedenem Widerspruch mit den thatsächlichen Beobachtungen im sächsischen Elbgebiete steht die der Keilhack’schen Auffassung sehr ähnliche Ansicht Dr. F. Theile's, nach welcher die Dreikanter unter dem Drucke der Gletscher in der Grundmoräne ent- standen seien. Sie finden sich nämlich dort vorzugsweise an der Oberfläche sandiger Bildungen und sind hinsichtlich ihrer Gestalt von den kantengerundeten, häufig geschliffenen und gekritzten Geschieben des als Grundmoräne aufzufassenden Geschiebemergels sehr scharf zu unterscheiden. (Siehe die Abbildung in dieser Zeit- schrift 1888, Nr. 1, S. 5.) Leider waren die bereits im Jahre 1869 von Tra- vers gegebenen Mitteilungen über die Bildung sand- geschliffener Steine in dem Dünengebiet an der Evans- Bay auf Neu-Seeland,*) welche einen Fingerzeig für die Bildung der Dreikanter hätten geben können, den meisten deutschen Geologen unbekannt geblieben. Dasselbe war der Fall mit den von Enys 1878 in demselben Gebiete angestellten Untersuchungen, durch welche die Entstehung kantiger Gerölle durch die abschleifende Wirkung des vom Winde getriebenen Dünensandes zweifellos fest- gestellt wurde. N Unter den norddeutschen Geologen gebührt Gott- sche das Verdienst, die Bildung der Pyramidal-Geschiebe zuerst auf dieselbe Ursache zurückgeführt zu haben. In seiner Schrift über „Die Sedimentär-Geschiebe der Pro- vinz Schleswig-Holstein, nachstehende wichtige Bemerkung: „Die sogenannten pyramidalen Geschiebe, welche im Gebiete des Decksandes häufig auftreten, können dennoch weder für diese noch für eine andere Schicht des Diluviums als charakteristisch gelten. Sie finden sich vielmehr überall, wo lockere Sande und Kiese der Einwirkung des Windes unterliegen (besonders schön auf grossen Haiden, wo die Hauptschiff- flächen dann stets in derselben Weise nach der Haupt- windrichtung orientiert sind) und müssen daher als „sand- cuttings“, als Produkt der vereinigten Wind- und Sand- erosion betrachtet werden.“ *) Man hatte ebenso wie in Europa die dort aufgefundenen Kantengerölle anfangs für (von den Maoris gefertigte) Kunstprodukte gehalten. Yokohama 1883“ findet sich.die - Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 147 Der schon erwähnte schwedische Geologe De Geer, welcher bei einem Besuche Gottsche’s in Kiel 1880 dessen Ansicht über die Bildung der Dreikanter kennen lernte, konnte bereits im Jahre 1883 der geologischen Gesellschaft in Stockholm einige windgeschlifftene Steine vorlegen, die er in Flugsandgebieten Schonens aufgefunden hatte. Von besonderer Wichtigkeit war jedoch eine von ihm im Jahre 1885 entdeckte Lokalität 9 km westsüd- westlich von Kristianstad, woselbst am Fusse einer in nordwestlicher Richtung sich erstreckenden Düne an der Erdoberfläche eine Menge Gerölle lagen, die durch Fort- wehung des Sandes daselbst angereichert zu sein schienen. Dieselben sassen fest in der Grasnarbe und nur- ihr über die Erdoberfläche hervorragender Teil war wind- geschliffen und glänzend. Die meisten dieser Steine be- sassen nur eine deutlich ausgeprägte Kante, deren mittlere mit dem Compass bestimmte Richtung N 22° W ergab. Durch besonders günstige Terrainverhältnisse ist dieses Gebiet derartig geschützt, dass nur die Winde der daselbst herrschenden mittleren Windrichtung (S 350 W) dasselbe ungehindert bestreichen können. Da nun die mittlere Windrichtung ungefähr senkrecht auf der mitt- leren Richtung der Kanten steht, so folgerte De Geer, dass letztere der abschleifenden Wirkung des vom Süd- west wehenden Windes ihre Entstehung verdanken. Ein von ihm im Verein mit H. Lundbohm an einem Sandgebläse ausgeführter Versuch zeigte ausserdem, dass die frische Bruchfläche eines Quarzitsandsteins schon nach 15 Minuten langer Einwirkung die für die Drei- kanter so charakteristische schwachgrubige Politur annahm. Durch Wind geglättete Gerölle waren auch von dem schwedischen Geologen G. Holm auf seiner geologischen Reise durch Estland in dem Flugsandgebiet bei Nömme unweit Reval 1884 aufgefunden worden, den Nachweis wirklicher Kantengerölle daselbst verdanken wir jedoch erst dem Ingenieur A. Mickwitz in Reval. Ueber die Entdeckung des letzteren gab zuerst der Akademiker Friedrich Schmidt — St. Petersburg im Neuen Jahr- buche für Mineralogie und Geologie (1885. Bd. II. S. 177) eine kurze Mitteilung, an welche sich 1886 ein sehr interessanter Aufsatz von Mickwitz selbst anschloss. Derselbe trägt die Aufschrift: „Die Dreikanter, ein Produkt des Flugsandschliffes, eine Entgegnung auf die von Herrn G. Berendt aufgestellte Packungstheorie.“ Auf meiner geologischen Reise durch die russischen Ostseeprovinzen im Frühjahr 1887 hatte Herr Mick- witz die Freundlichkeit, mich zu jenem Fundort zu führen und ich konnte mich an Ort uud Stelle von der Richtig- keit seiner sorgfältigen Beobachtungen überzeugen. Zwei von mir daselbst entnommene Dreikanter sind in der beigegebenen Abbildung an zweiter und dritter Stelle zur Darstellung gebracht. Das eine Gerölle ist von einem kleinen Quarzgange durchzogen, welcher der Ab- schleifung grösseren Widerstand entgegengesetzte, als das übrige Gesteinmaterial, sodass er nun als eine schmale leistenförmige Erhebung aus demselben hervortritt. Die an der Reval-Baltischporter Eisenbahn gelegenen blauen Berge bestehen aus einem Geröll-führenden Diluvialsande. Die im Sande selbst liegenden Gerölle, welche in den Aufschlüssen unmittelbar an dem Bahnstrange beobachtet werden können, zeigen keine Spur von Kantenbildung oder Glättung. An der Oberfläche dieses Diluvialsandes finden sich jedoch an einer Stelle, an welcher der feine Sand durch den Wind fortgeweht ist, zahireiche Gerölle, welche nur an dem aus dem Boden herausragenden Teile geschliffen sind und alle Uebergänge der Kantenbildung bis zur echten Dreikanterform zeigen. Vielfach treten warzenförmige Erhebungen und grubige Vertiefungen auf den Schlifflächen hervor. Die mit dem Kompass ge- messene Lage der Kanten ergab, dass sie mit grosser Regelmässigkeit nach drei mittleren Richtungen, nämlich N,S60°O und S50° W orientiert sind, ein Umstand, der Mickwitz veranlasste, die Kantenbildung auf drei herrschende Windrichtungen, welche senkrecht gegen die Richtung der Kanten wirkten, zurückzuführen. In dieser Hinsicht stimme ich nicht mit ihm überein, da nach meiner Auffassung nur zwei herrschende Windrichtungen erforderlich sind, um als Durchschnittselemente der ge- bildeten Ebenen drei scharfe Kanten hervorzurufen. Jm Jahre 1885 sprach sich auch Professor A. G. Nathorst in Stockholm entschieden für die Entstehung der Dreikanter durch Winderosion aus, indem er die Berendt’sche Packungstheorie durch schlagende Gründe zu widerlegen suchte. Von besonderer Bedeutung jedoch war seine Mitteilung über das Vorkommen echter Pyramidalgerölle in dem cambrischen Eophyton- sandstein von Lugnäs. Unter der Voraussetzung, dass sich Dreikanter nur durch die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes bilden können, lässt sich aus diesem Vorkommen der wichtige Schluss ableiten, dass während der cambrischen Periode dort bereits ein Fest- land vorhanden war. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Entstehungsort der cambrischen Pyramidalgerölle einen mit Dünen besetzten Strand bildete, welcher zeit- weilie vom Meere überflutet wurde, so dass auf diese Weise die Dreikanter in Schlamm eingebettet und er- halten werden konnten. Nathorst hebt hervor, dass die von ihm beschriebenen Pyramidalsteine meist auf beiden Seiten Schlififflächen zeigen und mithin den sogenannten Doppeldreikantern entsprechen, wie sie auch bisweilen im norddeutschen Flachlande beobachtet worden sind. Es lässt sich diese Erscheinung am besten auf folgende Weise erklären. Durch den Wind wurde der Sand in gewissen Fällen soweit vor dem bereits gebildeten Drei- kanter weggeblasen, bis der Schwerpunkt desselben nicht mehr senkrecht über dem Unterstützungspunkte lag. Die Folge davon war, dass das Gerölle umschlug und nun auf der unteren Seite zum Dreikanter zugeschliffen werden konnte. Wie so häufig, samkeit auf einen Gegenstand gelenkt worden wenn erst einmal die Aufmerk- ist, 148 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. sich in schnelles Aufeinanderfolge die Beweise für die Richtigkeit einer Auffassung mehren, so auch hier. In der Februarsitzung 1887 konnte ich der deut- schen geologischen Gesellschaft eine Anzahl von Pyra- midalgeschieben aus dem oberen Geschiebesande der Gegend von Rathenow vorlegen, deren Lagerung (nur der aus dem Sande hervorragende Teil zeigte die Ab- schleifung) und Gestalt unzweifelhaft auf Windwirkunge hinzudeuten schien. Das an erster Stelle abgebildete Kantengerölle stammt aus diesem Gebiet. Hieran an- schliessend besprach Professor Dames ein sehr be- merkenswertes Vorkommen von Kantengeschieben, bei welchem die Wirkung von Sand, der durch Wind daran getrieben ist, nach seiner Auffassung die allein annehm- bare Erklärungsweise darstellt. Unter dem Senon-Sand- stein-Felsen des Regensteins am Harz befindet sich nämlich ein früher fast völlig vegetationsloses, jetzt mit Nadelholzschonungen bestandenes Gebiet von lockerem weissen Sand, auf dessen Oberfläche mehr oder minder dicht Diluvial-Gerölle von weitaus grösstenteils Harz- Gesteinen liegen. Dieselben sind fast ausnahmslos Kantengeschiebe und zwar zeigen sie die Kanten nur auf dem aus dem Sande herausragenden Teile. In vielen Fällen liess sich beobachten, dass die nach Süden gewen- deten Seiten der Steine nicht angeschliffen waren, weil sie hier durch den steilen Nordabfall des Regensteins vor der Einwirkung südlicher Winde geschützt sind. Zu erwähnen ist noch eine wichtige Mitteilung über die Entstehung von Kantengeröllen in der Galalawüste, welche Dr. J. Walther—.Jena der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. im November 1887 machte. Auf seiner Reise durch die sogenannte arabische Wüste zwischen Nil und Rotem Meer hatte er mehrere mit Gerölllagern erfüllte Täler beobachtet, die auf einen früher weit grösseren Wasserreichtum dieses Gebietes hindeuteten. An der Oberfläche der älteren Fussablage- rungen nun, in welche das heutige Rinnsal etwas einge- schnitten war, zeigten sich zahlreiche Gerölle, welche, soweit sie aus der Erde herausschauten, jenen speckigen Glanz besassen, welchen das Sandgebläse der Chamsin- stürme fast allen Gesteinen der Wüste giebt. Unter ihnen befanden sich alle möglichen Uebergänge von völ- lig runden Flächen zu kaum bemerkbaren Kanten und endlich bis zu schneidenden Schärfen. Einige vom Ver- fasser durch Lichtdruck wiedergegebene Dreikanter sind den im norddeutschen Flachlande sich findenden zum Verwechseln ähnlich, sodass nunmehr kein Zweifel über die Entstehung dieser früher so verschiedentlich gedeu- R teten Gebilde bestehen kann. In einer jüngst erschienenen theoretischen Betrachtung: über Kantengeschiebe aus dem norddeutschen Diluvium spricht sich Professor Albert Heim dahin aus, dass es sich hier nicht um Gletscher- oder Gletscherbach- wirkung, sondern nur um die Wirkung von Sandwind- erosion handeln kann. Dagegen ist er der Ansicht, m dass die verschiedenen Pyramidalflächen der Kanten- gerölle nicht auf ebensoviele herrschende Windrichtungen zurückgeführt werden dürfen, da die Form der geschlif- fenen Pyramiden von der ursprünglichen Umrissform des Gesteinsstückes abhängt. Mag der Wind von irgend- einer Seite blasen, stets wird ihn der breite Umriss des x Gesteinsstückes derartig ablenken, dass er über denjenigen Umrissseiten als leitende Basis Ebenen anschleifen muss, welche dem Winde quer oder schief entgegenstehen. Wirkungsart der krankheiterregenden Mikroorganismen im tierischen Körper. Von Kreisphysikus Dr. L. Schmitz. Von allgemeinem Interesse ist ein Hinweis darauf „in welcher Weise die in den tierischen Körper hineingeratenen pathogenen (krankheiterregenden) Mikroorganismen ihre schädliche Wirkung entfalten“. Man kann die pathogenen Spaltpilze bezüglich ihrer Wirkungsart in vier Gruppen einteilen. Die erste Gruppe umfasst solche Mikroorganismen, welche nur im Blute der Erkrankten ihr Leben ab- spinnen, während dieselben die Blutgefässe nicht ver- lassen und keinen direkt schädigenden Einfluss auf die Körpergewebe ausüben. Hierzu gehören von den bis jetzt als Krankheitserreger bekannten Mikrobien der Milzbrandbacillus, der Bacillus der Mäusesepti- ämie, der Micrococeus tetragenus und sepsis, welche gleichfalls bei Mäusen eine tötliche Krankheit erzeugen. Nur äusserst selten vermögen diese Mikro- organismen auch an der Eingangspforte, durch welche sie in den tierischen Körper gelangen, in den Körper- geweben eine krankhafte Störung zu veranlassen, welche zess sehr zurücktritt. Von den angeführten Mikrobien wird infolge ihrer Lebensthätigkeit ein Giftstoff hervor- gebracht, dessen Anhäufung im Blute die Erscheinungen der betreffenden Krankheit und schliesslich den Tod bewirkt. Fitz. Zu derselben Gruppe gehören noch einzelne Mikro- organismen, welche intermittierend im Blute auf- treten. Es sind diese die Obermeier'sche Receurrens- spirille, welche das Rückfallfieber herbeiführt, und der Malariabacillus, welcher das Wechselfieber hervorruft. Die zweite Gruppe begreift solche Mikroorganis- men, welche nur in Geweben wuchern und daselbst einen Zerstörungsprozess veranlassen. Von manchen dieser Organismen werden giftige Substanzen — Pto- maine — hervorgebracht, deren Uebergang in das Blut alsdann ausser lokalen auch allgemeine Krankheits- Diesem Umstande ist es daher zuzuschreiben, dass sich aus einem anfäng- lich lokalen Leiden später ein allgemeines entwickelt. dann aber gegen den sich im Blute abspinnenden Pro- | Die genannte Gruppe umfasst eine grosse Anzahl = erscheinungen hervorrufen kann. P} rn N ER at 1 %r = 3 = £ Fr AT at di Fa re ne a) mu Di HEHE u Hal" Zinn 2 an ran Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 149 pathogener Mikrobien. Der Koch'sche Cholerabaeillus sowie der Typhusbacillus bewirken Entzündungser- scheinungen im Darmkanale, welche sich durch Diarrhöe kundgeben. Die durch die Lebensthätigkeit dieser Ba- eillen hervorgebrachten Toxine, welche in das Blut gelangen, rufen die ausgeprägten Erscheinungen der Cholera und des Typhus hervor. In ähnlicher Weise verhält es sich mit dem Bacillus des Wundstarr- krampfes, welcher am Orte seiner Ansiedelung ein Gift erzeugt, dessen Aufnahme in das Blut die Erscheinungen des Starrkrampfes bewirkt. Einfache Entzündungen veranlassen in der Regel der Micrococeus erysipelatosus, welcher Rotlauf, der Diplococcus pneumoniae Friedländer, welcher croupöse Lungenentzündung, und der Bacillus oedema- tosus, welcher das malinge Oedem hervorruft. Zu dieser Gruppe gehören ferner die verschiedenen Mikroorganis- men, welche Eiterung bewirken: Staphylococcus pyo- genes aureus, albus und citreus, Streptococcus pyogenes und Bacillus foetidus. Alle die zur zweiten Gruppe zugehörigen Mikro- organismen besitzen die Eigenschaft, nicht nur lokal, sondern auch temporär beschränkt zu sein, indem sie nach einiger Zeit ihres Bestehens in ihrer Lebenskraft «rlahmen. Die dritte Gruppe bilden Mikroorganismen, welche vorerst im Blute kreisen und darauf, nachdem sie sich entsprechend vermehrt haben, in die verschiedenen Körpergewebe übertreten, um daselbst lokale Störungen zu veranlassen. Hierzu gehören die Mikroorganismen der akuten Exantheme (Röteln, Scharlach, Pocken), über welche die Untersuchungsakten noch nicht vollgiltig abgeschlossen sind, sowie die Krankheitserreger der Hühnercholera, des Rauschbrandes, der Pyämie und Osteomyelitis. Zur vierten Gruppe sind Mikroorganismen zuge- hörig, welche Infektionsgeschwülste erzeugen: Die Mikrobien der Tuberkulose, des Rotzes, der Sy- philis, des Aussatzes (Lepra), des Krebses u. a. m. Durch ihre Thätigkeit entsteht vorerst ein Zerfall des betreffenden Gewebes, worauf dann die benachbarten Gewebszellen in lebhafte Thätigkeit geraten, indem sie gleichsam gegen das Weiterumsichgreifen des feindlichen Mikroorganismus einen Schutzwall bilden, infolgedessen immer mehr an Umfang zunehmende Geschwülste ent- stehen. Der Vorgang, welcher sich in dem von pathogenen Mikroorganismen befallenen Körper abspinnt, ist ein Kampfum’s Dasein zwischen den mikroskopisch kleinen Körperzellen und den noch kleineren, feindlich ein- gedrungenen Mikrobien. Hierbei hängt es wesentlich von der Superiorität und grösseren Resistenzfähigkeit der einen oder anderen Art von lebenden Wesen ab, ob die feindliche Mikrobie das Feld räumen muss, oder ob der in seiner Gesamtheit weit stärkere tierische Körper Schaden nehmen resp. zu Grunde gerichtet wird. Dieser Kampf en miniature lässt sich bisweilen mit Hilfe des Mikroskopes beobachten. Bestimmte Zellen des tierischen Körpers sind bestrebt, den eingedrungenen mikroskopisch kleinen Feind durch Umzingelung und Absperrung vom weiteren Vordringen in die Gewebe abzuhalten und den- selben kampfunfähig zu machen dadurch, dass sie die pathogenen Mikroorganismen in ihren Leib aufnehmen und gleichsam verspeisen (Phagocyten). Wesentlich hängt es bei diesem Kampfe und daher bezüglich des Krankheitsverlaufes davon ab, bis zu welcher Menge die pathogenen Mikrobien sich innerhalb des tierischen Organismus vermehrt haben. Da näm- lich die als Krankheitserreger bekannten Schimmel- Spross- und Spaltpilze im tierischen Körper die Bedin- gungen für ihre Existenz vorfinden, so nehmen sie als- bald durch Teilungsvorgänge an Menge zu. Daher kommt es, dass sich aus einer ursprünglich winzigen An- zahl von Infektionskeimen nach und nach eine Legion herausbildet. Diese Vermehrung erfordert eine bestimmte Zeitdauer, während welcher häufig die Anwesenheit des verderbendrohenden Feindes im tierischen Organismus nicht geahnt wird (latentes Stadium der Krankheit). Die bezüglich der Vermehrungsgeschwindigkeit der Bak- terien neuerdings angestellten Beobachtungen haben er- geben, „dass mit Wahrscheinlichkeit die Zeit von 15 Minuten als das Minimum bezeichnet werden muss, unter welches die Generationsdauer in keinem Falle und bei keinem Spaltpilze herabsinkt.“ Man kann hieraus folgern, dass die Zahlenzunahme der eingewanderten Krankheitskeime innerhalb einer Stunde jedenfalls sich nicht höher be- ziffert als das 16fache der ursprünglich in den tierischen Körper gelangten Menge, innerhalb zwei Stunden nicht höher als das 256fache u. s. w. Hieraus ergiebt sich für die Therapie, wie wichtig es ist, die auf einer Infek- tion mit Mikroorganismen beruhenden Krankheiten so bald als möglich in Behandlung zu nehmen, um der Weiter- vermehrung der Infektionskeime möglichst Einhalt zu thun, indem es ja um so leichter gelingt, einem Feinde wirk- sam entgegenzutreten, in je geringerer Anzahl derselbe vorhanden ist. Kleinere Mitteilungen. Die Höttinger Breccie. — Die Umgebung von Innsbruck bietet einen interessanten Punkt, der schon lange zwischen Phyto- paläontologen und Geologen ein Gegenstand des Streites war, nun aber, wie es scheint, endgiltig ausgetragen ist. Wandert man am nördlichen Talgehänge bei Innsbruck längs des Höttinger Grabens und tritt aus dem „Mittelgebirge“ in das eigentliche Gehänge des Inntales, so gelangt man zu der Stelle, wo der Graben sich teilt; der Hauptzug steigt nach NNW. an, ein Arm löst sich nach ©. los, und am linken Gehänge des letzteren kaum 500 m von der er- wähnten Gabelungsstelle trifft man den die Flora einschliessenden Kalktuff und die Breeeie in etwa 1200 m Meereshöhe an. Schon in den fünfziger Jahren beschäftigten sich die Gelehrten mit derselben. 150 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. F. Unger erklärte die Pflanzen der Höttinger Breceie für keines- wegs jünger als die miocenen Pflanzen von Parschlug in Steiermark, wogegen die Geologen Penck, Blaas, Böhm die Breeeie auf einer Moräne ruhend fanden, die in ihm eingeschlossene Flora für inter- glacial, daher diluvial bezeichneten. Der Ansicht der Geologen schloss sich auch €. v. Ettingshausen an, der in seiner Arbeit über die fossile Flora der Höttinger Breceie dieselbe ebenfalls als der Diluvialperiode angehörig ansprach. Um so überraschender musste daher die im Vorjahre erschienene Arbeit D. Stur's sein, der mit seiner bekannten Gründlichkeit die von Unger und C. v. Ettingshausen benutzten Originale und andere Funde einer neuen Untersuchung unterwarf und darauf auf den Standpunkt Unger's zurückkehrte. Die auffallende Abweichung der drei so geübten Phytopaläontologen in ihren Bestimmungen wird am besten aus der tolgenden Zusammenstellung sichtbar. Unger. v. Ettingshausen. Stur. Arundo Goepperti Heer. _ Arundo Goepperti Heer. Cyperus Sirenum Ir Chamaerops f. Helyetica C. plicatus Heer, Heer. Salix arbuscula L. 7= S. nigricans Sm. S. Caprea L. Salix sp. pl. Actinodaphne Hoettin- gensis Ettgsh. sp. Actinodaphne Frangula Ettgsh. sp. Viburnum cf. LantanaL. (an: Buchanania sd. seu Semecardus sp.). Acer f.trilobatumAl.Br. A.f. Ponzianum Gaud. A.f.Pseudo-PlatanusL. _ e _ Onestis? sp. _ Ledum palustre L. Dalbergia bella Heer. Stur erklärt daher den Kalktuff und die mit ihm innig: ver- bundene gelblich-weisse Breceie für gleichartig mit der Flora von Oeningen; den darüber liegenden Tegel mit Zapfen von Pinus Pu- milio als glacial; die rote Breccie der Tregelgrube, von der er selbst sagt, dass sie sich nicht wesentlich von der pflanzenführenden Kalk- breceie unterscheide, sie aber dennoch petrographisch auseinanderhält, als interglaeial und keine Pflanzen führend. Es wäre dies daher ganz gewiss von grossem Interesse gewesen, die Zeugen einer in der Tertiärzeit thätig gewesenen Kalkquelle gefunden zu haben; aber die jüngsten Untersuchungen haben der Sache eine andere Deutung verliehen. Es ist schon von vornherein ersichtlich, dass sich die drei ausgezeichneten Pbytopaläontologen in ihrem Urteile kaum so weit von einander hätten entfernen können, wenn nicht die Pflanzenreste in einem nur zu fragmentarischen Zustande wären, wie dies schon ein Blick auf die Tafeln Stur’s lehrt, und deren Ursache, wie wir sehen werden, von Penck richtig erkannt, von den Phytopaläon- tologen aber unberücksichtigt blieb. Vor allem fand nun E. Palla nach eingehender Untersuchung, dass Stur’s Palmenblatt durchaus nicht als solches gelten kann, sondern dass dies vielmehr eine Mono- kotyle sei, die dem Formenkreis der Junceaceen, Cyperaceen oder Gra- mineen angehüren mag. Er nennt sie Öyperites Hoettingensis und spricht dabei den wohl hinlänglich gerechtfertigten Wunsch aus, dass man den Namen Cyperites zu einer Collektivbenennung erweitere, da es sich bei einem schmalen parallelnervigen Blattfragment in vielen Fällen unmöglich entscheiden lässt, welcher der drei erwähnten Gruppen es angehören mag. Wurde schon durch diese Untersuchung eine bedenkliche Lücke in den vermeintlichen tertiären Charakter der Höttinger Flora gerissen, die durch die Aeusserung eines anderen Fachmannes, dass Actinodaphne Höttingensis auch mit Rhododendron Pontieum verglichen werden kann, nur erweitert wird, so haben die gründlichen stratigraphischen Untersuchungen Penck's die Lücke zur Bresche erweitert. Entgegen der Ansicht Stur’s konnte er konstatieren, dass die weisse und rote Breccie zusammen ein Ge- stein bilden, denn die weisse lagert über der roten und ist zwischen beiden keine scharfe Grenze zu ziehen. Ebenso ist es sicher, dass die rote Breceie nicht nur auf Moränen liegt, sondern in ihren unteren Partieen mit solchen wechselt, wie es auch nicht richtig sei, dass sie petrefaktenlos sei, denn Prinzinger, Pichler und Blaas fanden Pflanzenreste in ihr, so wie solche von Penck auch in den gelblichen Zwischenmitteln des roten Gesteins gefunden wurden. Schliesslich fand man das letztere anderwärts auch auf dem zähen, die schon erwähnten Zapfen enthaltenden Tegel lagern. Die weisse Breceie ist somit das oberste und jüngste des fraglichen Schichten- komplexes, und dass sie daher interglacial sei, wird auch durch diese Thatsache bestätigt, dass sie selbst gerötete Gesteine führt. Die Lagerungsverhältnisse erklären aber auch nach Penck die ab- weichenden Genusbestimmungen der Botaniker. Die Höttinger Brec- eie ist nämlich ein von einem Wildbach aufgehäufter Schuttkegel und seine die Pflanzenreste einschliessende Partie erinnert weit eher an verfestigten züähen Schlamm, welchen Murgänge herabzuwälzen pflegen, als an den wohlgeschichteten, sichtlich im stehenden Wasser abgesetzten Kalk von Oeningen. Die in ihr enthaltenen Pflanzen- Persea, Laurus, eis nea, Quercus. Ulmus Bronnii eur Carpinus ? _ Viburnum Lantana L. Rhamnus Frangula L. Acer trilobatum Al. Br. Acer Pseudoplatanus L. reste liegen nicht auf Schichtflächen. sondern durchsetzen das Gestein oft der Quere nach, wobei sich vielfach eine parallele Anordnung der einzelnen Formen geltend macht. Diese Verhältnisse mahnen lebhaft an die Schleppungen, welche der Pflanzenteppich einer ver- murten Wiese aufweist. Penck möchte daher die in der Breceie- eingeschlossenen Pflanzenreste am ehesten als Reste einer Wiesen- vegetation ansehen, während man sonst bei paläophytologischen Untersuchungen ganz mit Recht geneigt ist, zuerst eine Waldvege- tation beim Vergleiche in Betracht zu ziehen. (Staub: Referat über Penck „Die Höttinger Breceie“ in Bot. Centralbl. XXXIM). Durch eine ganz neuerdings erschienene Arbeit des Botanikers- R.v. Wettstein: „Rhododendron Pontieum L., fossil in den Nord- alpen“ findet die Ansicht Penck’s eine wesentliche Stütze. Wett- stein fand nämlich in der Höttinger Breeeie nur Reste von solchen Pflanzen, die noch gegenwärtig — wenn auch nicht mehr an jenem: Standorte — leben. „In seinem Referat der Wettstein’schen Arbeit (Bot. Centralbl. XXXV) sagt Fritsch: „Die auffallendste Pilanze ist Stur’s Actinodaphne Hoettingensis, die von anderen Paläontologen als Laurus, Persea ete. bestimmt worden war. Ver- fasser weist auf Grund eingehender Untersuchungen (in Bezug auf Blattstellung, Blattform und Nervatur) mit Bestimmtheit nach, dass diese Reste von Rhododendron Ponticum L. herrühren. Die übrigen Reste gehören fast durchweg solchen Pflanzen an, die auch heute in Gesellschaft des Rhododendron Ponticum wachsen. Es muss also zur Zeit der Bildung dieser Breccie am Südabhange der Innsbrucker Kalkberge in einer Höhe von 1100—1200 m eine Flora gelebt haben, die mit der heutigen der pontischen Gebirge in gleicher Höhe über- einstimmt. Berücksichtigen wir das Vorkommen des Rhododendron Ponticum (und anderer Pflanzen des Orientes) in Südspanien, und andererseits das Vorhandensein von Inseln mediterraner Flora an den Nordabhängen der Alpen, so sind wir wohl zu der Annahme be- rechtigt, dass diese letzteren Vorkommnisse eben nur die letzten Reste aus einer längst entschwundenen- Zeit darstellen, in welcher in unseren Gegenden ein weit milderes Klima herrschte, welches, die Entwicklung von Pflanzenarten ermöglichte, die sich inzwischen: nach südlicheren Gegenden zurückgezogen haben.“ Ueber die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles haben J. Violle und Th. Vautier neue Versuche angestellt, über welche sie in den „Comptes Rendus* berichten. Von der Versuchs- anordnung wollen wir nur bemerken, dass in einer 0,70 m weiten Röhre eine Pistole abgeschossen wurde und nun die Zeiten bestimmt wurden, welche die Welle gebraucht, um einmal, zweimal u. s. f. die Wellenlänge zu durchlaufen. Es wurde dabei die Pistole verschieden stark geladen, und zwar wurden Ladungen von 3 gr, 2 gr und 1 gr beziehungsweise verwendet, um so den Einfluss der Intensität zu bestimmen. Aus den Zahlen, welche die beiden Forscher fanden, geht hervor, dass die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Schallwelle sich mit der Intensität vermindert. Es zeigt sich hier also ein anderes Resultat als bei der Ausbreitung der Lichtwellen, für welche Dr. Ebert feststellte, dass hier die In- tensität ohne Einfluss ist (vgl. Frage in N. W. Bd. IIS.8). Indem nun andererseits zahlreiche Versuche mit verschiedenen Instrumenten (Damptpfeifen, Orgelpfeifen u. s. f.) angestellt wurden, konnten Violle und Vautier konstatieren, dass die Höhe des Tones auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwelle keinen Eintluss hat. o A. G. Photographische Aufnahme eines Regenbogens. — Professor Dr. H. Kayser zu Hannover, welcher vor einigen Jahren vom Dache des physikalischen Instituts zu Berlin aus ganz vorzüg- liche‘ Blitzphotographien aufnahm, welche in den Sitzungsberichten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie zu Berlin veröftentlicht wurden, hat neuerdings einen Regenbogen photographiert. Es geschah dies vom Rigikulm aus mit Beachtung‘ besonderer Vorsichtsmassregeln und mit Anwendung einer gefärbten Azalin-Trockenplatte. Die photographische Aufnahme eines Regen- bogens ist deshalb von ganz hervorragendem Interesse, weil man dieselbe bisher nicht für möglich hielt; man war allgemein der An- sicht, dass ein Regenbogen keine Strahlen besässe, welche auf die photographische Platte eine Wirkung ausüben. Diese Meinung ist jetzt durch die Thatsache widerlegt worden, und zugleich ist dar- gethan, dass auch farbige Erscheinungen eine photographische Auf- nahme erlauben, obwohl man hierin noch nicht vieles erreicht hat. . Zur Konstitution der Lösungen. — Professor Dr. Rü- dorff hat (Ber. d. D. chem. Ges. 1888, S. 4—11 und 1882—-85) Diffusionsversuche mit Lösungen von Doppelsalzen angestellt und dabei gefunden, dass die von Graham, Marignaec, Ingenhoes u. a. ausgesprochene und in viele Lehrbücher übergegangene An- sicht, dass Doppelsalze in Lösungen nicht bestehen, sondern in ihre Komponenten zerfallen, in dieser allgemeinen Form nicht zutreffend ist. Vielmehr diffundieren bei gleicher Zeitdauer gewisse Doppel- rs A a De 1 ee Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 151 salze als molekulare Verbindungen, während andere in ihre Einzel- salze zerlegt in der Lösung zur Diffusion gelangen. Zu den von Rüdorff untersuchten Körpern der ersten Gruppe «durch Diffusion keine Zerlegung) gehören die Doppelsalze des Oyan- kaliums mit einigen Metalleyaniden, das Natriumplatinchlorid, ferner einige Oxalsäure-Doppelsalze; zur zweiten Gruppe (Zerlegung in die Einzelsalze) einige dem Alaun analog zusammengesetzte Doppelsalze gewisser Metallchloride. Als Diffusionsmembran wandte Rüdorff an Stelle des ziem- lich ungleichmässigen und daher untereinander sehr wenig überein- stimmende Zahlen liefernden Pergamentpapiers die zarte Oberhaut ‚des Ochsenblinddarmes an, welche zu Goldschlägerhaut verarbeitet wird. Die frisch abgezogene, mit Wasser längere Zeit gespülte Haut wurde getrocknet und, nachdem sie zuvor auf ihre Gleich- mässigkeit hin untersucht worden war, in geeigneter Grösse über ‚die Diffussionsgefässe gespannt. Die Versuche machen es in hohem Masse no dass der Grad der Zersetzung, welche Doppelsalze beim Auflösen erleiden, von der Konzentration der Lösung unabhängig ist. Auch scheinen sie den Beweis dafür zu liefern, dass die Bestandteile der Doppelsalze bei zunehmender Konzentration der Lösung erst kurz vor der Kristallisation sich zu einer molekularen Verbindung vereinigen. Interessant ist übrigens, beiläufig bemerkt, die Thatsache, dass ‚die Glieder der beiden Gruppen auch in anderer Beziehung, z. B. in Bezug auf die/ Erniedrigung des Gefrierpunktes ihrer Lösungen, sich als verschieden erweisen. Dr. Max Koppe. Miclucho Maclay, der vor wenig Monaten verstorbene russische Forscher, ist der einziee weisse Mann gewesen, der vor ‚der Besitzergreifung durch die Neu-Guinea-Compagnie, sich längere Zeit in Kaiser-Wilhelmsland aufgehalten hat. Dank seiner Verbin- dungen am russischen Hofe ward es Maclay 1870/71 ermöglicht, seine Studien in der Südsee durch solche auf dem damals fast ganz unbekannten Neu-Guinea zu ergänzen. Zweimal kurz nacheinander weilte er mehrere Monate hindurch an der von ihm benannten Astrolabebai, allein mit seinen Dienern und beschäftigte sich mit ethnographischen Studien. Sein ‘Verhältnis zu den Eingeborenen gestaltete sich bald sehr freundlich und sein Kultureinfluss ist noch heute bemerkbar. Nirgends an der Küste von Kaiser-Wilhelmsland fanden wir die Leute so friedlich und rechtlich gesinnt, wie an der Astrolabebai. Es liegt nahe, dies auf Maclay's einstigen Einfluss zurückzuführen. Als 1886 die Station Constantinhafen angelegt wurde, war die erste Frage der Schwarzen, ob die neuen Ankümm- linge Boten Maclay’s wären. Die Eingeborenen hatten so leb- hafte Erinnerung an ihn bewahrt, dass man selbst, wenn die von Maclay hinterlassene Tafel nicht mehr vorhanden gewesen wäre, seinen alten Wohnsitz bald wieder gefunden hätte. Die Leute zeigten alte Messer und Perlen, welche sie von ihm erhalten hatten, und fragten nach russischen Worten. Sie führten uns die nach Maclay und seinen Dienern benannten Kinder (Mirjam ete.) zu, nannten die Dörfer, welche er besucht und die Hütten, in welchen er geschlafen hatte. Er war für sie aber nicht nur eine Kuriosität, sondern ein Wohlthäter, dem sie dankbare Verehrung bewahren und um den ‚sich schon ein Sagenkreis gebildet zu haben schien. Maclay hatte ihren Nationalreichtum vermehrt, hatte friedlichen Verkehr gepflegt, und dadurch der Bongusprache die Bedeutung der Handelssprache auch für Bocadji, Bili-Bili, Maraeun und die nahen Orte der Berge verschafltt. Ganz begeistert war der alte Saul in Bongu, als er mir die erste Papaia zeigte, welche der russische Forscher dort gepflanzt habe, und aus deren Kernen weiter, als er anzugeben vermöchte, diese Fruchtbäume im ganzen Lande erwachsen seien. Die Gurken und. Kürbisse werden angebaut und geschätzt. Von dem Vieh, welches Maclay in Bongu liess, war ein Rinderpaar mit Kalb noch erhalten. Die früheren Kälber sind regelmässig, wenn sie gross ge- nug waren, getötet worden. Wenig fortgekommen sind der Mais, «derselbe gedeiht in den Kulturen der N. G. C. sehr gut), und ein zarteres Gras, welches man heute nur an dem Platze der einstigen Niederlassung des russischen Forschers sieht. Auch wo er selbst nicht gewesen ist, blieb sein Name in dankbarer Erinnerung. Ich bin nicht der einzige, der in einem neu besuchten Dorfe als Mac- lay begrüsst wurde und die Versicherung, ich sei Maclay ati (wie Maclay) berubigte die misstrauischen Schwarzen bald und bewies ihnen meine friedlichen Absichten zur Genüge. Charakteristisch ist, dass man ihm trotz alledem eine Ohrfeige nicht vergessen kann, die ‚er einmal im Zorn einem seiner schwarzen Begleiter in Maragee ge- geben hat, denn so wenig der Papua sich über verdiente Strafe beklagt, so schwer erträgt er eme ihm ungerecht erscheinende Be- handlung. Es ist selten, dass die ethnographischen Zustände eines Volkes ‚einmal eingehend studiert, dann dieses 15 Jahre hindurch. abgesehen von gelegentlichem und sehr seltenem Anlesen eines Schiffes, sich selbst überlassen wurde, ehe sich wieder Weisse dort niederliessen. Es ist begreiflich. dass sich die Sitten und Gebräuche der Papuas jener Gegend nur wenig geändert haben, aber es wäre interessant, zu verfolgen. wie weit Veränderungen eingetreten sind. Leider hat Maclay nur kleine Abhandlungen veröffentlicht und diese sind meist in holländischen Zeitschriften zerstreut. Auf späteren Reisen hatte er auch den englischen und holländischen Teil von Neu-Guinea be- sucht und seit langen Jahren sich nur der Ausarbeitung seiner Tage- bücher gewidmet. Sein Tod ist der Veröffentlichung eines umfang- reichen Werkes, welches er versprochen hatte, zuvorgekommen. Hoffentlich unterbleibt die Herausgabe nicht ganz, da sie nach ver- schiedenen Seiten hin Vergleiche ermöglichen dürfte. Dr. Karl Schneider. Congresse. — 1. Der Ophthalmologische Congress wird aus Anlass des 25jährigen Bestehens der Ophthalmologischen Gesellschaft in Heidelberg daselbst am 9. August abgehalten werden. — 2. In den Tagen vom 7.—10. August wird in Glasgow die 56. Jahres- versammlung der „British medical Association* unter dem Präsidium von Prof. Gairdner tagen. — 3. Vom 6. bis 9. August findet Anthropologen-Versammlung in Bonn statt. Fragen und Antworten. Wo haben die Flöhe ihre natürliche systematische Stellung? Trotzdemsie ungeflügelt sind und keineSchwing- kölbehen haben, werden sie in manchen Lehr-Büchern zu den Dipteren gerechnet. Die Abteilung der Flöhe, Pulicidae (Siphonaptera) bildet nach Brauer und Kräpelin- eine selbständige und der der Dipteren gleichwertige Ordnung. ‚Jene unterscheiden sich von diesen nament- lich durch die typisch verschiedene Bildung der Mundteile, des Thorax und der Ausmündung der Speicheldrüsen. Bei den Puli- eiden ist das Saugrohr aus der Öberlippe und den Mandibeln ge- bildet, während die Unterkiefer hierzu nicht oder nur teilweise seit- lich am Grunde verwendet werden. Der Hypopharynx fehlt. Der Thorax besteht aus drei freien Segmenten und ist ohne Spur von Flugorganen. Der Ausführungsgang der Speicheldrüsen ist paarig in den Oberkiefer-Rinnen. Die Augen sind keine Facettenaugen; nur eine einfache Cornea ist vorhanden. Bei den Dipteren be- steht der Rüssel aus der zu je einem Halbrohre ausgebildeten Ober- und Unterlippe, und die Kiefernpaare sind borsten- oder messer- förmige Stechorgane. Die drei Segmente des Thorax sind mit- einander verwachsen; der Abschnitt des Mesothorax ist am grössten und trägt mit wenigen Ausnahmen Flügel, der Metathorax Schwing- kölbehen (Halteren). Der Ausführungsgang der Speicheldrüsen ist an der unteren Schlundwand in eine unpaare Stechborste (Hypo- pharynx) verlängert. Die Augen sind meist gross und bestehen aus Facetten. Die Verwandlungsstadien Larve und Nymphe. Brauer meint, dass die Puliciden Beziehungen zu den Käfern haben. H. J. Kolbe. in beiden Ordnungen bestehen aus Litteratur. Prof. Dr. C. Claus: Lamarck als Begründer der Descendenzlehre. Alfred Hölder in’ Wien 1888. Preis 1 Mk. Allgemein ist jetzt die von Dar win in seinem 1859 erschienenen Werke „Die Entstehung der Arten“ wissenschaftlich begründete Des- cendenzlehre, welche die Blutsverwandschaft aller Lebewesen so gut wie gewiss macht, angenommen; anders aber ist es mit dem „Dar- vinismus im engeren Sinne“, der Selektionstheorie, Theorie der Zucht- wahl, mit deren Hilfe Darwin die Entstehung neuer Arten erklärt: die Meinungen über den Wert der Selectionstheorie gehen nach ver- schiedenen Richtungen auseinander. Die Descendenz- oder Transmutationslehre ist bekanntlich keineswegs neu.*) Der hervorragendste und auch durch die Ergeb- nisse seiner Forschungen verdienstvollste dieser Männer ist Jean Baptist deLamarck, der die Grundsätze seiner Abstammungslehre zuerst im Jahre 1302 in der Schrift: „Considerations sur l’organisa- tions des corps vivants“ bekanntgab, aber erst in der 1809 er- schienenen „Philosophie zoologique* ausführlicher begründete. Die Lehren dieses so hervorragenden Forschers sind durch Darwin's Schriften stark in den Schatten gestellt und keineswegs in dem Masse. als sie es verdienen, gewürdigt worden. Lamarck, am 1. August 1744 als das 11. Kind eines Edel- manns in der Picardie geboren, war zum geistlichen Stande bestimmt, entzog sich aber den Händen der Jesuiten zu Amiens, die seine spätere Erziehung leiteten, nach dem Tode seines Vaters durch die Flucht, um Soldat zu werden. Er kämpfte als solcher gegen *) Vergl. H. Potonie: Die Geschichte der Darwin’schen Theorie (Naturwissenschaftliche Wochenschrift Bd. I Seite 181—183 und 189—192). Far Au 152 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NE: 197 8 — u ——— SE ) ) 111€ nn die verbündeten deutschen Heere, zeichnete sich durch Mut und Tapferkeit aus und avancierte zum Offizier. Nach Beendigung des Krieges kam er nach Toulon und Monaco in Gamison. Die Pflanzen der Umgebung derselben machten ihn zum Botaniker, nachdem er aus dem Militärdienst ausgetreten war. Aber nur in seinen Musse- stunden konnte er studieren: seinen Lebensunterhalt erwarb er durch Arbeit bei einem Bankier in Paris. Als Frucht seines Studiums erschien 1778 die „Flore francaise“ in drei Bänden, und ausserdem bearbeitete Lamarck botanische Artikel für die von Diderot und D’Alembert herausgegebene Eneyelopedie methodique. Aber es wollte ihm nicht glücken, eine gesicherte Stellung im Staatsdienste zu erringen: seine besten Lebensjahre verbrachte er in Sorge und Not.‘ Erst beinahe 50jährig wurde ihm’an dem neu gegründeten Musee d’histoire naturelle eine Professur für Zoologie verliehen, die er nach einjähriger Vorbereitung 1794 antrat. Er beschäftigte sich namentlich mit dem System der Tiere, das von ‚Jahr zu Jahr durch ihn verbessert wurde. Die mühevollen Studien, die Lamarck zu den Verbesserungen führten, sind in seiner 7bändigen „Histoire naturelle sur les animaux sans vertebres“ niedergelegt, das ein Werk ersten Ranges ist und auch lange ‚Jahre für die Formkenntnis der niederen Tiere masseebend blieb. Seine früher erschienene „Philo- sophie zoologique“ geriet jedoch bald in Vergessenheit. Die an- gestrengte Thätigkeit bei Untersuchung kleiner Objekte hatte Lamarck's Augen derartig geschwächt, dass sie zuletzt vollständig erblindeten. Die letzten zehn Jahre lebteer „in Finsternis versenkt“ und materiell beschränkt, bis er am 18. Dezember 1829 im Alter von 85 Jahren starb. Die weitesten Erfahrungen haben Lamarck zu seiner Theorie geführt, die er in der umsichtigsten Weise begründete. Zur Erklärung der V.erschiedenheit der Arten bildet er auf Grund zahlreicher Beohach- tungen und thatsächlicher Vorgänge eine Theorie aus, welche auf dem Prineipe der direkten Anpassung beruht. Er geht davon aus, dass die Verhältnisse auf die Lebewesen einen Einfluss ausüben, und da die ersteren sich ändern, so wirken sie auch umgestaltend auf die letzteren- Besonders bemerkenswert ist der schon in seinen „Recherches sur les corps. vivants“ von Lamarck ausgesprochene Satz: „Nicht die Organe, d. h. die Natur und Gestalt der Körper- teile eines Tieres haben seine Gewohnheiten und seine besonderen Fähigkeiten hervorgerufen, sondern umgekehrt seine Gewohnheiten, seine Lebensweise und die Verhältnisse, in denen sich das Individuum, von denen das Tier abstammt, befanden, haben mit der Zeit seine Körperteile, die Zahl und den Zustand seiner Organe und seine Fähigkeiten bestimmt.“ Also der Wille des Tieres, zu leben, hat die besonderen Einrichtungen hervorgerufen. Ausser der Erwerbung neuer Eigenschaften durch den Gebrauch - und Vererbung derselben auf die Nachkommen, nahm Lamarck die gleichzeitige Wirkung organischer Bildungsgesetze an, die von einer unerforschlichen ersten Ursache, von dem Willen des Urhebers aller Dinge ausgehen. Diese Entwicklungsgesetze sollten die Stufenfolge bewirkt haben, in welcher sich Tiere und Pflanzen in fortschreitender Ausbildung der Organisation vom Einfachen zum Verwickelteren ausbildeten. Wäre die unaufhörlich auf Verwirklichung der Organi- sation hinstrebende Ursache die einzige, welche Abänderungen jener hervorruft, so würde die Stufenfolge der Tiere eine regelmässige sein; in Wahrheit aber erscheint dieselbe sehr unregelmässig, und zwar n- tolge der zweiten, auf Abänderungen hinwirkenden Ursache, des Einflusses einer grossen Zahl verschiedener Verhältnisse, welche die Anpassung im einzelnen vermitteln und bestrebt sind, Störungen in der durch die Bildungsgesetze bedingten Arbeit der Natur, sowie Abweichungen in der continuierlichen Stufenfolge der Organisation herbeizuführen. Die einfachsten Lebewesen entstehen nach Lamarck unter günstigen Bedingungen durch Urzeugung. Lamarck nimmt also vom Schöpfer gegebene Bildungsgesetze in Anspruch und Darwin lässt den Schöpfer das erste oder die ersten Lebewesen erschaffen: die Grenze unseres Erkenntnisvermögens wird hiermit „gekennzeichnet. Schon von Kant war diese bestimmt worden: dieser stellt es zwar als Aufgabe aller Naturwissenschaft hin, einer mechanischen Erklärung aller Naturprodukte soweit als möglich nachzugehen, aber das Vermögen, damit allein auszulangen, spricht er dem menschlichen Geiste ab. 3 1sknıe% Kerschbaum, G., Beweis, dass es eine Quadratur des Kreises giebt, und dass die bisher zur Berechnung des Kreises benützte Ludolph’sche Zahl etwas zu klein ist. 2. Aufl. 8%. (16 S. m. 1 Taf.) Preis 1%. E. Riemann jr. in Koburg. Inhalt: Dr. Felix Wahnschaffte: Steine, (Mit Abbildung.) — Dr. L. Schmitz: Kleinere Mitteilungen: Die Höttinger Breccie. — nahme eines Regenbogens. — Zur Konstitution der Lösungen. — Miclucho Maclay. — Kongresse. Litteratur: Professor Dr. C. Claus: Lamarek als Begründer der Descendenzlehre. — Bücherschau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesan. . Hierzu eine Inseraten-Beilage. Ueber die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes auf die an der Oberfläche liegende Wirkungsart der krankheiterregenden Mikroorganismen im tierischen Körper. — Ueber die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles. Kiefer, A., Ueber die geraden Kegel und Cylinder, welche durch gegebene Punkte des Raumes gehen, oder gegebene gerade Linien. des Raumes berühren. 4%. (308.) Preis 1# 60.4. J. Huber in Frauenfeld. Köstler, H., Leitfaden der ebenen Geometrie für höhere Lehr- anstalten. D) Heft. Lehre vom Flächeninhalt. Construktionslehre. 2. Aufl. 8%. (42 S.) Preis 75 4, kart. 80.2. Louis Nebert's Verlag in Halle. Kossel, A., Leitfaden für medizinisch-chemische Kurse. 2. Aufl. er. 80, (63 S.) Preis 2 .#; geb. 2 At 50 2. Fischer's med. Buchh. in Berlin. Kramer, E., Hilfsbuch für den ersten geographischen Unterricht. 1..und 2. Teil. 5.-Aufl. 80. Preis 70... - Inhalt: 1. Geographie von Schlesien. (32 S. m. 1 Karte.) Preis 30.4; 2. Kurze Ueber- sicht der Erdteile. (59 S.) Preis 40 4. E. Morgenstern, Verl.- E: Buchh. in Breslau. De: Bee E., Ein Jahr in Ostafrika. 8°. a2 S. m. 1 Karte.) Preis 2. 50 43. J. Ebner'sche Buchhandlung in Ulm. * Kronfeld, M., ‚Deber vergrünte Blüten von Viola alba Bess. (Sep. -Abdr.) 8%. (108. m. 1 Tafel.) In Komm. Preis 40 = Z. Freytag in ie Kürzel, R., Ueber die Lage des Uterus und die nme Bedeutung des Sphincter ani tertius. g1.8%. (4258. m. 5. Taf) ae 24. M. Waldbauer's Buchhandlung nz Coppenrath) in in assau. = Lagrange, F., Physiologie des exercices du ne 80, kart. 6 fr. Felix Alean in Paris. Land, R., Ueber die Berechnung und die bildliche Darstellung von Trägheits- und Centrifugalmomenten ebener Massenfiguren. (Sep.-Abdr.) gr.8%. (66 S.) Preis 14 80.4. Arthur Felix in Leipzig. E: Lehmann, P., Die veränderlichen Tafeln des astronomischen und chronologischen Teiles der kgl. preuss. Normalkalenders für 1889.. Nebst einem allgemeinen statistischen Beitrage von E. Blenck. gr. 8%. Preis 5 M. Verlag d. kgl. statist. Bureaus in Berlin. Liznar, J., Die tägliche u. jährliche Periode der magnetischn Inklination. (Separat-Abdr.) gr. 8°. Im Komm. Preis 40 4. G. Freytag in Leipzig. Lock, C.G., Coffee its culture and commerce. 5°. Preis 12 nn 6d. B&FN. Spon in London. Loewenthal, W., Deutsche Zeit- u. Streit-Fragen. Herausgegeb. von F. v. Holtzendorff. Inhalt: Die Aufgaben der Medizin in der Schule. Preis 80 „4. J. F. Richter in Hamburg. Z Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. 2 Berlin SW. 48. Die Expedition der > NAT SR Em ECB u FÜ EEE Wochenschrift“. Briefkasten. ‚ai Herrn Leube. ‘1. In der 3. Auflage meiner Illustrierten Flora finden Sie die bei uns im Freien aushaltenden häufigeren und ge- wöhnlichen Zier- und Kulturpflanzen, in weiterem Umfange als es sonst in Floren gebräuchlich ist, angeführt, und zwar sowohl die Holzgewächse, sowie auch die einjärigen und Staudenpflanzen. Die Arten sind nach dem Buch bestimmbar und systematisch angeordnet. Die Flora ist 1887 erschienen und kostet 5Mk. — Wollen Sie sich eingehender mit Gartenpflanzen beschäftigen, auch mit solchen, die x bei uns nur in Töpfen gehalten werden, so kann ich Ihnen für de einjährigen und Stauden-Gewächse „Vilmorin's illustrierte Blumen- gärtnerei* (2. Auflage, bearbeitet und herausgegeben von Rümpler 1879. Preis 20 Mk.) empfehlen nebst dem 1888 erschienenen Er- gänzungsband (Preis 7 Mk.) Ueber den letzteren wird demnächst eine Besprechung in der „N. W.“ erscheinen. Die Arten sind n der Blumengärtnerei alphabetisch angeordnet. — Für eine eingehendere Kenntnisnahme der Gehölze empfehle ich Ihnen Karl Koch’s Den- drologie, Bäume, Sträucher und Halbsträucher, welche in Mittel- und Nordeuropa im Freien kultiviert werden. Das Werk erschien 1869—1873 und kostet 33 „4. Wie ich höre, sind zwei gewiegte Autoren mit der Abfassung neuer Dendrologieen beschäftigt; sobald eine derselben erschienen ist, werde ich auf den Gegenstand zurück- kommen. Preis — Photographische A — Fragen und Antworten. Sämtlich in Berlin. h Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. II. Band. | Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.—; Bringegeld bei der Post 15,45 extra. Sonntag, den 12. August 1888. BENERT Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 „. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Arbeitsteilung und Genossenschaftsleben im Pflanzenreich. Von Dr. F. G. Kohl, Privatdocent in Marburg. Den freundlichen Leser ersuche ich, mit mir auf kurze Zeit einzutreten in eine grossartige Werkstatt, gefüllt mit Legionen emsiger Arbeiter. Man fürchte nicht sinnverwirrendes, nervenangreifendes Geräusch, sondern ‘lasse sich im voraus versichern, dass diese Werkstatt den Vorzug vor anderen hat, dass in ihr eine fast lautlose Stille herrscht, es sei denn, dass etwa die schwere Bürde oder ein heftiger Windstoss einem alten Arbeiter ein Stöhnen abpresst, oder dass ein Geräusch wie Blättersäuseln heimliches Zwiegespräch verrät oder dass reife Früchte mit Knall die samen- bedeckende Hülle zersprengen. Sonst kein Ton, der von den Arbeitenden selbst herrührte. Die Werkstatt, in die mich zu begleiten ich bitte und von deren Einrichtungen ich einige von einem besonderen Standpunkte aus hier auseinanderzusetzen versuchen will, ist, es wird längst erraten sein, die Natur, soweit sie von Pflanzen belebt ist. Welche sind die Erzeugnisse dieser Werkstatt, fragt man mich vielleicht beim Eintreten? — Es sind nicht nur die das menschliche Auge entzückenden, duftspen- denden Blüten, nicht nur die gaumenletzenden Früchte, die Kleidung liefernden Fasern oder die zum Bauen ver- wendeten Hölzer, sondern diese und alles Organische, mit einem Wort die gesamte organische Substanz, welche wir auf dieser Erde kennen, welche fortwährend produziert wird und in den mannigfachsten Formen in die Erscheinung tritt, die organische Substanz, welche im eigentlichsten Sinne des Wortes „das Weltgetriebe erhält.“ . Die Rohmaterialien, aus welchen sie bereitet wird, sind die Kohlensäure der Atmosphäre und das Boden- wasser mit seinen Mineralsalzen, die winzig kleinen Maschinen, welche die Rohstoffe verarbeiten, sind grüne Plasmakörperchen, Chlorophylkörner, die sich in den Blattzellen der Pflanzen angehäuft finden, und die treibende Kraft ist die Energie des Sonnenlichtes. Der Kohlenstoff der atmosphären Kohlensäure wird durch die mechanische Kraft der Lichtwellen vom Sauerstoff losgerissen und mit den Elementen des Bodenwassers vereinigt zu Stärke, welche in Form mikroskopisch-kleiner Körnchen mit Leichtigkeit in den Chlorophylkörnern ge- sehen werden kann. Aus dieser Stärke gehen alle Bestandteile des Pflanzenkörpers hervor; jeder neue Spross, jedes junge Blatt, jede Frucht, jede Holzfaser entsteht in letzter Linie aus der in den Blättern erzeugten Stärke, denn diese wird, kaum gebildet, verflüssigt und als Zuckerlösung überall hingeleitet, wo die Pflanze an ihrem Körper baut oder zu späterer Verwendung in irgendeinem Reservestoffbehälter abgelagert. Man liebt es, die Bedeutung des Wassers im Haus- halt der Natur zu veranschaulichen, indem man die ein- zelnen Phasen seines ewigen Kreislaufs kennzeichnet. Auch der Kohlenstoff zeigt mutatis mutandis solchen Kreislauf. Anfangs gasig, ein Bestandteil der Atmosphäre wird er durch die mechanische Kraft des Sonnenlichts und die Thätigkeit des Blattgrüns der Pflanzen in or- ganische Substanz verwandelt, aus welcher die Pflanze zunächst ihren Körper aufbaut. Hat die letztere den Gipfel ihrer Entwicklung erreicht, so stirbt sie ab und ihre Leiche verwest, wenn Luft zutreten Kann, sie ver- 154 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. kohlt, wenn diese fehlt. Im ersten Fall wird der Kohlenstoff der organischen Substanz langsam wieder zu Kohlensäure verbrannt und der Atmosphäre zurück- gegeben, im letzteren bleibt er in dem Torf, der Braun- oder Steinkohle so lange in der Erde deponiert, bis der Mensch diese ausgräbt, um sie in seinen Oefen zu ver- brennen. Auch hier wird wieder Kohlensäure erzeugt, rascher als dort, und in die Luft geführt und die mit Recht so gehassten Schornsteine sind Kanäle, welche die vieltausendjährige Vegetation vergangener Zeiten mit der heutigen verbinden, denn dieselben Kohlenstoff-Atome, welche vor tausenden von Jahren aus der Atmosphäre in die damalige Pflanzenwelt übergingen, strömen jetzt dem Luftmeer wieder zu. Doch nicht immer ist die ‘Wanderung des Kohlenstoffes eine so kurze. Nicht alle Pflanzen sterben eines natürlichen Todes. Menschen und Tiere vernichten bei einer einzigen Mahlzeit grosse Mengen von Pflanzenleben, ja sie bauen aus Pflanzen- stoffen ihren ganzen Körper auf, stammt doch das Fleisch, welches sie neben Vegetabilien geniessen, zuletzt immer von Pflanzenfressern her. Nur einen Teil des ver- schluckten Kohlenstoffs atmen sie als Kohlensäure wieder aus, wenn Tier und Mensch nicht mehr atmen, geben sie der Erde zurück, was sie auf die Dauer ihres Lebens von ihr geliehen, darunter allen nicht bereits veratmeten Kohlenstoff. Man sieht, welche eminent wichtige Rolle die Pflanzen in diesem Kreislauf des Kohlenstoffs spielen. Ihre grünen Blätter, mit denen sie das Sonnenlicht auf- saugen, sind die Werkzeuge, die unermesslichen Mengen des gasförmigen Kohlenstoffs gleichsam zu condensieren, damit er in fester Form in's Leben eintrete. Doch nicht alle Pflanzen haben grüne Blätter. Auch nicht alle Gewächse sind in dieser Weise aktiv und selbstschöpferisch. Es giebt unter ihnen auch Raubgesindel, zu eigenem Schaffen unfähig, im Verborgenen oft auflauernd, selbst den Mord nieht scheuend, um die Beute auszuplündern. Diesen Gesellen der Finsternis ist der Stempel der Ver- worfenheit gleichsam auf die Stirn gedrückt. Sie prangen nicht im grünen Gewand; sie sind meist von bleicher Farbe, ihr spinnewebartiges Fadengeflecht schleicht oft im Dunkeln dahin, lebende Organismen zu befallen — dann nennen wir sie Parasiten, — oder in bereits ab- gestorbenen Pflanzen und Tieren ihre Nahrung zu suchen (Saprophyten). Der Verlust des Chlorophylis, welches auch sie früher besassen, ist die Strafe ihrer Trägheit und die Ursache ihrer jetzigen Unselbständigkeit und dependenten Stellung. Ihnen ist im Laufe der Zeit die Fähigkeit, organische Substanz zum Aufbau ihres Körpers sich selbst zu bereiten, abhanden gegangen, sie müssen fertige organische Substanz in sich aufnehmen, Stoffe, welche im Körper eines Tieres oder einer Pflanze noch dienen oder gedient haben. — Die soziale Stellung dieser farblosen Geschöpfe des Pflanzenreichs ist sehr ver- schieden. Viele sind herabgesunken zu bedeutungslosen Kreaturen, denn kurz, kaum einen Tag mitunter, ist ihr Dasein, unschädlich aber auch nutzlos ihr Leben. Das Pilzreich weist genug derartiger Eintagsfliegen auf ! Viele (voran ein grosser Teil der Bacterien) sind verderbliche Feinde anderer Lebewesen geworden, sie töten und vernichten alles, was sie befallen, sie kämpfen und besiegen meist, sie schwärzen das Pflanzen- blatt, sie machen dem Fisch das Atmen schwer, sie ver- giften den Kuss, sie lassen die Lungen erkranken, sie fliegen wie die apokalyptischen Reiter von Land zu Land, Pest, Hungersnot, Tier- und Völkersterben im Gefolge. Vielen endlich, und sie sind es, welche uns hier zu- nächst interessieren, ist ein Wirkungskreis bestimmt, der ihnen eine, wenn auch völlig verschiedene, doch nicht minder grosse Wichtigkeit verleiht, als ihren grünen Genossen. Sie haben eine Arbeit zu verrichten, durch welche sie in eine Art Antagonismus zu den grüngefärbten Pflanzen treten und es dokumentiert sich hier eine Arbeitsteilung im Pflanzenreich von fundamentaler Bedeutung. Die gesamte Naturordnung ist darauf ge- gründet, dass die Körper, in welchen das Leben erloschen ist, der Auflösung anheimfallen, damit ihre Bestandteile neuem Leben dienstbar werden können. Die Seelen- wanderung der alten Indier, Aegypter und Griechen ist ein Mythus, die Stoffwanderung ist eine längsterkannte naturwissenschaftliche Thatsache, sie ist eine unabänder- liche Notwendigkeit, weil die Masse des Stoffes, welcher sich zu Lebewesen ausgestalten kann, auf Erden be- schränkt ist. „Neues Leben blüht nur aus Ruinen!“ Den in Rede stehenden pflanzlichen Wesen ist nun die grosse Aufgabe zuerteilt, jeden abgestorbenen Tier- und Pflanzenleib wieder zur Erde werden zu lassen, von der er genommen. Brauche ich wohl zu sagen, dass die Bacterien zum Teil und die Gährungspilze es sind, die hier in Frage kommen. Man pflegt sie wohl auch Spalt- und Sprosspilze zu nennen, weil sie sich, um sich zu vermehren, fort- gesetzt spalten; auch ihre Thätigkeit müsste ihnen diesen Namen einbringen, denn sie spalten fortwährend, sich selbst ernährend und vermehrend, die komplizierten Verbindungen ihrer Substrate in einfache und bewirken und beschleunigen den totalen Zerfall der letzteren und helfen in hervorragender Weise den sozusagen leben- digen Kohlenstoff als toten der Atmosphäre wieder ein- verleben, damit er von neuem seinen Kreislauf beginne. Kann man wohl einen grösseren Gegensatz denken, als ihn die grünen Pflanzen und genannte Pilze in ihrer Lebensarbeit aufweisen. Jene bauen zeitlebens aus Ele- menten organische Substanz auf, diese sind ununter- brochen thätig, letztere wieder in ihre Elemente zu zer- legen, eine Arbeitsteilung, deren Bedeutung ohne weiteres einleuchtet. Betrachtet man einen jener Spaltpilze unter dem Mikroskop, so findet man nichts weiter als ein mit farb- losem Plasma erfülltes Zellhautbläschen. Alle Lebens- einrichtungen, (Ernährung, Stoffwechsel, Fortpflanzung) Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 155 rer ESS gehen in dem einen Plasmatröpfehen vor sich, das in der sie einschliessenden Zellwand eine genügende Stütze hat. Jede Zelle ist ein Individuum, sorgt allein für sich und schenkt nach kurzem Dasein seinen Leib seinen Kindern. Anders, wenn wir eine hochentwickelte Pflanze unter- suchen. Ein vielzelliges Gebilde liegt vor uns, ein Ganzes, wie jeder Vogel, jeder Käfer, jeder Fisch ist, und doch himmelweit von diesen verschieden. : Der tierische Körper ist (mit wenigen Ausnahmen) ein einheitliches, unteilbares Ganze, zusammengesetzt aus Organen, welche — sit venia verbo — gezählt sind. Nur durch ihre Wechsel- wirkung erhalten sie das Leben des Ganzen wie ihr eigenes. Aus dem Verband gelöst atmet die Lunge nicht, hört das Herz auf zu schlagen, leitet der Nerv, zuckt der Muskel nieht mehr. Anders bei den Pflanzen! In viel loserem Zusammenhang stehen ihre Glieder, die wir freilich auch Organe nennen. Wir können vom Baum viele Blätter reissen, viele Zweige und Aeste ab- schneiden, das übrige lebt weiter; wir können eine Weide über der Wurzel abhauen, der zurückgebliebene Stumpf treibt neue Sprosse, wir können die wurzellose Krone in feuchte Erde setzen, sie bewurzelt sich wieder. Eine Zweigspitze, ein Stück Blatt, ja oft nur ein paar Zellen oder gar nur eine einzige ist lebens- und entwicklungs- fähig. Das Tier ist ein einheitliches Wesen, dessen Glieder nur Organe, nicht selbst Individuen sind; die Pflanze ist ein Organismus, dessen Organe selbst wieder Organismen darstellen. Es ist nicht neu, die Organismen mit Staaten zu vergleichen und ich würde mich dieser Vergleichung nicht bedienen, hätte sie nicht den Vorzug leichter Verständlichkeit, wenn sie auch hinkt. Thue ich es, so kann ich das Tier mit einem zentralisierten Einheitsstaat vergleichen, dessen Glieder von einem einzigen Willen beherrscht werden, die Pflanze aber mit einem freier organisierten Bundesstaate, dessen Bürger bei aller Hingebung an die Gesamtheit eine gewisse Selbständigkeit und Selbstverwaltung bewahrt haben. ‘Wie der Staatsbürger in berechtigtem Egoismus zunächst die Förderung seines eigenen Wohles im Auge hat, und damit zugleich fördernd in das Getriebe des Staats- organismus eingreift, so führt jede Pflanzenzelle (das ist der Bürger des Pflanzenstaates) ein individuelles Leben, hilft aber dadurch das Leben der Gesamtpflanze erhalten. Der Zellenstaat der Pflanze ist, wie der geistvolle Sozial- politiker Herbert Spencer gelegentlich sagt, nach dem Typus eines Industrietstaates organisiert, in welchem zahllose Arbeiter in demokratischer Gleichberechtigung nebeneinander thätig sind, wertlose Rohstoffe der toten Natur zu veredeln und in kostbare Erzeugnisse umzu- wandeln, nach dem Typus eines Staates, in dem wir das Prineip der Arbeitsteilung in ausgedehnter Weise in Anwendung finden. Die Zellen der Pflanze sind nicht ordnungslos in ihrem Körper zerstreut, sondern sie gruppieren sich je nach ihrer besonderen Befähigung zu dieser oder jener Verrichtung miteinander zu Verbänden, sie bilden Ge- webe, welche man eben nach ihren Verrichtungen zu sondern pflegt. Das Grundgewebe, das sich anatomisch scharf von allen übrigen unterscheiden lässt, repräsentiert den eigentlichen Arbeiterstand, den Nährstand. Grund- gewebezellen verrichten die ihnen vorhin charakterisierte Kohlensäurespaltung, sie erzeugen die organische Grund- lage der Pflanze, in ihnen gehen alle wichtigen Prozesse des Stoffwechsels vor sich, ohne welche die Wachstums- und Fortpflanzungsvorgänge unmöglich wären. Die Ele- mente eines anderen Gewebes, des Leitgewebes, übernehmen den Transport der Stoffe, sie verkörpern den Handel. Auf sinnreich gebauten Communications- wegen führen sie die organische Substanz von ihren Entstehungsorten den Blättern, zu den entlegensten Teilen des Pflanzenkörpers, das Bodenwasser mit den darin gelösten Mineralsalzen leiten sie von den äussersten Wurzelspitzen durch den Stamm hinauf in die Aeste, Zweige und Blätter, in welchen uns die Strombahnen, unendlich fein verzweigt, als „Nervatur“ entgegentreten. Aber kein Staat darf wehrlos sein, auch nicht der Zellenstaat.. Endlos ist die Reihe seiner Feinde; zahl- lose Pilzsporen suchen ihre Keimschläuche in ihn ein- zutreiben, trockene Luft strebt ihn auszutrocknen, Regen, schädliche Gase, Tiere bedrohen fortwährend seine Grenzen und so schafft sich denn jede Pflanze in seinem Haut- gewebe eine lebendige Mauer, einen festgeschlossenen Grenzkordon, einen Wehrstand, der in fortwährender Defensive verharrt. Die Zellen dieses Hautgewebes schliessen fest aneinander, so dass sie wie die Glieder einer tapferen Phalanx eher zerreissen als sich voneinander trennen lassen. Manche dieser Hautgewebszellen wölben sich nach aussen vor und werden zu Haargebilden, die einen dichten wärmenden und zugleich die Transpiration verringernden Filz zusammensetzen, andere erstarren zu scharfen Stacheln, die wie der Stachel der Biene, in die Haut des berührenden Feindes eindringen und oft noch ein scharfes Gift in die Wunde ergiessen lassen, welches unerträgliches Brennen verursacht. (Die Eoasaceen oder Brennwinden, und unsere Nesselgewächse!). Nach Bedaıf wird die Oberhaut widerstandsfähiger gemacht durch Ver- kieselung und Verkorkung ihrer Zellen, das Hautgewebe vermehrt die Zahl seiner Zellschichten und wird zum Korkmantel, der vor unseren Mänteln den unschätzbaren Vorzug hat, dass er mit dem Träger fortwächst! Allein ganz abgeschlossen darf das Innere der Pflanze durch die Oberhaut nicht sein, denn die Pflanze will atmen und sich dadurch wie das Tier seine Lebenswärme er- zeugen, sie will ferner kohlensäurereiche Luft in sich aufnehmen, sie muss durch ihre oberirdischen Organe fortwährend Wasser in Dampfform abgeben, damit neues Bodenwasser von unten herin sie eintreten könne. Dazu ist der Zellenpanzer von kleinen Oeffnungen, Spalt- öffnungen (stomata), durchbrochen, welche die Zwischen- zellräune der Pflanze mit der Aussenluft verbinden, oder durch ein Zellenpaar wie durch Thorflügel geschlossen werden können; den T'horwächter spielt das Sonnenlicht. 156 Jeder auffallende Sonnenstrahl öffnet schnell die mikros- kopisch-kleinen Eingänge, bei Dunkelheit werden sie wie die Thore mittelalterlicher Städte geschlossen. Bis 700 solcher kleiner Pforten auf 1 qgmm Blattfläche hat man bei manchen Pflanzen gezählt, kein Wunder deshalb, dass sie trotz ihrer Kleinheit eine beträchtliche Gesamt- arbeit leisten, kein Wunder aber auch, dass durch sie viele Feinde, besonders Pilze, ihren verderbenbringenden Eintritt nehmen. Trotz dieser nur flüchtigen Skizze sieht man schon an diesen einfachen, beliebig heraus- gegriffenen Beispielen, wie das Prinzip der Arbeits- teilung in jedem Zellenstaate zum Ausdruck kommt, aber es ist, so klar es auch entgegentritt, nicht das einzig herrschende Prinzip, sondern es ereignet sich oft, dass es mit anderen in Konflikt gerät — davon ein Beispiel. Die Natur hat etwas von einer „Ober- rechnungskammer“, sie sieht in ihren Gesamt- und kleinen Einzelstaaten auf möglichste Sparsamkeit, so dass wir überall auch im Pflanzenreich auf Erscheinungen treffen, welche der Pflanzenphysiolog unterordnet dem Prinzip Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. des geringsten Materialaufwandes. Es wird ge- spart, wo es geht, und so kommt es, dass ein Gewebe ausser seiner Hauptfunktion auch noch Nebenfunktionen aufgebürdet erhält: ad exemplum. Das Leitgewebe hat, wie der Name sagt, den Hauptzweck, Stoffe zu leiten, aber gewissen Elementen desselben kann zugleich die Festigung des Pflanzenkörpers übertragen sein. So wie im vorliegenden Falle gerät das Prinzip der Arbeitsteilung oftmals mit anderen den Zellenstaat be- herrschenden in Konflikt, aber auch da, wo es beein- trächtigt und zu Gunsten eines anderen in den Hinter- grund gedrängt wird, drückt es doch der ganzen Pflanze das Gepräge auf. An jeder Pflanze, mag sie am Grund der Gewässer vegetieren, wie die Meeresalge, mag sie stolz ihren Scheitel in den Luftraum erheben, wie der Eichbaum oder haltlos andere Gewächse umschlingen, wie die Liane des Urwalds, an jeder finden wir das Prineip der Arbeitsteilung in allen Abstufungen ver- wirklicht. (Schluss folgt.) Ueber einen neuen Fernsprechapparat. Von A. Gutzmer. Die jetzt allgemein in Gebrauch befindlichen Fern- sprechapparate sind bekanntlich so eingerichtet, dass man sich einer (oder zwei) Hörmuschel zum Empfangen der Worte, als Empfänger, be- dient, während man zum Sprechen ein an der Wand fest angebrachtes Mikrophon be- nutzt. Bei dieser Anordnung ist es viel- fach, namentlich bei häufigem Gebrauch, wie auf den Vermittlungsämtern, als eine grosse Unbequemlichkeit empfunden worden, dass man sich erst zu dem feststehenden Apparat begeben und zum Sprechen eine bestimmte Stellung einnehmen muss. Ein Apparat, welcher diese Unbequem- lichkeiten besei- tigt, ist daher mit Freuden zu be- & grüssen. Der von “ z, der Firma Mix & Genest zu Berlin Fig. 1 hergestellte transportable Fernsprechapparat mit Mikrophon entspricht den gestellten Forderungen vollkommen. Der- selbe ist auf verschiedenen Vermittlungsämtern Deutsch- lands, in Berlin, Hamburg u. s. w. erprobt und als sehr brauchbar befunden worden, und da dieser Apparat nicht nur für die Vermittlungsbeamten äusserst bequem und bei denselben bereits vielfach in Gebrauch ist, sondern auch für private Zwecke, bei Luftschiffahrten, in Krankenzimmern u.s. w. grosse Bequemlichkeiten bietet, so dürfte eine Be- schreibung desselben das Interesse unserer Leser finden. Der neue Fernsprechapparat von Mix & Genest vereinigt das Mikrophon und das Hör-Telephon zu einem Ganzen und gestattet, denselben in jeder beliebigen Lage zu benutzen, ohne die Klarheit und Deutlichkeit zu be- einträchtigen. Fig. 1 stellt einen Schnitt durch diesen Apparat dar und zeigt die innere Einrichtung desselben. Unten sieht man zunächst das Mikrophon. Zwischen dem Mund- stück F' und der Messingdose D ist die Membran m ein- geklemmt, und zwar ist dieselbe aus Tannenholz her- gestellt und durch Lackanstrich gegen den Einfluss der Feuchtigkeit geschützt. Die so verfertisten Membranen haben sich sehr gut bewährt, während die aus künst- licher Kohle hergestellten Membranen ähnlicher fran- zösischer Apparate leicht zerbrachen. Auf der Membran m sind die beiden Kohlenlager d D angebracht, zwischen denen sich die Kohlenrolle X befindet, welche durch eine Bremsfeder f gegen die Membran gepresst wird. Die beiden Kohlenlager b db stehen mit den Stromzuführungs- drähten in Verbindung. Dieses Mikrophon ist auf dem Messingbügel € angebracht und kann in einem Schlitz desselben verschoben werden. Der Bügel C trägt an seinem oberen Ende zugleich den Empfänger. Die Hör- öffnung O und die aus Eisenblech gefertigte Membran N x befinden sich in der Messingbüchse Z, welche ihrerseits durch ein auf der Innenseite befindliches Muttergewinde auf die Platte R aufgeschraubt ist. Dieses Gewinde ermöglicht zugleich eine Regulierung des Telephons durch Annäherung bezw. Entfernung der Membran N von den Magnetkernen, während mittels eines kleinen Druckhebelss die gefundene Stellung fixiert werden kann. dem durch Schrauben ermöglicht, die Entfernung der Schliesslich ist um den Messingwinkel € und um den Hufeisen- ‘'magneten h h ein Handgriff A angebracht und ausser ne Velen Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 157 Telephonöffnung O0 vom Bügel € der Kopfform ent- sprechend zu verändern. Zur vollständigen Ausrüstung des Fernsprech- apparates gehören nun noch Wecker, Taster, Induktions- N Fig. 2 rolle, Umschaltvorrichtung und Blitzfänger. Dieselben sind | welches auf dem Tische angebracht ist und entweder direkt oder durch Vermittlung eines Apparates, der sich auch in einem anderen Zimmer befinden kann, an das Fernsprechnetz angeschlossen ist. Diese Anordnung ist sehr bequem und ermöglicht in einem Schränkchen untergebracht, wie es Fig. 2 zeigt. |. die Benutzung des Telephons vom Tisch, Krankenbett Eine andere Anordnung stellt Fig. 3 dar. Der ge- samte Zubehör befindet sich in einem zierlichen Kästchen, u. s. w. aus, eine Annehmlichkeit, welche dem neuen Instrument eine grosse Verbreitung sichern wird. Kleinere Mitteilungen. Ueber giftige Fische der Marschall-Inseln macht Dr. Johannes Müller einige Bemerkungen in der „Gaea“ (V. Heft 1888). — Das Interesse, sagt Dr. Müller, welches in den letzten Jahren die Miesmuschel genommen hat, sowie die von Zeit zu Zeit immer wieder auftretenden Vergiftungserscheinungen, die besonders bei den Muscheln vorkommen, die an bestimmten Orten gefunden werden, während sie an anderen Stellen vollkommen harmlos sind, erinnern mich an einige ähnliche Erfahrungen, die ich vor einigen Jahren auf den Marschalls-Inseln in der Südsee, einer Inselgruppe nordwestlich der Samoa-Inseln, machte. Es soll dort mehrere Arten giftiger Fische geben, doch gelang es mir in Jaluit, der Hauptinselgruppe, nur einen zu bekommen, den die Eingeborenen „Langi“ nennen. Er ist etwa 2° lang, hat grosse Aehnlichkeit mit der Makrele. ist aber breiter, silbergrau und mit rötlichen Flecken besetzt, wahrscheinlich eine Carauxart. Das Gift scheint, ebenso wie bei der Miesmuschel, nicht dem Fische selbst eigentümlich zu sein, sondern durch äussere Umstände erst in ihm hervorgebracht zu werden. So isst man z. B. denselben Langi, vor dem sich die Eingeborenen von Jaluit so sehr fürchten, ganz unbedenklich in dem etwa 180 Meilen entfernten Ponape auf den Karolinen. InEbon und Namrik, dicht bei Jaluit, ist der Langi die einzige giftige Art, und wird dieser auf letzterer Insel noch da- durch unschädlich gemacht, dass man ihn lebendig aus dem Seewasser in brakiges, d. h. mit Süsswasser vermischtes Seewasser, setzt, wie es an Bachmündungen vorkommt. und dort etwa vier Wochen lässt. Auch soll eine Art Fische in Jaluit nur in der Lagune selbst giftig, im freien Meere dagegen ganz unschädlich sein. Ein englischer Marinearzt, mit dem ich über diese Eigentümlichkeit damals sprach, führt dieselbe auf den Kupferbesehlag der hölzernen Kauffahrtei- schiffe, an dem die Fische sich selbst vergifteten und dann durch ihr Fleisch wieder Jntoxikationserscheinungen bei andern hervorbrächten, zurück. Aber wenn es auch richtig ist, dass die Fische in jenen Gewässern auffallend viel mit der Schnauze an den Schiffswänden gewissermassen knabbern, wahrscheinlich um die denselben anhaftenden Weichtiere abzusuchen, so ist doch diese Erklärung entschieden un- zutreffend, da einerseits alsdann in jedem besuchten Hafen, in dem viele kupferbeschlagene Schiffe liegen, auch giftige Fische vorkommen müssten, andererseits aber die Vergiftungserscheinungen denen der Kupfervergiftung entsprechen müssten, was keineswegs der Fall ist. Viel einfacher erklärt sich diese Erscheinung aus dem Stagnieren des Wassers in dem von Korallenfelsen rings umgebenen Hafen. Herr Professor Naunyn nimmt an (s. Med.-Centralzeitung 1883, S. 1295), dass „die eigenartige Verwesung, welche die Fische giftig macht, nur da vorzukommen scheint, wo durch Kochen, Salzen oder Marinieren der eigentlichen Fäulnis vorgebeugt wird“. Dieser Ansicht widersprechen die Fälle, welche mir aus Jaluit bekannt sind. Vielmehr war hier stets dem gewöhnlichen Verwesungsprozess die Schuld beizumessen, besonders wenn die Eingeweide längere Zeit in Kontakt mit dem Fleisch geblieben waren. In einem Falle bekam die deutsche Bark „Tarquin“ abends einige Fische, welche bis zum nächsten Morgen unausgenommen auf Deck liegen geblieben und erst dann gekocht wurden. Es erkrankten alle Teilnehmer an der Mahlzeit. der Kapitän, beide Steuerleute, drei Matrosen und ein Hund. An Land dagegen wurden Fische desselben Fanges. die sofort zubereitet waren, ohne Schaden genossen. Ob freilich die Fische auch alle an derselben Stelle der Lagune gefangen waren, ist nicht ermittelt worden, ebenso wenig, welcher Art die Fische gewesen waren; um den berüchtigten „Langi“ handelt es sich jedenfalls nicht. In einem Falle wurden gebackene Fische gut vertragen, wo- gegen einige Enten, welche die Eingeweide, Köpfe ete. frassen, schwer erkrankten. Auch die Eingeborenen sind der Ansicht, dass das Gift haupt- sächlich in den Eingeweiden liest und von hier aus sich nach dem Tode in das Fleisch verbreitet und dokumentieren dies auch dadurch, dass sie sofort nach dem Fangen jedem für ihren eigenen Gebrauch bestimmten Fisch den Bauch aufbeissen und die Därme heraus- nehmen. Was die Symptome betrifft, so haben dieselben grosse Aehnlich- keit mit _Alkoholintoxikation. Die Eingeborenen, welche ausser den giftigen Fischen kein anderes Gift kennen, denn es giebt weder eiftice Tiere noch giftige Pflanzen auf den Marschall-Inseln, haben daher für Vergiftung und Rausch nur das eine Wort „garek“. Die Erscheinungen beginnen mit Kribbeln in den Fingern und Zehen, dann Schwäche in den Knieen, heftige Angina, intensiv ge- rötetes Gesicht, glänzendes Auge, Wanken und Delirien, welche 24 Stunden bis vier Tage währen. Eine Eigentümlichkeit ist es auch, dass der Vergiftete niemand wieder erkennt, während sonst 158 Naturwissenschaftliche "Wochenschrift. Nr. 20. das Gedächtnis nicht-zu leiden scheint; der oben erwähnte Hund, der am schwersten betroffen war, erkannte noch nach fünf Tagen selbst seinen Herrn nicht wieder, trotzdem man sonst nichts auf- fälliges an ihm mehr merkte. Tod ist niemals beobachtet worden. Trotzdem müssen die Wirkungen des Giftes auf das Central-Nerven- system doch zeitweilig recht heftig gewesen sein: so leben z. B. in Ponape zwei Europäer, die sich vor ‚Jahren in Jaluit an Fischen vergifteten, und von denen der eine taub ist, der andere Facialis- lähmung behalten hat. Als Antidot verwenden die Eingeborenen die Luftwurzeln des Pandanus, welche sie mit einigen anderen Wurzeln zusammen kauen und dann ausdrücken. Ueber die Aufgaben grosser zoologischer Landes- museen schreibt Dr. H. Dewitz im „Zoologischen Anzeiger“ (Nr. 281, 1888): Wohl jeder bedeutendere eivilisierte Staat besitzt ein grosses zoologisches Landesmuseum. Freilich sind die meisten noch weit davon entfernt, allen Anforderungen genügen zu können. Welches sind die Aufgaben eines solchen Museums”? Es soll dahin streben, alle auf der Erde sich findenden Tier- species nebst Jugendstadien zusammenzubringen, dieselben, so weit es möglich ist, mit Namen versehen, und in leicht übersichtlicher Weise in systematischer Anordnung aufstellen, damit Gelehrte ihre Studien an einem möglichst vollständigen Material zu machen im Stande smd. Nie werden wir ein erschöpfendes System erhalten, so lange wir nicht alle Arten beisammen haben. Fragen über Abstammung und Verwandtschaft erörtern, wenn man nur aus jeder Gattung eine oder einige Arten vertreten hat, die nächstverwandten Arten dagegen fehlen. Was das jedoch besagt, alle auf der Erde sich findenden Arten zusammenznbringen, weiss nur der zu beurteilen, welcher jahrelang im Dienste eines solchen Museums gestanden hat. Bekannt sind*) 25,000 Wirbeltiere, 16,000 Schnecken. 5,600 Krebse, 5,500 Würmer und 200,000 Insekten, Summa 252,100, wovon vier Fünftel auf die Insekten entfallen. Dazu kommt, dass von letzteren nicht mehr als die Hälfte der vor- handenen Arten beschrieben ist. Dass eine geringe Anzahl von wissenschaftlichen Beamten nicht im Stande ist, derartige Massen zu bewältigen, ist selbstverständlich. Weniger als zwanzig dürfte kein grosses Aluseum besitzen, wovon natürlich, wie obigen Ziffern zu entnehmen ist, die Hauptzahl der entomologischen Abteilung zukäme, denn man denke nicht. dass ein kleines Insekt leichter zu bestimmen ist und eine weniger komplizierte Organisation besitzt als ein grosser Vogel. Ausserdem müssen Gruppen von Tieren an Specialisten zur Bestimmung gesandt werden. da ein Mensch auch ein Zwanzigstel der gesamten Artenzahl nicht zu beherrschen vermag, zumal die Beamten einen grossen Teil ihrer Zeit zur Beantwortung mannigfacher Anfragen verwenden müssen und durch den Verkehr mit dem Publikum bedeutend in Anspruch genommen werden. Die meisten Leute und selbst Zoologen von Fach, wissen nicht, welche Anforderungen von seiten des wissen- schaftlichen wie des Laienpublikums an ein solches Museum gestellt werden. läutern. Land- und Forstleute bringen oft genug schädliche Insekten zur Bestimmung und wünschen genaues über die Lebensweise und Verwandlung zu erfahren. Forstakademien, zoologische Gärten und Aquarien nehmen die Hilfe des Museums in Anspruch. Gelehrte bitten um Auskunft über bestimmte, sich im Museum findende Arten. Von Privatsammlern. kleinen Museen und Reisenden, welche vom Staat oder einer wissenschaftlichen Gesellschaft zur Brforschung eines Landes ausgesandt wurden, laufen Kollektionen zum Bestimmen ein, die leider meistens zurückgewiesen werden müssen, da die Arbeits- kräfte in den grossen Museen lange nicht ausreichen. Ein hervorragender Arzt hat in seiner Klinik einen Patienten, welcher eine grosse Menge Fliegenmaden von sich gab. Der Arzt wünscht Angaben über Namen und Lebensweise der Tiere. da der Fall ein medizinisch interessanter ist. Ein anderer Arzt schickt beim Menschen schmarotzende Dipterenlarven aus Brasilien zur Be- stimmung ein. Es ist eine Perle mit der Frage eingesandt, ob dieselbe aus Knochen oder Korallen gefertigt sei. Selbstverständlich ist zur Be- antwortung nötig. dass mikroskopische Dünnschliffe angefertigt werden. welche man mıt Knochen- und Korallenschlitfen vergleicht. Es hat sich zwischen einem entomologischen Verein und einem Insektenhändler ein harter Kampf entsponnen, ob eine schwarze Aber- ration eines Schmetterlings (Aglia tau) echt oder gefälscht (durch Russ geschwärzt) sei. Das Museum wird als Sachverständiger von dem geschädigten Insektenhändler angerufen. Dass sich das Museum mit derartigen Fragen beschäftigen muss und den Fragesteller nieht einfach abweisen darf, ist klar. Wie kann nun aber jemand dieser Frage näher treten ohne Anwendung des Mikroskopes und von Chemikalien. So ereignete es sich auch in diesem Falle, dass die Es sei mir daher gestattet, dieses dureli Beispiele zu er- *) Dalla Torre und Knauer, Handbuch der Zoologie. Wie will man erfahrenen Sammler des Vereins trotz ihres geübten Blickes das dunkle Stück für gefälscht erklärten, während durch mikroskopische- Untersuchung die vollständige Behtheit erwiesen wurde. Von anderer Seite laufen Anfragen über Krebspest, Vogelschutz, Eingeweide- würmer und andere dem Menschen und den Tieren schädliche Ge- schöpfe ein. Gelehrte halten sich oft wochenlang im Museum auf, um an irgend einer Gruppe Studien zu machen, was den betreffenden Beamten viel zu thun giebt. Schon die wenigen oben angeführten, nur aus der Praxis ge- nommenen Fälle werden beweisen, dass an das Museum die ver- schiedensten, die zoologische Forschung betreffenden Fragen gerichtet werden, und wie nutzbringend dasselbe wirken kann. Mit der systematischen Sammlung ist eine zootomische zu ver- binden. Dass ein zoologisches Museum nicht allein die ganzen Tiere, sondern auch Präparate von äusseren und inneren Teilen zu sammeln hat, dürfte allgemein anerkannt werden, denn abgesehen davon, dass bereits in vielen Gruppen zootomische Merkmale als systematische Charaktere verwandt werden, können wir bei dem heutigen Stande der Wissenschaft noch gar nicht absehen, in wie weit dies dereinst der Fall sein wird. Ja sogar histologische Merkmale dürften unter Umständen mit Erfolg verwandt werden.*) Auch muss es eine Stätte geben, an der Zootomen ein reichhaltiges Vergleichsmaterial vorfinden. Natürlich ist es nötig, dass die Beamten oder wenigstens ein Teil derselben sich auch für diese Seite der Zoologie interessieren. Es überwiegt ja bei den meisten wissenschaftlichen Zoologen ent- weder das Interesse für Systematik oder für Anatomie und Physio- logie. Doch dürfte diese Erscheinung gerade günstig auf das Museum wirken; indem sich so die Neigungen und Fähigkeiten der einzelnen Beamten ergänzen. Ehenso wie die grossen Museen das reichhaltigste Material systematischen und zootomischen Forschern darbieten müssen, so wäre es auch ihre Aufgabe, jeden zu unterweisen, der sich in irgend- welchen, die zoologisch-zootomische Forschung betreffenden Methoden ausbilden will, sei es in der Konservierung ganzer Tiere, sei es im Anfertigen zootomischer oder histologischer Präparate. Viel Zeit und Mühe würde so manchem Forscher hierdurch erspart werden. Gleich wie den jungen Aerzten durch Einrichtung von Ferien- kursen Gelegenheit geboten wird, sich in den Kliniken weiter aus- zubilden, so müsste auch den jungen Lehrern höherer Schulen während ihrer Ferien Gelegenheit gegeben werden. sich in der Zoo- logie, sowohl nach der systematischen wie anatomischen Seite zu vervollkommnen, und dazu wäre ein grosses zoologisches Museum der richtige Ort. ‘ Endlich hätte das Museum Reisende auszubilden. Die Errungen- schaften der auf Staatskosten behufs Sammelns in ferne Länder ge- schickten Reisenden entsprechen in den wenigsten Fällen dem grossen Aufwande von Zeit und Geld, was hauptsächlich daran liegt, dass die Herren meistens gänzlich unvorbereitet die Heimat verlassen, in der Meinung, das Sammeln macht sich von selbst, wenn sie nur erst in Afrika oder Australien sind. Vollkommen recht hat Haacke,**) wenn er dafür spricht, dass die Doubletten an kleine Museen abgegeben werden sollen. Jedes kleine Museum schafft sich die Sachen selbst an, was dem Staat zehnmal so viel kostet. Natürlich erfordert das alles bedeutende Arbeitskräfte. So sehr es Aufgabe des Museums ist, jedem, der wissenschaft- liches Interesse besitzt, bei seinen Studien hilfreich zur Hand zu gehen, so hat es mit der Ausbildung der Studenten absulut nichts zu thun. Dieses fällt vielmehr den Universitätslehrern zu, welchen ja eigene zoologische Lehrinstitute zur Verfügung stehen. Doch sind diese ausschliesslich für die Studierenden bestimmt, so dass für das grosse zoologische Publikum eben andere Institutionen be- stehen müssen. Es ist eine sehr irrige Ansicht, wenn man glaubt, ein grosses zoologisches Museum wäre in erster Linie für die Stu- dierenden da. Letztere haben während ihrer Studienzeit vollaut damit zu thun, sich einen Ueberblick über das Gebiet der Zoologie anzueignen und müssen an einer kleinen, nur Gruppenvertreter ent- haltenden Sammlung lernen. Die Fülle eines grossen Museums er- drückt den Anfänger. Wäre es anders, so könnten Studierende ja nur da in der Zoologie etwas leınen, wo sich ein grosses Museum befindet. Die grossen zoologischen Lamdesmuseen müssen unbedingt Institutionen werden, wie sie His,}) anknüpfend an die zoologische Station in Neapel, auf der ‚Berliner Naturforscherversammlung schilderte: „Die zoologische Station in Neapel giebt ein Beispiel davon, was eine Anstalt, welche ausserhalb eines Universitätsver- bandes steht und die jeder Lehrverpflichtungr) ihres Personals *) Cf. R. Wagner, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1835. p. 314—320: „Die Anwendung histologischer Charaktere auf die zcologische Systematik.“ **) Biolog. Centralblatt VIII. Bd. 1888. Nr. 3. +) Tagebl. der 59 Vers. deutsch. Naturf. u. Aerzte. p. 263. +7) His meint die eines Universitätslehrers. DEN gr BA m a u u ll z, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 159 enthoben ist. für die Förderung wissenschaftlichen Lebens zu leisten vermag. In ihrer gegenwärtigen Organisation bildet sie eine Art von freier Akademie für Forscher und für Lehrer, eine Centralstelle des Wissensaustausches wie der Beobachtung, an welcher jeder zu schöpfen vermag, das ihm gerade not thut. Derartige freistehende Institutionen sind, wie ich glaube, berufen, im wissenschaftlichen Leben kommender Perioden eine. hervorragende Rolle zu spielen.“ Ein einfacher Versuch, welcher die Axendrehung der Erde beweist. — Die Umdrehung der Erde um ihre Axe wird bekanntlich experimentell hauptsächlich’ durch Benzenberg 's Fallversuche und die nach dem französischen Physiker Foucault benannten Pendelversuche bewiesen. Was die ersteren betrifft, so hatte schon Newton 1679 die östliche Abweichung der aus bedeuten- den Höhen fallenden Körper vorausgesagt. Einen neuen sehr ein- fachen Versuch zum Beweise der Rotation der Erde giebt die „Grazer Pädagogische Zeitschrift“: „Man nehme.“ so heisst es, „eine grosse Glasschale, fülle dieselbe beinahe ganz mit Wasser. setze sie auf den Boden eines Zimmers im Erdgeschosse, wo durchaus keine Störungen durch Luftbewegung oder sonstige Erschütterungen «z. B. draussen vorüberfahrende Wagen u. dgl.) stattfinden. Steht nach einiger Zeit das Wasser in der Schale scheinbar vollkommen ruhig. so pudere man mittels eines dünnen Läppchens eine dünne Schieht Bärlappsamen aut die Oberfläche des Wassers, jedoch rings- um nicht ganz bis an den Rand der Schale, wobei man höchst vor- sichtig sein muss, um das Wasser durchaus nicht zu bewegen, sonst muss man abermals abwarten, bis das Wasser wieder scheinbar ruhig steht. Ist nun die Bärlappsamenschicht gut geraten, dann streue ‘man, am besten mit einer zusammengefalteten Karte, einen Strich ‘von Kohlenpulver über die Mitte der Bärlappschicht. Alsdann legt man irgend einen Gegenstand an den Rand der Schale in der Rich- tung des Striches. um zu sehen, ob und wie der schwarze Strich von Kohlenpulver seine Lage verändert. Nach Verlauf von einigen Stunden wird man schon wahrnehmen. dass der schwarze Strich sich von rechts nach links, wie der Zeiger einer liegenden Taschenuhr, herum bewegt. und zwar stets nach derselben Richtung, welche der Drehung der Erde entgegengesetzt ist. Je näher an dem Pole, um so rascher findet die Umdrehung statt. Wie alles, was mit der Erde in Verbindung steht. sich mit derselben herumdreht, so thut es auch das Glasgefüss. Das in der Schale ruhende Wasser jedoch bleibt infolge seines Beharrungsvermögens ruhend in seiner Stelle und dreht sich nicht herum — daher die oben geschilderte Erschei- nung, welche wiederum nur durch die Axendrehung der Erde sich erklären lässt“. N K. Krug. Füllt man ein grösseres rundes Gefäss etwa halb mit Wasser, legt einen leichten Körper (eine Federpose oder dergl.) darauf und setzt nach eingetretener Ruhe das Gefäss in rotierende Bewegung, so bemerkt man bekanntlich, dass der schwimmende Körper bei gleichmässiger Drehung ziemlich lange seine Richtung unverändert beibehält. Aus diesem einfachen Versuche ergiebt sich gleichfalls, dass das Wasser seine Lage nicht ändert und sich nieht in rotieren- der Bewegung befindet. Wenn Quecksilber anstatt Wasser bei dem in der obigen Mitteilung beschriebenen Versuche verwendet wird, so muss derselbe unseres Erachtens bedeutend leichter gelingen. A.G. Litteratur. Dr. Wilhelm Zenker: Die Verteilung der Wärme auf der Erdoberfläche. Nach semer von der Academie des Sciences zu Paris gekrönten Preisschrift neu bearbeitet. Berlin, Julius Springer, 1888, 98 Seiten und eine Tafel. Preis 3 M. In dieser im einzelnen ebenso klaren, wie im ganzen über- sichtlich angeordneten Abhandlung unterzieht sich der durch seine unermüdliche Thätigkeit für die Verbreitung naturwissenschaftlichen Interesses in weiten Kreisen wohlbekannte Verfasser nicht ohne Glück der Aufgabe, an der Hand theoretischer Betrachtungen eine Dar- stellung davon zu geben, wie die Sonnenstrahlung in Verbindung mit der Atmosphäre der Erde die den verschiedenen Breiten zu- kommende Wärmemenge hervorbringt. Obwohl durch Ausstrahlung der Erdoberfläche in den Welten- raum ein Wärmeverlust stattfindet oder, wie sich Zenker ausdrückt, „die mittlere jährliche Wärmebilanz des Erdballes ein Defizit ergiebt“, ist dieser Verlust für kürzere Zeiträume ein so geringer, dass man auf Jahrtausende Ein- und Ausstrahlung als im Gleichgewicht be- findlich ansehen kann. Obwohl Zenker mit Recht bezweifelt. dass die der Erde von der Sonne zugesandte Wärmemenge in jedem Jahre konstant sei, wogegen viele Beobachtungen sprechen, nimmt er, so lange nicht dafür ganz zuverlässige Werte vorliegen, dieselbe als konstant an und behandelt zunächst die Sonnenstrahlung auf den Erdball als Ganzes. Nachdem bewiesen wurde, dass die Wärme- menge für beide Halbkugeln im Laufe des Jahres genau gleich sein muss, wird die Wärmemenge betrachtet, welche den verschiede- nen Breiten zugesandt wird, wenn die Luft nicht existierte, also das sogenannte solare Klima der Erde abgeleitet. Weitere mathematische Betrachtungen zeigen den Anteil, den die Atmosphäre an der Er- wärmung der Erdoberfläche nimmt, wobei die selektive Absorption, welche von Langley für die verschiedenen Strahlengattungen in der Atmosphäre festgestellt wurde, in Rücksicht gezogen wird. Für die Untersuchung, wie sich die der Sonne durch die Atmosphäre entzogene Energie in letzterer verteilt, bedient sich Verfasser im wesentlichen der Methode, welche von Clausius für die Verbrei- tung der Lichtstrahlen in der Atmosphäre angegeben wurde. Auch die schwer zu verfoleenden Reflexionen der Sonnenstrahlen an der Oberfläche des Meeres sind vom Verfasser in geistreicher Weise in Rechnung gezogen worden, um keinen Teil des Mechanismus der Lufterwärmung unberücksichtigt zu lassen; ebenso die Wärmewirkung der Dämmerung. Die erhaltenen Resultate werden nun zur Darstellung des wirk- lichen Klimas verwendet, indem die beobachteten Lufttemperaturen über dem Lande und der See mit den bereehneten Werten ver- glichen werden. Hierbei ergiebt sich die Notwendigkeit, die Temperaturen des Landes von denen des Meeres zu unterscheiden, da sie nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind, insofern die Erwärmung des Meerwassers bis in grosse Tieten Strömungen er- zeugt, welche die aufgenommenen Strahlenmengen weithin entführt, und grössere Wärmemengen in Breiten hervorruft, als ohne diese Beweglichkeit des Wassers dort zu erwarten wären. Zenker be- rechnet nun für die verschiedenen Breiten die solaren Landklimate und Seeklimate um aus der Vermischung dieser Wirkungen die wirk- lichen lokalen Verhältnisse zu rekonstruieren. Während das reine solare Seeklima in der ungeheueren Wasserwüste der südlichen Halb- kugel leicht zum Ausdruck kommt, ist es weit schwieriger eine Gegend von durchaus kontinentalem Charakter zu finden. Da das charakteristische Zeichen der Kontinentalität sich in der starken Temperaturschwankung vom Winter zum Sommer ausspricht, ergeben die von Zenker nach einer neuen Formel berechneten Linien gleicher relativer Temperaturschwankungen drei Punkte absoluter Kontinentalität, nördlich von ‚Jakutzk unter 65° n. Br., nördlich von Pecking unter 45° n. Br. und in der südlichen Hälfte der Sahara. Diese Linien geben mit etwas anderen Werten sogleich auch eine Karte der Kontinentalität, welche der Abhandlung beigegeben ist, bei welcher die Prozentzahlen der Karte bedeuten, dass die an einem bestimmten Orte zirkulierende Luft im Jahresmittel x°/, rein konti- nentaler (lokaler) Luft und (100—x)®/, reiner Seeluft desselben Breitengrades enthalte. Sodann wird noch der Begriff der „accessori- schen“ Temperatur eingeführt, um festzustellen, wie gross der rech- nungsmässig noch nicht genau darstellbare Betrag dieser Strömungs- wirkungen der Luft sein dürfte. Die plausiblen Werte derselben bestätigen die Annehmbarkeit der für die solaren Temperaturen theoretisch gefundenen Werte. Schliesslich zeigt der Verfasser noch, dass eine etwaige Aenderung der Sonnenstrahlung, eine Variation in dem Werte der sogenannten Solarkonstante in den Jahrestemperaturen der Tropenstationen etwa dreimal so stark hervortreten würde, als in den höheren Breiten, ein Prozent Zunahme derselben würde die Jahrestemperatur am Aequator um ca. 1,10 C erhöhen. Dr. Ernst Wagner. Karte des Grossherzogtums Baden. Chromolith. Fol. Preis in Leinw.-Karton 14 50 4. J. Bielefeld’s Verl. in Karlsruhe. Kelbe, W., Grundzüge der Massanalyse. gr. 8°. (VIIL, 136 S. m. Illustr.) Preis 4 # 50 3. G. Braun’sche Hofbuchhandlung, Verl.-Cto. in Karlsruhe. Marsh, H., Gelenkkrankheiten. Deutsche Ausgahe von W. Kinder- vater. 80%. (VII, 504 S m. Holzschnitten.) Geb. Preis 7 M. Arnoldische Buchhandlung in Leipzig. Masing, E., Die Luft in ihrem Einfluss auf unsere Gesundheit. 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Für den Inhalt der Inserate sind wir nicht verantwortlich, BL ME Bemerkung für die Leser: GERT TE RT EEE N REES RTERERGER Central-Anzeiger für Erd=- und Völkerkunde Wegweiser durch d. geograph. Litteratur alter u. neuer Zeit. Neueste Nachrichten für alle Freunde der Erdkunde. Unter Mitwirkung der Herren Professor Dr. K. W. v. Dalla Torre, Doz. a. d. Univ. Innsbruck; Dr. 0. Feistmantel, Prof. a. d. techn. Hoch- schule in Prag; Dr. Günther, Prof. d. Erdkunde a. d. techn. Hochschule in München; Dr. Jentzsch, Dir. d. geol. Provinzialmus. u. Doz. a. d. Univ. Königsberg; Dr. K. Keilhack, kgl. Bezirksgeol. in Berlin; Dr. 0. Krümmel, Prof. d. Erdk. a. d. Univ. Kiel; Dr 0. Lenz, Prof. d. Erdk. a. d. Univ. Prag; Dr. F. Regel, Doz. d. Erdk. a. d. Univ. Jena; Dr. Riggenbach, Doz. a. d. Univ. Basel; Dr. F. Wahnschaffe, kel. Landesgeol. u. Doz. a. d. Univ. Berlin u. a. herausgegeben von Dr. Paul Buchholz. Monatlich erscheint ein Heft von 1—2 Bogen. 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Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Adalbert von Chamisso. Am 21. August sind 50 Jahre seit dem Tode des Naturforschers und Dichters Adalbert von Chamisso, eigentlich Louis Charles Adelaide de Chamisso de Boncourt, verflossen. Seinen Haupt-Lebensberuf fand er bekanntlich in der Förderung der Botanik, und es soll daher hier diese Seite seiner Thätigkeit mit einigen Worten besprochen werden, die P. Ascherson*) bei Gelegenheit des hundertjährigen Geburtstages Chamissos veröffentlichte. Lassen wir an der Hand der schlichten Er- zählung des Freundes®*) die Scenen an uns vorüber- gleiten, wie der Jüngling zuerst auf dem Landsitze der geistreichen Frau von Sta&äl in Coppet in ihrem Sohne den ersten Lehrer in der Botanik fand, wie die lieblichen Gestalten der Alpenblumen sein Künstlerauge entzückten, wie die so geweckte Liebe zur Pflanzenwelt auch nicht erkaltete, als sein Lebensweg ihn wieder in die sandigen Gefilde der Mark Brandenburg führte! Diese Periode ist für die botanische Erforschung unserer Provinz bedeutungs- voll geworden. Derselbe Aufenthalt auf dem Itzenplitz- Friedland’schen Gute Cunersdorf bei Wrietzen, welcher den Peter Schlemihl entstehen sah, der seinen Verfasser mit einem Schlage zu einem berühmten Schriftsteller machte, gab auch durch die Bekanntschaft mit D. von Schlechtendal die erste Veranlassung zur Herausgabe eines Werkes, das den grössten Fortschritt bedeutet, den *) Vergl. Verhandl. des Botanischen Vereins der Prov. Branden- burg. Sitzung vom 28. I. 1881. * D. F. L. v. Schlechtendal, Dem Andenken an Adalbert von Chamisso als Botaniker. Linnaea XII. 1839. S. 93-112. die Erforschung unserer Landesflora je erfahren hat: die Flora Berolinensis et Mesomarchica, welche von dem Jüngeren der beiden Freunde verfasst, dem älteren ge- widmet ist. Der Name des Dritten im Bunde, des gräf- lichen Obergärtners F. Walter, der im Verein mit den beiden berühmteren Freunden damals begann, das mitt- lere Oderthal zu durchforschen, darf um so weniger über- gangen werden, als der einzige direkte Beitrag Cha- missos zur heimischen Flora, seine Adnotationes quaedam ad Floram Berolinensem €. S. Kunthii, als Anhang zur dritten Auflage von Walters Verzeichnis der auf den Friedländischen Gütern kultivierten Gewächse 1815 erschienen. In dieser kleinen, aber wertvollen Arbeit spricht sich bereits jene Vorliebe für Wasserpflanzen und speziell für die Gattung Potamogeton aus, die später (mit Schlechtendal) zu der bis jetzt umfassendsten und gründlichsten Bearbeitung dieser Gattung (Linnaea Bd. 11. S. 157— 231) führen sollte. Die Widmung der Schlechtendal'schen Flora giebt Chamisso den stolzen Titel des Weltumseglers. In. der That bewährten sich die Studien der Botanik und der verwandten Fächer, denen Chamisso seit 1812 an der Berliner Universität obgelegen hatte, aufs glänzendste auf der Reise um die Erde, welche er in demselben Jahre 1815 auf dem russischen Schiffe Rurik unter Führung des Kapitäns Otto von Kotzebue und in Be- gleitung des Zoologen Eschschholtz aus Dorpat antrat. Die Wecliselfälle dieser Reise sind durch seine meister- hafte Reiseschilderung jedem Gebildeten bekannt geworden. Von den vielen Ländern und Völkern, die der Reisende 162 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr 2r während der dreijährigen Fahrt kennen lernte, hat ihn keines mehr angesprochen als die kalten Gestade des nördlichen Stillen Oceans und des angrenzenden Eis- meeres, wo der Kotzebue-Sund und die Chamisso-Insel das Andenken der Reise für alle Zeiten bewahren, und wo er eine an das Gebiet seiner ersten botanischen Studien, die Alpenflora erinnernde Vegetation antraf, und die Südsee-Inselgruppen, namentlich Radak, wo er mit seinem Kadu ein Freundschaftsbündnis schloss, in das allerdings die Phantasie des Dichters idealisierende Züge hineingetragen haben mag, und Hawai, wo er prophetischen Blickes den Untergang der damals noch scheinbar in voller Lebenslust befindlichen aboriginen Kultur unter der tötlichen Berührung der europäischen Zivilisation verkündete. *) Nach der Rückkehr von dieser Expedition fand Chamisso in Berlin bald zwar eine bescheidene, aber seinen Wünschen und Neigungen entsprechende Stellung als „Gehilfe für das Fach der Botanik an den botanischen Anstalten“, in der er mit seinem Freunde v. Schlechten- dal, dem ersten Beamten des Kgl. Herbariums, an der ersten Finrichtung dieser schon damals unter den bota- nischen Museen eine hervorragende Stelle einnehmenden Sammlung thätigen Anteil nahm. Die Bearbeitung der reichen Pflanzenschätze, die er auf seiner Weltreise ein- geheimst, hat ihn, obwohl er zahlreiche Materialien un- eigennützig anderen Fachgenossen überliess, bis an sein Lebensende beschäftigt. Die meisten dieser Arbeiten, die wie fast alles, was er über Pflanzen veröffentlichte, in v. Schlechtendals Zeitschrift Linnaea erschienen, wurden in Gemeinschaft mit diesem Phytographen aus- geführt, indem die Freunde, „an einem Tische einander gegenübersitzend, Pflanzen untersuchten und beschrieben, wobei einer dem anderen durch seine Kenntnisse und Erfahrungen zu Hilfe kam; es war ein schönes, ruhiges Verhältnis.“ Nach Schlechtendals Berufung an die Universität Halle (1833) rückte Chamisso in dessen Amt am Herbarium ein und hat noch fünf Jahre die begonnenen Arbeiten, bei denen er, wie schon früher mit seinem Gefährten, die inzwischen eingegangenen Sammlungen aus verwandten Gebieten, namentlich von Schiede und Deppe aus Mexiko und von Sello aus Brasilien mit in den Bereich seiner Studien hineinzog, allein fortgesetzt. Ein von der vorgesetzten Behörde erhaltener Auftrag, eine Anzahl kleinerer Herbarien für Schulen zusammenzustellen, führte ihn dazu, die „Ueber- sicht der nutzbarsten und schädlichsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Norddeutschland vorkommen. Nebst Ansichten von der Pflanzenkunde und dem Pflanzen- *) Vergl. den gedankenreichen Vortrag von A. Bastian in der Februar-Sitzung der Berliner anthropolog. Gesellschaft 1881. reiche. Berlin 1827“ gleichsam als „Catalogue raisonne“ abzufassen, eine Arbeit, über die er sich in seinen Briefen mit unverdienter Geringschätzung ausspricht, da der allgemeine Teil manche gute Bemerkung enthält. Das Verhältnis des Dichters und des Naturforschers gestaltete sich bei Chamisso anders als bei seinem grossen Zeitgenossen Goethe, in dessen naturwissen- schaftlichen Arbeiten die Intuition, aber auch die Phan- tasie des Dichters sich nirgends verleugnen; es ist das ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Chamisso hielt im Leben den Dichter und den Gelehrten nicht ängstlich auseinander. Er hat seinem Peter Schlemihl manche Züge seines eigenen Selbst geliehen, nicht nur seine alte schwarze Kurtka und seine grosse Botanisierkapsel. Auf dem damals noch über Wiesen und Felder führen- den halbmeiligen Wege zwischen der Stadt und dem Herbarium in Schöneberg lauschte er nicht selten den Eingebungen der Musen; manches unsterbliche Gedicht wurde in den unserer Wissenschaft geweihten Räumen zu Papier gebracht, und der ernste botanische Freund war der erste Sterbliche, der diese Himmelsgabe geniessen durfte. In der Wissenschaft aber wusste er alle Lok- kungen der Phantasie fernzuhalten. In einer Zeit, wo natur- philosophische Spekulation mehr galt als exakte Be- obachtung, gab der Dichter Chamisso das rühmlichste Beispiel nüchterner und gewissenhafter Forschung. War es ihm auch nicht vergönnt, Werke zu schaffen, die in den Entwicklungsgang der Wissenschaft entscheidend eingriffen, so sind doch seine zahlreichen phytographischen Arbeiten treffliche Bausteine, die in einem Werke, das jede Generation, auf den Schultern der Vorgänger stehend, weiterführt, noch heut ihren vollen Wert be- halten. In der That zeichnen sich die Beschreibungen Chamissos, und zwar, wie Schlechtendal freimütig urteilt, nicht weniger die letzten, die er allein abfasste, als die in Gemeinschaft mit dem Freunde bearbeiteten, durch treffende, auf sorgfältiger Untersuchung beruhende Auffassung nicht minder als durch geschmackvolle Dar- stellung aus. Man kann mit meinem Freunde August Kanitz, der in seiner Magyar növenytani lapok Jan. 1881 Chamisso aus Anlass des Jubiläums seiner Geburt eine warm empfundene Erinnerung widmete, mit Recht sagen, (und hier können wir wohl zugeben, dass es dem Ge- lehrten zu gute kam, dass er ein grösserer Künstler war), dass Chamissos Descriptionen ein so lebendiges und plastisches Bild der Pflanzen liefern wie die weniger anderer Fachgenossen. Und so behält Schlechtendals Ausspruch auch heute, fast nach einem halben Jahrhun- dert noch volle Geltung: Auch unter den Botanikern wird Chamissos Andenken ein bleibendes sein. At de R F u Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 163 Arbeitsteilung und Genossenschaftsleben im Pflanzenreich. Von Dr. F. G. Kohl, Privatdocent in Marburg. (Schluss) Ich gehe zum zweiten Teil meines "Themas über, welcher das Genossenschaftsleben im Pflanzen- reich zum Gegenstande haben soll. Der rote Faden, welcher die Genossenschaftserscheinungen mit denen der Arbeitsteilung verbindet, ist leicht zu erkennen. Die Akkomodation einer Zelle, eines Gewebes, einer Pflanze an eine bestimmte 'Thätigkeit, aus ihr resultiert eine ein- seitige Befähigung dieser Gebilde; die Genossenschaften sind Verbindungen solcher einseitig ausgebildeter ‘Wesen zur Förderung ihrer gemeinschaftlichen und Ein- zelinteressen. Die Wissenschaft bezeichnet das Genossen- schaftsleben mit dem Namen Symbiose, die einzelnen Mitglieder als Symbionten. Im grossen Haushalt der Natur bemerken wir, wie manche Pflanzen und Tiere zu ihrem Leben noch eines Organismus anderer Art so sehr bedürfen, dass sie ohne ihn entweder rasch zu Grunde gehen oder, schwer ge- schädigt und gehemmt, nur noch ein kümmerliches Dasein fristen. Was ihnen fehlt, was sie sich nicht beschaffen können, ersetzen sie und erwerben sie sich durch das Zusammenleben mit einem zweiten Organismus, von dem sie sich mehr oder weniger abhängig machen. Diese Abhängigkeit kann nun verschiedenartig sein. Häufig ist sie einseitig, nur das eine der zusammenlebenden Geschöpfe, der Parasit, zieht Nutzen aus der Symbiose, das andere, der Wirt, geht leer aus, hat sich allerdings meist volle Selbständigkeit bewahrt, wird aber in vielen Fällen arg geschädigt. Der Brandpilz auf unseren Maispflanzen, der Rost unserer Gräser, der Mehltau auf dem Laube der Rose oder des Weinstocks sind lästige Parasiten, Gäste, die sich auf Kosten ihrer Wirte (Maispflanze, Gyas, Rose, Weinstock) eınähren, bei diesen Wirten wohnen, ohne auch nur den geringsten Gegen- dienst zu leisten, ja, manche unter ihnen sind schändlich genug, das Leben oder die Gesundheit des Wirtes zu beeinträchtigen oder zu vernichten, denn selten ist ein Parasit so rücksichtsvoll wie beispielsweise die Mistel, Viscum album, auf unseren Laubbäumen, die die Wasser- leitung des Wirtes anzapft und mitbenutzt, im. übrigen aber sich selbst ernährt. Doch es giebt auch „anständige Gäste,“ welche ihren Wirten die Zeche bezahlen, ein Aequivalent reichen. Dann verhalten sich beide, Gast und Wirt, mehr wie zwei Socii in einem wohlgeordneten Geschäft, welche sich in ihrer Arbeit unterstützen und fördern und in den erzielten Gewinn redlich teilen. Diese Art der Symbiose, welche auf vollkommener Gegenseitig- keit beruht, nennen wir Mutualismus, die Genossen Mutualisten. Leicht verständliche Beispiele dieser Art der Symbiose bietet uns das Tierreich, eines derselben werde ich mit einigen Worten in Erinnerung bringen, um mit den pflanzlichen Symbiosen daran anknüpfen zu können. Der Bernhardskrebs Eupagurus Bernhardus, auch Einsiedler genannt, hat, wie seine Kollegen im Mittelmeer, die Eigentümlichkeit, seinen Hinterleib in einer. Schneckenschale zu bergen, während er den Kopf mit den mächtigen Scheeren aus der Eingangspforte herausstreckt. Diese Gewohnheit ist eine so alte, dass Jetzt sein Hinterleib nicht mehr fest beschalt wird, sondern weichhäutig bleibt und ohne den Schutz der Schneckenschale eine bedenkliche Achillesferse darstellen würde. Wie ein Ritter in schwerer Rüstung zieht der Bernhardskrebs mit der Schale als Kürass auf Beute aus. Auf dieser Schale setzt sich nun sehr bald und fast regelmässig eine Seerose, Adamsia palliata, fest und lässt sich, selbst unfähig, weite Wanderungen auszuführen, vom geharnischten Herrn auf seinen Raubzügen mit- nehmen und hat so Gelegenheit, in bequemster Weise viele Leckerbissen anzutreffen und zu erhaschen mit ihren langen Fangarmen, wenn der Krebs, selbst Nahrung suchend den Meeressand mit seinen Füssen aufwühlt. Also ist die Seerose Adamsia eine sich aufdrängende Reisebegleiterin, die nur geniesst? — Doch nicht, sie lohnt, die Mühe des Transports und die Erleichterung des Nahrungserwerbs ihrem Ritter, denn mit langen Fäden, welche aus dicht nebeneinander liegenden Nesselkapseln einen brennenden, Schmerz erzeugenden Saft ausscheiden, vertreibt sie die Feinde des Krebses und schon bei ihrem Anblick suchen jene ängstlich das Weite. Also eine volle Gegenseitigkeit, ein Fall von Mutualismus. Sollte es im Pflanzenreich wirklich ähnliche Freundschafts- bündnisse geben? — Gewiss, wir kennen schon eine lange Reihe, und noch immer werden neue entdeckt. Das am längsten bekannte und zugleich lehrreichste Bei- spiel liegt uns in den Flechten vor, jenen über die ganze Erde verbreiteten Organismen, welche jedermann kennt, mögen sie nun in Form dünner Krusten Felsen und Baum- stämme überziehen, oder laubartig über ihre Unterlage sich ausbreiten oder als stattliche strauchige Gebilde von grünlicher, grauer oder gelber Farbe auf ihrem Substrat sich erheben oder wie die Bartflechte in langen Strähnen von den uralten Aesten der Waldriesen herabhängen. Diese Flechten sind nicht einheitliche Wesen, für welche man sie früher hielt. In ihnen leben zweierlei Pflanzen aus ganz verschiedenen Gruppen des Pflanzen- reichs innig vereint, nämlich Pilze und Algen, und bilden ein Convivium zu gegenseitiger Förderung. Der Pilz macht die Hauptmasse aus, er bildet lange farblose verästelte Fäden, welche, aus aneinandergereihten Zellen bestehend, sich nach allen Richtungen des Raumes zu einem dichten Geflecht durchkreuzen, nach unten als feine Härchen wie Wurzeln in die Unterlage dringen, nach oben durch gegenseitige innige Verwachsung eine Art Haut- gewebe erzeugen. In die Masse dieses farblosen Flecht- werkes sind kuglige, grüne oder blaugrüne, einzellige, mitunter zu Fäden oder Kolonien vereinigte Algen- zellen eingebettet. Indem beide Organismen durch fort- 164 gesetzte Zellteilung wachsen, vergrössert sich die ganze Flechte. Wie ich bereits erwähnte, stehen farblose und grüne Pflanzen in Bezug auf Ernährung und Stoffwechsel in einem scharfen Gegensatz, also auch Pilz und Alge, und der Nutzen, welchen beide Genossen aus ihrem Zusammenleben ziehen, ist eben darauf zurückzuführen, dass Organismen mit sich ergänzenden Lebensansprüchen vereint sind; Kohlensäurekonsumenten, die Algen, haben sich zusammengethan mit Kohlensäureproduzenten, den Pilzen. Die Pilze können für sich allein nur auf einer Grundlage, welche organische Stoffe enthält, vegetieren; die Fähigkeit, auch auf nackten Felsen zu gedeihen, ge- winnen sie erst durch den Bund mit Algenzellen, welche für den nötigen organischen Proviant sorgen. Die Algen aber geniessen den Vorteil einer bequemen Kohlensäurezufuhr, einer nie versiegenden Zuleitung von Bodenwasser und darin gelösten Mineralsalzen, alles zur Ernährung der Algen so nötig, wie das Licht, dem sie sich in ihrer Wohnung zwischen den ausgebreiteten Pilzfäden in ausgezeichneter Weise exponieren können. Auf Grund dieser gegenseitigen Unterstützung hat sich ein zusammengesetzter Organismus entwickelt, welcher durch eine erstaunliche Lebenszähigkeit und Genüg- samkeit alle übrigen Pflanzen übertrifft, und dadurch wieder sind die Flechten zu Pionieren geworden, welche die organische Natur voraussendet, um den unwirtlichsten Boden für andere anspruchsvollere Pflanzen vorzubereiten. Im eisigen Norden, auf den höchsten Alpengipfeln, wo den grössten Teil des Jahres der Boden von Kälte starrt, auf nacktem, wasserlosem Fels, auf trockener Rinde oder wo sich sonst nichts Lebendes zu erhalten im stande ist, da vermögen die Flechten lustig zu vegetieren auf grund ihres wohleingerichteten, auf Gegenseitigkeit der Genossen beruhenden Haushalts. Ganz ähnlicher Genossenschaftsverhältnisse zwischen zwei Pflanzen sind während der letzten Jahrzehnte noch mehrere entdeckt worden, aber ihre biologische Bedeutung ist noch „Geheimnis.“ Es würde wenig Zweck haben, wollte ich ausführlich schildern, dass wir in den Höhlungen der Unterseiten der Blätter einer winzigen schwimmenden Wasserpflanze — Azolla — immer Ko- lonien einer mikroskopisch kleinen blaugrünen Alge — Anabaena — finden, ohne dass wir uns bisher auch nur eine leise Vorstellung von der Bedeutung dieser Vergesellschaftung machen könnten, und doch ist diese so regelmässig, dass wir sagen dürfen, kein Blatt der Azolla ohne Höhlung, keine Höhlung ohne Anabaena, und was noch auffälliger ist: Wir kennen von der Gat- tung Azolla vier scharf zu unterscheidende Spezies, zwei in Amerika und Australien weit verbreitet, die dritte in Australien, Asien und Afrika, die vierte aus- schliesslich dem Nilgebiet eigentümlich, und trotzdem — in allen dieselbe Alge, dieselbe Anabaena. In den Wurzeln unserer Cycadeen oder Palmfarne, von denen wir unsere sogenannten „Palmenzweige“ ent- nehmen, siedelt sich mit ähnlicher Konstanz eine Alge Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 21. an. Die chilenische Gunnera scabra, eine fast stamm- lose, aber mit ungeheuer grossen Blättern ausgestattete Zierpflanze unserer Gärten, beherbergt in ihren schenkel- dicken Wurzelstöcken in ähnlicher Weise ganze Kolonien einer Alge. Das sind Associations-Erscheinungen, mit denen selbst die kühnsten Teleologen noch nichts anzu- fangen wissen. — Neuerdings macht in Fachkreisen eine Symbiose-Erscheinung viel von sich reden, die man kurz als Pilzwurzel oder Mycorhiza bezeichnet, welche, wenn sich die jetzt gegebene Deutung derselben als richtig erweist, zu den interessantesten Beispielen von Symbiose gehört, da es sich nicht mehr blos um niedere Organismen, sondern um die höchstentwickelte Pflanzen- form, um Bäume, handelt. Der Wurzelkörper sehr zahl- reicher Bäume (ich nenne besonders Buche, Hainbuche und Eiche) ist (vergl. „Naturw. Wochenschr.‘“, Bd. II, Nr. 1u.2) von einem aus Pilzfäden bestehenden Mantel lückenlos überzogen, welcher mit jenem fortwächst und mit ihm in organischer Verwachsung sich befindet und welcher gewissermassen Ammendienste leisten und die Ernährung des Baumes aus dem Boden übernehmen soll. Der Pilz nimmt (nach dieser Erklärung) die mine- ralischen Bodennährstoffe nicht nur zu seiner eigenen Ernährung, sondern zugleich auch für den Baum auf, ist Amme des Baumes. Die Mycorhiza ist demnach den Flechtenpilzen, der Baum den Flechtenalgen analog, jene absorbiert die Bodennahrung und führt sie der Baumwurzel zu, diese versorgt den Wurzelpilz mit der ihm notwendigen organischen Substanz. Ueberraschend ist es, dass, nach neuesten Beobachtungen, der Pilz, welcher in der bisher bekannten Form auf der Oberfläche der Wurzel sich befindet, sich in anderen Formen immer tiefer ins Innere derselben zurückziehen kann, wie bei den Ericaceen oder Heidegewächsen, bei welchen er im Innern der Wurzelepidermiszellen sich ansiedelt und auf den Laien den Eindruck machen kann, als sei er ein Bestandteil der Oberhautzellen. Soviel über die rein pflanzlichen Genossenschaften. Sind nun damit die symbiotischen Beziehungen der Pflanzen erschöpft? Noch nicht, denn es fehlt noch eine Art von Associationen, welche man am spätesten ent- deckte und lange Zeit für nieht “möglich hielt, nämlich solche zwischen Pflanze und Tier. Die gelben und grünen Farbstotfkörper im Leibe zahlreicher Wassertiere, Radiolarien und Infusorien, See- rosen, Polypen und Medusen, Stachelhäuter, Würmer und Schnecken haben sich bei genauer Untersuchung als wahr- haftige Algenzellen entpuppt, welche im Tierkörper eine ganz ähnliche Rolle spielen wie ihre Schwestern im Flechtenthallus. Im sogenannten Entoderm dicht neben- einanderliegend und dem betreffenden Tier seine Gesamt- farbe verleihend, arbeiten sie dem tierischen Bundes- genossen in die Hände, denn sich selber ernährend durch Spaltung der im Wasser absorbierten Kohlensäure, pro- duzieren sie Sauerstoff in Menge, welche der tierische Teil der Genossenschaft zum Atmen verwendet. Dank- NE 9% Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 165 bar gewährt das Tier seinen kleinen Wohlthäterinnen dafür das Quartier, und stellt ausgeatmete Kohlensäure und Wasser und Mineralsalze zur Verfügung. Kohlensäure- konsumenten, die Algen, leben im Innern von Kohlensäure- produzenten, den Tieren, und Sauerstoffproduzenten sind vereinigt mit Sauerstoffkonsumenten, allein nicht nur auf diesen gegenseitigen Gasaustausch ist der Wechsel- verkehr dieser beiden Organismen beschränkt; zweifels- ohne entnimmt der Tierleib seinen pflanzlichen In- sassen auch direkt organische Substanz, welche diese in Form von Stärke fortwährend erzeugen. Nur darf man nicht vergessen, dass die Alge zu ihrer Arbeit des Lichtes bedarf, im Dunkeln muss sie — horribile dietu — ihre Arbeit einstellen und ihren Freund im Stich lassen, und der Aermste muss seine bequem gewordenen Fangarme wieder in Bewegung setzen, um auf ächt tie- rische Art, die er fast verlernt, sich durch den Fang kleiner Wassertiere selbständig zu ernähren. Diese Verbrüderung von Tier und Pflanze ist, ob- gleich sie im Grunde der Flechtensymbiose vollkommen analog ist, so auffallend, dass es nicht zu verwundern ist, dass man lange Zeit sich scheute, die Pflanzennatur der gefärbten Körper im Tierleib anzuerkennen, allein gründliche Studien haben den Nachweis erbracht, dass sie Zellen sind mit Cellulosemembranen und Zellkern, dass sie auch nach dem Absterben des tierischen Körpers nicht zu Grunde gehen, sondern noch Wochen und Monate lang am Leben bleiben, ihre Form verändern und sich durch Teilung vermehren. Endlich drängt die Verbreitungsweise der in Rede stehenden Körper zur Annahme einer Symbiose. Sie finden sich in den aller- verschiedensten Tierabteilungen, in diesen aber immer nur bei einzelnen Arten, während sie bei nächstverwandten fehlen. Wären sie mit einer wichtigen Funktion be- traute, normale Bestandteile der Tiere selbst, müsste man da nicht eine gleichmässige Verbreitung, wenigstens bei nahe verwandten Tieren, erwarten? Erblicken wir in ihnen aber selbständige, von aussen eingedrungene Algenzellen, so ist die Ungleichmässigkeit nicht auf- fallend, denn wir können überall beobachten, dass die Verbreitung parasitischer Organismen von untergeord- neten und oft zufälligen Momenten bestimmt wird. Die gefürchtete Trichine findet im Körper des Menschen einen günstigen Boden für ihre Entwicklung, im Raub- tier geht sie zu Grunde; der Blasenwurm, der im Ge- hirn sitzend die Drehkrankheit erzeugt, wird fast aus- schliesslich beim Schaf beobachtet; der Getreiderostpilz, der einen Teil seiner Entwicklung auf unseren Getreide- arten durchmacht, bedarf, um seine Entwicklung zu vol- lenden, gerade des Berberitzenblattes; ein anderer, diesem Pilz nahe verwandter wechselt regelmässig zwischen Alpenrose und Fichte u. s. w. Diese Anpassung der parasitischen Pilze an bestimmte Wirte ist so regel- mässig, dass man sehr viele von ihnen nach ihrer Wirts- ‘ pflanze benannt hat. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die auffällige Verbreitung der gefärbten Zellen im Tierreich allein verständlich und ihre Symbionten-Natur mehr als wahrscheinlich gemacht. Hier ist das Tier der Wirt. Jetzt fehlt, um die Reihe der typischen Symbiosenformen vollständig zu machen, nur noch der Fall einer Genossenschaft zwischen Tier und Pflanze, in der die Pflanze den angenehmen Wirt spielt. Auch er ist in der Natur verwirklicht. Wir werden im Voraus vermuten dürfen, dass bei der Beweglichkeit und Freizügigkeit des Tieres der Zusammen- hang zwischen ihm und dem pflanzlichen Wirt ein loserer sein wird, wie es das Beispiel zeigt, mit dem ich diese meine Betrachtungen abschliessen will, die sogenannte Mirmecophylie oder Ameisenliebe der Pflanzen. Während die meisten’ Pflanzen nur in ihren Blüten Honig absondernde Nektarien ausbilden, um damit die zur Blütenstaubbeförderung nötigen Insekten anzulocken, bringen zahlreiche Pflanzen auch noch ausserhalb der Blüten — an Blättern, an Blattstielen — Nektardrüsen her- vor, welche von Ameisen eifrigst besucht werden. So kann man bei unserem Kirschlorbeer, Prunus laurocerasus, leicht beobachten, wie an den blassbräunlichen Nektarien der Blattunterseiten Ameisen emsig saugen, so dass der ganze Strauch von diesen Tierchen bevölkert ist. Sie müssen aus alter Gewohnheit wissen, wo diese @uellen von Süssigkeit fliessen, denn viele dieser Nektarien heben sich weder durch besondere Färbung von der Umgebung ab, noch entwickeln sie einen von den Menschen zu er- spürenden Geruch. Eine Gruppe von mirmecophilen Pflanzen räumt den kleinen Besuchern auch noch beson- dere Wohnungen an oder in seinem Körper ein. Wozu (wenn ich in der Personifikation fortfahren darf) diese Neigung der Wirtpflanze zu diesen nimmersatten Süss- mäulchen? — Wir haben Gründe, annehmen zu dürfen, dass die Pflanze in den Ameisen sich gleichsam ein stehendes Heer hält, welches ihre Feinde vertreibt und deren Angriffe abschlägt, denn die Ameisen stechen empfindlich. An Stelle des Komissbrotes naschen die Soldaten Honig, ihre Kaserne ist die Pflanze. Freilich liegen die Verhältnisse nicht bei allen mirmecophilen Pflanzen so. Mitunter scheinen die Ameisen gar keinen Gegendienst zu leisten, dann sinkt die Symbiose zu einem einfachen Raumparasitismus herab, d. h. die Ameisen bewohnen aus alter Gewohnheit Hohlräume be- stimmter Pflanzen, ohne letzteren von irgendwelchem Nutzen zu sein, wie unter anderem bei mehreren mirme- eophilen Formen, welche man neuerdings in den Tropen entdeckt hat. Es wird aus dem Gesagten hervorgegangen sein, dass das Genossenschaftsleben im Reich der Organis- men eine häufig vorkommende Erscheinung ist, dass es uns entgegentritt nicht allein zwischen Tier und Tier, zwischen Pflanze und Pflanze, sondern dass auch die Glieder der beiden grossen Reiche in mannichfaltiger Weise miteinander Lebensbündnisse eingehen können. Welchen Vorteil, fragt man vielleicht zum Schluss, bringt denn die Bekanntschaft der Symbioseerscheinungen 166 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NEE ee te... cs iiärtttllllllLlLlLlLlllVlVlVlTT1—— der Wissenschaft? — Die Antwort ist leicht! Die Ge- nossenschaftserscheinungen sind Spezialfälle in der langen Reile der Wechselbeziehungen zwischen differenten Organismen. Die Beschreibung derselben ist noch nicht ihre Erklärung. Man wird nach dieser suchen müssen, und sie wird nur gewonnen werden an der Hand einer Descendenztheorie (vielleicht der Dar win'schen Selections- theorie!), welche diese Wechselbeziehungen als histo- risch entstanden, successive erblich geworden enthüllt. Gelingt diese Erklärung, so dürfen wir sagen: successive Anpassungenund entsprechende Formänderungen finden statt, oder was dasselbe sagen will, Transfor- mationsfähigkeit einerseits und Einwirkung der Aussenwelt andererseits sind die Hauptfaktoren, welche die jeweiligen, also auch die jetzigen Erscheinungsformen der Lebewesen bestimmen. Je inniger und unmittelbarer die gestaltbestimmenden Wechselbeziehungen zwischen zwei Organismen sind, um so eher und leichter werden wir durch Abänderung jener Beziehungen absichtliche Transformationen hervorrufen können, d. h. um so sicherer schreiten wir auf experimentell zugängiges Gebiet. Werden die Genossenschaftserscheinungen unserem Verständnis näher gerückt, so liefern sie, weil Spezial- fälle in der Gesamtreihe der Wechselbeziehungen, einen willkommenen Beitrag zur Beurteilung der letzteren überhaupt, und die Descendenzlehre erhält eine neue experimentelle Grundlage, welche die bereits vor- handene, die absichtliche Züchtigung von Tier und Pflanze, erweitert. Kleinere Mitteilungen. Warum bleibt die von der Sonne ausgestrahlteWärme- menge beständig dieselbe trotz des infolge der Strahlung stattfindenden Wärmeverlustes, den die Sonne erleidet? Diese Frage haben die Forscher mit verschiedenen Theorien zu be- antworten versucht. Aber immer ging man dabei von der Annahme aus, dass, wenn die Wärmestrahlung der Sonne sich nicht ändert, die Temperatur der Sonne auf gleicher Höhe erhalten werden müsse, und dass, wenn die Sonnentemperatur sinken würde, dies auch mit der Wärmestrahlung der Fall sein müsste. Die chemische Theorie erklärt das Gleichbleiben derSonnentemperatur durch die Verbrennungs- vorgünge auf der Oberfläche der Sonne, welche einen fortdauernden Ersatz für die in den Weltraum abgegebene Wärmemenge schaffen. Nach der Meteoriten-Theorie soll durch das Hineinstürzen von Meteoriten, die in gewaltiger Zahl den Weltraum durcheilen, in den Sonnenkörper ein stets lebendiger Quell für die Sonnenwärme her- gestellt werden, da die ungeheuere Geschwindigkeit der Meteor- massen (60—80 Meilen in der Sekunde) bei ihrem Eintreten in die Sonne ein Ende erreicht und eine grosse lebendige Kraft frei wird, die sich in Wärme umsetzt. v. Helmholtz endlich hat in An- lehnung an das Gesetz von der Erhaltung der Kraft die Theorie aufgestellt, dass, wenn die Sonnenoberfläche durch ihre Wärme- ausstrahlung wirklich erkaltet, sich der Sonnenkörper von aussen her zusammenzieht und demnach auf die inneren Teile ein erhöhter Druck ausgeübt wird, der eine erneute Wärmeentwiecklung zur Folge hat. Gegenüber diesen Theorien hebt nun neuerdings John Aitken (Proceed. of the Royal Soc. of Edinburgh, Vol. XIV, S. 115) her- vor, dass eigene Wärme und Wärmestrahlung der Körper keineswegs immer gleichen Schritt miteinander halten. Er verweist auf die Thatsache, dass die Grundstoffe weniger Wärme ausstrahlen als die Verbindungen und dass das Strahlungsvermögen der Körper umso- mehr wächst, je verwickelter ihre innere Zusammensetzung ist. Be- denkt man nun. dass die Stoffe auf der Sonne wegen der dort herrschenden hohen Temperatur in einfacheren Verbindungen vor- handen sein müssen als auf der Erde, da es ja bekannt ist, dass über eine gewisse Temperatur hinaus sich zwei Körper nicht mit- einander verbinden. trotzdem ‚sie chemisch verwandt miteinander sind, so folgt hieraus, dass das Strahlungsvermögen der Stoffe auf der Sonne geringer ist als auf der Erde — ähnlich wie etwa auch eine nichtleuchtende Gasflamme trotz ihrer höheren Temperatur weniger Wärme aussendet als eine leuchtende Flamme. Je heisser die Sonne daher ist, desto einfacher ist ihre Konstitution und desto geringer ihr Strahlungsvermögen. Nimmt nun infolge der fortdauernd vor sich gehenden Wärmeausstrahlung der Sonne ihre wirkliche Temperatur ab, so kann angenommen werden, dass sich neue zusammengesetztere Stofiverbindungen auf ihr bilden, ihre Konstitution verwickelter wird und dass damit ihr Strahlungsvermögen zunimmt. Geschieht dies nun ungefähr im umgekehrten Verhältnis zu der thatsächlichen Temperatur-Abnahme, so kann trotz dieser die nach aussen hin erfolgende Wärmestrahlung auf gleicher Höhe erhalten bleiben. Dr. K. F. Jordan. Ein neuer Flechtentypus. — George Massee am Royal Herbarium in Kew hat am 16. Juni 18857 der Royal Society of London eine Abhandlung vorgelegt, in der ein neuer Flechtentypus, der der Gasterolichenen beschrieben und durch Abbildungen er- läutert wird. Ps gleichen diese Flechten völlig einem winzigen Boviste, dessen Peridie von den Algengonidien erfüllt ist, während das Innere von einem Kapillitium und den auf Basidien gebildeten rotbraunen Sporen erfüllt ist. Als Vertreter dieses T'ypus. werden drei Arten näher beschrieben: Emericella variecolor Berk., deren Gonidien zu der Alge Palmella botryoides Grev. gehören, mit sternförmigen, acht- strahligen Sporen, Triehocoma paradoxa Jungh. (Alge: Botrya corrus) mit elliptoidischen, kleinwarzigen und Trichocoma laevispora Mass. mit elliptischen, stacheligen Sporen. Die Flechten zerfallen hiernach in Discolichenen, Ascolichenen, Hymenolichenen und Gasterolichenen. Prof. Dr. F. Ludwig. Ueber eine neue Base aus dem Pflanzenreiche. — Im Theeextrakt hat Prof. Kossel (Ber, d. D. chem. Ges. 1888, 2164—67) neben Kaffein eine von ihm als Theophyllin bezeichnete Base ent- deckt, welche dieselbe Zusammensetzung hat wie das in den Kakao- bohnen enthaltene Theobromin und das im Harn aufgefundene Paraxanthin, und welche nach seinen Untersuchungen als Dimethyl- xanthin aufzufassen ist. Dr. Max Koppe. Ursprung der baumlosen Grasprairien Nordmerikas. — Durch frühere Untersuchungen war der nordamerikanische Gelehrte Thomas Meehan zu der Ansicht gelangt, dass die jährlichen Prairiebrände der Indianer alle jungen Bäume zerstören und eine Reifung derselben oder gar Blüten- und Samenbildung unmöglich machen. Hat nun auch diese Ansicht in gewissem Umfange ihre Giltigkeit, so ist sie doch z. B. nicht stichhaltig für Nord-Karolina, wo es mit diekem Grasteppich bedeckte, grosse Strecken giebt, auf denen niemals ein Baum wächst, während ringsum der schönste Baumwuchs zu bemerken ist, und niemals Brände etwa vorhandene junge Keimlinge zerstören. Eine Erklärung fand sich, als man die Beobachtung machte, dass hier und da junge Bäumchen auf der Prairie aufzuspriessen begannen, seitdem das Vieh zugelassen wurde und die üppigen Grasflächen abweidete. Dies zeigte, dass bisher die Samen in erösserer Entfernung vom Boden auf der dicken Gras- decke liesen geblieben waren und daher zu viel Licht und zu wenig: Feuchtigkeit erhalten hatten, um auskeimen zu können; war aber einmal ein Same zum Keimen gelangt, so waren die Würzelehen vertrocknet, ehe sie dureh die Grasschicht hindurch den Boden erreicht hatten. Als nun die weidenden Tiere die Prairien besuchten, traten sie mit ihren Hufen das Gras nieder und legten den Boden bloss oder gruben sogar den Samen in die Erde. Sind die Baum- keimlinge, die, auch wenn sie abgefressen werden, meist doch wieder aufsprossen, erst ausgewachsen, so unterdrücken sie durch Be- schattung den üppigen Wuchs des lichtliebenden Grases und gelangen so bald zur Alleinherrschatft, Dr. Ki EI Ueber die Giftigkeit der menschlichen Ausdünstung haben wir auf S. 178, Bd. I der „Naturw. Wochenschr.“ eine Notiz gebracht, zu welcher Herr A. Buchholtz uns folgendes bemerkt: Nachdem ich die Mitteilung über die Giftigkeit der menschlichen Ausdünstung &elesen hatte, fiel es mir auf, dieselbe Ansicht schon von Darwin geiussert zu sehen. Er sagt nämlich in seiner „Reise eines Naturforschers um die Welt“ unter dem Datum des 12, Januar Ne Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 167 1836 wörtlich folgendes: „Nach diesen Thatsachen möchte es beinahe scheinen, als ob die Ausdünstungen von einer Anzahl eine Zeit lang zusammengeschlossen gehaltener Menschen giftig wirkten, wenn sie von anderen eingeatmet werden, und möglicher Weise ist dies noch mehr der Fall, wenn Menschen verschiedenen Rassen angehören“. Braunkohlenbildung in Dampfkesseln von Zucker- fabriken. — Wie Dr. Teuchert in der Sitzung vom 12. Januar des naturwissenschaftlichen Vereins für- Sachsen und Thüringen mitteilte, hat er mehrfach Gelegenheit gehabt, braune Massen, welche sich in grösseren Mengen in Dampfkesseln von Zuckerfabriken vor- fanden, zu untersuchen. Dieselben zeigten das Verhalten der Braun- kohle in ihrer feinpulverigen Modifikation, dem sogenannten Kasseler Braun. Da die Annahme ausgeschlossen ist. dass man es hier mit Braunkohlenstaub zu thun habe, welcher von aussen in den Kessel eingeführt wurde, so muss man die Bildung jener braunkohlenartigen Massen auf die durch hohe Temperatur und hohen Druck verursachte Zersetzung von Zucker und anderen organischen Substanzen zurück- führen, die mit den Kondensationswässern in die Dampfkessel ge- langten. In der erwähnten Sitzung des genannten Vereins erinnerte Dr. Erdmann daran, dass die von Dr. Teuchert ausgesprochene Ansicht eine Stütze in der von Tollens beobachteten Thatsache finde, dass Zucker leicht in’ Huminsubstanzen übergeht. A. G. Abgeprallter Meteorit. — Wie Delauney in den „Ü. R.* mitteilt, wurde am 25. Oktober 1887 in Saigun ein Meteor bemerkt, welches sich von W. nach O. bewegte und einen Schweif hatte. Es wurde ‚dann gemeldet, dass zu Than-Duc (Umgebung von Saigun, Cochinchina) ein Tier vom Himmel sefallen und dann wieder zu ‘demselben aufgeflogen sei. In der That fand man in einem Reis- felde ein Loch von 32 m Länge, 6 m Breite und 2 m Tiefe, welches in Uebereinstimmung mit der beobachteten Bewegungsrichtung des Meteors von W. nach OÖ. gerichtet war. Der Meteorit muss nach den Dimensionen des Loches zu schliessen, eine ganz bedeutende Grösse besessen haben, doch konnte man denselben nirgend auffinden. Es liegt daher die Annahme nahe, dass derselbe abgeprallt und viel- leicht ins Meer gefallen ist. Wie man aus den Verhältnissen an ‚dem hinterlassenen Loche feststellte, ist der Meteorit unter 10% auf- geschlagen und unter 34° abgeprallt. Es dürfte dieses das erste Beispiel. sein, bei welchem der theoretisch, namentlich bei flachem Aufschlagswinkel sehr wohl mögliche Abprall beobachtet und ge- nauer konstatiert worden ist. SEHEN Nachrichten vom Lick-Observatory. — Wie Herr Prof. Holden in einem Rundschreiben mitteilt, soll das Lick-Observatorium jeden Tag im Jahre während der Dienststunden Besuchern zugäng- lieh sein; in den Abendstunden tritt natürlich eine grössere Be- schränkung ein, und zwar wird Sonnabends von 7—11 Uhr abends am grossen Teleskop, wenn möglich auch an anderen Fernröhren ‚demonstriert werden. Die Kommission für das Lick-Obseryatory hat auf Anraten des Direktors einen photographischen Apparat für das 36zöllige Teleskop angeschafft; diese Neuerung wird bei der bekannten vor- züglichen Luft auf dem Mount Hamilton von grossem Wert sein für die Erforschung des Mondes, der Planeten, Kometen, Nebel ete.; hauptsächlich aber von doppelten und mehrfachen Sternen, schwächeren . Sternen, Sternhaufen. Zunächst wird man eine bestimmte Zahl von ‘Sternen auswählen und diese in regelmässigen Intervallen photo- graphieren, durch vergleichende Messungen an den Platten lassen sich alsdann Parallaxenbestimmungen ausführen, ebenfalls wird man wichtige Aufschlüsse über die innere Konstitution von Sternhaufen erhalten können; die Nachbarschaft von helleren Sternen soll in Bezug ‚auf Begleiter derselben genau untersucht werden. — An der Her- stellung des auf dem Pariser Kongress im vorigen Jahre vereinbarten Stern-Atlas kann jedoch nicht teilgenommen werden, weil hierfür eine ganz bestimmte Brennweite vorgeschrieben ist, die in diesem Falle weit überschritten werden würde. — Im Anschluss hieran mag bemerkt werden, dass binnen kurzem ein neues amerikanisches Observatorium, zur Denver Universität in Colorado gehörig, sieben Meilen von der Stadt Denver entfernt. in einer Höhe von 5000 Fuss, also noch 4200 höher als die obengenannte ‚Sternwarte, errichtet werden wird. Ein Herr Chamberlin aus Denver hat diesem Institut einen neuen 20zölligen Refraktor ge- schenkt, der an Mächtigkeit die fünfte Stelle in Amerika einnimmt. Dr. B. Matthiessen. Ueber den „neuen Stern“ im Schwan. — Der von Herrn Espin, Wolsingham Observatory Darlington, am 8. Mai entdeckte neue Stern im Schwan wird nach neueren Untersuchungen in die Klasse der Veränderlichen einzureihen sein. Er ist nämlieh schon im Jahre 1858 in Bonn beobachtet als 9” 5; seit dem Wieder- auffinden in diesem Jahre bat er schon etwas an Helligkeit verloren; seine Farbe ist auffallend rötlich. Nach einer Strassburger Bestimmung lautet die Position des Sternes: 1888.0:A.R—=20"42" 12°.00 Dekl. = +440 27'35”.1. Er ist leicht autzufinden, ungefähr 1/39 südlich von dem hellen Stern Deneb, « Cygni; mit zwei anderen Sternen 8.—9. Grösse, von denen der eine ein Doppelstern, bildet er ein fast gleichseitiges Dreieck und zwar ist er, im Fernrohr gesehen, die südliche Spitze desselben. Dr. B. Matthiessen. Litteratur. Der kleine Pilzsammler ein Leitfaden für Jung und Alt, zum Kennenlernen, Einsammeln und Zubereiten von 26 der besten Esspilze. Bearbeitet von einem Praktikus. Würzburg, A. Stuber 1888. Preis S0 4. Dieses kleine Büchlein hält ganz und voll, was der Titel ver- spricht, und ich möchte dasselbe besonders den Hausfrauen sowie allen, welche die gewöhnlichsten essbaren Pilze kennen lernen wollen, warm empfehlen. — Die dem Texte eingefügsten unkolorierten Ab- bildungen sind fast sämtlich naturgetreu und scheinen mir, mit Rück- sicht auf die Farben-Verschiedenheit der meisten Pilzarten an dieser Stelle viel wertvoller als farbige Bilder zu sein. Die Beschreibung der Arten ist klar zutreffend und für den Laien verständlich, ebenso das Kapitel über die Zubereitung essbarer Pilze. Von den giftigen Arten ist nur der Knollen-Blätterschwamm (Amanita phalloides) ab- gebildet, und dieser scheint mir genügend, da die sämtlichen Russuleen, welche zwar mehrere essbare, aber auch viele giftige Arten enthalten, die leicht mit ersteren verwechselt werden können, gänzlich ausge- schlossen sind. P. Hennings. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25000. Künigl. preuss. Landesaufnahme 1886. Hrsg. 1888. Nr. 680. 768. 771. 865. 960. 1058. 1150 1325. 1326. 2419. 2421. 2567. 2568. 2758. 2760. 2814. 2815. 2884. 2886. 3350. 3400. 3401. Lith. u kolor. Fol. Preis & 1 #. Inhalt: 680. Lassan. — 768. Caseburg. — 771. Dobberphul. — 865. Pribbernow. — 960. Althagen. — 1058. sollnow. — 1150. Gr. Christinenberg. — 1325. Woltin. — 1326. Neumark. — 2419. Bosatschin. — 2421. Raschkow. — 2567. Adelnau — 2568. Mixstadt. — 2758. Bunzlau. — 2760. Haynau. — 2814. Reichenbach (in der Oberlausitz). — 2815. Görlitz. — 2884. Lähn. — 2886. Kolbnitz. — 3359. Mürlenbach. — 3396. Waxweiler. — 3400. Alt. — 3401. Zell. R. Eisenschmidt in Berlin. Miller, A., Ueber die Grundlagen der Bestimmungsmethode des longitudinalen EBlastizitätsmoduls. (Sep.- Abdr.) 4%. (58 S.) Preis 1 #%£ 70.4. G. Franz’sche Verlagsh. (J. Roth) in München. Minnich, F., Ueber den Croup und seine Stellung zur Diph- theritis. (Sep.-Abdr) gr. 8%. (82 S.) Preis 2.M. Urban & Schwarzenberg in Wien. Mordhorst, C., Der Rheumatismus und seine Behandlung mittelst elektrischer Massage etc. in Verbindung mit einer Bade- und Trinkeur in Wiesbaden. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (20 S.) Preis 80 #. Gevurg Thieme in Leipzig. Morgenthaler, J., Der falsche Mehlthau, sein Wesen und seime Bekämpfung. gr. 8°. (48 S.) In Komm. Preis 1 4. Schröter & Meyer, Verl.-Buchh. in Zürich. Nehring, A., Ueber das Skelet eines weiblichen Bos primigemius aus einem Torfmoore der Provinz Brandenburg. (Sep--Abdr.) gr. 8°. (10 S.) Preis 80 4. R Friedländer & Sohn in Berlin. Nell, A.M., Fünfstellige Logarithmen der Zahlen und der trigo- nometrischen Funktionen nebst den Logarithmen für Summe und Differenz zweier Zahlen, deren Logarithmen gegeben sind, sowie einiger anderen Tafeln. 6. Aufl. gr. 8%. (XIX, 104 S.) Preis geb. 1 #% 80 4. Arnold Bergstraesser in Darmstadt. € Noltenius, H., Beitrag zur Statistik und pathologische Anatomie des Diabetes mellitus. gr. 8°. (23 S.) Preis 1. Lipsius & Tischer. Verl.-Cto. in Kiel. Penard, E., Recherches sur le Ceratium macroceros avec obser- vations sur le Ceratium cornutum. 4°. (43 Seiten m. 3 Tafeln.) Preis 3 #C 20 4. Henri Stapelmohr in Genf. Pettenkofer, M., v., Der epidemiologische Teil des Berichtes üb. die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera im Jahre 1885 nach Aegypten und Indien entsandten deutschen Kommission. gr. 8%. (IV, 164 S.) Preis 4 #. R. Oldenbourg in München. Profanter, P., Die manuelle Behandlung der Prolapsus utert. gr. 8%. (28 S.) Preis 1A 20 4. Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- u. 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(Schluss). — Kleinere Mitteilungen: Warum bleibt die von der Sonne auseestrahlte Wärmemenge beständig. dieselbe trotz des infolge der Strahlung statt- findenden Wärmeverlustes,. den die Sonne erleidet? — Ein neuer Flechtentypus. — Ueber eine neue Base aus dem Pflanzenreiche. — Ursprung der baumlosen Grasprärien Nordamerikas. — Ueber die Giftigkeit der menschlichen Ausdünstung. — Braunkohlenbildung in Dampfkessem von Zuckerfabriken. — Abgeprallter Meteorit. — Nachrichten vom Liek-Observatory. — Ueber den „neuen Stern“ im Schwan. — Litteratur: Der kleine Pilzsammler, ein Leitfaden für Jung und Alt, zum Kennenlernen, Einsammeln und Zubereiten von 26 der besten Esspilze. — Bücherschau. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesan. Simtlich in Berlin. EREE” Inserate für Nr. 23 müssen späte- - Bei Benutzung der sere Leser höflichst, auf ° ı Wochenschrift“ Bezug neh- Laubfrosch- u. Wetterhäuschen, Bienenzuchtge- Redaktion: Zauber der Wirklichkeit, Schöpfungen schmi Sch Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. II. Band. |] Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- 'anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist .# 3.—; Bringegeld bei der Post 15.1 extra. Sonntag, den 26. August 1888. 1010) al N1:22 Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 5. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Wolken und Nebel. Von Dr. Ernst Wagner. „DurchHoward's glücklichen Gedanken, die Wolken- | bildungen zu sondern, zu charakterisieren, zu benennen, sind wir mehr als man glauben könnte, gefördert.“ | Dieser Ausspruch Goethe’s aus dem ‚Jahre 1820 trifft heute noch weit mehr zu, als zu der Zeit, wo er gethan wurde, denn erst neuerdings hat man die Notwendigkeit und Zweckmässigkeit systematisch angestellter Wolken- beobachtungen“ genügend gewürdigt, seitdem man den Zusammenhang der Wolkenformen mit der jeweiligen Witterung und das Auftreten gewisser wohlcharakteri- sierter Gestalten am Wolkenhimmel als zuverlässige Vor- boten von Witterungsänderungen erkennen leınte. Dass man erst im Beginn unseres Jahrhunderts den Erschei- nungen am Wolkenhimmel nähere Aufmerksamkeit zu- wandte, dürfte verwunderlich erscheinen, wenn es nicht durch. eine oft gemachte Erfahrung bestätigt würde, dass den beständig vor unseren Augen liegenden, alltäglichen Dingen am wenigsten Aufmerksamkeit zugewandt wird. Es war ein glücklicher Griff Howard's, durch vier Grundformen die sämtlichen, scheinbar'so regellosen und vielgestaltigen Formen der Wolkenbildungen einer ein- fachen Klassifikation einzuordnen, deren Bezeichnungen durch G oethe’s poetische Verherrlichung Howard's auch ausserhalb der Fachkreise geläufig wurden. Mit diesen Grundformen Cirrus, Kumulus, Stratus, Nimbus und ihren Kombinationen hat man bisher alle vorkommen- _ den Typen noch genügend zu charakterisieren vermocht, was schon daraus hervorgeht, dass verschiedene neu vor- geschlagene Bezeichnungen sich nicht zu allgemeiner Aufnahme hindurchgearbeitet haben. Während man sich nun in dem regelmässigen Beobachtungsdienst lange Zeit begnügte, in den meteoro- logischen‘ Journalen der Stationen kurze Notizen über | die Form der gerade vorwiegend vorhandenen Wolken- gattung zu machen, allenfalls auch noch die Zugrichtung anzugeben, ohne dass das so angesammelte Material zu weiteren Schlüssen Verwendung geboten hätte, ist es dem Eifer einzelner unermüdlicher Forscher zu danken, dass wir durch ihr dem Wolkenhimmel ausschliesslich zugewendetes Interesse über die Vorgänge in den höheren Schichten der Atmosphäre nähere Aufklärung erhalten haben. Der zunächst wichtigste Zweck der Wolkenbeobach- tungen ist es jedenfalls, die Windrichtungen in den Höhen der Atmosphäre bestimmen zu können. Dazu bedarf es vor allen Dingen einer genauen Messung der Höhen, in welchen die verschiedenen Haupttypen der Wolkenformen anzutreffen sind. Dieser Aufgabe hat sich namentlich Dr. Vettin gewidmet, dessen Messungen sämtlich in Berlin angestellt wurden, und zwar gelang es ihm durch sinnreiche, wenn auch umständliche Methoden durch Messungen von einem Punkte aus Geschwindigkeit und Höhe der Wolken zu bestimmen. Die auf Anregung von Professor Hildebrandson in Upsala von Ekholm und Hagström ausgeführten Messungen wurden an den Endpunkten einer Basis von 490 m, später von 1300 m Länge angestellt, welche Methode weit leichter ausführ- bar ist und dabei eine grössere Genauigkeit der Messungen zulässt, als es die Beobachtung von einem Standpunkte aus gestattet. Die Resultate der Beobachtungen in Berlin 170 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Sa NT392. und Upsala sind ziemlich übereinstimmende, und er- geben vor allen Dingen, dass die verschiedenen Wolken- formen in bestimmten Schichten sich bilden, deren Höhe jedoch sowohl während des Tages wie während der ver- schiedenen Jahreszeiten innerhalb bestimmter Grenzen auf- und absteigt. Die von Dr. Vettin unterschiedenen fünf Regionen, in denen sich vorzugsweise Wolken bilden, sind folgende: 1) Unteres Gewölk mit unbestimmten Um- rissen, mittlere Höhe 490 m, 2) Wolken mit bestimmteren geballten Formen, tiefen Schatten und hellen Lichtern, 1170 m, 3) Wölkchen mit zarteren Schatten und Lichtern, meist truppweise auftretend und regelmässig gruppiert, dem Himmel bisweilen ein marmoriertes Aussehen ver- leihend, 2260 m, 4) unterer Cirrus in Streifen, Federn, Schäfchen u. s. w. von weisser Farbe, 4020 m, 5) oberer Cirrus 7200 m. Hingegen findet sich der am deutlichsten seine Entstehung aus aufsteigenden Luftströmen verratende Cumulus in allen Höhen, er steigt sogar über den Cirrus; die höchst gemessene Höhe betrug 4700 m. Hierbei ist Region 1 etwa durch Stratus und Nimbus, 2 durch nied- rigen Cumulus und Cumulostratus, 3 durch hochliegenden Cumulus und Stratocumulus nach der älteren Termino- logie wiederzugeben. Die Beobachtungen in Upsala in den Jahren 1884 und 1885 haben unter Voraussetzung einer viel detail- lierteren Terminologie genauere Abstufungen für die ein- zelnen Etagen geliefert, vor allem aber zuerst sicher festgestellt, dass die tägliche Veränderung der Wolken- höhen einen sehr beträchtlichen Wert besitzt. Die mitt- lere Höhe der einzelnen Gattungen erreicht folgende Werte: 1) Gehobener und zerris- sener Nebel: Stratus 620 m 2) Niedr. Wolkenschleier: Nimbus 1530 „ 3) Wolken im aufsteigen- den Luftstrom: Cumulus (Basis) 1390 „, en (Gipfel) 1860 „, 4) Cumulostrat. (Basis) 1400 „, sr (Gipfel) 2850 „, 5) „Falsche Cirri“ 3900 „, 6) Detachierte od. geballte Wolken: Stratocumulus 2330 , 7) Niedrige Altocumuli 2770 ,, Hohe Re 5590 ,, 8) Niedrig. Cirrostratus 5200 „, 9) Cirrocumulus 6470 „, 10) Cirrus 8900 „, 11) Hohe Wolkenschleier: Cirrostratus 9250 „, Die unter 4 aufgeführten Cumulostratuswolken, deren Dicke nach obigen Messungen über 1400 m beträgt, sind die hochgetürmten Gewitterwolken, über deren Gipfel eirrusartiges Gewölk, die sogenannten „falschen Cirri“ schweben, deren Höhe unter 4000 m aber beweist, dass sie nicht zu den höheren Wolken zu rechnen sind, während der feinste Cirrus noch in einer Höhe von 13376 m beobachtet wurde. Eines der interessantesten Resultate der Beobachtungen zu Upsala ist jedoch die Thatsache, dass die Etagen, in welchen die verschiedenen Wolkenformen vorzugsweise sich bilden, im Laufe des Tages eine aufwärts gerichtete Bewegung besitzen. Es befindet sich z. B. die unterste Etage morgens in 500 bis 1000 m Höhe, mittags auf etwa 1500, abends auf 2800—3000 m. Die höheren Wolken steigen in gleicher Zeit etwa von 9000 auf 10000, bis Abends sogar auf 10500 m, so dass das Ansteigen der mittleren Höhe aller Wolken durchschnittlich 2000 m im Laufe eines Tages betragen dürfte. Hieraus folgt aber auch mit Notwen- digkeit, dass namentlich die höchsten Wolken im Laufe des Tages ihre Form wechseln, so zwar, dass die Cirrus- wolken morgens als Cirrocumuli, abends dagegen vor- zugsweise als Cirrostrati erscheinen werden. Dieses Ueberwiegen der Cirrostrati am Abend lässt sich aus einer 20jährigen Beobachtungsreihe in Upsala mit Sicherheit nachweisen. Wenngleich es noch sehr an Bestimmungen von Wolkenhöhen aus anderen Erd- teilen mangelt, welche doch notwendig sind, um durch den Wolkenzug ein zuverlässiges Bild der oberen: Luft- strömungen zu erhalten, ist wenigstens soviel festgestellt, dass die Wolkenformen in allen Teilen des Erdballes dieselben sind, was die von Abercromby auf zwei Reisen um die Erde gesammelten Wolkenphotographien beweisen. Die synoptische Methode der modernen Meteo- rologie hat auch in der Verwertung des den Wolkenzug betreffenden Materials sich fruchtbringend erwiesen, in- dem es gelungen ist, zwischen den Abweichungen des Zuges der oberen Wolken von dem zugleich herrschenden Unterwinde einen bestimmten Zusammenhang festzustellen, wodurch die Einsicht in die Mechanik der grossen Luft- wirbel wesentlich gefördert wurde. Es ist namentlich der Zug der oberen Cirri, welcher am meisten Licht zu verbreiten geeignet ist über die Luftströmungen, welche aus dem Gebiete einer Depression nach Gebieten höheren Luftdruckes wehen. Dem unermüdlichen Eifer von Cle- ment Ley verdanken wir eine Reihe von Regeln über den Zusammenhang des Zuges der Oberwolken mit der jeweiligen Verteilung des Luftdruckes, so dass der Zug und die Beschaffenheit der Cirri dem erfahrenen Be- obachter ein äusserst zuverlässiges Mittel zu Prognosen- zwecken darbietet. Von diesen Oberwolken ist dem von Clement Ley neubenannten „Cirro-filum“ der „faden- förmigen Eiswolke‘“, besondere Aufmerksamkeit zugewendet worden, da sie ame Rande des Regengebietes aufzutreten pflegt, welches gewöhnlich die Vorderseite einer fort- schreitenden Depression einnimmt. Die Richtung der feinen Fäden, welche in aussergewöhnlich grosser Höhe als Vorboten der kommenden Depression erscheinen, lässt einen ziemlich sicheren Schluss auf die Verbreitung des Regengebietes zu, da sie mit dem äusseren Rande desselben parallel verläuft. Da die Wolken aus tropfbar flüssigem oder fest ge- wordenem Wasser bestehen, ist natürlich die untere Grenze der Wolkenregion immer durch die Höhe be- Te RE Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 171 stimmt, in welcher der aufsteigende Luftstrom, der die Bildung der Wolken überhaupt veranlasst, den Taupunkt erreicht hat, indem durch den nach der Höhe abnehmen- den Druck eine Ausdehnung der aufsteigenden Luft- mengen bewirkt wird, welche. wiederum Abkühlung zur Folge hat. In den Höhen. jedoch, in welchen die oberen Wolken schweben, ist die Lufttemperatur bereits unter dem ‚Gefrierpunkte, und das mitgeführte Wasser wird in fester Form ausgeschieden. Dass die Cirruswolken aus feinen Eisnadeln bestehen, wird auch durch die optischen Erscheinungen bewiesen, denn die grossen Ringe um Sonne und Mond, die in hohen Breiten oftmals sehr glänzend erscheinenden Nebensonnen und Lichtstreifen um die Sonne sind nur durch die stark lichtbrechenden und reflektierenden Eisnadeln von bestimmter Form er- klärlich. In den tieferen Schichten bestehen die Wolken aus minimalen Wassertröpfchen, wie dies in den letzten Jahren unzweifelhaft dargethan worden ist, während man bis dahin vorwiegend an der schon im Beginne vorigen Jahrhunderts von Haller und Leibnitz aufgestellten Ä "Theorie festhielt, dass die Wolkenelemente aus überaus kleinen Wasserbläschen beständen. Besser begründete thieoretische Erwägungen haben dazu geführt, keine un- nütz erschwerenden Hypothesen festzuhalten, indem die Unmöglichkeit der älteren Theorie sowohl durch Rech- nung wie auch durch Experimente von Kiessling, ‚namentlich aber durclı direkte mikroskopische Beobachtung der Wolkenelemente von Assmann erreicht wurde. Die auf dem Brocken im November 1884 angestellten Beobachtungen ergaben für die Durchmesser der Wasser- kügelchen, aus denen die niedrigen Wolken bestehen, Werte von 0.006 bis 0.035 mm, während die im Jahre 1880 von Dines an Nebeln in England angestellten mikroskopischen Beobachtungen Durchmesser von 0.016 bis 0.127 mm für den dichtesten Nebel ergaben. Wenn nun auch klar ist, dass durch Kondensation in der mit Dampf gesättigten Luft Nebel entsteht, so zeigen doch die Versuche von R. v. Helmholtz, dass noch etwas hinzukommen muss, um die Verflüssigung des Wasserdampfes einzuleiten. Da Nebel nämlich nicht entsteht, wenn die Luft von allen Staubteilchen völlig befreit ist, selbst wenn die gesättigte Luft unter dem Druck nur noch einer halben Atmosphäre stand, so dass zehnfache Uebersättigung eintreten musste, so ist klar, dass es gewisser Ansatzkerne bedarf; wodurch die Theorie von Aitken eine feste Stütze erhält, derzufolge zur Bildung tropfbar flüssigen Wassers in der Luft not- wendig Staubteilchen überall vorhanden sein müssen. Hiernach also müsste in den ‚Höhen der Wolken fein verteilter Staub anzutreffen sein, da sonst die Existenz von Wolken nicht möglich sein würde. Die auffallend starken und dichten Nebel über grossen Industriestädten sprechen anderseits ‘ganz besonders zu Gunsten dieser Theorie, während eine völlig befriedigende Erklärung für die Herkunft des überaus feinen Staubes in den höheren Schichten der Atmosphäre noch nicht gegeben worden ist. Die Verwertbarkeit des His’schen Embryographen. Von Dr. Karl Müller (Berlin). _ Eines der vorzüglichsten und nützlichsten Hilfsmittel der beschreibenden Naturwissenschaften ist seit jeher das _ wissenschaftliche Bild, vermag es doch oftmals mehr als die Beschreibung zu erläutern, vielmehr diese geradezu zu ersetzen. Wenn nun auch dieser Ersatz nicht immer empfehlenswert ist, so liegt dies in der Natur der Sache. Zunächst stellt das Bild immer nur eine Ansicht des (Gegenstandes dar, dann aber auch nur einen Gegenstand, der im allgemeinen als ein „sichtbarer Begriff“ dem Beschauer entgegengebracht werden soll. Dem Mangel der Einseitigkeit der Ansicht, welche das Bild darstellt, sucht man gewöhnlich dadurch abzuhelfen, dass man den- selben Körper von verschiedenen, charakteristisch er- scheinenden Seiten aufnimmt, dem Beschauer die Kombi- nation der Einzeldarstellungen (Projektionen) zu einem stereometrischen Gebilde überlassend. Setzen wir nun auch die höchste Schulung der konstruktiven Befähigung voraus, welche der Beurteiler des Bildes in den seltensten Fällen als angeborne mathematische Begabung mitbringt, welche vielmehr erst gemeinhin durch den mathematischen Unterricht anerzogen worden ist — oder anerzogen sein sollte — so ist die Individuallität des Bildes schwer zu beseitigen. Darin liegt aber gerade die Bedeutung des wissenschaftlichen Bildes, dass es nicht individuell sein will, ausgeschlossen in den Fällen, wo es sich um einen Fall, etwa um die Darstellung eines ÖOriginales, eines Abdruckes, eines Einschlusses, einer Abnormität etc. handelt. Diese Fälle sind immerhin die selteneren. Viel häufiger ist das wissenschaftliche Bild der Inbegriff einer Reihe von bildlichen ‚Eindrücken des Beobachters, der die gleichartigen Gegenstände mit seinem Auge kritisch mustert, bis mit der logischen Extraktion, welche uns in der Beschreibung als das Resultat der Beobachtung dar- gebracht wird, auch der optische Extrakt, das Bild, odeı' wie ich eben sagte, der „sichtbare Begriff“ geboten werden kann.*) Genau genommen, müssten also wissen- schaftliche Beschreibung und wissenschaftliches Bild simul- tan nebeneinander entstehen, sie verlangen also dasselbe beobachtende (denkende) und gleichende (konstruktive) Subjekt. Daher denn der, wie wir sagen, naturgemässe Wunsch jedes Gelehrten, seine Beobachtung durch das Bild von seiner Hand illustriert zu sehen, daher der Wert der Originalzeichnung. Hier tritt nun wieder eine *) Was in der formalen Logik der Begriff ist, ist in der beschreibenden Naturwissenschaft die Art. Dem Artbegriff soll das Bild aequivalent sein. 172 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 22 Schwierigkeit entgegen, die Frage nach der technischen, der handlichen Fertigkeit, der gegenüber sich leider mancher tüchtige und schätzenswerte Forscher das Ge- ständnis machen muss: Wollen habe ich wohl, aber vollbringen finde ich nicht. Die Not macht aber erfin- derisch, das Dilemma wird überwunden. Man lässt einen Zeichner kommen und spart sich durch ihn obenein seine Zeit. Dieser Aussweg ist nicht übel, und wo er zum Ziele führt, gewiss empfehlenswert; aber im all- gemeinen ist die Schwierigkeit nur auf andere Schultern übergegangen und nicht immer zum Vorteil für die Sache. Denn ist die bildschaffende Hand wirklich ge- funden, ist der Zeichner mit allen Feinheiten der Technik vertraut, dann ist die Frage immer noch die offene, ob dadurch unabhängig zu machen, dass der Gelehrte selbst entwirft und sein eigener Zeichner wird. Es bedarf hier kaum eines Hinweises auf die aus solchen Bedürf- nissen hervorgegangenen bekannten Zeichenapparate, auf das einfache Zeichenprisma, auf die Camera lucida, die Spiegelapparate etc. Hier soll nur auf einen Zeichenapparat hingewiesen werden, dessen Verwertbar- keit, wie es scheint, noch nicht genügend geschätzt worden ist, wenigstens nicht im Kreise der Botaniker. Die Schuld hieran trägt vielleicht der Name des Appa- rates, vielleicht auch der immerhin die Beschreibung eines derartigen Apparates nicht vermuten lassende Ort der Publikation, welche denselben betrifft, ich meine den von His konstruierten Embryographen, der in der nebenstehend veranschaulichten kompendiösen Form von der rühmlichst bekannten Firma E. derselbe nun begabt genug ist, den Intentionen des Auf- traggebers folgen zu können, gleichsam das denkende Sub- jekt in sich aufzunehmen. Der Zeichner sollte eigent- lich in sich die ganze logische Entwicklungsfolge wieder T abspielen lassen, welche sich in dem Auftraggeber bereits abgespielt hat. Die um Schwierigkeit sinkt dabei = wieder auf ein Minimum herab, wo es sich um eine einfache Darstellung handelt. Anders, wo dieser Fall, wie es eben häufiger ist, nicht Hartnack (Potsdam) in vorzüglicher Ausführung geliefert wird. His hat diesen Zeichenapparat be- reits 1880 in seiner „Anatomie menschlicher Embry- onen‘ beschrieben, und Hartnack brachte bald darauf einen erläuternden Aufsatz unter dem Titel: „Ueber einen neuen Zeichnungsapparat (Embryo- graph)“ in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde‘“ (Sept. 1881). Wie aus der Figur ersichtlich, stellt der Embryograph, — wir möchten ihn lieber einen Auxanographen nennen — eine Kombination eines einfachen Mikroskopes (Simplex) und einer Oberhäuserschen Camera dar. Er besteht. dem- entsprechend aus. dieser, einem Objektivsystem, einem Objekttische und einem Beleuchtungsspiegel. Wesentlich istan dem Appa- rate die Verschiebbarkeit der vorliegt. Hier bemüht sich der Auftraggeber durch eine Art Instruktion dem Zeich- ner seine Intentionen ein- zuimpfen. Ist nun der Zeichner geschickt*) und verständig, dann wird das und der Camera. Letztere kantigen in Millimeter geteil- ten Triebstange von etwa 280 mm Länge unabhängig Bild befriedigend ausfallen, voneinander. selten aber erreicht es in allen Punkten das Ideal, welches sich der Auftragsgeber gebildet hatte, ohne dass den Zeichner ein Vorwurf treffen kann. Sollen sich ideelles und reelles Bild annähernd völlig decken, dann müssen sich auch die logischen Vorstellungen des Auftrag- gebers und des Zeichners annähernd völlig decken, d.h. beide müssen annähernd auf gleicher Stufe stehen. Wie selten dies der Fall, lehrt die Erfahrung, noch mehr aber die Existenz und die immer mehr sich vervollkommnende Produktion von Apparaten, welche darauf hinzielen, die technischen Schwierigkeiten des wissenschaftlichen Zeich- nens herabzumindern und den Gelehrten vom Zeichnen *) Man bezieht das geschickt gewöhnlich nieht nur auf die handliche Fähigkeit. rates lässt sich nun aufs Einfachste verständlich machen. Nehmen wir an, die Objektivlinse (resp. eine Linse, welche dem Systeme op- tisch aequivalent ist, sei in der Entfernung e (welche grösser ist als die Brennweite der Linse) von dem Objekt- tische auf der Triebstange festgestellt, dann entwirft die- selbe von einem auf dem Objektische liegenden Objekte ein Bild in einem bestimmten Abstande E (wo E > e) hinter der Linse. Soll das Bild mit der Camera ent- worfen werden, so muss die Camera gerade so weit von der Linse entfernt festgestellt werden, dass das bild- empfangende Prisma der Camera in der Entfernung E von der Objektivlinse. absteht. : drei erstgenannten Teile, be- sonders des Objektivsystems bewegen sich auf einer drei- Die Wirkung des Appa- Die Zeichenebene wird ‚dann durch die Camera nach G verlegt. Verschiebt man bb: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 173 nun die Objektivlinse so, dass der Abstand e von dem Objekte grösser wird, dann verschiebt sich auch das (nun bekanntlich kleiner werdende) Bild hinter der Linse und zwar derart, dass die Entfernung E des Bildes von der Linse Kleiner wird. Um das neue, kleinere Bild mit dem Prisma der Camera aufzufangen, muss-also diese näher an das Objektivsystem herangerückt werden, was durch Verschieben auf der Triebstange leicht ermöglicht wird. Man erhält also das möglich kleinste Bild, wenn das Objektivsystem seine weitest zulässige Entfernung vom Objekttische hat; dann ist die Camera dicht über dem Ob- jekte einzustellen. ‚Jeder Stellung des letzteren entspricht eine Stellung der Camera. Das Hartnack’sche ist nun so eingerichtet, dass es alle Vergrösserungen zwischen der vierfachen und der 70fachen zulässt. Die Vergrösserungs- ziffer lässt sich in der bekannten Weise durch Zeichnen eines Objektes von bekannter absoluter Grösse (etwa eines Glasmikrometers) feststellen und regulieren. Fürannähernd normale Augen giebt Hartnack übrigens eine leicht ver- ständliche Einstellungstabelle, auf welche hier nicht ein- gegangen werden soll, weil sie mit der hier interessierenden “Theorie nicht in direktem Zusammenhange steht. Die Nützlichkeit des Apparates liegt nın vor allem darin, dass derselbe die Möglichkeit bietet, genaue Kon- tourzeichnungen bei sehr schwachen Vergrösserun- gen zu entwerfen, während die schwächsten Objektiv- systeme an zusammengesetzten Mikroskopen wohl niemals gestatten, unter die 20 bis 30malige Vergrösserung herabzugehen, meist ist sogar das noch nicht möglich. Die allgemein gebräuchlichen schwächsten Objekte liefern zumeist 45 bis 60fache Vergrösserung. Der His’sche Apparat erspart also oft das so lästige Verkleinern von wissenschaftlichen Zeichnungen zum Zweck der litho- graphischen Reproduktion desselben. Ein weiterer nicht minder schätzbarer Vorteil des Apparates ist aber darin zu erblicken, dass er die Vergrösserung der Zeichnung auf ein bedeutendes Intervall und zwar mit allen Zwischenstufen (4 bis 70Ofach) gestattet und die Ver- grösserung ganz nach Belieben von dem Beobachter be- herrscht wird. Auf diese Vorteile aufmerksam gemacht zu haben, sollte der Zweck dieser Zeilen sein. Möchten sie dazu beitragen, dem Apparate Freunde in weiteren interessierten Kreisen zu erwerben. Aus dem Gesellschaftsleben der Ameisen. Von H. J. Kolbe, Assistent der zoolog. Abteilung des Kgl. Museums für Naturkunde zu Berlin. Seitdem der englische Naturforscher Lubbock die so merkwürdige Lebensweise der Ameisen der Mitwelt näher vor die Augen geführt hat, haben andere Beob- achter das Leben und Treiben dieser Tierchen noch weiter erforscht. Die Kenntnis dieses Gebietes ist aus leicht erklärlichen Gründen noch nicht erschöpft. Diejenigen Archive, welche vornehmlich eine Fülle von Aufzeichnungen aus dem Gesellschaftsleben der Ameisen enthalten, sind John Lubbock's „Obser- vations on Ants, Bees and Wasps“ (‚Journal of the Lin- nean Society. Zoology. 7 Teile 1874—80). — Ferner A. Forel’s „Etudes myrmecologiques“. 3 Teile (Lau- sanne 1876—81) und „Les fourmis de la Suisse“ (Geneve 1874). Professor VitusGraber hat demselben Thema ein Kapitel in seinem Werke „Die Insekten“ (München 1874, II. Teil S. 225—261), gewidmet. Kürzlich teilte von zur Mühlen einiges aus dem Leben der Ameisen in den Sitzungsberichten der Dor- pater Naturforschergesellschaft (Sitzb. 1887 S. 327—333) mit. Dieser Forscher untersuchte zu Beginn des Winters einen Haufen der roten Waldameise, Formica rufa. In- folge der Störung, welche die Untersuchung verursachte, kamen einige Ameisen trotz des kalten Wetters (es hatte bereits gefroren) aus dem Innern des Haufens hervor, waren aber sehr träge in ihren Bewegungen und blieben bald erstarrt an der Luft liegen. Einige Tage später, als die wärmende Sonne die Temperatur gemildert hatte, waren einige andere Ameisen derselben Art aus .dem Haufen hervorgekommen und krochen zwischen ihren noch immer bewegungslos daliegenden Genossen umher. Interessant war esnun, zu beobachten, wie die kräftigeren Tiere ihre halberstarrten Brüder wegzutragen bemüht waren. Ihr Beobachter fing einige ein, sperrte sie in ein Glas und stellte dieses in sein Zimmer. Darauf setzte er ihnen etwas Honig vor. Augenblicklich stürzten sich die kräftigeren Exemplare gierig auf das vorgesetzte Futter, leckten einige Zeit an demselben und kehrten zu ihren ermatteten Genossen zurück, die sie mit den Fühlern streichelten und zu füttern begannen, worauf letztere sich bald erholten. Wie anziehend ist es, dass die Ameisen ihren leidenden Genossen zuweilen behilflich zu sein bestrebt sind. In anderer Weise bethätigen sich die Ameisen, in- dem sie Sklavenjagden veranstalten, auf Sklavenraub aus- gehen. So verfährt Formica sanguinea, eine ziemlich grosse Waldameise.. Zu dieser Art gehören freilich schon Arbeiter, doch ist deren Zahl gering. Deshalb führen jene alljährlich Raubzüge aus, überfallen die Ko- lonien schwächerer Arten, nämlich der Formica fusca und rufibarbis, vertreiben dieselben, rauben deren Puppen und tragen diese entweder in ihren alten Bau oder nehmen, was auch nicht selten vorkommt, von dem neuen Besitz. Die bald auskriechenden fremden Ameisen verwenden sie als Arbeiter (Sklaven), worin diese sich bald finden. Ihre Thätigkeit, ‚die mannigfaltig genug ist, besteht im Heranschleppen von Baumaterial, im Auf- und Ausbau des Haufens, im Anlegen der labyrinthartig verlaufenden Gänge und Stege, im Aufspeichern von 174 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NIE Lebensmitteln, in der Beaufsichtigung der Larven und Puppen, in der Fütterung jener und auch in der Fütte- rung der Herren selbst. Dadurch, dass letztere sogar sich füttern lassen, geraten diese in ein Abhängigkeits- verhältnis von ihren. Sklaven, das unter Umständen für sie verhängnisvoll wird. Lubbock hat beobachtet, dass Angehörige einer Polyergus-Art, die gewohnheitsmässig sich von ihren Sklaven die Nahrung zutragen und in den Mund stecken liessen, verhungerten, wenn die Sklaven ihnen weggenommen wurden, obgleich Speisevorräte (Honig) ringsum in Fülle vorhanden waren. Sie hatten also verlernt, selbst Nahrung zu sich zu nehmen. . Indess erhielt er ein Individuum derselben drei Monate am Leben, indem er täglich auf kurze Zeit einen Sklaven zu ihm liess, der ihn fütterte. Dass die Ameisen recht. mordlustig sind und sogar grössere Tiere, wie Eidechsen, Insektenlarven, anfallen und überwältigen, kann man gelegentlich beobachten. Um so auffallender ist es daher, dass sie eine Anzahl sehr Kleiner Insekten in ihren Kolonien wohnen lassen. Doch das ist erklärlich; denn von einigen dieser kleinen Mitbewohner weiss man ja, dass sie aus ihren Hinter- leibsringeln einen angenehm schmeckenden Saft absondern, “ den die Ameisen mit Begier. ablecken. b£ Kleinere Mitteilungen. Eine bedeutende „Studie über den Hypnotismus“ von Prof. Cesare Lombroso in Turin liegt uns in dritter Auflage vor. Das epochemachende Werk desselben Verfassers über „die Natur- geschichte des Verbrechers“ wurde schon auf Seite 81- 83, Bd. II der „Naturw. Wochenscehr.“ einer eingehenden Besprechung unter- zogen.. Der Verfasser unterwirft die Ursachen, Erscheinungen und Wirkungen des Hypnotismus den scharfsinnigsten Bstrachtungen; er berichtet über die Empfindungs- und Bewegungsstörungen, die Beherrschung der einzelnen Muskeln, über das Erinnerungsvermögen, die Feinheit der Sinne und die Reflexerregbarkeit in den verschie- “denen Stadien. Ganz besonders bespricht er die Gefahr einer Be- einflussung des menschlichen Kürpers durch künstlich erregten Hyp- notismus zumal bei wiederholter Einwirkung, wozu er ein umfassen- des Beweismaterial beibringt und verbreitet, sich in eingehendster Weise über die stattfindenden psychischen Vorgänge. woraus wir folgendes entnehmen: Hypnotische Erseheinungen werden durch grüsse fühlbare oder sinnliche Eindrücke oder auch durch starke Ermattung hervorgerufen. ‘Wird die Netzhaut der Augen zu lange oder zu lebhaft von der roten Farbe gereizt, die Komplementärfarbe ist. Hat man zu lange auf ein Rad, welches sich bewegt, auf eine Karte, dıe gedreht wird, überhaupt auf einen stetig bewegten Gegenstand den Blick geheftet, so entsteht eine ‚fortwährende Täuschung, welche uns die Dinge im enrgegengesetzten Sinne bewegt erscheinen lässt. Daraus ist zu schliessen, dass, wenn ein Organ einer längeren Erregung ausgesetzt wird, es derselben ‚einen Widerstand entgegensetzt, welcher durch die Dauer der Ein- wirkung vermehrt wird. Wird nun plötzlich ein Organ einer er- regenden Wirkung unterworfen, so versucht es seinen normalen Zustand wieder zu erlangen und zwar mit einer Bewegung, welche ‘der einer Feder zu vergleichen ist, die mit abnehmenden Schwankungen in ihre vorige Lage zurückzukehren strebt. Aehnliche Erscheinungen begegnen uns im Wahnsinn; so wurde ein Mädehen wahnsinnig durch den Tod der Mutter und glaubte diese stets glücklich zu sehen. Ueberhaupt ist festgestellt, dass angenehme Täuschungen aus schmerzlichen Ursachen hervorgehen. Die Träume liefern uns dazu ein stetiges Beweismaterial. Man ‘nennt diese höchst merkwürdige Erscheinung im weiteren Sinne Transfert. d.h. eine Umwandlung der Wirklichkeit in das Gegenteil. Durch die hypnotische Einwirkung wird bewiesen, wie gering ‚die freie Willenskraft des Menschen ist, da sie von einem glänzen- den Gegenstande, von einer Glasscherbe oder einem Magneten ab- hängig sein kann. Augenscheinlich bringt der Magnet eine Ver- änderung im Gehirn hervor, welche als analog derjenigen der Moleküle des Bisens betrachtet werden kann, denen ein Magnet sich nähert. Die neuesten Forschungen von Rochas haben ergeben, dass den verschiedenen Polen des "Magneten besondere Wirkungen eigentümlich sind, so traten mit dem positiven Pole Erregungen der Muskeln, Täuschungen und Taubheit ein, welche verringert wurden, sobald man das negative Ende anwendete. Das gleiche wurde erreicht, wenn man anstatt eines Magneten Körper pusitiver oder negativer Rlektrieität verwendete, beide zugleich waren inaktiv. Der Abschnitt endet mit dem wichtigen Schlusse, dass das Denken eine Molekularbewegung des Gehirns ist, und dass uns die hypnotischen Zustände bisher nur deshalb so geheimnisvoll geblieben sind, weil man die Erklärung derselben auf unverständlichste Weise in den kompliziertesten Gesetzen gesucht hat, während sie einfach unter das Gesetz der Bewegung zu rechnen sind. Es ist zu beklagen. dass das nur in italienischer Sprache erschienene Werk des hervorragenden Verfassers nur einem verhältnis- mässig geringen Teile der wissenschaftlichen Welt zugänglich ist, so kommt die Empfindung von Grün, welches um so mehr aber glaubten wir, wenigstens dies Wenige aus der Fülle hochinteressanten Materials herausgreifen zu sollen. Th. Waage Das mathematische Pendel lässt sich bekanntlich nicht in Wirklichkeit herstellen, man kann demselben nur mit mehr oder minder grosser Vollkommenheit nahe kommen. Das vollkommenste leistet wohl in dieser Beziehung das von Bottomley (Philosophical Magazine) angegebene Pendel. Dasselbe besteht aus einem halbierten Coconfaden, welcher also keine Torsion mehr besitzt, von 1 Fuss Länge, an welchem ein Schrotkorn von 1/j, engl. Zoll Durchmesser befestigt ist. Dieses Pendel befindet sich in einem Glasrohre, welches mittels einer Luftpumpe auf ein Zehnmilliontel-Atmosphäre evakuiert ist. Erteilt man diesem Pendel eine Anfangsschwingung von 1/5 Zoll Amplitude und sorgt natürlich dafür, dass keine Erschütterungen u. Ss. w. störend einwirken, so lässt sich noch nach 14 Tagen eine Bewegung des Pendels wahrnehmen, was bisher von keinem der- artigen Pendel geleistet wurde. A. G. Neue Beziehungen zwischen der Elektrizität und dem Licht. — Unter diesem Titel hat €. Marangoni in den „Rendi- conti della R. Academia dei Lincei 1887“ Beobachtungen veröffent- licht. Der Verfasser liess Glas- und Krystallplatten in der Weise von dem elektrischen Funken durchbohren, dass er die Platten, umgeben von einer isolierenden Flüssigkeit (meist Petroleum), aut Quecksilber schwimmen liess, welches als negative Elektrode diente, während eine aut die Platte aufgesetzte Drahtspitze mit dem positiven Pole eines Induktoriums verbunden war. Auf diese Weise war nur die Eintrittsstelle der Entladung bestimmt, die im übrigen frei der Linie des geringsten Widerstandes folgen konnte. erste Versuch geschah mit einer Platte von isländischem Doppelspat, welehe durch Abspaltung parallel den Rhombotderflächen erhalten war. Es ergab sich folgendes: Die Entladung erzeugte im isländischen Spat ein geradliniges Der Loch, während dasselbe im Glas schlangenförmig ist. Die Entladunng folgte nicht, wie anzunehmen, der Richtung der Spaltungsflächen, d. h. einer den Kanten parallelen Geraden, sondern der Hauptachse des Rhomboeders, d.-h. der optischen Achse. Iinigen Loches beobachtete man zwei zu einander senkrechte Sprünge, deren einer im Hauptschnitt lag. Versuche mit einer parallel zu den Würfelflächen rechteckigen Steinsalzplatte ergaben eine gerade, Längs dieses gerad- A N ne 2 en zu den Endflächen senkrechte Durchbohrungslinie und zwei grosse > Risse, die zu einander senkrecht und parallel zu den Würfelflächen standen, ferner zwei sehr kleine Sprünge, welche die von dem ersten Paare gebildeten Winkel halbierten und sonach parallel zu den Flächen des Rhombendodekaedern lagen. Im Nörremberg’schen Polarisa- tionsapparatim dunklen Felde betrachtet, zeigt die Platte ein weisses Kreuz, dessen Schnittpunkt im Durchbohrungszentrum liegt, und welches am hellsten erscheint, wenn die Ebenen der grossen Risse die Winkel zwischen den Polarisationsebenen halbieren. Ein zweites, weniger intensives Maximum tritt auf, wenn man den Krystall um 45° dreht, so dass die kleinen Sprünge nunmehr die frühere Stelle der grossen einnehmen. Dreht man dann das Steinsalz um Ya eines- rechten Winkels, so erscheint ein schwächerer heller Stern mit acht Strahlen, entsprechend den beiden Sprungsystemen. ) des Nieols um 90°, also im hellen Felde, erhält man die Comple- mentärerscheinungen zu den vorigen. Durchbohrtes Glas dagegen zeigt bekanntlich im dunklen Felde ein helles Kreuz, halbieren, und welches, selbe Lage gegen die Nicols beibehält. wie man auch die Platte drehen mag, die- Durch Vergleich dieser Er- dessen Arme die Winkel der Polarisationsebenen Bei Drehung .— ' ‚scheinung geeignet. Nr. 22. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 175 scheinungen mit’ den von einer gepressten Glas- oder Steinsalzplatte dargebotenen ergiebt sich, dass in dem von der Entladung durch- bohrten Glase wie Steinsalze die Dichtigkeit in den Ebenen der Sprünge geringer, in den Halbierungsebenen der von diesen gebil- deten Winkel grösser geworden ist als zuvor. Kalkspat zeigt dies nicht. Aus der Stellung der Risse zur Funkenbahn schliesst der Ver- fasser, dass auch die Blektrizität wie das Licht sich durch trans- versale Schwingungen fortpflanzt. Wie das Licht in einem amorphen Medium (z. B. Glas) durch jede noch so geringe Ursache fortwährend seine Schwingungsebene, nicht aber seine Fortpflanzungsriehtung ändert, so auch die elektrische Entladung. Die Erscheinungen« bei ‚der Durchbohrung von Krystallen sind nach dem Verfasser in voller Uebereinstimmung mit der Fresnel’schen Theorie, dass die Schwin- gungen des Aethers leichter parallel zu den Schichten der Moleküle als schräg zu denselben erfolgen, dass dalier jede zur Elektrizitüts- achse des Krystalls schräge. elektrische Schwingung sich in zwei Schwingungen zerlegt, die eine parallel, die andere senkrecht zu ‚dieser Achse. In anderer Hinsicht ist jedoch das Verhalten der Elektrizität verschieden von dem des Lichtes, insofern letzteres die Krystalle nach allen Richtungen durchsetzt, die Entladung nur nach bestimmten; ferner fehlt ein der Doppelbrechung analoges elektrisches Phänomen. Nach dem Durchgang durch Kalkspat bleibt endlich das Licht polari- siert, die Entladung aber nicht; sie geht durch eine unter dem Spat liegende Glasplatte und bildet dabei Sprünge nach allen Azimuten. i Dr. B. Dessau. Ueber Lichterscheinungen durch mechanische Ein- wirkung. — Eine namentlich an anorganischen Substanzen, aber auch an Kohlenstoffverbindungen wie z. B. Weinsäure und Zucker, beobachtete‘, jedoch noch nicht genügend aufgeklärte Eigenschaft fester Körper ist die Erzeugung von Lichterscheinungen durch den Einfluss _ mechanischer Einwirkungen, ‚welche der Kohäsion entgegen- wirken, wie das Zerbrechen oder Zerstossen. Schon im Jahre 1811 betrachtete Heinrich derartige Lichterscheinungen als Folge auf- gehobener Kohäsion und bezeichnete dieselben mit dem Nemen „Trennungslicht.* Gmelin bemerkte 1844, „dass die meisten farb- losen oder schwachgefärbten starren Körper beim Reiben oder Schlagen leuchten,“ und zählte in seinem „Handbuch der Chemie“ eine ganze Reihe hierher gehöriger Beispiele auf. Seitdem hat aber dieses ganz eigenartige Phänomen nur wenig Beachtung mehr ge- funden. und erst in jüngster Zeit hat Professor F. Kratft in Heidelberg bei seinen Untersuchungen über hochmolekulare Benzol- ‚derivate (Ber. d. D. chem.. Ges. 1886, S. 2982; 1888, S. 2265— 2271) ‘Gelegenheit gehabt, eine Reihe von Körpern kennen zu lernen, welche diese interessante Eigenschaft in besonders hohem Grade besitzen. Es sind dies gewisse Ketone, welche durch Einwirkung ‚der Chloride hochmolekularer Fettsäuren auf aromatische Kohlen- wasserstoffe entstehen. Von den Beobachtungen des genannten Forschers seien hier (die folgenden kurz erwähnt: Wenn man Pentadecylphenylketon (aus Palmitylchlorid und Benzol dargestellt) in etwas grösserer Menge schmilzt und die ‘ wieder erstarrte Masse zerbricht oder-zerschneidet,- so treten an.den "Trennungstlächen intensive Lichterscheinungen auf, die im dunklen oder halbdunklen Raume den Eindruck eines blaugrünen Funken- ‚sprühens machen. Das Pentadecyltolylketon (aus Palmityl- ‚chlorid und Toluol) ist noch besser zur Demonstration jener Er- Schmilzt mam dasselbe auf erwärmtem Wasser in einer Porzellanschale zu einer mehrere mm dieken Schicht und ‚stellt hierauf die Schale in kaltes Wasser, so geht der grösste Teil ‚des Ketons an die Wandungen und erstarrt zu einer harten krystal- linischen Kruste. Diese zeigt beim Zerbrechen oder Zerreiben blau- grüne Funken von grosser Intensität. Die kleinsten Fragmente "besitzen selbst nach wochenlangem Liegen noch diese Eigenschaft. Auch das trocken geschmolzene und wieder erstarrte Keton verhält sich ebenso. Krafft hat ferner in dieser Hinsicht noch studiert: Das Pentadecylxylylketon (aus Palmitylchlorid und m-Xylol), «das Pentadecylparaanisylketon (aus Palmitylchlorid und Anisol), ‚das Pentadeeylparaphenetylketon (aus Palmitylchlorid und Phenetol), das Pentadecyldimethylresoreylketon (aus Palmi- tylchlorid und Dimethylresorin) und endlich das Heptadecyl- paratolylketon (aus Stearylchlorid und Toluo!). Alle diese hochmolekularen Ketone sind der leichten Zugäng- lichkeit wegen als Ausgangsmaterial zu verschiedenen weiteren Ver- suchen wohlgeeignet. Dr. Max Koppe. Zur Kenntnis des Chlorstickstoffs. — Der 1811 von Dulong entdeckte und als heftiger Explosivkörper bekannte und gefürchtete Chlorstickstoff war bis jetzt noch nieht auf rein gewichts- analytischem Wege analysiert worden. Seine Zusammensetzung wurde von verschiedenen Förschern verschieden angegeben, so als NC];. als N, Cl;H. Der Hauptgrund für diese verschiedenen Resul- tate liegt darin, dass die Substanz wegen ihrer. Gefährlichkeit nicht gereinigt und nieht gewogen wurde. Neuerdings hat es L. Gatter- mann (Ber. d. d. chem. Ges. XXI, 751) unternommen, den gefähr- liehen Körper genauer zu analysieren. Der Chlorstickstoff wurde in dem von Victor Meyer (Ber. d. d. chem. Ges. XXI, 26) beschrie- benen Apparat dargestellt. Ein mit Chlor gefüllter Kolben taucht mit der Mündung in einer mit Chlorammon-Lösung gefüllten Schale ein. Unter- der Mündung des Kolbens befindet sich eın Bleischälehen mit Handgriff. Der ganze Apparat ist von einem Glaskasten um- geben, um den Experimentierenden möglichst vor Explosionen zu schützen. Die Reaktion zwischen Chlor und Chlorammon beginnt in der durch Capillarität an der Glaswandung hochgezogenen Salmiak- lösung. Es fallen von dieser fortwährend kleine Tröpfehen Chlor- stickstoff herab, welche als dünne Haut auf der Flüssigkeitsober- fläche sich verbreiten. Schliesslich erhält man eine Anzahl dicker gelber Oeltropfen, welche man durch Schütteln des Kolbens in die unter diesem befindliche Bleischale fallen lässt. Diese wird vorsichtig herausgenommen, und der Chlorstickstoff in einen dünnwandigen Scheidetrichter gegossen. Trotz der mit dieser Manipulation ver- bundenen beträchtlichen Reibung explodierte der Körper bei den Gattermann'schen Versuchen nieht. Er wurde dann mit Wasser gewaschen bis zum Verschwinden der Chlorreaktion, und zur Ent- fernung von etwa gelöstem Chlor Luft durchgeblasen. Nachdem das noch feuchte Produkt aus dem Trichter in kleine mit Ausguss versehene Glasgefässe gebracht worden, wurde es durch Schütteln mit Chlorcaleium getrocknet und in die eigentlichen Wägegläschen gegossen. Analysiert wurde der Körper in der Weise, dass man ihn mit Ammoniak behandelte, wobei er inN, HCl und NH,Cl zer- fällt, und das Chlor bestimmte. Aus den erhaltenen Resultaten folgt, dass der Chlorstickstoff (wenigstens der auf diese Weise er- haltene) ein nach den Umständen wechselndes Gemenge von mehreren hochehlorierten Ammoniaken ist. Je länger die Einwirkung des Chlors stattfindet, desto chlorreiecher wird das Produkt. Reines NCl, erhielt Gattermann aus dem rohen Chlorstickstoff durch Ein- leihen von Chlor. Direktes Sonnenlicht muss bei diesen Versuchen vermieden werden. da es, ebenso wie Magnesiumlicht, den Körper zum Explodieren bringt. Beim Erwärmen bleibt Chlorstickstoff bis 90° unverändert, bei ca. 950 explodiert er sehr heftig. Die Wirkung der Explosion ist besonders nach unten lokalisiert; so wurde das Drahtnetz, auf welchem das Becherglas mit NCl, erhitzt wurde, glatt in Form eines Kreises durchgeschlagen, das eingesenkte Ther- mometer nur am unteren Teil zerträmmert. Dr. M. Bragard. Ueber den Kometen 1888: Sawerthal. — Der erste Komet dieses Jahres hat verschiedene so merkwürdige Erscheinungen dar- geboten, dass es wohl auch grösseren Kreisen von Interesse sein dürfte, etwas näheres über denselben zu erfahren. Am 21. Februar d..J. wurde die Sternwarte in Kiel, bekannt- lich Centralstelle für astronomische Telegramme, von der drei Tage vorher am Kap der guten Hoffnung durch Herrn Sawerthal er- folgten Entdeckung eines Kometen benachrichtigt. Nach ander- weitiger. brieflicher Mitteilung geschah das Auffinden ganz zufällig indem Herr Sawerthal beim Verlassen des Photographierhäuschens spät in der Nacht am Himmel einen Gegenstand gewahrte, der ilım gleich wie ein Komet vorkam; er vergewisserte sich zunächst mit Hilfe eines Opernglases von der Realität der Entdeckung und weckte dann sofort den Öbservator Herrn Finlay, welcher noch die letzten vierzehn Tage vorher eifrig nach Kometen gesucht hatte aber vom Glück weniger begünstigt worden war. — Die mit Hilfe der ersten Ortsbestimmungen abgeleiteten Elemente wurden ebenfalls tele- graphisch nach Kiel übermittelt. und die aus ihnen berechnete, aller- dings noch sehr rohe, Ephemeride zeigte gleich, dass der Komet eine starke Bewegung nach Norden habe und bald in Europa be- obachtbar sein werde. In Palermo wurde er schon am 12. März gesehen und am 17. beobachtet; seitdem sind allein in den Astro- nomischen Nachrichten über 100 Ortsbestimmungen des neuen Himmels- körpers von den verschiedenen Sternwarten der Nord- und Südhalb- kugel veröffentlicht worden. Die vorläufige Bahnbestimmung ist schon von vielen Astronomen unternommen worden; von parabolischen Elementen kam man bald auf elliptische und diese ergaben eine Umlaufszeit von über 2000 Jahren. Einige Zeit war der Komet auch in unseren Breiten dem blossen Auge sichtbar, er durchwanderte im Mai und Juni das Sternbild der Andromeda und ging später nach der Cassiopeja; am 26. August erreicht er mit 55° 17° den nördlichsten Punkt seiner scheinbaren Bahn. Während dieses Laufes hat er nun aber einige ganz charakte- ristische Merkmale dargeboten; zu Anfang wurde er übereinstimmend als eine rotgelb aussehende Nebelmasse mit einem Kern von der Helligkeit eines Sternes 7—8”, und einem 2—3° langen Schweif geschildert; bald wurden jedoch nähere Details bekannt. Der Kern sah bei mässiger Vergrösserung und guter Luft birnförmig aus, löste sich jedoch in stärkeren Fernröhren in 2 oder 3 getrennte Lichtknoten auf, ähnlich wie der Kern des grossen Kometen von 1882. Eine genaue Beschreibung der Teilung giebt Cruls aus Rio) de Janeiro und fast übereinstimmend mit ihm Tebbut in Neu-Süd-Wales; da- 176 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. - Nr. zu nach war der der Sonne am nächsten liegende Kern am hellsten, der mittlere etwas weniger leuchtend und der dem Schweif zunächst sich befindende am schwächsten. Baron Engelhardt in Dresden schildert den Kern als gelblich weiss und doppelt, den Hauptkern als scheibenförmig, seinen Begleiter kleiner und sternartig, 6.3 südlich vorangehend. — Das Spektrum des Kometen wurde von Ricco, Tacehini und Maunder als kontinuierlich und schwach befunden; die drei Kohlenstoffbanden traten deutlich hervor. Der Schweit war in der Nähe vom Kern ganz schmal, ver- breiterte sich dann ziemlich stark und nahm zugleich eine deutlich erkennbare Krümmung an; in der Mitte verlief ein auffallend heller Lichtstreifen Später entdeckte man noch einen zweiten Schweif, der unter bedeutend kürzer war als der Hauptschweif. Am auffallendsten war jedoch die am 23. Mai hervortretende Lichtentwicklung und Formveränderung des Kometen; sämtliche Angaben stimmen‘ darin überein, dass der Kern um 2—3 Grössen- klassen an Helligkeit zugenommen habe. Ausserdem zeigten sich am Kopf zwei nach Nord und Süd verlaufende Lichtsicheln, während vom alten Schweif nur Spuren sichtbar waren, so dass einige Astro- nomen glaubten ein ganz anderes Objekt im Fernrohr zu haben. Besonders merkwürdig ist der Prozess deshalb, weil der Komet schon ziemlich weit von der Sonne entfernt war; bekanntlich hat man -an früheren Kometen ähnliehe Vorgänge beobachtet, aber nur in grosser Sonnennähe und diese gerade zur Erklärung der erhöhten Licht- thätigkeit angeführt. Nach kurzer Zeit sank der Komet zu seiner früheren Licht- stufe hinab, nahm auch allmählich wieder die alte Form an. dem ist er immer schwächer geworden; leider an vielen Orten die Beobachtungen während der letztem 4—5 Wochen verhindert; in einem ziemlich grossen Refraetor erschien der Komet am 9. Juli trotz verhältnismässig guter Luft nur noch als ein. blasser Nebelstreif ohne deutlich erkennbaren Kern. Durch mächtigere Fernröhre werden aber hoffentlich noch längere Zeit Ortsbestimmungen möglich sein, wodurch die definitive Bahn ausser- ordentlich an Sicherheit gewinnen würde. Dr. B. Matthiessen. Fragen und Antworten. Wie kommt der häufig auftretende klebrige Ueber- zug auf den Blättern vieler Laubbäume, z. B. Acer platanoides zu Stande ?- "Der ‘„klebrige“ Ueberzug der Blätter ist zwar schon Plinius ‚bekannt gewesen, seine Bedeutung und die Ursachen seines Auf- tretens sind uns abernoch heute völlig unbekannt. Die Erscheinung ist unter dem Namen „Honigetau“ (Melligo, Mel aeris, Ros mellis) bekannt und knüpft sich an dieselbe schon eine recht umfangreiche Litteratur. ‘welche Sorauer im ersten Bande-seines „Handbuch der Pflanzenkrankheiten“ (Berlin 1886, 2. Aufl.) Seite 106-109 zusammen- - gestellt hat. Der Honigtau ist eine zuckerhaltige Ausscheidung der Blattoberfläche und zwar der Oberhautzellen derselben (Meyen), eine Beteiligung des Spaltöffnungsapparates soll ausgeschlossen sein. Das Auftreten des Honigtaues wird bei anhaltend warmer und zu- gleich trockener Witterung beobachtet. Der Wassergehalt des Bodens ist einflusslos, denn auch Pflanzen. welche mit ihren Wurzeln direkt im Wasser standen, haben schon die Honigtaubildung gezeigt. Die chemische Natur des Honigtaues haben Boussingault, Zöller und Langlois studiert. Sie fanden in dem Sekret cirka 50/, Rohrzucker, eirka 25°, Invertzucker und cirka 20°/, Dextrin. Der Honigtau der Linde enthält auch den als: Mannit bezeichneten Zucker. Sicher ist der Honigtau kein Produkt eines tierischen Angriffes auf die Pflanzen, also weder Blattläusen noch Milben jene- Erschei- nung zuzuschreiben, obwohl die Blattläuse fast immer an den Honig- tau absondernden Blättern zu finden sind (auch das vom Fragesteller eingesandte Blatt trug auf seiner Oberfläche leere Häute von Blatt- läusen, welche an der klebrigen Substanz hängen geblieben sind). Die Meinung, dass der Honigtau ein Sekret der Blattläuse ist, entstand aus der Beobachtung, dass die Blattläuse aus den beiden Siphonen (Röhren) auf dem Ende ihres Hinterleibes eine Flüssigkeit austreten lassen, um derentwegen sie bekanntlich von den Ameisen gestreichelt werden („Melken“ der Blattläuse durch Ameisen). Der Honigtau der Linden ete. entsteht aber auch auf Blättern, welche gar nicht von Blattläusen rm —Wrsache der Krankheit ist ein Pilz, -Erysiphe. ganz anderem Positionswinkel vom Kopf ausging und“ Seit-, ungünstige Witterung hat Sammlung klinischer Vorträge. - Knochenbrüche. von M. Oberst. - Schickler, E., Ueber Haematocele retrouterina. besucht sind, ja auf Bäumen, welche‘im ee Blatt- reichtum und der Menge des Honigtaues af g: lattlausfrei er- klärt werden müssen. Ueberhaupt “dürfte der I onigtan gar keine Krankheit sein, vielmehr, nur, eine physiologische Erscheinung, für welche uns jede Erklärung “vorderhand fehlt. Die Bezeichnung N ellfeo -und Mel a&öris hat übrigens den „Entdecker“ der Puttkamer'schen Orthographie veranlasst, das gute deutsche Wort Mebltau in Meltau zu verwandeln, was der geist- reiche ‚Wortwandler? Tieber hätte unterlassen sollen. Jeder nur einiger- der Botanik Vertraute weiss. dass Mehltau eine Krank- h fer kultivierten und auch wildwachsenden Pflanzen ist. Die Seine Mycelfäden »äberspinnen die grünen Blattflächen so dicht, dass dieselben oft schneeweiss erscheinen eine Erscheinung, welche den Bauersmann ? auf die Idee brachten. Pflanzen RIESEN mn, ie „habe sich ein Tau von Mehl auf die Dr. Carl Müller (Berlin). teraine Vilmdrin’s illustrierte Blumengärtnerei. neu”bearb. und vermehrt von Th. Rümpler. Neuheiten des letzten Jahrzehnts. druckten Holzschnttten. Preis 7 Mk. Zweite Aufl., Ergänzungsband: Die Verlag von Paul Parey in. Berlin. 1888. "Der-orliegende Ergänzungsband zu der im Jahre 1879 er- schienenen zweiten Auflage der von Rümpler bearbeiteten Vilmorin- schen illustrierten Blumengärtnerei bildet eine wesentliche Ergänzung dieses Buches, welches nicht allein jedem Gärtner und Blumenlieb- haber, sondern ebensowohl dem allseitigen Botaniker wertvoll ist. Die Arten, und zwar einjährige und Stauden-, Garten- und Toptpflanzen werden in alphabetischer Ordnung ihrer wissenschaft- schaftlichen Namen aufgeführt. Von jeder erfahren wir die wich- tigsten Synomyme, es wird das Vaterland genannt, die Pflanze wird äusserlich beschrieben und endlich finden sich Winke über gärtne- rische Verwertung und Kultur. Die Spielarten finden begreiflicher- weise eingehendste Berücksichtigung. Wer eine bestimmte Art nach dem Buche zu bestimmen wünscht, wird gewiss in vielen Fällen. durch (die zweckdienlichen Abbildungen den Namen finden oder doch‘ auf die Spur der Verwandtschaft geleitet werden. HR Pichon, G., Les maladies de l’esprit. 8°. 7 tr. Röder J., Medizinische Statistik der Stadt Würzburg für das Jahr 1885 mit Einschluss des Jahres 1884. (Sep.-Abdr.) gr. 80, (65 S. mit 2 lith. Taf.) Preis 3 # 50... Stahel’'sche Univ. -Buchh., Verl.-Cto. in Würzburg. Rokahr, G., Wandkarte des Reg.-Bez. (Landdrostei) Hannover samt den angrenzenden Gebietsteilen. 6 Blatt: 1: 100,000. Chromo- lith. Fol. Preis 6 #. Th. Fuendeling, Verl.-Buchh. in Hameln. Rüdorff, F., Grundriss der Chemie für den Unterricht an höheren Lehranstalten. 9. Aufl. gr. 8%. (VIII, 277 S.) Preis 3. M 70 4. — Dasselbe. 1.1. Anorganische Chemie. 9. Aufl. gr. 80%, (VII, .186 $:) -Preis 24 80,4. H. W. Müller m Berlin. Sadebeck, R., Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus u. die.durch dieselbe um Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. .(Sep.-Abdı,) er. 8°. (328. mit 4 Tafeln.) Preis 3.46. Gebr. Born- traeger (Ed. Eggers) in Berlin. Herausgegeben von R. v. Volk- - mann. ..Nr.»309—-311. gr. 8%. Imhalt: 309. 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Kolbe: Aus dem Gesellschaftsleben der Ameisen. — Kleinere Mitteilungen: Eine bedeutende „Studie über den Hypnotismus“. — Das mathematische Pendel. — Neue Beziehungen zwischen der Elektrizität und dem Licht. — Ueber Licht- erscheinungen durch mechanische Einwirkung. — Zur Kenntnis des Chlorstickstotts. — Ueber den Kometen 1888: Sawerthal. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Vilmorin's illustrierte Blumengärtnerei. — Bücherschau. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermaun Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Hierzu eine Beilage, welche wir besonders zu beachten bitten. Mit 300 in den Text ge- u Ba RER > A} ia Dhaıı » RC re BE Ta 2 47 POFRLUPIR Te} N ı# BEE NZ w L a ae ’ ur . P_a. A on zu 4 in Beilage zu Nr. 22, Band II, der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. WET Bemerkung für die Leser: Für den Inhalt der Inserate sind wir nicht verantwortlich. ai Diejenigen unserer Abonnenten, welche von der Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ direkt unter Streifband beziehen und mit dem Abonnement pro Il. Band II. Quartal noch im Rückstand sind, ersuchen wir höflichst um gefällige Einsendung des Betrages. Alle am I0. September noch nicht bezahlten Abonnements werden wir uns gestatten per Postauftrag zu erheben. Berlin NW. 6. Expedition der Luisenplatz 11. „Naturwissensch. Wochenschrift“ Es ist uns gelungen eine Anzahl der bedeutendsten Dr. F. Kienitz-Gerloff, Lehrer an der Landwirtschaftsschule Männer als Mitarbeiter an der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ zu gewinnen und glauben wir, dass es unsere Leser in- teressieren wird, von einer Zusammenstellung einer Auswahl derselben Kenntnis zu erhalten. Wir lassen eine solche daher nachstehend folgen: Dr. K. Ackermann, Direktor an der städt. Realschule in Kassel. Prof. Dr. Albrecht, Sektionschef im Kgl. geodätischen In- stitut zu Berlin. Prof. Dr. Ascherson, Professor an der Universität zu Berlin. Dr. Th. Bach, Direktor des Falk-Realgymnasiums zu Berlin. Prof. Dr. G. Berendt, Kygl. Preuss. Landesgeologe in Berlin. Dr. F. Beyschlag, Kgl. Bezirksgeologe in Berlin. Dr. Carl Bischoff, vereideter Chemiker der Kgl. Gerichte und.des Polizei-Präsidiums zu Berlin. Dr. M. Bragard, Assistent am chemischen Laboratorium der Kgl. Bergakademie zu Berlin. G. Brelow, Ingenieur und Docent an der Kgl. Berg- akademie zu Berlin. Dr. B. Dessau in Freiburg i. B. Dr. E. Dreher in Berlin, weiland Privatdocent für Philo- sophie in Halle. - Dr. Ebert, Kgl. Bezirksgeologe in Friedenau bei Berlin. H Engelhardt, Oberlehrer in Dresden. Prof. Dr. Frank, Professor der Botanik an der Kgl. land- wirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Dr. Fr. Frech, Privatdocent für Geologie in Halle a. S. Geh. Regierungs-Rat Prof. Dr. Galle, Direktor der Stern- warte in Breslau. Dr. Geyler in Frankfurt a. M. Aug. Gutzmer in Berlin. Dr. phil. et med. K. Heider, Privatdocent für Zoologie an der Universität zu Berlin. . Paul Hennings, Assistent am Kgl. botanischen Garten zu Berlin. Dr. K. F. Jordan in Berlin. Dr. F. Karsch, Privatdocent für Zoologie an der Uni- versität zu Berlin. Prof. Dr. J. v. Kennel, Professor der Zoologie an der Uni- versität zu Dorpat. | zu Weilburg. ‚Prof. Dr. L. Kny, Professor der Botanik an der Univer- sität und an der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. ‚Dr. M. Koch, Kgl. Bezirksgeologe in Berlin. 'H. J. Kolbe vom zoologischen Museum in Berlin. ‚Dr. Arthur Krause, Oberlehrer in Berlin. Dr. Aurel Krause, Oberlehrer in Berlin. H. Lindemuth, Kgl. Garten-Inspektor zu Berlin. Prof. Dr. E. Loew, Oberlehrer in Berlin. Prof. Dr. Ludwig in Greiz. Dr. Boy Matthiessen, Assistent der grossherzogl. Stern- warte in Karlsruhe. Dr. Karl Müller in Berlin. Prof. Dr. A. Nehring, Professor der Zoologie an der Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Prof. Dr. A. Orth, Professor an der Universität und an der Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. ‚Dr. F. Plato in Berlin. ‚Prof. Dr. C. Prantl, Professor der Botanik an der Forst- Akademie zu Aschaffenburg. ıW. Pütz, Zeichner und Photograph an der Kgl. geologischen | Landesanstalt zu Berlin. ‚Rektor Rau in Berlin. Dr. E. Schäff in Berlin. Dr. R. Scheibe, Assistent an der mineralogischen Abteilung der Kgl. Bergakademie zu Berlin. Dr. A. Schenck in Berlin. Dr. V. Schlegel in Hagen i. W. Dr. L. Schmitz, Kreisphysikus in Malmedy. Prof. Dr. H. Schubert vom Johanneum in Hamburg. Dr. T. Sterzel in Chemnitz. Dr. A. Tenne, Kustos am mineralogischen Institut der Universität zu Berlin und Privatdocent. Dr. E. Wagner vom meteorologischen Institut zu Berlin. Dr. F. Wahnschaffe, Kgl. Landesgeologe und Privatdocent in Berlin. Dr. R. v. Wettstein, Docent an der Universität und Assistent am botanischen Garten und Museum in Wien. Prof. Dr. L. Wittmack, Professor der Botanik an der Universität und landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Die Redaktion und Verlagshandlung. Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. % Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. 3% Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1% 20 3 pro Band (auch in Brief- marken) liefere franko: | Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Bleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Bleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. 6. F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. bildungen. Eleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Wassmuth, Prof. A., Die Elektrieität und ihre Anwendung. Abbildungen. Eleg. geb. Berlin NW. 6. Mit 68 Ab- Mit 88 Ab-| Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Mit 119 Hermann Riemann. C. A. Koch’s Verlagsbuchhandlung in Leipzig. Archiv der Mathematik und Physik mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse der Lehrer an höheren Unterrichts-Anstalten. Gegründet von J. A. Grunert, fortgesetzt von R. Hoppe. II. Reihe. VI. Teil, & 4 Hefte Preis 10 # 5) 4. Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. = MEYERS KONVERSATIONS-LEXIKON VIERTE. AUFLAGE. Das 1. Heft und den 1. 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EEE Inserate für Nr. 24 müssen späte- stens bis Sonnabend, den l. September in un- seren Händen sein. Die Expedition. Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“ Bezug neh- men zu wollen. Sümtlich in Berlin. sere Leser höflichst, auf ERDE VRR FE en Redaktion: danı -# antasic, wird "ri durch den keit, der ihre kt. endenor. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. U. Band. | Sonntag, den 2. September 1388. Nr. 22. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.—; Bringegeld bei der Post 15.45 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quelienangabe gestattet. Rede zur Gedächtnisfeier König Friedrich Wilhelms Ill. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 3. August 1888. Gehalten von S. Schwendener. Hochansehnliche Versammlung! — Für unsere Univer- sität ist der heutige ‚Jahrestag ein Fest dankbarer Erin- nerung an ihren königlichen Stifter; aber es ist kein gewöhnliches Stiftungsfest. Denn so oft wir uns hier versammeln, um unserer Dankbarkeit freudigen Ausdruck zu geben, treten neben der Stiftung selbst die besonderen Umstände, unter welchen dieselbe erfolgte, wieder lebhaft vor unsere Seele; sie sind es, welche dem Gesamtbilde des Geschehenen seinen wirksamen Hintergrund und die weihevolle Stimmung verleihen. Wir empfinden den ganzen Ernst der Zeit, in welcher Friedrich Wil- helm III. die Erichtung der Universität beschloss, und wir bewundern das Vertrauen, das er in die Mitwirkung der Wissenschaft und des Unterrichts bei der geplanten Reorganisation des Staates setzte. Während infolge der politischen Stürme und Um- -wälzungen, welche den Beginn des neunzehnten Jahr- hunderts kennzeichnen, eine Reihe von Universitäten, darunter auch das wohl ausgestattete Mainz, vom deut- ‚schen Boden verschwanden, sollte in dem besiegten und zu einer Macht dritten Ranges herabgedrückten Preussen “eine Hochschule erstehen, welche in raschem Aufschwunge alle anderen zu übeıflügeln bestimmt war. Und trotz der patriotischen Ziele, die man durch diese geistige Schöpfung ‘zu fördern suchte, lag doch der Gedanke, der Anstalt ein 'spezifisch preussisches Gepräge zu geben, gänzlich ferne; ‚denn die Lehrer, die man ursprünglich zu gewinnen suchte, ‘waren zum grösseren Teil Ausländer, von denen dann freilich nicht alle dem erhaltenen Rufe Folge leisteten. z. /. Rektor der Universität. Die neue Hochschule sollte auch nicht an ein be- stimmtes Programm mit kirchlichen oder staatsrechtlichen Tendenzen gebunden sein, wie es bei landesherrlichen Stiftungen ähnlicher Art so häufig der Fall: war; ihre einzige Aufgabe sollte sein, geistige Bildung und gründ- liche Wissenschaft zu pflegen und zu verbreiten. Darin eben liegt das Bigentümliche, ich möchte sagen das Anmutende der neuen Stiftung, dass sie unter der Herr- schaft von Ideen entstand, welche einen vollständigen Bruch mit dem Herkömmlichen, durch die Zeitläufte Gewordenen bezeichnen. Das Alte hat in den Augen der leitenden Persönlichkeiten seinen Zauber verloren; ein neuer Geist, ein wundersam freimütiger Hauch, ge- paart mit dem edelsten Patriotismus, war in den Gemütern wach geworden, und seine wohlthätigen Wirkungen sind in der Folge nicht bloss in Wissenschaft und Unterricht, sondern auch im Rechts- und Verkehrsleben wie in der Ausbildung .der Wehrkraft zu Tage getreten. Oft schon und mit gutem Recht ist am 3. August aut diese denkwürdige Periode der Wiedergeburt, in welcher die verschiedenartigsten Kräfte zu höherem Streben sich einten, mit beredtem Munde hingewiesen worden; denn es giebt keine Wissenschaft, keine Sphäre geistiger Wirksamkeit, die nicht den befruchtenden Ein- fluss derselben an sich erfahren hätte. Man braucht nur einen Blick zu werfen in die vollen Saaten, welche aus den damals gelesten Keimen hervorgegangen, um auf Blüten und Früchte mannigfacher Art zu stossen, von denen sich jeder nach Neigung - und 178 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nn923% Geschmack seine Lieblinge zu näherer Betrachtung er- wählen mag. So sei es denn auch mir gestattet, aus den grossen Bewegungen und Schöpfungen der Umschwungsperiode einzelne Vorgänge herauszuheben, welche mit dem spe- ziellen Wissensgebiete, das ich vertrete, in näherem Zu- sammenhange stehen. Es ist die Reorganisation des botanischen Gartens bei Schöneberg, auf die ich zunächst ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ein Werk, das schon vor der Gründung der Universität, durch Kabinetsordre vom 7. Juli 1801, angeordnet wurde. Der Gegenstand .mag auf den ersten Blick geringfügig erscheinen; erwägt man aber, dass die botanischen Gärten zu jener Zeit noch gewissermassen den Zustand der botanischen Wissenschaft wiederspiegeln und dass der Schöneberger Garten sich in wenigen ‚Jahren zu einem der grössten Institute Europas emporschwang, so gewinnt auch diese kleinere Schöpfung Friedrich Wil- helms 111. sehr erheblich an wissenschaftlicher Bedeutung und an lokalem Interesse. Es fehlte in Berlin schon im 17. Jahrhundert nicht an Gärten grösseren Styls, in welchen neben mancherlei Nutz- und Zierpflanzen auch exotische Gewächse in be- scheidener Anzahl kultiviert wurden. Eine solche An- lage, welche der grosse Kurfürst herstellen liess, befand sich z. B. an der Stelle des jetzigen Lustgartens und erstreckte sich nordwärts bis in die Gegend des neuen Museums und der Nationalgallerie.e. Ein zweiter Garten, welcher später den Namen Monbijou erhielt, reicht in seinen Anfängen sogar bis in das 16. Jahrhundert zu- rück und wurde schon im ‚Jahre 1604 durch die Kur- fürstin Eleonora bedeutend verschönert; derselbe fiel dann aber den Wirren des dreissisjährigen Krieges zum Opfer und wurde erst vom grossen Kurfürsten (1649) wieder neu angelegt. Dieser Garten lag ganz auf der Nordseite der Spree und umfasste damals mit den zu- gehörigen Ländereien die heutige Friedrich-Wilhelmstadt, die Charite und das Invalidenhaus. Den Namen Mon- bijou erhielt er von der Königin Sophie Dorothea, der Mutter Friedrichs des Grossen. Eine dritte Gartenanlage, die aber zunächst nur für Küchengewächse und Obstbäume bestimmt war und erst unter Friedrich I. in einen königlichen Lustgarten um- gewandelt wurde, befand sich seit 1679 in der Feldmark des Dorfes Schöneberg, da, wo der heutige botanische Garten liegt. Auch sie war eine Schöpfung des grossen Kurfürsten. In der ländlichen Stille dieser neuen An- lage verweilte der hochsinnige Fürst mit besonderer Vor- liebe; hier wartete er mit eigener Hand der jungen .Sprösslinge, die er aus Holland und England, aus Frank- reich und Italien hatte kommen lassen, und die Erfolge seiner Kulturen, verbunden mit dem Einfluss der Krone, regten auch den Adel im Lande umher zu löblichem Wetteifer in der Förderung des Obst- und Gartenbaues an. Von diesen drei Gärten wurde der erste schon nach kurzem Bestande von der neuen Befestigungslinie durch- schnitten (1658). Der ganze Hintergarten kam ausser- halb der Mauer zu liegen und wurde, wie es scheint, mit dem daselbst befindlichen botanischen Teil vollständig aufgegeben. Der zweite, jetzt als Monbijou-Garten be- kannte, scheint wissenschaftlichen Zwecken niemals ge- dient zu haben, obschon er ausehnliche Gewächshäuser besass. Für unsere Betrachtung bleibt also nur die Schöneberger Anlage übrig, welche um 1700 noch Lust- und Küchengarten war und die folgenden 50 Jahre auf der Stufe eines gewöhnlichen Apothekergartens stehen blieb. Eine Ausnahme bildet nur die kurze Periode von 1713—1715, während welcher der frühere Leibarzt Friedrichs I., Andreas Gundelsheimer, die Verwal- tung des Gartens leitete und zu dessen Hebung aus eigenen Mitteln beträchtlich beitrug. Gundelsheimer verschaffte sich Samen aus verschiedenen Gegenden Europa’s; er stand auch in Beziehung zu dem berühmten französischen Botaniker Tournefort, den er auf einer Orientreise begleitet hatte, und erhielt von diesem wert- volle Zuwendungen an Gewächsen. Aber schon nach zweijähriger 'Thätigkeit, im Juni 1715, starb Gundels- heimer, — und jetzt sank der Garten aus Mangel an Mitteln wieder in den früheren trostlosen Zustand zurück. Um die Mitte des Jahrhunderts schien endlich eine nachhaltige Periode des Aufschwunges heranbrechen zu wollen. Der Botaniker Gleditsch, ein mit der Kultur der Gewächse wohl vertrauter und in der Verwaltung erfahrener Mann, hatte die Leitung des Gartens über- nommen und bereits die erforderlichen Schritte gethan, um die einer Neugestaltung im Wege stehenden Hinder- nisse zu beseitigen. Mehrere Jahre ernster Arbeit waren vorübergegangen und die Erfolge berechtigten zu den schönsten Hoffnungen. Da kam der siebenjährige Krieg, der sofort durch Einschränkungen aller Art sich fühlbar machte. Es folgten die Verwüstungen, welche die feind- lichen Truppen im Garten selbst anrichteten. Was an Freilandpflanzen vorhanden war, wurde zertreten, das bewegliche Holzwerk fortgeschleppt oder verbrannt, die Gewächshäuser arg beschädigt, so dass die darin unter- gebrachten Pflanzen nicht mehr genügenden Schutz fanden. Es waren so harte Schicksalsschläge, wie sie der Garten noch nicht erfahren hatte; nur wenig fehlte und der vollständige Ruin war erreicht. Nach dem Friedensschlusse wurden nun allerdings r wieder Anstrengungen gemacht, um den Schaden gut zu machen und die Verluste zu ersetzen; allein die akademische Commission, welcher die Oberaufsieht über die ökonomischen Angelegenheiten anvertraut war, zeigte wenig. Verständnis und noch weniger Interesse für die ihr gewordene Aufgabe, und so konnte der Garten bis: zum Ende des Jahrhunderts zu keiner gedeihlichen Ent- wicklung kommen. Wie man darüber in der Akademie selbst noch in den neunziger Jahren dachte, zeigen am besten die Randbemerkungen zu den bezüglichen Akten, von denen ich nur die eine hervorhebe: c'est une honte pour l’academie que ce jardin, et cela en tout sens. . : Nr: 23. Erst unter der Regierung Friedrich Wilhelms III. kam für die Schöneberger Anlage die Zeit der Regene- ration und des Aufblühens. Jetzt wurde endlich eine vollständige Neueinrichtung des Gartens ins Auge gefasst und: der hierfür aufgestellte Plan erhielt am 7. Juli 1801 die. königliche Bestätigung. Der Botaniker Willdenow, damals Professor der Naturgeschichte am Collegium me- dieco-chirurgicum zu Berlin, wurde zum Direktor, Seidel aus'Dresden mit vervierfachtem Gehalt zum botanischen Gärtner ernannt, der Um- und Neubau der Gewächs- häuser sofort in Angriff genommen und mit einem IXostenaufwande von über 30000 Mark durchgeführt, der Etat des Gartens für die laufenden Ausgaben in derselben Zeit von 2700 auf 7100, ein Jahr später auf 11500 Mark erhöht. Nebenher ging die Umgestaltung des- freien Landes und die Herbeischaffung neuer Pflanzen und. Sämereien durch Kauf und Tausch, wobei Will- denow eine wahrhaft bewunderungswürdige Energie ent- wickelte. Im Verlaufe dieser weitgehenden Veränderüngen stellten sich - begreiflicherweise, trotz der ansehnlichen Mittel, welche zur Verfügung standen, hin und wieder finanzielle Verlegenheiten ein; aber der König half wiederholt darüber hinweg, indem er beträchtliche Summen aus seiner Dispositionskasse bewilligte. Andere Gefahren, wie die von der Akademie gewünschte Herab- setzung des Etats im Kriegsjahre 1807, wusste Will- denow selbst durch energische Vorstellungen zu beseitigen. So kam es, dass der botanische Garten auch in den Kriegsjahren mit ungeschmälerten Mitteln fortwirtschaften, seinen Pflanzenbestand stetig vermehren und seine Ein- vichtungen verbessern konnte. - Und als im Jahre 1810 unsere Universität in's Leben trat und mit den schon vorhandenen wissenschaftlichen Anstalten für die Zwecke des öffentlichen Unterrichts zu einem organischen Ganzen verbunden wurde, gehörte der Schöneberger Garten mit Rücksicht auf die Zahl der kultivierten Arten (ca 7000) bereits: zu den bedeutendsten Instituten dieser Art. Dass er auch in den folgenden Jahrzehnten bis herauf zur Gegenwart manche Erweiterungen und Ver- vollkommnungen erfuhr und heute mit den grössten Gärten Europas wetteifern kann, soll hier nur im Vorbei- gehen angedeutet werden. Es ist nicht meine Absicht, diese spätere Entwicklungsgeschichte ausführlich darzu- legen; mir genügt der Nachweis, dass die in aller Kürze geschilderte Reorganisation, die einer Neugründung des Gartens nahezu gleich kam, dem königlichen Stifter unserer Universität zu verdanken ist. Dagegen sei es mir nun gestattet, von dem kon- kreten Beispiele zu der allgemeinen Frage überzugehen: welche Momente in der Geschichte der botanischen Gärten überhaupt hervortreten und inwiefern die Ver- 13 ' Naturwissenschaftliche : Wochenschrift. 179 gangenheit uns berechtigt, eine Perspektive für die Zu- kunft aufzustellen. Soweit unsere Kenntnis reicht, entspricht der Zu- stand der botanischen Gärten im Grossen und Ganzen zu jeder Zeit demjenigen der botanischen Wissenschaft. So lange die letztere nur der Medizin und dem Landbau diente, wie es im Altertum Regel waı, blieben auch die Kulturen in den Gärten auf Arzneipflanzen und nütz- liche Gewächse beschränkt. Auf dieser Stufe befanden sich z. B. die spätrömischen Gärten, wie sie Columella. beschreibt, die Klostergärten der Benediktiner in der karolingischen Zeit, die im späteren Mittelalter gegrün- deten botanischen Gärten zu Salerno (1309) und Venedig, sowie die zahlreichen Nachbildungen, welche im 16. Jahr- hundert in Frankreich, Holland und Deutschland ent- standen. Diese Gärten waren zwar verschieden an Grösse, Ausstattung und dekorativem Schmuck; aber das Gepräge, welches der Zustand der Wissenschaft ihnen aufdrückte, blieb durch die Jahrhunderte unver- ändert. Es waren Apothekergärten, in welchen die für den Unterricht oder den Gebrauch nötigen Heil- pflanzen, die sogenannten „simplicia“, gezogen wurden. Als dann in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts jene Umwälzung eintrat, die wir als die Rückkehr von der überlieferten Naturwissenschaft zur Natur selbst be- zeichnen können, da öffneten sich die Augen der Forscher für die ganze Pflanzenwelt. Man sammelte und beschrieb nun, was irgend erreichbar war, und die Gärten füllten sich ‚von jetzt an mit seltenen Gewächsen aller Art. Dieser Sammeleifer erhielt sich durch mehr als zwei Jahr- hunderte hindurch und es ist erstaunlich zu sehen, wie der Pflanzenreichtum der grösseren Anlagen, sobald nur die nötigen Mittel vorhanden waren, oft binnen wenigen Jahren in die Tausende stieg. Selbst unter den Be- sitzern der Privatgärten galt es als ein vornehmer Sport, pflanzenkundige Reisende in feıne Länder zu schicken, um neue und seltene Gewächse zu erhalten. So häufte sich das Material mehr und mehr, und nachdem die Bezeichnung und Gruppierung desselben durch das Linneische System eine wesentliche Förderung erfahren, erblickte man in der möglichst umfassenden Veranschaulichung dieses Systems und damit der ganzen Pflanzenwelt die wichtigste Aufgabe der botanischen Gärten. Für die Arzneigewächse wurden jetzt höchstens noch einige Beete reserviert. Diese zweite Periode in der Geschichte der bota- nischen Gärten hatte zu Anfang dieses Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht; denn für unsere Frage ist der Umstand, dass das künstliche System Linnes zum Teil erst später durch das natürliche ersetzt wurde, von ge- ringer Bedeutung. (Schluss folgt.) 180 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Zwei seltene Gäste des hohen Erzgebirges. Von Wenzel Peiter. Haust der Winter mit unerbittlicher Strenge in den Gefilden Nordeuropas, so dass selbst in den spärlichen Fichten- und Birkenwäldern der Schnee die niedrigen Strauchbäume einzuhüllen droht, obwohl ihre freien Teile bereits schon in undurchdringlichen Eispanzern ruhen, dann rüsten sich zwei seiner Bewohner zur Abreise nach dem Süden. Ihre Kost ist so schmal geworden, dass sie verhungern müssten, wenn sie länger blieben. Der erste, der in solchen Tagen seiner Heimat den Rücken kehrt, ist der Tannenhäher oder Nusshäher (Nucifraga caryocatactes L. oder Corvus caryocatactes Vieillot.) Dieser Vogel gehört in die an Arten nicht besonders reiche Familie der Raben, zu der Sippe der Nussbrecher. Er hat die Grösse und Gestalt seines nächsten Ver- wandten, des allbekannten Eichelhähers, nämlich eine Länge von 34 bis 35 cm, von denen 12 bis 14 auf den Schwanz abgehen. Die Flugweite beträgt 57 bis 62 cm. Der ziemlich langgestreckte Körper hat also nur mittel- lange Flügel, in denen die vierte und fünfte Schwinge am längsten ist. Der abgerundete Schwanz wird von denselben nur halb bedeckt. Der Schnabel ist 4 cm lang, stark und spitzig; die starken Füsse haben kräftige Nägel. Der Farbe nach ist der Tannenhäher am ganzen Körper dunkelbraun, und mit Ausnahme des Kopfes, Nackens und Bürzels mit grossen weissen Flecken ge- sprengelt. Die oberen Schwanzdeckfedern sind schwarz, die unteren weiss; die Schwingen und Schwanzfedern, sowie der Schnabel und die Füsse glänzend schwarz. Ein weisser Saum umzieht noch das Schwanzende. Das Weibchen ist mehr rostfarben und im allgemeinen wie die Jungen lichter gefärbt und weniger gesprengelt. Der Tannenhäher vertauscht nur in den Tagen der grössten Not seine nordische Heimat mit den Wäldern der Gebirge Deutschlands und Oesterreichs. Jeder noch so aufmerksame Forstmann wird wenig Jahrgänge in seinen Dienstjahren verzeichnen können, in denen er diesen Vogel in grösseren Scharen in seinem Schutzgebiet auf einige Zeit antraf. Auch das hohe Erzgebirge wird sehr gern als Exil von dem Tannenhäher erwählt. Da- selbst hat es aber einigen Pärchen so gut gefallen, dass sie sich für ständig ansiedelten. Der Tannenhäher ist seit einigen Jahren Standvogel des hohen Erzgebirges. In den dunklen Fichtenwaldungen daselbst baut er auf hohen Bäumen, besonders in der Nähe von Lichtungen aus grünem Reisig, aus Moos und Halmen seinen Horst, der in Bezug auf die Grösse mit jenen der Raben vergleichbar ist. In das weich gepolsterte Innere.desselben legt das Weib- chen vier bis sechs Eier, die auf grünlichem Grunde braune Flecken besitzen. Ueber die Länge der Brutzeit und über die Fütterung der Jungen lässt sich infolge Mangels an Beobachtungen der äusserst selten auf dem hohen Erz- gebirge vorkommenden Nistungen nichts angeben. Der Tannenhäher ist ein munterer Vogel, doch liebt er die Einsamkeit und vor allem abgeschiedene Gegenden, wo er auch öfters seine Stimme hören lässt. Seine: Nahrung besteht in Insekten, Schnecken, Richeln, Buch- eckern, Fichtensamen und dergleichen. Man beschuldigt ihn, dass er in Schlingen gefangene Vögel stehle, dass er die Nester der kleinen Singvögel plündere und dass er an Grausamkeit seinen Vetter, den Bichelhäher, weit übertreffe. Er nimmt auch kleinere, erwachsene Vögel an, die er canz sicher durch einen Schnabelhieb, meist am Kopfe tötet, trennt und verzehrt, wobei er öfters das dem Eichelhäher ähnliche, aber etwas hellere und nicht durch so kreischende Töne verunstaltete Geschrei von Zeit zu Zeit ausstösst. Wegen seines seltenen Auftretens hat sich im Jägerleben der Aberglaube eingelebt, dass er nur alle sieben Jahre eine Gegend besuche. Der zweite winterliche Gast des hohen Erzgebirges kommt noch seltener als der Tannenhäher hieher. Er liebt seine Heimat, die Wälder Norddeutschlands: und Skandinaviens zu sehr, um wegen ein wenig Hungern gleich den Wanderstab zu ergreifen. Es ist dies der Seidenschwanz (Bombicilla garulla L.) Sein seltenes Er- scheinen hat im Volke noch einen grösseren Aberglauben geboren; Krieg, Pestilenz, Hungersnot u. s. w. soll sein Erscheinen bedeuten. Im Winter 1886—1887 war er u Erzgebirge zu sehen. Nur etwa 14, mit Schwanz 20 cm in der Tanga messend, ist er in Bezug auf die Grösse mit unserer Haubenlerche zu vergleichen. Sein breiter und kurzer Schnabel, sowie die kräftigen Beine sind schwarz gefärbt. Sein übriges Gewand ist rötlich grau, dasselbe erscheint an der Unterseite rein, an der Oberseite etwas -getrübt. Ueber die Augen geht ein schwarzer Streif; die Kehle. Stirne und Unterschwanzdecke schön ist sammtschwarz; rot. Die Schwanzfedern endigen mit gummiguttgelben Rändern. Die schöne Färbung seiner Flügel ist all- bekannt, da ja dieselben einen beliebten Schmuck der Damenhüte geben. Ihre Decken- und Daunenfedern sind weiss, durch die Mitte der schwarzen Schwungfedern geht ein weisser Streif; jede derselben ist obendrein wie die Schwanzfedern an ihrer Spitze gummiguttgelb ein- gefasst. Die Spitzen der Oberarmschwingen endigen in ein hornartiges lackrotes Täfelchen, das auch die Schwanz- federn des Männchens besitzen. Das ganze Gefieder des Vogels ist seidenartig weich, am Kopfe sitzt eine fast 4 cm hohe und aufrichtbare Haube. a Der Seidenschwanz nährt. 'sich, wenn..er: kommt; meistens von. den .Beeren des. V.ogelbeerbaumes und des Traubenhollunders. Wegen seiner Schönheit wird ihm eifrig nachgestellt. Er fängt sich leicht in den Schlingen; der Jäger sagt, er sei dumm. zu. uns und sich sodann Stück für Stück ab- a ER a Er he ber aa ne a5 Dr Sharan ZarZEBr 4 Ka De we a ea. l n n 7°., 02 Tag ger F De nach, Wr L 4 ME BB ® ae Ei v Au TE wo N LER un Schr te > EN Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 181 Kleinere Mitteilungen. Ueber die vermeintliche Giftigkeit der vernickelten Gebrauchsgegenstände zu Küchenzwecken sind im Laufe der Zeit sich schroff entgegenstehende Ansichten aufgetaucht. Neuerdings stellte A. Richet Versuche über die behauptete Giftigkeit des "Metalles an, um darüber Aufklärung zu gewinnen, ob eine Gesundheitsgefahr aus dem Gebrauche vernickelter Gefässe zu Haushaltungszwecken zu befürchten sei. Derselbe fütterte zwei Meerschweinchen drei Monate lang mit Kleien und Mehl, welche mit Nickelsulfatlösung versetzt waren. Während der ganzen Zeit des Versuches zeigten die Tiere nicht die geringste Gesundheits- störung. obgleich jedes Tier pro 1 Tag 25 mg des Nickelsalzes erhielt. Auch Hunde ertrugen ganz gut einen beträchtlichen Zusatz von Nickel zum Futter. Es erkrankte erst ein 9 kg wiegender Hund an Magendarmkatarrh, als er täglich 1g Nickelsulfat erhielt. Als aber die Menge des Nickels auf die Hälfte erniedrigt wurde, trat alsbald eine vollständige Euphorie ein, und nahm das Küörper- gewicht sogar zu. Nachdem das Tier 160 Tage hindurch einen Nickelzusatz zur Nahrung erhalten hatte, wurde es getödtet. Die Sektion zeigte keinen abnormen Befund in den Körperorganen. In der Asche der verkohlten Organe befand sich nur eine geringe Menge Nickel vor: 2 mg in jeder Niere, dem Herzen und den Lungen, 8 mg in der Leber; die in Gehirn und Rückenmark vorgefundene Menge betrug 7 mg. Der Harn war nickelhaltig. Nach dem Resultate der obigen Versuche dürfte der Schluss gerechtfertigt sein, dass aus dem Gebrauche nickelhaltiger Getässe u. dergl. keine Gesundheitsgefahr hervorgeht. Kreis-Physikus Dr. L. Schmitz zu Malmedy. Missbildungen an niederen Tieren werden im allgemeinen selten beobachtet, um so interessanter ist daher eine Mitteilung über eine abnorme Taenia saginata, welche Frederick Tuckermann im „Zoologischen Anzeiger“ vom 20. Februar d. J. beschreibt. Das Tier ist zunächst durch seine ausserordentliche Länge bemerkenswert. Der Seolex (Kopfglied) sowie eine Anzahl der vorderen Glieder fehlen leider; die vorhandene Kette von Gliedern misst 6.516 m. Schätzt man nachı Analogie anderer, vollständiger Exemplare dieses Bandwturmes die Länge des fehlenden Teiles ab, so würde sich als Gesamtlänge 7.665 m ergeben und die Zahl der. einzelnen Glieder würde 1061 betragen. In der Regel wird angegeben, dass Taenia “ saginata etwa 4m Länge erreicht. Der erwähnte Bandwurm enthält mehrere abnorm gebildete Glieder. Eines derselben befindet sich etwa 90 cm vom Hinterende der Kette. Es ist ungefähr herzförmig (die normalen Glieder haben in der betreffenden Gegend länglich rechteckige Form) und an der Grenze zwischen zwei normalen Gliedern seitlich angefügt. Die sanft gerundete Spitze der Herzform ragt seitlich nach aussen. Ein anderes Glied zeigt an einer Längsseite ‚eine starke Hervorragung, während die gegenüberliegende Seite wie ‘gewöhnlich gerade ist. Endlich ist ein Glied mit zwei Genitalöffnungen vorhanden. welche an entsprechenden Stellen der Seitenränder des ‘Gliedes sich befinden. Dr. E. S. Föhn und Bora. — Die Erklürung dieser beiden unter be- sonderen Umständen auftretenden Winde hat die Meteorologen viel- fach beschäftigt und ihnen manche Schwierigkeit bereitet. Ist man sich nun auch jetzt über die Ursache des Fühns klar, so möchte doch die der Bora und vor allem die Beziehung, in welcher diese beiden Winde zu einander stehen, nicht allgemein bekannt sein. — Der Föhn ist ein warmer trockener Wind, der von der Höhe der Centralalpen nach Norden herunterweht, den Schnee im Winter „weg- frisst“, wie die Einwohner der von ihm betroffenen Gegenden sagen, das Heu trocknet, die Trauben reift und insofern gefährlich wird, als er alles Holzwerk ausdörrt, so dass leicht Feuer durch ihn an- gefacht werden kann. — Winde mit föhnartigem Charakter kommen noch anderwärts vor. — Im Gegensatze zum Föhn ist die Bora ein kalter, aber zunächst gleichfalls trockener Wind, der aber durch Aufrühren des Meeres, auf das er sich stürzt, und durch Mischung mit wärmerer feuchter Luft auch dichten Nebel erzeugen kann. Das Gebiet der Hauptwirksamkeit der Bora ist Istrien und Dalmatien und der nordwestliche Kaukasus am Schwarzen Meere. Beide Winde — Föhn wie Bora — bezeichnet H. Meyer in Göttingen als Fallwinde, weil beide auf den Gebirgen ihren Ursprung nehmen und in die Niederungen herabwehen. Früher hielt man den Föhn wegen seiner Wärme für einen weit nach Norden vorgeschrit- tenen Sirocco, jenen Wind, welcher die über der heissen Sandfläche der Sahara aufgestiegene und über den nackten Felsen von Sicilien aufs neue .erhitzte Luftmasse polwärts und zunächst nach Italien führt. Indessen hat bereits Dove darauf hingewiesen, dass -die von ‚der Sahara aufsteigende trockene Luft infolge der Erdumdrehung im- allgemeinen nicht nach Norden, sondern‘Nordosten' abfliessen und ‚daher nicht‘die Alpen,. sondern das östliche Buropa und Weestasien treffen müsse. Der Föhn hat vielmehr auf den Höhen der Alpen seinen Ausgangspunkt. An dem Nordrande der Alpen zieht nämlich einer der Zweige (der südlichste) der amerikanisch-europäischen Sturmbahnen entlang, nachdem er zuerst am Meerbusen von Biskaya das europäische Ge- biet betreten hat. Alle Cyklone üben nun, da sie Luftmassen nied- rigen Druckes enthalten, auf die umgebende Atmosphäre eine saugende Wirkung aus; es fliesst daher der erwähnten Sturmbahn die Luft aus den Gebirgsthälern und dem nördlichen Vorlande der Alpen zu, und hierdurch wird — da ein seitliches weiteres Zu- fliessen durch die Gebirgszüge verhindert wird — die Luft aus der Höhe veranlasst, in die Tiefe nachzustürzen. Dabei erwärmt sie sich durch Zusammendrücken oder Kompression und gelangt, während ihre Temperatur ursprünglich niedriger war als diejenige der niedrigen Schichten, als warme Luft herab. Dadurch wird sie zu- gleich befähigt, mehr Wasserdampf aufzunehmen, sie entfernt sich mehr und mehr von dem Sättigungspunkte und erscheint daher als trockener Wind. ; Die Bora entsteht zwar auch auf Gebirgen, doch nur, wenn sich abgeschlossene Hochflächen (Plateaus) daselbst befinden, wie sie z. B. der Karst in Istrien besitzt. Die auf diesen lagernde Luft kühlt sich durch Ausstrahlung stark ab und wird hierdurch beträcht- lich kalt und schwer, Gelangt sie nun — sei es durch vorüber- kommende Luftdepressionen angezogen, sei es infolge Ueberfliessens über den Rand des von ihr erfüllten Beckens — ins Thal, so reicht die dabei eintretende Erwärmung nicht aus, um ihr eine höhere Temperatur zu geben, als in der Tiefe herrscht; sie erscheint somit als kalter Wind. Da die erwähnte amerikanisch-europäische Sturm- bahn von Öber-Italien nach dem Balkan verläuft, so erklärt es sich, warum die Adria (das adriatische Meer) so oft von der Bora heim- gesucht wird. DE.K:IHFT. Ablehnung eines Ehrendoktorats. — In der Zeitung für das höhere Unterrichtswesen wird berichtet: Der berühmte englische Gelehrte Herbert Spencer, dessen Erziehungslehre, eine durch die Ergebnisse der heutigen Naturwissenschaften modifizierte Wieder- . holung Rousseaus, durch die vortreffliche Uebersetzung von Fritz Schultze (Jena 1874) auch den deutschen Lehrern nahegebracht wurde, hat die Würde eines Ehrendoktors, die ihm von der Universität Bologna verliehen werden sollte, dankend abgelehnt. Er that dies in einem Schreiben an den Dekan der juristischen Fakultät, welches wie folgt lautet: „Werter Herr! Es ist natürlich, dass Ihre liebens- würdige Meldung betrefts meiner Promotion zum Ehrendoktor mir sehr angenehm war. Von meiner persönlichen Freude abgesehen, war es mir lieb, so einen sicheren Beweis für meine Annahme zu bekommen, dass meine Bücher beträchtliche Verbreitung in Italien gewonnen haben. Nichtsdestoweniger versetzt mich die mir gewor- dene ehrenvolle Ernennung in eine schwierige Lage. Bis auf den heutigen Tag habe ich gewohnheitsmässig aut alle Ehrengrade und auf alle akademischen Würden verzichtet. Als Motiv dafür gab ich an, dass diese Ehrenbezeugungen im ganzen und grossen nicht zum Fortschritte der Wissenschaft beitragen, sondern ihr indirekt zum Nachteile gereichen, da so künstliche Hindernisse denjenigen in den Weg gelegt werden, die sich in der Wissenschaft auszeichnen und gleichwohl nicht solche Ehren erlangt haben. Ich hatte Gelegenheit, ein halbes Dutzendmal mich so zu verhalten, und ich kann auch jetzt nicht umhin, anders zu thın ...... Wenn ich diesmal: an- nehme, nachdem ich andermal verzichtet habe, beleidige ich wissen- schaftliche Körperschaften, die mich bei anderen Gelegenheiten aus- zeichnen wollten. Es ist drei oder vier Jahre her, dass ich auf den Sitz eines ausländischen Korrespondenten der französischen Akademie der Wissenschaften verziehtete. So muss ich denn auch heute, vor das Dilemma gestellt, zwischen meinen Empfindungen und meinen Ueberzeugungen zu wählen, mich für die letzteren entscheiden.“ Programm der 61. Versammlung deutscher Natur- forscher und Aerzte zu Köln 1888. — Durch Beschluss : der im vorigen Jahre zu Wiesbaden tagenden Versammlung‘ deutscher Naturforscher und Aerzte ist Köln zum Ort für die diesjährige 61. Naturforscher-Versammlung - gewählt worden. Dank der rührigen Thätigkeit der einzelnen Ausschüsse und dem. Entgegenkommen der städtischen Verwaltung sind die Vorarbeiten zum Empfange ‘der Gäste so weit gediehen, dass die Geschäftsführer in der Läge sind, hiermit die Einladung an alle Natürforscher, Aerzte und Freunde der Natur: wissenschaften ergehen lassen zu können. — Das Programm für die Versammlungstage ist wie folgt festgestellt worden: ' Montag, den 17. September: Abends: 8 Uhr: Gegenseitige\ Be- grüssung der Gäste im Kasino’ am Augustinerplatze. Dienstag, den 18. September: Vm. 9—12 Uhr: Sitzung im - grossen Gürzenich-Saaleı 12%/; Uhr: 15: ‚Au Bermeind -Einführung und 182 Bildung der Abteilungen. Nm. 3—5 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. 5 Uhr: Besuch der Flora-Ausstellung und Fest in der Flora.- Mittwoch, den 19. September: Vm. 8—1 Uhr: Sitzungen der Abtelungen. Nm. 2—5 Uhr: Besichtigung, der Krankenhäuser, des Hohenstaufenbades, der Wasserwerke, der Kanalisations-Einrichtungen, des Domschatzes und der Domkapelle. 6 Uhr: Festessen im Gürzenich. "Donnerstag, den :20: September: Vm. 9—1. Uhr: Il. Allge- meine. Sitzung. Nm. 2—5 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. 5 Uhr: Besuch des Zoologischen Gartens. 7 Uhr: Festvorstellung im "Theater. Freitag, den 21. September: m. 8—1 und nm. 3-5 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. -6 Uhr: Fest auf der Marienburg. Sonnabend, den 22. September: NVm. 8—12. Uhr: 111. AN- gemeine Sitzung. Nm. 3—6 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. 8 Uhr: Festtrunk der Stadt Köln im grossen Gürzenich-Saale. Sonntag, den 23. September: Vm. 9 Uhr: Ausflug zu Schiff nach dem Siebengebirge, Rückkunft abends 9 Uhr. Der Kurator der Königliehen Universität Bonn, Herr (eheimer Oberregierungsrat Dr. Gandtner und die Herren Direktoren der medizinischen und naturwissenschaftlichen Institute haben die grosse Freundlichkeit gehabt, den Besuch der ihnen anvertrauten Institute den Mitgliedern und Teilnehmern der Versammlung zu. gestatten, desgleichen die Herren Direktoren des zoologischen, botanischen, mineralogischen, paläontologischen Institutes und der Sternwarte. Die Vorsteher der letztgenannten Institute drücken dabei den Wunsch aus, dass sie über Tag und Stunde des Besuches vorher in Kennt- nis ‚gesetzt werden. Wir ersuchen die Herren Einführenden der be- treffenden Ahteilungen, im Falle sie von diesen dankenswerten An- erbietungen Gebrauch machen wollen, sich direkt an die betreffenden Herren Direktoren in Bonn zu wenden. - i ; . Die Besichtigung des Museums: Wallraft-Richartz, des Kunst- gewerbe-Museums, des historischen Museums wie des Rathauses in Köln ist den Teilnehmern für die ganze Dauer der Versammlung gegen Vorzeigung ihrer Karte unentgeltlich gestattet; desgleichen die Besichtigung des Domes. — Die Gesellschaften Kasino und Er- holung haben die Teilnehmer freundlichst zum Besuche ihrer Räume eingeladen. Die allgemeinen statutarischen Bestimmungen der Gesellschaft deutseher Naturforscher und Aerzte sind: 1. Die Versammlung besteht aus Mitgliedern und "Teilnehmern. Mitglied mit Stimmrecht ist jeder Schriftsteller im natur- wissenschaftlichen oder medizinischen Fache. , Teilnehmer ist, welcher sich wissenschaftlich beschäftigt oder sich für die Wissenschaften interessiert. 2. Alle deutschen Naturforscher und Aerzte sind berechtigt, an der Versammlung teil zu nehmen; der Beitritt der aus- ländischen: Gelehrten ist in hohem Grade erwünscht. 3. Die ' Mitglieder und Teilnehmer. erhalten Personalkarten gegen Zahlung von 12 Mark und können für ihre Damen ‚Karten zu je 6 Mark lösen. 4. Stimmrecht besitzen ausschliesslich die bei der Versamm- lung gegenwärtigen Mitglieder, und Beschlüsse werden nur in. den Allgemeinen Sitzungen durch Stimmenmehrheit der Mitglieder gefasst. Es finden drei Allgemeine Sitzungen, am 18., 20. und 22. Sep- tember,; im grossen Gürzenich-Saale statt; die Sitzungen der 30 Ab- teilungen vom 18.—22. September werden in den Räumen des Real- gymnasiums,: Kreuzgasse 2—4 und der höheren Töchterschule, St. Apernstrasse 53—59, abgehalten. Die. Abteilungssitzungen werden vom Einführenden eröffnet; die Mitglieder wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden. Es steht jeder Abteilung frei, ausser dem schon bestimmten einheimischen Schriftführer je nach Bedürfnis noch einen zweiten oder dritten Schriftführer zu ermennen. — Die Anmeldungen zu Vorträgen in den Abteilungssitzungen beliebe man vor der Sitzung an den Ein- führenden einzureichen. Die Schriftführer der einzelnen Abteilungen werden gebeten, sich zur Vermeidung von Kollisionen, die durch gleichzeitiges Tagen mehrerer Abteilungen entstehen können, frühzeitig miteinander in Verbindung zu setzen. Das Anmelde- und Auskunftsbüreau wird vom 1. bis 12. Sep- tember: die Mitglieder- und Teilnehmerkarten und, wenn erwünscht, auch die Karten für das Festessen am 19. September, letztere zum Preise von 5 Mark gegen Einsendnng des Betrages übermitteln. — Vorausbestellung der Wohnung ist den Mitgliedern und Teilnehmern der Versammlung dringend zu empfehlen. Während der Dauer der Versammlung erscheint das Tageblatt, welches die Liste der Mitglieder und Teilnehmer nebst Angabe der Wohnung, die angekündigten Vorträge etc. sofort veröffentlicht. — Dahingegen ist es für zweckmässig erachtet worden, die Referate über die gehaltenen Vorträge erst später, etwa nach 14 Tagen bis 3 Wochen im wissenschaftlichen Teile des Tageblattes nach den Abteilungen geordnet zur Kenntnis der. Teilnehmer zu bringen. Wir haben: geglaubt, diese Anordnung im Interesse der korrekten Wieder- gabe und. der besseren Uebersicht der Vorträge treften zu sollen. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. ———sse— Nr=28 Mit der Versammlung ist eine Ausstellung verbunden, welche — Dank. den emsieen Arbeiten des Ausstellungs-Ausschusses und der bereitwilligen und thatkräftigen Unterstützung des Berliner Lokal-Komites — eine erfreuliche Entwickelung ‘nimmt und eine sehr reichhaltige zu werden verspricht. — Die Ausstellungsräume befinden. sich ‚in der Volksschule Kronengasse-Rlogiusplatz. — Die Mitglieder und. Teilnehmer haben gegen:Vorzeigung der Legitimations- karte ‚unentgeltlichen Zutritt zu der Ausstellung. . - ‚Während der Versammlungstage ist von 8 bis 11 Uhr morgens. die Ausstellung nur für die Mitglieder und Teilnehmer der Natur- forscher- und. Aerzte-Versammlung. seötinet; in ‚der übrigen Zeit steht dem. Publikum gegen Eintrittsgeld der Besuch offen. — Die Ausstellung‘ wird vom. 10. bis 24. Septemher geöffnet bleiben. ? Wir sprechen hiermit die Bitte aus, dass die Naturforscher, Aerzte und Freunde der Naturwissenschaften in grosser Zahl er- scheinen .mögen und geben wir uns der Hoffnung hin, die hoch- ansehnliche Versammlung werde auch hier in Köln einen ihrer würdigen Empfang finden. > Bis heute sind folgende Anmeldungen für die Sitzungen eingegangen: ; Irof. Dr. Binswanger, Jena, 'Ühema vorbehalten. 1 " „. Weismann, Freiburg.. (seheimer Hofrat, Thema vorbehalten. ‘ 2. Waldeyer, Berlin, ‚Das Studium der Medizin und die ‚Frauen. 4 Meymnert, Wien, Gehirn und Moral. Exner, Wien, Ueber die allgemeinen der Menschen. den Steynen, Düsseldorf, Forschungsreisender, Ueber den Kulturzustand heutiger Steinzeit- völker in Central-Brasilien. (II. Schingu-Ex- pedition.) Die Anschreiben, die auf die Abteilungen Bezug haben, gehen an die Herren Abteilungs-Binführenden; alle die Ausstellung be- treffenden Korrespondenzen beliebe man an den Sekretär des Aus- stellungs-Ausschusses Herın Dr. phil. Eltzbacher in Köln, unter Sachsenhausen 9, zu senden. — Die Vorausbestellung von Legiti- mationskarten kann seitens der auswärtigen Mitglieder gegen Ein- sendung von 12 Mark für die Mitgliedkarte und 6 Mark für die Damenkarte an den Vorsitzenden des Finanzausschusses, Herrn. Banquier Moritz Seligmann, Kasinostrasse 12 und 14 erfolgen. Das freundliche Entgegenkommen des Her "Ih. Deichmann hat es uns möglich gemacht, alle Geschäftslokale in unmittelbare Nähe des Centralbahnhofes, Bahnhofstrasse 6, zu legen. Dort be- ° finden sich die Büreaux des Empfangs-, Wohnungs- und Auskunfts- Ausschusses. Dieselben sind vom 15. September ab von 8 Uhr morgens bis S Uhr abends geöffnet. — In dem Auskunftsbüreau werden die Leeitimationskarten nebst den Brkennungsschleifen für die Mitglieder und deren Damen, ‚die Festschrift sowie das Tage- hlatt etc. verausgabt; daselbst können auch die Karten für das Fest- essen, zum Theater und zu der Rheinfart in Empfang genommen werden. , Es wird dıingend gebeten, dass die Mitglieder und Teilnehmer ihre Namen, Titel, ihren Heimatsort sowie die Adresse während des Aufenthaltes in Köln deutlich aufschreiben, da nur auf diese Weise eine korrekte Besorgung der Korrespondenz erwartet werden kann. - Von: dem Wohnungsbüreau-aus wird auf Wunsch der nötige Wohnungs-Ausweis in Köln gegeben. Zur Erleichterung der Kon- trole wird die Vorzeigung der Legitimationskarten: häufig notwendig sein, weshalb die Herren Mitglieder gebeten werden, dieselben stets. bei sich zu führen. Denkfehler . von Fragen und Antworten. Wie verhielt sich A. v. Chamisso zur Lehre von der : Verwandlung der Arten? Chamisso stellt im Jahre 1827 in seinem in Berlin erschienenen Buche; „Uebersicht der nutzbarsten und der schädlichsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Norddeutschland vorkommen — Nebst Ansichten von der Ptlanzenkunde und dem Pflanzenreiche“ die Frage (S. 41): „Finden in der organischen Natur Verwandlungen der Arten statt? Werden Pflanzen zu 'liere, und Tiere zu Pflanzen? Pflanzen von bestimmter Gattung und Art zu anderen, der Gattung und Art nach, verschiedenen Pflanzen? Bilden sich, endlich die ein- facheren Lebensformen stufenweise zu vollkommneren Lebensformen allgemeinen = B.. 7. E Eng x BIC > wor Re Br). aus?“ — Chamisso antwortet sogleich: „Die von den Verfechtern der Verwandlungslehre zur Beglaubigung derselben angeführten Thatsachen scheinen uns, wir müssen es gestehen, aller Zuverlässigr keit zu ermangeln.“ nt \ In der That sind auch die Thatsachen, welche Chamisso an- u führt, als solche, welche von den „V.erfechtern der Verwandlungs- lehre“ zur Begründung ihrer Ansicht vorgebracht würden, keines- wegs geeignet, bei vorsichtigen Forschern Eindruck zu machen. Hören wir Chamisso selbst: „Aus Wasserfäden scheinen Infusions- Nr. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 183 tierchen hervorzugehen, und nachdem ihr Geschlecht ausgestorben, geht der rückständige Stoff wiederum in Wasseralgen über. Soll denn hier etwas Anderes vorgegangen sein, als was wir fortwährend sich ereignen sehen, und was Gesetz ist in der organi- schen Natur? Denselben Urstoff eignen sich an und beleben abwech- selnd verschiedenartige Wesen, Tiere oder Pflanzen. Ihre .Geschlechter verdrängen einander, wechseln nach einander ab, der Stoff hat sich verwandelt, sie aber sind unwandelbar geblieben. Soll der Mehl- wurm für eine Verwandlung des Weizenkornes gelten? Zwei Pflanzen, von denen die eine offenbar auf der anderen wächst, sind für eine in der Verwandlung begriffene Pflanze an- gesehen und ausgegeben worden. Soll die Mistel oder gar der Epheu für eine Verwandlung der Eiche gelten? Endlich sind oft die Arten der einfacheren, geschlechtlosen Pflanzen noch nur mangelhaft hekannt. Es werden namentlich die- selben Pflanzen auf verschiedener Stufe ihrer eigentümlichen Ent- wicklung nicht selten als verschiedene Arten verschiedener Gattungen aufgeführt. Die Wurzeln unausgebildeter Pilze werden für eigene Pilze, aufkeimende Moose, Flechten und Algen vor dem Erscheinen ihrer Frucht für eigene Algen angesehen. Der Irrtum ist in vielen Füllen eingestanden und berichtigt worden; er scheint in andern den Anhängern der erneuerten Lehre Waffen an die Hand zu geben. Könnte man es dem Unkundigen verargen, der zuerst die Ver- wandlung einer Froschlarve in einen Frosch, einer Raupe in einen Schmetterling beobachtet hätte, zu glauben und zu verkünden, dass er die Verwandlung eines Fisches in ein Amphibium, eines Wurmes in ein Insekt zugeschauet habe? Also unkundig und fremd sind wir noch in jenem Naturgebiete, welches ferne von uns liegt und in das wir meist nur durch das Mikroskop hineinzublicken vermögen. Man sieht mit diesem köstlichen Instrumente nur zu oft, was man zu sehen erwartet, was man zu sehen begehrt. — Wer mit vorgefasster Meinung beobachtet. der giebt sich der Täuschung hin. Wir glauben, nach dem Gesagten, den zweiten Teil der Frage: Ob die einfacheren Lebensformen sich stufenweise zu vollkommneren Lebensformen ausbilden? beseitigen zu können. Wir beharren auf dem Gebiete der Erfahrung; die Naturgeschichte verweist hierüber an die Naturphilosopbie.“ Zwei Jahre später hat sich Chamisso bewogen gefühlt. K. A. Agardh ausdrücklich zu widerlegen, in einem in den „Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin“ (I. S. 173) er- schienenen „Ein Zweifel und zwei Algen“ betitelten Aufsatz. Agardh hatte behauptet (Dissertatio de metamorphosi Algarum. Lundae, 1820), dass systematisch nicht zusammengehörige Wesen auseinander hervorgehen könnten: so würden in besonderen Fällen aus Tieren Pflanzen und umgekehrt; auch die verschiedenen Abtei- lungen der beiden organischen Reiche sollten untereinander über- gangsfähig sein. Das Interessanteste in dieser Beziehung, weil es an neuere epochemachende Forschungen erinnert, ist seine Meinung, dass Algen untereinander, Pilze in Algen und diese in Flechten sich zu verwandeln vermögen. Aber nichtsdestoweniger kommt Chamisso bei der Definition des Begriffes der Art nicht über die Worte hinaus (Uebersicht S. 80): „Wir haben eine Ahndung von dem was Art ist, und müssen uns hier bei dieser Ahndung beruhigen. eingestehend, dass wir eines bestimmten Ausdruckes dafür ermangeln.“ Später ist Chamisso auf diese Frage noch einmal zurück- gekommen, und zwar in der anziehenden Beschreibung seiner Reise um die Welt. In dem Abschnitt: „Von Manila nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung“ sagt er nämlich: „Unter den Seepflanzen, die ich vom Cap mitgebracht habe, hat eine, oder nach meiner Ansicht haben zwei eine grosse Rolle in der Wissenschaft gespielt, indem sie für die Verwandlungen der Gattungen und Arten in andere Gat- tungen und Arten Zeugnis ablegen gesollt. Ich habe wohl in meinem Leben Märchen geschrieben, aber ich hüte mich, in der Wissenschaft die Phantasie über das Wahrgenommene hinausschweifen zu lassen. Ich kann in einer Natur, wie die der Metamorphosler sein soll. geistig keine Ruhe gewinnen. Beständigkeit müssen die Gattungen und Arten haben, oder es giebt keine. Was trennt mich homo sapiens denn von dem Tiere, dem vollkommneren und dem unvoll- kommneren, und von der Pflanze, der vollkommneren und der un- vollkommneren, wenn jedes Iudividuum vor- und rückschreitend aus dem einen in den andern Zustand übergehen kann? — Ich sehe in meinen Algen nur einen Sphaerococeus, der auf einer Conferva ge- wachsen ist, nicht etwa wie die Mistel auf einem Baume wächst, nein, wie ein Moos oder eine Flechte.* Und dabei citiert Chamisso seine oben genannte Abhandlung: „Ein Zweitel und zwei Algen“, mit der er namentlich den Zweck verfolgt. sich gegen Agardhı zu verwahren. der die von Chamisso gesammelten aufeinander haftenden Algen für seine Ansicht verwertet hatte. EISUP% Litteratur. "Schott, Th., Die Pathologie und Therapie der Angina pectoris (Herzkrampf.) Sep.-Abdr. 8%. Preis 14. Eugen Grosser, Berlin. Schrön, L., Sisbenstellige gemeine Logarithmen der Zahlen von 1—108 000 und der Sinus, Cosinus, Tangenten und Cotangenten aller Winkel der Quadranten von 10 zu 10 Sekunden (Ungar.) Herausgegeben von J. Sztoczek. Tafel 1 und 2. Neue Ausgabe. gr. 80%. (VI, 768.) Preis 14 80.4. Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. — dasselbe. Taf. 3. Neue Ausg. gr. 8%. ı (VI, 76 S.) Preis1 # Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. Seekrankheit. Ursache, Verlauf, Behandlung. 8°. (15 S.) In Komm. Preis 50 4. Rocco'sche Buchh., Heinrich Drewes in Bremen. Sievers, W., Die Cordillere von Merida, nebst Bemerkungen über das karibische Gebirge. Ergebnisse einer 1884—1885 aus- geführten Reise. (VIII, 239 S. mit Karte.) — Geographische Abhandlungen. Herausg. von A. Penck. 3. Bd. 1. Heft. gr. 8%. Preis 12 42. Eduard Hölzel's Verlag in Wien. Simonsen, J., Der Hausgarten. Eine praktische Anleitung zur Anlage, Pflege und Behandlung sämtlicher Gemüse- u. 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Imaserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. ME” Bemerkung für die Leser: Für den Inhalt der Inserate sind wir nicht verantwortlich, BU Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer "Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. % Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. 4 Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1% marken) liefere franke: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Bleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Bleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Lehmam, Paul, Die Erde und der Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Bleg. 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E - . * E * Redaktion: Forschung" aufkiobt fassenden Ideen und an lo den Gobilden'der Phantasie, N ihr: reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen ‚schmückt. Schwendener. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. I. Band. | Sonntag, den 9. September 1388. NrY24 Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M# 3.—; Bringegeld bei der Post 15.4 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 „. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Rede zur Gedächtnisfeier König Friedrich Wilhelms Ill. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 3. August 1888. Gehalten von S. Schwendener, z. Z. Rektor der Universität. (Sehluss.) Die Reorganisation des Schöneberger Gartens fällt also, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, gerade in die Zeit, wo die‘ Anforderungen in Bezug auf Dar- stellung des Pflanzenreiches ein sehr hohes Mass erreicht hatten, und der erste Direktor Professor Willdenow, folgte nur der herrschenden Strömung, wenn er die Zahl der kultivierten Pflanzen von Jahr zu Jahr höher steigerte. Neben dieser mehr und mehr in die Breite gehenden systematischen Strömung traten nun aber bald andere hervor, welche von neuen Quellen der Einsicht genährt und auf neue und höhere Ziele gerichtet waren. Einige der bedeutendsten Forscher, denen die Mehrung von Einzelheiten wenig Befriedigung bot; richteten ihr Augen- merk auf die Verteilung der Gewächse über Länder und Zonen und schufen die Grundlagen der Pflanzengeographie; andere, welche die Bedeutung der verbesserten optischen - Hilfsmittel erkannt hatten, förderten die bis dahin noch geringen Kenntnisse über den inneren Bau und die Ent- _ wicklung der Pflanzenorgane; wieder andere befassten sich.mit der Ernährung, dem Wachstum und den Lebens- erscheinungen überhaupt. Damit war im Entwicklungs- gange der Botanik eine neue Periode eingeleitet, und es ist bekannt, dass dieselbe in Deutschland binnen wenigen Jahrzehnten reiche Früchte brachte. Fragen wir jetzt, wie die botanischen Gärten sich dieser neuen Richtung gegenüber verhielten, so ist nicht zu bestreiten, dass sie im allgemeinen hinter den Fort- schritten der Wissenschaft zurückblieben. Sie zeigen auch heute noch, von unerheblichen Veränderungen ab- gesehen, das Gepräge einer früheren Zeit, nur dass die Bezeichnung der Gewächse häufig genug fehlerhaft, hin und wieder sogar bis zur Trostlosigkeit vernachlässigt ist. Gewisse Modepflanzen, wie Orchideen, Camellien, Azaleen, Cacteen, Ericeen und dergl. werden in über- grosser Anzahl kultiviert; sie grünen, blühen und ver- blühen, ohne für die Wissenschaft Früchte zu tragen. Wo Spezialisten vorhanden sind, welche die eine oder andere Pflanzengruppe monographisch bearbeiten, mag eine möglichst reiche Vertretung derselben durch lebende Exemplare gerechtfertigt sein; man darf aber auch in diesem Falle nicht vergessen, dass grössere systematische Arbeiten sich in der Hauptsache doch immer auf Herbar- material stützen müssen, da die Gesamtzahl der Kkulti- vierten Formen ja nur einen Bruchteil der bereits be- schriebenen bildet. Die grössten Sammlungen lebender Gewächse in den Gärten der Grossstädte mögen etwa 16—18000 Spezies umfassen, die Floren der gesamten Erdoberfläche aber das Zehnfache. Ueberdies verlassen sich die Phytographen nicht gerne auf Gartenexemplare, weil dieselben von den in der Natur gesammelten zu- weilen merklich abweichen und bezüglich ihrer Herkunft keine sicheren Garantien bieten. Es ist deshalb nicht daran zu denken, auf dem Wege der Kulturen den An- forderungen der neueren Systematik genügen zu können. Und so lässt sich von der Zukunft kaum etwas anderes 186 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. erwarten, als dass die enormen Bestände an lebenden Pflanzen, welehe gegenwärtig alle grössere Gärten noch aufweisen, eine allmählige Reduktion erfahren werden. Aber wenn der Pflanzenreichtum seinen Reiz, den er so lange ausgeübt, mehr und mehr einbüsst, was soll an die Stelle treten? Mit der jetzt herrschend gewor- denen mikroskopischen und experimentell-physiologischen Forschung steht der Garten als solcher in keiner anderen Beziehung, als dass er die nötigen Materialien und etwa noch eine gewisse Anzahl von Versuchspflanzen zu liefern hat, — und dazu bedarf es keiner besonderen Anstrengungen. Nach dieser Richtung wird also voraus- sichtlich Niemand gesteigerte Leistungen verlangen oder neue Ziele aufstecken wollen. Ebensowenig liegt es im Bereiche der botanischen Gärten, pflanzengeographische Probleme zu fördern. Was bis dahin in dieser Richtung durch Aufstellung geogra- phischer Gruppen geschehen ist und naturgemäss auch in Zukunft einzig und allein geschehen kann, gehört in das Gebiet der populären Demonstration und der Belehrung für weitere Kreise, nicht in dasjenige der Wissenschaft. Es mag für das gartenbesuchende Publikum ein wirk- liches Interesse gewähren, japanische, amerikanische, australische Pflanzen ete. in grösserer Anzahl beisammen zu finden, und es soll in keiner Weise getadelt werden, wenn die Gartenverwaltungen diesen volkstümlichen Be- strebungen thunlichst entgegenkommen; nur bilde man sich nicht ein, damit eine wissenschaftliche Aufgabe zu lösen. Das Einzige, was den botanischen Gärten übrig bleibt, wenn sie dem Entwicklungsgange der Wissenschaft folgen und etwas mehr sein wollen, als blosse Magazine lebender Pflanzen, ist die Beteiligung an den Fragen, welche die Variabilität der organischen Formen, den Ein- fluss veränderter Lebensbedinsgungen auf die Gestaltung, die Kreuzungserscheinungen und Rückschläge, überhaupt die Faktoren betreffen, welche für den Weiterbau des Pflanzenreiches und somit auch für die Geschichte des- selben massgebend sind. In dieser Richtung sind denn auch bereits bemerkens- werte Anfänge gemacht worden, welche wenigstens über einige Grundprobleme neues Licht verbreiten. So haben z. B. die Hieracien-Kulturen, welche Nägeli im botani- schen Garten zu München in grossem Massstabe aus- führte, indem er im Ganzen etwa 4400 Nummern aus- pflanzen liess und während kürzerer oder längerer Zeit, zum. Teil durch eine. Reihe von, Jahren hindurch beo- bachtete, die wichtige Thatsache ergeben, dass die Ver- änderungen, welche die einzelnen Pflanzen unter solchen Verhältnissen erfahren, stets nur die individuelle. Er- scheinungsform, niemals die erblichen Merkmale betreffen. Die kleinen Alpenhieracien z. B. werden im Garten viel grösser, „stärker verzweigt und reichblütig, so dass man sie oft kaum wieder erkennt“. Verpflanzt man aber solche Formen auf einen mageren Kiesboden, so erhält man wieder die ursprünglichen alpinen Typen. Die be- obachteten Veränderungen sind also nicht erblich, sondern bloss durch Standortsverhältnisse bedingt und darum vorübergehend. - Auf solche Erfahrungen gestützt, zieht Nägeli den weitgehenden Schluss, dass die klimatischen und Stand- ortseinflüsse, auch wenn dieselben durch noch so lange Zeiträume zur Geltung kommen, keine erblichen Merk- male und daher auch keine neuen Varietäten erzeugen. Andere Forscher jedoch, welche nach dem Vorgange A. de Candolle’s die Frage der Veränderlichkeit da- durch zu lösen suchten, dass sie Samen der nämlichen Arten aus verschiedenen Gegenden Europas aussäeten und die Zeit des Keimens und Aufblühens beobachteten, gelangten zu Ergebnissen, welche zuweilen auf erbliche Veränderungen infolge der klimatischen Einflüsse hin- zuweisen schienen, und ich kann hinzufügen, dass die vergleichende Anatomie der Wüsten- und Steppenpfllanzen uns gleichfalls morphologische und histologische Eigen- tümlichkeiten vor Augen führt, welche nur unter dem Einfluss des trockenen Klimas entstanden sein können und deren Erblichkeit ausser allem Zweifel steht. Schon dieses eine Beispiel würde genügen, um die wissenschaftliche Bedeutung der Kulturversuche klar zu ” legen. Es giebt aber noch eine Reihe anderer Fragen, : welche in gleicher Weise nur durch Beobachtung lebender Pflanzen im Verlaufe der Generationen selöst oder doch gefördert werden können. Ich erwähne zunächst die von der chemischen Bodenbeschaffenheit bewirkten Formen- veränderungen, über deren Vorhandensein meist nur das R Experiment Auskunft giebt. Man kennt z. B. ein Fam- kraut, welches in den Floren die Bezeichnung Asplenium Serpentini führt, weil es eine selbständige, auf Serpentin- gestein vorkommende Form zu sein schien. Seit kurzem ist indess durch wiederholte Aussaat der Sporen erwiesen, 3 dass diese vermeintliche Species oder Varietät auf serpen- “ tinfreiem Substrat in der sechsten Generation zur Grund- form Asplenium Adiantum nigrum zurückkehrt. 3 s nr. Ich erinnere ferner an die Folgen der Konkurrenz, % welche zwischen nahverwandten Formen zur Geltung kommt, wenn sie nebeneinander auf dem nämlichen Boden vegetieren. Es ist bekannt, dass in diesem Falle de Verdrängung der einen Form durch die andere eine her- vorragende Rolle spielt, indem dieser Vorgang neben Be den klimatischen Faktoren die Verteilung der Gewächse und ebenso die Verbreitung der Arten in vertikaler und ee horizontaler Richtung mitbeherrscht. Zwar bietet hierüber die freie Natur wohl die besten Anhaltspunkte; aber einzelne Fragen, welche den Zusammenhang der Br- 2 scheinungen und die Wirksamkeit der massgebenden Momente betreffen, können ohne Zuhilfenahme des Ver- g suchs nicht entschieden werden. Ebenso bedarf das Verhalten der hybriden Formen im Zustande der Iso- lierung, ihre Variabilität und die etwaige Annäherung an die Stammform. bei ausgeschlossener Vermischung mit ia dieser einer fortdauernden Prüfung. KEN Es handelt. sich bei diesen: Fragen nicht. etwa nur Nr; .24. um einzelne Thatsachen oder um die Ausfüllung kleiner Lücken in der Wissenschaft, sondern um die Kenntnis der empirischen Grundlagen, auf welche die Lehre von der Entstehung -der organischen Formen sich stützen muss. Darum ist eine allgemeine Mitwirkung der bota- nischen Gärten als der natürlichen Versuchsfelder auf diesem Forschungsgebiete wünschenswert und im Hin- blick auf den. Entwicklungsgang der Wissenschaft von der Zukunft auch sicher zu erwarten. Aber wie in der Zeit der herrschenden Systematik die Aufgabe der Gärten doch immer nur eine bestimmt umgrenzte war, durch welche weder die Arbeit der Rloristen und wissenschaftlichen Reisenden, noch das Studium der Herbarien ersetzt werden konnte, so wird auch die physiologische Forschung ausser den bereits bestehenden Instituten Mittel und Wege suchen müssen, welche das organische Leben der Meeresküsten und der südlichen, für Europäer weniger leicht zugänglichen Erd- striche an Ort und Stelle zu verfolgen gestatten. Die ersten Schritte in dieser Richtung sind denn auch bereits gethan. Unsere zoologischen Stationen, vor allem die- jenige in Neapel, welche mit gleichem Recht auch als botanische Station bezeichnet werden kann, haben seit Jahren 'eine so erfolgreiche und allseitig anerkannte Wirksamkeit entfaltet, dass ich nicht nötig habe, ihre Bedeutung für die Erforschung der Meeresorganismen noch besonders hervorzuheben. Warum aber, so könnte man fragen, fühlen sich die Forscher immer wieder zu diesem eigenartigen Leben des Meeres hingezogen? Die Tier- und Pflanzenwelt des Landes ist doch zweifellos nicht weniger mannigfaltig; sie ist beträchtlich reicher an Arten, dabei höher differen- ziert und sehr viel zugänglicher. Woher also diese wunderbare Anziehungskraft des Meeres? Die Erklärung einer so eigentümlichen Erscheinung liegt nicht etwa in der blossen Reiselust, nicht in dem Zauber, welcher dem Meer schon in seiner äusseren Erscheinung, im nie ruhenden Spiel seiner Wellen und im Wechsel der Farben innewohnt; sie ist gegeben durch die historische That- sache, dass die Wissenschaft vom Leben zu allen Zeiten ihre besten-Bausteine und ihren reichsten Perlenschmuck aus den Tiefen des Meeres gehoben hat. So ging, um in flüchtigem Ausblick nur auf wenige Punkte hinzu- "weisen, die von Nägeli begründete entwicklungsgeschicht- liche Richtung der Botanik vom Studium der Meeres- algen aus, an welche die Landkryptogamen sich später- hin anschlossen. Ebenso hat die Lehre von der Keim- bildung ihre besten Belege den einfachst gebauten und - darum leichter verständlichen ‘Wasserbewohnern zu ver- danken. Und blicken wir erst auf die deutsche Zoologen- schule der Neuzeit, so erscheint dieselbe so innig mit dem Tierleben des Meeres verknüpft, dass man ohne Uebertreibung sagen kann, ihre besten Arbeiten seien vorwiegend den Geschöpfen der Salzflut gewidmet. Unter solchen Umständen ist vorauszusehen, dass die Meeresküsten mit ihrem reichen Tier- und Pflanzen- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 187 leben das Interesse der Forscher noch für lange Zeit von unseren Gärten und Museen, den zoologischen wie den botanischen, abwenden und auch die verfügbaren finan- ziellen Mittel teilweise für sich beanspruchen werden. Neue Stationen, nach dem Vorbilde der Neapolitanischen eingerichtet, sind bereits im werden begriffen: andere werden folgen. In diesen marinen Pflegestätten der Wissenschaft und in den botanischen und zoologischen Universitäts-Instituten, welche ebenfalls Schöpfungen der Neuzeit sind, konzentriert sich jetzt schon der wichtigere Teil der Forschung, und die nächste Zukunft wird das Verhältnis voraussichtlich noch mehr zu Ungunsten der Gärten und Museen gestalten. Auch die Flora des Landes, zumal der entlegenen Zonen, wird gegenwärtig nach anderen Gesichtspunkten studiert, als in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts. Damals war es vor allem die Erweiterung der Formen- kenntnis, die immer reichere Ausfüllung des Systems, für welche die Botaniker ihre Kräfte einsetzten. Man sandte mit bedeutendem Kostenaufwande Reisende aus, welche die Schätze ferner Weltgegenden herbeischafften und unsere Gärten, Herbarien und Museen mit Selten- heiten und Novitäten bereicherten. Für den Schöne- berger Garten wirkten z. B. unter der Regierung Friedrich Wilhelms III., von 1815 an, Successive vier verschiedene Sammler, ein Gärtner und drei Pharma- ceuten, am Cap der guten Hoffnung, zwei der verdien- testen, Sello und Beyrich, in Brasilien, der letztere auch in den Vereinigten Staaten; dazu kam die Reise Ehrenberg’s nach Aegypten, Nubien, Abessynien, Ara- bien und Syrien, für welche der König selbst eine nach- haltige Beihilfe gewährte. Diese Sammelthätigkeit hat auch heute noch für alle Zukunft ihre Berechtigung; denn jede neue Form, die wir kennen lernen, ist doch immer ein kleiner Gewinn für die Wissenschaft. Aber das Hauptinteresse hat sich trotzdem auch in Bezug auf fremdländische Gewächse anderen Bestrebungen zugewendet, welche nur an Ort und Stelle, aber nicht durch die flüchtige Beobachtung eines Touristen, sondern allein durch das tiefer gehende Studium des Physiologen gefördert werden können. Von dieser Erkenntnis ausgehend, haben in neuester Zeit wiederholt fachwissenschaftlich ausgebildete Forscher sich zu längerem Aufenthalt in entfernte Länder begeben, um daselbst mit Benutzung lebenden Materials ganz be- stimmte Probleme zu lösen oder doch der Lösung näher zu bringen, und die Niederländische Regierung hat auf Java, in Verbindung mit dem botanischen Garten zu Buitenzorg, ein Institut errichtet, welches für die Er- forschung der tropischen Vegetation die nötigen Hilfs- mittel liefert und das auch bereits von deutschen Bota- nikern mit Erfolg benutzt worden ist. Noch steht dieses Institut isoliert da in der ganzen Tropenwelt; aber es ist zu hoffen, dass mit der Zeit auch anderwärts ähnliche Asyle, wenn auch mit einfacherer Ausstattung, ins Leben gerufen werden. 188 Die Aufgaben, welche inmitten einer fremdländischen Vegetation und unter Verhältnissen, die eine regelrechte Untersuchung gestatten, ihre Lösung zu erwarten haben, sind mannigfacher Art und berühren die verschiedensten Gebiete der Botanik. Um nur einen Punkt, der dem allgemeinen Verständnis wohl am nächsten liegt, mit einigen Worten anzudeuten, sei an die Eigentümlichkeit des Wuchses, d. h. an die Gestaltung der vegetativen Organe erinnert, auf welche schon Alexander von Humboldt seine physiognomische Einteilung gründete. Man weiss, dass. die afrikanischen Wolfsmilcharten die gerippte Säulenform amerikanischer Cacteen zeigen, denen sie oft täuschend ähnlich sehen, obschon von systema- tischer Verwandtschaft nicht die Rede sein kann. Ebenso begegnet man unter den Steppen- und Wüstenpflanzen aller Länder gewissen stereotypen Formen, welche gleich- sam nach demselben Modell geschaffen sind, obschon sie den verschiedensten Familien angehören. Es sind das die „klimatischen Analogien“ der Pflanzengeographen, die sich übrigens nicht bloss auf den Habitus, sondern auch auf den anatomischen Bau erstrecken. Und merk- würdigerweise tauchen diese physiognomischen Charakter- züge, die wir als Ausdruck des Wüsten- und Steppen- klimas zu betrachten gewohnt sind, auch in den Hoch- gebirgslandschaften der amerikanischen Anden wieder auf. Da nun in der Wüste während der regenlosen Zeit drei Faktoren zusammenwirken, nämlich Trockenheit in der Luft, Trockenheit des Bodens und ein starker Lichtreiz, von denen jedenfalls der Letztere im Hoch- gebirge der äquatorialen Anden der häufigen Wolken- bildungen halber zurücktritt, während die Bodenfeuchtigkeit wahrscheinlich je nach den lokalen Verhältnissen variiert, so ist dadurch Gelegenheit geboten, den Einfluss jedes ein- zelnen Faktors oder doch der verschiedenen Kombinationen von je zwei derselben näher kennen zu lernen. Dazu ge- hört aber ein genaueres Studium der Vegetation und der bezüglichen Standortsverhältnisse im Lande selbst, — und das nämliche gilt noch für manche andere Frage, welche gegenwärtig im Vordergrunde der Forschung steht. Darum ist zu erwarten, dass neben den Küsten- stationen und den tropischen Garteninstituten auch Forschungsreisen in fernen Ländern, nicht zum Sammeln, sondern zur Bearbeitung bestimmter Fragen, in Zukunft mehr als bisher zur Geltung gelangen, und für die bota- Praktische Winke über die Anlegung eines Herbariums.‘) Von Dr. H. Potonie. Ueber die Nützlichkeit eines Herbariums für den Floristen brauche ich wohl kein Wort zu verlieren, und so wende ich mich denn sofort zur Besprechung der zweckmässigen Einrichtung einer -solchen Sammlung. Die Anordnung der Arten geschieht am allerzweck- un nach dem natürlichen System, und zwar ist €) Verst hierzu: H. Potoni£, Praktische Winke über‘ das Pflanzensammeln (Naturw. Wochenschrift IT Seite 52—54). Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 24. FE nischen Gärten dürfte auch diese Konkurrenz fühlbar werden. Wenn wir zum Schlusse noch die Frage aufwerfen, welche Folgen sich aus ‘den angedeuteten Perspektiven für die botanischen Gärten ergeben werden, so ist zu- nächst für die kleineren, vorwiegend Unterrichtszwecken dienenden kaum zu befürchten, dass sie irgendwie nach- teilig davon berührt werden könnten, da ihr Pflanzen- bestand thatsächlich nicht über das vorhandene Demon- E er strationsbedürfnis hinausgeht. Auch für die grossen und grössten Anstalten dieser Art liegt einstweilen nur die Wahrscheinlichkeit nahe, dass die Etatserhöhungen, die bis dahin zum Teil in sehr reichem Masse und in auffallend rascher Folge stattfanden, künftighin etwas spärlicher aus- fallen werden. Denn dass das Gegengewicht anderweitiger Bedürfnisse, welches jetzt schon vorhanden, auf die Dauer e ganz wirkungslos bleibe, ist nicht wohl anzunehmen. Aber eine tiefer gehende Veränderung, welche die wissenschaftliche Seite des Gartenbetriebes angeht, ist trotzdem von der Zukunft zu erwarten. Die Mode- pflanzen der Handelsgärtnereien und die monotonen Formen gewisser Gattungen, welche in zweckloser Arten- fülle ganze Häuser beanspruchen, verdienen eine solche Bevorzugung nicht, und es wäre jetzt schon an der Zeit, mit diesen alten Traditionen zu brechen und eine strengere Auswahl, verbunden mit der nötigen Kontrole der Nomencelatur, durchzuführen. Aber freilich, dazu gehört eine sachverständige und energische Direktion, welche ihre Aufgabe kennt und die im Wege stehenden Hinder- nisse zu überwinden versteht. 4 Auch der Schöneberger Garten könnte durch Ver- besserungen und Vereinfachungen in dem angedeuteten Sinne nur gewinnen und da er der grösste und best- dotierte in Deutschland ist, so würde ihm hierin, wie überhaupt in allem, was zur Förderung wissenschaftlicher Aufgaben dienen kann, der Vortritt wohl anstehen. Uebrigens ist dieser Garten auch in seinem heutigen Zustande eine Zierde der Residenz, ein grosses und schönes Institut, welches als Vorläufer der Universität immer wieder genannt zu werden verdient, so oft wir jener bedeutsamen Epoche gedenken, da Friedrich Wil- helm III. die Wiederaufrichtung des Staates durch Hebung seiner geistigen Kräfte ins Werk setzte. (Aus den von d. Kl. Akad. d. Wiss. zu Berlin herausgeg. Schr.) % Sa 5 2 1 a a Sa ee Te FETTE SENT ERTL es gut, sich nach einem bestimmten Buche, weiches man dann gewissermaassen als Katalog seines Herbariums behandelt, zu ordnen. Besteht die Absicht, sich nur mit der Flora seiner engeren Heimat zu beschäftigen, ® so benutzt man als solch einen Herbarkatalog eine Provinzialflora, wie z. B. für Schlesien die vorzügliche Flora dieser Provinz von Emil Fiek (Breslau 1881), oder für die Provinz Brandenburg die klassische Flora ä ; 2 v a Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 189 der Provinz Brandenburg von Prof. Dr. P. Ascherson (Berlin 1864). ‘Für ein weiteres Gebiet mag die „Illustrierte Flora von Nord- und Mitteldeutschland mit einer Einführung in die Botanik‘ des Schreibers dieser Zeilen (3. Aufl., Berlin 1887) benutzt werden, und wer endlich ganz Deutschland ins Auge fassen will, nehme die Flora von Deutschland von Prof. Dr. A. Garcke (15. Aufl., Berlin 1885), in der allerdings aus „pflanzen- geographischen Rücksichten“ die in den bayerischen Alpen vorkommenden Arten nicht mit aufgeführt werden. Will man daher auch die so interessanten und schönen Alpengewächse in Betracht ziehen, so müssen wir zu einem anderen Buche greifen und hier wird uns in der für die deutsche- Floristik grundlegenden „Synopsis der deutschen und schweizer Flora“ von D. J. Koch oder in dem „Taschenbuch der deutschen und schweizer Flora“ desselben Verfassers ein vorzügliches Hilfsmittel geboten. Die den getrockneten Pflanzen-Arten beizulegenden Zettel müssen immer sorgfältige Auskuft geben 1. über den genauen Fundort einer Art, 2. über das Datum der Exkursion, 3. über den Namen des Sammlers. Das folgende Vorbild ist nach dem vorschriftsmässigen Schema verfasst: Potamogeton praelongus Wulfen. Provinz Brandenburg: In der Havel südlich von Potsdam. 3. Juli 1820. J A. v. Chamisso. | Die Pflanzen werden entweder lose und zwar jede Art und jeder Fundort in einen besonderen Bogen Papier gelegt, auf dessen Aussenseite in einer Ecke an der Rückenseite der wissenschaftliche Name gesetzt wird; oder man klebt die Specimina mit ihrem Zettel ver- mittelst schmaler geleimter Papierstreifen auf einzelne Papierblätter in Folioformat. Die letzte Methode hat den wesentlichen Vorteil, schnell durch einfaches Blättern seine Schätze bei einer Vergleichung durchsehen zu können und schützt überdies vor dem Herausfallen von Zetteln oder Pflanzenteilen.. Samen und kleinere Dinge überhaupt thut man in Papierkapseln, die ebenfalls dem Bogen angeklebt werden. Die Arten einer Gattung werden zusammen in einen Bogen gelegt, der wiederum in einer Ecke an der Rückenseite den Namen der Gat- tung trägt. Sind die Arten nicht aufgeklebt worden, so legt man die Artenbogen mit ihren Rücken nach rechts, die Rücken der Gattungsbogen nach links, durch welche Einrichtung ein schnelles Auffinden ermöglicht wird und überdies ein Herausfallen von in den Bogen befindlichen Dingen erschwert wird. Sehr wichtig erscheint die Erhaltung der Schätze, die leider nur durch besondere, mehr oder minder um- ständliche Manipulationen zu erreichen ist. Denn wer seine Herbarpflanzen nicht vergiftet, dem werden bald genug vornehmlich von der Larve eines kleinen Käfers, des Anobium paniceum L., (wenigstens in meinem Her- barium nach Bestimmung des Herrn Kolbe) die mühsam zusammengebrachten Schätze zerfressen, und da dieser der Hauptfeind von Pflanzensammlungen ist, gilt es Mittel zu finden, ihn fernzuhalten. Im Kgl. botanischen Museum zu Berlin vergiftet man, um letzteres zu erreichen, die einzelnen Pflanzen mit Quecksilberchlorid (Sublimat), und so haben sich in diesem Institut die mit dieser Substanz vergifteten Pflanzen Humboldt's, Willde- now's, Chamisso’s und solche aus noch weit älterer Zeit ganz vorzüglich erhalten. Die Vergiftung wird am besten in der Weise vorgenommen, dass man in etwa 80 Gewichtsteilen eines starken Alkohols einen Gewichts- teil des Sublimates auflöst und die bereits vollständig getrockneten Pflanzen-Exemplare in diese Lösung ein- taucht. Die Giftflüssigkeit wird in ein flaches (nicht metallisches) Gefäss gegossen und die zu vergiftende Pflanze vermittelst einer grossen Hornpincette eingetaucht. Einige vergiften ihre Pflanzen durch einfaches Bespritzen derselben vermittelst eines mit Giftlösung getränkten grossen Pinsels. Das nochmalige Trocknen der Pflanzen geht schnell von statten, da der Spiritus leicht verdunstet. Es wird auch empfohlen — wenn man sich die ange- deuteten Umstände nicht machen will — das Herbarium- papier in eine konzentrierte Alaunlösung zu tauchen. Bespritzen des Herbarium-Papiers mit Petroleum oder zeitweilige Anwendung von Schwefelkohlenstoff vertreibt den „Kräuterdieb“ ebenfalls. Wegen der Einfachheit des Verfahrens wende ich jetzt zur Abhaltung des unliebsamen Gastes Naphthalin an. Am besten bringt man diese Substanz in flache Papierkapseln, wie etwa Briefenve- loppen, die sich zwischen die Bogen des Herbariums gut unterbringen lassen und, da das Naphthalin allmählich verdunstet, hin und wieder erneuert werden müssen. Es ist übrigens nicht nötig, alle Arten zu vergiften. Gräser und überhaupt grasartige Gewächse und merk- würdigerweise auch Farnkräuter leiden nur wenig durch Insektenfrass; am ärgsten mitgenommen werden u. a. die Compositen, Umbelliferen, Euphorbiaceen und Salicaceen. Kleinere Mitteilungen. Vierter internationaler Geologen-Kongress. — Der internationale Geologen-Kongress, der sich 1885 zum dritten Male in Berlin versammelte, hat beschlossen, seine vierte Sitzung 1888 in London abzuhalten. Das Komite hat den Beginn auf den 17. Sep- tember festgesetzt. Diejenigen, die Mitglieder des Kongresses zu werden wünschen, werden ersucht, ihren Antrag baldigst zu stellen mit Angabe ihres Vor- und Zunamens, Standes und ihrer Wohnung an Herrn W. Topley, London, 28 Jermyn-Street. Der Beitrag beträgt 10: Mark. Die Quittung des Schatzmeisters (Herrn :F. W. Rudler) berechtigt zum Empfang der Mitgliedskarte. sowie. der) ge- druekten Berichte und der übrigen Veröffentlichungen des Kongresses. Bei Abwesenheit haben die Mitglieder das Recht auf alle bezüglichen 190 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 24. Schriften. — Ehrenpräsident: Professor T. H. Huxley. Präsident: Professor J. Prestwich. Vicepräsidenten: Der Präsident der „Geologieal Society“. Der Generaldirektor der „Geological Survey“. Professor T. Me. K. Hughs. Sebatzmeister: F. W. Rudler. Generalsekretäre: J. W. Hulke. W. Topley. Der Deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege hält seine Versammlung in Frankfurt a. M. ab und zwar sind die Tage vom 13. bis 16. September in Aussicht genommen. Fragen und Antworten. Giebt es eine Erklärung für die in Bd. I S. 197 der „Naturw. Wochenschrift“ von Prof. Kny erwähnte, so merkwürdige Thatsache, dass gewisse Pflanzensamen nur dann keimen, wenn sie durch den Verdauungskanal einer bestimmten Tierart gegangen sind? Hierauf kann ich erwidern., dass in der That zwei Erklärungs- versuche gemacht worden sind, und zwar von Liebig und von Prof. G. Jäger. Ehe ich dieselben aber mit wenigen Worten andeute, möge die Thatsache selber noch in ein helleres Licht gestellt werden. Nicht nur der Weissdorn gedeiht leicht und schnell, wenn Truthüner mit den Früchten desselben verfüttert werden, und nicht nur die Verbreitung einer mittelamerikanischen Duranta-Art ist von Tauben abhängig, sondern die hierin sich zeigende Beziehung zwischen Pflanze und Tier kann noch in so zahlreichen anderen Beispielen beobachtet werden, dass man nicht fehlgehen wird, der- selben eine ziemlich allgemeine biologische Bedeutung zuzusprechen. So scheint, wie G. Jäger*) ausführt, auch der Same der Mistel auf keine andere Weise zu keimen, als dadurch, dass ein Mistelbeeren fressender Vogel (Misteldrossel) die Früchte geniesst, das Frucht- fleisch verdaut und den unverdauten Samen mit seinem Dünger aus- sät. Aehnlich verhält es sich mit dem Wacholder und der Wacholder- drossel, dem Wacholder und dem Seidenschwanz, der Himbeere und der Mönchsgrasmücke, der Erdbeere und der Amsel, der Johannis- beere und dem Rotschwanz, und wahrscheinlich wird dasselbe wie für die genannten Pflanzen für alle diejenigen gelten, welche Beerenfrüchte mit Steinhüllen besitzen, weil bei diesen die Samen durch die Steinhülle geschützt und damit im Tierleibe unverdaulich sind. Uebrigens ist für das Gedeihen der Samen weniger der Um- stand von Wichtigkeit, dass sie sich in dem Verdauungskanal der Tiere aufgehalten haben, als dass sie mit dem Kote des letzteren auf die Keimstelle gebracht oder dass sie mit diesem Kote gedüngt werden. Dass dem so ist, erweist die Thatsache, dass z. B. Cham- pignons nur auf Pferdemist künstlich gezogen werden können und auch im Freien nur da vorkommen, wo sich Pferdedünger befindet; und die Obstbaumzüchter Württembergs verfahren bei der Gewin- nung junger Kernobstpflanzen (Apfel und Birne) aus Samen auf die Weise, dass sie die bei der Mostbereitung abfallenden Träber an Schweine verfüttern und deren Dung als einzigen Gegenstand in die Furchen des Saatbeets bringen. Die zur Entwicklung kommenden Pflanzen entstammen den Samen, welche unverdaut den Darmkanal des Schweines durchwandert haben. Eine ähnliche Beziehung wie zwischen Champignon und Pferd waltet wahrscheinlich auch zwischen Trüffel und Schwein und zwischen Steinpilz einerseits und Hoch- oder Rehwild andererseits ob. Von Jäger wird nun hervorgehoben, dass dieses eigenartige Verhältnis zwischen Pflanze und Tier ein in gewisser Beziehung gegenseitiges ist, d. h., dass das Tier diejenige Pflanze am liebsten frisst, welche auf seinem Dunge am besten. oder gar einzig gedeiht. Dies gilt für alle angeführten Beispiele in mehr oder minder ausgesprochenem Masse. Dass der in Frage stehenden Naturregel noch.ein viel weiteres Wirkungsgebiet zukommt, mögen folgende Beispiele zeigen: Der Mist unserer Haustaube, die besonders lecker nach Mais, Erbsen und anderen Hülsenfrüchten ist. giebt den vorzüglichsten Dünger für die genannten Kulturgewächse ab; für Wiesen ist der beste Dünger der unserer gras- und heufressenden Haustiere: ebenso ver- halten sich auch der Mensch und diejenigen Pflanzen, welche er als Speise geniesst. Dagegen lassen z. B. die Exkremente des Hundes, der von Natur zu den Fleichfressern gehört und auch als Haustier kein Gras geniesst, das letztere nicht zu gedeihlicher Entwicklung gelangen. Die Richtigkeit der bisher besprochenen Thatsachen hat auch Liebig vollkommen anerkannt, indem er in seiner „Agrikulturchemie* sagt: „Die Exkremente eines Tieres haben als Dünger für diejenigen Pflanzen den höchsten Wert, welche dem Tiere zur Nahrung ge- dient haben.“ Seine Erklärung dieser Beziehung zwischen Pflanze *) G. Jäger, Lehrb. d. allgem. Zool. 3. Abteilung: Entdeckung d. Seele, Bd. I. S. 133; ferner G. Jäger in seinem Artikel „Kreis- lauf der Appetitstoffe“ in der Eneyklopädie d. Naturwiss.; "Abteil. Zoologie und Anthropologie, Bd. IV, S. 614 u. f. und Tier weicht aber von derjenigen Jäger's erheblich ab. Liebig meint. diese Beziehung rühre nur daher, dass in dem Kote eines Tieres die Nährsalze enthalten seien. welche die von dem Tiere gefressene Pflanze dem Boden entzogen habe. Indessen kommen in den Exkrementen eines Rindes. keine anderen Salze vor, als in denen eines Hundes, und doch sind die Exkremente des letzteren dem Grase nachteilig, die des ersteren aber zur Entwicklung förderlich. Weiter bringt die Düngung einer Pflanze mit den eigenen Wur- zeln nicht den besten Frfole.-wie-es doch zu erwarten wäre, wenn es bei der Düngung nur auf die Nährsalze ankäme. Jäger versucht daher eine andere Erklärung,*) die freilich ganz auf dem Boden seiner vielfach verschrieenen und doch so geistvollen Lehre von der Art und der Ursache der Lebensvorgänge in den Lebewesen steht. Da die in Rede stehende Beziehung zwischen Pflanze und Tier ohne Frage eine spezifische ist, so müssen diejenigen Stoffe dabei eme ursächliche Rolle spielen, welche die spezifische Eigenart der Lebewesen zustande bringen, das sind die Stoffe, welche den Geruch oder Geschmack derselben ausmachen und die daher mit bezug hierauf als „Appetit- stoffe“ bezeichnet werden können. Da nun im den Exkrementen eines Tieres, welches eine bestimmte Pflanze mit Vorliebe seniesst, die Appetitstofte dieser Pflanze in verdünntem° Zustande vorhanden sind, so wirken sie, dem Samen der Pflanze als Dünger dargeboten, anrerend auf das Wachstum des Samens und weiterhin der daraus hervorgegangenen Pflanze selbst. — Die Verdünnung ist dabei von Bedeutung, da der Appetitstoff in übermässig konzentriertem Z nstande- störend in das gedeihliche Wachstum des. zugehörigen Lebewesens eingreift. In umgekehrter Weise ist es zu erklären, dass die Pflanze demjenigen Tiere besonders zuträglich ist, ihm als ‘ Nährpflanze dient, mit dessen Exkrementen sie gedüngt worden ist. Jäger verkennt übrigens neben der Bedeutung der'als Trieb- stoffe wirkenden Appetitstoffe diejenige der massigen Nährstoffe nicht; diese geben den Stoff zu dem Aufbau des” Körpers, jene bringen sein ‘Leben zustande und können daher auch als Lebens- agens, ja Lebenskraft bezeichnet werden (denn Kraft ist letzten Endes nichts als bewegter Stoff). ...... .___.Dr..K. F. Jordan. *) Entdeck. d. Seele. Bd. I. '8..133;.135,°142, 145 u. s. £. Litteratur. Dr. Karl Friedrich Jordan: Goethe — und noch immer kein Ende! Kritische Würdigung der Lehre Goethes von der Metamorphose. der Pflanzen. — Samm- lung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud. Virchow und Fr. v. Holtzendorf. Hamburg, Ver- lagsanstalt und Druckerei A.-G.: (vormals:-L. EF. Richter) 1888. Preis 1 HK. Jordan geht vorsichtig, sachlich und mit vollem Verständnis der Frage zu Werke; er leitet seine Arbeit mit den folgenden Sätzen ein. „Die naturwissenschaftlichen Arbeiten Goethes werden — von der Farbenlehre abgesehen, gegen die sich die Gelehrten ziemlich einstimmig erklärt haben — in unserer Zeit überwiegend günstig beurteilt. Besonders Häckel versucht es, Goethe so hinzustellen, als hätte er den grossen Gedanken der Deseendenztheorie sehon voll ertasst. Des Dichters osteologische und botanische Leistungen werden von ihm und anderen fast ausnahmslos gefeiert. Stimmen, wie die des Botanikers Sachs und die des Berliner Physivlogen Du Bois- Reymond, der in seiner Schrift „Goethe und kein Ende“ die Aeusserung thut: „Die Wissenschaft wäre auch ohne Goethes Be- teiligung heute so weit, wie sie ist“, bleiben vereinzelt. Haben diese von hervorragenden und philosophisch gebildeten Forschern ausgehenden Stimmen ganz und gar unrecht? ist es nur der beschränkte Geist der Schulgelehrten, der in ihnen dem Genius, dessen Fluge er nicht zu folgen vermag. in neidischer Absicht etwas am Zeuge flicken möchte? — Oder vielleicht doch nicht? Abgesehen von solchen Aussprüchen wie dem eben angeführten von Du Bois-Reymond, die wegen ihrer weitgehenden Allgemein- heit auf schwankem Grunde stehen und zudem mehr hingeworfene Schlagworte sind, scheint es von vornherein nicht unannehmbar, dass der Tadel Goethe’scher Leistungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade gerecht sein möchte, da auch der vollkommenste Mensch schliesslich immer nur Mensch ist und als solcher seine Fehler hat. Will man freilich ein bestimmtes bündiges Urteil über den Wert der naturwissenschaftlichen Arbeiten Goethes füllen, so muss man dieselben im besonderen einer eingehenden Kritik unterziehen. Dass aber — wie es scheint — Publikum und Gelehrte von vornherein etwas Richtiges und Grosses in den wissenschaftlichen Erzeugnissen des Goethe’schen Geistes finden möchten, ist sehr ver- ständlich. Goethe ist ja unter unseren Dichtern mit Recht als „der Einzige“ zu bezeichnen. Aus dem, was er geschaffen, sprudelt uns ein ursprünglicher Quell echt dichterischen ‚Empfindens und Könnens entgegen. Es spricht zu uns nicht blos eine edle Form, ein hoher Geist, sondern auch eine naive, aber tiete und reine Seele. Man ee ee mögen. Nr. 24. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 191 muss — sofern man, selbst tieter und reiner Empfindungen fähig ist | Ja. ich habe sogar stets die Meinung vertreten, dass Goethe der — solch’ ein Wesen in sein Herz schliessen, muss es von dieser Seite her lieb gewinnen. Und dass man nun leicht geneigt ist, auch die Schwächen desselben sich gefallen zu lassen, ja sogar in ihnen etwas Gutes zu finden. dass man sich mit allen Mitteln da- gegen zu wehren sucht, wenn dem Liebling Unvollkommenbeiten „und Falschheiten nachgewiesen werden sollen — das liegt in der “menschlichen Natur begründet. Und doch muss ein logischer Geist, ‚dem die Sache über die Person geht, es wagen, auch an dem ver- götterten Liebling Kritik zu üben. Die wahren Leistungen desselben werden damit nicht angetastet, und seine Schwächen sind — sofern ihm welche nachgewiesen werden - auch ohne die Kritik vorhanden. Dass er sie aber hat und dass sie erkannt werden. entwürdigt ihn nicht. denn es kommt nicht vor und ist unmöglich, dass ein Mensch auf allen Seiten seines Wesens eine über das Durchschnittliche weit hinausgehende Entwicklung besitzt, dass er ein Universalgenie ist, weil eine vorzügliche Beanlagung ein mehr oder minder einseitig ausgebildetes (geistiges) Naturell voraussetzt; die Natur hat dem menschlichen Wesen eine gewisse hervorragende Richtung gegeben, und nur im Sinne dieser konnte eine hochentwickelte Anlage vor- handen sein. Bedeutende Denker z. B. waren niemals-zugleich auch bedeutende Dichter und Musiker und Erfinder. Wie sollte darum nieht auch Goethe — als hervorragender Diehter — auf wissenschaft- lichem Gebiete bei all’ seinem Interesse für die Wissenschaft doch’ von ungleich geringerer Bedeutung sein können? — Es sind eben ganz verschiedenartige Gaben, welche der Dichter und welche der Denker nötig hat“. Nunmehr geht der Verfasser näher auf den Inhalt der Goethe- schen Abhandlung „Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu er- klären“ ein. Er zergliedert dieselbe eingehend in naturwissenschaftlich- logischer Weise und sucht den Kern derselben zu fassen. Das ist nun keineswegs ganz leicht, denn (oethes Ausdrucksweisen genügen den Anforderungen, die der Naturforscher an wissenschaftliche Er- örterungen stellt. in keiner Weise: Goethe ist wenig scharf und bestimmt, also geradezu unklar. Seine Feder wurde mehr von der Phantasie geführt als vom logischen Denken. Unter Metamorphose im weitesten Sinne versteht. man die Veränderung eines Objektes; bei der Pflanze insbesondere meint man gewöhnlich etwas anderes, wenn man von der Metamorphose. der Blätter spricht. Man hat hier nur die verschiedenen Formen im Auge, in welchen jene Blätter (im weitesten Sinne) genannten Seitengebilde der Stengelteile in die Erscheinung treten. Es lässt sich hier nur bildlich von einer Metamorphose reden, insofern als sich oftmals extreme Formen durch eine Reihe von Zwischenformen verbinden lassen. Eine wirkliehe Entwicklung, ein Hervorgehen der einen Form.aus der anderen bis zur abweichendsten kann nicht gemeint sein. Nach Jordans Untersuchung schwebt Goethe bei dem Worte Metamorphose allerlei vor: „die Idee, dass die verschiedenen Organe im Grunde dasselbe nur mannigfach veränderte Organ seien, die Veränderung selbst und ‚eine sie bewirkende Tendenz“. Es ist — wie man sieht — von einem klaren Begriffe nicht die Rede. Mit dem Worte „erklären“ in dem Titel seiner Abhandlung will Goethe vermutlich hauptsächlich ausdrücken, dass gewisse Verhältnisse bei den Pflanzen als eine solche Metamorphose aufzufassen sind. „Die eigentliche Erklärung besteht, darin, dass Goethe sagt, die Pflanze bereite in den Laubblättern verfeinerte Säfte zu, die nun — indem der Aufbau neuer Pilanzenglieder vor sich geht — diese zarter ge- .stalten, so dass auf diese Weise der Uebergang zum Blütenstand verständlich werde. — Gehen wir sogleich zur Erörterung der Gründe über, welche zu dieser Erklärung berechtigen. Als einen solchen Grund führt Goethe die Thatsache an, dass Pflanzen, welche üher- mässige Nahrung erhalten, keine Blüten treiben, während kärgliche Nahrung die Anlage von Blüten begünstigt. Im ersteren Falle können die zur Verarbeitung der dargebotenen Nahrung gebildeten Laubblätter dieselbe nicht bewältigen; ‘die Rohstoffe werden also nicht genügend verfeinert. so dass nicht die zarteren Blütenteile, sondern nur fortgesetzt Laubblätter hervorgebracht zu werden ver- Im entgegengesetzten Falle gelingt den Laubblättern mit Leichtigkeit die völlige Verarbeitung der Rohstoffe, so dass die Pflanze bald zur Blütenbildung . fortschreiten kann. — Als einen anderen Grund für die Erklärung der Metamorphose können wir nach Goethe noch den Umstand betrachten, dass die Blüte erst spät von der Pflanze bervorgebracht wird, erst dann nämlich, wenn von den älteren Teilen der Pflanze und‘ besonders von den früher erzeugten Laub- blättern die Verfeinerung der Säfte‘bis zu dem erforderlichen Grade besorgt ‘worden ist“. Nach gewissenhaftem Studium seines: Gegenstandes kommt der Verfasser zu der Erkenntnis, dass Goethe in seiner „Metamorphose der Pflanzen“ — wie der Titel: gewöhnlieh fälschlich, auch in den meisten : Ausgaben seiner Werke, lautet — „eine Leistung geschaffen hat, die, so sehr sie auch gelobt worden ist, doch in der That keinen wissenschaftlichen ‘Wert, ja auch nicht einen rechten wissenschaft- lichen Sinn hat!“ — Auch ieh habe mich mehrmals vergeblich bemüht, einen wissenschaftlichen Sinn in Goethes Abhandlung zu finden. Entwicklung der botanischen Morphologie durch den Einfluss. den seine unklaren Anschauungen ausgeübt haben, wesentlich geschadet hat, und dass diese Disziplin noch heute unter dem Druck leidet. Ich bin überzengt, dass ein jeder den Jordan'schen Aufsatz nicht allein wegen seines interessanten und gediegenen Inhaltes, sondern auch wegen seiner hübschen und durchsichtigen Darstellung mit Genuss lesen wird. HE Jordan, K. F., Goethe — und noch immer kein Ende. Kritische Würdigung der Lehre Goethes von der Metamorphose der Pflanzen. (48 S) Pr. 1M. Sammlung gemeinverständlicher wissenschaft- licher Vorträge, herausgeg. von R. Virchow u. F. v. Holtzendorff. Neue Folge 3. Serie. 52. Heft. gr. 8%. Subskr.-Pr. 50 4. Ver- lagsanstalt u. Druckerei, A.-G. in Hambure. Knothe, W., Erste geographische Darstellung der Schutzländer und Kolonien des Deutschen Reiches. 8°. (IV, 88 8.) Preis 1.# 20 4. Brieger & Gilbers (Oskar Keil) in Schweidnitz. Krass, M., u. H. Landois, Lehrbuch für den Unterricht in der Zoologie. 2. Aufl. gr.8%. (XV, 3448. m. Illustr.) Preis 3 M40 4. Einband 50 4. Herder'sche Verlagsh. in Freiburg i. B. Krause, W., Die gesamte Wasserheilkunde oder die Grundsätze‘ des Priessnitz’schen Heilverfahrens. 3. Aufl. 8%. (317 S.) Preis! 2.4 50.3. Ernest Titze in Freiwaldan. Lachmann, H.. Die Giftschlangen Europas, beschrieben und im ihrer Lebensweise geschildert. 8°. (105 S.) Preis 1 50 4. Creutz’sche Verl.-Buchh. (R. & M. Kretschmann) in’ Magdeburg. Löffler, C., Wichtige Stoffe zu 20 Unterrichtsstunden in der Pflanzenkunde. 8°. (36 S.) Preis 30 4. August Helmich in Bielefeld. 1. Teil. Die Julius Springer Lubarsch, O., Elemente der Eixperimental-Chemie. Meralloide. gr.8%. (X,1788.) Preis 2% 40 „. in Berlin. Makowsky, A., Der Löss von Brünn und seine Einschlüsse an dihwialen Tieren und Menschen. (Sep -Abdr..) gr. 8°, (39 S. m.: 7 Taf.) Preis 2 # 60 „4. Carl Winiker in Brünn. f Marshall, W., Spaziergänge eines Naturforschers. Mit Zeichn. von A. Wagen. gr. 8°. (341 S.) Kart. Preis SM; geb. 10 M. Verlag des Litterarischen Jahresberichts (Artur Seemann) i i. Leipzig. Medicus, W., -Illustriertes Käferbuch. (2. Aufl.) 8%. (XV, 1128. mit 10 Taf.) Gebunden Preis 1% 80 4. Aug. Gotthold’s Verl.- Cto. in Kaiserslautern. Meidinger, H., Geschichte des Blitzableiters. er. 3%. (230 S.) Preis 6 #% G. Braun’sche Hofbuchh.. Verl.-Cto. in Karlsruhe. Natorp, P., Einleitung in die Psychologie nach kritischer Methode. gr. 8%. 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Rede zur Gedächtnisfeier König Friedrich Wilhelms III. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität zu Berlin am 3. August 1888. (Schluss.) — Dr. H. Potonie: Praktische Winke über die Anlegung eines Herbariums. — Kleinere Mitteilungen: Vierter internationaler Geologen-Kongress. — Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Dr. Karl Friedrich Jordan: Göthe — und noch immer kein Ende. — Briefkasten. — Inserate, Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Wochenschrift“ Bezug neh- [33] - > ade, Redaktion: Was die naturwissenscha ho Forschung aufgiobt an weltum- füssenden Idoen und an locken- (>. Fr den Gobilden der Phantasie, wird ihr reichlieh ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen schmilckt. Schwendoner. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. I. Band. | Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist A 3.—; Bringegeld bei der Post 15.4 extra. Sonntag, den 16. September 1888. Nr, 25. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen naclı Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. ; Zur Prophezeiung der Erdbeben. Von Prof. Dr Die Erscheinungen des grossen Erdbebens der Riviera vom 23. Februar 1887 sind noch durchaus nicht voll- ständig gesammelt und verarbeitet. Soviel ist aber sicher, dass die Erschütterung am stärksten aufgetreten ist auf einer Zone, Nizza-Savona, von etwa 120 km Länge bei “nur wenigen im Breite, welche zwischen dem Appenin und der Meeresküste sich erstreckt und eigentlich als der Südrand des Appenin bezeichnet werden muss. In einem weiteren Gebiete, das etwa durch die Linie Marseille- Avigenon-Mont Cenis-Turin-Pavia-Genua umschrieben wird, . wurde die Erschütterung zwar noch ziemlich allgemein wahrgenommen, Kaminhüte stürzten ab, Mauern rissen, aber doch stürzten die Häuser nicht mehr ein, der Stoss war hier durchweg viel schwächer. Darüber hinaus in fast ganz Italien, einem Teile von Frankreich und durch die Schweiz bis an den Bodensee wurde nur noch ein schwacher Stoss empfunden. Was nach dem Beben an der Riviera langezeit jetzt die Gemüter erregte, das sind die Prophezeiungen für künftige Stösse, und diese knüpfen sich an die Hy- 'pothesen über die Erdbebenursachen an. Manche ‚ solche Erdbebentheorien sind älter als jede systematische Beobachtung der Erdbeben, und bedürfen heute so wenig einer Widerlegsung, als etwa die naiven Erklärungsver- suche, welche in manchen Zeitungen dermalen von Laien produziert werden. _Die geologische Erdbebenlitteratur bildet schon eine ganze Bibliothek. Es wird seit einigen Jahrzehnten systematisch zum Teil mit Hilfe von In- strumenten beobachtet, und wir sind bereits in vielen . Albert Heim. Punkten durch Beobachtung glücklich weit über die blosse Vermutung hinausgekommen. Bis jetzt können wir nach ihrem Auftreten ganz deutlich drei Arten von Erdbeben unterscheiden. Dies sind: 1) Die Einsturzbeben, erzeugt durch unterirdische Höhleneinstürze. Sie sind von geringer Bedeutung und werden nur sehr lokal empfunden, am häufigsten in Gegenden mit Gyps oder Salz unter dem Boden. Oft erscheinen dann an der Oberfläche trichterförmige kleine Einbrüche. | 2) Die vulkanischen Erdbeben. Sie gehen meistens den Eruptionen voraus und haben den alten oder neu sich bilden wollenden Vulkan im Centrum; sie entstehen durch das allmählige Heraufzwingen der vul- kanischen Auswurfsmassen, besonders der Dämpfe. Sie sind ausschliesslich an vulkanische Gebiete gebunden, ihre Ausbreitung ist stets eine geringe, die Zahl der Stösse aber oft sehr gross. (Hawaii im März 1868 allein über 2000 Stösse, am 16. bis 18. Januar 1887 ebendort 700 Stösse etc. Hierher gehören auch die Beben von Ischia [Casamiceiola] 1881 und 1883, sowie diejenigen, welche in den Jahren +63 und +79 Pom- peji zerstört haben.) * Ba 3) Zu den Dislokationsbeben oder „tektonischen 3eben“, „Stauungsbeben“, gehört die weitaus über- wiegendste Zahl der Erdbeben. Sie haben keinen direkten Zusammenhang mit vulkanischen Erscheinungen. Sie betreffen weite Regionen der Erdoberfläche und erfolgen auf Zonen oder Linien entlang den schon vorhandenen 194 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Lagerungsstörungen (Dislokationen) in der Erdrinde, so dass sie bei genauerer Prüfung sich stets als deren ruck- weise weitere Ausbildung. darstellen. Die Hauptformen der Lagerungsstörungen sind die Verwerfung (Bruch mit ungleicher vertikaler Verstellung der beidseitigen Gesteinsmassen), die Faltung, durch horizontale Stauung entstanden, sowie die horizontale Verschiebung verschiedener Erdrindenteile entlang einer steilen Kluft. Die in der Lagerung stark gestörten Regionen der Erdrinde sind Gebirge. In Kettenge- birgen, wo die Erdrinde durch horizontalen Zusammen- schub gefaltet ist, sind die Erdbeben häufig, um so häufiger, je jünger die Gebirgsketten sind. Schüttergebiete von diesem Charakter sind die Alpen, der Appennin, die südamerikanischen Anden etc. Ferner treten Erdbeben massennaft an Küstengebieten mancher Meere, z. B. des Mittelmeeres auf, wo eingesunkene Stücke der Erdrinde (Meergründe) an stehengebliebene oder zusammenge- schobene Massen (Küstengebirge) grenzen. In Regionen hingegen mit wenig oder gar nicht gestörtem Schichten- bau, wie dem grössten Teil von Russland und dem nörd- lichen Sibirien und in manchen Teilen von Deutschland sind die Erdbeben sehr selten. Ebenso sind sie spärlich in alten, in der Ausbildung abgestorbenen Gebirgen (Allhegany’s, England, zum Teil Skandinavien ete.) Die Erschütterungen der Dislokationsbeben nehmen mit der Tiefe rasch ab. Ein Stoss, welcher die Gebäude an der Erdoberfläche umwirft, ist schon in einem bloss einige hundert Meter tiefen Bergwerke oft nicht mehr bemerk- bar. Die tieferen belasteten Teile der Gesteine weichen eben einem Seitendrucke allmählig in Gestalt plastischer Formveränderungen aus, die oberen nicht belasteten Teile verhalten sich spröde. Der langsamen kontinuierlichen Schichtenbiegung, die in der Tiefe entsteht, entspricht, die erschütternde ruckweise von Brüchen begleitete Be- wegung in den oberen Regionen. Die heftigen harten Stösse gehören nur diesen oberen Schichten des Fels- gerüstes an. Manche Beben betreffen Zonen, welche mit den Ge- birgsfalten zusammenfallen und erscheinen als Längs- beben; andere, die Querbeben treten entlang den Querverschiebungen auf, welche die Ketten kreuzen und deren steile Flächen horizontale Rutschstreifen aufweisen, während die horizontale Verschiebung sich entsprechen- der Teile beiderseits der Kluft oft mehrere Kilometer erreicht hat. Ferner zeigt sich sehr oft, dass innerhalb einer Erdbebenperiode die Stellen stärkster Erschütterung sich auf diesen Dislokationslinien gesetzmässig nach be- stimmter Richtung von einem Stoss zum folgenden ver- schieben. Mit sehr vielen, vielleicht mit allen Dislokations- beben sind dauernde Stellungsveränderungen (Dis- lokationen) verbunden, und zwar kommen plötzliche Hebungen oder plötzliche Senkungen vor, es entstehen Spalten mit vertikal oder horizontal verschobenen Rändern, es: können sogar Hügelwälle aufgeworfen werden und auch die oft sehr bezeichnenden Bewegungen des Wassers an Küsten und in Binnenseen weisen auf dauernde, in einem Ruck erfolgte Verschiebungen hin. Ein-Erdbeben- seitenruck, ‘welcher instrumental gemessen einer dauern- den Verschiebung von einem Centimeter entspricht, ist schon stark und bringt Kamine zum Einsturz. Heutzutage darf es füglich als erwiesen gelten, dass die grosse Mehrzahl der Erdbeben ein ruckweises Fort- gehen der Lagerungsstörungen der Erdrinde, 'd. h. vor allem der Gebirgsbildung sind, und dass ihre letzte Ur- sache wahrscheinlich in dem Nachsinken der für den allmählig zusammenschrumpfenden inneren Teil zu weit werdenden Erdrinde zu finden ist. Es ist der gleiche Vorgang, der die Erdoberfläche in grossen Zügen in Land und Meer geschieden und die Gebirge getürmt hat und noch jetzt an der weiteren Ausbildung dieser Unebenheiten arbeitet. Heute ist es leicht, für die ein- zelnen Glieder der hierzu führenden Gedankenreihe zahl- reiche unzweideutige Belege zı geben. Hier reicht der Raum: dafür nicht... Auch können wir hier nicht aus- einandersetzen, welchen Anteil am Aufbau dieser aller- dings noch ziemlich jungen Erkenntnis die Arbeiten der zahlreichen einzelnen Forscher (Hörnes, Höfer, Suess, ‘Credner, Bittner ete.) genommen haben, die schliess- lich übereinstimmend zu diesem Resultate geführt worden sind. Auch die schweizerische Erdbebenkommission hat sich in nicht unbedeutendem Masse an diesen Forschungen beteiligt, und sie hofft, wenn die verehrlichen Freunde und Freundinnen der Naturwissenschaft nicht : müde werden, auch fernerhin all ihre Wahrnehmungen über Erdbebenstösse so zahlreich als möglich uns zu melden und nichts derartiges als zu geringfügig zu verschweigen, auch noch manchen weiteren Beitrag zum Verständnis der Erdbeben, dank dieser Unterstützung, liefern zu können. 1 en Schon heute lassen sich die durch zahlreiche Prd- bebenstösse entstandenen dauernden Verschiebungen in der Erdrinde durch topographische Messung erkennen. So ist zum Beispiel die Lägern dem Rigi und Napf in dem Zeitraum von etwas über 30 Jahren, welche zwischen der ersten genauen Messung dieses Dreiecks und der späteren Revision derselben lag, um ca. einen Meter näher gerückt, welche Verschiebungen in den Beob- achtungs- und Rechnungsfehlern durchaus nicht ihre Er- klärung finden können. Denken wir uns das gewaltige Faltensystem der Alpen wieder ausgeplättet, so erhalten wir einen um ca. 120,000 m weiteren Erdumfang, d. h. vor der Stauung der Alpen muss der Erdumfang um etwa !/3°/o grösser gewesen sein, als jetzt, und in den Alpen erkennen wir die Wirkung einer entsprechenden Schrumpfung der Erde. Versetzen wir uns wieder um einige Jahrzehnte in der Geschichte der geologischen Wissenschaften zurück: Die Dislokationen sind erst zum geringsten Teile er- kannt, monographische Bearbeitungen einzelner Erdbeben auf Grund eines grossen Beobachtungsmaterials sind noch gar nicht vorhanden. Unter diesen Umständen war denn ac [Eh Fe de a \ reni ray ‚Gedankengang wenig verfangen. Nr. 25. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 195 die naheliegendste Methode, um der Frage nach der Ur- sache der Erdbeben näher zu treten, die statistische. Alexis Perrey aus Dijon, ©. W. Fuchs in Meran, Kluge, Peter Merian haben sich grosse Verdienste durch Sammeln aller irgendwie damals aufzutreibenden Erd- bebenberichte erworben. Perrey fand zuerst, dass die Beben zur Zeit des Vollmondes- und Neumondes häufiger seien als zu anderen Zeiten. Dies führte ihn auf die Vermutung, eine Flut- und Ebbebewegung des flüssig gedachten Erdinnern, stossend auf die für fest angesehene Erdrinde, erzeuge die Erdbeben. als Springflutwirkungen. Er selbst aber verteidigte diese Hypothese später nicht mehr. In etwas kühner zugespitzter, neuerer Auflage tritt Rudolf Falb allerorten mit dieser Annahme, die er nun als seine. Erdbebentheorie bezeichnet, und auf Grund deren er Prophezeiungen wagt, vor die Welt. Trotz mancher geistreichen Idee und der rhetorischen Behandlungsweise hat in den Fachkreisen der Falb'sche Falb ist kaum ein- getreten auf die ihm von wissenschaftlicher Seite ge- machten Einwürfe, er ist sogar einer eingehenden wissen- schaftlichen Begründung seiner Theorie aus dem Wege gegangen. Um so mehr hat er sich, offenbar selbst auf- richtig von der Richtigkeit seiner Ansicht überzeugt, und beseelt von einer Leidenschaft, welche dem Gründer einer Religionssekte besser als einem Naturforscher an- stünde, an das allgemeine Publikum gewendet, unter den Laien seine Anhänger gesucht und gefunden, und die Geologen mit den gewöhnlichen Bezeichnungen der „zunftmässigen Gelehrsamkeit* etc. abzufertigen gesucht. Man erzählt sich, der merkwürdige Mann habe ur- sprünglich philologischen und theologischen Studien ob- gelegen. Der Wunsch, die Unsicherheit in unserer christlichen Zeitrechnung zu heben und uns mit einer vielleicht richtigeren Jahreszahl zu bescheren, habe in ihm den Gedauken geweckt, das Erdbeben, welches nach Christi Kreuzigung stattgefunden hat, zeitlich festzu- stellen. So warf er sich mit Energie auf die Prd- bebenstudien. Er lehnte sich direkt an Perrey an, schmiss alle Erdbeben in den gleichen vulkanischen Topf und bezeichnete sie als „unterirdische“ (nicht bis zur Oberfläche durchdrungene) „vulkanische Aus- brüche, befördert durch die Anziehung von Sonne und Mond“ (Springfluten des flüssig gedachten Erd- innern). Aehnlich wie der Mond und — zwar schwächer — auch die Sonne durch die Ungleichheit in der Anziehung auf die diesen Körpern zugewendeten oder abgewendeten Teile der Erde die tägliche Ebbe und Flut des Meeres erzeugen, so sollen diese Gestirne auch auf den flüssigen Erdkern wirken und Erdbeben am häufigsten zu Zeiten der holen Fluten erzeugen, da Sonne, Mond und Erde sich in der gleichen Geraden befinden. Dann, also zur Vollmond- oder Neumondzeit, soll das flüssige Innere auf die Rinde nach aussen mit vermehrter Kraft drücken und in diese Rinde eindringen. Ferner soll diese Wir- kung etwas stärker sein als bei der Sonnennähe der Erde (Ende Dezember und Januar) als im Juni bei Sonnenferne. Das einzige Prüfungsmittel, welches Falb versucht, ist die Statistik der Erdbeben, und diese Statistik haben ihm seine Anhänger nicht nachgerechnet oder nach- geprüft. Wohl aber hat dies unter anderen Professor R. Hoernes in Graz in einer für die Falb’sche Erd- bebentheorie vernichtenden Weise schon 1881 in einer diesem Gegenstande besonders gewidmeten Schrift ge- than. Statt der behaupteten Uebereinstimmungen fand er die augenfälligsten Widersprüche. Das nicht passende grossartige Erdbeben von Villach im Jahre 1348 z. B. wurde nicht in die Statistik aufgenommen. Wir können weiter heute unter anderem anführen, dass auch das Erdbeben vom 25. Dezember 1884 in Spanien sich genau im ersten Viertel des Mondes, da ein Erdbebenminimum sein sollte, ereignete, dass sechs Tage vor dem Voll- mond bei der Erdferne (21. Juni 1885) Kaschmir in Asien von einem Beben heimgesucht wurde, das 3081 Menschen, 25,000 Schafe, 8000 Rinder getötet und 70,000 Gebäude zerstört hat. Falb giebt selbst zu, dass eine Verfrühung resp. Verspätung der Beben um drei bis fünf Tage stattfinden könne. Was hat aber eine in dieser Weise betriebene Statistik angesichts dessen für einen Wert, dass ja bloss sieben Tage vom Neumond oder Vollmond entfernt die Firdbeben fast gar nicht auftreten sollen? Ein Beben mit fünf Tagen Verspätung ist nur zwei Tage von derjenigen Zeit entfernt, da die Beben am seltensten sein sollen, wird aber registriert als mit der "Theorie passend und dem Maximum zufallend. So lässt sich leicht fast jede Thatsache in die Theorie einkneten und jedes Beben als Bestätigung proklamieren. Wenn wir, um gerecht zu sein, auch den Erdbebenminima Ver- frühungen und Verspätungen gestatten, so enthüllt sich diese Statistik als die reinste Spiegelfechterei. Die Notizen, auf deren Grundlage Perrey und Falb Erdbebenstatistik getrieben haben, sind sehr un- vollkommene, welche nicht einen tausendstel der Stösse oder Stossgruppen (Beben) aufgezeichnet enthalten, welche aller Wahrscheinlichkeit nach in der gleichen Zeit vorgekommen sind. Alle älteren Berichte sind eben in dieser Art lückenhaft. Allein auf solchen kleinen Bruchteil hin kann keine statistische Untersuchung an- gestellt werden, es ist das prinzipiell unrichtig und kann zu ganz verkehrten Resultaten führen. Seitdem man systematisch Frdbebenberichte sammelt, hat man erst die Gewöhnlichkeit und Alltäglichkeit der Erdstösse entdeckt. Im Jahr 1880 sind z. B. in der Schweiz 59 Erdstösse, 1881 deren 166 verspürt worden, von welch letzteren 18 durch einen grösseren Teil der Schweiz gingen und von der Mehrzahl der Menschen verspürt worden sind. Vom 1. August 1870 bis 1. August 1873 fanden in der griechischen Provinz Phokis (nach Schmidt in Athen) 196 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. NE ’ Nr. 25. 300 bis 320 heftige zerstörende und etwa 50,000 schwache Erderschütterungen statt. Fälle, wo in einer Woche 100 bis 1000 Stösse auftreten, sind nicht selten (z. B. in Yokohama, ferner April 1871 in Battang, China, häufig so auf. den Sandwichinseln, bei San Salvador etc.). Bei jedem grösseren Beben, da die Zeitungen vielleicht einige wenige Stösse melden, finden deren viele, oft viele hunderte im Laufe einiger Wochen oder Monate statt. Kluge zählte 1850 bis 1857 4620 stärkere Beben, jedes aus zahlreichen einzelnen Stössen zusammengesetzt, davon fallen 1005 Beben, welche an 582 verschiedenen Tagen statt hatten, auf die Westalpen, SI an 68 Tagen auf die Ostalpen. Im Frühjahr 1764 zähltE man im Kanton Glarus jeden Monat über 20 Stösse. Tine amtliche Statistik aus Italien erzählt, dass im Jahre 1870 allein, obschon kein heftiges Erdbeben auf dieses Jahr fiel, dort durch Erdbeben 2225 Häuser zerstört oder wesentlich beschädigt, 98 Menschen getötet und 223 verwundet worden sind. Aus den äusserst fleissigen Zusammen- stellungen von C. W. Fuchs geht hervor, dass kein Tag, keine Stunde ohne Erdbeben verlaufen, „man kann sogar ohne Uebertreibung behaupten, dass die Erdober- fläche ununterbrochen in jedem Augenblicke an irgend einer Stelle erschüttert wird und in Bewegung. begriffen ist.“ Hierbei sind die zahllosen fast beständigen, bloss mit Hilfe feiner Instrumente wahrzunehmenden Er- schütterungen noch gar nicht eingerechnet. (Schluss folgt.) Das Schweben und Kreisen der Vögel. Von Dr. L. Staby. „Der Vogel fliegt“, das heisst, er durchschneidet kraft der Bewegung seiner Flügel die Luft, und dies geschieht bekanntlich in folgender Weise. Der Vogel schlägt mit den Flügeln auf die Luft; wird der Flügel nach unten gedrückt, so liegen die Federn desselben dicht aneinander, sie bilden ein festes Dach, welches stark auf die Luft drückt, wird er dagegen von unten nach oben gehoben, so liegen die Federn nieht dicht zusammen, sondern sie sind etwas auseinandergeschrägt, sodass der Flügel keine dichte Fläche darstellt, der Widerstand der Luft also jetzt sehr gering ist. Durch diesen Druck auf die Luft von oben naclı unten und von vorn nach hinten erhält sich der Vogel in der Luft in Bewegung: er fliegt. Eine von dieser gewöhnlichen abweichende Art des Fluges ist das Schweben oder Schwimmen in der Luft, wobei der Vogel ohne Flügelschlag eine längere oder kürzere Zeit mit ausgebreiteten Schwingen in der Luft dahinschwebt. Fast jeder fliegende Vogel ist im stande zu schweben, denn dazu gehört nur, dass er seinem Körper durch einige Flügelschläge eine gewisse Be- wegung giebt und sich dann, die Flügel ausbreitend, dieser Bewegung überlässt. Die Geschwindigkeit des - Körpers führt "ihn ‘dem Gesetze "der Trägheit ‘gemäss eine gewisse Strecke durch die Luft hin, wobei aller- dings die Schnelligkeit der Vorwärtsbewegung wegen des Luftwiderstandes rasch abnimmt, und der Vogel auch infolge der Schwere .allmählig sinkt. Können wir diese Bewegung ohne Flügelschlag fast bei allen Vögeln, sogar bei den schlecht. fliegenden, beobachten, so tritt sie in ihrer Vollkommenheit doch nur bei den guten Fliegern auf, wie bei den Tauben, Möven, Schwalben, Seglern, Reihervögeln und besonders bei den Raubvögeln jeder Art. Hier ist diese Bewegungsart, die bei den schlechten Fliegern nur Ausnahme ist, zur gewöhnlichen geworden, bei den Raubvögeln bekannterweise derartig, dass fast jedermann einen in der Ferne dahinschwebenden, nicht genau zu erkennenden Vogel ohne weiteres als Raubvogel anspricht. Betrachten wir nun einen schwebenden Vogel z. B. einen Falken. andern erhöhten Punkte abgestossen, setzt sich durch einige kräftige Flügelschläge in rasche Bewegung, breitet dann. seine mächtigen Schwingen aus und gleitet nun ohne sichtbare Bewegung rasch dahin; erst nach langer ‚Zeit bewegt er die Flügel wieder zu einem neuen Schlage, dann ist er wieder vollständig in Ruhe. Auf diese Weise legt er schwebend grosse Strecken zurück. Ist das Wetter ruhig. und windstill, so treibt der durch den Flügelschlag gegebene Anstoss zwar 'den Vogel weiter vorwärts als bei entgegenstehendem Wind, da der Luft- . widerstand gering ist, aber durch seine Schwere sinkt er rascher, er muss also, um sich'in gleicher Höhe zu halten, das Schweben öfter durch Flügelschläge unterbrechen. Mässiger Wind dagegen ist dem Schweben sehr förder- lich; denn, fliegt der Vogel in horizontaler Richtung gegen den Wind, so drückt die bewegte Luft zwar gegen den Körper und vermindert so die Schnelligkeit, aber die an der Unterseite dahingleitende Luft drückt den Körper nach oben und verhindert so den Vogel am raschen Sinken. Stellt der Vogel seine Längsachse schräg nach oben, so wird er durch die Kraft des Flügelschlages "auch 'schwebend in’ dieser Richtung weiter geführt;"diese ‘Kraft würde aber bald verbraucht sein’ und der Körper wieder sinken, : wenn nicht der Wind fördernd -einträte. Die entgegenströmende Luft drückt stark gegen den nach oben gerichteten Körper- und hebt ihn dadurch empor und zwar viel höher, als er ohne diese Hilfe steigen würde. Eine je grössere Fläche der Vogel dem Luftdruck darbieten kann, desto höher steigt er empor, wenn auch andererseits die Reibung der Luft grössere vorhergehende Kıraftanstrengung erfordert oder aber die Schnelligkeit des Fluges beeinträchtigt. Deshalb finden wir diese Bewegung ohne Flügelschlag andauernd nur bei Vögeln mit grossen, weit ausgebreiteten Schwingen. Je stärker der Wind ist, natürlich nur bis zu einer ge- wissen Grenze, desto besser wird der Vogel vom Wind gehoben und desto weniger häufig braucht er ohne zu Er ist von einem Baum oder einem. ET GREEN SEEN ZA RR. A ® as BER un m a u ; =” en v £ - fe I Ar“ Br Bi ug! Nr. 25: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 197 sinken durch Flügelschlag sich neuen Anstoss zu geben. So saet Bennet vom Albatros, dera grossen ausgezeich- neten Flieger des Meeres, dass er selbst im. Sturme die Flügel nicht bewege; und Jouan beobachtete, wie Brehm mitteilt, dass der Albatros bei Windstille etwa alle fünf Minuten, bei stärkerem Winde aber nur alle sieben Mi- nuten mit den Flügeln schlug. Richtet ein schwebender Vogel seinen Körper nach unten, so ist die Abwärtsbewegung anfangs sehr langsam und wird auch nur ganz allmählig schneller, da die aus- gebreiteten, dicht geschlossenen Schwingen wie ein Fall- schirm der Luft einen grossen Widerstand entgegensetzen und den Körper hindern, rasch nach unten zu gelangen. So sehen wir fast alle Vögel, die sich aus grosser Eöhe und Ferne einem Gegenstande auf der Erde langsam nähern, schwebend ohne Flügelschlag in langem, flachen Bogen sich herabsenken, während bei schneller Bewegung nach unten die. Flügel vollständig an den Körper heran- - gezogen werden, und der Vorel nun wie ein Stein aus fo} ’ o Raubvögeln täglich sehen können. nach unten. der Luft herabsaust, wie wir es bei Beute greifenden Soll die Bewegung nach unten nicht so reissend als diese, aber schneller sein als das Schweben zur Erde, so. hebt der Vogel oft beide Flügel nach oben, sodass sich die Spitzen über dem Körper fast berühren; der Luftwiderstand wird hier- durch geringer, und ziemlich schnell gelangt der Vogel Dies sehen wir sehr häufig, wenn Tauben sich aus der Höhe auf ihr heimatliches Dach herablassen oder wenn Schwimmvögel, besonders Möven, sich auf das Wasser niederlassen wollen. Eine dem Schweben ganz älnliche, auf denselben Grundsätzen beruhende Art der Bewegung ist das Kreisen : einiger Vögel, d.h. das Aufsteigen in Schrauben- oder ‚‚‚Spiralform in: grosse Höhen ohne treibende Bewegung ‚der Flügel, indem sich der Vogel vollständig bewegungs- , [e} {o} 8 o- los verhält bis auf die kleinen Einstellungen des steuernden Schwanzes und des Körpers, um die gekrümmte Bahn innezuhalten, oder mit anderen Worten, um im geeigneten ‘ Moment den Körper gegen oder mit dem Winde zu richten. Das Kreisen kann nur bei bewegter Luft statt- finden, "und es kommt’ auf folgende’ Weise zu stande. Der Vogel richtet, nachdem er eine gewisse Geschwindig- keit erlangt hat, die Längsachse seines Körpers naclı : oben gegen den Wind. Durch diesen wird er, wie schon ' doch lässt die bewegende Kraft nach. beim Schweben gezeigt, nach oben gedrückt. Bald je- Jetzt aber dreht sich‘ der Vogel und geht mit dem Winde, und zwar richtet er seine Achse etwas nach unten; er fällt, und ‚der Wind drückt besonders von hinten auf ihn und ver- ‘ leiht ihm dadurch wieder grössere Schnelligkeit. Dreht er sich jetzt wieder nach oben und gegen den Wind, so wird er durch denselben wieder emporgehoben, und zwar höher als vorher, da die erlangte Schnelligkeit grösser geworden war durch das Treiben mit dem Winde; all- mählig kommt er so ohne Flügelschlag immer höher. Das Aufsteigen in dieser Weise geschieht am schnellsten, wenn die Geschwindigkeit des Windes nach oben hin zunimmt, wie es ja gewöhnlich der Fall ist; in kurzer Zeit ist der Vogel dann in ungeheure Höhen emporge- schraubt. Bei zu windigem, stürmischen Wetter, wo der Wind den Vogel vor sich her jagen würde, kann er. na- türlich ebensowenig kreisen, als bei ganz stiller Luft. Verfolgen wir die kreisende Bewegung eines Vogels genau, so beobachten wir jedesmal, dass die Bahn eine je nach der Stärke des Windes mehr oder weniger schief gestellte Spirale bildet; denn der kreisende Vogel wird immer durch den Wind etwas abgetrieben. Das Heben des Körpers gegen den Wind und das Senken mit dem Winde kann man, wenn der Vogel in meist zu grossen Höhen kreist, mit bewaffnetem Auge ganz ‚deutlich - beobachten. Es sind nun nicht gar viele Luftbewohner, welche ohne Kraftanstrengung in dieser Weise sich in die Höhe emporschrauben. Die meisten, fast alle, gehören zur Sippe der Tagraubvögel. Unter diesen sind es nun durchaus nicht die gewandtesten, die diesen eigentümlichen Flug ausführen, sondern es sind meistens die weniger schnellen Flieger. Ks ist behauptet worden, die schweren Vögel könnten am besten kreisen, denn die Reibung der Luft an einer grossen Oberfläche wirkt, wenn der in Bewegung befindliche Vogel leicht ist, hemmender auf die Geschwindigkeit, als. wenn der Körper: schwerer ist. Dem Gesetze der Trägheit zufolge beharrt der.schwere Körper länger in der Bewegung, d. h. er setzt der hindernden Luft einen grösseren Widerstand entgegen als der leichte. Dieses muss zugegeben werden, aber dagegen wird wiederum der leichtere Körper durch den Wind höher gehoben als der schwere und dies würde den eben erwähnten Vorteil des schweren Körpers wohl aufwiegen. Nach meiner Ansicht ist für das Kreisen. die Form der Flügel von Bedeutung. Es ist selbst- verständlich, dass die Fittige der guten Flieger überhaupt gross und mächtig sind. Sind aber die Flügel lang und spitz, wie bei den besten Fliegern, . so kann .die Luft von unten gegen den Vogel nicht so stark drücken, ihn also nicht so hoch emporheben, als wenn die Flügel abgerundet sind und, ausgebreitet, eine breitere, rundere Form haben, so dem Winde eine grössere, ‚vollere Fläche darbietend. Auch die Wölbung der Schwingen ist von Vorteil, diese kann aber nur bei runden, breiten. Flügeln in Betracht kommen, und es leuchtet ein, dass der Wind auf breite, gewölbte Flügel viel bedeutender wirken muss, als auf lange, schmale in eine scharfe Spitze auslaufende. In der That sehen wir nun, dass die besten Flieger mit den langen, spitzen Flügeln nicht im Stande sind zu kreisen, weder die schnellen Falken, noch die mit so ausgezeichneten Flugwerkzeugen versehenen Schwalben und Segler. Bei diesen ist fast immer die zweite oder dritte Schwinge des Flügels die längste, der Flügel also ganz spitz, während bei den kreisenden Vögeln die vierte oder fünfte Schwinge die längste ist, der Flügel also etwas abgerundeter erscheint und immer auch breiter. ist, 198 als bei den Schnellfliegern. Die mit schmalen, spitzen Flügeln versehenen Vögel können demgemäss zwar grosse Strecken schwebend sehr rasch durcheilen, viel schneller als die kreisenden Vögel, da der Luftwiderstand bei ihnen geringer ist; sie sind’ aber in Folge dessen nicht im Stande, wie die Kreiser sich in der Luft schwimmend längere Zeit fast auf derselben Stelle zu erhalten oder auf grosse Strecken hin sehr langsam weiter zu schweben. Betrachten wir nun die kreisenden Vögel, so finden wir ausser in der Familie der Raubvögel sehr wenige in anderen Familien; der Storch mit den ziemlich breiten, stumpfen Flügeln ist wohl der einzige bekanntere. Man sieht ihn häufig in hoher Luft seine Kreise ziehen, aber Künstler in dieser Bewegung, wie sie die Gruppe der Raubvögel zeigt, ist er nicht. Unter den Räubern nehmen die Geier und zwar die grossen, wie der Kondor, die erste Stelle ein, sie sind es, die sich in.solch unmessbare Höhen emporschrauben, dass ihnen der Mensch selbst mit bewaffnetem Auge kaum zu folgen vermag. Bei den Geiern sind die Flügel Naturwissenschaftliche Wochenschrift. dem Auge nur noch als Punkte erscheinen. Nr. 25. ausserordentlich‘gross, dabei aber, weil die vierte Schwinge gewöhnlich die längste ist, breit und meist sehr abge- rundet. Die Adler, die ebenfalls vorzüglich kreisen, haben stets abgerundete Flügel. Unter unseren einheimischen Räubern sind nur die Bussarde und Milane als gut kreisende Vögel zu er- wähnen. Unser grossen, breiten Flügeln fällt uns bei seinen Kreis- bewegungen am häufigsten auf. Er’ist es, den wir im Frühling und Sommer, die prachtvollsten Kreise be- schreibend, ruhig dahinschweben und ohne Flügelschlag in grosse Höhen emporsteigen sehen. Dann sieht man an schönen Herbsttagen oft mehrere grosse Raubvügel langsam hintereinander sanft schwimmend ‚dahinziehen und sich ohne jede sichtbare Bewegung und Anstrengung in Höhen emporschrauben, in denen sie Diese aus- gezeichneten Kreiser, an dem tief gegabelten Schwanze leicht: kenntlich, sind Königsreiher oder Rotmilane. Kleinere Mitteilungen. Unterschied zwischen Raps-, Rübsen-, Rüben- und Kohlsamen. Die Frage ist von praktischer Bedeutung, da die beiden erstgenannten Samenarten als Oelsaaten beim Eingang ins Deutsche Reich zollpflichtig sind, Rüben und Kohl nieht. Die feineren anatomischen Merkmale, welche das Mikroskop erfordern, sind für den Praktiker ohne Wert, deshalb giebt Prof. Wittmack in d. Sitzungsber. der Ges. nat. Fr. Berlin 1887, S. 83 ete. folgende mit blossem Auge oder mit einer Lupe bemerkbaren Unterschiede. Der Kohlsame ist gewöhnlich grösser als Raps und Rübsen, doch kommen auch Ausnahmen vor, wie z.B. beim Grünkohl und Blumen- kohl. Die; ‚Grösse der einzelnen Samen ist auch beim Kohl selbst in derselben Probe, viel wechselnder als bei den beiden anderen Arten. Ferner ist Kohl nie so kugelrund wie Raps und Rübsen, sondern plattrunder, öfter eckig, dabei matter in der Farbe, nieht braunschwarz wie der Raps oder braunrot wie Rübsen, sondern grauschwarz und vielfach mit weisslich grauen Sehüppchen bedeckt (die abgelösten Fetzen der Epidermis, deren Zellen ütter abblättern). — Ein weiterer Unterschied zwischen Kohl und Raps besteht noch darin, dass ersterer nach, 24stündigem Liegen im Wasser fast so hellbraun-rot wird wie Raps, während das Wasser eine leichte Gelbfärbung annimmt. Der Raps bleibt dagegen fast so dunkel wie er war. Ferner sind Raps und Rübsen' entschält goldgelb, Kohl etwas hlassgelber. Dies be- obachtet man auch schon beim Durchschneiden der Samen. Endlich hat Kohlsamen einen milderen, nicht so kratzenden Nachgeschmack als Raps und Rübsen, nur Grünkohl schmeckt auch sehr scharf. n Dr. A. Bildung von Haarsilber. — Bezugnehmend auf die neuliche Notiz in.Bd. I, S. 134 der „Naturw. Wochenschr.* über die von Opificius beobachtete Haarsilberbildung teilen wir noch wit, dass diese Bildungen schon seit längerer Zeit bekannt sind und nach Ch. Winkler („Chem.-Ztg.* 12. 721) mehrere Autoren die Auf- merksanıkeit auf sie gelenkt haben: So erhielt Bischof Haarsilber durch Erhitzen von Schwefelsilber in Wasserdampf, Patera durch gelindes @lühen desselben Körpers in einer Muffel unter Luftzutritt. Scheerer fand es in der Spalte eines Freiberger Flammenofens, und ‚Güurlt. beobachtete seine Entstehung beim Zubrennen eines silberreichen Rohsteines. Dr. M. B. Der Strom in einer dynamoelektrischen Maschine kommt, wie ich in meinem Aufsatz „Die Wirksamkeit der dynamo- elektrischen Maschinen“ (Naturw. Wochenschr. 1888, II. $. 107) erörtert habe, auf grund des in den Eisenkernen vorhanden bleibenden (oder sog. remanenten) Magnetismus zu stande. Bisher waren keine Untersuchungen darüber vorhanden, ob und in welcher Weise die Entstehung des Stromes von der Grösse dieses der Maschine eigenen und ihr verbleibenden Magnetismus abhängig: ist; man neigte sich aber der — ‘auch in dem eben erwähnten Aufsatze ausgesprochenen — Anschauung zu, dass der Strom immer erregt werden könnte, ' wenn auch nur eine Spur von Magnetismus ursprünglich vor- handen ist und wenn eine beliebige Drebzeschwindiekeit der Maschine in Anwendung kommt. Diese Meinung haben nun die Unter- suchungen von F. Auerbach (Ann.d. Phys. 1888, N. F. Bd. XXXIV. S. 172.) als irrig erwiesen. Damit es zur Erzeugung eines Stromes komme, ist es vielmehr erforderlich, dass die Zahlder Umdrehungen der Maschine in einer bestimmten Zeit einen gewissen Wert übersteigt, der von der Grösse des bleibenden Magnetismus abhängig ist. Ps giebt also für eine jede dynamoelektrische Maschine eine je nach Grösse des bleibenden Magnetismus sich ändernde kritische Umdrehungszahl. Umdrehungszahl läuft, die kleiner als die dem vorhandenen bleibenden Magnetismus entsprechende kritische ist, so wird ein dynamo- elektrischer Strom so gut wie gar nicht erregt. — Mit wachsen- dem bleibendem Magnetismus nimmt die kritische Umdrehungs- zahl ab. DroRs 3: Ein Versuch über elektrische Abstossung wird in „La Nature“ beschrieben. schmolzenen Siegellack enthält, dem Konduktor einer Elektrisier- maschine. so verwandelt sich die Masse in zahlreiche feine Fäden und wird mit grosser Geschwindigkeit von dem Konduktor abgestossen und fortgeschleudert. Sehr geeignetist nach ©. V. Boys für dieses Experiment Canadabalsam. Bringt‘ man eine Flamme in die Nähe der Schale, so werden die Fäden von derselben augezogen, so dass gewöhnliche Mäusebussard mit den Wenn die Maschine mit einer Nähert man ein Metallgefäss, welches ge-, sie sich auf dieselbe zu stürzen scheinen, hierbei tritt eine Entladung ein, so dass die Siegellackfäden bisweilen zur Anfangsstelle zurück- C. V. Boys empfiehlt diese Erscheinung zum Zerkleinern AS kehren. von Substanzen, welche sich schwer pulverisieren lassen. Helligkeitszunahme von „Argus. Aus Windsor NSW. meldet der englische Astronom Tebbut, dass ihm am 19. Maid. J. die Helligkeit vun 7Argus aufgefallen sei; durch sorgfältige Ver- ” Redaktion: Was die naturwissenschaftliche 4 Forschung aufkiobt an weltum x {ussenden Ideen und an locke X af, den Gobilden der Phantasie, wird SR" ihr reichlich ersotzt durch den W Zauber der Wirklichkeit, deribre Ü Schöpfupgen schmilckt. \ Schwendoner. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. Il. Band. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist 4 3.—; Bringegeld bei der Post 154 extra. | Sonntag, den 28. Nr. 26. September 1888. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annalıme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Zur Prophezeiung der Erdbeben. Von Prof. Dr. Albert Heim. (Sehluss.) Wenn man abermals und möglichst objektiv auf Grundlage des neueren Materials statistische Unter- suchungen anstellt, so ergiebt sich bei gewissen Beben- gruppen gar kein Zusammenhang mit der Stellung des Mondes, bei anderen erscheint ein Mehr von wenigen Prozenten bei Neumond und Vollmond im Vergleich mit den Halbmondstellungen. Erdbeben, die mit Falb's Theorie stimmen, lassen sich bei der enormen Häufig- ‚keit der Beben immer finden, und zwar nicht nur schwache Stösse, auch stärkere. Allein es ist doch durch diese Statistik in die Augen springend, dass der Mond nicht als Ursache der Beben, auch nicht als ein wesentlich beförderndes Moment angesehen werden kann, sondern sein Einfluss darauf sich reduziert, dass die Ablösungen von Spannungen in der Erdrinde, welche durch ganz _ andere Ursachen in der Erdrinde entstanden sind, bloss um einige Prozente erleichtert sind zu den Spring- flutzeiten. Falb überschätzt noch in anderer Richtung die Wir- kung von seiner Flut und Ebbe des Erdkernes. Selbst wenn wir der etwas naiven und unbewiesenen Annahme einer dünnen festen Rinde und eines davon abgegrenzten flüssigen Kernes folgen wollten, ergiebt die Rechnung, dass der angestrebte Niveauunterschied von Ebbe und Flut eines solchen Kernes nur einen Bruchteil eines Meters (ca. 30 cm) beträgt. Die grösseren Fluthöhen des Ozeans sind bedingt durch die Kinengungen der . Flutwelle zwischen konvergierenden Küsten und über - steigendem Meerboden, dergleichen käme aber beim flüs- sigen Erdkern wegen seiner Kontinuität nach unten nicht in Frage. Gewiss ist die „feste Rinde“ reichlich plastisch genug, um einer solchen Flutwirkung nachzugeben und sich sanft unter deren Einfluss zu deformieren. Sie wird dies aber auch schon aus sich selbst heraus tlıun müssen. Das Feste geht nach unten durch plastische Zwischen- zustände in das Flüssige über; um eine scharfe Kollisions- grenze, wie Perry und Falb sie sich denken, kann es sich dabei nicht handeln. Ferner passt Falb’s Tlieorie nur für die wärmeren Zonen der Erde, in den höheren Breiten müsste sich die Wirkung verlieren. Nach Falb müssten unterirdische Eruptionen massenhaft vorkommen, dass solche aber eine sehr seltene Ausnahme sind („Ba- tholiten“), lehrt der Bau der Erdrinde, überall wo jetzt tiefere Schichten aufgeschlossen sind. Wenn Falb recht hätte, so müssten alle Erdbeben ein bestimmtes Zentrum stärkster Erschütterung haben, unter welchem die „unter- irdische Eruption“ zu denken wäre; anstatt dessen finden wir die Mehrzahl der Erdbeben ohne eng begrenztes Zentrum. Das Zentralgebiet der Dislokationsbeben ist meist eine lang hingestreckte Zone, oft findet sogar auf einer enormen Fläche an allen Punkten gleichzeitig ein gleich gerichteter und ungefähr gleich starker Seitenruck statt (z. B. schweizerisches Beben vom 4. Juli 1880). Nach Falb müssten alle Beben vertikale Zentralstösse mit radialer Wellenausbreitung sein, wie es die vulka- nischen Beben thatsächlich sind. Allein bei den Dislo- kationsbeben finden wir eine enorme Mannigfaltigkeit in der Bewegungsart, aus der Schweiz allein sind aus den 202 letzten sechs Jahren schon etwa zwölf ganz verschiedene Typen konform den verschiedenen Arten von Dislokationen unterscheidbar geworden; sehr oft fehlt jede Andeutung eines enger begrenzten Zentralherdes, Falb aber sucht einen solchen auch wo er nicht zu finden ist, wie z. B. beim Rivierabeben vom 23. Februar, und leitet eine be- zügliche Angabe etwa mit den beweisenden Worten „ohne Zweifel“ oder dergleichen ein. Nach Falb müssten die Stösse in der Tiefe des Bodens stärker sein, wir haben aber schon oben gesehen, dass die harten, scharfen Stösse nur den äussersten Teilen angehören. Falb’s Theorie enthält in dieser Beziehung die gleichen Fehler wie jene vor etwa 10 bis 15 Jahren gemachten Versuche, die Tiefe der Erdbebenherde zu berechnen. Jene Versuche gingen alle von der absolut falschen Voraussetzung aus, dass der Stoss an einem Punkte stattfinde und von da aus sich elastisch fortpflanze, während der Zusammen- hang mit den Dislokationen, sowie die neueren Beob- achtungen über Zeit und Art der Erschütterung be- weisen, dass es sich oft um gleichzeitige Brüche oder Verschiebungen auf weit ausgedehnten Flächen handelt, über welche hinaus allerdings die elastische Fortpflanzung der Erschütterung noch weiter gehen kann. Wenn Falb’s Auffassung richtig wäre, so würde alles Dahin- laufen der Erdstösse auf Dislokationslinien, alle Horizontal- verschiebung derselben, aller Zusammenhang mit der Gebirgsbildung, wie es bereits hundertfältig erwiesen worden ist, und alle Mannigfaltigkeit in den Typen ver- schiedener Beben unbegreiflich und zum mindesten blos ungeschickter Zufall sein. Jede weitere Forschung wäre überflüssig, denn Falb behauptet, dass für ihn alles auf- geklärt sei und seine Auffassung „in sorgsamer Ueber- legung und dem Zu-Ende-Denken der kosmisch-physi- kalischen Prozesse begründet“ sei. Darin liegt eine arge Ueberhebung menschlicher Denkkraft, aber zugleich das Zugeständnis, dass Falb’s Gebäude nicht auf induktiver Forschung, sondern blos auf Deduktion, auf Erraten- wollen beruht. Die Natur ist aber viel komplizierter in ihren Erscheinungen, als wir es zu erraten vermöchten. Was einzig von der ganzen Perrey-Falb’schen An- schauung auf die neuere Rıkenntnis der Erdbeben über- tragbar bleibt, das ist die erwähnte, allerdings zu dem noch besserer Erhärtung bedürftige Beobachtung, dass die zu Beben führenden Spannungen in der Erdrinde durch die Deformationen der Erde bei Springflutzeiten eine etwas vermehrte Gelegenheit zur Auslösung finden, als an an- deren Tagen. Das betreffende Beben wäre aber schliess- lich auch ohne den Mond erschienen. Ein Prophezeien stärkerer Beben müsste sich vor allem auf Beobachtungen über die örtliche Zunahme der Spannungen stützen — diese lässt sich aber noch nicht bemessen. Hoernes fasst sein Verdikt am Schlusse seines der Falb'schen Theorie gewidmeten Büchleins in die allerdings sehr scharfen Worte zusammen: dass Falb's „Erdbeben- theorie“ eine haltlose, faule und fiivole Hypothese, ein wissenschaftlicher Humbug ist.“ Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Auf diese Theorie hin, die in ihren Hauptpunkten im direkten Widerspruch mit den Thatsachen steht und die statistisch ganz schwach begründet ‚ist, phezeiet! Als „Keulenschläge auf meine Gegner“ bezeichnet Falb das Eintreffen seiner Prophezeiungen. es sich hiermit verhält, wird pro- Allein wie wollen wir an zwei Beispielen andeuten: Der Aetna liefert seit ältester Zeit durch- schnittlich alle 8 bis 12 Jalıre eine grosse Eruption. Seit 1865 war keine solche mehr erschienen. Nachdem nun Ende Juli 1874 unverkennbare Anzeichen eines nahen Ausbruches sich zeigten, prophezeite Falb einen solchen auf den 27. August 1874, weil an diesem Tage die‘ Springflut in Aussicht stand, und reiste hin. S. August ab war der Schlot geöffnet, Schon vom die Lava ge- site 1 a stiegen und der Vulkan in voller Thätigkeit begriffen. h Am 29. erfolgte ein Seitenausbruch, wie dies unter Ab- nahme der Thätigkeit des Gipfelkraters oft geschieht. Das war eine Phase innerhalb des Ausbruches, aber nicht der Beginn desselben. Der Fall aber wurde als glänzendster Erfolg seiner Prophezeiung ausposaunt. Und doch dürfen wir der Anwendung von Falb’s „Theorie“ auf die wirklich vulkanischen Erscheinungen noch be- deutend mehr Recht lassen, als für die Dislokations- | beben. Von dem Erdbeben von Belluno 1873 be- hauptet Falb, es sei die glänzendste Bestätigung seiner Theorie. Allein von den 29 Tagen mit stärkeren Stössen fallen nur zwei mit Hochfluttagen zusammen; die selır starken Stösse vom 1. August hat Falb ganz { unbeachtet gelassen, sie fallen eben unbequemerweise gerade in die Mitte zwischen die Hochfluttage, und aus Re" seinen eigenen Stosstabellen über dieses Beben sieht man dass die Stösse an Stärke und Anzahl sieben Trage früher oder später als die Hochfluttage gerade so bedeutend wie an den Hochfluttagen waren, und dass das Stoss- maximum nicht am Tage der Hochflut, sondern erst drei Tage später stattfand. Man könnte irgendeinen belie- bigen Tag der Zukunft annehmen, und man fände unter Anwendnng gleicher Freiheiten, wie sich Falb dieselben gestattet, stets einige Kräftigere Erdbeben, welche der Voraussage wunderbar entsprechen; man schlägt über dieselben Lärm und die Zeitungsschreiber berichten von der glänzenden Bestätigung der Voraussage — von den or ‘zwei bis drei Beben mit vielleicht 30 bis 60 Stössen, welche alltäglich auch an den nicht zur Prophezeiung erkorenen Tagen zuckten, schweigt man, und dann schweigen auch die Zeitungsschreiber hiervon, und u liebe Publikum bleibt unbeirrter Anhänger des Erdbeben- im März 1887 propheten. Die Zeitungen haben z. B. davon Notiz genommen, dass Falb auf den 17. September und den 16. Oktober heftige Erdbeben geweissaget hat, | allein darüber sind sie stumm geblieben, dass dann am 17. September und mehrere Tage vorher und nachher Re ungewöhnliche Erdbebenruhe herrschte, und dass auch am 16. Oktober keine besonderen Stösse berichtet wurden. Tage ohne Erdbeben sind auf der Erde thatsächlich eine 9 A Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 203 Seltenheit. Falb ist nicht bewusst unehrlich gegen das Publikum, er ist es gegen sich selbst, er betrügt sich selbst! Man hat schon lange vor Falb die Erfahrung notiert, dass bei jedem stärkeren Erdbeben zuerst einige schwache oft kaum fühlbare vorbereitende Stösse bemerkt werden, dann der Hauptschlag in einem oder wenigen rasch sich folgenden Stössen er- folgt, und hernach Tage, Monate oder sogar Jahre lang noch in grosser Zahl schwächere Stösse nachkommen, bis ganzallmählig das Schieben und Rucken sein Ende findet und allmählig alles der neuen Sachlage sich angepasst hat. Es kann durch- aus als ein beruhigendes Moment für die Bewohner der Riviera gelten, dass, so viele Stösse auch noch folgen. mögen, es zum wenigsten sehr wahrscheinlich ist, dass dieselben alle an Intensität weit hinter dem ver- nichtenden Schlage zurückbleiben werden. Die Ausnahmen von dieser Regel sind sehr selten. Nachher kann die Riviera wieder viele Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte relativ ruhig bleiben. Seit dem 23. Februar sind denn auch alltäglich Stösse an der Riviera verspürt worden. In Mentone z. B. zählte man vom 23. Februar bis 11. März 150 Stösse, seither sind weitere hinzugetreten und es werden noch weitere folgen. Das war leicht zu prophezeien, und doch ist auch diese Prophezeiung miss- braucht und missverstanden worden. Der Franzose Flam- marion verkündete nachfolgende Stösse für die Riviera im „Voltaire“, darauf neuerdings grosser Schreck in Nizza, so dass die Leute Zelten und Baracken verliessen, um am 24. und 25. Februar die Nacht unter freiem Himmel zuzubringen, wodurch der Prophet sich genötigt sah, telegraphisch die Stösse als „leichte“ zu signalisieren. Aber die von Falb auf den 9. März prophezeiten stär- keren Erschütterungen sind ausgeblieben, der @. März verlief nicht anders als die vorangegangenen und nach- folgenden Tage. Hier treffen wir wiederum auf einen grossen Irrtum der Falb’schen Theorie, der sich nun auch in den Prophe- zeiungen praktisch geltend macht. Die Spannungen in der Erdrinde rühren eben nicht von der Tendenz zu unter- irdischen Eruptionen her, sondern von dem Nachsinken der Rinde auf den langsam schwindenden Kern. Sind durch einen kräftigen Ruck die Spannungen in der Hauptsache ausgelöst, so wird alle weitere Springflut des Erdkernes, so lange keine neue ähnlich grosse Spannung sich wieder ausgebildet hat, kein bedeutendes Beben mehr an dieser Stelle veranlassen können; denn sie ist nur aus- lösendes, veranlassendes, nicht bedingendes Moment. Die wirklich ursächlichen bedingenden Spannungen wachsen aber nur langsam. Aus ähnlichen Gründen bieten zahl- reiche kleinere Stösse, wie wir sie seit Jahrzehnten in der Schweiz fühlen, vermutlich eine Art Schutz vor grossen Stössen. Durch dieselben werden die Spannungen ausgelöst, bevor sie sehr gross geworden sind. Sollte hingegen einmal eine ganze Reihe von Jahren lang fast gar kein Stoss im Gebiete der Schweiz gefühlt werden, dann würde ich darin eher Grund zur Beunruhigung finden. Dermalen ist dazu kein Anschein vorhanden, das Jahr 1887 scheint stossreicher zu werden, als die drei vorangegangenen Jahre. Indessen auch diese Auf- fassung ist nicht sicher, denn wir wissen nicht, wie der absolute Betrag der angestrebten Dislokation mit der Zeit für verschiedene Gebiete sich ändern kann. Geradezu unverantwortlich wäre es, wenn Falb wirk- lich, wie Zeitungsnotizen melden, gesagt haben sollte, es sei in nächster Zeit (Tagen oder Jahren?) für Basel schwere Erdbebenprüfung vorauszusehen. Trotz aller Ver- blendung und allem vermeintlichen Prophetenberuf traue ich solchen frechen Unsinn dem Rudolf Falb doch nicht zu! So viel aber steht fest: Eine solche Aussage wäre absolut unbegründet und eine Sünde an der Wissenschaft und an der Menschheit. In der Nähe von Basel (von Pfirt nach Arlesheim und von dort nörd- lich über Lörrach nach Kandern) finden sich allerdings grosse Flexuren (Schichtabknickungen), und Basel liegt in einem Senkungsfelde nahe dessen Rande. Es sind dort desshalb Erdstösse stets möglich, und die Erde muss dort eher zu stärkeren Bewegungen disponiert sein, als z. B. in Zürich oder gar in Moskau oder in Berlin, aber nicht mehr, als etwa in St. Gallen, Luzern oder Wien. Allein die Bewegungen können sich in. vielen kleinen, kaum fühlbaren Stössen erledigen, oder vielleicht sind jene Dislokationen zum dauernden Stillstand ge- kommen, wie dies für manche andere Dislokationen that- sächlich nachweisbar ist. Nichts, absolut nichts, Keine wissenschaftliche Anschauung, sogar nicht einmal eine vernünftige Vermutung rechtfertigt einen solchen Verdacht auf Basels Untergrund, wie es als Prophezeiung aus- gesprochen worden sein soll. Basel hat nicht mehr Grund zu Beängstigung, soweit heute vernünftige menschliche Voraussicht reicht, als es vor Jahrzehnten gehabt hat oder als hundert andere Orte sie haben. Wirklich absolut vor heftigen Stössen gesicherte Regionen gibt es vielleicht auf der ganzen Krde nicht, das ist eine Unsicherheit, welcher wir alle ausgesetzt sind; es bleibt nichts anderes übrig, als dass wir uns hieran einfach gewöhnen. Kehren wir zum Schlusse an die Riviera zurück. Das dortige Beben war ein ganz charakteristisches Longitu- dinalbeben, dem inneren Rande des Appennin angehörend, welcher zugleich der Pinbruchsrand des Mittelmeeres ist. Es gehört zu demjenigen Typus, welcher z. B. v. Hoernes schon 1878 nach zahlreichen Vorkommnissen wie folgt präzisiert worden ist: „An der Innenseite von Ketten- „gebirgen ereignen sich Erderschütterungen auf pheriphe- „rischen Bruchlinien, die durch das Wandern der Stoss- „punkte verraten werden. Diese Erderschütterungen „scheinen durch das Absitzen der inneren Zonen auf „wahren Verwerfungsspalten hervorgerufen zu werden“. Es war ein Ruck im Prozesse der Stauung des Apvennin und der Absenkung des Mittelmeergrun- des, wie es deren schon tausende früher gesehen i So A RT N \ Naturwissenschaftliche Wochenschrift: und noch tausende — hoffen wir schwächere kann. So entsetzlich dieses Beben auch gewesen ist, so zählt es doch noch lange nicht zu den aussergewöhnlich heftigen. Wenn wir uns nur in den letzten 100 bis 150 Jahren in Europa und nächsten Umgebungen umsehen, treffen wir z. B. auf folgende, meistens noch weit entsetzlichere Erdbebenkatastrophen: 1755, 1. November. Erdbeben von Lissabon. 1783, dann wieder 1854 und 1870 im Kalabrien. Die Erschütterungen von 1783 machten die Berggipfel auf- und abhüpfen, erzeugten zahlreiche Bergstürze, Häuser flogen in die Luft oder verschwanden in Spalten, Stadtquartiere, die Strassen, die Kigen- tumsgrenzen wurden völlige gegeneinander ver- schoben. bis 1873 Erdbeben von Phokis mit etwa 320 zer- störenden Stössen. Es entstanden zahlreiche grosse Bergstürze infolge der Erschütterungen. 3. April. Zerstörung von Chios, am ersten Tag fanden 6 Haupstösse, in den folgenden Tagen hun- derte von schwächeren Stössen statt. 3541 Menschen verloren das Leben, 1160 wurden verwundet, sehr viele erkrankten nervös (epileptisch). und 1883. Zerstörung von Casamicciola auf Ischia. — geben 1870 1880, 1881 Pr Fer Be fe A oh A er RR x ie wu) r Nr. 26. 1884, 25. Dezember. Ausgedehntes Erdbeben in Spanien. Aber alle diese Beben werden an Grausamkeit weit übertroffen durch manche südamerikanische und ostasia- tische Beben, da der Boden anhaltend wie ein vom Sturm gepeitschtes Meer wogte (Battang 1870, Caracas 1812), Menschen hin- und hergerollt und entsetzlich verstümmelt wurden (Jamaika 1692) oder die Leichen aus den Gräbern geschleudert und Menschen zu Hunderten weit durch die Luft wie Bälle geworfen wurden (Riombamba 1797). Gewiss sind die Erdbeben die entsetzlichsten Erschei- nungen, welche die Erde aufweist, und von allen die- jenigen, welche am tiefsten das menschliche Gemüt und den menschlichen Geist erschüttern. Wir erkennen in ihnen aber auch die Bewegungen, welche allmälig sich‘ summierend das Land vom Wasser geschieden und da- durch die Existenz so vielen Lebens erst möglich ge- macht haben. Tausende und aber tausende von Stössen laufen kaum beachtet und bald wieder vergessen ab; es sind glücklicherweise stets nur eine ganz kleine Zahl, nur Ausnahmen, welche den Menschen und seine Interessen bedrohen. werden, die letzteren nach Ort und Zeit voraus zu er- kennen, lässt sich, ehrlich gestanden, noch gar nicht beur- teilen. (Vierteljahrsschrift d. Nat. Ges. in Zürich XXXTI.) Kleinere Mieilungen Ueber die Messung niedriger Temperaturen haben die beiden französischen Forscher L. Cailletet und E. Colardeau eingehende Untersuchungen angestellt; sie sind dabei zu in- teressanten Resultaten gekommen, welche sie in den „Comptes Rendus“ wie im „Journal de Physique“ veröffentlichen und welche hier kurz mitgetheilt werden mögen. Wenn man ein Gas von der Eigenschaft besässe, welche die” Physiker mit dem Namen „voll- kommener Gaszustand“ bezeichnen, so würde darin eine thermometrische Substanz gefunden sein, welche direkt die absolute Temperatur an- geben würde. Unter den Gasen besitzt der Wasserstoff diese Eigen- schaft, wenigsten unter gewöhnlichen Druck- und Temperatur- verhältnissen, fast genau und zwar um so genaner, je höher die Temperatur steigt. Demgemäss besitzt man auch Thermometer von sehr genauer Graduierung für höhere Temperaturgrade. dagegen sind die niedrigen Temperaturen noch nicht in gebührender Weise festgelegt worden. Dass dies aber sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis von Interesse ist, dürfte schon aus dem Hin- weise auf die vor einigen Jahren vorgenommene Verflüssigung der Gase, welehe die Hervorbringung grosser Kältegrade ermöelichte, hervorgehen. Bei der Ausfüllung der vorhandenen Lücke der Thermometrie bietet sich jedoch die Schwierigkeit, dass der Wasser- stoff immer mehr den Charakter eines vollkommenen Gases verliert, je mehr sich die Temperatur dem Verflüssigungspunkte nähert; die Angaben eines Wasserstoffthermometers werden dann nicht mehr mit der absoluten Temperatur übereinstimmen. Es tritt also die Frage auf, bis zu welcher Temperatur ist dies dennoch mit grosser Genauigkeit der Fall® Um diese Frage zu entscheiden, haben Cailletet und Colardeaun die Angaben eines Wasserstoft- thermometers mit denen verschiedener anderer Apparate verglichen, welche gleichfalls von der Wärme abhängen, z. B. mit den thermo- elektrischen Erscheinungen, dem elektrischen Widerstande eines Platindrahtes u. s. w. Solange die Angaben gut miteinander ver- träglich sind, wird man das Wasserstoffthermometer verwenden können, unterhalb der Temperatur, bei welcher eine grössere Ab- weichung eintritt, muss man das Wasserstoffthermometer verwerten. Aus den Versuchen der genannten Forscher ergiebt sich nun, dass das Wasserstoffgas bis — 100° ein vollkommenes Gas ist. Interessant ist die T'hatsache, dass ein Alkoholthermometer. für welches die beiden Punkte 0° und 30° bestimmt worden waren, im kochenden Aetlıylen nur — 89,5° angab, während das Wasserstoff- thermometer — 102,50 etwa angab, so dass also ein Unterschied von 13° sich ergiebt. Untersuchungen noch auf niedrigere Temperaturen auszudehnen mittels verflüssigter Gase, welche bei noch geringeren Temperatur- graden sieden. Ueber die Beschaffenheit der algierischen Sahara teilt Henri de Saussure nach seinen Erfahrungen während einer Exkursion in dieselbe folgendes mit. Die Sahara besteht aus Sand- Dünen und bewachsenem Flachland. Kleine Gebüsche, welche an Rhododendron erinnern, und manniefaltire niedere Pflanzen bedecken die Ebene. Von Tieren finden sich namentlich Eidechsen und Rennmäuse (Gerbillen). Insekten sind selten und nur in der Um- gebung der Quellen. Das die Ebene begrenzende Gebirge senkt sich gleichsam von der Hochebene von Batna hernieder, gewinnt den Eindruck, als ob dasselbe nur durch gewaltige Rrosion der Ränder der Hochebene in Folge der Wirkungen eines die Sahara ehedem bedeckenden Wassers gebildet sei. Am Fusse des Gebirges entspringen Quellen, welche sich bald vereinigen und im Flachland mit Schil£ bewachsene Lachen bilden. Die Tiefebene der Chots in der Gegend von Biskra liegt 20 m unter denı Meeresspiegel und ist salzhaltig. Wasser giebt es dort nieht, sondern die Ebene ist in den niedrigeren Partieen mit einer Salz- kruste und gefährlichem Schlamme bedeckt. Trockne Flussbette, welche von allen Seiten in den Chots zusammen laufen, sind nur nach heftigen Unwettern, die sich im Gebirge entluden, mit Wasser sefüllt, welches das miteeführte Salz in den Chots sich ablagern lässt, nachdem die Wärme das Wasser schnell in Dunst verwandelt hat. Die in dieser Tiefebene anzulegenden artesischen Brunnen liefern eine reichliche. Wassermenge. Obgleich das Wasser salzhaltig ist, so ist es dennoch trinkbar und schadet der Vegetation nicht. Das am Fusse der Berge hervorquellende Wasser bringt häufig kleine Fische und Krabben (Telphusa) an die Oberfläche. Die Fische sind denen gleich, welche in den Gebirgsbächen leben, und die Krabben kommen sonst nur in den Salzlachen am Meere vor. Es müssen also lange Kanäle im Innern der Bergmasse existiren, durch welche die Tiere den Weg nehmen, und nicht bloss durch- lässige Schichten. Die Oasen, welche um die künstlichen Brunnen und Quellen entstehen, sollen möglichst vermehrt werden, Gesellschaften gebildet haben. Herr de Saussure meint, es sei sinnlos, die Sahara, bew. das Ob wir jemals dazu gelangen Cailletet und Colardeau gedenken ihre wozu sich eigens und man Rei Ba; X N: stetsaun 1 3 y 7 Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 205 . Gebiet der Chots vom mittelländischen Meere aus vermittelst eines Kanals zu bewässern, wie ehedem projektirt war; denn das Meer- wasser würde bald verdunsten, und die abgelagerte endlose Salzkruste das Land nur verschlechtern. Dass die Sahara früher bewohnbarer gewesen als jetzt, beweisen die prähistorischen Reste der Steinzeit, welche an den Rändern des Rhiv und auf seinen geringen Höhen gefunden werden. (Archiv. \ d. seiene. phys. et natur. 1888, Ser. 3. Tome XIX. S. 482.) K. Beobachtungen über Höhe, Länge und Geschwindig- keit der oceanischen Wellen wurden in früheren Jahren viel r häufiger angestellt als jetzt, obwohl man damals nur Schätzungen der genannten Grössen anstellen konnte, während die heutigen 2 Barometer Unterschiede der Höhe von 1 bis 2 Fuss und die Chrono- meter Zeitdifferenzen von 1/, Sekunde angeben, ohne dass man des- Ä wegen nötie hat, das beobachtete Objekt aus den Augen zu lassen. An Bord. des „Tongariro“ har Ralph Abereromby, Mitglied der Ki Royal Meteorological Society, im Juni 1885 Beobachtungen an { Wellen des stillen Oceans zwischen Neu-Seeland und Kap Hom 5 angestellt und hierüber am 25. Februar d. J. in der „Physical Society ' of London“ einen Vortrag gehalten. Er bestimmte die Höhe der Wellen mittelst eines sehr guten und genau funktionierenden Anervid- Barometers, während die Länge und Geschwindigkeit ermittelt wurde, indem er sich mit dem Chronometer in eine geeignete Stellung begab und nun die Zeit bestimmte, welche verfloss, wenn swei W ellenberge das Hinterteil des Schiffes erreichten, sowie die Zeit. welche die Erhebung der ersten Welle brauchte, um die Länge des Schiftes zu durchlaufen. Da nun die Länge und die Geschwindigkeit, sowie der relative Lauf des Schiffes gegen die Richtung der Wellen- bewegung bekannt war, konnte mittels einfacher Formeln die Ge- — — — schwindigkeit und Länge der Wellen berechnet werden. Allerdings Ri sind hierbei auch noch Schätzungen unvermeidlich gewesen, jedoch F glaubt Abercromby, dass dieselben die Richtigkeit seiner Beob- is achtungen wenig beeinflussen können. Nach den besten Beobachtungen I. Abercromby' s, um nur etwas davon anzuführen, belief sich ‚die } Zeit zwischen zwei Wellenbergen zwischen 15 und 19 Sekunden, während sich die Länge auf 358 bis 507 engl. Fuss und die Ge- ’ r y ir schwindigkeit auf 28,5 bis 32 engl. Meilen berechnete. Wir wollen r nicht weiter in das Detail der Beobachtungen eingehen und nur bemerken, dass die Wellen in dem genannten Teile des stillen Oceans ziemlich unregelmässig sind, insofern grossen Wellen oft ganz unbedeutende Wellenzüge folgen. Als grösste von Abereromby beobachtete ergiebt sich eine Welle von 46 engl. Fuss Höhe, « 765 Fuss Länge und 47 Meilen Geschwindigkeit in der Stunde und % einer Zeitperiode von 16,5 Sekunden. Da kein aussergewöhnliches ‘Wetter herrschte, so hält Abereromby es für sicher, dass die Wellen bisweilen wenigstens 60 Fuss Höhe erreichen müssen. Schliesslich schlägt er für zukünftige Beobachtungen dieser Art folgende Methode vor, zu welcher drei Beobachter, A, B, €, er- forderlich sind. A bestimmt, wann die Instrumente beobachtet werden sollen und notiert die Höhe des Decks vom Wasser. B hat Be, ein geeignetes Anervid- Barometer und beschränkt seine ganze 8: Aufmerksamkeit auf dieses Instrument, während Ü mit zwei Chrono- FR graphen ausgerüstet wird. Berührt ein Wellenberg das Hinterteil \ des Schiffes, so giebt A ein Zeichen, worauf B das Barometer ab- liest und © beide Chronographen in Gang setzt. A notiert zunächst die Höhe des Decks mittels Zeichen, welche sich am Schifte befinden. Erreicht der Berg die Spitze, so giebt A ein anderes Zeichen, worauf © den einen Chronographen innehält, während B in dem Wellenthal das Barometer ablieste. Kommt dann eine zweite Welle, so beubachtet B das Barometer, C bringt den zweiten Chronographen zur Ruhe und A notiert die Höhe des Wassers und trägt alle Beobachtungen ein. Von dieser Methode verspricht sich Abereromby genauere und bessere Resultate als sie die bisherigen Messungen ergeben haben. Wir wollen uns hier nicht in eine Kritik derselben einlassen, indessen scheint uns dieselbe, falls sie überhaupt brauchbar ist, nur für ganz lange Wellenzüge geeignet, da sonst der Schifts- körper die Wellenbewegung, das Heben und Senken nicht voll- ständig mit ausführt, °so dass eine Messung der Wellenhöhe illusorisch wird. AG % Du Aa” a I En Der 7. internationale Amerikanisten - Kongress wird seine Sitzungen vom 2.—5. Oktober in Berlin abhalten. Der Thätigkeit des Kongresses liegt die Absicht zu Grunde, alle Zweige des Wissens zu pflegen, welche Kunde geben über den Zustand des amerikanischen Kontinentes und seiner Bewohner vor und zur Zeit der Entdeckung durch Columbus; zugleich einen Vereinigungspunkt zu schaften für alle auf diesem Gebiete thätigen Forscher. Die ’ Entdeckungsgeschichte Amerikas, die soziale Entwicklung der, teils Y in wohlorganisierten Staaten lebenden Eingebornen, deren Sprachen, Sitten und Gebräuche, die Frage nach ihrer Abstammung und Ver- wandtschaft, nach den Rassenunterschieden u. s. w. sollen erforscht und nach den Schilderungen der ersten Entdecker sowohl, wie nach . den Beobachtungen neuerer Gelehrter kritisch behandelt werden. Daran schliessen sich Untersuchungen über das Auftreten und die Rassenbildung der amerikanischen Haustiere, über den Anbau der Nährpflanzen, über die aus dem Tier- und Pflanzenreich gewonnenen Erzeugnisse, deren Verwertung zum täglichen Gebrauch, wie zur Anfertigung von Schmue keegenständen, zur V erschönerung" und Ver- edelung” des Lebens. Die Geschichte der Seefahrten und Ent- deekungen, die Geologie, die Anthropologie und Ethnographie, die Paläographie und Linguistik bilden somit Hülfswissenschaften, deren Pflege der Amerikanisten- Kongress zur Erreichung des angestrebten Zieles obliegt. Schliesslich tritt als Hauptgesichtspunkt des Kongresses das Problem der altamerikanischen Kultur entgegen, die Durchforschung jener Geschichtsvölker auf der nördlichen und 'südlichen Hälfte des neuen Kontinents, die, obwohl durch den Eingriff der Entdeckung dem Untergange geweiht, durch unvergängliche Mönumente genugsam die hohe Stufe der Entwickelung bezeugen, bis zu welcher auch auf der westlichen Hemisphäre eine dort einheimische Kultur empor- eeblüht war. Für dieses Studium würden die grossen archäologischen Sammlungen der Königlichen Museen eine gesicherte Unterlage bieten, und dieser Gesichtspunkt war deshalb auch maassgebend bei der Wahl Berlins als Sitz der VII. Session. Der erste Tag wird der Geschichte der Entdeckung der neuen Welt, der Geschichte des präcolumbischen Amerika und der Geologie Amerika’s, der zweite Tag der Archaeologie, der dritte Tag der Anthropologie und Ethnographie, der vierte Tag der Linguistik und Paläographie gewidmet sein. Mitglied des Kongresses kann ein Jeder werden, der an dem Fortschritte dieser Studien Anteil nimmt und den auf 10 Mark (12 Franes) festgesetzten Beitrag zahlt. Die Quittung des Schatzmeisters gilt als Mitgliedskarte; sie berechtiet zum Empfang aller Publikationen des Kongresses. Die Herren, welche am Kongress Teil zu nehmen wünschen, werden gebeten, so bald als möglich ihren Beitrag dem Schatzmeister, Herrm Generalkonsul W.Schönlank, Berlin SO., Köpnickerstrasse 71, einsenden zu wollen. Vom 29. September ab wird das Bureau des Kongresses im Museum für Völkerkunde zu Berlin SW., Küniggrützerstrasse 120) geöffnet sein. Alle den Kongress betreffenden Briefe und Zusendungen sind zu richten an Herrn Dr. Hellmann, Generalsekretär des Organisations- Komitees des VII. internationalen Amerikanisten - Kongresses, Berlin SW., Königgrätzerstrasse 120. Vorsitzender des Kongresses ist Dr. Reiss. Die 6. Hauptversammlung des preussischen Medizinal- beamtenvereines wird am 26. und 27. September im grossen Hörsaale des hygienischen Institutes in Berlin tagen. Fragen ‚und Antworten. Wie stellt man Skelette dar? — Zur Herstellung osteolo- gischer Präparate d. h. von Skeletten, Skelett-Teilen und Schädeln giebt es verschiedene Methoden. Handelt es sich darum, möglichst schnell z. B. einen Schädel von allen Weichteilen zu befreien, so entfernt man zunächst mit Messer und Scheere die Haut und die grösseren Muskelpartien, sowie die Augen und so gut es geht das Gehim. Dann lest man den Schädel in ein Gefüss mit kaltem Wasser und erhitzt dasselbe zum Kochen. Von Zeit zu Zeit über- zeugt man sich, ob die noch haftenden Fleischteile, Sehnen ete. sich leicht ablösen lassen und ob nicht etwa die einzelnen Knochen locker werden. Diese Gefahr ist besonders gross bei jugendlichen Schäden. Sind die zu entfernenden Teile genügend erweicht, so bürstet man mit einer scharfen Bürste den Schädel ab, zupft mit der Pinzette oder schneidet mit einer feinen Scheere die noch ge- bliebenen Sehnenstränge und del. ab und spült den Schädel mit reinem Wasser ab. Etwa noch vorhandene Gehirnreste spült man aus, indem man durch das Hinterhauptloch die Schädelhöhle voll Wasser laufen lässt und nun den Schädel tüchtig schüttelt. Auf diese Weise erhält man einen Schädel zwar rasch, aber er wird nie schön weiss. Um möglichst schöne Präparate zu erhalten, ist es am besten, zunächst wieder mit Skalpell und Scheere zu entfernen, was äusserlich leicht abzuschneiden ist und dann den Schädel in ein Gefäüss mit kaltem Wasser zu legen. Das Gefäss ist mit einem Deckel zu verschliessen und wird dann sich selbst überlassen. Das Fleisch fault dann ab, löst sich teilweise von selbst oder lässt sich leicht abspülen oder abzupfen. Selbstverständlich entwickeln sich wenig angenehme Düfte bei dieser Art der Präparation. Ist man sehr empfindlich gegen dieselben, so muss man die Gefässe ins Freie oder auf den "Boden, in Ställe und del. stellen, doch merkt nichts von üblen man, solange der Deckel nicht abgenommen wird, Gerüchen. Wie lange ein Schädel oder Knoc hen’ in Wasser liegen muss, hängt von der Grösse des Gegenstandes sowie von der Genaue Vorschriften lassen sich nicht geben; es Beim Spülen und Reinigen der durch Temperatur ab. muss ausprobirt werden, 206 re Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 26. €€—€—€—€—€—€—€—äeäenääääääänännnn——n——— nn u u _Ü Fäulnis präparierten Schädel darf man selbstverständlich keine offenen Wunden an den Händen haben und muss letztere nach der Arbeit gut mit Karbolwasser reinigen. Ferner hat man darauf zu achten, dass aus Schäden keine Zihne herausfallen und verloren gehen. Etwa ausgefallene Zähne werden, nachdem Alles getrocknet ist, mit Fischleim eingeklebt. Durch möglichst genaue Angaben über Herkunft, Alter, Geschlecht, Todesursache ete, wird der Wert eines präparierten Schädels oder Skelettes sehr erhöht. Das Präparieren zusammenhängender Skelette ist ziemlich mühsam. Bei grösseren Tieren, etwa von Katzen- oder Hundegrösse aufwärts, thut man am besten die einzelnen Teile durch Draht künstlich zu befestigen, während man z. B. bei Bichhörnchen, Miusen, kleinen Vögeln u. del. besser einen Teil der Bänder sitzen lässt, welche dann die Teile zusammenhalten. Zu wissenschaftlichen Untersuchungen sind übrigens vollständige zerleete Skelette weit besser als aufgestellte. ? Das Einlegen von Tieren in Ameisenhaufen zum Zweck des Skelettierens ist nicht zu empfehlen, weil zu leicht Teile verloren gehen und man nicht genügend kontrollieren kann, wie weit die Arbeit vorgeschritten ist. Für ganz feine Gegenstände, etwa Skelette junger Amphibien u. del. eignet sich gut ein Verfahren, auf welches kürzlich Professor Fr. E. Schulze in einer Sitzung der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin aufmerksam machte. Man benutzt nämlich Froschlarven (Kaulquappen) zum Abnagen der Weichteile. Bine Anzahl lebender Froschlarven thut man in ein Gefäss mit frischem Wasser und bringt das zu benagende Objekt mit in das Gefäss. Dann nagen die Larven auf das Sauberste alles Weiche von den Knochen resp. Knorpeln ab. Man muss darauf achten, dass nicht zu viel abgenagt wird und dass die Teile nicht auseinander fallen. Ein Nachteil, welchen dies Verfahren hat, beruht darauf, dass nicht zu jeder Jahreszeit Froschlarven zu beschaffen sind. Auch ist diese Methode nur bei kleinen und feinen Objekten anzuwenden, da bei grösseren zu viel Zeit in Anspruch genommen würde. Behandlung mit Chlorkalk oder Aetzkali ist nicht zu empfehlen, da die Knochen durch diese Substanzen ein unnatürliches, kreide- artiges Aussehen erhalten. Ist Blut in einen Knochen gezogen, SO muss man ihn so lange in Wasser lesen, bis alles ausgezogen ist. Ist das Blut erst einmal eingetrocknet und in die feinen Höhlungen eingezogen, so ist es schwer zu entfernen. Hormnscheiden von Ziegen, tindern und Antilopen zieht man, sobald es geht, von den Stirm- zapfen ab, damit nicht durch die Fäulnis auch das Hom angeeriffen wird. Nach dem Trocknen des Schädels setzt man die Hörner wieder auf. Schliesslich ist noch zu bemerken, dass man bei gleichzeitiger Präparation von Skeletten genau darauf zu achten hat, dass die zu- sammengehörigen Teile z. B. Wirbel und Rippen zusammenbleiben und nicht verwechselt werden. Dr. E. S. Litteratur Dr. Paul von Gizycki: Autoritäten. von F. & P. Lehmann) 1888, Preis 1 M. Wie der Verfasser im Vorwort angiebt, bildet der Aufsatz „Autoritäten“ den Bestandteil einer grösseren Arbeit. Diese selbst ist ein Versuch, die Methoden des Denkens, welche bisher vor- wiegend in den exakten Wissenschaften zur Anwendung gelangten. auf die Fragen der Moral und Politik zu übertragen und zu zeigen, dass diese Methoden auch über Gebiete, welche noch weit und breit im Nebel metaphysischer Phrasen und leerer Gemeinplätze daliegen, etwas Licht zu verbreiten im Stande sind. Der Einfluss der Autoritäten auf den Verlauf der Ge- schichte ist vom Geschichtsforscher bisher nicht gebührend gewürdigt worden. Unendlich oft führt er auf die Macht des Geldes, der Bestechung, eines niederen Ehrgeizes, auf den Einfluss weiblicher Reize und die Gewalt der Bayonette folgenschwere Begebenheiten zurück, welche in Wahrheit moralischen und intellektuellen Beweg- gründen ihre Entstehung verdanken. y .. „Diese geistigen Mächte haben oft den gewaltigsten reellen Widerstand gebrochen. Reichtümer unterjochen sie nicht, denn sie vermögen Menschen hervorzubringen, welche Hab und Gut mit Freuden für die Verwirklichung ihrer Ideale opfern; Bayonnette schrecken sie nicht, denn sie besitzen Zaubersprüche, die Herzen der Leute zu gewinnen, welche die Bayonnette tragen; selbst Kerker und Schaffot vermögen ihre Siegeslaufbahn nicht zu hemmen, denn nicht selten sehen ihre Kämpfer den Kerker als einen Tempel ewigen Nachruhmes an und besteigen das Schaffot mit der froh- lockenden Miene des Märtyrers.“ Ruhige Erwägungen, klare Berechnungen scheinen verhältnis- mässig minder wichtigen Eintluss auf die geschichtlichen Ent- schliessungen zu haben; denn sehr viele grosse Umwälzungen be- ruhten auf heftigen Begierden. wilden Leidenschaften, unklaren, gänzlich unkontrollierten Gefühlen der Sympathie und Antipathie, auf früh eingeprägten Vorstellungen, lieb gewonnenen, nie der Berlin (Verlag Kritik des Nachdenkens unterworfenen Gewohnheiten, unbewussten Schlüssen. unbestimmten Neigungen zu etwas Nenem, gepaart ‘mit einer instinktiven Scheu vor den Gefahren einer Neuerung, endlich auf dem Triebe, hervorragenden Persönlichkeiten nachzuahmen oder sich ihnen blindlines zu unterwerfen. „Gar oft griff die Menge die von Einzelnen dargebotenen Gedanken, wenn sie ihrem Geschmack zusagten und den Bedürfnissen ihrer Zeit entsprachen, mit Begeisterung auf und prägte sie dem Geiste ihrer Kinder als unersehütterliche Wahrheiten, Glaubenssätze und Lebensregeln ein. Beständig sehen wir im Getriebe der Ge- schichte Persönlichkeiten über die Millionen, die unbeachtet dahin- leben und unbekannt dahinschwinden, emporragen, Persönlichkeiten, welche durch ihr blosses Wort die Neigungen ihres Volkes, vielleicht eines grossen Teiles der Menschheit zu beeinflussen vermögen. Häufig erlischt ihr Einfluss mit ihrem Tode, oft aber überlebt er denselben, manchmal vererbt er sich in ihrem Geschlechte, öfter noch unter ihren Jüngern, Schülern, Anhängern und Nachahmern, zuweilen knüpft er sich an ihre Werke und haftet wohl gar an ihren Gebeinen, den Geräten und Kleidungsstücken, welehe ihnen im Leben zum Gebrauche dienten. Solche Persönlichkeiten nennen wir Autoritäten. Sie haben tausendmal die Handlungs- und Denkweise grosser Gemeinwesen bestimmt und geleitet, wohin sie wollten. Ihr Einfluss giebt den Schlüssel zu vielen Bewegungen und Umwälzungen, sowohl im politischen, wie im sozialen und intellektuellen Leben der Menschheit.“ Die Antoritäten sind keineswegs physisch und intellektuell immer bedeutender als die Menschen, welche sie beherrschen. Die Autorität kann, wie es scheint, der thatsächliehen Stärke sehr wohl entbehren und verrichtet ihre Wunderthaten rein durch den Glauben ihrer Anbeter. . Die natürlichen Quellen der so wunderbaren Macht einzelner Individuen liegen nieht notwendig in geistiger Ueberlegenheit der- selben. Denn wie oft hat nicht die Menschheit die tapfersten Ver- fechter segensreicher Reformen dem Scheiterhaufen oder dem Schaftot überantwortet oder verhungern lassen, um später, wenn sie unter Kummer und Not dahingegangen waren, ihre gramvollen Züge in Erz und Marmor nachzubilden und ihre sterblichen Ueberreste als wunderthätige Reliquien in köstlichen Schreinen zu .bergen, während man ihre unbedeutendsten Aussprüche zu heiligen Formeln und fast zu Zaubersprüchen umschuf. Autoritäten Gewordene sind die grössten Hindernisse für die Erfolge neuer Reformatoren, und es muss der Name eines grossen Mannes oftmals dazu dienen, das arbeitsame Leben eines verwandten Geistes, der in einer späteren Zeitperiode verwandten Zielen dient, mit Leid und Bitterkeit zu erfüllen. „Die primitivste Quelle des Einflusses der Autoritäten scheint gar nicht so sehr in der Persönlichkeit der Autorität selbst zu liegen, als vielmehr in den natürlichen Neigungen und Bedürfnissen ihrer Verehrer.“ „Die Person, ‘velche zur Autorität werden soll, muss durch irgend eine ungewöhnliche Eigenschaft geeignet sein, die Phantasie oder besser noch die Furcht ihrer Bewunderer anzuregen. Es ist eine Thatsache, von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass Fanatiker, Propheten, Wunderthäter, Leute, deren zerrüttetes Nervensystem ihre Verstandskräfte getrübt hatte, ein so grosses Kontingent zu den Autoritäten der Menschheit gestellt haben.“ Der Mann, der zu denken gewöhnt ist, prüft und wägt alles ab, das Gros der Menschheit aber geht nicht mit den Waffen der Logik vor, sondern lässt sich in vielen Fällen, wo nur diese ent- scheiden sollten, ausschliesslich von seinem Gefühle leiten. „Man kann durch logische Operationen und die Herbeiziehung der Erfahrung wohl für den Augenblick gewisse Ideenverbindungen und Schlüsse im Geiste eines Menschen erzwingen, aber man kann nicht so leieht tief eingeprägte, mit tausend Gefühlen des Hasses und der Liebe verwobene, mit tausend Bedürfnissen des Gemütes verknüpfte Anschauungen zerstören, besonders wenn diese An- schauungen schon früh dem Geiste der Jugend eingeprägt und so lange Jahre unerschüttert im Busen getragen worden sind.“ Der autoritätengläubige Mensch bedarf nicht immer der An- und andere Symbole an: „Wenn man die Geschiehte der politischen und religiösen Verfoleungen betrachtet, so wird man finden, dass weit öfter als die Ansichten und Ziele einer Partei, ihr Name, ihre Thacht, ihre Symbole und Ceremonien der Grund waren, weswegen sie von den anderen Parteien mit unsäglichem Hasse verfolgt wurde.“ Die Ursachen des Einflusses der Autoritäten sind — wie Gizycki ausführlicher begründet — 1. Furcht und 2. Un- fähigkeit der Gläubigen zu denken; diese Unfähigkeit hat ihren Grund in der.sozialen Lage der meisten Menschen. Die kriegerischen und politischen Autoritäten sächlich auf das Gefühl der Furcht, die wissenschaftlichen Autoritäten Autoritäten nehmen eine Mittelstellung ein. schauungen und Gedanken, er hetet ebenso gern Worte, Formeln sind haupt- mehr auf das Gefühl der Unwissenheit begründet; die religiösen — Die grosse Menge sieht Beglaubigungen innerer Grösse einzig 2 10 rd ER a a El rn Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 207 im Erfolg, weil er als Wirkung einer Macht angesehen wird, welche Furcht erweckt. Je mehr die Vorstellung von der Macht von Kopf zu Kopf wandert, wird sie unbestimmter, und das schreckt am meisten. Darum ist denn auch in ursprünglicheren Zuständen das Wunder eines der gewöhnlichsten Mittel, um Autoritäten zu begründen. In der Gegenwart ist ein Verfall der Autoritäten bemerkbar. Auf wissenschaftlichem Gebiete bilden sie sich heute nieht mehr wie früher, sogar in politischen Dingen verbleichen sie jetzt schnell, da sie stagnierender Civilisation, langer Perioden des Stillstandes bedürfen, um zu gedeihen. Es kommt hinzu, dass Furcht und Unfähigkeit zu denken an Einfluss bedeutend ver- loren haben. ET Cramer, W., Die Aufgaben und das Ziel der anthropologischen Forschung. (Sep.-Abdr.) gr. 8%. (31 S.) Preis 1 4C G. Seriba, Hofbuchh. in Metz. Congres geologique international. Compte dieme session ü Berlin 1885. Berlin 1888. Dessoir, M., Bibliographie d. modernen Hypnotismus. gr. 8. (94 S.) Preis 1% 80 „. Carl Dunker's Verl. in Berlin. Edlbacher, L., Landeskunde v. Ober-Oesterr. Neue Ausg. der 2. Aufl. gr. 8°. (628 S.) Preis 4 #1. Carl Graeser m Wien. Ebermaier, A., Ein Fall v. Syfilis hereditaria tarda. gr. 8°. (18 S.) Preis S0 4. Esmarch, F. v., the surgeon’s handbook, Tanslated by F. Curtis. gr. 8%. (XVL 366 S. mit Holzschnitten) Preis geb. 24 M. Lipsius & "Tischer, Verl.-Cto. in Kiel. Ewald, ©. A., Klinik der Verdawungskrankheiten. II. Die Krank- heiten d. Magens. gr. 8°. (X, 442 S. m. Holzschn.) Preis 11 4. August Hirschwald in Berlin. Fleischer, E., Gesunde Luft. Eine Abhandl. über d. Feuchtigkeit der Luft als wichtigen Faktor unseres Wohlbef. 2. Aufl. gr. 8. (20. 8.) Preis SO ... Vandenhoek & Ruprecht's Verl. in Göttingen. Fleischer, R., Lehrbuch der inneren Medizin. 1. Bd. Infektions- krankheiten. — Hautkrankheiten. — Krankheiten d. Nase. — Kehl- kopfkrankh.. gr. 8%. (XII, 337 S.) Preis 5 # 40 4. J. F. Berg- mann in Wiesbaden. Frank, A. B., Unters. üb. d. Ermähr. d. Pflanze m. Stickstoff u. üb. d. Kreisl. desselben in d. Landwirtschaft. Sep.-Abdr. gr. 8°. (137 S. m. 4 Taf.) Preis 4 #. Paul Parey in Berlin. Lindemann, F., Ueber Molekularphysik. Versuch einer einheit- lichen Behandlung der physikalischen und chemischen Kräfte. (Sonder-Abd. aus d. Schr. d. physik.-ökon. Gesells. zu Königsb. i. Pr. XXIX. Jahrg. 1885.) In Kommission bei Wilh. Koch in Königs- berg i. Pr. — Preis 1# 60 4. Weiss, J. E., Vademecum botanicorum. Verzeichnis der Pflanzen des deutschen Florengebietes. 8%. (216 S.) Preis geb. 2# 50 4. M. Waldbauers Buchh. (Max Coppenrath) in Passau. Wernick, F., Durch Nordafrika u. Spanien. Reisestudien. 2. Aufl.. gr. 80. (457 S.) Preis 4 %%. Feodor Reinboth, Verl.-Buchh. in Leipzig. Wigand, A., Das Protoplasma als Fermentorganismus. Ein Beitrag zur Kenntnis der Bakterien, der Fäulnis, Gährung und Diastasewirkung, sowie der Molekularphysiologie (X, 294 S.) (Botanische Hefte. Forschungen a. d. botan. Garten. zu Marburg. Begründet von A. Wigand. 3. Heft. Herausg. v. E. Dennert. gr. 80, Preis 7 #. N. G. Elwert'sche Verl.-Buchh. in Marburg. Winternitz, W., Zur Pathologie und Hydrotherapie d. Fiebers. Unter Mitwirkung von L. Schweinburg, A. Winternitz, J. Pollak u. O. Pospischil.. (78 S.) — Klinische Studien, aus der hydriat. Abteilung d. allg. Poliklinik in Wien. Hrsg. von W. Wintermnitz. 3. Heft. gr. 5%. Preis 2 4. Franz Deuticke, Verlag in Wien. Wolf, G., Das Erdbeben an der Riviera am 25. Febr. 1887, be- schrieben nach seinem Verlauf, seinen Folgen u. beleuchtet nach s. Ursachen. 80, (36 S. m. 2 Taf.) Preis 2 4. Max Cohen & Sohn (Fr. Cohen) in Bonn. Zürcher, E., Die geburtishilfliche Landprazis. Erfahrungen und Beubachtungen aus 10 Jahren praktischer Thätigkeit. 2. Aufl. gr. 80. (48 S.) Preis 1 #4 20 5. F. B. Müller in St. Gellen. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin NW. 6. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“. rendu de la Briefkasten. Hr. Dr. H. — Ein wirklich empfehlenswertes Buch als Rat- geber bei der Kultur von Zimmerpflanzen ist „Riese’s Wohnungs- gärtnerei. Leichtfassliche Anleitung Blumen und Blattpflanzen mit Erfolg ohne umständliche und kostspielige Einrichtungen in uuseren Wohnräumen zu halten, zu pflegen und zu ziehen.“ (Verlag von Paul Parey. Berlin 1887. Preis 5 Mk.) Das Buch enthält 216 hübsche Abbildungen, hat Oktav-Format und 344 Seiten. Der Der Inhalt zerfällt in die foleenden Abschnitte: Einleitung. — Aus- wahl und Einrichtung der Räume. — Besondere Kulturhilfsmittel. — Auswahl der Pflanzen. — Die Behandlung der Zimmerpflanzen im Allgemeinen. — Das Handwerkszeug. — Die Anzucht junger Pflanzen aus Samen und die Vermehrung aus Stecklingen, Senker, durch Teilung. — Die Wintergqnartiere der Pflanzen und die Schutz- vorrichtungen im Garten. — Die spezielle Behandlung einer Anzahl beliebter, durch schöne Blumen oder sonst ausgezeichneten Pflanzen der Zimmergärtnerei. — Pflanzen mit schönen Blüten, Blatt- und Dekorationsptlanzen. Schline-, Ranken- (Ampel-) Pflanzen. — Arbeitskalender. — Register. Red. Hr. F. Karsch, — Ihre Frage, wie man Ameisen am besten vertreibe, beantworten wir mit der folgenden, von dem Anhaltischen Staatsanzeiger gegebenen Auskunft: „Am schnellsten vertreibt man die Ameisen, wenn man Honig, Syrup oder aufgelösten Zucker mit etwas Hefe oder Sauerteig vermischt, in Untersätze von Blumen- töpfen thut und diese an solche Stellen setzt, welche am meisten von den Ameisen aufsesucht werden. Mit dem Verschwinden der süssen Flüssigkeit werden auch die Ameisen verschwinden, denn die Hefe ist für sie ein tödtliches Gift. Noch ein anderes gutes Mittel ist Benzin, das man im Hause in die Ritzen und Fugen des Holzes und im Garten in die Ameisenhaufen giessen muss, um die lästigen Gäste fast augenblicklich zu tödten. Nicht weniger gut soll eine Mischung von gleichen Teilen Naphtalin und frischem Insektenpulver sein, die man im Hause in die von Ameisen bewohnten Fugen und Löcher zu streuen hat. Letzteres Mittel verdient sogar noch vor Benzin den Vorzug, weil es nicht feuergefährlich ist. Der sonst häufige angewendete Chlorkalk ist deshalb weniger zu empfehlen, weil er, abgesehen von seinem durchdringenden Geruch, der seine Be- nutzung in geschlossenen Räumen sehr lästig macht, durch längeres Liegen ‘gerne seine wirksamen Bestandteile einbüsst. Das Streuen von gepulvertem Borax an die von Ameisen besuchten Orte soll auch schon vollständig hinreichen, dieselben zu vertreiben.“ Red. X. — Ein Verein der Aquarien- und Terrarien-Liebhaber ist erst ganz kürzlich in Berlin begründet worden, welcher folgende Ziele verfolgt: Gegenseitige Belehrung durch Mitteilung von Er- fahrungen, Förderung der Liebhaberei durch Austausch und Kauf von Tieren und Pflanzen, Verbreitung der Liebhaberei für Aquarien und Terrarien durch Einwirkung durch das grosse Publikum, Ent- gegentreten aller in weiten Kreisen herrschenden Vorurteilen und Aberglauben. Der Verein will dies auf folgende Mittel und Wege zu erreichen suchen: Vorzeigung und Besprechung interessanter Tiere und Pflanzen, besonders selbst gezogener, Vorträge, zumal über eigene Erfahrungen, Beschaffung einschlägiger Bücher und Zeitschriften, Veranstaltung von Ausstellungen. Nähere Auskunft ertheilt Dr. Karl Russ, Berlin, Bellealliancestrasse Nr. 81. Red. Hr. Stoye. — Anleitung zum Ausstopfen von Vögeln und Säugetieren geben: W. Mewes, Kurzer Leitfaden zum Präparieren von Vogelbälgen und zum Konservieren und Ausstopfen der Vögel. Halle a. S. — Ph. L. Martin, Taxidermie oder die Lehre vom Präpariren, Konservieren und Ausstopfen etc. .„.. Ill. Aufl. Weimar 1886. Letzteres Werk sehr zu empfehlen. S. Berichtigung. Berichtigung. — Der von uns (Bd. 11. S. 159) nach der Grazer Pädagogischen Zeitschrift wiedergegebene „Versuch, welcher die Axendrehung der Erde beweist“, ist, wie sich durch einfache Ueberlegungen sowie durch die Ausführung ergiebt, durchaus falsch. Derselbe ist uns trotz aller Vorsicht nieht gelungen und kann un- möglich gelingen, wie auch eine Zuschrift aus unserem Leser- kreise hervorbebt. Denn die Annahme, dass das Wasser infolge seines Beharrungsvermögens an der Bewegung nicht teilnehme, ist hinfällig, da die letztere eine verhältnismässig sehr langsame ist, so dass sicher eine Uebertragung derselben aut das Wasser stattfände, wenn dieses nicht schon zuvor dieselbe Bewegung besässe. Gleiches gilt natürlich von der Anwendung des Quecksilbers zu dem Versuche. Zur Nachricht. 1. Es dürfte unsere Leser und Mitarbeiter interessieren zu erfahren, dass die von Dr. W. Sklarek gegründete und von Dr. Otto Schumann redigierte, be- währte Wochenschrift „Der Naturforscher“ (Verl. der H. Laupp’schen Buchh. in Tübingen) vom 1. Oktober mit der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift‘ vev- schmolzen wird, 2. Das Imhaltsverzeichniss von Bd. II der Naturw. Wochenschr. wird mit Nr. 2 von Bd. III zur Ausgabe gelangen. 208 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Inserate namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen ete. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. ME” Bemerkung für die Leser: Für den Inhalt der Inserate sind wir nicht verantwortlich. BRNZHTHIERERFITITR N Re] Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. %« Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. % Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1% 20 „3 pro Band (auch in Brief- marken) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Bleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Bleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung. der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herm. J., Allgemeine Witterungskunde. Bleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Bleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- bildungen. Eleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Berlin NW. 6. Band I (Okt. 1887—März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von # 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quarteale des Bandes gegen Einsendung von X 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne Nummern kosten 25 4. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift‘ Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. Charles Darwin naeh von der Familie Darwin zur Verfügung gestellten Porträts in Gyps modelliert von (. Lehr d.]. Auditoriumsbüste, etwas über lebensgross . . Mk. 60,— lebensgross m. Büstenfuss „ 40,— Die Büsten sind mit Wachsfarbe gestrichen und können abgewaschen werden. Photographie Darwins, Kabinettformat Alleiniger Vertrieb durch ee Hermann Riemann. Mit 68 Ab- Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Hermann Riemann. ‘guıy9sOL ICRÜEITCHIIEL TG sLIOAJOAOT :UOA ueNaUNeN Asqn UOISI[STOLT Zure stogıd pun ynıd 3 opel yor eumyaureqn -83 yomue pums uoyeA\ euro ey — 'suey sul 101} uuUeWLIEPOF uUB yoI epuesıoa +99 uoI[Isusjnpsep ‘ussypnquegpayag og opeqiwodum Jsätgtq wIepeLIeJUumm "UOSSOT[ISE, eyosu} uuep pun uessomfps oqorz ueypoA, p uuy "oryueIen) OFYOSUNAE. nz uopıem oremedlepeplepioA "um SIYBıd yoou yal "gwwousjeNy urou JFımg Zunuerpagg erfeoı.Zuers ma "yny Jopop uogeA\ Oe And °6ET "A9SY9TIpaILg MA urpagg NLgezuogeM SOLyaHL IrToddrnn -eäsne Joqnes uepIom ueamyeıud =; Naturwissenschaftlich.Sammlungen verweisen wir auf unsere reichen Verkaufsvorräte inSäugetieren (Bäl- ge. Skeletteu. Schädel), Vogelbälgen, Eiern, Reptilien u. Batrachier, Con- chylien, Insekten ete. 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Tausend. Mit 87 fein kol. Abbild., hocheleg. gebd. Gegen Mk. 1,80 franko. Unsere essbaren Schwämme. 36. Tausend. Mit 23 feinkol. Abbildungen, hocheleg. gebd. Gegen Mk. 1,20 franko. Hermann Riemann Buchhandlung für Naturwissenschaft Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. mormer ZRae.- - 1 >) ie = | fe} nE5 FE 22 208 7”: CHE Bee a3 558 58 8 33 os & 5A == | Ba 2 S 0558 52 Ss BLRrPEng-s S, S = Eau 28 es SEI50OS PHzka a5 P=| Thin) I ge 17} SE ® Pr sa|ESc %2 BElad5 > Se hz Ss n == Rn ————\ Tägliche Zuschriften bestätigen, dass der seit 1880 nur von mir fabriz. Holländ. Tabak (10 Pfd. lose in ein. Beutel feo. 8 Mk.) in Güte von kein. Nachahmer erreicht wird. B. Becker in Seesen a. Harz. [31] Inserate für Nr. 2 der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ müssen späte- stens bis Sonnabend, 29. Sept. in unseren Händen sein. Die Expedition. Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“ Bezug neh- men zu wollen. Inhalt: Prof. Dr. Albert Heim: Zur Prophezeiung der Erdbeben. (Schluss) — Kleinere Mitteilungen: Ueber die Messung niedriger Temperaturen. — Ueber die Beschaffenheit der algierischen Sahara. — Beobachtungen über Höhe, Länge und Geschwindigkeit der oceanischen Wellen. — Der 7. internationale Amerikanisten-Kongress. — Die 6. Hauptversammlung des preussischen Medizinal- beamtenvereins. — Fragen und Antworten: Wie stellt man Skelette dar? — Litteratur: Dr. Paul von Gizyeki: Autoritäten. — Bücherschau. — Briefkasten. — Berichtigung. — Zur Nachricht. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin, Tank 2 En Ss ERRTTE